QUATUOR EBÈNE - Elbphilharmonie · Kegelstatt-Trio, weil Mozart es beim Kegeln schrieb – hin und...

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Q UATUOR E BÈNE 26. JANUAR 2017 ELBPHILHARMONIE KLEINER SAAL ERÖFFNUNGSFESTIVAL

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QUATUOR EBÈNE

26 . J A N U A R 2 017E L B P HIL H A R M O NIE K L E INE R S A A L

E R Ö F F N U N G S F E S T I VA L

Donnerstag, 26. Januar 2017 | 19:30 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal

18:30 Uhr | Einführung mit Lars Entrich im Kleinen Saal

QUATUOR EBÈNEPIERRE COLOMBET VIOLINE

GABRIEL LE MAGADURE VIOLINE

ADRIEN BOISSEAU VIOLA

RAPHAËL MERLIN VIOLONCELLO

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 –1791)

Streichquartett d-Moll KV 417b (1783)

AllegroAndanteMenuetto. AllegrettoAllegretto ma non troppoca. 25 Min.

Ludwig van Beethoven (1770 –1827)

Streichquartett f-Moll op. 95 »Quartetto serioso« (1810)

Allegro con brioAllegretto ma non troppoAllegro assai vivace ma serioso – Più allegroLarghetto espressivo – Allegretto agitato – Allegroca. 20 Min.

Pause

Maurice Ravel (1875 –1937)

Streichquartett F-Dur (1903)

Allegro moderato, très douxAssez vif, très rythméTrès lentVif et agitéca. 25 Min.

In Kooperation mit der Hamburgischen Vereinigung von Freunden der Kammermusik

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»Wir sind besessen von der Idee, dem Publikum dabei zu helfen, die Schönheit der Harmonie des Moments zu genießen.« So formulierte Raphaël Merlin kürzlich im Interview mit der Zeit das Credo des Quatuor Ebène, in dessen Zentrum die Suche nach »Farben« stehe. Zwei Tage nach ihrem Überraschungskonzert hier im Kleinen Saal mit einem Crossover-Programm beleuchten die vier Musiker heute zwei andere Facetten ihres formi- dablen Könnens: das klassische Kernrepertoire um Mozart und Beethoven sowie den Klangfarben-zauberer Ravel aus ihrer französischen Heimat. In diesem Sinne also: Folgen Sie der Einladung des Quatuor Ebène, genießen Sie den Abend!

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QUATUOR EBÈNE

»Ein Streichquartett, das sich mühelos in eine Jazzband verwandeln kann«, titelte die New York Times nach einem Auftritt des Quatuor Ebène 2009, bei dem das Ensemble zunächst Debussy und Haydn spielte, um danach über Film- musik zu improvisieren. Wie das klingt, konnte man erst vor zwei Tagen an genau diesem Ort erleben, als das Quatuor Ebène beim ersten »Blind Date« der Elb-philharmonie zu Gast war.

Was 1999 in den Proberäumen einer Universität nördlich von Paris begann, wurde zu einem Markenzeichen des Quartetts und sorgte für einen nachhaltigen Paukenschlag in der Musikszene. Die vier Streicher hauchten mit ihrem direk-ten und unvoreingenommenen Blick der Kammermusik neuen Atem ein. Nach Studien beim Quatuor Ysaÿe sowie bei Gabor Takács-Nagy, Eberhard Feltz und György Kurtág folgte der überragende Sieg beim ARD Musikwettbewerb 2004. Damit begann der Aufstieg des Quartetts, der in vielen weiteren Preisen und Auszeichnungen mündete. Ihren frischen Umgang mit der Musik vermitteln die Musiker in regelmäßigen Meisterkursen im Conservatoire Paris. 2005 wurde das Quartett mit dem Belmont-Preis der Forberg-Schneider-Stiftung ausgezeichnet, die den Musikern ermöglicht hat, dass ihnen aus Privatbesitz ausgezeichnete Instrumente zur Verfügung gestellt wurden.

