Operational Excellence mittels Transformation Management: Nachhaltige Ver¤nderung im Unternehmen...

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Page 1: Operational Excellence mittels Transformation Management: Nachhaltige Ver¤nderung im Unternehmen sicherstellen – Ein Praxisratgeber

FOM-EditionFOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management

Weitere Baumlnde in dieser Reihe httpwwwspringercomseries12753

Markus H Dahm bull Aaron D Bruumlckner

Operational Excellence mittels Transformation ManagementNachhaltige Veraumlnderung im Unternehmen sicherstellen ndashEin Praxisratgeber

ISBN 978-3-658-05091-7 ISBN 978-3-658-05092-4 (eBook)DOI 101007978-3-658-05092-4

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Springer Gablercopy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014Das Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt Jede Verwertung die nicht ausdruumlcklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags Das gilt insbesondere fuumlr Vervielfaumlltigungen Bearbeitungen Uumlbersetzungen Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ver-arbeitung in elektronischen Systemen

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen Handelsnamen Warenbezeichnungen usw in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waumlren und daher von jedermann benutzt werden duumlrften

Lektorat Angela Meffert

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Markus H DahmIBM Deutschland GmbH Global Business Services und FOM Hochschule fuumlr Oekonomie und ManagementHamburgDeutschland

Aaron D BruumlcknerMilestone ConsultantsThe Milestone GmbHWittenDeutschland

Dieses Werk erscheint in der FOM-Edition herausgegeben von FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management

V

Widmung

Fuumlr unsere Familien und Freunde die uns die Kraft fuumlr dieses Buch gegeben haben

VII

Vorwort

Veraumlnderung ist nicht die Ausnahme sondern die Regel Die tektonischen Platten unserer Wirtschaft sind immer in Bewegung Zusaumltzlich entscheiden neue Einflussgroumlszligen uumlber oumlkonomischen Erfolg und Misserfolg (vgl Kotter 1996 S 17 ff) Gewaltige Innovations-spruumlnge in der Informationstechnologie die Beschleunigung aller Geschaumlftsprozesse die finanzielle globale Gratwanderung die Zunahme an Komplexitaumlt und die Vernetzung am Markt setzen in immer kuumlrzer werdenden Abstaumlnden Veraumlnderungsimpulse die unsere Denktraditionen beeinflussen So haben sich die wirtschaftlichen Erfolgsmuster seit den 1950er-Jahren dramatisch veraumlndert und die Geschwindigkeit sowie das Ausmaszlig der Ver-aumlnderungen nehmen weiter zu Wo Organisationen fruumlher ihre Grundstruktur dem natuumlrli-chen Wachstum uumlberlieszligen ist die interne Differenzierungslogik heute immer wieder aufs Neue zu bestimmen um wettbewerbsfaumlhig zu bleiben (vgl Wimmer 2004 S 36) Damit die Ausrichtung des strategischen Managements von heute nicht schon morgen Schnee von gestern ist muumlssen die Unternehmen ihre Problemloumlsungskompetenzen erweitern

Dieses Buch ist ein Grundlagenwerk fuumlr die erfolgreiche Implementierung von Opera-tional-Excellence-Initiativen ndash theoriebasiert aber klar praxisorientiert Neben der dezi-dierten Auseinandersetzung mit der methodischen Feinmechanik von Lean Management Six Sigma und der Synthese Lean Sigma bildet das Management des Menschen den ma-gnetischen Nordpol des Buches Denn um Operational Excellence zu erlangenist mehr als nur das Erreichen von Meilensteinen das Erfuumlllen von bdquohartenldquo Kennzahlen oder das technokratische Umsetzen von Maszlignahmen zur Kostenreduzierung notwendig ndash es geht um ein Umdenken aller in der Organisation vom Unternehmenslenker bis zum Arbeiter oder Angestellten Folgende Fragen stehen im Fokus Wie veraumlndere ich gewohnte Ver-haltensweisen und Denkmuster Wie schaffe ich ein Bewusstsein fuumlr kontinuierliche Pro-zessverbesserung Was kann ich tun damit eine methodisch getriebene Transformation von den Menschen in der Organisation gelebt wird

Dieses Buch soll sowohl den Unerfahrenen die Moumlglichkeit geben das Leistungsver-sprechen der Operational Excellence im relevanten Kontext des Managements von Veraumln-derungen im Detail kennenzulernen als auch dem praxiserprobten Leser neue Denkanstouml-szlige und Tipps mit auf den Weg geben Dafuumlr werden die Karten fuumlr Studierende Forscher Unternehmer Fuumlhrungskraumlfte und Berater gleichermaszligen offen auf den Tisch gelegt Was

VIII Vorwort

sind die Schwachstellen der Methodik Woran scheitern die Initiativen in der Praxis Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren fuumlr die Umsetzung der Transformation

Dieses Buch fuumlhrt das zusammen was bisher nicht zusammengefuumlhrt wurde Das Management der Methodik ist auf ein entsprechendes Management des Menschen an-gewiesen Change Management in Operational-Excellence-Initiativen ist keine Frage des bdquoEntweder-Oderldquo sondern des bdquoSowohl-als-Auchldquo ndash immer und ausnahmslos Darin liegt die Bewegungskraft dieses Buches Mit dieser Uumlberzeugung nimmt die inhaltliche Reich-weite des Buches eine bislang unbesetzte Position im Literaturangebot des strategischen Managements ein

Die Architektur des Buches besteht dabei aus drei Teilen Kap 2 beschreibt theorie-fundiert das Gestern (Woher) die Kap 3 4 und 5 diskutieren aufeinander aufbauend und praxisorientiert das Heute (Wohin) und die Kap 6 und 7 eroumlrtern handlungsbasiert das Morgen (Was tun)

Wir moumlchten allen herzlich danken die das Fertigstellen dieses Buches auf unter-schiedliche Art und Weise unterstuumltzt haben Die Ideen fuumlr das inhaltliche Grundgeruumlst entstanden bei Workshops Gespraumlchen in Wirtschaft und Universitaumlten gemeinsamen Projekten oder langen Reisen Den noumltigen Freiraum die entwickelten Gedanken auch zu Papier zu bringen schenkten uns unsere Partner und Familien Danke fuumlr euren Verzicht und eure Geduld

Im Speziellen bedanken wir uns bei Goran Curic und Ralf Ressel (Neuenfelder Ma-schinenfabrik) Im Speziellen bedanken wir uns bei Goran Curic und Ralf Ressel (Neu-enfelder Maschinenfabrik) bei Heinrich Voumllker (ehem Voumllker AG) fuumlr offene Gespraumlche uumlber die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Initiativen bei Rudi Wimmer von der Universitaumlt WittenHerdecke fuumlr die stets zuverlaumlssige Unterstuumltzung als Sparringspartner bei Lars Gottschling Aike Hansen Joumlrn Heyenrath Timo Muumlller Werner Rindhauser Stefan Thode und Andreas Wagenknecht fuumlr ihre Unterstuumltzung beim Lektorat bei Rai-mund Bruumlckner fuumlr ein akkurates Co-Lektorat und bei Tobias Bruumlckner fuumlr die Faumlhigkeit die einzelnen Kapitel illustrativ und kuumlnstlerisch gekonnt in Szene zu setzen Herrn Tho-mas Heupel danken wir fuumlr die Aufnahme des Werkes in die FOM-Edition und Herrn Kai Enno Stumpp fuumlr die Begleitung bei der Entstehung

Inhaltsverzeichnis

IX

1 Einleitung 111 Vorspann 112 Begriffsbestimmung 413 Aufbau und Inhalt 6

131 Kapitel 2 6132 Kapitel 3 8133 Kapitel 4 9134 Kapitel 5 10135 Kapitel 6 11136 Kapitel 7 12

Literatur 13

2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence 1521 Lean Management 16

211 Einfuumlhrung 16212 Die Entstehung japanischer Ansaumltze 17213 Das Toyota Produktionssystem 17214 Die Weiterentwicklung zu Lean Management 22

22 Six Sigma 28221 Einfuumlhrung 28222 Von der Messmethode bdquo6σldquo zum Konzept bdquoSix Sigmaldquo 28223 Die Konzeption einer Six-Sigma-Initiative 31

23 Lean (Six) Sigma 45231 Einfuumlhrung 45232 Das methodische Grundgeruumlst 46233 Rahmenbedingungen der Implementierung 47234 Der Werkzeugkasten von Lean Sigma 58

24 Das Kapitel in aller Kuumlrze 87Literatur 89

X Inhaltsverzeichnis

3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence 9131 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik 92

311 Unternehmensprofil 92312 Ausgangslage 94313 Die Initiative 95314 Zwischenergebnis 99315 Fazit 103

32 Lean Management bei der FCI-Gruppe 105321 Unternehmensprofil 105322 Ausgangslage 106323 Die Initiative 107324 Zwischenergebnis 111325 Fazit 112

33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods 114331 Unternehmensprofil 114332 Ausgangslage 115333 Die Initiative 117334 Zwischenergebnis 121335 Fazit 122

34 Six Sigma bei der Bank of America 123341 Unternehmensprofil 123342 Die Ausgangslage 125343 Die Initiative 125344 Zwischenergebnis 127345 Fazit 128

35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc 130351 Unternehmensprofil 130352 Ausgangslage 132353 Die Initiative 134354 Zwischenergebnis 137355 Fazit 138

36 Das Kapitel in aller Kuumlrze 143Literatur 144

4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen 14541 Initiative und Organisation harmonisieren 147

411 Betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereitschaft evaluieren 147

412 Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen 149

413 Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhren 149

XIInhaltsverzeichnis

414 Kulturkreis beachten 150415 Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen abgrenzen 154416 Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierlich

Fuumlhrungsstaumlrke zu verlieren 155417 Methodik adaptieren ndash nicht kopieren 156418 Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzen 156419 Initiative an Impulse der Umwelt anpassen 157

42 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren 158421 Vision haben und leben 159422 Kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellen 159423 Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugen 161424 Stakeholder definieren ndash individuell kommunizieren 161425 Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und

aus Fehlern lernen 16243 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern 164

431 bdquoMenschlichenldquo Kern der Initiative begreifen 164432 Fuumlhrung verstehen 165433 Geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhren 167434 Betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffen 168435 Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo 169436 Widerstand entgegenwirken 170437 Zusammenarbeit organisieren und belohnen 171438 Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivieren 172439 Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash

Entscheidungskonflikte loumlsen 17644 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen 177

441 Projekte mit groszliger Hebelwirkung priorisieren 177442 Quick Wins erzielen ndash Projekt stringent umsetzen 178443 Potente Projektmitglieder engagieren 180444 Projektkultur aufbauen 181445 Fuumlr und gegen das richtige Werkzeug entscheiden 182446 Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen 183

45 Fortentwicklung messbar machen 185451 Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquo 185452 Kostenrechnung zweiter Art verfolgen 186453 Neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten 186

46 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik 187461 Uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodik 188462 Unvergleichbare Standards der Mitarbeiterausbildung 189463 Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und

Perspektiven der Mitarbeiter 190

XII Inhaltsverzeichnis

464 Anspruchsvolles Methodenset 193465emsp emspSpannungsverhaumlltnisemspEffizienzemspvsemspInnovationemsp 194466emsp emspGanzheitlicheemspQuantifizierbarkeitemspderemspErgebnisseemsp 198

47emsp emspDasemspKapitelemspinemspalleremspKuumlrzeemsp 200Literatur 202

5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz 20351 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change

Managements 20452emsp emspDefinitionemspundemspZielsetzungemspvonemspChangeemspManagementemsp 20853emsp emspErfolgsfaktorenemspdesemspChangeemspManagementsemsp1994emspbisemsp2008emsp 211

531emsp emspSchluumlsselfaktorenemspnachemspKlausemspDoppleremspundemsp ChristophemspLauterburgemsp 212

532 Acht Stufen der Veraumlnderung nach Kotter (1996) 215533emsp emspDieemspIBMemspMaking-Change-Work-Studieemsp(2008)emsp 221

54emsp emspBlickemspinemspdieemspPraxisemspndashemspBeispielemspAXAemspSAemsp 224541emsp emspUnternehmensprofilemsp 225542 Ausgangslage 225543emsp emspDieemspInitiativeemsp 227544emsp emspZwischenergebnisemsp 228545emsp emspFazitemsp 230

55emsp emspErfolgsfaktorenemspvonemspChangeemspManagementemspinemspOperationalemspExcellenceemsp 232551emsp emspReflexionemspermoumlglichenemsp 233552emsp emspHorizontalspannungemspsicherstellenemsp 236553emsp emspMitarbeiteremspbefaumlhigenemsp 238554emsp emspMusterwechselemspzulassenemsp 240555emsp emspOumllstandemspuumlberpruumlfenemsp 242

56emsp emspVomemspChangeemspzumemspTransformationemspManagementemsp 24557emsp emspDasemspKapitelemspinemspalleremspKuumlrzeemsp 246Literatur 247

6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen 24961emsp emspDeremspTransformationemspNavigatoremsp 25062emsp emspDieemspAnalyse-Phaseemsp 254

621 Strategy 254622 Resources 266623 Guidance 285624emsp emspBenefitemsp 311625emsp emspTippsemspundemspTricksemsp 318

XIIIInhaltsverzeichnis

63 Die Transfer-Phase 322631 Strategy 323632 Resources 326633 Guidance 339634 Benefit 378635 Tipps und Tricks 381636 Value Based Leadership ndash mit Vertrauen den Erfolg steigern 385

64 Die Sustain-Phase 390641 Strategy 392642 Resources 394643 Guidance 418644 Benefit 423645 Tipps und Tricks 441

65 Das Kapitel in aller Kuumlrze 442Literatur 444

7 Ausblick 44771 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence 448

711 Eine besondere Anschlussfaumlhigkeit von Operational Excellence 448

712 Operational Excellence in Familienunternehmen 458713 Weitere Denkanstoumlszlige 462

72 Blick in den Ruumlckspiegel 46373 Zehn Thesen zur Operational Excellence 465Literatur 467

Glossar 469

Uumlber die Autoren

Markus H Dahm ist als Strategie- und Organisationsbe-rater der IBM Global Business Services verantwortlich fuumlr groszlige Transformations- und Produktivitaumltssteigerungspro-jekte Er hat fast 20 Jahre Projekt- und Beratungserfahrung in verschiedenen Laumlndern Europas und Asiens sammeln koumln-nen Schwerpunktgebiete der Beratung sind die Strategieent-wicklung und -umsetzung das Change Management sowie das Business Process Reengineering unter Anwendung von Lean Management und Six Sigma Bevor er zu IBM wech-selte war er als Projektleiter bei Ernst amp Young Management Consulting in Muumlnchen taumltig Markus H Dahm ist gelernter

Bankkaufmann und studierter Betriebswirt Neben einer Promotion in Wirtschaftswissen-schaften hat er einen MBA in International Management Consulting Markus Dahm pu-bliziert regelmaumlszligig in einschlaumlgigen wissenschaftlichen Fachzeitschriften und Branchen-fachmagazinen Zwei Buumlcher hat er in juumlngerer Vergangenheit auf den Markt gebracht das deutschsprachige bdquoLean Management und Six Sigmaldquo sowie das englischsprachige bdquoLean Six Sigma in IT Managementldquo Neben der Taumltigkeit als Unternehmensberater enga-giert er sich in Lehre und Forschung Er haumllt Vorlesungen zu strategischen Management- Operational-Excellence- und Change-Management-Aspekten an der FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management in Hamburg und Essen sowie an anderen Lehreinrichtungen Von der FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management wurde Markus H Dahm 2012 auch eine Honorarprofessur verliehen Er ist Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft fuumlr Organisation Zuumlrich und des International Bankers Forum Frankfurt

XV

XVI Uumlber die Autoren

Aaron D Bruumlckner ist Geschaumlftsfuumlhrer der Milestone Con-sultants eines aus dem Wittener Universitaumltskontext heraus-gewachsenen Beratungsnetzwerks mit Kooperationspartnern von NRW bis in die USA Die Milestone Consultants stellen Organisationen die fuumlr eine aktuelle unternehmerische Her-ausforderung nur uumlber einen kurzen Zeitraum eine Handvoll guter Berater brauchen den Zugriff auf einen Marktplatz an Experten zur Verfuumlgung Die praxiserfahrenen Spezialisten kommen ua aus der Medizin dem Wirtschaftsingenieur-wesen der IT oder den Wirtschaftswissenschaften Daruumlber hinaus haumllt Aaron Bruumlckner regelmaumlszligig Vortraumlge zu den The-

men Change Management in Operational-Excellence-Initiativen an der FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management in Hamburg Er ist Autor zahlreicher Fachbeitraumlge zu den Themenkomplexen Lean Management Six Sigma Lean Sigma und Change Management in verschiedenen Zeitschriften wie beispielsweise bdquoio new managementldquo bdquoPersonal-fuumlhrungldquo und bdquoPersonalwirtschaftldquo

Abkuumlrzungsverzeichnis

AP Analyse-PhaseAWPNI AXA Way Project Net IncomeBB Black BeltBeBu Best BuyBoA Bank of AmericaBMW Bayerische Motoren WerkeBPR Business Process ReengineeringBVW Betriebliches VorschlagswesenCE Change EducationCEO Chief Executive OfficerCFO Chief Financial OfficerCOO Chief Operating OfficerCRAFT Continuous Rollout Assistance amp Feedback TechnologyCtQ Critical to QualityDfSS Design for Six SigmaDMADV Define Measure Analyse Develop VerifyDMAIC Define Measure Analyse Improve ControlDoE Design of ExperimentsDMO Define ndash Management ndash OperateDPMO Defects Per Million OpportunitiesFCI FCI-GruppeFMEA Fehlermoumlglichkeits- und EinflussanalyseFU FamilienunternehmenGB Green BeltGE General ElectricGM General MotorsHG HaumlrtegradIT Information TechnologyKEF Kritischer ErfolgsfaktorKMU Kleine und mittlere Unternehmen

XVII

XVIII Abkuumlrzungsverzeichnis

KPI Key Performance IndicatorKVP Kontinuierlicher VerbesserungsprozessMBB Master Black BeltMIT Massachusetts Institute of TechnologyMLF Maple Leaf FoodsNFU Nicht-FamilienunternehmenNMF Neuenfelder MaschinenfabrikNRS Norddeutsche Retail Service AGOD Organisational DevelopmentOE OrganisationsentwicklungPR Public RelationsQampA Questions amp AnswersRACI Responsible Accountable Consulted InformedSIPOC Supplier Input Process Output CustomerSLA Service Level AgreementSMED Single Minute Exchange of DieSWOT Strengths Weaknesses Opportunities ThreatsTPM Total Productive MaintenanceTPS Toyota ProduktionssystemTQM Total Quality ManagementUSA United States of AmericaVoC Voice of the CustomerVP Vice PresidentVSM Value Stream MappingVW Volkswagen AGWB White BeltWIFU Wittener Institut fuumlr FamilienunternehmenWIP Work in ProcessYB Yellow Belt

1

Einleitung

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_1

1

Wer aufhoumlrt besser zu sein hat aufgehoumlrt gut zu seinPhilip Rosenthal

11 Vorspann

Moderne Kommunikationsmedien und -plattformen wie Mobilfunk und Internet Intra-net-Anwendungen Web- und Videokonferenzen Instant-Messenger-Systeme E-Mail so-wie Breitband-DSL-Vernetzung und die vielfaumlltigen Social-Media-Werkzeuge bestimmen unseren Alltag ndash ob privat oder am Arbeitsplatz Die Wertschoumlpfung nimmt im Zeitalter des Smartphones und anderer intelligenter mobiler Endgeraumlte multimediale Dimensionen an ndash Zeitzonen und Kulturschranken wirken nebensaumlchlich Getrieben wird diese Ent-wicklung durch die Hyperdynamik gewaltiger Innovationsspruumlnge in der Informatik und Telekommunikation (vgl Kruumlger 2009 S 29) Facebook Renren Twitter und weitere neue Kommunikationskanaumlle und Netzwerkplattformen dieser Art haben innerhalb kuumlr-zester Zeit Maumlrkte und Branchen erobert Neue Technologien entstehen mit deren Hilfe Unternehmen die entstehenden enormen Datenmengen ndash die bdquoBig Dataldquo ndash speichern und nutzen koumlnnen (vgl Dahm und Dahm 2012 S 209) Nicht nur die Datenmenge wirkt uumlberwaumlltigend sondern auch die Radikalitaumlt und Schnelligkeit dieser uumlberraschenden Bruuml-che ist fuumlr viele Unternehmen noch immer Neuland

Ferner fuumlhrt der technologische Fortschritt zu einer rasanten Beschleunigung aller Ge-schaumlftsprozesse Unternehmen sind mit einem ungeahnten Leistungs- und Veraumlnderungs-druck konfrontiert Wo man fruumlher im Einzelhandel einmal im Jahr eine gruumlndliche In-ventur durchfuumlhrte liegen heute exakte Verkaufszahlen vom Vortag ndash heruntergebrochen auf jedes einzelne Produkt ndash auf dem Tisch des Managers (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 26) So laumlsst sich die Faumlhigkeit eines Unternehmens mit dem hohen Veraumlnde-rungstempo der Umwelt Schritt zu halten als uumlberlebenswichtig identifizieren (vgl Nagel und Wimmer 2009 S 15 f) Qualitaumlt als ein Alleinstellungsmerkmal von Produkten und

2 1 Einleitung

Dienstleistungen reicht dabei heutzutage nicht mehr aus denn nur durch Schnelligkeit kann man dem Wettbewerb einen Schritt voraus sein (vgl Doppler und Lautenburg 2008 S 28) Wenn durch diese universelle Rastlosigkeit aus dem Nichts aggressive Wettbewer-ber am Markt auftauchen und langjaumlhrige Handelspartnerschaften ploumltzlich wegbrechen wird Zeit zur haumlrtesten Waumlhrung unserer modernen Gesellschaft

Weiter gilt es das Augenmerk auf die Verknappung der Ressource Geld zu lenken Einmal ist es die Preissteigerung bei Rohstoffen denn natuumlrliche Ressourcen wie fossile Brennstoffe Kupfer oder seltene Erden gehen zur Neige und sind heute als Grundlage fuumlr unseren Wohlstand die wichtigsten Treiber der Teuerung Daruumlber hinaus findet in Deutschland ein Einstellungswechsel statt Wo fruumlher noch gespart wurde ist heute das bdquoLeben auf Pumpldquo schon lange normal Nicht nur die juumlngere Generation der Deutschen scheint so uumlber ihre Verhaumlltnisse zu leben sondern auch die groszlige Mehrheit aller Kom-munen Bundeslaumlnder und Nationen ndash wie die USA ndash ist hoch verschuldet und nicht mehr in der Lage die steigenden Zinsen zu bezahlen Diese Finanzierung ist auch die einzige Gemeinsamkeit des massiven Wachstums in Fernost und des weitreichenden Stillstands im industrialisierten Westen ndash der Ausnahmezustand der finanziellen globalen Gratwan-derung wird zum Normalzustand Zuletzt ist der finanzielle Engpass durch die globa-le Finanzkrise verschaumlrft worden ndash das Ausmaszlig ist noch nicht zu uumlberblicken Vor der Erkenntnis dass bdquodie etablierten Denktraditionen sowie die herkoumlmmlichen operativen Steuerungsinstrumente und die damit verbundenen Planungshorizonte dabei komplett ver-sagt habenldquo (Wimmer 2009 S 4) versucht heute noch manch einer die Augen zu ver-schlieszligen Belastungsfaktoren wie die Rezession der Weltwirtschaft oder die Krise des europaumlischen Finanzsystems sind unter der Bedeutung dieses Aspektes mit besonderer Sorgfalt zu beobachten

Die Mehrheit von 79 der Entscheidungstraumlger in der Wirtschaft rechnet damit dass die Welt noch komplexer wird (vgl IBM 2010 S 14 ff) Obwohl wir in einer Welt leben die schon weitreichend und tiefgreifend vernetzt ist loumlsen sich immer mehr Unternehmen auf oder werden neu zusammengefuumlhrt und radikale Wettbewerbsverhaumlltnisse zwingen Unternehmen in einen richtungsweisenden Strukturwandel Wie der ehemalige Vorstands-vorsitzende der IBM Corporation Sam Palmisano beschreibt (IBM 2010) kommen Chan-cen nicht nur schneller auf uns zu und sind weniger vorhersehbar sondern gehen auch ineinander uumlber und verstaumlrken die wechselseitige Abhaumlngigkeit Zur Bewaumlltigung dieser globalen Integration wird Kreativitaumlt mehr Gewicht beigemessen als Fuumlhrungsqualitaumlten wie Durchsetzungsstaumlrke und Managementdisziplin Fuumlr acht von zehn CEOs bedeutet die globale Integration dass ihr Umfeld wesentlich dynamischer ungewisser und strukturell anders werden wird

Dynamischer deshalb weil der Umgang mit auszligergewoumlhnlichen Produktionszwaumlngen und die Logik schnellerer Produktzyklen mit einem houmlheren Risiko einhergehen Bei-spielsweise lag der Produktionszyklus von Automobilen in den 1970er-Jahren im Schnitt noch bei acht Jahren In den 1990er-Jahren waren es bereits nur noch drei Jahre ndash heute bekommt ein Neuwagen sein erstes Facelift oft bereits nach zwei Jahren

Ungewisser weil aufgrund der Zunahme der Dynamik der Wirtschaftsalltag immer we-niger vorhersehbar wird ndash kein Stein bleibt mehr auf dem anderen Zuletzt gilt es zu erwaumlh-

311 Vorspann

nen dass der Markt den groumlszligten Einfluss auf oumlkonomischen Erfolg und Misserfolg hat (vgl IBM 2010 S 17) Die zunehmende Vernetzung von Volkswirtschaften Unternehmen Ge-sellschaften und Regierungen fuumlhrt zu Chancenreichtum Der Erfolg von vielen Unterneh-men haumlngt in der Folge davon ab wie sie mit einer rapiden Internationalisierungsdynamik im Nacken in den naumlchsten Jahren den Umsatz aus neuen Quellen steigern koumlnnen ndash ruhige Abschoumlpfungsmaumlrkte geraten zunehmend in Vergessenheit Unzaumlhlige einzelne Maumlrkte diversifiziertere Produkt- und Servicekategorien und ein ausgepraumlgtes individualisiertes Kundensegment erschweren jedoch die Suche nach neuen Wachstumsfeldern Das Span-nungsverhaumlltnis zwischen kurzfristiger Uumlberlebenskunst und nachhaltiger Wertschoumlpfung wird durch die Forderung der aufgeklaumlrten Kunden nach Preisnachlaumlssen bei gleichzeitiger Leistungssteigerung forciert Als Konsequenz traumlgt die staumlndige Interaktion mit Kunden und deren Mitwirken an der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen nicht nur zur Differenzierung des Unternehmens bei sondern ruumlckt die Kundennaumlhe wie nie zuvor in den Fokus der Geschaumlftstaumltigkeiten Das Unternehmen muss den Kunden als Individu-um behandeln damit es in der vernetzten Welt zu uumlberleben vermag (vgl Dahm und Dahm 2012 S 210) Um ausreichend Informationen uumlber den einzelnen Verbraucher zu erhalten muumlssen Unternehmen ihre Analysekompetenz ausbauen Sie muumlssen bis dato ungenutzte Quellen wie Twitter YouTube oder Facebook einbeziehen und Antworten auf bislang ungestellte Fragen finden Was sind beispielsweise die relevanten Meinungen Interessen und Lebensumstaumlnde wodurch die Vorlieben und Anforderungen des Kunden beeinflusst werden Unternehmen werden sich auch mit der Mobilitaumlt des Kunden auseinandersetzen muumlssen um Schritt mit seiner Konnektivitaumlt halten zu koumlnnen und reaktionsfaumlhig zu blei-ben Unter dem Strich sind gewaltige Innovationsspruumlnge in der Informationstechnologie die Beschleunigung aller Geschaumlftsprozesse die finanzielle globale Gratwanderung die Zunahme an Komplexitaumlt und die Vernetzung am Markt festzuhalten Die wirtschaftlichen Erfolgsmuster haben sich seit den 1950er-Jahren dramatisch veraumlndert und die Geschwin-digkeit sowie das Ausmaszlig der Veraumlnderungen nehmen weiter zu Wo Organisationen fruuml-her ihre Grundstruktur dem natuumlrlichen Wachstum uumlberlieszligen ist die realitaumltsangemessene Handlungsfaumlhigkeit heute immer wieder aufs Neue zu bestimmen um wettbewerbsfaumlhig zu bleiben Veraumlnderung ist die Regel ndash ausnahmslos (Abb 11)

Im Ergebnis verschaumlrft sich diese in dargestellte Unvorhersehbarkeit der entscheiden-den wirtschaftlichen Realitaumlten Fuumlr die Unternehmen wird der Umgang mit dieser exis-tenziellen Ungewissheit mehr und mehr zum kritischen Erfolgsfaktor Das strategische Management muss die Organisation geschickt positionieren um sich dieser Herausfor-derung und der Konkurrenz nachhaltig stellen zu koumlnnen Dafuumlr bieten sich verschiedene Handlungsspielraumlume doch Tatsache ist Die Formel zur Erreichung von Wettbewerbs-faumlhigkeit besteht heute mehr denn je aus sich veraumlndernden und schwer abschaumltzbaren Va-riablen Kennzahlen wie Produktivitaumlt und Qualitaumlt sowie damit verbundene Kosten und Kundenzufriedenheit ruumlcken in den Fokus jeder Unternehmensfuumlhrung Haumlufig werden in der Folge durch das oberste Management innerbetriebliche Programme unter dem Label bdquoOperational Excellenceldquo angestoszligen Doch was verbirgt sich hinter dieser bdquohervorragen-den betrieblichen Leistungldquo

4 1 Einleitung

12 Begriffsbestimmung

Die Aufgabe des strategischen Managements ist die Uumlberlebensfaumlhigkeit eines Unter-nehmens langfristig zu sichern Die groumlszligte Herausforderung dabei ist der Umgang mit der existenziellen Ungewissheit ndash hervorgerufen durch die pausenlose Veraumlnderung unserer Umweltbedingungen Um sich dieser Herausforderung zu stellen richten Unternehmen den Fokus auf Operational Excellence Dadurch soll die Wettbewerbsfaumlhigkeit gestaumlrkt und die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Sicherung der langfristigen Uumlberlebensfaumlhig-keit der Organisation gesteigert werden

7 Strategisches Management bdquoManagement ist die Kunst mit anderen Leuten zusam-men Dinge zu erledigenldquo (Follett 1868ndash1933) (Crainer 1998) Urspruumlnglich kommt der Begriff aus dem Lateinischen und wird von bdquomanum agereldquo was bdquoan der Hand fuumlhrenldquo bedeutet abgeleitet So wird unter Management im betriebswirtschaftlichen Sinne die Fuumlhrung einer Organisation um bestimmte Ziele zu erreichen verstanden In der Anti-ke war ein bdquostrategosldquo ein militaumlrischer Befehlshaber und Mitglied des Kriegsrates (vgl Clausewitz und Oetinger 2003 S 12 f) Die Wurzeln dieser Bezeichnung liegen in bdquostra-tosldquo (Heer) und bdquoageinldquo (fuumlhren) und beschreiben die Kunst der Heeresfuumlhrung (vgl Clau-sewitz und Oetinger 2003 S 14 f) Noch heute erinnern Ausdruumlcke wie bdquoPreiskampfldquo oder bdquoUumlbernahmeschlachtldquo an die militaumlrische Historie des Strategiebegriffs Der Sinn und Zweck des strategischen Managements eines Unternehmens ist in diesem Kontext die langfristige Auseinandersetzung mit der existenziellen Ungewissheit bei der Erreichung der Unternehmensziele und die damit einhergehende Absicherung der Uumlberlebensfaumlhig-keit der Organisation vor dem Hintergrund der Marktbedingungen -chancen und auch der Begrenzungen

Vernetzungam Markt

Zunahme an Komplexitaumlt

gewaltige Technologiespruumlnge

Verknappung der Ressource Geld

Beschleunigung der Geschaumlftsprozesse

Unvorher-sehbarkeit

Abb 11 Einflussgroumlszligen unseres Wirtschaftsalltages

512 Begriffsbestimmung

Historie des strategischen ManagementsDem strategischen Management kam durch die Industrialisierung in der zweiten Haumllfte des 19 Jahr-hunderts eine wachsende Bedeutung zu Zuvor wurden Handwerks- und Landwirtschaftsbetriebe durch gesunden Menschenverstand uumlber Generationen hinweg gefuumlhrt

Erstmals wurde bei dem US-amerikanischen Oumlkonomen Frederick Winslow Taylor (1856ndash1915) ein umfassendes strategisches Konzept identifiziert Der Taylorismus beinhaltete fuumlr ein Unterneh-men die Idee des einen bdquobestenldquo Weges um die Arbeit zu erledigen eine hohe Arbeitsteilung und eine Bezahlung abhaumlngig von der Leistung Konsequent und erfolgreich wurde der Taylorismus bei der Ford Motor Company in Form der Flieszligbandproduktion umgesetzt

Das Business Process Reengineering (BPR) entwickelte sich Anfang der 1990er-Jahre durch die Praumlgung von Henry Johansson zu einem weiteren Ansatz der Prozessverbesserung (vgl Johansson 1994 S 14) Ziel des BPR ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsgroumlszligen wie in den Bereichen Kosten- und Personalmanagement was durch das Uumlberdenken und bdquoInfragestellenldquo von Arbeitsweisen und Methoden erreicht werden soll Den Fokus der Vorgehensweise bildet die Ver-aumlnderung der Prozesse nicht aber der funktionalen Strukturen

Das Total Quality Management (TQM) wurde als umfassendes Qualitaumltsmanagement in der ja-panischen Automobilindustrie entwickelt Es bezeichnet die durchgaumlngige und bdquoalle Bereiche eines Unternehmens erfassende aufzeichnende sichtende organisierende und kontrollierende Taumltigkeitldquo (Zink 2004 S 12) Die systematische Einbeziehung der Mitarbeiter und Kunden gehoumlrt zu den we-sentlichen Prinzipien der TQM-Philosophie um Qualitaumlt dauerhaft zu garantieren

Operational Excellence ist ein moderner Sammelbegriff fuumlr strategische Management-ansaumltze die in Form von Optimierungsprogrammen alle Geschaumlftsprozesse auf Kunden-beduumlrfnisse Qualitaumlt und Effizienz ausrichten Es bestehen zwar Unterschiede in der Vor-gehensweise jedoch fuumlhren sie alle bei langfristigem Einsatz zu aumlhnlichen Ergebnissen

Der komplexeste Vertreter der Operational Excellence ist Lean Six Sigma oder im wei-teren Verlauf kurz Lean Sigma genannt Ebenso wie der Taylorismus das Business Pro-cess Reengineering (BPR) oder das Total-Quality-Management-System (TQM) ist Lean Sigma ein uumlber Jahre gewachsener Ansatz aus dem strategischen Management der sich in der Praxis den zu Anfang geschilderten Herausforderungen unseres Wirtschaftsalltages stellt Operational Excellence wird in der Logik dieses Buches durch die Ansaumltze des Lean Managements einen eher philosophischen Ansatz mit fernoumlstlichen Wurzeln zur Verschwendungsvermeidung und Six Sigma ein quantitatives Konzept zur Qualitaumltsver-besserung komplettiert An dieser Stelle laumlsst sich kurz umrissen festhalten dass Lean Management die Organisation schlanker gestaltet und die Geschwindigkeit der Geschaumlfts-prozesse erhoumlht Six Sigma optimiert Prozesse in einem Unternehmen indem die Erwar-tungserfuumlllung des Kunden hinsichtlich der Ergebnisgroumlszligen wie Qualitaumlt Kosten Zeit und Produktivitaumlt verbessert wird Lean Sigma vereint als Synthese das Beste aus beiden Welten und formuliert als strategischer Management-Ansatz eine klare Zielsetzung die Wettbewerbsfaumlhigkeit nachhaltig steigern ndash operative Exzellenz erreichen

Das Verstaumlndnis der begrifflichen Ingredienzen des zu behandelnden Kontextes wird in Abb 12 zusammenfassend dargestellt Wenn im weiteren Verlauf des Buches von Ope-rational-Excellence-Programmen oder -Initiativen gesprochen wird sind darunter nur die abgebildeten drei strategischen Managementansaumltze zu verstehen Selbstverstaumlndlich wird zwischen den drei prominenten Vertretern des strategischen Managements dann termino-logisch unterschieden wenn eine inhaltliche Trennschaumlrfe vonnoumlten ist Dies ist beispiels-

6 1 Einleitung

weise bei der historischen Einordnung sowie diskutierten Praxisbeispielen der Fall Die betrachteten Erfolgsfaktoren oder formulierte Handlungsempfehlungen beziehen sich da-gegen methodenuumlbergreifend auf alle drei Ansaumltze

13 Aufbau und Inhalt

Den Aufbau und Inhalt des Buches soll eine kleine Geschichte verdeutlichen Die Pro-tagonisten sind ein Vater und sein Sohn ndash der eine versteht bereits viel von Autos der andere wird nicht muumlde Fragen zu stellen Jeder Kapitelanfang wird stuumlckweise an diese Geschichte erinnern analog zu einer Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Ope-rational Excellence die nur Schritt fuumlr Schritt sinnvoll ist Oder haben Sie etwa in Ihrer ersten Fahrstunde ruumlckwaumlrts einparken gelernt

131 Kapitel 2

Eines Tages als der Vater seinen Sohn aus der Grundschule abholt berichtet dieser ganz aufgeregt dass er Auto fahren moumlchte Er haumllt seinem Vater ein Bild eines knallroten Autos welches mit quietschenden Reifen Staub aufwirbelt unter die Nase Im Kunstunter-

LeanManagement

SixSigma

LeanSix Sigma

OperationalExcellence

Abb 12 Begriffliche Einordnung der Operational Excellence

713 Aufbau und Inhalt

richt sollten die Kinder ihren Berufswunsch aufmalen ndash er moumlchte Sebastian Vettel dem juumlngsten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten nacheifern Unermuumldlich zerrt er am Arm des Vaters und bettelt energisch darum dass Papi sein Auto vorzeigen und erklaumlren soll wie man es faumlhrt Der Vater gibt nach ndash wer traumlumte als kleiner Junge nicht von einer Karriere voller Adrenalin In der Garage angekommen uumlberlegt er wo man mit der Erlaumluterung der komplexen Mechanik eines Automobils und dessen Nutzung am einfachsten beginnen kann

Was ist Operational Excellence So wie ein Kraftfahrzeug welches der Befoumlrderung von Personen oder Guumltern dient eines Antriebssystems bedarf liegt auch der Program-matik von Operational Excellence die eine konkrete Zielsetzung verfolgt eine spezifi-sche Mechanik zugrunde Das architektonische Grundgeruumlst des Buches bildet Kap 2 Es werden die beiden Ausgangsfragen bdquoWoherldquo und bdquoWohinldquo beantwortet Die relevanten theoretischen Bausteine zur Erreichung operativer Exzellenz werden in diesem Zuge vor-gestellt und naumlher erlaumlutert die Entstehungsgeschichte die Kernidee die methodische Ausrichtung und Zielsetzung von Lean Management Six Sigma und der Synthese der beiden Konzepte Lean Sigma Die anwendungsorientierte Vorstellung der wesentlichen Denkinstrumente und Methoden zum Abschluss des Kapitels vervollstaumlndigt den umfas-senden Blick hinter die Kulissen des Theoriegeruumlstes

8 1 Einleitung

132 Kapitel 3

Der Sohn laumlsst nicht locker ndash ihm ist die Erklaumlrung dass das Auto ein fahrbarer Untersatz ist um auf vier Reifen mit einem Kuchen im Kofferraum sonntags zur Oma zu fahren nicht genug Er besteht darauf zu sehen wie es faumlhrt

Wie erfolgreich waren Unternehmen bislang dabei dem Anspruch operativer Exzel-lenz gerecht zu werden Wie konnten in der Vergangenheit Mitarbeiter vom Leistungsver-sprechen Six Sigma uumlberzeugt werden Welche Werkzeuge wirkten besonders katalysie-rend auf die Einfuumlhrung des Lean Managements Woran scheitern Unternehmen wenn sie versuchen die Veraumlnderung durch Lean Sigma langfristig aufrechtzuerhalten

So wie es in einem Auto verschiedene Instrumente Messanzeigen und Bedienungs-hebel zu beachten gilt heiszligt es auch waumlhrend eines Operational-Excellence-Programmes auf der richtigen Spur mit der richtigen Geschwindigkeit und im richtigen Gang zu fah-ren Nachdem bereits die Anfaumlnge und methodischen Zusammenhaumlnge eroumlrtert worden sind beleuchtet Kap 3 Erfahrungswerte und Organisationszustaumlnde aus der Praxis Fuumlnf Anwendungsbeispiele der Operational-Excellence-Methoden werden aus verschiedenen Branchen exemplarisch diskutiert die Umsetzung des Lean Managements bei einem Hamburger Kranhersteller (Neuenfelder Maschinenfabrik) und einem franzoumlsischen Steckverbindungshersteller (FCI-Gruppe) die Implementierung von Six Sigma bei einem kanadischen Lebensmittelhersteller (Maple Leaf Foods) und einer amerikanischen Groszlig-bank (Bank of America) und zuletzt die Einfuumlhrung von Lean Sigma bei einem amerika-nischen Elektronikhaumlndler (Best Buy)

913 Aufbau und Inhalt

133 Kapitel 4

Die Wissbegierde des Sproumlsslings uumlberrascht den Vater nicht Er scheint die Herausforde-rung beim Schalten die Kupplung richtig zu dosieren verstanden zu haben Es ist leichter gesagt als getan mahnt er gerade noch da beginnt der Sohn das Reifenprofil eines der Hinterraumlder zu inspizieren Wir sind doch nicht beim TUumlV haumllt er seinen Sohn lachend an TUumlV Er erlaumlutert dass es sich dabei um eine routinemaumlszligige Sicherheitskontrolle fuumlr Kraftfahrzeuge handelt ndash alle wichtigen Bestandteile des Autos werden auf Herz und Nieren gepruumlft und Maumlngel werden erkannt

Welche Faktoren der unterschiedlichen Ansaumltze zur Erreichung operativer Exzellenz sind erfolgskritisch So wie bei einem Fahrzeug im Zuge der Haupt- und Abgasunter-suchung die Kraftuumlbertragung das Fahrwerk oder die Elektronik uumlberpruumlft werden stellt Kap 4 die Funktionsfaumlhigkeit der Mechanik von Operational-Excellence-Programmen umfassend auf den Pruumlfstand Ohne sich im methodischen Detail oder einem praktischen Ausnahmefall zu verlieren werden dabei kritische Erfolgsfaktoren in Form von Check-listen identifiziert und naumlher beleuchtet Die Klaumlrung der Frage ob die Methodik der ope-rationalen Exzellenz noch bdquostraszligenverkehrstauglichldquo ist oder ob sie ihre beste Zeit schon hinter sich hat schlieszligt das Kapitel ab Entscheidend ist dabei dass Maumlngel offen an-gesprochen und diskutiert werden ndash erste konkrete Handlungstipps runden den kritischen Diskurs ab

10 1 Einleitung

134 Kapitel 5

Der Sohn moumlchte wissen was das Wichtigste am Auto ist Nach kurzer Uumlberlegung ver-gleicht der Vater das Auto mit einem Puzzle ndash jedes Stuumlck sei wichtig um ein Gesamtbild zu erhalten ndash hebt aber dann doch noch einen Aspekt hervor als er die Motorhaube oumlffnet Der Motor ist das Wichtigste Der Junge ist beim Anblick der feinmechanischen Hubbewegungen und Rotationen der vielen Ventile beeindruckt

Kapitel 5 thematisiert im Anschluss die Kernproblematik und Gemeinsamkeiten von Lean Management Six Sigma und Lean Sigma ndash bei der Implementierung geht es um ein Umdenken aller in der Organisation taumltigen Mitarbeiter vom obersten Chef bis zum untersten Angestellten bzw Arbeiter am Band Operative Exzellenz beruht auf einem Be-wusstsein fuumlr kontinuierliche Prozessverbesserung Es geht um die Veraumlnderung von ge-wohnten Verhaltensweisen und Denkmustern Es geht um weit mehr als die Anwendung von Tools denn die Neuerungen muumlssen nicht von den Maschinen sondern den Menschen ndash dem Motor von Veraumlnderung ndash im Unternehmen gelebt werden Eine kurze Rekonstruk-tion der zeit- und organisationsgeschichtlichen Zusammenhaumlnge erlaumlutert zunaumlchst die Entstehungsgeschichte des systematischen Umgangs mit dem bdquoWind des Wandelsldquo bevor theoretische Errungenschaften und praktische Hintergruumlnde zum Veraumlnderungsmanage-ment diskutiert und die Schluumlsselfaktoren fuumlr erfolgreiches Vorgehen ermittelt werden

1113 Aufbau und Inhalt

135 Kapitel 6

Der Sohn staunt noch immer uumlber die unuumlberschaubare Vielfalt an winzigen Raumldchen verbundenen Kabeln silbernen Schraumlubchen und unzaumlhligen Gummiabdichtungen da schlieszligt der Vater die Motorhaube wieder Er scheint gute Arbeit geleistet zu haben Die Fragezeichen sind aus den Augen des Sohnes verschwunden ndash das Funkeln ist geblieben Als er mit dem Oumllmessstab zu seinem Kettcar laumluft muss der Vater schmunzeln Er er-klaumlrt dass die Wartungsarbeiten im richtigen Verhaumlltnis zum jeweiligen Fahrzeug stehen muumlssen ndash bei einem Kettcar muss nicht der Oumllstand uumlberpruumlft werden Lediglich die Rad-aufhaumlngung muss regelmaumlszligig geschmiert werden damit sie nicht quietscht Beim Auto des Vaters muss hingegen sehr wohl auf die Oumllstandsanzeige geachtet werden um auch in Zukunft sicher zur Oma fahren zu koumlnnen Sebastian Vettel hebt der Vater hervor faumlhrt sogar alle paar Runden an die Box um seinen Formel-1-Wagen wettbewerbstauglich zu halten Um die Oma zu besuchen ist aber eine Geschwindigkeit bei der Flugzeuge ab-heben nicht notwendig ndash deswegen muss man auch nicht jede Woche zum TUumlV fahren Der Sohn nickt zustimmend

Nicht jede Operational-Excellence-Initiative ist von den gleichen Anforderungen an den Motor und dem Einsatz von Schmiermitteln gekennzeichnet Es gilt abhaumlngig vom Ver-wendungszweck des Fahrzeugs die richtige Motorisierung zu finden und den Pflege- und Wartungsaufwand in einem angemessenen Verhaumlltnis zu halten Wie muumlssen also der Sinn und Zweck einer Operational-Excellence-Initiative das Leistungsvermoumlgen sowie die Leistungsbereitschaft der beteiligten Mitarbeiter Fuumlhrungskraumlfte und Topmanager und die unterstuumltzenden Change-Management-Aktivitaumlten zusammenspielen um Erfolg zu haben

Kapitel 6 beantwortet vor allem die letzte der drei Ausgangsfragen bdquoWas tunldquo Pu-blikationen die explizit Veraumlnderungsmanagement in Operational-Excellence-Initiativen adressieren existieren nicht In den vorangegangenen Kapiteln wurde die Reichweite von Change-Maszlignahmen bereits ausfuumlhrlich diskutiert Zusaumltzlich werden in einem weiteren Schritt saumlmtliche Erkenntnisse unvollendete Uumlberlegungen nicht zu vernachlaumlssigende Kritikpunkte und unbeantwortete Fragen in einem umsetzungsorientierten Leitfaden ge-buumlndelt und als ein bdquoMissing Linkldquo fuumlr die Praxis anschlussfaumlhig gestaltet Die bdquoUumlberlie-ferungsluumlckeldquo in der Literatur wird durch die Praumlsentation des modulartigen Methodensets des Transformationsmanagements geschlossen

12 1 Einleitung

136 Kapitel 7

Waumlhrend das Garagentor wieder geschlossen wird und der Vater die wichtigsten Punkte wiederholt zeigt der Sohn sich schon ungeduldig Am liebsten wuumlrde er sofort seinen Fuumlhrerschein machen und Gas geben Doch er hat verstanden dass es ein langer Weg ist bis er alle Funktionen und das Steuern eines Autos beherrschen wird Amuumlsiert uumlber diese beherzte Antriebskraft fuumlhrt der Vater ihn schlieszliglich zuruumlck ins Haus Er schlaumlgt ihm vor in der naumlchsten Woche auf der nahegelegenen Rennbahn ein Gokart auszuprobieren Bis sein Sohn ein Auto im Straszligenverkehr steuern darf wird es ohnehin fast nur noch elektro-betriebene Autos geben Veraumlnderung bestimmt den Alltag Selbst er wird sich an techni-sche Neuerungen andere Preise und vielleicht sogar angepasste Straszligenverkehrsregeln gewoumlhnen muumlssen

Was ist die Kernbotschaft des Buches Kap 7 schaut in den Ruumlckspiegel greift die Quintessenz auf und stellt Fragen Wohin fuumlhrt z B die Reise der operativen Exzellenz Wenn Wandel nicht die Ausnahme sondern der Regelfall ist gilt das auch fuumlr strategische Managementkonzepte wie das der Operational Excellence Auf welche Fragen wird das methodische Leistungsversprechen in Zukunft Antworten finden muumlssen Oder ist die Logik des Transformationsmanagements fuumlr eine spezielle Unternehmensform moumlglicher-weise praumldestiniert Das letzte Kapitel wagt den Blick uumlber den Tellerrand

13Literatur

Literatur

Clausewitz C von amp Oetinger B von (Hrsg) (2003) Strategie denken Muumlnchen Deutscher Taschenbuch

Crainer S (1998) Key management ideas Harlow Prentice HallDahm M amp Dahm A (2012) Fuumlhren durch Vernetzung ndash Ergebnisse der IBM CEO Studie 2012

Zeitschrift fuumlr Corporate Governance 5 209ndash211Doppler K amp Lauterburg C (2008) Change Management ndash Den Unternehmenswandel gestalten

Frankfurt a M CampusIBM (2010) Unternehmensfuumlhrung in einer komplexen Welt ndash Global CEO StudyJohansson H J (1994) Business process reengineering Breakpoint Strategies for Market Domi-

nance Hoboken John Wiley amp SonsKruumlger W (2009) Excellence in Change Wege zur strategischen Erneuerung Wiesbaden GablerNagel R amp Wimmer R (2009) Systemische Strategieentwicklung Modelle und Instrumente fuumlr

Berater und Entscheider Stuttgart Schaumlffer-PoeschelWimmer R (2009) Kraftakt radikaler Umbau ndash Change Management zur Krisenbewaumlltigung Zeit-

schrift fuumlr Organisationsentwicklung 3 4ndash11Zink K J (2004) TQM als integratives Managementkonzept ndash Das EFQM Excellence Modell und

seine Umsetzung Muumlnchen Carl Hanser

15

Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_2

2

The best argument we can make to convince you not to just read this but to get involved with Operational Excellence is that there is very little downside The second-best argument for getting involved is that the upside is enormous Help your company become more profitable develop valuable job skills and make your own job and workplace work betterMichael George (bdquoErfinderldquo von Lean Sigma)

16 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Was ist Operational Excellence So wie die Fortbewegung des Kraftfahrzeugs des Vaters auf ein Antriebssystem zuruumlckzufuumlhren ist liegt auch Operational Excellence eine spezi-fische Mechanik zugrunde die eine konkrete Zielsetzung verfolgt Dieses Kapitel stellt die relevanten theoretischen Bausteine der Operational-Excellence-Programme vor die Kernidee die Geschichte die methodische Ausrichtung und Zielsetzung von Lean Ma-nagement Six Sigma und Lean Sigma

21 Lean Management

211 Einfuumlhrung

Brillante Leistungen regen zur Nachahmung an Wenn man Tiger Woods einem der er-folgreichsten Golfspieler der Geschichte in seinen besten Zeiten im Fernsehen dabei zu-gesehen hat wie er elegant und treffsicher den Golfball uumlber das Fairway schlug kribbelte es in den Fingern und man bekam Lust zum naumlchsten Golfplatz zu fahren Dort angekom-men wurden die 18 Loumlcher ehrgeizig in Angriff genommen und man nahm sich vor an der Handicap-Verbesserung zu arbeiten ndash vielleicht durch eine neue Golfausruumlstung oder auch durch weitere Trainerstunden Diese inspirierenden Momente kennen nicht nur pas-sionierte Golfspieler sondern auch alle Unternehmen die darauf bedacht sind sich kon-tinuierlich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten So gilt der japanische Automobilhersteller Toyota nach wie vor fuumlr viele Unternehmen als der bdquoTiger Woodsldquo des Produktionsab-laufs Trotz des durch die Erdbeben- Tsunami- und Atomkraftwerkkatastrophe bedingten massiven Einbruchs des Geschaumlftes ndash Produktionswerke von Toyota wurden zerstoumlrt und Lieferketten unterbrochen ndash ist der japanische Branchenprimus mit einem neuen Rekord von 5 Mio abgesetzten Fahrzeugen von Januar bis Juni 2012 wieder der Gejagte1 Im Jahr 2013 wurde die magische Zahl von 10 Mio produzierten Fahrzeugen nur knapp verpasst Das Ziel des Wolfsburger VW-Konzerns bis 2018 zum weltgroumlszligten Automobilhersteller aufzusteigen ruumlckt damit wieder in weite Ferne Dies wird insbesondere deutlich wenn man sich die Zahlen einer aktuellen Studie des CAR Center Automotive Research an-schaut Demnach ist Toyota zu alter Staumlrke zuruumlckgekehrt und verdient mit dem Verkauf eines Autos 1801 euro Zum Vergleich VW weist eine Gewinnmarge von bdquonurldquo 629 euro auf (vgl Dudenhoumlffer 2013) Den Grundstein fuumlr diese bis heute mit Erfolg gekroumlnte japani-sche Entwicklung legten der Unternehmer Eiji Toyoda und sein Produktionsleiter Taiichi Ohno (vgl Toumlpfer 2009 S 138 ff) Letzterer war der Begruumlnder dessen was heute unter dem Begriff bdquoLean Managementldquo bekannt ist (vgl Ohno 1993 S 9) Was verbirgt sich hinter dieser Begrifflichkeit und was genau ist das Schluumlsselkonzept des japanischen Er-folges

1 GM kam im gleichen Zeitraum auf 47 Mio und VW auf 46 Mio abgesetzte Fahrzeuge

1721 Lean Management

212 Die Entstehung japanischer Ansaumltze

Am 15 August 1945 verlor Japan den Zweiten Weltkrieg dieser Tag markierte auch einen Neubeginn fuumlr Toyota (vgl Ohno 1993 S 29) Japan war nicht besonders reich an Roh-stoffen und aumlhnlich wie in Deutschland war ein Groszligteil der Infrastruktur und der Indus-trie nach den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges zerstoumlrt Zusaumltzlich gab es kaum Kapital keinen Marshallplan und sehr wenig Flaumlche sodass die japanischen Unternehmen die amerikanische Industriepolitik mit der damit einhergehenden Massenproduktion nicht einfach kopieren konnten sondern sich auf kundenindividuelle Produkte konzentrieren mussten (vgl Toumlpfer 2009 S 138) Der ehemalige Praumlsident von Toyota fand fuumlr die Si-tuation deutliche Worte bdquoWir muumlssen Amerika innerhalb von drei Jahren einholen Sonst wird die Automobilindustrie Japans nicht uumlberlebenldquo (Ohno 1993 S 29) Drei weite-re Rahmenbedingungen bestimmten die damalige (wirtschaftliche) Situation (vgl Drew et al 2005 S 21 f) Zum einen gab es in Japan in den 1950er-Jahren aufgrund der ge-ringen Einkommen kaum eine Nachfrage nach Autos sodass sich eine Massenproduktion nicht lohnte Weiterhin mussten die Autos in der Praxis erst noch getestet werden sodass kostenintensive Investitionen in Werkzeuge und Maschinen nicht infrage kamen Zum anderen durfte Toyota aufgrund neuer Beschaumlftigungsgesetze keine Mitarbeiter entlassen Unter diesen Umstaumlnden reiste der neue Chef Toyotas Eiji Toyoda fuumlr drei Monate nach Detroit um die damaligen modernsten Produktionsanlagen der Welt zu besuchen

213 Das Toyota Produktionssystem

Als Eiji Toyoda nach Japan zuruumlckkehrte begann er unter der Praumlmisse aus den bdquoFehlernldquo der Amerikaner zu lernen Toyota neu zu strukturieren Dieser neue Ansatz der unter der Begrifflichkeit bdquoToyota Produktionssystem (TPS)ldquo Beruumlhmtheit erlangte beinhaltet fuumlnf Grundsaumltze (vgl Dahm und Haindl 2011 S 53 ff sowie Abb 21)

Prozesse synchroni-

sieren

Prozesse standardi-

sieren

Fehler vermeiden

Produktions-anlagen

verbessern

Mitarbeiter trainieren und qualifizieren

Produktion nach den Anforderungen des Kunden

Verschwendung minimieren

Prozessverbesserungen in kleinen Schritten

Abb 21 Grundsaumltze des Produktionssystems von Toyota (Quelle in Anlehnung an Ohno 1993 S 43 ff)

18 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

1 Synchronisation der Prozesse Die einzelnen Arbeitsschritte werden nur durchge-fuumlhrt wenn sie auch benoumltigt werden Keine Produkte bleiben halbfertig in der Warte-schleife Eine Reduktion der Verschwendung in den Prozessen und damit im gesamten Unternehmen wird erreicht da kaum Leerlauf entsteht und keine Uumlberschuumlsse pro-duziert werden Wie sinnvoll dieses Vorgehen ist laumlsst sich an einem sehr einfachen Beispiel gut erkennen Nur die wenigsten Werksleiter wuumlrden auf die Idee kommen woumlchentlich einen Techniker kommen zu lassen der bei jedem seiner Besuche den Zustand aller Leitungen und Dichtungen pruumlft Man wuumlrde dadurch zwar mit groszliger Sicherheit einen Ausfall der Maschinen ausschlieszligen aber zu sehr hohen Kosten Im Allgemeinen werden die Techniker dann gerufen wenn ein Defekt eingetreten ist So verhaumllt es sich mit der Produktion eines jeden Industriegutes Die Arbeitsschritte sollten nur dann durchgefuumlhrt werden wenn sie benoumltigt werden

2 Standardisierung der Prozesse Fuumlr die Lagerung Bereitstellung und Verarbeitung des Materials gibt es genaue bdquoSpielregelnldquo Diese werden nur durch Verbesserungs-vorschlaumlge ndash die fuumlr alle Beteiligten sichtbar gemacht werden muumlssen ndash geaumlndert Verschwendung wird vermieden da in den Prozessen nur sinnvolle und durchdachte Aumlnderungen vorgenommen werden Damit koumlnnen sich neben den offiziellen Regeln keine inoffiziellen Routinen herausbilden Alle Mitarbeiter sind immer auf dem gleichen Stand und es existieren z B nicht mehrere Ordnungs- und Ablagesysteme nebeneinan-der Entscheidend ist hierbei die Moumlglichkeit der Aumlnderungen durch die Mitarbeiter Wie sinnvoll diese Spielregeln sein koumlnnen laumlsst sich auch hier an einem einfachen Beispiel darstellen Wenn die Tages- und Nachtschicht in einem groszligen Lager die Ablage unter-schiedlich organisieren dann koumlnnen sich mit der Zeit quasi unabhaumlngige Lagerhaltun-gen etablieren weil jede Schicht die Materialien nur nach dem eigenen System ausgibt

3 Vermeidung von Fehlern Jeder Mitarbeiter hat bei jedem Arbeitsschritt fuumlr absolute Qualitaumlt zu sorgen Das heiszligt nur bdquogute Teileldquo werden an den naumlchsten Prozessschritt weitergegeben Bei automatisierten Prozessen werden beim Erkennen fehlerhafter Teile die Maschinen durch Sensoren automatisch gestoppt Dieser Vorgang nennt sich im Japanischen bdquoPoka Yokeldquo auf Deutsch bdquounbeabsichtigte Fehler vermeidenldquo Zu Beginn der Einfuumlhrung dieses Systems wurde die Produktion bei Toyota sehr haumlu-fig gestoppt Als es sich dann aber etabliert hatte gingen diese Stoppvorgaumlnge stark zuruumlck Die Mitarbeiter waren fuumlr die Qualitaumlt in den Prozessen sensibilisiert Sie hatten erkannt dass die gesamte Produktion von jedem einzelnen kleinen Schritt abhaumlngt und jeder seinen Beitrag so gut wie moumlglich leisten muss

4 Verbesserung der Produktionsanlagen Die Arbeiter in der Produktion werden war-tungstechnisch geschult und sind dadurch in der Lage Stoumlrungen weitestgehend selbst zu beheben Erst wenn dies nicht in einem bestimmten Zeitraum moumlglich ist greift eine zentrale Wartungseinheit ein Im Japanischen wird diese Methode als bdquoJidokaldquo bezeichnet Die Mitarbeiter erkennen dass die weitgehende Fehlerlosigkeit der Pro-zesse ihre eigenen Taumltigkeiten angenehmer und schneller macht Dadurch haben sie ein hohes Eigeninteresse an der Vermeidung von Stoumlrungen und achten selbststaumlndig auf die Funktionstuumlchtigkeit und den Zustand aller Maschinen in ihren Prozessen Es

1921 Lean Management

findet eine Art vorbeugende Instandsetzung statt diese wird auch als Total Productive Maintenance (TPM) bezeichnet Die Verbesserung der Produktionsanlagen findet kon-tinuierlich statt Dieses sogenannte Kaizen ist in den westlichen Industrien als kontinu-ierlicher Verbesserungsprozess (KVP) bekannt

