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Professionelle Ladungssicherung Kurzinformation für Verantwortliche Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Mittelstraße 51, 10117 Berlin Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Berufs- genossenschaft oder Unfallkasse und unter: www.risiko-raus.de Wir danken der BG Verkehr für die fachliche Unterstützung sowie der Firma Dolezych, Herrn W. Schlobohm und der BG BAU für die bereitgestellten Fotos.

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Professionelle Ladungssicherung

Kurzinformation für Verantwortliche

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)Mittelstraße 51, 10117 Berlin

Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Berufs-genossenschaft oder Unfallkasse und unter:

www.risiko-raus.de

Wir danken der BG Verkehr für die fachliche Unterstützung sowie der Firma Dolezych, Herrn W. Schlobohm und der BG BAU für die bereit gestellten Fotos.

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InhaltEditorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind jährlich mehr als 2.300 Un - fälle von Lastkraftwagen und Kleintransportern auf schlechte oder fehlende Ladungs sicherung zurückzuführen. In den meisten Fällen kommt es dabei zu erheblichen Personen- und Sachschäden. Mit der Präventionskampagne „Risiko raus!“ wollen wir Sie in Ihrer Verantwortung unterstützen und zu mehr Sicherheit auf unseren Straßen beitragen.

In der vorliegenden Broschüre haben wir kompakt und übersichtlich eine Vielzahl von Tipps zur optimalen Ladungssicherung zusammengestellt – vom Beladen über den Transport bis hin zum Entladen. Denn eine ordnungsgemäß gesicherte Ladung erhöht nicht nur die Sicherheit im Straßenverkehr, sondern auch die Arbeitssicherheit. Das heißt: Neben anderen Verkehrsteilnehmern profitieren auch die Fahrzeug insassen sowie das Be- und Entladepersonal. Gehen Sie also gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auf Nummer sicher! Ladungs-sicherung ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Verantwortlich für ausreichende Sicherungsmaßnahmen ist nicht nur der Fahrzeugführer, sondern auch der Fahr zeug halter und Absender bzw. der Verlader.

Nehmen Sie diese Broschüre mit an Ihren Arbeitsplatz. Egal ob im Büro, Lager oder Führerhaus – Sie haben dann die wertvollen Tipps in der täglichen Praxis sofort zur Hand.

Wir wünschen gute Fahrt mit gesicherter Ladung.

Ihre Berufsgenossenschaften und Unfallkassen

04 DasFahrzeugSicher auf Achse

06 DerZurrgurtRuck, zuck gesichert

08 RutschhemmendesMaterial Reibung erwünscht

10 Checkliste Sicherheit Punkt für Punkt

12 Formschluss Lückenlos sicher

14 Direkt-undNiederzurren Bitte anschnallen!

16 Haftungsfragen Risiken und Nebenwirkungen

18 DerrechtlicheRahmen Durchblick im Paragrafendschungel

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Das FahrzeugSicher auf Achse

In der Praxis verlassen sich die Ver ant-wortlichen häufig darauf, dass Stirn- und Seitenwände des Aufbaus den auftretenden Kräften standhalten kön-nen. Diese Annahme ist aber nur dann zulässig, wenn die Kräfte, die der Auf-bau aufnehmen kann, bekannt sind. Mindestanforderungen an Aufbauten von Nutzfahrzeugen können der DIN EN 12642 entnommen werden. Nach

dieser Norm wird zum Beispiel die Stirnwand eines Lkw(XL)-Aufbaus mit 50 Prozent der Nutzlast geprüft. Bei älteren Aufbauten ist die Belastbarkeit dagegen oft geringer. Gleiches gilt für Planen: Sie dienen z. B. bei norm ge-rechten „L“-Aufbauten mit seitlicher Schiebeplane ausschließlich als Wit te-rungsschutz und dürfen nicht als Teil der Ladungssicherung betrachtet werden.

Transportfahrzeuge sind am Markt in verschiedensten Ausführungen er hältlich, dasselbe gilt für die Auf-bauten. Ob ein Fahrzeug für die je weilige Transportaufgabe über-haupt geeignet ist, darüber ent-scheidet vor allem die Ladung:

• Der Laderaum muss groß genug sein.• Die zulässige Gesamtmasse darf

nicht überschritten werden.• Die Achslasten müssen den Vor ga-

ben entsprechen.• Die Schwerpunktlage muss zulässig

sein. Der Schwerpunkt soll mög lichst tief und auf der Längsmittellinie des Fahrzeugs liegen. Bei Sammel la-dungen gehören die schweren Teile nach unten, die leichten nach oben.

