Pfingstexkursion 2009 - KIT · Gegen Mittag trafen wir in Rödental bei Coburg bei der...

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- 1 - Pfingstexkursion 2009 02.06. – 05.06.2009 für Studierende des Geotechnischen Ingenieurwesens (Diplomstudiengang Bauingenieurwesen) am Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik, Universität Karlsruhe Exkursionsbericht

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Pfingstexkursion 2009

02.06. – 05.06.2009

für Studierende des Geotechnischen Ingenieurwesens (Diplomstudiengang Bauingenieurwesen)

am Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik, Universität Karlsruhe

Exkursionsbericht

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1. Teilnehmer Teilnehmende Studierende: Tilman Bittner Lianna Lukimto Anna Skoglund Benjamin Rojas Marco Binninger Christian Fauth Michael Krawiec Janine Terasa Luis Patricio Rivera Gonzales Julian Milch Martin Feil Betreuende Institusmitglieder: Prof. Dr.-Ing. Th. Triantafyllidis (bis 3.6.)

Dr.-Ing. Peter Kudella 2. Programmübersicht Dienstag 02.06.2009 08:00 Abfahrt IBF, Fahrt nach Rödental 11:00 NBS Ebensfelde-Erfurt, Einschnitt Rödental 14:30 Infozentrum Goldisthal, DB ProjektBau Einschnitt Theuern, Tunnel Bleßberg Süd, Grümpentalbrücke 19:00 Fahrt nach Ilmenau, Übernachtung Jugenherberge Ilmenau Mittwoch 03.06.2009 08:30 NBS Ebensfelde-Erfurt, Ilmtalbrücke, Tunnel Tragberg 12:00 NBS Erfurt-Halle, Finnetunnel 18:00 Fahrt nach Ronneburg, Übernachtung Hotel Gambrinus Donnerstag 04.06.2009 08:00 Uran-Altbergbausanierung, Wismut GmbH 14:00 Sanierung Talsperre Klingenberg 16:30 Fahrt nach Prag, Übernachtung Hotel Ceasar Palace Freitag 05.06.2009 08:00 Stadtautobahn Blanka-Tunnelsystem 15:30 Rückfahrt nach Karlsruhe

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3. Dienstag, 02.06.2009 Bericht: Martin Feil, Julian Milch

Neubaustrecke Ebensfeld – Erfurt

BA 3122 Tunnel Reitersberg bei Rödental Am Dienstag den 2.06.2009 trafen wir uns um kurz vor acht Uhr, um bald darauf gemeinsam Richtung Coburg aufzubrechen. Gegen Mittag trafen wir in Rödental bei Coburg bei der Bauüberwachungszentrale, kurz BÜZ, des Bauabschnittes BA 3122 ein. Dort gab es einen kleinen Snack und eine Einführung über das Gesamtprojekt, welche uns der Projektingenieur Herr Schlosser und der BÜZ Leiter Herr Wilding gaben. Anschließend haben wir einen Überblick über die geologischen Randbedingungen der Strecke vom Geologen Herr Podubecky bekommen. Das Gelände ist im Trias (vor 250 bis 200 Millionen Jahren) entstanden und besteht hauptsächlich aus Bundsandstein- und Muschelkalkschichten. Eine besondere Herausforderung bietet die Kulmbach-Eisbach Störung, welche zu Störungen und Versetzungen der verschiedenen Gesteinsschichten geführt hat. Der Bauabschnitt wird planmäßig vom 02.03.2009 bis 31.07.2013 von der ARGE (Arbeitsgemeinschaft) Kunz – Swietelsky – Leonhard Weiss erstellt. Besonders muss auf dem 107 km langen Neubaustreckenlos, das sowohl von Hochgeschwindigkeitszügen als auch vom Güterverkehr befahren werden wird, auf die Einhaltung der maximalen Steigungen bzw. Gefälle von 1,2 % und der minimalen Radien von 6 km geachtet werden. Dies ist Vorraussetzung für solche Hochkapazitätstrassen. Um diese Voraussetzungen einhalten zu können, werden auf der Teilstrecke Ebensfeld – Erfurt insgesamt 22 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 41 km und 29 Brücken mit einer Gesamtlänge von ca. 20 km benötigt. Auf dem BA 3122 werden 3 dieser Brücken als Eisenbahnüberführungen EÜ oder Straßenüberführen SÜ errichtet und ein Tunnel, der Tunnel Reitersberg, mit einer Länge von 2975 m aufgefahren. Vorgetrieben wird dieser Tunnel mittels der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise (NÖT). Dabei wird der zunächst die Kalotte, der obere Teil des Tunnelquerschnittes, durch Bohren und Sprengen vorgetrieben, anschließend geschuttert und durch Spritzbeton und ggf. Ankerung gesichert. Im Abstand von ca. 200m folgt der Vortrieb der Strosse und Sohle, danach wird die Abdichtung mittels Kunstoffdichtungsbahn zwischen der Außen- und Innenschale angebracht und schließlich die Innenschale mit Hilfe eines Schalwagens betoniert. Erst die Theorie, dann die Praxis, so war auch hier das Motto. Nach der Einführung in der BÜZ fuhren wir zum Südeingang des Tunnels Reitersberg, wo seit dem 02.03.2009 die Arbeiten im Bereich des Voreinschnittes laufen. Dort wurde bereits der Voreinschnitt abgetragen, die Tunnelanschlagswand mit Bewehrungsmatten und Spritzbeton gesichert und rückverankert. Durch eine rote Sprühmarkierung war der spätere Tunnelquerschnitt zu erkennen, zur Zeit unseres Besuches war der Bereich der Kalotte freigelegt. Die seitlichen Böschungen wurden mit Bohrpfählen gegen das Abrutschen der Hangschichten gesichert, an dem die Versetzungen der Kulmbach-Eisbach-Störung deutlich zu erkennen waren.

