Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck,...

10
Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken in MV (neben Plau am See und Bad Sülze), wo man sich zum Klinischen Neuropsychologen ausbilden lassen kann Zur Lage: in Schwaan (zwischen Rostock und Güstrow) - direkte Bahnverbindung jeweils 15 Minuten Fahrt - für Naturbegeisterte: direkt im Waldgebiet und Fluss Warnow in der Nähe - für Stadtkinder vielleicht etwas zu idyllisch, ABER: Rostock ist nicht weit entfernt Möglichkeit der Unterkunft: Rostock und Güstrow mit Jugendherbergen, Schwaan Campingplatz, Bungalows, Ferienwohnungen und -Zimmer (auch direkt gegenüber der Klinik) Tagesablauf in der Abteilung für Neuropsychologie: montags bis freitags 7:45 Uhr beginnt die Frühbesprechung auf Station und dann wird nach Stundenplan, auf dem zum Großteil Termine mit Patienten gelistet sind, bis 16:15 Uhr gearbeitet am Tag begegnen einem Patienten mit neurologischen Grund- und Begleiterkrankungen mit körperlichen und kognitiven Einschränkungen in ihrer Leistungsfähigkeit und Selbständigkeit, (einige Störungsbilder und Phänomene, die mir begegneten: Amnesien, Aphasien, Agnosien, Hemianopsie, Anosognosie, Apraxien, Neglect, Exekutivstörungen nach zentralneurologischen Schädigungen durch Schlaganfall, Schädelhirntraumen, Hirnblutungen und Hirntumoren; Folgeschäden nach Alkoholabusus - Korsakow-Syndrom; delirante Zustände, Durchgangssyndrom; Morbus Parkinson; dementielle Erkrankungen) Themenbereiche aus Gesundheitspsychologie, Biopsychologie, Kognitions- psychologie, Kognitive Neurowissenschaften sind nun in der Praxis zu sehen 1

Transcript of Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck,...

Page 1: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation,

Abteilung Neuropsychologie

eine der 3 Kliniken in MV (neben Plau am See und Bad Sülze), wo man sich zum Klinischen Neuropsychologen ausbilden lassen kann Zur Lage: in Schwaan (zwischen Rostock und Güstrow) - direkte Bahnverbindung jeweils 15 Minuten Fahrt - für Naturbegeisterte: direkt im Waldgebiet und Fluss Warnow in der Nähe - für Stadtkinder vielleicht etwas zu idyllisch, ABER: Rostock ist nicht weit entfernt Möglichkeit der Unterkunft: Rostock und Güstrow mit Jugendherbergen, Schwaan Campingplatz, Bungalows, Ferienwohnungen und -Zimmer (auch direkt gegenüber

der Klinik) Tagesablauf in der Abteilung für Neuropsychologie:

• montags bis freitags 7:45 Uhr beginnt die Frühbesprechung auf Station und dann wird nach Stundenplan, auf dem zum Großteil Termine mit Patienten gelistet sind, bis 16:15 Uhr gearbeitet

• am Tag begegnen einem Patienten mit neurologischen Grund- und Begleiterkrankungen mit körperlichen und kognitiven Einschränkungen in ihrer Leistungsfähigkeit und Selbständigkeit,

(einige Störungsbilder und Phänomene, die mir begegneten: Amnesien, Aphasien, Agnosien, Hemianopsie, Anosognosie, Apraxien, Neglect, Exekutivstörungen nach zentralneurologischen Schädigungen durch Schlaganfall, Schädelhirntraumen, Hirnblutungen und Hirntumoren; Folgeschäden nach Alkoholabusus - Korsakow-Syndrom; delirante Zustände, Durchgangssyndrom; Morbus Parkinson; dementielle Erkrankungen)

Themenbereiche aus Gesundheitspsychologie, Biopsychologie, Kognitions- psychologie, Kognitive Neurowissenschaften sind nun in der Praxis zu sehen

�1

Page 2: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

Wobei man den Neuropsychologen nun begleiten kann (Einsatzmöglichkeiten als Praktikant): • Patientengespräche (1/2 - 1 Stunde), vorallem mit Kernthemen wie Umgang mit der