• Der Lastverteilungsplan ist einzu - hal ten. Dieser Plan gehört zum Fahr zeug!

• Die Ausstattung des Fahrzeugs – Zurrpunkte, Trennwände sowie sons tige Einrichtungen – muss eine wirksame Ladungssicherung ermöglichen.

• Die Reibwerte von Ladefläche und Ladung müssen bekannt sein.

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Wirkungsvolle Ladungssiche-rung ergibt sich aus dem Zu-sam menspiel mehrerer Faktoren – und oft führen verschiedene Wege zum Ziel. Doch der erste Schritt ist immer derselbe: Ein fachgerechter und sicherer Transport beginnt mit der Aus-wahl des geeigneten Fahrzeugs.

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Checkliste für die Sichtkontrolle

Ein Zurrgurt darf nur dann verwendet werden, wenn

• die Kennzeichnung vorhanden und gut lesbar ist.

• Risse oder Schnitte im Gewebe maxi-mal 10 Prozent des Querschnitts aus-machen.

• Ratsche und Haken frei von Verfor -mungen, Anrissen und sonstigen Be-schädigungen sind.

• die tragenden Nähte intakt sind.• das Gewebe frei von Beschä digungen

und Verformungen durch Sonnenlicht, Wärme einwirkung oder aggressive Stoffe ist.

Der Zurrgurt ist neben dem Besen (vgl. S. 9) das wichtigs- te Hilfsmittel bei der Ladungs-sicherung. So gut wie jeder Transportprofi hat schon damit gearbeitet. Denn: Mit Zurrgur- ten lassen sich verschiedenste Ladungen in kürzester Zeit wir-kungsvoll sichern.

Der ZurrgurtRuck, zuck gesichert

Bei der Verwendung von Zurrgurten müssen einige Grundregeln beachtet werden. So muss die auf dem Etikett angegebene Belastbarkeit der Gurte ausreichen. Außerdem ist vor dem Ein-satz eine Kontrolle auf mögliche Be-schädigungen wichtig. Denn ein ange-rissener Zurrgurt sichert die Ladung nicht mehr ausreichend und gehört daher am besten in den Müll. Beim La- den dürfen Gurte nicht zum Anheben der Fracht benutzt werden – fürs He-ben gibt es spezielle Bänder, die eige-nen Normen unterliegen.

Beim Anbringen der Gurte erhöhen schon wenige einfache Handgriffe die Sicherheit beträchtlich:

• Kantenschutzmittel verbessern die Kraftübertragung beim Niederzurren und verringern die mechanische Be - lastung des Gurtmaterials.

• Gurte auf keinen Fall knoten!• Gurte nicht verdrehen.• Keine Lasten auf Gurten abstellen.• Auf der Ratsche sollen mindestens

zwei und höchstens drei Wicklungen Gurtband liegen.

• Ratsche nicht auf Biegung be lasten.• Die Ratsche ohne Verlängerung

oder sonstige Hilfsmittel spannen und anschließend arretieren.

• Zurrhaken am Hakengrund belas-ten, nicht auf der Spitze.

• Beim Niederzurren einen möglichst großen Zurrwinkel wählen, am bes-ten einen rechten Winkel (90 Grad).

• Unterwegs den Sitz der Gurte über-prüfen und bei Bedarf nachzurren. Die erste Kontrolle ist nach wenigen Kilometern Fahrt angebracht.

Verschmutzte Gurte lassen sich mit kaltem Wasser ohne Reinigungsmittel säubern, danach sollten sie an der Luft trocknen. Die beweglichen Teile der Ratsche sollten regelmäßig leicht geölt werden (Herstellerhinweise beachten).

Wichtig fürs Abladen:

Vor dem Öffnen der Ratsche muss geprüft werden, ob die Ladung noch sicher steht. Andernfalls besteht akute Unfallgefahr durch kippende oder her-abstürzende Gegenstände!

Für schwere Fälle

Besonders gewichtige Güter wie Bau-maschinen, Betonteile oder Holzstäm - me können oft besser mit Zurrketten als mit Gurten gesichert werden. Rundstahl-ketten müssen mindestens der Güte-klas se 8 nach DIN EN 818-2 entspre-chen. Auch bei Zurrketten muss der Anhänger mit den Angaben zur Zurrkraft etc. unbeschädigt und gut lesbar sein.

