Roboter Die 2FNB hat einen Roboter konstruiert der Eigenständig über ein Spielfeld fährt.
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DerGastroenterologe
Schwerpunkt
Gastroenterologe 2021 · 16:25–34https://doi.org/10.1007/s11377-020-00496-xAngenommen: 30. November 2020Online publiziert: 22. Dezember 2020© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil vonSpringer Nature 2020
RedaktionM. Fried, ZürichJ. Hampe, DresdenR. Jakobs, Ludwigshafen
F. Mathis-Ullrich · P. M. ScheiklInstitut für Anthropomatik und Robotik (IAR), Health Robotics and Automation Laboratory (HERA),Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe, Deutschland
Robotik im Operationssaal –(Ko-)Operieren mit KollegeRoboter
Hinführung zum Thema
Die Medizinrobotik birgt das Potenzi-al, chirurgische Eingriffe zu verbessern,indem hochpräzise Bewegungen undübermenschliche Perzeption durch dieTechnologie ermöglicht werden. Zudemgewährleistet innovative Medizintechnikdie Digitalisierung des Operationssaals,die sichere und personalisierte Behand-lung von Patienten und den effizientenEinsatz von medizinischem Personalund Ressourcen im Gesundheitswesen.MethodendesmaschinellenLernensver-sprechen insbesonderedurchdieAnalysegroßer Datenmengen die Verbesserungder Qualität von Diagnose und Behand-lung sowie die aktive Unterstützung vonChirurgen.
Robotergestützte Chirurgie
Trotz der nur langsam ansteigendenAnzahl durchgeführter Operationen inDeutschland nimmt der Anteil robotischassistierter Chirurgie stetig zu (. Abb. 1).Allein der wohl bekannteste Chirur-gieroboter Da Vinci (Intuitive SurgicalInc., Sunnyvale, CA, USA) wurde bishermehr als 5500-mal installiert und inmehr als 7 Mio. Eingriffen verwendet.Die Medizinrobotik verspricht, durchIntegration von hochpräzisen Sensorenund flexiblen aktiven Instrumenten dienatürlichen Fähigkeiten der Chirurginzu erweitern. Obwohl Chirurgierobotererst in der letzten Dekade regulär inden Operationssälen Einzug erhielten,wurden schon in den 1980er-Jahren an
robotischen Assistenzsystemen für dieChirurgie geforscht.
» Schon in den 1980er-Jahren wurde an robotischenAssistenzsystemen für dieChirurgie geforscht
Das erste Konzept von ROBODOC(THINK Surgical®, Fremont, CA, USA)wurde im Jahr 1986 für die assistierteHüftoperation vorgestellt. Im gleichenJahr führte ein Programmable-Uni-versal-Machine-for-Assembly(PUMA)-Roboter eine neurochirurgische Biopsieim Gehirn erfolgreich durch [10], wurdespäter für die transurethrale Resektionder Prostata verwendet [4] und wurdesomit der Vorgänger des PROBOT (ent-wickelt am Imperial College London).Es folgten mehrere experimentelle Sys-teme für die telemanipulierte Chirurgie,bis im Jahr 2000 das Da-Vinci-Systemkommerzialisiert wurde und seitdemden Chirurgierobotermarkt anführt.Bei der unter dem Namen „LindberghOperation“ bekannt gewordenen Rei-he von transatlantisch teleoperiertenCholezystektomien steuerte der Chirurgin New York einen Chirurgieroboter,der an Patienten in Strasbourg ope-rierte [13]. Während Da Vinci, so wieviele Wettbewerber, für chirurgischeInterventionen der Gynäkologie, derUrologie und der Allgemeinchirurgiegenutzt werden, werden zurzeit ver-mehrt robotische Assistenten für anderemedizinischeDisziplinen zertifiziert und
kommerzialisiert. Prominent vertretenist dabei die Orthopädie, aber auchmikrochirurgische Systeme für Anwen-dungen in der Ophthalmologie oder derNeurochirurgie sowie Systeme für dieGastroenterologie.
Chirurgieroboter sind unter verschie-denen Gesichtspunkten einzuordnen.Insbesondere ist bei der Konzeption,Entwicklung und Nutzung eines sol-chen Systems sicher zu stellen, dassder Chirurg durch ein robotisches Sys-tem mit adäquater Automatisierungunterstützt wird. Die Wahl der Au-tomatisierungsstufe richtet sich häufignach Standardisierung des Eingriffs,Erfahrung des Chirurgs und Verfügbar-keit von Daten. Im Allgemeinen teiltman Chirurgieroboter in verschiedeneAutomatisierungsgrade. Die sog. Tele-manipulation beinhaltet eine einseitiggerichtete, direkte Fernsteuerung einesRoboters durch den Operateur mittelsJoysticks oder eines haptischen Steuer-terminals und bezeichnet eine geringeAutomationsstufemitdemmenschlichenAkteur als Unterbrecher des digitalen In-formationstransfers. Ein zunehmendesAutomationslevel zeigen Operationenauf, bei denen vorgeplante Prozedu-ren und programmierte Aktionen unterSensoreinsatz automatisch vom Robo-ter durchgeführt werden. VollautonomeOperationen existieren zurzeit weitge-hend in der Forschung und werdennoch nicht regulär im Operationssaaleingesetzt. Dennoch verspricht der Ein-satz von maschinellen Lernmethodendie wachsende Autonomie von Chir-
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Abb. 19 ZunehmendeOperationszahlenmit ro-botischer Unterstützung.aOperationen inDeutsch-land,bOperationenmitOperationsroboter. (Aus[29])
urgierobotern zur Durchführung vonmedizinischen (Teil-)Prozessen.