Die CDs des Quatuor Ebène mit Einspielungen von Haydn, Bartók, Debussy, Fauré, Mozart und den Mendelssohn-Geschwistern wurden mehrfach ausge-zeichnet, u.a. mit dem Gramophone Award, dem Echo Klassik, dem BBC Music Magazine Award und dem Midem Classic Award. Das 2010 erschienene Album Fiction mit Jazz-Arrangements sowie die zweite Crossover-CD Brazil (2014) mani-festierte die singuläre Stellung in der Kammermusikszene. Ebenfalls 2014 wurde der Livemitschnitt A 90th Birthday Celebration zu Menahem Presslers Geburts-tagskonzert in Paris auf CD und DVD veröffentlicht.

Zudem widmeten sich die Musiker dem Thema Lied. So wirkten sie an der CD Green von Philippe Jaroussky mit und veröffentlichten ein Schubert-Album mit Matthias Goerne und dem Schubert-Streichquintett mit Gautier Capuçon. Dem fundamentalen klassischen Repertoire bleiben sie aber weiterhin treu. In dieser Saison legt das Quatuor Ebène einen Schwerpunkt auf die frühen und mittleren Streichquartette von Ludwig van Beethoven, von denen sie eines auch im heutigen Konzert präsentieren.

DIE KÜNSTLER

KOMPONIEREN IN JEDER LEBENSLAGE

Wolfgang Amadeus Mozart: Streichquartett d-Moll KV 417b

Wenn irgendein Komponist als Inbegriff des frühvollendeten, von Musen geküss-ten Genies gilt, dann wohl Wolfgang »von Gott geliebt« Mozart. Auf seiner ersten Italienreise beispielsweise hörte er in Rom im Gottesdienst das neunstimmige Miserere von Gregorio Allegri, dessen Partitur der Vatikan streng geheimhielt. Der 14-jährige Jungkomponist notierte es aus dem Gedächtnis fehlerfrei und sorgte so für eine Art frühes musikalisches Vatileak. Später schickte er seiner Schwester Nannerl einmal eine Fuge mit nachgereihtem Präludium. Im Begleit-brief entschuldigte er sich für die falsche Reihenfolge: Er habe die Fuge zuerst komponiert und erst dann, während er sie sauber abschrieb, nebenbei das Prä-ludium erdacht. Nebenbei! Eines seiner beliebtesten Trios trägt den Beinamen Kegelstatt-Trio, weil Mozart es beim Kegeln schrieb – hin und wieder unterbro-chen durch einen Wurf und einen Schluck Wein, aber offenbar gänzlich unbe-eindruckt vom Poltern des Spielgeräts und den Unterhaltungen der Freunde.

Das 1777 entstandene Porträt, das Mozart mit einem Orden auf der Brust zeigt, kommentierte sein Vater Leopold in einem Brief so: »Malerisch hat es wenig wert, aber was die Ähnlichkeit anbetrifft, so versichere ich Ihnen, dass es ihm ganz und gar ähnlich sieht.«

Und auch das erste Werk des heutigen Abends wurden in einer Situation komponiert, die ausdauernder Konzentration nicht unbedingt förderlich sein dürfte. Denn wenn eine Frau ein Kind zur Welt bringt, zumal ihr Erstes, sollte man ja meinen, dass der Ehemann ihr entweder die Hand hält oder nägelkauend vor der Tür auf und ab rennt. Nicht so bei den Mozarts. Während Constanze in den Wehen lag, saß Wolfgang neben dem Bett am Schreibtisch und komponierte in aller Seelenruhe an seinem Streichquartett d-Moll KV 417b.

So zumindest überlieferte es ein gewisser Herr Nissen, den Constanze nach Mozarts frühem Tod heiratete: »So oft sie Leiden äußerte, lief er auf sie zu, um sie zu trösten und aufzu-heitern; und wenn sie beruhigt war, ging er wieder zu seinem Papier.« Ihre Schreie hat Mozart angeblich sogar in das ruppige Menuett an dritter Stelle einkomponiert. Dafür wäre dessen Mittelteil die perfekte Einschlafmusik für den neugeborenen Sohn Raimund Leopold gewesen: eine niedliche Serenade für Sologeige, begleitet von den gezupften Akkorden der drei ande-ren Spieler. Und auch der zweite Satz schwingt in wiegenden 6/8-Figuren.

