peitz festival 2013

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NEUHEITEN Feb.2013 „Tender Exploration“

Conny Bauer – trombone William Parker – double bass Hamid Drake – drums

1. Drake 24:55 2. Parker 04:09 3. Bauer 26:44

All music by Parker / Drake / Bauer

Peter Ehwald ist mehr als ein Drauflosspieler. Bei ihm ist Spontaneität stets gepaart mit einem stark ausgebildeten Konzeptdenken. Bloße Verfeinerungen des in der sogenannten amerikanischen Oktoberrevolution des Jazz kreierten auswuchernden Solospiels genügen ihm nicht. Geschichte hat stattgefunden und kann nicht endlos wiederholt werden. Peter Ehwald gehört in Bezug zum damaligen Aufbruch zur Enkelgeneration. Er reflektiert viel über das, was sein Eigenes sein könnte, sucht nach einer jeweiligen Idee, die erst ein Album rechtfertigt. Powerplay und Muskelspiel sind zu wenig. Stilmittel sind neu zu kalibrieren, das macht diese Musik zu einer von heute: relevant, glaubwürdig und authentisch. .. Ulrich Steinmetzger

"Instinct To Play" ist Matthias Brödes viertes und reifstes Album. Mit den Musikern des Quartetts hat er eine Besetzung gefunden, die seinem warmen Klang auf dem Instrument im Team zu entsprechen vermag. Matthias Brödes Spiel auf der Mundharmonika und das von Claudio Puntin auf den Klarinetten mischt und ergänzt sich bestens – im Unisono ebenso wie in den sich verschränkenden und ergänzenden Melodielinien. In dieser Kombination plus Kontrabass und Schlagzeug ließ sich Matthias Bröde tatsächlich auch von Ornette Colemans "klassischem" Quartett inspirieren… Bert Noglik

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NEUHEITEN Feb.2013 „Brilliant Heart“ David Friesen - Hemage Bass Greg Goebel - Piano Larry Koonse - Guitar Charlie Doggett - Drums All the music on this CD was composed for my son. Scott Benjamin Friesen 1968-2009.

Robert Schumann

DIE EINDEUTIGKEIT DES VIELDEUTIGEN

„Myrtenlieder“

Romanzen und Lieder von Robert Schumann

Schumanns Charakterstücke für ein Melodieinstrument mit Begleitung

Martin Stegner - Viola Tomoko Takahashi - Klavier

Re – Release, Phil.06002

Lieder ohne Worte,

Natürlich stellt sich bei der Übertragung von Liedern auf ein Instrument immer die Frage, ob die Musik sinnvoll bleibt, wenn sie der Worte entkleidet wird, insbesondere bei einem Komponisten wie Robert Schumann, für den die Literatur nahezu ebenso bedeutsam war wie die Musik.

Martin Stegner - Viola Tomoko Takahashi - Klavier

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Peanuts & Vanities

Silke Eberhard & Ulrich Gumpert

Die Peanuts, diese liebenswerten Kleinigkeiten, von denen manche nicht genug bekommen können. Oder auch das, was für die einen Kleckersummen, für die anderen unerreichbarer Reichtum bedeutet – durch einen deutschen Banker ist der Begriff zum Unwort eines Jahres geworden. Die Peanuts und die Vanities, die Kleinig- und die Nichtigkeiten, weil es im Deutschen ja die Kleinstigkeiten nicht gibt. Bei einem solchen Titel ist Ironie im Spiel, auch Selbstironie, zumindest so etwas wie Augenzwinkern. Dizzy Gillespies skurriles Stück "Salt Peanuts", einer der raren Vokaltitel des Bebop, gerät zu Fixpunkten im Fluss des freien Musizierens. Und damit sich diese zu einer gedanklichen Klammer schließen, gibt's zum Rauswurf noch "The Peanut Vendor" – ein Standard, ursprünglich der Ausruf eines Straßenverkäufers, ein kubanischer Song, der in den vierziger Jahren nach den USA und Europa schwappte und eine Rumba-Hysterie auslöste. Stan Kenton hat den Titel orchestriert, Louis Armstrong hat ihn gesungen, und Django Reinhardt hat ihn auf der Gitarre gespielt. Im Zusammenhang mit den hier veröffentlichten Duo-Aufnahmen von Silke Eberhard und Ulrich Gumpert sei darauf hingewiesen, dass mit "Salt Peanuts" und "The Peanut Vendor" alle auffindbaren Jazzstücke mit dem Begriff "Peanuts" auf einem Album erscheinen. Es gibt nur diese beiden. Doch die "Peanuts" sind in der Tat nicht das Essentielle dieser Einspielung, die sich ansonsten der Verankerung im Thematischen entzieht und dem Zitieren entsagt. Was die beiden – Silke Eberhard und Ulrich Gumpert – hier tun, ist Musik erfinden, indem sie einander zuhören und aufeinander reagieren. Instant composing hat man das einmal genannt, und der Begriff ist gar nicht so schlecht.