» Vollautonome Operationenwerden noch nicht regulär imOperationssaal eingesetzt
Zudem unterscheiden sich Chirurgiero-boter aufgrund ihrer mechanischenStruktur (Kinematik). Diese reichen vonaus der Industrie bekannten Roboterar-men mit 6–8 Freiheitsgraden bis hin zukomplett flexiblen Systemen, den sog.medizinischenKontinuumsrobotern. ImGegensatz zu flexiblen Instrumenten, dieinhärent sicher sind, müssen starre, ro-botisch geführte Instrumente jeweilsum einen mechanischen Fixpunkt imKörper (Einschnitt) bewegt (pivotiert)werden, sodass kein Gewebe verletztwird. Die Pivotierung kann entwederdurch eine mechanische Fixierung miteingeschränkten Freiheitgraden oderdurch die Steuerungssoftware ermög-licht werden.
Robotische Assistenz
Die Medizinrobotik birgt das Potenzial,minimal-invasive chirurgische Eingriffezu verbessern, indem hochpräzise Bewe-gungen skaliert und Interaktionskräftegemessen werden können. Während mi-nimal-invasive Telemanipulatoren und
Navigationsassistenten vermehrt Einzugin den Operationssaal gefunden haben,befinden sich medizinische Kontinu-umsroboter (Definition siehe Abschnitt„Flexible Chirurgieroboter und roboti-scheEndoskopie“)undKapselendoskopehauptsächlich in der Forschung.
Minimal-invasive Tele-manipulatoren
Seit der Zulassung desDa-Vinci-Systemshat sich dieses zum Goldstandard derMedizinroboter entwickelt und sah lan-ge Zeit kaum Konkurrenz. Da zurzeitviele der von Intuitive Surgical Inc. ge-haltenen Patente auslaufen, drängen zu-nehmend Wettbewerber auf den Markt,um ihren Anteil am enormen Marktpo-tenzial von geschätzt 20 Mrd. US-Dollarim Jahr 2021 zu beanspruchen. Zu denbekanntestenWettbewerbern mit Zulas-sung gehören Avatera (avateramedical,Jena, Deutschland), Senhance (TransEn-terix, Morrisville, NC, USA) und Versi-us (CMR Surgical, Cambridge, Vereinig-tes Königreich). Weitere sich in der Ent-wicklung befindende Chirurgieroboter,die in den nächsten Jahren ihre Zulas-sung erwarten, sind Hugo (Medtronic,Dublin, Irland), Dexter (DistalMotion,Lausanne, Schweiz) und Innovationenvon der Fa. Verb Surgical, die 2015 durcheinen Zusammenschluss der Technolo-giegiganten Google Alphabet (Mountain
View, CA, USA) und Johnson&Johnson(New Brunswick, NJ, USA) entstand.
» Die vorgestelltenMedizinroboter stellen einengeringen Automatisationsgraddar
Die hier vorgestellten Medizinroboterstellen im Allgemeinen einen geringenAutomatisationsgrad dar, da sie durcheinen Operateur von einer Konsole ausferngesteuert werden (. Abb. 2). DieKonsole skaliert die Handbewegungender Chirurgin und überträgt diese andie robotischen Operationsinstrumente,die durch einen Trokar in den Körpereingebracht werden, um so hochpräziseBewegungen zu ermöglichen. ImGegen-satz zum Marktführer Da Vinci bieteneinige robotische Systeme (z.B. Avatera;MiroSurge, Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt, Köln, Deutschland; Se-nhance, TransEnterix) zusätzlich durchAnbringung von Kraftsensoren am dis-talen Ende des robotischen Instrumentsdie Möglichkeit eines haptischen Feed-backs an den Chirurgen, um somit dietaktile Wahrnehmung zu unterstützen.
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Robotische Navigationsassistenten
Robotische Navigationssysteme unter-stützen Chirurgen bei der präzisen Po-sitionierung von chirurgischen Instru-menten undwerden aufgrund der hohenPräzision insbesondere in der Neuro-chirurgie angewandt, so zum Beispielder Stealth AutoguideTM (Medtronic,Dublin, Irland), ROSA ONE® (Zim-mer Biomet, Warsaw, IN, USA) oderNeuromate® (Renishaw, Gloucesters-hire, Vereinigtes Königreich). Das inder Orthopädie genutzte MAKO-System(Stryker, Kalamazoo, MI, USA) plantpräoperativ virtuelle Grenzen, die einam Roboter befestigter und zugleichmanuell geführter Fräser nicht über-winden kann. Intuitive Schnittstellenzum Chirurgen bilden bei robotischenNavigationssystemen oft haptische In-formationen oder erweiterte Realität,indem chirurgische Bilder auf dem Bild-schirm augmentiert oder Informationenin Datenbrillen dargestellt werden [17].
Flexible Chirurgieroboter undrobotische Endoskopie
Im Gegensatz zu robotischen Syste-men, die ein starres Instrument führen,versprechen flexible Instrumente ei-ne höhere Manipulierbarkeit innerhalbenger Gefäße und Organe. Ein medizi-nischer Kontinuumsroboter bezeichnetdaher ein ansteuerbares flexibles Ins-trument, das entlang kontinuierlicherKurven bewegt werden kann, z.B. in derEndoskopie. ImAllgemeinenunterschei-den sich Kontinuumsroboter aufgrundder Anzahl ansteuerbarer Freiheitsgradeund der damit verbundenen Flexibilitätder Bewegung sowie der intrinsischenoder extrinsischen Aktuierung. Zudemwerden diese flexiblen Roboter mit In-strumenten oder Sensoren versehen, umBehandlung und Diagnose mit erhöhterManipulierbarkeit innerhalbdesKörpersdurchzuführen.
