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SCHLÜSSELFIGUR, REIZFIGUR Jan Bens, Leiter der belgischen Atomaufsicht FANC ▶ Seite 7 GRETCHENFRAGE Warum steigt Belgien nicht aus der Atomkraft aus? ▶ Seite 6 Protest! Eine Region macht mobil gegen Kernenergie Foto: dpa DOSSIER November 2016

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SCHLÜSSELFIGUR, REIZFIGURJan Bens, Leiter der belgischen Atomaufsicht FANC ▶ Seite 7

GRETCHENFRAGEWarum steigt Belgien nicht aus der Atomkraft aus? ▶ Seite 6

Protest! Eine Region macht mobil

gegen Kernenergie

Foto

: dpa

DOSSIER

November 2016

RETCHENFRAGEWarum steigt Belgien nichtaus der Atomkraft aus?

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Seite 2 November 2016

„Tihange“ ist eine Sonderveröffentlichung der Zeitungsverlag Aachen GmbH

Verlag: Zeitungsverlag Aachen GmbH,Dresdener Straße 3, 52068 AachenTel.: 0241/5101-0

Geschäftsführer: Andreas Müller

Verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Landespressegesetzes NRW: Bernd Mathieu

Redaktion: Christian Rein, Amien Idries

Druck: Euregio Druck GmbH,Dresdener Straße 3, 52068 Aachen

IMPRESSUM

VERANSTALTUNG ...

Tihange // EDITORIAL

es ist die Sorge um unsere Region, die Sorge um die Menschen, die hier leben. Das geht uns alle an, jeden von uns; denn betroffen sind: WIR. Das ist die eine, die wichtigste, die überlebenswichtige Seite.

Zum anderen ist es das Thema der Politik, die Frage nach der Internationalität im 21. Jahrhun-dert, nach Zusammenarbeit und vor allem nach Verantwortung.

„Tihange“: Das Wort reicht, um sofort Skepsis, Besorgnis, Ängste auszulösen. Tihange hat sich seit längerem zu einem der permanent diskutierten Themen entwickelt. Hier, in unserer Region, ist es, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht umstritten. „Stop Tihange“ heißt es auf zahlreichen Aufklebern und Plakaten, in den Sozialen Medien und in politischen Debatten in der Städteregion Aachen, in den Kreisen Düren und Heinsberg, in Großstädten wie Köln und Düsseldorf und, noch nicht ganz so engagiert, im nordrhein-westfälischen Landtag. Auch das weit entfernte politische Berlin hat das Thema, mit etwas Verzögerung, entdeckt.

Zahlreiche Menschen engagieren sich in Bürger-initiativen gegen das KernkraftwerkTihange und auch gegen das Kraftwerk in Doel. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen, zum Ab- und dann wieder Anschalten. Dann wird wie üblich be-

schwichtigt und suggeriert, man habe alles im Griff.Die Sprache von Gutachtern und Wissenschaft-

lern ist eine ganz andere. Auch da herrscht größte Besorgnis, und die prognostizierten Folgen eines Super-GAUs bei entsprechendem Westwind sind massive Strahlungen in unserer Region und Einflüsse, die weit nach Deutschland, Belgien und in die Niederlande hineinreichen. Unsere Region würde unbewohnbar werden, die Menschen ihre Heimat verlieren. Sie wären Flüchtlinge im eigenen Land. Das alles basiert auf wissenschaftlichen Gutachten, nicht auf irgendwelchen Hirngespinsten.

Immer wieder wird betont, dass Energie ein nationales Thema sei. Das mag formal korrekt sein. Aber ist eine so massive Lebensbedrohung auch eine nationale Frage? Wohl kaum!

In dieser Beilage haben wir wesentliche Aspekte zusammengefasst und weisen auf eine öffentliche Veranstaltung hin, die am 30. November im Ludwig Forum Aachen stattfindet, unter anderem mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, NRW-Umweltminister Johannes Remmel, Vertretern der Initiativen, Wissenschaftlern und Teilnehmern aus Belgien. Ich lade Sie herzlich dazu ein.

Bernd MathieuChefredakteur der Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten

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Der Kampf gegen die belgischen Pannenreaktoren hatte nie so viele Unterstützer wie in diesen Tagen – doch Konsequenzen blei-ben aus. Dass Tihange 2 und Doel 3 abgeschaltet werden, ist nicht zu erwarten. Warum ist das so? Was kann noch getan werden? Darü-ber diskutieren bei einem Forum des Medienhauses Aachen am Mittwoch, 30. November, 19 Uhr, im Aachener Ludwig Forum unter anderem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), NRW-Um-weltminister Johannes Remmel (Grüne) und der Aachener Ober-bürgermeister Marcel Philipp (CDU). Sie haben Interesse, dabei zu sein? Dann melden Sie sich an! Alle Informationen finden Sie in diesem Dossier auf ▶ Seite 16

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November 2016 Seite 3

Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutsch sprachigen Gemeinschaft Belgiens, fordert das Aus der belgischen Kernkraftwerke. Im Kampf dagegen setzt er auf Taktik.

„Es darf erst gar nicht zu einem GAU kommen“

Tihange // INTERVIEW

Eupen. Oliver Paasch ist um klare Worte nicht verlegen. Der Minis-terpräsident der Deutschsprachi-gen Gemeinschaft in Belgien (DG) hat anders als viele Vertreter der Politik in Belgien eine kritische Haltung zu den dortigen Kern-kraftwerken. Für ihn hätte ein Um-denken in der Energiepolitik seines Landes längst stattfinden müssen, wie er im Gespräch mit Lucia Wal-ter und Nils Hensen erläutert.

Im Deutschlandfunk haben Sie ge-sagt: „Belgien hat die Energiewende verschlafen.“ An welcher Stelle hat das Land Fehler gemacht?

Paasch: Belgien hat sich schon vor vielen Jahren für einen Ausstieg aus der Kernenergie ausgespro-chen. Leider wurde das Datum mehrfach verschoben. Neuerdings soll der Ausstieg bis 2025 gelingen. Belgien hat sich darauf aber nicht rechtzeitig vorbereitet. Wir haben zu spät in Energiesparmaßnahmen investiert. Es gab keine entspre-chenden Regelwerke, und vor al-lem hat die Zentralregierung für Privatleute keine wirklichen An-reize geschaffen. Grob zusammen-gefasst: Wenn man aus der Kern-energie aussteigen will, muss man alternative Energiequellen aufbauen und natürlich Energie sparen. Das hat Belgien viel zu spät getan, und das tut es auch jetzt nur sehr zaghaft.

Gibt es Pläne für eine al-ternative Energieversor-gung in Belgien?

Paasch: Pläne gibt es seit langem. Mir fehlt aber die kollek-tive Entschlossenheit in dieser Frage. Ich bezweifle, dass alle Betei-ligten es wirklich ernst meinen. Man kann nicht erst 2024 mit dem Einstieg in den Ausstieg beginnen. Wir wissen im Übrigen, dass im Be-reich der erneuerbaren Energien auch neue Wirtschaftskraft entste-hen kann.

Seit geraumer Zeit werden ver-schiedene Blöcke der belgischen Kernkraftwerke regelmäßig abge-schaltet und wieder hochgefahren. Es gibt große Sicherheitsbedenken, vor allem bei den Blöcken Tihange 2 und Doel 3. Warum werden sie nicht dauerhaft abgeschaltet?

Paasch: Ich bin überzeugt, dass man die Reaktorblöcke Doel 1, 2

und 3 sowie Tihange 2 ohne das Ri-siko eines großen Stromengpasses abschalten könnte. Was mir aber noch mehr Sorge bereitet als die Versorgung, ist die Frage nach der Sicherheit. Es gibt große Bedenken in Bezug auf Tihange 2 und Doel 3. Ich glaube nicht, dass es sich eine Regierung erlauben kann, mit dem Leben von Millionen von Men-schen zu spielen. Deswegen haben wir als DG nachdrücklich gefor-

dert, dass zumindest diese beiden Reaktoren sofort abgeschaltet wer-den und man parallel dazu inter-nationalen Experten die Möglich-keit gibt, in die Atommeiler zu ge-hen und dort ihre Untersuchun-gen durchzuführen, um zumin-dest die Sicherheitsfragen objektiv und wissenschaftlich zu klären.

Wie gehen Sie als DG konkret vor?Paasch: Als Deutschsprachige Ge-meinschaft arbeiten wir eng mit der Städteregion Aachen zusam-men. Aber die DG ist Bestandteil des belgischen Bundesstaates, des-halb haben wir uns nicht an den juristischen Schritten der Städtere-gion beteiligt. Wir können den bel-gischen Staat nicht verklagen. Stattdessen nutzen wir den inner-

belgischen Verhandlungsweg. Un-ser Ziel ist aber klar: Tihange 2 und Doel 3 müssen abgeschaltet wer-den! Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen. Aber auch die takti-schen Feinheiten sollten nicht ver-gessen werden. Wir müssen näm-lich immer bedenken: Die einzi-gen, die die Kraftwerke vom Netz nehmen können, sind die Verant-wortlichen in Brüssel.

Das Aachener Bündnis gegen Atom-energie hat im vergangenen Jahr über 300 000 Unterschriften gegen den Weiterbetrieb der Kernkraft-werke gesammelt. In Deutschland wird insgesamt ein großer Druck gegen die belgischen Atommeiler entfacht. Wie bewerten Sie das?

Paasch: Ich bin mir nicht sicher, ob der Druck von der belgischen Staatsregierung als konstruktiv empfunden wird. Er führt zum Teil sogar zu einer Trotzreaktion. Den-noch kann es nicht ohne Druck ge-hen. Käme es zum atomaren Su-per-GAU, würden Millionen von Menschen von den Folgen betrof-fen sein – in Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich.

Ist die Region länderübergreifend auf einen GAU vorbereitet?

Paasch: Es wird zurzeit innerhalb der Euregio Maas-Rhein daran ge-arbeitet, einen grenzüberschrei-tenden Notfallplan für diesen Fall zu entwickeln. Da ist EMRIC (Eure-gio Maas Rhein in Crises), das eure-gionale Netzwerk, der zentrale An-sprechpartner. Es ist allerdings auch so, dass uns am Ende kein Notfallplan – und übrigens auch keine Jodtablette – retten wird.

Deshalb müssen wir alles tun, um diesen GAU zu verhindern.

Würden Sie mit dem Thema anders umgehen, wenn Sie nicht Minister-präsident wären?

Paasch: Ich habe zum Thema Atomenergie seit jeher eine sehr gefestigte Meinung, wie viele in meiner Generation. Das hat viel mit Tschernobyl zu tun. Deshalb war ich immer schon der Mei-nung, dass Belgien den Ausstieg braucht. Bei Tihange 2 und Doel 3 war mir das Sicherheitsproblem lange Zeit nicht so bewusst. Dass wir uns damit in der DG nun so in-tensiv befassen, ist in der Tat den deutschen Medien zu verdanken, die das Thema aufgebracht haben.

Seite 3

Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, fordert das Aus der belgischen Kernkraftwerke. Im Kampf dagegen setzt er auf Taktik.