Der Rest des Quartetts ist allerdings ziemlich baby-inkom-patibel. Kopf- und Schlusssatz kommen düster und schicksals-schwer daher, sind geprägt von dunkler Harmonik und weit aus-greifender, dramatischer Melodik. Ihr »redender« Gestus wird oft mit C. P. E. Bach in Verbindung gebracht, dessen Stil Mozart in einem sonntäglichen Musikliebhaberkreis um den Baron van Swieten kennengelernt hatte. Aus den heftigen Vorhaltsdisso-nanzen des Mittelteils spricht zudem die Beschäftigung mit Vater Bach. Und der letzte Satz ist zwar formal als Variationen-folge über einen französischen Tanz angelegt, weist in seiner Hoffnungslosigkeit aber schon auf die vier Jahre später folgende finstere Oper Don Giovanni voraus.

Zu den Legenden, die sich um den talentierten Herrn Mozart ranken, zählt auch, dass er keine Skizzen anfertigte, sondern Werke immer schon fertig im Kopf hatte, wenn er sich an die Niederschrift setzte – die dann nur noch eine Frage von Stunden war. Tatsächlich existieren nur wenige Blätter mit Entwürfen, und in seinen handschriftlichen Orginalpartituren finden sich kaum Korrekturen. Doch Vorsicht! Es ist sehr gut möglich, dass

Constanze Mozart

DIE MUSIK

KOMPONIERTES FRUSTFOUL

Ludwig van Beethoven: Streichquartett f-Moll op. 95 »Quartetto serioso«

Als Ludwig van Beethoven im Alter von 22 Jahren Bonn verließ, um in Wien zu studieren, schrieb ihm der befreundete Graf Waldstein ins Stammbuch: »Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozarts Geist aus Haydns Händen.« Rück-blickend erscheint die Formulierung fast zwangsläufig, schließlich wird diese Komponistentrias heute gemeinhin als »Wiener Klassik« apostrophiert. Damals jedoch, 1792, waren es Worte von geradezu prophetischer Bedeutung. Denn dass der junge Bonner Lokalmatador, Sohn eines trinkfreudigen Tenorsängers, den beiden Musiklegenden jemals das Wasser würde reichen können, war nun wirklich nicht abzusehen. Zwar hatte sein Lehrer Christian Gottlob Neefe schon spekuliert, dass aus Klein-Ludwig einmal ein »zweiter Mozart« werden könne. Doch der hatte mit 22 schon eine internationale Karriere als Kinderstar hinter sich gehabt und buchstäblich Hunderte von Werken komponiert.

Mindestens einmal spielten Haydn und Mozart gemeinsam Streich-quartett: Haydn an der Ersten Geige, Mozart an der Bratsche. Nach einem weiteren Hausmusik-abend, bei dem Haydn nur zuhörte, schrieb er an Leopold Mozart: »Ich sage Ihnen vor Gott als ein ehrlicher Mann: Ihr Sohn ist der größte Komponist, den ich kenne. Er hat Geschmack und überdies die größte Kompositionswissenschaft.«

Mozart seine Skizzen einfach entsorgte, sobald er mit einem Stück fertig war, und dass seine Verleger und frühen Biografen diesen Umstand nur zu gerne ausnutzten, um ihn als Genie dar-zustellen. (Bei Beethoven lief die Sache übrigens andersherum: Er galt schon zu Lebzeiten als Titan, der dem Schicksal jede Note einzeln abringt. Entsprechend entwickelten sich die meh-reren hundert Skizzenseiten schnell zu bewahrungswürdigen Reliquien.)

Auch im Falle des d-Moll-Quartetts ist die Legende nicht haltbar – und Nissen behauptete ja auch nicht, dass Mozart in der Geburtsnacht das gesamte Quartett komponierte. Tatsäch-lich hatte er daran schon länger herumgetüftelt, eine »lange und mühsame Arbeit«, wie er im Vorwort zum Erstdruck zugab. Es handelte sich dabei um die letzte Runde eines kompositori-schen Zweikampfes, den Mozart – in aller Freundschaft – über Jahre hinweg mit seinem Freund Joseph Haydn ausfocht. Haydn, der deutlich Ältere der beiden, eröffnete ihn 1772 mit seinen sogenannten Sonnenquartetten, auf die Mozart im Folgejahr mit seinen Wiener Quartetten antwortete. Haydn legte 1782 erneut vor; seine sechs Quartette op. 33 tragen den Hinweis, sie seien »auf eine ganz neue, besondere Art gemacht«. Tatsächlich setz-ten sie in ihrer Originalität und kunstvollen Balance Maßstäbe, an denen sich noch Generationen von Komponisten die Zähne ausbeißen sollten.