Chirurgieroboternmit starren Instru-menten folgend nehmen nun endolumi-nale robotische Systeme für den klini-schen Einsatz in der GastroenterologieEinzug in den Operationssaal. Das Flex®Robotic System(Medrobotics,Raynham,MA,USA)besteht aus einem teleoperier-
Zusammenfassung · Abstract
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Robotik im Operationssaal – (Ko-)Operieren mit Kollege Roboter
ZusammenfassungHintergrund. Medizinrobotik birgt dasPotenzial, chirurgische oder endoluminaleEingriffe zu verbessern, indem dieseTechnologie hochpräzise Bewegungen undübermenschliche Perzeption ermöglicht.Ziel der Arbeit. Darstellung historischer,existierender und zukünftiger robotischerAssistenten sowie Herausstellung derenAuswirkungen auf die robotische Chirurgieund Endoskopie.Methoden. Insbesondere werden historischeMedizinroboter sowie konventionelleTelemanipulatoren vorgestellt und diesemit minimal-invasiven Kontinuumsroboternund neuartigen robotischen Konzeptenaus Praxis und Forschung verglichen.
Zusätzlich wird eine Perspektive für diezukünftige Generation von Chirurgie- undEndoskopierobotern geboten.Schlussfolgerung. RoboterassistierteMedizin bietet einen großen Mehrwertfür die Qualität der Intervention sowieSicherheit für Chirurgen und Patientinnen.Zukünftig werden vermehrt Prozessschritte(teil-)autonom in Kooperation mit Expertendurchgeführt.
SchlüsselwörterRobotische Operationsverfahren · Compu-tergestützte Chirurgie · Minimal-invasiveChirurgie · Endoskopie · Telemedizin
Robots in the operating room—(co)operation during surgery
AbstractBackground. Medical robotics has the po-tential to improve surgical and endoluminalprocedures by enabling high-precisionmovements and superhuman perception.Objectives. To present historical, existing andfuture robotic assistants for surgery and tohighlight their characteristics and advantagesfor keyhole surgery and endoscopy.Methods. In particular, historical medicalrobots and conventional telemanipulatorsare presented and compared with minimallyinvasive continuum robots and novel roboticconcepts from practice and research. In
addition, a perspective for future generationsof surgical and endoluminal robots is offered.Conclusion. Robot-assistedmedicine offersgreat added value for quality of interventionas well as safety for surgeons and patients.In the future, more surgical steps will beperformed (semi-)autonomously and incooperationwith the experts.
KeywordsRobotic surgical procedures · Computer-assisted surgery · Minimally invasive surgery ·Endoscopy · Telemedicine
ten endoluminalen System, das in Studi-en für den transanalen und transoralenEingriff untersucht wurde. Eine verglei-chende Studie demonstriert eine verein-fachteNavigationbeimkolorektalenEin-griff in der nichtlinearen Anatomie desRektums sowie reduzierten Blutverlustund Operationszeiten mit dem Flex Ro-botic System im Vergleich zum Da Vin-ci Si [15]. Das Invendoscope (vormalsInvendo Medical, Deutschland) wurdeim Jahr 2017 von Ambu (Ballerup, Dä-nemark) übernommen und ist ein ro-botergestütztes, handgehaltenes Einweg-koloskop mit einer wiederverwendbarenHandbedienung, über die das automati-sche Einführen sowie die Verformungder Instrumentenspitze gesteuert wird
[18].DasCE-zertifizierteEndomina-Sys-tem (Endo Tools Therapeutics, Gosse-lies, Belgien) ist über einen Joystick an-steuerbar und bietet einen flexiblen the-rapeutischen Kanal, der sich unabhän-gig vom Endoskop bewegen kann. DasAer-O-Scope (GI View Ltd., Tel Aviv, Is-rael) und das Endotics-System (ERA En-doscopy, Peccioli, Italien) sind Systeme,die Aspekte der autonomen Fortbewe-gung für die Koloskopie aufweisen. Dasinnovative Aer-O-Scope besteht aus ei-nemweichen,mehrlumigenKanalmit ei-nem integrierten pneumatischen Eigen-antrieb. Wird das Instrument in das Rek-tum eingeführt, so wird ein Ballon na-he der Instrumentenspitze aufgeblasen,um einen luftdichten Abschluss mit dem
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a b
Abb. 28 aAvatera-System(Mit freundl.Genehmigung,©AvateraMedical,Deutschland)undbDexter(mit freundl. Genehmigung,©Distal Motion, Schweiz)
Kolon zu bilden und eine raupenartigeBewegung zu ermöglichen.
» Das Endotics-Systemweist Aspekte der autonomenFortbewegung für die Koloskopieauf
Das Endotics-System besitzt eine lenk-bare Spitze mit integrierter LED-Kame-ra, Insufflations- und Absaugkanal, dieüber ein Kabel von außen angesteuertwird. Das System verfügt über proxi-male und distale Verankerungen, sodasseine automatische raupenartige Bewe-gung ermöglicht wird. Neben den kon-ventionellen Antrieben durch Kabel fürflexible robotische Instrumente werdenweiterhinneuartigeAntriebskonzepteer-forscht. Dies zeigt z. B. ein flexibles Ko-loskop, das durch einen externen robo-tisch geführten Magneten durch das Ko-lon bewegt wird und somit den Kontaktdes Instruments mit der Darmwand mi-nimiert, um Verletzungen vorzubeugen([16]; . Abb. 3).
