Prof. Wellmer Pharmakoresistenz was dann Recklinghausen recklinghausen... · •1 Pharmakoresistenz...

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•1 Pharmakoresistenz - was dann? Prof. Dr. Jörg Wellmer Ruhr-Epileptologie, Bochum Therapieprinzip der Epilepsie Andauernde Neigung des Gehirns epileptische Anfälle zu entwickeln AED Soziale Heilung Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3 Was tun bei Pharmakoresistenz? Kopf in den Sand stecken Et is wie es is Gegen Windmühlen kämpfen Schule (Mitschüler, Lehrer) Freundeskreis (Rückzug, Isolation) Beruf (Auswahl, Gefährdung, Kündigung) Versicherungen (hohe Prämien, Ausschluss) Soziale Stigmatisierung/ Ausgrenzung Mobilität (kein Führerschein) Folgen der Anfälle

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•1

Pharmakoresistenz -was dann?

Prof. Dr. Jörg WellmerRuhr-Epileptologie, Bochum

Therapieprinzip der Epilepsie

Andauernde Neigung des Gehirns epileptische Anfälle zu entwickeln

AED

Soziale

Heilung

Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3

Was tun bei Pharmakoresistenz?

Kopf in den Sand stecken

Et is wie es is

Gegen Windmühlen kämpfen

Schule (Mitschüler, Lehrer)

Freundeskreis (Rückzug, Isolation)

Beruf (Auswahl, Gefährdung,

Kündigung)

Versicherungen (hohe Prämien,

Ausschluss)

Soziale Stigmatisierung/

Ausgrenzung

Mobilität (kein Führerschein)

Folgen der Anfälle

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•2

Mortalität

SUDEP-Rate 2,2 – 10/1 000

Tellez-Zenteno et al., 2005

Op-Mortalität: 2/1500Bonn Daten

Mortalität2-3-fach der Normalbevölkerung

Tomson, 2000;

Morbidität

Op-Morbidität: 2,5 %Bonn Daten

Mind. 1 Anfall/Jahr65% keine Verl.24% Kopfverl.16% Verbrennung10% Zahnverletzunen

6% andere FrakturenBuck et al., 1997

Folgen der Anfälle Folgen der Anfälle

Belastung für Sozialsysteme/die Patienten

4.040€

6.440€

Direkte Kosten

(Medikamente, Ärzte, Krankenhäuser etc.)

Indirekte Kosten(AU, Frühberentung, etc.)

10.440€ p.a

+ intangible Kosten

(reduzierte Lebenschancen)

Hamer et al., 2008

Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3

Kopf in den Sand stecken

Et is wie es is

Gegen Windmühlen kämpfen

Anfallsfreiheit erzielen!

Strategien bei Pharmakoresistenz

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•3

• Unterdosierung der Antiepileptika

• Mangelnde Einnahmetreue

• Ungünstige Medikamentenwechselwirkungen

• Unzureichende Wirkung bisher existierender Antiepileptika

• Fehldiagnose

Ursache des Versagens derAntiepileptikatherapie klären

• Fehldiagnose• epileptische Anfälle• Synkope, insbesondere konvulsive Synkope• TIA, Transiente Globale Amnesie• psychogene Anfälle (PNEA) • Panikattacken• Tics• Migräne• Narkolepsie• Schlafwandeln • Non-REM-Schlaf-Verhaltensstörung• Vertigo anderer Ursache• paroxysmale Bewegungsstörungen, etc.

Differentialdiagnose „Anfälle“

Positive Diagnose stellen!

Epilepsie

Problem der überlappenden Semiologien

+ Unschärfe der anamnestischen Angaben

Beispiel 3♀, 45J, wiederholte generalisierte

Zuckungenan Armen und Beinen

Beispiel 1♀, 24 J, prolongierter Schwindel,

Schwarzwerden vor Augen, Traum; morgens manchmal Muskelkater

Beispiel 2♂, 38J, bis zu 10x/Tag wildes Schreienund Fluchen, wilde Bewegungen, auch

nachts

Beispiel 4♂, 49J, wiederholte generalisierte

Zuckungenan Armen und Beinen

Problem der überlappenden Semiologien

Beispiel 5♀, 19J, zweimalig gestürzt,

Zuckungen wurden beobachtet

Beispiel 6♀, 32J, Wärmegefühl am Kopf, auf Körper ausbreitend, Automatismen,

ton. Sturz; Borderline

Epilepsie möglich –

aber nicht sicher

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•4

AnamneseCT

MRTRoutine-

EEG

Diagnostische Optionen in der Praxis

Spezielle semiologische Anamnese inkl. Fremdanamnese

• Einfach-partielle, komplex-partielle Anfälle, GMA • Absencen, Myoklonien?• Sensible, motorische, visuelle, olfaktorische Pänomene, déjà vu?• Einfache oder komplexe Automatismen? • Bewusstseinstrübungen oder “Lücken“?• Rezidivierende Desorientiertheit? • Iktuale oder postiktuale Sprachstörungen?• Indirekte Anfallszeichen wie Einnässen, Muskelkater, Zungebiss• Tageszeitliche Bindung? Dauer der Ereignisse?

