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Rechtswissenschaftliches Institut

Seite 1

Römische Rechtsgeschichte26. Nov. 2012

Lehrstuhl für Römisches Recht, Privatrecht und Rechtsvergleichung

Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Besprechung der ProbeklausurBesprechung der Probeklausur

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Gai. Inst. 2, 185-189

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Gai. Inst. 2, 185-189

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Gai. Inst. 2, 185-189

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Gai. Inst. 2, 185-189

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1. Paraphrase

Schildern Sie den Auszug aus Gaius’ Institutionen in eigenen Worten.

– 185: Möglich ist die Erbeinsetzung freier Menschen und von Sklaven, und zwar sowohl von solchen des Erblassers als auch

von solchen, die nicht ihm gehören.

– 186-187: Erbeinsetzung eigener Sklaven:

Eigene Sklaven müssen im Testament kumulativ als frei erklärt und als Erben bezeichnet werden (186).

die Erbeinsetzung eines Sklaven ohne Erklärung seiner Freilassung ist unwirksam (187), und zwar selbst bei:

- späterer Freilassung des Sklaven

- späterer Veräusserung des Sklaven

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1. Paraphrase

- 188: Erbeinsetzung eigener Sklaven. 3 verschiedene Konstellationen:

Testamentserrichtung Tod des Erblassers (Erbfall)

t

1. Der Sklave bleibt in der Gewalt des Erblassers

Er wird frei und Zwangserbe.

2. Der Sklave wird vom Erblasser freigelassen

Er kann selbst entscheiden, ob er die Erbschaft antreten will.

3. Der Sklave wird vom Erblasser veräussert

Er kann die Erbschaft nur antreten, sofern ihm dies durch den neuen Herrn befohlen wird, wobei Letzterer an Stelle des (unfrei gebliebenen) Sklaven Erbe wird.

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1. Paraphrase

- 189: Erbeinsetzung fremder Sklaven. 3 verschiedene Konstellationen:

Testamentserrichtung Tod des Erblassers (Erbfall)

t

1. Der Sklave ist in der Gewalt des gleichen Herrn (≠ Erblasser) geblieben Er kann die Erbschaft nur annehmen, sofern sein Herr ihm dies gebietet.

2. Der Sklave wird veräussert Der neue Herr kann dem Sklaven die Annahme der Erbschaft befehlen, sofern der Verkauf zu Lebzeiten des Erblassers oder zumindest vor der Entscheidung zur Annahme der Erbschaft erfolgt ist.

3. Der Sklave wird freigelassen Er kann sich selbst zum Antritt der Erbschaft entscheiden.

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2. Inskription

a) Skizzieren Sie, was über den Autor des Quellentextes bekannt ist und charakterisieren Sie dessen Werk.

– Gaius

hochklassischer Jurist (2. Hälfte des 2. Jh. n. Chr.)

– Gaius‘ Institutionen

4 Bücher: personae (I), res (II und III) und actiones (IV)

grundlegendes Lehrwerk („Anfängerlehrbuch“)

– Einordnung der Textstelle

Kapitel 185-189 des 2. Buches (res = Vermögensrecht)

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2. Inskription

b) Zeigen Sie die Besonderheiten von Gaius’ Institutionen gegenüber anderen klassischen Juristenschriften auf und erläutern Sie deren Bedeutung für die Forschung auf dem Gebiet der römischen Rechtswissenschaft.

 

– Constitutio Tanta (533 v. Chr.)

Justinian ersetzt die alten Schriften der klassischen Jurisprudenz

Unanfechtbarkeit der justinianischen Änderungen

– Gaius‘ Institutionen als Ausnahme

als einzige Juristenschrift in wesentlichen Teilen ausserhalb des Corpus Iuris Civilis überliefert

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3. Interpretation

a) In welcher Form erfolgte die in den vorliegenden Textauszügen beschriebene Erbeinsetzung von Sklaven?

– Testament

Intestaterbfolge, welche die sui heredes als Erbberechtigte vorsieht, wird durch die testamentarische Erbfolge ersetzt.

– In casu: testamentum per aes et libram

Erst durch dieses wurde die Möglichkeit zur Erbeinsetzung im Testament geschaffen.