Weitere chirurgische Disziplinen pro-fitieren von flexiblen robotischen Syste-men. So ermöglicht z. B. die teleope-rierte robotische Plattform MonarchTM
(Auris Health Inc., Redwood City, CA,USA)die ferngesteuerte Biopsie der Lun-ge und ist mit einer endoskopischen Ka-mera, einer Lichtquelle, Zu- und Ablaufsowie einerNadel oderBiopsiezange aus-gestattet [14]. Auch für endovaskuläreInterventionen drängen robotische Sys-teme auf den Markt. Während die ro-botischen Systeme CorPath (CorindusInc., Waltham, MA, USA) und R-OneTM(Robocath, Rouen, Frankreich) den Füh-
rungsdraht und Katheter außerhalb desPatienten ansteuern, ermöglicht dasNio-be-System (Stereotaxis Inc., Saint Louis,MO, USA) die automatisierte magneti-sche Steuerung derKatheterspitze für In-terventionen im schlagenden Herzen.
» Steuerbare Nadeln stelleneine weitere robotischeUnterstützung für die Chirurgiedar
Sogenannte steuerbare Nadeln stelleneine weitere Möglichkeit der roboti-schen Unterstützung für die Chirur-gie dar und werden insbesondere fürdie Leberchirurgie erforscht [6]. Die-se asymmetrischen Nadeln können inweiches Gewebe eingeführt werden undermöglichen durch gezielt kombinierteTranslation und Rotation der Nadel eineBewegung auf einem vorher definiertenPfad, während sie durch medizinischeBildgebung, wie Fluoroskopie, beobach-tet und digital verfolgt werden kann.
Sonstige robotische Systeme
Kabellose robotischeSystemekönnenak-tiv innerhalb anatomischer Strukturenbewegtwerden. Bei der robotischenKap-selendoskopie wird eine Kamerakapseldurch externe Magnetfelder und derenGradienten bewegt und vom Chirurgendurch den Körper gesteuert. Oft wer-den verschiedene Funktionen miteinan-der kombiniert wie bei einer weichenEndoskopiekapsel, die Bilder aufnimmtund gleichzeitig eine Biopsie im Magendurchführt ([20]; . Abb. 4).
Magnetisch aktuierte kabellose Syste-me weisen den Vorteil der Miniaturisie-rung auf, da diese Roboter keine odernur wenige bewegliche Bauteile beinhal-ten, sondern über externe Magnetfelderangetrieben sind und sich somit insbe-sonderefürhochpräzisemikrorobotischeAnwendungen eignen [24]. Durch Inno-vationen,wieMikroroboteroderAnwen-dung sog. Smart Materials, wird in Zu-kunft die Art und Verfügbarkeit von ro-botischen Endoskopen und Instrumen-ten erweitert, um anatomische Barrierenin derChirurgie zu überwinden und ver-besserte Manipulierbarkeit zu gewähr-leisten.
Vorteile vonMedizinrobotern
In der Vergangenheit stellten die hohenInvestitionskostenvonchirurgischenRo-botern ein großes Hindernis dar. Mit derindenletztenJahrenentstandenenDyna-mik amMarkt, getrieben vom AuslaufenderPatenrechte fürdasDa-Vinci-System,wird vermehrt Augenmerk auf die Vor-teile der roboterassistiertenChirurgie ge-legt. ImAllgemeinen beinhalten die Vor-teile der robotisch assistierten Schlüssel-lochtechnologie für die Patienten einenreduzierten Blutverlust sowie geringereTraumatisierung des umliegenden Ge-webesund schnellereWundheilung.Chi-rurgen profitieren von verbesserter Ar-beitssicherheit und Ergonomie sowie dervergrößertenVisualisierungdesOperati-onssitus und präziser Manipulierbarkeitvon chirurgischen Instrumenten. Somitkönnen intelligente Systeme und roboti-sche Instrumente die natürlichen Fähig-keiten der Chirurgen durch zusätzlicheSensorik und Aufbereitung von komple-xen Daten erweitern.
Verbesserte Präzision durchRoboter
Generell verspricht die roboterassistierteChirurgie eine verbesserte Präzision undFlexibilitätder Instrumente.WerdenPrä-zision undGeschwindigkeit vonmanuellund robotergestützten laparoskopischenEingriffenmiteinanderverglichen, zeich-net sich die robotisch unterstütze Ope-ration durch erhöhte Präzision aus, istaber zugleich langsamer [28]. Ein wei-
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Abb. 39 Ein flexi-ble Koloskop, dasdurch einen exter-nen robotisch ge-führtenMagnetendurch das Kolonbewegtwird. (Mitfreundl. Genehmi-gung,©STORM Lab,University of Leeds,Leeds, VereinigtesKönigreich)
Abb. 48 Eineweiche Endoskopiekapsel, die Bilder aufnimmtundeine Biopsie imMagendurchführt.(Mit freundl. Genehmigung,©Max Planck Institute for Intelligent Systems, Tübingen, Deutschland)
terer Vorteil der roboterassistierten Chi-rurgie zeigt sich durch die Möglichkeitzum Skalieren von Instrumentenbewe-gungen und zum Filtern von ungewoll-ten Bewegungen wie von menschlichemTremor. So kann ein robotisches Systemaktive Unterstützung bei mikrochirurgi-schen Interventionen oder in kritischenSituationen leisten, in denen sehr klei-ne oder langsame Bewegungen der chi-rurgischenInstrumentebenötigtwerden.Zudem trägt in der Laparoskopie oderEndoskopie eine robotisch stabil gehal-tene Kamera zur besseren Sichtbarkeitvon Gefäßen und Organen und damitzur Qualität des Operationsergebnissesbei.