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Unverzichtbar bei der Ladungssicherung: Zurrgurte

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Sauber ist sicher

Eine hohe Reibung entsteht nur beim direkten Kontakt der Oberflächen. Sand, Staub oder gar Wasser wirken unter Umständen wie Schmiermittel und kön - nen die Wirkung von RHM erheblich be einträchtigen. Deshalb muss die La - defläche immer sauber und möglichst trocken gehalten werden. Eine ordentlich gesäuberte Ladefläche ist eine wichtige Investition in den sicheren Transport! Bei den Vorbereitungen zur Ladungssiche-rung ist daher ein Besen unverzichtbar.

Reibung kostet Kraft. Was uns im Alltag häufig stört, ist bei der Ladungssicherung Gold wert: Reibung trägt entscheidend da - zu bei, die Fracht an ihrem Platz zu halten. Mit rutschhemmen-dem Material (RHM) erreicht man eine größere Rei bung – und das bedeutet mehr Sicherheit.

Rutschhemmendes Material verein-facht und verbilligt die Ladungssiche-rung in vielen Fällen spürbar. Erhöht beispielsweise eine untergelegte Anti-rutsch matte die Reibung zwischen Ladung und Ladefläche, werden beim Niederzurren weniger Zurrmittel be-nötigt, um die Güter zu fixieren.

Folge: Das Sichern der Ladung geht schneller. Beim Direktzurren genügt

Rutschhemmendes MaterialReibung erwünscht

eine geringe re Kraft, um die Ladung zu - sätzlich gegen Verrutschen zu sichern. So werden Zurrmittel und Zurrpunkte entlastet.

Wer die Leistung von RHM voll ausnutzen will, muss einige Grund-regeln beachten:

• Das RHM muss so ausgebreitet werden, dass zwischen Ladung und Ladefläche bzw. zwischen den einzelnen Ladegütern kein direkter Reibkontakt entsteht.

• Das RHM muss größer sein als die Auflageflächen der Fracht. Es sollte mindestens zwei Zentimeter unter den Kanten des zu sichernden Ge-genstands hervorragen. Andernfalls kann eine leichte Kippbewegung die Ladung ins Rutschen bringen.

• RHM müssen zwischen allen Flä-chen liegen, die aufeinander gleiten können. Das gilt vor allem dann, wenn mehrere Ladungsteile über-einander gestapelt werden.

• Dicke Matten mit hoher Flächen-pressung für schwere Güter: Die an gegebene Flächenpressung muss für das Gewicht der Ladung ausreichen.

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Die folgende Liste enthält Fragen, die eine Anleitung für eine wirkungsvolle La-dungssicherung ergeben, wenn sie der Rei he nach abgearbeitet werden.

ChecklisteSicherheit Punkt für Punkt

1. Die Ladung

• Wie groß ist das Ladegut?• Wie schwer ist das Ladegut?• Ist der Schwerpunkt bekannt?• Muss die Fracht gegen Kippen ge-

sichert werden?• Kommt das Sichern durch Zurren

in Frage?• Sind an der Ladung geeignete Be-

festigungspunkte für Zurrmittel (Zurrpunkte) vorhanden?

2. Das Fahrzeug

• Ist der Laderaum groß genug?• Passt die zulässige Gesamtmasse

zur Ladung?• Liegt der Lastverteilungsplan vor?• Können die zulässigen Achslasten

mit der geplanten Ladung einge-halten werden?

• Sind Trennwände, Sperr-/Klemm-stangen o. Ä. in ausreichender Menge für eine mögliche form-schlüssige Sicherung vorhanden?

• Ist rutschhemmendes Material in ausreichender Menge vorhanden?

• Sind am Fahrzeug geeignete Zurr-punkte vorhanden?

• Ist die Ladefl äche besenrein und trocken?

• Ist die Belastbarkeit von Stirn-, Seiten- und Rückwand bekannt?

3. Ladungssicherung

• Ist der Reibwert zwischen den Reib-partnern bekannt?

• Wurde die nötige Sicherung vorab berechnet?

• Können Angaben zur Sicherung aus einer Betriebsanweisung entnom-men werden?

• Sind Tabellen, Rechenscheiben und sonstige Hilfsmittel griffbereit?

• Ist eine formschlüssige Sicherung möglich?

