Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken

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Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut in Rom Bd. 89 2009 Copyright Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der Online- Publikationsplattform der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA), zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden.

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Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken

Herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut in Rom

Bd. 89

2009

Copyright

Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der Online-Publikationsplattform der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA), zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden.

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ZWISCHEN ÖSTERREICH, VENEDIG UND UNGARN

Die „Chronik von Valvasone“ als Zeugnis der Geschichte Friaulsim späten Mittelalter

von

UWE LUDWIG

Vor einigen Jahren hat Mario D’Angelo eine neue Edition desChronicon Spilimbergense vorgelegt,1 die an die Stelle der von Giu-seppe Bianchi im Jahre 1856 besorgten Ausgabe2 tritt und aufgrundder überlieferungskritischen Bemerkungen und der historischen Er-läuterungen, die der Herausgeber der Wiedergabe des Textes beifügt,eine der wichtigsten erzählenden Quellen zur spätmittelalterlichenGeschichte Friauls der Forschung eigentlich erst zugänglich macht.Der Berichtszeitraum dieser Chronik annalistischen Typs umspanntdie Jahre von 1241 bis 1489, wobei freilich die Nachrichten in man-chem Zeitabschnitt äußerst spärlich fließen, um in anderen Phasen anAusführlichkeit und Lebendigkeit zu gewinnen. Dem 13. Jahrhundertgehören nicht mehr als acht Notizen an: Sie beginnen mit der Meldungvom Einfall der Tataren in Ungarn (1241) und enden mit der Nach-richt von der Wahl Herzog Konrads von Schlesien zum Patriarchenvon Aquileja und der daraufhin von Papst Bonifaz VIII. ausgespro-chenen Berufung des Erzbischofs von Capua, Petrus Gerra (PietroGera), auf den Aquilejeser Patriarchenstuhl (1299).3 Wesentlich detail-

1 Chronicon Spilimbergense. Note storiche su Spilimbergo e sul Friuli dal 1241 al1489, ed. M. D ’A nge l o , Sequals 1998. Dem lateinischen Text der Chronik ist imParalleldruck eine italienische Übersetzung beigegeben.

2 G. B ianchi , Chronicon Spilimbergense nunc primum in lucem editum, Udine1856.

3 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’An ge lo (wie Anm. 1) S. 24. Zum Inhalt derhier erwähnten Meldungen siehe unten S.163 ff.

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freudiger ist die Berichterstattung für die nun folgenden zehn Jahre.Das Interesse der Chronik gilt vor allem den militärischen Konfliktendes Patriarchen Ottobono (1302–1315) mit dem Herrn von Treviso,Rizzardo da Camino, und dessen friulanischen Gefolgsleuten.4 Zwi-schen 1309 und 1338 verstummt die Chronik völlig, um dann für diefolgenden Jahre mit einigen wenigen Meldungen aufzuwarten.5 Mitdem Jahr 1349 wird der Bericht erneut mitteilsamer und farbiger. Bis1362 sind Jahr für Jahr – eine Ausnahme bildet lediglich das Jahr1360 – recht umfangreiche Aufzeichnungen vorgenommen worden,6

so dass man ohne Weiteres sagen kann, dass die Amtszeiten der Pa-triarchen Nikolaus (1350–1358) und Lodovico Della Torre (1359–1365) den Schwerpunkt der chronikalischen Darstellung bilden. DerZeitraum von 1362 bis 1409 ist mit lediglich sieben Eintragungen ver-treten,7 ehe der Informationsgehalt der Quelle für die Jahre 1409 bis1418 wieder erheblich ansteigt.8 In der Folgezeit sind nur noch verein-zelt Nachrichten niedergeschrieben worden, wobei sich das Interessevon den politischen und militärischen Ereignissen zusehends auf dasFeld der Unglücksfälle und der Naturkatastrophen verlagert.9

Das Chronicon Spilimbergense ist nicht im Original überliefert,sondern nur in einer Abschrift von der Hand Domenico Ongaros ausdem späten 18. Jahrhundert, die in der Biblioteca Guarneriana in SanDaniele del Friuli aufbewahrt wird.10 Über mehrere Zwischenstu-

4 Ebd., S.26–30. Zu diesen Zusammenhängen vgl. P. Pa sch in i , Storia del Friuli,Udine 41990, S. 424 ff.; G. B ru net t in , L’evoluzione impossibile. Il principatoecclesiastico di Aquileia tra retaggio feudale e tentazioni signorili (1251–1350),in: P. Ca mmar osano (Hg.), Il Patriarcato di Aquileia. Uno Stato nell’Europamedievale, Ronchi dei Legionari 2000, S.65–226, S. 121 ff.

5 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ An ge lo (wie Anm. 1) S.30: Es sind Einträgezu den Jahren 1338, 1343, 1346 und 1348 überliefert.

6 Ebd. S.32–58.7 Ebd. S.58–60.8 Ebd. S.60–68.9 Ebd. S.68–74.

10 San Daniele del Friuli, Biblioteca Civica Guarneriana, Ms. 274: „Necrologia Ec-clesiarum aliquot Forojuliensium ex Archetypis vel descripta vel decerpta“. Aufeine Abschrift des Nekrologs von Rosazzo folgen darin auf fol. 55r–81v (pag. 1–52der separaten, zeitgenössischen Zählung) Excerpta ex Necrologio Veteri Eccle-siae Spilimbergensis per Com. Danielem Concinam, Ad cujus ApographumDiligenter hoc nostrum conformavimus. Zu dieser Handschrift siehe ChroniconSpilimbergense, ed. D ’An ge lo (wie Anm. 1) S.8 ff.

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fen11 geht diese Abschrift auf einen codex vetustissimus membrana-ceus, vulgo catapan, ecclesiae Sanctae Mariae de Spilimbergo 12 zu-rück. Der Katapan, wie er in der Marienkirche von Spilimbergo, demheutigen Dom, geführt wurde, ist ein an vielen friulanischen Kirchengebräuchlicher Sammelcodex, in dem Rechte und Privilegien, Ein-künfte, Vermächtnisse und mit Anniversarfeiern verbundene Stiftun-gen festgehalten wurden. Den Kern einer solchen Handschrift bildeteim Regelfall ein Heiligenkalendar, in dem nekrologische Eintragungenvorgenommen wurden, das mitunter jedoch auch zur Aufzeichnungwichtiger Geschehnisse und Vorkommnisse diente.13 An der Marien-kirche zu Spilimbergo sind derartige chronikalische Notizen über ei-nen Zeitraum von beinahe 250 Jahren niedergeschrieben worden,wenn auch mit beträchtlichen Intensitätsschwankungen, die das mehroder minder große Interesse der einzelnen Generationen spiegeln,Mitteilenswertes für die Nachwelt schriftlich zu fixieren.

Leider hat sich weder der „ältere“ noch der „jüngere“ Katapan,über welche die Marienkirche von Spilimbergo einem Inventar von1501 zufolge verfügte, erhalten.14 Es stellt sich daher die Frage, ob diechronologische Unordnung, in der Ongaros Abschrift die einzelnenNachrichten darbietet, den „originalen“ Befund wiedergibt oder ob dieVermutung Mario D’Angelos zutrifft, Ongaros Vorlage sei durch nach-

11 Ebd.12 Die Überschrift auf fol. 56r (pag. 1) von Ms. 274 lautet: Excerpta Ex Codice

vetustissimo Membranaceo vulgo Catapan Ecclesiae Sanctae Mariae de Spi-limbergo.

13 Der Terminus catapan ist von griechisch katapan herzuleiten, vgl. J. P i r ona ,Vocabolario friulano, hg. von G. A. P ir ona , Venezia 1871 (Ndr. 1983) S.55 f.;G.A. P ir ona , Il Nuovo Pirona. Vocabolario friulano, hg. von E. Car le t t i /G. B.Corgn a l i , Udine 1935 (Ndr. Udine 1983) S.109, und wird in der Bedeutung„(Buch) für alles“ verwendet. – Zu den friulanischen Katapanhandschriftensiehe Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ Ange lo (wie Anm. 1) S.10 f.; F. Met z ,Pieta e liturgia, in: La Chiesa di San Martino al Tagliamento. Storia, arte, reli-giosita, Pordenone 1996, S.31–99, S.93 Anm. 20. Unter den jüngeren Editionenfriulanischer Katapane seien genannt: G. Ri b is , Il Catapan di Rizzolo in Friuli(1307–1610), Fonti per la storia della Chiesa in Friuli 6, Udine 2002; A. T i la t t i ,Il catapan di Trevignano udinese (secoli XIV-XVI), Fonti per la storia della Chiesain Friuli. Serie medievale 3, Roma 2006; M. B e l t ram ini , Il Catapan di Codroi-po (1551), Fonti per la storia della Chiesa in Friuli 10, Udine 2008.

14 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’A nge l o (wie Anm. 1) S. 10.

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trägliche Veränderung der Seitenabfolge und durch den Verlust vonzahlreichen Blättern in Mitleidenschaft gezogen worden.15 Zu berück-sichtigen ist in diesem Zusammenhang die der Kopie angefügte An-merkung (Monitum), in der Ongaro Überlegungen zur Eintragstätig-keit der verschiedenen im Codex tätigen Schreiber anstellt: Diesen„wackeren Männern“ ( boni … viri), so sagt er, sei es vor allem darumzu tun gewesen, die historischen Ereignisse für die Nachwelt aufzu-zeichnen. Um die Reihenfolge der Notizen hätten sie sich nicht geküm-mert oder sie hätten es nicht vermocht, eine Ordnung herzustellen.Die frühesten Schreiber hätten noch genügend Platz für ihre Aufzeich-nungen gehabt, während spätere Schreiber freigebliebene Stellen derHandschrift für ihre Notizen ausgewählt und dabei Zwischenräumeoffengelassen hätten, die von noch späteren Händen gefüllt wordenseien. Ongaro zieht daraus die Schlussfolgerung: … ex quo factum est,ut rerum ac temporum ordo consistere nullatenus potuerit. 16 Dem-nach ist davon auszugehen, dass die fehlende chronologische Ord-nung in der Abschrift Ongaros der Aufzeichnungspraxis im alten Ka-tapan zuzuschreiben ist. Ungewiss bleibt, ob man tatsächlich anneh-men muss, ganze Seiten des Katapans und mit ihnen zahlreicheNotate seien verlorengegangen, um zu erklären, weshalb der Berichtdes Chronicon Spilimbergense bisweilen für längere Zeit verstummt.

Auf die vielfachen wörtlichen Überschneidungen zwischen derChronik von Spilimbergo und der sogenannten Chronik der Patriar-chen von Aquileja hat bereits der erste Rezensent der Ausgabe Bian-chis hingewiesen.17 Mario D’Angelo18 möchte zudem eine wechselsei-

15 Ebd. S.9. – Vgl. auch die Besprechung der von Bianchi im Jahre 1856 besorgtenEdition der Chronik von Spilimbergo im Archivio Storico Italiano, n. s. 3, 2(1856) S.213–216, S.214, wo die Vermutung geäußert wird, in dem von Ongarobenutzten Codex dürften bereits viele Seiten gefehlt haben.

16 San Daniele del Friuli, Biblioteca Civica Guarneriana, Ms. 274 „Necrologia Ec-clesiarum...“ (wie Anm. 10) fol. 82r (pag. 53).

17 Archivio Storico Italiano, n. s. 3, 2 (1856) S.215. – Zu vergleichen ist etwa Chro-nicon Spilimbergense, ed. D ’A nge l o (wie Anm. 1) S.32–34 (Nr. 28–32) zu denJahren 1349 und 1350 mit dem weitgehend übereinstimmenden Bericht derChronik der Patriarchen von Aquileja bei B.M. De Ru bei s , Monumenta Ec-clesiae Aquilejensis Commentario Historico-Chronologico-Critico Illustrata cumAppendice, Argentinae (eigentlich Venedig) 1740, Appendix S.11–15 (Chronicontertium Patriarcharum Aquilejensium) S.13.

18 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’A nge l o (wie Anm. 1) S. 11.

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tige Abhängigkeit zwischen dem Chronicon Spilimbergense und dervom Kanoniker Julianus verfassten Chronik von Cividale19 erkennen.Ein Vergleich der beiden Texte führt jedoch zu einem in jeder Hinsichtnegativen Ergebnis.20

Allerdings gibt es eine bislang wenig beachtete friulanischeQuelle, die mit dem Chronicon Spilimbergense äußerst eng verwandtist: Es ist die nur wenige Kilometer südlich von Spilimbergo, im Herr-schaftsbereich der Herren von Valvasone entstandene Chronik, die ichals „Chronik von Valvasone“ bezeichnen möchte.21 Obgleich Auszügeaus diesem Zeugnis bereits veröffentlicht worden sind, so von GianGiuseppe Liruti in seinen „Notizie“22 und von Josef von Zahn in seinerQuellensammlung,23 ist die Chronik in ihrer Gesamtheit noch nichtins Blickfeld der Forschung geraten, und so liegt bisher auch keineEdition vor. Zwar handelt es sich um einen Text, der sich weder hin-sichtlich des Umfangs noch bezüglich des historischen Informations-gehalts mit dem Chronicon Spilimbergense messen kann. Doch hältdie Quelle nicht nur einige wichtige Nachrichten zur spätmittelalter-lichen Geschichte Friauls, sondern auch zu den Beziehungen des Pa-triarchenstaates zu Österreich, zu Venedig, zu Ungarn und nicht zu-letzt zu Kaiser Karl IV. bereit, weshalb sie nicht allein aus lokal- undregionalgeschichtlicher Sicht Interesse beanspruchen darf.

Die Chronik von Valvasone ist im Cod. Lat. XIV, 101 (2804) derMarkusbibliothek in Venedig überliefert, einer Handschrift, die aus

19 Annales Foroiulienses, ed. W. A rn dt , in: MGH SS 19, Hannover 1866 (Ndr.Stuttgart – New York 1963) S.196–222.

20 Zur spätmittelalterlichen Chronistik in Friaul allgemein vgl. die Bemerkungenbei E. Cur z e l /L. P amat o/ G.M. Vara nin i , Giovanni da Parma, canonico dellaCattedrale di Trento, e la sua cronaca (1348–1377), Studi Trentini di ScienzeStoriche 80 (2001) S.211–239, S. 212 f.

21 Spilimbergo und Valvasone liegen, etwa 15 Kilometer voneinander entfernt, amwestlichen Ufer des Tagliamento.

22 G.G. L ir ut i , Notizie delle cose del Friuli, 5 Bände, Udine 1776/77 (Ndr. Bologna1976). Auf die entsprechenden Stellen wird in den Anmerkungen im Anhangverwiesen.

23 J. von Zahn , Austro-Friulana. Sammlung von Actenstücken zur Geschichte desConflictes Herzog Rudolfs IV. von Österreich mit dem Patriarchate von Aquileja,1358–1365 (Mit Einschluss der vorbereitenden Documente von 1250 an.), FontesRerum Austriacarum II, 40, Wien 1877, Nr. 115 S. 130 f., Nr.161 S.203.

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der Sammlung Giusto Fontaninis (1666–1736) stammt. Es handeltsich um den ersten von zwei Bänden „Autographa membrana Mss.Aquilejensia“ aus öffentlichen und privaten Archiven, die der be-rühmte friulanische Gelehrte im Jahre 1713 zusammengestellt hatte.24

Die Chronik findet sich auf einem in die Papierhandschrift eingefüg-ten Pergamentblatt, das die Seitenzählung 25/26 trägt.25 Beim Ein-kleben des Blattes in einen dafür geschaffenen Fensterausschnitt wur-den Vorder- und Rückseite vertauscht: Die Verso-Seite wird als Seite25, die Recto-Seite als Seite 26 gezählt. Es scheint, dass das Pergamentaus praktischen Gründen seitenverkehrt eingebunden wurde: Derlinke Blattrand ist stark und unregelmäßig beschnitten, und zwar un-mittelbar entlang des Schriftspiegels, am oberen und unteren Blatt-rand auch unter Verletzung des Textes. Offenbar aus diesem Grundewurde das Pergament gewendet und am rechten Blattrand eingeklebt,wo mehr freier Raum zur Verfügung stand. Die Beschneidung des Per-gaments hat allerdings nur zu geringfügigen Textverlusten geführt.Weitaus stärker ist die Lesbarkeit durch Stockflecken am linken Blatt-rand beeinträchtigt.

24 Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana, Cod. Lat. XIV, 101 (2804): „Autographamembrana Mss. Aquilejensia ubi Varia de rebus privatis et publicis, Foro-Juli-ensibus praecipue, continentur, collegit Justus Abbas Fontaninus, SanctissimoDomino Nostro Clementi XI a Cubiculo honorario, Anno Sal. MDCCXIII“. Reges-ten zu dieser Dokumentensammlung von G. Va l ent ine l l i , Bibliothekar derMarciana, finden sich in: Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österrei-chischer Geschichtsquellen, Bd. 4 (1854) Heft 3 S.55–60, Heft 4S.73–79, Heft22 S.515–524; Bd. 5 (1855) Heft 8S.169–176, Heft 10 S.217–222, Heft 12 S.268–269. Vgl. auch G. Va len t ine l l i , Catalogus Codicum manuscriptorum de rebusForoiuliensibus ex Bibliotheca Palatina ad D. Marci Venetiarum, Archiv fürKunde österreichischer Geschichtsquellen 18 (1857) S.331–473, S.345 ff.; der s .,Degli studi sul Friuli, Abh. der königlichen böhmischen Gesellschaft der Wissen-schaften in Prag, 5. Folge, Bd. 9, Nr.7, Prag 1856, S.8 ff. Zu den nach Venediggelangten Teilen der Dokumentensammlungen Fontaninis siehe auch die ma-schinenschriftlichen Anmerkungen von Maria Francesca Tiepolo über das „Ar-chivio proprio di Giusto Fontanini“ in: AS Venezia, Indice 311bis „Secreta –Archivi propri diversi“, S. 12 f. – Zur Person Fontaninis siehe D. B u so l in i , Fon-tanini, Giusto, Dizionario Biografico degli Italiani 48, Roma 1997, S.747–752.

25 Innerhalb der Autographensammlung wird es als Nr. XII gezählt. Das Perga-mentblatt misst in der Höhe 30,4 cm, in der Breite ungefähr 21 cm. Vgl. auchunten S.140 f.

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119CHRONIK VON VALVASONE

Das Pergament ist beidseitig beschrieben. Es lassen sich dreiSchreiberhände feststellen: Der erste, dem späten 14. oder dem frü-hen 15. Jahrhundert zuzuordnende Schreiber hat die gesamte Vorder-seite (die heutige Seite 26) und etwas mehr als die Hälfte der Rück-seite (die heutige Seite 25) mit Aufzeichnungen gefüllt, die allem An-schein nach in einem Zuge vorgenommen wurden. Ein zweiterSchreiber hat darunter am 29. März 1464 eine Eintragung hinzuge-fügt. Den frei gebliebenen Raum auf Seite 25 hat schließlich einedritte und letzte Hand in den 1470er Jahren genutzt, um einige wei-tere Nachrichten zu vermerken.

Die von der ersten Hand niedergeschriebenen annalistischenNotizen erstrecken sich über einen Zeitraum, der vom Jahre 1241 biszum Jahre 1379/80 reicht. Das früheste Notat bezieht sich auf denEinfall der Tataren in Ungarn (1241), das späteste auf die EroberungChioggias durch Paduaner und Genuesen sowie auf die Rückgewin-nung der Stadt durch die Venezianer (1379/80). Vorangestellt sind derMeldung über die Invasion der Mongolen in Ungarn zwei Mitteilungenüber verheerende Heuschreckeneinfälle in Friaul und in der Mark Tre-viso.26

Im Jahre 1877 veröffentlichte Josef von Zahn in seiner Quellen-sammlung zu den Auseinandersetzungen zwischen Herzog Rudolf IV.von Österreich und dem Patriarchat von Aquileja Auszüge aus dieserChronik. Seine Feststellungen zur handschriftlichen Überlieferungsind jedoch nicht frei von Irrtümern. Zahn unterscheidet eine „ältesteHandschrift (XIV. Jahrh.)“ im Staatsarchiv zu Venedig und eine „etwasspätere“ in der Biblioteca Marciana.27 Die Suche nach einem weiterenTextzeugen im Staatsarchiv bleibt freilich erfolglos. Wie die von Zahnbenutzten Handschriftenbezeichnungen und -signaturen zeigen, han-delt es sich bei den von ihm erwähnten zwei Handschriften um eineneinzigen Codex, nämlich um den in der Marciana liegenden erstenBand der Autographensammlung Fontaninis.

Eine Abschrift der Chronik findet sich in der Sammlung Lirutider Civica Biblioteca Vincenzo Joppi in Udine.28 Sie ist im 18. Jahr-

26 Siehe dazu unten S.120 und 133.27 Wie Anm. 23.28 Udine, Civica Biblioteca Vincenzo Joppi, Fondo principale, Ms. 873a „Apographa

de Rerum forojuliensium historica“, Nr. 670.

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hundert angefertigt worden und weist die Überschrift Breve chroni-con forojuliense ex Membrana veteri auf. Der Kopist hat einen Hin-weis auf die Herkunft der Chronik aus dem Gebiet westlich des Ta-gliamento gegeben, indem er am Rande vermerkte: Chronicon Foro-julien. de ultra Tulmentum etc. Dieser Abschrift bediente sichGian-Giuseppe Liruti in seinen „Notizie delle cose del Friuli“.29

Eine weitere Abschrift konnte Mazzatinti in den Beständen derBibliothek des Grafen Daniele Concina in San Daniele del Friuli nach-weisen. Das hier aufgeführte „Breve chronicon Foroiuliense ex mem-brana veteri (dal 1250 al 1470)“ war in einem Miszellancodex aus derSammlung Fontanini enthalten, der heute nicht mehr auffindbar ist.30

Es könnte sein, dass die Abschrift Lirutis nicht direkt auf das in Ve-nedig liegende Original zurückgeht, sondern auf die verlorengegan-gene Abschrift aus dem Nachlass Fontaninis. Indiz dafür wäre, dassbeide Apographen dieselbe Überschrift tragen, nämlich „Breve chro-nicon Foroiuliense ex membrana veteri“.

Obwohl sie einige kleinere Unrichtigkeiten enthält, leistet dieAbschrift Lirutis wertvolle Hilfe bei der Entzifferung der in der Mar-ciana liegenden Pergamenthandschrift und erlaubt es mitunter sogar,Ergänzungen des durch Beschneidung in Mitleidenschaft gezogenenChroniktextes vorzunehmen. Daraus ist zu folgern, dass die in Udineaufbewahrte Kopie (bzw. ihre Vorlage) angefertigt worden ist, ehe derspätmittelalterliche Textzeuge beschnitten und in die Dokumenten-sammlung Fontaninis eingeklebt wurde.

Am Beginn der Chronik stehen zwei Nachrichten über Heu-schreckeneinfälle in Friaul und im Gebiet von Treviso. Die vorange-stellten Jahreszahlen lassen sich infolge der Beschädigung des Per-gaments nur mit erheblichen Schwierigkeiten bestimmen. Von der ers-ten Jahresangabe sind die Zahlzeichen MCC sicher zu erkennen,worauf ein L zu folgen scheint. Demnach wäre in Übereinstimmungmit der Abschrift Lirutis MCCL zu lesen. Unrichtig ist die von derAbschrift gebotene Lesung MCCXL für die Jahresangabe des zweitenNotats: Hier ist mit großer Wahrscheinlichkeit MCCC anzusetzen.

29 Wie Anm. 22.30 G. M azz at int i , Inventari dei manoscritti delle biblioteche d’Italia 3, Forlı 1893,

S. 157, wo unter Nr. 8 „Miscellanea del Fontanini“ aufgeführt sind, die das er-wähnte „Breve chronicon Foroiuliense“ enthalten.

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121CHRONIK VON VALVASONE

Dem Zeitraum zwischen 1241 und 1302 entstammen die folgen-den 12 Nachrichten. Die erste meldet den Einfall der Tataren in Un-garn, die letzte die Wahl und die Ankunft des Patriarchen Ottobonusin Friaul. Die Chronik wartet in diesem Teil mit äußerst spröden No-tizen über Vorgänge auf, die sich fast ausschließlich auf die Ge-schichte des Patriarchats von Aquileja beziehen: Es sind Angaben zurWahl, zum Amtsantritt und zum Tode der Patriarchen Gregor vonMontelongo, Raimondo della Torre, Pietro Gera und Ottobono, dazueinige Mitteilungen über wichtige politische Ereignisse aus den Amts-zeiten der genannten Kirchenfürsten. Nur wenige Male richtet sichder Blick auf Geschehnisse außerhalb Friauls: Neben dem Mongolen-einfall meldet die Chronik den Tod des Ezzelino da Romano (1259),die Vertreibung der Visconti aus Mailand und die Einnahme von Flo-renz durch Karl von Valois (1302).

Mit dem Notat zum Jahre 1302 endet der erste Abschnitt derChronik. Für beinahe ein halbes Jahrhundert setzt die Berichterstat-tung aus, um im Jahre 1350 mit der Meldung von der Ermordung desPatriarchen Bertrand wieder aufgenommen zu werden. Die Nachrich-ten bis zum Jahre 1302 fügen sich jedoch nicht allein durch die an-schließende Zäsur zu einer Einheit zusammen, sondern auch auf-grund der Tatsache, dass sie nicht nur inhaltlich, sondern nahezuWort für Wort den Notaten entsprechen, die den Anfang des Chroni-con Spilimbergense bilden.31 Zweimal wird in diesem beiden Chroni-ken gemeinsamen Teil Spilimbergo erwähnt. Zum Jahre 1266 heißt es,Spilimbergo sei am Tage des hl. Laurentius eingeäschert worden, undzum Jahre 1299, der von Papst Bonifaz VIII. erhobene Patriarch PietroGera habe am 27. September in Spilimbergo Aufenthalt genommen.Neben Spilimbergo wird lediglich eine weitere friulanische Stadt ge-nannt, nämlich der westliche Grenzort Sacile, von dem berichtet wird,Gherardo da Camino habe ihn im Jahre 1300 besetzt.

