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Eine Therapieempfehlung des BIK - Berufsverband Interventioneller Kardiologen - 2014 Autoren: Ernst G. Vester (Hrsg.) I Wolfgang Bocksch I Rolf Dörr I Olaf Grebe Stefan Hoffmann I Tobias Leitsch I Sigmund Silber Orale Antikoagulation bei interventionellen Eingriffen in der Kardiologie www.bikardio.de THERAPIE EMPFEHLUNG

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Eine Therapieempfehlung des BIK - Berufsverband Interventioneller Kardiologen -

2014

Autoren:Ernst G. Vester (Hrsg.) I Wolfgang Bocksch I Rolf Dörr I Olaf Grebe

Stefan Hoffmann I Tobias Leitsch I Sigmund Silber

Orale Antikoagulationbei interventionellen

Eingriffen in der Kardiologie

www.bikardio.de

THERAPIE

EMPFEHLUNG

2

Inhaltsverzeichnis

1. Orale Antikoagulation bei Patienten mit PCI/ACS

2. Antithrombotische Therapie während und nach katheter-gestützter Implantation von Aortenklappen (TAVI)

3. Antikoagulation während Katheterablation von Vorhoffl immern

4. Peri- und postinterventionelle Antikoagulantien-Therapie bei Verschluss des linken Vorhofohres

5. Perioperative Antikoagulantien-Therapie bei Schrittmacher und Defi brillator-Implantationen

S. 4

S. 16

S. 22

S. 30

S. 35

Orale Antikoagulation bei interventionellenEingriffen in der Kardiologie

VORWORT

Die Antikoagulation während interventioneller Eingriffe in der Kardiologie stellt eine

Herausforderung dar. Einerseits ist das thromboembolische Risiko des Eingriffes selbst,

andererseits das der klinischen Begleitumstände zu kalkulieren. So ist eine Koronarintervention

bei einem Patienten mit Vorhofflimmern oder künstlichem Herzklapperersatz antikoagula-

torisch anders zu steuern als bei einem Patient ohne diese klinischen Charakteristika. Auf

der Gegenseite ist das Blutungsrisiko der Antikoagulation zu berücksichtigen und gegen das

Thromboembolierisiko abzuwägen.

Die neuen, bzw. direkten oralen Antikoagulantien (DOAKs) vereinfachen vieles in der

Handhabung der oralen Antikoagulation, bedürfen aber dennoch - gerade wegen ihrer hohen

Wirksamkeit - eines sorgfältigen, abgewogenen Einsatzes mit Einhaltung von bestimmten

Dosierungsregeln und Berücksichtigung von Anpassungskriterien an die Begleitmedikation

und die klinischen Begleitumstände, z.B. das Vorliegen einer Niereninsuffizienz.

Die Einführung der neuen Plättchenaggregations-Hemmer macht die Kombinations-

behandlung nicht gerade einfacher, eröffnet aber auch neue Behandlungsoptionen. Der

vorliegende Therapieleitfaden fasst die aktuelle Studienlage zur oralen prä-, peri- und

postprozeduralen Antikoagulation zusammen und erarbeitet auf dieser Grundlage prakti-

sche Handlungsempfehlungen. Er nimmt dabei zu den folgenden wichtigsten Interventionen

in der Kardiologie Stellung: perkutane Koronarintervention bei akutem Koronarsyndrom,

kathetergestützte Aortenklappenimplantation, Katheterablation und Vorhofohrverschluss

bei Vorhofflimmern sowie Implantation von elektrischen Devices wie Herzschrittmachern,

Defibrillatoren und Geräten zur kardialen Resynchronisation.

Die Autoren sind sich der Tatsache bewusst, dass viele Empfehlungen - mangels zur

Verfügung stehender Daten - nicht immer von hoher wissenschaftlicher Evidenz auf dem

Boden randomisierter, kontrollierter Studien geprägt sind, sondern häufig von klinischer

Erfahrung und Expertenkonsens hergeleitet sind. Da dieser Konsens ein Meinungsbild

darstellt, ist er als vorläufig und rechtlich unverbindlich zu betrachten, er ist mit der sich selbst

auferlegten Verpflichtung versehen, die aktuellen Empfehlungen kontinuierlich der sich weiter

entwickelnden Studienlage anzupassen.

Zum jetzigen Zeitpunkt sollten sie eine wertvolle Hilfestellung bei der korrekten und

umsichtigen Antikoagulationsbehandlung von Patienten darstellen, die sich einer

kardiologischen Intervention unterziehen.

3Prof. Dr. med. Ernst G. Vester

1. ORALE ANTIKOAGULATION BEI PATIENTEN MIT PCI/ACSNeue orale AntikoagulantienZu Beginn des Jahres 2014 stehen als Alternative zu den herkömmlichen Vitamin

K-Antagonisten prinzipiell drei neue direkte orale Antikoagulantien (DOAKs) zur Verfügung:

Dabigatran, ein direkter Inhibitor des Faktors IIa, (Handelsname Pradaxa®, Hersteller Boehringer

Ingelheim), Rivaroxaban, ein direkter Inhibitor des Faktors Xa (Handelsname Xarelto®,

Hersteller Bayer AG) und Apixaban, ebenfalls ein direkter Faktor Xa-Inhibitor (Handelsname

Eliquis®, Hersteller Bristol-Myers Squibb, Vertrieb Bristol-Myers Squibb und Pfizer). Obwohl

dies für Dabigatran in einer Subgruppenanalyse der RELY-Studie1 nicht nachgewiesen werden

konnte, erhöhen diese neuen Antikoagulantien prinzipiell das Blutungsrisiko bei chirurgischen

Notfall-Operationen, aber auch im Herzkatheterlabor im Rahmen von diagnostischen und

interventionellen Prozeduren bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) und akutem

Myokardinfarkt. Empfehlungen zum Notfall-Management bei akuten Blutungskomplikationen

unter den neuen direkten oralen Antikoagulantien finden sich in einer Übersichtsarbeit aus

dem Jahre 2013, die als Konsensus-Papier mehrerer Deutscher Fachgesellschaften publiziert

worden ist.2 Problematisch ist, dass es bisher kein zuverlässiges Antidot für diese neuen

DOAKs gibt und dass ebenfalls noch keine größeren Studien vorliegen, in denen das

optimale periprozedurale Management beim Umgang mit diesen Substanzen in der akuten

interventionellen Kardiologie oder in der Notfall- und Unfallchirurgie prospektiv evaluiert

worden wäre.

Es gibt aber davon unabhängig einige Studien, in denen der primäre therapeutische Einsatz

dieser neuen Substanzen bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) untersucht

wurde.

DabigatranDabigatran ist in der EU seit März 2008 zugelassen zur Vorbeugung von Venenthrombosen

nach elektivem chirurgischen Knie- oder Hüftgelenksersatz, seit 2011 außerdem zur

Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und erhöhtem

Schlaganfallrisiko.3,5,16,17 Wichtige praktische Hinweise zum Einsatz von Dabigatran bei

nicht-valvulärem Vorhofflimmern finden sich in einer aktuellen Information der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung (KBV), die im Januar 2013 in Zusammenarbeit mit der

Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft publiziert wurde.7

PharmakokinetikDabigatranetexilat ist ein inaktives Prodrug, das nach oraler Einnahme und Resorption

im Plasma und in der Leber durch Esterasen in Dabigatran umgewandelt wird.7,8,9,10

Dabigatran ist ein direkter reversibler Thrombininhibitor (Faktor II a), der sowohl

freies als auch fibringebundenes Thrombin sowie die thrombininduzierte

4

Thrombozytenaggregation hemmt. Die Bioverfügbarkeit liegt bei 6,5%, Mahlzeiten haben

keinen Einfluss darauf. Die Plasmakonzentration Cmax wird nach 0,5 bis 2 Stunden erreicht.

Die Halbwertszeit von Dabigatran liegt bei 14–17 Stunden. Bei Patienten mit Vorhofflimmern

wird das Medikament deshalb zweimal täglich morgens und abends verabreicht.

Dabigatran wird ganz überwiegend unverändert renal eliminiert (ca. 80%) und nur zu einem

geringeren Anteil biliär ausgeschieden.7,8,9,10 Dabigatran ist deshalb absolut kontraindiziert

bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance <30 ml/min), da es zu

einer Akkumulation mit erhöhtem Blutungsrisiko kommen kann. Die Nierenfunktion sollte

deshalb unter einer laufenden Dabigatrantherapie regelmäßig überwacht werden. Dabigatran

kann dialysiert werden, es gibt jedoch nur begrenzte klinische Erfahrungen mit diesem thera-

peutischen Ansatz. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion werden 12 Stunden nach

Absetzen des Medikaments ca. 50% und nach 24 Stunden ca. 75% des Dabigatrans wieder

ausgeschieden. Blutungen können sich prinzipiell an jedem Ort des Körpers ereignen. Ein

erhöhtes Blutungsrisiko haben insbesondere Patienten mit einem Alter >75 Jahren, mit einer

mittelgradig eingeschränkten Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance 30-60 ml/min), einer

Begleittherapie von Acetylsalicylsäure oder anderen Thrombozytenaggregationshemmern,

einer Begleittherapie von stark oder moderat wirksamen P-Glykoprotein-Inhibitoren (z.B.

Chinidin, Ketokonazol, Verapamil oder Amiodaron) oder einer bereits voraus gegangenen

gastrointestinalen Blutung. Eine gleichzeitige Therapie von Dabigatranetexilat zusammen

mit den folgenden Substanzen dürfte das Blutungsrisiko signifikant erhöhen- hierzu gibt es

jedoch noch keine systematischen Studien-: unfraktioniertes Heparin oder Heparin-Derivate,

niedermolekulare Heparine (LMWH), Bivalirudin, Fondaparinux, Fibrinolytika, GPIIb/

IIIa-Rezeptor-Antagonisten, Ticlopidin, Dextran, Sulfinpyrazon, Rivaroxaban, Apixaban,

Prasugrel, Ticagrelor, Vitamin K-Antagonisten, Itraconazol, Tacrolimus, Cyclosporin, Ritonavir,

Tipranavir, Nelfinavir und Saquinavir. Eine gleichzeitige Therapie mit Dronedaron erhöht die

Dabigatran-Plasmaspiegel und wird nicht empfohlen.

Empfohlene GerinnungstestsEine regelmäßige Kontrolle der antikoagulatorischen Wirksamkeit von Dabigatranetexilat

ist mit den Routinegerinnungstests nicht verlässlich möglich, wird andererseits auch als

nicht erforderlich angegeben. In Einzelfällen kann eine Überprüfung der Dabigatranwirkung

erforderlich sein, um Fehldosierungen zu erkennen. Aufgrund seines Wirkprinzips kann

Dabigatranetexilat alle thrombinabhängigen Gerinnungstests beeinflussen. Dies muss bei der

Interpretation von Gerinnungstests berücksichtigt werden. Falls klinisch notwendig, können

folgende Tests durchgeführt werden:5,7,11

5

Aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT): Ermöglicht grobe Abschätzung der gerin-

nungshemmenden Aktivität von Dabigatranetexilat. Unterschiedliche aPTT-Reagenzien

zeigen unterschiedliche Sensitivitäten. Insgesamt ist die Sensitivität des aPTT-Tests einge-

schränkt, insbesondere bei hohen Dabigatranplasmaspiegeln für präzise Quantifi zierung der

Gerinnungshemmung ungeeignet. Sehr hohe PTT-Werte > 80s direkt vor der Einnahme der

nächsten Dosis können allerdings auf eine Überdosierung hinweisen.