• Können ggf. weitere Sicherungs-maßnahmen ergriffen werden, etwa durch rutschhemmendes Material?

• Hat eine Sichtkontrolle der Zurrmit-tel stattgefunden? Sind die Zurrmit-tel in verwendbarem Zustand?

• Sind ausreichend Zurrmittel mit der für die Ladung erforderlichen Be-lastbarkeit vorhanden?

• Sind Kantenschutzmittel in ausrei-chender Zahl vorhanden?

• Reicht die Belastbarkeit der Zurr-pun kte aus?

• Sind die nötigen Vorspannkräfte für das Niederzurren bekannt?

• Reicht die Vorspannkraft der Zurr-mittel für das Niederzurren?

• Reicht die Zurrkraft der beim Direkt-zurren verwendeten Zurrmittel aus?

• Passen Größe, Dicke und Belast-barkeit des rutschhemmenden Materials zur Fracht?

4. Unterwegs

• Ladungssicherung regelmäßig kontrollieren.

• Vor dem Lösen der Sicherungen zum Abladen die Standsicherheit der Fracht prüfen.

• Nach teilweisem Abladen die rest-liche Fracht wirksam sichern.

• Fahrweise den Besonderheiten der Ladung, den Straßen- und Ver-kehrsverhältnissen anpassen.

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Kombination von Form- und Kraftschluss

Formschlüssige Sicherung ist die erste Wahl, wenn man verhindern will, dass Ladung wegrollt oder umfällt. Das Ver-stauen dicht an dicht fixiert auch Kartons, Bigbags und an - dere Güter, die sich nicht ohne Wei teres niederzurren las - sen. Formschluss wird relativ leicht und schnell erreicht, das macht diese Methode be sonders einfach.

Bei der formschlüssigen Sicherung stützen Ladungsteile sich am Aufbau oder sonstigen Einrichtungen und Hilfs-mitteln zur Ladungssicherung ab und hindern einander gegenseitig am Ver-rutschen. Erreichen lässt sich das durch die Platzierung an Stirn- und Seitenwänden sowie durch verschie-dene Hilfsmittel: Keile, Sperrbalken, Festlegehölzer, Zurrmittel usw. fixieren die Ladung auf der Ladefläche, Lü- cken können durch Paletten und spe-zielle Polster gefüllt werden.

Grundsätzlich gilt:

Wenn eine formschlüssige Sicherung nicht möglich ist oder nicht ausreicht, sind zusätzliche kraftschlüssige Maß-nahmen – etwa das Niederzurren – notwendig.

Ob die Wände des Aufbaus stark ge-nug sind, um eine Ladung zu sichern, muss der Verantwortliche in jedem Fall in den Herstellerangaben nachlesen. Beispielsweise kann bei einem Fahr-zeug mit Standardaufbau nach DIN EN 12642 (Code L) die Stirnwand das 0,4-Fache der zulässigen Nutzlast ver-kraften, höchstens aber 5000 daN. Die Rückwand sollte bis zu einer Obergren - ze von 3100 daN (3,1 Tonnen) das 0,25-Fache der Nutzlast aushalten.

FormschlussLückenlos sicher

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Fit für Vollbremsung und Kurven

Langsames Fahren ist kein Ersatz für professionelle Sicherung! Denn durch die Trägheit kann die Ladung beim Brem-sen und Beschleunigen sowie in Kurven schon bei niedrigem Tempo enorme Kräfte entfalten. Beispielsweise schiebt es die Ladung bei einer Vollbremsung mit dem 0,8-Fachen des Eigengewichts nach vorn. Beim Anfahren – vor allem am Berg – und in Kur ven ist mit Mas-senkräften in Höhe von 50 Prozent des Ladungsgewichtes zu rechnen.

Wer Ladung mit Zurrgurten, Zurrketten oder anderen Zurr-mitteln sichern will, hat im We-sentlichen die Wahl zwischen zwei Verfahren – dem Nieder-zurren, das in der Praxis am häufigsten angewendet wird, und dem Direktzurren.

Manchmal hilft nur Druck: Werden die zu transportierenden Güter durch straff gespannte Gurte auf die Ladefläche gepresst, verstärkt sich die Reibungs-kraft, die Ladung wird wirkungsvoll fixiert. Im Zusammenspiel mit rutsch-hemmendem Material (vgl. Seite 8 u. 9) bringt diese Methode – bekannt als Niederzurren – für viele Güter schnell und einfach ausreichende Sicherheit.