Die zweimalige Berücksichtigung Spilimbergos legt die Vermu-tung nahe, dass der Anfangsteil der Chronik von Valvasone aus demChronicon Spilimbergense geschöpft ist. Für eine solche Abhängigkeitliefert der Textvergleich weitere Indizien. So hat die Chronik von Val-vasone die Mitteilung der Chronik von Spilimbergo zum Jahre 1299,

31 Siehe dazu die Gegenüberstellung beider Chroniken unten S.123 ff.

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Patriarch Raimondo della Torre sei am Montag, dem 23. Februar, ge-storben,32 zu der Meldung verkürzt: Anno domini MCCLXXXXVIIIImortuus est dominus Raymundus patriarcha die lune. Auf ein Miss-verständnis des „Chronisten“ von Valvasone scheint auch der Eintragzum Jahre 1300 hinzudeuten. Die Chronik von Spilimbergo berichtet,dass Patriarch Pietro Gera in diesem Jahre in eine kriegerische Aus-einandersetzung mit dem Grafen von Görz und Gherardo da Caminoverwickelt worden sei, da Gherardo Sacile eingenommen habe.33 ImWortlaut fast deckungsgleich ist das Notat der Chronik von Valvasone,nur dass hier die Konjunktion et zwischen comite Goricie und Ge-rardo de Camino ausgefallen ist, da der Schreiber den Grafen undGherardo möglicherweise für eine Person gehalten hat.

Es spricht folglich einiges dafür, dass das Chronicon Spilimber-gense als Vorlage des ersten Abschnitts der Chronik von Valvasone zubetrachten ist. Da die Chronik von Spilimbergo nur in der Abschriftdes Domenico Ongaro aus dem endenden 18. Jahrhundert erhaltenist, die eine ganze Reihe von nicht gelesenen Wörtern, insbesonderePersonen- und Ortsnamen, durch Spatien kenntlich macht, kann dieChronik von Valvasone entscheidend zur Ergänzung der Textlückenim Chronicon Spilimbergense beitragen. Die Chronik von Valvasoneerlaubt es zudem, einige auf die Kopisten zurückgehende Irrtümer beiden Datumsangaben richtigzustellen. Umgekehrt ermöglicht es dasChronicon Spilimbergense, den Text der Chronik von Valvasone zuvervollständigen, so im Falle der erwähnten Auslassung des Todesta-ges des Patriarchen Raimondo della Torre. Hilfreich ist das ChroniconSpilimbergense vor allem bei der Auffüllung einer weiteren Lücke inder Chronik von Valvasone. Zum Jahre 1299 berichten beide Quellenübereinstimmend, Papst Bonifaz VIII. habe die Wahl Herzog KonradsII. von Schlesien (Glogau) zum Patriarchen von Aquileja verworfen.34

Der Schreiber des in Venedig aufbewahrten Textzeugen der Chronik

32 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’An ge lo (wie Anm. 1) S. 24: Anno DominiMCCLXXXXVIIII mortuus est dominus patriarcha Raymundus die lune VII ex-eunte februario.

33 Ebd. S.26: Anno MCCC habuit idem dominus patriarcha vuerram cum domi-nis comite Goriciae et Gerardo de Camino quia ipse dominus Gerardus acce-perat terram de Sacilo.

34 Siehe dazu die Gegenüberstellung der beiden Chroniken S.12.

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123CHRONIK VON VALVASONE

von Valvasone hat seine Vorlage offenbar nicht vollständig entziffernkönnen und daher in der Notiz ein Spatium freigelassen: ... electiofacta in dominum ducem ... in patriarcham. Die Chronik von Spilim-bergo zeigt, dass an der betreffenden Stelle Poloniae zu ergänzen ist.35

Chronicon Valvasonense Chronicon Spilimbergense

MCC[L] [... , ...] fuerunt locuste inmaxima multitudine, que come-derunt segetes minutas in ma-iori parte Foroiulii.

MCCC [..] sim[iliter] fuit tam ma-gna multitudo locustarum, quodcomederunt bladum per totumForoiulium et per totam Tervi-sanam et taliter de v[...] [... , ...]homines potuerunt aliquid colli-gere.

A[nno domini] [...] Tartari in-traverunt Ungarie VIII o kalendasaprilis. Eodem anno sol obscu-ratus est circha meridiem et te-nebre f[uerunt] super univer-sam terram in festo sancti Mi-chaelis.

Anno Domini MCCXLI. Tartariintraverunt Hungariam VIII ka-lendas aprilis et eodem anno solobscuratus est circa meridiem ettenebrae factae sunt super uni-versam terram in festo sanctiMichaelis.

M oCCLXVI in sancto Laurentiocombustum fuit Spelimbergum.

Anno Domini MCCLXVI insancto Laurentio combustum estSpignimbergum.

35 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’A nge lo (wie Anm. 1) S. 24: ... electio facta indominum ducem Poloniae in patriarcham ...

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Anno domini M oCC oLVIIII o mi-gravit ad dominum magnificuset potens dominus Ecellinus deRomano.

Anno Domini MCCLVIIII, migra-vit ad Dominum magnificus etpotens dominus Ezelinus de Ro-mano.

Anno domini M oCC oLXVII Grego-rius patriarcha captus fuit a co-mite Alberto. Eodem anno et mil-lesimo mortuus est idem patri-archa.

Anno Domini MCCLXVII,Gregorius patriarcha captus acomite Alberto et MCCL⟨X⟩VIIIImortuus est idem dominus pa-triarcha.

Anno domini M oCC oLXXXVIIII ve-nit dominus Raymundus patri-archa in Foroiulii.

Anno Domini MCCLXXIIII, venitdominus Raymundus patriar-cha in Foroiulio.

Anno domini M oCC oLXXXVIIII de-structa est civitas Romula perdominum patriarchamRa(ymundum) et Veneti fugie-runt.

Anno Domini MCCLXXXVIIII, de-structa es⟨t⟩ Civitas * per domi-num patriarcham Raymundumet Veneti fugierunt.

Anno domini M oCCLXXXXVIIIImortuus est dominus Raymun-dus patriarcha die lune ⟨VII ex-eunte februario⟩.

Anno Domini MCCLXXXXVIIIImortuus est dominus patriarchaRaymundus die lune VII exeuntefebruario.

Anno dominiM oCC oLXXXXVIIII o die octavo ex-eunte iunii fuit privata electiofacta in dominum ducem ⟨Polo-niae⟩ in patriarcham per domi-num Bonifacium papam. Et ipsadie dedit patriarchatum dominoPetro Gero archiepiscopo Capue.Et venit in Foroiulii VIII die ex-eunte septembris et hospitavit inSpenibergo IIII die exeunte sep-tembris.

Anno Domini MCCLXXXXVIIII,die octavo exeunte iunio, fuitelectio facta in dominum ducemPoloniae in patriarcham per do-minum Bonifacium papam etipsa die dedit patriarchatum do-mino Petro Gerae archiepiscopoCapuae et venit in Foroiulio VIIIexeunte septembrio et ospitatusest in Spegnimbergo VIII exeunteseptembrio.

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125CHRONIK VON VALVASONE

Anno domini M oCCC o habuitidem dominus patriarcha guer-ram cum dominis comite Goricie⟨et⟩ Gerardo de Camino, quia do-minus G(erardus) acceperat ter-ram de Saccilo.

Anno MCCC habuit idem domi-nus patriarcha vuerram cum do-minis comite Goriciae etGerardo de Camino quia ipse do-minus Gerardus acceperat ter-ram de Sacilo.

Anno domini M oCCC oI die de-cimo intrante februario mortuusest idem dominus Petrus patri-archa.

MCCCI die * exeunte februariomortuus est idem dominusPetrus patriarca.

Anno domini M oCCC oII o factusest dominus Ottobonus patriar-cha et dominus Paganus factusest episcopus Padue et expulsusest dominus Mainfredus capita-nius de Med[iola]no et intro-ducti illi de la Turre. Et Karlusrex sine terra introivit Floren-tiam et expulsi sunt illi de Cir-culis et destructa est quasi fina-liter Florentia. Et idem dominusOctobonus patriarcha venit inForoiulii die martis XIIII in-trante augusti. Et eodem annodata fuit ei collecta XX sollido-rum.

Anno Domini MCCCII, factus estdominus Ottobonus patriarchaet dominus Paganus factus estepiscopus Paduae et expulsus estdominus * capitaneus de Medio-lano et introducti illi de la Turreet Carolus rex sine causa intra-vit Florentiam et expulsi suntilli de * et destructa est quasi fi-naliter Florentia. Et idem domi-nus Ottobonus venit in Foroiuliodie martis XIIII augusti et eodemanno data ei fuit collecta XX so-lidorum pro quolibet manso sen-tato et pro qualibe⟨t⟩ rota molen-dini de gratia speciali, non deiure.

Mit der Eintragung zum Jahre 1302 brechen die Mitteilungen derChronik von Valvasone für fast ein halbes Jahrhundert ab. Wenn sieab 1350 erneut mit Nachrichten aufwartet, so wird ihr Bericht farbi-ger und detaillierter. Die Notizen nehmen in ihrer Dichte zu, obgleichauch in dem bis 1379/80 reichenden Abschnitt nicht zu jedem JahrNachrichten aufgezeichnet worden sind. Die Meldungen gewinnen je-doch nicht nur deutlich an Umfang und Ausführlichkeit, sie habenjetzt – wie aus dem Vergleich mit dem Chronicon Spilimbergense her-

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vorgeht – eigenständigen Zeugniswert. Zwar ist die Chronik von Spi-limbergo wesentlich auskunftsfreudiger und im Allgemeinen besserunterrichtet, doch bietet die Chronik von Valvasone eine ganze Reihevon wertvollen Informationen, die über das im Chronicon Spilimber-gense Mitgeteilte hinausgehen.

Die Chronik von Valvasone erwähnt die Ermordung des Patri-archen Bertrand und den Einmarsch Herzog Albrechts II. von Öster-reich in Friaul (1350);36 sie meldet die Ankunft des neuen PatriarchenNikolaus, des Bruders Karls IV., in seinem Sprengel (1351); sie berich-tet vom Aufenthalt Karls IV. in Friaul im Jahre 1354 und nennt ausanderen Quellen nicht bekannte Details. Dem Krieg zwischen KönigLudwig I. von Ungarn und Venedig, dem Feldzug des Anjou durchFriaul in die Trevisanische Mark im Jahre 1356 sowie dem Friedens-schluss von 1358 widmet sie eine ausführliche Schilderung. ZumJahre 1359 wird das Eintreffen des Patriarchen Lodovico Della Torrein Friaul mitgeteilt. Über den Einfall Herzog Rudolfs IV. im Patriar-chenstaat (1361) und den Konflikt zwischen dem Habsburger unddem Kirchenfürsten von Aquileja weiß die Chronik zahlreiche Einzel-heiten zu berichten. Zum Jahre 1363 wird die neuerliche Invasionösterreichischer Truppen gemeldet, zum Jahre 1365 die Ankunft desPatriarchen Markwart von Randeck in Friaul. Die Nachricht von derEinnahme Chioggias durch Paduaner und Genuesen sowie von derRückeroberung der Stadt durch die Venezianer (1379/80) schließt denvon der ersten Hand aufgezeichneten Teil der Chronik ab. Zwischendiesen Notaten, die für die Geschichte Friauls und seiner Außenbe-ziehungen von nicht unerheblicher Bedeutung sind, finden sich Mit-teilungen über lokalhistorische Vorgänge eingestreut. Sie erlauben es,den Entstehungsort der Chronik näher einzugrenzen.

Die Chronik zeigt sich über Ereignisse im Gebiet von Valvasoneam westlichen Ufer des Tagliamento besonders gut orientiert undwendet ihr Augenmerk immer wieder den Aktivitäten der Herren vonValvasone, Lehnsleuten des Patriarchen von Aquileja,37 zu. So berich-tet sie, dass König Karl IV. am 19. Oktober 1354, zur Zeit von Simone,Giovanni und Ulvino, den Söhnen des verstorbenen Rizzardo di Val-

36 Zu diesen Notaten siehe den Kommentar zur Edition.37 Zu den Herren von Valvasone siehe unten S.131 f. und 142 ff.

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127CHRONIK VON VALVASONE

vasone, mit seinem Gefolge auf der Burg Valvasone Station gemachtund das Mittagsmahl eingenommen habe. Noch im selben Jahre, sofährt der Bericht fort, sei Simone di Valvasone von Karl in der Lom-bardei zum Ritter geschlagen worden.

Auf Simone di Valvasone kommt die Chronik dann wieder imZusammenhang mit der Darstellung der kriegerischen Auseinander-setzungen zwischen Herzog Rudolf IV. von Österreich und dem Patri-archen Lodovico Della Torre im Jahre 1361 zu sprechen. Die militä-rischen Erfolge der Österreicher zwangen Lodovico, mit Rudolf eineVereinbarung zu schließen, wonach die zwischen beiden Parteienstrittigen Fragen dem Kaiser zur Entscheidung vorgelegt werden soll-ten: Der Patriarch und seine Gefolgsleute Simone di Valvasone undFrancesco di Savorgnano, so heißt es in der Chronik, sollten zu die-sem Zweck gemeinsam mit dem Herzog zu Karl IV. reisen. Währendder Oberhirte von Aquileja in der Obhut des österreichischen Heeresvorausgezogen sei, habe Herzog Rudolf in Begleitung von Simone diValvasone und Francesco di Savorgnano zunächst Venedig einen Be-such abgestattet, um schließlich zusammen mit den beiden friulani-schen Edelleuten nach Österreich heimzukehren.

Da auf dem Verhandlungswege keine Lösung erreicht werdenkonnte, brachen die Feindseligkeiten im Herbst 1363 von neuem aus.Am 7. September 1363, so berichtet die Chronik, seien Truppen desHerzogs von Österreich und der Herren von Spilimbergo vor Valva-sone aufmarschiert und gegen San Vito al Tagliamento vorgestoßen,wohin sich der Patriarch mit seinem Heer zurückgezogen hatte. Nie-mand habe jedoch San Vito verlassen, um sich zum Kampf zu stellen,und so seien die Feinde der Kirche von Aquileja vor Valvasone zurück-gekehrt. Hier steckten sie die Dächer der Häuser von Simone undUlvino di Valvasone in Brand. Vom Wind angefacht, sprang das Feuerauf den Ort über und äscherte ihn völlig ein. Am selben Tage, so fährtdie Chronik fort, seien auch die benachbarten, zum Territorium derHerren von Valvasone gehörenden Orte Arzene und Arzenutto nieder-gebrannt worden.

Zum Jahre 1364 meldet die Chronik, Simone di Valvasone habeam 4. Juli einen Kanal (rugia) vom Tagliamento nach Valvasone an-legen lassen. Nachdem die Chronik von einem gewaltigen Heuschre-ckeneinfall am 8. August berichtet hat, wiederholt sie in leicht abge-

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wandelter Form die Mitteilung von der Errichtung einer Wasserlei-tung vom Tagliamento nach Valvasone durch Simone: Am 4. Juli habedas Wasser in Valvasone zu fließen begonnen. Zu der verheerendenHeuschreckeninvasion vom 8. August heißt es, riesige Schwärme hät-ten die Sonne für zweieinhalb Stunden fast ganz verdunkelt und seienüber die Felder von Valvasone, Arzene, San Lorenzo, San Martino,Arzenutto, Postoncicco, San Giorgio di Richinvelda und Aurava her-gefallen. Die erwähnten Orte liegen im Umkreis von Valvasone: Dieersten sechs unterstanden der Herrschaft der Herren von Valvasone,die beiden letztgenannten gehörten zum nördlich angrenzenden Ter-ritorium der Herren von Spilimbergo.38

Die Dörfer Postoncicco und Arzenutto werden auch im Zusam-menhang mit dem Blutregen erwähnt, zu dem es laut Chronik am 18.April 1354 gekommen ist. Der Priester habe gemeinsam mit einigenboni homines große Mengen des vom Himmel gefallenen Blutes aufge-sammelt und sie dem Patriarchen und dem Bischof von Concordiapräsentiert, woraufhin die beiden Oberhirten den Kirchen San Mar-tino und Santi Filippo e Giacomo einen 40tägigen Ablass gewährt hät-ten.

Die prominente Rolle, die die Herren von Valvasone und vorallem Simone di Valvasone in der Berichterstattung spielen, lässtebenso wie die Berücksichtigung verschiedener Begebenheiten ausder Umgebung Valvasones keinen Zweifel daran, dass der zweite Teilder Chronik, der den Zeitraum von 1350 bis 1379/80 umfasst, im Ge-biet von Valvasone entstanden ist. Und es ist davon auszugehen, dassalle drei Schreiber, die Aufzeichnungen auf dem in der Marciana über-lieferten Pergamentblatt vorgenommen haben, in diesem Raum tätigwaren. Denn die Eintragungen der beiden späteren Hände zeigen,dass die Chronik im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts immer nochin der Umgebung von Valvasone aufbewahrt wurde.

Der erste Nachtrag ist ein protokollartiger Vermerk in der Volks-sprache, der das Datum des 29. März 1464 trägt. Drei Männer – Tofolde Pieri Lof, Jac(op)o de Chulotta und Zuan de Drea – die als cama-rarii der Kirche von San Martino bezeichnet werden, erklären, dass

38 Zur Abgrenzung der Jurisdiktionsbezirke von Spilimbergo und Valvasone sieheunten S.143.

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129CHRONIK VON VALVASONE

sie mit Geld und Silber aus dem Besitz San Martinos ein neues Kreuz(una crose nova) für das genannte Gotteshaus haben anfertigen las-sen. Das Kreuz, so heißt es weiter, sei für den Preis von 21 Golddu-katen und 50 Schillingen von Meister Thadeus in Spilimbergo ge-schaffen worden. Abschließend nennt der nicht leicht zu entzifferndeText Personen, die in Valvasone wohnhaft sind.

Der dritte und letzte Schreiber hat im Anschluss an diese Notizmehrere Ereignisse festgehalten, und zwar, wie er einleitend bemerkt,aus der Zeit zwischen 1470 und 1477: Millesimo quadrincessimo sep-tuagessimo usque ad millesimum quadrincessimum ⟨septuagessi-mum⟩ septimum hec omnia infrascripta fue[runt]. An erster Stellewird ein Einfall der Türken in Friaul gemeldet: Die Türken hättenviele Dörfer niedergebrannt, zahlreiche Christen in die Gefangen-schaft geführt, getötet oder gepfählt. Es folgt ein Notat über die Er-mordung des Herzogs von Mailand. Dann berichtet der Autor übereinen Heuschreckeneinfall in Friaul und teilt mit, dass es in diesemJahr im Gebiet von Valvasone (in potestate Valvasoni) wie übrigens inganz Friaul keinen Wein gegeben habe, da die Reben erfroren seien.Schließlich erzählt er, ein Wolf habe viele Menschen getötet oder ver-wundet, wobei auch ein gewisser Antonius, Sohn des Johannes An-dreas aus Postoncicco, zu Tode gekommen sei. Zuletzt nennt sich derSchreiber der Zeilen selbst: Ego presbiter Petrus de Parma guber-nator ecclesie sancti Martini hec omnia in tempore ... Das letzte,durch Zerstörung des Pergaments verlorengegangene Wort in dieserZeile dürfte scripsi, conscripsi oder ähnlich gelautet haben.

Der Priester Pietro da Parma ist nach den Forschungen AntonioNicolettis ab 1473 als Pfarrer von San Martino nachweisbar. Sein Todfällt in das Jahr 1512.39 Es ist anzunehmen, dass er die chronikali-schen Notizen – die in einem Zuge aufgezeichnet wurden – im Jahre

39 Der Notar Antonio Nicoletti aus Valvasone stellte im Jahre 1765 die „Ecclesia-stica monumenta castri et terrae Valvasoni ex antiquis et recentioribus authen-ticis regestis excerpta“ in einem Band zusammen, der in der Kirche von Valva-sone aufbewahrt wird. Vgl. dazu E. Degan i , La diocesi di Concordia. Notizie edocumenti, San Vito al Tagliamento 1880, S.115. Die auf Nicoletti beruhendenAngaben zu Pietro da Parma finden sich bei L. Lu ch in i , San Martino al Taglia-mento. Storia, Arte, Lavoro. Cronaca, San Vito al Tagliamento 1969, S. 18. ZuPietro da Parma siehe auch unten S.140.

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1477 oder jedenfalls bald danach niedergeschrieben hat. Leider hat erüber die allgemeine Zeitangabe 1470–1477 hinaus keines der Ereig-nisse genauer datiert. Das von Giovanni Andrea Lampugnani verübteAttentat auf den Herzog von Mailand, Galeazzo Maria Sforza, fand am26. Dezember 1476 statt.40 Geht man davon aus, dass der Autor dievon ihm aufgeführten Begebenheiten chronologisch gereiht hat, somüssten die Nachrichten über den Heuschreckeneinfall, über denWeinmangel und über den mörderischen Wolf dem Jahre 1477 zuzu-ordnen sein. Der Eintragung über die Ermordung des Herzogs vonMailand geht lediglich das Notat über die Invasion der Türken in Fri-aul voraus. Die Frage, in welchem Jahr die Türken erstmals in Friauleingedrungen sind – ein in der friulanischen Landesgeschichte langeZeit strittiges Problem – soll hier nicht von neuem aufgegriffen wer-den. Pio Paschini hat sich im Anschluss an Francesco Musoni für dasJahr 1472 ausgesprochen und damit gegen eine ältere Tradition Stel-lung bezogen, die den frühesten Türkeneinfall auf 1470 datierte.41 DieAufzeichnungen geben in diesem Punkt keine präzise Auskunft, aberes verdient doch Beachtung, dass der Zeitzeuge Pietro da Parma, derals Pfarrer von San Martino das Geschehen aus der Nähe beobachtenkonnte, seine Nachrichtensammlung, die mit der Mitteilung von demAngriff der Türken beginnt, durch die Jahre 1470 und 1477 eingrenzt.Freilich ist auch mit dieser Notiz kein Beweis für einen Türkeneinfallim Jahre 1470 zu erbringen, denn Pietro da Parma könnte sich in derZuordnung der Ereignisse zu einem bestimmten Jahr getäuscht haben.Da nicht einmal die Annahme zwingend ist, die Nachrichten seien inchronologischer Reihenfolge notiert, wäre es sogar denkbar, dass sichdie Meldung vom Türkeneinfall auf die für Friaul äußerst desaströse,mit zahlreichen Opfern verbundene Invasion des Jahres 1477 be-zieht.42

40 Siehe F.M. Vag l i ent i , Lampugnani, Giovanni Andrea, Dizionario Biograficodegli Italiani 63, Roma 2004, S.272–275.

41 P aschin i (wie Anm. 4) S. 759, unter Berufung auf F. Mu so ni , Sulle incursionidei Turchi in Friuli, Udine 1890. Vgl. auch P.S. Le i cht , Breve storia del Friuli,Udine 51976, S.211; G. C. Me nis , Storia del Friuli dalle origini alla caduta delloStato Patriarcale, Udine 1984, S. 258.

42 P aschin i (wie Anm. 4) S.760 f.

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131CHRONIK VON VALVASONE

Aus den Aufzeichnungen des Pfarrers Pietro da Parma wie auchaus dem Vermerk über die Anfertigung des neuen Kreuzes für dieMartinskirche im Jahre 1464 ergibt sich, dass die Chronik in der zwei-ten Hälfte des 15. Jahrhunderts in San Martino al Tagliamento nörd-lich von Valvasone aufbewahrt wurde. Der Bericht über den Blutregenvom 18. April 1354 und über die den Kirchen des hl. Martin und derhll. Philipp und Jakob gewährte Indulgenz legt die Vermutung nahe,dass diese Feststellung auch für die zweite Hälfte des 14. Jahrhun-derts und für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts gilt.43

Die Kirche von San Martino gehörte wie der gesamte Herr-schaftsbereich der Herren von Valvasone bis weit ins 14. Jahrhundertzum Pfarrsprengel (pieve) von San Giorgio di Richinvelda (Cosa).44

Die Ursprünge von San Martino reichen möglicherweise bis ins früheMittelalter zurück,45 doch ist auf jeden Fall anzunehmen, dass dieKirche zu Beginn des 13. Jahrhunderts schon existierte.46 SicherenBoden gewinnt man allerdings erst durch Dokumente aus den Jahren1319 und 1339, die zeigen, dass es an der Kirche des hl. Martin einenPriester und für die Verwaltung zuständige camerari gab.47 Das Got-teshaus besaß einen Friedhof und verfügte über Besitz und Einkünftein San Martino und Postoncicco, die ihm Odorico, Sohn des Francescodi Valvasone, im Jahre 1344 übertragen hatte.48 Die Herren von Val-vasone banden die Kirche von San Martino immer enger an sich, undbald übten sie auch das Juspatronat mit dem Recht der Priesterwahlaus.49 Das Streben der Valvasone, ihre politisch-jurisdiktionelle Eigen-

43 Siehe dazu oben S.128.44 P.C. Be got t i , Vicende medievali, in: La Chiesa di San Martino al Tagliamento

(wie Anm. 13) S.7–29, S.18 ff. – Zur Geschichte der pieve di San Giorgio sieheauch F.C. Car rer i , Della funzione d’una pieve friulana come distretto giudizia-le laico, in: Atti della Accademia di Udine, serie III, 4 (1896/97) S. 261–304.