5 Miteinbeziehung und Qualifizierung der Mitarbeiter Die Ideen und Verbesserungs-vorschlaumlge der Mitarbeiter werden sehr ernst genommen und ihr intellektuelles Poten-zial wird vollstaumlndig ausgeschoumlpft Es wird davon ausgegangen dass die Mitarbeiter Aufgabenstellungen umso besser annehmen je mehr sie qualifiziert und geschult wer-den Durch diese Maszlignahmen wird das Potenzial der Mitarbeiter vergroumlszligert auszligerdem dokumentiert das Unternehmen sein Interesse an der Entwicklung der Mitarbeiter Dem Unternehmen ist bewusst dass es die Investitionen in die Mitarbeiter sichern muss deshalb bietet es ihnen die Moumlglichkeit sich sowohl persoumlnlich als auch im Unterneh-men weiterzuentwickeln Dahinter stehen zwei Praumlmissen Viele kleine Verbesserungen fuumlhren zu groszligen Erleichterungen in den Ablaumlufen und es gibt keinen perfekten Pro-zess Durch Schulungen und Qualifizierungsmaszlignahmen entwickeln die Mitarbeiter immer mehr Verstaumlndnis fuumlr den gesamten Produktionsprozess des Automobils Damit sind sie in der Lage auch bereichsuumlbergreifende Probleme zu erkennen und an deren Behebung mitzuwirken

Durch diese fuumlnf Saumlulen des TPS wird der Mitarbeiter als entscheidender Faktor in eine wirtschaftliche Produktion und qualitativ hochwertige Endprodukte involviert Den Vor-stellungen und Meinungen der Mitarbeiter beispielsweise zu der Gestaltung des Arbeits-platzes wird besondere Beachtung geschenkt Jeder Mitarbeiter wird in die Verantwortung genommen Dies zieht sowohl einen erweiterten Handlungsspielraum fuumlr jeden einzel-nen als auch die Tatsache Fehler oder Maumlngel nicht auf andere Prozessschritte schieben zu koumlnnen mit sich Im Ergebnis wird auf diese Art die Experimentierfreudigkeit ndash der Grundstein fuumlr eine lernende Organisation ndash stimuliert

7 Wertschoumlpfende Taumltigkeiten Aktivitaumlten oder auch Nutzleistungen die aus Sicht des Kunden schon bei erstmaliger Ausfuumlhrung zu einer Wertsteigerung des Produktes fuumlhren Diese Aktivitaumlten sind geplant und stetig zu optimieren damit die Kundenanforderung vollstaumlndig und wirtschaftlich erfuumlllt werden kann Beispiele fuumlr wertschoumlpfende Taumltig-keiten Konstruktion Montage oder Maszlignahmen zur Erhoumlhung des ideellen Wertes des Produktes (Marketing)

7 Nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten Aktivitaumlten oder auch Blind- und Fehlleistungen die ungeplant sind und weder direkt noch indirekt zu einer Wertsteigerung des Produktes fuumlhren Ein Kunde erachtet diese Taumltigkeiten als nicht wesentlich und ist nicht bereit dafuumlr zu zahlen Im Rahmen der Prozessoptimierung sind diese Aktivitaumlten auf ein Mini-mum zu reduzieren Beispiele sind Zwischenlagerung Mehrfacharbeit Fehler in der Pro-duktion oder Nacharbeit

20 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

7 Nichtwertschoumlpfende aber notwendige Taumltigkeiten (Stuumltzleistungen) Aktivitaumlten die nur indirekt zur Wertsteigerung des Produktes fuumlhren indem sie wertschoumlpfende Taumltigkeiten unterstuumltzen Diese Aktivitaumlten sind auf das fuumlr die Organisation notwendige Minimum zu reduzieren Beispiele sind Ruumlstzeiten Genehmigungen von Unterschriften oder das Erstellen von Statistiken im Unternehmenscontrolling

Die Reduktion von Verschwendung bildet das Fundament des Produktionssystems von Toyota Mit einem Buumlndel aus den Grundsaumltzen Methoden und Werkzeugen wird ein systematischer Ansatz zur Beseitigung von nichtwertschoumlpfenden Faktoren (auch bdquomudaldquo genannt ndash Japanisch fuumlr Verschwendung) verfolgt um einen kontinuierlichen Fluss zu er-moumlglichen Was verhindert in der Praxis den kontinuierlichen Produktionsfluss

Klassischerweise kann man hier einige wenige Beispiele fuumlr bdquomudaldquo anfuumlhren Es wird mehr produziert als tatsaumlchlich gebraucht wird Mitarbeiter warten auf ihren Einsatz und sind dabei untaumltig uumlberfluumlssige Taumltigkeiten werden ausgefuumlhrt oder es fallen Nacharbeiten an Abb 22 komplettiert die Arten der Verschwendung Hervorzuheben ist besonders dass auch die nicht genutzte geistige Kapazitaumlt der Mitarbeiter als Verschwendung ver-standen wird Haumlufig sind es naumlmlich verschiedene Teile der Belegschaft an der Basis die schon lange wissen was falsch laumluft und wie man das Problem loumlsen koumlnnte Wenn dieses Wissen nicht genutzt wird wird eine Menge an potenzieller Wettbewerbsfaumlhig-keit verschwendet Eklatant wird es dann wenn kommunizierte Verbesserungshinweise seitens der Mitarbeiter vom Managementder Unternehmensleitung konsequent ignoriert werden In der Regel verlassen enttaumluschte Mitarbeiter irgendwann das Unternehmen und suchen ihr Gluumlck bei einem anderen Arbeitgeber Das Unternehmen ist doppelt bestraft

Bewegung

Uumlberfluumlssige koumlrperliche mentale Bewegung die keinen Mehrwert bietet Verschwendung

Wartezeiten

Mitarbeiter sind untaumltig waumlhrend sie auf ihren Einsatz im Prozess warten

Uumlberproduktion

Mehr produzieren als der Kunde nachfragt

Intellekt

Den intellektuellen Beitraggeistige Res-sourcen der Mitarbeiter nicht nutzen

Nacharbeit

Nachbearbeiten oder Korrekturen ausfuumlhren

Transport

Produkte mehrfach von Ort zu Ort hin- und her-transportieren

Ausschuss

Produkte weichen in der Qualitaumlt zu stark vom vorgegebenen Standard ab

Lager

Herstellen und lagern von Dienstleistungen Produkten die der Kunde nicht bestellt hat

Abb 22 Verschwendung

2121 Lean Management

Zum einen wird das kostbare Wissen des Mitarbeiters nicht genutzt und zum anderen geht es letztendlich voumlllig verloren ndash nicht zu vernachlaumlssigen sind auszligerdem die durch das Verhalten des frustrierten Mitarbeiters bei den restlichen Kollegen und Kolleginnen hervorgerufenen Folgeschaumlden

Kaum ein Automobilkonzern hat nicht versucht Teile des Produktionssystems von Toyota umzusetzen In zahlreichen Statistiken belegte Toyota hinsichtlich der Kriterien Qualitaumlt Zuverlaumlssigkeit und Preis-Leistungs-Verhaumlltnis erste Plaumltze Erst in den letz-ten Jahren musste Toyota die Position des Weltmarktfuumlhrers aufgrund von klemmenden Gaspedalen und rutschenden Fuszligmatten zunaumlchst abgeben Mehr als 10 Mio Fahrzeuge wurden zuruumlckgerufen ndash der Imageschaden war enorm und die Verkaumlufe brachen ein ob-wohl viele der Vorfaumllle sich spaumlter als Fahrfehler entpuppten Im Jahr 2011 litt das dichte Produktionsnetz von Toyota zusaumltzlich unter einer Flut in Thailand dem starken Yen und insbesondere unter der Erdbeben- Tsunami- und Atomkraftwerkkatastrophe von Fukus-hima ndash trotzdem kaumlmpfte sich der Konzern fuumlr das Jahr 2012 an die Weltspitze zuruumlck Worauf ist diese einmalige Erfolgsgeschichte von Toyota zuruumlckzufuumlhren Warum gelang es fast keinem anderen Unternehmen die Leistungsfaumlhigkeit des Produktionssystems von Toyota abzubilden

7 Kaizen Prinzip der staumlndigen Verbesserung Der Weg zum Erfolg ist keine sprung-hafte Innovation sondern die schrittweise OptimierungPerfektionierung des Prozesses und damit letztendlich des Produktes Durch den Einsatz der Kaizen-Philosophie gelang es dem Zusammenschluss der weltweit groumlszligten Hersteller von Dichtungsmaterialien der Freudenberg-NOK General Partnership (FNGP) in einem Werk in Ligonier Indiana die Produktivitaumlt in vier Jahren um 991 zu steigern bei einer gleichzeitigen Reduktion der dafuumlr benoumltigten Flaumlche um 48

7 Poka Yoke Prinzip fuumlr technische Vorkehrungen bzw Einrichtungen zur sofortigen Fehleraufdeckung und -vermeidung Ein sehr einfaches Beispiel fuumlr Poka Yoke ist der Einbau einer Fotozelle uumlber den Teilebehaumlltern eines Arbeitsplatzes Diese Zelle registriert die Entnahme eines Teils Wenn ein Mitarbeiter sein Werkstuumlck weitergibt ohne dass das entsprechende Teil entnommen wurde leuchtet eine Lampe auf und weist ihn auf das Ver-sehen hin

7 Just-in-time-Prinzip Punktgenaue Lieferung der Rohstoffe bzw Produkte in der angeforderten Qualitaumlt zum gewuumlnschten Ort stets in der gewuumlnschten Menge und zu dem Zeitpunkt an dem das Material gebraucht wird Durch die Anwendung des Just-in-time-Prinzips konnte der US-amerikanische PC-Hersteller Dell sein Lager im Jahr 2001 bei halb so hohen Betriebskosten 64-mal umschlagen und damit 50-mal haumlufiger als der naumlchstbeste Konkurrent

7 Kanban Methode der Produktionsablaufsteuerung Nach dem bdquoPull-Prinzipldquo orien-tiert sich die Materialausstattung ausschlieszliglich an den Beduumlrfnissen des entsprechenden

22 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Prozessschrittes Unter Beruumlcksichtigung dieses Ansatzes entwickelte der US-Hersteller von Flugzeugtriebwerken Pratt amp Whitney eine neue Anlage zum Schleifen von Turbinen-schalen Das neue Aggregat verkuumlrzte die Durchlaufzeit um 99 und die Umruumlstzeit von Stunden auf Minuten und das bei um 50 geringeren Produktionskosten

7 Total Productive Maintenance (TPM) System zur Vermeidung von Betriebsstoumlrungen in den Prozessen Ziel ist das Erreichen von null Defekten null Ausfaumlllen und null Un-faumlllen Durch die Anwendung dieses Lean-Grundsatzes gelang es der US-Versicherungs-gesellschaft Jefferson Pilot Financial (JPF) ihre Ablaumlufe zu optimieren Die Arbeitskosten pro Versicherungspolice gingen um fast 30 zuruumlck und die Anzahl der nachzuarbeiten-den Policen sank um 40

Quellen Womack und Jones (2004) S 36 78 111 Drew et al (2005) S 19 ff

214 Die Weiterentwicklung zu Lean Management

Das Interesse am bdquoTiger Woodsldquo der schlanken Form in der Produktion und Unterneh-mensfuumlhrung wuchs im Westen vehement Dies lag im Wesentlichen am stetig ansteigen-den Wettbewerbsdruck in der Automobilindustrie und an der schlichten Tatsache dass das japanische Erfolgsgeheimnis einem Mysterium glich ndash es war fuumlr die westliche Welt unmoumlglich die Essenz des Produktionssystems nachzuvollziehen (vgl Ohno 1993 S 10) Dies aumlnderte sich mit dem Jahr 1975 als Toyota die eigens entwickelte Vorgehensweise erstmals ins Englische uumlbersetzte und damit weltweites Interesse auf sich zog Bis dato verloren die US-amerikanischen und europaumlischen Automobilhersteller unaufhaltsam Marktanteile Die gleichen Methoden die bei Volkswagen in den USA versagten schie-nen bei Toyota Nissan und Honda glaumlnzend zu funktionieren Die Produktionsmengen der japanischen Hersteller uumlberstiegen die erreichten Stuumlckzahlen der westlichen Hersteller deutlich ndash die Japaner setzten neue Maszligstaumlbe im Wettbewerb Ab 1979 evaluierte das amerikanische Massachusetts Institute of Technology (MIT) systematisch das Erfolgsre-zept von Toyota So wurde der deutliche Vorsprung der japanischen Unternehmen auf die unternehmensumfassende Anwendung von Synchronisation Verschwendungsreduktion Miteinbeziehung der Mitarbeiter Standardisierung Fehlervermeidung und Kundenorien-tierung zuruumlckgefuumlhrt Diesen japanischen Ansatz der sich klar auf organisationsuumlber-greifende Strukturen bezog griffen viele westlichen Unternehmen auf haumlufig ohne ihn zu begreifen Die eher funktional und damit vertikal strukturierte westliche Organisations-natur kollidierte mit der eher horizontal gepraumlgten Wertstromperspektive der Japaner Das Resultat war eine Weiterentwicklung des Produktionssystems von Toyota Die Begriff-lichkeit bdquoleanldquo wurde erstmals in der Buchpublikation bdquoThe Machine That Changed The World The Story of Lean Productionldquo von J Womack D Jones und D Roos im Jahre 1990 verwendet Dies markierte den Durchbruch des japanischen Produktionsansatzes und die Geburt des bdquoLean Managementsldquo Im Ergebnis entwickelten sich fuumlnf Maxime des Lean Managements

2321 Lean Management

1 Proaktives Denken Die zukuumlnftigen Handlungen des Unternehmens werden voraus-schauend durchdacht und gestaltet Dies laumlsst sich heute beispielsweise bei Toyota im Zusammenhang mit der Hybridtechnik beim Fahrzeugbau erkennen Der Konzern begann bereits vor etlichen Jahren mit der Planung und Entwicklung von umweltver-traumlglicheren Fahrzeugen und besitzt deshalb einen groszligen Vorsprung vor der westlichen Konkurrenz

2 Sensitives Denken Die Umwelt und die Bereitschaft auf Aumlnderungen dieser zu reagieren wird sensibel beobachtet Hier ist ebenfalls der Vorsprung Toyotas in der Hybridtechnik ein gutes Beispiel Der Konzern hat die zukuumlnftigen Beduumlrfnisse der Nachfrager fruumlhzeitig erkannt und bereits 1997 in Japan mit dem Prius den ersten Serien-Hybrid-Pkw der Welt auf den Markt gebracht

3 Ganzheitliches Denken Das Unternehmen wird immer als Ganzes in aller Komplexi-taumlt betrachtet So wurde beispielsweise bei dem Turbinenhersteller Pratt amp Whitney erst nach vielen Jahren erkannt dass 90 des Titans und Nickels im Wertschoumlpfungspro-zess Ausschuss waren Grund hierfuumlr war dass keines der vier beteiligten Unternehmen ndash das Schmelzwerk der Schmiedebetrieb der Fertigbearbeiter und das Endmontage-werk ndash seine Aktivitaumlten den anderen dreien transparent gemacht hatte Dadurch wurden teilweise Arbeiten doppelt ausgefuumlhrt und die Unternehmen beachteten die Anspruumlche der jeweils anderen nicht (Vgl Womack et al 2004 S 29)

4 Potenzialdenken Alle zur Verfuumlgung stehen Ressourcen werden erschlossen und genutzt Ein Unternehmen sollte Freiraumlume bieten und Innovationen auf allen Ebenen foumlrdern So bietet Siemens seinen Mitarbeitern einen finanziellen Bonus fuumlr jede Inno-vation und jeden Verbesserungsvorschlag der umgesetzt wird Egal ob sie die direkte Abteilung des Mitarbeiters betreffen oder bdquouumlber den Tellerrandldquo hinausgehen

5 Oumlkonomisches Denken Es wird sparsam gewirtschaftet und Verschwendung wird vermieden Dafuumlr sollte ein Unternehmen beispielsweise den gesamten Wertschoumlp-fungsprozess mittels einer ValueStreamMap (Instrument der Prozessanalyse ndash eine gra-phisch-schematische Darstellung der Wertschoumlpfungsfluumlsse eines Prozesses) betrachten und an allen Stellen nach Verschwendung und Ausschuss Ausschau halten Ein Vorbild hierfuumlr ist die rigorose Kostenpolitik des US-Industrieunternehmens 3M in den 1980er- und 1990er-Jahren

Bei der Umsetzung des Lean Managements in westlichen Unternehmen wie Ford und General Motors kam es jedoch wie bereits erwaumlhnt zu Komplikationen Viele Manager verfielen dem Irrtum bdquoschneller ist billigerldquo Dies hatte zur Folge dass die Qualitaumlt der Produkte litt und Lean Management bis heute stets in Verbindung mit Kostensenkung und Personalabbau gebracht wird Schon damals lieszligen Unternehmen auszliger Acht dass das Wissen der Mitarbeiter und deren Motivation in das Zentrum der Verbesserung geruumlckt werden muumlssen Der japanische Ansatz ist eine Unternehmensphilosophie und kein simp-les Managementinstrument zur Kostensenkung Die Diskrepanz zwischen dem Verstehen einer Methodik und der Faumlhigkeit diese im Unternehmen zu leben war groszlig

24 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Beispiel Porsche AGEines der besten Beispiele fuumlr die erfolgreiche Umsetzung des Lean Managements ist die Porsche AG Anfang der 1990er-Jahre hatte Porsche groszlige wirtschaftliche Schwie-rigkeiten Die Kostenstruktur war katastrophal das Unternehmen litt massiv unter Ab-satzproblemen und galt als exponierter Uumlbernahmekandidat Kurz nachdem Wendelin Wiedeking 1991 Vorstandsvorsitzender von Porsche wurde fuhr er mit Fuumlhrungskraumlf-ten und Meistern aus der Fertigung nach Japan um in den bdquobesten Fabriken der Weltldquo ndash bei Toyota ndash zu lernen genauso wie Eiji Toyoda ein halbes Jahrhundert zuvor den Weg von Japan nach Detroit angetreten hatte Wiedeking und sein Gefolge erkannten dort dass das Zuffenhausener Unternehmen weit von der Weltklasse des Automobil-baus entfernt war und dass bdquohellip nur eine japanischere Porsche AG eine Zukunft hatldquo (Froitzheim 2007 S 144)

Durch die mitgereisten Meister wurden die Erkenntnisse direkt in die Produktions-hallen von Porsche uumlbertragen Es wurde groszliger Wert auf die Verschwendungsvermei-dung gelegt Ein weiterer Schluumlssel zu Porsches Comeback war die Miteinbeziehung der Mitarbeiter Innerhalb weniger Monate wurden bei Porsche mehrere Hierarchie-stufen abgebaut um das Unternehmen flexibler zu machen Die Lagerhaltung wurde durch Just-in-time-LieferungenProduktion deutlich reduziert

Eines der Kernelemente der Sanierung war die Qualitaumltsoffensive die durch Wiede-king gestartet wurde Um die Notwendigkeit dieser Maszlignahme zu untermauern wur-den die Kosten fuumlr die Fehlerbehebung an den verschiedenen Stellen der Produktion geschaumltzt Heraus kamen beeindruckende Zahlen die der Belegschaft die Notwendig-keit der Reformen zeigten Kostete die Fehlerbehebung am Montageband einen Euro kostete sie am Bandende schaumltzungsweise bereits zehn Euro in der Nachbearbeitungs-zone 100 euro und als Garantieleistung beim Haumlndler 1000 euro Am 27 Juli 1994 war es dann so weit In Zuffenhausen rollte der erste fehlerfreie Porsche Carrera vom Band die Mechaniker in der Nachbearbeitungszone hatten das erste Mal in der Geschichte von Porsche eine bezahlte Pause waumlhrend ihrer normalen Arbeitszeit (Vgl Womack et al 2004 S 223 ff)

Gerade bei einem Premiumhersteller wie Porsche stellt es ein Problem dar dass sich die bdquonormalenldquo Mitarbeiter kaum ein Fahrzeug aus der eigenen Produktion leisten koumlnnen Um die Mitarbeiter enger an das Unternehmen zu binden wurde es ihnen er-moumlglicht einen Porsche kostenlos fuumlr besondere Anlaumlsse auszuleihen

Wiedeking schaffte es Porsche innerhalb weniger Jahre wieder profitabel zu ma-chen (vgl Froitzheim 2007 S 142 ff) Aus der Umstrukturierung ging im August 1994 auch eine neue Tochtergesellschaft hervor die Porsche Consulting GmbH Heute zaumlhlt das Beratungshaus mit uumlber 400 Mitarbeitern zu den namhaften Adressen in der Prozess- und Organisationsberatung Auch beim neuen Eigentuumlmer von Porsche aus Wolfsburg hat der Gedanke des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) ver-mehrt Einzug gehalten Bereits Ende 2007 wurden bei VW die ersten KVP-Modera-toren und KVP-Trainer ausgebildet Bei dem Konzernunternehmen Audi hat es von 2005 bis 2007 bereits mehr als 1000 KVP-Workshops gegeben (vgl Freitag 2007

2521 Lean Management

S 42 ff) In den Workshops wird den Fuumlhrungskraumlften innerhalb weniger Tage die zentrale Bedeutung der kontinuierlichen Produktivitaumltsverbesserung durch qualifizier-te KVP-Trainer vermittelt

Die Methodik sei im Folgenden kurz beschrieben Sie basiert auf den in Abb 23 ver-anschaulichten fuumlnf Prinzipien des Lean Managements Wert spezifizieren Wertstrom identifizieren Flow etablieren Pull implementieren und Vorgehensweise perfektionieren

1 Wert spezifizieren Zunaumlchst wird die Wertschoumlpfung im Hinblick auf spezifische Produkte die zu einem bestimmten Preis einem spezifischen Kunden angeboten wer-den konkret definiert Dabei kann es sich um die Sammlung von Kundenaussagen zur Qualitaumlt der erhaltenen Produkte oder Dienstleistungen handeln Aus diesen oft pauschalen undifferenzierten und unzureichend spezifizierten Aussagen werden die qualitaumltskritischen Anforderungen des Kunden definiert und daraus Messgroumlszligen fuumlr die Kundenzufriedenheit abgeleitet Das Ziel sind kundenorientierte Geschaumlftsprozesse basierend auf einem oumlkonomischen Wertschoumlpfungsfluss

2 Wertstrom identifizieren Dann werden durch die Anwendung einer graphisch-sche-matischen Darstellung der Wertschoumlpfungsfluumlsse ndash das Value Stream Mapping (VSM) ndash nicht nur die wertschoumlpfenden und nichtwertschoumlpfenden Prozessschritte sondern auch die Bearbeitungszeit pro Schritt identifiziert Damit wird ein umfassender Prozessuumlber-blick generiert und der Material- und Informationsfluss eines Produktes sichtbar gemacht

3 Flow etablieren Jegliche nichtwertschoumlpfenden Aktivitaumlten wie Zwischenlagerungen Warteschlangen oder Maschinenruumlstzeiten sind zu vermeiden Das Ziel dieses dritten Lean-Prinzips ist die Reduzierung des bdquoBestandsldquo im Prozess (Work in Process ndash WIP) Nur so kann der Lean-Gedanke ndash ein Fluss ohne Unterbrechung in der Wertschoumlpfung ndash etabliert werden

2

3

1

5

4

Lean-Prinzipien

Wert spezifizieren

Wertstrom identifizieren

Flowetablieren

Pullimplementieren

Vorgehen perfektionieren

Abb 23 Die Prinzipien des Lean Managements

26 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

4 Pull implementieren Dieser Abschnitt beschreibt die korrekte Bedarfsspezifikation ndash den Einklang zwischen Kundennachfrage und Produktangebot Erst wenn der Kunde Bedarf signalisiert bekommt er das was er benoumltig dann wann er es benoumltigt Jeder Prozessschritt im Wertestrom bdquoziehtldquo die Ware von dem vorhergegangenen Prozess-schritt In der Konsequenz bedeutet dies dass wenn ein Prozessschritt stoppt alle nachfolgenden Schritte anhalten

5 Vorgehen perfektionieren Zur Etablierung des Lean-Gedankens im Unternehmen sollten die Aktivitaumlten regelmaumlszligig uumlberpruumlft werden Die Standardisierung der Arbeit vereinfacht dies Ziel ist die Eliminierung von Verschwendung durch kontinuierli-che Verbesserungsinitiativen damit alle Aktivitaumlten wertschoumlpfend fuumlr den Kunden sind Dieser Anspruch manifestiert sich haumlufig in der Anwendung der 5 S (Sortieren Sichtbarmachen Saumlubern Standardisieren Stabilisieren vgl Abschn 33510) ndash grundlegende Instrumente fuumlr eine nachhaltige und kontinuierliche Implementierung des perfekten Wertschoumlpfungsprozesses mit dem perfekten Wert fuumlr den Kunden

Der perfekte Wert wird durch so schnelle reibungslose produktive und konstante Arbeit wie moumlglich charakterisiert Dieser Fluss wird durch die richtige Anwendung der Lean-Werkzeuge und der beschriebenen fuumlnf Prinzipien erreicht Im Ergebnis bringt die Metho-dik das Unternehmen zum Ziel der Perfektion und die Prinzipien sorgen dafuumlr dass es dort bleibt

In den 1990er-Jahren wurde aus dem Toyota Produktionssystem und dem Lean Ma-nagement das Total Quality Management (TQM) abgeleitet ndash bdquoQuality is the most im-portant factor in businessldquo (George 2002 S 15)ndash und damit als Systemziel integriert und langfristig garantiert TQM baut daruumlber hinaus auf die umfangreiche Unterstuumltzung der Mitarbeiter um die Unternehmensziele zu erreichen Durch diese Entwicklung trat die Qualitaumltsbedeutung innerhalb von schlanken Prozessen in den westlichen Unternehmen schlieszliglich in den Vordergrund Auch Toyota begann das TQM unter dem Namen bdquoTotal Quality Controlldquo anzuwenden Zu den wesentlichen Prinzipen der Total-Quality-Manage-ment-Philosophie gehoumlren

bull Die Qualitaumlt orientiert sich am Kunden Der Ausgangspunkt aller Produktionstaumltigkeit ist der Endkunde Das Produkt muss ihm gefallen Es sollte kein qualitativ noch so hochwertiges Gut ohne Marktfaumlhigkeit produziert werden

bull Die Qualitaumlt wird mit Mitarbeitern aller Bereiche und Ebenen erzielt Die Qualitaumlt muss bereits in den Prozessen erreicht werden und nicht durch aufwaumlndige und verschwen-derische Qualitaumltskontrollen am Endprodukt Das Beispiel Porsche hat gezeigt dass dadurch bedeutende Einsparungen moumlglich sind

bull Die Qualitaumlt umfasst mehrere Dimensionen die durch Kriterien operationalisiert wer-den muumlssen Die zu erzielenden Werte muumlssen definiert und die Qualitaumlt muss messbar gemacht werden Es ist bekannt das messbare Ereignisse und Phaumlnomene dem Be-trachter schneller und besser verstaumlndlich werden als nicht messbare

2721 Lean Management

bull Die Qualitaumlt ist kein Ziel sondern ein nie zu Ende gehender Prozess Es gibt keine bdquoendguumlltigeldquo Qualitaumlt und keinen bdquoperfektenldquo Prozess Der perfekte Prozess sollte zwar immer das Ziel sein es muss aber klar sein dass dieser nie erreicht werden kann

bull Die Qualitaumlt bezieht sich nicht nur auf Produkte sondern auch auf Dienstleistungen rund um das Produkt Zu einem qualitativ hochwertigen Produkt gehoumlrt auch ein quali-tativ hochwertiger Service Groszlige Telekommunikationsunternehmen zeigen leider haumlu-fig dass dieser Grundsatz dort nicht woumlrtlich genommen wird Jeder Leser wird schon einmal bei einem der Callcenter angerufen und sich uumlber die schlechte Behandlung und mangelhafte Beratung geaumlrgert haben Die Produkte selbst hingegen sind meistens qualitativ hochwertig

bull Die Qualitaumlt setzt aktives Handeln voraus und muss stets erarbeitet werden Sie entsteht nicht ohne Arbeit Bei der Porsche AG hat es knapp vier Jahre gedauert bis der erste fehlerfreie Porsche Carrera vom Band lief Diesen Qualitaumltsstandard zu erreichen und zu halten ist sehr aufwaumlndig und nicht von heute auf morgen zu schaffen (Vgl Zink 2004 S 187 f)

Ein Lean-Management-Grundsatz besagt bdquoProducing people before producing partsldquo (Toumlpfer 2009 S 139) Es brauchte Zeit bis die westlichen Unternehmensfuumlhrer diese Auf-fassung internalisiert hatten Abb 24 zeigt wie Lean Management in verschiedenen Wirt-schaftszweigen erfolgreich eingesetzt werden konnte Lean Management umfasst nicht nur den integrierten und konsequenten Einsatz von Methoden und Maszlignahmen zur ef-fizienten Gestaltung der Wertschoumlpfungskette sondern stellt neben den Ergebnisgroumlszligen wie Qualitaumlt Kosten und Durchlaufzeit den Mitarbeiter und den Kunden als essenzielle Puzzleteile in den Mittelpunkt der Lean-Management-Philosophie

Schiffsbau

Raumfahrt

Konsumguumlter

High Tech

Industrieprodukte

Autoherstellung Toyota Mode

Medizinische Geraumlte

Upstream EampP

Chemische Industrie

Pharma Industrie

Zellstoff und Papier

Nahrungsmittel- produktion

Hotel- undGaststaumlttengewerbe

Consulting Banking

Fluggesellschaften

Eisenbahn

Versicherungen

Einzelhandelsgeschaumlfte

Schiffsflotte und Wartung

Krankenhaumluser

Anwaltskanzleien

Dienstleistungs- sektor

Verarbeitende Industrie

Produzierendes Gewerbe

Abb 24 Die Entwicklung des Lean Managements (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 65)

28 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

22 Six Sigma

221 Einfuumlhrung

Bei Emirates der Airline aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist es moumlglich die Start- und Landephase aus verschiedenen Kameraperspektiven zu beobachten Die an-gebrachten Kameras lassen erahnen welchen eindrucksvollen Ausblick die Piloten ge-nieszligen duumlrfen Mit einer externen Kamera am Boden des Fliegers wird der Flug aus der Vogelperspektive verfolgt Damit werden in der Regel die Hochgebirgsformationen in Asien ein Blick auf die kuumlnstliche Inselgruppe bdquoThe Worldldquo oder der Landeanflug im Haumluserwald von Satildeo PauloCongonhas zum Highlight ndash was wohl weniger auffaumlllt sind die Reifenspuren der Flugzeuge auf den Landebahnen Es sind unzaumlhlige schwarze Fle-cken und Streifen die beim Aufsetzen des Flugzeuges scheinbar zufaumlllig an den Enden der Landebahnen verteilt sind (vgl Kroslid 2003 S 11 f) Bemerkenswert jedoch ist dass je-dem Piloten immer dieselbe Zielkoordinate kommuniziert wird Jedes Flugzeug versucht exakt auf der gleichen Zielkoordinate aufzusetzen Aufgrund unterschiedlicher Wetterver-haumlltnisse variierender Bordeinstellungen und individueller Bedienung durch den Piloten kommt es zu Abweichungen vom Zielpunkt Wenn man sich an die Beinahe-Katastrophe des Lufthansa-Jets am Hamburger Flughafen aus dem Jahr 2008 erinnert wird ersichtlich wie erheblich die Abweichungen sein koumlnnen Dies hat nicht nur Auswirkungen auf Rei-sende die bei widrigen Wetterverhaumlltnissen eine ungemuumltliche Landung erleben sondern ndash uumlbertragen auf den Wirtschaftsalltag ndash auch fuumlr Unternehmen Six Sigma verfolgt eben-so wie andere Konzepte aus dem strategischen Management das Ziel der operationalen Exzellenz Es unterscheidet sich aber dadurch dass Variation ndash die Abweichung von der Zielkoordinate auf der Landebahn ndash als eine ernst zu nehmende Bedrohung fuumlr das Unter-nehmen betrachtet wird Die Anforderung Variation mit der gleichzeitigen Verbesserung der Durchschnittsleistung zu reduzieren bezeichnete Jack Welch ndash der prominenteste Vir-tuose der Six-Sigma-Methodik ndash als bdquoKrieg gegen Fehlerldquo

222 Von der Messmethode bdquo6σldquo zum Konzept bdquoSix Sigmaldquo

Nehmen wir an dass wir uns im Finale des Ryder Cup ndash des bedeutendsten Golfmann-schaftsturniers der Welt ndash befinden Nach drei Tagen mit etlichen Partien uumlber 18 Loch stehen die letzten Schlaumlge zwischen den Teams aus Europa und den Vereinigten Staaten an Wenn sich die Golfer den letzten und entscheidenden Ball sorgfaumlltig auf das Tee beim Abschlag legen und das mehrere Hundert Meter entfernte 108 cm breite Zielloch mit einem Probeschwung anvisieren ist es mehr als schmerzlich dann das Gruumln am Ende des Fairways zu verfehlen Die jetzt drohenden Schlaumlge beispielsweise aus dem Bunker sind umstaumlndlich und lassen ein Birdie und womoumlglich auch den Gesamtsieg in weite Ferne ruuml-cken Trotz aller Hindernisse auf einem Golfcourse geht das Verfehlen des Loches mit dem ersten Schlag bis zu einem gewissen Maszlig aber in Ordnung Das zulaumlssige Toleranzniveau

2922 Six Sigma

wird durch die Groumlszlige des zu bespielenden Gruumlns ndash des Zielbereichs beim Golf wo der Ball nicht durch die Luft sondern mit dem Putter uumlber den Rasen in Richtung Loch geschlagen wird ndash definiert In diesem Bereich naumlhert sich der Golfer Schlag fuumlr Schlag seinem Ziel

Uumlbersetzt in die Six-Sigma-Sprache bedeutet die Analogie zum Golfsport dass der Flug des Balles ndash vom Abschlag bis zum Einlochen ndash der zu optimierende Prozess im Unternehmen ist Das Einlochen ist demnach ein erfolgreicher Prozess ndash die Kunden-anforderung wurde vollstaumlndig und ohne Fehler erfuumlllt Ein Fehler im Prozess fuumlhrt dazu dass der abgeschlagene Ball nicht direkt im Loch landet Die Kundenerwartung wurde also nicht erreicht ndash so wie der Golfer das Turnier verliert kann auch das Unternehmen einen wichtigen Kunden verlieren Fehler oder Abstriche hinsichtlich der Qualitaumlt toleriert der Kunde nur in einem begrenzten Maszlige welches uumlber die Groumlszlige des Gruumlns definiert ist Six Sigma besitzt den Anspruch die Gruumlnde fuumlr das Verfehlen des Loches zu evaluieren um sie anschlieszligend zu vermeiden Die wesentlichen Maszlignahmen des Six-Sigma-Ansat-zes um dieses Ziel zu erreichen verdeutlicht Abb 25

1 Erstens sollen die Schlaumlge die das Loch nicht auf Anhieb treffen auf dem Gruumln und nicht im Wasser Sand oder auf ungepflegtem Gelaumlnde bdquoplatziertldquo werden ndash das Ziel ist die Reduzierung der moumlglichen Streuung beim Abschlag Fuumlr einen Prozess im Unter-nehmen bedeutet dies dass nur sehr aumlhnliche Fehler auftreten und diese vom Zielwert nicht sonderlich stark abweichen ndash die Realitaumlt sieht haumlufig anders aus

2 Zweitens koumlnnte deswegen eine Erfolgsmaszlignahme getroffen werden indem ein groumlszlige-res Gruumln gewaumlhlt wird ndash der Toleranzbereich fuumlr Fehlschlaumlge oder Fehler im Prozess wuumlrde dadurch erweitert werden Die Grundlage fuumlr die Vergroumlszligerung des Toleranz-bereiches ist die Kundenanforderungen zu kennen Wenn fuumlr den Milchkonsumenten

Alle Schlaumlge auf dem Gruumln

Groumlszligere Flaumlche des Gruumlns

Bessere Technik oder Ausruumlstung

3 Schritte zum Erreichen von 6σ

Six Sigma Philosophie Beispiel Essen

1 Reduzierung der Streuung

2 Vergroumlszligerung des Toleranzbereichs in Uumlbereinstimmung mit Kundenanforderungen

3 Vereinfachung der Komplexitaumlt

Abb 25 Drei Schritte zum Erreichen von Null-Fehler-Qualitaumlt (Quelle Toumlpfer 2007 S 49)

30 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

ausschlieszliglich der Geschmack und nicht die Verpackung zaumlhlt ist es zweitrangig ob das Logo des Herstellers im Herstellungsprozess immer exakt an der gleichen Stelle abgedruckt wird Haumlufig weicht ein Kunde aber nicht freiwillig von seinem Anspruch an ein zufriedenstellendes Produkt ab ndash ebenso schwer gestaltet es sich die Flaumlche des Gruumlns eines Golfplatzes einfach zu vergroumlszligern

3 Drittens bleibt nur eine effektive Verbesserung des Prozesses uumlbrig Ein typischer Six-Sigma-Anspruch ist dabei die Reduzierung von Komplexitaumlt Dies bedeutet dass ent-weder der Prozess oder das eingesetzte Instrument veraumlndert bzw vereinfacht wird Auf dem Golfplatz ist also eine geschicktere Abschlagtechnik oder eine modernere Schlaumlgerausruumlstung Voraussetzung dafuumlr dass die Spielererwartung erfuumlllt wird

Das Kernelement aller Six-Sigma-Projekte ist eine Prozessoptimierung die zum Ziel hat dass nur noch 34 Fehler pro einer Million Fehlermoumlglichkeiten (Defects per Million Op-portunities ndash DPMO) auftreten Dies entspricht einer Qualitaumlt von 999997

In unserem Beispiel wuumlrde dies bedeuten dass das 6σ-Niveau erreicht ist wenn man eine Million Mal den Golfball abschlaumlgt und dabei nur in 34 Faumlllen das Ziel verfehlt ndash also 999997 Mal ein Hole-in-one schlaumlgt Selbst Martin Kaymer der nervenstark dem europaumlischen Team zum prestigetraumlchtigen Titel des Ryder Cup 2012 verhalf wird eine solche Erfolgsquote nicht erreichen koumlnnen Das Leistungsversprechen von Six Sigma wird deutlich

In vielen Faumlllen ndash denken wir beispielsweise an die Produktion von Fallschirmen oder an Dialysegeraumlte aus der Medizintechnik ndash waumlre sogar 99-prozentige Qualitaumlt nicht aus-reichend Diese Erkenntnis fuumlhrte in der industriellen Fertigung zur Entwicklung des Six-Sigma-Ansatzes Abb 26 illustriert die Unterschiede zwischen einer 4σ- und einer 6σ-Qualitaumlt ndash der Durchschnitt der deutschen Industrie liegt bei 38 (vgl Toumlpfer 2009 S 11)

Aus der Abbildung laumlsst sich anhand der Beinahe-Unfaumllle auf europaumlischen Groszligflug-haumlfen schlieszligen dass durch ein effektives Qualitaumltsmanagement nicht die Fehler waumlhrend des Prozesses ndash oder in diesem Fall Fluges ndash behoben werden sollten sondern dass Fehler erst gar nicht gemacht werden duumlrften Bill Smith ein Produktionsingenieur des US-Tech-nologieunternehmens Motorola Inc gelangte 1986 zu dieser Schlussfolgerung nachdem er eine starke Korrelation zwischen der Lebensdauer eines tragbaren Funkempfaumlngers zur Nachrichtenuumlbermittlung ndash des sogenannten Bandit-Pagers ndash und der Haumlufigkeit von Re-paraturen im Produktionsprozess erkannte (vgl Dahm und Haindl 2006 S 81) Motorola konnte durch verbesserte Messungen genauere Datensammlungen und disziplinierte Um-setzung von statistischen Erkenntnissen bis 1990 die Ertraumlge um ca 22 Mrd US-Dollar steigern und gewann durch die verbesserte Qualitaumlt Marktanteile zuruumlck ndash der Grund-stein fuumlr Six Sigma war gelegt In diesem Zusammenhang erhielt das Unternehmen den bdquoMalcolm-Baldridge-Awardldquo ndash einen begehrten Qualitaumltspreis ndash und erreichte bis 1993 ein Prozessniveau von 6σ in vielen Fabriken (vgl Harry und Schroeder 2005 S 17) Ob-wohl dies der Durchbruch der Messmethode 6σ war ndash Unternehmen wie Allied Signal (heute Honeywell) Kodak und IBM eiferten Motorola nach und wendeten Six Sigma hauptsaumlchlich in der Produktion an ndash erreichte Six Sigma erst durch die flaumlchendeckende

3122 Six Sigma

und oumlffentlichkeitswirksame Einfuumlhrung bei General Electric im Jahr 1996 breitere Be-kanntheit Der damalige CEO des US-Konzerns Jack Welch fuumlhrte Six Sigma 1995 im gesamten Unternehmen ein und brachte es als Instrument des Strategischen Managements zur Perfektion (vgl Dahm und Hainl 2011 S 77 Toumlpfer 2009 S 48 f) Um die Methode moumlglichst schnell und nachhaltig im Unternehmen durchzusetzen forderte er dass nur die besten Mitarbeiter mit der Leitung der Six-Sigma-Projekte beauftragt werden Um die Projekte auf houmlchstem Niveau laufen zu lassen und ihre Prioritaumlt innerhalb von GE zu untermauern wurden bis zu 40 der Bonuszahlungen fuumlr die Mitarbeiter an die Er-gebnisse der Six-Sigma-Initiativen gebunden So investierte GE im ersten Jahr 200 Mio US-Dollar in die Schulungen von etwa 30000 Mitarbeitern und schon im selben Jahr wurden Kosteneinsparungen von 170 Mio US-Dollar realisiert (vgl Welch 2003 S 350) Wie in Abb 27 dargestellt erreichte GE letztendlich bilderbuchartige Rekordergebnisse steigerte den Unternehmensgewinn um 3 Mrd US-Dollar und brachte in den Jahren der Six-Sigma-Initiativen ein operatives Wachstum von 15 zustande (vgl Kroslid 2003 S 24 Dahm und Haindl 2011 S 80 Toumlpfer 2009 S 50 f) Wie war dies moumlglich

223 Die Konzeption einer Six-Sigma-Initiative

Der uumlberwiegende Teil des Werkzeugkastens von Six Sigma beinhaltet keine bahnbre-chenden Innovationen ndash erprobte Komponenten aus dem Qualitaumlts- und Projektmanage-ment werden verknuumlpft (vgl Toumlpfer 2009 S 43 f Toumlpfer 2007 S 3) Neu ist dass diese Instrumente nicht isoliert sondern in einem konzeptionellen Ablaufrahmen stringent und konsequent eingesetzt werden und auf das Ziel die praktizierte Null-Fehler-Qualitaumlt aus-gerichtet werden Fuumlr immer mehr Unternehmen schien diese Zielsetzung realistisch so-dass in der Folge viele der Six-Sigma-Begeisterung von GE nacheiferten

(Unsichere) FluglandungenAnzahl der Beinahe-Abstuumlrze aufden groumlszligten Flughaumlfen Europas

Verlorenes GepaumlckAnzahl der verlorenen Gepaumlckstuumlcke weltweit

Postauslieferung Fehllieferungen bei 300000 auszutragenden Briefen

Fernsehen Programmausfall in einer Woche TV Programm (pro Kanal)

25000 pro Monat

6pro Monat

3000 pro Tag

1pro Tag

168 Stunden

18 Sekunden

4 Sigma (993790)

6 Sigma (999997)

Proz

ess

6pro Tag

1pro Jahr

Abb 26 Unterschied zwischen Four und Six Sigma (Quelle In Anlehnung an Pande 2000 S12)

32 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2231 Das Qualitaumltsverstaumlndnis von Six SigmaAbgesehen von der Fehlerreduzierung (Golf-Beispiel) ist die Kundenorientierung ein wei-teres Kernelement um die versprochene Qualitaumltssteigerung durch Six Sigma zu errei-chen GE interpretiert den Anspruch von hervorragender Qualitaumlt im Sinne von Six Sigma anhand der folgenden drei Aspekte (vgl Angermeier 2001 S 3)

1 Ein Fehler ist die Nichterfuumlllung eines Kundenwunsches Das Verfehlen des Loches nach dem Abschlag auf dem Gruumln beschreibt demnach die Verletzung der definierten Spezifikationsgrenze ndash das Unvermoumlgen dem Kunden das Produkt so zu liefern wie er es verlangt Diese Irritation bei dem Kunden verursacht bei allen Beteiligten unnoumltige Kosten ndash im Beispiel laumluft der Golfspieler Gefahr das Preisgeld des Turniers zu ver-lieren Die Eliminierung von Defekten fuumlhrt bei der Implementierung im Unternehmen zu einem finanziellen Benefit

2 Die Eigenschaften die der Kunde als wichtig erachtet sind qualitaumltsentscheidend Dieser zweite Aspekt uumlber den GE den Qualitaumltsanspruch definiert klingt einfach ndash er wird aber grundsaumltzlich unterschaumltzt Die Ausrichtung auf den Kunden ist ein fundamentaler Bestandteil der Six-Sigma-Philosophie Die Fokussierung ist notwendig da auch quali-tativ perfekte Waren und Dienstleistungen nur dann Absatz finden wenn der Kunde sie nachfragt So ist die Ausgangsbasis fuumlr ein Six-Sigma-Projekt die Evaluation der Kun-denanforderungen In der bdquoSix-Sigma-Spracheldquo werden sie als bdquoCritical to Qualityldquo (CtQ) bezeichnet Um CtQs zu determinieren muss die bdquoStimme des Kundenldquo die sogenannte bdquoVoice of the Customerldquo (VoC) erhoben werden (Vgl Dahm und Haindl 2010 S 175 ff)

Ein einfaches Beispiel Ein Gast bestellt ein Bier in einer Bar Ihm sind die Temperatur die Schnelligkeit der Bedienung der Geschmack und der Preis wichtig Diese Kriterien werden hier als CtQs bezeichnet Nicht so wichtig sind ihm das Herkunftsland die Optik des Etiketts und ob sich der Verschluss der Flasche aufdrehen laumlsst oder nicht

Kosten Nutzen

1 Jahr

11

Kosten Nutzen

2 Jahr

12

Kosten Nutzen

3 Jahr

13

Kosten Nutzen

4 Jahr

15

Kosten Nutzen

5 Jahr

16

$200 $380 $450 $500 $600$170

$700$1200

$2500

$3500

$3000

$500

Six Sigma bdquoKostenInvestmentldquo

Six Sigma bdquoProduktivitaumltldquo

Erhoumlhung der Kunden-zufriedenheit z B Preismarge

Angaben in Mio $

Abb 27 Six-Sigma-Ergebnisse bei General Electric (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 81)

3322 Six Sigma

Die CtQ-Faktoren zeigen auf welche Eigenschaften eines Produktes die Kaufentschei-dung eines Kunden maszliggeblich beeinflussen Durch Ergebnisse dieser Art der Marktfor-schung laumlsst sich verhindern dass Unternehmen Komponenten oder Eigenschaften bei einem Produkt anbieten die vom Kunden nicht gewuumlnscht oder nicht benoumltigt werden

Mercedes-Benz entfernte beispielsweise aufgrund solcher Erhebungen 600 Funktionen aus seinen Modellen weil der Kunde sie nicht brauchte oder gar nicht wusste wie er sie verwenden sollte Sie waren also keine entscheidenden Faktoren fuumlr den Kauf eines Fahrzeugs (Vgl Amman 2004 S 16)

Verdeutlichen laumlsst sich die Wichtigkeit der VoC an dem Beispiel des Internetdienst-leisters Yahoo Im Jahr 2000 war Yahoo der Weltmarktfuumlhrer bei Suchmaschinen im Internet Dann begann das Unternehmen den Kunden neben der Suchfunktion diverse andere Dienstleistungen anzubieten beispielsweise eine E-Mail-Funktion Finanz-dienstleistungen Neuigkeiten Entertainment und Celebrity-News Die Kunden waren an diesen Mehrleistungen aber kaum interessiert Dies hatte zur Folge dass 2005 Google die Nummer eins der Suchmaschinen wurde und sie war sogar die Website mit den meisten Klicks uumlberhaupt Unter anderem begruumlndet sich dieser Erfolg darin dass sich Google auf den Wunsch des Kunden ndash die Suchmaschine ndash konzentrierte bdquoWir konzentrieren uns schonungslos auf die Beduumlrfnisse unserer Kunden Und wir bekaumlmp-fen alles was sich dabei in den Weg stelltldquo (Dahm und Haindl 2011 S 87)

3 Fuumlr GE ist die bdquoVariationldquo ndash das was der Kunde sieht und fuumlhlt ndash qualitaumltsentscheidend (vgl auch Abb 28) Ein einfaches Beispiel zur Verdeutlichung

Wird die Zeit erhoben in der ein Hotelgast sein Fruumlhstuumlck auf sein Zimmer geliefert bekommt wird der Durchschnitt der Abweichung der Lieferzeit verwendet So kann sich in einem betrachteten Zeitraum ndash beispielsweise drei Monate ndash eine durchschnitt-liche Abweichung von + 5 min ergeben Dieser Wert mag fuumlr das betreffende Hotel noch im Rahmen liegen Das Management geht davon aus dass die Gaumlste zufrieden sind da in einer Befragung herauskam dass eine Verspaumltung von fuumlnf Minuten von ihnen toleriert wird Betrachtet man nun in Abb 29 die einzelnen Abweichungen der Lieferungen kann man erkennen dass dort einige Werte verzeichnet sind die von dem Gast mit Sicherheit nicht mehr toleriert werden (beispielsweise 25 min zu fruumlh oder 24 min zu spaumlt) Das Management sollte sich also nicht auf die Durchschnittswerte konzentrieren sondern die Abweichung vom Durchschnittswert genauer betrachten Denn dies sind die Werte die der einzelne Gast bzw Kunde erlebt

An diesem Beispiel laumlsst sich erkennen dass die Vermeidung von Fehlern die Erfor-schung der Kundenanforderungen und die Beruumlcksichtigung der Varianz anstelle der Durchschnittswerte eine Grundlage fuumlr unternehmerischen Erfolg darstellen Kein Unter-nehmen kann es sich langfristig leisten an den Wuumlnschen und Beduumlrfnisse seiner Kunden vorbei zu produzieren (Vgl Dahm und Haindl 2011)

34 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Anlieferung Fruumlhstuumlck (in Min) zum gewuumlnschten Termin

Sicht des Hotels

+5

-30 -15 0 +15 +30 +45

Min = -25 Max = +40-15 0 +15 +30 +45

Kundensicht

0-25-7

+15+24

-8+12

-70

+8

-3+2+8+6+9

+16-2

+18+8+5

0+7+6

+10+5

Durchschnitt + 5+6

-10+2

+40

Januar

Februar

Maumlrz

Abb 29 Der Kunde spuumlrt nicht den Qualitaumltsdurchschnitt

Kundenmeinung (VoC)

bdquoIch wuumlnsche mir einen proaktiveren Serviceldquo

Kunden-anliegen

Kunde wuumlnschtregelmaumlszligig vomService angerufenzu werden

Qualitaumlts-kritisch (CTQ)

Service ruft den Kunden viermalim Jahr an

Tatsaumlchliche Aussagenund Kommentare uumlber Eigenschaften eines

ProduktsServices

Erfahrung mit einem ProduktService odereiner Lieferung

Begegnung oder Erfahrung mit einem Geschaumlftsprozess

Die echten Sorgen oder Erwartungen des Kunden ohne Vorurteile

beschreibt in der Regel das primaumlre Anliegen das ein Kunde hinsichtlich eines Produkts oder Services hat

beschreibt die erwuumlnschte Kundenerfahrung rund um dieses Produkt oder diesen Service

Kunde

Schluumlsselkunden

Abb 28 Von der Stimme des Kunden zu qualitaumltskritischen Merkmalen

3522 Six Sigma

2232 Der DMAIC- und DMADV-ZyklusSix Sigma basiert auf rationalen Uumlberlegungen und nutzt die Aussagekraft von statisti-schen Werkzeugen die durch Verwendung entsprechender Softwareprogramme (z B Mi-nitab oder SigmaXL) tiefe Einsichten in die Prozesse ermoumlglichen Bei diesem mathema-tischen Ansatz wird davon ausgegangen dass jeder Prozess als mathematische Funktion beschrieben werden kann

(21)

Hierbei ist y das Prozessergebnis x die Prozesseingangsgroumlszlige(n) und f die Funktion die den mathematischen Zusammenhang beschreibt und damit den Einfluss der Eingangs-groumlszligen auf das Prozessergebnis ε steht fuumlr die nicht durch die Funktion erklaumlrbare Rest-streuung ndash die Abweichung des Flugzeuges von der Zielkoordinate auf der Landebahn

Durch die statistische Ursachenforschung resultiert ein Verstaumlndnis fuumlr den Prozess der es ermoumlglicht mithilfe der Veraumlnderung der Eingangsgroumlszligen vorherzusagen welches Prozessergebnis erzielt wird Durch Varianzmessungen koumlnnen Einflussfaktoren auch in komplexen und intransparenten Prozessen klar identifiziert und dann sehr gezielt mani-puliert werden Somit eroumlffnen sich neue Wege fuumlr effektive und effiziente Loumlsungen zur Prozessoptimierung die sehr oft zu enormen Wertschoumlpfungszuwaumlchsen fuumlhren Entschei-dend hierbei ist dass die Analyse und Loumlsungsentwicklung auf Daten und Fakten beruhen da Six Sigma ein reales Problem in ein statistisch-mathematisches Problem umwandelt Dabei beschraumlnkt man sich nicht wie bei anderen Optimierungsprojekten auf die subjekti-ve Wahrnehmung der Beteiligten Schon so manche gefunden geglaubte Problemursache entpuppte sich nach eingehender Analyse im Rahmen von Projekten als nebensaumlchlich Das Kernproblem ndash und dementsprechend auch die Loumlsung ndash war oft an anderer Stelle zu suchen

Eines der zentralen Werkzeuge innerhalb eines Six-Sigma-Projektes ist der sogenannte DMAIC-Zyklus (Akronym fuumlr Define Measure Analyse Improve und Control) Die-ser stellt das zentrale Six-Sigma-Projektmanagement-Tool dar Die meisten Six-Sigma-Projekte laufen nach diesem Zyklus ab Durch dieses Vorgehen wird sichergestellt dass der zu verbessernde Prozess genauestens definiert analysiert gemessen verbessert und kontrolliert wird Die einzelnen Phasen wie sie in Abb 210 dargestellt sind werden im Folgenden genauer ausgefuumlhrt

y f x oder y f x1 x2 xn = + = +( ) ( )ε εhellip

Define

Was istwichtig

Measure

Wie gutsind wir

Analyze

Was ist falsch

Improve

Was muss getan werden

Control

Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher

Abb 210 Der DMAIC-Zyklus

36 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

1 Define Opportunities (Definieren) In dieser ersten Phase des Zyklus werden die Pro-jektziele und Projektgrenzen definiert und das Projektteam aufgestellt Damit wird die Zielsetzung fuumlr die Optimierung des Prozesses festgeschrieben und uumlberzogene Erwar-tungen an die Prozessverbesserung werden verhindert (vgl Abb 211)

Diesen Definitionen werden die vorher erlaumluterten Critical-to-Quality-Faktoren und alle weiteren Informationen uumlber den Prozess zugrunde gelegt Natuumlrlich muumlssen sich diese Definitionen an den Unternehmenszielen orientieren Ist es beispielsweise die Absicht des Unternehmens die Kostenfuumlhrerschaft in einem Segment zu erreichen muumlssen dem Zyklus andere Ziele zugrunde gelegt werden als wenn das Ziel wie z B bei Montblanc oder Rolex die Qualitaumltsfuumlhrerschaft waumlre

2 Measure Performance (Messen) In dieser zweiten Phase wird die Grundlage fuumlr die Prozessverbesserung geschaffen Nachdem das Problem definiert ist werden die kriti-schen Messkriterien identifiziert und die dafuumlr relevanten Daten ermittelt Dabei sollten moumlglichst viele und genaue Informationen uumlber den Prozess erlangt werden Genutzt werden dafuumlr Instrumente wie Ertragsberechnungen und Stichprobenauswertungen So werden die Ursachen der Probleme faktenbasiert und genau bestimmt Entscheidend in dieser Phase ist die Qualitaumlt der Daten Es wird genauestens darauf geachtet dass ndash aus der Unmenge an moumlglichen Daten ndash die richtigen erhoben und dokumentiert werden Diese Daten geben einen genauen Uumlberblick uumlber die Vorgaumlnge in dem Prozess (vgl Abb 212)

Das Ergebnis dieser Phase ist die Datengrundlage fuumlr die folgenden Prozessverbesse-rungen Damit wird hier der Referenzwert ermittelt um spaumlter die erreichten Prozess-verbesserungen bewerten zu koumlnnen

3 Analyse Opportunity (Analysieren) In dieser Phase werden die in der Measure-Phase erhobenen Daten aufbereitet und strukturiert Hierfuumlr werden im Allgemeinen verschiedene mathematisch-statistische Methoden angewendet beispielsweise die

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

das Optimierungspotenzial identifizieren undoder uumlberpruumlfen

kritische Kundenanforderungen definierenProjektteam einarbeiten

Hauptaktivitaumlten

Business Opportunity pruumlfenidentifizierenProzesse identifizieren und darstellenChancen auf kurzfristige Verbesserungen

(bdquoquick winsldquo) identifizieren und den Prozess dahingehend optimieren

VoC in CtQs umsetzenTeam-Guidelines und Grundregeln

erarbeiten

Abb 211 Die Define-Phase

3722 Six Sigma

Varianz-2 oder die Regressionsanalyse3 Anwendung finden auch die Wertstromanalyse und die Pareto-Analyse welche die primaumlren Fehlerquellen eines Prozesses deutlich machen Durch diese Analysen sollen die Probleme des Prozesses identifiziert werden Als wichtigste Ergebnisse dieser Phase sind die Verifizierung Validierung und Quanti-fizierung der Ursachen fuumlr die Prozessschwaumlchen zu nennen (vgl Abb 213)

2 Durch die Durchfuumlhrung einer Varianzanalyse lassen sich die Gesetzmaumlszligigkeiten hinter den Daten feststellen3 Durch die Durchfuumlhrung der Regressionsanalyse laumlsst sich der Ursache-Wirkungszusammenhang ermitteln

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

Messkriterien identifizieren die notwendig sind um den Erfolg bei der Erfuumlllung kritischer Kundenanforderungen zu beurteilen Methode erarbeiten effizient Daten fuumlr die Messung der Prozessleistung sammelndie Elemente der Six-Sigma-Berechnung verstehen und einen Ausgangswert fuumlr die vom Team analysierten Prozesse berechnen

Hauptaktivitaumlten

Input- Prozess- und Output-Indikatoren identifizierenGeschaumlftsablaumlufe definieren und einen Maszlignahmenkatalog erstellenDaten zusammenstellen und analysierenSigma-Leistung ermittelnweitere Ausgangsleistungswerte zusammenstellen

Abb 212 Die Measure-Phase

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

die Grundursachen fuumlr das Problemidentifizieren und daraufhin uumlberpruumlfenob deren Behebung das Problem desProzesses loumlst

Hauptaktivitaumlten

Prozess stratifizierenDaten stratifizieren und das spezifische Problem identifizierenProblembeschreibung erarbeitenGrundursachen identifizierenAnalyseverfahren zur Uumlberpruumlfung der Grundursachen entwickelnGrundursachen uumlberpruumlfenKreativitaumlt im Team foumlrdern und bdquoHerdendenkenldquo verhindern

Abb 213 Die Analyse-Phase

38 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

4 Improve Performance (Verbessern) Aus den erhobenen und strukturierten Daten ihrer Aufbereitung und Verifikation wird eine Loumlsung fuumlr die vorhandenen Probleme entwickelt Oftmals kommen bei dieser Entwicklung Kreativitaumltstechniken zum Ein-satz (vgl Abb 214)

In dieser Phase ist es entscheidend dass keine Loumlsungsmoumlglichkeiten auszliger Acht gelas-sen werden Gerade zu Beginn der Loumlsungsentwicklung sollten bdquodie normalenldquo Pfade der Prozessverbesserung verlassen werden Hier ist Kreativitaumlt und auch haumlufig Quer-denkertum gefragt Die wichtigsten Ergebnisse dieser Phase sind Loumlsungsansaumltze fuumlr die Prozessschwaumlchen sowie genaue Beschreibungen und Dokumentationen der einzel-nen Prozessschritte Auszligerdem werden die Risiken der Loumlsungsansaumltze beurteilt und ein Ablaufplan des weiteren Vorgehens erarbeitet

5 Control Performance (Pruumlfen) In dieser letzten Phase werden die implementier-ten Verbesserungen verifiziert An dem modifizierten Prozess wird uumlberpruumlft ob die Verbesserungen die erwarteten Wirkungen zeigen In dieser Phase wird ebenfalls eine Nachkalkulation durchgefuumlhrt Im Allgemeinen werden dabei die Kosteneinsparungen durch die Prozessmodifizierungen mithilfe eines Vorher-Nachher-Vergleiches ermittelt Beispielsweise wird dabei der Ausschuss vor und nach Durchfuumlhrung des DMAIC-Zyklus verglichen Nach einem erfolgreichen Projektabschluss werden die Ergebnisse und Erkenntnisse im gesamten Unternehmen kommuniziert So koumlnnen diese auch in anderen Projekten genutzt werden (vgl Abb 215)

Laumlsst sich ein Prozess nicht effektiv modifizieren dann muss der gesamte Prozess neu ge-staltet werden Fuumlr dieses Re-Design kommt eine abgewandelte Form des DMAIC-Zyklus zum Einsatz der DMADV-Zyklus (Akronym fuumlr Define Measure Analyse Design und Verify) In diesem Fall wird der Prozess durch ein optimales Six Sigma gemaumlszliges Design gaumlnzlich neu auf den Kunden ausgerichtet Die einzelnen Schritte des DMADV-Zyklus werden in Abb 216 zusammenfassend dargestellt

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

Loumlsungen fuumlr die Optimierung identifizieren beurteilen und auswaumlhlen

einen Ansatz fuumlr das Aumlnderungsmanage-ment entwickeln der das Unternehmen dabeiunterstuumltzt sich an die aus der Implementie-rung der Loumlsungen resultierenden Veraumlnde-rungen zu gewoumlhnen

Hauptaktivitaumlten

Loumlsungsvorschlaumlge entwickelnAuswirkungen der Loumlsung

bestimmenNutzen ermitteln Loumlsungen beurteilen und auswaumlhlenProzessbeschreibungen erstellenAblaufplan erstellen und praumlsentieren

