Prof. Dr. Brigitte Tag Arztstrafrecht 1 Strafrecht im Arztalltag Prof. Dr. iur utr. Brigitte Tag.
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Prof. Dr. Brigitte Tag Arztstrafrecht
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Strafrecht im Arztalltag
Prof. Dr. iur utr. Brigitte Tag
Prof. Dr. Brigitte Tag Arztstrafrecht
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Delikte zum Schutz des Lebens (vorsätzliche bzw. fahrlässige Tötung, Beihilfe zum Selbstmord)
Delikte zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit (vorsätzliche bzw. fahrlässige Körperverletzung, Tätlichkeit)
ggf. Freiheitsdelikte
Vermögens- und Eigentumsdelikte
Verstösse gegen das Nebenstrafrecht, z.B. HMG, Transplantationsgesetz etc.
Strafrechtliche Relevanz ärztlicher Behandlung
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Tatobjekt der Tötungs- und Körperverletzungsdelikte
Tatobjekt: alle lebenden Menschen
Beginn des Schutzes: natürliche Geburt: Beginn der
Eröffnungswehen bei Schnittgeburt: Eröffnung der
Bauchdecke (str.)
Strafrechtlicher Schutz vor der Geburt:
Regelungen des FMedG Regelungen über
Schwangerschaftsabbruch
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Tatobjekt der Tötungs- und Körperverletzungsdelikte
Tatobjekt: alle lebenden Menschen
Ende des Schutzes: Gesamthirntod
Art. 9 TPG 1 Der Mensch ist tot, wenn die Funktionen seines
Hirns einschliesslich des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind.
2 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Feststellung des Todes. Er legt insbesondere fest:a. welche klinischen Zeichen vorliegen müssen, damit auf den irreversiblen Ausfall der Funktionen des Hirns einschliesslich des Hirnstamms geschlossen werden darf;b. ...
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Tatobjekt der Tötungs- und Körperverletzungsdelikte
Strafrechtlicher Schutz der Leiche nach dem Tod
Störung des Totenfriedens, Art. 262 StGB Patientinnen- und Patientengesetze,
Gesundheitsgesetze (kantonal) Transplantationsgesetz (Teilregelung
Bestattungsgesetze
künftig: Humanforschungsgesetz
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Einfache Körperverletzung,Art. 123 Ziff. 1 StGB
Ärztlicher Heileingriff
Rechtsprechung: Ärztlicher Eingriff ist eine Körperverletzung.
Sie kann aber durch Einwilligung der
Patienten/innen oder sonstigen
Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt sein.
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Einfache Körperverletzung,Art. 123 Ziff. 1 StGB
Gültigkeitsvoraussetzungen ärztlichen Handelns
Standard guter ärztlicher Behandlung
= lex artiskantonale Gesundheits- und PatientengesetzeBundesgesetze„Soft-law“
Einwilligung des Patienten oderEinwilligungssurrogat
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Grundsatz: Jeder kann auf den strafrechtlichen Schutz seiner Rechtsgüter um seiner persönlichen Freiheit willen verzichten.
„Volenti non fit iniuria“
Ausnahme : wenn trotz der Einwilligung das Verhalten des Angreifers unter Strafe gestellt wird. Z.B. – Tötung auf Verlangen, Art. 114
StGB: hier ist die Einwilligung unwirksam
Voraussetzungen der Einwilligung (1)
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Einwilligung (2)
Voraussetzungen1. Zulässigkeit a. nur bei Eingriff in
Individualrechtsgüterb. Ausnahme: z.B. Art. 114, Rechtsgut Leben
2. Einwilligungsfähigkeit des Patienten
3. Wirksame Einwilligungserklärunga. Erteilen rechtzeitig vor der Tatb. Fortbestehen zur Tatzeitc. Mitteilung d. freiwillig/ ohne Willensmängel Aufklärung!
4. Handeln des Arztes in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung
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Mutmassliche Einwilligung
Ausgangspunkt: Der Rechtsgutsträger kann nicht in die Verletzung seines Rechtsguts einwilligen. Der Eingriff entspricht aber seinem hypothetischen Willen.
Voraussetzungen: 1. Tatsächliche Einwilligung nicht
einholbar (z.B. Bewusstlosigkeit) 2. Zulässigkeit der Einwilligung in
diesem konkreten Fall 3. Übereinstimmung des Eingriffs mit
dem hypothetischen Willen des Patienten.
4. Handeln in Kenntnis und aufgrund der tatsächlich (= objektiv) vorliegenden Rechtfertigungslage
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Einwilligungsfähigkeit der Patienten
Grundsatz:
ab dem vollendeten 18. Lebensjahr besteht volle Einwilligungsfähigkeit.
Ausnahme: massive psychische Beeinträchtigung bis hin zu Bewusstlosigkeit, aber auch z.B. Demenz etc.
Zwischen dem 13./14. und dem 18 Lebensjahr: Einwilligungsfähigkeit hängt von der Schwere des Eingriffs und der geistigen Entwicklung des Patienten ab.
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Ärztliche Eingriffe als schwere Körperverletzung?