Erkrankung, Ängste und Sorgen, Zukunftsperspektiven (gegebenenfalls auch Wiedererlangen der Erwerbstätigkeit), Erarbeitung von Kompensationsmöglichkeiten (Hospitieren)

ich durfte bei jedem Gespräch mit dabei sein (Patient wird jedoch vorher gefragt, ob er nichts dagegen hätte) und auch mal Kommentare geben Psychologin nahm sich nach jeder Sitzung Zeit und fragte was mir aufgefallen sei und beantwortete mir Fragen • klinisch-psychologische und neuropsychologische Funktionsdiagnostik zur

Ermittlung der kognitiven Leistungsfähigkeit, Persönlichkeit, Affekt und Verhalten des Patienten mittels Papier-Bleistift-Tests oder computergestützter Testverfahren (Hospitieren und nach etwas Einarbeitungszeit und Erlangen von Vertrauen auch selbständig unter Beobachtung) nach einiger Zeit wurde ich sogar "ins kalte Wasser geschmissen", Psychologin setzte sich auf meinen Platz und ich musste Patient (wo Plan feststand, dass reine Diagnostikstunde) von Anfang an allein empfangen, Gespräch einleiten, dann zur Diagnostik übergehen und ihn anleiten, war super Übung, um den Umgang mit Patienten zu erlernen und sich selbst zu erproben Wissen aus Statistik und Testdiagnostik kann nun praktisch und sinnvoll angewendet werden, und es gab so manche Aha-Effekte • Überprüfung der Fahreignung mittels Diagnostik (über TAP) und

Informationsgespräch und Aufklärung über rechtliche Rahmenbedingungen (Hospitieren und Diagnostik selbständig anleiten)

�2

Page 3: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

es gab Tage, wo gefühlt jeder Patient wieder Auto fahren wollte, jedoch darunter viele mit schlechter Prognose und fehlender Einsicht (entweder unbewusst - Neglect!, oder einfach aus festgefahrener Überzeugung - "ich fahr doch schon jahrelang") - ergab stundenlange Diskussionen, und auch das sich wiederholende Aufklärungsgespräch (immer das gleiche Thema mit den rechtlichen Rahmenbedingungen), konnte einem schnell "zum Halse raushängen"

• Ermittlung passendes Programm und Unterstützung des Patienten beim computergestützten neuropsychologischen Training (RehaCom und CogniPlus) (nach einiger Zeit und Durchblick, wie Programme funktionieren, auch völlig selbstständig mit dem Patienten arbeiten, ihm das Programm erklären, zwischenzeitlich Hilfestellungen geben, sein Verhalten beobachten und dokumentieren, Ergebnisse mit ihm auswerten und dokumentieren)

• Angehörigengespräche • Berichte schreiben (Entlassungsbriefe, Fahrtauglichkeit) (Berichte lesen,

selbständig beschäftigen) gerade bei recht spontanen Entlassungen und Verschiebungen ansonsten geplanter Patiententermine ergab sich dann (während der Psychologe seinen Bericht schreiben muss) ein etwas größeres Zeitfenster für den Praktikanten solange man sich aber selbst zu beschäftigen weiß, verflog die Zeit dann aber auch schnell und man konnte:

• im Büro oder auf Station in Patientenakten blättern

• den dortigen großen Fachbücherbestand durchforsten (Selbststudium)

• diagnostische Testverfahren selbst ausprobieren

• die Trainingprogramme von RehaCom und CogniPlus erkunden

• Komplementärtherapien (Rehabilitationspädagogik, Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie, Sporttherapie) besuchen