Abb 214 Die Improve-Phase

3922 Six Sigma

1 Define (Definieren) Diese Phase bleibt wie im DMAIC-Zyklus Die Projektziele und Projektgrenzen werden definiert und das Projektteam aufgestellt Damit wird die Ziel-setzung fuumlr die Optimierung des Prozesses definiert und uumlberzogene Erwartungen an die Prozessverbesserung werden verhindert

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

verstehen wie neue Erkenntnisse weiter-gegeben wiederholbare und standardisier-bare Moumlglichkeiten und Prozesse erkannt und entsprechende Plaumlne ausgearbeitet werden koumlnnen

Hauptaktivitaumlten

Pilotplan amp Pilotloumlsung ausarbeitenuumlberpruumlfen ob weitere Loumlsungen notwendig sind um das Ziel zu erreichenwiederholbare und standardisierbare Loumlsungsmoumlglichkeiten entwickelnLoumlsungen in die taumlglichenArbeitsablaumlufe integrierendie naumlchsten Schritte des Teams festlegen

Abb 215 Die Control-Phase

Define

Measure

Analyze

Design

Verify

ZielAumlnderungs-vision definieren

Umfang und Kunden-anforderungen klaumlren

Leistung bezuumlglich der Anforderungen messen

Daten uumlber die Prozessqualitaumlt sammeln

ProblemeProzessepruumlfen

bdquoBest Practicesldquo identifizieren Prozessdesign bewerten Anforderungen verfeinern

neue Prozesseentwerfen

neue ProzesseStrukturen undSystemeimplementieren

Messungen zur Aufrechterhaltung der Leistung einrichten

noch bestehende Probleme ndashsoweit notwendig ndash korrigieren

neues Designimplementieren

Abb 216 Der DMADV-Zyklus (Quelle In Anlehnung an Pande et al 2000 S 51)

40 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2 Measure (Messen) Der zweite Schritt unterscheidet sich von dem im DMAIC-Zyklus insofern als die Messungen genauestens mit den Erwartungen der Kunden abgeglichen werden muumlssen Der gesamte Prozess wird nach den Anforderungen gestaltet

3 Analyse (Analysieren) Genauso wie im DMAIC-Zyklus werden hier die Daten ana-lysiert und interpretiert Aus diesen Daten werden mehrere Ansaumltze fuumlr ein neues Pro-zesskonzept erarbeitet Die Vorschlaumlge dazu kommen vor allem durch die zukuumlnftigen Kunden aber auch durch die Prozessbeteiligten

4 Design (Entwickeln) Hier werden die in der Analysephase erarbeiteten Konzepte ein-ander gegenuumlbergestellt und anhand der in der Define-Phase definierten Parameter wird das optimale Prozessdesign ausgewaumlhlt Um die Robustheit der neuen Prozesse gegen-uumlber Schwankungen zu uumlberpruumlfen bietet sich beispielsweise das Design-of-Experien-ce-Verfahren4 an

5 Verify (Uumlberpruumlfen) In diesem letzten Schritt werden die Ergebnisse des neuen Prozesses uumlberpruumlft und damit das neue Design verifiziert Sind die Ergebnisse nicht zufriedenstellend muss der Zyklus erneut durchgefuumlhrt werden

2233 Die Six-Sigma-InfrastrukturDie Auseinandersetzung mit Six Sigma beruumlhrt unweigerlich die Unternehmenskultur Damit dies gelingt muumlssen alle Projektmitarbeiter die Reichweite der Initiative verstehen Demnach ist fuumlr die Implementierung eine klare Definition der Rollen und Verantwort-lichkeiten entscheidend (Vgl George 2007 S 84) Die praktische Anwendung orien-tiert sich an dem Guumlrtelsystem der asiatischen Kampfsportart Karate (vgl George 2007 S 72 ff Toumlpfer 2009 S 288 ff) Erstmals angewendet wurde das Guumlrtelsystem von Six-Sigma-Pionier Mikel Harry im Rahmen eines Projektes bei der Unisys Corporation Ende der 1980er-Jahre in Salt Lake City (vgl Harry und Schroeder 2000 S 201) Grund-saumltzlich muumlssen sechs Hauptaufgaben durch die Projektmitarbeiter erfuumlllt werden (vgl Hagen 2004 S 233 ff)

1 Konzeption und Steuerung der Initiative2 Training und Anwendung der Methoden3 Definition und Durchfuumlhrung der Projekte4 prozessspezifische und fachliche Projektunterstuumltzung5 Umsetzung der Analyseergebnisse in den Projekten6 Umsetzung der Projektergebnisse in Folgeprojekten

Die Erfuumlllung dieser Aufgaben wird durch die verschiedenen Six-Sigma-Rollen gewaumlhr-leistet Der Initiator Mentor und Verantwortliche der Six-Sigma-Initiative ist der Cham-

4 Verfahren in denen Konzepte durch Versuche in der Realitaumlt uumlberpruumlft werden Will man bei-spielsweise die Schwankungen der Gespraumlchsqualitaumlt in einem Mobilfunknetz beheben uumlberpruumlft man die reale Uumlbertragungsqualitaumlt an verschiedenen Orten wie Autobahnen Straszligen aber auch in U-Bahn-Tunneln So ist es moumlglich die Wirksamkeit eines neuen Produktes oder Prozesses in der Realitaumlt zu uumlberpruumlfen bevor der Prozess endguumlltig eingefuumlhrt wird

4122 Six Sigma

pion bdquoMaster Black Beltsldquo (MBB ndash Six-Sigma-Experte) und bdquoBlack Beltsldquo (BB ndash hohe Fachkompetenz) sind von anderen Taumltigkeiten im Unternehmen freigestellt und agieren als Trainer und Ausbilder (MBB) bzw als Projektmanager (BB) Der bdquoGreen Beltldquo (GB ndash fachlich versiert) zu ca 40 fuumlr die Initiative freigestellt ist als Leiter von kleineren Six-Sigma-Projekten aktiv und geht danach wieder seinen Linientaumltigkeiten nach Als bdquoYellow Beltldquo (YB ndash Fachmann) werden Teammitglieder bezeichnet die an Basisschulungen in Six Sigma teilgenommen haben aber nur zu ca 20 fuumlr anfallende Aufgaben freigestellt werden Erfahrungsgemaumlszlig muumlssen etwa 05 der Belegschaft zu MBB 1 bis 2 zu BB und jeweils 2 bis 5 zu GB und YB geschult werden um die Methodik erfolgreich zu implementieren (vgl Toumlpfer 2007 S 241 ff) Das Projektteam laumlsst sich in drei Ober-gruppen unterteilen (vgl auch Abb 217)

1 Die Teammitglieder Diese erledigen die dem Team gestellten Aufgaben fristgerecht und erarbeiten Loumlsungen zu Projektaufgaben sowohl innerhalb von Teammeetings als auch auszligerhalb Dafuumlr stellen sie dem Team ihr Wissen und ihre Erfahrungen zur Ver-fuumlgung Ebenfalls sollen sie sicherstellen dass ihre Vorgesetzten immer uumlber ihre Auf-gaben innerhalb der Projektarbeit informiert sind

Sponsor

VorstandBereichs-bzw Geschaumlfts-leitung

stellt die erforder-lichen Programm- Ressourcen zur Verfuumlgung

verfolgt denProgrammfortschritt

Champion

Auftraggeber eines Lean-Sigma-Projektes (Projektsponsor)

Mitglied der Geschaumlfts- Bereichsleitung

stellt die erforder-lichen Ressourcen zur Verfuumlgung

verfolgt denProjektfortschritt

Programmleiter

operative Fuumlhrung des Programms und Leitung des Programm-Offices

Unterstuumltzung der Projekte durch Lean-Sigma-Expertise Programm- undVeraumlnderungs-management

Controller

beurteilt Lean-Sigma-Projekte finanziell

betreut aus Controllingsicht Projektdefinition und -durchfuumlhrung

Process Owner

verantwortet den Prozess

uumlbernimmt denverbesserten Prozess

Teammitglied

Master Black Belt

Mentor eines Black Belts oder Green Belts

fuumlhrt Trainings durch

betreut die Projekte agiert als Coach

fuumlr die Projekt-mitglieder

Black Belt

leitet ein Lean-Sigma-Projekt

ist Vollzeit fuumlr diese Aufgabe abgestellt

verantwortet Projektplanung und -durchfuumlhrung

Green Belt

leitet kleinere Lean-Sigma-Projekte

arbeitet in Lean-Sigma-Projekten mit

ist zu etwa 40 fuumlr diese Aufgabe freigestellt

Yellow Belt

arbeitet als Kernteammitglied in Lean-Sigma-Projekten mit

ist zu mindestens 20 fuumlr diese Aufgabe freigestellt

Abb 217 Die Ausbildungsstruktur von Six Sigma

42 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2 Die Black Belts und Green Belts Diese arbeiten mit dem Team und unterstuumltzen es mit ihrem Fachwissen und ihrer Expertise Dabei fungieren sie haumlufig als Moderator und koordinieren die Teamaktivitaumlten inklusive deren Plaumlne und Ziele Sie tragen als Projektleiter die Verantwortung fuumlr die Dokumentation der Ergebnisse und der Erfolge des Teams Des Weiteren organisieren sie die Teamarbeit und die Meetings Letztend-lich stellen die Black und Green Belts die Qualitaumlt der Arbeit sicher repraumlsentieren das Team der Organisation gegenuumlber und fungieren als Teamsprecher wenn noumltig unterstuumltzt vom Champion Nach Projektabschluss unterstuumltzen sie den Process Owner dabei dass die Prozessverbesserungen vollstaumlndig umgesetzt und fortlaufender Nutzen generiert wird

3 Die Master Black Belts Diese stellen den Black und Green Belts ihre technische sowie statistische Expertise zur Verfuumlgung Sie unterstuumltzen die Teams mit ihrem Fach-wissen in Prozessverbesserungsmethoden und konzeptionellem Know-how Sie bilden die Black und Green Belts aus und bieten ihnen individuelle Unterstuumltzung Des Weite-ren beraten sie den Champion um Barrieren innerhalb des Projektes zu beseitigen

In der Medizintechnik z B bei lebenserhaltenden Geraumlten im Flugzeugbau oder beim Bau von Kernkraftwerken ist eine Null-Fehler-Qualitaumlt zwingend erforderlich Aber auch immer mehr Unternehmen der Automobil- und Zulieferindustrie oder andere wie z B Compaq AmericanExpress Nokia Philips oder 3M haben erkannt dass Six Sigma aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine sinnvolle und nachvollziehbare Zielsetzung und Strategie ist Ohne eine professionelle Qualitaumltssicherung gehen erhebliche Chan-cen zur Steigerung des Jahresuumlberschusses verloren Die methodische Orientierung von Six Sigma nutzt viele positive Aspekte anderer Ansaumltze zur Qualitaumlts- bzw Prozessver-besserung Die klare Ausrichtung auf den Kunden und die kontinuierliche Erhebung von Zahlen Daten und Fakten anhand von bewaumlhrten Methoden gelten als Alleinstellungs-merkmal Das Freistellen qualifizierter personeller Ressourcen aus den Linientaumltigkeiten deren fachspezifische Ausbildung und ihr loumlsungsorientierter Einsatz in den Six-Sigma-Projekten sind die Ingredienzen die gemeinsam mit einer kraftvollen Umsetzungsorga-nisation einen bdquoTurboeffektldquo ermoumlglichen ndash dies ist der eigentliche Erfolgsfaktor (Vgl Angermeier 2002 S 2)

Beispiel bdquoProcess Xcellenceldquo bei der European Transaction Bank

Im Maumlrz 2004 uumlbertrug die Deutsche Bank AG 51 der European Transaction Bank GmbH (ETB) ndash einer Tochtergesellschaft die den Groszligteil des Effektenhandels der Frankfurter abwickelte ndash an den britischen Auslagerungsspezialisten Xchanging der so die operative Kontrolle bei dem 800 Mann starken Transaktionsspezialisten uumlber-nahm (vgl Ruggier et al 2006 S 114 ff) Es handelte sich nicht um einen Verkauf da das britische Outsource-Unternehmen fuumlr die Mehrheitsuumlbernahme im Gegenzug knapp 40 Mio euro in eine Weiterentwicklung der ETB hinsichtlich Effizienz und niedri-gerer Transaktionskosten investierte Neben neuen Technologien betraf dies auch nach Deutschland entsandte Spezialisten aus den Bereichen Personal und Prozessoptimie-

4322 Six Sigma

rung ndash Xchanging verfuumlgte seit der Gruumlndung 1999 uumlber eine ausgepraumlgte Six-Sigma-Expertise Unter dem Titel bdquoProcess Xcellenceldquo ist Six Sigma eine der sieben Kompe-tenzen die Xchanging als die DNA des Unternehmens bezeichnet (vgl Ruggier et al 2006 S 117) Six Sigma wird dabei als umfassendes Konzept radikaler Verbesserung verstanden welches jeden Geschaumlftsprozess betrifft

Im Rahmen der Mehrheitsuumlbernahme durch Xchanging wurde Six Sigma als lang-fristiger Teil der Strategie auch bei der ETB implementiert Ziel war es die Kosten durch Straffung und Optimierung der Prozesse zu senken Um eine erfolgreiche Im-plementierung bei der ETB sicherzustellen stellte Xchanging drei seiner erfahrensten Master Black Belts zur Verfuumlgung Fuumlr das erste Jahr der Initiative wurden folgende Erwartungen formuliertbull Verbesserung des Kundenservicebull Uumlberschuss von 5 Mio euro undbull Aufbau einer internen bdquoSix-Sigma-Prozessverbesserungseinheitldquo mit 15 Black Belts

(ca 19 der ETB-Mitarbeiter) sechs Black Belts bei der Deutschen Bank sowie zehn Green Belts und zwei Master Black Belts

Als erste Maszlignahme wurden die passenden Kandidaten fuumlr die Rollen des Champions und der Black Belts ausgewaumlhlt und es wurde mit den Schulungen begonnen Diese Black Belts wurden zunaumlchst fuumlr 18 Monate von ihren sonstigen Taumltigkeiten freigestellt

Fuumlr die Auswahl der ersten Projekte wurden bdquoIndustry Mapsldquo5 erstellt und die Voice of the Customer erhoben Auswahlkriterien fuumlr die Projekte waren das Potenzial zur Erhoumlhung der Kundenzufriedenheit das Einsparpotenzial und das Potenzial der Fehler-reduktion (Vgl Faulhaber und Ruggier 2005)

Zu diesem fruumlhen Zeitpunkt standen die Mitarbeiter der ETB noch unter dem Ein-druck des Inhaberwechsels und nun waren sie zusaumltzlich durch Six Sigma einer weite-ren tiefgreifenden Neuerung ausgesetzt Viele der Mitarbeiter waren verunsichert und lehnten Six Sigma zunaumlchst ab

Xchanging setzte zur Loumlsung auf eine verstaumlrkte Kommunikation und schnelle erste Projekterfolge Dafuumlr wurden die ersten Six-Sigma-Projekte bereits im Juni 2004 mit den frisch ausgebildeten Black und Green Belts gestartet Als eines der ersten Pilot-projekte wurde die Verbesserung der Prozesse im Tax Process Department der ETB ausgewaumlhlt (vgl Ruggier 2006 S 203)

Diese Abteilung bot den Kunden ein vielfaumlltiges Angebot darunter die Abwicklung der Ruumlckforderungen durch Doppelbesteuerungsabkommen Steuerberatung und bdquoRekla-mationldquo von unkorrekten Steuerbescheiden Bei diesen Prozessen sah das Management einen hohen Verbesserungsbedarf und waumlhlte den Schweizer Markt als Pilotmarkt aus

5 Dieses Verfahren setzt die Schluumlsselprozesse eines Unternehmens in eine logische Reihenfolge und beachtet dabei alle relevanten Prozesse auch bei Kunden und Lieferanten Dabei entstehen Verbindungen und Verflechtungen innerhalb einer Industrie oder auch eines Geschaumlftsbereiches in Diagrammform

44 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Ein abgewandelter DMAIC-Zyklus unter dem Titel bdquoCMADIS-Methodologieldquo (vgl Faulhaber und Ruggier 2005 S 23) wurde angewendet1 Contract Hier wird das Problem definiert und eine Zielsetzung ausgegeben Die

Durchlaufzeiten der Auftraumlge sollten um 50 reduziert und Einsparungen von 80000 euro realisiert werden

2 Measure Schluumlsselmitarbeiter aus allen in diese Prozesse involvierten Bereichen werden zu Mitgliedern des Projektteams In diesem Schritt erfolgt eine genaue Mes-sung des Ist-Zustandes Im betrachteten Projekt wurde dies beispielsweise durch detaillierte Pareto- und Fischgraumlten-Diagramme erreicht

3 Analyse Im dritten Schritt werden die erhobenen Daten analysiert Im Pilotprojekt wurde erkannt dass die groumlszligten Probleme in den Bearbeitungszeiten der Steuer-unterlagen auftraten Das lag unter anderem daran dass viele der IT-Programme nicht kompatibel waren und dadurch viele Daten mehrfach manuell eingepflegt wer-den mussten

4 Develop In dieser Phase werden Moumlglichkeiten fuumlr Prozessverbesserungen entwi-ckelt In diesem Fall sollten die IT-Systeme kompatibel verknuumlpft werden

5 Implement In dieser Phase werden die entwickelten Loumlsungsansaumltze in die Prozesse implementiert Im Pilotprojekt konnten die Prozessschritte von 90 auf 38 (ca 60 ) die Durchlaufzeit um 60 und die Prozesskosten ebenfalls um 60 reduziert werden Die gesamten Einsparungen beliefen sich auf 400000 euro pro Jahr (Vgl Ruggier 2006 S 206) Damit wurde die Zielsetzung von 80000 euro um das Fuumlnffache uumlbertroffen

6 Sustain In diesem Schritt wird sichergestellt dass die Prozessinnovationen nach-haltig angewendet und weiterentwickelt werden

Es laumlsst sich erkennen dass dieser CMADIS-Zyklus eng an den DMAIC-Zyklus an-gelehnt ist Die einzige bdquoechteldquo Neuerung ist die Einfuumlhrung des Schrittes bdquoSustainldquo Zwar fordert auch der DMAIC-Zyklus eine weitere kontinuierliche Verbesserung des Prozesses aber bei der ETB wurde die Wichtigkeit dieses Aspektes explizit in einem separaten Schritt des Zyklus festgehalten

Nach dem Erfolg dieses Pilotprojektes konnte die anfaumlngliche Skepsis der Beleg-schaft nach und nach ausgeraumlumt werden Die ETB institutionalisierte Six Sigma im Unternehmen u a durch eigene Zertifizierungsfeiern und einen Intranetauftritt Durch Berichte in Tageszeitungen wurde die Initiative nach auszligen kommuniziert Im Jahr 2005 wurde der Break-even-Point der Six-Sigma-Initiative bei der ETB erreicht Es wurden uumlber 70 Six-Sigma-Projekte erfolgreich durchgefuumlhrt Im Jahr 2004 belief sich der gesamte Ertrag aus Six Sigma auf 3 Mio euro und 2005 bereits auf 68 Mio euro Ent-scheidend fuumlr diesen Erfolg waren nach ETB Black Belt Werner Schulz das absolute Commitment des Topmanagements und die Auswahl der richtigen Master Black Belts und Black Belts (Vgl Ruggier 2006 S 206)

Heute buumlndelt Xchanging die Erfahrungswerte mit bdquoProcess Xcellenceldquo6 aus dem eigenen Unternehmen in einem Beratungsangebot Die Beratungsleistung wird Kunden

6 Im Sprachgebrauch dieses Buches entspricht bdquoProcess Xcellenceldquo dem Terminus bdquoOperational Excellence

4523 Lean (Six) Sigma

im Rahmen von Kostensenkungs- und Serviceverbesserungsinitiativen bei Restruk-turierungen Akquisitionen und bei Vorbereitungen von Outsource-Aktivitaumlten ange-boten Interessant dabei ist dass sich die Methodik die hinter bdquoProcess Xcellenceldquo steht in den letzten Jahren von Six Sigma zu Lean Six Sigma weiterentwickelt hat Derzeit beschaumlftigt das Unternehmen uumlber 100 LeanSigmaBlackBelts 10 der 8000 Mitarbeiter sind als GB ausgebildet und es wurden im Bankensektor mittlerweile uumlber 155 Projekte erfolgreich abgeschlossen

23 Lean (Six) Sigma

231 Einfuumlhrung

Zur weiteren Erlaumluterung der Synthese aus Six Sigma und Lean Management soll im Bild des Golfturniers geblieben werden Der Flug des Balles ndash vom Abschlag bis zum Einlo-chen auf dem Gruumln am Ende des Fairways ndash illustriert den zu optimierenden Prozess im Unternehmen Das Einlochen ist demnach ein erfolgreicher Prozess ndash die Kundenanforde-rung wurde vollstaumlndig und ohne Fehler erfuumlllt Alles andere was das zuumlgige Erfuumlllen die-ser Kundenanforderung nicht unterstuumltzt gilt es im Sinne der Synthese Lean (Six) Sigma zu eliminieren respektive zu verbessern

Six Sigma optimiert wie bereits beschrieben die Qualitaumlt des Abschlags indem an einer geschickteren Abschlagtechnik gearbeitet oder in eine moderne Schlaumlgerausruumlstung in-vestiert wird Ferner koumlnnte uumlber die Evaluation der tatsaumlchlichen Kundenanforderungen durch die Uumlbersetzung der Voice of the Customer in Critical-to-Quality-Faktoren die Grouml-szlige des Zielbereiches ndash das Gruumln ndash veraumlndert werden Lean Management weist zusaumltzlich anschlussfaumlhige Ansaumltze auf um die relevanten Arten von Verschwendung aus Abb 22 in diesem Kontext zu vermeiden sodass der Golfspieler schneller an sein Ziel kommt So sollte der Golfspieler nicht unnoumltig fruumlh beim Wettbewerb erscheinen (Wartezeit redu-zieren) die richtigen Golfschlaumlger im Gepaumlck dabei haben um nicht wieder zuruumlck zum Hotel fahren zu muumlssen (unnoumltiger Transport) oder zwischendurch keine kraftraubenden Aufwaumlrmuumlbungen machen damit er die Konzentration beihaumllt (Bewegung ohne Mehr-wert) Ebenso wenig wertschoumlpfend ist es das Loch mehrfach zu treffen (Uumlberproduk-tion vermeiden) oder das theoretische Wissen z B bei Regelaumlnderungen nicht aktuell zu halten (intellektuelle Ressource nutzen) Deutlich wird dass sich Six Sigma und Lean Management in diesem Bild zu einem ganzheitlichen Ansatz ergaumlnzen wodurch die Spiel-staumlrke verbessert werden kann und womoumlglich die Erfolgswahrscheinlichkeit fuumlr einen Turniersieg steigt Doch zuruumlck zum Thema denn nicht nur der Golfer sondern auch Organisationen die Lean Sigma implementieren koumlnnen von erhoumlhter Wettbewerbsfaumlhig-keit profitieren

Auf der einen Seite steht mit Lean Management ein eher philosophischer Ansatz mit fernoumlstlichen Wurzeln zur Verschwendungsvermeidung Auf der anderen Seite steht mit Six Sigma ein quantitatives Konzept zur Qualitaumltsverbesserung Vor allen Dingen sind es

46 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

zwei der populaumlrsten Ansaumltze des Strategischen Managements und der Unternehmens-fuumlhrung der letzten Jahrzehnte Auf den Punkt gebracht Durch eine Synthese koumlnnen die Konzepte voneinander profitieren Durch Six Sigma wird die Qualitaumlt der Prozesse erhoumlht und durch Lean Management ihre Geschwindigkeit

232 Das methodische Grundgeruumlst

Lean Management und Six Sigma verfolgen unterschiedliche Ziele Lean Management zielt auf eine Erhoumlhung der Prozessgeschwindigkeit und eine Reduktion der Verschwen-dung ab wohingegen Six Sigma eine Verbesserung der Qualitaumlt von Produkten und Pro-zessen erreichen will ndash Stichwort bdquoNull-Fehler-Qualitaumltldquo

Eine wichtige Gemeinsamkeit der beiden Konzepte ist die Fokussierung auf den Kun-den Die Basis dafuumlr bildet bei Six Sigma die VoC-Analyse mit den abgeleiteten CtQs Der Lean-Management-Ansatz orientiert sich ebenfalls an den Kunden Jedoch ist eine exakte Erfassung der Kundenanforderungen wie bei Six Sigma nicht moumlglich Eine wei-tere Gemeinsamkeit ist die Projektorientierung wohingegen sich der Grad der Projekt-orientierung in den Konzepten unterscheidet Die Projekte bei Six Sigma werden auf Basis eines festgelegten Ablaufs (Standardisierung durch den DMAIC-Zyklus) durchgefuumlhrt Dagegen ist der Grad der Projektorientierung beim Lean Management geringer da die ein-zelnen Schritte nicht genau festgelegt werden Ferner decken sich die erlaumluterten Arbeits-prinzipien des Lean Managements in vielen Teilen mit der Philosophie hinter Six Sigma Auch Six-Sigma-Projekte werden stets in Teamarbeit durchgefuumlhrt und nur durch gute Zusammenarbeit aller Mitglieder der Projektteams und der Stakeholder koumlnnen gute Er-gebnisse erreicht werden

Ein wichtiger Unterschied der beiden Konzepte besteht in den Rollen der Mitarbeiter Im Six-Sigma-Ansatz gibt es eine Belt-Hierarchie und somit existieren klar definierte Rol-len mit definierten Aufgaben Dennoch arbeitet nur ein Teil der Mitarbeiter des Unterneh-mens die durch Trainingsmaszlignahmen ausgebildet werden in Six-Sigma-Projekten mit Dagegen existiert beim Lean Management keine so klare Organisation alle Mitarbeiter haben die Aufgabe die Verschwendung in den Prozessen im Unternehmen zu reduzie-ren Als weiterer Unterschied ist die exakte Analyse der Problemursachen die bei Six Sigma einen Schwerpunkt bildet zu nennen Somit lassen sich schwierige und komplexe Sachverhalte loumlsen wobei man auf viele Werkzeuge insbesondere statistische Auswer-tungstools zuruumlckgreifen kann Hingegen richtet sich das Lean Management staumlrker auf die Loumlsungsfindung aus Die Komplexitaumlt der Prozesse soll verringert werden Weitere Unterschiede sind die Projektgroumlszlige und der Durchfuumlhrungsaufwand denn diese sind bei Six-Sigma-Projekten deutlich houmlher als beim Lean Management Ein Six-Sigma-Projekt dauert drei bis sechs Monate und benoumltigt gut in der Methodik ausgebildete Mitarbeiter solides Know-how und viele Ressourcen

In vielen Bereichen gehen beide Ansaumltze also von den gleichen Grundvoraussetzungen aus wodurch sie fuumlr eine gemeinsame Anwendung praumldestiniert sind Die Vorteile der ge-

4723 Lean (Six) Sigma

meinsamen Anwendung liegen auf der Hand Six Sigma bietet eine faktenbasierte Basis eine klare Verteilung der Verantwortlichkeiten und damit ein optimiertes Projektmanage-ment und als Ziel die Qualitaumltsverbesserung sowie die Erfuumlllung der Kundenwuumlnsche Das Lean Management bringt eine in mehreren Jahrzehnten entwickelte philosophische Basis mit den Kernpunkten der Verschwendungsvermeidung der kontinuierlichen Verbesserung und der Kundenorientierung mit Abb 218 stellt diese Konstellation zusammenfassend dar

233 Rahmenbedingungen der Implementierung

Eine der wichtigsten Fragestellungen im Rahmen der Implementierung ist wie die Mit-arbeiter und das Management fuumlr die Umsetzung der Initiative begeistert werden koumlnnen Die Prozesse werden auf Verbesserungen uumlberpruumlft vielfaumlltige Arbeits- Bestell- Lager- und andere Ablaumlufe werden zum Teil grundlegend veraumlndert Dafuumlr sind aber einige Rah-menbedingungen notwendig Ebenso wie bei der Six-Sigma-Methodik muumlssen die Rollen in den Projekten verteilt und definiert werden In den folgenden Abschnitten werden diese Rahmenbedingungen genauer analysiert

Lean Management macht Prozesse schlanker kostenguumlnstiger und schneller

Six Sigma macht Prozesse stabiler vorausschaubarer und besser steuerbar

Beide Methoden beachten die Kundenwuumlnsche und deren Befriedigung

6σ6σ6σ6σ

6σKunden-anforderung

6σ Streuung (Six Sigma)

begrenzter Ansatz(Fokus vieler Six-Sigma -Projekte)

umfassenderLean-Sigma -Ansatz

Komplexitaumlt(Lean)

Abb 218 Das methodische Grundgeruumlst von Lean Sigma

48 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2331 Die VerantwortlichkeitenDie Rollenverteilung innerhalb einer Lean-Sigma-Initiative deckt sich mit der Six-Sigma-Rollenverteilung aus Abschn 2233 und Abb 217 Dabei ist zwischen den direkt an der Implementierung beteiligten Mitarbeitern den Mitgliedern der Projektteams und denen die durch die Veraumlnderungen indirekt betroffen sind zu unterscheiden Auch im Rahmen von Lean Sigma ist es fundamental wichtig dass die Master Black Belts oder Black Belts von ihren bdquonormalenldquo Linienfunktionen freigestellt sind und sich ausschlieszliglich mit dem bzw den Lean-Sigma-Projekt(en) beschaumlftigen Sie fungieren als Trainer und Ausbilder (Master Black Belt) bzw als Projektmanager (Black Belt) Der Green Belt ist wie im Rah-men einer Six-Sigma-Initiative nicht Vollzeit sondern zu 30 bis 40 seiner Arbeitszeit in die Lean-Sigma-Projekte eingebunden Als Yellow Belts werden die Teammitglieder und Mitarbeiter bezeichnet die nur eine Basisschulung in Lean Sigma erhalten Sie unter-stuumltzen die Projekte und nehmen kleinere Aufgaben in diesem Rahmen wahr So leisten sie mit ca 20 ihrer Arbeitszeit Unterstuumltzung in einem Lean-Sigma-Projekt u a bei den statistischen Auswertungen

Diese Rollenverteilung laumlsst sich in Zahlen ausdruumlcken Etwa 05 der Belegschaft muumlssen zu Master Black Belts 1 bis 2 zu Black Belts und jeweils 2 bis 5 zu Green und Yellow Belts geschult werden damit eine Lean-Sigma-Initiative uumlberhaupt Wirkung zeigen kann Der Rang der Mitarbeiter bestimmt sich aus den belegten Kursen und Schu-lungen und den erfolgreich abgeschlossenen Projekten

2332 Auswahl der VerantwortlichenAufgrund der vielfaumlltigen und unterschiedlichen Aufgaben der einzelnen Rollen muumlssen die Kandidaten verschiedene Faumlhigkeiten und Eigenschaften mitbringen Der Sponsor und der Champion sollten houmlhere Fuumlhrungskraumlfte sein moumlglichst Mitglieder des Vorstandes bzw der Geschaumlftsleitung Die Black und Green Belts sollen je nach Groumlszlige des Unterneh-mens Mitglieder der mittleren oder unteren Managementebene sein Von den Kandidaten fuumlr diese Rollen wird erwartet dass sie uumlber fundierte Erfahrungen im Projektmanagement verfuumlgen

Der zukuumlnftige Black Belt muss als Leiter der Lean-Sigma-Projekte seine Mitarbeiter fuumlr die Initiative begeistern und den Wandel zur Lean-Sigma-Organisation vorantreiben Dafuumlr benoumltigt er Faumlhigkeiten zur Kommunikation Fuumlhrung und Motivation der Mitarbei-ter Seine Faumlhigkeiten und Fertigkeiten sollten im Unternehmen anerkannt und geschaumltzt sein Er muss sowohl mit der Management- als auch mit der Mitarbeiterebene glaubwuumlr-dig kommunizieren koumlnnen er ist das Bindeglied zwischen dem Topmanagement und den jeweiligen Projektteammitgliedern Der Black Belt fungiert auch als eine Art bdquoAugenoumlff-nerldquo Die Mitarbeiter die z T sehr lange in ihren Abteilungen routiniert ihrer Arbeit nach-gehen haben haumlufig eine gewisse bdquoProzessblindheitldquo entwickelt d h sie erkennen die Schwachstellen in den Ablaumlufen nicht mehr Der Black-Belt-Kandidat muss ferner uumlber Fuumlhrungsfaumlhigkeit verfuumlgen aber andererseits auch ein hervorragender Teamplayer sein Da er auch als bdquoChange Agentldquo agieren muss sollte er uumlber ausgepraumlgte Soft Skills ver-fuumlgen Hier sind neben der Kommunikations- und Teamfaumlhigkeit beispielsweise Selbst-

4923 Lean (Six) Sigma

staumlndigkeit Enthusiasmus und Durchsetzungsstaumlrke zu nennen Es wird deutlich dass die Auswahl der richtigen Kandidaten fuumlr die Black-Belt-Rolle eine der wichtigsten Entschei-dungen im Rahmen einer Lean-Sigma-Initiative ist Bei General Electric beispielsweise wurden nur Mitarbeiter der bdquoA-Kategorieldquo als Black Belts ausgebildet7 zumeist sind diese die High Potentials des Unternehmens

2333 Die ProjektfortschrittskontrolleLean Sigma uumlbernimmt die Six-Sigma-Vorgehensweise und baut eine Initiative ebenfalls nach den Schritten Define (Was ist wichtig) Measure (Wie gut sind wir) Analyse (Was ist falsch) Improve (Was muss getan werden) und Control (Wie stellen wir die nach-haltige Verbesserung sicher) auf Durch diese Vorgehensweise wird ein Prozess in fuumlnf Schritten durchdrungen und optimiert Zwischen den einzelnen Phasen werden im Vorfeld Meilensteine bzw sogenannte Tollgates8 definiert welche erfuumlllt sein muumlssen bevor die naumlchste Phase gestartet wird In den Tollgates nach der jeweiligen Phase ist Folgendes zu uumlberpruumlfen

1 Defineminus Ein schriftlicher Projektauftrag umfasst eine Begruumlndung fuumlr das Projekt eine

(vorlaumlufige) Problemdarstellung Umfang Ziele Rollen Meilensteine Verantwor-tungsbereiche sowie eine Nutzenabschaumltzung (Net-Benefit-Estimation) die von der Finanzabteilung genehmigt wurde

minus Eine vollstaumlndige und uumlberpruumlfte Ist-Prozessaufnahme hat in Form von Prozess- und Wertstromdiagrammen stattgefunden

minus Die Kunden sind eindeutig definiert und ihre Anforderungen sind messbar beschrieben

minus Die die Qualitaumlt des ProduktesService beeinflussenden Faktoren sind bekannt (Kundenzufriedenheit Prozesseffizienz)

minus Best Practicepositive Nebeneffekte wurden gepruumlftminus Ein Projektplan beschreibt den Verlauf des Projektes durch alle Phasen und weist

die Tollgate-Meeting-Termine des Projektes auf2 Measure

minus Eine Einigung uumlber die wichtigsten Messgroumlszligen wurde erzieltminus Die Inhalte Art und Form der Datensammlung wurden gemeinsam festgelegt

7 In dem Konzern werden die Mitarbeiter jaumlhrlich in A- B- und C-Kategorien eingeteilt In Kate-gorie bdquoAldquo sind Mitarbeiter die gefoumlrdert werden sollen und denen eine Karriere im Unternehmen zugetraut wird In Kategorie bdquoBldquo werden Mitarbeiter eingestuft mit denen das Unternehmen weit-gehend zufrieden ist die aber nicht zu den absoluten High Potentials gehoumlren Kategorie bdquoCldquo um-fasst Mitarbeiter von denen sich das Unternehmen in der Zukunft wahrscheinlich trennen wird Aufgrund des Einflusses des Betriebsrates wurde diese Vorgehensweise bei GE in Deutschland nicht umgesetzt8 Prozesskontrollpunkte an denen die bisherigen Aufwendungen und Ergebnisse der Prozesse eines Projektes einem Soll-Ist-Vergleich unterzogen werden

50 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

minus Die Qualitaumlt der Datensammlung (Eindeutigkeit Genauigkeit und Kontinuitaumlt) ist sichergestellt

minus Die Ausgangsmessungen der Prozessfaumlhigkeit und des Sigma-Levels (Fehlerfrei-heit) des Prozesses wurden errechnet und als Sigma-Wert und DPMO-Messgroumlszlige praumlsentiert

minus Die Prozessvariation wurde mittels geeigneter Tabellen und Grafiken dargestellt und erklaumlrt

minus Das Team hat potenzielle Fehlerursachen identifiziert und priorisiert3 Analyse

minus Der Ist-Zustand des Prozesses ist detailliert aufgenommen und die Durchlaufzeiten sowie die Non-Value-Added- und Value-Added-Prozessschritte sind dokumentiert

minus Die Datenanalyse ermoumlglicht Kernaussagen zu Staumlrken und Schwaumlchen im Prozessminus Die Problemdarstellung wurde aufgrund der gesammelten Erkenntnisse uumlberpruumlft

und konkretisiertminus Eine Risikoanalyse wurde durchgefuumlhrt und damit die wichtigsten Fehlermoumlglich-

keiten des Prozesses und deren Konsequenzen identifiziert4 Improve

minus Kriterien zur Bewertung der Loumlsungsvorschlaumlge wurden definiertminus Mehrere alternative Loumlsungsvorschlaumlge wurden erarbeitetminus Eine Kosten-Nutzen-Bewertung fuumlr die vorgeschlagenen Loumlsungen wurde

durchfuumlhrtminus Die Loumlsungsvorschlaumlge wurden bewertet und die am besten geeigneten Loumlsungen

wurden zur Umsetzung ausgewaumlhltminus Der neue Soll-Prozess wurde grafisch dargestellt inkl Aumlnderungen zum Ist-Prozessminus Der Pilot zur Umsetzung der ausgewaumlhlten Loumlsung(en) wurde definiertminus Die Risiken bei der Implementierung wurden abgeschaumltzt (beurteilt) und beschriebenminus Fuumlr den Fall einer Abweichung vom neuen Standardprozess wurde ein klar formu-

lierter und nachvollziehbarer Notfallplan entwickeltminus Die Messgroumlszligen und ein Messplan fuumlr den neuen Prozess wurden definiert und im

Piloten angewendetminus Ein Implementierungsplan fuumlr die vollstaumlndige Umsetzung der Loumlsung wurde ent-

wickelt (ggf einschlieszliglich Planung des Projekt- und Veraumlnderungsmanagements)minus Die Loumlsung(en) wurde(n) in kleinem Umfang oder in einem Pilotprogramm

durchgefuumlhrtminus Die Prozessverbesserungen sind allgemeinverstaumlndlich an alle Beteiligten kommu-

niziert wordenminus Die zu erwartenden Einsparungen sind uumlberpruumlft und durch Champion und Control-

ling abgezeichnet5 Control

minus Der Nachweis dass die Verbesserungsziele erreicht sind liegt vorminus Die Nutzenkalkulation wurde uumlberarbeitetminus Geeignete Messsysteme und Prozesse sind vorhanden

5123 Lean (Six) Sigma

minus Uumlbergabe an Prozessverantwortlichen ndash Person ist einvernehmlich ernannt wordenminus Die Uumlberwachung des neuen Prozesses ist durch einen BB-Auditplan gewaumlhrleistet

sodass die Verbesserungen langfristig erhalten bleibenminus Den Mitarbeitern stehen alle erforderlichen Arbeitsanweisungen und Tools fuumlr die

taumlgliche Umsetzung des verbesserten Prozesses zur Verfuumlgungminus TrainingSchulung fuumlr den neuen Prozessablauf wie auch fuumlr Ruumlckfallvermeidung

ist abgeschlossen

2334 Die Messung der WirksamkeitInsbesondere das Lean Management wurde waumlhrend der ersten Lean-Welle oft als reines bdquoCost Cuttingldquo verwendet Die Begeisterung fuumlr die Methodik lieszlig schnell nach Erst in der zweiten Hochphase des Lean Managements Ende der 1990er-Jahre ruumlckte die Philoso-phie hinter dem Ansatz in den Fokus der Unternehmen Diese Philosophie bietet ein deut-lich weiteres strategisches Feld an Ergebnissen als das kurzfristige Cost Cutting Durch das Lean Management koumlnnen die Durchlaufzeiten in allen Prozessarten verringert die Lagerhaltung optimiert die Wartungszeiten der Anlagen und Maschinen verbessert und die Organisation auf die Vermeidung von Verschwendung eingeschworen werden

Die Messbarkeit der Ergebnisse aus Lean-Projekten stellt zunaumlchst ein Problem dar denn die Resultate koumlnnen vielfaumlltig sein Ob der italienische Flugzeughersteller Piag-gio Aerospace z B mit demselben Aufwand mehr Flugzeuge produziert oder Porsche die Qualitaumlt der Fahrzeuge deutlich verbessert ndash es ist wichtig dass die Unternehmen im Vorfeld der Implementierung klare Ziele definieren Durch den Einsatz von Meilenstein-systemen (vgl Abschn 3333) muumlssen diese in uumlberschaubare Schritte eingeteilt und kontrolliert werden Nur so kann die Erfolgsmessung sichergestellt werden Die Bestands-aufnahme und die Uumlberpruumlfung der Zielerreichung darf nicht von interner Unternehmens-politik beeinflusst werden Wichtig ist dass die Messungen objektiv und unvoreingenom-men durchgefuumlhrt werden In groszligen Unternehmen kann dies durch interne Beratungs- Revisions- oder Controlling-Finanzeinheiten geschehen In den kleinen und mittleren Unternehmen koumlnnen hier besonders zu Beginn der Initiative externe Helfer objektiver und unvoreingenommener agieren

Von der Six-Sigma-Einfuumlhrung erwarten sich die Unternehmen zunaumlchst eine Verbes-serung der Output-Qualitaumlt und eine Erhoumlhung der Kundenzufriedenheit US-amerikani-sche Autoren wie Peter Pande et al (2000 S 43) oder Harry und Schroeder (2000 S 78) nennen zusaumltzlich Prozess- und Performenceverbesserung als Ziele von Six Sigma Bei der Beantwortung der Frage welche Moumlglichkeiten der Erfolgsmessungen bei Six Sigma bestehen bietet besonders der DMAIC-Zyklus einen wichtigen Ansatzpunkt

In der ersten Phase muumlssen die Daten die innerhalb des Zyklus erhoben gemessen und verwendet werden sollen genauestens definiert werden Nach Ablauf des DMAIC-Zyklus werden die definierten Daten erneut erhoben und mit den vorherigen Werten verglichen Wichtig ist hierbei dass moumlglichst alle externen Einfluumlsse die nicht mit Six Sigma zu-sammenhaumlngen unveraumlndert bleiben damit diese das Ergebnis nicht verfaumllschen koumlnnen In einem Produktionsprozess laumlsst sich dies in der Regel recht einfach durchfuumlhren Im

52 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Fall der Dienstleistungserstellung ist es erheblich schwieriger die richtigen Parameter zu finden Hier koumlnnen jedoch die Durchlaufzeiten beispielsweise bei einer Kundenanfrage in einem Service-Center Orientierung bieten

Letztendlich kann der Erfolgsgrad einer Six-Sigma-Initiative auch an der Veraumlnderung des Sigma-Wertes ermittelt werden Dies bietet sich besonders in einfachen und stark stan-dardisierten Prozessen an In komplexen Prozessen ist die genaue Ermittlung der Fehler-moumlglichkeiten aumluszligerst schwierig und in der Folge nicht mehr wirtschaftlich

Die Erfolgsmessung ist nur wirksam wenn die Daten quantitativ und qualitativ aus-reichen Gerade in der effizienten und effektiven Datenerhebung liegt der entscheidende Vorteil der Six-Sigma-Methodik Die Prozessverbesserungszyklen der Methodik setzen eine fundierte Datenerhebung voraus Sind die Daten in einem Prozess nicht ausreichend ist es von groumlszligter Bedeutung dass dies im Projektverlauf durch die Black Belts erkannt und behoben wird Dies zeigt auch noch einmal die Wichtigkeit der fundierten Ausbildung aller Six-Sigma-Beteiligten

Anwenderunternehmen nennen als Ziele der Lean-Sigma-Implementierung hauptsaumlch-lich Kostenreduktion und Prozessverbesserung Zusaumltzliche Ziele sind eine Steigerung der Qualitaumlt eine Verbesserung des Unternehmenspotenzials eine Veraumlnderung der Unter-nehmenskultur Kosten- und Produktionsfuumlhrerschaft oder auch die informationsbasierte Entscheidungsfindung im Gegensatz zu Entscheidungen aus dem Bauch heraus

Im Vordergrund steht die kunden- und effizienzorientierte Analyse der Prozessleistung Dabei wird besonderes Augenmerk auf die kundenbezogenen Anforderungen gelegt Diese Kundenanforderungen stellen die Critcal-to-Quality-Faktoren fuumlr die Vermessung Analyse und Verbesserung der Prozesse dar Das Lean Management bringt den Ansatz der staumlndigen Verbesserung mit dem Fokus auf verringerte Durchlaufzeiten und Verschwen-dungsvermeidung ein

Die Erfolgsmessung einer Lean-Sigma-Initiative kann durch eine Kosten-Nutzen-Ana-lyse erfolgen Mit diesem Instrument wird uumlberpruumlft ob der Nutzen einer Aktion deren Kosten rechtfertigt Im Fall von Lean Sigma bedeutet dies dass die Kosten der Initiative beispielsweise fuumlr die Schulungen und die freigestellten Mitarbeiter den Ertraumlgen aus Lean Sigma gegenuumlbergestellt werden Wie werden diese Ertraumlge nun ermittelt

Die Unternehmen verwenden dafuumlr ndash aumlhnlich zu Six Sigma ndash zumeist einen Vorher-Nachher-Vergleich Dabei werden aus den Daten der Define-Phase diverse Parameter definiert um den Ist-Zustand eines Prozesses festzustellen Dies koumlnnen beispielsweise die Costs of poor Quality die Verschwendung innerhalb eines Produktionsprozesses die Kosten pro gefertigter Einheit das verwendete Material pro Einheit oder die Durchlauf-zeit sein

Der Erfolg eines Lean-Sigma-Projekts wird regelmaumlszligig in der bdquoSprache des Manage-mentsldquo d h in Geld gemessen (sogenannte Benefits) und von der Controlling-Finanz-abteilung bestaumltigt Was als Benefit zaumlhlt und was nicht und wie der Benefit genau zu berechnen ist wird gewoumlhnlich in den bdquoFinancial-Benefit-Richtlinienldquo unternehmensin-dividuell festgelegt

5323 Lean (Six) Sigma

In den meisten Faumlllen erfolgt die Berechnung des Benefits indem die Differenz der Prozesskosten (Personalkosten Materialkosten Raumkosten etc) vor dem Lean-Sigma-Projekt und nach dem Lean-Sigma-Projekt miteinander verglichen und uumlber zwoumllf Mona-te hochgerechnet werden (bdquoAnnualised Benefitldquo) Bei Cashflow-Effekten und zusaumltzlich generiertem Umsatz als Ergebnis von Lean-Sigma-Projekten werden zum Teil einmalige Effekte aber auch Effekte uumlber 36 bzw 60 Monate gerechnet (z B 60 Monate bei Marge aus zusaumltzlich generiertem Umsatz) Benefits gibt es in drei unterschiedlichen Haumlrtegra-den (HG bzw bdquoMaturity Gradeldquo)

bull bdquoHaumlrtegrad 3ldquo bedeutet dass der Champion und der BlackGreen Belt sich uumlber die Houmlhe des Benefits einig sind der durch die Umsetzung der beschlossenen Prozessver-besserungen erreicht werden soll Haumlrtegrade 3 werden daher meist in der Improve-Phase im Projekt definiert

bull bdquoHaumlrtegrad 4ldquo bedeutet dass die Prozessverbesserungen umgesetzt sind d h dass der neue Prozess den Piloten erfolgreich bestanden hat und implementiert ist Das ist zu-meist am Ende der Improve-Phase (bdquoImplementldquo) der Fall

bull bdquoHaumlrtegrad 5ldquo bedeutet dass die Benefits aus der Prozessverbesserung ergebniswirk-sam im Sinne der Gewinn- und Verlustrechnung implementiert wurden In der Praxis heiszligt das z B dass frei gewordene Flaumlchen wieder vermietet wurden uumlberzaumlhliges Material verkauft wurde bzw uumlberzaumlhliges Personal nicht mehr in dem neuen Prozess arbeitet

Der BlackGreen Belt und die Lean-Sigma-Teams sind ndash unterstuumltzt vom Champion und den betroffenen Linienmanagern ndash in der Lage Benefits als HG3 und HG4 zu realisieren

Fuumlr die Realisierung von Benefits des Haumlrtegrades 5 ist der bdquoProcess Ownerldquo bzw das betroffene Linienmanagement verantwortlich da es sich hierbei um eine Entscheidung der betroffenen Fuumlhrungskraumlfte in der Linienorganisation handelt die das Lean-Sigma-Projektteam nicht durchsetzen kann Benefits vom Haumlrtegrad 4 und 5 werden von der Finanz-Controllingabteilung uumlberpruumlft und bestaumltigt Process Owner und Champions be-staumltigen ebenfalls schriftlich Benefits mit bdquoHaumlrtegrad 5ldquo

Ein anderes moumlgliches Werkzeug zur Nutzenquantifizierung ist die Balanced Score-card In diesem Fall werden die Veraumlnderungen der fuumlr Lean Sigma relevanten Kennzah-len in der Balanced Scorecard ermittelt Daraus wird der Beitrag zum Unternehmenserfolg abgeleitet

Aumlhnliche Instrumente sind die sogenannten Key Performance Indicators Diese sind als kritische Erfolgsfaktoren definiert die durch Kennzahlen abgebildet werden Dabei wird eine zu erfuumlllende Aufgabe uumlber ihre Ziele definiert Durch vorher definierte Messzahlen wird der Grad der Zielerreichung in regelmaumlszligigen Abstaumlnden ermittelt Entscheidend ist dass den betreffenden Projektteams die Entscheidungskompetenzen uumlber die Parameter eingeraumlumt werden

Auf Basis der erhobenen Daten wird in Zusammenarbeit mit den Projektteams eine zu erreichende Performance festgelegt Die dafuumlr notwendigen Ressourcen werden definiert

54 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Nach Ablauf der Projekte werden die Erfolge am Grad der Zielerreichung ermittelt Eine solche Form der Erfolgsermittlung bietet sich insbesondere an wenn externe Projekt-teams beispielsweise Berater beteiligt sind

Beispiel Lean Sigma bei der Norddeutschen Retail Service AG

Ein deutsches Unternehmen welches in der Vergangenheit groszlige Erfolge dank Lean Sigma erzielen konnte ist die Norddeutsche Retail Service AG (NRS)

Das Unternehmen wurde 2005 als Gemeinschaftsprojekt der Sparkassen Bremen und Hamburg sowie des Sparkassen- und Giroverbandes fuumlr Schleswig Holstein (SGVSH) gegruumlndet 2010 hatte das Unternehmen an seinen Standorten rund 1350 Mitarbeiter und war fuumlr 16 Sparkassen taumltig zehn davon nutzten mindestens zwei Ge-schaumlftsbereiche des Unternehmens

Die NRS bietet Dienstleistungen fuumlr die Sparkassen aus den Bereichen Consul-ting Finanzen und Controlling Kreditservice Marktservice und Zahlungsverkehr an Abb 219 zeigt das Leistungsangebot der NRS

Consulting

Die NRS bietet Beratung und praktische Unterstuumltzung bei FI-Migrationen Parametrisierungensowie der Optimierung und Industrialisierung von Geschaumlftsprozessen sowohl durch eigene erfahrene Projektmanager als auch durch Coaching von Mitarbeitern der Mandanten

Finanzen und Controlling

Die NRS bietet umfassende Dienstleistungen vom Rechnungswesen uumlber Risiko-Controlling bis zur Gesamtbankanalyse Zusaumltzlich buumlndelt die NRS an den Standorten Bearbeitungskompetenz Prozesskompetenz und Umsetzungskompetenz

Kreditservice

Die NRS bearbeitet alle Backoffice-Ablaumlufe im Neu- und Bestandsgeschaumlft fuumlr Privat-und Firmenkredite Zusaumltzlich bietet die NRS Analysetaumltigkeiten wie sect18 KWG-Management und Dienstleistungen wie zB Darlehensbuchhaltung

Marktservice

Die NRS wickelt alle Vertraumlge rund um Konto und Kunde ab bearbeitet dasKarten- geschaumlft und kuumlmmert sich um Kundeninformationssysteme genau so wie um Daten-Qualitaumltsmanagement Zusaumltzlich bietet die NRS Leistungen wie Textservice einetelefonische Infoline und zentrale Stammdatenerfassung

Zahlungsverkehr

Die NRS wickelt fuumlr die Mandanten den kompletten beleghaften Zahlungsverkehr abDaruumlber hinaus uumlbernimmt die NRS Recherche- und Korrekturfunktionen Im Electronic Banking verarbeitet die NRS Datentraumlger in allen gaumlngigen Formaten und leistet fuumlr die Firmenkunden der Sparkassen den kompletten Hotline-Service

Abb 219 Das Leistungsangebot der NRS AG (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 141)

5523 Lean (Six) Sigma

Das Unternehmen hat sich bdquoProduktivitaumltldquo und bdquoQualitaumltldquo als Kernziele auf die Fah-nen geschrieben Dafuumlr wurde 2007 das Programm bdquoOperative Exzellenzldquo (OPEX) ge-startet Im Rahmen des OPEX-Programms sollte Lean Sigma bei der NRS implemen-tiert werden Die Implementierung wurde durch ein Beratungsunternehmen begleitet Durch die klaren Handlungsanweisungen der Lean-Sigma-Methodik versprach sich die NRS messbare monetaumlre Erfolge eine erweiterte Loumlsungskompetenz Nachhaltigkeit und eine Veraumlnderung der Unternehmenskultur hin zu einer bdquopermanenten Verbesse-rung in einem selbstlernenden Systemldquo (Kodlin und Dose 2009 S 23) Abb 220 zeigt die damalige Projektstruktur im Vergleich mit der durch die OPEX-Implementierung gewuumlnschten Projektstruktur

Herkoumlmmliche Projekte OPEX-Projekte

keine Ausbildung von Projektmitarbeitern

keine Ausbildung von Projektleitern im Fachbereich

Ausbildung von Projektmitarbeitern(Yellow Belt)

Ausbildung von Projektleiternim Fachbereich (Green Belt)

Ausbildung von verantwortlichen Fuumlhrungskraumlften idR Abteilungsleitern (Yellow Belt)

keine aktive Begleitung der Projekte (auszliger Gremien)

Projektbegleitung durch parallele Aus-bildung (1 Projekt) und professionelles Coaching (externe Consultantsinterne Projektmanager)

Die betroffene Fuumlhrungskraft ist fuumlr das Projekt verantwortlich und nimmt eine aktive Rolle wahr

Projekte haben eine lange Laufzeit (Monate bis Jahre) und erfordern einen hohen Aufwand Damit sind hohe Risiken verbunden und es werden oft viele Mitarbeiter zT in Vollzeit benoumltigt (haumlufig Versetzung in das Projekt )

Kleine (max 40 PT Aufwand) und schnelle Projekte (90 Tage) haben nur sehr geringe Risiken und benoumltigen die Mitarbeiter nur bdquokurzldquo Die Projekte koumlnnen im Rahmen der taumlglichen Arbeit durchgefuumlhrt werden

Methodik Vorgehen den Projektmitarbeitern nicht transparent

Expertise wird uumlber Workshops Interviews oder aumlhnliches bdquoabgefragtldquo der Ergebnisbezug bleibt offen

Das Projekt ist fuumlr jeden Mitarbeiter uumlberschaubar

Engagement und Wissen fuumlhren unmittelbar zu eigenen mitgestalteten Ergebnissen

Abb 220 Ist- vs Soll-Zustand der Projektstruktur (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 142)

56 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Lean Sigma sollte bei der NRS eng mit den bestehenden Organisationsstrukturen verzahnt werden Es sollte durch die Implementierung keine parallele Projektstruktur entstehen Dafuumlr wurde Lean Sigma geschaumlftsbereichsuumlbergreifend organisiert sodass die Process Owner direkt an den Projekten beteiligt wurden was daruumlber hinaus zu einer hohen Akzeptanz und Motivation der Teammitglieder fuumlhrte und die Kommuni-kation im Unternehmen signifikant verbesserte (vgl Abb 221)

Lean Sigma wurde bei der NRS in vier Phasen uumlber zwei Jahre implementiert Abb 222 zeigt den Verlauf und die Inhalte der einzelnen Phasen (Dahm und Haindl 2011 S 139 f)

Die vier Phasen sahen im Einzelnen wie folgt aus1 Phase (Testphase) Die Trainingsmaszlignahmen fuumlr die Yellow Belts wurden gestar-

tet In den Geschaumlftsbereichen Marktservice Kreditservice Finanzen und Control-ling wurden jeweils zwei Projekte durchgefuumlhrt Ziel dieser Vorgehensweise war es herauszufinden welche Prozesse des Unternehmens wie und auf welche Weise mithilfe von Lean Sigma verbessert werden koumlnnen Auszligerdem sollten die bestmoumlg-lichen Lean-Sigma-Tools ausgewaumlhlt werden

2 Phase (Roll-out-Phase) Ab dem zweiten Halbjahr 2007 wurden weitere Mitarbei-ter zu Green Belts ausgebildet dadurch konnten 18 Projekte parallel in den verschie-denen Geschaumlftsbereichen durchgefuumlhrt werden Der Breakndasheven-Point der Projekte wurde im Durchschnitt bereits nach einem Jahr erreicht

Kernteam(MA UE UB)

Green Belt

Yellow Belts

Champion(AL)

FK = Fuumlhrungskraumlfte

AL = Abteilungsleiter

MA UE = MitarbeiterUnternehmensentwicklung

UB = Unternehmensberatung

Sponsor(Vorstandsmitglied)

Projektdurchfuumlhrung

Dauer ca 3 Monate

max 5 Mitarbeiter (Spezialisten) mit Arbeitszeitanteilen von weniger als 10

Steuerungskreis(FK + Sponsor)

Abb 221 Die Projektstruktur von OPEX bei der NRS AG (Quelle Kodlin und Dose 2009 S 156)

5723 Lean (Six) Sigma

3 Phase (Stabilisierungsphase) Mit dem Beginn des Jahres 2008 wurden weitere 20 Projekte gestartet wobei die Begleitung durch die externen Berater deutlich zuruumlck-gefahren werden konnte da die Mitarbeiter der NRS mittlerweile einen ausreichend hohen Kenntnisstand erreicht hatten

4 Phase (Abschluss der Ausbildung) Die letzten Green Belts wurden im Rahmen der Lean-Sigma-Implementierung bis Ende 2008 ausgebildet Dadurch war es moumlg-lich 32 Projekte parallel durchzufuumlhren (Vgl Kodlin und Dose 2009 S 157 ff)

Abbildung 223 zeigt einige beispielhafte Projekte aus der Lean-Sigma-Implementie-rungsphase bei der NRS

Bis 2010 wurden insgesamt 308 Yellow 47 Green zwei Black Belts und 17 Cham-pions ausgebildet Von 2007 bis 2010 wurden 176 Projekte mit einem durchschnitt-lichen Aufwand-Nutzen-Verhaumlltnis von 13 durchgefuumlhrt

Nach Abschluss der Implementierung konnte nach zweieinhalb Jahren bei der NRS unterstuumltzt durch OPEX eine Produktivitaumltssteigerung von 23 erreicht werden

Zur Weiterentwicklung des Programms wurden bereits 2009 und 2010 Ausbaustu-fen aufgesetzt die den Radius der Vorhaben erweitern und die Vernetzung mit strategi-schen Entwicklungen im Unternehmen sicherstellen

So wurde beispielsweise der Fokus der Projekte erweitert auf geschaumlftsbereichs-uumlbergreifende Prozesse (z B den Rechnungsstellungsprozess) auf Neuprozessent-wicklungen (z B Produkt Pfaumlndungsbearbeitung) und auf gemeinsame Projekte mit Mandanten (z B Optimierung des Kontoeroumlffnungsprozesses)

Management-Work-shop Initialisierung

Projekte I (Ausbildung)Training Green Belt I

Entscheidung Roll-outBewertung

Projekte II (Ausbildung)Training Green Belt IITraining Yellow Belt

Projekte III (Ausbildung)Training Green Belt III

Projekte (Optimierung)

EntscheidungDurchfuumlhrung

Testphase Roll-out Stabilisierung Abschluss

Jan

07Fe

b 07

Mrz

07

Apr

07

Mai

07

Jun

07Ju

l 07

Aug

07

Sep

07

Okt

07

Nov

07

Dez

07

Jan

08Fe

b 08

Mrz

08

Apr

08

Mai

08

Jun

08Ju

l 08

Aug

08

Sep

08

Okt

08

Nov

08

Dez

08

Jan

09

Abb 222 Ablauf der Lean-Sigma-Implementierung

58 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Fuumlr die Zukunft ist eine Erweiterung und enge Vernetzung des OPEX-Portfolios mit dem Gesamtprojektmanagement in der NRS geplant Die Instrumente werden auszliger-dem zum Ausbau eines professionellen Geschaumlftsprozessmanagements in der NRS ge-nutzt Das durch die Lean-Sigma-Ausbildungen erreichte hohe Qualifizierungsniveau soll durch gezielte Aufbauqualifizierungen im Bereich Prozess- und Projektmanage-ment weiter ausgebaut werden

234 Der Werkzeugkasten von Lean Sigma

Bei der Umsetzung von Lean Sigma kann auf ein Repertoire von rund 150 Tools zuruumlck-gegriffen werden Dabei handelt es sich nicht um eine bdquoBedienungsanleitungldquo fuumlr Lean Sigma denn die Auswahl der Werkzeuge ist immer hinsichtlich der notwendigen Prozess-verbesserung zu treffen welche sich stark unterscheiden kann An dieser Stelle soll in erster Linie auf die aus dem DMAIC-Zyklus bekanntesten und gebraumluchlichsten Werkzeu-ge naumlher eingegangen werden Eine vollstaumlndige Erlaumluterung aller Werkzeuge wuumlrde den

bdquoOptimierung der QualitaumltssicherungldquoBereich Analyse

bdquoEinsatz standardisierterMustertexteldquo

bdquoAuftragserteilung von Kundenldquo

Fokus Analyse der wirtschaftlichen Verhaumlltnisse

Loumlsung Fokussierung Qualitaumltssicherung automatisierte Excel-Datei

Erfolg 111000 Minuten Bearbeitungszeit

Produktivitaumlt

Fokus Erstellung von Schriftwechsel Loumlsung Arbeitshilfe fuumlr Transparenz uumlber