„Es darf erst gar nicht zu einemGAU kommen“

Tihange // INTERVIEW

ist um klare Worte nicht verlegen. Der Minis-terpräsident der Deutschsprachi-gen Gemeinschaft in Belgien (DG) hat anders als viele Vertreter der Politik in Belgien eine kritische Haltung zu den dortigen Kern-kraftwerken. Für ihn hätte ein Um-denken in der Energiepolitik seines Landes längst stattfinden müssen,

Lucia Wal- erläutert.

Im Deutschlandfunk haben Sie ge-sagt: „Belgien hat die Energiewende verschlafen.“ An welcher Stelle hat

Belgien hat sich schon vor vielen Jahren für einen Ausstieg

„Belgien hat die Ener-giewende verschlafen“: Oliver Paasch scheut kein offenes Wort. Foto: Harald Krömer

„Die einzigen, die die Kraftwerke vom Netz nehmen können, sind die Verantwortlichen in Brüssel.“OLIVER PAASCH,MINISTERPRÄSIDENT DER DG

KELMIS

LONTZENRAEREN

EUPEN

ST

BURG-REULANDBURG-REULAND

AACHENAACHEN

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AMEL

BÜLLINGEN

BÜTGENBACH

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Grafik: ZVA

Tihange

Die DeutschsprachigeGemeinschaft

Grafik: ZVA/Claßen

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Seite 4 November 2016

VON MADELEINE GULLERT, RENÉ BENDEN UND AMIEN IDRIES

Risse im Reaktorkern, Explo-sion am AKW, Laufzeitver-längerung. Die Schlagzei-len um die beiden belgi-

schen Atomkraftwerke (AKW) in Doel und Tihange reißen nicht ab. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was hat es mit den Rissen in den Re-aktoren Doel 3 und Tihange 2 auf sich?

Dass es Risse in den Druckbehäl-tern der Atomreaktoren Doel 3 und Tihange 2 gibt, wurde erst-mals im Sommer 2012 bekannt. Bei Ultraschalluntersuchungen wurden 8000 dieser Defekte in Doel und 2000 in Tihange ent-deckt. Man ging damals von einer durchschnittlichen Größe von einem Zentimeter und einer maxi-malen Größe von 2,4 Zentimetern aus. Daraufhin wurden beide Reak-toren zunächst heruntergefahren. Jan Bens, Leiter der belgischen Atomaufsicht FANC (Federaal Agentschap voor Nucleaire Con-trole), sagte im Frühjahr 2013, die Reaktoren seien intensiv unter-sucht worden und zu „101 Pro-zent“ sicher, so dass Doel 3 und Ti-hange 2 Anfang Juni 2013 vom Be-treiber Electrabel wieder hochge-fahren wurden. Im März 2014 wur-den sie auf behördliche Anord-nung wieder heruntergefahren. Das sei eine „reine Vorsichtsmaß-nahme“, ließ die FANC wissen.

Werden die Risse größer?Im Februar 2015 korrigierte die

FANC die Zahl der Risse nach oben:

3149 in Tihange sowie 13 047 in Doel. Kurze Zeit später wurden neue Zahlen zur Größe der Risse bekannt. Statt der bislang angege-benen maximalen Länge von 2,4 Zentimetern war von neun Zenti-metern die Rede. „Die Risse sind nicht größer geworden, sie wurden jetzt nur präziser per Ultraschall untersucht“, sagte Anne-Sophie Hugé, Sprecherin von Electrabel, damals im Gespräch mit unserer Zeitung. Nach einem von der FANC in Auftrag gegebenen Exper-tenbericht wurden die Reaktoren im Dezember 2015 wieder hochge-fahren.

Wie sind die Risse entstanden?Es gibt zwei Theorien: Entweder

sind die Risse im laufenden Betrieb der Reaktoren oder bei der Herstel-lung der Druckbehälter in den 1970er Jahren entstanden. „Die Risse waren von Anfang an vor-handen“, sagt FANC-Sprecher Sé-bastien Berg. Sie seien auf Wasser-stoff-Einschlüsse bei der Herstel-lung zurückzuführen. Kritiker wie etwa das Aachener Aktionsbünd-nis gegen Atomenergie halten die erste Hypothese für plausibler. Die Defekte hätten zum Zeitpunkt der Herstellung erkannt werden kön-nen, heißt es im Bericht einer Fachkonferenz zu dem Thema. Ins-besondere die Tatsache, dass beim Bau von Tihange 2 einem Teil des Druckbehälters die Abnahme we-gen zu vieler Fehlstellen verweigert wurde, lege nahe, dass zu Betriebs-beginn keine Defekte vorhanden waren.

Sind die Risse gefährlich?Für Electrabel steht fest, dass der

Betrieb der Reaktoren gezeigt habe,

dass die Stabilität durch die Risse nicht beeinflusst werde. Anne Ma-rie Habraken, Direktorin des belgi-schen Nationalfonds für wissen-schaftliche Forschung, teilt diese Ansicht. „Wenn die Risse bereits seit 40 Jahren existieren, müssen sie nicht unbedingt gefährlich sein“, sagte sie dem Sender RTBF. Man müsse nur genau beobach-ten, wie sich die Situation entwi-ckelt.

Das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie fordert zu-nächst Aufklärung: „Die Frage, wie die Risse entstanden sind, lässt sich nur durch eine invasive Unter-suchung klären“, sagte Bündnis-Sprecher Jörg Schellenberg im Ge-spräch mit unserer Zeitung. Der Reaktor müsste aufgeschnitten und Material entnommen werden, was technisch aber nicht möglich sei. Insofern plädieren Schellen-berg und seine Mitstreiter für eine dauerhafte Abschaltung der Reak-toren, weil man den ungünstigsten Fall annehmen müsse.

Auch die Materialwissenschaft-lerin Ilse Tweer kam in einer Unter-suchung, die sie für die Grünen im EU-Parlament angefertigt hat, zu dem Ergebnis, dass ein weiterer Be-trieb der Reaktoren unverantwort-lich sei, da der Ursprung der Fehler im Material noch immer nicht ge-klärt sei. Die einzige Möglichkeit, dies zu prüfen, würde die Zerstö-rung der Behälter erfordern. Das Hauptproblem: Es gibt laut Tweer keine repräsentativen Materialpro-ben. Electrabel habe die von der FANC geforderten Materialtests mit Proben vorgenommen, die mit dem verarbeiteten Stahl nicht ver-gleichbar seien. Deshalb seien die Ergebnisse, die zur Wiederauf-

nahme des Betriebs geführt hät-ten, nicht repräsentativ.

Was könnte im schlimmsten Fall in Doel und Tihange passieren?

Der Reaktordruckbehälter be-herbergt die hochradioaktiven Brennstäbe. Während des Betriebs ist der Behälter hohen Temperatu-ren und Drücken sowie dem durch die Kernspaltung hervorgerufenen Neutronenbeschuss ausgesetzt. Die Atomkraftgegner befürchten, dass die Stabilität der Behälter in Doel und Tihange durch die Risse nicht mehr gewährleistet ist. Die Folge könnte ein Leckschlagen oder Bersten des Druckbehälters sein, was wiederum zur Kern-schmelze und letztlich zur Freiset-zung von radioaktiver Strahlung führen kann.

Was wären die Folgen eines Reaktor-unfalls?

140 Kilometer Luftlinie beträgt die Entfernung von Aachen bis nach Doel, das kurz hinter Antwer-pen liegt. Und bis nach Tihange sind es aus Aachen nur 65 Kilome-ter. „Das ist ungefähr die Entfer-nung zwischen der Stadt Fuku-shima und dem dortigen AKW“, sagt Jörg Schellenberg. Zum Ver-gleich: Der nächste deutsche Mei-ler im Emsland liegt etwa 200 Kilo-meter entfernt. Insgesamt liegen sogar fünf ausländische AKW nä-her an Aachen als das AKW Ems-land (siehe Grafik rechts).

Ende Oktober 2016 stellte die Städteregion Aachen eine Studie des Instituts für Sicherheits- und Risikoforschung der Universität Wien zu den möglichen Folgen eines Reaktorunfalls vor. Die Ex-perten untersuchten, wie sich eine

Experten und Atomkraftgegner zweifeln an der Sicherheit der Kraftwerke Tihange und Doel. Das eine ist nur 65, das andere 140 Kilometer von Aachen entfernt. Tausende Risse und Störfälle.

Ist Belgiens Atomkraft gefährlich?

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

Tihange // FRAGEN UND ANTWORTEN

Fotos: dpa(8), Karte: www.mapz.com

Page 5: Protest! Eine Region macht mobil gegen Kernenergie › zva › werbebeilagen › ...2016/11/19  · Protest! Eine Region macht mobil gegen Kernenergie Foto: dpa DOSSIER November 2016

November 2016 Seite 5

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

DoelBelgien (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 141 km

Betreiber: Electrabel

Leistung: 454 MW, 454 MW, 1056MW, 1090 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1974, 1975, 1982, 1985Geplante Laufzeit bis: 2025(Block 1 und 2), (statt 2015, von der

ChoozFrankreich (zwei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 118 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1560 MW

Baubeginn: 1984, 1985

Am Netz seit: 1996, 1997

Geplante Laufzeit bis: 2037, 2039

EmslandDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 207 km

Betreiber: KKW Lippe-Ems (87,5 Pro-zent RWE, 12,5 Prozent Eon)

Leistung: 1406 MW

Baubeginn: 1982

Am Netz seit: 1988

Geplante Laufzeit bis: 2022

TihangeBelgien (drei Blöcke)

Entfernung von Aachen: 65 km

Betreiber: Electrabel (100-prozentigeTochter von GDF Suez)

Leistung: 1009 MW, 1055 MW,1094 MW

Baubeginn: 1969 (Block 1)

Am Netz seit: 1975, 1982, 1985

Geplante Laufzeit bis: 2025 (statt2015, von der belgischen Regierungim Juli 2012 beschlossen), 2023,2025

CattenomFrankreich (vier Blöcke)

Entfernung von Aachen: 153 km

Betreiber: Électricité de France (EDF,zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 1362 MW

Baubeginn: 1979 (Block 1)

Am Netz seit: 1986, 1987, 1990, 1991

Geplante Laufzeit bis: 2027, 2028,2031, 2032(Betreiber EDF will Laufzeitverlängerung)

GravelinesFrankreich (sechs Blöcke)

Entfernung von Aachen: 278 km

Betreiber: Électricité de France (EDF, zu rund 85 Prozent staatlich)

Leistung: je 951 MW

Baubeginn: 1975 (Blöcke 1-3)

Am Netz seit: 1980 (Blöcke 1 und 2), 1981 (Blöcke 3 und 4), 1985 (Blöcke 5 und 6)

Geplante Laufzeit bis: 2020 (Blöcke 1 und 2), 2021 (Blöcke 3 und 4), 2025 (Blöcke 5 und 6)

GrohndeDeutschland (Niedersachsen)

Entfernung von Aachen: 263 km

Betreiber: Gemeinschaftskernkraft-werk Grohnde GmbH (83,3 Prozent Eon, 16,7 Prozent Stadtwerke

