Peter Aschoff: Missionale Gemeinde - Ein "Buzzword" kurz erläutert

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MISSIONALE GEMEINDE ein „Buzzword“ kurz erläutert

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MISSIONALE GEMEINDEein „Buzzword“ kurz erläutert

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BEGRIFFSKLÄRUNG: „MISSIONAL“

Willingen 1952: Wiederentdeckung der „missio dei“ im Kontext der Weltmission

80er Jahre: Lesslie Newbigin und GOCN - Kirchen des Westens auf den wachsenden Pluralismus und rapiden Wandel unvorbereitet, eine Neukontextualisierung ist nötig

Nachkonstantische Ära: Kirche verliert Deutungsmonopol nicht nur in der Kosmologie, sondern auch religiös

David Bosch († 1992): Transforming Missions - neues postmodernes Paradigma mit Themen wie Kontextualisierung, Laienapostolat, soziale Gerechtigkeit, religiöser Dialog, Theologie als Story und Metapher

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In einer Welt, in der Menschen auf einander angewiesen sind und jedes Individuum in einem Netz zwischenmenschlicher Beziehungen existiert, ist es völlig unhaltbar, das Heil auf den einzelnen zu beschränken und sein persönliches Verhältnis zu Gott. Hass, Unrecht, Unterdrückung, Krieg und andere Formen der Gewalt sind Manifestationen des Bösen; Sorge um Humanität, die Überwindung des Hungers, Krankheit und Sinnlosigkeit sind Teil des Heils, auf das wir hoffen und "ür das wir arbeiten. David Bosch

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David Bosch

Obwohl also – durch alle Jahrhunderte christlicher Missionsgeschichte – immer ein bemerkenswerter Dienst stattfand, was die Fürsorge "ür die Kranken, die Armen, die Waisen, und andere Opfer der Gesellschaft angeht, wie auch die Bildung, landwirtschaftliche Unterweisung und dergleichen, wurden diese Dienste fast immer als “Hilfsdienste” betrachtet, nicht als missionarisch an sich. Ihr Zweck war es, Menschen dem Evangelium gewogen zu machen, sie zu “erweichen”, und damit den Weg zu ebnen "ür das Werk des wirklichen Missionars: dessen nämlich, der Gottes Wort über das ewige Heil verkündet. In den meisten Fällen wurde daher eine strikte Unterscheidung beibehalten zwischen “horizontalen” oder “äußeren” Schwerpunkten (Nächstenliebe, Bildung, medizinische Hilfe) auf einerseits und den “vertikalen” oder “geistlichen” Elementen auf der Tagesordnung der Mission (etwa Verkündigung, die Sakramente, Gottesdienstbesuch) andererseits. Nur die letztere wirkte sich aus auf die Vermittlung des Heils.

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DER MISSIONALE CHRISTUS

… kann nur messianisch verstanden werden - als Er"üllung der theopolitischen Hoffnung Israels in (!) der Geschichte und als Agent des Gottesreiches in der Welt

… interpretiert diese messianische Rolle eigenwillig und unableitbar: als prophetischer Befreier von Sünde und Tod, als leidender Gottesknecht am Kreuz, als zum Gericht kommender Menschensohn

… wird in kosmischer Dimension als Gottes Schöpferwort und -weisheit bekannt - wo Himmel und Erde sich treffen und die neue Welt beginnt

… ist archetypischer Träger und Geber des Geistes Gottes, der die Kraft der Auferstehung und der neuen Welt ist

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DIE DOPPELTE BEWEGUNG

von der statischen, übergeschichtlichen Christologie des Pantokrators der Reichskirche, der kirchliche und imperiale Hierarchien legitimiert

zur dynamischen Christologie des Kämpfers "ür die Gerechtigkeit an der Seite der Friedensstifter und der Opfer von Ausbeutung, Vernachlässigung und Gewalt

von der dualistischen (und monokontextuellen) Verengung auf die Vertikale – das Erreichen ewigen Seelenheils "ür das Individuum

zur Weite gemeinschaftlich und gemeinnützig gelebter multikontextueller Gegenkultur als Ausdruck der in Christi Auferstehung angebrochenen Gottesherrschaft (horizontal & vertikal)

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DAVID FITCH: „THE END OF EVANGELICALISM?“

From Inerrant Bible to: Our One and True Story of God for the whole world.

From the question “have you made the decision to receive Christ as your personal Savior?” to: “have you entered into the salvation already begun in Jesus Christ that God is working for the sake of the whole world?”

From the church as Christ’s army dispersing individuals into the world to fight for the Christian Nation to: the church as the social body of His Lordship (His Reign) incarnating Christ into the world.

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POST-CHRISTENDOM

historische „Inkarnationen“ von Kirche bestehen fort

die obrigkeitliche Großinstitution mit ihren Angebots- und Versorgungsstrukturen lebt vom religiösen Grundbedürfnis

Wagenburg-Mentalität frommer Gemeinschaften in der pluralistischen Gesellschaft

Gemeinsamkeit: Konzentration auf Gebäude, „Klerus“, Programme, Verlustängste („das war mal ein christliches Land“)

Zwei Pole: Anbiederung zur Selbsterhaltung oder traditionalistische (bzw. fundamentalistische) Selbstisolation

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EKKLESIOLOGISCHE FOLGEN

Nachfolge/Imitatio Christi trägt die Gestalt der Sendung

Der Geist und „alle Wahrheit“: prophetisches und kulturprägendes Mandat - bruchstückhafte Vorschau der neuen Welt

Marginale Existenz: Universalität leben ohne falsche „Unparteilichkeit“

nomadische Identität (Volf, Donovan): Weder entwurzelt noch sesshaft

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„KIRCHE, DIE ÜBER DEN JORDAN GEHT“

In ähnlicher Weise soll die Kirche stets aus ihrer christlichen Vergangenheit ausziehen, vieles "Ererbte" tapfer hinter sich lassen. Das war und ist ihre Aufgabe. Beim Blick auf die Geschichte sehen wir aber etwas anderes: Die Kirche hat sich bald in ihren eigenen Partikularismus zurückgezogen., die Idee eines neuen Israel hat nicht Mut und Entschlossenheit provoziert ständig ein Volk auf dem Weg zu sein… Unsere Kirche wurde stattdessen eine partikuläre Einheit unter vielen anderen, begann ihre eigenen Grenzen zu überwachen und hat aus dem Glauben ein "Erbe der Väter gemacht", ein Eigentum, das weiter tradiert wird.