45 Ebd. S. 18.46 F. M etz , Le chiese e i preti in Valvasone fra XIV e XVI secolo, in: F. Co lu ss i

(Hg.), Erasmo di Valvasone, 1528–1593, e il suo tempo. Atti della giornata distudio (Valvasone, 6 novembre 1993), Pordenone o.J., S.392–428, S. 404.

47 F. M etz , L’archivio parrocchiale, in: La Chiesa di San Martino al Tagliamento(wie Anm. 13) S.251–316, S.253. Vgl. dazu der s . (wie Anm. 46) S.404 f.

48 Luchi n i (wie Anm. 39) S.15. Vgl. auch Met z , L’archivio parrocchiale (wieAnm. 47) S.253 zum Jahre 1344.

49 Bego t t i (wie Anm. 44) S.23.

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ständigkeit50 auch auf dem Gebiet der Kirchenorganisation zur Gel-tung zu bringen, führte zur stufenweisen Emanzipation der Kirchevon Valvasone von der im Hoheitsbereich der Herren von Spilimbergogelegenen Mutterkirche San Giorgio di Richinvelda.51 Der Ablösungs-prozess vollzog sich in den 30 Jahren zwischen 1330 und 1360, injener Zeit also, in der die Grenzen zwischen den Herrschaftsbereichender Spilimbergo und Valvasone ihre endgültige Fixierung fanden.52 ImJahre 135553 erkannte Bischof Petrus von Concordia das Juspatronatder Herren von Valvasone über die von ihnen 1330 bei ihrem Kastellerrichtete, der hl. Jungfrau Maria und dem Evangelisten Johannesgeweihte Kirche an und entließ diese damit aus der Abhängigkeit vonSan Giorgio di Richinvelda. Vier Jahre später, 1359, gewährte derOberhirte von Concordia der Kirche von Valvasone das Taufrecht undlöste die bislang sehr engen Bindungen der Kirchen von Arzene undSan Martino an die alte Mutterkirche San Giorgio. Es entstand so einneuer, eigenständiger Pfarrsprengel, der sein Zentrum in der Kirchevon Valvasone besaß und dem die beiden Kirchen von Arzene und SanMartino zugeordnet wurden.54

Alle drei Teile der aus dem Gebiet der Kastellane von Valvasonestammenden Aufzeichnungen gehen sehr ausführlich auf Ereignisseein, die San Martino al Tagliamento betreffen, oder stammen von ei-nem Autor, der an dieser Kirche tätig war. Es spricht somit vielesdafür, dass die chronikalischen Notizen in ihrer Gesamtheit an die-sem Gotteshaus entstanden sind.

Wie bereits ausgeführt, gliedert sich der erste Teil der Chronikin zwei Abschnitte: Der vom Chronicon Spilimbergense abhängigenPartie mit Notaten zu den Jahren 1241 bis 130255 folgt ein zweiter,

50 Siehe dazu unten S. 143.51 M etz , Le chiese e i preti (wie Anm. 46) S.415 f.52 Siehe dazu unten S. 143.53 Vgl. zum Folgenden: V. Jop pi , Cronaca sacra della terra di Valvasone, compilata

su vecchie memorie, Portogruaro 1883, S.7 f.; F. Ca rr er i , Breve storia di Val-vasone e de’suoi signori dagli inizi al 1806, Nuovo Archivio Veneto, n. s. 11/I(1906) S.107–158 und 11/II (1906) S.135–161, hier: 11/I, S.140 ff.; Dega ni (wieAnm. 39) S. 115; L. Lu chin i , Valvasone. Storia, arte, vita, Pordenone 1972, S.31;B egot t i (wie Anm. 44) S.22 f.; Metz (wie Anm. 46) passim, mit Abdruck derdrei Dokumente von 1330, 1355 und 1359 auf S. 393–397.

54 B egot t i (wie Anm. 44) S.20.55 Siehe oben S. 121 ff.

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133CHRONIK VON VALVASONE

umfangreicherer und inhaltlich eigenständiger Abschnitt, der Nach-richten aus dem Zeitraum zwischen 1350 und 1379/80 enthält.56 Vor-angestellt sind dem ersten Teil der Chronik zwei Meldungen über Heu-schreckeneinfälle, die in der Chronik von Spilimbergo keine Paralle-len besitzen und wohl den Jahren 1250 und 1300 zuzuordnen sind.57

Der Schreiber des in einem Zuge aufgezeichneten ersten Teilsder Chronik hat ganz offensichtlich mehrere Vorlagen benutzt und zueiner Einheit zusammengefügt. En bloc hat er die Passage zu den Jah-ren 1241 bis 1302 übernommen, die mit dem entsprechenden Zeitab-schnitt des Chronicon Spilimbergense bis in den Wortlaut hinein weit-gehend deckungsgleich ist. Zwar ist die Chronik von Spilimbergo le-diglich in der Abschrift des Domenico Ongaro überliefert, doch ist esbemerkenswert, dass in diesem beiden Chroniken gemeinsamen Ab-schnitt die chronologische Reihung der Nachrichten nur von einerNotiz durchbrochen wird: Die Meldung über eine Brandkatastrophe inSpilimbergo im Jahre 1266 ist in der Chronik von Valvasone zwischenden Jahresberichten 1241 und 1259, in der Kopie Ongaros zwischen1269 und 1274 eingeschoben.58 Einem anderen Zusammenhang hatder Schreiber die beiden Nachrichten über Heuschreckeninvasionenin den Jahren 1250 und 1300 entnommen. Er hat die Notizen nicht anden entsprechenden Stellen der Chronik eingefügt, sondern an ihrenAnfang gestellt.

Der Hauptteil der Chronik, der über den Zeitraum von 1350 bis1379/80 berichtet, bringt die Nachrichten in chronologischer Abfolge.Lediglich die Eintragung über die Ankunft des Patriarchen Markwartvon Randeck in Friaul im Jahre 1365 ist falsch eingeordnet: Sie istzwischen Notizen zu den Jahren 1358 und 1361 eingeschaltet. DieseBeobachtung stützt die Annahme, dass ein Kompilator verstreute Ein-zelaufzeichnungen bei der Übertragung chronologisch geordnet hat,wobei ihm in einem Falle ein Irrtum unterlief.

56 Siehe oben S.125 ff.57 Siehe oben S.120.58 Anno Domini MCCLXVI in sancto Laurentio combustum est Spignimbergum:

San Daniele del Friuli, Biblioteca Civica Guarneriana, Ms. 274 „Necrologia Ec-clesiarum …“ (wie Anm. 10) fol.60r (pag. 9); Chronicon Spilimbergense, ed.D ’A nge l o (wie Anm. 1) S.24.

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134 UWE LUDWIG

An einigen Stellen konnte der Kopist die ihm als Vorlage dienen-den Texte nicht entziffern und hat dies in der Abschrift durch Spatienkenntlich gemacht. Neben den bereits erwähnten Leerstellen in demauf das Chronicon Spilimbergense zurückgehenden Abschnitt59 isteine Lücke in der Darstellung des Krieges Herzog Rudolfs IV. vonÖsterreich gegen den Patriarchen Lodovico Della Torre im Jahre 1361zu nennen. Der Schreiber las hier lediglich: Dominus patriarcha ivitcum exercitu domini ducis et in itinere fuit ... Der Vergleich mitParallelquellen ergibt, dass an dieser Stelle derobatus zu ergänzenist.60

Zwischen dem Bericht über den österreichisch-friulanischenKonflikt von 1361 und der Notiz über den neuerlichen Einfall öster-reichischer Truppen im Jahre 1363 hat der Schreiber – entgegen sei-nen sonstigen Gepflogenheiten – mehrere Zeilen freigelassen. Offen-bar war dieser Raum für eine nachträgliche Ergänzung der Eintra-gung zum Jahre 1361 oder für ein Notat zum Jahre 1362 vorgesehen.Es ist möglich, dass der Kompilator einen umfangreicheren Passusseiner Vorlage nicht entziffern konnte. Denkbar ist allerdings auch,dass er den in seiner Vorlage enthaltenen Bericht vollständig über-tragen hat, jedoch weitere Informationen hinzufügen wollte. Die Notizzum Jahre 1361 endet mit der Nachricht,61 Herzog Rudolf sei mit Si-mone di Valvasone und Francesco di Savorgnano nach Österreich ge-reist, Kaiser Karl IV. habe aber während des Aufenthalts der friula-nischen Edelleute in Österreich gegen den Habsburger Krieg zu führenbegonnen. Der Herzog, so fährt die Chronik fort, habe vom Patriar-chen, der zu diesem Zeitpunkt in Wien festgehalten wurde, die Ab-tretung zahlreicher friulanischer Burgen gefordert und die Ausstel-lung eines Privilegs erreicht, in dem er seinen Willen durchsetzte. Esmag sein, dass diese – im Übrigen den wirklichen Tatbestand erheb-

59 Siehe oben S. 122 f.60 Vgl. die Schreiben des Patriarchen Lodovico della Torre vom 27. September 1361

(Laibach) und vom 8. Oktober 1361 (Kindberg im Mürztal) sowie die Instruktionder Gesandten des Patriarchen an König Ludwig von Ungarn von Ende 1361:Za hn , Austro-Friulana (wie Anm. 23) Nr.125 S.141; Nr.128 S. 143; Nr.130S. 160 f. – Die Ergänzung bereits in dem Auszug aus der Chronik ebd. Nr.115S. 131.

61 Siehe dazu im Einzelnen den Kommentar zur Edition.

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135CHRONIK VON VALVASONE

lich verkürzenden – Angaben vom Schreiber für ergänzungsbedürftiggehalten wurden: Die Chronik von Valvasone weiß nichts davon mit-zuteilen, dass Simone di Valvasone und Francesco di SavorgnanoWien ohne Genehmigung Herzog Rudolfs verlassen und sich zu KaiserKarl IV. begeben haben, und sie hat auch keine Kenntnis von Rudolfsangeblicher Absicht, die beiden Friulaner töten zu lassen.62 Ebensowenig geht sie auf die Rückeroberung und Zerstörung der von HerzogRudolf im Vorjahr besetzten friulanischen Burgen Manzano und But-trio ein, die von den Kommunen Udine, Cividale und Gemona am 2.März 1362 mit Erfolg in Angriff genommen wurde.63 Sie meldet auchanders als das Chronicon Spilimbergense und die Chronik der Patri-archen von Aquileja nicht, dass die beiden friulanischen Adligen –wohl im März 1362 und im Einverständnis mit Karl IV. – in ihre Hei-mat zurückkehrten, um sich dem Kampf gegen die österreichischenBesatzer anzuschließen.64 Möglicherweise ist dem Kopisten das

62 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ Ange lo (wie Anm. 1) S.56 berichtet von derheimlichen Flucht Simones und Francescos aus Wien: … qui clam recesseruntde Vienna sine voluntate Ducis. Die Chronik der Patriarchen von Aquileja (wieAnm. 17) Appendix S. 14 stimmt in der Schilderung dieser Vorgänge fast wört-lich mit der Chronik von Spilimbergo überein, fügt jedoch hinzu: … qui clamrecesserunt de Vienna, quos Dominus Dux volebat mori facere: ideo absquelicentia recesserunt. Beiden Chroniken ist allerdings unbekannt, dass Simonedi Valvasone und Francesco di Savorgnano aus Wien zum Kaiser flohen. Sielassen die beiden friulanischen Adligen aus Österreich direkt nach Friaul zu-rückkehren. – Siehe hierzu auch unten S.150.

63 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ Ange lo (wie Anm. 1) S.56; J. von Zahn ,Über das Additamentum I. Chronici Cortusiorum (als Hauptquelle österrei-chisch-furlanischer Geschichte für die Jahre 1361–1365), Archiv für österrei-chische Geschichte 54 (1876) S.403–441, S.419 f. Vgl. A. H ube r , Geschichte desHerzogs Rudolf IV. von Österreich, Innsbruck 1865, S.81 f.; Paschi n i (wie Anm.4) S.532.

64 Die Chronik von Spilimbergo und die Chronik der Patriarchen von Aquilejasetzen die Rückkehr Simones und Francescos nach Friaul „wenige Tage“ nachder Wiedergewinnung der Burgen Manzano und Buttrio an. Vgl. Chronicon Spi-limbergense, ed. D ’ Ange lo (wie Anm. 1) S.56: Post dies paucos reversi suntdominus Franciscus de Savorgnano et dominus Symon de Cucanea de Valva-sono in Forum Iulii qui clam recesserunt de Vienna sine voluntate Ducis.Siehe dazu auch die bei Zahn (wie Anm. 63) S.419 wiedergegebenen Quellen-auszüge. Am 14. Februar 1362 sind Simone und Francesco offenbar noch amkaiserlichen Hof in Nürnberg anwesend, als Karl IV. für Francesco di Savor-gnano ein Privileg ausstellt, vgl. unten S.150 mit Anm. 113.

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Schweigen der chronikalischen Notizen über diese und andere Vor-gänge aufgefallen, so dass er es für sinnvoll hielt, Platz für Nachträgefreizuhalten, die das Jahr 1362 betrafen.

Die „Chronik von Valvasone“ ist demnach als Kompilation zubetrachten, die der Schreiber aus den ihm vorliegenden Nachrichtenzusammengestellt hat. In welchem Umfang er bei der Übertragungredaktionell eingegriffen hat, ist schwer zu beurteilen. Da der ersteTeil der Chronik in seinem Wortlaut kaum vom Chronicon Spilimber-gense abweicht,65 liegt die Vermutung nahe, der Kopist habe sich auchim zweiten Teil der Abschrift getreu an seine Vorlage gehalten. EinIndiz dafür wäre auch, dass mitunter in ein- und demselben Notatverschiedene Varianten eines Namens begegnen. So finden sich in derEintragung zum Jahre 1379 für Chioggia nebeneinander die Namen-formen Glogia und Clogia, während die Genuesen einmal alsGen[u]anses und dann wieder als Januenses bezeichnet werden. Andieser Stelle gibt sich der Kompilationscharakter der Chronik ganzbesonders deutlich zu erkennen, hat der Schreiber doch zwei Notizen,die sich auf verschiedene Ereignisse beziehen – die Eroberung Chiog-gias durch Paduaner und Genuesen 1379 und die Rückeroberung derStadt durch die Venezianer 1380 –, zusammengezogen und zum Jahre1379 gestellt, ohne dabei jedoch die Namen zu vereinheitlichen.

Recht sicher ist, dass der erste Abschnitt der Chronik mit denNotaten zu den Jahren 1241 bis 1302 bei der nach 1379/80 erfolgtenÜbertragung auf das Pergamentblatt nicht direkt aus dem ChroniconSpilimbergense übernommen wurde, wäre doch in einem solchenFalle unerklärlich, warum nur Eintragungen bis zum Jahre 1302,nicht aber spätere Nachrichten berücksichtigt worden sind. Die vonder Chronik von Spilimbergo abhängigen Notate müssen vielmehr be-reits im Jahre 1302 oder kurz danach in eine Handschrift der KircheSan Martino al Tagliamento aufgenommen worden sein. Es bleibt eineoffene Frage, weshalb in San Martino in den folgenden Jahren keinehistorischen Begebenheiten schriftlich festgehalten worden sind undeine eigenständige Berichterstattung erst mit dem Jahre 1350 ein-setzt.

65 Siehe oben S. 123 ff.

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Von 1350 (Ermordung des Patriarchen Bertrand de Saint-Ge-nies) bis 1365 (Ankunft Markwarts von Randeck in Friaul) sind dannmit mehr oder minder großer Regelmäßigkeit Eintragungen erfolgt,die sich mitunter, in den Jahren 1356 und 1361, zu umfangreicherenDarstellungen auswachsen.66 Die Aufzeichnungen sind wohl zeitgleichmit den Ereignissen von Jahr zu Jahr entstanden. Ungewiss ist, obsämtliche Notizen dieser Zeit aus der Feder eines einzigen Autorsstammen oder ob mehrere Personen am Werk waren. Für letztereskönnte sprechen, dass die Mitteilung von der Anlage eines Kanalsvom Tagliamento nach Valvasone durch Simone di Valvasone im Jahre1364 in der Chronik in zwei leicht voneinander abweichenden Fas-sungen begegnet. Aus der fehlerhaften Einreihung des Notats überMarkwarts Ankunft im Patriarchat lässt sich die Schlussfolgerung ab-leiten, dass die Nachrichten in der dem Kopisten zur Verfügung ste-henden Vorlage nicht in chronologischer Ordnung aufeinander folg-ten, jedenfalls nicht durchgehend.67

Es ist anzunehmen, dass der nach 1379/80 tätige Schreiber dasNachrichtenmaterial, das er in seiner Kompilation verarbeitete, auseiner älteren Nekrologhandschrift der Martinskirche geschöpft hat, inder – wie auch an anderen friulanischen Kirchen üblich68 – wichtigeGeschehnisse und Vorkommnisse vermerkt worden waren. Die in derVorlage enthaltenen Nachrichten hat der Kompilator gesammelt und –chronologisch geordnet – in eine andere Handschrift übertragen. Es

66 Siehe oben S.126 und Kommentar zur Edition.67 Zu den Parallelen in der Überlieferung des Chronicon Spilimbergense siehe oben

S.115 f.68 Zum Nekrolog der Marienkirche von Spilimbergo, in dem das „Chronicon Spilim-

bergense“ überliefert worden ist, siehe oben S.114 f. Historiographische Notizenenthält auch das Nekrolog des Domkapitels von Concordia: D egani (wie Anm.39) S. 198–204. Zu verweisen ist außerdem auf Marginalnotizen aus dem 14.Jahrhundert, die zwei Kalendare in liturgischen Handschriften aus dem Bene-diktinerkloster Moggio im Kanaltal enthalten. Es handelt sich zum einen um einPsalterium-Hymnarium (13. Jahrhundert) in der Erzbischöflichen Bibliothek inUdine: C. Sca l on , La Biblioteca Arcivescovile di Udine, Medioevo e Umanesimo37, Padova 1979, Nr. 33 S. 102 f. Zum anderen finden sich Eintragungen histori-schen Inhalts in einem Missale, das in der Bodleian Library in Oxford aufbe-wahrt wird: C. Fo l igno , Di alcuni codici liturgici di provenienza friulana nellaBiblioteca Bodleiana di Oxford, Memorie Storiche Forogiuliesi 9 (1913) S.292–300, S. 298 ff.

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scheint, dass an eine Fortführung der so entstandenen „Chronik vonValvasone“ gedacht war, doch ist es dazu nicht in dem erwartetenUmfang gekommen. Erst in den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts hatPietro da Parma, Pfarrer an San Martino, wieder einige wenige Nach-richten niedergeschrieben.

Aus dieser Handschrift ist wohl im Zusammenhang mit der ge-lehrten Sammeltätigkeit des Giusto Fontanini das heute in der Biblio-teca Marciana verwahrte Pergamentblatt herausgelöst worden. DieSuche nach dem Codex, dem die „Chronik von Valvasone“ entnommenwurde, kann sich auf eine ganze Reihe von aussagekräftigen Hinwei-sen stützen: Der Blick fällt auf den „Catapan vecchio“, den alten Kata-pan der Kirche San Martino al Tagliamento, der seit einigen Jahren imDiözesanarchiv von Pordenone aufbewahrt wird.69

Der alte Katapan ist, wie es ein Eintrag auf fol.49v formuliert,70

der liber anniversariorum ecclesie sancti Martini de super Valve-sonum, das Buch also, in das jene Personen zu ihrem Todestag aufge-nommen wurden, für die am Jahrestag ihres Ablebens liturgischeLeistungen zu erbringen waren. Der Codex besteht aus einem Heili-genkalendar,71 in dem über einen längeren Zeitraum hinweg von vie-len verschiedenen Händen nekrologische Eintragungen und Aufzeich-nungen über Messstiftungen vorgenommen wurden. Die Anlage-schicht des Totenbuchs ist in einer Kanzleiminuskel geschrieben, diein Größe, Tintenfarbe und Duktus der Schrift auf dem venezianischenPergamentblatt sehr nahe steht. Die nähere Betrachtung einzelnerBuchstaben – so etwa der Majuskelformen von A, G und M – lässt esnicht einmal als ausgeschlossen erscheinen, dass in beiden Fällen der-

69 Archivio della Curia vescovile di Pordenone, Catapan vecchio di San Martino alTagliamento: Pergamenthandschrift; 50 Blatt, 24–24,5 × 30 cm; Foliierung von1–49 mit Tinte (wohl Anlagezeit), 50 mit Bleistift (rezent); Holzeinband, zurHälfte mit Leder überzogen. Bei der vor wenigen Jahren durchgeführten Restau-rierung wurde vorne und hinten jeweils ein Vorsatzblatt eingefügt. Vorne einge-legt sind ein Zettel mit der Angabe „S Martino al Tagl Necrologio 1400–1500“sowie ein Umschlag mit Fotos, die den Zustand der Handschrift vor der Restau-rierung dokumentieren. – Zwei Seiten der Handschrift sind abgebildet bei FabioM etz , L’archivio parrocchiale (wie Anm. 47) S.299 und 310.

70 Siehe Anm. 73.71 Zum Heiligenkalendar des alten Katapan siehe die Übersicht bei Met z (wie

Anm. 13) S.53–58.

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selbe Schreiber am Werk war. Eine eingehendere paläographischeAnalyse ist an dieser Stelle nicht möglich. Sollte sich jedoch bei einergenaueren Untersuchung bestätigen, dass der Grundbestand des Ne-krologs und die chronikalischen Aufzeichnungen von ein und dersel-ben Hand herrühren, so könnte eine detaillierte Bestimmung der To-teneinträge zur engeren Eingrenzung des Zeitpunkts führen, zu demdie Chronik niedergeschrieben wurde.72 Und wenn sich erweisensollte, dass das nach Venedig gelangte Einzelblatt aus dem alten Kata-pan stammt, so wäre zu vermuten, dass der gesamte Codex erst nachdem Jahre 1379/80, dem Datum des letzten in der Chronik erfasstenEreignisses, angelegt worden ist.73

Der „catapan vecchio“ setzt sich aus insgesamt 50 Pergament-blättern zusammen. Er besteht aus sechs Quaternionen, wobei derletzten Lage am Ende zwei Einzelblätter beigebunden sind. Jeder Qua-ternio umfasst jeweils zwei Monate des Kalendar-Nekrologs und istfür die Aufnahme der Tagesdaten, der Heiligennamen und der Me-morialeinträge liniiert. Die anschließenden beiden Einzelblätter(fol.49 und fol.50, von dem nur ein Fragment des linken Blattrandesüberliefert ist) weisen keine Liniierung auf und enthalten Aufzeich-nungen aller Art, unter anderem auch historiographische Notizen. Aufbeiden Blättern wurden Eintragungen zu Messstiftungen und Anni-versarfeiern vorgenommen, auf fol.49r steht überdies eine Notiz zurWeihe der Martinskirche durch den Bischof von Concordia am 21.

72 So ist beispielsweise im catapan vecchio, fol. 4r, zum 25. Januar (VIII kl. febr.)eingetragen: Anno domini M oCCCC oVI o Obiit Nobilis et Egregius Miles DominusDominus Ricardus de Valvasono. Die Schrift scheint jener der anlegenden Handauf dem venezianischen Pergamentblatt sehr ähnlich und ist möglicherweisesogar mit ihr identisch.

73 Die Annahme von M etz (wie Anm. 13) S.52, der catapan vecchio sei im Jahre1326 angefertigt worden, beruht auf der Lesung des erwähnten Eintrags auffol.49v. Doch sind gerade die Inkarnationsjahre in dieser Notiz nicht mehr voll-ständig zu entziffern: In Christi nomine amen, anno domini millesimo ... cen-tesimo vigesimo sexto, indictione IIII ... emtus fuit iste liber anniversariorumecclesie sancti Martini de super Valvesonum. Nicht genau bestimmbar ist dieJahrhundertzahl. Zu beachten ist, dass die 4. Indiktion nicht ins Jahr 1326,sondern ins Jahr 1426 fällt, vgl. H. G rot e fend , Zeitrechnung des deutschenMittelalters und der Neuzeit 1: Glossar und Tafeln, Hannover 1891 (Ndr. Aalen1970), Tafel XIV.

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Oktober 151274 und eine Nachricht über den Türkeneinfall in Friaulim Jahre 1499.75 Zudem ist auf fol.49r ein Eintrag zu finden, der denTod des Priesters Petrus de Parma zum 3. Februar 1512 verzeichnetund Bestimmungen zu seinem Jahrtagsgedächtnis enthält.76 Da esaber gerade dieser Geistliche ist, der auf der Rückseite des venezia-nischen Pergamentblatts einige Nachrichten festgehalten hat, möchteman annehmen, dass zwischen der „Chronik von Valvasone“ und demalten Katapan von San Martino ein Zusammenhang besteht. In der Tatist auf fol.1r des Katapans ein Eintrag aus dem Jahre 1481 zu finden,der einen Pestausbruch in Valvasone meldet und in paläographischerHinsicht sehr große Ähnlichkeit mit den erwähnten Aufzeichnungendes Pietro da Parma aufweist. Die Entzifferung der Notiz gelingt al-lerdings nur teilweise: 1481 multi perierunt a peste in Valvason, in-ter quos obiit venerabilis vir presbiter ... plebanus Valvasoni ac fra-ter Maichus de Asuno etiam obiit presbiter ... Antonius ... benefici-atus in Valvasono, postquam venit presbiter ... obiit a peste. Eodemanno obiit etiam presbiter Gualterius beneficiatus in ... in terraValvasoni.