Verfügbarkeit von Informationenund Daten
DiedigitaleAnbindungvonChirurgiero-botern andenOperationssaal ermöglicht
nicht nur dasAufzeichnen vonwichtigenPatienten- und Prozessdaten, sondernunterstützen chirurgische Entscheidun-gen durch maschinelle Lernverfahren.Zudem realisiert das sog. Telementoringdie Einbindung internationaler Exper-ten in Echtzeit. Durch Anzeigen derrichtigen Informationen zur richtigenZeit können Chirurgen bei komplizier-ten Operationen unterstützt werden. Sokönnen präoperative Computertomo-graphieaufnahmen zum Patienten regis-triert werden, um ein Kamerabild durchÜberlagerung von Daten und erweiterteRealität mit notwendigen Informatio-nen zu ergänzen. Zudem ergänzt taktileSensorik die natürliche Perzeption undermöglicht das interoperative Anpas-sen von Interaktionskräften zwischenInstrument und Gewebe. Durch die zu-sätzliche Aufnahme von Patienten- undProzessdaten wird zudem das TrainingvonunerfahrenenChirurgenunterstützt,
da Qualität und Lernkurven quantitativgemessen und evaluiert werden.
Sicherheit für den Chirurgen
Der Einsatz von Chirurgierobotern ver-bessert nicht nur die Patientensicherheit,sondern ermöglicht auch eine erhöhteSicherheit für die Chirurgen durch ver-besserte Ergonomie und eine Reduktionder Strahlenbelastungbei Interventionenmit intraoperativer Bildgebung. BeideswirddurchdieNutzung einer geschlosse-nen (z.B.DaVinci, Avatera) oder offenen(z.B.TransEnterix,Medtronic,CMRSur-gical) Steuerkonsole bzw. der (Teil-)Au-tonomie von Chirurgierobotern gewähr-leistet.
Kosten von robotergestützterChirurgie
Ein wesentlicher und häufig diskutierterNachteil der robotergestützten Chirurgiesind die hohen Kosten dieser Technolo-gie. Eine Studie aus dem Jahr 2017 un-tersuchte die bei der robotisch gestütztenund der offenen Hepatektomie entstan-denen direkten variablen und fixen so-wie indirekte Kosten [3]. Offensichtlichvariieren die durchschnittlichen Kostenfür die robotergestützte Chirurgie mitder Art der medizinischen Intervention,StandardisierungeinesProzessesundderErfahrung des Roboterpiloten. Wie dierobotergestützte Chirurgie ist die lapa-roskopische Chirurgie minimal-invasiv,benötigt aber für einfache Eingriffe ge-ringere finanzielle Ressourcen [12].
» Die Kosten für dierobotergestützte Chirurgievariieren mit der Art derIntervention
Bezogen auf die Gastroenterologie exis-tieren groß angelegte Untersuchungen,die die laparoskopische mit der robo-tischen kolorektalen Chirurgie verglei-chen [1, 21]. Im Vergleich zu laparosko-pischen Eingriffen ergab sich, dass dierobotische Operation von Rektumkar-zinomen 27–63% niedrigere Konversi-onsraten zur offenen Chirurgie aufwie-
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Abb. 59 Seman-tische Segmentie-rung in Endoskop-bildern und kogniti-verMedizinroboteramKarlsruher Insti-tut für Technologie(Karlsruhe,Deutsch-land)
sen – ein Ergebnis, das nicht für Ko-lonkarzinome repliziert werden konnte.Bei der robotergestützten Resektion desKolonkarzinoms verringerte sich die Lie-gedauer um 0,4–1 Tag gegenüber der la-paroskopischenOperation. Infektionsra-ten, Morbidität und Mortalität von Pati-enten in beiden Gruppen sind vergleich-bar, während die Operationsdauer derrobotischen Eingriffe in beiden Studienum 21–37% anstieg. Alle diese Fakto-ren beeinflussen die Kosten der roboter-gestützten Eingriffe immens, wobei mitkurzfristig zu erwartenden Fortschrittenin der Technologie robotergestützte Ein-griffe effizienter und damit auch ökono-misch sinnvoll werden.
Perspektive: kognitiveAssistenzrobotik
InmedizinischenEingriffenundderDia-gnostik fallen beachtliche Datenmengenan, die jedoch meist nicht weiterverwer-tet werden. Methoden des maschinellenLernens (ML) ermöglichen es, diese Da-ten nach Aufbereitung nutzbar zu ma-chen. Mustererkennung in annotiertenBilddaten der Dermatologie ist ein pro-minentes Beispiel [5]. Beim sog. bestär-kenden Lernen werden Daten aus In-teraktion mit der Umgebung gewonnen.Diese mächtigenMethoden stellen einenTrend desML dar und es ist in naher Zu-kunft zu erwarten, dass diese auch für dieMedizin nutzbar werden. So wurde bei-spielsweisewährendderPandemie durchdas „severe acute respiratory syndromecoronavirus type 2“ (SARS-CoV-2) diese
MethodikbeiderEntwicklungvonWirk-stoffen gegen das Virus eingesetzt [22].Insbesondere in der Gastroenterologieist zu erwarten, dass künftige robotischeSysteme durch integrierte Sensorik er-weitert werden, um große Datenmengenzu sammeln, die mittels Methoden desmaschinellen Lernens ausgewertet wer-denkönnen. SomitwirddiemechanischePräzision von robotischen Endoskopenummaschinelle Kognition und datenba-sierte Entscheidungshilfe erweitert.
