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I Rechtsgrundlagen und lebensmittelrechtliche Systematik

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I Rechtsgrundlagen und

lebensmittelrechtliche Systematik

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I Rechtsgrundlagen und lebensmittelrechtliche Systematik

1 Nationale Grundlagen

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1 Nationale Grundlagen PETER HAHN

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat, in dem die Zuständigkeit für Gesetzgebung und Verwaltung unterschiedlich auf Bund und Länder verteilt sind. Unter Berücksichtigung des Verfassungssystems werden aber die wesentlichen Bestimmungen des Lebensmittelrechts von der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes erfasst. Der Vollzug obliegt den Bundesländern.

Sowohl innerhalb des Bundes- wie auch des Landesrechts ist das Lebensmittelrecht auf verschiedenen „Etagen eines Hauses“ – der Rechtsordnung – angesiedelt. Die Basis dieses Baues ist die Verfassung.

1.1 Gesetze

Zu unterscheiden ist zwischen Gesetzen und Verordnungen. Ein Gesetz ist ein jeder Rechtssatz. Gesetz, Rechtssatz und Rechtsnorm sind danach synonyme Begriffe. Im engeren Sinn ist ein Gesetz jeder im verfassungsmäßig vorgesehe-nen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommene Wil-lensakt der Gesetzgebungsorgane ohne Rücksicht auf den Inhalt. Gesetze zeichnen sich dadurch aus, dass sie Aus-druck der politischen Willensbildung von Gesetzgebungor-ganen sind, allgemeine Vorschriften beinhalten, die Rechte und Pflichten abstrakt und generell regeln, die in einem vorgeschriebenen Gesetzgebungsverfahren zustande kom-men.

Nach der Art des Gesetzes ist zu unterscheiden zwischen

• Einspruchsgesetzen

Verfassung

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• Zustimmungsgesetzen.

Für den Bereich des Lebensmittelrechts handelt es sich meist um Zustimmungsgesetze, d. h. die Zustimmungsbe-dürftigkeit ist im Grundgesetz angeordnet. Das hängt damit zusammen, dass die Bundesländer den Gesetzesvollzug zu gewährleisten haben. Ihnen obliegt letztlich die „Last“ eines Gesetzes. Insoweit ist den Bundesländern ein Zustimmungsrecht eingeräumt.

Der Weg der Gesetzgebung in Deutschland

Die Gesetzesinitiative kann von der Bundesregierung, vom Bundesrat oder von Mitgliedern des Bundestages ausgehen. In den meisten Fällen werden Gesetzesentwürfe von der Bundesregierung vorgelegt. Regierungsvorlagen werden von den Referenten in den Ministerien ausgearbeitet, zu-sammen mit einer Begründung über den federführenden Minister dem Kabinett unterbreitet und von diesem beraten.

Im Falle der Billigung legt die Bundesregierung sie dem Bundesrat vor, der in diesem sog. ersten Durchgang dazu Stellung nehmen und Änderungsvorschläge machen kann. Zusammen mit diesem reicht der Bundesrat die Vorlage über die Bundesregierung, die gegebenenfalls zu diesen Änderungsvorschlägen ihrerseits begründet Stellung nimmt, an den Bundestag weiter, der in drei Lesungen über die Vorlage berät.

Der Bundestag kann die Vorlage zur Vorbereitung seiner Beratungen auch an einen oder mehrere Ausschüsse ver-weisen. In jeder Lesung wird über die Vorlage abgestimmt. Bei einfacher Mehrheit und in Ausnahmefällen bei Zwei-drittelmehrheit ist das Gesetz angenommen und wird nun-mehr wiederum dem Bundesrat vorgelegt. Der weitere Gang des parlamentarischen Verfahrens ist abhängig von der Frage, ob es sich um zustimmungs- oder nicht zustim-mungsbedürftige Gesetze handelt (siehe hierzu die Grafik im Anschluss).

Zustimmungsge-setze

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1.2 Verordnungen

Das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gebietet es, dass die Rechtsetzung grundsätzlich dem Parlament als dem ordentlichen Gesetzgeber vorbehalten ist. Im Spannungs-feld hierzu steht das Bedürfnis nach Erlass einer Vielzahl von Rechtsnormen, deren Notwendigkeit nicht unnötiger-weise durch den zeitraubenden Gang eines Gesetzge-bungsverfahrens gehindert werden soll. Im Übrigen wäre letztlich ein Parlament auch mit dem Erlass bloß verwal-tungstechnischer Vorschriften überfordert.

Hiervon wollen die Väter des Grundgesetzes das Parlament weitestgehend entlasten, um die Konzentrierung auf die politischen wesentlichen Aufgaben zu ermöglichen. Inso-weit sieht Artikel 80 Grundgesetz den Erlass von Rechts-verordnungen durch die Exekutive vor, wobei aber in je-dem Fall eine bestimmte gefasste gesetzliche Er-mächtigung erforderlich ist.