Nun war Mozart unter Zugzwang. Gut zwei Jahre benötigte er, um mit der damals üblichen Bündelung von sechs Quar-tetten, zu denen eben auch das in d-Moll zählt, eine würdige Antwort zu geben. Sie bilden die Krone von Mozarts Quartett-schaffen und zählen zum Schönsten, was die Kammermusik überhaupt zu bieten hat. In seinem Überschwang widmete Mozart die Werke sogar Haydn: »Berühmter Mann und mein teuerster Freund, nimm hier meine Kinder!« heißt es im Vorwort der Erstausgabe. »Ich hoffe, sie werden Deiner Liebe würdig sein.« Bleibt nur zu hoffen, dass er seinem Sohn Raimund (und auch seiner Frau Constanze) dieselbe Aufmerksamkeit zuteil werden ließ – wobei nichts Gegenteiliges bekannt ist. CLEMENS MATUSCHEK

DIE MUSIK

Als Lehrer kam Mozart ohnehin nicht mehr infrage: Er war 1791 verstorben. Joseph Haydn aber, der Beethoven auf der Durchreise von England in Bonn gehört hatte, nahm ihn als Schüler an. Zum Unterrichtskanon zählte natürlich auch das Streichquartett – und hier saß Beethoven bei Haydn wirklich an der Quelle. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Haydn diese Gattung höchstpersönlich erfunden hat. Und nicht nur das: Innerhalb weniger Jahre katapultierte er den kompositori-schen Standard auf schwindelerregende Höhen – nicht zuletzt aufgrund des beschriebenen freundschaftlichen Wettstreits mit Mozart. Die beiden steigerten sich auf ein Niveau, das etliche komponierende Zeitgenossen schnaufend am Wegesrand zurückließ.

Die Messlatte in dieser Disziplin lag also hoch, als Beethoven die Bühne der Musikgeschichte betrat. Und es verwundert nicht, dass er als Tonsetzerlehrling vom Streichquartett erst einmal die Finger ließ. Er begann stattdessen mit Kammermusik in allen möglichen anderen Besetzungen: Sonaten, Klavier- und Streichtrios etwa. Erst mit 30 Jahren – Mozart war seit fast zehn Jahren tot – fasste er sich ein Herz und stieg in den Streichquartettpoker ein. Der Einsatz, wie üblich: ein Sechser-pack. Und was für ein Einsatz! Waldstein und Neefe hatten Recht behalten: Hier war ein Komponist auf der Bildfläche erschienen, der es mit den Vorbildern aufnehmen konnte.

Fortan sollten Streichquartette im Schaffen des Ludwig van Beethoven eine ähnlich zentrale Rolle spielen wie Sinfonien und Klaviersonaten. Nachdem er mit den sechs »frühen« Werken die Gattung für sich erobert hatte, wurde er mutiger. Ab jetzt steigerten sich die kompositorische Komplexität, die Ausdrucks-kraft und die Aufführungsdauer seiner Quartette kontinuierlich. Damit sprengte er, genau wie in seinen Sinfonien, den Rahmen des bisher Dagewesenen – und das oft mit einer Kompromiss-losigkeit, die viele Zeitgenossen schockierte und ihm das Image eines grimmigen Einzelkämpfers einbrachte.

Auch die wütend dreinfahrende Unisono-Linie am Beginn des f-Moll-Quartetts op. 95 stellt klar: Mit diesem Mann ist nicht gut Kirschen essen. Der hat nichts zu verlieren, der ist stocksauer! Und das gleich aus mehreren Gründen. Das Quar-

Zeitgenössische Karikatur von Ludwig van Beethoven

Im Sommer 1812 traf Beethoven im böhmischen Kurort Teplitz (Teplice) auf Johann Wolfgang von Goethe. Mehrfach spielte Beethoven dem Dichterfürsten am Klavier vor, der ob seines Talents »in Erstaunen gesetzt war«, aber auch die »ungebändigte Persönlichkeit« des Komponisten bemerkte. Von Musik hatte Goethe allerdings nicht viel Ahnung.

tett entstand 1810. Vier Jahre zuvor hatte Beethoven seine drei Rasumowsky-Quartette veröffentlicht – mit verheerenden Reaktionen. »Bizarr«, »nicht fasslich« lauteten noch die freund-lichsten Umschreibungen. Mit dem schroffen, kompromiss- losen Quartett op. 95 begeht Beethoven nun ein komponiertes Frustfoul.