Rein datenbasierte Entscheidungs-hilfen/Unterstützung
Im Jahr 2014 erhielt die erste datenba-sierte Anwendung für Smartphones eineCE-Zertifizierung für die RisikoanalysevonMuttermalen und Läsionen (SkinVi-sion, Amsterdam, Niederlande), die dasBewusstsein für Hautkrankheiten schär-fen soll. Solche Anwendungen bergendas Potenzial, Hautkrebs früher und flä-chendeckend zu erkennen, als es auf-grund der begrenzten Anzahl dermato-logischer Experten möglich ist. Daten-basierte Entscheidungshilfen werden je-doch nicht nur von Laien genutzt, son-dernunterstützen auchmedizinische Ex-perten beim Bewerten komplexer Daten.
» Tiefe neuronale Netzekönnen Polypen in Echtzeiterkennen
Dies betrifft vor allem das Erkennenfrüher Anzeichen von Darmkrebs wäh-
rend Koloskopien in endoskopischenBilddaten [27] und der Segmentierungvon radiologischen Bilddaten [26]. DieseAssistenzsysteme sollen einerseits denAufwand von arbeitsintensiven Eingrif-fen verringern und andererseits me-dizinische Experten unterschiedlicherKompetenzstufen in der Diagnostikunterstützen [11]. Sogenannte tiefe neu-ronale Netze sind in der Lage, Polypen inEchtzeit zu erkennen [7]. Die erste kon-trollierte und randomisierte Studie mit1058 Patienten vergleicht ein lernendesSystem mit dem Behandlungsstandard.Dabei ergab sich eine signifikant höhereErkennungsrate von Polypen kleiner als10mm in allen Segmenten des Dick-darms [25].
Kognitive Operationsrobotik
Ergänzend zu konventionellen, teleo-perierten Chirurgierobotern steckt inder Automation von repetitiven chi-rurgischen Aufgaben noch signifikantesPotenzial zur Reduktion von physischerund kognitiver Last und somit für ver-besserte Patientenversorgung. Verstärktwerden ML-Methoden eingesetzt, umRoboter von und mit Menschen lernenzu lassen (sog. kognitive Robotik). De-monstrationen von Experten könnengenutzt werden, robotischen Assistentenkomplexe Aufgaben, wie das Einfüh-ren einer Nadel [9], beizubringen undchirurgische (Teil-)Prozesse zu auto-matisieren. Ferner können gewünschterobotische Verhalten extrahiert werden,um somit z.B. eine autonome Kame-raführung zu schaffen, die aus eigenenErfahrungen lernt und somit ihr Ver-halten für zukünftige Eingriffe optimiert[2]. Dabei beschränkt sich die Forschungnicht nur auf starre Instrumentation, wiedie autonome Steuerung von flexiblenKathetern [8] oder ein Koloskoproboter,der sich aufgrund erlernter Rotations-bewegungen durch das Kolon bewegt[23], zeigen. Bei lernenden Systemenstellt die Verarbeitung von Sensordaten,z.B. chirurgische Bilddaten, eine großeHerausforderung in der Entwicklungautonomer chirurgischer Systeme dar.Nur eine ausgereifte Wahrnehmung derUmgebung (z.B. semantische Segmen-tierung von chirurgischen Werkzeugen
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und Organen in Endoskopbildern [19])bildet die Basis für sichere autono-me Chirurgie- und Endoskopieroboter(. Abb. 5).
Limitationen von kognitiverChirurgierobotik
Lernende Systeme ermöglichen, dassdas Erlernte eines Systems auf andereübertragen werden kann, und sind des-halb sehr effizient und zukunftsträchtig.Jedoch werden diese Maschinen denChirurgen nicht ersetzen, sondern ihnin seinem eigenen Können unterstüt-zen, z.B. durch die Automatisierungvon repetitiven und standardisierten(Teil-)Aufgaben. Die inhärente „Black-box“-Natur aktueller lernender Systemestellt einen stark limitierenden Faktordar. Auch wenn das gelernte Verhal-ten solcher Systeme intelligent zu seinscheint, basiert es im Kern auf Mus-tererkennung, die nur so gut ist, wiedie verfügbaren Daten. Abstraktionsfä-higkeit und die Fähigkeit zur kreativenLösungsfindung, die einen wichtigenTeil menschlicher Intelligenz darstellen,fehlen den Systemen komplett. EineZertifizierung lernender Systeme stelltdemnach eine signifikante Hürde für dieklinische Translation dar. Insbesondereethische Fragestellungen wie „Wie gutmuss Kollege Roboter operieren?“ und„Wer trägt die Verantwortung?“ dürfenin diesem Prozess nicht vernachlässigtwerden.
Fazit für die Praxis
4 Chirurgieroboter erobern den Marktmit unterschiedlichen Automati-sierungsgraden. Es existieren aber(noch) keine Systeme, die vollauto-nom operieren.
4 Robotische Chirurgie- und Endosko-pieassistenten weisen unterschied-liche Dimensionen, Kinematik undUnterstützungsgrade auf. Sie müs-sen auf das jeweilige Einsatzgebietangepasst werden.
4 Die nächste Generation robotischerAssistenten stellen sog. kognitiveChirurgieroboter dar, die den Chir-urgen bei (Teil-)Aufgaben autonomunterstützen können.