Inhalte Aufbau und Sortierung Erfolg Erhoumlhung des Einsatzes

standardisierter Musterbriefevon 20 auf 64 aller Schreiben

Fokus Sammlung und Koordinationvon Auftraumlgen Erstellung von Kundenreports

Loumlsung Kundenmanagement-Datenbankund Prozesse

Erfolg Konzentration von Aufgaben und Uumlbernahme neuer Kundenreports(Gegenwert ca 292320 Minuten)

Qualitaumlt

Neuentwicklung

Abb 223 Beispielprojekte bei der NRS (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 145)

5923 Lean (Six) Sigma

Rahmen dieses Abschnitts sprengen ndash die dezidierte Feinmechanik des Lean-Sigma-Werk-zeugkastens soll nicht im Fokus dieses Buches stehen9 Eine Uumlbersicht bietet Abb 224

2341 Define23411 Projektsteckbrief Ein Beispiel fuumlr einen Projektsteckbrief ist in Abb 225 zu sehen

bull Was ist der Zweck Der Projektsteckbrief dokumentiert die Ausgangslage eines Projektes Dieses Six-Sig-

ma-Werkzeug beinhaltet die knappe und eindeutige Darstellung des Problems der Pro-

9 Fuumlr eine detaillierte Darstellung der Werkzeuge empfehlen wir Lunau et al (2013) und Rehbehn und Yurdakul (2003)

Ausgewaumlhlte Werkzeuge und Aktivitaumlten

Projektsteck-brief

BaumdiagrammVon VOC

zu CTQProzess-

definition -abgrenzung (SIPOC)

Stakeholder-Analyse

Prozess-diagramm

Prozessanalyse (Begehung Flussdiagramm)

Wertstrom-analyse (ValueStream Map)

Fischgraumlten-Diagramm

Daten-sammlungsplan

Ermitteln der Prozessfaumlhigkeit

Basisstatistik

5 S 8 Arten der

VerschwendungWertschoumlpfungs-

analysePareto-AnalyseHypothesentestsKorrelation

RegressionFMEAANOVARACI

Poka YokeKreativitaumltstoolsProzessdesignKosten-Nutzen

AnalyseTRIZDOEZeit-

Ressourcen-Planung

GANTRuumlstzeit-

reduzierung

Projektdoku-mentation-abschluss

Ermitteln der Prozessfaumlhigkeit (neuer Prozess)

Uumlbergabe anden Prozess-verantwortlichen

Audits

Unterstuumltzung projektbegleitende Werkzeuge

6-3-5 Methode Anti-Loumlsungs-

Brainstorming bdquoDie perfekte Weltldquo

Fahrstuhlrede Stimmungsbarometer Kommunikationsplan

Besprechungsprotokoll Status Report Projektruumlckblick

Define

Was istwichtig

Measure

Wie gutsind wir

Analyze

Was ist falsch

Improve

Was muss getan werden

Control

Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher

Abb 224 Ein Auszug des Werkzeugkastens von Lean Sigma

60 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

jektzielsetzung und des Projektumfangs Dabei ist es wichtig sich auf einen spezifisch zu optimierenden Prozess zu konzentrieren und die wesentlichen Projektbeteiligen schriftlich zu fixieren

bull Wann setzt man ihn ein Der Projektsteckbrief wird waumlhrend der Identifizierungs- und Definitionsphase des

Projektes durch den Auftraggeber (Champion) und den Projektleiter (Black Belt) er-stellt und im Projekt-Kick-off dem Team vorgestellt Er enthaumllt alle fuumlr die Vergabe eines Projektauftrags notwendigen Informationen Diese Informationen sind durch eine ausreichende Anzahl an Hintergrundgespraumlchen mit direkt und indirekt beteiligten Per-sonen des Projektes zu generieren Anpassungen des Projektsteckbriefs sind nur mit Zustimmung des Auftraggebers moumlglich

bull Wie funktioniert es Der Auftraggeber vereinbart einen Termin mit dem designierten Projektleiter und fuumlllt

mit ihm den Projektsteckbrief aus Fehlende Informationen werden vom Projektleiter beschafft und ergaumlnzt Wenn die Elemente des Steckbriefs (Problemstellung Meilen-steine Projektziel -team -fokus und -potenzial) beim Kick-off praumlsentiert werden ist

Projekt

Problem Art desProjektes

Ziel

Proj ChamSponsor

Projektleiter(BBGB)

MBBCoach

Wer ist AuftraggeberCoach Projektleiter Prozess-verantwortlicher

Was sind die Verbesserungsziele

Wo ist der bdquoSchmerzldquo Was laumluft falsch

Kostenreduzierung

Umsatz Generierung

Kundenzufriedenheit

Sonstiges

BusinessCase

Annahmen

Potential keuro

Neben-effekte

Warum sollten wir das Projekt machen

Einfluss des Projektes auf die strategischen Ziele

Irgendwelche Nebeneffekte

Moumlgliche Einsparungen

ProcessOwner lt Unterschrift gt

Finance lt Unterschrift gt

Abb 225 Vorlage fuumlr einen Projektsteckbrief

6123 Lean (Six) Sigma

das Feedback der Beteiligten aufzugreifen ndash moumlglicherweise sind notwendige Anpas-sungen vorzunehmen

Die Problemstellung geht auf den Status quo ein und hebt die Ursache und die Wichtig-keit des Projektes hervor Das Projektziel ist SMART (spezifisch messbar abgestimmt realistisch und terminiert) zu formulieren Es ist keine Ursachenforschung zu betreiben sondern der Ist- und Soll-Zustand soll festgehalten werden Die Meilensteine definie-ren den Beginn und die Dauer des Projektes Das Projektteam haumllt die involvierten Personen und den geschaumltzten Ressourcenbedarf fest Der Projektfokus definiert den Umfang des Projektes ndash wird das Augenmerk beispielsweise auf Qualitaumltsverbesserung oder Kundenzufriedenheit gelegt Das Potenzial schaumltzt neben der Baseline (Messba-sis) den monetaumlren Projektnutzen ab

bull Worauf muss man achten Im Rahmen der Problemstellung und des Projektziels sind besonders das ursaumlchliche

Problem die Zielsetzung und damit der Handlungsbedarf konkret und deutlich zu for-mulieren Der Projektsteckbrief sollte vom Sponsor unterschrieben und fuumlr alle sichtbar im Unternehmen ausgehaumlngt werden

23412 SIPOC bull Was ist der Zweck Dieses Instrument stammt aus dem methodischen Repertoire von Six Sigma kann aber

auch im Lean-Kontext zum Einsatz kommen SIPOC ist das Akronym fuumlr Supplier Input Process Output Customer und dient der standardisierten Darstellung eines Pro-zesses um Schwachstellen zu erkennen Es geht um einen schnellen uumlbergeordneten Uumlberblick (High Level) aller wesentlichen Elemente des zu untersuchenden Prozesses ohne tiefergehende Details herauszuarbeiten

bull Wannsetztmanesein SIPOC dient zur Identifizierung der fuumlr das Projekt wesentlichen Prozessschritte in

der Define-Phase ndash im Idealfall im ersten Projektmeeting Es wird fruumlhzeitig angewen-det damit alle Beteiligten durch die visualisierte Momentaufnahme ein einheitliches Verstaumlndnis des zu verbessernden Prozesses erhalten Dabei wird die Komplexitaumlt des Prozesses zunaumlchst stark reduziert und als bdquoBlack Boxldquo betrachtet

bull Wiefunktioniertes Im ersten Schritt werden der Start- und Endpunkt des Prozesses festgelegt ndash im verein-

fachten Beispiel illustriert Abb 226 den Prozess wie eine Mutter sich beim Rest der Familie nach deren Weihnachtswuumlnschen erkundigt um sie in der Stadt zu besorgen Im zweiten Schritt wird der Prozess (S-I-Process-O-C) mit fuumlnf bis sieben Schritten grob definiert Dabei wird der einzelne Prozessschritt durch einen kurzen Satz ndash be-stehend aus Substantiv und Verb ndash festgehalten (z B bdquoWuumlnsche aufschreibenldquo) Im dritten Schritt werden das was in den Prozess eingeht (S-Input-P-O-C) derjenige der diesen Input liefert (Supplier-I-P-O-C) das Ergebnis des Prozesses (S-I-P-Output-C) und derjenige der das Ergebnis erhaumllt (S-I-P-O-Customer) definiert

62 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

bull Was ist zu beachten Es gilt nicht mehr als die sieben Prozessschritte abzubilden ndash es handelt sich um eine

High-Level-Prozessdarstellung Wichtig ist auch dass mit der Dokumentation der Pro-zessschritte begonnen werden sollte Haumlufig gibt es mehr Customer als zunaumlchst an-genommen (Behoumlrden Management Betriebsrat etc) und Supplier sind haumlufig auch Customer und umgekehrt Input und Output sind uumlbersichtshalber nicht fuumlr jeden ein-zelnen Prozessschritt zu erfassen

23413 VoC in CtQ umwandeln Eine Uumlbersicht uumlber das Vorgehen bei einer Umwandlung der VoC in CtQ zeigt Abb 227

bull WasistderZweck Dieses Six-Sigma-Werkzeug hebt wie zuvor in Abschn 223 beschrieben die Kun-

denorientierung hervor Auch qualitativ perfekte Waren finden nur dann Absatz wenn der Kunde sie nachfragt Um die kritischen Kriterien fuumlr den Kunden (CtQ) zu ermit-teln wird die Stimme des Kunden (VoC) erhoben Das Ergebnis zeigt schlieszliglich die Eigenschaften eines Produktes auf durch die die Kaufentscheidung maszliggeblich beein-flusst wird Wenn eine Airline Kosten reduzieren will darf nicht an der Sicherheit je-doch am Schokoladentaumlfelchen beim Aussteigen gespart werden Ein Six-Sigma-Profi wuumlrde solche Werbegeschenke konsequent streichen da sie nicht maszliggeblich die Kauf-entscheidung beeinflussen

Supplier

Vater und Kind

Input

Weihnachts-wuumlnsche

Process Output

Ankunft zu Hause

Customer

Mutter

Wuumlnsche aufschreiben

in die Stadt fahren

Geschenke auswaumlhlen

Geschenke bezahlen

nach Hause fahren

(Substantiv benutzen) (Verb benutzen) (Substantiv benutzen)

START

ENDE

S I P O C

Abb 226 Exemplarischer SIPOC

6323 Lean (Six) Sigma

bull Wannsetztmanesein Die Ausrichtung auf den Kunden ist der wichtigste Parameter bei einer Lean-Sigma-

Implementierung Deswegen werden die Kundenaussagen und die daraus abgeleiteten CtQs fruumlhzeitig in der Define-Phase erhoben Damit bilden sie die inhaltliche Grund-lage fuumlr die anschlieszligende Projektdefinition

bull Wiefunktioniertes Nachdem die Kunden im ersten Schritt definiert sind gilt es im zweiten Schritt das

ausschlaggebende Kundensegment ndash die Schluumlsselkunden ndash festzulegen Von diesen werden aus unterschiedlichen Quellen die Kundenaussagen gesammelt (VoC bdquoIch wuumlnsche mir einen proaktiveren Serviceldquo) Fuumlr diese Datensammlung als dritten Schritt gibt es auf der einen Seite die indirekte Erhebung (Anzahl von Gewaumlhrleistungsan-spruumlchen Kundenbeschwerden Kundenbetreuungsanrufe oder Verkaufsberichte) und

Tatsaumlchliche Kundenaussagen und -kommentare die ihren Eindruck von Folgendem widerspiegeln Eine Eigenschaft eines

Produkts oder Services Eine Erfahrung mit einem

Produkt einem Serviceoder seiner Lieferung

Eine Begegnung oder Erfahrung mit einem Geschaumlftsprozess oder Geschaumlftsvertreter

Die wahren Sorgen Werte und Erwartungen des Kunden hinsichtlich eines Produktes oder Services Frei von Gefuumlhlen oder Verzerrungen beschreibt die Aussage das primaumlre Anliegen das ein Kunde hat oder die Erwartungen rund um die Eigenschaften des Produktes oder Services

Die spezifische praumlzise und messbare Erwartung die ein Kunde hinsichtlich eines Produkts oder Services hat

Kundenmeinung (VoC) Hauptanliegendes Kunden Qualitaumltskritisch

Nehmen Sie die unmittelbaren VoC-Daten die Sie haben hellip

hellip schreiben Sie diese in einer Weise auf aus der hervorgeht bdquowas sie wirklich wollenldquo hellip

hellip definieren Sie was dies in messbaren Werten bedeutet

bdquoDieser Maumlher springtnur sehr schwer anldquo

bdquoMoumlchte dass der Rasenmaumlher schnell und problemlos anspringtldquo

Der Maumlher startet nach spaumltestens zweimaligem Ziehen der Leine

Der Maumlher startet mit leichtgaumlngigem Heraus-ziehen der Leine nichtlaumlnger als etwa 60 cm

Beispiele

Abb 227 Vorgehen zur Umwandlung der VoC in CtQ

64 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

die direkte Erhebung (Interviews Kundenbefragungen Marktanalysen) Der direkte Ansatz ist erfahrungsgemaumlszlig effektiver Dies ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass weniger Interpretationsbedarf besteht weil die Konstellation einer direkten Interaktion tiefer-gehende Erkenntnisse fuumlr den Rechercheur ermoumlglicht Der Befragte neigt zusaumltzlich dazu offener zu antworten da er und seine Meinung Beachtung erfahren Die VoCs sind haumlufig emotionale generalisierende oder vage Aussagen Die CtQs sind dagegen im vierten Schritt die bestimmbare und messbare Uumlbersetzung der Kundenaussagen Die resultierende CtQs (Kunde wuumlnscht regelmaumlszligig vom Service angerufen zu wer-den) sind nachdem sie mit dem Kunden im fuumlnften Schritt abgestimmt worden sind als spezifische Anforderung die gemessen und gemanagt werden kann zu formulieren (Service ruft den Kunden viermal im Jahr an)

bull Wasistzubeachten Nicht alle CtQs sind auf die gleiche Art und Weise entstanden Einige sind wichti-

ger als andere Verwenden Sie ein Bezugssystem um die entsprechenden Faktoren zu priorisieren und auszuwaumlhlen Dabei kann das KANO-Modell beim Verstaumlndnis der unterschiedlichen Arten von Kundenbeduumlrfnissen hilfreich sein10 Wichtig zu verstehen ist dass CtQs keine Loumlsungen enthalten sondern wichtige Output-Messpunkte fuumlr die Analyse sind Pro Projekt reichen haumlufig ein bis drei CtQs aus

23414 Stakeholder-Analyse bull WasistderZweck Eine Operational-Excellence-Initiative beeinflusst alle Bereiche eines Unternehmens

Dementsprechend sind auch saumlmtliche Stakeholder eines Projektes direkt oder indirekt betroffen ndash seien es die Mitarbeiter die Eigentuumlmer die Lieferanten die Oumlffentlichkeit die Kooperationspartner oder die Behoumlrden Die Beziehung zu diesen Gruppen und ihr Verhalten sind ein entscheidender Faktor fuumlr den Erfolg oder Misserfolg von Lean Management Six Sigma oder Lean Sigma Die Stakeholder-Analyse bildet die Basis fuumlr das spaumltere Stakeholder-Management und die Kommunikationsplanung Ziel ist es Unterstuumltzung fuumlr das Erreichen der Projektziele zu generieren Je explosiver der politi-sche Sprengstoff in einem Projekt ist desto wichtiger wird es Widerstaumlnde rechtzeitig zu identifizieren und aufzugreifen um ihnen entgegenzuwirken

bull Wannsetztmansieein Die Analyse der Anspruchsgruppen spielt besonders zu Beginn eines Projektes in der

Define-Phase eine bedeutende Rolle Letztendlich wird dieses Werkzeug fortlaufend angewendet Das Auftreten von Widerstand laumlsst sich nicht terminieren ndash so gilt es zu jeder Zeit die Stimmung im Unternehmen und im Projektteam aufmerksam zu ver-folgen So wandelt sich die Stakeholder-Analyse im Verlauf zum kontinuierlichen Ma-

10 Das KANO-Modell thematisiert drei Arten von Kundenanforderungen 1 Grundanforderungen (sogenannte Dissatisfiers) 2 primaumlre Zufriedenheitsfaktoren (sogenannte Satisfiers) 3 erfreuende Faktoren (sogenannte Delighters)

6523 Lean (Six) Sigma

nagement der Anspruchsgruppen und bietet wichtige Erkenntnisse fuumlr die Kommunika-tionsplanung

bull Wiefunktioniertsie Im ersten Schritt gilt es saumlmtliche Stakeholder zu identifizieren und in sinnvolle Grup-

pen anzuordnen Im zweiten Schritt sind diese im Hinblick auf die Einstellung den Einfluss und den

Problemloumlsungsbeitrag zu analysieren und mittels einer dreistufigen Skala festzuhal-ten (hoch mittel niedrig) Wie stark sind die Bedenken des jeweiligen Stakeholders gegenuumlber dem Projekt zu bewerten Handelt es sich um einen bdquoKeyStakeholderldquo11 Wie wird die Einstellung oder Reaktion desjenigen eingeschaumltzt Wie groszlig ist die Aus-wirkung auf die Erfolgswahrscheinlichkeit des Projektes Wie notwendig ist die Unter-stuumltzung des Stakeholders Es ist empfehlenswert moumlgliche Schnittstellen zwischen den Stakeholder-Gruppen herzustellen Wer beeinflusst wen

Im dritten Schritt werden die gewonnenen Erkenntnisse in der Stakeholder-Matrix grafisch festgehalten und Konsequenzen fuumlr das Stakeholder-Management und Maszlig-nahmen fuumlr das Risikomanagement abgeleitet

Die folgenden Kriterien bieten eine Hilfestellung bei der Bewertung der Einstellung1 Hoch

minus Die Person nimmt sich Zeit fuumlr das Projekt und nimmt aktiv teilminus erfuumlllt ihre Aufgaben und haumllt sich an vereinbarte Deadlinesminus spricht enthusiastisch uumlber das Projekt und seine Mitgliederminus begegnet dem Projektinitiatoren freundlich und hilfsbereit

2 Mittelminus Die Person nimmt sich nur wenig Zeit fuumlr Projekttermineminus erfuumlllt zwar ihre Aufgaben aber nur unvollstaumlndig und verspaumltetminus ist nicht uumlberzeugt von den Zielen des Projektes aber laumlsst keine klare negative Haltung er-

kennen3 Niedrig

minus Die Person verweigert ihren inhaltlichen und zeitlichen Beitrag fuumlr das Projektminus zweifelt das Projekt und das Team oumlffentlich an undminus erfuumlllt ihre Aufgaben nicht

bull Wasistzubeachten Fuumlr die Initiatoren der Projekte ist es wichtig eindeutig zu wissen wie die Anspruumlche

und Erwartungen der Stakeholder erfuumlllt werden koumlnnen Insbesondere dann wenn ge-wisse Erwartungen auf absehbare Zeit enttaumluscht werden spielt die Kommunikation eine exponierte Rolle um Verstaumlndnis und Vertrauen zu entwickeln und Widerstaumlnde abzubauen (vgl Abb 228 229)

11 Ein prominentes Mitglied der Eigentuumlmerfamilie ein beliebter Mitarbeiter oder beispielsweise ein Manager mit besonderer hierarchischer Machtfuumllle KeyStakeholder koumlnnen das Projekt zum Scheitern bringen

66 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Identifizierung der wichtigsten Stake-holder amp betroffenen Gruppen

Klassifizierung der Stakeholder

Festlegung des Beziehungs-managements pro Gruppe

In welchen Bereichen wird mein Projekt zu einer Veraumln-derung fuumlhren

Wer hat Interesse an dem Projekt

Wer kann mein Projekt beein-flussen oder stoppen

Wie stelle ich sicher dass die Kommunikations-Strategie gelebt wird

Wie messe ich fortlaufend die Einstellung des Stakeholders zum Projekt

Kernfragen

Durchfuumlhrung amp Management der Interaktion amp Kommunikation

Was fuumlr ein Beziehungs-management ist erforderlich

Abb 228 Vorgehen bei der Stakeholder-Analyse

Senior Management

Enthusiasten Anhaumlnger Opponenten

Hoch

Medium

NiedrigAU

SWIR

KU

NG

DER

VER

AumlN

DER

UN

GEN

AU

F D

IE S

TAK

EHO

LDER

Betriebsrat

Mittleres Management

HR-Abteilung

REAKTION AUF VERAumlNDERUNGEN

1

1

2

3

1 Hoch

2 Medium

3 Niedrig

Einfluss auf Veraumlnderungen

undoder anderes

Abb 229 Stakeholder-Matrix als Teilergebnis der Stakeholder-Analyse

6723 Lean (Six) Sigma

2342 Measure23421 Wertstromdiagramm Ein Beispiel fuumlr ein Wertstromdiagramm kann Abb 230 entnommen werden

bull WasistderZweck Das aus dem Lean-Konzept bekannte Wertstromdiagramm liefert eine Modellierung

der Material- und Informationsfluumlsse eines Produktes In dieser Perspektive wird der Prozess bdquoend-to-endldquo betrachtet Dabei werden Ineffizienzen nichtwertschoumlpfende Prozesse und deren Ursachen identifiziert Durch die Erstellung eines verbesserten Wertstroms werden Durchlaufzeiten und Liegezeiten reduziert ndash letztlich wird die Wettbewerbsfaumlhigkeit gesteigert

bull Wannsetztmanesein Der High-Level-Ansatz durch den SIPOC aus der Define-Phase wird nun durch einen

umfassenden Prozessuumlberblick in der Measure-Phase konkretisiert und bildet die Grundlage fuumlr die Implementierung von neuen Produktionssystemen Der Prozessfluss wird visualisiert und ist eine wichtige Vorbereitung fuumlr die Analyse-Phase

bull Wiefunktioniertesminus Kunden und Lieferanten und deren Anforderungen aufzeichnenminus gesamtes Prozessdiagramm zeichnen

INPU

T

PROZESS

OU

TPU

T

INFORMATIONLIEFERANT KUNDE

Abb 230 Wertstromdiagramm

68 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

minus prozessrelevante Daten wie z B Prozesszeit Durchlaufzeit Ruumlstzeit Maschinen-verfuumlgbarkeit Anzahl der Mitarbeiter etc ergaumlnzen

minus alle InputsOutputs zu den jeweiligen Prozessschritten und die dazugehoumlrigen War-tezeiten zwischen den Schritten auflisten

minus Kommunikations- bzw Materialfluss innerhalb des Wertestroms erfassenminus Push oder Pull Icons zur Identifizierung der Arten des Workflows zeichnenminus Wertestrom mit Gesamtdurchlaufzeit und der Wertschoumlpfung vervollstaumlndigen

bull Wasistzubeachten Bei der Modellierung eines Wertstromdiagramms geht es um die Optimierung des Flus-

ses Die reibungslose Weitergabe eines einzelnen Stuumlcks die Reduzierung der Durch-laufzeiten und die Abtaktung der Stationen sind Ziel der Vorgehensweise ndash nicht aber die Optimierung eines einzelnen Arbeitsschrittes Es gilt sicherzustellen dass die be-ruumlcksichtigten Messgroumlszligen im Hinblick auf die Einhaltung der operationalen Defini-tion uumlberpruumlft worden sind Ausgangspunkt der Untersuchung ist in jedem Fall der Kunde mit seinen Anforderungen

23422 Fischgraumltendiagramm Abbilding 231 zeigt ein Beispiel eines Fischgraumltendiagramms

Problem

Warum sind die Abteile (80 der Zuumlge) schmutzig

Ursache Wirkung

Verhalten der Fahrgaumlste

Zugbegleiter fuumlhlen sich nicht verantwortlich

Arbeit wirdals laumlstig empfunden

nicht Bestandteil der Arbeitsplatz-beschreibung

Korrelation zwischen Ruumlckgang der Fahrgast-zahlen und Verschmutzung intransparent

Reinigungsplaumlne nicht problemadaumlquat

fehlende Auswertungen im Controlling

keine eindeutigen Bearbeitungsrichtlinien

wichtigste Ursache

Menschen

Methoden

Maschine

Material

veralteteReinigungs-maschinen

keine schmutz-abweisenden Materialien

Hauptursache

Nebenursache

Abb 231 Fischgraumltendiagramm

6923 Lean (Six) Sigma

bull WasistderZweck Die aus dem Six-Sigma-Werkzeugkasten stammende Vorgehensweise ndash auch Ursache-

Wirkungs-Diagramm oder Ishikawa-Diagramm genannt ndash unterstuumltzt das Projektteam dabei sich nicht auf die Symptome eines Problems sondern auf die moumlglichen Ursa-chen zu konzentrieren Sie gibt zunaumlchst Anregungen fuumlr moumlgliche Ursachen hilft bei der Visualisierung der moumlglichen Ursachen und stellt die Beziehungen zwischen den Einflussfaktoren und dem Problem dar Damit wird ein gemeinsames Verstaumlndnis der zu untersuchenden Problematik im Team erreicht

bull Wannsetztmanesein Damit die Problemfelder des Prozesses fruumlhzeitig strukturiert werden und die Projekt-

auswahl unterstuumltzt wird setzt man dieses Instrument in der Measure- und Analyse-Phase ein

bull Wiefunktioniertes Zunaumlchst wird der zu untersuchende Fehler oder die Problematik als Frage nach dem

bdquoWarumldquo im bdquoFischkopfldquo auf der rechten Seite formuliert Danach werden im Rahmen eines Brainstormings so viele Ideen wie moumlglich generiert Jede Idee wird auf einer Karte festgehalten Anschlieszligend werden die Ideen den einzelnen Kategorien (bdquoFisch-graumltenldquo) zugeordnet Dabei haben sich als Kategorien die bdquo6 Msldquo (bisweilen auch 4 oder 5) bewaumlhrt Mensch Maschine Material Messtechnik Methode (Prozess) und Milieu (Umwelt) Jede dieser Kategorien wird nun separat mit der weitergehenden Fra-ge nach dem bdquoWarumldquo bearbeitet um auch die Ursachen der Ursachen zu erfassen Die eigentliche Ursache liegt tiefer und es gilt dieser auf den Grund zu gehen ndash so wie man Unkraut nicht abschneidet sondern mit der Wurzel herauszieht Dieses Vorgehen geht auf den Ansatz der bdquo5 Warumsldquo zuruumlck ndash es wird davon ausgegangen dass man durch mehrmaliges Hinterfragen nicht nur die Symptome sondern auch die eigentliche Ursache des Ausgangsproblems erkennt

Beispiel Fuumlnf Warums

Der Koumlnig hat sein Koumlnigreich in einer Schlacht verloren1 Warum Weil sein Pferd im Kampf gestolpert ist2 Warum Weil dem Pferd das Hufeisen abgefallen ist3 Warum ist dem Pferd das Hufeisen abgefallen Weil der Pferdeschmied zu kurze

Naumlgel zum Befestigen verwendet hat4 Warum hat der Schmied zu kurze Naumlgel verwendet Weil die Langen gerade auf-

gebraucht waren5 Warum waren die langen Naumlgel aufgebraucht Weil nur einmal pro Monat eine Lie-

ferung eintrifft

70 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Damit die Zusammenhaumlnge der einzelnen den bdquo6 Msldquo zugeordneten Ursachen sicht-bar gemacht werden wird eine Priorisierung der Ideen vorgenommen Mit bdquoCldquo fuumlr bdquoConstantldquo werden die unveraumlnderlichen Ursachen mit bdquoNldquo fuumlr bdquoNoiseldquo die nicht di-rekt beeinflussbaren Ursachen und mit bdquoXldquo fuumlr bdquoVariableldquo die von dem Projekt beein-flussbaren Ursachen markiert

bull Wasistzubeachten Jedes Teammitglied haumlngt die eigenen Karten an die Stelle die es fuumlr richtig erachtet

Erst anschlieszligend wird im Team daruumlber diskutiert ob die Karten richtig haumlngen Es sollte auch jedes Teammitglied in den Strukturierungsprozess integriert werden damit saumlmtliches vorhandenes Wissen in den Prozess einflieszligen kann und alle Mitglieder die Teamentscheidung mittragen Je praumlziser die zu untersuchende Wirkung oder Proble-matik als Frage im bdquoFischkopfldquo formuliert wird desto besser ist das Ergebnis

2343 Analyse23431 FMEA Eine beispielhafte FMEA ist in Abb 232 dargestellt

bull WasistderZweck FMEA (Akronym fuumlr Failure Modes and Effects Analysis ndash Fehlermoumlglichkeiten und

Einflussanalyse) ist eine systematische und praumlventive Vorgehensweise beim Umgang mit Schwachstellen im Prozess und deren Ursachen FMEA identifiziert potenzielle Fehlermoumlglichkeiten antizipiert die Risiken fuumlr den Kunden des Prozesses und leitet fuumlr die Zukunft risikominimierende Maszlignahmen ab

bull Wannsetztmanesein Das Werkzeug eignet sich zur Anwendung in der Analysephase Es unterstuumltzt den Pro-

jektfortschritt im Hinblick auf die Priorisierung von Problemfeldern FMEA folgt dem Grundgedanken von Six Sigma dass Fehler nicht waumlhrend des Prozesses behoben sondern erst gar nicht gemacht werden duumlrfen ndash ganz im Sinne einer vorsorgenden Fehlervermeidung anstelle einer nachsorgenden Fehlerkorrektur

bull Wiefunktioniertes1 Den betrachteten Prozess praumlzise beschreiben2 Potenzielle Fehlerursache beschreiben3 Auswirkung des Fehlers auf den Prozess beschreiben4 Bedeutung des Fehlers auf einer Skala von 1 bis 10 einschaumltzen (bspw 1 = keine

Bedeutung 5 = Kundenbeschwerde 10 = Kunde oder Mitarbeiter wird verletzt oder getoumltet)

5 Auftrittswahrscheinlichkeit des Fehlers auf einer Skala von 1 bis 10 einschaumltzen (bspw 1 = alle 100 Jahre 5 = jedes Jahr 10 = mehrmals taumlglich)

6 Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers auf einer Skala von 1 bis 10 einschaumlt-zen (bspw 1 = offensichtlicher Fehler 5 = statistische Prozesskontrolle mit systema-tischer Fehlerursachenpruumlfung wird durchgefuumlhrt 10 = Fehler nicht aufzufinden)

7123 Lean (Six) Sigma

7 Mittels des Produktes aus 4 5 und 6 die RPN (Risiko-Prioritaumlts-Zahl) bilden ndash je houmlher die RPN desto dringender der Handlungsbedarf

8 Potenzielle Ursachen fuumlr den Fehler auffuumlhren 9 Gegenwaumlrtige Maszlignahmen zur Fehlervermeidung darstellen10 Neue Vorschlaumlge zur Fehlervermeidung auflisten11 Verantwortlichkeit und Abschlussdatum determinieren

1) Betrachtungs-gegenstand

2) Moumlglicher Fehler

3) Folgen des Fehlers

Fehlerbewertung vorher

4) B

edeu

tung

5) A

uftri

ttsw

ahr-

sche

inlic

hkei

t

6) E

ntde

ckun

gs-

wah

rsch

einl

ichk

eit

7) R

PN

Bremsbelaumlge Abgefahren Verlaumlngerter Bremsweg

7 4 6 168

8)Moumlgliche Ursache

9)Gegen-waumlrtigeMaszlignahme

10)Neue Vermei-dungs-maszlignahmen

11)Zeitplan amp Verantwort-lichkeit

12)WelcheMaszlignahmen wurden ergriffen

Fehlerbewertung nachher

13) B

edeu

tung

14) A

uftri

ttsw

ahrs

chei

nlic

hkei

t

15) E

ntde

ckun

gsw

ahrs

chei

nlic

hkei

t

16) R

PN

Keine Inspektion

Regelmaumlszligige Inspektion gem Wartungsheft

Mind zwei Mal jaumlhrlich zusaumltzlich visuelle Kontrolle

Fuhrpark-leiter bis 122013

Mind zwei Mal jaumlhrlich zusaumltzlich visuelle Kontrolle

7 3 2 42

Abb 232 Beispiel fuumlr eine FMEA

72 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

12 Tatsaumlchlich umgesetzte Maszlignahmen beschreiben13 Bedeutung des Fehlers (4) nach der Verbesserungsmaszlignahme einschaumltzen14 Auftrittswahrscheinlichkeit des Fehlers (5) nach der Verbesserungsmaszlignahme

einschaumltzen15 Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers (6) nach der Verbesserungsmaszlig-

nahme einschaumltzen16 RPN neu berechnen

bull Wasistzubeachten Als Faustregel gilt Ist die RPN groumlszliger als 125 besteht Handlungsbedarf Bei der Ein-

schaumltzung = 10 fuumlr eines der drei Kriterien der Fehlerbewertung (Bedeutung Auftritts-wahrscheinlichkeit und Entdeckungswahrscheinlichkeit) sollte detailliert uumlberpruumlft werden ob auch bei einer RPN die niedriger als 125 ist Handlungsbedarf besteht

23432 Wertschoumlpfungsanalyse Abbildung 233 zeigt eine exemplarische Wertschoumlpfungsanalyse

bull WasistderZweck Dieses Lean-Instrument identifiziert die wertschoumlpfenden wertunterstuumltzenden und

nichtwertschoumlpfenden Aktivitaumlten in dem zu untersuchenden Prozess Wertschoumlpfende Taumltigkeiten aumlndern das Produkt physisch werden von Anfang an richtig ausgefuumlhrt und der Kunde ist bereit fuumlr diese Taumltigkeit zu zahlen Wertunterstuumltzende Aktivitaumlten sind Voraussetzung fuumlr wertschoumlpfende Schritte (z B bedingt durch gesetzliche oder betriebliche Richtlinien) Nichtwertschoumlpfende Schritte sind Verschwendung und dem-

64

15

10

84

1

Nachfragen

Nacharbeit

Unterbrechung

OrdnenAdmin

Wert foumlrdernd

Wert foumlrderndNicht Wert foumlrdernd

Abb 233 Exemplarische Wertschoumlpfungsanalyse

7323 Lean (Six) Sigma

nach nicht kritisch fuumlr die Erzeugung des Produktes oder sie enthalten Fehler Der An-teil wofuumlr der Kunde bereit ist zu zahlen wird maximiert ndash im Gegenzug wird der Rest auf ein Minimum reduziert So werden Kapazitaumlten in der Wertschoumlpfung freigesetzt und die Kundenzufriedenheit erhoumlht

bull Wannsetztmansieein Die Identifizierung des Anteils fuumlr den der Kunde bereit ist zu zahlen ist Bestandteil

der Analyse-Phase Nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten nehmen erfahrungsgemaumlszlig einen groszligen Teil des Produktionsprozesses in Anspruch

bull Wiefunktioniertsie Zunaumlchst gilt es den Prozess durch den SIPOC oder alternative Prozessflussdarstellun-

gen zu definieren Jeder Prozessschritt ist aufzufuumlhren um zu ermitteln ob die Aktivi-taumlten wertschoumlpfend sind oder nicht Dabei sind folgende Fragen hilfreichminus Ist die Aktivitaumlt kritisch fuumlr das Ergebnis (ProduktService)minus Wird dem Ergebnis durch die Aktivitaumlt Wert hinzugefuumlgtminus Sind dabei Fehler oder Nacharbeiten entstandenminus Wie ist der Vorbereitungs- Kontroll- und Uumlberwachungsaufwandminus Tritt Uumlberproduktion oder Lagerhaltung aufminus Gibt es Transport- Bewegungs- Verzoumlgerungs- und Wartezeiten

bull Wasistzubeachten Zu Beginn der Anwendung dieses Instrumentes muss klar definiert werden was nicht

wertschoumlpfend ist Dafuumlr muumlssen alle Beteiligten hinsichtlich der Kernkompetenz des Unternehmens einer Meinung sein So wuumlrde der Transport zum Kunden von einem Transportunternehmen als wertschoumlpfend gekennzeichnet werden ndash fuumlr ein Produk-tionsunternehmen gilt dies im Gegenzug nicht Zu Beginn sollte im Projektteam festge-legt werden wie bei der Klassifizierung der Aktivitaumlten ob es sich um Verschwendung handelt ndash entschieden wird einstimmig oder mehrheitlich Erfahrungsgemaumlszlig zeigt al-lein die Diskussion ob eine Taumltigkeit wertschoumlpfend oder nichtwertschoumlpfend ist dass Optimierungspotenzial vorhanden ist

23433 Arten der Verschwendung bull WasistderZweck Unnoumltige Wartezeiten unbrauchbare Bestaumlnde oder vermeidbare Korrekturarbeiten im

Herstellungsprozess sind Verschwendung und verursachen wie zuvor erlaumlutert Zeitver-lust und Kosten Zur Verschwendung gehoumlrt jedes Element des Produktions- Verarbei-tungs- und Vertriebsablaufs das nicht zum Wert des Endprodukts beitraumlgt Diese Ele-mente sind vielmehr Symptome fuumlr eine Ursache des Problems und sind zu eliminieren Dies ist einer der wichtigsten Bestandteile des japanischen Lean-Ansatzes um einen kontinuierlichen Produktionsfluss zu ermoumlglichen

bull Wannsetztmanesein Die acht Arten der Verschwendung sind Bestandteil der Analyze-Phase Schwachstel-

len im Prozess werden identifiziert und bei der zukuumlnftigen Loumlsung (Improve-Phase) beruumlcksichtigt Das Instrument bdquoAcht Arten der Verschwendungldquo kann sowohl in der

74 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Produktion als auch in der Verwaltung eingesetzt werden Wenn in der Produktion nicht notwendige Lagerzeiten als Verschwendung verstanden werden sind Berichte und Pro-tokolle die niemand liest das Pendant in der Verwaltung

bull Wiefunktioniertes Die Arten der Verschwendung beruhen auf den Ansaumltzen des Toyota Produktionssys-

tems und lassen sich um eine weitere Art ndash die Nichtnutzung von intellektuellen Faumlhig-keiten und geistigen Ressourcen der Mitarbeiter ndash ergaumlnzen

bull Wasistzubeachten Die folgenden Sachverhalte weisen bei der Beobachtung des Wertstroms vor Ort auf

die unterschiedlichen Arten der Verschwendung hinminus Beim ersten Anlauf wird maumlszligige Qualitaumlt erreichtminus Lange Wartezeiten im Vergleich zu den Bearbeitungszeitenminus Prozessschritte erfordern mehrmalige Pruumlfungen und Nacharbeitenminus Exzessive Uumlbergaben zwischen PersonenOrganisationenminus Mehrere SystemeComputerhilfsmittel werden eingesetzt (kann auf redundante

Datenerfassung hinweisen)minus bdquoFruumlhstartrdquo ndash Beginnt der Prozess fruumlher als noumltig d h mit provisorischen Daten

und fuumlhrt dies zu Aktualisierungsarbeiten und Neubearbeitungen wenn die bdquorichti-genldquo Daten eintreffen

minus Nach Moumlglichkeiten der Eliminierung ganzer Prozessschritte Ausschau halten bevor Verschwendung aus unnoumltigen Prozessschritten entfernt wird

Die Arten der Verschwendung lassen sich gut mit anderen Werkzeugen wie die 5 S oder der Wertschoumlpfungsanalyse kombinieren

2344 Improve23441 5 S Einen Uumlberblick uumlber die Bestandteile von 5 S bietet Abb 234

bull WasistderZweck Die 5 S bekannt aus dem Lean-Ansatz nehmen als Grundlage fuumlr Prozessoptimie-

rung ein organisiertes sauberes und leistungsfaumlhiges Arbeitsumfeld an Zielsetzung fuumlr alle Mitarbeiter ist ein sicherer ordentlicher und aufgeraumlumter Arbeitsplatz bei dem alles einen zugewiesenen Platz hat und alles nicht Notwendige entfernt wird (bdquoEin Platz fuumlr alles alles an seinem Platzldquo) Dieses Tool ist keine einmalige kosmetische Saumluberungsaktion Die 5 S bewerten das Arbeitsumfeld dahingehend ob normale oder nicht normale Gegebenheiten vorherrschen und stellen dabei den Arbeitsplatz und die Arbeitsablaumlufe laufend infrage Das Instrument kann schnell und einfach umgesetzt werden eliminiert Verschwendung schafft einen ergonomischen Arbeitsplatz zusaumltz-lich wird die Produktivitaumlt erhoumlht indem Stoumlrungen verringert werden und die Qualitaumlt das Wohlbefinden des Mitarbeiters und die Sicherheit verbessert werden

bull Wannsetztmanesein Die 5 S bilden die Grundlage fuumlr Verbesserungen Das Instrument kann sowohl in der

Analyse- als auch in der Improve-Phase zum Einsatz kommen Der Einsatz der 5 S

7523 Lean (Six) Sigma

definiert den Startpunkt einer Verbesserungsaktivitaumlt und kann in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens angewandt werden wie in Produktionsbereichen Lager-hallen oder Buumlroraumlumen

bull Wiefunktioniertesminus Seiri ndash Sortieren Damit der Mitarbeiter seine Materialien schneller findet und so

kuumlrzere Wegzeiten erreicht wird zunaumlchst alles sortiert und nicht benoumltigtes Mate-rial aussortiert Moumlgliche unnoumltige Gegenstaumlnde wie Tische Stuumlhle Dokumente Rohmaterial oder Bauteile koumlnnen auf diese Art und Weise beseitigt werden Damit werden die Flaumlchen besser genutzt und die bdquoErfolgeldquo der Anwendung umgehend visualisiert

minus Seiton ndash Sichtbar machen In diesem Schritt geht es um die Systematisierung des Arbeitsplatzes Das Set-up des Arbeitsplatzes sollte so geplant werden dass kurze Wege entstehen Dabei hilft es den besten Standort (moumlglichst nahe am Einsatz-ort) fuumlr Ausruumlstung Produktionsmaterial Arbeitshilfen und andere Gegenstaumlnde zu ermitteln und zu beschriften

minus Seiso ndash Saumlubern Dieser Schritt verdeutlicht dass ein sauberer Arbeitsplatz ein Zeichen fuumlr Qualitaumlt ist Staub und Schmutz kann Produkte verunreinigen und zu Ausfaumlllen fuumlhren wohingegen Ordnung und Sauberkeit dabei helfen Prozesse transparent zu machen und Fehlentwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen Wenn alles in einem Topzustand ist kann man es jederzeit nutzen Die Aufrechterhaltung des sauberen Arbeitsumfeldes kann durch Zeitplaumlne Verteilung von Verantwortungen und regelmaumlszligige Kontrollen gewaumlhrleistet werden Die Raumlumlichkeiten sind fuumlr den Kunden jederzeit vorzeigbar

minus Seiketsu ndash Standardisieren Um den Ansatz der Sortierungs- Lagerungs- und Rei-nigungsaktivitaumlten der 5 S nachhaltig zu implementieren wird an dieser Stelle ein Standard definiert Die 5 S sollen ein System sein das jedermann an seinem Arbeits-platz in die Lage versetzt Probleme fruumlhzeitig zu erkennen Dafuumlr wird festgelegt

Seiri

Seiton

Seiso

Shitsuke

JapanischSchritt

1

2

3

5

Seketsu4

(Aus-)Sortieren

Sichtbar machen

Saumlubern

Stabilisieren

Deutsch

Standardisieren

Abb 234 Klassisches Lean-Tool 5 S

76 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

wer fuumlr welche Aufgabe und welches Werkzeug verantwortlich ist welche Werk-zeuge fuumlr jede Aktivitaumlt passend sind und welche Methoden zum Einsatz kommen sollen

minus Shitsuke ndash Stabilisieren Schlieszliglich wird der zuvor definierte Standard in die taumlg-liche Arbeit integriert damit sich ein bdquo5 S-Bewusstseinldquo entwickeln kann Jeder Mitarbeiter muss fester Bestandteil dieser Vorgehensweise sein damit die Disziplin aufrechterhalten werden kann Dies kann auch regelmaumlszligige 5 S-Audits beinhalten deren Ergebnisse kommuniziert werden

Nehmen wir an dass in einem Unternehmen die Arbeitszeit bislang durch manuell aus-gefuumlllte Excel-Tabellen erfasst wurde die jeder Mitarbeiter am Ende des Monats ver-vollstaumlndigte und an seinen Vorgesetzten weitergab Durch eine Lean-Implementierung entscheidet man sich an dieser Stelle fuumlr eine Umsetzung der bdquo5 Sldquominus Sortieren Jedem Mitarbeiter koumlnnen die entsprechenden Leistungsdaten aus der

Vergangenheit durch einfaches Abfragen im System zugeordnet werden Der Vor-gesetzte findet saumlmtliche Daten von jedem Mitarbeiter an einem Ort wieder

minus Sichtbar machen Die Arbeitszeiten verschwinden nicht mehr in den Tiefen der Gigabytes auf einer Festplatte sondern koumlnnen in einer zentralen Datenbank leicht aufgerufen werden

minus Saumlubern Das zentrale System fuumlhrt automatisch die Validierung von zuvor immer wieder auftretenden Doppelbuchungen durch

minus Standardisieren Alle Leistungsdaten der Mitarbeiter werden im gleichen Format verwaltet Irritationen in der Administration gehoumlren der Vergangenheit an

minus Stabilisieren Die Masse an Excel-Tabellen auf den Festplatten der Vorgesetz-ten nahm zuvor unuumlberschaubare Ausmaszlige an Ein zentrales Verwaltungssystem gewaumlhrleistet nachhaltige Ordnung

bull Was ist zu beachten Die bdquo5 Sldquo sind haumlufig der erste Schritt zu einer schlanken Produktion Um die Nach-

haltigkeit der Verbesserung sicherzustellen sollen 5 S-Verantwortlichen klare Ziel-vorgaben kommuniziert werden Es muss allen Mitarbeitern bewusst sein dass ein organisiertes sauberes und leistungsfaumlhiges Arbeitsumfeld produktiver sicherer und zuverlaumlssiger ist weniger Probleme und Informationsverluste verursacht und die Ter-mintreue steigert Aus diesem Grund bezeichnete Taichi Ohno der Begruumlnder des To-yota Produktionssystems den Fertigungsbereich als den Spiegel des Managements

23442 Poka Yoke bull WasistderZweck Poka Yoke (jap bdquoungluumlckliche Fehler vermeidenldquo) zielt darauf ab betriebssichere Pro-

zesse zu erreichen indem die Qualitaumlt an der (Fehler-)Quelle erhoumlht wird Ein Fahr-zeug mit einem Automatikgetriebe setzt das Drehen des Zuumlndschluumlssels auf bdquoZuumlndungldquo voraus bevor der Waumlhlhebel auf bdquoDriveldquo gestellt werden kann Der Schluumlssel kann erst wieder gezogen werden wenn die Position bdquoParkldquo eingestellt wurde Dies ist ein all-gemeines Beispiel fuumlr eine betriebssichere Anwendung Fuumlr einen Produktionsprozess

7723 Lean (Six) Sigma

bedeutet dies dass der Mitarbeiter sich sicher sein muss dass das Produkt bzw die Information die er weiterleitet von akzeptabler Qualitaumlt ist Dafuumlr muumlssen dem Mit-arbeiter die Hilfsmittel zur Verfuumlgung gestellt werden die es ihm ermoumlglichen eine Qualitaumltskontrolle durchzufuumlhren Ziel ist es unbeabsichtigte Fehlhandlungen im Pro-zess die zu Fehlern am Endprodukt fuumlhren zu vermeiden (vglAbb 235)

bull Wannsetzenwiresein Das Prinzip Poka Yoke wird in der Improve-Phase umgesetzt und kann als Erweiterung

des FMEA-Tools angesehen werden Es dient der Prozessverbesserung im Hinblick auf die Optimierung sich wiederholender Prozesse und bietet Loumlsungen fuumlr Schwachstel-len die beispielsweise zuvor durch das Fischgraumltendiagramm identifiziert wurden

bull Wiefunktioniertes Poka Yoke eroumlffnet zwei unterschiedliche Ansaumltze den praumlventiven und den reakti-

ven Der praumlventive Ansatz integriert Methoden die es nicht erlauben einen Fehler zu produzieren Bankautomaten verhindern vergessene Geldkarten weil man das Bargeld erst entnehmen kann wenn die Karte entnommen wurde Bei SIM-Karten oder Spei-cherkarten von Digitalkameras gibt es aufgrund der Form (abgeschraumlgte Ecke) nur eine korrekte Moumlglichkeit die Karte in den Kartenslot einzufuumlhren Der reaktive Ansatz laumluft auf ein kontrollierendes Warnsystem hinaus So koumlnnten in die Fertigungsanlagen Einrichtungen Sensoren oder Pruumlfgeraumlte eingebaut werden welche die Produktion bei Unregelmaumlszligigkeiten sofort unterbrechen So kann man sich eine Sperre vorstellen die sich automatisch senkt wenn ein Fertigungsbestandteil falsch eingelegt wurde um da-mit die Anlage abzuschalten

ist eine Abwandlung des ldquoToter

Abb 235 Beispiel fuumlr Poka-Yoke im Alltag

78 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Durch den praumlventiven Ansatz werden die Fehler zu 100 eliminiert ndash der reaktive Ansatz erreicht mit sehr groszliger Wahrscheinlichkeit Null-Fehler-Qualitaumlt beim Endpro-dukt

bull Wasistzubeachten Grundsaumltzlich gilt Je fruumlher der Fehler im Prozess erkannt wird desto geringer sind

die Kosten der Fehlerbeseitigung Erfahrungsgemaumlszlig bringt erst die Anwendung vie-ler fuumlr sich gesehen relativ simpler Anwendungen von Poka-Yoke-Mechanismen eine nachhaltige Qualitaumltsverbesserung Es bietet sich an die Ansaumltze von Poka Yoke insbe-sondere bei Taumltigkeiten die sich haumlufig wiederholen und eine konstante Wachsamkeit benoumltigen anzuwenden

23443 Ruumlstzeitreduzierung bull WasistderZweck Dieses Werkzeug (auch SMED ndash Akronym fuumlr bdquoSingle Minute Exchange of Dieldquo ndash ge-

nannt) ist ein systematischer Ansatz zur Verringerung der Ruumlstzeiten einer Maschine und bedeutet sinngemaumlszlig uumlbersetzt schnelles Umruumlsten in weniger als zehn Minuten Der Grundgedanke dass Ruumlstzeitoptimierung zur Losgroumlszligenreduzierung und damit auch zur Reduzierung der Durchlaufzeit und Bestaumlnde fuumlhrt findet seinen Ursprung in der Lean-Denkweise Ansaumltze dieser Art sind weit verbreitet da insbesondere die Ruumlst-vorgaumlnge (Nachbereitung des alten und Vorbereitung des neuen Auftrags Entfernen von zuvor benoumltigten Werkzeugen und Montieren von benoumltigten Vorrichtungen fuumlr den naumlchsten Auftrag Einstellen der Prozessparameter und Testen durch Probestuumlck) haumlufig aus Taumltigkeiten bestehen die mit einer nichtwertschoumlpfenden Stillstandzeit der Fertigungsanlagen einhergehen SMED erhoumlht die Flexibilitaumlt der Produktion und hilft dabei terminliche Verbindlichkeiten einzuhalten

bull Wannsetztmanesein Das Tool optimiert die Ruumlstzeit reduziert die Ruumlstkosten und steigert die Anlaufquali-

taumlt beim Wechsel der Produktionsanlage fuumlr einen neuen Auftrag ndash damit ist dieses Tool haumlufig die Grundlage fuumlr Verbesserungen im Produktionsablauf und wird in der Improve-Phase eingesetzt

bull Wiefunktioniertes Die Ruumlstzeitreduzierung findet in fuumlnf Schritten statt

1 Zunaumlchst ist der gesamte Ruumlstprozess zu dokumentieren Dabei werden interne Taumltigkeiten (die nur bei Stillstand der Maschine durchgefuumlhrt werden koumlnnen wie Austausch von Werkzeugen) und externe Taumltigkeiten (die parallel zur Produktion durchgefuumlhrt werden koumlnnen wie Materialvorbereitungen) differenziert Der Japa-ner Shingo der diesen Ansatz entwickelte definierte die zu dokumentierende Ruumlst-zeit als Dauer vom letzten Gutteil eines Loses bis zum ersten Gutteil des Folgeloses

2 Im zweiten Schritt gilt es die internen Taumltigkeiten in externe umzuwandeln Der Kreativitaumlt wie man dies erreichen kann sind keine Grenzen gesetzt ndash Tatsache ist dass erfahrungsgemaumlszlig die Verzoumlgerung durch die Suche nach Materialien und Informationen einen beachtlichen Anteil der Ruumlstzeit in Anspruch nimmt

7923 Lean (Six) Sigma

3 Schlieszliglich werden im dritten Schritt die uumlbrig gebliebenen internen Taumltigkeiten so einfach wie moumlglich umgesetzt (eine Fehlerentstehung am Ursprung soll vermieden werden) und

4 Im vierten Schritt wird die Beseitigung von Justierungen und Testlaumlufen vorgenommen

5 Der fuumlnfte Schritt markiert den neuen und verbesserten Standard fuumlr zukuumlnftige Ruumlstvorgaumlnge und legt die auszuuumlbenden Vorgaumlnge exakt fest Das Ziel ist es dass jeder Handgriff abgestimmt ist um Werkzeugwechsel im einstelligen Minutenbe-reich zu erreichen

bull Wasistzubeachten Der Erfolg dieser Vorgehensweise ist stark von dem Engagement der Mitarbeiter abhaumln-

gig In Workshops waumlhrend der Arbeitszeit ndash in denen es sich empfiehlt den Produk-tionsprozess anhand von Fotos der Ablaumlufe und Taumltigkeiten zu visualisieren ndash werden Ideen und Vorschlaumlge durch verschiedene Brainstorm-Techniken generiert und fest-gehalten Fuumlr die Einfuumlhrung von neuen Standards sollte die neue Loumlsung nachweisbar besser sein ndash fuumlr die Einhaltung neuer Standards sollten Verantwortliche klar benannt werden Wenn das Unternehmen uumlber ein BVW (Betriebliches Vorschlagswesen) ver-fuumlgt ndash bei dem Mitarbeiter fuumlr gelungene Vorschlaumlge eine Praumlmie erhalten ndash sollte besonders auf belohnende Maszlignahmen auch im Rahmen der dargestellten Vorgehens-weise geachtet werden

23444 Rollen und Verantwortlichkeiten RACI bull WasistderZweck RACI ist ein Instrument zur Darstellung und Analyse von Rollen und Verantwortlich-

keiten Es basiert auf einer einfachen zweidimensionalen Matrix Der Name leitet sich aus dem Akronym RACI (Responsible Accountable Consulted Informed) ab Auf diese Art und Weise kann man nicht nur ersichtlich machen welcher Inhaber welcher Rolle fuumlr welche Aktivitaumlten zustaumlndig ist sondern es ist gleichzeitig moumlglich das An-forderungsprofil der Verantwortlichen klar zu formulieren

bull Wannsetztmanesein Das Werkzeug laumlsst sich sowohl in der Analyse- als auch in der Improve-Phase ver-

wenden So lassen sich aktuelle Schwachstellen wie ungeklaumlrte Verantwortlichkeiten sichtbar machen Das Ergebnis kann zusaumltzlich fuumlr die Einarbeitung von Mitarbeitern genutzt werden

bull Wiefunktioniertes Zunaumlchst werden die einzelnen Prozessschritte in Zeilen untereinander aufgelistet Da-

nach werden die beteiligten PersonenBereiche in die Spalten nebeneinander eingetra-gen Anschlieszligend wird fuumlr jeden einzelnen Prozessschritt festgelegt wer involviert bzw verantwortlich ist Optional lassen sich weitere wichtige Informationen dokumen-tieren z B der Prozessinput das Prozessergebnis und weitere Kennzahlen Die Auf-teilung der PersonenBereiche klassifiziert sich wie folgt

80 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

minus R = Responsible ndash Person fuumlhrt die Aufgabe durchminus A = Accountable ndash verantwortlicher Managerminus C = Consulted ndash nimmt Einfluss auf Entscheidungenminus I = Informed ndash wird informiert nimmt keinen Einfluss

Die Matrix laumlsst sich mit verschiedenen Rollen beliebig erweiternminus V = Verify ndash pruumlft Akzeptanzkriterien (Qualitaumlssicherung)minus S = Sign-off ndash Ergebnis von V wird bestaumltigtgenehmigt

Im stark vereinfachten Beispiel (vglAbb 236) teilt eine Familie den Prozess bdquoWeih-nachtsgans bratenldquo auf Jedes Familienmitglied hat Einfluss auf die Entscheidung was auf den Tisch kommt Nachdem der Vater die Zutaten eingekauft und der Sohn sie zubereitet hat braumlt die Mutter die Gans im Ofen und ist verantwortlich fuumlr das Ergebnis

bull Wasistzubeachten Besonders die Rolle des verantwortlichen Managers (bdquoAldquo) darf fuumlr jeden Prozessschritt

nur einmal vergeben werden da sonst ein Machtkampf vorprogrammiert ist Die Rollen sollten zudem in einem ausgewogenen Verhaumlltnis vergeben werden Wenn es in einer Zeile zu viele bdquoRldquo gibt sollte man die Aufgaben auseinanderdividieren Kein Projekt-mitglied sollte uumlberfordert sein aber auch nicht vergessen werden

2345 Control23451 Projektabschluss (Lessons Learned) bull WasistderZweck Dieses Tool wird in der Control-Phase angewendet um das Projekt offiziell zu be-

enden ndash es wird symbolisch dem zukuumlnftigen Prozesseigner uumlbergeben Nachdem die Teammitglieder die notwendigen Unterlagen zur Prozessuumlbergabe zusammengetragen haben werden sie entlastet ndash ihre Aufgabe im Projekt ist abgeschlossen

bull Wannsetztmanesein Der Projektabschluss findet im Regelfall zum Ende der Control-Phase statt Wann

das Projekt als abgeschlossen angesehen werden kann haumlngt von der Zielsetzung im

Nr Prozessschritt Vater Mutter Kind

1 Rezept aussuchen C RA C

2 Zutaten einkaufen R

3 Ofen vorheizen R

4 Zutaten vorbereiten A R

5 Gans im Ofen braten AR

Abb 236 Beispiel fuumlr RACI

8123 Lean (Six) Sigma

Projektsteckbrief aus der Define-Phase ab Gewoumlhnlich sollte das Verbesserungsziel erreicht und damit das Optimierungspotenzial ausgeschoumlpft sein ndash weitere Verbesse-rungsaktivitaumlten waumlren demnach nicht gerechtfertigt da sie nicht ausreichend Bene-fit generieren Diese Entscheidung obliegt dem BB in Absprache mit dem MBB Der Black Belt hat zusaumltzlich festzustellen ob eine allgemeine Zufriedenheit mit den Er-gebnissen im Projektteam vorherrscht und ob die von dem Projekt betroffenen Mit-arbeiter die Veraumlnderungen positiv uumlbernommen haben Im Sinne der Lean-Philosophie und des Null-Fehler-Ansatzes von Six Sigma ist der Mitarbeiter von nun an in der Lage eigene Verbesserungsvorschlaumlge aktiv einzubringen

bull Wiefunktioniertes Bei der Erstellung des Projektabschlusses geht es um eine komprimierte Dokumenta-

tion der Projektergebnisse Der Projektname die Erreichung der Zielsetzung die Uumlber-gabe an den zukuumlnftigen Prozesseigner und die Entlastung des Projektteams werden durch den Auftraggeber freigegeben Es bietet sich an die Herausforderung des Pro-jektes die Vorgehensweise und ihre Resultate und moumlgliche Ansprechpartner als Refe-renz zu notieren Eine derartige zentrale Zugaumlnglichkeit erleichtert zukuumlnftige Projekte Daruumlber hinaus ist eine mittelfristige Unterstuumltzung des Prozesseigners durch den BB empfehlenswert um die Verbesserungen aufrechtzuerhalten Den genauen Zeitraum ndash zwischen sechs und zwoumllf Monaten ndash gilt es den Umstaumlnden entsprechend individuell festzulegen Bei einer letzten Teamsitzung sollen die Beteiligten ihre Erfahrungen aus-tauschen und den Abschluss des Projektes gemeinsam feiern

bull Wasistzubeachten Hervorzuheben ist die Notwendigkeit einer formalen Freigabe durch den Auftraggeber

Die klare Dokumentation der erzielten Ergebnisse ist essenziell Fuumlr das interne Mar-keting ist eine Darstellung des Projekteabschlusses in Form eines Einseiters nuumltzlich (Herausforderung Vorgehensweise Ziel Resultate und Kontakt) Zuletzt ist auch die offizielle Anerkennung der erbrachten Leistung des Teams oder von Einzelpersonen hervorzuheben ndash die Verleihung eines Zertifikats oder ernstgenommene lobende Worte vom Projektsponsor sind fuumlr die Mitarbeitermotivation bei zukuumlnftigen Projekten nicht zu unterschaumltzen Eine Vorlage fuumlr einen Projektabschluss ist in Abb 237 zu sehen

23452 Werkzeuge fuumlr die Prozessanalyse Lean Sigma vereint den philosophisch gepraumlgten Prozessverbesserungsansatz des Lean Managements und das statistisch-mathematisch gepraumlgte Vorgehen zur Qualitaumltsverbes-serung von Six Sigma Der Vollstaumlndigkeit halber soll an dieser Stelle ein Eindruck der statistischen Werkzeuge vermittelt werden die eine detaillierte Prozessdarstellung und -analyse ermoumlglichen Der Ansatz von Six Sigma eroumlffnet die Gelegenheit fuumlr neue ef-fiziente Loumlsungen die auf Zahlen Daten und Fakten und nicht nur auf der subjektiven Wahrnehmung der Beteiligten ndash Annehmen Raten und Deuten ndash beruhen In diesem Zu-sammenhang sind die folgenden Werkzeuge weit verbreitet

82 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

bull Hypothesentest Im Produktionsprozess ist Ausschuss zu minimieren ndash nimmt man an dass ein Unter-

nehmen sich aus diesem Grund die neueste Version der Fertigungsanlage teuer gekauft hat ist die Erwartung hoch Doch produziert die neue Maschine tatsaumlchlich genauer und mit weniger Ausschuss als die alte Maschine Wer Entscheidungen trifft weiszlig