�3

Page 4: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

• Teamsitzungen (ICF, interdisziplinäres Mittagsteam, Fallsupervisionen) (mitschreiben, was Kollegen aus anderen Fachbereich über Patienten berichten, und auch selbst vortragen, über Fortschritte und Auffälligkeiten des Patienten in der neuropsychologischen Sitzung oder beim Computertraining) wurde gefragt, ob ich vortragen möchte, übt freies Reden und Reflektieren, man muss aber auch nicht Was es noch zu sagen gibt: halbstündige Mittagspause, Möglichkeit Essensmarken für preiswerte und abwechslungsreiche Mahlzeiten zu kaufen (man wird also versorgt) unbezahltes Praktikum ABER: man bekommt dafür einen enormen Wissens- und Erfahrungszuwachs :-) man muss schon etwas "abgehärtet" sein bzw. für Kliniksituationen offen sein, da man je nach Betreuerin (und für welche Stationen sie zuständig ist) auch mit Frühreha-Patienten, die eventuell noch beatmungspflichtig und mit Sauerstoffflasche und Trachealkanüle ausgestattet sind oder sich in noch akutmedizinischen Zuständen befinden und noch weitestgehend in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt sind (z.B. auch direkt am Krankenbett besucht werden müssen oder im Liegerollstuhl ankommen), in Kontakt kommt (also nicht unbedingt was für jeden sensiblen und kein-Blut-sehen-könnenden Psychologiestudenten ;-) ) Team und vorallem meine Betreuerin war mir gegenüber sehr freundlich und offen (man kam sich als Praktikant nicht als Klotz am Bein vor), man konnte zwischendurch auch mit ihr Lachen (also entspannte Atmosphäre) Betreuerin nahm sich an meinem Ankunftstag Zeit mir alles zu zeigen und zu erklären und an meinem letzten Praktikumstag gab es sogar ein Abschlussgespräch

�4

Page 5: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

Fachklinik Waldeck Abt. Neuropsychologie Dr. Friedrich-Dittmann-Weg 1 18258 Schwaan www.fachklinik-waldeck.de einfach Bewerbung per Mail mit Anschreiben, Studienbescheinigung, Lebenslauf und eventuell Motivationsschreiben an Dr. Caren Wünschmann (leitende Neuropsychologin) [email protected], Tel. 03844 880664 oder direkt Dipl. Psych. Christin Prahl [email protected] - war meine Betreuerin ich bekam sehr schnell eine Antwort zurück und Zusage sogar zu meinem Wunschtermin (obwohl ich mich nur einen Monat vorher beworben habe) während des Praktikums sah ich zwar, dass sie mehrere Anfragen (auch aus anderen Bundesländern) bekam (aber nicht in Fluten), und wenn man sich rechtzeitig bewirbt und Glück hat, dass zu den passenden Terminen kein anderer da ist oder auch ein bisschen flexibel ist, bekommt man in Waldeck relativ gut einen Praktikumsplatz ansonsten gibt es da auch noch Frau Dipl. Psych. S. Sobek und Frau Dipl. Psych. A. Hirsemann, die bestimmt auch Praktikanten aufnehmen

�5

Page 6: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

Praktikumsbericht Umgeben von einem großen Waldpark am Rande der Kleinstadt Schwaan (zwischen Rostock und Güstrow gelegen) befindet sich die Fachklinik Waldeck, wohin ich mich am 16.02.2015 begab und das erste Mal mein Fahrrad in den Fahrradschuppen stellte, der ehemals als Bettenhalle der einstigen Tuberkuloseheilanstalt diente. Heute ist die Fachklinik Waldeck ein neurologisches und orthopädisches Rehabilitationszentrum, das Platz für 210 Patienten bietet. Dort absolvierte ich 7 Wochen lang (bis 07.04.2015) mein berufsorientierendes Praktikum in der Abteilung für Neuropsychologie. Betreut wurde ich von der Diplom-Rehapsychologin und Neuropsychologin Frau Christin Prahl, welche mit drei weiteren Neuropsychologen und vier Rehabilitations-Pädagogen ein Team bildet. Während des siebenwöchigen Praktikums bekam ich einen Einblick in das Konzept der Rehabilitation und dem Ablauf der neuropsychologischen Betreuung, Diagnostik und Therapie. Das Behandlungsangebot richtet sich an Menschen, die nach schwerwiegenden Erkrankungen mit Funktionseinbußen zu kämpfen haben und sich während ihrer Rehabilitationszeit wieder einen Weg zur Selbständigkeit erhoffen. Vieler dieser Funktionseinbußen sind nicht nur körperlicher Art, sondern zeigen sich auch in der kognitiven Leistungsfähigkeit des Patienten, wobei nun der Neuropsychologe diagnostisch und unterstützend einzugreifen vermag. In der Fachklinik Waldeck begegnete ich überwiegend Patienten mit zentralneurologischen Grund- und Begleiterkrankungen: Schädigungen und Funktionsstörungen des zentralen Nervensystem, insbesondere nach Schlaganfällen, Schädelhirntraumen, Hirnblutungen, neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Morbus Parkinson, oder auch cerebrale Schäden nach Alkoholabusus, Drogenmissbrauch, Vergiftungen oder nach einer gelungenen Herz-Lungen-Wiederbelebung aufgrund wahrscheinlicher hypoxisch bedingter Einbußen. Aber auch Erkrankungen des peripheren Nervensystems wie Polyneuropathien als Folgeerscheinungen nach anderen Erkrankungen oder das Guillain-Barré-Syndrom. All diese Patienten haben eine Akutversorgung in einem Krankenhaus hinter sich und erhoffen sich nun durch weiterführende rehabilitative Maßnahmen eine Wiederherstellung ehemals bestehender körperlicher und geistiger Zustände bzw. die Beschränkung aktueller Funktionseinbußen auf ein Minimum und somit eine Steigerung der Lebensqualität. Auf diesem Weg begleitet ihn ein ganzes Klinikteam