4 Bei der (Ko-)Operation mit Roboternsind das menschliche Abstraktions-vermögen und kreative Lösungs-findung essenziell, während derRoboter mit höchster Präzision sowiedurch Verfügbarkeit und Vernetzungvon Daten unterstützt.
4 Experten sollten die Entwicklungvon intelligenten Chirurgieroboternmit ihrer Expertise unterstützen, umAssistenzsystemeeffizient, sicherundmit einem Mehrwert für Patientenund Ärzte zu gestalten.
Korrespondenzadresse
Jun.-Prof. Dr. F. Mathis-UllrichInstitut für Anthropomatikund Robotik (IAR), HealthRobotics and AutomationLaboratory (HERA), KarlsruherInstitut für Technologie (KIT)Engler-Bunte-Ring 8,76131 Karlsruhe, [email protected]
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. F.Mathis-Ullrich undP.M. Scheiklgeben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.
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32 Der Gastroenterologe 1 · 2021
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29. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, gbe-bund.de,Stand07/2020
Fachnachrichten
Morbus Crohnmit maschinellem Lernen verstehen
Komplexe Netzwerke von Bakterien und Metaboliten stellen biochemischeFingerabdrücke der Interaktionen zwischen Wirt und Darmmikroben dar.Forscher*innen der Technischen Universität München (TUM) haben gezeigt, dassdiese Interaktionen bei Morbus Crohn-Patientinnen und -Patienten fehlgeleiteteImmunreaktionen auslösen und funktionelle Veränderungen des Darms währenddes Auftretens eines Krankheitsschubs bewirken.
Morbus Crohn ist ein chronisch entzündlicher
ZustanddesDarmsmit nochunbekannterUr-
sache. Die pharmakologische Behandlungder Krankheit beruht auf der Unterdrückung
des Immunsystems durch unspezifische
Medikamente und der Blockade von Entzün-dungsprozessen durch biologische Therapie.
Frühere Studien haben gezeigt, dass be-stimmteMikrobiom-Signaturenmit Morbus
Crohn verknüpft sind. Nun erforschten Wis-
senschaftler*innen der TUM, wie Verände-rungen in der Struktur und Funktion von
Darmmikroorganismen mit dem Krankheits-
verlauf und dem Risiko eines Rückfalls beischwerer Erkrankung zusammenhängen.
Ziel war die Charakterisierung des Mikro-
bioms im Rahmen einer Kohorten-Studie
mit Patientinnen und Patienten, die sicheiner Stammzellen-Therapie unterziehen.
Diese bewirkt ein vorübergehendes Nach-
lassen von Krankheitssymptomen, wobei einTeil der Betroffenen im Laufe der Zeit einen
Rückfall erleidet. Die Rolle mikrobieller Ver-änderungen für den Krankheitsverlauf und
die therapeutische Relevanz bei refraktärer
und nicht beeinflussbarer Erkrankung mitMorbus Crohn nach einer Eigen-Stammzell-
transplantation stand im Mittelpunkt ihrer
Untersuchung.
‘‘Wir haben funktionelle Fingerabdrückeidentifiziert, die mit therapeutischem Ver-
sagen oder Erfolg während des Krankheits-
verlaufs verknüpft sind. Damit verstehen wirnun besser, welchen Anteil ein Ungleich-
gewicht der Darmflora an einer schweren
Morbus Crohn-Pathologie hat‘‘, sagte Dirk
Haller, Professor für Ernährung und Immu-nologie und Direktor des ZIEL – Institute
for Food and Health. “Die Identifizierung
mikrobieller Metaboliten könnte ein Ansatzsein, um potenzielle therapeutische Ziele zu
finden“, fügte er hinzu.‘‘Unsere Daten zeigen, dass zeitliche Fluktua-
tionen in den Profilen der Darmmikrobiota
und Metaboliten die patientenbezogenenUnterschiede in der Krankheitsaktivität wi-
derspiegeln. Mit Hilfe von maschinellen Ler-
nalgorithmen konnten wir im Mausmodellmit hoher Genauigkeit nach der Schwere der
Entzündungen klassifizieren“, sagte AmiraMetwaly, Postdoktorandin und Erstautorin
der Studie.
Das Forschungsteam identifizierte damit
nicht nur ein Netzwerk von miteinander in
Zusammenhang stehenden Bakterien undMetaboliten, die eine Vorhersage des kli-
nischen Ergebnisses einer Morbus Crohn-Therapie verbessern können. Es fand zudem
eine für den Krankheitsausgang relevante Si-
gnatur, die den Schwefelstoffwechsel und dieEntgiftungsaktivität des Körpers einschließt.
Publikation: A. Metwaly et al., Integratedmi-crobiota and metabolite profiles link Crohn’s
disease to sulfur metabolism. Nature Com-munications (2020).
Quelle: Dr. Katharina Baumeister-KrojerPressereferentin, TUM
Der Gastroenterologe 1 · 2021 33
Buchbesprechung
S.F. Schoppmann,M. RieglerMultidisciplinary Managementof Gastroesophageal RefluxDisease
Das multidisziplinäre Management derGastroösophagealen Refluxkrankheit
Springer International Publishing 2021,1. Auflage, 217 S., 19 s/w Abbildungen,66farbigeAbbildungenAbb., (ISBN:978-3-030-53750-0), Hardcover 145,59 EUR
Die gastroösophage-
ale Refluxkrankheit(GERD) zählt heute
zu den häufigsten
Lebensstilerkrankun-gen. Die Diagnose
wie auch die Be-handlung dieser
Erkrankung stellen
eine beträchtlicheHerausforderung dar und erfordern einen
multidisziplinären Ansatz. Das vorliegen-
de Werk wurde von zwei hervorragendenGERD-Experten herausgegeben, Sebastian
F. Schoppmann von der Universitätsklinikfür Chirurgie, Medizinische Universität Wien,
und Martin Riegler von Reflux & Health Care
in Wien, gemeinsammit weiteren herausra-genden, weltweit anerkannten Koautoren.