(Tomas Halik, Geduld mit Gott)

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AUS DEM HÄUSCHEN...

Alle An"änge sind bilderstürmerisch, und in ihnen sagt man jenen Satz des jungen Mannes aus Nazareth: Nichts was zum Munde hineingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Munde herauskommt, macht dem Menschen unrein. (...) Die Welt ist sein, sagt dieser junge Glaube. Eine besondere Stätte, eine besondere Zeit oder ein besonderes Haus ihm zuzusprechen bedeutet die Leugnung seiner Universalität und der Heiligkeit aller Zeiten und Orte.

(...) Es gibt auch die Wahrheit jenes älteren Glaubens, der die Orte, Räume und Zeiten sich als Zeugen sucht. Auf jeden Fall soll man nicht die eine Wahrheit mit der anderen erschlagen. Das sollen die Propheten wissen und ihr Widerpart, die müde und alt gewordenen Priester in den Kirchen, die in Räumen leben und die die Räume brauchen. Die Priester bauen Kirchen, die Propheten setzen sie in Brand. (Fulbert Steffensky)

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MISSION-SHAPED CHURCH

M. Frost: Vier Elemente des Gemeindelebens

Gottesdienst

Gemeinschaft

spiritual

formationMission

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MISSION-SHAPED CHURCH

Was passiert, wenn statt des „Gottesdienstes“ die „Mission“ das organisierende Prinzip wird, an dem Strukturen, Inhalte und Aktivitäten sich ausrichten?

Gottesdienst

Gemeinschaftspiritual

formation

Mission

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MITTEN IM DORF

“Ich möchte von Gott nicht an den Grenzen, sondern in der Mitte, nicht in den Schwächen, sondern in der Kraft, nicht also bei Tod und Schuld, sondern im Leben und im Guten des Menschen sprechen ... Gott ist mitten in unserm Leben Jenseits. Die Kirche steht nicht dort, wo das menschliche Vermögen versagt, an den Grenzen, sondern mitten im Dorf.” (D. Bonhoeffer)

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ZÄUNE ODER BRUNNEN?Wenn sie (die Kirche) evangelisch »radikaler« wäre, brauchte sie vermutlich gesetzlich nicht so »rigoros« zu sein. Rigorosität stammt eher aus Angst, Radikalität aus Freiheit, aus der Freiheit des Rufes Christi. (...) Sie könnte dann z.B. auch solche, die in ihrer Ehe gescheitert sind und da"ür um Vergebung bitten, zu den Sakramenten zulassen, ohne dass sie einen Dammbruch be"ürchten müsste. Die Kirche brauchte dann auch nicht den Pflichtzölibat zur Bemäntelung der entradikalisierten Christenheit. Es bestünde nämlich gar nicht die Gefahr, dass die apokalyptische Tugend der Ehelosigkeit erlöschen würde; sie würde aus der Radikalität der Nachfolge immer neu entstehen.

Dann übrigens würde auch die kirchliche Autorität bei uns ihr allenthalben beklagtes behördliches Antlitz verlieren; sie würde stärker die Züge einer religiösen Führungsautorität annehmen können.

Johann Baptist Metz

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Das Wort wurde Fleisch und Blut und zog in die Nachbarschaft.Johannes 1,14

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„Nicht meine Welt...“

Gott wartet nicht passiv

Er kommt auf uns zu, er sucht

Er betritt unsere Nachbarschaft - wird „einer von uns“

Beziehung wichtiger als Projekt/Programm

STIMMT DIE RICHTUNG?

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Jesus will verändern - und sammelt Menschen zu einer Gemeinschaft

Gute Nachricht fließt dort (!) über in gute Taten

An einem einzelnen kann vieles gar nicht sichtbar werden

Gott ist Gemeinschaft und wirkt Gemeinschaft

GEMEINSCHAFT STATT BUCH

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Veränderung erfordert „alternative Story“

Problem der Plausibilität: „(Orts-)Gemeinde ist die Auslegung des Evangeliums“

Doppelte Bindung: An Gott/Christus und an den Ort

Nicht Stil muss anders sein (Kleidung, Musik, Sprache...)

Aber die Einstellung: Umgang mit Geld, Karriere, Beziehungen, Eigentum, Zeit

UNTERSCHEIDBAR BLEIBEN

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des Lobes (statt Zynismus/Skepsis)

der Wahrheit (statt Gleich-gültigkeit)

des Daseins "ür andere (statt Eigennutz)

der Priesterschaft (statt Fatalismus)

der Verantwortlichkeit (statt Rückzug in die Beliebigkeit des „Privaten“)

der Hoffnung auf eine

EINE KULTUR...

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Was ist unsere „alternative Story“?

In welche „Nachbarschaft“ sind wir gerufen bzw. hineingestellt?

Welchem Christus folgen wir: Dem Pantokrator oder dem Wanderer?

Welchen Beitrag („Nutzen“) können wir dort leisten?

Wo sind und bleiben wir erkennbar anders?

Wie helfen wir uns gegenseitig dabei?

FRAGEN