Leistung: 1430 MW

Baubeginn: 1976

Am Netz seit: 1984

Geplante Laufzeit bis: 2021

BorsseleNiederlande

Entfernung von Aachen: 179 km

Betreiber: Elektriciteits-Productie-maatschappij Zuid-Nederland (70Prozent Delta, 30 Prozent RWE)

Leistung: 515 MW

Baubeginn: 1969

Am Netz seit: 1973

Geplante Laufzeit bis: 2033(die ursprüngliche Laufzeit wurde2013 um 20 Jahre verlängert)

belgischen Regierung im Dezember 2015 beschlossen), 2022, 2025

2012 2014

Tihange 2 Doel 3 Tihange 2 Doel 3

Oberer Mantel 1 931 857 3 064 1 440

Unterer Mantel 80 7 205 85 11 607

Gesamt 2 011 8 062 3 149 13 047

Zahl der Risse in den Reaktordruckbehältern2012 2014

Tihange 2 Doel 3 Tihange 2 Doel 3

Oberer Mantel 1 931 857 3 064 1 440

Unterer Mantel 80 7 205 85 11 607

Gesamt 2 011 8 062 3 149 13 047

Zahl der Risse in den Reaktordruckbehältern

Tihange // FRAGEN UND ANTWORTEN

Atomkraftwerke in der Nähe von Aachen

Belgische Atomkraftwerke:Die Zahl der Risse in den Reaktordruckbehältern

radioaktive Wolke nach der Hava-rie eines Tihange-Reaktors verhält. Die Untersuchungen zeigen, dass die Region Aachen mit 30-prozen-tiger Wahrscheinlichkeit von er-höhter Strahlung betroffen wäre. Mindestens dreimal höher als der zugelassene Grenzwert wäre in die-sem Fall die radioaktive Dosis, die langfristig vom kontaminierten Boden eines gesamten Landstri-ches ausgeht. Selbst in Düsseldorf

und Köln ergebe sich je nach Wet-terlage noch die zehnprozentige Wahrscheinlichkeit, von ähnlich hoher Strahlung betroffen zu sein.

Welche anderen Probleme gibt es in Tihange und Doel?

Die beiden belgischen AKW mit ihren drei (Tihange) und vier (Doel) Reaktoren gelten als Pan-nenkraftwerke. Im Juli 2012 wurde bekannt, dass in Tihange aus

einem Abklingbecken täglich zwei Liter radioaktiv belastetes Wasser austreten. Im November 2014 gab es an einem Transformator außer-halb des nuklearen Bereichs von Tihange 3 eine Explosion mit an-schließendem Feuer, was zu einer Abschaltung des Blocks führte. Im Dezember 2015 wurde Block 1 nach einem Brand im nicht-nu-klearen Bereich abgeschaltet. Da-rüber hinaus gibt es Probleme mit

Betonkorrosion an der Schutzhülle insbesondere von Tihange 2.

Im Rahmen der EU-weiten Stresstests, die nach der Atom-Ka-tastrophe von Fukushima be-schlossen worden waren, wurde vor allem in Tihange ein fehlender Hochwasser- und Erdbebenschutz bemängelt. Bei beiden Atomkraft-werken sei außerdem bei Flugzeug-abstürzen die Sicherheit nicht ge-währleistet.

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Seite 6 November 2016

VON DETLEF DREWES

Brüssel. Es war ein sonniger Au-gust-Tag mit blauem Himmel. Doch Catherine Fonck, Staatsse-kretärin für Energie in der belgi-schen Regierung, musste an die-sem Tag vor zwei Jahren vom Win-ter sprechen. Und ihre Botschaft klang gar nicht gut: „Die Situation ist angespannt und wird nach und nach komplizierter, wenn die Tem-peraturen fallen“, sagte sie. Aber die Regierung werde alles tun, um Versorgungsengpässe bei Strom und Wärme zu vermeiden.

Wenige Tage zuvor war der Reak-tor Doel 4 abgeschaltet worden. Doel 3 stand bereits still. Tihange 2 lieferte ebenfalls keine Energie mehr. In den Schubladen der zu-ständigen Behörden lagen damals Pläne, einzelne Ortschaften in der kalten Jahreszeit stundenweise vom Netz zu nehmen, um Schu-len, Krankenhäuser und Pflege-Einrichtungen dauerhaft versor-gen zu können. Ein zeitweiser Blackout war nicht mehr undenk-bar. Kein Wunder: Ohne die drei Reaktoren lieferten die beiden bel-gischen Atomanlagen nur noch 25 statt 51,6 Prozent des Stroms, den das Land braucht.

Mehr Zeit für marode Meiler

Diese Zahlen sind nicht neu, ebenso wenig wie die Zuspitzung. Schon 1999, als die Regierung Ver-hofstadt I die Laufzeit der belgi-schen Meiler auf 40 Jahre fest-schrieb und den Abschied von der Atomkraft bis 2025 andachte, wusste man, dass die Energie ir-gendwo anders herkommen müsse. 2003 wurde der Plan auf Druck der Grünen dennoch ver-

einbart, zwei Jahre später aber wie-der gekippt. Alternative Energie-quellen schienen zu teuer und der Kauf von Elektrizität bei den Nach-barn galt zwar als denkbar, aber unmöglich. Der Grund: Es gab (und gibt) keine Leitungen, die vom deutschen Nach-barn in das Benelux-Land verlaufen.

Daran hat sich wenig bis gar nichts geändert. Wann auch immer eine der belgischen Parteien – meistens in Folge einer Panne in einem der ins-gesamt sieben Reaktoren – eine Entscheidung her-beiführen wollte, kam die nicht zustande. Zu-letzt war das 2015 so, als die Regierungsmehrheit im Parlament für eine Laufzeit-Ver-längerung der Doel-Reaktoren stimmte, obwohl Energieministe-rin Marie-Christine Marghem einen Plan B in der Tasche gehabt haben soll. Sie wollte offenbar 700 Megawatt Strom aus den Nieder-landen zukaufen. Technisch wäre das kein Problem gewesen, poli-tisch offenbar schon. Die Energie-Alternative blieb in der Schublade, stattdessen gab es mehr Zeit für marode Meiler.

Die wundersamen politischen Vorgänge gelten Kritikern in Bel-gien als Beleg dafür, dass im Hin-tergrund mächtige Kräfte am Werk sind, darunter wohl auch der landesweite Energie-Riese Electrabel, Betreiber von Doel und Tihange. Der Verdacht,

dass auch die belgische Atomauf-sichtsbehörde FANC sich dem öko-nomischen wie politischen Druck beugt, wird seit langem diskutiert. „Die Atomaufseher bringen uns in Gefahr“, orakelte die Zeitung „Le Soir“ im April dieses Jahres. Da

hatten unabhängige Wirtschafts-prüfer die Behörde untersucht und waren zu dem Schluss gekommen, dass sich auch die FANC-Beschäf-tigten selbst inzwischen fragen, ob „die Führung der Behörde nicht von außen unter Druck gesetzt werde, um bei bestimm-ten Fragen Kompro-misse zu machen“. Mit anderen Wor-ten: Man redete offenbar be-

stehende Risi-ken klein. Die FANC dementierte die Unterstel-lung selbst-

verständlich

postwendend und pflichtgemäß. Dabei macht diese Unterstellung durchaus Sinn: Schließlich wur-den alte Kernkraftwerke längst ab-geschrieben. Wenn sie weiter lau-fen, gelten sie als regelrechte Geld-druck-Maschinen.

Neue Leitungen aus Deutschland

Tatsächlich tritt die innerbelgische Diskussion seit Jahren auf der Stelle. Forderungen nach einem Ausstieg aus der Kernkraft sowie dem Abschalten der anfälligen Atommeiler werden mit Hinweis auf einen möglichen Blackout vom Tisch gewischt. Alternative Energien wachsen zu langsam (derzeitiger Anteil rund acht Pro-zent), um eine eventuelle Lücke zu schließen, und der Zukauf von Strom scheint nur als Zukunftsper-spektive zu taugen.

Immerhin bemüht sich inzwi-schen auch die EU-Kommission, wenigstens diesen Punkt zu ent-kräften – mit deutlicher Hilfe der Bundesregierung. Vermutlich 2019, spätestens aber 2020, sollen

neue Leitungen stehen, sodass Belgien auch mit deutscher Energie beliefert werden könnte. Denn der Nachbar hat Strom im Überfluss, was wiederum ein besonders pi-kanter Beleg für den Unsinn

der in Belgien häufig vertrete-nen These ist, die lautet: Rege-

nerative Energieträger seien keine sichere Alternative zur

Kernkraft. Sind sie offenbar doch, denn immerhin hat Deutschland

trotz Atomausstiegs so viel Energie, dass sie auch

für den Benelux-Nachbarn reichen würde.

Tihange // DEBATTE

„Die Situation ist angespannt und wird nach und nach komplizierter, wenn die Temperaturen fallen.“CATHERINE FONCK, BELGISCHE STAATSSEKRETÄRIN FÜR ENERGIE, WARNTE BEREITS VOR ZWEI JAHREN VOR EINEM BLACKOUT IM WINTER

Seite 6 November 2016Tihange // DEBATTE

Die belgische Regierung schürt Ängste vor einem Blackout, anstatt in erneuerbare Energien einzusteigen

Warum steigt Belgien nicht aus der Atomkraft aus?

Catherine Fonck, Staatsse-kretärin für Energie in der belgischen Regierung. Foto: imago/Belga

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November 2016 Seite 7

VON CHRISTIAN REIN

Brüssel/Aachen. Ausschalten – ein-schalten – ausschalten – wieder einschalten – wieder ausschalten. Für Außenstehende war das Hin und Her der vergangenen Jahre um die beiden belgischen Atomreakto-ren Tihange 2 und Doel 3, in deren Druckbehältern Tausende Risse entdeckt worden sind, ziemlich unübersichtlich. Dabei war und ist die Fragestellung vergleichsweise einfach: Können die bei-den Reaktoren trotz der Risse gefahrlos weiterbe-trieben werden oder nicht?

Bei der Beantwortung dieser Frage kommt der belgischen Atomauf-sichtsbehörde FANC (Fe-deraal Agentschap voor Nucleaire Controle) eine Schlüsselrolle zu, Behör-denchef Jan Bens wird entsprechend zur Schlüs-selfigur. Das klingt banal, denn worum sonst sollte sich eine Atom-aufsichtsbehörde kümmern, wenn nicht um die Sicherheit von Atom-kraftwerken?

Tatsächlich hat die Beantwor-tung der Frage die FANC in eine außergewöhnlich schwierige Lage gebracht. Die Aufgabe hat sie sogar in eine tiefe Identitätskrise ge-stürzt. Denn nicht nur der Betrei-ber Electrabel, sondern auch die Aufsichtsbehörde musste sich im Zuge der Untersuchungen in den vergangenen Jahren kritische Fra-gen gefallen lassen. Der Hauptvor-wurf: Die FANC sei nicht unabhän-gig.