Bert Noglik

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JOHN TCHICAI, Dell, Westergaard, Lillinger Szenen der Transformation Als Christopher Dell und John Tchicai sich vor sechs Jahren in Frankfurt zum ersten Mal trafen, ging es um ein musikalisches Projekt, das dem südafrikanischen Bassisten Johnny Dyani gewidmet ist. Kurz vor dessen Tod 1986 war in Zusammenarbeit mit Dyani noch der Konzertzyklus „Jazz gegen Apartheid - die Musik Johnny Dyanis“ entstanden, dem Tchicai von Anfang an aktiv verbunden war. Eine intensive Zusammenarbeit Tchicais mit Chris McGregors „Brotherhood of Breath“ und Johnny Dyani gingen dem voraus. Als der Produzent Ulli Blobel von der Zusammenarbeit Tchicais und Dells bei „Jazz gegen Apartheid“ erfuhr, regte er gemeinsame Konzerte an, die im Frühjahr 2010 in Berlin stattfanden. Vom Duo-Konzert am 27. März 2010 im damaligen Jazzwerkstatt-Café schafften es einige Stücke auf diese CD, die anderen stammen von zeitnahen Aufnahmen des gemeinsamen Quartetts mit Christian Lillinger und Jonas Westergaard. Der Findungsprozess, der sukzessive zur Auswahl und schließlich zur Veröffentlichung dieser Musik führte, dauerte besonders bei Tchicai einige Zeit. Für Dell ein durchaus generationstypischer Vorgang bei den alten Meistern, den er aus seiner Arbeit mit Heinz Sauer gut kennt. Dell beschreibt diese Beobachtung als langes Nachdenken über eine bereits aufgenommene Improvisation, an dessen Ende die fertige Komposition steht. Hinsichtlich der Dramaturgie der auf dieser CD versammelten Stücke weist Dell auf die permanente Umschichtung der Stücke zwischen reduzierter Instrumentierung und großer Orchestrierung hin. Bei den Quartettaufnahmen wird schön deutlich, wie das aus dem Abstrakten und Experimentellen schöpfende Trio Tchicai willkommene rhythmische und harmonische Strukturen konstruiert, auf denen er seine Klang-Skulpturen befestigt. Der 1936 geborene Afro-Däne Tchicai gehört zu den wenigen noch lebenden Musikern, die bereits mit John Coltrane und Albert Ayler Plattenaufnahmen gemacht und die New Yorker Fire Music der 1960er Jahre gelebt und mitgeprägt haben. Mit Don Cherry und Archie Shepp gründete Tchicai Anfang der Sechziger, noch in Kopenhagen, die New York Contemporary Five, ein Ensemble, dass besonders durch die gleichzeitige Improvisation der drei Bläser auffiel. Jene Neuerung hatte Ornette Coleman kurz zuvor mit seinem „Free Jazz“-Album angestoßen. 1963 in New York entsteht Tchicais New York Art Quartet, und schließlich findet man ihn auf Referenz-Alben wie „Four For Trane“ unter Leitung von Shepp, Coltranes „Ascension“ und Aylers „N.Y. Eye and Ear Controll“. Tchicai vertrat unter den „Free Music“-Bläsern von Anfang an eine lyrisch betonte und im Unterschied zu dem überblasenen Schreien vieler Kollegen eine eher zurückhaltende, kühlere Spielweise. Christiopher Dell spricht von Haltung, Tchicai symbolisiere für ihn „Klarheit über das, was man will“. Dells Komposition „Transparency“ will diese Erfahrung bestimmen: die Radikalität der Arbeit, die gesellschaftlichen Konflikte, den Kampf um Anerkennung, neue Produktionsprozesse und das permanente Ringen um das Selbstverständnis des Künstlers. Das radikal Eigene von Coltranes „Ascension“ drückt sich bei Tchicai heute in einer Gelassenheit aus, als Aura wirkt dessen Erfahrung im Zusammenspiel mit den Jüngeren nach. Dell wurde 1965, Westergaard 1976 und Lillinger 1984 geboren, Mehrgenerationenprojekte auf diesem Niveau sind äußerst rar.