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Bild 1: Blick auf den südlichen Voreinschnitt des Tunnels Reitersberg mit

Bohrwagen für die Anker Abschließend sahen wir nördlich des Tunnels Reitersberg ein Versuchsfeld, bei dem eventuelle Quellhebungen bei Ton- und Mergelsteinen im Zuge des Aushubs für den Trasseneinschnitt beobachtet werden sollen.

Bild 2: Versuchsfeld zur Quellhebungsproblematik von Tonsteinen, im Hintergrund die Talbrücke Froschgrundsee

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Truckenthalbrücke und Schneise mit Überholbahnhof Nach kurzer Fahrt auf den Hauptkamm des Thüringer Waldes fanden wir uns im Informationszentrum Goldisthal ein, wo die Deutsche Bahn dem interessierten Bürger die Möglichkeit bietet, sich über das Großprojekt VDE Nr. 8 (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit) zu informieren. VDE Nr. 8 ist eine Hochkapazitätsstrecke zwischen Nürnberg und Berlin und Teil einer transeuropäischen Nord-Süd-Bahnverbindung von Italien bis Finnland. Dort waren wir als Gruppe angemeldet und erhielten von Herrn Martin eine kurze Einführung per Vortrag und Videofilm. Im Anschluss lernten wir Herrn Schmalfuß kennen, einen engagierten Ruheständler, der uns den Rest des Tages und am darauffolgenden Tag auf diverse Baustellen begleitet hat. Herr Schmalfuß, war bereits in der DDR Bahntechnik-Ingenieur, und hat nach 1990 das Projekt von Beginn der Planungen an begleitet. Nach der Einführung fuhren wir zuerst zum Einschnitt Theuern. Hier wird ein viergleisiger Überhohlbahnhof errichtet, der es schnelleren Zügen ermöglichen wird, langsamere Züge hinter sich zu lassen. Dadurch wird später die Kapazität der Strecke steigen. Der schon fast fertiggestellte Einschnitt wird, wie die gesamte Strecke, mit fester Fahrbahn versehen. Der ca. 30 m tiefe Einschnitt im Muschelkalk wurde bereits begrünt, um die Böschungen vor oberflächiger Erosion, beispielsweise durch Starkregen, zu schützen. Bemerkenswerterweise war hier zu erkennen, von wievielen Faktoren ein solches Bauvorhaben beeinflusst wird. Das Bauunternehmen war beispielsweise verpflichtet, Fledermaushöhlen in den Hang einzubauen, weil vor dem Bau Fledermäuse in dort vorhandenen Höhlen angesiedelt waren.

Bild 3: Blick von Norden auf die Baustelle der Truckenthalbrücke, im

Hintergrund der Einschnitt Theuern

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Danach warfen wir noch einen kurzen Blick auf die im Bau befindliche Truckenthalbrücke zwischen dem Einschnitt Theuern und dem Bleßberg-Tunnel.

Bild 4: Blick auf den Einschnitt, im Mittelgrund die Truckenthalbrücke, im

Hintergrund das südliche Tunnelportal des Bleßberg-Tunnels

Tunnel Bleßberg Süd Nach weiterer kurzer Fahrt trafen wir uns mit Herr Cierpiol im Besprechungsraum des Baubüros am Notausgang des Bleßberg-Tunnels. Mit diesem Zugangsstollen war der Tunnelbau begonnen worden. Der Bleßberg-Tunnel ist 8314 m lang, hat eine lichte Höhe von 8,23 m und eine lichte Weite von 13,64 m. Er hat insgesamt 8 Notausgänge, bestehend aus 4477 m befahrbaren Schräg- und Parallelstollen. Die Längsneigung beträgt 1,09 %. Der spätere lichte Querschnitt nach Einbau der Innenschale beträgt 92 m². Der Tunnel wird mit der NÖT von zwei Seiten her, nämlich von Süden und Norden, aufgefahren. Zu den geologischen Besonderheiten gehören die auf ca. 480 m Länge söhlig gelagerten Kalk- und Mergelsteinschichten. Hier wurden Karstbildungen, d.h. Auslaugungshohlräume gefunden, unter anderem eine 700 m lange Tropfsteinhöhle. Diese wurde nur im Bereich des Tunnels schonend verfüllt, um einerseits die Standsicherheit zu gewährleisten, andererseits die Eingriffe in die Umwelt gering zu halten. Nach diesen Schichten trifft man auf die fränkische Störung, d.h. variszisch steilgefaltete Schieferschichten. Nach dem einführenden Vortrag über die Gegebenheiten des Bauvorhabens von Herrn Cierpiol haben wir uns mit Gummistiefeln, Warnkleidung und Helm bekleidet und sind über den Notausgangsstollen in den Tunnel eingefahren. Dort hatten wir die Möglichkeit auszusteigen und einige Arbeitsschritte der NÖT in Realität zu betrachten. Auf die in diesem Bereich schon fertiggestellte Außenschale aus Spritzbeton folgt eine Regenschirmabdichtung aus Kunstoffdichtungsbahnen, anschließend wird die Bewehrung der Innenschale abschnittsweise mittels eines fahrbaren Gerüstes

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hergestellt. Die fertig bewehrten Abschnitte werden mit Hilfe des Schalwagens betoniert, der daran anschließende Nachbehandlungswagen garantiert das richtige Klima für das Abbinden des Betons. Schließlich konnten wir noch den Rohbau eines ebenfalls als Notausgang dienenen Veritalschachtes besichtigen. Schließlich fuhren wir nach Ilmenau/Thüringen, um in der dortigen Jugendherberge zu übernachten.