�6

Page 7: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

aus unterschiedlichen Therapiebereichen wie Rehapädagogik, Ergotherapie, Physiotherapie, Sporttherapie, Logopädie, neben dem Pflegepersonal, dem Arzt und dem Neuropsychologen. Die Tätigkeit des Neuropsychologen umfasst dabei ein großes Arbeitsspektrum: von der psychometrisch-diagnostischen Ermittlung der kognitiven Leistungsfähigkeit des Patienten, vorallem die Bereiche Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis, über die neuropsychologische und klinisch-psychologische Beurteilung von Persönlichkeit, Affekt und Verhalten des Patienten zur optimalen Anpassung von Therapiemaßnahmen und Trainingsverfahren, diesbezügliche Unterstützung oder Erarbeitung von Kompensationsmöglichkeiten, weiterhin die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung oder auch das "Sorgengespräch" und das aktive Zuhören des Psychologen gegenüber seines Klienten, oder auch das Angebot der Angehörigenberatung. Welchen Therapiebedarf der Patient habe bzw. welche Maßnahmen für ihn empfehlenswert wären, wird während der ICF-Sitzung (International Classification of Functioning, Disability and Health) ermittelt. Der Patient wird meist aufnahmenah am Morgen von einem ganzen Therapeutenteam mit Vertretern aus den unterschiedlichen Therapierichtungen empfangen und ihm wird die Möglichkeit gegeben die Fülle des Therapieangebotes kennen zu lernen. Aber auch umgekehrt, indem das Klinikteam einen Eindruck vom funktionalen Gesundheitszustand des Patienten bekommt, verbunden auch mit sozialen Beeinträchtigungen sowie den bestehenden Umweltfaktoren, denen der Patient nach Beendigung der Rehabilitationszeit vermutlich wieder ausgesetzt sein wird. Zudem kommen die persönlichen Ziele bzw. Zustände, die sich der Patient erhofft, zu Gespräch, damit am Ende der Sitzung eine klare und realisierbare Zielliste vorliegt, um dann einen auf den Patienten zugeschnittenen Therapieplan zu erstellen. Solche Teamsitzungen finden dann in ähnlicher Form auch täglich (dann aber ohne Patient) statt, wobei stationsweise ein interdisziplinärer Austausch über Eindrücke, Zielerreichung und Zielsetzung stattfindet. Eine weitere Teamsitzung findet auch innerhalb der Neuropsychologieabteilung statt, die als Art Fallsupervision dient und einen fachlichen Austausch und eine weitere Planung bezüglich der patientenunterstützenden Maßnahmen ermöglicht. Doch neben diesen Teamtreffen geht der Neuropsychologe seiner eigentlichen Hauptarbeit nach, wobei er alleine den Patienten halb- oder ganzstündig in seinem Büro empfängt oder gegebenenfalls im Patientenzimmer besucht. Bei diesen