Thrombinzeit (TZ): Bei therapeutischen Dosen signifi kant verlängert; eine im Referenzbereich

liegende Thrombinzeit schließt eine antikoagulatorisch relevante Dabigatranwirkung aus.

Ecarin Clotting Time (ECT): Direkte Messung der Wirkung von direkten Thrombin-inhibitoren;

ermöglicht eine sichere Wirkspiegelbestimmung, nicht überall verfügbar.

Thromboplastinzeit (INR): Nicht geeignet (keine ausreichende Sensitivität, keine genügende

Präzision).

Thrombininhibitionstests: Ermöglichen eine exakte Quantifizierung der Dabigatranspiegel.

Screening-Tests der Gerinnungsaktivität, wie die Messung der Thrombinzeit (TZ) oder

der Ecarin-Gerinnungszeit (ECT) sind in der Lage, eine exzessive Dabigatran-Aktivität zu

erkennen. Wenn die Thrombinzeit (TZ) oder Ecarin-Gerinnungszeit nicht bestimmt werden

können, kann die Dabigatran-Aktivität über eine Bestimmung der aktivierten partiellen

Thromboplastinzeit (aPTT) approximativ abgeschätzt werden. In der RELY-Studie hatten

Patienten mit einer im Talspiegel (10 - 16 Std. nach der vorhergehenden Dosis) gemessenen

aPTT über dem 2,0-fachen des oberen Normwertes ein erhöhtes Blutungsrisiko.1 Wie andere

direkte Thrombin-Inhibitoren beeinflusst Dabigatran auch die aktivierte Gerinnungszeit

(ACT), hierzu gibt es jedoch bislang keine systematischen Studien. Eine INR-Bestimmung zur

Quantifizierung der Dabigatran-Aktivität ist nicht zu empfehlen, da die gemessenen Werte

unzuverlässig sind und über falsch positive INR-Erhöhungen unter Dabigatran berichtet

wurde.

Therapeutisches Vorgehen bei Blutungen unter Dabigatranetexilat2,5,7,10,11,13,14

Geringfügige Blutung:

- lokale hämostatische Maßnahmen: mechanische Kompression, Tranexamsäure topisch

- Wirkspiegelkontrolle

- Therapiepause und/oder Dosisanpassung

Relevante Blutung:

- lokale hämostatische Maßnahmen: mechanische Kompression, Tranexamsäure topisch,

evtl. chirurgische Intervention oder Wundversorgung

- Flüssigkeitsersatz (ausreichende Diurese!)

- Therapieversuch mit Desmopressin (DDAVP) 0,3 μg/kgKG und Tranexamsäure

6

(3 x1g oral oder 20 mg/kg KG 4x täglich – nur innerhalb der ersten 24 Stunden)

Bedrohliche Blutung:

- Maßnahmen wie bei geringfügiger und relevanter Blutung

- 100 μg (5 KIE)/kg KG rekombinanter Faktor VIIa (Novoseven®) oder 50 IE/kg KG

aktivierte Prothrombinkomplex-Präparate (FEIBA)

- Hämodialyse, evtl. Hämofiltration mit Passage über Aktivkohle, insbesondere bei

Nierenversagen

Prozedere vor elektiver Koronarangiographie oder vor elektiver Chirurgie7,10,11,13,14

Empfohlene Maßnahmen bei hohem Blutungsrisiko

- Dabigatranetexilat absetzen, akute Eingriffe möglichst bis mindestens 12 Stunden nach

der letzten Dosis verschieben

niedrigem Blutungsrisiko (z. B. Kataraktoperationen, Koronarangiographie, ambulante zahnärztliche Operationen):

- Letztmalige Dabigatraneinnahme am Abend vor dem Eingriff und Wiederaufnahme der

Dabigatraneinnahme 4–6 h nach dem Eingriff

Sollte postoperativ eine längere Unterbrechung der Dabigatraneinnahme erforderlich werden,

sollte – sofern möglich – ein parenterales Antikoagulans eingesetzt werden. Wenn möglich,

sollte die Therapie mit Dabigatranetexilat wenigstens 24 Stunden vor invasivkardiologi-

schen oder chirurgischen Eingriffen gestoppt werden. Bei Patienten mit einem erhöhten

Blutungsrisiko oder vor größeren chirurgischen Eingriffen, bei denen eine komplette

Hämostase erforderlich ist, sollte die Dabigatranetexilat-Therapie entsprechend der

Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance in ml/min) 2 bis 4 Tage vor der Intervention gestoppt

werden. Wegen der verzögerten Dabigatran-Elimination bei Patienten mit eingeschränk-

ter Nierenfunktion sollte die in diesen Fällen verlängerte Plasma-Halbwertszeit vor einem

geplanten Eingriff berücksichtigt werden (siehe nachfolgende Tabelle).

Tabelle: Empfehlungen zur Unterbrechung einer Dabigatranetexilat-Therapie vor elektiven

invasivkardiologischen oder chirurgischen Eingriffen.5,7,15,16

7

Dabigatran ist kontraindiziert bei schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance <30 ml/

min). Wenn ein Patient mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz trotzdem auf Dabigatran

eingestellt worden sein sollte, muss diese Therapie mindesten 5 Tage vor einer größeren

elektiven Operation gestoppt werden. Wenn trotzdem eine akute Intervention erforderlich

werden sollte, empfiehlt es sich, die Prozedur möglichst um wenigstens 12 Stunden nach der

letzten Kapseleinnahme zu verschieben. Wenn die Intervention nicht verschoben werden

kann, ergibt sich ein erhöhtes Blutungsrisiko, das dann im Individualfall gegen das Risiko, das

sich aus einer Verzögerung einer geplanten Intervention ergibt, abgewogen werden muss.

Prozedere bei akutem Koronarsyndrom (ACS), außer STEMI-Myokardinfarkt

oder Hochrisiko-NSTEMI-Myokardinfarkt

Hierzu macht die Fachinformation Pradaxa® 150 bzw. 110 mg in der aktuellen Version

vom August 201310 keine Angaben. Lediglich auf der Homepage der mit Dabigatranetexilat

durchgeführten und 2013 publizierten RELY-ABLE Studie15,16 sind unter „Trial Emergency

Information“ bei ACS die nachfolgenden Empfehlungen genannt:

• Unterbrechung der Dabigatranetexilat-Therapie

• Verschiebung der Therapie mit unfraktioniertem Heparin (UFH) um > 12 Stunden

nach der Einnahme der letzten Dabigatranetexilat-Kapsel

oder

nach aPTT-Monitoring:

o falls aPTT > 1,2 und < 1,5 x ULN Beginn mit unfraktioniertem Heparin (UFH)

ohne „Loading dose“ oder Beginn mit niedermolekularem Heparin (LMWH)

o falls aPTT > 1,5 x ULN, wiederholte Bestimmung alle 4 Stunden bis aPTT< 1,5 x

ULN, dann Beginn mit Heparin oder mit anderer parenteraler Antikoagulation

o Bei einer Indikation zu einer adhoc PCI Bestimmung der ACT und sofortige Gabe

von Heparin nach therapeutischem Bedarf

Prozedere beim akuten STEMI-Myokardinfarkt oder beim dringlichen

Hochrisiko-NSTEMI-Myokardinfarkt

Hierzu macht die Fachinformation Pradaxa® 150 bzw. 110 mg in der aktuellen Version vom

August 201310 ebenfalls keine Angaben. Auch hierzu kann lediglich auf die „Trial Emergency

Information“ auf der RELY-ABLE Homepage15,16 verwiesen werden:

Beim akuten STEMI-Myokardinfarkt ist der Entscheidungspfad dem Algorithmus von

Herzinfarktpatienten unter einer Antikoagulation mit Vitamin K-Antagonisten vergleichbar:

• Prozedere bei Dabigatran-Patienten wie bei Patienten mit STEMI-Myokardinfarkt

unter laufender oraler Antikoagulation mit Vitamin K-Antagonisten

• Bevorzugte Reperfusionsstrategie ist die primäre PCI

8

• Wegen der deutlich geringeren Blutungsrisiken im Bereich der Punktionsstelle sollte bei

vorhandener Expertise der radiale Zugang favorisiert werden.18

• Falls eine primäre PCI nicht verfügbar ist, sollte das erhöhte Blutungsrisiko bei einer

Kombination von systemischer Fibrinolyse und Dabigatran-Therapie in die klinische

Entscheidung einbezogen werden.

o Falls der potenzielle Nutzen einer systemischen Fibrinolyse größer erscheint als die

potenziellen schwerwiegenden Blutungsrisiken einer Kombinationstherapie mit

Dabigatran, sollte sobald wie möglich eine systemische Fibrinolyse begonnen

werden. Eine begleitende Therapie mit UFH/LMWH oder Fondaparinux sollte

jedoch unter Dabigatran zunächst noch zurück gestellt werden, bis dass die aPTT

im Bereich des <=1,5 fachen ULN liegt.

o Falls der Nutzen einer systemischen Fibrinolyse jedoch geringer erscheint als das

Risiko einer schwerwiegenden Blutung, z.B. bei einem Patienten mit einem kleinen

Hinterwandinfarkt und erhöhtem Blutungsrisiko, wie bei älteren Patienten mit

eingeschränkter Nierenfunktion, sollte auf jegliche Reperfusionstherapie verzichtet

werden.

Prozedere bei einer Indikation zur Notfall-Bypass-OP des Herzens

Hierzu macht die Fachinformation Pradaxa® 150 bzw. 110 mg in der aktuellen Version vom

August 201310 ebenfalls keine Angaben. Auch hierzu kann wiederum lediglich auf die „Trial

Emergency Information“ auf der RELY-ABLE Homepage15,16 verwiesen werden:

Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion, OP-Termin möglichst um wenigstens 12 Stunden

nach der letzten Einnahme von Dabigatranetexilat verschieben

• Falls eine Notfall-Bypass-OP unter erhöhten Dabigatran-Plasmaspiegeln begonnen

werden muss, ergibt sich ein deutlich erhöhtes perioperatives Blutungsrisiko

• Perioperative Kontrollen der Blutgerinnung mittels ACT sind zu empfehlen

Studien zum therapeutischen Einsatz von Dabigatran bei Patienten mit akutemKoronarsyndrom (ACS)In einer retrospektiven Metaanalyse von 7 randomisierten Studien an 30.514 Patienten, in

denen Dabigatran mit Warfarin, Enoxaparin oder Placebo verglichen wurde, insbesondere

der RELY-Studie, wurde wider Erwarten sogar vermutet, Dabigatran könne evtl. sogar das

Risiko für ein akutes Koronarsyndrom erhöhen. Die Häufigkeit von akuten Koronarsyndromen

(einschließlich des akuten Myokardinfarktes) war bei 20.000 Dabigatran-Patienten statistisch

signifikant höher als bei 10.514 Patienten in der Kontrollgruppe (1,19% vs. 0,79%).19 Diese

Ergebnisse kamen hauptsächlich durch die Resultate der RELY-Studie zu Stande, aus der

59% aller Patienten und 74% aller klinischen Ereignisse rekrutiert wurden. Im Gegensatz

9

zur RELY-Studie, in der die Reduktion der Gesamtmortalität unter Dabigatran nicht das

statistische Signifikanzniveau erreichte (P=0,051), fand sich aber in der Meta-Analyse doch

ein Benefit mit einer signifikanten Reduktion der Gesamtmortalität unter Dabigatran