Bild 5: Schalwagen des Bleßbergtunnels: ganz vorn ist die Bewehrung, im

Hintergrund die fertige Innenschale zu erkennen

Bild 6: Anbringen der Regenschirmabdichtung

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4. Mittwoch, 3.06.09 Bericht: Janine Terasa, Michael Krawiec Am zweiten Tag unserer Exkursion besichtigten wir einen weiteren Teil der Neubaustrecke Nürnberg-Leipzig. Aufgrund der geplanten maximalen Längsneigung von 1,25 % in einem mittelgebirgisch geprägten Gelände, gab es auch hier wieder viele Tunnel und Brücken zu sehen. Eisenbahnüberführung Ilmtalbrücke: Die Ilmtalbrücke überquert in ca. 50 Meter Höhe das Ilmtal mit einer Länge von 1681 Metern östlich von Langewiesen in Thüringen. Sie ist die längste Brücke des Bauvorhabens und mit Bogenspannweiten von bis zu 175 Metern die größte Betonbogenbrücke Europas. Verwendet wurde für den Oberbau ein Spannbetonhohlkastenprofil aus 4 Durchlaufträgern. Als Bauweise verwendet man das Taktschiebeverfahren in 32 Takten zu 15 Metern, von beiden Seiten ausgehend. Falls man lediglich von einer Seite gebaut hätte, wären Hilfspfeiler von Nöten gewesen, da die Brücke einen Bogen mit dem Radius von 7000 Metern beinhaltet.

Bild 7: Bogen und Fahrbahn der Ilmtalbrücke

Gegründet wird die Brücke sowohl auf Locker- wie auch Festgestein. Bei im Untergrund anstehendem Fels treppt sich das Fundament von 5 auf 1 Meter ab, um die Lasten aus dem Bogen in einem 45° Winkel direkt in den Baugrund einzuleiten. Bei nicht ausreichend tragfähigem Boden wurde mit bis zu 30 Meter tiefen Bohrpfählen gearbeitet. Dabei wurden pro Tag bis zu 3 Bohrpfähle abgeteuft. Die Setzungen beliefen sich bei den Bohrpfählen im Millimeterbereich, beim abgetreppten Fundament auf einige cm.

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Bild 8: Bewehrung eines Bogenfundamentes (Kämpfer)

Tunnel Tragberg Nach der Besichtigung der Ilmtalbrücke fuhren wir zum nahegelegenen Tragberg- Tunnel, wo wir von Herrn Dr. Berberich empfangen wurden. Die Tunnelanschlagsfeier hatte am 18. November 2008 und die Durchschlagsfeier am 8. Mai 2009 stattgefunden. Für den 500 Meter langen zweigleisigen Eisenbahntunnel wurden 113 000 m³ Erdmassen aus dem Berg gesprengt und zum ehemaligen Tagebau Thiemtal transportiert. Der Massenabtransport fand durch den Tunnel und über Baustraßen mit insgesamt 600 Metern Länge statt, um die öffentlichen Straßen nicht zu belasten. Das Auffahren des Tunnels im Sprengvortrieb war möglich, da im Tunnelbereich eine hohe Felsgüte mit Bodenklasse 7 vorherrscht, hauptsächlich magmatische Gesteine und zementierte vulkanische Aschen. In der Kalotte war eine Abschlagslänge bis zu 2,2 Metern möglich, bei der nachlaufenden Strosse eine Abschlagslänge bis zu 3 Metern. 40 Meter des Tunnels wurden in offener Bauweise und 460 Meter bergmännisch in der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise (NÖT) gebaut. Bei dieser Bauweise ist das Gebirge selbst das Haupttragelement und Gebirgsdeformationen werden gesteuert und kontrolliert zugelassen, ein zu große Auflockerung aber vermieden. Gebirge und Ausbau wirken also als Verbundsystem. Der Ausbau des Tunnels soll als Druckring wirken und biegesteif sein. Zur Überprüfung von Baugrundbewegungen wurden Inklinometer eingesetzt. Der Tunnel erhält nach seiner Fertigstellung eine 35 Zentimeter dicke Betoninnenschale, die mittels Schalwagen mit Ortbeton errichtet wird. Die Außenschale besteht aus Spritzbeton. Die Spritzmaschine konnten wir bei unserer Tunnelbesichtigung auch gleich in Aktion erleben. Außerdem wird die Spritzbetonschale durch eine Systemankerung von 4 bis 6 Metern Länge gehalten.

