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Rechtswissenschaftliches Institut

Römische Rechtsgeschichte29. Okt. 2012

Lehrstuhl für Römisches Recht, Privatrecht und Rechtsvergleichung

Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

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§ 8 Juristen und kaiserliche Entscheidungspraxis

- consilium des princeps = ursprünglich privates, später staatsrechtlich anerkanntes Beratergremium des Kaisers

- Reskriptenkanzlei = Büro, das die Antworten des Kaisers auf Anfragen vorbereitet

a libellis = Vorbereitung der subscriptiones = Antworten auf ein Rechtsproblem einer Privatperson

a epistulis = Vorbereitung der epistulae = Antworten auf Rechtsprobleme eines Beamten, eines Magistrats oder einer Gemeinde.

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Q 28 = Inst. 2.25 pr.

1. Inskription:

- Justinian

- Institutiones = Lehrbuch für Studienanfänger (in weiten Teilen an Gaius’ Institutiones angelehnt)

2. Paraphrase:

- Lucius Lentulus hatte Kodizille verfasst, die Augustus befolgte und alle anderen Erben/Vermächtnisnehmer

- daraufhin: Einberufung von Juristen durch Augustus und Frage, ob Kodizille als wirksam anzuerkennen seien

- Beratung durch Trebatius Testa; später Anerkennung der Kodizille auch durch Labeo

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Q 28 = Inst. 2.25 pr.

3. Interpretation:

- Kodizille = codicilli = „Briefchen“ sind formlose Ergänzungen des formgebundenen (Manzipations)-Testaments

im Testament bestätigt, dann Teil des Testaments

ohne Bezugnahme im Testament, dann ohne Wirksamkeit

- hier: Fideikommiss des Lentulus an Augustus in Kodizillen, die

im Testament bestätigt waren

als Legat unwirksam (Formverstoss)

als Fideikommiss von Augustus ausgeführt

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Das Rechtsproblem in Q 28:

Augustus fragt, ob die Verwendung von Kodizillen nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Rechts stehe:

- Grundsätze des Rechts:

Rechtssicherheit: Inhalt des Testaments ist öffentlich durch Manzipation.

Formbindung: Manzipationstestament bedeutet bestimmte Form; Kodizill ist formlos gültig.

Schutz des Erblassers vor sich selbst (Schwäche in der Todesstunde)

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Die Argumente der Juristen:

- Nützlichkeit der Kodizille

bei reisebedingter Abwesenheit

bei fehlender Möglichkeit, ein Testament (in der vorgeschriebenen Form) zu errichten

- Weite Verbreitung der Kodizille

schon bei den Älteren

später sogar Labeo (= Gegner des Augustus)

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Folge der Beratungen:

- Anerkennung der Fideikommisse als rechtlich verbindlich

- Klagemöglichkeit zwar nicht nach ius civile oder ius praetorium, aber nach ius novum, das heisst im Wege der cognitio extraordinaria

- Konkurrenz von formlosem Fideikommiss und formgebundenen Legaten führt zu verschiedenen Umgehungsmöglichkeiten, später zur (de facto) Gleichbehandlung von Legat und Fideikommiss.

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Q 29 = D. 28.4.3 Marcell. 29 dig.

1. Inskription:

- Marcellus = Ulpius Marcellus (geb. ~ 110-115); Berater des Antoninus Pius und des Marc Aurel.

- digestorum libri = Hauptwerk des Marcellus: systematische Zusammenstellung von Äusserungen zu Rechtsfragen; meist Bericht über tatsächlich ereignete Fälle.

2. Paraphrase:

- Testament mit Erbeinsetzungen und Vermächtnissen. Die Namen der Erben sind ausgestrichen.

- Verschiedene Fragen:

Ist das Testament dem Fiskus angefallen?

Sind wenigstens die Vermächtnisse wirksam?

Sind wenigstens die Vermächtnisse zugunsten der ausgestrichenen Erben wirksam?