(5,02% vs. 4,83%; p=0,04). In einer Post hoc-Analyse der RELY-Daten zur Häufigkeit ischä-

mischer Ereignisse fand sich, wiederum im Gegensatz zur zuvor genannten Metaanalyse,

im Nachuntersuchungszeitraum von im Mittel 2 Jahren kein signifikanter Anstieg der

Herzinfarkthäufigkeit unter Dabigatran im Vergleich zu Warfarin (Herzinfarkthäufigkeit 0,82%

bzw. 0,81% pro Jahr unter Dabigatran 110 bzw. 150 mg im Vergleich zu 0,64% pro Jahr unter

Warfarin (p=0,09 für Dabigatran 110 mg; p=0,12 für Dabigatran 150 mg). Für alle anderen

ischämischen Ereignisse, wie instabile Angina pectoris, akuter Herzstillstand und kardiale

Mortalität, ergaben sich in RELY ebenfalls keine statistisch signifikanten Unterschiede.20

In der kürzlich publizierten prospektiven multizentrischen RE-DEEM-Studie, einer Phase

II-Dosisfindungsstudie mit vier verschiedenen Dabigatran-Dosierungen zum Stellenwert von

Dabigatran vs. Placebo als add-on Therapie zur dualen Thrombozytenaggregationshemmung

beim akuten Koronarsyndrom, wurde bei 1861 Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom

(60% STEMI und 40% NSTEMI) aus 161 Zentren eine streng dosisabhängige (Dabigatran 50 mg

[n ¼ 369], 75 mg [n ¼ 368], 110 mg [n ¼ 406], 150 mg [n ¼ 347], oder Placebo [n ¼ 371])

Erhöhung des Blutungsrisikos unter Dabigatran gefunden.21

Take Home Message1. Prozedere vor elektiver Koronarangiographie oder vor elektiver Chirurgie:

Dabigatran wenigstens 24 Stunden vorher stoppen. Bei Patienten mit eingeschränkter

Nierenfunktion Dabigatran in Abhängigkeit von der GFR mindestens 2 bis 4 Tage vorher

absetzen.

2. Prozedere bei akutem Koronarsyndrom (ACS), außer STEMI-Myokardinfarkt

oder Hochrisiko-NSTEMI-Myokardinfarkt:

Unterbrechung der Dabigatran-Therapie. Verschiebung der Therapie mit unfraktioniertem

Heparin (UFH) um >12 Stunden nach der Einnahme der letzten Dabigatran-Kapsel.

Zeitpunkt der invasiven Diagnostik nach NSTEMI-Leitlinien

3. Prozedere beim akuten STEMI-Myokardinfarkt oder beim dringlichen

Hochrisiko-NSTEMI-Myokardinfarkt:

Akutes Prozedere wie bei Patienten unter laufender oraler Antikoagulation mit Vitamin

K-Antagonisten. Bevorzugte Reperfusionsstrategie ist die sofortige primäre PCI. Wegen

der deutlich geringeren Blutungsrisiken im Bereich der Punktionsstelle bei vorhandener

Expertise bevorzugt radialen Zugang wählen.

10

Rivaroxaban und PCIIn der ATLAS ACS 2–TIMI 51 Studie22 wurden 15 526 Patienten nach Stabilisierung eines

ACS zur Sekundärprävention entweder zu 2 x 2,5 mg bzw. 2 x 5 mg Rivaroxaban bzw.

zu Placebo (überwiegend jeweils zusätzlich zu ASS und Clopidogrel) randomisiert. Der

primäre Endpunkt der Nicht-Unterlegenheit für die Kombination aus kardiovaskulärem

Tod, Myokardinfarkt oder Schlaganfall wurde mit 8,9% vs. 10,7% erreicht. ATLAS ACS

2–TIMI 51 war eine Sekundärpräventionsstudie. Die PCI im Rahmen des ACS, die bei ca.

60% der Patienten erfolgte, wurde daher vor der Randomisierung durchgeführt. Im Verlauf

der Studie senkte Rivaroxaban im Vergleich zur Standardtherapie signifikant die Rate an

Stentthrombosen von 2,9% auf 2,3% (hazard ratio 0,69, Konfidenzintervall 0,51 - 0,93). Auch

die Mortalität wurde signifikant von 4,5% auf 2,9% gesenkt. Das Risiko einer größeren oder

intrakraniellen Blutung war unter Rivaroxaban erhöht, nicht jedoch das Risiko für tödliche

Blutungen.

Die Daten zu einer evtl. PCI im Laufe der 2 Jahre nach der Randomisierung liegen noch

nicht vor. Zur Beantwortung dieser Fragestellung startete im Oktober 2011 die X-Plorer

Studie zum Vergleich von Rivaroxaban vs unfraktioniertem Heparin (jeweils mit dualer

Plättchenhemmung). Bis zum Vorliegen dieser Ergebnisse gilt die Empfehlung der ATLAS

ACS 2–TIMI 51 Studie, Rivoroxaban 12 Stunden vor geplanter PCI zu pausieren, um es 12

Stunden nach der Schleusenentfernung wieder fortzusetzen. Rivaroxaban ist das einzige

orale Antikoagulans, welches für die Sekundärprävention nach ACS zugelassen ist. (Juni 2013).

Take Home MessageIn der Sekundärprävention nach ACS ist die Kombination von niedrig dosiertem Rivaroxaban

und Clopidrogel eine wirksame Alternative zur heutigem Standardtherapie der dualen

Plättchenhemmung mit Prasugrel oder Ticagrelor.

APIXABAN BEI ACS UND PCIApixaban ist ein oraler, reversibler, direkter Hemmer des aktiven Zentrums des Faktors Xa.

Es hemmt die Aktivität sowohl im freien, als auch im Prothrombinasekomplex gebundenen

Faktor Xa und hemmt damit die Bildung von Thrombin. Auch wenn die Substanz keine eigene

thrombozytenfunktionshemmende Eigenschaft hat, so hemmt sie diese doch indirekt durch

die verminderte Thrombingeneration.

Apixaban wird zu 75% biliär metabolisiert und kann daher auch bei eingeschränkter

Nierenfunktion verabreicht werden. Bis zu einer Kreatinin-Clearance von 30 ml/min ist laut

Hersteller keine Dosisreduktion erforderlich (2 x 5 mg). Eine Reduktion auf 2 x 2,5 mg wird

empfohlen, wenn zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt sind: Serum- Kreatinin >1,5 mg/dl,

resp. 133 μmol/l, Alter ≥80 Jahre, Körpergewicht ≤60 kg. Bei einer Kreatinin-Clearance von

15 - 29 ml/min wird ebenfalls die halbe Dosis empfohlen, ab einer Clearancerate <15 oder

11

Dialysepflichtigkeit sollte Apixaban nicht verwendet werden. Aufgrund einer nur geringen

Metabolisierung über CYP3A4 ist das Interaktionspotenzial nur gering.23

ARISTOTLE und AVEROESIn der Indikation der Verminderung von Thrombembolien bei Patienten mit nicht valvulärem

Vorhofflimmern wurde in den beiden Zulassungsstudien ARISTOTLE24 und AVERROES25

der Stellenwert der Substanz hinsichtlich der Effektivität (Reduktion von Schlaganfall und

systemischer Embolie) und der Sicherheit (Blutungskomplikationen) untersucht.

ARISTOTLE: Hier wurden 18.201 Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern

eingeschlossen und zu einer Medikation mit dosisadjustiertem Warfarin (INR 2-3) randomi-

siert. Im Vergleich zu Warfarin senkte Apixaban die Schlaganfall- und Embolierate signifikant

(1,6% vs 1,27% p<0,00001), schwere Blutungen wurden unter Apixaban ebenfalls signifikant

reduziert (3,09% vs. 2,13% p<0,0001).

AVERROES: Hier wurden Patienten, die eine Kontraindikation gegen Warfarin aufwiesen

(n=5599), eingeschlossen und zu Apixaban vs ASS randomisiert. Im Vergleich zu ASS senkte

Apixaban die Schlaganfall- und Embolierate signifikant (3,63%% vs 1,62% p=0,0114), schwere

Blutungen waren unter Apixaban nicht signifikant häufiger (1,2% vs. 1,41% p=0,072).

31% der Patienten in ARISTOTLE nahmen zusätzlich zu Apixaban ASS zur Sekundärprävention

ein. Es zeigte sich, dass die Gabe von ASS zusätzlich zu einer OAK zu einer signifikanten

Zunahme der Blutungskomplikationen führte, die unter Apixaban im Vergleich zu Warfarin

geringer ausfiel: ASS + Apixaban 3,1% vs 3,92%, ASS + Warfarin(HR 0,77 CI 0,6, 0,99).26 Dies

ist für den Einsatz des Apixaban bei ACS und PCI wichtig, da diese Patienten in der Regel eine

duale antithrombozytäre Therapie erhalten.

Prospektiv wurde der Einsatz des Apixaban bei ACS in 2 Studien untersucht:

Die APPRAISE 127Studie war eine Dosisfindungsstudie zur Sekundärprävention nach

ACS (Indexereignis <7 Tage). Initial wurden die Patienten zu einer Dosis von 2x2,5mg,

1x10mg Apixaban oder Placebo randomisiert, in einer 2. Phase kamen noch zwei weitere

Dosierungsarme (2x10mg und 1x20mg) hinzu. 63% der Patienten hatten einen STEMI,

64% eine PCI und 75% eine duale antithrombozytäre Therapie. Die beiden Arme

mit der 20mg Dosierung wurden vorzeitig abgebrochen, da es hier zu einem Exzess an

Blutungskomplikationen kam.

Der Endpunkt (Tod, Infarkt, Schlaganfall, schwere Ischämie) betrug in der Placebo Gruppe

8,7%, in der 2x2,5mg Gruppe 6,7% und in der 1x10mg Gruppe 6,0% (p=0,07). Es kam zu

einem dosisabhängigen Anstieg von Blutungskomplikationen. Bei den Patienten mit dualer

antithrombozytärer Therapie kam es zu einem stärkeren Anstieg von Blutungen, während

die ischämischen Endpunkte nur gering beeinflusst wurden.

12

In der APPRAISE 2 Studie28 wurden Patienten mit ACS zu einer Dosis von 2x5mg Apixaban

oder Placebo randomisiert. Die Basismedikation bestand aus einer dualen Plättchenhemmung.

40% der Patienten hatten einen STEMI, 42% einen NSTEMI und 18% instabile Angina pectoris.

44% der Patienten erhielten eine PCI, auch hier wurden die Patienten im Mittel 6 Tage nach

Ereignis randomisiert.

Diese Studie wurde vorzeitig abgebrochen, da es in einer Interims-Analyse zu einer

signifikanten Zunahme von schweren Blutungskomplikationen (TIMI major bleedings 1,3%

vs. 0,5% p=0,001) in der Verumgruppe kam, ohne dass ischämische Endpunkte signifikant

beeinflusst wurden. Somit bietet Apixaban gegenüber der etablierten dualen antithrombo-

zytären Therapie keine Vorteile und ist nicht indiziert, zumindest nicht in der getesteten

Dosierung.

Ungeklärt ist die Frage, was mit Patienten geschehen soll, die unter einer bestehenden

Therapie mit Apixaban einen Infarkt erleiden oder eine PCI erhalten. Da diese Patienten

zur Schlaganfallsprävention oral antikoaguliert werden müssen, ist anzunehmen, dass eine

Tripeltherapie mit den DOAKs im Vergleich zu Warfarin Vorteile haben könnte. Entsprechend

den Empfehlungen zur Tripeltherapie sollte auch hier die Gabe von Aspirin auf ein Minimum

reduziert werden.