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Bild 9: Aufbringen des Spritzbetons

Bild 10: Spritzbetonausßenschale mit noch zu beseitigenden Unebenheiten

Die Unebenheiten in der äußeren Spritzbetonschale müssen noch beseitigt werden, da sonst die Abdichtungsfolie ihre Funktion nicht erfüllen kann. Beim Tunnelbau wird versucht, die Wasserwege erster Ordnung, also von der Natur geschaffene, zu erhalten, beziehungsweise das Wasser um den Tunnel zu leiten. Würden diese blockiert, würde sich das Wasser Wege zweiter oder dritter Ordnung suchen, die dann möglicherweise zu einem Wassereinbruch führen würden. Wir möchten uns herzlich für den netten Einführungsvortrag und die Tunnelbesichtigung bedanken.

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Neubaustrecke Erfurt-Halle/Leipzig Finnetunnel Am Mittag setzten wir unsere Fahrt in Richtung Nordosten fort und stießen am Höhenzug „Finne“ wieder auf die Neubaustrecke (VDE 8.2). Wir wurden am Finnetunnel sehr freundlich von Herrn Geiger und Herrn Szymankowski empfangen, die uns durch den gesamten verbleibenden Tag geleiteten. Der Finnetunnel hat eine Länge von etwa 7 Kilometer, eine maximale Überdeckung von 65 Meter und ist mit Baukosten von 250 Millionen Euro veranschlagt. Der gesamte Aushub beträgt 1,4 Millionen m³ und wird auf Halden deponiert. Im Gegensatz zu den bisher besuchten Tunnelbaustellen wird der Finnetunnel im unteren und mittleren Buntsandstein maschinell mittels einer Tunnelbohrmaschine (TBM) vorgetrieben. Grund dafür waren die Grundwasserverhältnisse, die eine Absenkung nicht gestatteten. Deswegen wird im durchlässigeren Teil des Gebirges im Hydroschildmodus, sobald die Verhältnisse es erlauben, im Festgesteinsmodus gearbeitet. Funktion der Tunnelvortriebsmaschine: - Hydroschildmodus: Hier wird in der Druckkammer hinter dem Schneidrad mittels

einer pneumatisch druckbeaufschlagten Stützflüssigkeit ein hydrostatisches Gleichgewicht mit dem Bergwasserdruck erzeugt. Das gelöste Gestein wird mit der Stützflüssigkeit abgesaugt und hydraulisch gefördert. Hier kann auf eine Absenkung des Grundwasserspiegels verzichtet werden. Vorzugsweise wird diese Technik bei lockerem Gestein eingesetzt.

- Hartgesteinsmodus: Hier muss der Grundwasserspiegel mittels Bohrbrunnen abgesenkt werden (im Finnetunnel sind bis zu 50 Meter), so dass er temporär unterhalb der Trasse liegt. Die Abbaukammer ist nicht druckdicht abgeschlossen. Am Schneidrad versagt das Gestein aufgrund der hohen Normalspannungen, die durch die Schneiddisken übertragen werden, und platzt in sog. Chips ab. Das Ausbruchsmaterial wird hier per Förderband nach außen transportiert.

Bild 11: Einsetzen eines speziellen Tübbings (Schlußstein) in der Firste

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Nun werden im Schutz des Schildes die 7 Tübbinge pro Schalkreis eingebracht, was pro komplettem Tübbingring etwa 30 Minuten dauert. Durch die Formgebung der Tübbingelemente können beliebige Kurvenradien erzeugt werden. Der noch benötigte Kraftschluss zwischen Fels und den Tübbingen wird durch Injezieren von Zementmörtel in den hinter dem Schildschwanz verbleibenden Hohlraum erreicht. Pro Tag können auf diese Weise 10 bis 35 Meter vorgetrieben werden. Gefahren wird offiziell mit 3 Schichten à 8 Stunden, in der Realität sind es 2 Schichten à 12 Stunden bei 7 bis 11 Mann. Einen Tunnel mit der NÖT zu bauen, wäre in etwa genauso kostenintensiv wie bei maschinellem Vortrieb, wobei die Vorlaufzeit von der Bestellung bis zur Lieferung und dem Zusammenbau der Maschine ungefähr ein Jahr ausmachen kann. Tunnelbohrmaschinen müssen in Abhängigkeit von der Geologie jeweils angepasst oder neu gebaut werden. Der Maschinenvortrieb ist im vorliegenden Fall schneller. Herstellung der Tübbinge: Die Tübbinge (Einzelgewicht 12 Tonnen) werden vor Ort in einer Feldfabrik mit etwa 80 Mitarbeitern als Fertigteile hergestellt. Sie bestehen aus einer ebenfalls dort gefertigten geschweißten Stahlbewehrung und einem C 45/50 mit hohem Flugascheanteil. Die Ausschalzeiten betragen 8 Stunden. Anschließend werden die Betontübbinge für 14 Tage auf dem Außengelände gelagert und anschließend eingebaut. Das Lager hat einen begrenzten Vorrat an ausgehärteten Tübbingen. Somit kann es auch zu Lieferengpässen kommen, falls es in der Feldfabrik zu Unterbrechungen in der Fertigung kommt. Insgesamt werden ca. 48000 Tübbinge für den Finnetunnel benötigt.

Bild 12: Blick auf das Außenlager der Feldfabrik, Bewehrungskörbe und fertige

Tübbinge

Mit der Fahrt in das Hotel Gambrinus in Ronneburg endete der zweite Tag der Exkursion.