Die Voraussetzung für den ordnungsgemäßen Erlass einer Rechtsverordnung ergibt sich in erster Linie aus der gesetz-lichen Ermächtigung. Als formelle Voraussetzung sind zu nennen:

• die Verordnung muss von der zuständigen Stelle erlassen worden sein;

• es ist die Rechtsgrundlage in der Verantwortung an-zugeben;

• es sind eine entsprechende Ausfertigung und Verkündung erforderlich.

Nach dem Gesetz über die Verkündung von Rechtsverord-nungen werden diese entweder im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger veröffentlicht.

gesetzliche Er-mächtigung

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Bei den Verordnungen ist zu unterscheiden zwischen

• horizontalen

und

• vertikalen

Verordnungen.

Horizontal sind solche lebensmittelrechtlichen Verordnun-gen mit Vorschriften für eine Vielzahl von unterschiedli-chen Produkten. Zu nennen sind hier beispielsweise die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung, die Nährwert-Kennzeichnungsverordnung und Zusatzstoff-Zulassungs-verordnung.

Als vertikale Regelungen werden die Verordnungen ange-sehen, die sich nur auf eine bestimmte Gattung von Pro-dukten beziehen, wie z. B. die Fleischverordnung, Kakao-verordnung, Fruchtsaftverordnung, Eiprodukteverordnung.

horizontale und vertikale Verord-nungen

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2 Europäische Grundlagen

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2 Europäische Grund-lagen PETER HAHN

Da nach den Vorschriften des EG-Vertrages ein einheitli-cher Binnenmarkt zu schaffen ist, sind im Bereich des Lebensmittelrechts vielfältige Maßnahmen zu ergreifen, um das Ziel, einen Handel frei von legislativen und admi-nistrativen Hindernissen gewährleisten zu können zu errei-chen.

Das europarechtliche Instrumentarium bietet die primären, sekundären und ungeschriebenen Rechtsquellen. Zwischen diesen besteht, wie auch im nationalen Bereich, eine be-stimmte Normenhierarchie.

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2.1 Primäres Gemeinschafts-recht

Das primäre Gemeinschaftsrecht stellt die Grundlage des Gemeinschaftsrechts dar. Zum Primärrecht gehören zu-nächst die Gemeinschaftsverträge sowie der EU-Vertrag. Der Verfassungsentwurf fasst diese selbständigen Verträge erstmals in einem einheitlichen Vertrag zusammen.

Grundsätzlich behandelt das primäre Gemeinschaftsrecht Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten und der Gemein-schaftsorgane. In einigen Bereichen werden jedoch auch Rechte und Pflichten natürlicher und juristischer Personen direkt angesprochen. Man spricht hier von unmittelbarer Anwendbarkeit. In solchen Fällen sind damit mitglieds-staatliche Gerichte und Behörden verpflichtet, diese Nor-men unmittelbar als geltendes Recht zu beachten – diese Normen wirken also wie innerstaatliche Gesetze.

Im Rahmen der Normenhierarchie gehen diese Regelungen im Ergebnis allen nationalen Vorschriften vor (Vorrang-prinzip). Zum Primärrecht gehören ferner Protokolle und Erklärungen, die im Anschluss an einzelne Verträge erfol-gen können.

Neben diesen geschriebenen existieren auch ungeschriebe-ne Rechtsquellen, die als allgemeine Rechtsgrundsätze der Gemeinschaft bezeichnet werden. Durch sie werden Lü-cken im Ordnungssystem des Gemeinschaftsrechts ge-schlossen. Allgemeine Rechtsgrundsätze sind Sätze von grundsätzlicher Bedeutung, die Rechtssatzcharakter haben. Als Folge davon sind alle gemeinschaftlichen und mit-gliedstaatlichen Behörden unmittelbar an sie gebunden. Zur Gewinnung dieser Rechtsgrundsätze bedient sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, die er in einem Akt „wertender Rechtsver-gleichung“ auf Gemeinsamkeiten untersucht.

Die wichtigsten durch den EuGH auf diese Weise aner-kannten Prinzipien sind:

Primärrecht

Vorrangprinzip

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• das Verhältnismäßigkeitsprinzip, • der Vertrauensschutz, • das Gebot der Rechtssicherheit und insbesondere • die Grundrechte.

2.2 Sekundäres Gemein-schaftsrecht

Die von den EG-Organen erlassenen Rechtsakte werden als sekundäres Gemeinschaftsrecht bezeichnet. Dieses besteht aus

• Verordnungen, Art. 249 II EG;

• Richtlinien, Art. 249 III EG;

• Entscheidungen, Art. 249 IV EG;

• Empfehlungen und Stellungnahmen, Art. 249 V EG.