Ist der Auftrag Ihres Teams komplett Haben Sie Ihre Ziele erreicht Ist Ihre Arbeit erledigt

Vermeiden Sie eine unnoumltige Fortsetzung

Dokumentieren Sie die Verbesserung des Teams

Nostalgie ndashwie ging die Arbeitmit diesem Team am Anfang vonstatten

Bewerten Sie den Prozess des Teams

Was haben Sie daraus gelerntndash welchen Rat koumlnnen Sie anderen Teams geben

Wie gut haben Sie mit Ihrem Auftrag-geber zusammengearbeitet

Haben Sie Ihren Auftrag erfuumlllt Was hat Ihrem Team geholfen Was hat Ihr Team behindert

Bewerten Sie das Produkt des Teams

Was haben Sie in technischer Hinsicht erreicht

Wurden die Verbesserungen standardisiert Wie werden die Verbesserungen beibehalten Wie wurden sie innerhalb und zwischen den Gruppen bekannt gemacht

Welche weiteren Feststellungen haben Sie gemacht Wie wurden diese innerhalb und zwischen den Arbeitsgruppen bekannt gemacht

Loumlschen Sie alle personenbezogenen Daten von allen Laufwerken und Projektdateien (Vorschrift des BDSG)

Sonstiges

Ist Ihre Dokumentation aktuell Enthaumllt sie Endergebnisse und Schlussfolgerungen

Haben Sie Ihre Dokumentdateifertiggestellt

Abschlussbericht an den Auftraggeber

Bekanntgabe des Projektabschlusses

Gemeinsame Aufgabe fuumlr Projektteam und Auftraggeber

Wie wird das uumlbrige Unternehmen uumlber die Verbesserungen des Teams informiert

Wie kann das Ende dieses Projekts den Grundstein fuumlr kuumlnftige Projekte legen

Wie wird das Management uumlber die Erkenntnisse des Teams informiert

Welche Empfehlungen wird das Team nach Abschluss des Projekts fuumlr das weitere Vorgehen abgeben

Die Feier

Wie wird der Projektabschluss gebuumlhrend gefeiert

Wie verabschieden Sie sich

Abb 237 Vorlage fuumlr einen Projektabschluss

8323 Lean (Six) Sigma

erst im Nachhinein ob die Entscheidung richtig getroffen wurde Eine Entscheidung beinhaltet demnach immer eine gewisse Fehlerwahrscheinlichkeit ndash statistische Tests minimieren dieses Risiko Der Hypothesentest eroumlffnet im Rahmen der Analysephase die Moumlglichkeit einer alternativen Entscheidung indem eine statistische Hypothese fuumlr eine Stichprobe auf ihre Signifikanz uumlberpruumlft wird Fuumlr Lean-Sigma-Projekte bedeutet dies dass Annahmen auf ihre Guumlltigkeit uumlberpruumlft werden koumlnnen Ferner ist es moumlg-lich den statistischen Unterschied mehrerer Prozess-Outputs oder statistisch signifi-kante Prozessverbesserungen zu ermitteln

bull Regressionsanalyse Dieses Tool ist innerhalb der Analysephase ein Verfahren welches den Zusammen-

hang zwischen einer Zielvariable Y (abhaumlngige Variable) und anderen Variablen X1 X2hellip Xn (unabhaumlngige Variablen oder Regressoren) erklaumlrt Die Regressionsanalyse ist demnach eine statistische Methode um die Beziehung zwischen zwei oder mehreren Variablen genauer zu untersuchen und in mathematische Zusammenhaumlnge zu bringen Eine Korrelation sagt aus ob es zwischen Variablen Faktoren oder Sachverhalten eine Beziehung gibt und wie stark sie voraussichtlich ist Es kann festgestellt werden ob die Variablen jeweils in Korrelation mit dem Prozess-Output stehen ndash diese Korrelation wird dafuumlr als Funktion beschrieben Daraus laumlsst sich folgern welche Variablen in Zukunft beeinflusst werden sollen um eine Prozessverbesserung zu erreichen ndash die Regressionsanalyse zeigt demnach statistisch belegbar auf welche Stellschrauben im Prozess den idealen Anknuumlpfungspunkt fuumlr Verbesserungen bieten Ungeachtet der verwendeten Methode ist es wichtig nicht zu vergessen dass eine starke mathema-tische (oder grafische) Beziehung zwischen zwei Variablen nicht zwangslaumlufig einen kausalen Zusammenhang bedeutet Zwei Variablen koumlnnen in einer engen Beziehung zueinander stehen und dennoch wird die eine nicht durch die andere beeinflusst Eine Validierung der Grundursache ist nur sinnvoll wenn zwei Bedingungen zutreffen1 Es besteht eine statistisch signifikante Beziehung zwischen der vermuteten Grund-

ursache und der Wirkung2 Die Kenntnis des Prozesses bestaumltigt diese kausale Beziehung

bull DOE DOE (Akronym fuumlr Design of Experiments ndash im Deutschen bdquostatistische Versuchspla-

nungldquo) bezeichnet das Vorgehen einer effizienten Prozessanalyse wenn durch Versuche beim Uumlbergang von der Analyse- in die Improve-Phase ein Produkt oder Prozess op-timiert werden soll Der Versuchsverantwortliche steht vor der Problematik einerseits nicht zu viel Aufwand zu betreiben und andererseits genaue und zuverlaumlssige Ergeb-nisse zu liefern ndash die Ressourcen sind begrenzt Mithilfe von DOE wird mit moumlglichst wenigen Versuchen die optimale Einstellung um die Zielgroumlszlige (abhaumlngige Variable) entsprechend der Kundenspezifikation (unabhaumlngige Variable) zu definieren determi-niert

bull IdentifizierungvonEngpaumlssen Die Identifizierung von Engpaumlssen (sogenannte bdquoBottlenecksldquo) im Prozess stellt sich

in der Analysephase haumlufig als schwierig dar Ein bdquoFlaschenhalsldquo beschreibt einen Engpass zwischen Prozessschritten der maszliggeblichen Einfluss auf die Produktions-

84 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

geschwindigkeit hat So kann man von einer Festplatte etliche Megabyte an Daten pro Sekunde kopieren ndash wird die Festplatte aber uumlber einen USB-Anschluss angeschlossen sorgt dieser bdquoFlaschenhalsldquo fuumlr eine stark eingeschraumlnkte Transferleistung der Daten Es bringt nichts wenn man eine schnellere Festplatte waumlhlt denn der Engpass bleibt bestehen Aus diesem Grund ist die Identifizierung von bdquoBottlenecksldquo von enormer Bedeutung um das Produkt am Ende des Gesamtprozesses entsprechend der Kunden-anforderung liefern zu koumlnnen

23453 Projektbegleitende Werkzeuge Die Generierung von Ideen kann waumlhrend des gesamten Projektes eingesetzt werden ndash ob es um die Suche geeigneter Messpunkte in der Analysephase geht oder um die Entwick-lung von Loumlsungen in der Konzeption Es ist immer ratsam die Mitarbeiter proaktiv in diesen Prozess miteinzubinden ndash die zukuumlnftige Loumlsung genieszligt dann houmlhere Akzeptanz

6-3-5-Methode Bei dieser Methode bekommt jeder aus einer Gruppe von sechs Teil-nehmern ndash so heterogen wie moumlglich ndash ein gleich groszliges Blatt Papier Dieses wird mit 18 Kaumlstchen (drei Spalten x sechs Zeilen) aufgeteilt Die Zielsetzung des Brainstormings wird fixiert und anschlieszligend hat jeder in der ersten Zeile fuumlr jede Spalte eine Idee zu for-mulieren Die Bearbeitungszeit wird individuell festgelegt ndash sie sollte fuumlnf Minuten nicht uumlberschreiten Nach der ersten Runde wird das Blatt Papier im Uhrzeigersinn weitergege-ben Der naumlchste hat in der zweiten Zeile die Ideen von seinem Vorgaumlnger aus der ersten Zeile aufzugreifen und weiterzuentwickeln Die Papierblaumltter werden insgesamt fuumlnf Mal weitergereicht Im Ergebnis entstehen so innerhalb von 30 min bis zu 108 Ideen von sechs Teilnehmern Es ist dafuumlr Sorge zu tragen dass eine bdquokreative Atmosphaumlreldquo vorherrscht ndash Ideen sollen demnach nicht direkt kritisiert werden jeder hat dem anderen zuzuhoumlren und Quantitaumlt geht vor Qualitaumlt

Anti-Loumlsungs-Brainstorming Bei dieser Methode ist die Fragestellung bdquoWas koumlnnte die Situation noch verschlimmernldquo der Ausgangspunkt fuumlr die Sammlung von Ideen (vgl Abb 238) Demnach wird aus der Antwort auf die Ausgangsfrage (rote Karten verwen-den) ein Verbesserungsvorschlag (gruumlne Karten verwenden) abgeleitet Einzelne Ideen koumlnnen durch gezieltes Brainstorming weiter vertieft werden

laumlngere Transportwege

Was kann unseren Prozess noch verschlechtern

effizientere Transportmittelkuumlrzere Transportwege

Verbesserungsvorschlag

keine Reinigung der Maschine regelmaumlszligige Reinigung

Abb 238 Vorgehensweise beim Anti-Loumlsungs-Brainstorming (Quelle In Anlehnung an Lunau 2013 S 215)

8523 Lean (Six) Sigma

Die perfekte Welt Im direkten Vergleich zur Anti-Loumlsungs-Methode wird hier die Aus-gangslage entgegengesetzt formuliert bdquoWie saumlhe unser Prozess in einer perfekten Welt ausldquo Hier sind bdquoout-of-the-box-affineldquo Teilnehmer und ein offener Umgang mit den Vor-schlaumlgen besonders wichtig Der Moderator ist dabei erfolgsentscheidend Er hat dafuumlr zu sorgen dass alle Beteiligten mit einbezogen werden keine inhaltliche Diskussion aus-bricht jeder Vorschlag zaumlhlt und aufgeschrieben wird In einer 30-minuumltigen Sitzung sol-len die Teilnehmer ihrer Kreativitaumlt in jede erdenkliche Richtung freien Lauf lassen

Fahrstuhlrede Der aus dem Englischen bekannte bdquoElevator Pitchldquo beschreibt die effizi-ente Nutzung von rund 30 Sekunden um ein Produkt eine Geschaumlftsidee oder in diesem Fall ein Projekt mit wenigen Saumltze zu verkaufen Das Werkzeug ist in allen Projektphasen einsetzbar und besonders geeignet wenn Mitarbeiter oder Kunden nach dem aktuellen Projekt fragen Dabei sollten folgende Dinge beachtet werden

bull Einen praumlgnanten Einstieg waumlhlen den man nicht so schnell vergisstbull Das Vorgehen bdquoMerkmalldquo (Was ist das Ziel des Projektes) bdquoVorteilldquo (Was sind die

Vorteile fuumlr den Kunden oder das Unternehmen) und bdquoNutzenldquo (Was hat der Ge-spraumlchspartner fuumlr einen Nutzen davon) ist als Grundstruktur geeignet

bull Klare Aussage machen im Hinblick auf die Person die fuumlr das Vorhaben gewonnen werden soll

bull Eine anschauliche Sprache verwenden und die AIDA-Formel (Attention-Interest-Desi-re-Action) beruumlcksichtigen

bull Koumlrpersprache und Stimme nutzen um Begeisterung zu zeigenbull Den Unterschied zu anderen bdquoAnbieternldquo deutlich machenbull Einladung zu einem Gespraumlch oder Event kommunizieren

Stimmungsbarometer Das Stimmungsbarometer wird gewoumlhnlich von Beginn an (Kick-off-Workshop) begleitend zum Projekt eingesetzt Es handelt sich dabei um das Fruumlhwarnsystem fuumlr den Projektleiter Sollten einzelne Teammitglieder mit dem Projekt-verlauf oder der Zusammenarbeit unzufrieden sein ist dies ein wirkungsvolles Werkzeug um das sichtbar zu machen Daher sollte das Team regelmaumlszligig seine Zuversicht messen ob eine Zielerreichung moumlglich ist (vgl Abb 239)

Viele Menschen sind es nicht gewohnt offen Kritik zu uumlben Deshalb wird zu Pro-jektbeginn haumlufig eine bdquogeheimeldquo Abstimmung gewuumlnscht Die Teammitglieder schreiben eine Zahl (3 bis -3) auf einen Zettel und geben diesen am Ende des Teammeetings dem Projektleiter Dieser stellt das Ergebnis im naumlchsten Teammeeting vor

Kommunikationsplan Dieses Werkzeug laumlsst sich aus der erstellten Stakeholder-Ana-lyse in der Define-Phase ableiten Die Art und Weise der Kommunikation kann das Zuumlng-lein an der Waage sein wenn der Projekterfolg auf der Kippe steht Kommunikation ist nicht als Nebenjob zu verstehen ndash sie kann abhaumlngig von der Projektreichweite die ganz Aufmerksamkeit erfordern Daruumlber hinaus sollte der Kommunikationsplan stakeholder-

86 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

spezifisch sein ndash dies bedeutet dass er die Praumlferenzen der jeweiligen Anspruchsgruppe hinsichtlich des gewaumlhlten Informationsmediums des transportierten Inhalts und der Haumlu-figkeit beruumlcksichtigt Der Kommunikationsinhalt kann sich auf das Reporting (Status der methodischen Implementierung oder der Projektverlaumlufe) auf den Erfolg (einzelner abgeschlossener Projekte oder der Belt-Ausbildungen) auf allgemeine Informationen (geplantes Vorgehen oder Entwicklung der Mitarbeiter) und auf Managementinformatio-nen (Strategie und Maszlignahmen) beziehen

Besprechungsprotokoll (Meeting Minutes) Zweifellos laumlsst sich uumlber den Sinn und Unsinn einer in vielen Unternehmen vorherrschenden bdquoMeetingkulturldquo streiten Tatsache ist dass der Extremfall ndash auch bdquoMeeting-itisldquo genannt ndash houmlchst unproduktiv ist Es gilt folgendes zu beachten um einer strukturlosen Plauderei zu entgehen

bull Zur Orientierung eine Agenda mit Tagesordnungspunkten und die damit verbundenen Erwartungen und Ziele und einen Zeitplan aufstellen die Reihenfolge absprechen und einhalten

bull Das Erscheinen der wichtigsten Protagonisten des Meetings ist sicherzustellenbull Puumlnktlich beginnen und genauso puumlnktlich das Meeting beendenbull Den Sinn und Zweck des Meetings zu Beginn mit den Anwesenden verifizieren und

ggf Aumlnderungen an der Agenda (aufgrund schon statt gefundener Meetings) direkt vornehmen

bull Der Moderator hat die weniger redseligen Teilnehmer aktiv einzubinden und die red-seligen taktvoll einzuschraumlnken

bull Die Dynamik von destruktiven Konflikten ist zu vermeiden indem Grundregeln fest-gelegt werden (keine bdquohidden agendasldquo oder keine negativen oder persoumlnlichen Kom-mentare)

bull Es ist von Zeit zu Zeit hilfreich die Diskussionsgegenstaumlnde zusammenzufassen und komplexe Sachverhalte grafisch darzustellen

0

1

2

3

-1

-2

-3

Kick-off PW4 PW6 PW8 PW10

PW = Projektwoche

Abb 239 Stimmungsbarometer

8724 Das Kapitel in aller Kuumlrze

bull Eine Liste der Teilnehmer die Inhalte und Erkenntnisse der Diskussion und die verein-barten Maszlignahmen sind in einem Besprechungsprotokoll konkret festzuhalten Es ist wichtig dass eine solche Zusammenfassung den Teilnehmern unverzuumlglich zur Ver-fuumlgung gestellt wird Die Verantwortlichkeiten fuumlr den Maszlignahmenplan sind explizit schriftlich festzuhalten

Statusreport Darunter werden regelmaumlszligige Statusberichte uumlber den inhaltlichen und ter-minlichen Projektfortschritt verstanden Eine Moumlglichkeit ist der bdquoBi-Weekly Statusre-portldquo in Form eines Einseiters Durch die Darstellung der Schluumlsselelemente des Projektes (Projektumfang Projektzeitplan Ressourcen und Stakeholder) mit den Farbnuancen Rot Gelb und Gruumln wird zunaumlchst eine schnelle Aussage zum Projektstatus getroffen Ferner werden die Errungenschaften der letzten zwei vergangenen Wochen und die Plaumlne fuumlr die kommenden zwei Wochen formuliert Zur aggregierten Projektaufbereitung und Praumlsenta-tion der zentralen Projektparameter gehoumlren auch die im Projektsteckbrief (Define-Phase) definierten Meilensteine Es werden die erreichten und bevorstehenden Meilensteine kurz aufgegriffen Das schriftliche Festhalten von wesentlichen Risiken und den erforderlichen Gegenmaszlignahmen bildet den Abschluss des bdquoBi-Weekly Statusreportsldquo

24 Das Kapitel in aller Kuumlrze

So wie ein Kraftfahrzeug welches der Befoumlrderung von Personen oder Guumltern dient eines Antriebssystems bedarf liegt auch der Programmatik von Operational Excellence die eine konkrete Zielsetzung verfolgt eine spezifische Mechanik zugrunde In diesem Kapitel wird das architektonische Grundgeruumlst der bdquoOperational Excellenceldquo vorgestellt und naumlher erlaumlutert

Lean Management geht auf das von Eiji Toyoda entwickelte bdquoToyota Produktionssys-temldquo (TPS ) zuruumlck Prozesse synchronisieren und standardisieren Fehler vermeiden Pro-duktionsanlagen verbessern und Mitarbeiter qualifizieren und miteinbeziehen beschreiben die fuumlnf Grundsaumltze des TPS ndash im Mittelpunkt steht die Reduktion von bdquomudaldquo (jap fuumlr Verschwendung) Mit einem Buumlndel aus Grundsaumltzen Methoden und Werkzeugen wird ein systematischer Ansatz zur Beseitigung von nichtwertschoumlpfenden Taumltigkeiten ver-folgt um einen kontinuierlichen Fluss ndash bdquopanta rheildquo (griech bdquoalles flieszligtldquo) ndash im Pro-duktionsprozess zu ermoumlglichen Dieser Ansatz war der Grundstein fuumlr Toyotas bis heute andauernde Erfolgsgeschichte Westliche Unternehmen kopierten den Ansatz sodass eine Weiterentwicklung des Toyota Produktionssystems daraus resultierte Die Begrifflichkeit bdquoleanldquo wurde in einer Buchpublikation im Jahre 1990 geboren und uumlber die fuumlnf Prinzi-pien proaktives sensitives ganzheitliches oumlkonomisches und Potenzialdenken definiert Die Methodik setzt auf die fuumlnf Bausteine Wert spezifizieren Wertstrom identifizieren Flow etablieren Pull implementieren und Vorgehen perfektionieren Kurz Der methodi-sche Fuumlnfschritt fuumlhrt die Organisation zur perfekten Produktion und die Prinzipien sorgen dafuumlr dass sie dort bleibt

88 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Lean Management wird bis heute faumllschlicherweise in Verbindung mit Kostensenkung und Personalabbau gebracht ndash dabei setzt die Verbesserungsphilosophie auf den Grundsatz bdquoProducing people before producing partsldquo Das Wissen der Mitarbeiter und deren Mo-tivation werden in das Zentrum der kontinuierlichen Verbesserungsphilosophie gestellt

Six Sigma versteht Variation im Produktionsprozess als eine ernst zu nehmende Be-drohung Das Kernelement aller Six-Sigma-Projekte ist eine Prozessoptimierung die zum Ziel hat dass nur noch 34 Fehler pro einer Million Fehlermoumlglichkeiten (Defects per Million Opportunities ndash DPMO) auftreten Dies entspricht einer Qualitaumlt von 999997 1986 kam ein Produktionsingenieur von Motorola zu der Schlussfolgerung dass durch ein effektives Qualitaumltsmanagement nicht die Fehler waumlhrend des Prozesses behoben werden sollten sondern dass Fehler erst gar nicht gemacht werden duumlrften Der damalige CEO von General Electric Jack Welch brachte die Methodik durch die oumlffentlichkeitswirksa-me Einfuumlhrung bei GE im Jahre 1996 zu breiter Bekanntheit

Im methodischen Fokus stehen die Fehlerreduzierung und die Kundenorientierung Durch statistisch-mathematische Ursachenforschung resultiert ein Verstaumlndnis fuumlr den Geschaumlftsprozess das ermoumlglicht auch in komplexen und intransparenten Prozessen Qualitaumltsverbesserungen zu identifizieren Entscheidend ist dass die Analyse und Louml-sungsentwicklung auf Daten und Fakten beruhen da Six Sigma ein reales Problem in ein statistisch-mathematisches Problem umwandelt Dabei beschraumlnkt man sich nicht wie bei anderen Optimierungsprojekten auf die subjektive Wahrnehmung der Beteiligten Das zentrale Werkzeug dafuumlr ist der sog DMAIC-Zyklus Define (Was ist wichtig) Measure (Wie gut sind wir) Analyse (Was ist falsch) Improve (Was muss getan werden) und Control (Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher)

Eine solche tiefgehende Auseinandersetzung mit organisatorischen Gegebenheiten beruumlhrt unweigerlich die Unternehmenskultur Demnach ist fuumlr die Implementierung die Freistellung und Definition von qualifizierten personellen Ressourcen aus den Linien-taumltigkeiten essenziell um die Initiative auf ein solides Fundament zu stellen Die prakti-sche Anwendung orientiert sich an dem Guumlrtelsystem und der Hierarchie der asiatischen Kampfsportart Karate Der Champion initiiert und sponsert die Initiative der Master Black Belt (Six Sigma Experte) agiert als Trainer der Black Belt (hohe Fachkompetenz) als Projektmanager der Green Belt (fachlich versiert) leitet kleinere Projekte und der Yellow Belt (Fachkraft) nimmt an Basisschulungen teil

Lean (Six) Sigma vereint zwei der populaumlrsten Ansaumltze des Strategischen Manage-ments Die Konzepte profitieren durch die Synthese voneinander da sie sich in ihren Ziel-setzungen ergaumlnzen Six Sigma erhoumlht die Qualitaumlt und Lean Management die Geschwin-digkeit von Geschaumlftsprozessen Gemeint sind den Konzepten die Kundenfokussierung Projektorganisation und Arbeitsprinzipien Nur durch richtig ausgewaumlhlte Projektinhalte die gute Zusammenarbeit der Beteiligten und die alles entscheidende Kundenorientierung werden wirksame Ergebnisse erarbeitet Unterschiede liegen zum einen in der Rolle der Mitarbeiter ndash wo Six Sigma nur fuumlr einen Teil der Belegschaft auf klar definierte Rollen und Aufgaben setzt baut Lean Management auf das Engagement jedes einzelnen Mit-arbeiters ndash zum anderen in der Art der Problemanalyse Six Sigma konzentriert sich ins-

89Literatur

besondere bei komplexen Sachverhalten auf anspruchsvolle Auswertungstools um Prob-lemursachen zu identifizieren Lean hebt die Loumlsungsfindung in den Vordergrund da die Komplexitaumlt des Prozess reduziert werden soll

Lean Sigma baut eine Initiative ebenfalls nach den Schritten des DMAIC-Zyklus auf und greift auf ein Interventionsrepertoire von rund 150 Tools zuruumlck wobei sich deren Anwendung nach der notwendigen Prozessverbesserung richtet ndash es gibt keine Bedie-nungsanleitung

Literatur

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91

Praxiserfahrung mit Operational Excellence

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_3

3

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis viel houmlher als in der TheorieErnst Ferstl (Oumlsterreichischer Schriftsteller)

So wie der Vater seinem neugierigen Sohn nachdem er die Entstehungsgeschichte des Automobils in der Theorie erlaumlutert hat zeigt wie der Wagen faumlhrt widmet sich die-ses Kapitel dem naumlchsten logischen Schritt Der Darstellung von Erfahrungen aus der Praxis ndash wie werden Operational-Excellence-Programme umgesetzt Dabei draumlngen sich unweigerlich weitere Fragen auf Wie konnten in der Vergangenheit Mitarbeiter vom Leis-tungsversprechen der Six-Sigma-Methode uumlberzeugt werden Welche Werkzeuge wirkten katalysierend auf die Einfuumlhrung des Lean Managements Woran scheitern Unternehmen wenn sie versuchen die Veraumlnderung durch Lean Sigma langfristig aufrechtzuerhalten

92 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

So wie es in einem Auto verschiedene Instrumente Messanzeigen und Bedienungs-hebel zu beachten gilt heiszligt es auch waumlhrend eines Optimierungsprogrammes auf der richtigen Spur mit der richtigen Geschwindigkeit im richtigen Gang zu fahren Dieses Kapitel beleuchtet fuumlnf Praxisbeispiele mit sich stark unterscheidenden Quintessenzen Die Umsetzung von Lean Management beim Hamburger Kranhersteller Neuenfelder Ma-schinenfabrik (NMF) und der franzoumlsischen FCI-Gruppe (FCI) die Implementierung von Six Sigma beim kanadischen Lebensmittelhersteller Maple Leaf Foods (MLF) und der Bank of America (BoA) und zuletzt die Einfuumlhrung von Lean Sigma beim amerikanischen Handelsriesen Best Buy (BeBu) Nach der Vorstellung des Unternehmens und der Aus-gangslage wird auf die Umsetzung der Methodik und auf die erreichten Ergebnisse durch das jeweilige Operational-Excellence-Programm eingegangen Die wichtigsten Erkennt-nisse werden schlieszliglich im Fazit zusammengefuumlhrt ndash es wird aus heutiger Sicht Bilanz gezogen

31 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

Abbildung 31 gibt einen Uumlberblick uumlber das Lean Management bei der Neuenfelder Ma-schinenfabrik GmbH

311 Unternehmensprofil

Die Neuenfelder Maschinenfabrik (NMF) wurde 1970 von Sietas einer Hamburger Schiffswerft als eigenstaumlndige Tochtergesellschaft gegruumlndet1 Das Produktportfolio um-fasst Schiffskraumlne sowie hydraulische Anlagen wobei die NMF als Komplettanbieter auf-tritt ndash in allen Produktgruppen wird den Kunden die Leistung aus einer Hand angeboten Die hauseigene Produktion und Abwicklung sichert den Kunden die zuumlgige Bearbeitung ihrer Fertigungs- Wartungs- und Reparaturanliegen in hoher Qualitaumlt Der Schwerpunkt des Unternehmens liegt seit dem wirtschaftlichen Aufstieg Asiens uumlberwiegend auf dem chinesischen Markt Die NMF in der Branche eines der weltweit fuumlhrenden Unterneh-men erwirtschaftete mit 400 Mitarbeitern (davon 150 Leihkraumlfte) im Geschaumlftsjahr 2010 einen Rekordumsatz von 2024 Mio euro Der Anstieg um 75 im Vergleich zum Vorjahr war auf bestehende Lieferverpflichtungen aus aktuellen Auftraumlgen und aus verschobenen Altauftraumlgen aus dem Jahr 2008 zuruumlckzufuumlhren Trotz Rekordumsatz und der houmlchsten Ablieferungsquote in der Unternehmensgeschichte (im letzten Quartal 2010 5 Krane pro Woche) sank das Ergebnis der gewoumlhnlichen Geschaumlftstaumltigkeit in diesem Jahr um 15

1 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf explorative Tiefeninterviews mit den Geschaumlftsfuumlhrern Goran Curic und Ralf Ressel zuruumlck die im Rahmen mehrmaliger Werksbe-sichtigungen in Hamburg durchgefuumlhrt wurden Verschiedene Praumlsentationsunterlagen des Unter-nehmens und eine zielgerichtete On- und Offline-Recherche schaumlrfen das Gesamtbild

9331 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

auf 54 Mio euro Das operative Geschaumlft tat sich schwer an der leichten Erholung der Wirt-schaftslage zu partizipieren ndash das Resultat war eine personelle Rochade noch im Jahr 2010 Ralf Ressel (CEO) und Goran Curic (COO) wurden als neue Geschaumlftsfuumlhrer bestellt Sie konnten auf vielfaumlltige Erfahrung mit Kranen und industrieller Produktion zuruumlckgreifen

Abb 31 Uumlberblick uumlber Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

94 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

312 Ausgangslage

Der neue CEO Ressel war bevor er zu NMF wechselte in seiner fruumlheren Aufgabe Leiter fuumlr Forschung und Entwicklung bei der Duumlsseldorfer Terex-Demag GmbH einem der weltweit groumlszligten Mobilkranhersteller mit Krankapazitaumlten von 30 bis 3200 t COO Curic sammelte jahrelang Erfahrung im Bereich der Produktionsoptimierung durch schlanke und effiziente Prozesse und hat vielfaumlltige Fertigungsverantwortung bei Firmen wie Siemens Daimler und Lean Coaching in den USA vorzuweisen Erste Unternehmensanalysen der beiden zeichneten groszlige Herausforderungen fuumlr das Unternehmen auf

Die Sicherheit am Arbeitsplatz war nicht gewaumlhrleistet Dies fiel anhand der hohen Anzahl von meldepflichtigen Unfaumlllen schnell auf Im Durchschnitt gab es jeden vierten Tag einen Unfall ndash in den Wintermonaten 2010 gab es mehrfache Knochenbruumlche die zu Krankenhausaufenthalten fuumlhrten Es wurde festgestellt dass das existierende System die Unfaumllle lediglich verwaltete und keine strukturierten Gegenmaszlignahmen einleitete Im Jahr 2010 beliefen sich die dadurch verursachten Kosten auf 80000 euro Die Untersuchungen fuumlhrten diese Ergebnisse auf ein geringes Sicherheitsbewusstsein der Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiter und die mangelhafte Kommunikation in den Teams zuruumlck

Im Jahr 2010 wurden ferner 380 Terminverschiebungen (23 pro Auftrag) im Auftrags-zentrum registriert und verwaltet ndash eine Weiterverarbeitung dieser Informationen z B fuumlr die Anpassung der Produktion fand nicht statt Es existierte kein Standard der die Produktionskapazitaumlten mit Auftragseingaumlngen und Terminen abglich

Die Geschaumlftsfuumlhrer erkannten Verbesserungspotenzial in der Kapazitaumltsplanung der NMF Die Planung wie lange eine Produktionslinie fuumlr die Herstellung eines Krans benouml-tigen wuumlrde war sehr beliebig ndash ein Delta von 85 zwischen der minimalen und maxima-len geplanten Stundenanzahl verdeutlichte diesen Eindruck Die Schwankungen innerhalb eines Liniendurchschnitts waren groumlszliger als 50 und bei der Nachbetrachtung fand keine Differenzierung zwischen wertschoumlpfenden und nicht wertschoumlpfenden Taumltigkeiten statt

Als besonders gravierend beschrieb COO Curic den Zustand des Qualitaumltsmanage-ments Die Aussage bdquoWir haben die besten Produkteldquo fasste das Meinungsbild der Beleg-schaft zusammen Auf die Frage an welchen Zahlen diese vermeintliche Qualitaumltsfuumlhrer-schaft fest gemacht werden koumlnne erhielt Curic keine Antwort Dass die NMF aufgrund der nicht jungen Historie uumlber wertvolles Know-how verfuumlgte und gute Qualitaumlt produ-zierte wollte er nicht infrage stellen doch es galt dies in Zahlen und Daten abzubilden Zuvor wurde mit hohem organisatorischem Aufwand versucht die Kundenwuumlnsche zu realisieren Definiert waren aber weder Qualitaumltsziele der NMF noch eine verantwortliche Abteilung noch messbare oder zu steuernde qualitaumltsspezifische Kennzahlen (Defekte pro Einheit oder Nacharbeit)

Unter dem Strich schien eine Begrifflichkeit wie bdquoRegelkreis des Qualitaumltsmanage-mentsldquo ein Fremdwort zu sein Dies hatte innerhalb von zwei Jahren einen drastischen Anstieg der Garantiekosten von uumlber 100 zur Folge Im Jahr 2010 fielen so bei 108 Beanstandungen 650000 euro an Garantiekosten an (nur fuumlr das Material) ndash im Vergleich waren es im Jahr 2008 bei 78 Beanstandungen bdquonurldquo 70000 euro Besonders auffaumlllig war

9531 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

dass lediglich 7000 euro der geleisteten 650000 euro Garantiekosten an die Lieferanten der NMF weitergegeben wurden ndash obwohl sich 80 der Produkte aus Fremdbauteilen zu-sammensetzten

Fuumlr einen Kenner der schlanken industriellen Fertigung wie Curic war schnell zu er-kennen dass die Infrastruktur der inselfoumlrmigen Produktion den Materialfluss hinderte Das werkstattaumlhnliche Produktionsprinzip entsprach nicht dem Anspruch moderner Be-triebsablaumlufe und fuumlhrte dazu dass Fachkraumlfte wie Schlosser Elektriker oder Hydrauliker abstimmungslos an einem Kran arbeiteten ndash im Sinne der Lean-Philosophie inakzeptabel Gegenlaumlufige Produktionsstroumlme waren nur dadurch zu erklaumlren dass die Flaumlchenstruktur der NMF uumlber Jahre wild gewachsen war Die Transportwege waren weit und unuumlber-sichtlich die Gestaltung der Produktionshallen bedingte eine unbequeme Handhabung der einzelnen Prozessschritte die Montageorte waren uumlber das gesamte Gelaumlnde verstreut und die Nutzung von Flaumlchen der nahe gelegenen Sietas-Werft war nicht schriftlich vereinbart und fuumlhrte zu unabsehbaren Unsicherheiten

In der Konsequenz sah Curic als Verantwortlicher fuumlr die Produktion und das Supply-Chain-Management aus dieser ersten bdquoUnternehmensdiagnoseldquo in erster Linie enormes Entwicklungspotenzial Die Geschaumlftsfuumlhrung vor ihm beschrieb er als engagiert und vertriebslastig wobei sich niemand intensiv mit der Produktion beschaumlftigt hatte Unter seiner Regie wurde zu Beginn des Jahres 2011 ein umfassender Transformierungsprozess gestartet ndash im Mittelpunkt stand der konzeptionelle Ansatz des Lean Managements Dabei faumlllt auf dass das Vorhaben keinen expliziten Namen erhielt weil Curic eine subtile Im-plementierung besonders ergebniswirksam schien Das Ziel war das bdquoLean Enterpriseldquo als lernende Organisation zu etablieren Dafuumlr wurden acht Handlungsfelder identifiziert die im naumlchsten Abschnitt genauer erlaumlutert werden

313 Die Initiative

3131 Organisation und MitarbeiterFuumlr Curic stand die Restrukturierung der Organisation und der Mitarbeiter an oberster Stelle auf seiner Prioritaumltenliste Noch bis Ende Januar 2011 beabsichtigte er an den wich-tigsten Stellschrauben dieses Handlungsfeldes erfolgreich gedreht zu haben Das Ziel war es durch Standardisierung und Prozessoptimierung Kapazitaumlten freizusetzen und so die Produktivitaumlt im Jahr 2011 um 30 und im darauffolgenden Jahr um 20 zu erhoumlhen Eine der Voraussetzungen dafuumlr war der Aufbau einer Projektkultur mit fundiertem Pro-jekt-Know-how Dieser Ansatz widersprach der haumlufig ersten Assoziation einer Lean-Im-plementierung bei der die Einsparungen durch Konsequenzen personeller Art erreicht werden Das Gegenteil war der Fall denn die eingesparten Mitarbeiter wurden fuumlr zu-kuumlnftige Fuumlhrungs- oder Optimierungsaufgaben eingesetzt

Die Fuumlhrungsdichte in der Produktion sollte von 130 auf 110 erhoumlht werden da ge-maumlszlig Curic die Fuumlhrungskraft sonst nicht alle Prozesse ausreichend beherrscht um bei Be-

96 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

darf ihre Mitarbeiter zu unterstuumltzen oder zu vertreten Im Vertretungsfall z B bei Urlaub oder Krankheit vertritt die Fuumlhrungskraft den Mitarbeiter und nicht umgekehrt

Ferner sollten anhand einer Qualifizierungsmatrix die spezifischen Faumlhigkeiten der Mitarbeiter erfasst werden um die Einsatzplanung zu verbessern Eine Gruppe ausge-waumlhlter Mitarbeiter wurde zu sogenannten Inbetriebnahme-Spezialisten ernannt Diese Gruppe konzentrierte sich darauf die ausgelieferten Krane beim Kunden aufzubauen Was vorher kurzfristig und auf Zuruf irgendwie gelang sollte nun durch feste Strukturen ver-laumlsslich funktionieren

Zuletzt war es Curic ein Anliegen die Uumlberstunden und Wochenendarbeiten zu uumlber-blicken und in der Folge zu reduzieren Dafuumlr wurden ein Standard-Prozess zur Beantra-gung von Uumlberstunden definiert Ziele fuumlr Uumlberstunden jeder Abteilung vereinbart und eine Kennzahl eingesetzt um die Zielerreichung festzuhalten

3132 Sicherheit am ArbeitsplatzbdquoSolange es mich nicht betrifft geht es mich nichts anldquo Dies beschreibt die Art und Weise wie mit Sicherheitsfragen im Unternehmen umgegangen wurde Die Ursache fuumlr diesen desolaten Zustand erkannte Curic darin dass sich die Fuumlhrungskraumlfte nicht als Vorbilder verstanden ndash dies sollte geaumlndert werden Sein Ziel war die Schaffung eines Sicherheits-netzwerkes Dies beinhaltete neben dem strengen Einsatz von Schutzkleidung auch eine korrespondierende Kommunikation ndash bei Unfaumlllen sollte demnach die Geschaumlftsfuumlhrung umgehend in Kenntnis gesetzt und der unternehmensweite Unfallstatus in allen Abteilun-gen und Subabteilungen regelmaumlszligig auf den aktuellen Stand gebracht werden Schluumlssel-element dieser Vorgehensweise war ein Prozess der bei einem Unfall mit mindestens einem Ausfalltag des Betroffenen die Dokumentation einer strukturierten Problemloumlsung vorsah Erst wenn die Problemloumlsung sich uumlber drei Monate bewaumlhrt hatte wurde der Be-richt mit Curics Unterschrift versehen womit der Fall erfolgreich abgeschlossen war Der Ablauf laumlsst sich folgendermaszligen skizzieren

1 Unfallursache und Ort identifizieren2 Sofortmaszlignahme generieren3 Ursachenanalyse durchfuumlhren4 potenzielle Ursachen verifizieren5 fuumlnf Mal bdquoWarumldquo fragen6 finale Abstellmaszlignahme entwickeln7 Wirksamkeit pruumlfen

3133 QualitaumltDurch den Lean-Transformierungsprozess wurde Qualitaumlt neu definiert und bildete ab Ja-nuar 2011 ein Schwerpunktthema Sichergestellt wurde der neue Qualitaumltsanspruch durch eine standardisierte Input- Prozess- und Ablieferungskontrolle Auch an dieser Stelle wurde festgestellten Abweichungen durch eine strukturierte Problemloumlsung konsequent nachgegangen So sollte die Qualitaumltsmanagementnorm ISO 9001 nicht wie bislang bei

9731 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

jeder Zertifizierung mit groszligem Aufwand erreicht werden sondern als Teil des unterneh-merischen Grundverstaumlndnisses selbstverstaumlndlich werden Neben der personellen Auf-stockung der zustaumlndigen Abteilung wurde die Umgestaltung durch ein woumlchentliches Shop Floor Meeting bei dem der Qualitaumltsfortschritt uumlberpruumlft wurde im Unternehmen verbreitet

Durch die Transformierung wurde die Begrifflichkeit bdquoQualitaumlts-Regelkreisldquo nicht nur im Vokabular sondern auch in der Organisationsstruktur etabliert Durch definierte Stan-dards konstante Sichtkontrollen und geplante Stichproben und Pruumlfungen anhand von kundenrelevanten Merkmalen wurden erstmals die Soll-Werte mit den Ist-Werten der Pro-duktionsprozesse verglichen um die auftretende Differenz systematisch zu erfassen und zu minimieren Durch die Installation zweier bdquoQualitaumlt-Gatesldquo wurden die hergestellten Krane zusaumltzlich von neutralen Mitarbeitern der Qualitaumltsabteilung uumlberpruumlft

3134 Shop-Floor-ManagementDas erste Stichwort an dieser Stelle ist bdquoTransparenzldquo ndash durch das Shop-Floor-Management und einen Produktions-Kommunikations-Kalender sollte die bestehende Geschaumlftssitua-tion allen Mitarbeitern bekannt gemacht werden Aus Curics Erfahrung konnte man bei-spielsweise in Form einer Kaskadierung in ein Werks- Abteilungs- und Arbeitsgruppenin-formationscenter den Status quo ausgehend von der Geschaumlftsfuumlhrung allen Mitarbeitern in Meetings kommunizieren Wichtig war die stringente Umsetzung der Meetings Der benoumltigte Zeitaufwand sollte zwischen zehn und maximal zwanzig Minuten liegen Diese Vorgehensweise die auch den Ruumlckfluss von Informationen von bdquountenldquo nach bdquoobenldquo sicherstellte fuumlhrte zum zweiten Stichwort bdquoGembaldquo (jap fuumlr bdquoOrt des Geschehensldquo) bdquoGembaldquo bedeutet dass Informationen dort einzuholen sind wo die Wertschoumlpfung statt-findet Nur so lassen sich wertschoumlpfende oder nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten direkt im Prozess beobachten Dieser zentrale Lean-Gedanke eines visuellen Managements ndash Echt-zeitinformationen ersetzen getroffene Annahmen am Schreibtisch ndash lag Curic besonders am Herzen und wurde als bdquoGo-Look-See-Methodeldquo bei der NMF fest etabliert

3135 Lean-Know-howDer Aufbau von Expertise und der Ausbau von Erfahrungen mit der Lean-Philosophie wa-ren wesentlich fuumlr einen erfolgreichen Transformierungsprozess Zusaumltzlich beabsichtigte Curic eine eigene Lean-Kompetenz in Form eines bdquoNMF-Produktionssystemsldquo zu ent-wickeln Dabei war es wichtig das Anforderungsprofil fuumlr die zukuumlnftigen Aktivitaumlten zu kennen um die passenden Kandidaten fuumlr die Ausbildung zu finden Im Fokus der Ausbil-dungseinheiten sollte die Foumlrderung eines Bewusstseins fuumlr die Lean-Prinzipien und nicht fuumlr Tools stehen Die praxisnahe Ausbildung durch externe Lean-Experten (hauptsaumlchlich in Projekten und nicht in Schulungsraumlumen) und durch die Ernennung von Multiplika-toren in allen Fachbereichen (in jedem arbeitet eine auf Lean spezialisierte Arbeitskraft) sollte als Grundstein fuumlr eine lernende Organisation gelegt werden Organisatorisch ko-ordinierte ein zentrales Lean Office saumlmtliche Verbesserungsaktivitaumlten des Transformie-rungsprozesses

98 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

3136 Layout und MaterialflussDieses Handlungsfeld konzentrierte sich auf die Verkuumlrzung von Produktionswegen um den optimalen Materialfluss zu gewaumlhrleisten Dazu bestand zunaumlchst dringender Klauml-rungsbedarf hinsichtlich der langfristigen Planung und Flaumlchennutzung der Sietas-Werft Obwohl sich demnach auf der einen Seite ein enormes Einsparpotenzial durch optimierten Materialfluss und effizientere Flaumlchennutzung bot bestand auf der anderen Seite die Ge-fahr dass der Kostenhebel auch negativ wirken koumlnnte Wenn ein fertiger Kran keinen Stellplatz faumlnde und so die Ablieferung verzoumlgerte koumlnnte dies verheerenden Einfluss auf andere Lieferungen haben

3137 ProduktionsprozesseIn diesem Zusammenhang spielte im Transformierungsprozess besonders bdquoHeijunkaldquo (jap Glaumlttung der Produktion) ein Grundprinzip der Lean-Philosophie eine tragende Rolle Dieses Prinzip zielt erstens auf eine optimale Sequenzierung und Nivellierung der Produktion ab die sich an der Taktzeit des Kunden ausrichtet Der Bedarf an Arbeits-kraumlften wird reduziert und durch die Flexibilitaumlt der Fertigung werden Fluktuationen des Absatzmarktes absorbiert Zweitens werden nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten durch die forcierte Standardisierung und die Vorgehensweise des bdquoone piece flowldquo (Prinzip der Har-monisierung des Produktionsflusses) eliminiert Der Lean-Gedanke postuliert dass es ohne Standards keine Verbesserung gibt (als Standardarbeit wird der zurzeit sicherste und effizienteste Ablauf eines Produktionsprozesses definiert) Diese Uumlberzeugung ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass standardisierte Prozesse kontrollierbar wiederholbar verbesserbar und trainierbar sind

Fuumlr Curic bildete der Gesichtspunkt des visuellen Managements das Fundament fuumlr Transparenz im Produktionsprozess Die Grundlage des visuellen Ansatzes beinhaltete im ersten Schritt die Anwendung eines klassischen Lean-Werkzeuges ndash die 5S Die Organisa-tion und Sauberkeit des Arbeitsplatzes war demnach die Voraussetzung fuumlr Effizienzver-besserungen in allen operativen Bereichen Der zweite Schritt betraf die Umsetzung des visuellen Managements Die damalige Geschaumlftslage der NMF wurde mit den Schwer-punktthemen Sicherheit Qualitaumlt Ablieferung und Kosten in Form von sogenannten bdquoVisual Boardsldquo fuumlr alle Mitarbeiter sichtbar gemacht und in regelmaumlszligigen Intervallen kommuniziert Der dritte Schritt beschrieb die Kontrolleigenschaft des visuellen Manage-ments Anhand der systematischen und regelmaumlszligigen Auseinandersetzung mit der Dar-stellung der aktuellen Geschaumlftslage fungierte ein bdquoVisual Boardldquo als Fruumlhwarnsystem Abweichungen vom Standard fielen fruumlher auf und konnten unabhaumlngig von der hierar-chischen Ebene umgehend mit Gegenmaszlignahmen adressiert werden

Die Einfuumlhrung des auf Kanban-Karten beruhenden Pull-Systems schloss dieses Hand-lungsfeld ab Fuumlr die ganze Wertschoumlpfung der NMF galt dass nur dann produziert und geliefert wird wenn auch gerade Bedarf besteht Der Informationsaustausch dafuumlr fand mit Kanban-Karten statt Das Kaban-System funktioniert dabei wie ein Supermarkt In den Regalen des Fertigungsbereiches wird nur so viel Material gelagert wie unbedingt notwendig Wenn ein Mitarbeiter Materialien entnommen hat wird dies auf einer Kanban-

9931 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

Karte dokumentiert und das Regal wieder von hinten aufgefuumlllt So werden die aumllteren Materialien zuerst gegriffen und es liegen weder Materialien im Lager noch Produkte auf Halde

3138 Supply Chain ManagementIn diesem letzten von Curic identifizierten Handlungsfeld ging es um die effiziente Integ-ration von Lieferanten Warenhaumlusern Produktion und Lager Fuumlr ihn war es unabdingbar den durch einen bdquoPeitscheneffektldquo2 hervorgerufenen mangelnden Informationsfluss zwi-schen den beteiligten Wertschoumlpfungsschritten abzubauen um die Durchlaufzeit zu ver-kuumlrzen und Bestaumlnde zu reduzieren Durch die Entwicklung eines Lieferanten-Manage-ments um Lieferungen in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit zu gewaumlhrleisten lieszligen sich Material- Transport- Bestands- und Produktionskosten einsparen

Zur nachhaltigen Verinnerlichung der Lean-Transformierung wurde das Credo der kontinuierlichen Verbesserung ndash Kaizen ndash etabliert In diesem Zusammenhang ist der Mitarbeiter nicht mehr ein kleines austauschbares Raumldchen ndash wie ehemals bei Ford am Flieszligband ndash sondern uumlbernimmt fuumlr seinen Bereich Verantwortung und bringt selbst Vor-schlaumlge zur Prozessverbesserung ein Dieses Grundverstaumlndnis verfolgt keine innovativen Quantenspruumlnge sondern kontinuierliche Verbesserung in vielen kleinen Schritten damit sich die Organisation mit ihren Mitarbeitern leichter auf die Veraumlnderungen einstellen kann Curic betonte dass es sich bei Kaizen um eine Denkweise und nicht wie faumllsch-licherweise oft angenommen um ein Instrument handelt

314 Zwischenergebnis

Im August 2011 acht Monate nach dem Start der Lean-Transformierung wurde eine erste Zwischenbilanz gezogen Die Geschaumlftsfuumlhrung der NMF konnte sich einen ersten Ein-druck davon machen inwieweit sich die methodischen Interventionen des Lean Manage-ments auf die organisatorische Aufbau- und operationale Ablaufstruktur des Unterneh-mens ausgewirkt hatten

3141 Organisation und MitarbeiterBei Curics Ankunft arbeiteten fast genauso viele Leiharbeitskraumlfte (LAK) wie Festan-gestellte bei der NMF Wie viele es wirklich waren vermochte niemand zu sagen denn

2 Der Peitscheneffekt (engl Bull-Whip Effect) beschreibt das Phaumlnomen von sich bdquoaufschaukeln-denldquo Mengenschwankungen Die Nachfrage der Konsumenten kann demnach konstant sein und dennoch werden die Bestellmengen unregelmaumlszligiger je weiter sie in der Wertschoumlpfungskette zu-ruumlckverfolgt werden Bestellungen beim Lieferanten haben somit keinen Zusammenhang mehr mit den Bestellungen des Kunden Die Konsequenzen koumlnnen uumlbervolle Lager gefolgt von leeren La-gern sein Die Folgen sind schlechter Lieferservice verlorener Umsatz ineffizienter Transport und kuumlrzere Produktionslebenszyklen Die Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beteiligten kann diesen Effekt reduzieren

100 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

wie viele LAK wirklich gebraucht wurden und welche Taumltigkeiten sie ausuumlbten und ob diese Taumltigkeiten wertschoumlpfend waren war bislang unerheblich Ein rigoroser Einschnitt war die logische Konsequenz ndash bis April 2011 reduzierte Curic die Anzahl der LAK auf fast null Die personellen Maszlignahmen mussten jedoch uumlber die LAK hinausgehen da die Geschaumlftsfuumlhrung vor Curic und Ressel die abnehmenden Volumina in der Schifffahrts-branche nicht kommen sehen wollte Der folgende Schritt schmerzte umso mehr Mit 92 Mitarbeitern wurden fuumlr beide Seiten akzeptable Loumlsungen gefunden wie man in Zukunft getrennte Wege gehen konnte Wichtig war dabei dass diese Entscheidung vorausschau-end getroffen wurde Die Anzahl der Mitarbeiter wurde 2011 schon an das notwendige Niveau im Jahr 2013 angepasst da Curic auf weitere personelle Einschnitte verzichten wollte ndash lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Die Fuumlhrungsdichte wurde wie geplant erhoumlht Gemaumlszlig Curic waren zentrale Themen wie standardisierte Arbeitsablaumlufe und Qualitaumltssicherung bei einer Dichte von 130 nicht umzusetzen Um das Ziel einer flieszligenden Produktion zu erreichen musste jede Fuumlh-rungskraft zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein einen der Mitarbeiter zu ersetzen Bei einer Dichte von 110 war dies realistisch

Die Ernennung von Inbetriebnahmespezialisten war ebenfalls erfolgreich Wenn fruumlher ein Kran an den Kunden geliefert wurde musste der Produktionsleiter Fachkraumlfte kurz-fristig zur Verfuumlgung stellen bdquoum in ein paar Tagen nach China zu fliegenldquo Dieses un-berechenbare Vorgehen fuumlhrte zu groszligen personellen Luumlcken und Stoumlrungen im Betriebs-ablauf Mittlerweile sind in Deutschland zwei feste Mitarbeiter den Aufgabenbereichen dieser Gruppe zugeordnet Wenn fuumlr sie kein Auftrag vorliegt einen Kran in Betrieb zu nehmen widmen sie sich als zusaumltzliche Arbeitskraft der Produktion oder aktuellen Ver-besserungsprojekten

3142 Sicherheit am ArbeitsplatzDer Ansatz Sicherheitsvorkehrungen zu verschaumlrfen und Unfallursachen konsequent und umfangreich zu evaluieren war Curic sehr wichtig Nicht jedem Mitarbeiter gefiel jedoch eine neue Vorschrift wie das staumlndige Tragen einer Schutzbrille in den Produktionshallen Der geaumluszligerte Unmut erreichte sogar den Betriebsrat doch die Geschaumlftsfuumlhrung zeig-te sich unbeirrt und setzte ihren Willen durch In solch einem Produktionsprozess der Schwerindustrie ist die Gesundheit der Mitarbeiter das houmlchste Gut ndash das verstanden all-maumlhlich auch die Betroffenen Die Anzahl der Unfaumllle lag zu diesem Zeitpunkt deutlich unter dem Niveau des Vorjahres und es wurde fuumlr das Jahr 2011 mit einem Ruumlckgang um 20 gerechnet

3143 QualitaumltDie Einfuumlhrung der Qualitaumlt-Gates war wirksam An verschiedenen Stellen in der Produk-tion werden die herzustellenden Krane von Mitarbeitern der Qualitaumltsabteilung und nicht vom Produktionsleiter begutachtet Je fruumlher ein Problem oder ein Mangel in der Produk-tion auffaumlllt desto besser Jeder Mitarbeiter der aktiv am Produktionsprozess teilnimmt

10131 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

verfuumlgt zusaumltzlich uumlber einen Qualitaumltskatalog mit genauen Angaben Beschreibungen und Vergleichswerten Die eigene Arbeit kann so umgehend uumlberpruumlft werden

Aus Sicht von Curic war es fuumlr einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess von Be-deutung Erfolge zu kommunizieren Mindestens genauso wichtig war es aber akute Pro-blemstellen ehrlich anzusprechen Es war offensichtlich dass sich ein neues Verstaumlndnis wie das neue Bewusstsein fuumlr Qualitaumlt nicht sofort in Zahlen ausdruumlcken lieszlig Fuumlr das Jahr 2011 wurde mit einem unerfreulichen Anstieg der Kundenreklamationen um uumlber 50 gerechnet Obwohl man der Meinung war dass dieser Anstieg nur zustande kam weil man uumlberhaupt begann Zahlenmaterial systematisch zu sammeln lieszlig sich festhalten dass die Zertifizierung der Qualitaumltsnorm ISO 9001 nach wie vor nicht ausreichend gelebt wurde Der zukuumlnftige Handlungsbedarf war nicht zu leugnen

3144 Shop-Floor-ManagementEines der wichtigsten Elemente in diesem Zusammenhang war das morgendliche fuumlnf-zehnminuumltige bdquoStand-up Meetingldquo in der Fertigungshalle Jeder Mitarbeiter hat die Fragen (Was habe ich gestern gemacht wo gab es Probleme und was mache ich heute) zu klaumlren Jeder darf dabei nur dann sprechen wenn er das Mikrofon haumllt ndash die Mitarbeiter lernten dadurch dem Kollegen zuzuhoumlren sich kurz zu fassen und uumlberlegt zu sprechen Mit besonderer Haptik (Idee bdquoYou need to feel the painldquo) werden uumlber die bdquoVisual Boardsldquo (wie in Form eines von einem Mitarbeiter entwickelten Lego-Modells) die Kennzahlen hinsichtlich der Belegschaft Uumlberstunden Kosten Bestaumlnde Sicherheitslage und der Ab-lieferung besprochen ndash die Transparenz steht im Mittelpunkt Fuumlr aufgetretene Probleme des Vortages werden Gegenmaszlignahmen eingeleitet und fuumlr den aktuellen Arbeitstag Ta-gesziele vereinbart Entscheidend ist dass Fehler offen angesprochen werden ndash es geht nicht darum einen Schuldigen zu finden sondern um die Ursache des Problems Aus Sicht des COO foumlrdert diese systematische und pragmatische Meetingkultur nicht nur das individuelle Verantwortungsbewusstsein sondern auch das gemeinsame Gruppengefuumlhl

3145 Lean-Know-howDie Erwartung innerhalb der ersten Monate eine eigene methodische Kompetenz im Unternehmen zu installieren waumlre vermessen Dennoch wurden in kurzer Zeit die wich-tigen Weichen gestellt Externe Lean-Experten begannen die Mitarbeiter der NMF aus-zubilden Rund 90 der Mitarbeiter nahmen bereits an internen Lehrveranstaltungen teil ndash meistens fanden diese direkt am Arbeitsplatz und nicht in einem Besprechungs-buumlro statt Fuumlr den zukuumlnftigen Aufbau der methodischen Kompetenz ist die Einrichtung eines bdquoLean-Wikildquo bei dem die Mitarbeiter ihre gewonnen Erkenntnisse ausformuliert festhalten geplant Damit soll langfristig das Lean-Know-how im Unternehmen gehalten werden Eines Tages werden damit erfahrene Mitarbeiter ihre eigenen Kollegen ausbilden koumlnnen

Hervorzuheben ist an dieser Stelle dass es fuumlr Curic um mehr ging als um den bloszligen Gebrauch von Tools Er beabsichtigte das Bewusstsein seiner Mitarbeiter zu veraumlndern ndash es galt Lean nicht zu kopieren sondern zu adaptieren Der geringe Anteil an LAKs

102 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

im Unternehmen unterstuumltzte diesen Aspekt Nur mit einer festangestellten Personalbasis kann sich die Lean-Denkweise nachhaltig in der Unternehmenskultur verankern Der Auf-bau einer unternehmensweiten Kompetenz zog auch die Konsequenz nach sich dass der Lean-Gedanke in den Zielvereinbarungen der Mitarbeiter verankert wurde und dass bei zukuumlnftigen Neueinstellungen das Kriterium bdquoLean-Potenzialldquo eine entscheidende Rolle spielt

3146 Layout und MaterialflussFruumlh im Jahr 2011 wurde festgestellt dass die Suche nach Fehlteilen den Materialfluss am staumlrksten beeintraumlchtigte Es gab mehrere Lagerplaumltze fuumlr dasselbe Material manche Bereiche der Fertigung waren fuumlr die Staplerfahrer nicht passierbar weil sperrige Kran-bauteile im Weg standen und der Bedarf wurde grundsaumltzlich auf Zuruf kommuniziert Um dies zu aumlndern wurden Verbesserungsvorschlaumlge der Mitarbeiter eingeholt Das Er-gebnis war u a ein definierter Routenplan fuumlr die Staplerfahrer ndash Haltestellen wurden gekennzeichnet Bereitstellungsflaumlchen festgelegt und die Verbindungswege nicht mehr als Abstellflaumlchen missbraucht Daruumlber hinaus regelte ein Mietvertrag mit der Insolvenz-verwaltung der Sietas-Werft die Flaumlchennutzung der benachbarten Produktionsorte und unterstuumltzte die Planungssicherheit

3147 ProduktionsprozessErste Analysen im Maumlrz 2011 ergaben dass 58 der Produktionsschritte nichtwertschoumlp-fend waren Dazu gehoumlrte u a auch die zuvor angesprochene Suchzeit nach Fehlteilen Die Einfuumlhrung des Pull-Prinzips und die Integration eines Supermarktes basierend auf Kanban-Karten wirkte sich positiv auf die Wertschoumlpfung aus Die Lean-Transformie-rung die mit der groumlszligten Produktionslinie (Linie 1 Kraumlne 30 bis 100 t) startete konnte durch die Pull-Einfuumlhrung schon im August 2011 deutliche Erfolge erzielen Die Fehlteile von externen Lieferanten wurden um 88 und die der internen Lieferanten um 74 re-duziert Der Wert der Bestaumlnde konnte von uumlber 60 Mio euro auf knapp 25 Mio euro verringert werden Zusaumltzlich nahm die Durchlaufzeit der wichtigsten Produktionslinie von 40 auf 20 Tage ab

3148 Supply Chain ManagementDas Ziel war es durch die Entwicklung eines Lieferantenmanagements Lieferungen in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit zu gewaumlhrleisten ndash Kostenersparnisse waumlren die Folge Im Falle der NMF galt es zu beachten dass 80 der Produkte durch Fremd-fertigung entstanden Es war also unumgaumlnglich die Lieferanten mit in die Pflicht der Initiative zu nehmen um einen nachhaltigen Beitrag fuumlr die Wettbewerbsfaumlhigkeit des Unternehmens zu leisten So erreichte Curic u a durch neue Zahlungsmodalitaumlten eine Preisreduzierung von uumlber 10 bei den Top 10 der Lieferanten ndash dies entsprach einer Kostenersparnis im Einkauf von uumlber 10 Mio euro In der Folge konnte die NMF durch den optimierten Produktionsprozess die Produktivitaumlt erhoumlhen und die Preise senken Bis zum damaligen Zeitpunkt waren beispielsweise die Produkte der ersten Produktionslinie (Linie

10331 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

1 30 bis 100 t) fuumlr den chinesischen Markt zu teuer ndash schon im Mai 2011 wurden erste wettbewerbsfaumlhige Angebote worin sich die Ergebnisse des Transformierungsprozesses widerspiegelten abgegeben Der groumlszligte Wettbewerber bei dieser Produktgruppe Mac-Gregor ndash Tochtermarke des finnischen Logistikkonzerns Cargotec ndash wurde damit direkt angegriffen Der Platzhirsch wurde nervoumls ndash die Anstrengungen der NMF hinsichtlich des Preises wurden wahrgenommen

Des Weiteren wurden koreanische Werften und chinesische Reedereien auf die NMF aufmerksam Der Auftragseingang stieg im Mai 2011 verglichen mit dem Vorjahresergeb-nis um 381 Forciert wurde dieses Ergebnis durch die Erschlieszligung neuer Maumlrkte und die Entwicklung neuer Produkte ndash wie die des ersten NMF-Offshore-Krans (900 t) Es handelte sich dabei nicht nur um den groumlszligten Kran der Unternehmensgeschichte mit dem man auf groszliges Interesse in Fernost stieszlig sondern auch um einen der ersten Offshore-Krane im Markt dieser Groumlszligenordnung Das Resultat dessen war eine fruumlhzeitig gesicherte Auslastung der Produktion fuumlr das Jahr 2012