Schwere Schädigung an Körper oder Gesundheit
lebensgefährliche VerletzungVerstümmelungUnbrauchbarmachung eines wichtigen OrgansVerursachung bleibender Arbeitsunfähigkeit, Gebrechlichkeit oder GeisteskrankheitArge und bleibende Entstellung des Gesichtsandere schwere Schädigung (Generalklausel)
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Ärztliche Behandlung als Tätlichkeit?
I. Tatbestand, Art. 126 StGB
Tätlichkeitphysische Einwirkung die das allgemein gesellschaftliche geduldete Mass überschreitet aber noch keine Schädigung des Körpersoder der Gesundheit mit sich bringt.2. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz. II. Qualifikation Art. 126 Abs. 2aTat wird an einer Person begangen, die unter der Obhut des Täters stand oder für die der Täter zu sorgen hat. Die Tat muss wiederholt geschehen.
III. Strafantrag bei Abs. 1
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Tötungsdelikte, Art. 111-116 StGB
Mord Art.112
(Qualifikation)
Fahrlässige vorsätzliche Verleitung/
Tötung Tötung Beihilfe zum
Art.117 Art. 111 Selbstmord (Grundtatbestand) Art. 115
Kindestötung Totschlag Tötung auf
Art. 116 Art. 113 Verlangen (Privilegierung) (Privilegierung) Art. 114
(Privilegierung)
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Sterbehilfe Übersicht
Indirekte Direkte Sterbehilfe Sterbehilfe Tod ist (nicht vermeidbare) vorsätzliche Folge einer gebotenen Herbeiführung (Schmerz-)Behandlung des Todes (unzulässig!)
Passive Sterbehilfe Aktive Sterbehilfe
Herbeiführung vorsätzliche des Todes durch Unterlassen Herbeiführung
des Todes durch aktives Tun
(zulässig unter engen VS) (unzulässig!)
Hilfe beim Sterben Hilfe zum Sterben im Stadium des unmittelbar im Stadium vor bevorstehenden Todeseintritts dem
Sterbevorgang
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Eid des Hippokrates (Auszug)
Ich schwöre bei Apollon dem Arzt und bei Asklepios, Hygieia und Panakeia sowie unter Anrufung aller Götter und Göttinnen als Zeugen, dass ich nach Kräften und gemäss meinem Urteil diesen Eid und diesen Vertrag erfüllen werde: [...]
Über alles, was ich während oder ausserhalb der Behandlung im Leben der Menschen sehe oder höre und das man nicht nach draussen tragen darf, werde ich schweigen und es geheim halten.
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Art. 321 StGB Verletzung des Berufsgeheimnisses
Geistliche, Rechtsanwälte, Verteidiger, Notare [...], Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen sowie ihre Hilfspersonen, die ein Geheimnis offenbaren, das ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist, oder das sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben, werden, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. [...]
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Voraussetzungen
a. Art. 321 dient dem Schutz
des allg. Persönlichkeitsreches
dem öffentlichen Interesse an einer funktionierenden Gesundheitspflege
b. Das fremde Geheimnis muss
anvertraut sein infolge des Berufes oder
in dessen Ausübung wahrgenommen werden
c. Das Geheimnis muss offenbart werden
d. Vorsatzdelikt, Strafantrag
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2. Der Täter ist nicht strafbar, wenn er das Geheimnis auf Grund einer Einwilligung des Berechtigten oder einer auf Gesuch des Täters erteilten schriftlichen Bewilligung der vorgesetzten Behörde oder Aufsichtsbehörde offenbart hat. [...]
Einwilligung in die Offenbarung
aa. durch den Patienten
tatsächlich oder mutmasslich
bb. durch die vorgesetzte Behörde
Z.B. Gesundheitsdirektion Zürich auf
Antrag des Arztes, Schriftliche
Bewilligung
Zulässige Offenbarung
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Sonstige Rechtfertigungsgründe
Notwehr Notstand Pflichtenkollision etc. Kantonale Bestimmungen über die
Zeugnispflicht Bestimmungen über die
Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde.
Beispiel: Epidemiengesetz Kantonale Bestimmungen über die
Zeugnispflicht, §§ 128 ff. StPO
Art. 321 Ziff. 3 StGB
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§ 19: Anzeigepflicht und Anzeigerecht
Die Inhaber und Inhaberinnen einer Bewilligung haben aussergewöhnliche Todesfälle unverzüglich den zuständigen Behörden zu melden. Sie sind ermächtigt, die Vormundschaftsbehörde zu benachrichtigen, wenn ihnen Missstände zur Kenntnis gelangen, die ein Einschreiten zum Zwecke des Kinderschutzes und der Jugendfürsorge erfordern.
Sie sind ohne Rücksicht auf die Bindung an das Berufsgeheimnis ermächtigt, den zuständigen Behörden Wahrnehmungen zu melden, die auf ein Verbrechen oder Vergehen gegen Leib und Leben, die öffentliche Gesundheit oder die sexuelle Integrität schliessen lassen.
Gesundheitsgesetz Solothurn