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5. Donnerstag, 04.06.09 Bericht: Marco Binninger, Christian Fauth Altbergbausanierung der Wismut Am Donnerstag morgen besuchten wir die Niederlassung der Wismut GmbH in Ronneburg. Dort wurden wir von Herrn Hinke, welcher für die Betreuung von Besuchergruppen zuständig ist, empfangen. Herr Hinke gab uns dann einen Einblick in die Geschichte der Wismut . Die Wismut GmbH, ehemals Sowjetisch(-Deutsche) Aktiengesellschaft wurde 1946 gegründet und hatte die Aufgabe, Uranerz als Reparationsleistung für die ehemalige Sowjetunion zu fördern. Die Wismut wuchs daher schnell zum größten Bergbau bzw. Tagebauunternehmen der DDR. In den darauffolgenden Jahren wurde sehr intensiv nach möglichen Uranerzlagerstätten gesucht, welche in Thüringen und Sachsen dann auch gefunden wurden. Die Lagerstätte liegt in diesem Gebiet zwischen der hermundurischen Scholle und der Gera-Jachimov-Tiefenstörung. Von 1946-1990 wurde der größte Teil des für die Sowjetunion verfügbaren Uranerzes von der Wismut gefördert, damit war sie zeitweise sogar der weltweit größte Uranproduzent. Da das Uranerz auf zwei Arten im Untergrund vorhanden war, nämlich in Flözen und auch verstreuten Linsen, wurde das vorkommende Erz sowohl im Bergbau unter Tage als auch im Tagebau gefördert. Nach der Wiedervereinigung erhielt die Wismut den Auftrag, die Uranerzproduktion einzustellen, alle Förderbetriebe stillzulegen und die betroffenen Gebiete wieder nutzbar zumachen. Die Niederlassung Ronneburg ist eine der größten der Wismut GmbH, sie besteht aus mehreren früheren Bergbaubetrieben sowie einigen Aufbereitungsanlagen. Nach dem Vortrag bestiegen wir einen speziell von der Wismut GmbH angemieteten Bus und fuhren zur früheren industriellen Absetzanlage Culmitzsch.

Bild 13: Absetzanlage Culmitzsch

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Dort wurden in Becken Aufbereitungsrückstände des Uranerzes eingeleitet, sogenannte Tailings oder Schlämme, welche radioaktive Rückstände (Radium, Uran) sowie Schwermetalle und sehr hohe Salzgehalte enthalten. Diese Rückstände waren durch die Aufbereitungsmethoden bedingt, denn das in geringen Konzentrationen im Nebengestein vorkommende Uranerz musste aufwendig herausgelöst werden. Da über den Tailings noch große Mengen Freiwasser standen, musste dieses als erstes entfernt werden. Die Schlämme sind zum Teil sehr feinkörnig und wenig tragfähig, daher wurden erst mehrere dünne Schichten rieselfähigen Materials über ihnen eingebaut, bevor das Wasser abgelassen werden konnte. Ein Abtrag kontaminierter Stäube mit dem Wind wurde damit vermieden. Danach wurden Kunststoff-Drainagematten, sowie Geogitter bzw. Filtervlies auf die abgetrockneten Tailings aufgelegt, so dass leichte Baumaschinen darauf fahren konnten. Anschließend wurde eine Zwischenschicht aus sandigem bzw. kiesigem Material aufgebracht. Im Abstand von einigen Metern wurden durch die Zwischenschicht Vertikaldrains in die Tailings eingebracht, um eine weitere Entwässerung dieser zu gewährleisten und zu beschleunigen. Die Entwässerung und die damit einhergehende Steigerung der Tragfähigkeit ist die Voraussetzung für die nächsten Arbeitsschritte. Nun erfolgt der Aufbau weiterer Erdschichten mit schwerem Gerät, welche dann als Endabdeckung dienen. Mit den ständigen Überfahrten der schweren Maschinen wird ausserdem die angestrebte Verdichtung der Zwischenschicht erreicht, um eine möglichst gute Dämmfunktion dieser zu gewährleisten. Die Endabdeckung wird mit Hilfe von Planierraupen locker aufgebracht. Dieser Vorgang ist im Moment in Culmitzsch noch im Gange, wobei ein Teil der Absetzanlage bereits mit der Zwischenschicht und teilweise mit den darauffolgenden Erdschichten bedeckt ist. Ziel ist es, den ursprünglichen Zustand der Landschaft vor der Nutzung als Absetzanlage nahezu wieder herzustellen.