Da jedoch mit dem Rivaroxaban eine effektive und auch in den Leitlinien empfohlene

Therapie zur Sekundärprävention des Herzinfarktes zur Verfügung steht, sollte auf diese

zurückgegriffen werden.

Falls unter Apixaban operative Eingriffe erforderlich werden, gibt es hierzu keine klare

Empfehlung in der Fachinformation. Auf Grund der Halbwertzeit von 12 Stunden empfiehlt

sich ein Absetzen vor Operationen mit einem Standardrisiko für Blutungen (z.B. Herzkatheter)

von 24h, bei Operationen mit hohem Blutungsrisiko von 48 Stunden. Ob beispielsweise bei

radialem Zugang eine Herzkatheteruntersuchung auch unter effektiver OAK durchgeführt

werden kann, unterliegt einer individuellen Entscheidung.

Take home messageAufgrund eines sehr positiven Risiko/Nutzen-Profi ls stellt gerade für Patienten mit hohem

Blutungsrisiko Apixaban eine sehr attraktive Therapieoption in der Prävention thromboem-

bolischer Komplikationen bei nicht valvulärem Vorhoffl immern dar.

Da bisherige Daten zeigten, dass Apixaban in der Sekundärprävention nach ACS nur Risiko

ohne Zusatzeffekt mit sich bringt, verbietet sich hier der Einsatz, zumindest in der üblichen

Dosis.

Eine duale Therapie mit neuen Thrombozytenfunktionshemmern ist theoretisch attraktiv,

muss jedoch erst noch untersucht werden.

13

Literaturverzeichnis1. Healey JS, Eikelboom J, Douketis J et al. RE-LY Investigators. Periprocedural bleeding and throm-

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14

Zuletzt geprüft: 4. Februar 2013.

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15

16

2. ANTITHROMBOTISCHE THERAPIE WÄHREND UND NACH KATHETER-GESTÜTZTER IMPLANTATION VON AORTENKLAPPEN (TAVI)Die symptomatische, degenerativ-kalzifizierende Aortenklappenstenose ist derzeit der

häufigste behandlungspflichtige Herzklappenfehler in Deutschland. Die bisherige Standard-

therapie, der herzchirurgisch-operative bioprothetische oder Kunstklappenersatz, wird seit

über 10 Jahren in zunehmendem Maß durch die kathetergestützte Aortenklappenimplantation

(TAVI) ergänzt. Durch die Miniaturisierung der Einführbestecke auf 14 French ist er häufigste

Zugang für den Eingriff derzeit die Arteria femoralis gefolgt vom transapikalen Zugang,

weitere endovaskuläre Zugänge sind die Arteria axillaris/subclavia und die Aorta aszendenz.

Die am weitesten verbreiteten Katheterklappen sind die ballonexpandierbare Edwards-

Sapien-Prothese (23, 26, 29 mm) und die selbstexpandierbare CoreValve-Prothese (23, 26,

29, 31 mm). Weitere teilweise rückholbare Klappenprothesen sind seit kurzem verfügbar, der

endgültige klinische Stellenwert bleibt abzuwarten. Prospektiv Studien zeigen für die Edwards-

Sapien-Prothese und die CoreValve-Prothese bei inoperablen Patienten eine deutliche signi-

fikante Überlegenheit gegenüber der rein medikamentös-konservativen Therapie1,2 und

für die Edwards-Sapien-Prothese bei chirurgischen Hochrisikopatienten ein gleich gutes

Abschneiden, bei der CoreValve-Prothese sogar ein signifikant besseres Abschneiden des

schonenden interventionellen Verfahrens im Vergleich zum konventionellen bioprotheteti-

schen Aortenklappenersatz unter Einsatz der Herzlungenmaschine.3, 4

Akzeptierte Indikationen für den kathetergestützten AKE (TAVI) sind heute entweder

ein hohes operatives Risiko (logistischer Euro-Score-I über 20%, STS-Score über 10%)

für einen konventionellen Herzklappenersatz und/oder schwere Begleiterkrankungen

(Thoraxbestrahlung, Leberzirrhose, schwere Gebrechlichkeit) und/oder ein sehr hohes Alter

des Patienten.5 Die Entscheidung über das optimale Verfahren für den Patienten sollte im

´Herzteam´ im Konsens unter Einschluss des Patientenwunsches gefällt werden.

Daten zur antithrombotischen Therapie während und nach TAVI liegen bisher wenige vor.

Die besonderen Anforderungen an die antithrombotische Therapie während und nach TAVI

im Vergleich zum konventionellen Aortenklappenersatz ergeben sich aus folgenden Punkten:

1. Durch die Implantation der relativ großen Aortenklappenprothese kann es zu einem Abfall der

Thrombozyten mit letalem Ausgang kommen.6

2. Die TAVI hat sowohl transapikal als auch transfemoral im Vergleich zum konventionellen Aorten-

klappenersatz ein leicht erhöhtes Schlaganfallrisiko innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff.3

3. Das hohe Alter der TAVI-Patienten und die hohe Komorbidität sind verbunden mit einem erhöhte

peri- und postprozeduralem Blutungsrisiko (14-20-F-Zugang), was jegliche aggressive

antithrombotischeTherapieregime wie z.B. die Triple-Therapie aus ASS, Clopidogrel und Marcumar

früh postinterventionell erschwert.

17

Datenlage zur antithrombozytären Therapie nach TAVINach konventionellem bioprothetischem Aortenklappenersatz ist heute die antithrombozy-

täre Monotherapie mit ASS ausreichend, nur Patienten mit einem kardioembolischen Ereignis

werden sekundärpräventiv mit ASS und Clopidogrel behandelt.

Die generelle duale Plättchentherapie mit ASS und Clopidogrel als ´Standard´ nach TAVI

beruht auf einer monozentrischen Erfahrung aus einem sehr kleinen Patientenkollektiv nach

den weltweit ersten CoreValve®-Implantation, wo es bei 3 von 4 Patienten zu schweren

Thrombopenien nach Klappenimplantation gekommen ist.6 Eine mögliche Erklärung

ist die im Vergleich zum Koronar- oder peripheren Gefäßstent größere Kontaktfläche

der Klappenprothese mit dem zirkulierenden Blut, die Implantation unter laufender

Herz-Lungenmaschine und die häufige Inzidenz größerer paravalvulärer Leckagen. Nach

konsequenter Durchführung einer dualen Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel

wird diese schwere Komplikation nicht mehr - weder in diesem Zentrum noch weltweit

- beobachtet. Ähnliche Berichte über schwere Thrombopenien gibt es nach Edwards®-

Klappenimplantation nicht, dennoch wurde in der FDA-Zulassungsstudie für die

Edwards®-Klappe (PARTNER-US, Kohorte A) ebenfalls eine duale Plättchenhemmung zur

kardioembolischen Schlaganfallprophylaxe für 6 Monate durchgeführt.3

Geht es auch ohne duale Plättchenhemmung?

CoreValve®-ProtheseUssia et al.7 untersuchten prospektiv randomisiert an 79 Patienten nach transfemora-

ler CoreValve®-Implantation eine Monotherapie mit ASS (n=39 Pat.) vs einer dualen

Plättchenhemmung mit ASS/Clopidogrel über 30 Tage. Primärer Endpunkt waren Major

Cardiovascular and Cerebrovascular Events (MACCE) nach 30 Tagen, sekundärer Endpunkt

schwere Blutungen. Weder beim primären Endpunkt MACCE (ASS/Clop. 3/40 8%, ASS 4/39

10%, p=0.49) noch bei den schweren Blutungen (ASS/Clop. 2/40 5%, ASS 1/39 3%, p=0.61)

fand sich ein signifikanter Unterschied. Auch die Schlaganfallrate (Major stroke ASS 2/39

[5%] vs. ASS/Clopidogrel 1/40 [3%], p=0,49). Eine mögliche, aber nicht endgültige Erklärung

für die nicht beobachteten letalen Thrombopenien ist die Durchführung der Prozedur ohne

Herzlungenmaschine und überwiegend ohne Vollnarkose. Die Studie ist aber aufgrund der

geringen Fallzahl nicht geeignet, den heutigen Standard der dualen Plättchenhemmung in

Frage zu stellen, da die statistische Power zur Beantwortung der Frage nicht ausreichend war.

Edwards-Sapien®-ProtheseStabile et al.8 haben ebenfalls nach transfemoraler Edwards-Sapien®-Klappenimplantation an

120 Patienten propsektiv randomisiert eine Monotherapie mit ASS (n=60) verglichen mit

einer dualen Plättchenhemmung mit entweder ASS/Tiklopidine (n=7) oder ASS/Clopidogrel

(n=53). Patienten mit Indikation zur oralen Antikoagulation wurden im Gegensatz zu Ussia

18

et al.7 ausgeschlossen Der primäre Endpunkt war das Auftreten schwerer kardiovaskulä-

rer, zerebrovaskulärer und Blutungs-Komplikationen (VARC). Es fand sich kein signifikanter

Unterschied beim primären Endpunkt nach 30 Tagen: ASS 5/60 (8.3%), ASS/Clop./Tiklop

5/60 (8.3%): Schwere Blutungen fand sich nach 30 Tagen bei 3/60 Patienten (5%) nach

ASS-Monotherapie und bei 4/40 Patienten (6.7%) unter dualer Plättchenhemmung. Lediglich

Gefäßkomplikationen (major und minor) waren unter dualer Plättchenhemmung nach 30

Tagen mit 13,3% vs. 5% (p=0.03) signifikant häufiger, was höchstwahrscheinlich durch eine

höhere Inzidenz von Aneurysma spuria bedingt ist. Die Schlaganfallrate (major stroke) war in

beiden Gruppen mit 1.7% (jeweils 1/60 Patienten) gleich. Auch diese Studie, die derzeit leider

noch nicht publiziert vorliegt, ist allenfalls als Pilot-Studie zu sehen und ist von ihrer statisti-

schen Power nicht ausreichend um eine Empfehlung zur Edwards®-Klappenimplantation ohne

duale Plättchenhemmung zu rechtfertigen.

Weitere, nicht randomisierte Single-Center Studien zeigen an ebenfalls kleinen

Patientenkollektiven weder für die Core-Valve-Prothese9 noch für die Edwards-Sapien-

Prothese10 eine signifikant erhöhte Inzidenz von zerebrovaskulären Ereignissen unter

antithrombozytärer Monotherapie im Vergleich zur dualen Plättchenhemmung. Hingegen

war in beiden Studien die Anzahl der Blutungsereignisse unter dualer Plättchenhemmung

signifikant erhöht.

Studien zu den neuen antithrombozytären Substanzen Prasugrel und Ticagrelor nach TAVI

liegen nicht vor.

Welche antithrombotische Therapie ist zu empfehlen?

Vor dem EingriffAm Vortag des Eingriffs ist eine Aufsättigung mit 500 mg Acetylsalicylsäure (ASS) und

300-600 mg Clopidogrel indiziert.

Grund für die duale Plättchenhemmung ist die Verhinderung des akuten Thrombozytenabfalles

und die Minimierung des periprozeduralen und frühpostinterventionellen Schlaganfallrisikos

bei allen Prothesentypen.