Die Kritiker – allen voran das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie, aber auch Wissen-schaftler, die sich mit dem Thema befassen, und Vertreter aus der Politik – machen ein gutes Stück

der fehlenden Unabhängigkeit an der Person Jan Bens fest.

Bens leitet die FANC seit Beginn des Jahres 2013. Pikant: Der heute 63-Jährige, der in Oostende gebo-ren wurde, hat fast sein gesamtes Berufsleben, von 1978 bis 2007, bei Electrabel verbracht. Zuletzt war er ab 2004 Leiter der Anlage in Doel. 2008 wurde er Vizedirektor der World Association of Nuclear Operators (WANO), der Dachorga-nisation der Betreiber von Nu-

klearanlagen. Kann so jemand ein neutrales Urteil fällen? Bens sagte wenige Wochen nach seinem Amtsantritt im Gespräch mit unse-rer Zeitung: „Ich arbeite jetzt nicht mehr für Electrabel, und ich habe seit fünf Jahren keinen Fuß mehr in ein Kernkraftwerk gesetzt. Aber ich weiß, was dort passiert, und ich kann es beurteilen.“

Eigentlich war Bens zu diesem Zeitpunkt schon von der Schlüssel- zur Reizfigur geworden.

Tatsächlich sind auch mehr als vier Jahre, nachdem die Reaktoren erstmals wegen der Risse abge-schaltet wurden, viele Details in Bezug auf die Mängel ungeklärt. Wann und wie sind die Risse ent-standen? Wie verhalten sie sich, wenn der Reaktor in Betrieb ist? Wie beeinflussen sie die Wider-standsfähigkeit des Druckbehäl-ters – besonders in einem Ernst-

fall? Können die Tests die Sicher-heit der Reaktoren garantieren? Darüber streiten sich nun seit Jah-ren die Experten.

Das Problem: Betreiber Electra-bel behauptet, die Risse seien schon bei der Herstellung entstan-den und deshalb ungefährlich. Die Untersuchungen, die das beweisen sollen, werden aber von ernstzu-nehmenden Wissenschaftlern in Zweifel gezogen. Umgekehrt kön-nen die Kritiker nicht wissen-schaftlich nachweisen, dass die Risse im Betrieb entstanden und deshalb höchst gefährlich sind. Sie argumentieren aber, dass ein Be-trieb der Kraftwerke unverantwort-lich ist, so lange diese Frage nicht zweifelsfrei geklärt ist.

Bens hat sich schon recht früh festgelegt. Definitiv seien die Risse während der Herstellung der Druckbehälter entstanden, sagte er im März 2013. Das belegten die Materialtests und eine Ultraschall-untersuchung. Lage, Größe und Struktur ließen gar keinen anderen Schluss zu. Eine Verteidigungsrede für Electrabel? Am Ende durften die Reaktoren wieder ans Netz.

Korruption und eine Untersuchung

Im Juni 2015 gab Bens in einem Interview mit der Tageszeitung „Le Soir“ zu, in Korruption verwickelt gewesen zu sein. Das hatte zwar nichts mit Tihange und Doel oder der FANC zu tun, aber es stürzte die Atomaufsichtsbehörde natürlich trotzdem noch tiefer in die Krise. Die Korruption datiert zurück in das Jahr 1995, als Bens für Electra-bel in Kasachstan tätig war. In „Le Soir“ ließ er sich mit der Aussage zi-tieren, man habe ihm Schmiergeld in Umschlägen angeboten, und „ich habe anderen welche angebo-ten. In Kasachstan, da lief alles über Bargeld“, sagte Bens.

Der Grünen-Bundestagsabge-ordnete Oliver Krischer (Düren) re-agierte entsetzt: „Es ist ein weiteres Puzzleteil im Sittengemälde der Atomwirtschaft. Rund um Doel und Tihange wird seit Jahren gelo-gen mit dem Ziel, die Schrottreak-toren in Betrieb zu halten“, sagte er unserer Zeitung.

In der Folge des Geständnisses untersuchten Unternehmensprü-fer der Firma Whyte Corporate Affairs sieben Monate lang die FANC im Auftrag des Verwaltungs-rats. In ihrem Bericht stellten sie der Behörde im Sommer dieses Jahres ein schlechtes Zeugnis aus: mangelnde Führungsqualitäten der Direktion, interne Kommuni-kationsprobleme, fehlende Unab-hängigkeit. Das Personal glaube, dass Kompromisse zugunsten der politischen und wirtschaftlichen Wünsche gewollt seien. So ent-stehe eine Abhängigkeit.

Die belgische Energieversorgung

Belgien hat bereits im Jahr 2003 einen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen, nach und nach soll-ten die Meiler von 2015 bis 2025 abgeschaltet werden, jeweils am Ende einer 40-jährigen Laufzeit. Allerdings werden mehr als 50 Pro-zent des Strombedarfs in Belgien von Atomkraft gedeckt, 90 Prozent der eigenen Energieproduktion des Landes beruhen darauf. Und um Alternativen hat sich Belgien bislang nicht gekümmert. Die Laufzeit von Tihange 1 wurde bis 2025 verlängert.

In einem Interview mit unserer Zeitung sagte Bens im Februar die-ses Jahres: „Ich verstehe, dass Men-schen (in Deutschland, Anm. d. Red.) Zweifel haben. In Belgien ist die Atomkraft aber politisch ge-wollt.“ Wer wollte, konnte das auch als Eingeständnis lesen.

Jan Bens ist als Leiter der belgischen Atomaufsichtsbehörde einer der wichtigsten Köpfe, wenn es um die Erlaubnis für den Betrieb der Meiler in Tihange und Doel geht. Aber ist er auch unabhängig?

Schlüsselfigur,Reizfigur

„Ich arbeite jetzt nicht mehr für Electrabel. Aber ich weiß, was in einem Kernkraftwerk passiert, und ich kann es beurteilen.“JAN BENS, LEITER DER BELGISCHENATOMAUFSICHTSBEHÖRDE FANC

Foto

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Tihange // PORTRÄT

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Seite 8 November 2016

Eine Region sagt: „Stop Tihange!“Bilder und Stimmen zum Protest gegen die belgischen Kernkraftwerke

Tihange2013

Aachen2016

Mehrfach gab es Demonstra-tionen am Kraftwerk, etwa am Jahrestag der Fuku shima-Katastrophe im März 2013.

Schirme, Plakate, Aufkleber: „Stop Tihange!“ gehört in Aachen längst zum Stadtbild und doku-mentiert die Haltung von weiten Teilen der Bevölkerung zu den belgischen Atomkraftwerken.

„Ich rechne nach einem schweren Unfall in Tihange mit rund 1000 zusätzlichen Krebs-toten jährlich in der Region Aachen.“

„Wir haben erhebliche Zweifel an der Electrabel-These, dass während des laufenden Betriebs kein Wasserstoff in den Meilern produziert wird.“

▶ ALFRED BÖCKING,Professor für Pathologie, Aachener IPPNW-Gruppe

▶ DIETER MAJER,ehemaliger Leiter der deutschen Atomauf-sicht

Fotos: dpa, Andreas Herrmanns, Heike Lachmann, Harald Krömer, Andreas Schmitter, Imago Stock

November 2016 Seiten 8/9Tihange // PROTEST

„Der Druck wächst und damit auch die Hoffnung, dass sich politisch so viel bewegt und wir gemeinsam am Ende Tihange 2 doch stoppen können.“MARCEL PHILIPP (CDU),AACHENER OBERBÜRGERMEISTER

„Tihange ist in Berlin längst angekommen – niemand dort kann behaupten, von den Gefahren der belgischen Schrottreaktoren noch nichts gehört zu haben.“OLIVER KRISCHER (GRÜNE),BUNDESTAGSABGEORDNETER

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November 2016 Seite 9

Eine Region sagt: „Stop Tihange!“

Aachen

2016 | Europaplatz

2015 | Elisenbrunnen

So etwas macht sonst nur Greenpeace: Zusammen mit dem Unternehmen Grid X projizierten Aachener Aktivisten über die Maas hinweg den Schriftzug „Stop Tihange & Doel“ auf einen Kühl-turm des Kraftwerks.

Maastricht2013

Tihange2016

Es war der erste große grenzüber-schreitende Protest gegen Tihange: Im Januar 2013 demonstrierten mehr als 1000 Menschen in Maas-tricht. Über 10 000 Unterschriften gegen das AKW wurden übergeben.

„Natürlich bin ich nicht neutral. Als Bewohner der Region fühle ich mich nicht sicher mit Tihange.“ MARTIN SCHULZ (SPD),EU-PARLAMENTSPRÄSIDENT AUS WÜRSELEN

„Bei der Atomsicherheit darf es keine Rabatte geben. Nirgendwo! Solche Atomkraftwerke müssen abgeschaltet werden!“JOHANNES REMMEL (GRÜNE),NRW-UMWELTMINISTER

„Ein weiterer Betrieb der Reaktoren ist unverantwortlich, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass herstellungsbedingte Fehler im Material während des Betriebs wachsen oder neue Fehlstellen entstehen.“

▶ ILSE TWEER,Materialforscherin

November 2016 Seiten 8/9Tihange // PROTEST

„Der Druck wächst und damit auch die Hoffnung, dass sich politisch so viel bewegt und wir gemeinsam am Ende Tihange 2 doch stoppen können.“MARCEL PHILIPP (CDU),AACHENER OBERBÜRGERMEISTER

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Seite 10 November 2016Tihange // PORTRÄT

Das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie ist der Motor des Widerstands gegen die belgischen Atommeiler. Sprecher Jörg Schellenberg zeichnet sich durch Sachlichkeit aus. Und er ist beharrlich.

Eine neue Ebene des Protests

VON CHRISTIAN REIN

Aachen. Die jüngste Aktion war der größte Protest gegen die maroden belgischen Kernkraftwerke, der je-mals in der Region stattgefunden hat – und zwar zwar diesseits wie jenseits der Grenzen. 21 100 Men-schen hat das Aachener Aktions-bündnis gegen Atomenergie zu-sammen mit Fußball-Regionalli-gist Alemannia Aachen am vergan-genen Samstag in den Tivoli ge-bracht – satte 15 000 mehr, als in diesen Zeiten normalerweise zu einem Heimspiel gehen.

Man kann also davon ausgehen, dass diese 15 000 Menschen nicht in erster Linie wegen des Ligaspiels gegen die Zweitvertretung des 1. FC Köln gekommen sind, son-dern vielmehr, um ganz ähnlich wie bei einer Demonstration mit ihrer Anwesenheit ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Das Motto des Spiels: „Stop Tihange!“ Man stelle sich das nur mal vor: eine Demonstration mit 15 000 Teilnehmern in der Aachener In-nenstadt!