Voraussetzungen für die Errichtung und Gültigkeit des Testaments:

- Manzipation

- testamenti factio

- Erbeinsetzung am Anfang des Testaments

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3. Interpretation

a) Zuordnung zu einer Rechtsschicht des klassischen Rechts:

– ius civile

geht auf die XII-Tafeln zurück

Sonderrecht der römischen Bürger

besondere Förmlichkeiten und strenge Grundsätze

(↔ ius praetorium)

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3. Interpretation

b) Erklären Sie, weshalb die Möglichkeit zum Erbschaftsantritt seitens des Sklaven an die Freilassung desselben gekoppelt war (vgl. 186 und 187).

– Römisches Bürgerrecht als Voraussetzung für die testamenti factio

– Sklaven: nicht rechtsfähig, kein römisches Bürgerrecht

fehlende testamenti factio

– Durch die manumissio wurde ein Sklave zum römischen Bürger

Eigene Sklaven mussten im Testament freigelassen werden, damit sie als römische Bürger zu Erben eingesetzt werden konnten.

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3. Interpretation

b) Erklären Sie, weshalb die Möglichkeit zum Erbschaftsantritt seitens des Sklaven an die Freilassung desselben gekoppelt war (vgl. 186 und 187).

– Fähigkeitsmängel bewirkten die Unwirksamkeit des Testaments.

Erbeinsetzung des eigenen Sklaven ohne Freilassung ist ungültig („Bestrafung“ der Unachtsamkeit des Testators)

– Gilt selbst dann, wenn der Sklave nach der Testamentserrichtung freigelassen ( testamenti factio im Zeitpunkt des Erbfalls!) oder verkauft wurde

Massgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gültigkeit des Testaments: Testamentserrichtung

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3. Interpretation

b) Voraussetzungen für die Erbeinsetzung und den Erbschaftsantritt eines fremden Sklaven (vgl. 188 und 189):

– Bei Gültigkeit des Testaments erwerben als Erben eingesetzte fremde Sklaven für ihre Gewalthaber (Erbschaftsantritt nur mit Zustimmung des Herrn möglich)

ein gültig eingesetzter eigener Sklave, der später veräussert wurde, wurde beim Erbfall trotz Freilassung im Testament nicht frei

– Freilassung im Testament als Voraussetzung für die Erbeinsetzung galt nur bezüglich eigener Sklaven

ein fremder Sklave konnte ohne Freilassung als Erbe eingesetzt werden

keine testamenti factio des fremden Sklaven erforderlich (nur des Gewalthabers)

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3. Interpretation

b) Ergründen Sie zudem, unter welchen Umständen und aus welchen Gründen ein Erbschaftsantritt möglich bzw. erforderlich war (vgl. 187, 188 und 189).

– Diejenigen, die durch den Tod des Erblassers frei wurden (sui heredes), wurden automatisch Erben (Universalsukzession)

eigene Sklaven, die aufgrund der Erbeinsetzung beim Tod des Erblassers freigelassen wurden, wurden zu „Zwangserben“

– Aussenerben hingegen konnten nur durch Erbschaftsantritt Erben werden. Zu den Aussenerben zählten auch:

der Sklave, der bereits vor dem Tod des Erblassers freigelassen wurde

der fremde Sklave (Gewalthaber entschied über Erbschaftsantritt)

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3. Interpretation

c) Welche Gründe könnten für eine Erbeinsetzung eines Sklaven ausschlaggebend gewesen sein?

– Belohnung der Loyalität des Sklaven

– Ehrzuweisung

– Besonders enge Bindung zum Sklaven

– Evtl. gewissenhaftere Erledigung der Durchführung der Bestattung und Trauerfeierlichkeiten (sacra) durch den Sklaven

– Beachte: Auch Verbindlichkeiten des Erblassers gehen auf den Erben über

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3. Interpretation

d) Gab es für den Erblasser andere Möglichkeiten, nach seinem Tod einem Sklaven Vermögen zukommen zu lassen?

– Fideikommiss

letztwillige Verfügung, die in beliebiger Form errichtet werden konnte

ursprünglich Bitten an die Erben, die Erbschaft nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder bei Eintritt einer bestimmten Bedingung ganz oder teilweise an einen Dritten abzutreten

Die Erfüllung der Fideikommisse war der Treue (fidei) des Erben überlassen und somit nicht erzwingbar

Durch Augustus wurde die Durchsetzbarkeit der Fideikommisse gewährleistet, jedoch zunächst wohl nur in Einzelfällen

– Vermächtnis des peculium bei gleichzeitiger Freilassung des eigenen Sklaven