Ob die Ladung genügend unter Druck gesetzt werden kann, hängt unter an-derem vom Winkel zwischen Gurt und Ladefläche ab: Je steiler dieser so ge-nannte Zurrwinkel ausfällt, desto größer ist die wirksame Kraft und desto wir-kungsvoller die Sicherung. Für die Be-rechnung maßgeblich ist die auf dem Etikett des Zurrmittels genannte „nor-

male Spannkraft“ („Standard Tension Force“, STF). Sie gibt an, wie viel Vor-spannung mit dem Spannelement (z. B. Ratsche) üblicherweise erreicht werden kann. Frei stehendes, nicht formschlüs-sig gesichertes Gut muss mindestens mit zwei Zurrmitteln, etwa mit zwei Gur - ten, fixiert werden.

Kommt das Niederzurren nicht in Frage, hilft oft das so genannte Direktzurren: Dabei werden beispielsweise die vier oberen Ecken des Ladeguts durch schräg angesetzte Gurte fixiert. Die Gurte werden leicht gespannt und sor-gen so dafür, dass die Ladung sich weder vorwärts- noch zurückbewegen kann. Gurte dürfen beim Direktzurren bis zur auf dem Etikett angegebenen Zurrkraft („Lashing Capacity“, LC) bela-stet werden. Verfügt die Ladung nicht über geeignete Zurrpunkte, lassen sich Ansatzpunkte für die Gurte per „Kopf-lashing“ herstellen: Dabei werden z. B. Rundschlingen um die Oberkante ge-legt und dann durch Zurren gesichert.

Varianten des Direktzurrens sind das Schräg- und das Diagonalzurren. Beide Methoden unterscheiden sich durch die Platzierung der Zurrmittel: Beim Schräg - zurren verlaufen Gurte parallel oder im

rechten Winkel zur Längsachse der Ladefläche. Beim Diagonalzurren bringt man die Sicherungen im spitzen Winkel zur Längsachse an, im so genannten Horizontalwinkel – also diagonal von einer zur gegenüberliegenden Ecke der Ladung.

Rechenscheibe statt Mathe-Diplom

Bei der Berechnung einer Ladungssi-cherung sind zahlreiche Parameter zu berücksichtigen: das Gewicht der La-dung, die Reibung zwischen Ladung und Ladefläche, die Belastbarkeit der Zurrpunkte und der Zurrmittel, Vertikal- und Horizontalwinkel. Unternehmen, Disponenten und Lademeister lösen diese Aufgaben häufig mit Hilfe spezi-eller Computerprogramme.

Wer unterwegs eine Sicherung vorneh-men muss, sollte Berechnungshilfen oder Tabellen zur Hand haben. Beispiel Niederzurren: Anhand des Ge wichts der Ladung, dem Zurrwinkel und der materialspezifischen Kennzahl für die Reibung lässt sich in einer Tabelle ab - lesen, wie viele Gurte mit einer be-stimmten normalen Spannkraft (STF) für die Sicherung erforderlich sind.

Oft wiederholen sich bestimmte Trans-porte, etwa wenn dieselbe Bauma-schine mit demselben Tieflader be-fördert wird. In solchen Fällen sollten die einmal ermittelten Angaben zur Ladungssicherung in einer Betriebs - an weisung festgehalten werden und stets griffbereit sein, um unnötige Neu-berechnungen zu vermeiden.

Direkt- und NiederzurrenBitte anschnallen!

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Eine wirkungsvolle Ladungs-sicherung unterstützt die rei-bungslose Transportabwicklung und nützt damit allen Beteilig-ten. Wer dagegen seine Pflich-ten vernachlässigt, muss mit teils drastischen Konsequenzen rechnen: Die Skala reicht von Verwarnungs- und Bußgeldern über Schadenersatz bis zu Geld- und Freiheitsstrafen.

Die Aufgabe des Fahrzeughalters lau-tet, den richtigen Rahmen für den Transport zu schaffen. Er muss einen geeigneten Fahrer einsetzen, das für die Ladung passende Fahrzeug aus-suchen und die nötigen Ladungssi-cherungs-Hilfsmittel zur Verfügung stellen. Schon beim Kauf sollte er da-rauf achten, dass seine Lkw mit ge-nügend und ausreichend belastbaren Zurr punkten ausgestattet sind.