Das Aachener Aktionsbündnis ist der Motor für den Protest gegen die belgischen Atomkraftwerke in Tihange und Doel. Und Jörg Schel-lenberg ist als Sprecher das Gesicht des Bündnisses und damit irgend-wie auch der Kopf des Protestes. Seit mehr als fünf Jahren erläutert er bei jeder Gelegenheit mit viel Ruhe und Sachlichkeit, aber auch sehr beharrlich, warum Tihange 2 und Doel 3, in deren Druckbehäl-tern Tausende Risse gefunden wor-den sind, dauerhaft abgeschaltet werden müssten. Und die restli-chen insgesamt fünf Reaktorblö-cke an den beiden Standorten am besten gleich mit.

Erfolgreich, aber nicht am Ziel

Schellenberg und seine Mitstreiter haben nicht nur Demonstrationen in Aachen, Tihange und Maas-tricht (mit-)organisiert. Sie haben Hunderttausende Unterschriften gesammelt. Sie haben Tausende Plakate und Flyer in der Region verteilt. Sie haben Informations-runden veranstaltet und sich an öffentlichen Debatten beteiligt. Sie haben Behörden wie die belgi-sche Atomaufsicht FANC, die Lan-des- und die Bundesregierung mit Fragen gepiesackt und zu Stel-lungnahmen gezwungen. Sie haben wissenschaftliche Konferenzen ausgerichtet und Studien (mit) in Auf-trag gegeben. Sie haben andere Organisationen und Gruppen für ihre Akti-vitäten gewonnen. Sie ha-ben die Kommunen in unse-rer Region dazu ge-bracht, sich mit Problemen zu befassen wie etwa dem Schutz der Be-völkerung im Falle eines GAUs. Und sie waren an spektakulä-ren Aktio-

nen beteiligt, wie erst vor wenigen Wochen an der Projektion des „Stop Tihange“-Schriftzuges auf einen der Kühltürme des Kraft-werks.

Es wäre also nicht falsch zu sa-gen, dass erst das Aachener

Aktionsbündnis die Ge-fahr durch die maro-

den belgischen Mei-ler und die drin-

gende Notwen-digkeit, etwas dagegen zu

unternehmen, in das Bewusst-

sein der

Menschen gebracht hat. „Stop Ti-hange“ ist als Slogan in unserer Re-gion allgegenwärtig, in Aachen ge-hört er quasi zum Stadtbild.

„Wir sind mit unserem Protest inzwischen auf einem sehr hohen Niveau angelangt“, sagt Schellen-berg. „Die Frage ist: Wie können wir ihn noch mal steigern, damit er nicht mehr ignoriert werden kann?“ Denn Schellenberg und seine Mitstreiter haben ein Pro-blem: Ihr Protest ist zwar erfolg-reich, aber sein Ziel erreicht er nicht. Trotz aller Demonstratio-nen, Argumente und Petitionen hält Belgien an seinen Atomkraft-werken fest.

Schellenberg engagiert sich seit der Katastrophe von Fukushima im Frühjahr 2011 aktiv in der Aachener Anti-Atomkraft-Bewe-gung. Beruflich ist der 45-Jährige

Informatiker. Ein wesentlicher Grund für seine Haltung zu Kernenergie sei auch seine Familie gewesen: „Mit Kind

ist der Blick auf die Zukunft immer anders. Ich stelle mir als Vater schon die Frage, welche Welt ich hinterlassen will.“

Frustrieren lassen will sich Schellenberg von der geringen Handlungsbereitschaft auf belgi-scher Seite trotzdem nicht. Er hat das Vertrauen, dass der Druck, den er und seine Mitstreiter entfachen, eher größer als kleiner wird. Und dass er irgendwann so groß wird, dass die Verantwortlichen in Bel-gien und vielleicht auch an ande-ren Stellen handeln müssen.

In einer bequemen Position

Im Übrigen hat Schellenberg das Selbstbewusstsein festzustellen, dass politische Akteure – welcher Couleur auch immer – nicht unbe-dingt mit großer Konstanz an einem Thema bleiben. Aber er und seine Mitstreiter haben gezeigt, was man erreichen kann, wenn man genau das tut.

„Letztlich“, sagt Schellenberg aber auch, „sind wir mit unseren Aktivitäten in einer vergleichs-weise bequemen Position. Wir müssen nichts Grundsätzliches mehr erkämpfen. Wir können den Boden beschreiten, der uns von Generationen von Aktivisten be-reitet worden ist.“ Schellenberg denkt etwa an die Auseinanderset-zungen um die Wiederaufberei-tungsanlage in Wackersdorf in den 1980er Jahren. „Wir müssen den Demonstranten von damals dank-bar sein“, sagt er.

Das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie plant im Som-mer 2017 eine Menschenkette von Aachen über Maastricht und Lüt-tich bis nach Tihange. Ziel ist be-sonders, die Aktion als internatio-nalen euregionalen Protest zu orga-nisieren. Einzelne Abschnitte der Menschenkette sollen von Partnern aus allen drei Ländern gestaltet werden. So sollen etwa Fußballver-eine, Behörden, Schulen etc. die Pa-tenschaft für einen Abschnitt der Menschenkette übernehmen und diesen mit ihren Partnern aus allen drei Ländern füllen.

Menschenketteim Sommer 2017

Demonstration im Stadion: Tau-sende Zuschauer hielten vor dem Regionalliga-Spiel zwischen Alemannia Aachen und dem 1. FC Köln II am vergangenen Samstag

Plakate mit dem Slogan „Stop Tihange!“ in die Höhe. Das Motto prangte auch auf den Tri-kots beider Teams.

Fotos: Dagmar Meyer-Roeger

Kämpft sachlich, aber auch hartnä-ckig gegen die belgischen Kernkraft-werke: der Aktivist Jörg Schellen-berg. Foto: Harald Krömer

Informatiker. Ein wesentlicher Grund für seine Haltung zu Kernenergie sei auch seine Familie gewesen: „Mit Kind

Plakate mit dem Slogan „Stop Tihange!“ in die Höhe. Das Motto prangte auch auf den Trikots beider Teams.

Meyer-Roeger

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November 2016 Seite 11

Mit ihrem juristischen Kampf gegen den Betrieb von Tihange 2 finden Helmut Etschenberg und

die Städteregion auch interna-tional große Beachtung.

VON MICHAEL GROBUSCH

Aachen. Die Szene, die sich am Abend des 28. Januar 2016 im Haus der Städteregion abspielte, war bezeichnend: Als Helmut Et-schenberg die Pressekonferenz zur bevorstehenden Klage gegen den Betrieb des Atomkraftwerkes Ti-hange offiziell beendet hatte, war jemand anderes ein gefragter Mann: Marcel Philipp. Medienver-treter aus dem In- und Ausland wollten vom Aachener Oberbür-germeister wissen, wie er die Chan-cen für einen juristischen Erfolg einschätze. Und später wurde in vielen Zeitungen und Fernseh-nachrichten an prominenter Stelle, aber gleichwohl falsch be-richtet, dass Aachen den Klageweg einschlagen werde. Dabei waren doch die Städteregion und an ihrer Spitze der Städte-regionsrat die Initiato-ren gewesen.

Heute würde es einen solchen Irrtum wohl nicht mehr geben. Die-ser Kommunalverband aus zehn Städten und Gemeinden, der vielen seiner Bürger auch lange Zeit nach seiner Grün-dung im Oktober 2009 noch sehr fremd und den meisten Menschen darüber hinaus gänzlich unbekannt war, hat sich einen Namen gemacht. Im juristischen Kampf gegen den Weiter- bzw. Wiederbetrieb des belgi-schen Pannenmeilers, der nur 65 Kilometer von Aachen entfernt liegt, steht die Städteregion in allererster Reihe. Und das ist eng mit einer Person verbunden: Helmut Et-schenberg.

Sinneswandel

Dabei war der 69-jährige Christdemokrat längst nicht immer ein Gegner der Atomkraft. Während Um-weltorganisationen und Anti-Atom-Bewegung schon seit Jahren die Zu-stände nicht nur, aber vor allem in den belgi-

schen Kernkraftwerken von Ti-hange und Doel anprangerten, war die Welt für Etschenberg noch in Ordnung. „Ich habe lange Zeit in dem Glauben gelebt, dass die Atomkraft saubere Ener-gie liefert, die die Umwelt nicht belastet und sicher ist.“ Ein Sinneswandel habe erst nach Fukus-hima eingesetzt: „Da ist mir langsam klar gewor-den, dass die Atomkraft keinesfalls sicher ist und sich der Mensch mit ihr einer Gefahr aussetzt, die ihn vernichten kann.“

Helmut Etschenberg erzählt das in aller Offenheit. Und es ist wohl genau diese Offenheit, gepaart mit der Akribie eines erfolgreichen Verwaltungsbeamten, die seine

Geschichte vom Kampf gegen Ti-hange so spannend macht. Et-schenberg gilt als ehrgeizig und zielstrebig. „Irgendwann hatte ich den Punkt erreicht, an dem ich ge-

sagt habe: Diese Angelegenheit packst du persönlich an.“ Auf seine Initiative hin beschloss der Städteregionstag vor knapp einem

Jahr einstimmig, dass die Städtere-gion alle rechtlichen Möglichkei-ten prüfen solle, um eine Stillle-gung des Reaktors 2 und besten-falls des gesamten Atomkraftwer-kes in Tihange zu erreichen. Zum ersten Mal in Europa verklagt nun eine Kommune einen Nachbar-staat – unterstützt von mittlerweile 80 Städten und Gemeinden. Und von vielen Menschen in der Re-gion, wie zuletzt die Protestaktion auf dem Aachener Tivoli am ver-gangenen Samstag gezeigt hat. Für den Städteregionsrat steht fest: „Die Menschen haben Angst!“

Genau das treibt Helmut Et-schenberg an. Eine Klage beim bel-gischen Staatsrat gegen die Zulas-sung der Wiederinbetriebnahme von Tihange 2 ist im Februar einge-

reicht worden. Eine ge-meinsame Klage der Städte-region, der Stadt Maas-tricht und der luxemburgi-schen Gemeinde Wiltz vor einem ordentlichen Ge-richt in Brüssel mit dem Ziel der Stilllegung des Re-aktors soll Anfang Dezem-ber folgen. Klagen werden zudem die Vorsitzenden der im Städteregionstag vertretenen Fraktionen. „Um im Namen der Be-völkerung ein deutliches Zeichen zu setzen“, wie sie unterstreichen.

Politischer Druck

Parallel dazu versucht Et-schenberg, den Druck auf politischer Ebene zu erhöhen. In diesem Sinne wertet er die vom Parlament der Deutsch-sprachigen Gemein-schaft Belgiens vergan-gene Woche verab-schiedete Resolution, in der die unverzügliche Schließung von Ti-hange 2 und Doel 3 ge-fordert wird, als einen wichtigen Schritt. Der Städteregionsrat ist weiterhin zuversicht-lich: „Unsere Erfolgs-aussichten sind nicht schlechter, sondern besser geworden. Denn durch die von uns in Auftrag gege-bene Klimastudie, die wir Ende Oktober vor-gestellt haben, ist der objektive Nachweis von der dramati-schen Betroffenheit unserer Region greif-bar geworden.“

Tihange // PORTRÄT

Städteregionsrat Helmut Etschenberg steht wie kein anderer Politiker für den Widerstand gegen das Atomkraftwerk Tihange. Ein Einzelkämpfer ist er aber nicht, er hat Unterstützung von 80 Kommunen.