Im HybridlaborDie Standardtherapie ist derzeit die Gabe von unfraktioniertem Heparin mit einer Ziel

activated clotting time (ACT) von 250-300 sec. Hintergrund ist die periprozedurale

Thrombenbildung an den Katheterinstrumenten zu verhindern. Vorteil der Substanz ist

die sofortige Antagonisierbarkeit im Falle des Auftretens einer vaskulären Blutung. Das

Antithrombin Bivalirudin als Alternative zum unfraktionierten Heparin während TAVI wird

derzeit im Rahmen einer Studie untersucht. Möglichweise lässt sich durch die Substanz die

Anzahl periinterventioneller Blutungen senken.

19

Postinterventionelle antithrombozytäre Therapie

Patient ohne PCI vor TAVI und ohne Indikation zur oralen AntikoagulationNach Implantation einer CoreValve®-Prothese ist eine duale antithrombozytäre Therapie

mit 100 mg ASS/Tag und 75 mg Clopidogrel/Tag für 3-6 Monate bis zum Vorliegen

einer adäquat gepowerten Vergleichsstudie zwischen antithrombozytärer Mono- und

Zweifachtherapie indiziert. Gleiches gilt für die Edwards-Sapien-Klappe. In der US-Partner-

Studie (FDA-Zulassungs-Studie Edwards® Valve)2 wurde gleichfalls über 6 Monate eine duale

Plättchenhemmung mit o.g. Dosierung durchgeführt und wird daher

analog empfohlen. Ein vorzeitiger Abbruch der dualen antithrombozytären Therapie wegen

Blutungen scheint hingegen kein erhöhtes Schlaganfallrisiko für den Patienten zu implizieren.

Patienten mit chronischem VorhofflimmernBei ca. 40-50% der TAVI-Patienten liegt chronisches Vorhofflimmern vor und somit ist eine

orale Antikoagulation indiziert. Gleichzeitig verbietet sich jedoch eine TripleTherapie mit

dualer Plättchenhemmung plus oraler Antikoagulation aufgrund des in der Regel hohen Alters

und der meist beträchtlichen Komorbidität des Patientenkollektivs und der Notwendigkeit

einer 14-20-French Instrumentierung der Femoralarterie oder der Herzspitze. Da präinter-

ventionell die orale Antikoagulation unterbrochen werden muss, ist eine periinterventionelle

passagere Behandlung mit ASS und Clopidogrel möglich. Je nach Abheilen der Punktionsstelle

kann in der ersten Woche post TAVI nach sonographischem Ausschluss eines Aneurysma

spuriums mit der oralen Antikoagulation wieder begonnen werden. Eine zusätzliche beglei-

tende antithrombozytäre Monotherapie - vorzugsweise mit Clopidogrel - erscheint, sofern

sie vertragen wird, für mindestens 1 Monat und maximal 6 Monate sinnvoll.

Patienten nach KoronarinterventionCa. 20% der TAVI-Patienten benötigen unmittelbar vor oder während der TAVI eine

perkutane Koronarintervention, so dass eine duale Plättchenhemmung mit ASS/Clopidogrel

für mindestens 1 Monat nach Metallstentimplantation (BMS) oder mindestens 6-12 Monate

nach Drug-Eluting-Stentimplantation (DES) notwendig ist. Sollte der Patient zusätzlich eine

Indikation zur oralen Antikoagulation haben, ist eine Triple-Therapie unbedingt zu vermeiden.

In Ausnahmefällen (TAVI+DES+Vorhofflimmern+hohes Stentthromboserisiko) ist ein kathe-

tertechnischer Verschluss des linken Herzohres zu diskutieren.

20

Welche Rolle spielen die neuen antithrombozytären Substanzen und die neuenoralen Antikoagulantien?Wie auch zum Clopidogrel ist die Datenlage zum Prasugrel/Ticagrelor nach TAVI ungenü-

gend, die Substanzen sollte daher nicht in erster Reihe gegeben werden. Ausnahme sind

TAVI-Patienten mit Sinusrhythmus, koronarer Herzerkrankung und Zustand nach akutem

Koronar-Syndrom. Diese sollten unbedingt unter Beachtung der Kontraindikationen (Alter !)

leitliniengerecht mit ASS und Ticagrelor/respektive Prasugrel behandelt werden. TAVI

Patienten mit chronischem Vorhofflimmern sollten nur in Ausnahmefällen und frühestens

nach Beendigung der antithrombozytären Therapie mit neuen oralen Antikoagulantien

behandelt werden, da die Datenlage für valvuläres Vorhofflimmern bisher völlig unzureichend

ist. Sollte eine Antikoagulation mit Marcumar nicht gelingen, ist in Einzelfällen ein Abweichen

von diesem Vorgehen möglich und sicher besser als keine Antikoagulation.

Take Home MessageDie antithrombotische/antithrombozytäre Therapie vor/während und nach TAVI ist

im Rahmen von prospektiv-randomisierten Studien bisher unzureichend untersucht.

Daher ist in Analogie zu den Zulassungsstudien (PARTNER-US, CoreValve) für Patienten

ohne Vorhofflimmern eine duale Plättchenhemmung mit 100 mg/die ASS und 75 mg/die

Clopidogrel für 3-6 Monate indiziert. Patienten mit Vorhofflimmern sind zusätzlich zur oralen

Antikoagulation mit Clopidogrel 75 mg/die für 3-6 Monate zu behandeln. Für Patienten nach

TAVI mit begleitender KHK gelten die entsprechenden Leitlinien.

21

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22

3. ANTIKOAGULATION WÄHREND KATHETERABLATION VON VORHOFFLIMMERN Es besteht allgemeine Einigkeit darüber, dass während der Ablation eine Antikoagulation

mit Heparin in volltherapeutischer Dosis durchgeführt werden sollte.1 Darüber hinaus

besteht inzwischen Konsens darüber, dass eine orale Antikoagulation zum Zeitpunkt der

Ablationsmaßnahme einen wirksamen Schutz gegen thromboembolische Komplikationen

darstellt.2 In einer großen Metanalyse, die über 27.000 Patienten in neun Observationsstudien

erfasste, zeigt sich eine dramatische Reduktion thromboembolischer Komplikationen um

90% unter kontinuierlicher Warfaringabe versus diskontinuierlicher Gabe mit gleichzeitigem

Heparin-Bridging. Kleinere Blutungen wurden um 62% gesenkt, während die Rate größerer

Blutungen und Perikardtamponaden nicht erhöht wurde.3

Intraprozedurale HeparintherapieHeparin sollte unmittelbar vor transseptaler Punktion, fakultativ in der halben effektiven

Dosierung, z.B. als Bolus von 5000 IE, verabreicht werden; die zweite Gabe folgt unmittelbar

nach der transseptalen Punktion. Falls keine Gabe vor Punktion erfolgt, sollte diese zumindest

unmittelbar danach in voller Dosis erfolgen. Bei einem Vorgehen unter TEE- oder ICE-Sicht

kann auch die therapeutische Dosis von 7-8000 IE Heparin vor der transseptalen Punktion

gegeben werden, so dass sofort mit der Ablation begonnen werden kann.

Die Empfehlung zur frühen Heparinisierung beruht auf der Beobachtung, dass Thromben

sich rasch nach Einführung der transseptalen Schleusen oder von Elektrodenkathetern in die

Herzhöhlen bilden können.4,5,6 7,8,9,10,11 Es sollte so schnell wie möglich eine ACT (activated

clotting time) von 300 bis 350s angestrebt werden. Bei Nachweis von „smoke“ im Vorhof

oder großen Vorhöfen sollte der Zielwert bei 350s liegen.12,13,14 Dieser Gerinnungsparameter

(ACT) sollte initial nach 10 min und im weiteren Verlauf alle 15 bis 30 Minuten (im Mittel

alle 20 min) kontrolliert werden; die Heparin-Dosen sind danach entsprechend anzupas-

sen. Alternativ kann auch statt einzelner Bolusgaben eine Heparin-Dauerinfusion verab-

reicht werden. Des Weiteren wird empfohlen, die kontinuierliche NaCl-Spüllösung für die

transseptale Schleuse mit einer geringen Menge von Heparin zu versetzen, um das von der

Schleusenspitze ausgehende Thromboembolierisiko weiter zu minimieren.15 Eine weitere

Risikoreduzierung kann erreicht werden durch Zurückziehen der Schleuse vom linken in den

rechten Vorhof, sobald der Mapping/Ablations-Katheter im LA platziert ist.

Am Ende der Prozedur kann der Heparineffekt mit Protaminsulfat in der üblichen Dosierung

antagonisiert werden.16 Die Schleusen (venös wie arteriell) können aus der Leiste bei einer

ACT unter 200s gezogen werden.

Es ist zu betonen, dass alle diese Empfehlungen nicht auf kontrollierten Daten, sondern ausschließlich

auf klinischen Anwendungsbeobachtungen, Erfahrungen und Expertenkonsens basieren.

23

Periprozedurale Behandlung mit Vitamin K-AntagonistenZur begleitenden bzw. kontinuierlich fortgeführten oralen Antikoagulation - vornehmlich

Warfarin - sind in den letzten 3 Jahren zahlreiche Arbeiten publiziert worden, die ihren

Niederschlag in den aktuellen Guidelines gefunden haben. So konnte Di Biase (2010) an über

6000 Patienten aus neun Zentren in einer case control study zeigen, dass die Schlaganfall/

TE-Rate bei Patienten unter Warfarin mit 0% signifikant unter der der Patienten ohne

Warfarin und entsprechender Bridging-Behandlung mit 0,8% lag (p<0.05).17 Das gleiche galt

für schwere Blutungen. Patienten unter Warfarin hatten mit 0,5% eine signifikant niedrigere

Rate von Perikardtamponaden als Patienten ohne Warfarin (0,8%).

In einer randomisierten Studie bei Patienten, die sich wegen persistierendem/permanentem

Vorhofflimmern einer Katheterablation unterzogen, wurde bei 70 Patienten in klassischer

Weise Heparin mehrere Tage vor dem Eingriff abgesetzt und durch LMWH in einer Dosis

von 1 mg/kgKG vor und 0,5 mg/kgKG nach Ablation ersetzt.18 Die anderen 70 Patienten

erhielten Warfarin in therapeutischer Dosis ununterbrochen weiter. Die Raten an größeren

Blutungen (jeweils 1 Patient pro Gruppe) und kleineren Blutungen (5,7% vs 2,8%) waren

vergleichbar, thromboembolische oder kardiovaskuläre Komplikationen traten in keiner der

beiden Gruppen auf. Weitere Studien19,20,21,22 kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. Aus den

Daten dieser Studien kann gefolgert werden, dass die ununterbrochene Gabe von Warfarin

während Katheterablation von AF sicher und effektiv ist und daher in Analogie zur koronaren

Revaskularisation empfohlen werden kann. Die ESC versieht diese Empfehlung mit einem

IIa B-Grad und rät dazu, den INR eng bei 2,0 zu halten. In einer Art Dosisfindungsstudie23

wurde in einer retrospektiven Studie an 1133 Patienten nach dem optimalen INR-Wert

gesucht. Komplikationen waren am geringsten bei einem INR zwischen 2,0 und 3,0 mit einer

Rate von 5%, dagegen war die Komplikationsrate bei INR <2,0 mit 10% und bei INR >3,0

mit 12% signifikant erhöht (p=0,03). Der optimale Bereich lag bei einem INR von 2,0 bis 2,5,

während INR >3,0 und <2,0 mit einem 2fachen Anstieg der Komplikationsrate assoziiert

waren. Eine begleitende Clopidogrel-Behandlung verdreifachte das Komplikations-Risiko.