Bild 14: Absetzanlage Culmitzsch, der helle Boden ist die dränierende

Zwischenschicht, der dunkle Boden ist Teil der Endabdeckung

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Der andere Teil der Absetzanlage besteht noch aus einer Wasserfläche, welche in nächster Zeit trockengelegt werden soll, um dort ebenfalls die Abdeckung herzustellen. Die Konturierungsmaßnahmen sind voraussichtlich 2012 beendet. Ein weiteres Problem der Schlämme ist auch noch ihr hoher Pyritgehalt, wodurch das Wasser sauer und schwermetallbelastet ist. Dies hat wiederum zur Folge, dass eine aufwändige Wasserbehandlung noch über mehrere Jahre nötig sein wird. Nach der Besichtigung der Absetzanlagen fuhren wir mit dem Bus wieder nach Ronneburg zum ehemaligen Tagebau Lichtenberg. Auf dem Gelände wo sich einst ein 230 m tiefer Tagebau befand, befindet sich heute ein 70 m hoher Hügel, welcher Teil des dort entstehenden Landschaftsbauwerks ist. Um den Standort Ronneburg waren mehrere Bergbaubetriebe und der Tagebau Lichtenberg angesiedelt, deswegen gab es mehrere teils unterschiedlich große Halden mit kontaminiertem Material. Es wurde entschieden, diese Erdmassen abzutragen und den Tagebau damit aufzufüllen, außerdem wurde das belastete Abraummaterial so an einer Stelle konzentriert. Das Erdmaterial mit den größten Pyritgehalten wurde unten eingebaut, da nach der Flutung des Absenkstrichters um den Tagebau diese Schichten unter dem Grundwasserspiegel liegen werden. Dieser Grundwasserwiederanstieg dauert heute noch an. Die oberen Schichten wurden mit basischem Erdmaterial aufgefüllt. Durch die hohen Pyritgehalte wurde das Grundwasser in diesem Gebiet jedoch auch sauer und muss deshalb ebenfalls behandelt werden. Dies wird ebenfalls noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die Erdarbeiten in Lichtenfels und Umgebung sind zum großen Teil abgeschlossen. Es sind heute aber immer noch mehrere Dumper und Planierraupen im Einsatz, um die endgültigen Konturen herzustellen.

Bild 15: Konturierungsarbeiten im ehemaligen Tagebau Lichtenberg Nach der Besichtigung des ehemaligen Tagebaus fuhren wir zurück in die Niederlassung der Wismut GmbH. Wir bedanken uns bei Herrn Hinke für die ausführlichen Erläuterungen.

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Talsperre Klingenberg Um 15.30 Uhr erreichten wir die Talsperre in Klingenberg/Erzgebirge, wo wir freundlichst von Herr Walther, einem weiteren aktiven Ruheständler und ehemaligen Mitarbeiter der Landestalsperrenverwaltung Sachsen, begrüßt wurden. Herr Walther erklärte uns zunächst anhand einer Übersichtstafel den Aufbau und die Sanierung der Talsperre. Danach gab es eine Führung und später stellte er sich noch unseren Fragen.

Bild 16: Einführungsvortrag von Herrn Walther

Die Talsperre Klingenberg wurde 1908-1914 errichtet und danach direkt in Betrieb genommen. Sie erstreckt sich 40 Meter in die Höhe und 6,5 m unter die Talsohle: Es wird ein Volumen von 16,38 Mio m3 angestaut. Das Bauwerk ist eine Gewichts-staumauer aus Bruchsteinmauerwerk (Gneis) und hat zwei Grundablässe. Die Anlage liefert fast 50% des Rohwassers für die Landeshauptstadt Dresden und versorgt zusätzlich das darunter liegende Tal. Gleichzeitig ist ein Kraftwerk angeschlossen, dass in Spitzenzeiten 850 kW produziert. Aufgestaut wird die Wilde Weißeritz, deren Einzugsgebiet sich über 98,40 km2 erstreckt (davon 12,3 km2 in Tschechien).

Bild 17: Talsperre von Unterwasser, Blick von der Krone

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Aufgrund des Verschleißes der Anlagenteile sowie der Hochwassersschäden vom 12. und 13. August 2002 muss nun eine Sanierung durchgeführt werden. Die Sanierung begann 2005 und wird sich voraussichtlich bis 2011 hinziehen. Sie ist in 3 Teilvorhaben unterteilt und wird rund 60 Mio. Euro kosten.

Bild 18: Plan der Kaskade der Hochwasserentlastungsanlage

1. Teilvorhaben: Neubau Hochwasserentlastungsstollen An der linken Seite entstand ein Stollen von 3,3 km Länge in maschineller Bauweise (Tunnelbohrmaschiene), der als neue Hochwasserentlastung dient. Möglich ist sowohl ein Druck- als auch ein Freispiegelabfluss, Absperrorgane befinden sich sowohl am Ein wie auch am Auslauf des Stollens. Der Einlauf befindet sich vor der Vorsperre, der Stollen endet in einem Kontrollbauwerk und wird dann in das Tosbecken geleitet. Während der Erneuerung der Hauptsperre wird das Wasser durch diesen Stollen geleitet. 2. Teilvorhaben: Neubau Vorsperre, Neubau Wildholzsperre Die Wildholzsperre besteht aus mehreren Eisenpfählen, die ausreichend tief in den Boden gerammt werden und ca. 2,50 m in die Höhe ragen. Das Einzugsgebiet ist stark bewaldet und deshalb muss der Entlastungsstollen vor Wildholz geschützt werden, um ein Verlegen durch Treibholz beispielsweise bei einem Starkregenereignis zu verhindern Die Vorsperre wurde im August 2005 sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Ein neues Überlaufbauwerk (Entenschnabel) wurde gebaut und der Erddamm wieder angeschüttet. Leider konnten wir aus Zeitmangel diesen Teil der Baumaßnahme nicht besichtigen. 3. Teilvorhaben: Instandsetzung Hauptsperre Zuerst wurde ein begehbarer Kontrollgang über die gesamte Bauwerkslänge in den Damm gesprengt, um Aufschluss über die Sickerwassermenge und den Zustand des Mauerwerkes zu bekommen. Im Sprengvortrieb war dies nur möglich, weil die Staumauer noch in einem sehr guten Zustand war.