Die Denkweise des Kaizen basiert auf dem Grundgedanken dass eine schrittweise Ver-besserung wirksamer ist als ein unmittelbarer und radikaler Eingriff in den Unternehmens-alltag So hatte jede Fuumlhrungskraft in ihrem jeweiligen Bereich mindestens eine Verbesse-rung pro Woche umzusetzen Der Ansatz der schrittweisen Verbesserung fand sich nicht nur in den einzelnen Projekten wieder sondern auch in der Art und Weise wie die gesamte Transformierung organisiert war Dies manifestierte sich in Form eines Drei-Stufen-Plans Auf der ersten Stufe wurde mit der wichtigsten der drei Produktionslinien begonnen Die Einfuumlhrung des Pull-Prinzips (Stichwort bedarfsorientierte Materialbestellung in Form des Supermarkts und der Kanban-Karten) war das Pilotprojekt und konzentrierte sich auf die Linie 1 Anschlieszligend wurde im zweiten Projekt der Wertestrom fuumlr die Linie 1 op-timiert (Stichwort Verschlankung durch Eliminierung von nichtwertschoumlpfenden Taumltig-keiten) Erst auf der dritten Stufe wurde dem ganzen Unternehmen die ausgeweitete Lean-Transformierung (Linie 2 100ndash350 t und Linie 3 400ndash700 t) zugemutet

Auch wenn die ersten Ergebnisse im August 2011 Grund genug waren zu feiern ndash die Reise hatte gerade erst begonnen Curics Vision war die bdquoFabrik des Jahres ndash Global Ex-cellence in Operationsldquo ndash eine flieszligende und lagerlose Produktion von Schiffskraumlnen ohne Fehlteile fuumlr begeisterte Kunden

315 Fazit

Um den Erfolg des Lean-Transformierungsprozesses im Hause der NMF aus heutiger Sicht zu beurteilen gilt es das Jahr 2012 zu beruumlcksichtigen Schon kurz nach den oben dargestellten Erfolgen wurde die Geschaumlftsfuumlhrung der NMF im November 2011 von der Insolvenz der Muttergesellschaft uumlberrascht Schon einige Jahre zuvor geriet Deutsch-lands aumllteste Werft in schweres Fahrwasser was dazu fuumlhrte dass der Unternehmens-inhaber Hinrich Sietas in der neunten Generation das Management der Werft abgab Der Bau kleinerer Containerschiffe mit veralteten Produktionsmethoden wurde Sietas im Zuge

104 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

der Weltwirtschaftskrise zum Verhaumlngnis Folgeauftraumlge blieben aus und dem neuen Ma-nagement gelang es ebenfalls nicht den druumlckenden Schuldenberg abzubauen ndash Mitte No-vember 2011 war die Werft zahlungsunfaumlhig Im Februar des folgenden Jahres wurde das Insolvenzverfahren eroumlffnet und die Sietas-Werft und damit auch die NMF standen zum Verkauf ndash die Zukunft des Unternehmens und seiner Mitarbeiter war ungewiss

Die damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf die NMF waren offensichtlich Doch trotz dieses negativen Vorzeichens und der darunter leidenden Lean-Bemuumlhungen war sich die Geschaumlftsfuumlhrung der NMF bestaumlrkt durch die positiven Signale der letzten Monate (die Auftraumlge reichten mittlerweile bis Mitte 2013) sicher dass das Geschaumlfts-modell der NMF uumlberlebensfaumlhig und wettbewerbsfaumlhig war Bei den ersten Sondierungs-gespraumlchen mit der Insolvenzverwaltung wurde diese Position deutlich hervorgehoben und auch der Markt bekraumlftigte waumlhrend des Insolvenzverfahrens im ersten Halbjahr 2012 diesen Standpunkt Es zeichnete sich eine Zerschlagung der Sietas-Werft mit ihren zwei Tochtergesellschaften ab weil der Verkaufserloumls der drei einzelnen Unternehmen den ge-botenen Preis fuumlr die gesamte Gruppe uumlberstieg So fand auch die NMF im Juli 2012 mit dem norwegischen Schiffsbauzulieferer TTS Group ASA einen starken industriellen Part-ner Der Verkauf an das uumlber 1100 Mann starke Unternehmen das an den Standorten Bre-men und Luumlbeck in Deutschland schon vertreten war wurde als positiv fuumlr die betroffenen Unternehmen selbst und den maritimen Sektor Hamburgs bewertet Curic fuumlhrt an dass der Betriebsrat und die Mitarbeiter die Loumlsung einstimmig begruumlszligten ndash alle Mitarbeiter der NMF wurden weiter beschaumlftigt

Die NMF schloss ein turbulentes Geschaumlftsjahr 2012 ab Ein Jahr bei dem zu Beginn das Uumlberleben des Unternehmens mehr als fraglich war der Absatz der Schiffskrane um 45 einbrach sich zu einer Verkleinerung der Belegschaft um 100 Mitarbeiter im Janu-ar entschieden wurde und erfolgreich angestoszligene Lean-Bemuumlhungen an Prioritaumlt und damit an Durchschlagskraft verloren Dennoch war COO Curic der im Maumlrz 2013 das Unternehmen verlies optimistisch mit der TTS Group nicht nur den richtigen Partner fuumlr die betriebswirtschaftliche Zukunft sondern auch fuumlr die Fortsetzung des Lean-Transfor-mierungsprozesses gefunden zu haben Es deutete sich aus Kreisen des Mutterkonzerns fruumlh an dass die NMF als Multiplikator fungieren sollte ndash der Lean-Gedanke sollte zum Leitbild aller anderen Standorte der Norweger werden Fuumlr die Zukunft der NMF spielen Curics Ansicht nach die folgenden vier Saumlulen eine tragende Rolle

1 neue Maumlrkte (Intensivierung der Geschaumlfte in China Korea und Singapur)2 neue Produkte (Forcierung des Absatzes von Offshore-Kranen)3 neue Dienstleistung (Etablierung als Systemanbieter)4 Effizienz (Reduzierung von Produktionskosten und Durchlaufzeiten Erhoumlhung der

Produktivitaumlt)

Besonders im letzten Punkt manifestiert sich das Lean-Verstaumlndnis ndash auch in Zukunft werden die Eliminierung von nichtwertschoumlpfenden Taumltigkeiten und die Einfuumlhrung von standardisierten Arbeiten Grundlage fuumlr den Unternehmenserfolg sein Es ist das klare

10532 Lean Management bei der FCI-Gruppe

Ziel durch zusaumltzliche Synergieeffekte mit der neuen Muttergesellschaft die Position der NMF als der fuumlhrende Qualitaumltsanbieter auf dem Kranmarkt auszubauen und ein Bench-mark fuumlr die Herstellung von Kranen nach industriellen Maszligstaumlben zu werden Auch wenn Goran Curic der Organisation fehlen wird hat er in Form einer erfolgversprechenden Basis vorgesorgt Da er ein erfahrenes Fuumlhrungsteam und eine durch die uumlberwundene Krise gestaumlrkte Belegschaft hinterlaumlsst ist das Hamburger Unternehmen gut geruumlstet fuumlr die kommenden strategischen Herausforderungen in den naumlchsten Jahren Ob die Lean-Initiative wirklich ohne ihren Impulsgeber uumlberlebensfaumlhig ist und ob die Vision Curics von der bdquoFabrik des Jahres mit operationaler Exzellenzldquo nachhaltig Fruumlchte tragen kann wird sich aber erst noch zeigen

32 Lean Management bei der FCI-Gruppe

In Abb 32 ist eine Uumlbersicht uumlber Lean Management bei der FCI Gruppe zu sehen

321 Unternehmensprofil

Die FCI-Gruppe mit Hauptsitz im franzoumlsischen Guyancourt wurde 1988 von Framatome SA (seit 2001 Areva SA) ndash einem franzoumlsischen auf Nukleartechnik spezialisierten In-dustriekonzern ndash gegruumlndet3 Eine konsequente Wachstumsstrategie ndash in 20 Jahren wurden knapp 20 Unternehmen aufgekauft ndash und die Verpflichtung zu hervorragender betriebli-cher Leistung machten FCI zu einem fuumlhrenden Hersteller von Steckverbindungen fuumlr die Automobil-und Telekommunikationsindustrie sowie den Verbraucher- und industriellen Elektronikmarkt Ein entscheidender Meilenstein fuumlr diesen Vormarsch war das Jahr 2005 Der amerikanische Finanzinvestor Bain Capital kaufte FCI fuumlr 107 Mrd euro Auf dem mit 1200 Herstellern stark kompetitiven Markt konnte FCI als einziges europaumlisches Unter-nehmen eine global ernst zu nehmende Position einnehmen Im Jahr 2010 erwirtschaftete die FCI-Gruppe mit 14000 Mitarbeitern an 24 Produktionsstandorten einen Umsatz von knapp 13 Mrd euro ndash dazu gehoumlrte der Elektronik- Automobil- und Mikroverbindungsbe-reich Produkte von FCI befinden sich demnach in Digitalkameras oder Diagnosegeraumlten in Krankenhaumlusern (Elektronik) in Airbags oder CD-Spielern im Auto (Automobil) und in Sim- und Bankkarten (Mikroverbindungen)

3 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Laumuno und Yuumlcesan (2012) erstellte Fallstudie bdquoLean Manufacturing at FCI The Global Challengeldquo der INSEAD Busi-ness School zuruumlck Dafuumlr wurden insbesondere die Protagonisten Yves Merel (Lean Direktor) und Pierre Vareille (CEO) interviewt Zielgerichtete On- und Offlinerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

106 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

322 Ausgangslage

Pierre Vareille der im Dezember 2007 als COO zu FCI kam loumlste zum 1 Januar 2009 Jean-Lucien Lamy als CEO und Praumlsidenten ab Lamy war vor und nach der Uumlbernahme durch Bain Capital von 2001 bis 2009 maszliggeblich an der Restrukturierung und Neuorganisation

Das rasante Wirtschafts-wachstum in Asien brachte zahlreiche neue Konkurrenten hervor

Neben innovativen Erzeugnissen (Kernkompetenz von FCI) wird zukuumlnftig die Reaktionsfaumlhigkeit des Service die Qualitaumlt der Produkte und die Zufriedenheit der Kunden erfolgsentscheidend sein

Es ist keine diesen Herausforderungen entsprechende Organisationsstruktur vorhanden

Lean Management als Leitbild einer neuen strategischen Ausrichtung zur Erreichung operativer Exzellenz etablieren

Im Mittelpunkt stehen Kundenorientierung Einbeziehung der Lieferanten die Mitarbeiter sowie bdquo leanldquo in Forschung amp Entwicklung und der Produktion

Mitarbeiter sollten dazu ausgebildet werden nicht im sondern am Unter-nehmen zu arbeiten

Verspaumltungen bei Kundenlieferungenum 43 reduziert

Reduktion von bdquounzufriedenen Kundenldquo um 61

Steigerung des EBITDA um 8

Reduzierung Durchlaufzeit um 40

Reduzierung Arbeits-kosten um 12

Ruumlckgang von Arbeits-unfaumlllen um 80

Branche Elektronik Sitz Guyancourt (FR)

FCI Gruppe

Was ist das Problem Was ist das Loumlsungskonzept Was ist der Effekt

letztendlich geht es um die Belegschaft Dies gilt immer wenn ein strategischer Plan um-gesetzt werden soll und insbesondere dann wenn es sich dabei um eine Kulturveraumlnderungdurch Lean Management handelt Nur mit den richtigen Mitarbeitern in den richtigen Positionen und unter den richtigen Rahmenbedingungen kann eine Initiative die Erwartungen erfuumlllen

Auszug

Abb 32 Lean Management bei der FCI Gruppe

10732 Lean Management bei der FCI-Gruppe

beteiligt Vareille Ingenieur mit zusaumltzlichen Studienabschluumlssen in Politik- Wirtschafts- und Finanzwissenschaften konnte Fuumlhrungserfahrung aus verschiedenen Hightechunter-nehmen vorweisen Seit seinem Einstieg als COO 2007 war er von dem rasanten Aufstieg des Steckverbinderherstellers und der damit einhergehenden globalen Dynamik trotz einer zentralisierten Struktur fasziniert Er fuumlhlte sich wohl was auch an der engen Verbindung des Produktportfolios zur Automobilindustrie ndash seine uumlber Jahre praumlferierte Branche ndash lag Aufgrund seiner Erfahrung in der Automobilbranche war Vareille mit Lean Management bestens vertraut Bereits im Maumlrz 2008 (noch als COO) verkuumlndete er auf einer Konferenz in Shanghai seine Vision von FCI bdquoEs ist unser Ziel dass wir in Bezug auf Marktanteil Umsatzwachstum Profitabilitaumlt und Mitarbeiterverantwortung der Benchmark in unserer Industrie werdenldquo Er uumlberzeugte einen ehemaligen lean-erfahrenen Weggefaumlhrten aus der Automobilindustrie davon die Herausforderung einer Lean-Implementierung anzuneh-men Ab Mai 2008 leitete Yves Merel als Lean-Direktor der FCI-Gruppe federfuumlhrend die ersten Schritte der Initiative

Als Vareille die Position des CEO 2009 annahm stattete er in den ersten zwei Mona-ten jedem der 24 Produktionsstandorte einen Besuch ab Nachdem er mit Hunderten von Mitarbeitern gesprochen hatte sah er grundlegende Veraumlnderungen auf das franzoumlsische Unternehmen zukommen Die marktbestimmenden Unternehmen die entweder aus Ame-rika oder Europa stammten definierten ihre Wettbewerbsfaumlhigkeit historisch bedingt uumlber Innovation und nicht uumlber operationale Optimierungsmaszlignahmen ndash operational Excel-lence wurde nicht als kritischer Erfolgsfaktor gesehen Vareille nahm das rasante Wirt-schaftswachstum in Asien und die damit einhergehenden zahlreichen neuen Mitspieler im Markt ernst und stellte fest dass in Zukunft neben innovativen Erzeugnissen die Re-aktionsfaumlhigkeit des Service die Qualitaumlt der Produkte und die Zufriedenheit der Kunden Schluumlsselelemente zum wirtschaftlichen Erfolg darstellten Summa summarum hielt er fest dass ein Unternehmen nur mit ausgepraumlgter Flexibilitaumlt an der es bei FCI mangelte die zukuumlnftigen Herausforderungen meistern koumlnne

Das Bild das sich Vareille beim Besuch der 24 Produktionsstandorte bot bekraumlftigte ihn und seinen Lean-Direktor darin den richtigen Hebel in Bewegung gesetzt zu haben Die konsequente Implementierung des Lean Managements war nun erst recht die Antwort auf die Frage wie man eine Justierung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens umsetzen koumlnne Lean sollte zum Leitbild des Unternehmens werden

323 Die Initiative

Vareille war uumlberzeugt davon dass wenn man etwas in den ersten 100 Tagen nicht in Bewegung bringt es sich nie bewegen wird Das Ergebnis kurz nach seiner Berufung zum CEO war ein auf vier Jahre ausgelegter Strategieplan der sich auf langfristige Ziele fokussierte Im Kern ging es um fuumlnf Vorstoumlszlige

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1 Kundenfokus Im Vordergrund stand dabei die Verbesserung von Qualitaumlt und Kun-denzufriedenheit Diese Verbesserung sollte durch die Betonung von Werten wie Reaktionsfreudigkeit Verfuumlgbarkeit und Flexibilitaumlt die Kultur des Kundenservice ver-aumlndern Keinerlei Komplikationen wie das Warten auf Ruumlckmeldung oder die Ver-fuumlgbarkeit des richtigen Ansprechpartners sollten den Kontakt mit einem Kunden beeintraumlchtigen

2 Zuliefererfokus Fuumlr einen weitreichenden Wandel mussten auch die Zulieferer mit-einbezogen werden Etliche sollten mit den FCI-Maszligstaumlben vertraut gemacht werden um eine starke Partnerschaft basierend auf Qualitaumlt Innovation und Kundenzufrieden-heit zu ermoumlglichen

3 Lean-Fokus in Forschung und Entwicklung Durch die Anwendung von Lean-Tools sollten die Verschwendung eliminiert und der Betriebsablauf effizienter gestaltet wer-den sodass mehr Raum und Zeit fuumlr Innovationen zur Verfuumlgung stehe Zusaumltzlich wurde in den folgenden Jahren durch konsequente Standardisierung im Bereich der Patentverwaltung enormes Potenzial identifiziert FCI meldete im Durchschnitt 100 Patente im Jahr an ndash 3000 Patente bildeten das Portfolio

4 Lean-Fokus in der Produktion Als Ziel wurde bdquooperationale Exzellenzldquo ausgeru-fen um die Position im kompetitiven Wettbewerbsumfeld nachhaltig zu staumlrken Dabei waren nun mittlerweile bekannte Techniken wie Kanban Poka Joke und Kaizen von Bedeutung Vareille hob aber deutlich hervor dass das Kopieren von Lean-Tools nur zu lokalen und kurzfristigen Verbesserungen fuumlhren wuumlrde ndash das Ziel war die Internalisie-rung einer auf FCI zugeschnittenen Lean-Philosophie

5 Mitarbeiterfokus Letztendlich geht es um die Belegschaft Dies gilt immer wenn ein strategischer Plan umgesetzt werden soll und insbesondere dann wenn es sich dabei um eine Kulturveraumlnderung durch Lean Management handelt Nur mit den richtigen Mitarbeitern in den richtigen Positionen und unter den richtigen Rahmenbedingungen (z B dass der Mitarbeiter nicht nur im Unternehmen sondern am Unternehmen arbei-tet) kann eine Initiative so Vareille die Erwartungen erfuumlllen

Die Initiative wurde in Singapur gestartet und zuumlgig auf alle anderen Standorte uumlbertra-gen Die folgenden Aspekte waren die Bausteine der Transformation zur Erreichung des strategischen Plans

Das Lean-Team Die Konstitution dieses Teams durch Merel war entscheidend weil die beteiligten Lean-Spezialisten wie Inhouse-Consultants fungierten und die lokalen Lean-Manager und Werksleiter des jeweiligen Standortes unterstuumltzten Dazu gehoumlrten u a der Qualitaumltsverantwortliche der FCI-Gruppe (spezialisiert auf Prozessstabilisierung und Qualitaumltsverbesserung als Six Sigma Master Black Belt) der Supply-Chain-Ver-antwortliche des Unternehmens (zur Gewaumlhrleistung einer End-to-End-Betrachtung der untersuchten Geschaumlftsfelder) und fruumlhere deutsche kanadische und chinesische Werks-leiter (die die Zustaumlnde vor Ort gut einschaumltzen konnten und zusaumltzlich bereits langjaumlhrige Lean-Erfahrung vorzuweisen hatten) Dieses Team bildete andere Mitarbeiter aus leitete Workshops und uumlberpruumlfte den Fortschritt der Initiativen

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Die Kommunikation Dabei ging es vor allem um eine robuste und funktionsfaumlhige Kommunikationsstruktur Systematische Feedback-Schleifen und Newsletter-E-Mails die Verbreitung der positiven Projektergebnisse und die Verleihung von Auszeichnungen wurden in die Routine des Alltagsgeschaumlftes integriert Die Kommunikation des Status quo wurde dabei vor allem auf Basis taumlglicher Besuche der Fertigungsbereiche (Stichwort Visual-Control) durch den jeweiligen Lean-Manager durchgefuumlhrt Innerhalb von einer Stunde hatte dieser die Produktion auf moumlgliche Hinweise fuumlr Verzoumlgerungen des Produk-tionsflusses zu untersuchen Wenn Unregelmaumlszligigkeiten auffielen wurde eine Empfehlung mit Verbesserungsvorschlaumlgen an den jeweiligen Standortleiter kommuniziert

Das Management-Commitment Es wurde Wert darauf gelegt dass Vareille und Merel mindestens ein Mal im Jahr jeden der 24 Produktionsstandorte besuchten um die Wichtig-keit der Transformation zu bekraumlftigen Gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort identi-fizierten und eliminierten die obersten Manager des Unternehmens nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten Das Signal dass Vareille die Initiative nicht nur aus seinem Buumlro anleitete sondern sie eigenstaumlndig auch in der Fertigungshalle umsetzte verfehlte seine Wirkung keineswegs

Das Lean-Learning Zum einen gab es vierteljaumlhrlich stattfindende Meetings uumlber zwei Tage in denen die Mitarbeiter voneinander lernen sollten An allen Standorten der FCI-Gruppe wurden so Erfolgserlebnisse und Lean-Erfahrungen ausgetauscht Zum anderen wurde bereits im September 2008 eine bdquoLean-Schuleldquo in Singapur eingefuumlhrt Merel ver-pflichtete sich seiner neuen Verantwortung und zog dafuumlr sogar in den asiatischen Stadt-staat Die Schulung zum Lean-Manager erfolgte in drei Bloumlcken mit jeweils drei Tagen Die praktische Umsetzung der erlernten Theorie war gewaumlhrleistet da zwischen den drei Bloumlcken jeweils ein Lean-Projekt unmittelbar umgesetzt werden musste ndash die Ergebnisse wurden am letzten Schulungstag dem CEO des Unternehmens praumlsentiert

Die Fortschrittskontrolle Zu seinem Erstaunen stellte Vareille fest dass trotz einer zentralisierten Struktur des franzoumlsischen Unternehmens jeder Produktionsstandort unter-schiedliche Berichtswesen hatte und die Erfolgsgradmesser durch die Erfahrungen und die Visionen des jeweiligen Standortverantwortlichen beeinflusst waren So war es unum-gaumlnglich ein einheitliches Set bestehend aus KPIs Zielvereinbarungen und Messbasen zu formulieren um kulturelle Veraumlnderungen zu erreichen

Ein Beispiel Fuumlr den zuvor erlaumluterten 5 Vorstoszlig der Initiative ndash den Mitarbeiterfokus ndash wurde bdquoSicherheitldquo (Anzahl der Unfaumllle) als KPI erster Ordnung definiert Vareille war uumlberrascht dass bezuumlglich der Unfaumllle keine Kennzahl am Produktionsstandort festgehal-ten wurde Gemaumlszlig seiner Erfahrung war eine solche Kennzahl ein klares Indiz dafuumlr ob ein Standort gut organisiert war Mit der Priorisierung des Sicherheitsaspektes machte er der Belegschaft deutlich wie wertvoll jeder einzelne fuumlr das Wohl des Unternehmens war

Fuumlr den KPI bdquoSicherheitldquo wurde in der Folge gemeinsam eine klare Zielsetzung verein-bart ndash z B dass die Anzahl der Unfaumllle in einem Jahr um 75 reduziert werden sollte Vareille definierte zusaumltzlich KPIs zweiter Ordnung um nachzuvollziehen welche Pro-zesse die Kennzahl bdquoSicherheitldquo beeinflussten So wurden auch das Vorschlagswesen fuumlr

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Verbesserungen der Sicherheit Arbeitsversaumlumnisse die Einhaltung von Verhaltensregeln und die personelle Fluktuation festgehalten

Der Schluumlssel zum Erfolg liegt demnach nicht in dem Wissen wie groszlig die Spitze des Eisberges ist (1 KPI Anzahl der Unfaumllle) sondern wie groszlig der Umfang des Eisberges unter Wasser ist (2 KPI Prozesse die Unfaumllle verursachen) Dafuumlr mussten derartige bdquoverdeckteldquo Prozesse systematisch evaluiert werden ndash nur so konnte schlieszliglich die bdquoSi-cherheitldquo verbessert werden

Jeden Monat wurden die KPIs im Analyse-Center in Indien auf den aktuellsten Stand gebracht Die Daten wurden in der Folge von Merel und Vareille genauer untersucht hin-terfragt und moumlgliche Maszlignahmen zeitnah abgeleitet Fuumlr den CEO der FCI-Gruppe war dabei nicht der tatsaumlchliche Wert sondern die Entwicklung der Kennzahlen von Bedeu-tung Standorte die mit Schwierigkeiten zu kaumlmpfen hatten fielen so schnell auf und konnten zielgerichtet unterstuumltzt werden Diese Unterstuumltzung wie auch die grundlegende Vermittlung des Lean-Ansatzes wurde in Form von Workshops durchgefuumlhrt

Zwei der wesentlichen Bestandteile dieser Workshops sollen im Folgenden dargestellt werden

1 SMED (Single Minute Exchange of Die) Dieses Vorgehen auf das bereits in Abschn 2344 eingegangen wurde beschreibt einen systematischen Lean-Ansatz wie man den Kunden mit Lieferungen zur richtigen Zeit zufriedenstellen kann Dabei geht es nicht darum besonders viele Materialien auf Lager zu haben um auf jedwede Anfrage reagieren zu koumlnnen ndash im Gegenteil ndash Bestaumlnde sind das bdquoFeindbildldquo dieses Ansatzes Ein SMED-Workshop bei FCI zielt darauf ab die Ruumlstzeit und somit die Anzahl der Umruumlstungen deutlich zu reduzieren und zu standardisieren ndash der Ferti-gungsfluss soll nicht gestoumlrt werden Als besonders wichtig hebt Merel die richtige Nutzung der eingesparten Zeit hervor Die Einsparungen koumlnnen zum Teil enorm sein ndash bei einem Produkt von FCI beispielsweise wurde die Ruumlstzeit von 210 min auf 10 min reduziert Dies entspricht einer Reduktion von uumlber 95 und macht das Potenzial die-ser Vorgehensweise zur Steigerung der Produktivitaumlt deutlich Kennzahlen um SMED zu nutzen waren nicht im Fertigungsprozess sondern auch bei Dienstleistungen des Unternehmens zu finden Um die Auswirkung von SMED auf den Kunden-Service festzuhalten definierte Merel die Anzahl der verspaumlteten Lieferungen an den Kunden als Kennzahl

2 QRQC (Quick Response Quality Control) Dieser Ansatz zur Qualitaumltsverbesserung konzentriert sich auf immer wiederkehrende Probleme waumlhrend des Produktionspro-zesses Die Beteiligten werden darin trainiert unverzuumlglich den Fertigungsbereich in dem das Problem aufgetreten ist aufzusuchen ndash so wie die Polizei unmittelbar den Ort eines Verbrechens aufsucht Das Problem wird demnach direkt am Arbeitsplatz mit einer unmittelbar eingeleiteten Gegenmaszlignahme angegangen Damit die tatsaumlchliche Ursache des Problems identifiziert werden kann werden die jeweiligen Mitarbeiter an Ort und Stelle befragt ndash so gehen essenzielle Informationen fuumlr eine Loumlsung des Prob-lems nicht verloren Mithilfe von fruumlheren Daten (das Problem ist in der Vergangenheit

11132 Lean Management bei der FCI-Gruppe

schon oumlfters aufgetreten) logischem Denken und einer kreativen Umsetzung der neu entwickelten Loumlsungsvorschlaumlge wurden so bei FCI etliche bdquoTask Forceldquo installiert die auftretende Probleme pragmatisch loumlsten und so Ausschuss reduzierten den jeweiligen Prozess stabilisierten und den Materialfluss regelten Die Verbesserungen wurden dabei unmittelbar von den Mitarbeitern eingebracht und nicht vom Topmanagement diktiert Dies entspricht nicht nur dem Ansatz des Mitarbeiterfokus im Rahmen der Lean Trans-formation des franzoumlsischen Steckverbinderherstellers sondern auch dem urspruumlng-lichen im Hause Toyota entwickelten Ideal der Lean-Philosophie ndash bei Toyota wurde unter bdquoUnternehmerfamilieldquo auch die Belegschaft verstanden

324 Zwischenergebnis

Zum Beginn des Jahres 2009 ndash nahezu zeitgleich mit dem Start der Lean-Initiative ndash wirk-ten sich die ersten spuumlrbaren finanziellen Erdstoumlszlige der Finanzkrise auch auf das franzoumlsi-sche Unternehmen aus Dies konfrontierte die Unternehmensfuumlhrung unweigerlich mit der Frage inwieweit es sinnvoll sei den angestoszligenen Strategieplan mit seinen fuumlnf Kernele-menten (Kundenfokus Zuliefererfokus Lean-Fokus in FampE Lean-Fokus in der Produk-tion und Mitarbeiterfokus) weiter zu verfolgen Obwohl die Initiative von Beginn an unter erschwerten Bedingungen gestartet worden war und eine Erholung der Wirtschaftslage nicht in Aussicht war bekraumlftigte Vareille sein Engagement bdquoNichts veraumlndert sich Wir werden die Lean-Implementierung fortsetzen Lean wird am Ende nicht nur unsere Mit-arbeiter und unsere Kunden gluumlcklicher machen ndash im Ergebnis werden wir mit Lean den Unternehmenswert deutlich steigernldquo (Laumuno und Yuumlcesan 2012)

Dies war keine leere Worthuumllse sondern ein klares Bekenntnis ndash ein Bekenntnis auch im Hinblick auf finanzielle Investitionen Wo alle anderen Budgets eingefroren wurden blieben die Etats fuumlr die Lean-Initiative unveraumlndert Dies galt besonders fuumlr die Reise-kosten der Beteiligten fuumlr Reisen zu Workshops Lean-Fortbildungen oder regelmaumlszligigen Besuchen der Produktionsstandorte zur Fortschrittskontrolle Die Mitarbeiter vernahmen dieses klare Signal im ersten Jahr der Transformation ndash Lean war bei FCI kein Strohfeuer sondern eine langfristige Anstrengung um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen

Im Dezember 2010 konnte Merel die Ergebnisse der vergangenen drei Jahre praumlsentie-ren Es zeichnete sich trotz der bereits erwaumlhnten schwierigen Rahmenbedingungen ein positives Bild

Kundenfokus Es war das Ziel gewesen die Beziehung zum Kunden durch keiner-lei Komplikationen zu beeintraumlchtigen bdquoMacht es unserem Kunden einfachldquo lautete das Motto Tatsaumlchlich konnten die verspaumlteten Lieferungen an Kunden von 2008 bis Ende 2010 um 43 reduziert werden Die Zielmarke von 50 wurde damit nur knapp ver-passt ndash dies sollte sich bei der Reduzierung der Kundenbeschwerden aumlndern Innerhalb von zwei Jahren konsequenter Methodenentfaltung des Lean Managements verringerte sich die Anzahl der unzufriedenen Kunden um 61 ndash die Zielmarke 50 wurde deutlich uumlberschritten

112 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Zuliefererfokus Die Zulieferer mit in den Wandel einzubeziehen bedeutete auch sich von manchen zu trennen Die Anzahl der Zulieferer nahm um 18 ab ndash von 1083 auf 888 Dies geschah ohne nennenswerte Konsequenzen denn der Absatz verbesserte sich um 18 genauso wie die Rentabilitaumlt ndash das EBITDA stieg im gleichen Zeitraum um 8

Lean-Fokus in der Wertschoumlpfung (FampE und Produktion) Vareille und Merel waren von dem Weg uumlberzeugt operationale Exzellenz durch kontinuierliche Verbesserung zu erreichen Sie setzten sich ehrgeizige Ziele So reduzierte die Umgestaltung zu einer schlanken Produktion u a die Durchlaufzeit um 40 (Ziel 50 ) und die Arbeitskosten um 12 (Ziel 25 ) Kaizen-Workshops in Singapur die unternehmensweite Anwendung von Jidoka ein bdquoflieszligenderldquo Produktionsfluss entlang sauberer und uumlbersichtlicher Ferti-gungsbereiche (durch die 5S) in allen 24 Produktionsstaumltten und standardisierte Arbeits-schritte auch in produktionsfernen Bereichen wie im Human-Resource-Management hinterlieszligen nicht nur in der Bilanz des Jahres 2010 erste Fuszligspuren sondern auch in den Koumlpfen der Mitarbeiter ndash bdquoLean wird mittlerweile als Teil der FCI-Kultur aufgefasstldquo (Laumuno und Yuumlcesan 2012)

Mitarbeiterfokus Vareille verstand unter Lean Management eine Gruppenanstrengung Er baute von Anfang an auf die Faumlhigkeiten seiner Mitarbeiter lieszlig sie ohne an dieser Stelle zu sparen gezielt und umfassend schulen ndash obwohl er den Druck der Finanzmaumlrkte im Nacken spuumlrte ndash und legte groszligen Wert auf ihre Sicherheit Im Ergebnis reduzierte er so die Anzahl der Unfaumllle um 80 und uumlbertraf damit die Zielsetzung von 75

Fuumlr die zwei Initiatoren der Initiative war klar dass sie an den richtigen Stellschrauben drehten ndash mit frischem Wind ging es in das Jahr 2011 Klar war dabei aber auch dass der Weg nicht leichter werden wuumlrde ndash bdquodie Parameter der Gleichung die wir mit Lean zu loumlsen versuchen aumlndern sich staumlndigldquo (Laumuno und Yuumlcesan 2012)

325 Fazit

Einer der nicht zu bestimmenden Parameter war die Eigentuumlmerkonstellation der FCI-Gruppe bedingt durch den Finanzinvestor Bain Capital Dieser hielt seine Investments erfahrungsgemaumlszlig zwischen drei bis fuumlnf Jahren bevor sie veraumluszligert wurden Nachdem FCI 2005 von Bain Capital aufgekauft worden war bestand die Unternehmensgruppe 2010 aus einer Automobil- Elektronik- und Mikroverbindungsparte ndash bereits Ende 2007 bevor Vareille zunaumlchst die Position des COO bei FCI uumlbernahm war eine vierte Sparte verkauft worden Der durch 14000 Mitarbeiter erwirtschaftete Gesamtumsatz der FCI-Gruppe im Jahr 2010 teilte sich auf die Automobilsparte (45 = 585 Mio euro) Elektronik-sparte (39 = 507 Mio euro) und Mikroverbindungssparte (16 = 208 Mio euro) auf Vareille vermutete schon Mitte 2011 dass es zeitnah zu einem Unternehmensverkauf kommen wuumlrde ndash dies lag zum einen daran dass bereits im Februar 2011 das Geruumlcht in der Finanz-welt kursierte Bain Capital ziehe sich aus der FCI-Gruppe zuruumlck Zum anderen lieszlig sich festhalten dass die von ihm initiierte Lean-Initiative den Wert der Gruppe fast verdoppelt hatte ndash ein Verkauf war fuumlr Bain Capital demnach interessant

113

Im Oktober 2011 war es soweit Astorg Partners ein franzoumlsischer Investor erwarb die 670 Mitarbeiter starke Mikroverbindungssparte FCI Microconnections fuumlr rund 650 Mio euro von Bain Capital Dann nach etwas mehr als drei Jahren an der Unterneh-mensspitze verabschiedete sich Vareille im Februar 2012 und begann im Maumlrz 2012 seine Taumltigkeit als CEO fuumlr Constellium ndash ein weltweit fuumlhrendes Unternehmen in der Alumi-niumherstellung mit Hauptsitz in Paris Sein alter Arbeitgeber wurde im Mai 2012 weiter zerschlagen Fuumlr rund 765 Mio euro wurde die Automobilsparte von FCI an den amerika-nischen Automobilzulieferer Delphi verkauft Im September des gleichen Jahres verlieszlig Merel die nun zersplitterte FCI-Gruppe und folgte ein weiteres Mal seinem alten Weg-gefaumlhrten ndash als bdquoCorporate Vice President EHS (Environment Health and Safety) and Lean Transformationldquo begann er bei Constellium in Paris Seine Jobbeschreibung gleicht die der letzten und beinhaltet die auf der Welt verteilten 22 Produktionsstandorte von Constellium mithilfe einer Lean-Transformation zu operationaler Exzellenz zu fuumlhren Die fruumlhere FCI-Gruppe nunmehr FCI Electronics genannt generiert einen Umsatz von rund 470 Mio euro mit 6680 Mitarbeitern

Der Lean-Ansatz profitiert von seiner klaren Struktur der Anwendbarkeit fuumlr jeden Prozess der Wertschoumlpfung und den im Vergleich zu anderen strategischen Management-methoden geringen Investitionskosten ndash das Risiko bleibt uumlberschaubar ndash wie auch bei FCI Unter dem Strich ist die Lean-Implementierung beim franzoumlsischen Steckverbinder-hersteller als erfolgreich zu bewerten Vareille und Merel gelang es aufgrund ihrer Er-fahrung in kuumlrzester Zeit sowohl messbare als auch spuumlrbare Verbesserungen zu erzielen die den Unternehmenswert erheblich steigerten Die geschilderten Ereignisse aus dem Jahr 2012 und die Realitaumlten des Geschaumlftsmodells eines Private-Equity-Unternehmens erhaumlrten dagegen den Verdacht dass dieses Engagement von vorne herein nicht auf eine nachhaltige Implementierung einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung abzielte Es waumlre an dieser Stelle weder zielfuumlhrend noch gewinnbringend uumlber die Sinnhaftigkeit dieses strategischen Vorgehens zu diskutieren oder abzuschaumltzen wie viel Profit Bain Ca-pital mit der Zerschlagung der franzoumlsischen Unternehmensgruppe FCI schlussendlich generieren konnte

Als Tatsache ist aber festzuhalten dass wenn Lean an den Beduumlrfnissen des Unter-nehmens ausgerichtet angemessen und konsequent umgesetzt wird die Hebelwirkung erstaunlich ist ndash selbst dann wenn man der Initiative nur drei Jahre Zeit gibt sich zu entfalten Um zur vollen Entfaltung zu kommen benoumltigt die Transformation zumindest eine langfristige Perspektive einen Initiator aus der Unternehmensfuumlhrung der sich nach-haltigen Zielen verpflichtet und ein durchdachtes Team-Setup ausgestattet mit viel Pra-xiserfahrung Auch wenn der letztgenannte Aspekt im Hause FCI mittlerweile vielleicht gegeben ist die zwei Treiber der Initiative haben das Unternehmen verlassen Am Man-gel der langfristigen Perspektive und des Initiators an der Unternehmensspitze besteht also kein Zweifel Demnach liegt die Vermutung nahe dass die Lean-Initiative im zuletzt noch uumlbrig gebliebenen Unternehmen FCI Electronics im Sande verlaufen wird ndash sofern dies nicht ohnehin schon geschehen ist Die zuvor aufgegriffene Aussage dass Lean zum Ende des zweiten Jahres der Initiative bereits als Teil der FCI-Kultur aufgefasst wurde

32 Lean Management bei der FCI-Gruppe

114 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

ist fraglich Sind zwei Jahre ausreichend um die Kultur eines international positionierten Produktionsunternehmens mit Standorten in Amerika Europa und Asien neu zu formen Wenn die Leistungsphilosophie von Lean demnach noch nicht in die DNA des Unter-nehmens uumlbergegangen ist wiegt der fruumlhe Verlust der beiden Initiatoren und das Nicht-existieren einer langfristigen Perspektive schwer ndash FCI ist gerade mal den ersten Schritt erfolgreich gegangen ndash dann wurde der Initiative die Luft zum Atmen genommen

33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

Eine Uumlbersicht uumlber Six Sigma bei Maple Leaf Foods gibt Abb 33

331 Unternehmensprofil

Maple Leaf Foods (MLF) ist ein fuumlhrender und global agierender Lebensmittelherstel-ler aus dem kanadischen Toronto der 1990 aus dem Zusammenschluss von Maple Leaf Mills Limited und Canada Packers entstand4 1995 wurde das Unternehmen von Wallace McCain einem erfolgreichen kanadischen Geschaumlftsmann und einer Investorengruppe der Ontario Teachers Pension Plan gekauft Heute haumllt die Familie McCain deren Sohn Michael McCain CEO ist uumlber 30 an MLF Die Art und Weise der Fuumlhrung und Unter-nehmensideale die Michael McCain von seinem mittlerweile verstorbenen Vater uumlber-nommen hat und das Unternehmen erfolgreich machten erinnern an die Fuszligspuren die Familienunternehmer des Schlages Reinhold Wuumlrth Reinhard Mohn Guumlnther Fielmann oder Otto Beisheim hinterlassen haben Er sieht seine Taumltigkeit nicht als normalen Job sondern als unbefristetes Engagement fuumlr das langfristige Wohl des Unternehmens Diese Botschaft ist keine leere Worthuumllse sondern laumlsst einen roten Faden erkennen der sich durch jede Personalentscheidung Kundenbeziehung und Unternehmensakquise zieht Das Unternehmen zaumlhlt heute knapp 20000 Mitarbeiter und machte nach harten Ruumlck-schlaumlgen in der Wirtschaftskrise bei einem Umsatz von 49 Mrd Kanadischen Dollar einen Gewinn von 82 Mio Kanadischen Dollar Seit Mai 1996 wird MLF an der bdquoToronto Stock Exchangeldquo (TSX) gefuumlhrt

4 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Mark und Golden (2003) erstellte Fallstudie bdquoMaple Leaf Foods Leading Six Sigma Changeldquo an der Richard Ivey School of Business in Ontario zuruumlck Zielgerichtete Onlinerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

11533 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

332 Ausgangslage

Zum Zeitpunkt der Six-Sigma-Einfuumlhrung beschaumlftigte das Unternehmen 12000 Mit-arbeiter und operierte mit elf unabhaumlngigen Toumlchtern (IOC ndash Akronym fuumlr Independent Operating Company) in Kanada den Vereinigten Staaten von Amerika in Europa und

rasantes Wachstum durch globale Akquisitionen verschaumlrfte das Wettbewerbsumfeld

Gesucht war eine Strategie wie man Wettbewerbsvorteile nachhaltig gewinnen kann

Ziel war kein Kosten-senkungsprogramm (Organisation war bdquokerngesund ldquo) sondern eine Qualitaumlts -verbesserungsinitiative

Etablierung von Six Sigma als unternehmensweite Initiative zur kontinuier -lichen Qualitaumlts-verbesserung aller Geschaumlftsprozesse

Im Mittelpunkt standen die langfristige Ausrichtung der Initiative (besonders durch Six Sigmas bdquomethodischen fitldquo fuumlr ein produzierendes Unternehmen) und das Wohl der Mitarbeiter(zB Ausbildung von Faumlhigkeiten)

Allein 2004 uumlberstieg der Benefit (80 Mio US-$) die Kosten fuumlr die Six-Sigma-Implementierung(13 Mio US-$)

Gewinn an Attraktivitaumltam Arbeitsmarkt (3000 Bewerber auf 33 Black-Belt-Positionen)

160 Six-Sigma-Vollzeit-kraumlfte und uumlber 85 Six-Sigma-Alumni in Fuumlhrungspositionen sind heute aktiv

bdquoKrieg gegen Fehlerldquoist Teil der Unter-nehmenskultur

Branche Nahrungsmittel Sitz Toronto (CDN)

Maple Leaf Foods Inc

Was ist das Problem Was ist das Loumlsungskonzept Was ist der Effekt

zu dieser langfristigen Perspektive passte die Art und Weise wie Michael McCain als Miteigentuumlmer das Unternehmen anfuumlhrte Die daraus resultierenden fuumlr Familienunternehmen typischen Merkmale wurden besonders darin deutlich dass nicht der kurzfristige Profit sondern das nachhaltige Bestehen eines gesunden Unternehmens am Markt im Fokus steht So nannteer Six Sigma eine bdquopersoumlnliche Lebensentscheidungldquound machte durch Aussagen wie bdquoDas ist fuumlr uns nicht irgendein Job ndash wir sind auf lange Sicht hierldquo seine Uumlberzeugung deutlich

Auszug

Abb 33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

116 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Asien Die bekanntesten dieser elf Unternehmen waren Maple Leaf Pork Maple Leaf Poultry Canada Bread Maple Leaf Consumer Foods Shur-Gain und Landmark Im Jahr 2000 stieg der Umsatz von 35 Mrd Kanadischen Dollar auf 4 Mrd Kanadische Dollar Dagegen rutschte der Reingewinn von 147 Mio Kanadischen Dollar auf 90 Mio Kana-dische Dollar ab Dieser Gewinneinbruch war aufgrund von drastisch gestiegenen Kosten in der Schweinezucht und der umfangreichen Investitionen in den Aufbau Kanadas groumlszlig-ter Schweinefleischverarbeitungsanlage absehbar Schon fuumlr die naumlchsten Jahreszahlen in 2001 wurden deutlich bessere Ergebnisse erwartet da das Unternehmen abgesehen von den angesprochenen finanziellen Irritationen gesund aufgestellt war

Um darzulegen was letztendlich zu der Implementierung von Six Sigma fuumlhrte gilt es ein Stuumlck weiter auszuholen Zunaumlchst ist zu beachten dass Six Sigma seit 1996 ndash das Jahr der bekanntesten Six-Sigma-Implementierung durch Jack Welch bei GE ndash schnell an Popularitaumlt gewann Motorola und Allied Signal waren weitere Erfolgsbeispiele und lieszligen damals auch den CEO von MLF Michael McCain aufhorchen Er verfolgte dabei aufmerksam den sozialen Aufstieg von Jack Welch ndash erste Uumlberlegungen Six Sigma auch bei MLF einzufuumlhren wurden aufgrund von fehlenden internen Ressourcen verworfen Dies sollte sich aumlndern als McCain die Bekanntschaft mit Bruce Miyashita machte ndash einem ehemaligen McKinsey Berater der als Vice President of Six Sigma bei Bombardier einem der groumlszligten Flugzeughersteller der Welt taumltig war Nach ersten Gespraumlchen war klar dass die Chemie der beiden nicht nur auf fachlicher sondern auch auf persoumlnlicher Ebene stimmte ndash eine Zusammenarbeit wurde in Angriff genommen Ruumlckblickend fuumlhren beide die folgenden Gruumlnde fuumlr die Umsetzung der Methodik auf

1 Das Unternehmen sah sich aufgrund umfangreicher Akquisitionen in der Vergangen-heit einem immer intensiveren und diversifizierteren Wettbewerb gegenuumlber Es war also essenziell sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen Der konti-nuierliche Verbesserungsansatz von Six Sigma der dies in Aussicht stellt und umfas-send und auf lange Sicht hin die Arbeitsweise in einem Unternehmen positiv veraumlndern kann erschien fuumlr McCain passend

2 Zu dieser langfristigen Perspektive passte die Art und Weise wie McCain als Miteigen-tuumlmer das Unternehmen anfuumlhrte Die daraus resultierenden familienunternehmertypi-schen Merkmale wurden besonders darin deutlich dass nicht der kurzfristige Profit sondern das nachhaltige Bestehen eines gesunden Unternehmens am Markt im Fokus steht So nannte er Six Sigma eine bdquopersoumlnliche Lebensentscheidungldquo und macht durch Aussagen wie bdquoDas ist fuumlr uns nicht irgendein Job ndash wir sind auf lange Sicht hierldquo seine Uumlberzeugung deutlich (Mark und Golden 2003 S 14)

3 Drittens wurde der Mitarbeiter als ein fester Bestandteil des Unternehmenserfolges angesehen Die Entwicklung seiner Mitarbeiter lag McCain am Herzen ndash dies praumlgte nicht nur die Unternehmenskultur sondern erklaumlrt auch die Entscheidung fuumlr Six Sigma In der Infrastruktur der Belt-Ausbildungen sah er eine wirkungsvolle und sys-tematische Vorgehensweise um die fachliche und soziale Kompetenz der Belegschaft auszubauen

11733 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

4 McCain war vom methodischen Ansatz begeistert Er war der Ansicht dass Six Sigma durch die Umsetzung eines kontinuierlichen und datenbasierten Ansatzes fuumlr saumlmtliche Geschaumlftsprozesse gut zu einem Groszligunternehmen aus dem produzierenden Gewerbe passt welches zusaumltzlich in stark unterschiedlichen Geschaumlftsbereichen operiert

5 Das Gebot der kontinuierlichen Verbesserung gehoumlrte schon vor Six Sigma zum Werte-kanon uumlber den sich MLF identifizierte5 McCain beabsichtigte die Bedeutung dieses Wertes durch einen systematischen Ansatz auszubauen ndash er war optimistisch dass die kontinuierliche Verbesserung mehr und mehr zu einem festen Bestandteil der Unterneh-mens-DNA werden wuumlrde Dabei kam es ihm nicht darauf an ob es in einem Projekt um die Prozessschritte in der Speckherstellung oder um die Serviceleistung gegenuumlber japanischen Kunden ging ndash er vertrat die Einstellung dass jeder Prozess verbesserungs-wuumlrdig sei Six Sigma bezeichnete er in diesem Zusammenhang nicht als etwas Ein-maliges sondern als Reise die erhebliche Auswirkungen auf die Struktur und Stabilitaumlt des Unternehmens hat

Es gilt festzuhalten dass der kanadische Lebensmittelhersteller zum Ende der 1990er-Jahre wirtschaftlich gut positioniert war Six Sigma wurde demnach nicht als temporaumlre Restrukturierungsmaszlignahme sondern als Qualitaumltsverbesserungskonzept eingefuumlhrt wel-ches sich nachhaltig in der Kultur des Unternehmens manifestieren sollte Die persoumlnliche Uumlberzeugung von McCain die anspruchsvollen Akquisitionen in der Vergangenheit fa-milienunternehmenstypische Eigenschaften ndash wie der unternehmerische Weitblick und die persoumlnliche Entwicklung der Mitarbeiter ndash und der Fit zwischen Methodik und Unterneh-men ndash hinsichtlich des Geschaumlftsmodells und den Wertvorstellungen ndash waren die Gruumlnde fuumlr die Six-Sigma-Implementierung

333 Die Initiative

Damit Bruce Miyashita die Implementierung bei MLF als Vice President von Six Sigma federfuumlhrend begleiten konnte wurde er zunaumlchst von Bombardier abgeworben Gleich-zeitig waren er und McCain darauf bedacht dass die Initiative nicht nur mit Miyashitas Namen in Verbindung gebracht wird damit jeder Mitarbeiter sich mit dem Vorhaben iden-tifiziert um eine nachhaltige Verinnerlichung der Methodik zu ermoumlglichen

Der Startschuss der Initiative fiel im Juli 1999 auffaumlllig leise In einem Newsletter an die Mitarbeiter wurde die Einstellung und die Ernennung von Miyashita zum bdquoVizepraumlsi-denten von Six Sigmaldquo verkuumlndet Mit Absicht beschraumlnkte sich die Kommunikation des Vorhabens auf die eher unauffaumlllige Personalentscheidung damit in den folgenden sechs Monaten die monumentale Veraumlnderung sorgfaumlltig eingeleitet werden konnte Als positi-

5 So wurden als Disclaimer der strategischen Prinzipien des Unternehmens bereits bdquoDo whatrsquos right Be performance driven Have a bias for action Continuously improve Be externally focused Dare to be transparentldquo kommuniziert

118 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

ven Nebeneffekt hoben McCain und Miyashita die wachsende Neugier der Mitarbeiter-schaft an der fremden Begrifflichkeit bdquoSix Sigmaldquo hervor Keiner der Mitarbeiter konnte sich darunter etwas Konkretes vorstellen und es hob sich begrifflich von vergangenen teils gescheiterten strategischen Managementkonzepten ab Miyashita nutzte dieses Interesse am bdquoMysterium Six Sigmaldquo indem er zielgerichtet Unterlagen verteilte die Aufschluss daruumlber gaben was die Vision die Philosophie Ausbildungswege und andere Erfolgs-beispiele von Six Sigma charakterisierten ndash dieses Vorgehen glich einer aufwendigen aber notwendigen internen Verkaufskampagne Insbesondere Miyashitas Erfahrung riet von Anfang an zu einer gruumlndlichen Kommunikation So wurden Vorurteile und falsche Vorstellungen von Six Sigma explizit adressiert

Missverstaumlndnisse bezuumlglich Six Sigmabull Six Sigma funktioniert nur in der Fertigung Die Six-Sigma-Methodik eig-

net sich fuumlr viele Geschaumlftsprozesse Ob eine Fabrik Schiffszubehoumlr aus Metall herstellt ob fluumlssiger Zellstoffbrei zu Papier umgewandelt wird oder ob Schwei-nefleisch zu einem Stuumlck Filet verarbeitet wird spielt dabei keine Rolle Die-ser Ansatz hat seine Einsatzfaumlhigkeit zusaumltzlich auch bei Geschaumlftsprozessen auszligerhalb einer Fertigungsanlage bewiesen Sei es in typischen Dienstleis-tungssektoren wie der Versicherungs- oder Finanzbranche oder in oumlffentlichen Verwaltungen

bull Six-Sigma-Qualitaumlt kostet zu viel Weit verbreitet ist das Geruumlcht dass 4-Sig-ma-Qualitaumlt (6210 Fehler bei 1 Mio Fehlermoumlglichkeiten) das Optimum sei Demnach nehme Grenznutzen der Qualitaumltssteigerungsaktivitaumlten ab 4 Sigma ab Dies entspricht nur dann der Realitaumlt wenn die Fehler reaktiv also durch Ins-pektionen behoben werden Six Sigma jedoch verfolgt einen proaktiven Ansatz ndash durch eine systematische Anwendung von Tools werden Fehler in der Wert-schoumlpfungskette erst gar nicht begangen Die Hebelwirkung ist enorm sodass die angefallenen Kosten sich nach kurzer Zeit rentieren Im Idealfall wird sich die Unternehmensfuumlhrung damit beschaumlftigen wie viel neues Personal fuumlr wert-schoumlpfende Taumltigkeiten eingestellt werden kann Damit ist es moumlglich dem zeit- und kostenintensiven Suchen und Loumlsen von Defekten einen entscheidenden Schritt voraus zu sein

bull 99-prozentige Qualitaumlt ist gut genug 99-prozentige Qualitaumlt entspricht einem Niveau von 38 Sigma Wenn man rund sieben Stunden im Monat ohne Elektrizi-taumlt auskommen muumlsste handelt es sich dabei um einen Sigma-Wert von 38 Mit einem Wert von 6 Sigma dagegen muss man nur auf sieben Sekunden Strom im Monat verzichten

bull Six Sigma ist nur TQM Der Ansatz des Total-Quality-Managements beinhaltet viele positive Aspekte Bei der Anwendung in der Praxis fehlt es haumlufig an drei wichtigen Dingen die Six Sigma explizit beruumlcksichtigt Erstens definiert sich beim TQM das Verstaumlndnis der bdquoQualitaumltldquo ausschlieszliglich uumlber den Mitarbeiter

11933 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

Dies ist auch im Sinne von Six Sigma aber die Methodik geht einen weiteren Schritt und versteht solide faktenbasierte Ergebnisse als Grundlage fuumlr Quali-taumltsverbesserungen Das Ergebnis von Six Sigma soll sich zwangslaumlufig in der Bilanz niederschlagen Durch die Eliminierung von Fehlern soll Geld gespart werden Zweitens wurden die meisten TQM-Vorhaben nach unten delegiert ndash die Qualitaumlt so das Verstaumlndnis vieler Manager lag im Verantwortungsbereich der Fertigungsarbeiter Six Sigma dagegen zielt auf eine enge Verflechtung des ganzen Unternehmens ab ndash die Verantwortung fuumlr Inhalt Ausrichtung und Erfolg der Initiative und damit auch fuumlr die Qualitaumlt der Produkte befindet sich hierar-chisch ganz oben Drittens kann die Anwendung von Tools im TQM als beliebig beschrieben werden ndash Six Sigma etabliert eine methodische Systematik mit einer Bandbreite von grundlegenden bis hin zu anspruchsvollen Werkzeugen

bull Six Sigma handelt nur von statistisch-mathematischen Gleichungen Die Konzeption von Six Sigma ist sicherlich auf ein zahlen- daten- und faktenba-siertes Vorgehen zuruumlckzufuumlhren Dennoch liegt die groumlszligte Herausforderung im Umgang mit Veraumlnderungen und einem aufgeschlossenen Fuumlhrungsstil Six Sigma eliminiert Fehler ndash doch dafuumlr muumlssen diese zunaumlchst gefunden werden Dies funktioniert nur wenn gewohnte Verhaltensweisen und verinnerlichte Denk-weisen infrage gestellt werden Das ist nicht einfach Der Anspruch kontinuierli-cher Verbesserung fordert die Veraumlnderungsbereitschaft eines jeden Mitarbeiters (dazu gehoumlren auch die Manager) heraus denn dieser muss neue Arbeitsweisen lernen und ungewohnte Aufgaben uumlbernehmen Ferner wird Six Sigma nur zu einer strategischen Verbesserung im Wettbewerb wenn die Unternehmensfuumlh-rung die Initiative nicht nur managt sondern anfuumlhrt

bull Six Sigma setzt perfekte Menschen voraus Nicht nur ein von Maschinen gesteuerter sondern auch ein personalintensiver Prozess kann 6-Sigma-Niveau erreichen Dies ist zum einen moumlglich da Six Sigma sich auf den Prozess und nicht die involvierte Persoumlnlichkeit konzentriert Mit Werkzeugen und Techni-ken wird das Verstaumlndnis des Prozesses sichergestellt um im naumlchsten Schritt das Auftreten von Fehlern unmoumlglich zu machen Zum anderen wird viel Auf-wand betrieben um die kritischen Beduumlrfnisse des Kunden zu evaluieren und zu quantifizieren Viele Fehler sind darauf zuruumlckzufuumlhren dass Kundenbeduumlrfnisse falsch eingeschaumltzt werden Ein entdeckter Fehler muss demnach nicht zwangs-laumlufig ein Fehler sein ndash es kommt darauf an wie genau die Anforderungen des Kunden definiert sind

bull Six Sigma ist nur Kostenreduktion Richtig ist dass Six Sigma eindeutig auf die Verbesserung der finanziellen Performance abzielt Falsch ist dass diese Ver-besserung ausschlieszliglich durch Kostenersparnis erzielt wird Die Verbesserung wird durch die Reduzierung der Durchlaufzeit der Bestaumlnde der Reparaturen oder der Retourware erzielt Ferner wird sie durch gewonnene Marktanteile und

120 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Zur gleichen Zeit wurde in der Vorbereitung der Six-Sigma-Implementierung bei MLF ein Prozess eingefuumlhrt der die Veraumlnderungsbereitschaft der einzelnen IOC beurteilte Die Erfahrung von McCain und Miyashita riet ihnen dass sich ein Unternehmen fuumlr eine derartige monumentale Veraumlnderung wie sie Six Sigma zur Folge hat in einer soliden wirtschaftlichen Stabilitaumlt befinden sollte Zudem war die Reaktion der einzelnen Unter-nehmen auf McCains Vorhaben zuruumlckhaltend was ihn jedoch nicht uumlberraschte Er folgt dabei der Faustregel dass 20 der Betroffenen die Veraumlnderungen aktiv unterstuumltzen weitere 20 aktiv verweigern und die restlichen 60 passiven Widerstand ausuumlben Die schwierige Aufgabe der Initiativenleitung ist es die 60 die das Veraumlnderungsvorhaben im Verborgenen ablehnen oder erst einmal abwarten wollen (die sogenannten Zaungaumlste) zu uumlberzeugen Um dies zu erreichen erklaumlrte McCain nicht die Vielfalt der vermeint-lich trockenen Six-Sigma-Toolbox sondern entwickelte eine Vision fuumlr sein Konzept und demonstrierte persoumlnlichen Einsatz So lies er sich zum BB ausbilden und trainierte zu-kuumlnftige GB Fortschritte in der Initiative wurden von ihm unternehmensweit kommuni-ziert damit auch dem letzten Mitarbeiter die Bedeutung von Six Sigma bewusst wurde Seiner Einschaumltzung nach machte der Umgang mit Widerstand den Unterschied zwischen einem temporaumlren Management-Trend und einer langfristigen strategischen Neuausrich-tung aus Die Entschlossenheit seiner Personalpolitik folgt dieser Einstellung ndash Mitarbei-tern die sich nicht von Six Sigma uumlberzeugen lieszligen wurde nahe gelegt das Unternehmen zu verlassen Diese Konsequenz erinnert an die Radikalitaumlt mit der Jack Welch General Electric anfuumlhrte

bessere Produktqualitaumlt erzielt die sich wiederum positiv auf die Reputation der Marke auswirkt Unter dem Strich beabsichtigt Six Sigma Umsatzwachstum

bull Eine Six-Sigma-Initiative besteht nur aus punktuellen Projekten Die Lan-cierung einer Six-Sigma-Initiative garantiert keinen Erfolg Wenn die Six-Sig-ma-Implementierung bei der Unternehmensfuumlhrung nicht ganz oben auf der Agenda steht entspricht das Ergebnis tatsaumlchlich nur punktuellen Projektbemuuml-hungen Die Wirksamkeit ist dann stark eingeschraumlnkt Damit sich Six Sigma flaumlchendeckend auswirkt darf keine Diskrepanz zwischen der Philosophie von Six Sigma und dem Handeln der Unternehmensexekutive entstehen Nur wenn uumlber die gesamte Organisation hinweg die gewohnten Anwendungen Strategien und Verhaltensweisen infrage gestellt werden gelingt der entscheidende Schritt und die Umsetzung gleicht nicht einem Tropfen auf den heiszligen Stein

bull Six Sigma ist ein Programm Ein Programm beginnt und endet Six Sigma erfordert gewisse Rahmenbedingungen um zu starten ndash das Ergebnis ist jedoch eine nichtendende Verbesserungseinstellung Six Sigma soll nicht das initiierte bdquoneue Konzeptldquo sein sondern bdquodas ungeschriebene Gesetz nach dem im Unter-nehmen gearbeitet wirdldquo

12133 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

Zur eigentlichen Implementierung kam es erst ein halbes Jahr nach der Einstellung von Miyashita als im Januar 2000 mit der methodischen Implementierung in zwei der elf IOCs begonnen wurde Die Initiatoren blieben damit ihrer Strategie einer schleichenden Umsetzung treu Zu diesem Zeitpunkt fanden auch die ersten Schulungen fuumlr BBs und GBs statt Die Partizipation an den verschiedenen Ausbildungen war freiwillig ndash McCain beabsichtigte damit besonders die intrinsisch motivierten Mitarbeiter fuumlr sein Unterfangen zu gewinnen da die Anforderungen an die zukuumlnftigen BB hoch waren Neben intellek-tuellen Faumlhigkeiten fachlicher Reife ndash aufbauend auf fuumlnf bis sechs Jahren Berufserfah-rung ndash und der Begeisterung fuumlr Prozessoptimierung musste der potenzielle BB ein Team-player mit ausreichend Menschenkenntnis und Selbstbewusstsein sein Die potenziellen BB unterschrieben fuumlr ein 25-taumlgiges Training und eine mindestens zwei Jahre andauernde Anstellung als BB im Unternehmen Die Kosten fuumlr einen BB wurden auf 140000 Kana-dische Dollar geschaumltzt und amortisierten sich innerhalb eines Jahres Bei 15 bis 2 durch-gefuumlhrten Projekten pro BB im Jahr ging man von einer Kosteneinsparung von 100000 Kanadischen Dollar pro Projekt aus