Neue (direkte) orale Antikoagulantien (NOAKs/DOAKs)

DabigatranZu den sogenannten DOACs gibt es inzwischen einige Erfahrungen und limitierte Studiendaten,

die sich fast ausschließlich auf Dabigatran beziehen. In einer kleineren Beobachtungsstudie

wurden 123 Patienten ca. 22 Stunden nach AF-Ablation auf Dabigatran 150 mg zweimal

täglich, sofern eine normale Nierenfunktion bestand, eingestellt.24 Sie hatten zuvor zweimal

Enoxaparin 0,5 mg/kgKG als Bridging erhalten. Vor dem Eingriff waren 46% der Patienten auf

Warfarin, 21% auf Aspirin, 28% auf Dabigatran und 6% auf keine Antikoagulation eingestellt

gewesen. 36 Stunden vor der Ablation war Dabigatran abgesetzt worden.

24

Es wurden nach Ablation weder Schlaganfälle oder TIAs, noch systemische Thromboembolien,

größere Blutungen oder Perikardtamponaden registriert. In einer anderen multizentrischen

Observationsstudie wurden 145 Patienten, die eine periprozedurale Dabigatran-Behandlung

erhielten, mit einer gleichen Anzahl gematchter Patienten verglichen, die unter ununterbro-

chener Warfarin-Behandlung abladiert wurden.25 Dabigatran wurde bis zum Vortrag gegeben

und erst am Morgen des Eingriffstages ausgesetzt. Wenige Stunden nach der Ablation und

entsprechender Blutstillung wurde Dabigatran wieder angesetzt. In der Dabigatran-Gruppe

traten drei thromboembolische Komplikationen (2,1%) auf, in der Warfarin-Gruppe dagegen

keine (p=0,25). Die Rate schwererer Blutungen betrug unter Dabigatran im Vergleich zu

Warfarin 6% vs 1% (p=0,019). Die kombinierten Raten von Blutungen und thromboembo-

lische Komplikationen lagen für Dabigatran bei 16% vs 6% für Warfarin (OR: 2,76, p=0,01).

In einer ähnlichen Studie wurden 110 mit Dabigatran-vorhandelte Patienten mit 101 mit

Warfarin-behandelten Patienten verglichen.26 Dabigatran in einer Dosis von 2 x 110 mg

wurde am Tag der Ablation ausgesetzt, während Warfarin nicht unterbrochen wurde. In

beiden Gruppen wurden weder symptomatische thromboembolische Komplikationen noch

größere Blutungen beobachtet; ein postprozedural bei 60 Patienten durchgeführtes zerebra-

les MR zeigte jeweils einen kleinen asymptomatischen Insult in beiden Gruppen.

In einer jüngeren Studie27 wurde bei 376 Patienten Dabigatran kurz vor dem Eingriff (1 bis

2 Dosen) ausgesetzt und unmittelbar nach der Prozedur wieder angesetzt. Die übrigen 623

Patienten erhielten Warfarin mit therapeutischer INR. Mittels propensitiy score matching

wurden zwei Gruppen von 344 Patienten mit ausgeglichenen Basisdaten gebildet. Die

Gesamtrate hämorrhagischer und thromboembolischer Komplikationen war in beiden

Gruppen mit 3,2% versus 4,1% (Dabigatran vs Warfarin) vergleichbar. Trotz höherer intra-

prozeduraler Heparingaben war die mittlere ACT in der Dabigatran-Gruppe signifikant

niedriger als in der Warfarin-Gruppe, was aber keinen Einfluss auf die TE-Rate zeigte.

In einer weiteren Studie28 wurden insgesamt 463 Patienten mit jeweils ununterbrochener

Dabigatran- und Warfarin-Therapie miteinander verglichen. Es gab 2 vs 6 größere Blutungen

(n.s.) und 1 vs 0 thromboembolische Komplikationen (n.s.) in der Dabigatran- versus

Warfarin-Gruppe.

In einer kürzlich publizierten Metanalyse29 wurden die Daten von 3841 Patienten aus neun

Kohortenstudien, einer randomisierten und einer Case-Control-Studie ausgewertet. Dabei

nahm ein kleinerer Teil (15%) das Dabigatran ununterbrochen ein. Keine Unterschiede

wurden gefunden zwischen Dabigatran- und Warfarin-Behandelten hinsichtlich größerer

Blutungen (1,9% vs 1,6%), Perikardtamponaden (1,4% vs 1,1%), größerer Hämatome (2,0%

vs 2,7%; OR 0,67; p=0,1) und thromboembolischer Ereignisse (0,6% vs 0,1%; OR 2,51;

p=0,12). Ein Trend zugunsten von Dabigatran bei Blutungen und zugunsten von Warfarin bei

25

thromboembolischen Ereignissen war nicht signifikant. In einer weiteren Metaanalyse30 von

4782 Patienten lag die TE-Rate bei 0,55% unter Dabigatran und bei 0,17% unter Marcumar;

p=0,29. Die Blutungsrate lag bei 1,48% resp. 1,35%; p=0,86. Es bleibt unklar, ob der nicht-

signifikante Trend zugunsten Marcumar bei der TE-Rate darauf zurückzuführen ist, dass

Dabigatran in den meisten Fällen 1-2 Tage vor dem Eingriff abgesetzt wurde. Die Autoren

empfehlen als bestes Timing der Medikationsunterbrechung das Absetzen von Dabigatran am

Morgen der Untersuchung und die Wiederaufnahme 3-4 h nach Beendigung des Eingriffes.

Lediglich bei Niereninsuffizienz sollte die letzte Dabigatran-Dosis 24 h vor dem Eingriff einge-

nommen werden.

RivaroxabanErste Daten zum Einsatz von ununterbrochenem Rivaroxaban bei der AF-Ablation belegen

ebenfalls ein gutes Sicherheits- und Effektivitätsprofil der Substanz im Vergleich zu Cumarinen.

In einer multizentrischen, prospektiven Observationsstudie von 642 Patienten31, die entweder

Warfarin oder Rivaroxaban über mindestens 4 Wochen vor dem Eingriff erhielten, lag die

TE-Rate bei 0,3% in beiden Gruppen und die Rate größerer Blutungen bei 1,8% vs 1,9%

für Rivaroxaban vs Warfarin. Beide Substanzen wurden ohne Unterbrechung oder Bridging

periprozedural verabreicht.

Fasst man die Studien zusammen, so ist auf Grund der vorliegenden Daten die ununterbro-

chene Gabe von Dabigatran hinsichtlich Effizienz und Sicherheit der kontinuierlichen Gabe

von Warfarin vermutlich nicht unterlegen. Es scheint dabei offensichtlich keine Rolle zu spielen,

ob Dabigatran ein bis zwei Tage vor der Ablationshandlung abgesetzt oder durchgenommen

wird. Es muss allerdings betont werden, dass größere, kontrolliert-randomisierte Studien, die

die beiden Strategien Warfarin versus Dabigatran vergleichen, und auch ein randomisierter

Vergleich zum optimalen Zeitpunkt des Aussetzens von Dabigatran derzeit nicht vorliegen.

Zu den anderen DOACs existieren noch wenige Daten. In einer ersten Studie konnte ein

gleich günstiges Sicherheits-und Effektivitätsprofil für Rivaroxaban gegenüber Warfarin bei

ununterbrochener Gabe gezeigt werden. Ein Umsetzen von Warfarin vor Ablation auf

Dabigatran und Rivaroxaban nach Ablation erscheint – ohne begleitendes Bridging - relativ

sicher möglich.32

Völlig unabhängig von der Art der periprozeduralen OAK besteht die Notwendigkeit

einer effektiven Anhebung der ACT auf 300 bis 350 Sekunden durch Heparin während

der Ablationsprozedur; aber auch diese Empfehlung beruht nicht auf Daten randomisierter

Studien, sondern lediglich auf Expertenkonsens.

Zusammenfassend geht die derzeitige Empfehlung zur periprozeduralen Antikoagulation

dahin, eine bereits laufende Warfarinbehandlung für den Eingriff nicht zu unterbrechen und

dabei auf niedrig normale INR-Werte (2,0 bis 2,5) zu achten mit dem Ziel, periprozedurale

26

Schlaganfälle/TIAs incl. asymptomatischer zerebraler Infarkte zu verhindern, ohne dabei das

Blutungsrisiko zu erhöhen.

Dabigatran kann vermutlich ohne Risikoerhöhung für Blutungen und thromboemboli-

sche Komplikationen bis zur Ablationsprozedur eingenommen und kurz nach Beendigung

wieder angesetzt werden. Dies scheint auch für den Einsatz von Rivaroxaban zu gelten.

Viele Untersucher lassen die DOAC-Dosis am Tage der Prozedur weg und beginnen am

Abend nach der Ablation wieder mit der halben Tages-Dosis und voller Dosis am Folgetag.

Weitere randomisierte kontrollierte Studien zum periprozeduralen Einsatz der neuen oralen

Antikoagulantien sind jedoch notwendig, um fundierte Empfehlungen abgeben zu können.

Darüber hinaus sollte die orale Antikoagulation – ob mit Warfarin oder einem der DOACs

– über mindestens 2-3 Monate nach Ablation fortgeführt werden, für Patienten mit einem •

CHA2DS2-VASc-Score von >2 als Langzeitbehandlung unabhängig vom Ablationsresultat. Bei

allen andern Patienten kann – vor allem bei langfristig erfolgreicher Ablation - ohne wesent-

lich erhöhtes Thromoembolierisiko die orale Antikoagulation abgesetzt werden.2 Auch

hierbei handelt es sich um eine Konsensempfehlung, da größere randomisierte kontrollierte

Studien zum Absetzten der OAK nach Ablation bislang fehlen. In den neuesten Guidelines

der AHA/ACC/HRS 2014 werden vergleichbare Empfehlungen zur peri- und postprozedura-

len Antikoagulation gegeben.33

Take Home Message1. Abladiere Vorhofflimmern unter Marcumar bei effektivem INR (2,0 - 2,5) oder

unter NOACs ohne oder mit minimaler Unterbrechung!

2. Die ACT sollte intraprozedural bei 300 bis 350 s liegen!

3. Setze die OAK für 2-3 Monate nach Ablation fort und setze diese bei einem

CHA2DS2-VASc-Score >1 unabhängig vom Ablationserfolg nicht ab!

27

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30

4. PERI- UND POSTINTERVENTIONELLE ANTIKOAGULANTIEN-THERAPIE BEI VERSCHLUSS DES LINKEN VORHOFOHRS

Die katheterinterventionelle Implantation eines Okkluders in das linke Vorhofohr etabliert

sich zunehmend als alternative Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern im Falle von

Problemen mit einer oralen Antikoagulation (OAK), insbesondere bei hohem Blutungsrisiko.

Im Fokusupdate der ESC-Leitlinien von 2012 zu Vorhofflimmern gibt es hierfür eine

IIb-Empfehlung bei hohem Schlaganfallrisiko und Kontraindikationen für eine langfristige

OAK.1

Da hierbei ein Fremdkörper verbleibt, ist bis zu dessen vollständiger Endothelialisierung eine

duale Thrombozytenaggregationshemmung (DTAH) notwendig, d.h. die Gabe von ASS

100mg/d und Clopidogrel 75mg/d. Die DTAH wiederum kann bei diesen Hochrisikopatienten

ein zwar zeitlich limitiertes, jedoch signifikantes Problem darstellen. Derzeit gibt es zwei

in Deutschland erhältliche und zugelassene Systeme, das WatchmanTM-Implantat (Boston

Scientific) und den AmplatzerTM Cardiac Plug (St. Jude Medical). Konkrete offizielle

Empfehlungen zu der Antikoagulation nach Implantation gibt es von beiden Herstellern nicht.