„Die Menschen haben Angst“

„Ich habe lange Zeit in dem Glauben gelebt, dass die Atomkraft saubere Energie liefert und sicher ist.“HELMUT ETSCHENBERG

gegen den Weiter- bzw. Wiederbetrieb des belgi-schen Pannenmeilers, der nur 65 Kilometer von Aachen entfernt liegt, steht die Städteregion in allererster Reihe. Und das ist eng mit einer Person verbunden: Helmut Et-schenberg.

Sinneswandel

Dabei war der 69-jährige Christdemokrat längst nicht immer ein Gegner der Atomkraft. Während Um-weltorganisationen und Anti-Atom-Bewegung schon seit Jahren die Zu-stände nicht nur, aber vor allem in den belgi-

Mit ihrem juristischen Kampf gegen den Betrieb von Tihange 2 finden Helmut Etschenberg und

die Städteregion auch international große Beachtung.

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Seite 12 November 2016

Wegweiser für einen roman-tischen Spaziergang: Ohne Kernkraftwerk könnte Ti-hange sogar ein Urlaubsziel sein. Fotos: Nina Leßenich

VON NINA LESSENICH

Tihange/Huy. Noch 6,5 Kilometer. Strahlender Sonnenschein bricht sich im Nebel über grünen Wiesen und zwischen herbstbunten Bäu-men, Tau tropft von Grashalmen und Zaunlatten am Wegesrand. Aus dem Auto kann man sie nun zum ersten Mal sehen, die drei gi-gantischen Kühltürme des Atom-kraftwerks Tihange. Aus zwei der riesigen Röhren kriecht an diesem Tag der weiße Wasserdampf träge empor. Die Avenue de l’Industrie, eine vielbefahrene Straße, verläuft direkt vor dem Gelände des Atom-kraftwerks. So nah, dass die Kühl-türme gefühlt nur eine Armlänge entfernt am Autofenster vorbeihu-schen. Die einzige Barriere: Sta-cheldrahtzäune, zwei Reihen.

Die Straßen in dem kleinen Dorf sind an diesem Vormittag men-schenleer. Wären nicht alle Park-plätze belegt, man könnte meinen, Tihange sei verlassen. In einer Parkbucht vor einem Blutspende-service steht ein schwarzer Audi A3, der Schlüssel steckt, der Motor läuft. Besitzer: Fehlanzeige. Auch nach 15 Minuten hat sich noch niemand in das Auto gesetzt.

Ein Bio-Supermarkt am AKW

Trotz der Leere wirkt Tihange je-doch nicht wie ein Ort, an dem man nicht gerne lebt. Neben uri-gen alten Backsteinhäusern stehen einige gradlinige Designer-Neu-bauten, hier und da ist ein Pool im Garten, in den Vorgärten blühen die letzten Blumen des Jahres. Würden die Kühltürme nicht ihre Schatten auf die Dächer der Häuser werfen: Tihange könnte auch ein idyllischer Urlaubsort sein. Viel-leicht ist das die erste Erkenntnis eines Besuchs in Tihange – dass das Leben hier ganz normal verläuft. Und vielleicht sogar ein wenig ru-higer als anderswo.

Ein einzelner Mitarbeiter des Kraftwerks streift an diesem Vor-mittag in seiner Arbeitskluft über die Avenue de l’Industrie vom Kraftwerksgelände zurück zu sei-nem Auto. Die deutschen Journa-listen gingen den meisten seiner Kollegen in „la centrale“ – „die Zentrale“, so nennen die Belgier

das Kraftwerk – inzwischen ziem-lich auf die Nerven, erklärt der groß gewachsene Mann. Betonung auf „assez“ für „ziemlich“. Eine Frage stellen darf ich trotzdem: Ob er sich bei seiner Arbeit unsicher fühlt? „Ich bin doch nicht dumm“, sagt er und schüttelt den Kopf, als wäre das reine Interesse an dieser Information für ihn schon unver-ständlich. „Hätte ich Angst, dass es hier nicht sicher ist, würde ich hier nicht arbeiten.“

Szenenwechsel. Besuch in der Rue Arbre Sainte-Barbre, einer klei-nen Nebenstraße zur Avenue de l’Industrie. Gegenüber dem Kraft-werk steht ein kleiner Bio-Super-markt. Heller Boden, Holzregale, freundliches Personal mit pinkfar-benen Schürzen – der Laden ist einladend. Perrine ist 34 Jahre alt und Besitzerin des Supermarkts. An diesem Vormittag ist sie nicht vor Ort, aber wir sprechen später miteinander. Ich will wissen, ob sie es nicht paradox findet, einen Bio-

Supermarkt ausgerechnet im Schatten eines Atomreaktors zu er-öffnen. Perrine lacht kurz, nach-vollziehen kann sie die Frage. Aber: „Wir sind hier seit vier Jahren. Und die Wahl dieses Lokals ist wohl auch so etwas wie ein Zeichen da-für, dass man das Alte mit dem Neuen verbinden kann“, sagt sie. „Leider sind wir daran gewöhnt, dass die Zentrale unsere tägliche Dekoration vor dem Fenster ist.“ Ob sie Angst hat? „Ich glaube, wir denken hier in Tihange nie darü-ber nach“, sagt sie. „Aber jetzt, wo ich es tue: Doch. Ich habe Angst.“

Mit dem Auto drei Kilometer weiter in das Zentrum von Huy. Die Bezirkshauptstadt wirkt deut-lich lebendiger als Tihange. Die Straßen sind voller Autos, die Cafés und Läden sind gut besucht, über allem wachen die riesige Zitadelle und die „Collégiale Notre-Dame“, eine gotische Kirche aus dem 14. Jahrhundert. Auch in Huy gilt: Wer erwartet, auf der Straße auf Be-

klemmung und Sorge zu stoßen, der wird kaum fündig. „Wenn es nicht sicher wäre, würden sie den Reaktor abschalten“, erklärt mir eine junge Frau an der Bushalte-stelle und nickt beschwichtigend. Eine junge Mutter mit Kinderwa-gen ergänzt später: „Für uns ist es normal, im Schatten des Kraft-werks zu wohnen. Die Mitarbeiter dort wissen schon, was sie tun. Ich habe Vertrauen.“

Wo ist die Wahrheit?

Elisabeth Delrée sieht das anders. Auf ihrem Weg nach Huy fährt sie schon seit 30 Jahren jeden Tag am Kernkraftwerk vorbei. Die 54-Jäh-rige ist Deutschlehrerin am Insti-tut Sainte-Marie in Huy, fünf Kilo-meter Luftlinie vom Meiler ent-fernt. „Die Frage nach der Sicher-heit stelle ich mir oft“, sagt Delrée. Sie sei schon immer gegen Atom-kraft gewesen, auch wenn in Huy nicht oft darüber debattiert werde. „Die Natur der Menschen ist es, dass Fahrlässigkeiten und Laxheit unumgänglich sind“, sagt sie. In der Konsequenz könne sie die Sorge der deutschen Nachbarn nur zu gut verstehen. Die belgische Politik versuche zwar, die Situation als ungefährlich darzustellen. „Mais où est la réalité?“, fragt Del-rée. Wo ist die Wahrheit? Wer könne das schon beantworten? Im Alltag ihrer Schüler spiele die De-batte um die Sicherheit des Reak-tors übrigens kaum eine Rolle, be-richtet Delrée.

Auf der Grand Place vor dem Rathaus spreche ich einen älteren Herren mit Gehstock an. Ob er sich sicher fühlt? „Wissen Sie, ich lebe schon so lange hier, und auch das Kraftwerk gibt es inzwi-schen schon so lange. Und wie viel ist schon passiert?“ Er klopft mir auf die Schulter. „Nichts.“ Und solange nichts passiert, gibt es hier wohl auch keinen Grund zur Sorge. Der Schatten des Reak-tors, der gehört hier zum Alltag.

Tihange // REPORTAGE

In Tihange und Huy leben Hunderte Menschen in direkter Nachbarschaft zum Atommeiler einen normalen Alltag. Angst vor einem GAU gibt es kaum.

Das Leben imSchatten des Kernkraftwerks

Tihange // REPORTAGE

Das Leben im

„Hätte ich Angst, dass es hier nicht sicher ist, würde ich hier nicht arbeiten.“EIN MITARBEITER DES KERNKRAFTWERKS IN TIHANGE

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November 2016 Seite 13

VON DETLEF DREWES

Brüssel. Doel, Tihange, Fessen­heim, Cattenom, Beznau, Temelin – es scheint kaum glaubhaft, dass die EU auch 60 Jahren nach ihrer Gründung und etlichen Krisen um sichere Kernenergie noch eine Atomgemeinschaft ist. Mehr noch: Euratom, wie einer der ers­ten Verträge der Gründerstaaten des gemeinsamen Europas hieß, galt der Kernenergie. Doch wäh­rend der Vertrag über Kohle und Stahl längst ausgelaufen ist, exis­tiert das Atompapier noch immer und gehört längst zum festen Be­standteil der Union – trotz 30 Jahre Tschernobyl und fünf Jahre Fuku­shima. Auch Deutschland gehört dem Abkommen ohne Rücksicht auf den längst beschlossenen Aus­stieg aus der strahlenden Kraft­quelle immer noch an. Mehr noch: Alle Bemühungen von grüner und sozialdemokratischer Seite, den Vertrag endlich zu kündigen, ver­liefen im Sande. Und das hat seine guten Gründe, heißt es nicht zu­letzt im Kanzleramt.

„Atoms for Peace“ (Atomkraft für den Frieden) hieß der Slogan, mit dem der damalige Präsident Dwight Eisenhower in den 1950er Jahren ein Abkommen wollte, um die tödliche Kraft der Atombombe künftig nur noch friedlich zu nut­zen. Letztlich ging es um das glei­che Motiv wie bei Kohle und Stahl: Die Gründerstaaten wollten die gegenseitige Kontrolle über einen extrem wichtigen Rohstoff zum Bau tödlicher Waffen. Gleichzeitig sollte die Kernenergie gefördert werden, versprach man sich davon doch einen beispiellosen Wirt­schaftsaufschwung und Strom fast zum Nulltarif.

Bis 2009 gab es in dem Euratom­Vertrag nicht einmal eine Aus­stiegsklausel – mit einer der Gründe, warum frühere Bundesre­gierungen erst gar keinen Versuch unternahmen, die Übereinkunft zu verlassen. Das Vertragswerk von Lissabon, das heute gilt, räumt eine Kündigung ein – wie beim Brexit: spätestens nach zwei Jah­ren. Im Bundeswirtschaftsministe­rium heißt es zwar, dass „der Leit­gedanke des Euratom­Vertrages für die Energiepolitik Deutschlands insoweit überholt“ sei, als der Atomausstieg beschlossene Sache

sei. Aber dennoch pocht man auf die vielen Vorteile. Denn inzwi­schen steht nicht mehr die Finan­zierung neuer Meiler im Vorder­grund, sondern deren Sicherung. Einheitliche Regelungen für den Schutz der Anlagen, den Strahlen­schutz und die nukleare Entsor­gung, an die alle Mitgliedstaaten der EU gebunden sind, seien „un­verzichtbar“, heißt es.