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Die Strenge, die bei Tchicai die Nachhaltigkeit der 60er Jahre ausdrückt, wird nicht aufgegeben, die Selbstverständlichkeit, mit der Lillinger heute die einst hart erkämpften Forschungsergebnisse eines Rashied Ali beherrscht, wirkt bestechend. Die Frage, wie die Abstraktion erhalten bleibt, ohne dass der Puls wegrutscht, scheint bei Lillinger gelöst. Lillinger spricht von Übersichtlichkeit, er will die Klänge beobachten können. Dell spricht von maximaler Kontrolle, die Politik habe sich grundlegend geändert, was früher den konservativen Straight-Spielern vorbehalten war, sei in der freien Musik heute ganz normal. Dells Welt änderte sich einst bei den Ferienkursen für Neue Musik, in den Kompositionsklassen von Stockhausen und Rihm und mit Heinz Sauers Forderung, keine Stücke, sondern Musik spielen zu wollen. Archie Shepp sei dafür einst die Schnittstelle gewesen, hinzu kam die Frankfurter Negativität, die sehr europäische Haltung, der zufolge alles kritisiert werden müsse. Später ging es Dell darum, Boulez und Ligeti in den Jazz zu implementieren, er schwärmt von der „totalen Energetik und Power“. Seine Solokomposition „Fond“ bezieht sich auf die gleichnamigen Installationen von Beuys. Dell ist von den Transformationsprozessen des Materials fasziniert, schnitzt „Zeitblöcke in die Improvisation“. Dass ein Schlagzeug nicht wie ein Schlagzeug klingen muss, hat Christian Lillinger von seinem Lehrer Günter Baby Sommer. Wenn Lillinger von „spicy sounds“ spricht, meint er Klänge, die man sehen kann. Etwa wenn er einen Aschenbecher aus Metall oder Glas auf seine Snaredrum drückt und je nach Dehnung des Fells hohe und höhere Töne produziert. Und wenn er den Beat rückwärts spielt und man das Gefühl hat, die Platte hätte einen Sprung, findet Lillinger, das habe lyrische Qualitäten. Der warme Sound Westergaards korrespondiert mit dem von Lillinger als „fette Ästhetik“ beschriebenen Natursound. Dell hört bei Westergaard Klänge, die an Jimmy Garrison erinnern. Das Trio Dell, Westergaard, Lillinger ist aus der Zusammenarbeit mit Tchicai hervorgegangen, hat inzwischen eigene Aufnahmen gemacht. Die Idee des Kollektivs trägt bei allen vier Teilnehmern die vorliegenden Aufnahmen. Die Größe variiert zwischen Solo und Quartett, die Haltung des Kollektivs bleibt eindeutig: Position beziehen.

Christian Broecking

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Ihre erste CD Einspielung von Robert Schumanns Dichterliebe Op. 48 und Liederkreis Op. 39 für Viola und Klavier „ Lieder ohne Worte“ Phil.06002 wurde von der Presse begeistert aufgenommen und war bei Rundfunkanstalten wie dem BR, HR und dem RBB die CD des Monats. Der Tagesspiegel Berlin wählte die Aufnahme zur CD des Jahres.