Der Verdacht, dass das venezianische Blatt dem alten Katapanvon San Martino entnommen ist, erhärtet sich weiter, wenn manGröße, Beschaffenheit und Überlieferungszustand beider Handschrif-ten in die Betrachtung einbezieht. Die Blätter des Katapan haben eineHöhe von 30 cm, während ihre Breite zwischen 24 und 24,5 cmschwankt. Das venezianische Einzelblatt ist 30,4 cm hoch; an den Sei-tenrändern ist es jedoch sehr stark beschnitten und misst daher ander breitesten Stelle nur noch 21,2 cm.77 Das venezianische Blatt ist

74 Regest bei Met z (wie Anm. 47) S.256.75 Da die Tinte stark verblasst ist, lässt sich die Notiz nur noch zum Teil entziffern:

1499 de setenbris corse i turchi in la patria de Frioli et pasono la ... et corsenofino a San Cassan apreso Concordia et preseno asai cristiani sia picoli etgrandi ... piu de quindese millia anime sia morti o menadi via ... quali apresoValvason ... (es folgt noch eine weitere unleserliche Zeile). – Zur Türkeninvasiondes Jahres 1499 siehe P aschin i (wie Anm. 4) S.762 f. Vgl. auch die Quellen-zusammenstellung bei G. Mar ches in i , Annali per la storia di Sacile anche neisuoi rapporti con le Venezie, Sacile 1957, S.1028 ff.

76 1512 in die sancti Blasii dominus presbiter Petrus de Parma rector ecclesiesancti Martini qui donavit dicte ecclesie sancti Martini decem ducatos ... Vgl.zum Tod des Pietro da Parma auch den Eintrag auf fol.5r des Nekrologs.

77 Siehe oben S. 118.

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ebenso wie fol.49 des Katapans nicht liniiert. Der linke Seitenranddes venezianischen Pergamentblatts weist in der oberen Hälfte, vorallem aber im unteren Drittel größere Ausbruchstellen auf, die teil-weise durch „Begradigungen“ verkleinert oder beseitigt worden sind.Bemerkenswert ist nun, dass auch fol.48 und fol.49 des Katapans amunteren linken Blattrand stark beschädigt sind und größere Fehlstel-len aufweisen. Es kommt hinzu, dass auf fol.48, auf fol.49 und aufdem venezianischen Blatt Stockflecken festzustellen sind, die sich inallen drei Fällen auf den linken Blattrand konzentrieren. Die auffäl-ligen Parallelen geben zu der Vermutung Anlass, dass sich die „Chro-nik von Valvasone“ ursprünglich am Ende des Katapans befunden ha-ben könnte: Zu erwägen wäre, ob das venezianische Blatt ursprüng-lich auf fol.49 folgte, ehe es aus dem Codex herausgelöst wurde.78

Wenngleich die codicologisch-paläographischen Untersuchungendamit noch keinen sicheren Beweis für die Herkunft des „ChroniconValvasonense“ aus dem „catapan vecchio“ von San Martino gelieferthaben, so kann aufgrund der bisherigen Beobachtungen kein Zweifeldaran bestehen, dass das venezianische Pergamentblatt mit der dar-auf verzeichneten „Chronik“ demselben handschriftlichen Kontext an-gehört wie das Nekrolog von San Martino. Dafür sprechen, wie gezeigtwerden konnte, nicht nur paläographische Indizien, sondern auch un-übersehbare inhaltliche Bezüge.

Man wird den historischen Quellenwert des hier erstmals in sei-ner Gesamtheit und in seinem überlieferungsgeschichtlichen Zusam-menhang vorgestellten „Chronicon Valvasonense“ – auch im Vergleichzu anderen friulanischen Chroniken der Zeit79 – nicht überschätzenwollen. Und dennoch verdienen die historiographischen Aufzeichnun-gen aus der Kirche San Martino al Tagliamento als Zeugnisse der Ge-schichtsschreibung im Umkreis eines friulanischen Herrensitzes desspäten Mittelalters die ihnen gebührende Beachtung. In der Zweitei-lung des Chroniktextes, der in eine vom Chronicon Spilimbergense

78 Die Foliierung würde einer solchen Annahme nicht im Wege stehen. Wahrschein-lich ist nur die mit Tinte vorgenommene Foliierung von „1“ bis „49“ der Anla-gezeit der Handschrift zuzuordnen, während die Folioangabe „50“ auf dem heuteden Codex abschließenden Fragment von einer rezenten Hand mit Bleistift hin-zugefügt wurde.

79 Siehe oben S.113 ff. und 116 f.

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abhängige Partie (von 1241 bis 1302) und einen eigenständigen Ab-schnitt (von 1350 bis 1379/80) zerfällt,80 spiegelt sich der Wandel inden Herrschaftsverhältnissen am rechten Ufer des Tagliamento im 13.und 14. Jahrhundert.

Zunächst im Besitz eines ghibellinischen Geschlechts, das mitder Familie der Sbroiavacca verwandt war, gelangte das Kastell Val-vasone nach der Mitte des 13. Jahrhunderts unter die Hoheit der Her-ren von Spilimbergo.81 Zum Lohn für seine Treue erhielt Walterper-toldo II. von Spilimbergo im Jahre 1268 vom Patriarchen Gregor vonMontelongo die Hälfte der Burg Valvasone zu Lehen.82 Im Mai 1281trug Walterpertoldo dem Patriarchen Raimondo della Torre alle Lehender Kirche von Aquileja mit der Bitte auf, sie seinem Neffen Giovannidi Zuccola zu übertragen. Nachdem dies geschehen war, investierteGiovanni di Zuccola im Dezember 1281 seinen Onkel mit den ihmübergebenen Lehen, darunter auch mit dem Kastell Valvasone samtZubehör (ad feudum habitantie de sua gaudente tenuta de castroValvasoni secundum ut habebat ipsum castrum a domino Patriar-cha aquileiensi et de patriarchali Ecclesia cum omnibus finibus etbonis sibi pertinentibus pro dicto castro). 83

In den Auseinandersetzungen um das Erbe der Spilimbergo ge-lang es 1293 den Brüdern Simone, Warnerio und Odorico di Cucagna,die Burg Valvasone unter ihre Kontrolle zu bringen.84 Damit beginntdie Geschichte der zweiten Dynastie von Valvasone, denn Simone I.und seine Nachfolger konnten sich im Besitz der Burg auf Dauer be-haupten. Vom Patriarchen Raimondo della Torre mit Valvasone be-lehnt, kaufte Simone seinen beiden Brüdern ihre Anteile an Burg undzugehörigen Besitzungen und Rechten ab.85 Er wurde zum Stammva-ter des neuen Geschlechts,86 das seinen Herrschaftsbereich rund um

80 Siehe oben S. 121 ff.81 C. G. Mor , Note critiche sul feudo di Valvasone, in: Valvason – Voleson, 56n con-

gres der Societat Filologjche Furlane, 16 setembar 1979, Udine 1979, S. 45–49.82 C. G. Mor , La successione di Giovanni di Zuccola a Spilimbergo, in: N. Cant a -

r u t t i /G. B erg amini (Hg.), Spilimberc, 61m congres der Societat FilologjcheFurlane, 23 di setembar 1984, Udine 1984, S. 25–42, S.27 und Doc. III S. 35 f.

83 Ebd. Doc. V S.36–38 und S. 28ff. zu den Hintergründen.84 Ebd. S.31 ff.; ders . (wie Anm. 81) S.47 f.85 Ca rr er i (wie Anm. 53) 11/I, S.112 f.86 Siehe dazu die Genealogie ebd. 11/II, S.135 ff.

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143CHRONIK VON VALVASONE

Valvasone in einem spannungsreichen Konkurrenzverhältnis zu denHerren von Spilimbergo ausbaute und abgrenzte. 1332 und wieder1358 wurden durch Schiedssprüche die Jurisdiktionsbezirke der bei-den Familien voneinander geschieden. Am 3. Februar 1332 wurde Ri-zardus und Odorlicus de Valvasono die Blutgerichtsbarkeit in einemBezirk übertragen, der folgendermaßen umschrieben wird: in plebeCose a confinibus S. Georgii inferius, in S. Martino, in Pustuncico,in Arzino, et in Arzinutto, in Valvasono et in eorum confinibus. DieAusübung dieser Rechte sollte ihnen sine contradictione ... Domino-rum de Spegnimbergo zustehen.26 Jahre später, am 25. Juni 1358,wurde diese Grenzziehung durch einen neuerlichen Schiedsspruchbestätigt.87 Im selben Zeitraum erlangte auch die Kirche von Valva-sone ihre Autonomie von der pieve San Giorgio di Richinvelda, diezum Hoheitsbereich der Herren von Spilimbergo gehörte.88

Zweifelsohne standen die Herren von Valvasone in den Jahr-zehnten nach der Mitte des 14. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt ih-res politischen Einflusses und ihres Ansehens. Das Prestige, das siesich erworben hatten, wurde nicht zuletzt darin sichtbar, dass KönigKarl IV. die Enkel von Simone I., Simone II., Ulvino und Giovanni, am19. Oktober 1354 auf dem Zug zur Kaiserkrönung in Rom mit seinemBesuch auf der Burg Valvasone beehrte. Dies berichtet die Chronik

87 Zur Abgrenzung der Jurisdiktionsbezirke von Spilimbergo und Valvasone sieheG. B ian ch i , Documenti per la storia del Friuli dal 1326 al 1332, Udine 1845,Nr.720 S.559 f.; F. d i Ma nz ano , Annali del Friuli ossia raccolta delle cosestoriche appartenenti a questa regione, IV, anno 1311 dell’eta volgare al 1341,Udine 1862, S.335 (Schiedsspruch vom 3. Februar 1332); F.C. Ca rr er i , Spilim-bergensia Documenta Praecipua ab anno 1200 ad annum 1420 ... summatimregesta, Reale Deputazione Veneta di Storia Patria. Miscellanea di Storia Veneta,serie 2, 3, Venezia 1895, S.17 f. (Schiedsspruch vom 25. Juni 1358).

88 Siehe oben S. 131 f. – Zum Besitz der Herren von Spilimbergo siehe C. G. M or , Ilfeudo di Spilimbergo, in: C. Fu r l an/I. Zanni er (Hg.), Il Duomo di Spilimbergo1284–1984, Maniago 1985, S.9–22. – Zum Verhältnis zwischen den Spilimbergound den Valvasone siehe auch S. B or to l ami , Spilimbergo a meta Trecento: unasocieta in formazione, in: der s . (Hg.), Spilimbergo medioevale. Dal libro diimbreviature del notaio Supertino di Tommaso (1341–1346), Spilimbergo 1997,S.59–111, S.69.

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von Valvasone und beeilt sich hinzuzufügen, dass Simone auf demRomzug vom Herrscher zum Ritter geschlagen worden sei.89

Die Kastellane von Valvasone hatten wie jene von SpilimbergoSitz und Stimme im friulanischen Parlament,90 konnten sich aller-dings in ihrer politischen Bedeutung und militärischen Stärke mitdiesen nicht messen. Dies zeigen in aller Klarheit die Aufgebotslistendes friulanischen Heeres von 1327, aus der Amtszeit des PatriarchenPagano Della Torre also, und von 1360, als Lodovico Della Torre aufdem Patriarchenstuhl saß.91 Die sogenannte talea militiae, die denUmfang der militärischen Dienstverpflichtungen der einzelnen Mit-glieder des Parlaments anzeigt, verzeichnet für die Herren von Spilim-bergo (Spigambergum/Spegnemberch) 12 elmi (Kontingent von dreiBerittenen) und 2 Bogenschützen (baliste).92 Die Herren von Valva-sone dagegen wurden im Rahmen der Familiengemeinschaft der Cu-cagna zur Truppenstellung herangezogen: Die Kastellane von Cucanea(Cucagna), Pertinstain/Pertinstayn (Partistagno) und Valvaso-num/Valvesonum hatten insgesamt nur 16 elmi und 4 baliste aufzu-bieten. Der Anteil der Valvasone am friulanischen Heer war folglichum einiges geringer als jener der Spilimbergo.

Wie aus der talea militiae von 1327 und 1360 hervorgeht, zähl-ten die Kastellane von Valvasone weiterhin zum Familienverband derCucagna. Zwar hatten sie sich 1293 die alleinige Herrschaft über dienamengebende Burg Valvasone gesichert,93 doch teilten sie sich mitden anderen Zweigen des Hauses die Besitz- und Jurisdiktionsrechtein Faedis und den zugehörigen Orten, mit denen die Cucagna im Jahre

89 Siehe dazu den Kommentar zur Edition. – Zu Simone II. di Valvasone siehe auchdie biographischen Notizen bei Car rer i (wie Anm. 53) 11/II, S.137 ff.

90 Zum friulanischen Parlament siehe: P. S. Le icht (Hg.), Parlamento Friulano I(1228–1420), Teil 1, Atti delle Assemblee costituzionali italiane dal medio evo al1831, serie 1, sezione 6, Bologna 1917 (Ndr. Bologna 1968).

91 Ebd. Nr.79 S.67 f. und Nr. 187 S.180 f.92 Zur talea siehe ebd. S.LXXVII ff. und S.CXVI ff.; E. Tr aver sa , Das Friaulische

Parlament bis zur Unterdrückung des Patriarchates von Aquileja durch Venedig(1420) (Erster Teil), Wien – Leipzig 1911, S.105 ff.; C. von Cz oer nig , Das LandGörz und Gradisca. Geographisch-statistisch-historisch dargestellt, Wien 1873,S. 418 ff.

93 Siehe oben S. 142.

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145CHRONIK VON VALVASONE

1275 vom Patriarchen belehnt worden waren.94 Im Chronicon Spilim-bergense tritt Simone II. di Valvasone unter dem Namen Symon deCucanea de Valvasono auf.95

Auch der Familienzweig der Kastellane von Cucagna war in nä-here Beziehungen zu Karl IV. getreten. Odorico (Ulrich) soll mit Zu-stimmung seines Vaters Gerardo di Cucagna im Solde Karls IV. inDeutschland gekämpft haben.96 Im Jahre 1355 wies ihm der Kaiser fürdie geleisteten Dienste eine jährliche Pension von 250 Florenen ausder Florentiner Reichssteuer an, ein Gunsterweis, der 1357 erneuertwurde.97 Wie Simone II. di Valvasone scheint auch Gerardo di Cuca-gna zu den Begleitern Karls IV. auf dessen Romzug gehört zu haben.Das Chronicon Spilimbergense berichtet, der Luxemburger habe nachseiner Kaiserkrönung neben Walterpertoldo di Spilimbergo, Paganound Francesco di Savorgnano auch einen Angehörigen der Cucagnaauf der Tiberbrücke zum Ritter geschlagen.98

94 Carr er i (wie Anm. 53) 11/I, S.119 f.; E. Dega ni , Dei signori di Cucagna e dellefamiglie nobili da essi derivate. Note storiche, Pagine friulane 8 (1895) S. 105–109, 122–125, 137–142, 154–158, S.122 f.

95 Chronicon Spilimbergense, ed. D ’A nge l o (wie Anm. 1) S.56. – Siehe auch dieErfassung der Angehörigen der verschiedenen Zweige des Familienverbandesunter dem Namen Cucanea im Protokoll der Parlamentssitzung vom 29. Septem-ber 1327: Le icht , Parlamento Friulano (wie Anm. 90) Nr.77 S.63.

96 Degan i (wie Anm. 94) S. 156.97 J.F. B öhme r , Regesta Imperii VIII. Die Regesten des Kaiserreichs unter Kaiser

Karl IV. 1346–1378, hg. und ergänzt von A. H ube r , Innsbruck 1877 (Ndr. Hil-desheim 1968) Nr.2165 und Nr. 2595. Nach dem Tode Odoricos entbranntezwischen Schinella di Cucagna (zu ihm weiter unten) und dem Neffen des Pa-triarchen Markwart von Randeck ein lang anhaltender Rechtsstreit um dieseJahrespension: Siehe dazu Th. E. Mommse n , Italienische Analekten zurReichsgeschichte des 14. Jahrhunderts (1310–1378), Schriften der MGH 11,Stuttgart 1952, Nr.335 S.136 f., Nr.336 S.137, Nr.346 S.140 f., Nr.347 S.141,Nr.352 S.142 f. , Nr.353 S. 143. Karl IV. erteilte Florenz im Mai 1373 schließlichdie Anweisung, Schinella aus der Reichssteuer jährlich 250 Florenen auszuzah-len: A. H ube r , Additamentum primum ad J.F. Böhmer, Regesta Imperii VIII.Erstes Ergänzungsheft zu den Regesten des Kaiserreichs unter Kaiser Karl IV.1346–1378, Innsbruck 1889, Nr.7378 und Nr. 7380. Siehe auch R. B oui l l on , DieBeziehungen zwischen Aquileia und Karl IV. während der Amtszeit der Patri-archen Nikolaus von Luxemburg und Lodovico della Torre (1350–1365), Phil.Diss. Münster 1989 (veröffentlicht 1991) S.153 f.

98 Die Abschrift Ongaros in der Biblioteca Civica Guarneriana in San Daniele del

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Im Konflikt zwischen dem Patriarchen Lodovico Della Torre undHerzog Rudolf von Österreich bezogen die einzelnen Angehörigen derFamiliengemeinschaft der Cucagna allerdings entsprechend ihrer In-teressenlage ganz unterschiedliche Positionen. Simone II. di Valva-sone hielt seinem Lehnsherrn unverbrüchlich die Treue und wurdedeshalb von Rudolf gemeinsam mit Francesco di Savorgnano in einerArt ehrenvoller Gefangenschaft zuerst nach Venedig mitgeführt unddann nach Wien verbracht.99 Schinella di Cucagna, der jüngste Sohndes Gerardo und Bruder des Odorico di Cucagna, der als Generalka-pitän die Truppen des Patriarchenstaats im Kampf gegen den habs-burgischen Eindringling anführte, trat hingegen bereits kurz nachAusbruch der Feindseligkeiten, am 9. September 1361, ins Lager Ru-dolfs über, den er als seinen wahren Herrn anerkannte und dem erebenso wie seinen Brüdern, Erben und Nachfolgern eidlich Gehorsamund Unterstützung zusagte. Ein weiterer Angehöriger des Familien-verbandes der Cucagna, Facina de Perchtenstain (Partistagno),schloss sich diesem Unterwerfungsakt an.100

Der Bruder Schinellas, Odorico di Cucagna, stritt im Gegensatzdazu weiterhin für die Sache des besiegten und gedemütigten Patri-archen. Gemeinsam mit dem Kanzler Lodovicos, Paulinus, unternahmer im Auftrage des Patriarchen eine Reise an den kaiserlichen Hof, umauf Karl IV. im Sinne des in Wien gefangen gehaltenen Kirchenfürsteneinzuwirken.101 Zeugnis und Frucht der Anwesenheit Odoricos am

Friuli (wie Anm. 10), fol.62r (pag. 13), weist an dieser Stelle eine Lücke auf: …fuerunt ab eodem domino imperatore creati nobiles viri domini Franciscuttusde Savorgnano… de Cuchanea … Die Ergänzung Gerardo im Chronicon Spilim-bergense, ed. D ’ An ge lo (wie Anm. 1) S. 46. Die Darstellung in der Chronik derPatriarchen von Aquileja (wie Anm. 17) Appendix S.14 weicht hiervon aller-dings ab: Ihr zufolge gehörten zum Gefolge Karls IV. Valterpertoldus de Spilim-bergo, D. Franciscus de Savorgnano, D. Paganus de Savorgano, et D. Gerardusde Carnea … Bei dem zuletzt aufgeführten Namen dürfte es sich um eine Ver-schreibung von Gerardus de Cucanea handeln. Im Zusammenhang mit der Rit-terweihe auf der Tiberbrücke nennt die Chronik der Patriarchen von Aquilejafreilich außer Valterpertoldus de Spilimbergo die nobiles Viri Ludovicus deCucanea, Franciscus et Paganus de Savorgnano.

99 Siehe dazu die Anm. 45 und 46 Anhang. Siehe auch oben S.135 unten S.150.100 Siehe dazu die Anm. 42 Anhang.101 Za hn (wie Anm. 23) Nr. 138 S. 171 (Schreiben des Patriarchen Lodovico Della

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147CHRONIK VON VALVASONE

Hof ist offenbar die Urkunde, mit dem Karl IV. am 15. Januar 1362Odorico (Ulrich) selbst und seinen Bruder Schinella zu lateranensi-schen Pfalzgrafen erhebt.102 Odorico di Cucagna empfing das Privilegzu einem für sein Anliegen äußerst günstigen Zeitpunkt, hatte sichdoch Rudolf IV. an der Jahreswende 1361/62 von seinem bisherigenBündnis mit Karl IV. gelöst und am 7. Januar 1362 eine Allianz mitKönig Ludwig von Ungarn geschlossen, die sich ausdrücklich auchgegen den Kaiser und seinen Bruder, Markgraf Johann von Mähren,richtete.103 Karl, der seinem Schwiegersohn im Sommer und Herbst1361 noch Beistand im Kampf gegen den Patriarchen von Aquilejageleistet hatte, sah sich zu einer politischen Wende genötigt. Auf seineVeranlassung hin verpflichteten sich die Kurfürsten auf einem Hoftagim März 1362, Herzog Rudolf und seine Brüder niemals zu römischenKönigen zu wählen. Zugleich wurde der Habsburger aufgefordert, denPatriarchen von Aquileja umgehend freizulassen.104

Vor diesem Hintergrund ist das Dokument vom 15. Januar 1362zu betrachten, mit dem Odorico und Schinella di Cucagna zu latera-nensischen Pfalzgrafen ernannt werden. Bemerkenswert daran ist,dass nicht nur der dem Patriarchen Lodovico treu ergebene Odorico,sondern auch sein zum Herzog von Österreich abgefallener Bruder

Torre an Karl IV. aus dem Jahre 1362). Aus diesem Dokument geht hervor, dassOdorico und Paulinus von Lodovico entweder zu Beginn seiner erzwungenenReise nach Wien oder in der Anfangsphase seines Aufenthalts in Wien (in exor-dio quasi transmigracionis mee), also offenbar im Herbst 1361, zum Kaisergesandt worden waren.

102 J.F. B öhme r/A. Hu ber , Regesta Imperii VIII (wie Anm. 97) Nr. 3812; J. Va -l en t ine l l i , Regesta documentorum Germaniae historiam illustrantium. Reges-ten zur deutschen Geschichte aus den Handschriften der Marcusbibliothek inVenedig 1, Nendeln/Liechtenstein 1976 (separater Ndr. aus den Abh. der bay-erischen Akademie der Wissenschaften, Historische = III. Classe, Bd. 9 = Denk-schriften 35, München 1866, S.357–923) Nr.293 S.112. Die Urkunde ist in einerAbschrift des 18. Jahrhunderts in der Handschrift Venedig Marc. Lat. XIV, 48(4237), fol. 197v–198r, überliefert.

103 Siehe dazu die Anm. 47 und 48 Anhang.104 Siehe jüngst U. Ho hensee , Herrschertreffen und Heiratspolitik. Karl IV., Un-

garn und Polen, in: U. Ho hensee /M. La wo/M. Lindn er/M. Me nz e l /O. B.Rader (Hg.), Die Goldene Bulle. Politik – Wahrnehmung – Rezeption, Bd. 2,Berichte und Abhandlungen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wis-senschaften, Sonderband 12, Berlin 2009, S.639–664, S.652 f.

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mit dieser Würde ausgezeichnet wurde. Offenbar zielte der Gunster-weis darauf ab, Schinella wieder in das Lager des Patriarchen hin-überzuziehen, zu dessen Unterstützung der Kaiser sich jetzt ent-schloss. Allerdings hatten die Bemühungen um Schinella nicht dengewünschten Erfolg, denn dieser hielt bis zum Ende des Konfliktsunbeirrbar zur Partei des Habsburgers.105 Öffentlich zum Rebellen er-klärt, nahm er 1363 in führender Position an den österreichischenKriegsoperationen in Friaul teil. So war er an dem – in der Chronikvon Valvasone geschilderten106 – fehlgeschlagenen Angriff auf dasHeer des Patriarchen bei San Vito al Tagliamento und an dem Vorstoßgegen Valvasone beteiligt, bei dem der Ort eingeäschert wurde. Am 23.September 1363 erschien Schinella di Cucagna vor Rudolf IV. in Me-ran, um gegenüber den Herzögen von Österreich das Versprechen zubeeiden, dass er mit seinen Nachkommen und Erben sub ipsis eteorum dicione tamquam fideles et devoti servitores et vasalli im-perpetuum remanere wollte.107 Am 23. Dezember 1363 unterstellteRudolf IV. Schinella di Cucagna durch eine ebenfalls in Meran ausge-stellte Urkunde seinem besonderen Schutz.108

Odorico di Cucagna und der Kanzler Paulinus waren jedochnicht die einzigen Friulaner, die sich im Januar 1362 am Hofe KarlsIV. in Nürnberg aufhielten. Auch Francesco di Savorgnano und Si-mone di Valvasone stellten sich damals beim Kaiser ein, wie einemBrief des Patriarchen Lodovico Della Torre vom 1. Februar 1362 zuentnehmen ist.109 Sie hatten Wien ohne Erlaubnis Herzog Rudolfs IV.verlassen, um das Reichsoberhaupt im Auftrage des Patriarchen zueiner Intervention zugunsten ihres Herrn zu bewegen. Odorico di Cu-cagna und sein Verwandter Simone di Valvasone müssen sich gleich-zeitig in der Umgebung Karls IV. aufgehalten haben, denn dieser ließam 14. oder 15. Januar 1362 ein Diplom ausstellen, durch das den

105 Vgl. hierzu und zum Folgenden Degan i (wie Anm. 94) S. 157.106 Siehe dazu die Edition mit Anm. 49 Anhang.107 Za hn (wie Anm. 23) Nr.169 S.213 f.108 Ebd. Nr.177 S.220.109 Ebd. Nr.131 S. 161 ff. (Brief des Patriarchen Lodovico della Torre vom 1. Februar

1362, Wien). Darin fleht der Kirchenfürst die an den Kaiserhof geflohenen Si-mone di Valvasone und Francesco di Savorgano an, Karl IV. an seine Pflichtenals dominus totius mundi zu erinnern und für seine Befreiung Sorge zu tragen.