�7

Page 8: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

Patientensitzungen durfte ich hospitieren. Je nach Patient und Krankheitsbild findet dann entweder ein reines Patientengespräch statt, vorallem in Bezug auf den Umgang mit der Erkrankung, den aktuellen Gemütszustand, gerade anstehenden Sorgen und Problemen, den Zukunftsperspektiven und auch damit verbundenen Ängsten, aber auch der Blick auf Fortschritte und kleinen Glücksgefühlen, oder mittels computergestützter Testverfahren oder Papier-Bleistift-Tests findet eine Diagnostik statt. Am meisten Anwendung fand die diagnostische Überprüfung der k o g n i t i v e n L e i s t u n g s f ä h i g k e i t m i t t e l s d e r TA P ( Te s t b a t t e r i e f ü r A u f m e r k s a m k e i t s p r ü f u n g ) , v o r z u g s w e i s e z u r D i a g n o s t i k d e r Aufmerksamkeitsaktivierung (phasische und intrinsische Alertness), der Au fmerksamke i tszuwendung (Dauerau fmerksamke i t , Vig i lanz) , der Aufmersamkeitsfokussierung (selektive Aufmerksamkeit: Go/Nogo, mit Fokussierung auf spezifische Reize bei Unterdrückung irrelevanter Reize, und geteilte Aufmerksamkeit: mit simultaner Darbeitung und Bearbeitung von mehreren Aufgabenaspekten multimodaler Art), Diagnostik der visuellen Wahrnehmung (Gesichtsfeldprüfung, Neglect-Screening und visuelles Scanning). Hauptsächlich mit dem Hintergrund einer Überprüfung der Fahreignung des Patienten. Denn nach einer zentralneurologischen Erkrankung wie ein Schlaganfall und den damit verbundenen körperlichen und kognitiven Funktionseinbußen ist eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr mehr oder minder eingeschränkt. Der Neuropsychologe versucht nun die Fähigkeiten der Fahrtauglichkeit mittels dieser diagnostischen Verfahren einzuschätzen und den Betroffenen über die rechtlichen Rahmenbedingungen, strafrechtlichen, versicherungsrechtlichen und privatrechtlichen Konsequenzen, und der Absicherung der Fahrtauglichkeit (nach § 2 der FeV Patienten nach Schlaganfall) informell aufzuklären und gibt ihm Empfehlungen mit auf den Weg, wie der Patient seiner Vorsorgepflicht nachkommen kann (neben der neuropsychologischen Funktionsdiagnostik z.B. ein augenärztliches Gutachten, Beobachtungsfahrten bei Fahrschulen, Mobilitätscheck bei der Dekra oder TÜV, bis hin zum amtlichen Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation). Weitere Screening-Verfahren, die mehrfach Anwendung fanden, sind der CERAD (Consortium for the Establishment of a Registry for Alzheimer’s Disease) und der Mini-Mental-Status-Test zur Erfassung der kognitiven Fähigkeiten älterer Menschen vorallem in Hinblick auf dementielle Erkrankungen, aber auch anderweitig bedingten Gedächtnisstörungen, aphasischen oder konstruktiv apraktischen Störungen oder Orientierungsschwierigkeiten.