Keine unabhängige Kontrolle

Dass da etwas dran ist, wird gerade aus solchen Ländern betont, die ihre Energie aus alternativen Quel­len beziehen wie Österreich – und in zunehmendem Maße auch Deutschland. Bei den Gesprächen von Bundesumweltministerin Bar­bara Hendricks mit der belgischen Regierung Anfang dieses Jahres konnte die SPD­Politikerin deshalb nicht zuletzt auf die Verpflichtun­gen des Benelux­Landes durch den Euratom­Vertrag pochen. Die Kri­tiker sehen dies bestenfalls als Theorie an und verweisen darauf,

dass der deutsche EU­Kommissar Günther Oettinger (CDU), der bis 2014 für das Energieressort zustän­dig war, auch nach dem Unfall im japanischen Fukushima nur wenig ausrichten konnte: Zwar gab es einen Stresstest aller europäischen Meiler – doch der verlief enttäu­schend, weil es praktisch keine un­abhängige Kontrolle der Reaktoren gab. Man trug nur die Testergeb­nisse der landeseigenen Kontrol­leure zusammen. Der nächste Pro­belauf steht für 2020 an – wer weiß, was mit den Pannen­Meilern in Europa bis dahin passiert? Grenz­überschreitende Konzepte zu Si­cherheit oder bei Katastrophenfäl­len gibt es nicht.

Als die EU­Kommission im Frühjahr 2016 eine Energie­Kon­zeption für die Zukunft vorlegte, gab es viel Kopfschütteln, weil die Behörde nahezu ungeschmälert an der Förderung der Kernenergie festhalten wollte. Der Plan stieß auf viel Widerspruch, mehr noch: Das Vorhaben, den Bau neuer Mei­ler aus den diversen Töpfen der EU

zu subventionieren, gerät immer mehr unter Beschuss.

Doch ein ganz anderes Ereignis könnte jedem Versuch einer Re­naissance den Garaus machen: der Brexit. Ausgerechnet Großbritan­nien plant nämlich den Bau eines neuen Kraftwerkes, muss aber nach dem Ausstieg aus der EU ohne Zuschüsse aus Brüssel aus­kommen. Inzwischen wird auf der Insel laut darüber nachgedacht, entweder auf alternative Energien umzusteigen oder aber schlicht auf dem europäischen Markt Energie einzukaufen. Denn die gibt es im Überfluss. Was fehlt, sind geeig­nete Leitungen.

Der Euratom­Vertrag wirkt in dieser Konstellation wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Dass er dennoch unangetastet überlebt hat, liegt wohl nur an der Hoffnung, dass man das Doku­ment auch anders nutzen könnte: als willkommenes Instrument zur Sicherung der noch vorhandenen Atommeiler. Zumindest daran will offenbar niemand rütteln.

Auch nach 60 Jahren ist die EU noch eine Atomgemeinschaft, obwohl die energiepolitischen Zeichen der Zeit doch längst in eine andere Richtung weisen. Warum will niemand den Euratom-Vertrag verlassen?

Kein strahlendes Projekt mehrTihange // DEBATTE

„Der Leitgedanke des Euratom-Vertrages für die Energiepolitik Deutschlands ist insoweit überholt ...“BUNDESWIRTSCHAFTS-MINISTERIUM

Euratom – Europäische Atomgemeinschaft

MITGLIEDSSTAATEN

„Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen.“ARTIKEL 1 DES EURATOM-VERTRAGES

ZIELSETZUNG

EUROPÄISCHE KOMMISSION ▶ Kommissar für Energie, Generaldirektion Energie

EUROPÄISCHES PARLAMENT ▶ Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie

RAT DER EU ▶ Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie

ZUSTÄNDIGE EU-INSTITUTIONEN

RAHMENPROGRAMME – Ausgaben 2007 bis 2011

Fusionsenergieforschung: Für den Bau von Prototypreaktoren für sichere, umweltverträgliche und wirtschaftliche Kraftwerke.

2 159Mio. Euro

539Mio. Euro

Kernspaltung und Strahlenschutz: Zur sicheren Nutzung der Kernspal-tung und der Einsatzmöglichkeiten in Industrie und Medizin.

Maßnahmen der Gemeinsamen Forschungsstelle im Nuklearbereich

394Mio. Euro

1 2

Grafik: ZVA/H.-G. Claßen

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Seite 14 November 2016

So funktioniert die Jodblockade

Bei einem Reaktorunfall gelangt radioaktives Jod 131 in die Atemluft. Durch die Gabe von Jodtabletten kann man den Körper davor schützen. Nuklearmediziner setzen den Stoff allerdings auch in der Therapie ein.

Schutzschild für die Schilddrüse VON SABINE ROTHER

Aachen. „Jod 131 ist nicht nur schädlich, in der Therapie von Schilddrüsenerkrankungen, gut- wie bösartigen, wird es zielgerich-tet eingesetzt“, betont Professor Dr. Felix M. Mottaghy, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin in der Uniklinik der RWTH Aachen. Der Umgang mit Radioaktivität ist ihm vertraut – gleichfalls die Angst, die Menschen ganz besonders ange-sichts ihrer Lebenssituation in der Nähe der grenznahen belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel haben. Die Anlage ist von Aachen nur 65 Kilometer Luftlinie ent-fernt. Käme es zum Atomunfall, würde es nach Expertenschätzun-gen bei Westwind nur drei Stunden dauern, bis eine radioaktive Wolke die Aachener Region er-reicht. Der belgische Re-aktorblock Doel 3 liegt 150 Kilometer von Aachen entfernt.

Was hat es mit den Ka-liumjodid-Tabletten auf sich, die im Ernstfall eingenommen werden sollen? Schützen sie wirklich? Wen? Wie lange? Und was hat es mit der häufig benannten „Jodblo-ckade“ auf sich?

Etwa 200 Mikrogramm Jod be-nötigt der Mensch pro Tag, damit die Schilddrüse die Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) aufbauen kann. Wachstum, Gehirnentwicklung, Knochenbil-dung und Energiestoffwechsel sind davon abhängig. „Die Jodta-bletten, die zur Jodblockade einge-setzt werden, enthalten 65 Milli-gramm“, erklärt Mottaghy. „Das sind 65 000 Mikrogramm, man hat also deutlich mehr, als man nor-malerweise benötigt.“

Die hohe Dosis führe dazu, dass die Schilddrüse für einige Wochen „komplett gesättigt“ ist. „In die-sem Zustand wird kein weiteres Jod in der Schilddrüse aufgenommen, also auch nicht das bei einem Re-aktorunfall austretende radioak-tive Jod 131.“

Woher weiß man das? „Aus dem medizinischen Alltag“, betont der Experte. „Jodhaltiges Kontrastmit-tel wird zum Beispiel bei der Com-putertomographie eingesetzt.“ Sechs Wochen nach solch einer Untersuchung ist die Schilddrüse noch immer „blockiert“, nimmt also kein Jod auf. „Und dabei wer-den bei dieser Untersuchung nur wenige Milligramm Jod einge-setzt“, sagt Mottaghy.

Warum bereitet ausgerechnet das radioaktive Jod bei einem Atomunfall so große Sorgen? „Es wird in einer Art Gasform verbrei-tet, andere Stoffe eher als Partikel, die sehr schnell wieder ausfallen“,

sagt der Experte. Die Schilddrüse ist das einzige Organ im menschli-chen Körper, das Jod verstoffwech-selt. Bei Kindern ist sie besonders aktiv und empfindlich. „Sie ist strahlungssensibler, denn sie wächst noch“, erklärt der Nuklear-mediziner.

Er gibt zudem zu bedenken: Ein Schaden durch Strahlung entwi-ckelt sich unter Umständen inner-halb von 20, 30 Jahren. Die Schädi-gung im Kindesalter zeigt sich dann beim jungen Erwachsenen. Hier weist Mottaghy auf den Reak-torunfall im ukrainischen Tscher-nobyl hin. Damals stieg die Zahl der Schilddrüsenerkrankungen in Weißrussland, das in Windrich-tung der atomaren Wolke lag, um 58 Prozent. Im Umkreis von Tschernobyl waren bei Kindern die Auswirkungen bereits nach fünf bis zehn Jahren zu sehen.

Nie ohne Rücksprache einnehmen

Jodtabletten als Schutzmaßnahme – aber können sie Menschen schä-digen, wenn sie aus Angst falsch, zu früh oder zu hoch dosiert einge-nommen werden? Der Nuklearme-diziner sagt: „Eine unkontrolliert

Einnahme kann tatsäch-lich sehr schädlich sein, das darf niemand ohne Rücksprache mit seinem Arzt tun.“ Wer bereits unter einer Schilddrü-senüberfunktion leidet oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung hat, ver-schärft durch Kaliumjo-did-Tabletten das Pro-

blem. Mögliche Folgen: eine Art Vergiftung durch Jod („thyreotoxische Krise“) bis hin zu Schlaganfall und Herzinfarkt.

Eine Schilddrüsenblockade könnte in solch einem Fall mehr Schaden als Nutzen bedeuten. Das ist auch der Grund dafür, warum Menschen im Alter ab 45 Jahren von der Einnahme abgeraten wird. Ein weiterer Aspekt: Die Schild-drüse wächst in diesem Alter nicht mehr so schnell. Ein Schaden, der nach Expertenmeinung 20 bis 40 Jahre später auftreten kann, wird möglicherweise gar nicht mehr er-lebt. „Es ist eine Risikoabwägung“, sagt Mottaghy.

Gleichfalls Schwangere und Kleinkinder werden nach Angaben des Bundesumweltministeriums im Falle einer Gefährdung mit Jod versorgt. „Daran sollte man sich absolut halten“, sagt Mottaghy. Das Ungeborene wird durch den Blutaustausch im Mutterleib mit Hormonen und Jod versorgt. „Eine Unterfunktion beim Kind würde der Organismus der Mut-ter ausgleichen.“ Die Schilddrü-senfunktion wird übrigens sofort nach der Geburt beim Kind unter-sucht, denn eine Unterfunktion schädigt nachweislich die Ent-wicklung des Gehirns. Jod ist un-

bestritten wichtig – radioaktiv an-gereichertes Jod 131 sogar unver-zichtbar als Therapeutikum in der Nuklearmedizin. „Aber es muss zielgerichtet eingesetzt werden”, betont Mottaghy.