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2.2.1 Verordnungen

Nach deutschem Rechtsverständnis können europäische Verordnungen als Gesetze der Gemeinschaft betrachtet werden. Der Begriff ist nicht zu verwechseln mit den deut-schen Verordnungen. Wie ein deutsches Gesetz ist eine europäische Verordnung allgemein gültig, in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die unmittelbare Wirkung besagt, dass die Bestimmungen der Verordnung nicht erst in mitgliedstaatliches Recht umgesetzt werden müssen. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EG wird sie somit für den einzelnen Staat verbindlich. Diese unmittelbare Wirkung der Verordnungen macht gerade die Besonderheit des Gemeinschaftsrechts aus („Supranationalität“). Durch dieses Prinzip soll die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten gewährleistet werden.

unmittelbare Wirkung

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2.2.2 Richtlinien

Der Rechtsakt der „Richtlinie“ ist in Artikel 249 III EG genannt. Dieser bestimmt, dass die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist. Sie ist daher in gewisser Weise mit innerstaatlichen Rahmengesetzen vergleichbar. Anders als die Verordnung gilt die Richtlinie in den einzel-nen Mitgliedstaaten damit nicht unmittelbar, sondern muss durch den nationalen Gesetzgeber, an den sie gerichtet ist, erst in nationales Recht umgesetzt werden. In der Regel wird den Mitgliedstaaten hierfür ausdrücklich eine gewisse Frist eingeräumt, die sich in den letzten Artikeln der Richt-linie findet. Bezüglich der Ausgestaltung der Rechtsnor-men verbleibt den nationalen Gesetzgebern insoweit ein gewisser Gestaltungsspielraum. Voraussetzung ist jedoch, dass das zu erreichende Ziel der Richtlinie nicht beein-trächtigt wird.

Bei der Umsetzung der Richtlinie müssen die Mitgliedstaa-ten diejenigen innerstaatlichen Handlungsformen wählen,

Umsetzung der Richtlinie

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die für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts am besten geeignet sind (Gebot der effektiven Umsetzung). Auszuscheiden hat daher re-gelmäßig eine Umsetzung in bloßen Verwaltungsvorschrif-ten.

Bezüglich der Wirkungen der Richtlinie kann wie folgt unterschieden werden:

• Auch schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist und vor Umsetzung im Mitgliedstaat kann die Richtlinie Wir-kungen entfalten. Handlungen, die geeignet sind, das von der Richtlinie verfolgte Ziel ernstlich zu gefährden, sind zu unterlassen. Organe der Mitgliedstaaten können innerstaatliche Normen bereits vor Ablauf der Umset-zungsfrist richtlinienkonform auslegen.

• Setzt das Mitgliedsland die Richtlinie gar nicht, nicht rechtzeitig oder aber fehlerhaft in nationales Recht um, begründet dies eine Vertragsverletzung. Ferner kann die Richtlinie unmittelbare Wirkung entfalten. Für Schäden, die auf fehlender oder fehlerhafter Umsetzung von Richtlinien beruhen, kann ein Mitgliedstaat von Betrof-fenen grundsätzlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Allerdings entfalten Richtlinien keine unmittelbare Wirkung im Verhältnis zwischen einzelnen Bürgern untereinander oder Gesellschaften und Staat, wenn die Richtlinie den Gemeinschaftsbür-ger belasten würde.

2.2.3 Entscheidungen

Die Entscheidung des Artikel 249 IV EG ähnelt in gewisser Weise dem Verwaltungsakt des § 35 VwVfG. Artikel 249 IV EG bestimmt, dass die Entscheidung in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich ist, die sie bezeichnet.

Adressaten der Entscheidung können sowohl die Mitglied-staaten als auch natürliche und juristische Personen sein.

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Außerhalb des Beihilfen- und Wettbewerbsrechts richten sich die Entscheidungen jedoch regelmäßig an einen oder mehrere Mitgliedstaaten. Die Entscheidung regelt insoweit einen Sachverhalt im Gegensatz zur Verordnung nicht generell abstrakt, sondern konkret individuell.

2.2.4 Stellungnahmen

Stellungnahmen und Empfehlungen sind gemäß Artikel 249 V EG nicht verbindlich. Bei den Empfehlungen wird dem Adressaten ein bestimmtes Verhalten nahe gelegt. Die Stellungnahme kennzeichnet die Beurteilung einer gegen-wärtigen Lage oder bestimmter Vorgänge in der Gemein-schaft. Diesen Handlungsformen kommt insbesondere politische und auch psychologische Bedeutung zu. Die Mitgliedstaaten haben sie als „Ratschläge“ zu beachten (z. B. Grünbuch, Weißbuch).