Tomoko Takahashi – Klavier, Martin Stegner – Viola

MARTIN STEGNER – Viola

Dass Martin Stegner eher zu den ungewöhnlichen klassischen Musikern gehört, zeigt sich an seinem Interesse an anderen Musikrichtungen. Im Alter von 16 Jahren gehörte er diversen Jazzformationen an und tourte mit deutschen Zigeunermusikern durch Europa, spielte auf zahlreichen namhaften Festivals und nahm mehrere CDs auf. Er spielte u.a. mit Thomas Quasthoff, Nigel Kennedy, Herbie Mann, Diane Reeves und Nils Landgren. 1999 hob er die Berlin Philharmonic Jazz Group aus der Taufe und gründete 2008 das Ensemble BOLERO BERLIN, wo er mit Solisten der Berliner Philharmoniker sich der Südamerikanischen Musik widmet. Seit 2010 arbeitet er mit der persischen Sängerin Cymin Samawatie zusammen. Seit 1996 musiziert er mit der Pianistin Tomoko Takahashi und setzt sich intensiv für die Erweiterung der Violaliteratur ein, 2009 erschien die CD „Lieder ohne Worte“ wo er zusammen mit Tomoko Takahashi Schumanns Liederkreis und Dichterliebe eingespielt hat. Seit 2006 ist er Mitglied des 5errates der Berliner Philharmoniker.

TOMOKO TAKAHASHI - Klavier

Sie ist Preisträgerin des Deutschen Hochschulwettbewerbs und mehrfach beim Arthur-Schnabel-Wettbewerbes Berlin. Als Solistin trat Tomoko Takahashi mehrfach in der Berliner Philharmonie und in der ganzen Welt auf. Sie wirkte als Dozentin an der Universität der Künste (UdK) und der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Die Flexibilität und Einfühlsamkeit ihres Spiels machen sie über ihre solistische Tätigkeit hinaus zu einer sehr gefragten Kammermusikpartnerin und machte sie vor allem als Klavierpartnerin von zahlreichen renommierten Solisten auf sich aufmerksam.

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Neu Robert Schumann „Myrtenlieder“

Mendelssohns Schwester Fanny brachte vielleicht zum ersten Mal den Begriff „Lied ohne Worte“ ins Spiel. Felix selbst hat 48 solcher „Lieder“ dem Klavier solo anvertraut und damit einen Moderausch entfesselt. In einem Brief an seinen Freund Marc-André Souchay verwahrte er sich 1842 höflich, aber bestimmt gegen dessen Angebot, seinen wortlosen Musikstücken mit erklärenden Überschriften und Kommentaren auf die Sprünge zu helfen und Interpreten wie Zuhörer mit begrifflichen Anhaltspunkten über einen latenten „Inhalt“ aufzuklären. Mendelssohns paradoxer Umkehrschluss: Gerade mit einer Musik ohne Titel und Text träfe er die eindeutigere Aussage. (Später in Umlauf gekommene Überschriften stammen nicht von ihm.) Eine Gesangslinie, die ursprünglich an das Wort gebunden war, aus ihrer Symbiose zu lösen und in die pure Melodie eines Instrumentes zu verwandeln, könnte als Einschränkung erscheinen – zumindest demjenigen, der die Gattung des klavierbegleiteten Liedes als unlösbare Verbindung von Sprache mit Musik versteht, als Äußerung, die zwar auch gesungen wird, aber ihre Impulse und Ziele aus einer sinnvollen Koalition mit Begriffen und Versen bezieht. Der Transfer in den Dialog zweier Musikinstrumente, etwa von Viola und Klavier, müsste demnach bei einem Verzicht auf die menschliche Stimme seine eigene Legitimität und Folgerichtigkeit begründen. Auf die Viola bezogen, bedeutet das: Sie will in der Familie der Streichinstrumente nicht unbedingt die „erste Geige“ spielen. Sie ist größer als die Violine, aber viel kleiner als ihre Geschwister Violoncello und Kontrabass. In der Fraktion der Streicher sitzt sie gewissermaßen zwischen den Stühlen, sie strebt nicht nach den brillanten Gipfeln des Geigentons, auch nicht nach der gesättigten Klangfülle des Cellos oder gar nach den sonoren Abgründen des schweren Kontrabasses. Die vier Saiten der Viola - auch Bratsche genannt nach der italienischen Bezeichnung Viola da braccio („im Arm zu halten“) – sind im Quintabstand c - g – d’ – a’ gestimmt und liegen eine Quart tiefer als die der Violine. Ihr Klang meidet Extreme und hervorstechende Auffälligkeiten (eine vermeintliche Zurückhaltung, die zu unzähligen anzüglichen „Bratschenwitzen“ animiert hat). Für akrobatische Luftsprünge, Extravaganzen und Sensationen mögen andere Instrumente zuständig sein. Wo aber die Viola dominierend hervortritt, hat sie Exquisites zu sagen, sie trifft in der Ausdrucksskala der Streichinstrumente den goldenen Ton, sie bleibt ihrer vokalen Linie treu, sie ist die Schönsängerin der Noblesse. Vielleicht die prädestinierte Stimme, um „Lieder ohne Worte“ von Schumann zu singen, Lieder, deren Seele so oft auch zerbrechlich und gefährdet ist. Karl Dietrich Gräwe