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Nachdem das Becken hinreichend entleert war, konnte damit begonnen werden, das Einlaufbauwerk der Hochwasserentlastung zu ertüchtigen und zusätzlich mit einem regelbaren Schieber auszurüsten. Bei Hochwasser wird das Wasser über das Überlaufbauwerk treten und die Kaskaden hinunter rauschen. Die Kaskade aus Mauerwerk musste auf Grund des Hochwassers vollkommen saniert werden und gleichzeitig wurden die Mauern um eine ca. 50 cm hohe Betonsperre erhöht. An der Wasserseite der Staumauer wird die alte Betonschicht „abgeschält“ und eine neue ca. 70 cm dicke Schicht aufbetoniert. Außerdem werden die Betriebsinrichtungen komplett erneuert. Das Hauptmerkmal der Talsperre, der markante Kronenaufsatz, wird um zwei Meter in den Stauraum verlängert, um dort mehrere Entnahmestellen und Messgeräte in fünf verschieden Höhen anzubringen. So kann man die Höhe bestimmen, in der das „beste“ Wasser für die Trinkwassernutzung in Abhängigkeit des Wasserstandes im Becken entnommen werden kann. Das gesamte Staubauwerk steht unter Denkmalschutz und bleibt vom Erscheinungsbild her erhalten. Die Grundablässe werden erneuert und von einer Abflussleistung von 80 m3/s auf 140 m3/s erweitert. Insgesamt wird der Schutz der Stauanlage vor extremen Hochwasserereignissen, wie man sie 2002 erfahren musste, deutlich verbessert.

Bild 19: Ertüchtigung der Kaskade, rechts der Bogen der Talsperre

Nachdem alle Fragen beantwortet waren und wir uns herzlich bedankt hatten, fuhren wir gegen 17 Uhr weiter und erreichten nach 160 km Fahrt um 20.15 Uhr die Hauptstadt Tschechiens Prag. Wir checkten im luxuriösen 4-Sterne-Hotel Ceasar Palace ein. Gegen neun Uhr trafen wir uns im Hotel, um im nahegelegenen Restaurant u Flaku deftig landestypisch Essen zu gehen. Bei typisch tscheschischem dunklen Bier, Braten mit Sauerkraut und Knödeln genossen wir den Abend. Später teilte sich die Gruppe. Einige ließen sich von der Schönheit Prags bei Nacht inspirieren, andere feierten das Prager Nachtleben.

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6. Donnerstag, 05.06.2009 Bericht: Anna Skoglund und Lianna Lukimto Blanka Tunnel Complex An dem vierten und letzten Exkursionstag besuchten wir das Informationszentrum des Bauprojektes Blanka Tunnel Complex in Prag, Tschechien, und danach folgte die Besichtigung der Baustelle in Letná. Der Blanka Tunnel Complex schließt die nordwestliche Lücke des Innenstadt-Ringes (Stadtverkehrsgürtel) Prag und ist zugleich auch die größte im Bau befindliche Untergrundkonstruktion in Tschechien.

Bild 20: Gesamtstrecke des Blanka Tunnel Complex, im Kreis Letná (Quelle : www.tunelblanka.cz)

Bild 21: Untergrundstruktur von Letná. Rot: nörd. Tunnel; Blau süd. Tunnel; Gelb: Parkplätze (Quelle : www.tunelblanka.cz)

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In dem Informationszentrum in Letná erwarteten uns schon Herr Ing. František Polák von der ausführenden Baufirma Metrostav a.s., und eine andere Studentengruppe aus der Universität Charles in Prag. Ihr Begleiter, Herr David Masin Ph.D hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, für uns ins Englische zu dolmetschen.

Bild 22: Herr Ing. František Polák & Herr David Masin PhD

Nach dem Empfang wurde ein Film von der Firma SATRA, spol. s.r.o. über das Bauprojekt gezeigt. SATRA, spol. s.r.o hat den Entwurf für die Erweiterung des Stadtverkehrsgürtels erstellt und koordiniert zugleich auch das Projekt. Ein kurzer Vortrag von dem Herr Ing. František Polák, übersetzt von Herr Masin, folgte unmittelbar danach, und zum Schluß besichtigen wir die Baugrube in Letná, wo der Tunnel Dejvice endet und sich der Anschlag des Tunnels Královská befindet. Der Film informierte über die Hintergründe, Fortschrittsverläufe, Finanzierung und die technische Besonderheiten dieses großen Bauprojekts. Der Hintergrund dieser Erweiterung der Stadtverkehrsgürtel ist der Wachstum des Verkehrs in den letzten 45 Jahren: Zwischen 1960 bis 2005 wuchs die Anzahl der PKW in Prag von 100.000 auf 780.000. Die zur Zeit vorhandene Straßeninfrastruktur ist sehr überlastet und muss erweitert werden. Der Stadtverkehrsgürtel ist in ein Innen- und Außennetz aufgeteilt, der Blanka Tunnel Complex befindet sich im Innennetz. Die Finanzierung des Innennetzes trägt die Stadt Prag selber, das Außennetz dagegen wird mit EU-Hilfe von der Tschechischen Republik finanziert. Die Strecke verläuft sowohl unterirdisch als auch oberirdisch mit einer Gesamtlänge von 6382 m. Nach der geplanten Fertigstellung im Jahr 2011 wird der Blanka Tunnel Complex der längste Tunnelkomplex in Tschechien sein. Er verbindet die Abschitte Malovanka und Pelc Tyrolka und besteht insgesamt aus den drei Tunneln Brusnice, Dejvice und Královská. Offene und bergmännische Tunnelbauverfahren werden hier angewendet. Der Tunnel in geschlossener Bauweise wird in der NÖT (Neue Österreichische Tunnelbauweise) gebaut, an der Entwicklung dieser Methode war übrigens auch unser früherer Felmechanik-Professor Leopold Müller beteiligt.