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149CHRONIK VON VALVASONE

Brüdern Simones, den nobilibus Vulvino, Henrico et Joanni MilitibusFratribus de Cucanea et de Valvasono sowie ihren Erben in männli-cher Linie die Grafenwürde verliehen wurde.110 Die Tatsache, dassbeide Privilegien gleichzeitig ausgestellt wurden, dass sie im Formularweitgehend übereinstimmen und dass die Zeugen in beiden Fällenidentisch sind, spricht entschieden für die Echtheit des letztgenann-ten, nur in Abschriften des 18. Jahrhunderts überlieferten Stückes.Dies ist deshalb zu betonen, weil die Authentizität des Dokuments vonFerruccio Carreri mit durchaus nachvollziehbaren Argumenten inZweifel gezogen wurde.111 So fehlt unter den Begünstigten seltsamer-weise Simone II. di Valvasone, dessen Aufenthalt am Hof Anlass derAusstellung der Urkunde war. Dagegen gibt es gute Gründe zu derAnnahme, dass der in dem Diplom erwähnte Enrico zum Zeitpunktder Privilegierung nicht mehr lebte.112 Der Vorschlag Carreris, denNamen Enricos durch jenen Simones zu ersetzen, befriedigt freilichebenfalls nicht – denn zum einen mag man nicht glauben, der in Nürn-berg anwesende Simone sei von dem Urkundenschreiber irrtümlichdurch seinen Bruder Enrico ersetzt worden, und zum anderen wäreder älteste der Brüder, Simone, in einem solchen Falle vom Urkun-denschreiber an der falschen Stelle, nämlich nach seinem jüngerenBruder Ulvino, eingereiht worden. Das Karlsdiplom gibt also Rätselauf, die allenfalls partiell zu lösen sind, wenn man eine weitere –verlorengegangene – Urkunde postuliert, die der Kaiser für den ihmbesonders ergebenen Simone di Valvasone ausgestellt hätte. Damitwäre allerdings nicht erklärt, warum der wohl bereits verstorbeneEnrico in dem Privileg vom 14./15. Januar 1362 unter den Lebenden

110 F.C. Car re r i , I Signori di Valvasone creati conti del S.R. I. da Carlo IV.o 1362 15o 14 gennaio Norimberga, Pagine friulane 16 (1904) S.121.

111 Carr er i (wie Anm. 53) 11/I, S. 128 f. und 11/II, S.139.112 Bei der Abgrenzung der Jurisdiktionsbezirke zwischen den Herren von Spilim-

bergo und den Herren von Valvasone im Jahre 1358 treten als Vertreter derValvasone Simone, Giovanni und Ulvino, die Söhne des verstorbenen Rizzardo(I.), sowie ihr Neffe Rizzardo (II.) auf: Carr er i (wie Anm. 87) S.17 f. Enrico, derBruder Simones, Giovannis und Ulvinos und Vater Rizzardos II., fehlt bei diesemRechtsakt. Das Chronicon Valvasonense spricht davon, dass Karl IV. die BurgValvasone im Oktober 1354 „zur Zeit der Brüder Simone, Giovanni und Ulvino,der Söhne des verstorbenen Rizzardo“ besucht habe. Enrico wird dagegen mitkeinem Wort erwähnt. – Zu Enrico siehe Car re r i (wie Anm. 53) 11/II, S.139.

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erwähnt wird. Zu bedenken ist zudem, dass nach Ausweis der Über-lieferung keiner der Begünstigten und auch keiner seiner Erben sichjemals mit dem Grafentitel geschmückt hat.

Von entscheidender Bedeutung ist allerdings im vorliegendenZusammenhang, dass sich mit Odorico di Cucagna und Simone di Val-vasone gleich zwei Angehörige des Familienverbandes der Cucagnabeim Kaiser einfanden, von dem sie sich die Befreiung des Patriar-chen von Aquileja aus den Händen Rudolfs IV. und Beistand gegendiesen im Kampf um die Unabhängigkeit Friauls erhofften. Simone diValvasone und Francesco di Savorgnano lassen sich aufgrund der ur-kundlichen Überlieferung von Mitte Januar bis Mitte Februar am Kai-serhof nachweisen.113 Ihre Mission war durchaus von Erfolg gekrönt.Schon wenige Wochen später, im März 1362, konnten die Gefolgsleutedes Lodovico Della Torre den Kampf gegen Herzog Rudolf und seinePartei in Friaul wiederaufnehmen und dabei das Reichsbanner auf-ziehen – zum Zeichen dafür, dass die Sache des Patriarchen vom Kai-ser legitimiert und unterstützt wurde.114 Nach Interventionen despäpstlichen Legaten in Italien und König Ludwigs von Ungarn kambald darauf auch der Kirchenfürst wieder frei.115

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Rudolf IV.und Lodovico Della Torre sollten auch in den folgenden Jahren dasGeschehen in Friaul bestimmen und erst mit dem Ableben der beidenProtagonisten im Juli 1365 enden.116 Die innere Zerrissenheit des Pa-triarchenstaats, in dem Kastellane und Kommunen in eine dem Pa-triarchen treu ergebene und eine habsburgerfreundliche Partei ge-spalten waren, spiegelt sich auch in der Familiengemeinschaft derCucagna-Valvasone-Partistagno wider. Und hatte Odorico di Cucagnaim Unterschied zu seinem Bruder Schinella zunächst auf der Seite desLodovico Della Torre gestanden, so geriet auch er mit zunehmenderDauer und Verschärfung der Fehde in einen Gegensatz zum Kirchen-fürsten von Aquileja.113 Am 14. Februar 1362 verlieh Karl IV. Francesco di Savorgnano und seinen Erben

die lateranensische Pfalzgrafenwürde: H ube r , Additamentum primum (wieAnm. 97) Nr.7076; G. Bia nchi , Indice dei documenti per la storia del Friuli dal1200 al 1400, Udine 1877, Nr. 4302 S.137.

114 Siehe Anm. 47 Anhang.115 P aschin i (wie Anm. 4) S.531.116 Ebd. S.533 ff.

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151CHRONIK VON VALVASONE

Im August 1364 trat der Konflikt in ein neues Stadium, als sichder Patriarch und Francesco da Carrara, der Signore von Padua, un-ter dem Schutz König Ludwigs von Ungarn zu einem gegen die Her-zöge von Österreich gerichteten Bündnis zusammenfanden.117 Lodo-vico Della Torre schlug bereits Anfang September 1364 gegen dieHerren von Spilimbergo los,118 die ihm seit 1360 feindlich gegenüber-standen und seit Herzog Rudolfs Invasion im Jahre 1361 als Anführerder österreichischen Partei in Friaul gelten können.119 Ihre enge An-lehnung an die Habsburger und ihre Verbundenheit mit dem „stillenAlliierten“ Rudolfs, der Republik Venedig, schlug sich darin nieder,dass sie 1362 mit einem venezianischen Kredit das österreichischePordenone in Pfandbesitz nahmen120. Im Oktober 1364 ließ der Pa-

117 Zahn (wie Anm. 23) Nr.184 S. 226 ff.; Le icht , Parlamento Friulano (wie Anm.90) Nr.207 (richtig: 206) S.191 ff.

118 Paschi n i (wie Anm. 4) S. 540.119 Siehe dazu die Nachrichten der Chronik von Spilimbergo zu den Jahren 1360

und 1361: Chronicon Spilimbergense, ed. D ’A nge l o (wie Anm. 1) S.52 und 54.Walterpertoldo di Spilimbergo hatte bereits am 18. März 1361 in Wien einigeKastelle seiner Familie auf Herzog Rudolf IV. übertragen und sie dann von die-sem zu Lehen genommen: F.C. Ca rr er i (wie Anm. 87) S.19.

120 Während seines Besuchs in Venedig – siehe dazu Anm. 45 Anhang – verpfändeteHerzog Rudolf IV. Pordenone am 4. Oktober 1361 für 8000 Florenen an Giovanniund Eglolfo de Lisca: G. Va len t ine l l i (Hg.), Diplomatarium Portusnaonense,Fontes Rerum Austriacarum II, 24, Wien 1865 (Ndr. Pordenone 1984), Nr. 75 und76 S.65 ff. Für dieselbe Summe wechselte das Pfandobjekt im Juli 1362 aufWunsch und mit Zustimmung Herzog Rudolfs in die Hände der Brüder Walter-pertoldo und Enrico di Spilimbergo, die sich gegenüber den Habsburgern zuuneingeschränkter Hilfe contra omnes mundi homines, nullo excluso penitusverpflichteten: ebd. Nr.77 und 78 S.68 ff. Die Finanzierung der Transaktion über-nahm die Republik Venedig: R. P re de l l i , I libri commemoriali della Republicadi Venezia. Regesti 2, Monumenti storici publicati dalla R. Deputazione Veneta diStoria Patria, Bd. 3, Serie 1, Bd. 3, Venezia 1878, libro VI, Nr. 342 und 346 S.338;ders ., I libri commemoriali della Republica di Venezia. Regesti 3, Monumentistorici publicati dalla R. Deputazione Veneta di Storia Patria, Bd. 9, Serie 1, Bd. 7,Venedig 1883, libro VII, Nr. 8–15 S.5 ff. Am 14. August 1362 teilten die Spilim-bergo der Republik Venedig mit, dass sie Pordenone von den Lisca übernommenhatten: Va l ent ine l l i , Diplomatarium Portusnaonense., Nr.79 S.72. Auf Anwei-sung Rudolfs IV. übertrugen Walterpertoldo und Enrico di Spilimbergo am 14.November 1364 Pordenone auf die Venezianer Nicolo und Pietro di Boninsegna:ebd. Nr.84 S.76 f. – Als man im Frühsommer 1363 in Venedig mit einem Krieggegen Padua rechnete, wandte man sich mit der Bitte um militärischen Beistand

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triarch Walterpertoldo und Enrico di Spilimbergo wegen Landesver-rats in Abwesenheit den Prozess machen und beide zum Tode verur-teilen, ein Urteil, das vom Parlament kurz darauf gebilligt wurde.121

Walterpertoldo war wenige Wochen zuvor aus der Burg Uruspergoentkommen, die von den Truppen des Patriarchen und des Francescoda Carrara belagert wurde. Er fand zunächst Zuflucht auf der BurgCucagna und begab sich von dort zum Herzog von Österreich.122

Die Aufnahme Walterpertoldos auf Cucagna führte zum Zerwürf-nis zwischen Odorico und dem Patriarchen.123 Dieser machte Odoricound seinem Verwandten Nicolo vor allem den Vorwurf, Walterpertoldogegen seinen – des Patriarchen – ausdrücklichen Willen wieder frei-gelassen zu haben. Zur Strafe entzog er Odorico und Nicolo ihrenAnteil an der Burg Cucagna und übertrug ihn ihrem Verwandten Si-mone di Valvasone, der umgehend davon Besitz ergriff. Odorico undNicolo ersuchten daraufhin Venedig um Vermittlung. Die Republik ent-sandte in der Tat einen Notar zu Lodovico Della Torre, der im Namender Cucagna die wenig glaubwürdige Entschuldigung vorbrachte, manhabe gegenüber dem Herrn von Spilimbergo so gehandelt, um ihn wie-der mit dem Patriarchen auszusöhnen. Zugleich baten die Venezianerdarum, den Cucagna die Burg zu restituieren, wobei diese als specia-les amici dominationis nostre bezeichnet werden. Der Patriarchfreilich hielt die Handlungsweise der Cucagna gegenüber Walterper-toldo für einen unverzeihlichen Fehler, der geeignet sei, den Kriegweiter zu verlängern, und erklärte, in der Frage der Rückgabe derBurg einer Entscheidung des Parlaments nicht vorgreifen zu wollen.Im Februar 1365 beauftragte der Doge Lorenzo Celsi die veneziani-schen Gesandten, die einen Frieden zwischen dem Patriarchen vonAquileja und Francesco da Carrara auf der einen und dem Herzog von

auch an die Herren von Spilimbergo. Diese sagten die Stellung von 100 Barbutenzu: Zahn (wie Anm. 63) S. 422f.

121 Za hn (wie Anm. 23) Nr.198 S.244 ff.: Le i cht , Parlamento Friulano (wie Anm.90) Nr.208 S.196.

122 P aschin i (wie Anm. 4) S.540.123 Zum Folgenden siehe die bei Zahn (wie Anm. 23) Nr. 214 S. 279 ff. abgedruckte

Instruktion des Dogen Lorenzo Celsi vom 9. Februar 1365 an die venezianischenGesandten, die zwischen den Kriegsparteien einen Frieden vermitteln sollten(hier S. 282 f.).

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Österreich auf der anderen Seite vermitteln sollten, den PatriarchenLodovico darum zu ersuchen, die Cucagna wieder in Gnade aufzuneh-men und ihnen ihre Burg zurückzuerstatten.

Ob die Venezianer mit ihrer Fürsprache sogleich Erfolg hatten,ist unbekannt. Es könnte aber sein, dass es in den folgenden Monatenzu einem Ausgleich zwischen dem Patriarchen und den Cucagna ge-kommen ist. Als nämlich am 27. Mai 1365 in Cividale der Rat desParlaments unter Vorsitz Lodovico Della Torres zusammentrat, warenunter anderem auch Simon miles de Valvesono und Odoricus milesde Cucanea zugegen.124 Da ein Einfall Herzog Albrechts III. von Ös-terreich, des Bruders Rudolfs IV., in Friaul befürchtet wurde, be-schloss die Versammlung, einen Teil der friulanischen Truppen in SanDaniele und einen anderen in Valvasone zu stationieren.

Dieser knappe Überblick über die Geschichte des Familienver-bandes der Cucagna in den 50er und 60er Jahren des 14. Jahrhun-derts verdeutlicht in exemplarischer Weise, wie tief die Gegensätzezwischen den häufig im Bunde mit auswärtigen Mächten agierendenAdelsfamilien Friauls waren und wie sehr diese Konflikte die innereStabilität des Patriarchenstaates aushöhlten. Aus den Auseinander-setzungen zwischen den Inhabern der sedes von Aquileja und denfriulanischen Kastellanen und Kommunen sowie aus den Fehden, diediese untereinander ausfochten, ergaben sich für militärisch wesent-lich potentere Nachbarn wie Österreich und Venedig Ansatzpunktefür Einflussnahmen, Einmischungen und Interventionen, die stets vonneuem eine Bedrohung der Autonomie des Patriarchenstaates herauf-beschworen – und, wie bekannt, seine Eigenständigkeit zu guter Letztuntergruben. Die in der Chronik von Valvasone zusammengestelltenhistoriographischen Notizen gehen auf die Phase höchster existenti-eller Gefährdung des Patriarchenstaates in den Kriegen gegen RudolfIV. und seine Verbündeten mit großer Ausführlichkeit ein und zeigen,wie sich die Herren von Valvasone – im Unterschied zu den benach-barten Herren von Spilimbergo und zu manchen Verwandten aus denanderen Familienzweigen der Cucagna – als loyale Stützen ihres Lan-des- und Lehnsherrn bewährten. Als „Rudolf nichts Geringeres als dieLiquidation des Patriarchats zugunsten Habsburg-Österreichs“

124 Le icht , Parlamento Friulano (wie Anm. 90) Nr.212 S.200.

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plante,125 traten die Herren von Valvasone als Verteidiger der Interes-sen des Patriarchen Lodovico Della Torre auf. Wie der mit ihrer Zu-stimmung abgeschlossene, gegen die Aggression Rudolfs IV. gerichteteund unter den Schutz des Königs von Ungarn gestellte Bündnisvertragzwischen dem Patriarchen und dem Signoren von Padua vom 13. Au-gust 1364 zeigt, handelten sie auch in dem Bewusstsein, für die Ehreund den Ruhm des heiligen Römischen Reiches und des Kaisers (adhonorem et gloriam sacri Romani imperii et domini Karoli Roma-norum imperatoris) zu kämpfen.126

Die Abhängigkeit des Territoriums von Valvasone von den Her-ren von Spilimbergo, wie sie bis ins späte 13. Jahrhundert andauerte,und die kirchenorganisatorische Zugehörigkeit des Gebiets zu SanGiorgio di Richinvelda, die sich erst im zweiten Drittel des 14. Jahr-hunderts allmählich lockerte, spiegeln sich augenscheinlich darin,dass das Chronicon Valvasonense in seinem ersten Teil vom Chroni-con Spilimbergense abgeleitet ist. Die Chronik von Valvasone ver-stummt mit dem Jahre 1302 für fast ein halbes Jahrhundert, aberauch die Chronik von Spilimbergo wartet in diesem Zeitraum nur mitwenigen Meldungen auf.127 Wenn beide Quellen ab der Mitte des 14.Jahrhunderts wieder ausführlicher berichten, so gehen sie getrennteWege. Die Chronik von Valvasone besitzt nun selbständigen Zeugnis-wert und ist – wenn auch nur für eine kurze Phase – Ausdruck desgewachsenen Selbstbewusstseins der Herren von Valvasone, die in derPerson Simones II. zu den höchsten Autoritäten des Reiches in engeBeziehung treten.

125 Das Zitat bei A. Nieder s tä t ter , Die Herrschaft Österreich. Fürst und Land imSpätmittelalter (Österreichische Geschichte 1278–1411, hg. von H. Wol f ram),Wien 2001, S.159.

126 Wie Anm. 117. Das Zitat auf S.227 (Zahn , Austro-Friulana) bzw. 192 (Le icht ,Parlamento Friulano).

127 Siehe oben S. 114 und 121.

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ANHANGDie Chronik von Valvasone*

Handschrifliche Überlieferung: Ve n e d i g , Biblioteca Nazionale Marciana,Cod. Lat. XIV, 101 (2804) „Autographa membrana Mss. Aquilejensia ubi Va-ria de rebus privatis et publicis, Foro-Juliensibus praecipue, continentur,collegit Justus Abbas Fontaninus, Sanctissimo Domino Nostro Clementi XI acubiculo honorario“, pag. 25/26 (14./15. Jahrhundert); U d i n e , Civica Bi-blioteca Vincenzo Joppi, Fondo principale, Ms. 873a „Apographa de RerumForojuliensium historica“ (Abschrift von Gian Giuseppe Liruti aus dem 18.Jahrhundert), Nr. 670 („Breve Chronicon Forojuliense ex Membrana veteri.Chronicon Forojuliense de ultra Tulmentum etc.“) (Li).

Teildruck in: Gian Giuseppe L i r u t i , Notizie delle cose del Friuli 5, Udine1777 (Ndr. Bologna 1976); Josef von Z a h n , Austro-Friulana. Sammlung vonActenstücken zur Geschichte des Conflictes Herzog Rudolfs IV. von Öster-reich mit dem Patriarchate von Aquileja, 1358–1365 (Mit Einschluss dervorbereitenden Documente von 1250 an) (Fontes Rerum Austriacarum II,40) Wien 1877 (Zahn).

(pag. 26)MCC[L]a [... , ...]b fuerunt locuste in maxima multitudine, que comederuntsegetes minutas in maiori parte Foroiulii.

* Orts- und Ländernamen werden in ihrer Schreibung unverändert belassen.Haplographien und Dittographien werden nicht eigens kommentiert. Fürzahlreiche Hinweise bei der Textgestaltung danke ich Dr. Mathias Lawo, Ber-lin, sehr herzlich.

a Sicher lesbar MCC, danach folgt mit großer Wahrscheinlichkeit L. – Anno.MCCL. Li.

b Durch Stockflecken etwa zwei Wörter (Zeitangaben?) nicht mehr lesbar.Anno. MCCL. Fuerunt locuste ... Li.

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MCCCc [..]d sim[iliter]e fuit tam magna multitudo locustarum, quod comede-runt bladum per totum Foroiulium et per totam Tervisanam et taliter de v[...][... , ...] f homines potueruntg aliquid colligere.

A[nno domini] [...]h Tartari intraverunt Ungariei VIIIo kalendas aprilis. Eodemanno sol obscuratus est circha meridiem et tenebre f[uerunt] j super univer-sam terram in festo sancti Michaelis (1).

MoCCLXVI in sancto Laurentio combustum fuit Spelimbergum (2).

Anno domini MoCCoLVIIIIo migravit ad dominum magnificus et potens domi-nus Ecellinus de Romano (3).

Anno domini MoCCoLXVII Gregorius patriarcha captus fuit a comite Alberto(4). Eodem anno et millesimo mortuus est idem patriarcha (5).

Anno domini MoCCoLXXXVIIIIk venit dominus Raymundus patriarcha in Fo-roiulii (6).

Anno domini MoCCoLXXXVIIII destructa est civitas Romula per dominum pa-triarcham Ra(ymundum) et Veneti fugierunt (7).

Anno domini MoCCLXXXXVIIII mortuus est dominus Raymundus patriarchadie lune ⟨VII exeunte februario⟩ l (8).

c MCCXL. Li.d Auf die Jahreszahl folgen etwa zwei unlesbare Buchstaben.e Mehrere Buchstaben durch Stockflecken nicht lesbar. Similiter Li.f Zu Beginn der neuen Zeile de v ... zu lesen, darauf etwa zwei bis drei Wörter

nicht mehr zu entziffern.g ... et taliter homines non potuerunt ... Li.h Zu Beginn der Zeile Majuskel-A zu erkennen, zu Anno d(omi)ni zu ergänzen.

Die anschließende Jahreszahl nicht lesbar. Eodem anno ... Li, mit Bezug aufdie Lesung MCCXL, vgl. Anm. c.

i Hungariam Li.j fuerunt Li.k MCCLXXIIII Li.l Textlücke: Einzige Notiz, die der Schreiber nicht mit einem Punkt abge-

schlossen hat. Ergänzung nach Chronicon Spilimbergense.

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157CHRONIK VON VALVASONE

Anno domini MoCCoLXXXXVIIIIo die octavo exeunte iunii fuit privata electiofactam in dominum ducem ⟨Poloniae⟩n in patriarcham per dominum Bonifa-cium papam. Et ipsa die dedit patriarchatum domino Petroo Gero archiepi-scopo Capue (9). Et venit in Foroiulii VIII die exeunte septembris et hospitavitin Spenibergo IIII die exeunte septembrisp (10).

Anno domini MoCCCo habuit idem dominus patriarcha guerram cum domi-nisq comite Goricie ⟨et⟩ Gerardo de Caminor, quia dominus G(erardus) acce-perat terram de Saccilo (11).

Anno domini MoCCCoI die decimo intrante februario mortuus est idem domi-nus Petrus patriarcha (12).

Anno domini MoCCCoIIo factus est dominus Ottobonus patriarcha et dominusPaganus factus est episcopus Padue (13) et expulsus est dominus Mainfreduscapitanius de Med[iola]nos et introducti illi de la Turre (14). Et Karlus rex sineterra introivit Florentiam et expulsi sunt illi t de Circulis et destructa est quasifinaliter Florentia (15). Et idem dominus Octobonus patriarcha venit in Fo-roiulii die martis XIIII intrante augusti. Et eodem anno data fuit ei collecta XXsollidorum (16).

Anno domini MoCCCL (17) interfectus fuit venerabilis dominus Bertrandusdei gratia aquiligensis patriarcha iuxta ecclesiam sancti Nicolay de Richin-veldo a gente domini comitis de Goricia (18). Et statim post mortem eius venitdux Austrie in Forumiulii ad ipsum pacificandum, scilicet eodem anno (19).

m factus Hs.n Textlücke; Ergänzung nach Chronicon Spilimbergense.o Petrus Hs.p Liruti erkennt die Textlücke (siehe Anm. n) zwischen ducem und in patriar-

cham nicht, liest an dieser Stelle in patriarchatum predictum (statt in patri-archam per dominum) und hält dies für eine über der Zeile hinzugefügteErgänzung zu venit in Foroiulii. Er bietet daher folgende Lesung: ... fuit pri-vata electio facta in Dominum Ducem. Bonifacius Papa ipsa die dedit Patriar-chatum D. Petro Gero Archiepiscopo Capue, et venit in Forumjulium in Patri-archatum predictum octavo die exeunte Septembris ...

q d(omi)n(u)s Hs.r Zwischen Goricie und Gerardo Punkt. ... guerram cum dominis comitibus Gori-

cie et Gerardo de Camino ... Li; Ergänzung nach Chronicon Spilimbergense.s Zwischen med und no mehrere Buchstaben verwischt. Mediolano Li.t illis Hs.

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158 UWE LUDWIG

Anno domini MoCCCLIo venit venerabilis dominus Nicolaus frater Caroli im-peratoris dei gratia Aquiligensis patriarcha in patriarchatum die XVIII maii(20).

Anno domini MoCCCoLIIIIo indictione VII die XVIII mensis aprilis sanguinempluit in Pustucicho et in Arcinutto et sacerdos cum quibusdam bonis homi-nibus collegerunt in maxima quantitate et presentatusu fuit domino patriar-chaev et domino episcopo Concordiensi. Et ipsi tunc dederunt ecclesiisw

sancti Martini et sanctorum Philippi et Jacobi XLa dies indulgentie cuilibetecclesie pro quolibet (21).

Anno domini MoCCCoLIIIIo indictione VIIa die XIX mensis octubris venit do-minus Carolus imperator frater venerabilis domini Nicolay patriarce in Val-vasonum et fuit pransus in eodem castro ipse cum tota sua gente temporex

dominorumy Symonis, Johannis et Ulvini fratrum et filiorumz condam dominiRicardi de Valvasono militis (22). Eodem anno dominus Symon fuit factusmiles a domino imperatore in Lombardia et plures Furlani fuerunt facti mili-tes ab ipso imperatore (23).