Semiologische Anamnese

Aktive Anamnese erforderlich

Beispiele zeigen!

gespielt oder Video

Epilepsie-prädisponierende Faktoren• Schwangerschaft, Geburt, frükindliche Entwicklung • Fieberkrämpfe, Schädel-Hirn-Trauma, entz. ZNS-Erkrankung • Infarkte, Blutungen, Ischämien• Familienanamnese

Begleitsymptome bei Erstmanifestation der Anfälle• mnestische Störungen, emotionale Instabilität• kognitiver Abbau, Schwerhörigkeit, Sehstörungen

Begleiterkrankungen/-symptome

• Trisomie 21, Hemiparese, Adenoma sabaceum, Angiomatose

Syndromale Anamnese

Aktive Anamnese erforderlich

Anamnese

Sehr aufwändigaber produktiv

CTMRT

Routine-EEG

Diagnostische Optionen in der Praxis

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•5

10/20-System, Ruhe-Wach, 20 Minuten, HV, FS*)

Routine-EEG

Identifikation epilepsietypischer Potentiale (ETP) zur Bestätigung und Klassifikation einer Epilepsie

Problem:

*) Empfehlungen der DGKN

Sensitivität und Spezifität

Viele Potentiale sind klar epileptisch, andere sind leicht verwechselbar

Zusammenfassung RW-EEG

Insgesamt ist das RW-EEG für die Diagnose von Epilepsien/nicht-epileptischen Anfällen nur von

bedingtem Nutzen

RW-EEG zur Differentialdiagnose

EEG liefert keine richtungsweisenden Befundebei:

Synkopen, TIAs, TGAs, Tics, PanikattackenNarkolepsie, Somnambulismus, Rem-Schlaf-

Verhaltensstörung, Vertigo, paroxysmaleBewegungsstörungen

Anamnese

Sehr relativ

CTMRT

Routine-EEG

Niedrige Sensitivität u.

Spezfität

Diagnostische Optionen in der Praxis

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•6

Bildgebung

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

CCT MRT CT-Thorax

Bildgebung

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

CCT MRT

Standard-MRT ist i.d.R. nicht ausreichendProblem: MRT „o.p.B.“

1,5 Tesla MRT

Problem: MRT „o.p.B.“

Diskrete Marklagerveränderungen periventrikulär bds. sowie rechts fronto-temporal als Zeichen einer Gliose. Geringgradige Asymmetrie der Seitenventrikel sowie

leichtgradige Erweiterung der äußeren Liquorräume. […] Keine Gyrierungsstörungen. […]

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•7

Anamnese

Sehr relativ

CT/MRT

Routine-EEG

Niedrige Sensitivität u.

Spezfität

Diagnostische Optionen in der Praxis

Bedingthilfreich

Probatorische Therapie?

Chance auf Anfallsfreiheit durch Medikamente

anfallsfrei

mit 1. AED

anfallsfreimit 2. AED

anfallsfreimit 3. AED oder Poly-

therapie

nicht anfallsfrei

47%

13%4%

36%

Kwan P, Brodie MJ. N Engl J Med. 2000;342(5):314-319.

Ist eine positiv-Diagnose überhaupt möglich?

Hauptproblem bleibt die Abhängigkeit von Informationen Dritter über

die Anfallssemiologie

Video von Anfällen angucken!