DIE EINDEUTIGKEIT DES VIELDEUTIGEN Romanzen und Lieder von Robert Schumann Schumanns Charakterstücke für ein Melodieinstrument mit Begleitung

3 Romanzen Op 94 Frauenliebe und Leben Op. 42 5 Lieder aus den Myrten Op.25

Alle Bearbeitungen von Martin Stegner und Tomoko Takahashi Aufgenommen: RBB 11.-13.1. 2012

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Die Jazzwerkstatt startet in diesem Jahr eine neue Konzertreihe in Hamburg, die Konzerte finden in der Talmud-Tora-Schule der Jüdischen Gemeinde, Grindelhof 30 statt.

Mit Leon Gurvitch und Paul Brody, die dem Jüdischen Leben in Hamburg und in Berlin sehr nahe stehen, beginnen wir in Kooperation mit der jüdischen Gemeinde unsere neue Konzertreihe Hierfür hat Leon Gurvitch eine neues Quartett zusammengerufen. Eine gute Tradition dieser Gruppe sind Gasttrompeter, vor wenigen Wochen in Wien war Frank London dabei, diesmal Paul Brody. Mittwoch, 20. 02. 2013, 20.00 Uhr LEON GURVITCH PROJECT + PAUL BRODY LEON GURVITCH piano BENJAMIN WEIDEKAMP alto saxophone, clarinet OMAR RODRIGUEZ CALVO bass MAX ANDRZEJEWSKI drums PAUL BRODY trumpet Es folgen am Mittwoch, 20. 03. 2013, 20.00 Uhr MINSARAH FLORIAN WEBER piano JEFF DENSON bass KO KANZA drums Das Wort "Minsarah" ist hebräisch und bedeutet "Prisma". Wie ein Prisma das Licht auffächert, so entdeckt das Trio im Ensemble-Spiel neue Klangfarben und Formideen. Die drei bilden ein Team dicht agierender Improvisatoren, besitzen dramatische Intensität, einen unverbrauchten Lyrizismus, einen ganz eigenen melodischen Tonfall und einen Sinn für innovative Abenteuer. Ihre Musik transportiert Balladenstimmungen, wie man sie nie gehört hat, und stürzt sich dann wieder in hochkomplexe Strukturexperimente. Bei "Minsarah" wird die große Tradition der Klavier Trios im modernen Jazz beispielhaft fortgesetzt, so wie seinerzeit bei Mary Lou Williams, Bill Evans oder später dann bei Chick Corea oder Brad Mehldau. Am Samstag, 23. 03. 2013, 20.00 ist MINSARAH in Berlin, Institut Français, Kurfürstendamm 211 Mit Der Lesung „Woodstock am Karpfenteich“ und einem Tourkonzert von VESNA (with suspicious minds) gehen wir nach Leipzig in den Jazzclub Telegraf.