Anno domini MoCCCoLVI. Dominus rex Lodoycus Ungarie venit et transivit perForumiulii et fuit hospitatus in tribus locis in Foroiulii (24). Et unum hospi-cium fecit prope Sanctum Vitum iuxta ecclesiam sancti Nicolay et hoc fuit diequinto iunii exeunte (25). Et alio die hospitatus fuit Sacilo. Et dominus pa-triarcha Nicolaus dedit sibi claves Sacilii et ipse retinuit pro se et possuit ibiunum suum capitanium (26). Et tunc recessit et ivit castramentatum Co-neglanum et permansit iuxta Coneglanum XIIaa diebus. Et illi de Coneglanofuerunt concordes cum domino rege et dederunt locum sibi absque bello (27).Et antequam isti fuissent concordes, illi comites de Collalto fuerunt concordescum eo (28). Isto facto equitavit Tarvisium (29). Et ille dominus de la Scalavenit in auxilium eius cum equitibus et peditibus (30). Et ille de Padua fecit[...]bb idem (31). Et isto eodem anno fecit castramentari circa Zaram (32).

u presentatum Hs.v patriarcha Hs.w ecclesie Hs.x in presentia Li.y domini Hs.z filii Hs.aa XVI Li.bb Lesung durch Stockflecken beeinträchtigt: Textlücke oder weiteres Wort?

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159CHRONIK VON VALVASONE

Alium exercitum posuit in Caputistrie et totum istud quod faciebat, facie-batcc contra Venetos. Eodem anno luna amisitdd lumen et conversa fuit insanguinem.

Anno domini MoCCCoLVIIIo facta fuit pax inter dominum Lodoycum regemUngarie et Venetos tali pacto, quod Veneti dimiserunt Croaciam et Dalmaciamet alias terras, que erant regis Ungarie, et dominus rex Ungarie dimisit Venetisomnia castra, [que]ee acceperat in Tarvisana (33).

Anno domini MoCCCoLVIIIIo venit dominus Lodoycus patriarcha in patriar-chatum die ultimo mensis augusti (34). Et in eodem anno incepit mortalitas[in]ff Avencono et ivit quasi per totum Forumiulii et duravit V annis. Et hecmortalitas erat, quia apparebatgg una clandula in inguine [et]hh sub brachio etvivebant tribus diebus vel VIII ad plus et aliqui moriebantur exputatione san-guinis et quando incipiebat mori unus [...] ii domo nullus remanebat nisi de-bilior (35).

[A]nnojj domini MoCCCLXV venit dominus Marquardus de Randech patriar-cha in patriarchatum die dominico ante circumcisionem kk domini (36).

[Anno]ll domini MoCCCLXI. VI mensis aprilis de nocte exivit ignis in una domoin Spilimbergo, qui combussitmm quasi totum Spilimbergum (37). [...][E]odemnn anno non pluit a principio mensis martii usqueoo ad vigesimam diemensis maii.cc factum fuit Li.dd ammisit Hs.ee Wort vor acceperat wegen Beschneidung des Pergaments und Feuchtigkeits-

flecken nicht zu erkennen. ... que acceperat Li.ff Wort vor Avencono wegen Beschneidung des Pergaments nicht lesbar. ... in

Avencono Li.gg appareba Hs.hh Wort vor sub brachio nicht lesbar, da Pergament festgeklebt. ... et sub brachio

Li.ii Mehrere Buchstaben wegen Beschneidung des Pergaments und Feuchtigkeits-

flecken nicht lesbar. ... in aliqua domo Li.jj Pergament beschnitten.kk circumcisione Hs.ll Pergament beschnitten.mm combussi Hs.nn Pergament abgerissen. ... et eo anno ... Li.oo Davor ad gestrichen.

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160 UWE LUDWIG

[Ann]opp domini MoCCCoLXI die ⟨ ⟩ mensis augustiqq venerunt gentes dominiducis Austrie ad dampnificandum Forumiulii (38) et castramentati sunt[...]rr Sancti Danielis et incideruntss forte decimam partem vitiumtt et modi-cum intraverunt in rus. Et dominus Pertoldus miles de Spilimbergo (pag. 25)una cum gentibus suis et dominus Andrea de Fana simul cum gentibus suiserant cum exercitu domini ducis et tamen modicum damnum eis fecerunt.Ipsis videntibus, quod non potuerunt eis nocere, timuerunt, ne aliqui egredi-rentur. Venerunt Turritam et illic steterunt pluribus die[bus]uu (39). Tunc su-pervenit dominus dux una cum fratre suo et iverunt castramentatum Manca-num et steterunt pluribus diebus ibi et non poterant acciperevv (40).S[ed]ww dominus Tadeus de Manzano dedit sibi cum isto pacto, quod debebatei dare in feudum, sed postquam habuit, permisit eum stare octo diebus ibi. Ettunc eum expulit et dedit domino comiti de Goricia (41). Et Vutrium sibi istomodo dominus Schinella dedit. Et dominus dux fecit ibi similiter et deditdomino comiti (42). Hoc facto venit iuxta Savorgnanum et tractaverunt pactadominus patriarcha Lodoycus de la Turre una cum suis sequacibus cum do-mino duce, quod de illo, quod dominus dux petebat, quodxx fuerunt concordes;simul quod dominus Carlus imperator deberet determinare istam questionemet quidquid fecerat contentebantur yy; cum isto, quod volebat, quod daret sibiSclusam et data fuit; et etiam quod dominus patriarcha deberet simul cum eoduce equitare ad imperatorem et deberet ducere secum dominum Symonemmilitem de Valvasono et dominum Franciscum de Savorgnano et ita fuit affir-matum (43). Dominus patriarcha ivit cum exercitu domini ducis et in itinerefuit ⟨derobatus⟩zz (44). Tunc dominus dux voluit ire Venecias per Portum Gru-garium et duxit secum dominum Symonem et dominum Franciscum faciendoeis magnum honorem et faciebat sibi quasi omnes expensas (45). Sed post-quam fuerunt reversi a Veneciis iverunt Ostaricum una cum domino duce et

pp Pergament abgerissen.qq Tagesangabe fehlt; de mense augusti Li.rr Zeilenanfang nicht lesbar, da Pergament abgerissen. ... in vico Li, Zahn.ss preciderunt Li.tt victum Hs.; vitium Li.uu Pergament abgerissen.vv ... et steterunt pluribus diebus, nec poterant accipere illud. Li. ... et steterunt

pluribus diebus ibi, nec poterant accipere illud. Zahn.ww Pergament abgerissen.xx quod überzählig.yy so Hs.zz Textlücke. ... et in itinere fuit. Li. Ergänzung nach den zeitgenössischen Paral-

lelquellen, siehe oben S.134 mit Anm. 60.

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161CHRONIK VON VALVASONE

recesserunt die VIo octubris (46). Quando fueruntaaa in Ostaricum, tunc im-perator incepit facere guerram cum domino duce (47) et dux volebat, quoddominus patriarca daret sibi quamplurabbb castra et fecerat fieri unum privi-legium cum sua voluntateccc (48).

Anno dominiddd MoCCCLXIII die VIIo mensis septembris venerunt gentes do-mini ducis Austrie una cum illis de Spilimbergo et fecerunt ma⟨gnam⟩eee re-volucionem circa Valvasonem et iverunt ad Sanctum Vitum et ibi erat patri-archa cum suis gentibus et nullusfff egressus fuit ad inimicos. Tu[nc]ggg inimiciecclesie Aquiligensis reversi fuerunt Valvasoni et posuerunt ignem in tegetibusdominorum, scilicet domini Symonis militis et Uluuinihhh eius fratris, et ignisde una tegete, que erat penes fossatum burgi, saltavit propter ventum in bur-gum, utiii combustum sit totum burgum, et in eodem die combusserunt Arci-num et Arcinutum (49).

Anno domini MoCCCoLXIIIIo die IIIIto mensis iulii posita fuit rugia de Tuli-mento in Valvasonem per dominum Symonem militem (50).

Anno domini MoCCCLXIIII die VIII mensis augusti venerunt locuste in Foru-miulii. Item eiusdem mensis die XVIII venerunt locuste in tanta multitudinequasi harena marisjjj, quod sol quasi non videbatur, et duravit duabus horiscum dimidia et descenderunt in campos Valvasoni, Arcini, Sancti Laurentii,Sancti Martini, Arcinuti, Pustuncichi, Sancti Georgii et in Urave (51). Et com-ederunt totum panicum mileum et herbam et folia surgi et permanserunt inistis contratis a tertiis usque ad vesper[as]kkk. Et tunc recesserunt ultra versusmontaneas et pluribus noctibus transibant in tanta multitudine, quod nonpotest dici. Et post istas venerunt adhuc multe et comederunt residuum, sci-licet siliginem, que erat seminata et non revixit pro illo anno; ymo iterumseminaverunt. Item eodem anno dominus Symon de Valvasono miles fecit fieri

aaa davor fe getilgt.bbb zwei Wörter Hs.ccc suam voluntatem Hs.ddd Zwischen sua(m) voluntate(m) und Anno domini Spatium von 4 bis 5 Zeilen.eee Die auf ma- folgenden Buchstaben nicht zu entziffern. magnam Li, Zahn.fff nullius Hs.ggg Die auf tu- folgenden Buchstaben nicht zu entziffern. tunc Li, Zahn.hhh Uluuni Hs.iii et Hs.jjj quam hactenus numquam Li.kkk Lesung durch Feuchtigkeitsflecken beeinträchtigt.

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162 UWE LUDWIG

rivum ad ducendum aquam in Valvasono de Tulimento et aqua incepit intrareValvason die IIIIto mensis iulii.

MoCCCoLXXVIIIIo die XVI mensis augusti capta fuit Glogialll per dominum Pa-duanum et per Gen[u]anses et multi fuerunt interfecti. Eodem millesimo re-cuperata fuit Clogia per illustrissimos sapientes potentes et nobiles dominos... dominos Venetos et duxerunt captivosmmm Ve milia, et LX Januenses cumeorum sequacibus perierunt fame (52).

(Nachträge von späteren Händen)

1464 adi 29 marzo noy Tofol de Pieri Lof e Jaco de Chulotta et Zuan de Dreacama[rari]nnn de la ecclesia de Sant Martin hanno fatto far una crose nova aladita ecclesia de Sant Martin cum li dinari e cum zerto arzento lo qual haveva ladita ecclesia. La qual crose monta duchaty XXI doro e solidi Lta. La qual crosefaze mo Thadeo ho[...]ooo habitante in Speglimbergo adi e milesimo soprascritoe messer Gabriel Ipicia de Val[...]ppp presente Zorc de la Mazola habitante inValvason (53).

Millesimo quadrincessimo septuagessimo usqueqqq ad millesimum quadrinces-simum ⟨septuagessimum⟩rrr septimum hec omnia infrascripta fue[runt]sss (54).Et primottt venerunt Teucri in patria Foroiulii, combuserunt multas vilas etconduserunt secum multas animas christianas et ocidebant et inpalabant ho-mines etuuu multaque malla fecerunt.Eodem millesimo quidam Andreasvvv de Lampognano nobillis interfecit du-cemwww Mediolani in die sancti St[ephani]xxx in ecclesia sancti Stephani inMediolano.

lll Glogiam Hs.mmm captivi Hs.nnn Die auf cama- folgenden Buchstaben nicht mehr lesbar.ooo Durch Feuchtigkeitsflecken nicht mehr vollständig lesbar.ppp Durch Feuchtigkeitsflecken nicht mehr vollständig lesbar.qqq Davor usque se durchgestrichen.rrr septuagessimum in Hs. ausgelassen.sss Pergament abgerissen. Die gesamte Zeile fehlt bei Li.ttt MCCCCLXX. Li.uuu et überflüssig.vvv Andream Hs.www dux Hs.xxx Pergament abgerissen. In die sancti St[ephani] fehlt Li.

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163CHRONIK VON VALVASONE

Eodem millesimo venerunt multe locuste in quantitate magna et comederuntsegetes minutas in partibus Foroiulii, et eo anno non fuit vinum sub postestateValvasoni, nichil et per totum For[umiulii]yyy, quia conglaciaverunt viteszzz.Eodem millesimo venit quidam lupus arabiatusaaaa et interfecit multos et mul-tos vulneravit. Inter quos obiit quidam Antonius quondam Iohannis Andree dePostoncicho. Eodem anno [...]bbbb a pestecccc.Ego presbiter Petrus de Parma gubernator ecclesie sancti Martini hec omniain tempore […]dddd

(1) Chronik von Valvasone und Chronik von Spilimbergo datieren den Ein-fall der Mongolen in Ungarn auf den 25. März 1241. Tatsächlich warendie Mongolen bereits Anfang März am sog. „Russischen Tor“, dem Ve-recke-Pass, angelangt. Wenige Tage später, am 12. März 1241, kam es zueinem ersten Zusammenstoß zwischen den Eindringlingen und unga-rischen Verbänden: Rogerius von Torre Maggiore „Klagelied“, in: H. G ö -c k e n j a n /J. R. S w e e n e y (Hg.), Der Mongolensturm. Berichte von Au-genzeugen und Zeitgenossen 1235–1250, Ungarns Geschichtsschreiber 3,Graz – Wien – Köln 1985, S. 139–186, S. 151.

(2) 10. August. – Zu den Feuersbrünsten, von denen Spilimbergo im Mittel-alter heimgesucht wurde, siehe Chronicon Spilimbergense. Note stori-che su Spilimbergo e sul Friuli dal 1241 al 1483, ed. M. D ’ A n g e l o ,Sequals 1998, S. 16.

(3) Ezzelino III. da Romano, geb. 25.4.1194, gest. 1.10.1259; Haupt der Ghi-bellinenpartei und enger Verbündeter Friedrichs II.; Signore von Vero-na, Vicenza, Padua, Belluno, Feltre und Trient. Nach der EroberungBrescias (1258) und dem gescheiterten Versuch, Mailand seiner Herr-schaft zu unterwerfen, wurde Ezzelino am 27. September 1259 bei Cas-sano d’Adda von seinen Gegnern gefangengenommen und nach Soncinoverbracht, wo er wenige Tage später starb. Zu den Beziehungen zwi-schen Ezzelino und Friaul vgl. P. P a s c h i n i , Storia del Friuli, 41990,S. 326 ff. und S. 384 f.; R. H ä r t e l , I da Romano e il Friuli, in: C. B e r -t e l l i /G. M a r c a d e l l a (Hg.), Ezzelini, Signori della Marca nel cuore

yyy Pergament abgerissen.zzz Nichil et per totum For[umiulii], quia conglaciaverunt vites fehlt Li.aaaa Zu Beginn der folgenden Zeile ist das Wort rabiosus notiert (als Korrektur zu

arabiatus?).bbbb Pergament abgerissen.cccc Eodem anno [...] a peste fehlt Li.dddd Pergament abgerissen, Wort nicht zu entziffern. ... sancti Martini scripsi hec

etc. Li.

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dell’Impero di Federico II, Milano 2001, S. 33–37. – Die Attribute ma-gnificus et potens verraten die ghibellinische Gesinnung des Chronisten,vgl. Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang)S. 79 Anm. 2.

(4) Patriarch Gregor von Montelongo (1251–1269) wurde in der Nacht vom19. auf den 20. Juli 1267 von Graf Albert von Görz in Villanova beiRosazzo überfallen und auf der Görzer Burg festgesetzt: Chronik desJulianus (Annales Foroiulienses), ed. W. A r n d t , MGH SS 19, Hannover1866 (Ndr. Stuttgart – New York 1963) S. 196–222, S. 197; H. W i e s f l e -c k e r , Die Regesten der Grafen von Görz und Tirol, Pfalzgrafen in Kärn-ten 1: 957–1271, Publikationen des Institutes für österreichische Ge-schichtsforschung, 4. Reihe, 1. Abt., Bd. 1, Innsbruck 1949, Nr. 781–783S. 208 f. Zu den näheren Umständen und zu den möglichen Gründen derGefangennahme des Patriarchen: P. P a s c h i n i , Gregorio di Monte-longo patriarca di Aquileia, Memorie Storiche Forogiuliesi 12–14 (1916–1918) S. 25–84 und 17 (1921) S. 1–82, hier: Bd. 17, S. 62 ff.; d e r s . (wieAnm. 3 Anhang) S. 388 ff.; H. W i e s f l e c k e r , Meinhard der Zweite. Tirol,Kärnten und ihre Nachbarländer am Ende des 13. Jahrhunderts, Ver-öffentlichungen des Institutes für österreichische Geschichtsforschung16, Innsbruck 1955, S. 48 f.; G. B r u n e t t i n , L’evoluzione impossibile. Ilprincipato ecclesiastico di Aquileia tra retaggio feudale e tentazionisignorili (1251–1350), in: P. C a m m a r o s a n o (Hg.), Il Patriarcato diAquileia. Uno Stato nell’Europa medievale, Ronchi dei Legionari 2000,S. 65–226, S. 85 f.; W. B a u m , Die Grafen von Görz in der europäischenPolitik des Mittelalters, Klagenfurt 2000, S. 65 ff.; M. P. A l b e r z o n i , Gre-gorio da Montelongo, in: DBI 59, Roma 2002, S. 268–275, S. 273.; A. T i l -l a t i , Montelongo (di) Gregorio, patriarca d’Aquileia, in: C. S c a l o n(Hg.), Nuovo Liruti. Dizionario Biografico dei Friulani 1. Il medioevo,L-Z, Udine 2006, S. 553–563, S. 559.

(5) Gregor von Montelongo starb am 8. September 1269 in Cividale, vgl.P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang), S. 391. Die Zeitangabe in der Chronikvon Valvasone beruht wohl auf einem Irrtum des Kopisten, der seineVorlage missverstanden hat. – Zur Verwendung von millesimus in derBedeutung „Jahr“ (vgl. auch die Einträge zu den Jahren 1379, 1464 und1470–1477) siehe P. S t o t z , Handbuch zur lateinischen Sprache des Mit-telalters 2: Bedeutungswandel und Wortbildung, Handbuch der Alter-tumswissenschaft 2, 5, 2, München 2000, c. V 57, 5, S. 120. Für diesenHinweis danke ich Dr. Mathias Lawo, Berlin, sehr herzlich.

(6) Raimondo Della Torre aus mailändischem Guelfengeschlecht war am21. Dezember 1273 von Papst Gregor X. zum Patriarchen ernannt wor-

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den. Er traf am 2. August 1274 in Sacile und am 4. August in Udine ein.Vgl. P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 399. Zu seiner Person: P. P a -s c h i n i , Raimondo della Torre patriarca di Aquileia, Memorie StoricheForogiuliesi 18 (1922) S. 45–136; 19 (1923) S. 37–104 und 21 (1925) S. 19–71; N. C o v i n i , Della Torre, Raimondo, in: DBI 37, Roma 1989, S. 656–660; B r u n e t t i n (wie Anm. 4 Anhang) S. 101–115; F. D e V i t t , Torre(Della) Raimondo, patriarca di Aquileia, in: S c a l o n , Nuovo Liruti(wie Anm. 4 Anhang) S. 857–866. Auch in diesem Falle hat der „Chronistvon Valvasone“ die richtige Jahresangabe der Chronik von Spilimbergodurch eine falsche ersetzt.

(7) Im Kampf um seine von Venedig in Frage gestellte Unabhängigkeit fandTriest beim Patriarchen Raimondo Della Torre und beim Grafen vonGörz Unterstützung. Die Venezianer hatten im Jahr 1287 erneut einenBelagerungsring um Triest gelegt, der dieses von der Wasser- und Land-seite immer enger einschnürte. Die von Mario Morosini kommandier-ten venezianischen Truppen errichteten im Laufe der Zeit ein „Fort“,das von Beobachtern als richtiggehende Stadt beschrieben und als ci-vitas Romagna bezeichnet wird. Mitte Juni 1289 gelang es den Verbän-den des Patriarchen Raimondo und des Grafen von Görz, die Venezia-ner aus ihren Befestigungen zu vertreiben und Triest aus der Umklam-merung zu befreien. Die Chronik des Julianus-Annales Foroiulienses,ed. A r n d t (wie Anm. 4 Anhang) S. 205 berichtet darüber Folgendes: ...domnus patriarcha ivit versus Montemfalconem 7. die intrante Junio.Eodem vero die venit ad eum Henricus, filius comitis Goritiae, cum suagente, et magna multitudo de toto Foroiulii, et moverunt exercitum causaeundi Tergestum cum curribus et asinis multis deferentibus victualia. Etita euntibus ipsis per stratam quae vadit versus Tergestum, faciebantstrepitum et rumorem ultra modum et in nocte ignes copiosos per montesquia frigus erat. Veneti qui erant in civitate illa quae erat ante Tergestum,cui imposuerunt nomen R o m a g n a, audierunt rumorem magnum etstrepitum a longe quem exercitus faciebat, timuerunt timore magno, cre-dendo quod exercitus esset maior quam fuerat prius, et erat satis minor.Omnes navem intraverunt qui potuerunt, et multi in aqua submersi fu-erunt per nimiam festinationem et solicitudinem quia nec pater filiumnec filius patrem expectabat. Et ita die 17. intrante Junio fugerunt dimis-sis illic multis bonis, quae omnia quasi Tergestini acceperunt quia nostrimultum distabant quando illi fugerunt. Zu diesen Vorgängen und denHintergründen siehe A. Ta m a r o , Storia di Trieste 1, Roma 1924,S. 159 ff.; P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 404 ff.; d e r s . (wie Anm. 6Anhang) Bd. 18 S. 117 ff. – Im Chronicon Spilimbergense wäre demzu-

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folge an der entsprechenden Stelle Romula oder eine ähnliche Namen-form zu ergänzen, vgl. Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wieAnm. 2 Anhang) S. 24.

(8) Patriarch Raimondo Della Torre starb am 23. Februar 1299 in Udine,vgl. P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 414. Die Angabe des Chronistenist durch das im Chronicon Spilimbergense genannte Datum zu ergän-zen: VII. exeunte februario. Vgl. Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n -g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 25 und dazu Anm. 6 S. 80 zur Korrekturdes Datums (VI statt VII).

(9) Das Domkapitel von Aquileja hatte am 5. März 1299 den Dompropst vonBreslau, Herzog Konrad von Schlesien-Glogau, Herrn von Sagan, einenBruder der Gemahlin Graf Alberts von Görz, zum neuen Patriarchengewählt, vgl. die Chronik des Julianus-Annales Foroiulienses, ed.A r n d t (wie Anm. 4 Anhang) S. 208. Papst Bonifaz VIII. verwarf dieseEntscheidung und erhob den Erzbischof von Capua, Pietro degli Egizidi Ferentino, besser bekannt unter dem Namen Pietro Gera oder Gerra,am 24. Juni 1299 auf den Patriarchenstuhl: ebd. S. 209. Siehe dazu E.Tr a v e r s a , War Konrad, Herzog von Schlesien und Herr von Sagan,Patriarch von Aquileia? Beitrag zur Geschichte des Patriarchates vonAquileia (XIII. Jahrhundert), Wien 1909; d e r s ., Corrado di Slesia esignore di Sagan fu veramente patriarca di Aquileia?, Bollettino dellaCivica Biblioteca e del Museo di Udine 4 (1910) S. 125–143 und 191–206;d e r s ., Quellenkritik zur Geschichte des Patriarchates unter dem Pa-triarchen Peter II. Gerra (1299–1301) (Separatdruck aus dem 56. Jah-resbericht des k. k. Staatsgymnasiums in Görz) Görz 1906, S. 26. Vgl.auch P. P a s c h i n i , Il patriarcato di Pietro Gera (1299–1301), MemorieStoriche Forogiuliesi 21 (1925) S. 73–107, S. 74. Die Chronik von Val-vasone und die Chronik von Spilimbergo ergänzen sich an dieser Stellewechselseitig: In der Chronik von Valvasone fehlt nach ducem die Lan-desbezeichnung Poloniae, im Chronicon Spilimbergense ist zwischenfuit und electio das Wort privata ausgefallen.

(10) Nach der Chronik des Julianus-Annales Foroiulienses, ed. A r n d t (wieAnm. 4 Anhang) S. 209, soll Patriarch Petrus II. Gerra um das Micha-elsfest, also um den 29. September, nach Friaul gekommen sein. Dage-gen sprechen Chronicon Spilimbergense und Chronicon Valvasonensevom 23. September 1299. Den Besuch des neuen Patriarchen in Spilim-bergo datiert das Chronicon Spilimbergense ebenfalls auf den 23. Sep-tember, vgl. Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 An-hang) S. 25. Siehe auch Tr a v e r s a , Quellenkritik (wie Anm. 9 Anhang),S. 30 ff. – Zur Person: L. G i a n n i , Pietro da Ferentino, patriarca diAquileia, in: S c a l o n , Nuovo Liruti (wie Anm. 4 Anhang) S. 682–685.

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(11) Im Juni 1300 hatte der Neffe des Patriarchen Petrus Gerra dem Signo-ren von Treviso, Gherardo da Camino, den friulanischen Grenzort Sa-cile abtreten müssen. Darüber kam es zum Krieg zwischen dem Kir-chenfürsten und Gherardo da Camino, der von seinem Schwiegersohn,dem Grafen Heinrich von Görz, und einer großen Zahl friulanischerKastellane unterstützt wurde. Auf der Seite des Patriarchen standen diegroßen Städte Udine und Cividale. Das Heer des Patriarchen erlitt am14. August 1300 an der Livenza eine empfindliche Niederlage. Die mi-litärischen Auseinandersetzungen endeten erst mit der Restitution derstrategisch bedeutsamen Stadt an den Patriarchen am 8. November1300. Siehe dazu Chronik des Julianus-Annales Foroiulienses, ed.A r n d t (wie Anm. 4 Anhang) S. 209; P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang)S. 421 f.; Tr a v e r s a , Quellenkritik (wie Anm. 9 Anhang) S. 45 ff. Vgl.auch J. R i e d m a n n , Camino, Gherardo da, in: DBI 17, Roma 1974,S. 245–249. Der Kopist hat seine Vorlage offenbar missverstanden, als eraus Gherardo da Camino und dem Grafen von Görz (durch Auslassungder im Chronicon Spilimbergense vorhandenen Konjunktion et) einePerson machte.