In diesem Buch wird ein klarer und umfas-
sender Überblick zum gegenwärtigen Standdes multidisziplinären GERD-Managements
geboten. Es werden alle Aspekte der Dia-gnose und des Managements der GERD,
inklusive der Endoskopie, Gastroenterologie,
Radiologie, Pulmologie, Chirurgie, Palliationund interventionellen Medizin, auf hohem
Niveau präsentiert und diskutiert. Darüber
hinaus werden anatomische, physiologische,histopathologische und pathophysiologische
Charakteristika des Ösophagus in beeindru-ckender Weise aufgezeigt. Auf 217 Seiten
werden multi- und interdisziplinäre Ansät-
ze zur GERD und zum Barrett-Ösophagus(BE) einschließlich der neuesten Erkenntnis-
se im Verständnis dieser Erkrankungen, wie
auch Überlegungen zu den rezenten dia-gnostischen und therapeutischen Verfahren
abgedeckt. Aufgrund der fundierten Expertiseder Autoren und der hochpräzisen Litera-
turrecherche werden alle derzeit bekannten
Aspekte der GERD und des BE umfassend undmit hoher inhaltlicher Qualität dargestellt.
Insbesondere wird durch die PräsentationneuesterMethoden in der Therapie von GERD
und BE das breite Spektrum des heute zurVerfügung stehenden Behandlungsinstru-
mentariums demonstriert und damit das Tor
zu einer individualisierten Therapie dieserErkrankungen geöffnet.
Im ersten Abschnitt wird die Pathophysiologie
von Verletzungen des unteren Ösophaguss-phinkters dargestellt und ein neues patholo-
gisches Testverfahren für derartige Sphinkter-verletzungen präsentiert. Abschnitt 2 umfasst
detaillierte Informationen zur ösophagealen
Funktionstestung auf GERD. Die bedeutendenAbschnitte 3 und 4 in diesem Buch behan-
deln die Endoskopie und endoskopische
ablative Therapien bei GERD und BE. Es wer-den die endoskopische Mukosaresektion, die
endoskopische Submukosadissektion, dieRadiofrequenzablation sowie die Kryoballo-
nablation beschrieben. Die dazugehörigen
Diagramme und Abbildungen helfen diediversen Verfahren auch für den Nichtspezia-
listen verständlich zu machen. Die aktuellen
Studien zum endoskopischen Managementder GERD und des BE werden vorgestellt und
besprochen. Im fünften Abschnittwird auf dieBedeutung der Bildgebung für die Diagnose
und Darstellung zusätzlicher Pathologien vor
Durchführung einer Antirefluxchirurgie ein-gegangen – wie auch auf ihren Wert in der
Diagnose von Früh- und Spätkomplikationen
der Antirefluxchirurgie. Anschauliche Abbil-dungen legen die verschiedenen Befunde
auf beeindruckende Weise dar. Abschnitt 6ist den diversen extraösophagealen Mani-
festationen der GERD gewidmet, u.a. dem
chronischen Husten, dem Globussyndrom,der Heiserkeit, dem Stimmlippengranulom
und der Stimmlippendysfunktion, dentalen
Erosionen und der chronischen Rhinosinu-sitis. Darüber hinaus werden die Diagnostik
und das Management dieser Manifestationenwiedergegeben. Chirurgisch orientierte Le-
ser werden über die Abschnitte 7 bis 10, die
sich mit der Antirefluxchirurgie beschäftigen,erfreut sein. Begleitet von eindrucksvollen
Abbildungen werden im Text die verschiede-
nen Verfahren der Fundoplicatio übersichtlichvorgestellt. Insbesondere wird im achten Ab-
schnitt eines der neuartigen Instrumente inder GERD-Therapie präsentiert. Hier wird auf
die Technik der magnetischen Sphinkteraug-
mentation eingegangen und deren aktuelleEvidenz diskutiert. Ein ganzer Abschnitt des
Buches (Abschnitt 11) ist der Diagnose desBarrett-Karzinoms unter Einsatz diverser bild-
gebender Techniken gewidmet. Zu guter Letztgibt es zwei Kapitel zum ösophagealen Ade-
nokarzinom, einschließlich der chirurgischen
Behandlung und Palliation.Alle Kapitel des Buches werden durch aus-
führliche und aktuelle Literaturübersichten
ergänzt. Zusätzlich zur ausgezeichneten Edi-tierung werden die exzellenten Texte und
Tabellen im Buch durch hochqualitative Ab-bildungen (Radiologie, Endoskopie, Chirurgie)
bereichert. Schnelle Leser würden sich viel-
leicht ein alphabetisches Stichwortverzeichnisam Buchende wünschen.
Zusammenfassend stellt diesesWerk eine um-
fassende, aktuelle Präsentation aller Aspektedes multidisziplinären Managements der
gastroösophagealen Refluxerkrankung dar,einschließlich neuartiger diagnostischer und
therapeutischer Konzepte und Strategien.
Dieses Buch ist eine wertvolle Ergänzung fürdie Bibliothek jedes Mediziners, der sich mit
Diagnose und Behandlung der gastroösopha-
gealen Refluxerkrankung beschäftigt.
H. Hauser (Graz, Österreich)
34 Der Gastroenterologe 1 · 2021