Auch privat ging es Beethoven nicht gut. Soeben hatte die Arzttochter Therese Malfatti seinen Heiratsantrag abgewiesen, und seine frisch verwitwete »unsterbliche Geliebte« Josephine Gräfin Deym heiratete erneut – einen anderen. Seinen Liebes-kummer teilte Beethoven mit einem cellospielenden Freund, Nikolaus Zmeskall, dem das düstere Stück mit dem eigenhän-dig notierten Titel »Quartetto serioso« auch gewidmet ist. Als der sich mit einer Kiste Wein bedankte, reagierte Beethoven bestürzt: »Lieber Z! Sie haben mein reines, aufrichtiges Werk entstellt. Sie sind nicht mein Schuldner, sondern ich der Ihrige, und jezt haben Sie mich nur noch mehr dazu gemacht. Ich kann nicht schreiben, wie weh mir dieses Geschenk tut.«

Wie privat Beethoven diese Musik schien, lässt sich auch aus einem anderen Brief ersehen: »Das Quartett ist für einen kleinen Kreis von Kennern bestimmt und darf niemals öffentlich aufgeführt werden.« Für sechs Jahre verschwanden die Noten in Beethovens Schreibtisch; erst 1816 erschien das Stück im Druck. Es erscheint symptomatisch, dass der ähnlich tragisch angehauchte Gustav Mahler 1899 ausgerechnet dieses Werk wählte, um es für Streichorchester zu bearbeiten.

Die störrischen Anfangsmotive des ersten und dritten Satzes, die durch die anschließenden Pausen noch verstärkt werden, wirken wie ein Motto für dieses »Quartetto serioso«. Selbst die Basslinie des Allegrettos, das auf eine Kantilene in der ersten Violine vertraut, wird aus einer Umkehrung des The-mas gebildet. Rätsel gibt nur der letzte Satz auf, der sich nach einer schmerzlichen Einleitung an einem verzweifelten Rondo abarbeitet. Doch am Ende bricht die Musik abrupt ab und kippt in einer unmotiviert erscheinenden Stretta von f-Moll nach F-Dur. Ein Licht am Ende des Tunnels – oder nur der ironische Mut der Verzweiflung? CLEMENS MATUSCHEK

DIE MUSIK

DIE »AFFÄRE RAVEL«

Maurice Ravel: Streichquartett F-Dur

Als Maurice Ravel Ende des Jahres 1902 mit der Arbeit an seinem ersten eigenen Streichquartett begann, hatte er sein Studium zwar bereits abgeschlossen. Dennoch empfand er die Komposition selbst als eine Art Gesellenstück, mit dem er seine Lehrzeit abschloss. Und so widmete er das Quartett seinem »lieben Meister Gabriel Fauré«, der ihn am Konservatorium unterrichtet hatte – und sich nun leider gar nicht begeistert von der Kunst seines einstigen Schützlings zeigte. Er lehnte das Werk vehement ab, ebenso wie die meisten seiner Kollegen.

Zum Eklat kam es schließlich, als das Werk aufgrund for-maler Bedenken und angeblicher Verstöße gegen herrschende Kompositionsnormen sogar von der Teilnahme am presti-geträchtigen »Prix de Rome« ausgeschlossen wurde. Es war bereits der fünfte Versuch Ravels, diese damals höchste Aus-zeichnung für junge französische Komponisten zu erhalten. Da war es auch kein Trost, dass der Direktor des Konservatoriums am Ende wegen dieser von der Presse als »Affäre Ravel« getauf-ten Angelegenheit zurücktreten musste.

Doch was war eigentlich der Grund für all die Ablehnung? Ravel schrieb sein Quartett mit dem »Willen zur musikalischen Konstruktion, die, obwohl nur unvollkommen verwirklicht, den-noch viel deutlicher als in meinen früheren Kompositionen in Erscheinung tritt«. Vielleicht nahm man also einfach nur Anstoß an den vielen kompositorischen Raffinessen und Effekten, mit denen Ravel seine Komposition anreicherte, darunter ausgie-biges Tremolo, Pizzicato oder das Spielen auf dem Griffbrett, wodurch der Klang etwas matter, sandiger wird.