Beispiel 3♀, 45J, wiederholte generalisierte

Zuckungenan Armen und Beinen

Beispiel 1♀, 24 J, prolongierter Schwindel,

Schwarzwerden vor Augen, Traum; morgens manchmal Muskelkater

Beispiel 2♂, 38J, bis zu 10x/Tag wildes Schreienund Fluchen, wilde Bewegungen, auch

nachts

Beispiel 4♂, 49J, wiederholte generalisierte

Zuckungenan Armen und Beinen

Zuordnung mittels Video-EEG

Beispiel 5♀, 19J, zweimalig gestürzt,

Zuckungen wurden beobachtet

Beispiel 6♀, 32J, Wärmegefühl am Kopf, auf Körper ausbreitend, Automatismen,

ton. Sturz; Borderline

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•8

• Unterdosierung der Antiepileptika

• Mangelnde Einnahmetreue

• Ungünstige Medikamenteninteraktion

• Unzureichende Wirkung bisher existierender Antiepileptika

• Fehldiagnose

Ursache des Versagens derAntiepileptikatherapie klären

• Fehldiagnose

Echte Pharmakoresistenz

Therapieprinzipien Epilepsie

AED

Andauernde Prädisposition des Gehirns epileptische Anfälle zu entwickeln

Soziale

Heilung

Heilung

Wer kann von einer OP profitieren

• Gesicherte Epilepsie, fokale Epilepsie

• Anfälle beeinträchtigen die Lebensqualität in

nachvollziehbarem Maße

• Relative Pharmakoresistenz

• Gutes Risiko-Nutzen-Verhältnis

Neues Konzept

Relative Pharmakoresistenz

An

za

hl

AE

D v

or

Fe

ste

llu

ng

ein

er

Ph

arm

ak

ore

sis

ten

z

„leichte“ „schwierigere“ „sehr schwierige“

2

10

OP-Kandidaten

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•9

Leichte Kandidaten:sehr hohe Chance auf Anfallsfreiheit (80%)geringes Risiko auf post-Op Defizite

OP

früh

Schwierigere Kandidaten:hohe Chance auf Anfallsfreiheit (60%)gewisses Risiko auf post-Op Defiziteschwierige Abklärung

später

Sehr schwierige Kandidaten:geringe Chance auf Anfallsfreiheit (< 50%)großes Risiko auf post-Op Defizite

sehrspät

Leichte Kandidaten

Gute epilepsiechirurgische Kandidaten

Ammonshornsklerose

• Klinischer Ablauf der Anfälle• EEG in der Anfallsaufzeichnung• Neuropsychologische Testungpasst

Fehlbildung Gutartige Tumoren

90% 80% 80%Chance auf Anfallsfreiheit

Gute epilepsiechirurgische Kandidaten

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•10

Schwierigere Kandidaten

Klare linksseitige Temporallappenepilepsie Klare linksseitige Temporallappenepilepsie --welches welches KavernomKavernom ist das ist das epileptogeneepileptogene??

Multiple Multiple KavernomatoseKavernomatose –– Linksdominanz für SpracheLinksdominanz für Sprache

OkzipitallappenepilepsieOkzipitallappenepilepsie links links ––wie groß ist die wie groß ist die epileptogeneepileptogene Zone?Zone?

Außerdem: Gesichtsfelddefekt obligatAußerdem: Gesichtsfelddefekt obligat

Sehr schwierigere Kandidaten

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•11

Sehr schwierige Kandidaten

VieleFehlbildungen

Welche macht die Epilepsie?Nur eine?

Keine OP Kandidaten

Keine OP-KandidatenGroße Narbe

nahe des Sprach-

zentrums

KeineChance,

zu hohes Risiko

V.a. TLE V.a. TLE links

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Identifikation von OP-Kandidaten

Wichtigste Instrumente, um mögliche

OP-Kandidaten zu identifizieren

• Patientengespräch

• Kernspintomographie

Hochqualitative MRT erforderlich

Wer macht sie???

MRT und EEG aus einer Hand!

PerrPacs

MRT: Verkürzung der Epilepsiedauer

0 3-5 Jahre

AnfallskontrolleAnfallskontrolle [%][%]100100

5050

Pharmaka OP

Pharmakotherapie Epilepsiechirurgie> 20 Jahre

- 15 Jahre

MR

T

15-20 Jahre

Konzept Ruhr-Epileptologie

Komplexbehandlung

Erstdiagnose

Differential-diagnose

Syndrom-diagnose

Interdisziplinäre

Epileptologisch-Neuroradiologische

Ambulanz(KKH Bottrop)

Zuweisungs-ambulanz

Stationäre Diagnostik und

Therapie

Differentialdiagnose

Medikamentöse Beratung

Verkehrsmed.Begutachtung

Syndromdiagnose

PrächirurgischeDiagnostik

3Tesla–MRT unter epileptologischen Kriterien

Akutbehandlung

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Zusammenfassung:Strategien bei Pharmakoresistenz

Ursache der Anfälle klären!

Die heute zur Verfügung stehenden Therapien dem Patienten zur Verfügung stellen!