334 Zwischenergebnis

Die Ausrichtung der einzelnen Six-Sigma-Projekte war sehr unterschiedlich Von der Ent-wicklung eines neuen Bewerbungsprozesses fuumlr Nachwuchskraumlfte uumlber eine Standardi-sierung des Designprozesses fuumlr neue Produkte bis hin zur Untersuchung des Risikoma-nagements in der Finanzabteilung ndash die Projekte zeugten von einem flaumlchendeckenden Six Sigma Deployment Ausgehend von 14 BB in 2 IOC im Jahr 2000 wurde die Initiative bis ins Jahr 2005 auf 130 aktive BB in 10 IOC ausgebaut Allein im Jahr 2004 mit knapp 600 BB- und GB-Projekten uumlberstieg der Benefit von 80 Mio Kanadischen Dollar deutlich die Kosten von Six Sigma in Houmlhe von 13 Mio Kanadischen Dollar Positiv fiel vor allem der enorme Bewerbungsandrang fuumlr die BB-Ausbildungen ins Gewicht 3000 Bewerber auf 33 offene BB-Stellen waren ein deutliches Signal Nach fuumlnf Jahren methodischer Im-plementierung konnte die Initiative als erfolgreich bewertet werden Abgesehen von zahl-reich diagnostizierten und adressierten Qualitaumltsmaumlngeln und dem realisierten finanziellen Benefit erwies sich Six Sigma als positiver Einfluss auf die Attraktivitaumlt des Unterneh-mens am Arbeitsmarkt MLF konnte dort bei jungen Leuten mit einem bunten Blumen-strauszlig an Argumenten trumpfen (hohe Frequenz an internationalen Projekten schnelle Aufstiegsmoumlglichkeiten mit viel Verantwortung und exzellente Weiterbildung) und einen zwischenzeitlichen Mangel an weiblichen BB beheben

122 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

335 Fazit

Aus heutiger Sicht laumlsst sich eindeutig eine positive Bilanz ziehen ndash Maple Leaf Foods hat die in den letzten 13 Jahren mit einer Six-Sigma-Implementierung einhergehenden Herausforderungen erfolgreich gemeistert

Unter diese Herausforderungen fiel vor allem der Umgang mit Widerstand Dieser geht in der Regel auf individuelle Emotionen und nicht auf stichhaltige Argumente zuruumlck wodurch besonders die sozialen Kompetenzen der BB gefordert waren Der Mensch steht Veraumlnderungen sobald er selbst davon betroffen ist skeptisch gegenuumlber ndash natuumlrlich auch bei MLF Gemaumlszlig McCain versuchten einige Mitarbeiter ihren Kopf in den Sand zu stecken und abzuwarten bis der Kelch auch dieses Managementkonzeptes an ihnen voruumlbergegan-gen war In der Zwischenzeit diffamierten sie das Ziel von 34 Fehlern in einer Mio Feh-lermoumlglichkeiten als Utopie ndash diese Ansicht aumlnderte sich oft erst wenn einer Zeuge eines Projekterfolges wurde Ab einem gewissen Zeitpunkt realisierte jeder dass der Vorstand und die Anteilseigner geschlossen hinter Six Sigma standen ndash es gab kein Ausweichen

Kritisch schien zusaumltzlich dass es manchen Werksleitern peinlich war Qualitaumltsproble-me aus ihrem Verantwortungsbereich (die bislang niemand bemerkt hatte) einzugestehen Anderen fiel es schwer sich von neuen GB oder BB Fehler in den Prozessen ihres Zustaumln-digkeitsbereiches zeigen zu lassen ndash die Rolle bdquodes Heldenldquo abzugeben war fuumlr sie un-gewohnt Derartige Eitelkeiten zeigten Miyashita dass das Veraumlnderungsvorhaben nicht ideal lanciert wurde Seiner Ansicht nach ist die Faumlhigkeit Erfolge zu teilen essenziell fuumlr den Erfolg der Initiative

Problematisch war auch die Auswirkung der Initiative auf die Arbeitsweise im Unter-nehmen Bislang herrschte bei MLF eine pragmatische Arbeitskultur bdquoErst machen ndash spauml-ter fragenldquo Mit Six Sigma fielen jedoch aufwendige Untersuchungen an bevor das Pro-blem beschrieben werden konnte geschweige denn geloumlst wurde Fuumlr viele Mitarbeiter wurde so die gewohnte Arbeitsweise verzerrt Die komplexen Anforderungen der statis-tisch-mathematischen Methodik kamen als zusaumltzliche ndash bisweilen uumlberfordernde ndash Her-ausforderung dazu

Prekaumlr waren die durch die verschiedenen Ausbildungsstufen verursachten Personal-rochaden Wenn ein GB die BB-Zertifizierung erhielt und dafuumlr in einem Projekt einer anderen IOC eingesetzt wurde musste zunaumlchst die Luumlcke die er hinterlieszlig geschlossen werden Haumlufig war die Gestaltung dieses Uumlbergangs aufgrund von fehlenden personellen Ressourcen nicht nahtlos moumlglich gewesen ndash fuumlr den entstehenden Engpass und die daraus resultierenden Schwierigkeiten wurde die Six-Sigma-Methodik verantwortlich gemacht McCain hebt deswegen die Anstrengung hervor mit dem entstehenden Aumlrger so umzuge-hen dass er keine bleibenden Schaumlden am Image des Veraumlnderungsvorhabens hinterlaumlsst Es gilt einzusehen und ehrlich zu kommunizieren dass Six Sigma den Alltag zunaumlchst nicht unbedingt einfacher macht

Trotz dieser starken Nachfrage nach Personal kam es anfangs wiederholt vor dass frisch ausgebildete und hochmotivierte Belts ihr theoretisches Wissen nicht direkt anschlieszligend mit Praxiserfahrung in einem Projekt anwenden konnten Es war offensichtlich dass ein

123

Zeitraum von fast zwoumllf Monaten zwischen der Ausbildung und dem ersten Projekt die Wirkungsfaumlhigkeit eines BB einschraumlnkte Erst im Laufe einiger Jahre pendelte sich diese Konstellation von Angebot und Nachfrage bei einem Gleichgewicht ein

Wie in der Ausgangslage schon erwaumlhnt war Six Sigma aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht dringend erforderlich fuumlr den Unternehmenserfolg von MLF Das Setzen eines Veraumlnderungsimpulses durch erzeugte Unzufriedenheit mit dem Status quo war besonders in wirtschaftlich guten Zeiten eine der groumlszligten Herausforderungen fuumlr Mc-Cain und Miyashita

McCain und Miyashita gelang es mit ihrer langjaumlhrigen Berufserfahrung ihrem pas-sionierten Einsatz fuumlr Six Sigma und ihrem unmissverstaumlndlichen Commitment die auf-gezaumlhlten Herausforderungen zu bewaumlltigen Six Sigma ist in dem uumlber 150 Jahre alten Unternehmen mehr als nur ein Poster an der Wand ndash es ist mittlerweile eine unerlaumlssliche Ingredienz der Unternehmenskultur Es ging dabei von Anfang nicht um die Umsetzung von Six-Sigma-Projekten sondern um den Aufbau einer Six-Sigma-Organisation Dabei ist die Arbeitsweise faktenbasiert diszipliniert transparent und kundenfokussiert Heute sind im Unternehmen neben 160 Six-Sigma-Vollzeitkraumlften (BB GB und sonstige Spe-zialisten) uumlber 85 Six-Sigma-Alumni in den Fuumlhrungspositionen der verschiedenen IOC verteilt ndash die Methodik ist in die DNA des Unternehmens uumlbergegangen

Zweifelsohne laumlsst sich dieses Beispiel einer Six-Sigma-Implementierung als bdquobest practiceldquo bezeichnen Das methodische Leistungsversprechen einer Null-Fehler-Qualitaumlt wird nicht als kurzfristiges Ziel sondern als langfristig zu verinnerlichende Philosophie gesehen ndash diese tiefe Uumlberzeugung fing Ende der 1990er-Jahre beim CEO Michael Mc-Cain an und definiert heute jede Faser des kanadischen Unternehmens

34 Six Sigma bei der Bank of America

Einen Uumlberblick uumlber Six Sigma bei der Bank of America bietet Abb 34

341 Unternehmensprofil

Das Bestehen der Bank of America (BoA) ndash welche als eines der ersten groszligen Bank-haumluser der Welt Six Sigma implementierte ndash geht auf die Fusion der Bank America of California (Gruumlndung 1929) und der NationsBank of Charlotte (Gruumlndung 1874) aus dem Jahre 1998 zuruumlck6 Die Historie beider Kreditinstitute war durch eine Serie von Mer-gers amp Acquisitions gekennzeichnet ndash die Groumlszlige und die damit einhergehende Anzahl der

6 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Mikkilineni und Dutta (2006) erstellte Fallstudie bdquoSix Sigma A Tool to Increase Customer Satisfaction at Bank of Ame-ricaldquo am ICMR Center fuumlr Management Research in Hyderabad Indien zuruumlck Zielgerichtete On-linerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

34 Six Sigma bei der Bank of America

124 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Kunden waren seit jeher Gradmesser fuumlr den Erfolg 2000 wurde das Geschaumlftsjahr mit knapp 33 Mrd US-$ Umsatz und einem Profit von 67 Mrd US-$ abgeschlossen Mit der Ernennung von Kenneth D Lewis zum CEO der Bank im Januar 2001 kam es zu einem Vorzeichenwechsel in der Unternehmensfuumlhrung ndash von nun an sollte das in Kalifornien ansaumlssige Bankhaus mithilfe der Six-Sigma-Methodik organisch wachsen

Sehr unzufriedene Kunden resultierend aus hoher Ausfallquote

von Automaten langer Reaktionszeit

auf Service-Anfragen unterdurchschnittlicher

Serviceleistungen fehlenden Werten mit

denen sich Mitarbeiter oder Kunden identifizieren koumlnnen

Six Sigma als Methode (kontinuierliche Prozess-verbesserung durch DMAIC-Zyklus)

Six Sigma als Business-Ansatz (Qualitaumlts -orientierung und Null-Fehler -Qualitaumlt als Unternehmensgrundsatz)

Six Sigma als Fuumlhrungs-philosophie (Philosophie der Methodik als Leitfaden fuumlr alle Fuumlhrungskraumlfte)

Innerhalb nur eines Jahres Fehlerreduzierung

in Debitorenauszuumlgenum 70

Reduzierung von Betriebsstoumlrungen (Bankautomaten) um 88

Verbesserung der Bearbeitungszeit von Anfragen um 99

Anzahl von benoumltigten Klicks zur Kontoeroumlffnung um 60 reduziert

Branche Banken Sitz Charlotte (USA)

Bank of America Corporation

Was ist das Problem Was ist das Loumlsungskonzept Was ist der Effekt

die Bank of America legt ihren Schwerpunkt auf den Kunden und hat durch Six Sigma in den letzten drei Jahren die Faumlhigkeit das richtige Produkt dem richtigen Kunden zum richtigen Preis anzubieten erfolgreich ausbauen koumlnnen Wir verpflichten uns den Weg kontinuierlicher Verbesserung fortzusetzen und weiter in unsere Zukunft zu investieren um auch in den kommenden Jahren innovativ auf das Beduumlrfnis unseres Kunden zureagieren

Auszug

Abb 34 Six Sigma bei der Bank of America

12534 Six Sigma bei der Bank of America

342 Die Ausgangslage

Six Sigma zielte auf fundamentale Veraumlnderungen ab da das Ergebnis des uumlber Jahre praktizierten anorganischen Wachstums die Missachtung der Kundenzufriedenheit war In Kundenerfassungen die deutliche Defizite ans Tageslicht brachten (nur 40 der Kunden waren mit der Bank zufrieden) spiegelten sich ineffiziente Geschaumlftsprozesse in unter-durchschnittlichen Serviceleistungen wider Die Onlinesysteme stuumlrzten regelmaumlszligig ab und fuumlhrten zu Ausfaumlllen der Bankautomaten die Reaktionszeit auf Kundenanfragen war lang und die Bank verfuumlgte uumlber keine Unternehmenswerte mit denen sich der Kunde oder der Mitarbeiter identifizieren konnte Fruumlhere Verbesserungsbemuumlhungen verliefen schnell im Sand und wurden als Eintagsfliegen empfunden da es an einer systematischen Implementierung und der Unterstuumltzung aus dem Topmanagement fehlte Deswegen wid-mete sich Lewis dem aus seiner Sicht disziplinierten rigorosen und verstaumlndlichen Ansatz von Six Sigma Die im Jahr 2001 begonnene Implementierung umfasste dabei die folgen-den Bausteine

bull Six Sigma als Methode (Prozessverbesserung durch die Anwendung des DMAIC-Zy-klus)

bull Six Sigma als Business-Ansatz (Qualitaumltsorientierung und Null-Fehler-Philosophie als Grundsaumltze des Unternehmens)

bull Six Sigma als Fuumlhrungsphilosophie (Leitfaden fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte des gesamten Unternehmens)

Hervorzuheben ist dass die Six-Sigma-Konzeption urspruumlnglich fuumlr Geschaumlftsprozesse im produzierenden Gewerbe entwickelt worden war Es war die American Express Company die ab 1998 als erstes Unternehmen mit Erfolg die Methodik auch im Dienstleistungsbe-reich anwendete ndash auch im Service gibt es zu verbessernde defekte Geschaumlftsprozesse und Produkte Die Qualitaumlt und Quantitaumlt einer Dienstleistung zu messen (Verkaufsgespraumlch eines Bankberaters) faumlllt dabei deutlich schwerer als die eines Produktes (Fertigstellung eines Autos) Es sticht hervor dass hinsichtlich der Qualitaumlt und Quantitaumlt einer Dienst-leistung die Rolle des Mitarbeiters eine exponierte Stellung einnimmt

Das Ziel von Six Sigma in Serviceunternehmen ist eher die Wertsteigerung fuumlr den Kunden bei einer einzelnen Transaktion als die Sicherstellung einer groszligen Anzahl von Transaktionen Fuumlr die BoA bedeutete dies dass es wichtiger war den schon existierenden Kunden endlich bdquoeine Weltklasseperformance zu bietenldquo als neue Kundschaft zu akqui-rieren

343 Die Initiative

Fuumlr Lewis war Six Sigma keine Eintagsfliege Um ein deutliches Signal an die Mitarbeiter zu senden uumlbernahm er persoumlnlich die Verantwortung fuumlr das erste Green-Belt-Projekt

126 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Dabei wurden Loumlsungsansaumltze fuumlr den Umgang mit Kundenbeschwerden die an das houml-here Management weiter geleitet wurden erarbeitet Wenige Jahre spaumlter fuumlhrte Lewis die folgenden Beweggruumlnde fuumlr die Involvierung in das erste Projekt an (vgl Mikkilineni und Dutta 2006)

bull Obwohl manch ein Mitarbeiter uumlberrascht war dass der CEO sich eines GB-Projektes annimmt wurde dadurch die klare Botschaft vermittelt dass Six Sigma die kompro-misslose Unterstuumltzung der Fuumlhrungsspitze besitzt

bull Lewis beabsichtigte genau nachzuvollziehen mit welchen Werkzeugen und Techniken sich seine Mitarbeiter in Zukunft auseinandersetzen wuumlrden um die gleiche Sprache zu sprechen

bull Die Notwendigkeit sich den Problemen des Kunden anzunehmen war nicht laumlnger zu ignorieren ndash er sprach von 20000 Kundenbeschwerden die zu einem groszligen Teil auf seinem Schreibtisch landeten

Durch das analytische Vorgehen von Six Sigma konnte beobachtet werden dass im Ver-trieb nur 20 der Mitarbeiter 80 des Absatzes generierten Die BoA entwickelte in der Folge ein Messsystem mit klaren Zielvorgaben fuumlr jede Abteilung und jeden Banker Jeder Mitarbeiter hatte von nun an eine Mindestquote am Tag zu erreichen

Die systematische Evaluierung der VoC und CtQs deckte die Stellen mit besonderem Verbesserungspotenzial im Unternehmen auf Die Bank begann die Beduumlrfnisse und Er-wartungen ihrer Kundschaft zu verstehen Ein Benchmark von 90 Kundenzufriedenheit wurde fixiert Wo man sich fruumlher mit bdquozufriedenenldquo Kunden begnuumlgte (Bewertung von 6 oder 7 auf einer Skala von 1 bis 10) zaumlhlten von nun an nur noch bdquouumlberzeugteldquo Kunden (Bewertung von 9 oder 10) Vor allem letztere Kunden neigten dazu eine nachhaltige Beziehung zur Bank aufrechtzuerhalten Um eine solche langfristige Kundenbeziehung aufzubauen wurde zum einen der Anspruch von einer bdquoWeltklasseperformanceldquo auf alle Kundensegmente uumlbertragen (vom Kunden als Individuum uumlber ein Start-up bis hin zu einer groszligen Unternehmenseinheit) Zum anderen ging es bei Beratungsgespraumlchen nicht mehr nur darum was man verkauft sondern wie man dem Kunden am besten entgegen-kommen kann Der Wert einer Kundenbeziehung wog schwerer als das angebotene Pro-dukt

Damit sich die Erfahrungswerte des Kunden mit dem elektronischen oder computerba-sierten Serviceangebot (Bankautomat Telefon- und Onlinebanking) verbesserten wurden mithilfe des statistisch-mathematischen Vorgehens Fehler und Wartezeiten behoben

Six Sigma wurde in jedem Teil der Wertschoumlpfungskette angewandt um das Verbes-serungspotenzial umfassend auszuschoumlpfen Durch flaumlchendeckende Prozess- und Feh-leranalysen sollte die Bereitstellung der Serviceleistung effizienter gestaltet werden Fuumlr Lewis war von Beginn an klar dass der Benefit der Implementierung sich nicht nur auf die operationale Infrastruktur beschraumlnken durfte Seiner Ansicht nach fuumlhrte Six Sigma

12734 Six Sigma bei der Bank of America

immer zu einer kulturellen Transformation Ein Resultat dessen war die Formulierung von fuumlnf Grundwerten der BoA (vgl Mikkilineni und Dutta 2006)

1 Das Richtige tun Jeder Mitarbeiter besitzt die Freiheit Autoritaumlt und Verantwortung zu jedem Zeitpunkt das Richtige fuumlr unsere Klienten Kunden und unsere Mitarbeiter zu tun

2 Vertrauen und Teamarbeit Wir vertrauen einander und sind gemeinsam erfolgreich Wir uumlbernehmen kollektive Verantwortung fuumlr die Qualitaumlt die wir unseren Kunden bereitstellen

3 Leistungsgesellschaft Wir helfen unseren Arbeitskollegen dabei ihr volles Potenzial auszuschoumlpfen und konzentrieren uns auf das Endergebnis Dabei respektieren und schaumltzen wir einander

4 Gewinnen Leidenschaftlich erzielen wir unsere Ergebnisse und gewinnen ndash fuumlr unsere Kunden Arbeitskollegen und Anteilseigner

5 Fuumlhrungsstil Wir sind entschlussfreudig auf jedem hierarchischen Level und bauen unsere Zukunft durch Taten und Visionen

Fuumlr die kulturelle Transformation war es entscheidend dass jedes Projektteam von einem BB oder MBB betreut wurde Fruumlh auftretender Widerstand konnte durch die Einfuumlhrung einer woumlchentlichen Scorecard in einen fairen internen Wettbewerb umgewandelt werden Als die Mitarbeiter dadurch nachvollziehen konnten welchen Mehrwert die einzelnen Projekte generierten verflogen nicht nur die letzten Zweifel am methodischen Ansatz sondern es entwickelte sich eine breite Zustimmung und aktive Partizipation an der sys-tematischen Qualitaumltsbemuumlhung Auch das Belohnungssystem der Bank passte sich an die neuen Rahmenbedingungen an Nicht fuumlr die Akquise von neuen Kunden sondern fuumlr den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen wurden offiziell Preise an die Mitarbeiter verliehen

344 Zwischenergebnis

Die von Lewis eingeleitete Intervention in den gewohnten Geschaumlftsablauf der BoA war radikal Schon zu Beginn des Jahres 2002 lieszligen sich erste Erfolge erkennen Das ers-te umfassende GB-Projekt reduzierte Fehler in den Debitorenauszuumlgen der Kunden in-nerhalb des ersten Jahres um 70 Die Projekte die sich mit den elektronischen und computerbasierten Serviceangeboten (Bankautomat Telefon- und Onlinebanking) ausei-nandersetzten reduzierten Betriebsstoumlrungen und Defekte im ersten Jahr um 88 Die Bearbeitungszeit von Kontenanfragen durch die Kunden der Bank of America konnte von drei Tagen auf zehn Minuten gesenkt werden was einer Senkung um uumlber 99 entspricht Mithilfe von Six Sigma wurde die Anzahl der Klicks die fuumlr die Eroumlffnung eines On-line-Kontos noumltig waren von zehn auf vier reduziert Bis 2003 gelang es die Anzahl der

128 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

bdquouumlberzeugtenldquo Kunden (Bewertung von 9 oder 10 auf einer Skala von 1 bis 10) von 40 auf 50 zu steigern und zusaumltzlich ndash ohne explizite Absicht ndash 25 Mio Neukunden zu gewinnen Im Jahr 2003 stieg die Anzahl der Konten um 1 Mio die Anzahl der Zahlungs-vorgaumlnge die an einem Tag abgewickelt werden konnten stieg um 36 und die Zeit die gebraucht wurde um eine neue Filiale zu eroumlffnen wurde um 100 Tage reduziert Bis 2004 wurden 5000 Mitarbeitern die Zertifizierung des GB und 300 die des BB ver-liehen Bis 2005 hatten 80 der Fuumlhrungskraumlfte entweder die Ausbildung zum GB oder BB abgeschlossen Die BoA wurde die groumlszligte amerikanische Kundenkreditbank mit 5800 Bankfilialen und 16700 Bankautomaten in den USA Der Umsatz im Jahr 2004 belief sich auf fast 49 Mrd US-$ (im Jahr 2000 waren es 33 Mrd US-$) und der Profit auf knapp 14 Mrd US-$ (im Jahr 2000 waren es 75 Mrd$) Nach eigenen Angaben war das Kredit-haus im Jahr 2004 das fuumlnftprofitabelste Unternehmen auf der Welt mit 34 Mio Kunden-beziehungen und 8000 Transaktionen pro Sekunde

Die Bank of America legt ihren Schwerpunkt auf den Kunden und hat durch Six Sigma in den letzten drei Jahren die Faumlhigkeit das richtige Produkt dem richtigen Kunden zum richtigen Preis anzubieten erfolgreich ausbauen koumlnnen Wir verpflichten uns den Weg kontinuierli-cher Verbesserung fortzusetzen und weiter in unsere Zukunft zu investieren um auch in den kommenden Jahren innovativ auf das Beduumlrfnis unseres Kunden zu reagieren (Mikkilineni und Dutta 2006 S 1)

Kenneth D Lewis Praumlsident und CEO Bank of America Corporation in 2004

345 Fazit

Die technische Umsetzung der Six-Sigma-Methodik seit 2001 ist auch aus heutiger Sicht positiv zu bewerten Der Projektnutzen lag nach vier Jahren bei 15 Mrd US-$ Einsparun-gen als sogenannter Net-Benefit Die Produktivitaumlt Genauigkeit und Kundenzufriedenheit wurden gesteigert Fehlerquellen und Wartezeiten wurden reduziert und durch eine kultu-relle Transformation ruumlckten der Kundenfokus und der Qualitaumltsanspruch unternehmens-weit in den Mittelpunkt der Wertschoumlpfung Durch die Freistellung von Kapital wurden strategische Investitionen ndash wie der Merger mit FleetBoston Financial im Jahr 2004 ndash moumlglich Seit 2006 war die Bank Amerikas groumlszligtes Kreditinstitut und gehoumlrte 2008 noch zu den teuersten Marken der Welt ndash dann platzte die Immobilienblase die Grundmauern der Finanzwelt wurden erschuumlttert und die BoA war eine der groszligen Verliererinnen Dies lag im Wesentlichen an den fatalen Fehlkaumlufen ndash der Investmentbank Merril Lynch und des einst groumlszligten US-Immobilienfinanzierers Countrywide ndash in Houmlhe von 50 Mrd US-$ An den Uumlbernahmen die zuvor als seltene Chance mit Synergieeffekten beschrieben wur-den uumlberhob sich die BoA ndash Ende 2009 schied der fuumlr die Six-Sigma-Implementierung maszliggeblich verantwortliche CEO Lewis aus dem Unternehmen Die Groszligbank wurde vom Staat gerettet weil sie als systemrelevant eingestuft wurde Obwohl das Bankhaus die Staatshilfen mittlerweile vollstaumlndig zuruumlckgezahlt hat uumlberschatten die Altlasten bis

129

heute das Tagesgeschaumlft der Bank unter der Regie des neuen CEO Brian Moynihan Ver-schiedene Vergleiche mit Immobilienfinanzierern und einer Investorengruppe kosteten die Bank im Jahr 2011 etliche Milliarden Dollar Im Herbst 2012 wurde die Bank sogar von der US-Regierung auf Schadensersatz wegen des Verkaufs minderwertiger Hypotheken waumlhrend der Finanzkrise verklagt Die Nachbeben der Finanzkrise halten also an ndash mitt-lerweile sendet das operative Geschaumlft der Bank of America aber wieder positive Signale

Unter Beruumlcksichtigung der verheerenden Veraumlnderungen die seit der Lehman-Pleite im Herbst 2008 insbesondere die Finanzwelt und somit auch die Bank of America in ihrer grundlegenden oumlkonomischen Struktur durcheinanderbrachten faumlllt es schwer die ver-gangenen zwoumllf Jahre seit Beginn der Six-Sigma-Implementierung bis heute als Gesamtes zu betrachten

1 Die Einfuumlhrung und flaumlchendeckende Umsetzung von 2001 bis 2006 ist wie bereits dargestellt zweifelsfrei als erfolgreich zu bewerten Ausschlaggebend dafuumlr ist Lewisrsquo kompromisslose Uumlberzeugung von Six Sigma der gezielte Einkauf von Expertise und eine sorgfaumlltige Projektportfolioplanung die durch schnelle Erfolge nach kurzer Zeit die Belegschaft von der strategischen Richtungsaumlnderung uumlberzeugte Die erzielten Ergebnisse sprechen zusaumltzlich eine deutliche Sprache Als Randnotiz ist zu beachten dass 2001 die Ausgangslage der Bank dem neuen CEO entgegenkam Die Qualitaumlt des Service und die damit einhergehende Kundenzufriedenheit waren so schlecht dass womoumlglich jeder Verbesserungsansatz mit dem Ziel der Qualitaumltssteigerung zunaumlchst erfolgreich gewesen waumlre

2 Ab 20072008 sind die fundamental neuen Rahmenbedingungen zu beruumlcksichtigen Die Finanzkrise und die verhaumlngnisvolle Uumlbernahme zweier maroder Unternehmen ndash das Leistungsversprechen von Six Sigma beinhaltet keinen Schutz vor strategischen Fehlentscheidungen ndash draumlngte das Kredithaus an den existenziellen Abgrund Waumlhrend des turbulenten Strukturwandels in der Finanzkrise in dem betriebswirtschaftliche Strategien und volkswirtschaftliche Modelle ad absurdum gefuumlhrt wurden scheint man sich primaumlr auf das grundsaumltzliche Uumlberleben am Markt und nicht auf die Sicherstel-lung zufriedener Kunden konzentriert zu haben Hinzu kommt dass die entscheidende Person der Six-Sigma-Initiative das Unternehmen verlieszlig ndash der personelle Wechsel an der Unternehmensspitze und die sich moumlglicherweise daraus ergebende Neujustierung der Unternehmensstrategie und Fuumlhrungsphilosophie ist nicht zu vernachlaumlssigen

Dennoch gilt es festzuhalten dass sich das Unternehmen welches uumlber 275000 Mit-arbeiter zaumlhlt und uumlber 90 Mrd US-$ Umsatz erwirtschaftet durch die Abteilung fuumlr Qualitaumlt und Produktivitaumlt (QampP) bis heute explizit zur Wirkungsfaumlhigkeit des Werk-zeugbaukastens und der Methodenvielfalt von Six Sigma bekennt Qualitaumlt wird dabei als fester Bestandteil der Unternehmenskultur verstanden um Effizienz Kostenerspar-nis Umsatzsteigerung und Kundenzufriedenheit zu erzielen Auch die Relevanz des Kundenbeduumlrfnisses und der fuumlnf Grundwerte die in leicht modifizierter Form noch immer bestehen lassen erahnen dass die Six-Sigma-Initiative nachhaltige Spuren in der DNA des Unternehmens hinterlassen hat

34 Six Sigma bei der Bank of America

130 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

351 Unternehmensprofil

Die Best Buy Company Inc (BeBu) ist ein 1966 gegruumlndetes US-amerikanisches Unter-nehmen das mit 167000 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp 51 Mrd US-$ im Einzel-

Fragen wie bdquoWer sind unsere Kundenldquo bdquoWorauf basieren unsere Entscheidungenldquo und bdquoWie haumlngen einzelne Prozesse zusammenldquo

sich als bdquoFaumlhigkeitldquo des

ndash

Abb 35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

13135 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

handel der Unterhaltungselektronik erwirtschaftet7 Die Unternehmenshistorie beschreibt das Lebenswerk des Gruumlnders und Selfmade-Milliardaumlrs Richard Schulze der mit 25 Jah-ren erste Audiogeraumlte verkaufte eine Ladenkette aufbaute und daraus den weltweit groumlszlig-ten Elektronikhaumlndler schuf Ausgehend vom Hauptsitz des Unternehmens in Richfield Minnesota beinhaltet das Produktportfolio Computer Software Videospiele Musik-DVDs Mobiltelefone Digital- und Videokameras sowie verschiedene Haushaltsgeraumlte wie Geschirrspuumller Trockner und Gefrierschraumlnke Seit 2008 setzte das Unternehmen die aggressive und zum groumlszligten Teil internationale Expansion auch auf europaumlischem Boden fort ndash in Deutschland ist BeBu unter dem Markennamen The Phone House aktiv und beschaumlftigt dabei 800 Mitarbeiter die mobile Kommunikationsendgeraumlte und Notebooks vertreiben The Phone House sollte dabei als Speerspitze beim Angriff auf den zur Metro-gruppe gehoumlrenden europaumlischen Marktfuumlhrer Media-Saturn dienen ndash ernsthafte Ambitio-nen blieben bis heute aber aus

Der amerikanische Mutterkonzern durch das Forbes Magazin u a als bdquoUnternehmen des Jahres 2004ldquo geadelt operiert heute mit einem Kundennetzwerk von uumlber 16 Mrd Einkaumlufen pro Jahr (zusammengesetzt aus online mobilen und in der Filiale getaumltigten Einkaumlufen) und greift auf ein Filialnetz mit weit mehr als 1100 Standorten allein in Ameri-ka zuruumlck Andauernder Innovationsdrang und neue Ideen im Hinblick auf die Zufrieden-stellung des Kunden und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander sind dabei nach Angaben des Unternehmens die Ingredienzen des Erfolges Im Mittelpunkt steht nicht das Produkt sondern der Kunde Dies war nicht immer der Fall ndash es stellt sich die Frage welche Rolle Lean Sigma bei dieser Entwicklung gespielt hat Die folgenden Sei-ten werfen einen genauen Blick hinter die Kulissen des amerikanischen Einzelhaumlndlers

Beispiel TwelpforceExemplarisch fuumlr den Innovationsdrang laumlsst sich der Twitterkanal Twelpforce von Best Buy anfuumlhren Hinter dieser Wortkreation versteckt sich eine freiwillige moderne und digitale Armee von Mitarbeitern des Elektrohaumlndlers die rund um die Uhr Fra-gen via Twitter beantwortet Durch dieses interne Crowdsourcing fuumlr Hilfesuchende soll nicht der Umsatz gesteigert sondern technische Hilfe ndash kurz bdquotwelpldquo ndash angebo-ten werden 2010 gewann Best Buy im Rahmen eines Kreativitaumltswettbewerbes mit bdquoTwelpforceldquo den bdquoTitanium Grand Prixldquo in Cannes Das Unternehmen hebt auch die internen Vorteile hervor So verbessert bdquoTwelpforceldquo den Kommunikationsfluss der beteiligten Mitarbeiter untereinander Der Twitterkanal ist nicht nur serviceorientiertes Marketing sondern fungiert auch als Netzwerk denn Mitarbeiter die aumlhnliche Prob-leme zu loumlsen haben greifen auch auf bdquoTwelpforceldquo zuruumlck Am Ende kann man von einem pausenlosen Kompetenztraining fuumlr die Mitarbeiter sprechen

7 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Perkins und Rao (2011) erstellte Fallstudie bdquoBest Buy Merging Lean Six Sigma with Innovationldquo des Babson College zu-ruumlck Zielgerichtete On- und Offlinerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

132 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

352 Ausgangslage

Die Wertschoumlpfung des Unternehmens definierte sich uumlber die Forcierung der kreativen Kapazitaumlten der Mitarbeiter ndash das daraus resultierende Ergebnis der Innovation war seit je her BeBus Steckenpferd Die Mitarbeiter wurden darin unterstuumltzt eigene Arbeitsweisen und gewohnte Prozesse infrage zu stellen um unternehmerisch im eigenen Arbeitsumfeld aktiv zu werden Sowohl Erfolge als auch Misserfolge wurden gleichwertig als Lerneffekt angesehen ndash die wichtigsten Elemente dieser Fuumlhrungskultur und Strategieausrichtung zur Forcierung von Innovation sollen kurz erlaumlutert werden um den Eindruck der BeBu-DNA zu verdeutlichen

Experimentierfreudige Basis Hauptaufgabe der Fuumlhrungsriege von BeBu war die Ge-waumlhrleistung von ausreichend Freiheit damit die Belegschaft (insbesondere das mittlere Management) mit innovativen Vorhaben und neuen Konzepten experimentieren konnte Die Unternehmenskultur definierte sich uumlber die Auffassung dass Innovation nicht die Aufgabe einer einzelnen Abteilung war ndash schon gar nicht sollte sie von bdquoobenldquo angeordnet werden Der Leitspruch war dass jeder Mitarbeiter fuumlr die innovative Zukunft der Firma verantwortlich ist

Selbstbewusste Belegschaft Wenn jeder Mitarbeiter fuumlr Innovation verantwortlich ist werden auch die Faumlhigkeiten eines jeden betont BeBu identifizierte die Staumlrken der Mit-arbeiter und ermutigte diese ihre Begabungen wirksamer zur Geltung zu bringen Dafuumlr wurden Projektteams haumlufig so konstituiert dass sich die Faumlhigkeiten der Projektmitglie-der ergaumlnzten Ein bdquokreativer Kopfldquo wuumlrde demnach mit einem bdquokonsequenten Pragmati-kerldquo und einem bdquokommunikativen Diplomatenldquo zusammen arbeiten Um die dynamischen Eigenheiten der Mitarbeiter zu beruumlcksichtigen griff BeBu auf erprobte Systematiken wie das Gallup-Prinzip (Entwicklungsplan des Mitarbeiters auf seinen Staumlrken aufbauen) oder die BELBIN-Methode (gem der Theorie dass Teams dann effektiv arbeiten wenn sie he-terogen zusammengesetzt sind) zuruumlck Dieser Ansatz zeigte sich deutlich im Alltag wie das folgende Zitat eines Angestellten belegt bdquoMitarbeiter begannen ihre Top-5-Staumlrken an die Buumlrotuumlr zu haumlngen und in der E-Mail-Signatur zu vermerken ndash die ersten 15 min einer Konversation mit einem neuen Kollegen handelten von den jeweiligen Faumlhigkeitenldquo (Perkins und Rao 2011)

Gelebtes Vertrauen Ein auf der Betonung von Staumlrken aufbauender und wesentlicher Bestandteil der systematischen Foumlrderung von Innovation war Vertrauen Mitarbeiter er-hielten groszligzuumlgige Spielraumlume zur Erreichung ihrer Ziele und wurden auf Monats- oder Quartalsbasis zur Rechenschaft gezogen Ein Manager beschreibt das Resultat dieses praktizierten Dreiklangs aus bdquoStaumlrken Vertrauen und Performanceldquo bdquoMan muss die Tauml-tigkeiten der Mitarbeiter an ihren Staumlrken ausrichten ihnen die Spielregeln erklaumlren und sie dann arbeiten lassen Wenn sie ausreichend Freiheit und Vertrauen dafuumlr bekommen werden die Zielvorgaben in 90 der Faumllle uumlberschritten Genau dort beginnt die kreative und innovative Energie bei Best Buyldquo (Perkins und Rao 2011)

Besonders deutlich wird die Auspraumlgung dieser mutigen Arbeitsweise durch die seit 2005 eingefuumlhrte Vorgehensweise ROWE (Akronym fuumlr Results-Only Work Environ-

13335 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

ment) Demnach arbeitet jeder wann wo und wie lange es ihm gefaumlllt solange die zu erledigenden Aufgaben ausgefuumlhrt und zu erreichenden Ziele erreicht werden ndash Ausreden werden nicht mehr akzeptiert ROWE wurde durch zwei Mitarbeiter von BeBu entwickelt um die hohe Mitarbeiterfluktuation einzudaumlmmen Das Experiment im Hauptsitz in Min-nesota wurde nicht als Freifahrtschein zum Faulenzen missbraucht sondern wirkte sich positiv auf die Performance aus (die Produktivitaumlt stieg in den naumlchsten zwei Jahren um durchschnittlich 35 und die Kuumlndigungen nahmen um 75 ab) ndash seit 2008 richten sich alle 4000 Mitarbeiter am Firmensitz nach der ROWE-Arbeitsweise Niemand vergleicht mehr seine Anzahl an Arbeitsstunden es gibt keine verpflichtenden Meetings und wenn sich jemand einen Mittagsschlaf goumlnnen moumlchte ist dies kein Problem ndash es bemerkt ohne-hin niemand weil kaum einer im Office ist sondern eher von zu Hause aus arbeitet

Andauernde Unterstuumltzung Wie bereits erwaumlhnt wurden neue Ideen wie ROWE von der Unternehmensleitung nicht nur willkommen geheiszligen sondern auch aktiv gefoumlrdert Wenn ein neues Experiment scheiterte lies man kein bdquoGras wachsenldquo sondern bdquofeier-teldquo im Rahmen eines bdquoForum fuumlr Misserfolgeldquo das Experiment Dabei wurde untersucht warum das Vorhaben scheiterte und welche Ruumlckschluumlsse man durch die Erfahrungen auf zukuumlnftige Opportunitaumlten ziehen konnte Die Fuumlhrungskraumlfte nutzten die Gelegenheit haumlufig um die gescheiterten Projektleiter in ihr neues Aufgabengebiet einzufuumlhren Das Credo lautet bdquoAn die Grenzen zu gehen und Fehler zu machen ist in Ordnung ndash es gibt ein Leben danachldquo (Perkins und Rao 2011)

Die Ermutigung zum Experimentieren ein Bewusstsein dass jeder Mitarbeiter ge-braucht wird systematisch gefoumlrdertes Selbstbewusstsein der Mut zu vertrauen und kompromisslose Unterstuumltzung auch wenn Fehler gemacht wurden charakterisierten das Erfolgsrezept von Best Buy ndash die Innovation Innovation war nicht zuletzt auch der An-trieb einer rapiden erst nationalen und dann internationalen Expansion Eine Kehrseite der Medaille gab es dennoch denn innere Probleme werden nicht durch Expansion geloumlst Immer mehr bdquoBig Blue-Boxesldquo (wie die blau-gelben Filialen aufgrund der prominenten Erscheinung genannt werden) nahmen den Aufruf zu mehr Eigenverantwortung und Ex-perimentierfreudigkeit woumlrtlich Lokale Initiativen wiesen zum Teil signifikante Erfolge auf ndash verursachten aber immer haumlufiger desastroumlse Ergebnisse Denn nicht jeder Store verfuumlgte uumlber die Kompetenzen Qualitaumltsstandards einzuhalten und die Marke bdquoBest Buyldquo adaumlquat zu praumlsentieren ndash lokale Innovation fuumlhrte zu gestiegener Komplexitaumlt des Unter-nehmens und damit im Ergebnis unweigerlich zur Reduzierung der Effektivitaumlt Eine uumlber Jahre praktizierte Verhaltensweise wurde zu einem unkalkulierbaren Risiko wie ein Ma-nager beschreibt bdquoDer Innovationsdrang geriet aus der Bahn Innovation beschreibt nicht alles Erdenkliche im Kopf des Mitarbeiters Ohne Spielregeln ist Innovation gefaumlhrlich Ohne Spielregeln ist sie unternehmerischer Suizidldquo (Perkins und Rao 2011)

Als das Wachstum des Unternehmens an seine Grenzen stieszlig stolperten immer mehr Manager uumlber ineffiziente Prozesse und begannen genauer darauf zu achten wie die Wert-schoumlpfung von BeBu vonstatten ging Es kamen Fragen auf Wer sind unsere Kunden Worauf basieren wir unsere Entscheidungen Wie haumlngen die einzelnen Prozesse im Unternehmen zusammen Wie optimieren wir unseren Ressourceneinsatz Wie koumlnnen wir den Erfolg unserer zahlreichen Innovationsvorhaben messen

134 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Uumlber etliche Monate beschaumlftigte dieses Thema Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiter Mo-natelang wurde eruiert welches methodische Vorgehen am geeignetsten sei ndash Plaumlne wur-den geschmiedet und zahlreiche Tools unter die Lupe genommen Anfang des Jahres 2005 uumlberzeugte dann ein kleiner Kreis von Managern die Unternehmensfuumlhrung von dem potenzialtraumlchtigen Leistungsversprechen Lean Sigmas Lean Sigma einem statistischen Prozess- und Qualitaumltsverbesserungsansatz wurde zugetraut Antworten auf die offenen Fragen zu finden und nachhaltige Loumlsungsvorschlaumlge zu generieren

353 Die Initiative

Mit dem Segen des Vorstands initiierte im Maumlrz 2005 der kleine Kreis von Managern im Rahmen einer dreitaumlgigen Veranstaltung den Kick-Off der Initiative Die Einfuumlhrung in das Lean-Sigma-Konzept und dessen Werkzeugkasten richtete sich an die Top-30-Mana-ger von BeBu Die Mehrheit der Anwesenden aumluszligerte ihre Begeisterung gegenuumlber dem Leistungsversprechen von Lean Sigmas Der damalige CEO Brad Anderson ndash fuumlr viele Jahre die rechte Hand des Gruumlnders Schulze ndash forderte zum Abschluss des Events die Umsetzung von Lean Sigma Er betonte die Wichtigkeit der zuvor angesprochenen Philo-sophie einer experimentierfreudigen Basis des Unternehmens Die Erwartungserfuumlllung liege demnach nicht nur in der Hand der Initiativenleitung sondern jeder einzelne Mana-ger und Mitarbeiter muumlsse sich seiner Verantwortlichkeit bewusst sein ndash nur dann gebe es positive Erfolgsaussichten

Ein Grundstein der Initiative war die Zusammenarbeit mit einem auf diesem Gebiet der Prozessoptimierung erfahrenen Partner das texanische George Group Consulting Die Beratung verfolgte dabei die Strategie einer Hilfe zur Selbsthilfe ndash ganz im Sinne eines Sparringpartners Das Ziel war der zuumlgige Aufbau einer Lean-Sigma-Kompetenz sodass die Initiative schon bald auf eigenen Fuumlszligen stehen konnte Die Beratung etablierte in der Folge primaumlr die Schulungsstruktur der Belt-Hierarchie und initiierte die ersten Projekte Von den ausgebildeten Black Belts wurden fuumlnf zuumlgig zu Master Black Belts weitergebil-det um die anschlieszligenden Projekte leiten zu koumlnnen Den Beratern der George Group war es wichtig dass die Projekte nicht nur von fachlich gut ausgebildeten Kraumlften son-dern auch von gut vernetzten Personen im Unternehmen geleitet wurden Jeder der MBB verfuumlgte also uumlber frisch gelernte methodische Kenntnisse die meisten uumlber jahrelange Arbeitserfahrung im Unternehmen und ein paar konnten sogar explizite Expertise in Be-reichen wie Change Management vorweisen ndash was allen jedoch fehlte war ausreichend Erfahrung in Bezug auf die Umsetzung der Lean-Sigma-Theorie Es zeichnete sich nach zwei Jahren ab dass BeBu intern weiteres Know-how benoumltigte um die Bausteine der Initiative erfolgreich kombinieren zu koumlnnen

George Group ConsultingbdquoGeorge Group Consultingldquo wurde von Michael George inspiriert durch die Besichtigung des Pro-duktionssystems von Toyota 1986 gegruumlndet In 20 Jahren unterstuumltzte George seine Kunden bei der Implementierung von Lean Management und Six Sigma um Komplexitaumlt zu reduzieren und

13535 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

Innovation zu beschleunigen Als ein Resultat dessen verfasste der studierte Physiker etliche Buumlcher ndash darunter auch eines der bekanntesten Werke aus dem Jahr 2003 bdquoWhat is Lean Six Sigmaldquo Fuumlr viele galt er damit als der Begruumlnder der Synthese Lean (Six) Sigma ndash 2007 wurde George Group Consulting von der in Irland ansaumlssigen Managementberatung Accenture aufgekauft

Im Fruumlhjahr 2007 nahm Mike Fisher ein erfahrener MBB das Angebot von BeBu an die globale Fuumlhrung der Initiative zu uumlbernehmen Er hatte in den letzten vierzehn Jahren durch Taumltigkeiten in verschiedenen Positionen der amerikanischen Baumarktkette Home Depot nicht nur enorm viel Erfahrung gesammelt sondern vor allem die flaumlchendeckende Implementierung von Six Sigma maszliggeblich begleitet In fuumlnf Jahren begleitete er als MBB uumlber 200 Lean-Sigma-Projekte Die Initiatoren der Initiative im Hause des amerika-nischen Einzelhaumlndlers fuumlr Unterhaltungselektronik waren sich der Synergie sicher Fisher verfuumlgte uumlber methodische Expertise und die bereits ausgebildeten Belts waren mit den Eigenheiten des Unternehmens bestens vertraut Zusaumltzlich richtete sich der Schwerpunkt der Initiative in Zukunft nicht mehr auf die administrativen Bereiche sondern immer mehr auf die Infrastruktur der zahlreichen Filialen ndash der POS war ein Spezialgebiet von Fis-her Abgesehen davon uumlberzeugte er mit seinem kreativen strategischen und analytischen Denkvermoumlgen und seiner Autoritaumlt ndash fuumlr BeBu ein Indiz fuumlr eine begabte Fuumlhrungsfigur Neben den uumlberwiegend positiven Stimmen hinsichtlich der Berufung Fishers zum glo-balen Lead der Initiative gab es vereinzelnd auch kritische Aumluszligerungen Manche hegten die Befuumlrchtung dass Fisher das zentralisierte Set-up der Methodik von Home Depot kur-zerhand auf die BeBu-Kultur uumlberstuumllpen koumlnnte ndash kurzfristig wuumlrde dies ein Zoumlgern der Belegschaft hervorrufen mittelfristig zu Widerstand fuumlhren und langfristig des Vorhaben zum Scheitern bringen Es sollte sich schnell herausstellen dass diese Angst hinsichtlich Fishers Vorgehen bei BeBu unbegruumlndet war

BeBu Home DepotDie heute uumlber 330000 Mitarbeiter und 2200 Filialen starke Baumarktkette die nach eigenen An-gaben zu Hochzeiten alle 48 h einen neuen bdquoDIY-Storeldquo (Do-it-yourself-Markt) eroumlffnete musste im Laufe der Jahre seit der Gruumlndung 1978 den Wandel von einem stark wachsenden Entrepreneur zu einem ausgereiften Groszligkonzern bewaumlltigen Um die damit einhergehende Komplexitaumlt beherr-schen zu koumlnnen wurde in diesem Zuge unter der Aufsicht eines ehemaligen GE Managers kurz nach der Jahrtausendwende Lean Sigma implementiert Bis dato spielte Lean Sigma hauptsaumlchlich in produktionsnahem Kontext eine Rolle ndash Ausnahmen bildeten einige Banken und Versicherungen Home Depot ging mit einer flaumlchendeckenden Implementierung neue Wege Mike Fisher gehoumlrte zu der ersten Gruppe die als BB ausgebildet wurde ndash spaumlter war er der erste MBB im Unternehmen welches im Jahr 2012 einen Umsatz von uumlber 70 Mrd US-$ erwirtschaftete

Die Ausgangslage fuumlr Fisher war nicht einfach Er hatte sich nicht nur auf die Eigenheiten eines neuen und komplexen Unternehmens sondern auch auf die bereits vergangenen zwei Jahre an Lean-Sigma-Implementierung einzustellen Sein Feingefuumlhl war gefragt denn obwohl das Team bei BeBu schon einige Schritte in die richtige Richtung gegangen war bemerkte er einige Unzulaumlnglichkeiten

So lag der Schwerpunkt bislang auf der flaumlchendeckenden theoretischen Verbreitung des Lean-Sigma-Konzeptes unter der Belegschaft ndash zahlreiche eintaumlgige White-Belt-

136 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Schulungen verschafften den Mitarbeitern einen ersten Eindruck von der methodolo-gischen Konzeption und bdquoSpracheldquo von Lean Sigma Darauf aufbauende Yellow-Belt-Schulungen gingen den naumlchsten Schritt und lehrten in der Theorie die Anwendung von Tools Dies entsprach der vor der Initiative betonten kulturellen Grundkonstitution des Unternehmens ndash nur durch das Engagement jeden Mitarbeiters war Innovation und eine erfolgreiche Initiative moumlglich Nicht die untersuchten Prozesse sondern die dafuumlr ver-antwortlichen Menschen muumlssen Lean Sigma bdquolebenldquo Problematisch war es dennoch da die theoretische Trockenuumlbung in der Folge den Sprung ins kalte Wasser vermissen lieszlig ndash die Bemuumlhungen verliefen sich im Alltag Im schlimmsten Fall wecken solche breit aus-gerollten Promotionen bei der Belegschaft unnoumltig hohe Erwartungen die zwangslaumlufig enttaumluscht werden Der potenzielle Imageverlust der Initiative kann damit schwerer wie-gen als wenn die Mitarbeiter zu einem spaumlter geeigneteren Zeitpunkt involviert werden Um den Wert der Ausbildungen zu steigern hatte Fisher fuumlr eine stringente Umsetzung der Theorie in der Praxis zu sorgen ndash seinen strategischen Ansatz fuumlr die Initiative fasste er folgendermaszligen zusammen bdquoIch wusste dass ich die Menschen in den Genuss einer klaren Vision des Initiativen-Erfolges kommen lassen musste anstatt mit ihnen uumlber den richtigen Lean-Sigma-Ansatz zu streiten Ich verstand meine Rolle immer weniger als der globale Leader der Initiative ndash ich nahm eher gestalterischen Einfluss auf die Richtung der Implementierungldquo (Perkins und Rao 2011) Weniger Hierarchie ndash mehr anpacken

Die Belt-InfrastrukturAbhaumlngig von der Organisation kann die Belt-Infrastruktur des Karrierepfades in einer Six-Sig-ma- oder Lean-Sigma-Initiative variieren So kann als Einstieg auch das Zertifikat des White Belts vor der Yellow-Belt-Ausbildung ausgehaumlndigt werden ndash die eintaumlgige Schulung konzentriert sich auf spezielle Teile der Methodik wobei die Geschulten nicht zwangslaumlufig an einem Projekt par-tizipieren Bei der Schulung von Best Buy simulieren die Beteiligten die Geschaumlftsprozesse eines Unternehmens identifizieren zahlreiche Probleme und loumlsen diese gemaumlszlig der Lean-Sigma-Methode (DMAIC-Zyklus) Mit einfach zu handhabenden Tools (SIPOC Fischgraumltendiagramm Wertstrom-analyse u a) veranschaulicht diese Spielwiese in kurzer Zeit wie kleine Veraumlnderungen durch ge-zielte Lean-Sigma-Impulse starke Auswirkungen hervorrufen koumlnnen Derartige White-Belt-Schu-lungen koumlnnen die Initiative wesentlich beeinflussen da so am Fundament der Initiative ndash der Be-legschaft ndash die Weichen auf Veraumlnderung gestellt werden Weitreichende Veraumlnderungsprozesse in Organisationen bauen in der Regel im ersten Schritt auf die Entwicklung einer Bereitschaft und eines Bewusstseins fuumlr Veraumlnderung unter den Mitarbeitern ndash flaumlchendeckende White-Belt-Schu-lungen sind damit eine moumlgliche Maszlignahme um die spaumltere Umsetzung der Veraumlnderungen auf fruchtbaren Boden fallen zu lassen

Fisher war nun in der Bringschuld ndash er hatte dafuumlr Sorge zu tragen dass zeitnah erste finanzielle Auswirkungen und valide Prozessverbesserungen wie die Reduzierung der Durchlaufzeiten erzielt wurden wuumlrden Wo vorher noch die Quantitaumlt der ausgebildeten Belts den Gradmesser fuumlr den Erfolg der Einfuumlhrung definierte stand nun die Qualitaumlt der einzelnen Projekte im Fokus

Die ersten angestoszligenen Projekte durch Fisher zeigten zusaumltzliche Schwierigkeiten Die George Group hatte seines Ermessens nach auf der Suche nach kurzfristigen Gewin-

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nen den sogenannten bdquoQuick Winsldquo die Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Projekt-ergebnisse vernachlaumlssigt Er fuumlhrte dies darauf zuruumlck dass zu wenig mit den jeweiligen Prozessverantwortlichen uumlber ihre Herausforderungen und Erfahrungen gesprochen wur-de Schnelle Erfolge sind besonders zu Beginn gut fuumlr die interne Kommunikation und das Image der Veraumlnderungsinitiative ndash sind aber auch nicht alles vor allem wenn man sich nicht ausreichend dem Alltag der Beteiligten widmet Fisher houmlrte zunaumlchst einmal zu ndash fuumlr ihn war das die Grundlage um nicht nur eine kurzfristige sondern langfristige Wirkung der anfaumlnglichen Impulsprojekte zu gewaumlhrleisten Gleichzeitig konzentrierte er sich auf die schwierigsten Bereiche die bislang von der Implementierung auszligen vor ge-lassen wurden Denen die aus verschiedenen Gruumlnden am Erfolg von Lean Sigma noch immer zweifelten wollte er so die Moumlglichkeit einer Behauptung wie bdquodas was bei Home Depot funktioniert wird bei uns nicht funktionierenldquo nehmen Die zeitnah generierten Ergebnisse sprachen fuumlr Fisher und seinen auf langjaumlhriger Erfahrung beruhenden Ansatz

354 Zwischenergebnis

Einer der ersten groszligen Meilensteine war ein Projekt das sich mit dem Liefer- und Ins-tallationsprozess von Elektrogeraumlten ndash einem aumluszligerst defizitaumlren Geschaumlftsbereich ndash aus-einandersetzte Bevor die Lean-Sigma-Methodik auf dieses Problem angewandt wurde waren sich die Beteiligten Manager und Mitarbeiter sicher Die Ursache fuumlr das Prob-lem liegt in den Verkaufsgeschaumlften und die richtige Maszlignahme ist eine durch Lean Sig-ma verbesserte Schulung der Verkaumlufer in den bdquoBig Blue-Boxesldquo Nach ersten Analysen zeichnete sich jedoch ab dass das ursaumlchliche Problem fuumlr die Verluste waumlhrend der In-stallation beim Kunden auftrat ndash die Installateure wurden waumlhrend ihrer Arbeit begleitet und die datenbasierte Vermutung sollte sich bestaumltigen Die Verluste gingen darauf zuruumlck dass Zubehoumlr bei der Auslieferung und Installation der Elektro-Geraumlte kostenfrei heraus-gegeben wurde Die Auszligendienstmitarbeiter waren ausschlieszliglich auf die Zufriedenheit ihrer Kunden fokussiert und uumlberlieszligen so saumlmtliches Zubehoumlr wie Kabel und Werkzeug das fuumlr die Installation des Geraumltes notwendig war dem Kunden Etliche dieser Kunden brachten anschlieszligend ungenutztes Zubehoumlr zuruumlck in den Laden und erhielten eine Ruumlck-erstattung der Kosten ndash ohne jemals dafuumlr bezahlt zu haben

Nun kann man der Intuition der Manager folgen und die Verkaufsfaumlhigkeiten der Mit-arbeiter im Geschaumlft durch Lean Sigma verbessern was auch eine signifikante Verbesse-rung der Geschaumlftszahlen hervorrufen wuumlrde ndash doch waumlre damit die eigentliche Ursache fuumlr den defizitaumlren Geschaumlftsbereich behoben worden Lean Sigma ermoumlglichte das Er-gebnis eines datenbasierten Ansatzes und die Entwicklung eines artikelbasierten Distribu-tionssystems fuumlr die Zubehoumlrmaterialien Als Resultat verfuumlgte jedes Zubehoumlr uumlber eine Artikelnummer und einen Preis ndash der Installateur konnte nun ergaumlnzende Materialien di-rekt beim Kunden vor Ort verkaufen

Fisher bewertete diese Leistung wie folgt bdquoDieses Projekt zeigte vielen bei uns wo der Unterschied zwischen Intuition im Tagesgeschaumlft und faktenbasierten Loumlsungsansaumltzen

138 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

mit nachhaltigen Ergebnissen liegt Lean Sigma hilft bei der Loumlsung des schwerer wiegen-den Problems und verschwendet keine Zeit bei der Loumlsung irgendeines Problems Zusaumltz-lich wurde die Anwendbarkeit auszligerhalb der Fertigungsindustrie bestaumltigt Das Leistungs-versprechen wirkt auch im Dienstleistungsbereich ndash jede Einsparung in diesem Projekt zahlte sich Eins-zu-eins auf die Marge aus weil wir vorher Produkte einfach verschenkt habenldquo (Perkins und Rao 2011)

Der Fokus der Projekte lag nicht nur auf der Einsparung von Kosten ndash nach eige-nen Angaben wurden in den ersten sechs Jahren uumlber 800 Mio $ eingespart ndash sondern auch auf der Generierung von Umsatzsteigerungen Projektergebnisse wie das soeben beschriebene uumlberzeugten die Mitarbeiter und veraumlnderten die Gewohnheiten Die sich an die Projekte anschlieszligenden Auditprozesse offenbarten dass die Einsparpotenziale sehr konservativ geschaumltzt wurden und dass sich die Wirkung der Veraumlnderung durch die Lean-Sigma-Initiative mit der Zeit verstaumlrkte ndash dies unterstrich die Nachhaltigkeit des an-gestoszligenen Wandels

Die Architektur des Lean-Sigma-Ansatzes wurde in allen Standorten von BeBu (USA Kanada Mexiko China und Europa) unter der Regie Fishers umgesetzt Im Laufe der Jah-re entwickelte sich das bdquoProgrammldquo zu einer bdquoFaumlhigkeitldquo des Unternehmens Im Mittel-punkt stand die Vernetzung der Organisation als Einheit und der Aufbau eines bdquoZentrums fuumlr Exzellenzldquo Jede Fuumlhrungskraft sollte unabhaumlngig von geografischen Abgrenzungen auf das im Unternehmen verteilte Leistungsvermoumlgen zuruumlckgreifen koumlnnen Obwohl Fisher kein Interesse daran hatte seine ausgebildeten BB mit denen der um einiges er-fahreneren Konkurrenz zu vergleichen gewann BeBu auf einem jaumlhrlich stattfindenden Wettbewerb unter 25 Unternehmen im Jahr 2011 den bdquoLean Six Sigma Bowlldquo

355 Fazit

Zu Beginn des neuen Jahrtausends konnte Best Buy auf eine erfolgreiche Unternehmens-entwicklung zuruumlckblicken Die Ingredienzen des Erfolges Wachstum und Innovation Als das Wachstum langsam nachlieszlig mussten sich die erfolgsverwoumlhnten Verantwort-lichen unuumlbliche Fragen stellen Wer sind unsere Kunden Worauf basieren wir unsere Entscheidungen Wie optimieren wir unseren Ressourceneinsatz Wie koumlnnen wir den Erfolg unserer zahlreichen Innovationsvorhaben messen

Veraumlndernde Rahmenbedingungen sind auch fuumlr BeBu keine Ausnahme und so berei-tete das Unternehmen ab 2004 die Justierung des Geschaumlftsmodells vor Weg vom Pro-dukt ndash hin zum Kunden Dies lag im Wesentlichen daran dass sich das Marktumfeld des Einzelhandels stark veraumlnderte ndash neue Onlinewettbewerber die zunehmende Stan-dardisierung von Produkten und gesunkene Margen bestimmten das Geschaumlftsleben Auf der Suche nach Handlungsoptionen entschied man sich fuumlr die problemorientierte und kundenfokussierte Lean-Sigma-Methodik ndash Probleme sollten in Zukunft systematisch definiert gemessen analysiert verbessert und kontrolliert werden Die Transformation

13935 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

sollte kein leichtes Unterfangen werden da BeBu keine klassische Top-down-Organisa-tion war sondern auf ihre experimentierfreudige und selbstbewusste Belegschaft baute Die Implementierung der Lean-Sigma-Methodik ist fuumlr dieses Grundverstaumlndnis das beste Beispiel Die Initiative ging nicht aus Uumlberlegungen des Vorstands sondern des mittleren Managements hervor

Die innovative Unternehmenskultur war jedoch nicht nur foumlrderlich fuumlr den ameri-kanischen Handelsriesen sondern fuumlhrte auch zu erheblichen Schwierigkeiten waumlhrend der Lean-Sigma-Implementierung Man war generell stolz auf den Ablauf der gewohnten Arbeitsweise bdquoWir arbeiten mit Lichtgeschwindigkeit ndash wir schmeiszligen ein paar Sachen gegen die Wand und sehen sofort was funktioniertldquo (Perkins und Rao 2011) Dieser Stan-dard stand im krassen Gegensatz zum statistikgetriebenen Six-Sigma-Ansatz der Fort-schritt uumlber sorgfaumlltige Analysen von Zahlen Daten und Fakten definierte Eine konkrete Messbasis als Ausgangslage fuumlr Verbesserungen ein detailliertes Verstaumlndnis der auftre-tenden Probleme eine systematische Loumlsungsfindung und eine mittelfristige Validierung der Projektergebnisse zur Gewaumlhrleistung nachhaltiger Veraumlnderung Den Mitarbeitern war der zeitliche Aufwand der fuumlr diese Disziplin und Praumlzision notwendig war anfangs fremd