In Luxembourg, in der Abbaye de Neumünster werden wir eine neue Kooperation mit dem Radiosender music:LX beginnen. Das erste Konzert findet statt am Mittwoch 27.02, 20:00Uhr SILKE EBERHARD & ULRICH GUMPERT MICHEL PILZ & GEORG RUBY Unsere Konzertreisen und Workshops in Palermo und Rom zusammen mit dem Goethe Institut finden vom 17.04 – 22.04 statt. Vergessen wir nicht den Konzertkomplex in der Lausitz zu würdigen, im Glad House in Cottbus, im Schloss Lübbenau, im WerkEins in Guben und an der Wiege der jazzwerkstatt in Peitz, wo vom 7. bis 9. Juni 2013 die jazzwerkstatt Peitz Nr. 50 stattfindet. Die Neuausrichtung des alten Jazzfestivals ist die größte und umfangreichste Arbeit im ersten Halbjahr 2013.

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Die Kraft der zwei Bässe

Berlin, Weimar, Köln, London und New York: Das sind die zentralen Verweilstationen in den Lehr- und Wanderjahren des Saxofonisten und Komponisten Peter Ehwald bis zu seiner Rückkehr nach Berlin 2007, wo er im Jahr 1979 geboren wurde. Etappen auf dem Weg zum Ich, Erfahrungssammelpunkte, Kontakthöfe und Auftrittsgelegenheiten. Eine musikalische Familie, Texas-Tenor in der Wohnung des Amerikaners Mack Goldsbury in Fürstenwalde, deutsche Musikhochschulen, die britische Royal Academy of Music, das City College im Big Apple und die Universität des Lebens, Lehrer wie Claudius Valk, Julian Argüelles, Iain Ballamy, Stan Sulzman oder Rich Perry, tolle Leute, charismatische Typen, Initiationserlebnisse. Nach Jahren des Inputs dann der Umschlagpunkt. Genug eingetrichtert, time to go.

„Osmose funktioniert nur bis zu einem gewissen Punkt“, beschreibt Peter Ehwald seine Ankunft im Alltag eines freien Musikers und das sichere Gefühl, von nun an seinen Weg selber finden zu können. Partner suchen, Mitspieler, Gleichgesinnte. „Ich möchte nicht mitteilen, dass ich viel John Coltrane und Joe Lovano gehört habe. Ich möchte Empfindungen teilen.“ Stefan Schultze, Benedikt Jahnel, Arthur Lea, der belgische Gitarrist Frederik Leroux, die Bands Paragon, schultzing, Oktoposse, das Backyard Jazz Orchester und das Lernen, in eigenen Konzepten zu denken mit all den Altvorderen im Kopf.

Berlin als Basis für immer neue Versuchsanordnungen, die zurück in die Welt führen. Peter Ehwald ist mehr als ein Drauflosspieler. Bei ihm ist Spontaneität stets gepaart mit einem stark ausgebildeten Konzeptdenken. Bloße Verfeinerungen des in der sogenannten amerikanischen Oktoberrevolution des Jazz kreierten auswuchernden Solospiels genügen ihm nicht. Geschichte hat stattgefunden und kann nicht endlos wiederholt werden. Peter Ehwald gehört in Bezug zum damaligen Aufbruch zur Enkelgeneration. Er reflektiert viel über das, was sein Eigenes sein könnte, sucht nach einer jeweiligen Idee, die erst ein Album rechtfertigt. Powerplay und Muskelspiel sind zu wenig. Stilmittel sind neu zu kalibrieren, das macht diese Musik zu einer von heute: relevant, glaubwürdig und authentisch.