(12) Patriarch Petrus II. Gerra starb am 19. Februar 1301, vgl. Chronik desJulianus-Annales Foroiulienses, ed. A r n d t (wie Anm. 4 Anhang) S. 210:Anno Domini 1301 ... die 10. exeunte Februario venerabilis pater domnusPetrus Aquilegiensis patriarcha obiit ... Die Chronik von Valvasone nenntzwar die richtige Zahl (10), hat jedoch exeunte durch intrante ersetzt.

(13) Pagano Della Torre, ein Neffe des Patriarchen Raimondo, war nachdem Tode des Petrus Gerra von der Mehrheit des Domkapitels von Aqui-leja zum Patriarchen gewählt worden, Papst Bonifaz VIII. erkannteseine Wahl jedoch nicht an. Der Papst ernannte seinerseits am 30. März1302 den Bischof von Padua, Ottobono de Rovari aus Piacenza zumPatriarchen von Aquileja. Pagano Della Torre wurde mit dem frei ge-wordenen Bischofsstuhl von Padua abgefunden. Vgl. P a s c h i n i (wieAnm. 3 Anhang) S. 422 ff. Zu Ottobonos Amtszeit siehe Anm. 16 Anhang.Zu Pagano Della Torre siehe F. D e V i t t , Della Torre, Pagano, in: DBI 37,Roma 1989, S. 643–645; d i e s ., Torre (Della) Pagano, in: S c a l o n , NuovoLiruti (wie Anm. 4 Anhang) S. 848–857.

(14) Matteo Visconti, seit 1287 Capitano del Popolo in Mailand, musste sich1302 dem Druck seiner Gegner beugen und in die Verbannung gehen.Dies ermöglichte den guelfischen Torrianern die Rückkehr in die Stadt.Siehe dazu: Storia di Milano 4. Dalle lotte contro il Barbarossa al primosignore (1152–1310), Milano 1954, S. 361 ff.; F. C o g n a s s o , I Visconti,Varese 1966, S. 89 ff. In der Überlieferung aus Valvasone ist aus Mat-

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thäus Mainfredus geworden, in der Chronik von Spilimbergo fehlt derName ganz.

(15) Karl von Valois, ein Bruder König Philipps IV. des Schönen von Frank-reich, wurde im September 1301 von Bonifaz VIII. mit dem Auftrag derBefriedung (pacificatio) der Toskana betraut. Als er am 1. November1301 in Florenz eintraf, nutzten die Neri, die schwarzen Guelfen, unterder Führung des Corso Donati die günstige Gelegenheit, um die Machtan sich zu reißen. In den folgenden Tagen kam es in der Stadt zu schwe-ren Ausschreitungen, zu Plünderungen und Zerstörungen. Ghibellinenund Bianchi (weiße Guelfen), unter ihnen auch Dante, wurden verfolgtund ins Exil getrieben. In die Verbannung gingen auch die Cerchi neri,der „schwarze“ Zweig des Hauses der Cerchi (de Circulis), der bis zumUmschwung die führende Rolle in der Partei der „Weißen“ gespielthatte. Vgl. dazu M. L u z z a t i , Firenze e l’area toscana, in: G. C r a c c o /A.C a s t a g n u t t i / A. Va s i n a /M. L u z z a t i , Comuni e signorie nell’Italianordorientale e centrale: Veneto, Emilia-Romagna, Toscana, Storiad’Italia 7, 1, Torino 1987, S. 561–828, S. 637 ff.; G. M a s i , Sull’origine deiBianchi e dei Neri, Il Giornale dantesco 30 (1927) S. 124–132, S. 129 f.Zum Gegensatz zwischen den Geschlechtern der Donati und der Cerchisiehe R. D a v i d s o h n , Geschichte von Florenz 3: Die letzten Kämpfegegen die Reichsgewalt, Berlin 1912, S. 21 ff., S. 63 ff. und S. 158 ff.; I. D e lL u n g o , I Bianchi e i Neri. Pagine di storia fiorentina da Bonifazio VIIIad Arrigo VII per la vita di Dante, Milano 21921; N. Z i n g a r e l l i , Lavita, i tempi e le opere di Dante, Teil 1, Storia letteraria d’Italia, Milano1931, S. 378 ff. und S. 399 ff. C. L a n s i n g , The Florentine Magnates Li-neage and Faction in a Medieval Commune, Princeton/New Jersey 1991,S. 231 ff.

(16) Laut Chronik des Julianus-Annales Foroiulienses, ed. A r n d t (wieAnm. 4 Anhang) S. 210, ist der Patriarch Ottobono am 22. August „inFriaul, nämlich in Udine“ (in Forumiulii, videlicet Utinum) eingetroffen.Dagegen nennen Chronicon Valvasonense und Chronicon Spilimber-gense übereinstimmend den 14. August als Tag der Ankunft. Die nochim selben Jahr fällige Sondersteuer in Höhe von 20 Schillingen wurdevon jeder Hufe und jedem Mühlrad erhoben, wie die Chronik von Spi-limbergo präzisiert. Zur Amtszeit des Patriarchen Ottobono siehe E.Tr a v e r s a , Ottobono de’ Razzi (1302–1315). Ein weiterer Beitrag zurGeschichte des Patriarchates von Aquileia, Wien 1911; P a s c h i n i (wieAnm. 3 Anhang) S. 424 ff.; B r u n e t t i n (wie Anm. 4 Anhang) S. 121 ff.; L.G i a n n i , Razzi (Dei) Ottobono da Piacenza, patriarca di Aquileia, in:S c a l o n , Nuovo Liruti (wie Anm. 4 Anhang) S. 732–736.

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(17) Abdruck der Eintragung zum Jahre 1350 bei P. S. L e i c h t , La rivoltafeudale contro il Patriarca Bertrando, Memorie Storiche Forogiuliesi41 (1954–1955) S. 1–94, S. 91 (nach der Abschrift von Liruti in Udine,Civica Biblioteca Vincenzo Joppi).

(18) Patriarch Bertrand de Saint-Genies (1334–1350) wurde am 6. Juni 1350in der Ebene von Richinvelda, wenige Kilometer südlich von Spilim-bergo, von seinen Gegnern überfallen und im Handgemenge erstochen,vgl. dazu L e i c h t (wie Anm. 17 Anhang) S. 75 ff. Zu den Ursachen derVerschwörung gegen den Patriarchen, als deren Kopf der Graf von Görzanzusehen ist, siehe ebd., besonders S. 49 ff.; P a s c h i n i (wie Anm. 3 An-hang) S. 482 ff.; A. T i l a t t i , Principe, vescovo, martire e patrono: Il be-ato Bertrando di Saint-Genies, patriarca di Aquileia († 1350), Rivistadi Storia e Letteratura Religiosa 27 (1991) S. 413–444, S. 413 ff.; B r u -n e t t i n (wie Anm. 4 Anhang) S. 201 ff. Allgemein zur Person: A. T i l -l a t i , Saint-Genies (Di) Bertrando, patriarca di Aquileia, in: S c a l o n ,Nuovo Liruti (wie Anm. 4 Anhang) S. 765–774.

(19) Bereits am 10. Juni 1350 hatte sich Udine unter den Schutz HerzogAlbrechts II. von Österreich gestellt: J. von Z a h n , Austro-Friulana.Sammlung von Actenstücken zur Geschichte des Conflictes Herzog Ru-dolfs IV. von Österreich mit dem Patriarchate von Aquileja, 1358–1365(Mit Einschluss der vorbereitenden Documente von 1250 an.), FontesRerum Austriacarum II, 40, Wien 1877, Nr. 47 S. 59. Albrecht schickteein großes Heer unter dem Kommando des Ulrich von Walsee nach Fri-aul und erschien im August 1350 persönlich im Lande, um seine Auf-gabe als Schutzherr des Patriarchenstaates wahrzunehmen, zugleichaber, um die politisch-militärischen Interessen Österreichs durchzuset-zen. Vgl. Chronicon Spilimbergense, ed. M. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 An-hang) S. 34–36. Siehe dazu P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 497 ff.; F.C u s i n , Il confine orientale d’Italia nella politica europea del XIV e XVsecolo, Trieste 1977 (Ndr. der Ausgabe in 2 Bänden, Milano 1937) S. 41 f.

(20) Abdruck des Jahresberichts 1351 bei G. G. L i r u t i , Notizie delle cose delFriuli 5, Udine 1777 (Ndr. Bologna 1976) S. 92 (nach der Abschrift vonLiruti in Udine, Civica Biblioteca Vincenzo Joppi). Papst Clemens VI.hatte den erwählten Bischof von Naumburg, Nikolaus von Luxemburg,einen unehelichen Bruder Karls IV., am 22. Oktober 1350 zum Patri-archen von Aquileja ernannt. Am 18. Mai 1351 traf Nikolaus in Gemonaein, vgl. Chronicon Spilimbergense, ed. M. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 An-hang) S. 36. Die feierliche Amtseinführung fand am 21. Mai 1351 in derBasilika von Aquileja statt. Zur Person und zur Amtszeit des Patriar-chen Nikolaus siehe P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 500 ff.; F. X. von

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K r o n e s , Nicolaus, in: Allgemeine Deutsche Biographie 23, Leipzig1886 (Ndr. Berlin 1970) S. 611–613; R. B o u i l l o n , Die Beziehungen zwi-schen Aquileia und Karl IV. während der Amtszeit der Patriarchen Ni-kolaus von Luxemburg und Lodovico della Torre (1350–1365), Phil.Diss. Münster 1989 (veröffentlicht 1991), S. 75–174; G. S c h w e d l e r , Lus-semburgo (Di) Nicolo, patriarca di Aquileia, in: S c a l o n , Nuovo Liruti(wie Anm. 4 Anhang) S. 512–517.

(21) Postoncicco und Arzenutto, Dörfer bei San Martino al Tagliamento,etwa drei Kilometer nördlich von Valvasone. Zur Kirche von San Mar-tino al Tagliamento siehe den Sammelband: La Chiesa di San Martinoal Tagliamento. Storia, arte, religiosita, Pordenone 1996. Zur Kircheder hll. Philipp und Jakob in Arzenutto siehe: San Martino al Taglia-mento. La chiesetta dei santi Filippo e Giacomo ad Arzenutto. Un re-stauro in Friuli, Relazioni della Soprintendenza per i beni ambientali,architettonici, archeologici, artistici e storici del Friuli-Venezia Giulia9, Pordenone 1993.

(22) Auf dem Weg zur Kaiserkrönung in Rom traf Karl IV. am 13. Oktober inGemona und einen Tag später in Udine ein, vgl. Chronicon Spilimber-gense, ed. M. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 44. Die Annahme, KarlIV. sei noch am 22. Oktober in Udine gewesen – G. B i a n c h i , Indice deidocumenti per la storia del Friuli dal 1200 al 1400, Udine 1877,Nr. 3842; A. H u b e r , Additamentum primum ad Johann Friedrich Böh-mer, Regesta Imperii VIII. Erstes Ergänzungsheft zu den Regesten desKaiserreichs unter Kaiser Karl IV. 1346–1378, Innsbruck 1889,Nr. 6791a; E. W i d d e r , Itinerar und Politik. Studien zur Reiseherr-schaft Karls IV. südlich der Alpen, Forschungen zur Kaiser- und Papst-geschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 10,Köln–Weimar–Wien 1993, S. 401 – beruht auf einem Missverständnis.Am 20. Oktober, also einen Tag nach seinem Besuch in Valvasone,machte der König in Sacile, der Stadt an der Grenze zwischen demPatriarchenstaat und der venezianischen Terraferma, Station. Hierstellte er ein Diplom für San Leonardo del Camollo, das Ordenshaus derJohanniter in der Nähe von Sacile, aus. Siehe dazu P a s c h i n i (wieAnm. 3 Anhang) S. 509. Im Rahmen einer Studie über das friulanischeItinerar Karls IV. im Oktober 1354 bereite ich eine Edition dieses Stü-ckes vor. Vgl. auch E. We r u n s k y , Der erste Römerzug Kaiser Karl IV.(1354–1355), Innsbruck 1878, S. 1 ff. Zur Genealogie der Herren von Val-vasone siehe oben S. 143 f. und 148 ff.

(23) Wie das Chronicon Spilimbergense, ed. M. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 An-hang) S. 46 und die Chronik der Patriarchen von Aquileja bei B. M. D e

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R u b e i s , Monumenta Ecclesiae Aquilejensis Commentario Historico-Chronologico-Critico Illustrata cum Appendice, Argentinae (eigentlichVenedig) 1740, Appendix S. 14, mitteilen, hat Karl nach seiner Krönungin St. Peter am 5. April 1355 auf der Engelsbrücke (supra pontem Ti-beris) mehr als 1050 Männer zu Rittern geschlagen. Als erster unter denFriulanern, denen diese Ehre zuteil wurde, wird Walterpertoldo di Spi-limbergo genannt. Ihm folgten ein Angehöriger der Familie Cucagna –siehe dazu oben S. 145 f. mit Anm. 98 – sowie Francesco und Pagano diSavorgnano. Die Feststellung der Chronik von Valvasone, Simone diValvasone sei schon in der Lombardei zum Ritter geschlagen worden,kann durchaus Glaubwürdigkeit beanspruchen. Wie aus der HistoriaCortusiorum hervorgeht, hat Karl IV. am 31. Dezember 1354 an derGrenze zum Territorium von Cremona Francesco da Carrara die Rit-terwürde verliehen. Und anlässlich seiner Mailänder Krönung mit dercorona ferrea am 6. Januar 1355 meldet die Historia Cortusiorum: Insua coronatione multos nobiles militavit. Guillelmi de Cortusiis Chro-nica de novitatibus Padue et Lombardorum, ed. B. P a g n i n , RerumItalicarum Scriptores, Nuova Edizione, XII/5, Bologna 1941, lib. 5,cap. 2, S. 138. Zu den diesbezüglichen Nachrichten anderer Chronikenim Einzelnen: We r u n s k y (wie Anm. 22 Anhang) S. 33 f.

(24) König Ludwig I. („der Große“) von Ungarn (1342–1382) beantwortetedie Weigerung Venedigs, Dalmatien an die Stephanskrone abzutreten,im Juni 1356 mit der Eröffnung der Feindseligkeiten gegen die Mar-kusrepublik. Er ließ seine Truppen gegen die adriatischen Küstenstädtevordringen, führte jedoch den Hauptschlag gegen die Festlandsbesitzun-gen Venedigs. Karl IV. ernannte den ungarischen Monarchen zu seinemVikar im Krieg gegen Venedig und ließ ihn von der Terraferma im Auf-trag des Reiches Besitz ergreifen. Der Halbbruder des Kaisers, Patri-arch Nikolaus von Aquileja, schloss mit König Ludwig ein auf zehnJahre befristetes Schutzbündnis: Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19Anhang) Nr. 130 S. 147. Unterstützt wurde der ungarische Herrscher inseinem Konflikt mit Venedig auch von den Grafen von Görz, dem Herzogvon Österreich und dem Signoren von Padua, Francesco da Carrara.Zum ungarisch-venezianischen Krieg von 1356 bis 1358: G. Ve r c i , Sto-ria della Marca Trivigiana e Veronese 13, Venezia 1789 (Ndr. Bologna1983) S. 217–256; S. R o m a n i n , Storia documentata di Venezia 3, Ve-nezia 31973, S. 144 ff.; H. K r e t s c h m a y r , Geschichte von Venedig 2, All-gemeine Staatengeschichte, Abteilung 1: Geschichte der europäischenStaaten 35, Gotha 1920 (Ndr. Aalen 1986) S. 215 ff.; S. M i t i s , La Dal-mazia ai tempi di Lodovico il Grande re d’Ungheria, Annuario Dal-

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matico 4 (1887) S. 1–141, S. 72 ff.; S. S t e i n h e r z , Die Beziehungen Lud-wigs I. von Ungarn zu Karl IV., Mitteilungen des Instituts für österrei-chische Geschichtsforschung 8 (1887) S. 219–257; 9 (1888) S. 529–637,S. 244 ff.; G. Va s s i l i c h , Da dedizione a dedizione. Appunti storico-cri-tici sulle isole del Quarnero (secolo XII-XV), Archeografo Triestino,N. S. 17 (1891) S. 75–103, S. 85 ff.; G. M. Va r a n i n i , Venezia e l’entroterra(1300 circa–1420), in: G. A r n a l d i /G. C r a c c o /A. Te n e n t i (Hg.), Sto-ria di Venezia dalle origini alla caduta della Serenissima 3: La for-mazione dello stato patrizio, Roma 1997, S. 159–236, S. 198 ff.; F. P i -g o z z o , Treviso e Venezia nel Trecento. La prima dominazione venezia-na sulle podesterie minori (1339–1381), Istituto Veneto di Scienze,Lettere ed Arti. Classe di Scienze morali, Lettere ed Arti. Memorie 121,Venezia 2007, S. 24 ff.

(25) Auch das Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 An-hang) S. 48, berichtet, König Ludwig habe am 26. Juni in San Vito Sta-tion gemacht.

(26) Vgl. L i r u t i (wie Anm. 20 Anhang) S. 108 (unter Berufung auf die inseinem Besitz befindliche Abschrift der „Chronik von Valvasone“);Ve r c i (wie Anm. 24 Anhang) S. 221. Der Aufenthalt König Ludwigs inSacile dürfte in die Zeit zwischen dem 27. und 30. Juni zu datieren sein(siehe Anm. 25 und 27 Anhang).

(27) Ve r c i (wie Anm. 24 Anhang) S. 222, nennt als Datum der ÜbergabeConeglianos den 20. Juni 1356, weist jedoch darauf hin, dass MatteoVillani vom 12. Juli 1356 spricht: Matteo Villani, Cronica, con la con-tinuazione di Filippo Villani, ed. G. P o r t a , I (libri I-VI), Parma 1995,lib. VI, cap. 52, S. 772. Ebenfalls auf den 12. Juli wird die KapitulationConeglianos im Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2Anhang) S. 48, datiert. Dieser Datierung wird man schon deshalb denVorzug geben, weil sich Ludwig am 26. Juni in San Vito und danach inSacile aufhielt (siehe Anm. 25 und 26 Anhang), Conegliano nach Aus-kunft der Chronik von Valvasone aber 12 Tage lang belagert wurde. DerPodesta Zaccaria Contarini und der Provveditore Fantino Dandolowurden wegen Verletzung ihrer Pflichten einige Tage später, am 23. Juli1356, vom Maggior Consiglio in Venedig abgeurteilt: R o m a n i n (wieAnm. 24 Anhang) S. 145 f. König Ludwig ernannte einen der vornehm-sten und einflussreichsten Bürger von Conegliano, Pulzio di Colbru-sado, zu seinem Hauptmann in der Stadt: Ve r c i (wie Anm. 24 Anhang)S. 222 mit Dokument 1552, wo auch die Vermutung ausgesprochen wird,Pulzio habe bei der friedlichen Auslieferung Coneglianos an die Ungarneine maßgebliche Rolle gespielt.

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(28) Neben den Grafen von Collalto sagten sich auch andere Herren dervenezianischen Terraferma wie die Onigo und Dalla Parte von Venediglos und stellten sich auf die Seite des Königs von Ungarn. Die Republikreagierte mit Konfiskation und Zerstörung ihrer Güter und Häuser:Ve r c i (wie Anm. 24 Anhang) S. 223 mit Dokument 1563 (1357 Juni 1);R o m a n i n (wie Anm. 24 Anhang) S. 147; G. B i s c a r o , Una congiura aTreviso contro la signoria di Venezia nel 1356, Archivio Veneto 16(1934) S. 123–147, S. 127.

(29) Über die Belagerung Trevisos durch ungarische Truppen, die Ende Junibegann, berichtet ausführlich: Matteo Villani, Cronica I, ed. P o r t a (wieAnm. 27 Anhang) lib. VI, cap. 50 S. 770; cap. 52–55 S. 772 ff.; cap. 60S. 783; cap. 63 S. 787 f.; cap. 65–66 S. 790 f. Laut Chronicon Spilimber-gense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 48, verließ König Ludwigam 13. Juli mit seinem Heer Conegliano, um vor Treviso zu ziehen, dasvon einem ungarischen Vorauskommando bereits eingeschlossen wor-den war. Siehe auch Matteo Villani, Cronica I, ed. P o r t a (wie Anm. 27Anhang) lib. VI, cap. 50 und 52 S. 770 und 772. Dazu Ve r c i (wie Anm.24 Anhang) S. 223 f. und 231 ff.; R o m a n i n (wie Anm. 24 Anhang)S. 146 f.

(30) Cangrande della Scala, der Signore von Verona, suchte den ungari-schen König im Lager vor Treviso auf und stellte ihm VC barbute difiorita gente d’arme zur Verfügung: Matteo Villani, Cronica I, ed. P o r t a(wie Anm. 27 Anhang) lib. VI, cap. 55 S. 777. Vgl. dazu Ve r c i (wie Anm.24 Anhang) S. 225.

(31) Auch der Signore von Padua, Francesco il Vecchio da Carrara, begüns-tigte die ungarischen Invasionstruppen und schloss sich König Ludwigimmer enger an, womit er sich den unstillbaren Hass der Venezianerzuzog. Siehe dazu Ve r c i (wie Anm. 24 Anhang) S. 225 ff.; R o m a n i n(wie Anm. 24 Anhang) S. 146 f.; B. G. K o h l , Padua under the Carrara,1318–1405, Baltimore – London 1998, S. 103 ff.; d e r s ., Carrara, Fran-cesco da, il Vecchio, in: DBI 20, Roma 1977, S. 649–656, S. 650.

(32) Die ungarischen Belagerer von Zara wurden durch eine paduanischeEinheit unterstützt, die Francesco da Carrara entsandt hatte. Zara fielden Ungarn im Dezember 1357 in die Hände: Matteo Villani, Cronicacon la continuazione di Filippo Villani, ed. G. P o r t a , II (libri VII-XI econtinuazione), Parma 1995, lib. VIII, cap. 19 S. 156 ff.; Guillelmi de Cor-tusiis Chronica, ed. P a g n i n (wie Anm. 23 Anhang) lib. 11,cap. 10 S. 144; Chronicon Mutinense Iohannis de Bazano, ed. T. C a s i n i ,Rerum Italicarum Scriptores, Nuova Edizione, 15/IV, Bologna 1917/19,S. 167. Siehe dazu Ve r c i (wie Anm. 24 Anhang) S. 250 f.; S t e i n h e r z

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(wie Anm. 24 Anhang) S. 251 f.; M i t i s (wie Anm. 24 Anhang) S. 83 f.; V.B r u n e l l o , Storia della citta di Zara dai tempi piu remoti sino alMDCCCXV, compilata sulle fonti 1: Dalle origini al MCCCCIX, Venezia1913, S. 487 f.; B. H om a n , Gli Angioini di Napoli in Ungheria, 1290–1403, Reale Accademia d’Italia 8, Roma 1938, S. 370 .

(33) Der Friedensvertrag zwischen Venedig und Ungarn ist abgedruckt beiS. L j u b i c , Listine o odnosajih izmedju juznoga slavenstva i mletackerepublike 3: od godine 1347 do 1358, Monumenta spectantia historiamSlavorum meridionalium 33, Zagreb 1872, Nr. 541 und 542 S. 368 ff.(Zara, 1358 Februar 18). Die Markusrepublik trat die dalmatinischenKüstenstädte und -regionen an die ungarische Krone ab. Die Städte undGebiete auf der Terraferma und in Istrien hingegen, die die ungari-schen Streitkräfte bis zuletzt besetzt gehalten hatten, wurden Venedigrestituiert. Der Doge von Venedig legte den Titel eines Herzogs von Kro-atien und Dalmatien sowie eines Herrn von drei Achteln des römischenReiches ab, um sich künftig nur noch als Dux Venetiarum zu bezeichnen.Vgl. dazu R o m a n i n (wie Anm. 24 Anhang) S. 148 ff.; M i t i s (wie Anm.24 Anhang) S. 89 ff.; S t e i n h e r z (wie Anm. 24 Anhang) S. 252.

(34) Abdruck bei L i r u t i (wie Anm. 20 Anhang) S. 110 f. (nach der in seinemBesitz befindlichen Abschrift) – Lodovico Della Torre, Bischof von Koronin Griechenland, wurde am 10. Mai 1359 von Papst Innozenz VI. zumPatriarchen von Aquileja ernannt. Am 5. September traf er in Aquilejaein, am 10. September in Udine: P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang)S. 524 f. Zu seiner Amtszeit ebd. S. 525 ff.; F. D e V i t t , Della Torre, Lo-dovico, in: DBI 37, Roma 1989, S. 589–591; d i e s ., Torre (Della) Ludo-vico, patriarca di Aquileia, in: S c a l o n , Nuovo Liruti (wie Anm. 4 An-hang) S. 842–848; B o u i l l o n (wie Anm. 20 Anhang) S. 175–295. DasChronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 50,erwähnt lediglich den Besuch des Kirchenfürsten in Aquileja am 5. Sep-tember 1359.

(35) Vgl. L i r u t i (wie Anm. 20 Anhang) S. 111. Das klinische Bild der vomChronisten beschriebenen Epidemie, die in Venzone ihren Anfangnahm, entspricht dem der Beulenpest: K. B e r g d o l t , Der Schwarze Todin Europa. Die Große Pest und das Ende des Mittelalters, München21994, S. 18 f.