�8

Page 9: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

Auch praktisch gehandhabte standardisierte Planungstests wie der "Turm von London" und die "Türme von Hanoi" (von Shallice) vorallem zur Überprüfung der Exekutivfunktionen oder der Farbe-Wort-Interferenztest (STROOP) und Papier-Bleistift-Tests wie der Zahlen-Verbindungstest (ZVT), Wortlistenlerntest (AVLT), Aufmerksamkeitbelastungstest d2, Such- und Durchstreichaufgaben, Linienhalbierung und Zeichenaufgaben wurden vielfach während der neuropsychologischen Diagnostiksitzung eingesetzt. Letztere Testverfahren dienen zur Ermittlung einer neurologischen Erscheinung, die mich persönlich sehr faszinierte: der Neglect. Eine durch eine halbseitige Schädigung des Gehirn bedingte Aufmerksamkeitsstörung mit Vernachlässigung der kontraläsionalen Körperseite und Umgebung. Diese Störung konnte man bei einigen Betroffenen auch durch pure Verhaltensbeobachtung erahnen, indem sie z.B. im Aufnahmeteam Personen, die sich auf der betroffenen Seite befanden "übersehen", beim Gehen gegen Gegenstände heranstoßen, nur eine Hälfte ihres Gesichtes rasieren oder ein Buch lesen und nicht am Satzanfang beginnen. Dass Aufmerksamkeitsleistungen ein sehr hohes Gewicht haben und Vorraussetzung für viele andere kognitive Leistungen sind, konnte man bei vielen Patienten in der neurologischen Rehaklinik feststellen. So ergibt es sich auch, dass viele Patienten nach durchgeführter Diagnostik ein computergestütztes neuropsychologisches Training zur Steigerung der Aufmerksamkeitsleistung, Reaktionsschnelligkeit und Flexibilität absolvieren. Dieses Computertraining unter Verwendung von Systemen wie RehaCom oder CogniPlus dient als kognitive Rehabilitationsmaßnahme und umfasst Programmbausteine wie z.B. Alertnesstraining, Reaktionsfähigkeit, logisches Denken, Visuokonstruktion, Exekutive Funktionen wie Handlungsplanung, Exploration, Arbeitsgedächtnis, Sakkadentraining, Neglect und kann so ganz individuell auf einen Patienten zugeschnitten werden. Im Laufe meines Praktikums und nach einer Einarbeitungszeit durfte ich dann auch in diesem Bereich selbständig tätig werden und Patienten bei ihrem PC-Training unterstützen und am Ende der Therapiesitzung mit ihnen die Ergebnisse besprechen. Die Daten protokollierte ich anschließend und durfte dann auch in Teambesprechungen über Ergebnisse, eventueller Zielerreichung und Auffälligkeiten referieren. Auch durfte ich an der Diagnostik mitwirken und einigen Patienten bei der Bewältigung von Tests aus der TAP anleiten. Dabei fiel mir auf, dass bei der Auswertung von Ergebnissen, sowohl der Trainingseinheiten als auch der diagnostischen Screenig-Verfahren, ein statistisches

�9

Page 10: Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische ... · Praktikum Fachklinik Waldeck, Zentrum für neurologische Rehabilitation, Abteilung Neuropsychologie eine der 3 Kliniken

und methodisches Wissen und die Handhabung mit quantitativen Daten für den Berufsalltag eines Psychologen von Vorteil ist (die Wissensvermittlung dazu kommt im Studium ja auch nicht zu kurz, bisher durch die Module B1, B2 der Statistik, C der Forschungsmethoden und E1 der Psychologischen Diagnostik). Auch das Modul L1 Gesundheit und Lebensqualität, Modul F1 Kognitive Psychologie und die Module G1 und G2 Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften trugen nun Früchte, da mir ein durch diese Fächer vermitteltes Vorwissen (seien es Kenntnisse über die Anatomie und Funktionalität des zentralen und peripheren Nervensystems, vorallem der anatomischen und funktionalen Verknüpfung von neuronalen Netzwerken, über Formen der Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeitstheorien, Gedächtnisarten, Aspekte der Sprache, Hintergründe und Unterteilungen der Wahrnehmung, Kontroll- und Handlungsmechanismen, Gesundheitsmodelle, der Rehabilitationsbegriff oder auch schon besprochene Störungen wie Amnesien, Aphasien, Agnosien, Hemianopsie, Anosognosie, Apraxien, Wernicke-Enzephalopathie und Korsakow-Syndrom) ein leichteres Verständnis und intensiveres Reinarbeiten im Praktikum ermöglichte. Doch dankbar kann ich in diesem Fall auch meiner Praktikumsleiterin Frau Prahl sein, die sich nach jeder Patientensitzung die Zeit nahm, mich nach meinen Eindrücken zu befragen, mir Fragen umfassend beantwortete und mir auch die Möglichkeit gab mich an praktischen Tätigkeiten zu probieren. Das Praktikum in der Abteilung für Neuropsychologie der Fachklinik Waldeck bot mir einen enormen Wissens-, Verständnis- und Erfahrungszuwachs, es hat mir sehr viel Freude bereitet und so meinen Horizont bezüglich der Möglichkeiten für meine spätere Berufswahl vergrößert.

�10