Verstößt der Unternehmer gegen diese Pflichten und ereignet sich ein Unfall, kann er (mit-)verantwortlich gemacht und in die Haftung genommen werden.

Auch der Disponent, der Touren plant und Fahrer beauftragt, hat das ge-eignete Fahrzeug für die zu transpor-tierende Fracht auszuwählen.

Wer als so genannter Verlader an Ort und Stelle das Beladen beispielsweise eines Lkws organisiert, haftet darüber hinaus auch für die Sicherung der Fracht. Lässt er zu, dass nachlässig gesicherte Güter auf die Reise gehen, trägt er für einen später eintretenden Unfall die (Mit-)Verantwortung.

Der Fahrzeugführer verantwortet die Be triebssicherheit des Transports. Übernimmt er ein bereits beladenes Fahrzeug, muss er die Sicherung kon-trollieren. Auch unterwegs hat er zu gewährleisten, dass das Fahrzeug betriebssicher bleibt. Führt etwa das Verrutschen der Ladung zu einer un - zulässigen Lastverteilung, muss der Fahrer diesen Mangel schnellstens beseitigen oder das Gespann „auf dem kürzesten Weg aus dem Ver- kehr ziehen“ (§ 23 StVO).

Falls die Polizei bei einer Kontrolle oder nach einem Unfall eine unzurei-chende Ladungssicherung feststellt,

droht zunächst ein Verwarnungs- oder Bußgeld (zzt. 35 bis 100 Euro). Bei Be - trägen ab 40 Euro wird die Ord nungs-wi drigkeit zusätzlich mit bis zu drei Punkten im Flensburger Verkehrs zen-tral re gister bestraft. Für einen durch man gelhaft gesicherte Fracht ausge lös-ten Unfall können die Verantwortlichen strafrechtlich belangt werden, etwa wegen eines gefährlichen Eingriffs in

den Straßenverkehr, fahrlässiger Kör-per verletzung oder gar fahrlässiger Tötung. Hier drohen Geld- und Haft-strafen. Wer rechtskräftig verurteilt wird, gilt als vorbestraft. Die finan ziellen Fol-gen eines Unfalls können gravierend ausfallen, wenn Schaden ersatz zu zah-len ist. Für die Haftung gilt keine Ober-grenze, hier können schnell existenz-bedrohende Summen erreicht werden.

HaftungsfragenRisiken und Nebenwirkungen

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Wer als Transportprofi Tag für Tag mit Ladungssicherung zu tun hat, sollte den rechtlichen Rahmen für die eigene Arbeit kennen. Denn: Transporte auf der Straße unterliegen zahlrei-chen gesetzlichen Vorschriften und technischen Regelwerken. Unkenntnis der Paragrafen schützt nicht vor Strafe!

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) enthält einige der wichtigsten Vor-schriften für sichere Transporte: Laut § 22 ist die Ladung nach den „aner-kannten Regeln der Technik“ so zu sichern, dass sie auch bei einer Voll-bremsung oder einem plötzlichen Ausweichmanöver am Platz bleibt.

Auf einem Betriebsgelände gilt die StVO nicht automatisch. Mit den Unfallver hütungsvorschriften (UVV) verhält es sich anders: Diese Regel-

werke der Un fallversicherungsträger sind bei der Ausübung gewerblicher Tätigkeiten immer zu berücksichtigen, also auch bei Fahrten innerhalb eines Betriebsgeländes. Für die Ladungs-sicherung wichtig sind etwa § 37 („Be- und Entladen“) sowie § 44 („Fahr- und Arbeitsweise“) der UVV „Fahrzeuge“.

Die in der StVO angesprochenen an-erkannten Regeln der Technik lassen sich unter anderem in den Richtlinien des Ver eins Deutscher Ingenieure (VDI) nachschlagen. Das „VDI-Handbuch Ladungssicherung“ enthält die Richt-linien 2700ff. mit allgemeinen Vorgaben sowie konkreten Empfehlungen für ver - schiedene Transportaufgaben. Deut-sche und internationale Normen zählen ebenfalls zu den anerkannten Regeln der Technik. Beispielsweise regelt die DIN EN 12195-1 die Berechnung von Zurrkräften europaweit einheitlich. Wer diese Regelungen beachtet, handelt immer richtig und bleibt auch bei grenz-überschreitenden Transporten auf der sicheren Seite.

Der rechtliche RahmenDurchblick im Paragrafendschungel

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