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Innovative Ventilationstechnik wird zusätzlich zu der üblichen Ventilationstechnik hier eingesetzt, unterhalb der Fahrbahn wird ein Ventilationsstollen eingebaut, der bei einem Brandfall die Luftzirkulation noch gewährleisten kann. Damit ist die Sicherheit für die Menschen und Rettungskräfte im Brandfall erhöht. Der Kamin dieser Lüftungsanlage wird eine Höhe von 20 m über Geländeoberkante haben und in 130 m Abstand von der Tunnelachse entfernt errichtet. Üblicherweise werden die Lüftungskanäle in der Firste über einer abgehängten Zwischendecke angeordnet. Im Brandfall droht aber gerade diese Zwischendecke und damit die Lüftung schnell zu versagen, deshalb bieten Lüftungsstollen unterhalb der Fahrbahn hier deutliche Sicherheitsreserven.

Bild 23: Querschnitt des bergmännisch aufgefahrenen Tunnels, unten links: Betriebsstolle; unten mitte und rechts: Ventilationsstollen (Quelle:

www.tunelblanka.cz) Der Tunnel Královská (Gesamtlänge 3090 m) verläuft an der Grenze der zum UNESCO Weltkulturerbe erklärten Altstadt von Prag, und unterhalb eines unter Naturschutz stehenden Parks. In diesen Bereichen musste der Tunnel bergmännisch aufgefahren werden, 860 m dieses Tunnels wurden aber auch in offener Bauweise errichtet. Probleme traten während des Vortriebs des Tunnels Královská auf, als unterhalb des Naturschutzgebietes die Firste nur ca. 2 m unterhalb der Sedimentschicht lag, es drohte zu einem Verbruch zu kommen. Aus diesem Grund wurden Injektionen mit dem Zweck der Bodenverbesserung in der Sedimentschicht durchgeführt.

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Bild 24: Die Lüftungseinrichtungen, der Kamin ist orange eingezeichnet (Quelle: www.tunelblanka.cz)

Der Baugrubenverbau für den Tunnel Dejvice, der in offener Bauweise errichtet wird, besteht aus einem Trägerbohlverbau mit dreifacher Verankerung. Die Baugrubensohle liegt oberhalb des Grundwasserspiegels, deswegen ist keine Wasserhaltung notwendig. Der Bodenaushub war nicht geeignet, um unbehandelt wieder als Verfüllung verwendet zu werden. Dem Material wird 3% Kalk beigemischt, sodass es danach besser verdichtbar ist. Im unteren Bereich der Baugrube steht gewachsener Fels an, hier muss nur mit einer Spritzbetonschicht und ggf. mit Ankern gesichert werden, ein weiterer Verbau ist nicht erforderlich.

Bild 25: Blick in die Baugrube Letná

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Bild 26: Querschnitt des Tunnels in offener Bauweise (Quelle: www.tunelblanka.cz)

Bei der Besichtigung der Baugrube in Letná sahen wir an der östlichen Anschlagswand aus nächster Nähe, wie sowohl der untere Teil der offene Tunnelbaugrube als auch das Aushubprofil des bergmännischen Tunnels Královská sich komplett in der tieferen Schieferschicht befindet.

Bild 27: Verschiedene Arten des Baugrubenverbaues auf einen Blick, links die Anschlagswand für den bergmännisch aufgefahrenen Teil des Tunnels, recht

der kreisförmige Rampenanschluß mit Trägerbohlverbau

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Die oberste Schicht ist bindiger Boden (hinter der aufgelösten Bohrpfahlwand). Hier kann man deutlich erkennen, dass abgesehen von einer Spritzbetonschicht und Ankern an der Anschlagswand kein weiterer Verbau unterhalb der ausgelösten Bohrpfahlwand benötigt wird, weil der Schiefer ausreichend tragfähig ist. Das Volumen dieser Baugrube beträgt 450.000 m³ bei einer Tiefe von 27 m. Oberhalb des Tunnel wird eine Tiefgarage für 400 PKW errichtet. Die geplante Fertigstellung der Arbeiten ist im Jahr 2011. Nach der Besichtigung der Baustelle und damit dem letzten interessanten Besuch dieser Exkursion haben wir uns verabschiedet und nutzten die Gelegenheit um noch in den letzten verbliebenen Stunden Prag zu besichtigen. Dafür teilten wir uns in kleine Gruppen auf, so dass jeder den Stadtbummel nach seinem Geschmack gestalten konnte .

Bild 28: Aussicht über die vielen Brücken von Prag

Die bekannten Sehenswürdigkeiten wie die Karlsbrücke, Prager Burg und die Altstadt wurden natürlich von allen besucht. Ein paar Stunden später haben wir uns wieder getroffen, um alle gemeinsam zu essen, nach dieser Stärkung fuhren wir wieder zurück nach Karlsruhe.

Endredaktion: Tilman Bittner