Die Dosen, denen man durch einen Reaktorunfall ausgesetzt wäre, sind im Vergleich viel gerin-ger, als die Menge Jod 131 während einer Behandlung. Die Erklärung: „Eine geringe Strahlendosis zer-stört die Zelle nicht, sie regt sie zur Mutation an, und so kann Krebs entstehen“, sagt der Mediziner. „Wir nehmen hohe Dosen, die die Krebszelle zerstören.“ Er weist in diesem Zusammenhang auf die in-zwischen anerkannte „Low Dose-

Therapie“ hin, etwa in speziell zur Gesund-

heitspflege einge-richteten ehemali-gen Uranstollen. Mottaghy: „Strah-lung ist eben nicht nur böse, es gibt

verschiedene As-pekte.“

„Eine unkontrollierte Einnahme kann tatsächlich sehr schädlich sein.“PROF. FELIX M. MOTTAGHY, DIREKTOR DER KLINIK FÜR NUKLEARMEDIZIN, UNIKLINIK AACHEN

Handelsübliche Kaliumjodid-Ta-bletten: Eine Tablette enthält 65 Milligramm Jod. Foto: dpa

Professor Dr. Felix M. Mottaghy, Direktor der Klinik für Nu-klearmedizin an der Uniklinik Aachen. Foto: Ralf Roeger

Tihange // WISSEN

Im Betrieb eines Kernkraftwerkes entsteht bei der Kernspaltung neben anderen radioaktiven und nichtradioaktiven Stoffen auch radioaktives Jod. Bei einem Unfall kann es zur Freisetzung von radioaktivem Jod kommen. Radioaktives Jod hat grundsätzlich die gleichen Eigenschaften wie natürliches Jod. Es wird daher wie natürliches Jod vom Körper aufgenommen und in der Schilddrüse eingelagert.

Unsere Schilddrüse benötigt Jod, um lebenswichtige Schild-drüsenhormone zu produzieren. Das benötigte Jod gibt es in der Natur. Unsere Schilddrüse nimmt über die Atemluft, über Nahrung und Getränke ständig Jod auf. Dieses natürliche Jod ist nicht radioaktiv.

Werden jedoch rechtzeitig Tabletten mit einer hohen Konzentration nicht-radio-aktiven Jods eingenommen, wird die Schilddrüse mit diesem „gesunden“ Jod gesättigt und kann kein radioaktives Jod mehr aufnehmen. Wichtig ist, dass Jodtabletten zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden, damit sie optimal wirken.

Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Page 15: Protest! Eine Region macht mobil gegen Kernenergie › zva › werbebeilagen › ...2016/11/19  · Protest! Eine Region macht mobil gegen Kernenergie Foto: dpa DOSSIER November 2016

November 2016 Seite 15

S prechen wir also über Kata­strophenschutz. Oder die Ka­tastrophen beim Katastro­

phenschutz. Und über Selbst­schutz beim Katastrophenschutz. Als Basis nehmen wir den un­wahrscheinlichen Fall an, dass sich in 65 Kilometern Luftlinie von uns entfernt ein Atomkraft­werk atomisiert und sich infolge­dessen der Gesundheit abträgli­che Atome auf den Weg zu uns machen. Nennen wir diesen Mei­ler mal Tihange. Und nehmen wir an, die Katastrophenschützer jen­seits der Staatsgrenze haben das pronto den Katastrophenschüt­zern diesseits durchgekabelt. In etwa so: „Passt auf Leute, da kommt was auf Euch zu.“ Ist zu­mindest so vorgesehen. Vertrauen wir mal darauf, dass zumindest das pannenfrei fluppt.

Eigenprophylaxe

Dann mal los, sagt man sich bei den hiesigen Katastrophenschüt­zern. Flott wird der Krisenstab zu­sammengetrommelt. Schritt für Schritt wird die seit Jahren akri­bisch für diesen Fall über maximal sechs Hierarchieebenen hinweg ausgetüftelte Maschinerie der Gegenmaßnahmen angeworfen. Und das sind einige. Wenn auch wenige. Klar ist darüber schon jahrelang diskutiert worden, was man denn so alles machen könnte. Da haben Arbeitsgruppen getagt, sind Workshops veranstal­tet worden, und es hat Bürger­informationen gegeben. Danach war niemand wirklich schlauer.

Aber das ist eben auch verdammt kompliziert und über maximal sechs Hierarchieebenen hinweg auch nicht so einfach zu entschei­den. Dass das blöde AKW nun in die Luft geflogen ist, be­vor es Klarheit gibt, dafür kann ja nun keiner et­was.

Sei’s drum. Völlig rechtzeitig für eine rechtzeitige Reaktion werden wir, die Bevölke­rung, nun also gewarnt. Vermutlich zuerst via App. Wie? Die haben Sie noch nicht in­stalliert? Selbst schuld. Übers Ra­dio kommt es aber auch. Und viel­leicht – sofern sich nicht die meis­ten Katastrophenschützer als gut informierter Kreis selber umge­hend samt Kind und Kegel abset­zen – per Lautsprecherdurchsa­gen. Achtung, Achtung: Wir sol­len in unseren vier Wänden blei­ben. Und jetzt bitte keine in unse­rer Gegend produzierten Lebens­mittel kaufen. Logisch. Wenn ich nicht vors Loch gehe, kann ich auch nichts kaufen. Überhaupt: Wo bekäme ich nichtregional pro­duzierte Lebensmittel? Schließ­lich wird doch wohl kaum ein Nichtregionalproduziertelebens­mittel­Lieferant so bekloppt sein und persönlich und freiwillig dem GAU entgegenfahren.

Atomunfallprophylaxeerfah­rene Bürger haben sowieso längst selbst vorgesorgt und Vorräte für Monate gebunkert. Apropos: Wer pfiffig genug war, hat seinen Re­genwassertank im Garten ausge­buddelt, sich im einschlägigen Fachhandel einen Minibagger ge­liehen, das Loch ein bisschen ver­größert und dicke Betonwände eingezogen. Fertig ist der private Katastrophenschutz. Mit dem öf­fentlichen ist das ja so eine Sache. Über die weiß der Henker wo ge­

bunkerten Jodtabletten, die so­wieso nur gegen eine Art von vie­len radioaktiven Teilchen schüt­zen, breiten wir den Mantel des

Schweigens. Kann eh keiner mehr hören. Einen Evaku­

ierungsplan gibt es nicht, weil der für so weit ent­fernte Gebiete wie unseres schlicht nicht empfohlen wird.

Vamos a la playa

Aber auch hier kann man selber tätig werden – und zwar ver­blüffend einfach. Man muss sich nur einmal die Karte anschauen, die jüngst wissenschaftlicherseits veröffentlich wurde und auf der man sieht, wohin sich der ganze radioaktive Mist nach dem GAU bewegt (siehe oben). Aus Wes­ten kommt der Wind. Entspre­chend ist die Karte ostwärts des „Unfalls“ mehr oder weni­ger rot gefärbt. Je röter, desto grö­ßer ist die Gefahr, eine ordentliche Dosis Strah­lung abzube­kommen.

Wer aber genau hin­schaut, der wird feststellen: In Domburg, Zoute­lande, Westka­pelle, ja überhaupt in den ohnehin be­liebtesten Rückzugs­gebieten des linksrhei­nischen Urlaubers, da ist

alles grün, wenn in Tihange Alarmstufe Rot gefunkt wird. Strahlenrisiko in Oostkapelle? Fast null!

Ja, gut. Da steht ein paar Kilo­meter entfernt auch ein Atom­kraftwerk. Zugegeben: Da gab es vor 20 Jahren auch mal einen ernsten Störfall. Okay, das Teil sollte dann auch bis 2004 dichtge­macht werden. Aber die Nieder­länder entschlossen sich, ihre ein­zige nukleare Stromquelle aus Umweltschutzgründen (!) noch satte 30 Jahre länger anzuzapfen. 30 Jahre! Wenn das kein Beleg für die Sicherheit ist! Die Niederlän­der wären nie so verantwortungs­los wie die Belgier.

Also: Vamos a la playa. Sangen schon vor 33 Jahren die Jungs von Righeira nicht etwa – wie oft ange­

nommen – in Bezug auf Sommer, Sonne, Urlaubs­freuden, sondern auf eine Atomexplosion. Lasst uns zum Strand ge­hen, wenn Tihange ver­glüht – in Vrouwenpol­der, Cadzand, Renesse. Denn da strahlt nur

die Sonne.So einfach kann Kata­

strophen­schutz

sein!

Im Falle des Super-GAUs: Katastrophenschutz leicht gemacht!

In Domburg strahlt nur die Sonne

Tihange // MEINUNG

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*Störfallprognose basiert auf 3000 repräsentativenWettersituationen · Quelle: Studie des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften (ISR), BOKU,Wien, April 2016 · Grafik: ZVA

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Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung des Grenzwertes für radioaktive Strahlung ummindestens das Dreifache*

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*Störfallprognose basiert auf 3000 repräsentativenWettersituationen · Quelle: Studie des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften (ISR), BOKU,Wien, April 2016 · Grafik: ZVA

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Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung des Grenzwertes für radioaktive Strahlung ummindestens das Dreifache*

Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung des Grenzwertes für radioaktive Strahlung um das Dreifache*

GLOSSE

Stephan Mohne▶▶ s.mohne@zeitungs-

verlag-aachen.de

Eine mögliche „Störfall-App“ warnt: per Push-Nachricht immer auf dem Laufenden.

>80%

*Störfallprognose basiert auf 3000 repräsentativenWettersituationen · Quelle: Studie des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften (ISR), BOKU,Wien, April 2016 · Grafik: ZVA*Störfallprognose basiert auf 3000 repräsentativenWettersituationen · Quelle: Studie des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften (ISR), BOKU,Wien, April 2016 ·

ca. 200 Kilometerca. 200 KilometerTihangeTihange

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Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung des Grenzwertes für radioaktive Strahlung ummindestens das Dreifache*

Grafik: ZVA/H.-G. Claßen

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Seite 16 November 2016

Alle Fragen zu Tihange bei unserem Forum

Tihange // FORUM

▶ ILSE TWEER,Materialforscherin

Wann: Mittwoch, 30. November, 19 UhrWo: Ludwig Forum für Internationale Kunst

Sie würden gerne teilnehmen?So erreichen Sie uns:� 02 41 / 51 01 - 346 (Mo. bis Fr., 9 bis 17 Uhr)

� 02 41 / 51 01 - 360 � [email protected]

Warum gibt es keine einheitlichen Sicherheitsstandards für Kern-kraftwerke in der EU? Warum schauen viele Belgier gelassen auf die Pannenmeiler von Tihange und Doel? Was sagen jüngste For-schungsergebnisse zu den Rissen in den Reaktordruckbehältern von Tihange 2 und Doel3? Diese und andere Fragen werden wir hochran-gigen Gästen bei einer Veranstaltung im Aachener Ludwig Forum stellen.

Bereits zugesagt haben Martin Schulz (EU-Parlamentspräsident), Jo-hannes Remmel (NRW-Umweltminister), Marcel Philipp (Oberbür-germeister der Stadt Aachen) und Ilse Tweer (Materialforscherin).Erwartet werden zudem Vertreter der belgischen Atomaufsichtsbe-hörde FANC und vom Energieunternehmen Electrabel, das die Mei-ler in Tihange und Doel betreibt.

▶ Sie können dabei sein und mitdiskutieren!

Passstraße

Ludwig Forum für Internationale KunstJülicher Str. 97-109, 52070 Aachen

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Tihange — Gefahr für unsund unsere Heimat

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