(36) Der Sonntag vor Circumcisio fiel im Jahre 1365 auf den 27. Dezember.Nach der Chronik des Giovanni di Ailino di Maniago – Historia belliForojuliensis Joannis Aylini de Maniaco bei D e R u b e i s (wie Anm. 23Anhang) Appendix S. 44–57, S. 44 – ist Markwart von Randeck bereitsam 24. Dezember in Friaul angekommen: Vgl. G. Ve r c i , Storia della

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Marca Trivigiana e Veronese 15, Venezia 1790 (Ndr. Bologna 1983) S. 90;P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 553. Zur Person und zur Amtszeitdes Markwart von Randeck siehe ebd. S. 549 ff.; F. X. G l a s s c h r ö d e r ,Markwart von Randeck, Bischof von Augsburg und Patriarch von Aqui-leja. Studien zur Geschichte Ludwig des Bayern und Karls IV., Zeit-schrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 15 (1888)S. 1–88 und 22 (1895) S. 97–160; G. Wu n d e r , Markward von Randeck.Bischof von Augsburg, Patriarch von Aquileja um 1300–1381, in: d e r s .,Lebensläufe. Bauer, Bürger, Edelmann 2. In memoriam Gerd Wunder,Forschungen aus Württembergisch Franken, Sigmaringen 1988, S. 175–191; G. S c h w e d l e r , Randeck (Di) Marquardo, patriarca di Aquileia,in: S c a l o n , Nuovo Liruti (wie Anm. 4 Anhang) S. 718–725.

(37) Zu diesem Brand siehe Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wieAnm. 2 Anhang) S. 52.

(38) Der gesamte Bericht über den Konflikt zwischen Patriarch Lodovicound Herzog Rudolf IV. von Österreich abgedruckt bei Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19 Anhang) Nr. 115 S. 130 f. – Zu den Ursachen desKonflikts und zum Verlauf der Auseinandersetzungen siehe vor allem A.H u b e r , Geschichte des Herzogs Rudolf IV. von Österreich, Innsbruck1865, S. 65 ff.; C u s i n (wie Anm. 19 Anhang) S. 50 ff.; P a s c h i n i (wieAnm. 3 Anhang) S. 525 ff.; W. B a u m , Rudolf IV. der Stifter. Seine Weltund seine Zeit, Graz – Wien – Köln 1996, S. 277 ff. – Zu den unmittel-baren Anlässen des österreichischen Einmarsches in Friaul zählte ne-ben der Beraubung österreichischer Kaufleute durch Untertanen desPatriarchen und der Schädigung der dem Herzog von Österreich unter-stehenden Stadt Venzone (Peuscheldorf) die Einnahme der FestungChiusa durch die Leute von Gemona (so das Chronicon Spilimbergense)oder von Pontebba (so der Patriarch Lodovico Della Torre): ChroniconSpilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 52–54; Z a h n ,Austrio-Friulana (wie Anm. 19 Anhang) Nr. 105 S. 124 (Fehdebrief KarlsIV. an die Friulaner, Prag 1361 August 2); Nr. 130 S. 158 (Instruktiondes Patriarchen Lodovico Della Torre für seine Gesandten beim unga-rischen König, 1361 Ende). Festung und Zoll zu Chiusa waren HerzogAlbrecht II. von Österreich und seinen Erben im Vertrag von Budweis(1351 Mai 1) für die Dauer von 12 Jahren abgetreten worden: ebd. Nr. 64–66 S. 76–80. Kaiser Karl IV. stellte sich in dem Konflikt auf die Seiteseines Schwiegersohns, des Herzogs Rudolf. Am 1. August 1361 hattenKarl, sein Sohn Wenzel und sein Bruder Johann mit den Herzögen vonÖsterreich ein Schutz- und Trutzbündnis gegen jedermann abgeschlos-sen: ebd. Nr. 103 S. 121 ff. Einen Tag später, am 2. August, sagte Karl IV.

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den Friulanern die Fehde an (wie oben). Der Kaiser unterstützte HerzogRudolf im Krieg gegen den Patriarchen durch die Entsendung vonTruppen, vgl. Heinricus dapifer de Diessenhoven, 1316–1361, in: Hein-ricus de Diessenhofen und andere Geschichtsquellen Deutschlands imspäteren Mittelalter, ed. A. H u b e r , Fontes rerum Germanicarum 4,Stuttgart 1868, S. 124.

(39) Rudolf IV. ließ Mitte August 1361 eine Vorausabteilung von etwa 800Mann in Friaul einrücken. Am 16. August bezog diese Einheit vor SanDaniele Stellung. Kontingente der Herren von Spilimbergo, Ragognaund Prata sowie Truppen aus dem österreichischen Pordenone ver-stärkten die Invasoren. Die Umgebung von San Daniele wurde geplün-dert und in Brand gesetzt. Etwa fünf Tage später zog das Heer vorTurrida: Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 An-hang) S. 52–54. Zu Walterpertoldo II. von Spilimbergo, dem Parteigän-ger Rudolfs IV., siehe G. M a r c h e t t i , Il Friuli. Uomini e tempi, Udine1959, S. 103–108. Siehe auch oben S. 151 f.

(40) Ende August 1361 rückten Herzog Rudolf IV. und sein Bruder Friedrichan der Spitze eines auf 4000 Mann geschätzten Heeres von Görz ausgegen den Patriarchenstaat vor. Wenige Tage später begann die Bela-gerung von Manzano auf halbem Weg zwischen Görz und Udine: Chro-nicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 54. ZumKastell von Manzano siehe T. M i o t t i , I Castelli del Friuli. Le giurisdi-zioni del Friuli orientale e la Contea di Gorizia, Bologna 1976, S. 279–284.

(41) Am 8. September 1361 erkannten Thateus de Mansono und seine BrüderWalconus, Wernherus, Fridericus und Hermannus Herzog Rudolf unddessen Brüder mit all ihren Erben als ihre rechtmäßigen Herren an,denen sie zu Gehorsam und Dienst gegen jedermann verpflichtet seien.Die darüber im Feld vor Manzano ausgestellte Urkunde ist abgedrucktbei Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19 Anhang) Nr. 118 S. 134 ff.

(42) Möglicherweise hat der Chronist an dieser Stelle zwei Ereignisse zueiner Nachricht zusammengezogen: Die Übergabe des Kastells Buttriound den Frontwechsel des Schinella di Cucagna, des Generalkapitänsder Truppen des Patriarchenstaats. Eine genaue Datierung der Kapi-tulation Buttrios vor den österreichischen Truppen ist nicht möglich:Sie könnte bereits vor derjenigen des Kastells Manzano stattgefundenhaben, wenn diese mit der Anerkennung der habsburgischen Hoheitdurch die Herren von Manzano am 8. September (siehe die vorige Anm.)zusammenfällt. Schinella di Cucagna hielt sich nämlich am 9. Septem-ber etwa 8 Kilometer von Buttrio entfernt im Feld vor Udine auf. Hier

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erkannte er – wie tags zuvor die Brüder von Manzano – zusammen mitFacina di Partistagno und Francesco di Taddeo di Manzano die Her-zöge von Österreich als seine Herren an: Z a h n , Austro-Friulana (wieAnm. 19 Anhang) Nr. 120 S. 137. Schinella di Cucagna blieb bis zumEnde des Krieges ergebener Gefolgsmann Herzog Rudolfs. Zu ihm sieheE. D e g a n i , Dei Signori di Cucagna e delle familie nobili da essi deri-vate, Pagine friulane 8 (1895) S. 105–109, 122–125, 137–142, 154–158,S. 157 f. Schinella war der jüngere Sohn des Gerardo di Cucagna, denPatriarch Bertrand de Saint-Genies am 24. April 1342 mit dem zu die-sem Zeitpunkt offenbar zerstörten Kastell Buttrio belehnt hatte, damitdieser es wieder aufbaue. Im Jahre 1347 war die Wiederherstellung derBurg abgeschlossen. Siehe dazu M i o t t i (wie Anm. 40 Anhang) S. 82–85.Zu Schinella di Cucagna siehe auch oben S. 146 ff.

(43) Die Chronik spricht irrtümlich davon, Rudolf IV. sei von Buttrio nachSavorgnano gezogen. Tatsächlich nahm das österreichische Heer seinenWeg über Udine, von wo es am 12. September nach Fagagna (zwischenUdine und San Daniele) aufbrach: Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n -g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 54. Im Felde vor Fagagna sah sich Patri-arch Lodovico Della Torre angesichts der militärischen Übermacht desHabsburgers und des Übertritts vieler friulanischer Adliger ins gegne-rische Lager zum Einlenken genötigt. Der Patriarch verpflichtete sicham 15. September, die zwischen der Kirche von Aquileja und den Her-zögen von Österreich bestehenden Streitpunkte durch einen Schieds-spruch lösen zu lassen, den Kaiser Karl IV. und Herzog Rudolf IV. ge-meinsam fällen sollten: Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19 Anhang)Nr. 123 S. 139 f. Lodovico Della Torre versprach, in Begleitung von 12friulanischen nobili nach Wien zu reisen, um dort die Ankunft HerzogRudolfs abzuwarten und mit diesem dann den Kaiser aufzusuchen:Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 54. ZuFrancesco di Savorgnano und Simone di Valvasone, die sich ebenfallsnach Wien begeben sollten, siehe oben S. 134 f. und 146. Feste und Maut zuChiusa, die den Habsburgern 1361 entrissen worden waren (siehe Anm.38 Anhang), sollten gemäß den österreichischen Forderungen als Lehenan Rudolf und seine Erben fallen: Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19Anhang) Nr. 131 S. 162. König Ludwig von Ungarn modifizierte jedochim Vertrag von Kaproncza (1362 Mai 2) die Friedensbedingungen in derWeise, dass die Chiusa als Kriegsentschädigung für die Dauer von 24Jahren Herzog Rudolf überlassen werden sollte: ebd. Nr. 137 S. 170.

(44) Siehe oben S. 134 mit Anm. 60.

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(45) Herzog Rudolf IV., der sich in seinem Kampf gegen den Patriarchen vonAquileja der Neutralität Venedigs sicher sein konnte, traf am 29. Sep-tember 1361 in der Lagunenstadt ein. Dabei begleiteten ihn nicht nurdie friulanischen nobili Simone di Valvasone und Francesco di Savor-gnano. Als „Begrüßungsgeschenk“ für den Dogen von Venedig, LorenzoCelsi, brachte er die beiden venezianischen Gesandten Marco Cornerund Giovanni Gradenigo mit, die in diplomatischer Mission am HofeKarls IV. geweilt hatten und auf ihrer Rückreise durch Kärnten imJanuar 1360 von den Schenken von Osterwitz gefangengenommen wor-den waren. Am 5. Oktober verließ Herzog Rudolf Venedig, um sich zu-nächst wieder nach Friaul zu begeben. Vgl. Chronicon Spilimbergense,ed. D ’ A n g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 54–56. Zum Venedigbesuch Ru-dolfs IV. und zu seinen Hintergründen siehe J. von Z a h n , Zur Ge-schichte Herzog Rudolfs IV., Archiv für österreichische Geschichte 56(1878) S. 229–256 (mit Quellenbeilagen). Siehe jetzt auch U. L u d w i g ,Kreuzzug und Reichsvikariat. Zu den Beziehungen zwischen Karl IV.und Venedig (mit editorischem Anhang), in: U. H o h e n s e e /M. L a w o /M.L i n d n e r /M. M e n z e l /O. B. R a d e r (Hg.), Die Goldene Bulle. Politik –Wahrnehmung – Rezeption, Bd. 2, Berichte und Abhandlungen der Ber-lin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Sonderband 12,Berlin 2009, S. 761–803, besonders S. 776 f. und 787 ff.

(46) Die Aussage des Chronisten, die beiden friulanischen Adligen seien ge-meinsam mit Herzog Rudolf nach Österreich gereist, scheint nicht denTatsachen zu entsprechen. Laut Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n -g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 56, kehrten Simone di Valvasone undFrancesco di Savorgnano gemeinsam mit Rudolf nach Friaul zurück,machten sich aber dann allein auf den Weg, um dem Patriarchen nachWien zu folgen. Rudolf IV. hingegen reiste zuerst nach Görz und hieltsich im Anschluss noch längere Zeit in Kärnten und Steiermark auf;erst im November oder Dezember traf er in Wien ein, vgl. H u b e r (wieAnm. 38 Anhang) S. 73; S t e i n h e r z (wie Anm. 24 Anhang) S. 545; A. A.S t r n a d , Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehun-gen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun-derts, Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 19 (1966) S. 1–55,S. 14 Anm. 33.

(47) An der Jahreswende 1361/62 gab Rudolf IV. das Bündnis mit Karl IV.vom 1. August 1361 zugunsten eines Zusammengehens mit König Lud-wig I. von Ungarn auf. Rudolf und Ludwig sagten sich vertraglich mi-litärischen Beistand gegen jedermann zu, auch gegen Karl IV. und sei-nen Bruder Johann von Mähren. In den folgenden Wochen und Monaten

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war Herzog Rudolf rastlos um eine Erweiterung der gegen das Reichs-oberhaupt gerichteten Koalition bemüht, der neben dem Erzbischof vonSalzburg und den Bischöfen von Passau und Bamberg auch König Ka-simir von Polen beitrat. Der Kaiser seinerseits berief für Mitte März1362 einen Reichstag nach Nürnberg ein, auf dem er in Gegenwart derdrei geistlichen Kurfürsten, des rheinischen Pfalzgrafen und des Her-zogs von Sachsen Klage über die Umtriebe seines Schwiegersohnsführte. Rudolf wurde vorgeworfen, den Patriarchen von Aquileja inWien gefangenzuhalten, statt ihn wie vereinbart zur Entscheidung desKonflikts vor den Kaiser zu bringen. Der Erzbischof von Trier forderteden österreichischen Herzog am 23. März im Namen der Kurfürstenauf, sich wegen seiner Verfehlungen persönlich vor dem Hofgericht zuverantworten und den Patriarchen unverzüglich freizulassen. Karl IV.rief die Züricher und Luzerner zum Krieg gegen Rudolf auf und unter-stützte die Anhänger des Patriarchen Lodovico, als diese im Frühjahr1362 die von den Österreichern besetzten friulanischen Burgen zumgrößten Teil zurückeroberten. Am 2. März 1362 zogen Verbände ausUdine, Cividale und Gemona vor die Burgen von Manzano und Buttrio,die besetzt und geschleift wurden: Chronicon Spilimbergense, ed. D ’ A n -g e l o (wie Anm. 2 Anhang) S. 56. Siehe auch die Ankündigung des Car-levario Della Torre, domini patriarche Aquilegensis vicedominus gene-ralis, vom 21. April 1362, man wolle cum vexillis imperialibus et sancteAquilegensis ecclesie gegen die Feinde kämpfen: Z a h n , Austro-Friulana(wie Anm. 19 Anhang) Nr. 136 S. 168 f. Siehe auch oben S. 150. Zu denUrsachen des Konflikts zwischen Rudolf IV. und dem Kaiser und zumweiteren Verlauf der Auseinandersetzungen: H u b e r (wie Anm. 38 An-hang) S. 74 ff.; S t e i n h e r z (wie Anm. 24 Anhang) S. 545 ff.; E. We -r u n s k y , Geschichte Kaiser Karls IV. und seiner Zeit 3 (1355–1368),Innsbruck 1892, S. 260 ff.; B a u m (wie Anm. 38 Anhang) S. 280 ff.

(48) Am 1. Februar 1362 teilte der in Wien festgehaltene Patriarch Lodovicoden (zum Kaiser) entflohenen Francesco di Savorgnano und Simone diValvasone in einem Brief mit, dass Herzog Rudolf massiven Druck aufihn ausübe, um folgende Forderungen durchzusetzen: Als Lehen derKirche von Aquileja sollten an Rudolf und seine Erben fallen Chiusa mitder zugehörigen Maut, Stadt und Burg Gemona, Stadt und Burg Sacile,die Burgen Manzano und Buttrio, die Abtei Rosazzo mit der Vogtei; alsKriegsentschädigung sollten abgetreten werden die Kastelle Savor-gnano, Valvasone, Cucagna und Prampergo mit Zubehör, dazu Kastellund Stadt Monfalcone für die Pfandsumme von 40.000 Mark Silber, dieStadt Cividale und die Burg Villalta; Rudolf und seine Erben sollten

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überdies mit allen Lehen der Kirche von Aquileja in Österreich, Stei-ermark, Kärnten, Windischer Mark, Krain, Grafschaft Görz und aufdem Karst investiert werden. Dass es das Bestreben des Habsburgerswar, ganz Friaul seiner Herrschaft zu unterwerfen, geht aus der Ver-tragsbestimmung hervor, die den Patriarchen und seine Nachfolger ver-pflichtete, die österreichischen Herzöge nicht nur als Vögte der Kirchevon Aquileja zu akzeptieren, sondern sie auch stets mit dem Titel prin-cipes et domini Foriiulii anzusprechen: Z a h n , Austro-Friulana (wieAnm. 19 Anhang) Nr. 131 S. 161 ff. Im Wiener Friedensvertrag, zu dessenUnterzeichnung sich Lodovico Della Torre am 21. April 1362 verstehenmusste, war Herzog Rudolf schon sehr weit von seinen territorialenMaximalforderungen abgerückt. Er bestand freilich auf der Überlas-sung der aquilejensischen Lehen in Steiermark, Kärnten, Krain, Win-discher Mark und auf dem Karst. Überdies verlangte er vom Patriar-chen die Wiederherstellung der zerstörten Burgen von Chiusa, Man-zano und Buttrio (Haunberg), die ihm binnen Jahresfrist restituiertwerden mussten. Dem Herzog von Österreich stand es zu, einen Lan-deshauptmann zu ernennen, der mit 50 Bewaffneten in Stellvertretungdes Herzogs den Schutz und die Verteidigung der terra Foriiulii über-nehmen sollte. Herzog und Patriarch verpflichten sich zu wechselseiti-gem Beistand gegen jedermann, ausgenommen nur der König von Un-garn und der Graf von Görz: ebd. Nr. 135 S. 166 ff. Doch auch diese Frie-densbedingungen konnte Rudolf der Stifter letztlich nicht durchsetzen.Im Friedensvertrag von Kaproncza (siehe oben Anm. 43 Anhang), derdurch die Vermittlung König Ludwigs von Ungarn zustandekam, wer-den nur noch die Lehen der Kirche von Aquileja in Steiermark, Kärn-ten, Krain und Windischer Mark erwähnt, nicht mehr jedoch der öster-reichische Landeshauptmann und auch nicht die Abtretung friulani-scher Burgen und Städte. Lediglich die Chiusa sollte dem Habsburgerzur Deckung der im Krieg entstandenen Kosten für die Dauer von 24Jahren übertragen werden.

(49) Abgedruckt bei Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19 Anhang) Nr. 161S. 203. Der von König Ludwig von Ungarn vermittelte Friedensschlussvon Kaproncsa (1362 Mai 2) führte keine dauerhafte Entschärfung desKonflikts zwischen Herzog Rudolf IV. und dem Patriarchen von Aqui-leja herbei. Lodovico Della Torre hielt sich nicht an die Bestimmungendes Vertrags und wurde in seiner Haltung vom Kaiser bestärkt. Am 4.April 1363 erklärte Karl IV. die Friedenskonditionen für null und nich-tig, da sie dem Kirchenfürsten in erpresserischer Weise abgenötigt wor-den seien: ebd. Nr. 152 S. 190 ff. So kam es im Herbst 1363 erneut zum

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Ausbruch von Feindseligkeiten. Die österreichischen Truppen fandendabei Unterstützung bei einer Reihe von Kastellanen, an deren Spitzewie schon 1361 die Brüder Walterpertoldo und Enrico di Spilimbergostanden. Zum Verhältnis zwischen Venedig und den Herren von Spilim-bergo siehe oben S. 151 f. mit Anm. 120. Am 8. September 1363 verstän-digten Patriarch Lodovico und das Parlament von Friaul den Kaiserüber den neuerlichen Einfall österreichischer Truppenverbände unddie Forderung des Herzogs Rudolf an Lodovico, den Wiener Vertragvom April 1362 (siehe oben Anm. 48 Anhang) einzuhalten. An Karl IV.wurde die Bitte um Beistand gegen den eidbrüchigen Habsburger ge-richtet: Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm. 19 Anhang) Nr. 163 S. 204 ff.;P. S. L e i c h t (Hg.), Parlamento Friulano I (1228–1420), Teil 1, Atti delleAssemblee costituzionali italiane dal medio evo al 1831, serie I, sezione6, Bologna 1917 (Ndr. Bologna 1968), Nr. 197 S. 186 f. Zu den Auseinan-dersetzungen zwischen Rudolf IV. und dem Patriarchen Lodovico imHerbst 1363 siehe die Dokumente bei Z a h n , Austro-Friulana (wie Anm.19 Anhang) Nr. 164 ff. S. 207 ff.; P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang) S. 536 ff.Arzene und Arzenutto sind westlich und nordwestlich von Valvasonegelegene Ortschaften.

(50) Zur Bedeutung von rugia siehe S. B a t t a g l i a , Grande Dizionario dellalingua italiana 18, Torino 1994, S. 28 s. v. Roggia: Canale derivato da uncorso d’acqua. Siehe auch D u C a n g e , Glossarium mediae et infimae la-tinitatis VII, Ndr. Paris 1938, S. 234, s. v. rugia. Die Errichtung des Kanalsdurch Simone di Valvasone provozierte einen Konflikt mit den Herrenvon Spilimbergo. Patriarch Markwart von Randeck und der Rat des Par-laments entschieden am 24. April 1366, dass Simone di Valvasone zwarWasser aus dem Tagliamento ableiten dürfe, jedoch alle Schäden zu er-setzen habe, die den Spilimbergo dadurch entstehen könnten: L e i c h t ,Parlamento Friulano (wie Anm. 49 Anhang) Nr. 220 und 221 S. 207 ff.

(51) Die Ortschaften Arzene, San Lorenzo, San Martino al Tagliamento, Ar-zenutto, Postoncicco, San Giorgio della Richinvelda und Aurava liegenalle im Umkreis von Valvasone.

(52) Die aufeinander abgestimmten militärischen Operationen des Signo-ren von Padua, Francesco da Carrara, und der genuesischen Streit-kräfte unter dem Kommando des Piero Doria führten am 16. August1379 zur Einnahme von Chioggia. Venedig gelang es jedoch, die exis-tenzbedrohende Krise durch große Anstrengungen zu überwinden undChioggia am 24. Juni 1380 zurückzuerobern. Zum Chioggiakrieg (1378–1381) siehe R o m a n i n (wie Anm. 24 Anhang) S. 191 ff.; K r e t s c h m a y r(wie Anm. 24 Anhang) S. 229 ff.; P a s c h i n i (wie Anm. 3 Anhang)S. 564 ff.; C u s i n (wie Anm. 19 Anhang) S. 82 ff.

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(53) In der Überlieferung der Kirche der hll. Philipp und Jakobus zu Ar-zenutto begegnet der Name Piero Lovo mehrfach. In der Inschrift amTriumphbogen der Kirche, die die Weihe des Gotteshauses am 1. Mai1469 festhält, wird der camerarius Dominicus quondam Petri Lopi er-wähnt: San Martino al Tagliamento. La chiesetta dei santi Filippo eGiacomo ad Arzenutto (wie Anm. 21 Anhang) S. 12 mit Abb. 13. AlsStifter eines Andrea Bellunello zugeschriebenen und auf etwa 1480 da-tierten Freskos mit der Darstellung eines kerzentragenden Engels (ne-ben der Madonna mit dem Kind zwischen den hll. Rochus und Sebas-tian) wird in einer Inschrift erneut Domenego de Pero Lovo namhaftgemacht: ebd. S. 15 mit Abb. 169. Überdies wird der camerar Domeni dePiero Lovo in Abrechnungen genannt, die Arbeiten betreffen, die imJahre 1484 in der Kirche ausgeführt wurden: ebd. S. 30.

(54) Zu den hier festgehaltenen Ereignissen, die aus der Feder des PriestersPetrus de Parma Gubernator Ecclesie Sancti Martini stammen, sieheoben S. 129 f.

RIASSUNTO

Per la prima volta si presenta e si edita qui la „Cronaca di Valvasone“nel suo insieme; quest’opera storiografica friuliana del tardo medievo si co-nosceva finora solo parzialmente, e non poteva essere localizzata in modocirconstanziato. La cronaca di tipo annalistico, tramandata su un foglio dipergamena e conservata presso la Biblioteca Marciana a Venezia, va vistacome una compilazione di notizie storiografiche del XIII e XIV secolo, iniziatadopo il 1379/80 nella chiesa di San Martino al Tagliamento sul territorio deisignori di Valvasone, vassalli della chiesa di Aquileja, la cui prima parte at-tinge evidentemente al „Chronicon Spilimbergense“. In origine il foglio di per-gamena della Marciana faceva parte, forse, del „Catapan vecchio“ di San Mar-tino, che si trova oggi nell’archivio vescovile di Pordenone; in ogni caso ap-partiene allo stesso contesto manoscritto dal quale proviene il „Catapan“. Gliappunti della cronaca riportano da una parte avvenimenti d’importanza localeche permettono di identificare il territorio dei castellani di Valvasone comeluogo d’origine (e piu precisamente: San Martino al Tagliamento). Inoltre essicontengono informazioni preziose relative ai rapporti tra il patriarcato diAquileja da un lato e Ungheria, Austria, Venezia e Carlo IV dall’altro negli anniCinquanta e Sessanta del XIV secolo; in particolare illuminano il conflitto trail patriarca Lodovico Della Torre (1359–1365) e il duca Rodolfo IV d’Austria(1358–1365).

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