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Verschiedene Positionen:

plerique (die meisten): die gestrichenen Erben sind auch als Legatare ausgeschlossen

ego (Marcellus): Ausschluss vom Legat nur, wenn gesamter Text des Testamentes gestrichen

nonnulli (einige): nur das Gestrichene (= die Erbeinsetzung) ist unwirksam; das übrige (= die Vermächtnisse) bleiben bestehen

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Kommentar des Marcellus:

„Was nun? Kann nicht auch jenes bisweilen angenommen werden, dass derjenige, der die Namen der Erben ausgestrichen hatte, geglaubt habe, dass er genug getan habe, um als Testamentsloser zu sterben? Aber in einer zweifelhaften Angelegenheit ist es nicht nur gerechter sondern auch sicherer, der wohlwollenden Auslegung zu folgen.“

Marcellus schaltet sich selbst als Beteiligten ein und kommentiert das Dilemma

Stand des Verfahrens vor dem kaiserlichen Gericht: keine einhellige Meinung, daher Diskussion notwendig

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Beteiligte der Diskussion

- der Kaiser

- Anwälte des Fiskus (u.a. Calpurninus Longinus)

- Vidibius Zeno (Anwalt der ausgestrichenen Erben? Oder selbst „Erbe“)

- Cornelius Priscianus („Anwalt des Leo“? Oder des Zeno?)

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Argumente:

-Kaiserliche Konstitution „des vergöttlichten Vaters“ des Kaisers, nach der die Ausstreichung die Erbeinsetzungen unwirksam macht

-Fiskus hat eigene Richter

-Geduld und Gnade für die Vermächtnisnehmer

-Streichung betrifft nur die Namen der Erben, nicht das gesamte Testament

- es gibt kein Testament ohne Erbeinsetzung

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Kaiserliche Entscheidung

“Der vorliegende Fall scheint eine mildere Auslegung [wörtl. humanior interpretatio] zuzulassen; wir sind der Meinung, Nepos habe nur dasjenige, was er ausstrich, ungültig machen wollen.“

Zu den Ausgangsfragen:

Testament bleibt dem Fiskus als Erben

alle weiteren Verfügungen von Todes wegen (Freilassungen und Vermächtnisse), die nicht gestrichen sind, sind wirksam

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Humanior interpretatio

Berücksichtigung der Bitte um Geduld und Gnade

Interessen des Fiskus dürfen keine Rolle spielen

Streichung betrifft nur die Erbeinsetzungen (enge Auslegung der früheren Konstitution); alles übrige bleibt wirksam

Aber kann es ein Testament ohne Erben geben?

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Die kaiserliche Übernahme des ius honorarium

- prätorisches Edikt ursprünglich an Amtsdauer der Prätur (1 Jahr) gebunden

- aber: Fortbestand bestimmter typischer Formeln (Fortführung vom Vorgänger): edictum tralaticium

- 130 n. Chr.: Hadrian beauftragt den Juristen Julian, ein dauerhaftes prätorisches Edikt (mit kaiserlicher Autorität) zu schaffen

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Die Protagonisten:

Hadrian (76-138)

-imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus

-in der Rechtspflege stark engagierter Kaiser

Salvius Julianus (geb. ca. 108 n. Chr.)

-um 138 Prätor

-später Konsul und 167/168 Prokonsul in Africa

-einer der wichtigsten hochklassischen Juristen

-digesta in 90 Büchern

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Edictum perpetuum

- als Text verloren; rekonstruiert durch Otto Lenel (Edictum perpetuum, 1883) nach den Ediktskommentaren v.a. Ulpians

- wahrscheinlich Wiedergabe der erprobten Regelungen des prät. Edikts und Ergänzungen (clausulae novae)

- Wandel des Edikts: nicht mehr anpassungsfähiges Amtsedikt des Prätors, sondern autoritative dauerhafte Anordnung des Kaisers

- Belege nur Q 30 (= Bericht Justinians) und Q 31 (= Inschrift über verdoppeltes Gehalt an Julian)

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Q 32 = D. 35.3.3.4 Ulp. 79 ad ed.

1. Inskription:

Ulpians Ediktskommentar

2. Paraphrase:

- Alle Legatare und Fideikommissare trifft eine Verpflichtung zur Kaution.

- Marc Aurel und Lucius Verus haben in einem Reskript die Verpflichtung denjenigen erlassen, die nur alimenta erhalten.