WatchmanTM-ImplantatFür die periprozedurale Antikoagulation empfiehlt sich im Falle des WatchmanTM-Implantate,

mit ASS zu beginnen (am Vortag orale Aufsättigung mit 300-500mg oder am Tage der

Intervention als intravenöse Bolusgabe von 500mg) und gleichzeitig einen INR-Wert von

2,0-2,5 während der Implantation einzuhalten - ohne begleitende Bridging-Maßnahmen.

AmplatzerTM-ImplantatFür den AmplatzerTM Cardiac Plug empfiehlt sich, die VKA einige Tage vor Implantation

abzusetzen. Clopidogrel wird möglichst am Vortag mit einer Initialdosis von 300mg begonnen,

bzw. mit 600mg am Tage der Implantation. Zusätzlich muss die Gabe von ASS wie oben

beschrieben erfolgen.

Für beide Implantate gilt, dass neue bzw. direkte orale Antikoagulantien (DOAKs) bei beiden

Implantaten 24-48h vor Intervention pausiert werden sollten. Ein Heparin-Bolus von 60-70

IU/kg sollte vor oder 100 IU/kg sofort nach der unter Ultraschallkontrolle durchgeführten

transseptalen Punktion erfolgen. Während der Prozedur ist mit Heparinboli eine ACT von

300-400s (in Analogie zur Vorhofablation, Herstellerempfehlung >250s) aufrechtzuerhalten.

PROTECT-AF-StudieIn der randomisierten PROTECT-AF-Studie2 wurde nach Implantation des WatchmanTM-

Implantate für 45 Tage die Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA)

weitergeführt und zusätzlich ASS nach Implantation gegeben. Nach 45 Tagen wurde,

unter der Voraussetzung eines negativen Thrombusnachweises mittels transösophagealer

31

Echokardiographie (TEE), die VKA auf Clopidogrel 75mg/d in Kombination mit ASS 100mg/d

umgesetzt - für insgesamt 6 Monate nach Implantation. Danach wird noch die dauerhafte

Einnahme von ASS empfohlen. Die prospektive, nicht-randomisierte ASAP-Studie3 weist auf

eine ausreichende Sicherheit einer alleinigen DTAH mit ASS/Clopidogrel für 6 Monate nach

WatchmanTM-Implantation bei Kontraindikationen für eine VKA hin. Kontraindikationen sind

übrigens in der Fachinformation z.B. Marcumar® betreffend sehr weit gefasst. Eine weitere

Studie4 hat eine alleinige 6-monatige DTAH bei niedrigem und eine 3-monatige DTAH bei

hohem Blutungsrisiko in einem Kollektiv mit 53 Patienten mit Kontraindikationen für VKA

untersucht. Hier fanden sich 5% Thromben auf dem Implantat, die mit niedermolekularem

Heparin innerhalb von 4 Wochen aufgelöst werden konnten.

Duale PlättchenhemmungAuch wenn randomisierte Daten fehlen, erscheint es angemessen, bei Unmöglichkeit einer

Weiterführung der VKA-Therapie nach Implantation eines WatchmanTM-Implantate eine

alleinige duale TAH durchzuführen. Die Blutungskomplikationen hierunter sind jedoch, wie

aus der ACTIVE-W-Studie bekannt ist, nicht geringer als unter VKA-Therapie, so dass der

Patient nach Okkluderimplantation zumindest weitere 6 Monate einem nicht unerheblichen

Blutungsrisiko ausgesetzt ist. Eine alternative Antikoagulation mit z.B. Apixaban erscheint

möglich, hier müssten jedoch zunächst prospektive Studien durchgeführt werden.

Für das AmplatzerTM-Device „Cardiac Plug“ liegen bislang noch weniger harte Daten vor, die

Dauer der TAH lag in den größeren Studien bei 1-3 Monaten und bestand aus Clopidogrel und

ASS für 3-6 Monate.5 In Analogie zu dem AmplatzerTM-Septal-/PFO-Occluder mit ähnlicher

Größe kann davon ausgegangen werden, dass die Epithelialisierung nach 3 Monaten weitge-

hend abgeschlossen ist.6 Eine Untersuchung an 34 Patienten zeigte jedoch bei 18% Thromben

auf dem Implantat trotz 6-monatiger DTAH.7 Die Wahrscheinlichkeit für Thrombenbildung

korrelierte mit dem CHA2DS2-VASc-Score. Als weiterer Risiko-Faktor wurde eine

Thrombozytopenie angeführt. In dieser Studie wurde die Initialdosis von Clopidogrel erst

nach der Implantation gegeben. Drei Patienten wiesen vor Entlassung Thromben auf, drei

weitere nach drei Monaten. Nach sechs Monaten waren keine Thromben mehr auf dem

Implantat nachzuweisen. Die Thromben ließen sich mit intravenösem Heparin oder VKA

auflösen. Keiner der Patienten war neurologisch auffällig. Weitere größere Studien berichten

über keine thrombotischen Komplikationen.8,9

Als Alternative zu Clopidogrel kann - bei (der seltenen) Unverträglichkeit - in Analogie zu

Daten aus der TRILOGY ACS Studie10 auf Prasugrel 5mg/d zurückgegriffen werden, was

wahrscheinlich eine vergleichbare Sicherheit liefert. Allerdings gibt es hierzu - wie auch

zu Ticagrelor - keine Daten in der Anwendung beim Vorhofohrverschluss (oder auch

PFO-Verschluss).

32

Peri- und postprozedurales BlutungsrisikoEin bislang ebenfalls nicht befriedigend gelöstes Problem stellt die nicht unwahrscheinliche

Blutung unter der DTAH dar. Daten gibt es hierzu nur in Bezug auf die Indikation nach

Stentimplantation und bei akutem Koronar-Syndrom. Letztlich kann hier nur empirisch

vorgegangen werden. Das jährliche Blutungsrisiko unter ASS beträgt einer dänischen Studie

zufolge11 in einer Population nach Myokardinfarkt 2,6%. Die adjustierte Wahrscheinlichkeit

(Number Needed to Harm) für eine schwere Blutung liegt bei DTAH+VKA bei 1:12; für

Clopidogrel+VKA bei 1:15; für ASS+VKA bei 1:45; für DTAH 1:81 und für Clopidogrel allein

bei 1:116 im Vergleich zu ASS.

Bei noch laufender Therapie mit einem VKA sollte dieser mit Prothrombinkonzentrat

(nicht mit Vitamin K) antagonisiert werden. Neben Leistenkomplikationen treten unter

DTAH am häufigsten Blutungen des oberen Gastrointestinaltraktes auf,12 hier sollte in

Abhängigkeit vom gastroenterologischen Befund mit Protonenpumpeninhibitoren behandelt

werden. Unklarheit besteht noch darüber, ob eine Monotherapie mit Clopidogrel bzgl.

OGI-Blutungen im Vergleich zu Aspirin die sicherere Option darstellt.13,14 Einer weiteren

dänischen Registerstudie zufolge [13] erhöht ASS das Risiko einer oberen gastrointestina-

len Blutung auf das 1,1 fache; Clopidogrel auf das 1,8 fache und DTAH auf das 7,4 fache.

Bei nicht innerhalb weniger Tage beherrschbaren Blutungen oder hoher Rezidivgefahr sollte

daher Clopidogrel abgesetzt werden, eine Verringerung der Blutungsneigung ist aufgrund

der irreversiblen Bindung erst nach ca. 5 Tagen zu erwarten. Um Thromben vorzubeugen,

empfiehlt sich nach Blutungsstillung dann eine zusätzliche Antikoagulation mit Heparin, bei

einer ambulanten Führung des Patienten mit niedermolekularem Heparin in halbtherapeu-

tischer Dosierung (z.B. 1 mg/kg KG Enoxaparin pro Tag), idealerweise auf zwei Tagesdosen

verteilt, um ein schnelleres Abklingen bei erneuten Blutungen zu ermöglichen. Diese Patienten

sollten engmaschig (alle 2-4 Wochen) mittels TEE kontrolliert werden.

Abschließend ist zu erwähnen, dass eine Endokarditisprophylaxe bei entsprechender

Indikation für sechs Monate durchgeführt werden sollte.

Zusammenfassung1. AmplatzerTM: Vor Implantation VKA auf Clopidogrel 75mg/d und ASS 100mg/d umsetzen,

die duale Plättchenhemmung für 3 Monate weiterführen, dann alleinig ASS für weitere

3 Monate fortsetzen falls keine zusätzliche Indikation für ASS oder DTAH.

2. WatchmanTM: Therapie mit ASS 100mg/d einleiten, VKA für 45 Tage weiterführen, dann TEE.

Falls keine Thromben nachweisbar, auf Clopidogrel 75mg/d und ASS umsetzen, für insgesamt

6 Monate falls keine zusätzliche Indikation für ASS oder DTAH. Bei Kontraindikationen für

VKA alleinige Therapie mit Clopidogrel 75mg/d und ASS 100mg/d direkt nach

Implantation

33

3. Beide Implantate: Während der Implantation Heparingabe mit Ziel-ACT von 300-400s,

3 Monate nach Implantation TEE; falls Thromben nachgewiesen werden, Verlängerung der

DTAH auf 6 Monate und Einleitung einer Heparintherapie bis zur Aufl ösung der

Thromben.

4. Blutungen: Bei innerhalb von einigen Tagen nicht beherrschbaren Blutungen oder nicht

vertretbarem Rezidivrisiko Clopidogrel absetzen und nach Blutungsstillung Gabe von

niedermolekularem Heparin in halbtherapeutischer Dosierung, auf zwei Tagesdosen verteilt.

Engmaschige TEE-Kontrollen.

Take Home MessageDer katheterinterventionelle Vorhofohrverschluss erscheint als eine gute Alternative bei

Kontraindikationen zur dauerhaften Antikoagulation bei Vorhofflimmern. Vermutlich ist

bei beiden derzeit zugelassenen Implantaten eine alleinige duale Plättchenaggregations-

hemmung für wenige Monate nach Implantation ausreichend und sicher.

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35

5. PERIOPERATIVE ANTIKOAGULANTIEN-THERAPIE BEI

SCHRITTMACHER- UND DEFIBRILLATOR IMPLANTATIONEN

In Deutschland wurden im Jahr 2012 ca. 98.000 Herzschrittmacher- und 41.000 ICD- und

CRT-Implantationen durchgeführt.

Eine besondere Herausforderung ergibt sich bei diesen Operationen immer dann, wenn zusätz-

lich eine Indikation zur oralen Antikoagulation - zumeist bei begleitendem Vorhofflimmern

- besteht, was bei ca. 15-35% dieser Patienten der Fall ist.1 Die ESC Guidelines von August

2013 verweisen bereits darauf, dass es Anzeichen gibt, dass es unter der Überbrückung einer

Warfarin-Pause mit Heparin zur vermehrten Hämatombildung kommt und empfehlen eine

Fortführung der Marcumartherapie auf niedrigen Niveau. Die Empfehlung resultiert aus den

Ergebnissen kleinerer Studien.2,3,4 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren keine Daten

zum Vorgehen bei der Gabe der sogenannten DOAKs (Direkte Orale Antikoagulantien)

vorhanden.