Auf heutige Ohren wirkt die Musik allerdings überhaupt nicht (mehr) avantgardistisch. Im Gegenteil: Schon der lyrisch-zarte Beginn des Quartetts ist so zauberhaft, dass man dahinschmel-zen möchte. Auch der langsame Satz, in dem Viola und Vio-loncello in höchsten Lagen spielen, ist voll von einfallsreichen Effekten. Inspiriert war dieser Sound vom rund zehn Jahre zuvor entstandenen Streichquartett von Ravels Kollegen Claude Debussy. Und prompt war Debussy einer der Wenigen, die dem

Maurice Ravel

Maurice Ravels größter Hit ist zweifellos sein Orchester- werk Boléro. »Leider«, so der Komponist selbst, »hat es nichts mit Musik zu tun.«

jungen Komponisten Rückendeckung gaben und ihm rieten, bloß keinen Ton zu verändern.

Ravel ging über Debussys Klangsprache allerdings deut-lich hinaus und formte in seinem Quartett – das sein Einziges blieb – die stilistischen Charakteristika, die zu seinen Marken-zeichen werden sollten: der ausgeprägte Klangsinn, die aus-schweifenden Melodien und schillernden Harmonien, die stetige Verarbeitung der Themen und die rhythmischen Finessen, die besonders im »lebendigen und bewegten« Finale zutage treten. Nicht umsonst wird diese Musik als Beginn von Ravels eigener Tonsprache gesehen.

Dem Streichquartett selbst schadete die öffentliche Ausei-nandersetzung keineswegs. Bis heute genießt es große Popu-larität – und während die meisten von Ravels »Prix de Rome«-Konkurrenten mittlerweile vergessen sind, gehört er selbst nach wie vor zu den berühmtesten französischen Komponisten. SIMON CHLOSTA

DIE MUSIK

BELCEA QUARTET

Die klein besetzte Kammermusik wird in der Elbphilharmonie ganz groß geschrieben. Nach den Gastspielen des Arditti Quartet und des Quatuor Ebène folgt Ende Februar der nächste Höhe-punkt: Das Belcea Quartet, das sich mit einem kompletten Beethoven-Zyklus und weiteren Auftritten in die Herzen von Hamburgs Musikfreunden gespielt hat, kommt mit Schostako-witsch und Schubert. Eine zweite Möglichkeit bietet sich Ende Mai, wenn es in der Laeiszhalle gemeinsam mit dem Cuarteto Casals Streichsextette von Johannes Brahms musiziert.

26.02.2017 | Belcea Quartet | Elbphilharmonie Kleiner Saal 28.05.2017 | Belcea Quartet & Cuarteto Casals | Laeiszhalle Kleiner Saal

Die Aufzeichnung des Konzerts in Ton, Bild oder Film ist nicht gestattet.

IMPRESSUMHerausgeber: HamburgMusik gGmbH – Elbphilharmonie und Laeiszhalle BetriebsgesellschaftGeneralintendanz: Christoph Lieben-SeutterGeschäftsführung: Jack F. KurfessRedaktion: Clemens Matuschek, Simon ChlostaGestaltung und Satz: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyerDruck: Flyer-Druck.de

Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03, [email protected]

BILDNACHWEISElbphilharmonie während der Eröffnung (Ralph Larmann); Quatuor Ebène (Julien Mignot); Wolfgang Amadeus Mozart: Porträt eines unbekannten Malers, 1777 (Museo internazionale e biblioteca della musica Bologna); Constanze Mozart: Porträt von Joseph Lange, 1782 (Stiftung Mozarteum Salzburg); Beethoven: Porträt von Christian Hornemann, 1803; zeitgenössische Karikatur von Joseph D. Böhm (beide Beethoven-Haus Bonn); Maurice Ravel: Fotografie, 1907 (Pierre Petit); Elbphilharmonie Kleiner Saal (Michael Zapf); Belcea Quartet (Marco Borggreve)

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Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

MEDIENPARTNERNDRDer SpiegelByte FMNDR Kultur

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