- Ulpian schliesst dies aus dem Wortlaut des Reskriptes, das an eine Pompeia Faustina gerichtet ist und in dem es heisst, dass ihr die Kaution nicht erlassen werden kann, weil das ihr von ihrer Freilasserin hinterlassene Geld keine Unterhaltsleistung ist, wie dies sonst für Freigelassene gelten kann, wenn sie Geld oder Kleidung im Testament des Freilassers zugesprochen erhalten.

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Situation in Q 32:

ErbeLegatar/

Fideikommissar

Legat/ Fideikommiss ausgezahlt

Bedingung:Kaution = Stipulation:

„Ich verspreche, das zurückzuerstatten, was ich zu viel erhalten habe.“

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Kaution für Rückzahlung zu viel gezahlten Legats:

- Lex Falcidia (41 v. Chr.) sieht vor, dass der Erbe nicht mehr als ¾ der Erbschaft an Legaten zu zahlen hat.

- Überschreitet die Legatslast diesen Betrag, kann der Erbe die Legate anteilig kürzen, um sich sein ¼ (= sog. falzidische Quart) zu erhalten.

- Berechnung des Erbes (Umfang, Abzüge, Früchte, Anwachsungen etc.) kann längere Zeit in Anspruch nehmen.

- um Legatar frühzeitige Inanspruchnahme (= Auszahlung) zu erlauben, kann er eine Kaution (cautio ‚si cui plus quam per legem Falcidiam licuerit, legatum esse dicitur) abgeben, mit der er zusichert, zuviel erhaltenes aus dem Erbe zurückzuzahlen.

- im SC Pegasianum (70 n. Chr.) Erstreckung dieser Regelung auf Fideikommisse (= formlose Legate).

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Q 33 = D. 40.12.27 Ulp. 2 de off. cons.

1. Inskription:

Ulpian, im zweiten Buch über die Amtspflichten des Konsuls = Anleitungsschrift für Magistrate.

2. Paraphrase:

- Reskript der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus (161-169)

- Anfrage eines Amtsträgers (Konsul?), wie hinsichtlich eines Minderjährigen zu verfahren ist: Prozessaufschub bis Volljährigkeit oder Durchführung des Prozesses.

- Antwort der Kaiser:

Entscheidung nach gravitas (persönliche Eignung / Erfahrung / Amtswürde) des Amtsträgers

nach Gutgläubigkeit der beteiligten Personen

nach Nutzen für das Mündel

im Einzelfall; keine generelle Vorgabe für die Prozesse mit Minderjährigen.

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Das Kaiserrecht, Q 34 = D. 1.4.1pr.-1 Ulp. 1 inst.

-Kaiserliche Rechtsakte haben Gesetzeskraft, weil der Kaiser seine Macht vom Volk, das Gesetzgeber ist, ableitet

-Konstitutionen, d.h. epistula, subscriptio, decretum, interloqui de plano und Ediktum, stehen mithin den Gesetzen gleich

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Übersicht 4: Konstitutionen

- Edikte = dem republikanischen Recht der Magistrate nachgebildet, allgemeine Anordnungen, öffentl. bekanntgemacht

Inhalt: Regelung der Wasserversorgung, des Grenzverlaufs in einem bestimmten Gebiet, Staatsangehörigkeitsfragen

- Reskripte = Antworten auf Anfragen; je nach Bittsteller verschiedene Form

epistulae = Sendschreiben; und

subscriptiones = Randbescheide

Inhalt: Anfragen über den Inhalt des Rechts; Bitte um Hilfe des Kaisers in einem konkreten Rechtsstreit; Interpretationsanfragen.

- interloqui de plano = Zwischenbescheide ohne mündliche Verhandlung und ohne Formalität; zur Weiterführung des Verfahrens

Inhalt: v.a. prozessuale Vorfragen, Nebenentscheidungen, Einstweilige Anordnungen.

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Zusammenfassung:

- Mitwirkung der Juristen im consilium (bei allgemeinen Rechtssetzungs- oder bei Gerichtsentscheiden)

- Bedeutung der Juristen in der Reskriptenkanzlei

- «Kodifikation» des prätorischen Edikts durch Hadrian (unter Mitwirkung des Juristen Julian)

- Entstehen eines neuen Rechts (des ius novum).

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