Peter Ehwald „Double Trouble“

Andreas Lang - bass, Robert Landfermann - bass, Peter Ehwald - saxophones, Jonas Burgwinkel - drums

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„Mich interessieren Kombinationen von Musikern, die einen starken Klang hervorbringen“, beschreibt er seine Suche nach dem, was sich vom Mainstream abheben soll. Oft fand er es in Konstellationen, deren Grundideen er mit anderen teilte und entwickelte. Das Quartett Double Trouble aber ist ganz sein Ding. Lange schon hatte er die Idee einer Melange von modernem Jazz, Kammermusikalischem und Indierock im Kopf. Dann fand er die Idealbesetzung, mit der er diese Intentionen und diesen Sound verwirklichen konnte: „Ich will etwas Wildes ausleben und gleichzeitig schöne Klänge realisieren, warm, kontrapunktisch, durchaus frei, befreit, aber doch sehr durchkomponiert.“

Mit dieser CD nun legt Peter Ehwald das Dokument dieser Ankunft vor. Sie stellt eine erste reiche Ernte dessen dar, was komplett seinem Ich als Künstler entspricht. Zehn in sich schlüssige Stücke, ungeschwätzig, powervoll, nuancenreich. Ein Statement des Erreichens eines neuen Levels. Hier hat einer den Punkt gefunden, von dem aus es weitergehen sollte. Durchdacht und kontrolliert ist das, doch ebenso vital und dringlich. Absprungrampen für die Solisten sind klug gebaut, der Gesamtklang ist stimmig und originär, Vorbilder schimmern durch, doch diese Band spricht mit eigener Stimme.

Ein starkes Gerüst steht. Das Fehlen der Akkordinstrumente Klavier und Gitarre schafft Räume, die nicht zugestellt sind, und ermöglicht die improvisatorische Ausdeutung der Ehwald-Kompositionen. Mehr als nur Themen hat er notiert, vielmehr Formen, die zu füllen sind. Die wenigsten Stücke sind frei improvisiert. „In Gent“ öffnet dem Saxofonisten gitarrenähnliche Linien, „Speed Dating“ ist eine furiose Punknummer, „Bohdan“ rückt den Drummer ins Zentrum und „Bass-Ticket“, das einzige Stück, auf dem Ehwald nicht Tenor-, sondern Sopransaxofon spielt, war ursprünglich eine Hörspielmusik zum Thema Busfahren in London zur Zeit der gewaltsamen Anschläge. „Lehrseitenballade“ basiert auf den Leersaiten des Kontrabasses, „Double Trouble“ ist ein richtiger Theme-Song und Teheran eine abgezockte Neukomposition auf Billy Strayhorns „Isfahan“ aus Duke Ellingtons „Far East Suite“.

Die CD ist konzis konzipiert. Die durchdachte Dramaturgie verwechselt Abwechslungsreichtum nicht mit Beliebigkeit. Diese Band hat ihren markanten Ton gefunden, mit dem sie fintenreich spielt. Ihr Gestus setzt auf die Freiheit des klassischen Saxofontrios. Die Kraft der zwei Bässe aber erhöht Druck und Dringlichkeit dieses Dreamteams. Andreas Lang bringt das Erdige, Robert Landfermann steuert Improvisationstechniken jenseits des Jazzidioms bei: zwei Pole, die sich ideal ergänzen und die enorme Livepräsenz von Double Trouble steigern. Jonas Burgwinkels Drumming ist fantasievoll, unvorhersehbar und energetisch. Sein Beckensound ist leicht und deckt die Bässe nicht zu. So werden Räume geschaffen, genutzt und ausgeschritten. Der Kontext ist ideal für Peter Ehwalds vielfältiges Saxofonspiel, das in seinen diversen Facetten vor allem deswegen so fasziniert, weil es plausibel ist. Unkostümiert meint hier einer, was er spielt. Diese Geschichten überrumpeln nicht, sie überzeugen den Hörer, weil sie glaubwürdig sind. Dieser Saxofonrhapsode erreicht seine Adressaten, weil er ihnen etwas zu sagen hat und weil ihm die Ideen nicht ausgehen. Die geben dieser Band Futter und Futur.

Ulrich Steinmetzger

Peter Ehwald‘s Double Trouble on Tour: Mi. 20.03 Berlin/ Sowieso Do. 21.03 Jazz in Greifswald, Fr. 22.03 Dorlowo/ Jazzclub Sa. 23.03 Braunschweig/ Bassgeige So. 24.03 Köln/ Loft Mo. 25.03 Dumont/ Aachen

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