Die amerikanische Leitlinie der American College of Chest Physicians empfahl bisher bei

mittlerem und hohem Risiko die Unterbrechung der OAK Therapie und die Überbrückung

mit Heparin oder NMH.5

Kontinuierliche Marcumar-Therapie vs. unterbrochene OAK und BridgingZahlreiche kleinere Fallstudien legten jedoch in der jüngeren Vergangenheit nahe, dass

Operationen unter Fortführung der oralen Antikoagulation sicher und darüber hinaus mit

einem niedrigeren Blutungsrisiko behaftet sind, als das zeitlich und organisatorisch aufwen-

digere Bridging. Dies führte dazu, dass in vielen Kliniken bereits eine Operation unter

fortgeführter Antikoagulation der Unterbrechung der Marcumarisierung mit begleitendem

Heparin-Bridging, vorgezogen wurde.

In einer Metaanalyse6 gut gematchter retrospektiver Studien zeigte sich ein signifikanter

Vorteil für die ununterbrochene OAK-Therapie. Taschenhämatome traten signifikant seltener

auf, ebenso Taschenrevisionen. Darüber hinaus wurde der Krankenhausaufenthalt verkürzt.

Dieser Zustand veranlasste die Untersucher der BRUISE-CONTROL Studie zur Durchführung

einer großen randomisierten kontrollierten Studie, welche im Mai 2013 in NEJM veröffentlicht

wurde.7 Hierbei wurde eine Gruppe mit kontinuierlicher oraler Antikoagulation (OAK) und

eine Bridging Gruppe (Unterbrechung der OAK und Gabe von Heparin/NMH) in Bezug

auf die Entstehung eines klinisch relevanten Taschenhämatoms miteinander verglichen. Das

Studienkollektiv bestand aus Patienten mit einem mittleren jährlichen Schlaganfallrisiko von

>5%, somit einem CHA2DS2-VASc-Score von mindestens 3 Punkten. Patienten mit begleiten-

der Thrombozytenaggregationshemmung wurden ebenso eingeschlossen, wie Patienten mit

mechanischem Klappenersatz. Alle gängigen Operationen, vom einfachen Aggregatwechsel

bis zur CRT-D Implantation, wurden dabei berücksichtigt.

In der ersten Gruppe wurde die OAK Therapie fünf Tage vor Operation pausiert, gefolgt

36

von der Gabe eines NMH in ca. 90% der Fälle, mit der letzten Gabe 24 h vor OP und der

ersten Gabe 24 h post-OP. In ca. 10% der Fälle erfolgte die Gabe von Heparin (letzte Gabe

4 h vor OP). Die Operation erfolgte bei einem mittleren INR von 1,2. In der Gruppe mit

kontinuierlicher OAK lag der mittlere INR bei 2,3 zum Zeitpunkt der Operation mit einer

Interquartilspanne von 2,0 – 2,6 (entsprechend den mittleren 50% der Werte). Der maximale

Ziel INR in dieser Gruppe war <3, mit Ausnahme für Patienten mit mechanischer Klappe, hier

lag der Ziel INR bei <3,5.

Eine Doppelverblindung war auf Grund der zu unterschiedlichen Vorgehensweisen nicht

möglich. Stattdessen erfolgte die Beurteilung der Endpunkte durch eine zweite, vom

Operationsteam unabhängige Kommission. In beiden Gruppen wurde bei entsprechender

Indikation eine kombinierte Thrombozytenaggregationshemmung fortgeführt.

Es zeigte sich nach Einschluss von 668 Patienten eine in Bezug auf den primären Endpunkt

deutliche Überlegenheit in der Gruppe mit kontinuierlicher OAK. Ein klinisch relevan-

tes Taschenhämatom wurde dann angenommen, wenn dieses zu einem verlängertem

Klinikaufenthalt führte, eine Unterbrechung der Antikoagulation notwendig war oder eine

Hämatomausräumung erforderlich wurde. Während es in der Bridging Gruppe in 16% der

Fälle zu einem relevanten Hämatom kam, war dies lediglich in 3,5% der Patienten aus der

Gruppe mit kontinuierlicher OAK-Gabe der Fall. Dieser positive Effekt zeigte sich konsistent

in allen Subgruppen. In Bezug auf den wichtigsten sekundären Endpunkt, „thromboembo-

lische Ereignisse“, gab es in der Bridging Gruppe keine Komplikationen. In der Gruppe mit

kontinuierlicher OAK-Gabe kam es zu zwei thromboembolischen Ereignissen, wobei in der

Einzelfallbetrachtung beide Fälle zum Zeitpunkt der Operation einen, entgegen dem Protokoll

zu niedrigen INR <1,3 aufwiesen. Ein Taschenhämatom mit den sich daraus ergebenden

Konsequenzen ist keine harmlose Komplikation, sondern ein in hohem Maße prognoserele-

vantes Ereignis. Sie führt zu vermehrten thromboembolischen Ereignissen auf Grund der

Notwendigkeit, die Antikoagulation zu pausieren,8,9 zu einer längeren Hospitalisierung10, einer

höheren Rate an erneuten Operationen und vor allem zu Wundinfektionen.11,12

Die multizentrische, randomisierte FinPAC-Studie13 kam zu deckungsgleichen Ergebnissen:

213 Patienten mit Langzeit-Marcumarisierung wurden aufgeteilt in eine kontinuierliche OAK-

und ein Bridging-Gruppe. Ein Taschenhämatom wurde in 35% vs 40% registriert, schwere

Blutungen traten in jeweils 6% auf, eine Taschenrevison wurde in keinem Falle notwendig. Ein

Schlaganfall trat in der Bridging-Gruppe auf.

Im Hinblick auf die Frage, ob eine fortgeführte OAK perioperativ einem konventionellen

Bridging grundsätzlich überlegen ist, sind weitere Studien anzuführen, die auch bei anderen

Op.-Indikationen annährend durchgehend die Vorteile der fortgeführten OAK gezeigt haben.14

So gibt es vergleichbare Ergebnisse in kleinen Fallserien im Bereich der HNO, Urologie, Hand,

Gefäßchirurgie, Orthopädie und bei endoskopischen Eingriffen.

37

Konsequenzen für die PraxisGenerell sollte heute bei der Implantation kardialer Devices wie SM, ICD oder CRT einer

kontinuierlich fortgeführten OAK ohne Bridging der Vorzug gegeben werden. Bei der indivi-

duellen Risikoabwägung sollten jedoch folgende Punkte in die Betrachtung einbezogen

werden:

• CHA2DS2-VASc-Score

• Vorhandensein einer mechanischen Aortenklappe / Mitralklappe

• Begleitende Thrombozytenaggregationshemmung

• OP Dauer und Invasität, VVI /CRTD; subkutane/submuskuläre Tasche

• Konstitution des Patienten, z.B. kardiale Kachexie, Geschlecht, Alter

Ein mögliches Vorgehen ist die präoperative Festlegung eines perioperativen Ziel-INR, bzw.

Zielkorridors, nach Abwägung der oben aufgeführten Einflussfaktoren.

• Ziel INR 3 / Korridor 2,5-3,5 bei höchstem thrombembolischem Risiko und niedrigem

Blutungsrisiko

Beispiel: Patient mit Batterieerschöpfung und anstehendem Aggregatwechsel bei subcutan

liegendem Device mit mechanischer Mitralklappe bei permanentem Vorhofflimmern und

einem CHA2DS2-VASc-Score von 6 Punkten.

• Ziel INR 2,5 / Korridor 2,0-3,0 bei hohem thrombembolischem Risiko

• Ziel INR 2 / Korridor 1,5-2,5 bei mittlerem thrombembolischem Risiko

Beispiel: Patient mit submuskulär liegendem 1 K ICD, der eine Aufrüstung auf eine CRTD

benötigt, mit begleitender kardialer Kachexie, paroxysmalem VHF und einem CHA2DS2-

VASc-Score von 3 Punkten unter begleitender Therapie mit ASS/Ticagrelor.

• Ziel INR <2 bei niedrigem thrombembolischen Risiko, CHA2DS2-VASc-Score < 3 und

keinen weiteren Blutungsrisiken.

Vorgehen unter Therapie mit DOAKs / Vergleich mit MarcumarIn Bezug auf die zunehmende Verordnung der sogenannten DOAKs (Direkte Orale

Antikoagulantien) ist bislang die Empfehlung der Hersteller zu beachten. Hiernach sollte vor

und nach Schrittmacher- und ICD-Implantationen eine Einnahme-Pause von 24 h erfolgen.

Die Daten hierzu sind aus den Kollektiven der großen Zulassungsstudien der DOAKs extra-

hiert. Konkrete Studien in Bezug auf die Ausbildung von Taschenhämatomen nach SM/

ICD-Operationen weisen kein erhöhtes Risiko für DOAKs versus Cumarinen aus.

Es liegen hierzu bisher nur nicht randomisierte Studien vor.15,16 In einer Case Control Study kam

es bei 1 von 48 Patienten (2,1%) mit ununterbrochenem Dabigatran, bei 0 von 14 Patienten

38

mit unterbrochenem Dabigatran und 9 von 195 Patienten mit kontinuierlicher Warfarin-

Therapie (4,6%) zur Ausbildung eines Taschenhämatoms (p=0,69). 50% der Blutungen waren

assoziiert mit oraler Plättchenhemmung.16 Randomisierte Studien zum fortgeführten Einsatz

von DOAKs liegen hierbei noch nicht vor.

Die BRUISE Control Studie hat in Bezug auf das bereits vielerorts praktizierte Vorgehen einer

fortgeführten OAK eine notwendige Bestätigung und damit die wissenschaftliche Evidenz

geliefert, auf deren Grundlage nun die Umsetzung in der Breite erfolgen kann.

Take home message 1. Operationen unter Fortführung einer dauerhaften OAK sind sicher und überlegen.

2. Das aufwendige perioperative Bridging ist überflüssig.

3. Eine individuelle Risikoabwägung ist nach wie vor zwingend erforderlich.

Das Festlegen eines perioperativen Ziel INRs ist eine praktikable Lösung.

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Autorenverzeichnis:

• PD Dr. med. Wolfgang Bocksch, Universitätsklinikum Tübingen, Medizinische Klinik,

Otfried-Müller-Straße 10, 72076 Tübingen

• Dr. med. Rolf Dörr, Praxisklinik Herz und Gefässe, Forststraße 3, 01099 Dresden

• Dr. med. Olaf Grebe, Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf, Klinik für Kardiologie, Kirchfeldstr. 40,

40217 Düsseldorf

• Dr. med. Stefan Hoffmann, Klinikum Barnim, Rudolf-Breitscheid-Straße 36, 16225 Eberswalde

• Dr. med. Tobias Leitsch, Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf, Klinik für Kardiologie,

Kirchfeldstr. 40, 40217 Düsseldorf

• Prof. Dr. med. Sigmund Silber, Kardiologische Gemeinschaftspraxis, Tal 21, 80331 München

Korrespondenzanschrift

Prof. Dr. med. Ernst G. VesterEvangelisches Krankenhaus Düsseldorf

Klinik für KardiologieKirchfeldstraße 40 I 40217 Düsseldorf

Telefon: 0 211/919 - 18 55Telefoax: 0 211/919 - 39 55

Berufsverband Interventioneller Kardiologen e.V.

Wilhelminenstr. 1a

D-65193 Wiesbaden

www.bikardio.de