Eine weitere Herausforderung der sich Fisher stellen musste war die weit verbreitete Uumlberzeugung im Unternehmen dass die Lean-Sigma-Systematik nicht im Einklang mit Innovation stand Gemaumlszlig diesem Standpunkt war Innovation nicht planbar Lean Sigma zielte aber darauf ab zunaumlchst jeden Prozesses in irgendeiner Art zu dokumentieren und zu kontrollieren um ihn anschlieszligend zu verbessern Es standen sich also ungeplante In-novation und geplante Verbesserungen kontrastreich gegenuumlber Fuumlr die Mitarbeiter war dieser Kontrast schwierig insbesondere weil sie nicht ausreichend Geduld aufbringen konnten um die zuvor erwaumlhnten geplanten Bausteine der Methodik zuzulassen Auch wenn die Mehrheit der Beteiligten das Konzept von Lean Sigma unterstuumltzten herrschte bei vielen Skepsis gegenuumlber der Entscheidung Zusaumltzlich schlug ein 2007 publizierter Artikel uumlber die Six-Sigma-Implementierung bei 3M hohe Wellen ndash der Zweifel an Fis-hers Uumlberzeugung verhaumlrtete sich

Beispiel Effizienz vs Innovation ndash 3M

Der fruumlhere CEO von GE und Vordenker von Six Sigma Jack Welch war der tonan-gebende Manager in den 1990er-Jahren Einer seiner treuesten Juumlnger im Unterneh-men war James McNerney ndash ehemaliger McKinsey Berater ndash der nach elf Jahren im amerikanischen Mischkonzern im Dezember 2000 an die Spitze von 3M wechselte Die Erwartungen waren groszlig an den ersten externen CEO in der uumlber 100-jaumlhrigen Unternehmensgeschichte ndash allein die Verkuumlndung seines Namens lies den Aktienkurs sprunghaft ansteigen

3M befand sich zu dieser Zeit im Umbruch Wo die Mitarbeiter zuvor noch offiziell 15 ihrer Arbeitszeit fuumlr eigene Projekte nutzen durften ndash Risiko wurde dabei be-

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staumlrkt und Fehler toleriert ndash sah sich das Unternehmen mit unvermeidlichen Realitaumlten konfrontiert Umsatz und Profit waren unbestaumlndig die Wirtschaftslage spitzte sich 1998 vor allem in Asien immer mehr zu der Aktienkurs des Unternehmens an der Wall Street verpasste den Aufschwung Ende der 1990er-Jahre und der Organisation fehlte es an Flexibilitaumlt Struktur und Effizienz Letzteres war McNerneys Steckenpferd

Er bediente sich in seiner fuumlnfjaumlhrigen Regentschaft der Konsequenzen alt bewaumlhr-ter GE-Methoden ndash er entlieszlig ca 11 der Belegschaft (8000 Mitarbeiter) systemati-sierte die Erfolgskontrolle und schnallte den Guumlrtel des Unternehmens enger Wesent-licher Bestandteil seines Fuumlhrungsstils war die Uumlberzeugung der Wirkungsfaumlhigkeit von Six Sigma ndash Tausende Mitarbeiter wurden zu BB und fast jeder Einzelne zum GB ausgebildet um die Organisation die bekannt dafuumlr war Problemen Geld hinterher zu werfen rigoros auf Effizienz zu trimmen In seinem ersten Jahr kuumlrzte er die Investi-tionen um 22 im zweiten Jahr um weitere 11 Die Finanzierung von Forschung amp Entwicklung hielt er konstant bei 1 Mrd US-$ im Jahr Obwohl Six Sigma urspruumlng-lich als Qualitaumltsverbesserungsansatz gedacht war legte McNerney den Schwerpunkt auf die Einsparung von Zeit und Kosten in der Wertschoumlpfung Der Plan ging auf Der verloren geglaubte Aktienkurs wurde mit herausragenden Jahresberichten wiederbelebt und McNerney wurde dafuumlr ausgezeichnet Disziplin in eine unhandliche sprunghaf-te und traumlge Organisation gebracht zu haben Im Jahr 2005 verlieszlig der vermeintliche Heilsbringer unerwartet 3M um die naumlchste Herausforderung anzunehmen ndash er wurde CEO bei Boeing

Fuumlr seinen Nachfolger George Buckley (wieder ein Eigengewaumlchs des Konzerns) stellte sich die Frage ob waumlhrend des unerbittlichen Drangs nach Effizienz die Krea-tivitaumlt ndash als Triebfeder von Innovation ndash auf der Strecke geblieben war 3M war in der Vergangenheit der Ausgangspunkt zahlreicher Erfindungen wie Kreppband Thinsulate oder der wohl bekanntesten der Klebezettel bdquoPost-itldquo Derartige Erfindungen waren oft das Ergebnis jahrelanger Forschungen und Tests Fuumlr die Mitarbeiter war es logisch dass eine Erfindung wie der kanariengelbe 76 times 76 mm groszlige Klebezettel unter den Rahmenbedingungen von Six Sigma niemals auftauchen wuumlrde Sie lagen nicht ganz falsch Bahnbrechende Innovationen wurden Mangelware ndash wo fruumlher ein Drittel des Umsatzes auf kuumlrzlich erfundene Produkte zuruumlckging waren es im Jahr 2007 nur noch ein Viertel Fuumlr Buckley war dies kein Zufall Optimierungsprogramme wie Six Sigma identifizieren Schwachstellen in Geschaumlftsprozessen um auf Basis von Messungen Va-riation und Fehler zu eliminieren ndash Kreativitaumlt kann dabei schnell erstickt werden Sei-ner Ansicht nach ist eine Erfindung das Ergebnis eines ungeordneten Prozesses ndash bdquoMan kann in diesem Zusammenhang nicht Six Sigma anwenden und fuumlr Mittwoch drei und fuumlr Freitag zwei gute Ideen einplanen weil man am Anfang der Woche keine hatte So funktioniert Kreativitaumlt nichtldquo (Perkins und Rao 2011) Der neue CEO von 3M belieszlig es nicht nur bei Worten sondern machte viele Schritte seines Vorgaumlngers ruumlckgaumlngig

Dies gefiel nicht allen Beteiligten denn auch wenn nach Ansicht vieler Beobachter der Innovationsdrang von 3M geopfert wurde so sprachen die wirtschaftlichen Kenn-

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zahlen des Konzerns eine deutliche Sprache Die Wall Street mochte das rigorose Vor-gehen McNerneys ndash der Gewinn stieg im Durchschnitt jedes Jahr um astronomische 22 Diese Fuszligstapfen waren fuumlr Buckleys Strategie zu groszlig Er verfehlte die Jahres-ziele anfangs deutlich und erst seit 2007 mithilfe steigender Aktienkurse konnte er zahlreiche Skeptiker eines Besseren belehren

Begleitet wurde er stets von den Nachwirkungen der Regentschaft McNerneys Im Jahr 2004 wurde 3M in einem Ranking der Boston Consulting Group noch als das in-novativste Unternehmen gefuumlhrt 2005 war es Platz 2 2006 Platz 3 und im Jahr 2007 fiel es auf Platz 7 Buckley lockerte deswegen vor allem fuumlr in der Forschung taumltige Mitarbeiter die aus der Six-Sigma-Lehre stammenden Zuumlgel Insbesondere aus die-sem Bereich war bekannt dass sich die Forscher vor lauter zu erreichenden Kenn-zahlen Green-Belt-Programme und Ergebnisse ausdachten um ihre Quoten zu erfuumll-len Zusaumltzlich wurde das Budget fuumlr FampE aufgestockt ndash im Jahr 2007 um 20 auf 15 Mrd US-$

Der Unterschied zwischen McNerney und Buckley wird vor allem dann deutlich wenn man sich die davon profitierenden Bereiche genauer anschaut Buckley inves-tiert das meiste Geld in ein breites Portfolio an aussichtsreichen Technologien (von Schleifsystemen bis zur Nanotechnik) wohingegen McNerney im Jahr 2004 eine Arz-neicreme zur Hautpflege als vielversprechendstes Produkt bezeichnete Im Januar 2007 verkaufte Buckley den Bereich der Arzneimittel fuumlr 2 Mrd US-$

Auch wenn seit 2005 das Erbe von McNerney langsam aber sicher verarbeitet wird ist es unbestritten dass er in einer wirtschaftlich turbulenten Zeit positive Impulse ge-ben konnte Das Gros der Belegschaft fuumlhlte sich nach seinem Weggang aber erfrischt ndash jetzt wo der unternehmerische Schwerpunkt nicht mehr auf Profitabilitaumlt und Pro-zessdisziplin sondern wieder auf Wachstum und Innovation gelegt wurde Ganz nach der Aussage eines Mitarbeiters bdquoDank Buckley duumlrfen wir wieder traumlumenldquo (Perkins und Rao 2011)

Fisher adressierte die Zweifel an seiner Vorgehensart mit internen Informationsveranstal-tungen und Forumsdiskussionen Damit wollte er eine brodelnde Geruumlchtekuumlche vermei-den und Raum fuumlr inhaltliche Diskussionen und offenen Meinungsaustausch schaffen Seine Botschaft beinhaltete dabei die Auffassung dass Lean Sigma Innovation ermoumlglicht und nicht limitiert Er betonte in diesem Zusammenhang dass Lean Sigma den Mitarbei-tern mehr Zeit und Energie zur Verfuumlgung stellt um die richtigen Probleme richtig zu loumlsen bdquoWenn wir uns auf die Dinge konzentrieren die unser Endergebnis kritisch beein-flussen sprechen wir von echter Innovation weil wir die richtigen Probleme loumlsen Das beste Beispiel sind die verschenkten Zubehoumlre bei der Installation von Elektrogeraumlten ndash ohne die systematische Evaluierung der Daten waumlren wir nie darauf gekommen und haumltten etliche Millionen nicht einsparen koumlnnen Durch Lean Sigma setzen wir Ressourcen frei ndash Zeit und Geld ndash so koumlnnen sich die Menschen auf Neues konzentrieren Innovationldquo (Perkins und Rao 2011)

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Wo steht die Lean-Sigma-Initiative bei Best Buy heute Auch wenn die Gemeinsam-keiten der beiden Beispielunternehmen verbluumlffend sind lassen sich im Unterschied zu 3M die methodischen Bemuumlhungen beim amerikanischen Handelsriesen bis heute verfol-gen Ausschlaggebend dafuumlr war der Antrieb durch Fishers jahrelange Erfahrung und sein ausdauerndes Engagement Dem Anschein nach gelang es ihm die dargestellten Probleme unter Kontrolle zu bekommen und den kritischen Stimmen im Unternehmen eine neue Perspektive zu bieten Doch das ist nicht alles denn der Handel mit elektronischen Gerauml-ten ist ein hartes Geschaumlft bedingt durch duumlnne Margen (unter 3 ) sinkende Preise und aufstrebende Onlinewettbewerber Abgesehen davon dass daruumlber hinaus die Finanzkrise zu erheblichen Dissonanzen in den Geschaumlftszahlen fuumlhrte laumlsst insbesondere die Ent-wicklung des direkten Konkurrenten Circuit City der 2009 Insolvenz anmeldete Boumlses erahnen Branchenexperten stellen den Niedergang von BeBu wie es heute besteht nicht mehr infrage

Ausschlaggebend dafuumlr ist im Wesentlichen das Geschaumlftsmodell der bdquoBig Blue-Bo-xesldquo ndash dabei hat BeBu im Gegensatz zu Onlineanbietern wie Amazon erhebliche Kosten fuumlr Immobilien und Mitarbeiter der Filialen zu decken Dies spiegelt sich im Preis wider ndash die Menschen schauen sich die Produkte im Geschaumlft an vergleichen das Angebot und kaufen die Ware schlieszliglich bei der Konkurrenz im Internet BeBu wird zum bdquoShowroomldquo und ist dabei durchschnittlich 12 teurer als der Onlinehandel ndash im Ergebnis werden die Filialen unrentabel und das Unternehmen verliert Stuumlck fuumlr Stuumlck Marktanteile Zu allem Uumlberfluss uumlbertoumlnen personelle Querelen zwischen Gruumlnder Schulze und dem Vorstand die Schlagzeilen und lenken von den eigentlichen Neuigkeiten ab BeBu schloss zum 2 Quartal 2012 50 der bdquoBig Blue-Boxesldquo und eroumlffnete stattdessen 100 kleinere Filialen

Nun kommt es also darauf an wie gut sich BeBu anpassen kann ndash in dieser Hinsicht gehen die Meinungen auseinander Die einen sagen dass diese Verkleinerung der Stand-orte ein erster Schritt sein koumlnnte um dem Erfolg der AppleStores nachzueifern ndash die anderen behaupten dass sich die operativen Maszlignahmen denen von Circuit City zu stark aumlhneln und BeBu aufgrund der ansteigenden Marktmacht von Amazon dem Untergang geweiht ist

Am Ende erhaumlrtet sich der Verdacht dass es BeBu vor lauter Prozessoptimierungen verschlafen hat sich den aumluszligeren wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen (insbeson-dere hinsichtlich des E-Commerce) ndash der Innovationsdrang die Lebensgrundlage des Unternehmens scheint abhanden gekommen Kann es moumlglicherweise sein dass die ri-gorose Lean-Sigma-Implementierung ihren Teil dazu beigetragen hat Wurde der Fokus zulasten des Blicks uumlber den Tellerrand zu sehr auf den DMAIC-Zyklus gelegt Wiegt fuumlr ein Unternehmen wie BeBu der Freiraum fuumlr Kreativitaumlt doch schwerer als geordnete Prozessdisziplin Dieser Aspekt wird zum Ende des Kap 4 tiefergehend diskutiert

Wie lange sich die Lean-Sigma-Methodik unter diesen unbestaumlndigen Bedingungen noch bewaumlhren kann ist mehr als fraglich Mike Fisher wechselte im Oktober 2012 von Best Buy zu Amazon ndash als Leiter fuumlr kontinuierliche Verbesserung und Standardisierung des bdquoAmazon Customer Excellence Systemsldquo Abbildung 35 gibt einen Uumlberblick uumlber Lean Sigma bei Best Buy

14336 Das Kapitel in aller Kuumlrze

36 Das Kapitel in aller Kuumlrze

So wie in einem Auto verschiedene Instrumente Messanzeigen und Bedienungshebel zu beachten sind heiszligt es auch waumlhrend einer Operational-Excellence-Initiative auf der rich-tigen Spur mit der richtigen Geschwindigkeit und im richtigen Gang zu fahren Dieses Kapitel beleuchtet fuumlnf Praxisbeispiele mit stark unterschiedlichen Pointen Die Umset-zung des Lean Managements beim Hamburger Kranhersteller Neuenfelder Maschinen-fabrik (NMF) und der franzoumlsischen FCI-Gruppe (FCI) die Implementierung von Six Sigma beim kanadischen Lebensmittelhersteller Maple Leaf Foods (MLF) und der Bank of America (BoA) und zuletzt die Einfuumlhrung von Lean Sigma beim amerikanischen Han-delsriesen Best Buy (BeBu)

Die 2010 gestartete Lean-Initiative bei der Neuenfelder Maschinenfabrik war eine Erfolgsgeschichte bis sie durch die Insolvenz der Muttergesellschaft 2011 gestoppt wur-de Die Zukunft des Unternehmens und seiner Mitarbeiter war ungewiss Trotz dieses negativen Vorzeichens fand die aufgrund der lean-bedingten Impulse wettbewerbsfaumlhige NMF 2012 einen starken industriellen Partner Seitdem wird die Erfolgsgeschichte fortge-setzt und die Eliminierung von nichtwertschoumlpfenden Taumltigkeiten und die Einfuumlhrung von standardisierten Arbeiten bildet wieder die Grundlage fuumlr den Unternehmenserfolg Die Geschaumlftsfuumlhrung setzt besonders auf die durch die uumlberwundene Krise gestaumlrkte Beleg-schaft ndash von der im Krisenjahr 2012 niemand das Unternehmen verlassen musste Vor der Krise gab es die Vision von der bdquoFabrik des Jahres mit operationaler Exzellenzldquo ndash diese ist wieder zum Greifen nahe

Der sich seit 2009 im Amt befindende CEO stattete jedem der 24 Produktionsstand-orte der FCI-Gruppe einen Besuch ab Das Ergebnis war die Vision durch Lean ein Benchmark in Bezug auf Marktanteil Umsatzwachstum Profitabilitaumlt und Mitarbeiter-verantwortung zu werden In der Folge wurde bis 2011 der Wert der Unternehmensgruppe durch die disziplinierte Umsetzung der japanischen Leistungsphilosophie fast verdoppelt Der Eigentuumlmer der FCI-Gruppe ndash der Finanzinvestor Bain Capital ndash zerschlug die Grup-pe daraufhin gewinnbringend und der CEO verlieszlig die Organisation Wenn Lean an den Beduumlrfnissen des Unternehmens ausgerichtet konsequent umgesetzt wird ist die Hebel-wirkung selbst in nur drei Jahren erstaunlich Als sich das Leistungsvermoumlgen gerade ent-faltete wurde der Initiative die Luft zum Atmen genommen

Die mittlerweile 13-jaumlhrige Six-Sigma-Implementierung bei MLF ist eine Erfolgs-geschichte Obwohl das Unternehmen rein betriebswirtschaftlich gesehen kerngesund war gelang es den Initiatoren ihrer Belegschaft Unzufriedenheit mit dem Status quo und Dringlichkeit fuumlr die Notwendigkeit der Initiative zu vermitteln Entscheidend waren die langjaumlhrige Berufserfahrung der passionierte Einsatz und das unmissverstaumlndliche Com-mitment der Initiatoren Von Anfang an ging es nicht um die Umsetzung von Six-Sigma-Projekten sondern um den Aufbau einer Six-Sigma-Organisation Die Arbeitsweise ist heute ohne dass man daruumlber spricht faktenbasiert diszipliniert transparent und kunden-fokussiert Die tiefe Uumlberzeugung der Null-Fehler-Qualitaumlt definiert heute jede Faser der DNA des kanadischen Unternehmens

144 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Die 2001 initiierte Six-Sigma-Initiative bei der Bank of America scheint nur auf den ersten Blick ein Erfolg zu sein Zunaumlchst wurden die Produktivitaumlt und Kundenzufrieden-heit gesteigert Fehlerquellen und Wartezeiten reduziert und durch eine kulturelle Trans-formation ruumlckten der Kundenfokus und der Qualitaumltsanspruch in den Mittelpunkt der Wertschoumlpfung Seit 2006 war die Bank durch Akquisitionen Amerikas groumlszligtes Kredit-institut und gehoumlrte 2008 noch zu den teuersten Marken der Welt ndash dann erschuumltterte die Finanzkrise die Grundmauern der BoA Das Leistungsversprechen von Six Sigma bot scheinbar keinen Schutz vor strategischen Fehlentscheidungen Nach einem CEO-Wech-sel stand erst einmal das Uumlberleben am Markt und nicht die Sicherstellung der Kundenzu-friedenheit auf der Tagesordnung Die Neujustierung der Unternehmensstrategie lies den Leistungsanspruch von Six Sigma einschlafen

Die Zutaten des Erfolges von Best Buy waren seit jeher Wachstum durch Innovation Zu Beginn des neuen Jahrtausends lieszlig das Wachstum nach Das Ergebnis der strategi-schen Neuorientierung weg vom Produkt ndash hin zum Kunden Probleme sollten mit Lean Sigma in Zukunft systematisch definiert gemessen analysiert verbessert und kontrolliert werden Bis heute wird Lean Sigma verfolgt doch trotz Kundenorientierung ist der Inno-vationstrieb verloren gegangen Duumlnne Margen sinkende Preise und aggressive Online-wettbewerber bestimmen den Alltag Die Organisation scheint vor lauter Prozessoptimie-rungen verschlafen zu haben sich den aumluszligeren wirtschaftlichen Gegebenheiten innovativ anzupassen Best Buy scheint ein Beispiel dafuumlr zu sein dass der Freiraum fuumlr Kreativitaumlt schwerer wiegen kann als geordnete Prozessdisziplin

Literatur

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Perkins S amp Rao J (2011) Best buy Merging lean six sigma with innovation Wellesley Babson College

145

Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen 4

Alles wird staumlndig infrage gestellt Unabhaumlngig von den konkreten Verbesserungen die jeder Einzelne zum Gesamtsystem beitraumlgt liegt der wahre Kern in der Schaffung einer Atmosphaumlre kontinuierlichen Lernens und einer Umgebung die Veraumlnderung nicht nur akzeptiert sondern ausdruumlcklich foumlrdert Eine solche Umgebung entsteht nur dort wo Menschen respektiert werdenGary Convins (Praumlsident von Toyota Motor Manufacturing)

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_4

146 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

So wie der Vater seinem Sproumlssling die richtige Dosierung der Kupplung im Straszligenver-kehr naumlher gebracht hat lieszlig sich aus Kap 3 ein guter Eindruck uumlber die Umsetzung von Operational-Excellence-Programmen in der Praxis gewinnen Es zeigt sich dass die An-wendungsmoumlglichkeiten mannigfaltig sind Die Ergebnisse sind teilweise so unterschied-lich wie die Lebenslaumlufe der jeweiligen Initiatoren selbst Trotz aller methodischen Viel-faumlltigkeit und wirtschaftlicher Unberechenbarkeit praumlgen immer wiederkehrende Muster die Entwicklung der einzelnen Initiativen Es lassen sich konkrete Faktoren die in be-sonderem Maszlige die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Programmen beeinflussen benennen Wenn das Auto der Sicherheitskontrolle durch den TUumlV unterzogen wird wer-den waumlhrend der Haupt- und Abgasuntersuchung die wichtigsten Bestandteile auf Herz und Nieren uumlberpruumlft die Ergebnisse in einer Checkliste festgehalten Kap 4 entspricht einer solchen Checkliste und fuumlhrt die kritischen Erfolgsfaktoren und ihre notwendigen Bedingungen fuumlr das Erreichen operativer Exzellenz auf Die Komposition der zu beruumlck-sichtigenden Bausteine ist in Abb 41 dargestellt Es gilt zu beachten dass die Darstellung weder eine inhaltliche Priorisierung noch eine zeitliche Determinierung vornimmt ndash nur wenn die Klaviatur ausgeglichen bespielt wird entsteht eine harmonische Melodie und der gewuumlnschte Zielzustand wird erreicht Unter der konsequenten Missachtung nur eines Akkords leidet der Gesamtklang

Zum Abschluss des Kapitels wird die Mechanik also das Leistungsversprechen der Operational Excellence ohne sich im methodischen Detail oder praktischem Ausnahme-fall zu verlieren auf den Pruumlfstand gestellt Dies ist entscheidend denn bei dieser Uumlber-pruumlfung der bdquoStraszligenverkehrstauglichkeitldquo werden Maumlngel offen angesprochen und dis-kutiert ndash erste Handlungsempfehlungen runden das Kapitel ab

ERFOLGSFAKTOREN

Operational-Excellence-Initiative

Initiative mit Organisation

harmonisieren

Vision und Committment

leben ndashKommunikation

etablieren

Mitarbeiter fuumlhren und

foumlrdern durch Fordern

Richtige Projekte

machen ndashProjekte richtig

machen

Fortentwicklung messbar machen

Abb 41 Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Initiativen

14741 Initiative und Organisation harmonisieren

41 Initiative und Organisation harmonisieren

Warum ist ausgerechnet diese Initiative sinnvoll fuumlr die Organisation Ganz zu Beginn muss die Frage klar und eindeutig beantwortet sein Das Augenmerk richtet sich dabei ausschlieszliglich auf die Ausgangslage Beduumlrfnisse und Moumlglichkeiten der Organisation Als Pierre Vareille CEO der FCI-Gruppe wurde befand sich kein fertiges Lean-Konzept in seinem Gepaumlck (Laumuno und Yuumlcesan 2012) Im Gegenteil In den ersten zwei Mo-naten besuchte er alle 24 Produktionsstandorte um sich zunaumlchst einen Eindruck vor Ort zu verschaffen Erst danach wurde eine dem Unternehmen entsprechende Lean-Initiative ausgearbeitet In diesem fruumlhen Stadium sind sowohl persoumlnliche Profilierungsinteressen zuruumlckzustellen als auch erste Impulse zur Architektur der Initiative und Infrastruktur der Projekte noch unerheblich Die Fragestellung warum ausgerechnet diese Methodik sinn-voll ist verlangt nach Antwort aus Sicht zweier wesentlicher Perspektiven der betriebs-wirtschaftlichen auf der einen und der kulturellen Perspektive auf der anderen Seite

411 Betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereitschaft evaluieren

Auf betriebswirtschaftlicher Ebene muss gefragt werden ob die ins Auge gefasste Me-thodik mit ihrem Leistungsversprechen zu den organisatorischen und operationalen Ge-gebenheiten des Unternehmens passt Michael McCain von Maple Leaf Foods initiierte Six Sigma nicht weil sein Unternehmen Restrukturierungsmaszlignahmen benoumltigte oder die Methodik gerade im Trend lag Vermutlich koumlnnen das nicht alle Unternehmensfuumlhrer behaupten die sich seit der Jahrtausendwende der Umsetzung eines der strategischen Pro-gramme gewidmet haben Sicherlich war fuumlr McCain die Aktualitaumlt der Methodik Ende der 1990er-Jahre nicht zu leugnen Mit ausschlaggebend war aber ein inhaltlicher Aspekt Der systematische Qualitaumltsverbesserungsansatz sollte die Infrastruktur seiner Organisa-tion die aufgrund von zahlreichen Akquisitionen unuumlbersichtlich geworden war ordnen und die Wettbewerbsfaumlhigkeit in einem stetig kompetitiveren Umfeld steigern Sein An-satz war nicht reaktiv sondern proaktiv Haumltte sich der Unternehmer auf Six Sigma wie auf eine Modeerscheinung oder eine uumlberhastete Restrukturierungsmaszlignahme eingelas-sen staumlnde er heute sicherlich nicht die Vorteile der Methodik predigend an vorderster Front des kanadischen Lebensmittelherstellers

Die Antwort auf die Ausgangsfrage geht aber uumlber die betriebswirtschaftliche Kompo-nente hinaus denn kulturelle Eigenheiten der Organisation sind keineswegs zu vernach-laumlssigen Wenn die volle Wirksamkeit des methodischen Leistungsversprechens generiert werden soll zieht jedes der drei Operational-Excellence-Programme (Lean Six Sigma und Lean Sigma) eine flaumlchendeckende Implementierung im Unternehmen nach sich In der Konsequenz fuumlhrt dies zu einem kulturellen bdquoPowershiftldquo Es draumlngt sich also die Fra-ge auf wie es um die Veraumlnderungsbereitschaft der jeweiligen Organisationskultur bestellt ist In diesem Kontext laumlsst sich die Differenzierung der Wissenschaft in eine adaptive und

148 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

eine ablehnende Kultur heranziehen (vgl Kotter und Heskett 2011) Uumlber elf Jahre wurden 24 Unternehmen (12 veraumlnderungsbereite und 12 veraumlnderungsablehnende) untersucht Das Ergebnis der Forschung die Beobachtung eines uumlberdurchschnittlichen Wachstums hinsichtlich des Umsatzes des Profits der Mitarbeiter und des Aktienwertes der adapti-ven (Synonym veraumlnderungsaffinen) Unternehmenskultur1 Die Grundwerte der adapti-ven Unternehmenskultur sind demnach eine gute Beziehung zu Kunden und Mitarbeitern und dass die Organisation Personen und Prozesse die sich fuumlr positive Veraumlnderungen einsetzen zu schaumltzen weiszlig Das Verhalten ist durch Aufmerksamkeit gegenuumlber den Sta-keholdern und insbesondere den Kunden gepraumlgt Ferner sprechen die Autoren von der Faumlhigkeit Veraumlnderung proaktiv zu initiieren auch wenn dies ein gewisses Risiko birgt Dies erinnert wiederum an die proaktive Herangehensweise von McCain Dieser war sich auch in einem kulturellen Zusammenhang sicher die richtige Entscheidung zu treffen Er-gebnis- und leistungsorientierte Prinzipien und der Anspruch sich kontinuierlich zu ver-bessern definierten eine dynamische und veraumlnderungsaffine Kultur von MLF ndash McCain war sich sicher dass wenn die Organisation mit zahlreichen unruhigen Akquisitionen zurechtgekommen ist sie auch mit Six Sigma fertig werden wuumlrde

Eine Unterscheidung soll an dieser Stelle deutlich werden Die Frage ob es sich um eine veraumlnderungsaffine Organisationskultur handelt ist der erste wichtige Schritt Ele-mentar ist aber im zweiten Schritt die Uumlberpruumlfung ob die Kultur der Organisation hin-sichtlich einer konkreten Managementmethodik wie Six Sigma oder Lean Sigma veraumlnde-rungsaffin ist Wenn ein erfolgreicher Fuszligballspieler den Verein wechselt kommt es vor dass er nicht in der Lage ist aumlhnliche Leistung fuumlr den neuen Arbeitgeber zu erbringen Man spricht dann von einem Fehlkauf In unserem Fall wuumlrde man es eine Fehlinvestition nennen Die Frage ist also entscheidend Existiert ein bdquocultural fitldquo zwischen Methode und Organisation Eine Organisation kann innovativ kreativ und risikoaffin in der Terminolo-gie der Wissenschaft also adaptiv sein ndash doch wenn Lean Sigma nicht wirksam wird liegt das nicht zwangslaumlufig an einer vermeintlich veraumlnderungsaversen Organisationskultur sondern schlichtweg daran dass Lean Sigma fuumlr diese Organisation nicht sinnvoll ist Aus diesem Grund ist die Beantwortung der Ausgangsfrage warum gerade diese Initiative richtig ist von enormer Bedeutung

Die Trennschaumlrfe wird vor allem anhand des Beispiels von 3M deutlich Auch wenn es sich um ein hochinnovatives Technologieunternehmen handelte (welchem Veraumlnderungs-affinitaumlt problemlos zugeschrieben werden kann) und sogar aus betriebswirtschaftlicher Sicht die rigorose Einfuumlhrung von disziplinierter Effizienz sinnvoll erschien und sich fuumlr die Investoren an der Wall Street auszahlte wurde doch deutlich dass Lean Sigma zur 3M-Kultur nicht passte Es ging soweit dass dem Unternehmen fast die Kernkompetenz genommen wurde Das Unternehmen wurde bis auf den letzten Dollar ausgequetscht und

1 Ergebnisse der elfjaumlhrigen Forschung bezuumlglich der a) veraumlnderungsaffinen und b) veraumlnderungs-aversen UnternehmenskulturUmsatzwachstum a) 682 b) 166 Mitarbeiteranstieg a) 282 b) 36 Aktienkursanstieg a) 901 b) 74 Profitwachstum a) 756 b) 1

14941 Initiative und Organisation harmonisieren

die Mitarbeiterzufriedenheit sank in den Keller Es wird in Abschn 465 ausfuumlhrlich dis-kutiert was die Beziehung der beiden Pole Innovation und Effizienz ausmacht Bis dahin soll an dieser Stelle zusaumltzlich zu der notwendigen veraumlnderungsaffinen Unternehmens-kultur das Bewusstsein hinsichtlich einer notwendigen betriebswirtschaftlichen also auch kulturellen Anschlussfaumlhigkeit zwischen der Organisation und der Methodik geschaumlrft werden

412 Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen

Die Findungsphase mit der Fragestellung welcher strategische Ansatz geeignet ist sollte nicht uumlberhastet werden Bei Best Buy handelte es sich um einen mehrmonatigen Prozess bei dem erst nach der Konsolidierung verschiedener Handlungsoptionen die Entscheidung auf Lean Sigma fiel Auch nach der Entscheidung gilt es die Initiative und das Projekt-management sorgfaumlltig vorzubereiten Wichtig ist Je mehr Menschen von der Initiative betroffen sind desto weniger schwer wiegt die Herausforderung der Bewaumlltigung eines Sachproblems ndash die emotionale Dynamik muss als Fokus begriffen werden Uumlber die Sinnhaftigkeit der flaumlchendeckenden White-Belt-Schulungen bei Best Buy laumlsst sich in diesem Zuge streiten ndash es ist grundsaumltzlich nicht empfehlenswert Hoffnungen und Er-wartungen zu schuumlren Wenn aus Sicht des Mitarbeiters nichts Handfestes auf den ersten meist theoretischen Kontakt mit der Initiative aufbaut kann Erwartung schnell in Ent-taumluschung umschlagen Diese Dynamik fuumlhrt zu unkalkulierbaren Folgeschaumlden denn aus aufwendigen Schulungen werden muumlde Eintagsfliegen und eine stolz verkuumlndete Initiati-ve hinterlaumlsst nach einem Strohfeuer ein Imageproblem und solides Misstrauen Vielmehr gilt es das Momentum eines Startschusses zu nutzen Dies gelingt nur wenn dieser richtig vorbereitet wurde In der Praxis gibt es sehr unterschiedliche Auspraumlgungen

Ein eher untypisches Beispiel ist der Ansatz von Bruce Miyashita und Michael McCain von MLF Miyashitas Einstellung als bdquoVP of Six Sigmaldquo wurde lediglich als Randnotiz kommuniziert damit sich beide abseits des Interesses der Belegschaft auf die anstehende monumentale Veraumlnderung vorbereiten konnten In der Folge sorgte dies aber nicht fuumlr Ruhe sondern steigerte das Interesse am bdquoMysterium Six Sigmaldquo Die Mitarbeiter suchten von sich aus den Kontakt mit Miyashita welcher erfahren genug war sich die Energie die-ses Spannungsbogens fuumlr sein Vorhaben zu Nutze zu machen Die Six-Sigma-Idee wurde so zielgerichtet und gewinnbringend unter die neugierigen Beschaumlftigten gebracht ndash typi-schen Vorurteilen konnte umgehend der Wind aus den Segeln genommen werden

413 Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhren

Vor lauter stimmungsbeeinflussender Kommunikationstricks ist aber die Zielsetzung eines Operational-Excellence-Programms nicht zu vergessen die positive Auswirkung auf die Bilanz So steht zu Beginn in jedem Fall die Durchfuumlhrung einer Kosten-Nutzen-

150 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Analyse ganz oben auf der Agenda Methodische Implementierungen kosten Geld und das ist bekanntlich knapp Bekannt ist dass die Investitionen fuumlr die Ausbildung der Belts im Rahmen von Six Sigma in der Regel wesentlich kostspieliger sind als der Aufwand fuumlr Lean-Aktivitaumlten Beide Ansaumltze sind auf eine Wirtschaftlichkeitsrechnung angewiesen d h anfangs muumlssen Zielvorgaben definiert werden zwischenzeitliche Fortschritte muumls-sen sowohl quantifiziert als auch qualifiziert und schlieszliglich muss der Erfolgsgrad der Im-plementierung monetarisiert werden Wichtig ist zum einen dass besonders erfahrene und aus unterschiedlichen Bereichen stammende Mitarbeiter oder Fuumlhrungskraumlfte hinreichend fundierte Schaumltzungen abgeben Zum anderen muss es ein zentrales Anliegen sein dass die Verantwortung fuumlr diese Analyse bei einer moumlglichst neutralen Person oder Abteilung liegt wie dem Controlling um weitestgehend Objektivitaumlt sicherzustellen Gleichzeitig muss gewaumlhrleistet sein dass genuumlgend qualitative Faktoren beruumlcksichtigt werden um dem holistischen Anspruch einer Verbesserungsphilosophie gerecht zu werden Dies wie-derum fordert die Bereitschaft und die Faumlhigkeit des Controllings die sogenannten bdquosoft factsldquo zu beruumlcksichtigen Dass Manager sich ihre Zielvorgaben schoumlnrechnen ist genauso kurzsichtig wie wenn Black Belts ihre qualitativen Ergebnisse an einen CFO berichten der sich nur fuumlr die eingesparten Kosten interessiert Welche bdquosoft factsldquo oder nichtmone-taumlren Nutzenpotenziale lassen sich spontan aufzaumlhlen

bull Verbesserung des Unternehmensimagesbull Verbesserung der Kommunikationbull Verbesserung des Informationsflussesbull Verbesserung der Motivation der Mitarbeiterbull Verbesserung der Servicequalitaumltbull Verringerung der Beschwerdequotebull Verbesserung der Lieferbereitschaftbull Verbesserung der Liefertermintreuebull Reduktion der Mehrarbeitbull Reduktion der Fehlerquotebull Verbesserung der Arbeitsablaumlufebull Verkuumlrzung der Durchlaufzeitenbull Verkuumlrzung der innerbetrieblichen Transportwege

414 Kulturkreis beachten

In der amerikanischen Filmkomoumldie bdquoGung Holdquo aus dem Jahre 1986 gibt es eine Szene in der eine Gruppe Japaner das erste Mal in die USA einreist Grund dafuumlr ist das Investment eines japanischen Automobilherstellers in einen Produktionsstandort in einer amerikani-schen Kleinstadt die wirtschaftlich am Abgrund steht Die japanischen Stellvertreter re-praumlsentieren die Rettung vor dem Ruin und werden schon auf dem Rollfeld uumlberschwaumlng-lich willkommen geheiszligen Es scheint dass die ganze Stadt auf den Beinen ist und jubelt

15141 Initiative und Organisation harmonisieren

als sich die Tuumlr des Privatfliegers oumlffnet Das Begruumlszligungskomitee rollt hastig einen roten Teppich bis an die Maschine woraufhin die Japaner sich irritiert anschauen um mitten auf dem Rollfeld die Schuhe auszuziehen bevor sie den Teppich betreten Dies verunsichert die Amerikaner am anderen Ende des Teppichs die sich ebenfalls umgehend ihrer Schuhe entledigen um Verstaumlndnis und Respekt zu signalisieren Das Gelaumlchter des Publikums markiert den Startschuss fuumlr eine amuumlsante Aneinanderreihung von staumlndig kollidierenden kulturellen Diskrepanzen im Film Auch wenn die Geschichte fiktiv ist geht sie auf wahre Begebenheiten mit japanischen Unternehmen wie z B Nissan zuruumlck die in den 1980er-Jahren Investments in der amerikanischen Automobilindustrie taumltigten Der Humor des Filmes profitiert von den zahlreichen Eigenheiten der sich stark unterscheidenden Kultu-ren Hinter dem Gelaumlchter kommt aber der wahre Kern nicht zu kurz Auf der einen Seite gibt es eine bemerkenswert ruumlcksichtsvolle Kultur die alles sauber haumllt und eine hoch individualisierte Kultur auf der anderen Seite welche die Menschen ermutigt andere Ver-haltensweisen zu respektieren unabhaumlngig davon wie seltsam diese sind Was bedeutet das fuumlr die Vorbereitung einer Operational-Excellence-Initiative

Die Umsetzung einer Kulturkreisanalyse ist auf den ersten Blick eher fuumlr international operierende Unternehmen relevant Das Kriterium bdquointernationalldquo bezieht sich in diesem Sinne nicht nur auf interkontinental verflochtene Unternehmen ndash das was in den 1980er-Jahren fuumlr Japaner und Amerikaner galt ist fuumlr Franzosen und Deutsche heute trotz fort-schreitender Europaumlisierung genauso relevant Erschwerend kommt hinzu dass Staats-grenzen nicht grundsaumltzlich gleichbedeutend mit Wirtschaftsgrenzen sind (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 56 f) Welches Unternehmen kann schon von sich behaupten nicht in irgendeiner Art und Weise global Wert zu schoumlpfen Welche Organisation kann schon auf kooperative Netzwerke mit Kunden Lieferanten und zum Teil sogar mit Wett-bewerbern verzichten Welche Institution gibt nicht langsam die fein saumluberliche Tren-nung zwischen den Funktionsbereichen wie Produktion Entwicklung und Forschung auf Die Herausforderung der interkulturellen Zusammenarbeit beginnt haumlufig schon am eige-nen Schreibtisch und nicht erst am neu eroumlffneten Produktionsstandort in Fernost

Wenn wir im Weiteren der Definition des Kulturwissenschaftlers Geert Hofstede fol-gen und unter Kultur bdquodie kollektive Programmierung des Geistes die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von einer anderen unterscheidetldquo (Hofstede 2001 S 10) verste-hen wird die Essenz deutlich Kulturen treten nicht nur durch sichtbare Aktionen wie beispielsweise beim Essen oder Gruumlszligen miteinander in Kontakt sondern auch bei un-sichtbaren Aktivitaumlten wenn beispielsweise spezielle Denk- Fuumlhl- und Handlungsmuster aufeinander prallen (vgl Hofstede 2001 S 4) Die Relevanz von kulturellen Gegeben-heiten bei groszligangelegten Implementierungen zur Erreichung operativer Exzellenz bei denen Mitarbeiter zwangslaumlufig mit neuen Denkweisen und fremden Handlungsgewohn-heiten konfrontiert werden ist ersichtlich und soll anhand von zwei Beispielen konkreti-siert werden

Mit der Buchpublikation bdquoThe Toyota Way Fourteen Management Principles from the Worldrsquos Greatest Manufacturerldquo aus dem Jahre 2004 spricht Jeffrey Liker u a eine von Hofstedes Kulturdimensionen an welche gemaumlszlig der ausgewerteten Daten in Japan stark

152 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

ausgepraumlgt ist ndash die Unsicherheitsvermeidung Nach Liker (2004 S 234 f) findet sich diese Dimension der kollektiven Programmierung des Geistes in Form von bdquoGenchi Gen-butsuldquo (jap fuumlr bdquoGeh und sieh selbstldquo) in einem der vierzehn Toyota-Prinzipien wider Dieses Prinzip war nicht nur ein Schluumlsselelement des Produktionssystems von Toyota sondern ist auch zu einem Grundstein des Lean Managements geworden ndash Goran Curic beispielsweise ersetzte bei der Neuenfelder Maschinenfabrik mit einer angepassten Va-riante (der bdquoGo-Look-See-Methodeldquo) getroffene Annahmen am Schreibtisch durch Echt-zeitinformationen aus der Produktion Liker (2004) berichtet weiter von einem in Japan aufgewachsenen amerikanischen Manager der erzaumlhlt dass ihm das Prinzip der Unsicher-heitsvermeidung in die Wiege gelegt worden sei Er ertappe sich immer oumlfter dabei wie er auszligerhalb des beruflichen Ingenieur-Kontextes unsichere Situationen vermeidet Plant er ein Event in einem Hotel dann schaut er sich die Lokalitaumlt vorher an Hat er eine Ver-abredung zu einem Dinner sucht er das Restaurant vorher auf und bestellt probeweise eine Mahlzeit Auf diese Art und Weise kann er im Voraus auftretende Probleme loumlsen und die Wahrscheinlichkeit von unangenehmen Uumlberraschungen reduzieren Manchmal revidiert er sogar seine Entscheidung bevor es zu spaumlt ist

In der Praxis koumlnnte dies bedeuten dass die Implementierung dieses Lean-Prinzips in Nationen mit einer ausgepraumlgten Unsicherheitsvermeidung besonders wirksam ist (Bei-spielsweise weisen gemaumlszlig Hofstedes Forschungen Japan und Russland eine hohe Aus-praumlgung auf eine niedrige dagegen China Indien und Groszligbritannien) Die Auswirkung dieser Kultureigenschaft muumlsste hinsichtlich der restlichen methodischen Prinzipien und Tools sicherlich noch evaluiert werden Wenn am Ende das Ergebnis einer solchen Kultur-kreisanalyse empfiehlt gewisse Bausteine oder im Extremfall sogar die gesamte Manage-mentmethodik nicht am britischen sondern japanischen Standort einzufuumlhren waumlre dies eine wichtige Erkenntnis bei der Vorbereitung und Zielsetzung der Initiative

Daran anknuumlpfend laumlsst sich eine weitere Kulturdimension von Hofstede die den zeit-lichen Planungshorizont einer Gesellschaft beschreibt anfuumlhren Ausgehend von den Untersuchungen zur Langzeitorientierung (bestimmt von Werten wie Sparsamkeit und Beharrlichkeit) und ihrem Pendant der Kurzzeitorientierung (bestimmt von Flexibilitaumlt und Egoismus) laumlsst sich ein wichtiger Gedanke formulieren Ein Gedanke der besonders fuumlr die drei Operational-Excellence-Programme Lean Six Sigma und Lean Sigma von zentraler Bedeutung ist da allen ein langfristiger Zeithorizont gemeinsam ist um die volle Wirksamkeit der Methodik zu entfalten

Deutschland faumlllt in Hofstedes Forschungsergebnissen insbesondere im direkten Ver-gleich mit anderen westlichen Laumlndern durch eine ausgepraumlgte Langzeitorientierung auf (China Japan und Russland sind aumlhnlich bewertet) Diese Erkenntnis laumlsst sich bestaumltigen Als Reaktion auf die verheerende Nuklearkatastrophe in Fukushima im Fruumlhjahr 2011 ver-kuumlndete die Bundesregierung bis heute als einzige groszlige Industrienation den Ausstieg aus der Atomenergie Selbst Japan ist aufgrund eines politischen Wechsels im Fruumlhjahr 2013 im Begriff zur Atomenergie zuruumlckzukehren

Hofstedes Feststellung spiegelt sich nicht nur in der Politik sondern auch in der deut-schen Unternehmenslandschaft wider Traditionell hinterlaumlsst die besonders weit verbrei-

15341 Initiative und Organisation harmonisieren

tete Unternehmensform des Familienunternehmens tiefe Spuren in der deutschen Volks-wirtschaft Unter den groszligen Familienunternehmen finden sich illustre Namen wie BMW Bosch Aldi Otto Boehringer Ingelheim und Volkswagen ndash diese leisten einen uumlberpro-portionalen Beitrag zur Beschaumlftigung und weisen eine besonders hohe Eigenkapital-quote und Gesamtrentabilitaumlt auf Der Psychologe und Gruumlndungsprofessor am Institut fuumlr Familienunternehmen (WIFU) der Privatuniversitaumlt Witten-Herdecke Fritz B Simon fuumlhrt das Erfolgsrezept des Ruumlckgrats der deutschen Wirtschaft u a darauf zuruumlck dass Erfolg im langfristigen Maszligstab gemessen wird (vgl Merck KGaA 2009) Dies zieht ver-antwortliches und nachhaltiges Wirtschaften mit sich Entscheidend ist nicht das naumlchste Quartalsergebnis sondern die Wohlstandssicherung der naumlchsten Generation Diese Ter-minologie laumlsst sich in der von Hofstede gewaumlhlten Formulierung wiedererkennen Dem-nach wird die Denkweise von Organisationen oder Gruppen mit einer ausgepraumlgten Lang-zeitorientierung von Ausdauer der Bereitschaft von anderen zu lernen und langfristigen Investments bestimmt (Vgl Hofstede et al 2010 S 251 275)

Unter den westlichen Industrienationen positioniert sich die USA eher kurzzeitorien-tiert ndash der Wert ist signifikant niedrig (Brasilien weist ein aumlhnlich niedriges Ergebnis auf) Abgesehen von vielschichtigen politischen Einflussfaktoren lieszlig sich ein Anzeichen die-ser Diskrepanz auf dem G20 Gipfeltreffen 2010 in Seoul erkennen Waumlhrend Deutsche und Chinesen beabsichtigten den Streit um Handel und Waumlhrungen mit Sparsamkeit zu loumlsen sprach sich die USA fuumlr eine Konjunkturspritze aus ndash frisch gedrucktes Geld soll-te den Konsum anregen Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen soll auch hier Hofstede weiter aufgegriffen werden Die Denkweise von Gruppen oder Organisationen mit einer ausgepraumlgten Kurzzeitorientierung wird vom Streben nach Freiheit und Selbst-verwirklichung dem Stolz auf Tradition und einer geringen Bereitschaft fuumlr die naumlchste Generation vorzusorgen bestimmt (Vgl Hofstede und Hofstede 2010)

Was bedeutet dies fuumlr ein Unternehmen Lean Management und damit auch Lean Sig-ma bauen auf den Grundwerten wie Sparsamkeit und Ausdauer auf um Verschwendung zu eliminieren und kontinuierliche Verbesserung realisieren zu koumlnnen Diese Grundwerte folgen dem Prinzip dass die durch ein radikales Kostensenkungsprogram eingesparten Mittel von morgen weniger wert sein koumlnnen als durch Arbeitserleichterungen zufrie-denere Mitarbeiter uumlbermorgen Eine Organisation mit einer ausgepraumlgten Langzeitorien-tierung bietet demnach bessere Rahmenbedingungen fuumlr eine Implementierung des Lean-Gedanken als eine die von kurzlebigen Quartalsergebnissen getrieben ist

Diese Gedanken zeigen sicherlich nur die Oberflaumlche des Eisberges und werden der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Reichweite kultureller Fragestellungen nicht gerecht Im Wesentlichen soll an dieser Stelle das Bewusstsein fuumlr eine naumlhere Betrach-tung des Kulturkreises in dem sich die Initiative bewegen wird geschaumlrft werden Das Umfeld wahrnehmen ndash so lautet die Devise Die Realitaumlt bietet etliche Moumlglichkeiten (vgl Hofstede et al 2010 S 303 ff) Um die Zustimmung der Belegschaft zu gewinnen sollte in einem russischen Unternehmen die methodische Werkzeugkiste besser kompromisslos top-down angeordnet werden wo hingegen in Deutschland eher ein Bottom-up-Ansatz zu waumlhlen ist damit die Initiative an Eigendynamik gewinnt Um ergebniswirksame Resulta-

154 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

te zu erzielen sind in einer amerikanischen Organisation moumlglicherweise besonders starke extrinsische Anreize zur Motivation zu positionieren wohingegen in einer chinesischen Umgebung vielmehr ein charismatischer Leader vonnoumlten ist um Vertrauen zu schaffen und die Mitarbeiter von der Veraumlnderung zu uumlberzeugen Wenn davon auszugehen ist dass die kulturellen Gegebenheiten die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Implemen-tierungen beeinflussen kann die Evaluierung der organisatorischen Konstellation und des jeweiligen methodischen Anspruchsprofils erfolgskritisch sein Eine Kulturkreisanalyse begegnet dieser Herausforderung

415 Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen abgrenzen

Unabhaumlngig von der kulturellen Dimension soll ein zuvor angerissener Gedankengang vertieft werden ndash es hieszlig dass in langzeitorientierten Organisationen die Implementie-rung der Operational-Excellence-Programme eher gewinnbringend ist weil gerade die Substanz der Methodik langzeitorientiert ist Dieser bdquocultural fitldquo zwischen Methodik und Organisation fuumlhrt zu einem weiteren Erfolgsfaktor unter der Uumlberschrift Initiative und Organisation harmonisieren denn die Rahmenbedingungen einer Operational-Excel-lence-Initiative (wie der Name der Initiative die Messgroumlszligen fuumlr den Erfolgsgrad oder die Personalentscheidungen fuumlr das Fuumlhrungsteam der Initiative) sind langfristig auszurich-ten Diese Ansicht ist elementar und wird sich im weiteren Verlauf dieser Publikation haumlu-fig widerspiegeln So lassen sich fruumlhzeitig an verschiedenen Stellen langfristig orientierte Komponenten einrichten Welche Komponenten oder Rahmenbedingungen sind damit ge-meint Einige wenige sollen an dieser Stelle aufgefuumlhrt werden

Allein der Name einer Initiative ist so zu waumlhlen dass er sich von fruumlheren strategi-schen Maszlignahmen differenziert und die langfristige Ausrichtung deutlich wird In der Praxis kann dies sehr unterschiedlich aussehen

Im Rahmen der Six Sigma Implementierung bei Maple Leaf Foods entschied man sich 1999 bewusst fuumlr den noch groumlszligtenteils unbekannten Terminus bdquoSix Sigmaldquo Dies wirkte sich foumlrderlich auf das Interesse der Belegschaft aus ndash McCain und Miyashita konnten die wachsende Neugier am bdquoMysterium Six Sigmaldquo sogar nutzen um typische Vorurteile gegenuumlber einer solchen Initiative der Geschaumlftsfuumlhrung fruumlhzeitig zu entkraumlften Schon einige Jahre spaumlter sollten Unternehmen nur bei der Erwaumlhnung von bdquoLeanldquo und bdquoSix Sigmaldquo auf erbitterten Widerstand der Mitarbeiter stoszligen Das Problem bestand darin dass viele Unternehmen sich zu sehr auf die Formel bdquoschneller ist billigerldquo fokussierten sodass die Qualitaumlt der Prozesse und Produkte darunter litt Ein anderes Problem war die Konzentration auf Kostensenkungen und Rationalisierung dadurch bekamen die Konzep-te schnell einen schlechten Ruf in der Oumlffentlichkeit Mit der Anspielung auf die enormen Einsparmaszlignahmen am Personal wurde beispielsweise die Six-Sigma-Initiative bdquoAXA WAYldquo des franzoumlsischen Versicherungskonzerns unter den Mitarbeitern zynisch bdquoAxe Awayldquo genannt Im Gegensatz zu MLF waumlhlte Goran Curic seit 2011 einen subtileren Ansatz und lieszlig sich erst gar nicht dazu verleiten der Lean-Transformierung bei der Neu-

15541 Initiative und Organisation harmonisieren

enfelder Maschinenfabrik einen Namen zu geben Damit die Lean-Philosophie nachhaltig wirken kann ist kein reizvoller Name sondern eine gruumlndliche Einfuumlhrung methodischer Bestandteile die zur Organisation und zu den Mitarbeitern passen notwendig

416 Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierlich Fuumlhrungsstaumlrke zu verlieren

Neben der Benennung ist zur langfristigen Positionierung eines Operational-Excellence-Programms auch die personelle Entscheidung hinsichtlich der Leitung der Initiative zu be-ruumlcksichtigen Das Beispiel der Bank of America zeigt die Gefahr auf wie nach dem Weg-gang des Six Sigma passionierten CEO Kenneth Lewis die Orientierung verloren ging und Veraumlnderungen durch alte Verhaltensmuster verdraumlngt wurden Es empfiehlt sich die Entwicklung der Initiative personenunabhaumlngig zu gestalten Dies ist ein schmaler Grat denn wie sich spaumlter deutlich zeigen wird haumlngt der Erfolg der Initiative maszliggeblich von der Begleitung einer charakterstarken Fuumlhrungspersoumlnlichkeit ab Das Risiko dass sich dabei uumlber diese Person der gesamte Veraumlnderungsprozess definiert ist gegeben

Waumlren die Lean-Sigma-Bemuumlhungen von Best Buy ohne Mike Fisher nicht schon fruumlh gescheitert Wie saumlhe die Qualitaumlt von Maple Leaf Foods heute aus wenn sich Michael McCain nicht immer wieder aufs Neue demonstrativ zu Six Sigma bekannt haumltte Haumlt-te die Neuenfelder Maschinenfabrik die Insolvenz der Muttergesellschaft auch ohne die konsequente Lean-Transformierung durch Goran Curic uumlberlebt Wer haumltte bei der FCI-Gruppe in die Fuszligstapfen der Doppelspitze Vareille und Merel treten koumlnnen damit das Programm nicht im Sand verlaumluft bdquoMein Ziel ist es dass wenn ich morgen von einem Meteoriten getroffen werde die Initiative problemlos weiter laumluftldquo (Mark 2003 S 6) Bruce Miyashita bringt diesen Erfolgsfaktor mit seiner Aussage auf den Punkt

Es gilt aber zu beachten dass Miyashita davon profitierte dass er den Faktor bdquoKon-tinuitaumlt der Fuumlhrungskraftldquo automatisch an den Unternehmensinhaber McCain abgeben konnte So fiel es ihm leichter seine Handschrift zu hinterlassen ohne sich unentbehr-lich zu machen ndash im April 2011 verlieszlig Miyashita MLF ohne dass es sich negativ auf die Organisation auswirkte Anders dagegen sah die Konstellation fuumlr Goran Curic aus Obwohl sich die Transformation auf seine Person konzentrierte war er der Auffassung dass seine Belegschaft schon nach knapp zwei Jahren Implementierung in der Lage sei den Lean-Gedanken weiter am Leben zu halten Entscheidender Faktor fuumlr ihn war dabei die Rolle des Menschen ndash der Kern des Lean-Gedankens ndash wonach der Mitarbeiter fuumlr Veraumlnderungen und Verbesserungen in der Organisation in den Fokus ruumlckt bdquoMeine Mit-arbeiter haben es gelernt selbststaumlndig und unabhaumlngig von mir die Idee von kontinuier-licher Verbesserung im Unternehmen zu leben Lean wuumlrde es auch ohne mich geben weil alle gemerkt haben dass wir so nicht nur das Unternehmen gerettet haben sondern auch jeder einzelne taumlglich davon profitiert Warum sollten die Mitarbeiter ihre Arbeitsweise

156 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

aumlndernldquo2 Die Herausforderung die Initiative personenunabhaumlngig aber mit ausreichend kontinuierlicher Fuumlhrungsstaumlrke umzusetzen wird zum Erfolgsfaktor

417 Methodik adaptieren ndash nicht kopieren

Des Weiteren ist es fuumlr eine nachhaltige Wirkung empfehlenswert die Vorgehensweise der Operational-Excellence-Programme nicht zu kopieren sondern zu adaptieren Die Angst der Mitarbeiter von Best Buy Mike Fisher koumlnnte den gleichen Lean-Sigma-An-satz wie bei seinem fruumlheren Arbeitsgeber der Organisation uumlberstuumllpen bewahrheitete sich zwar nicht ist dem Grunde nach aber berechtigt Aufgrund der festen Strukturen wie bei der Ausbildung der Six-Sigma-Belts und ihren Aufgabenbereichen im Rahmen des DMAIC-Zyklus ist die Versuchung eines systematischen Schema-F-Vorgehens gegeben Eine solche Verallgemeinerungsleistung (bdquoWas bei uns fruumlher funktioniert hat wird bei denen auch funktionierenldquo) ist nicht nur zielfuumlhrend sondern gefaumlhrdet die Zukunft des gesamten Vorhabens Beispielsweise wurde die Zielsetzung der Six-Sigma-Initiative der Bank of America von Kenneth Lewis an den gegebenen und individuellen Potenzialen der Organisation festgemacht Fuumlr ihn war es wichtiger den schon existierenden und aumluszligerst unzufriedenen Kunden uumlberzeugende Leistung zu bieten (die meisten Beschwerden lande-ten auf seinem Schreibtisch) als neue Kundschaft zu akquirieren Waumlre dies zwangslaumlufig auch fuumlr ein anderes Bankhaus der Fall

Die Antwort auf die Frage was im Mittelpunkt eines Six-Sigma-Programms steht ist haumlufig dieselbe Kundenzufriedenheit durch Qualitaumltsverbesserung steigern Die Antwor-ten auf die Fragen wie dies geschehen soll mit welchem Hebel die besten Ergebnisse ge-neriert (DMAIC-Zyklus fuumlr bestehende Prozesse oder DMADV-Zyklus fuumlr die Entwick-lung neuer Geschaumlftsprozesse)werden mit wem das Vorhaben umzusetzen ist wie schnell dabei das Gros der Mitarbeiter in den Veraumlnderungsprozess miteinbezogen werden muss koumlnnen sich aber stark unterscheiden Hier gilt es das vielfaumlltige Angebot der Operatio-nal-Excellence-Methodik zu nutzen ohne dabei das Rad immer wieder neu zu erfinden

418 Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzen

Damit die Harmonisierung von Initiative und Organisation langfristig funktionsfaumlhig ist repraumlsentiert die organisationsweite Etablierung der Methodik einen weiteren kritischen Erfolgsfaktor3 Exemplarisch laumlsst sich wiederum der Ansatz des kanadischen Lebensmit-telherstellers aufgreifen Unmissverstaumlndlich kommunizierte McCain seine bdquopersoumlnliche

2 Persoumlnliches Interview am 30 Januar 20133 Eine besondere Rolle dabei spielt das mittlere Management Haumlufig als Lehmschicht abgestem-pelt muss die Scharnierfunktion des mittleren Managements um die strategischen Uumlberlegungen der Fuumlhrungsebene mit den Aktivitaumlten der einzelnen Abteilungen zu verbinden erarbeitet werden

15741 Initiative und Organisation harmonisieren

Lebensentscheidungldquo wobei es ihm nicht um die Umsetzung von Projekten sondern um die Installation einer faktenbasierten disziplinierten transparenten und kundenfokussier-ten Six-Sigma-Organisation ging Gleiches galt fuumlr den Ansatz der Bank of America wo fruumlhere Verbesserungsbemuumlhungen schnell im Sand verliefen und als Eintagsfliegen emp-funden wurden weil es an einer systematischen und umfassenden Implementierung fehlte CEO Lewis baute demnach auf die Bausteine Methode (Prozessverbesserung durch den DMAIC-Zyklus) Business-Ansatz (Qualitaumltsorientierung und Null-Fehler-Ambition als Grundsaumltze des Unternehmens) und Fuumlhrungsphilosophie (Six-Sigma-Werte als Leitfaden fuumlr jede Fuumlhrungskraft) Das neue Leitbild beruumlhrte das Unternehmen auf breiter Basis Wo der eine von einer Six-Sigma-Organisation spricht gibt der andere das bdquoLean Enter-priseldquo als seine Zielvorgabe aus Die Neuenfelder Maschinenfabrik versteht den Opera-tional-Excellence-Ansatz end-to-end und nahm auch erfolgreich ihre Lieferanten mit in die Pflicht

Diese umfassende Betrachtung der Geschaumlftsprozesse ist nicht nur fuumlr ein Unter-nehmen wie die NMF deren Produktionsprozess zu 80 aus Fremdfertigung besteht maszliggeblich In reifen Industrien ist die herkoumlmmliche Produktion haumlufig nicht mehr der Hauptkostentreiber da ein groszliger Teil der Wertschoumlpfungskette ausgelagert wurde (Vgl Moormann 2009 S 343 f) Wenn ein Unternehmen wie Audi Lean Production bzw Six Sigma einfuumlhrt dann fordert es i d R auch Null-Fehler-Qualitaumlt von seinen Lieferan-ten Die von Audi angestrebte Null-Fehler-Qualitaumlt setzt also ein Sigma-Niveau von 6σ bei Lieferanten uneingeschraumlnkt voraus Dies sichert jedoch zugleich die Hersteller-Zu-lieferer-Beziehung durch Unterstuumltzung und Erfahrungsaustausch und verbessert das Er-tragsniveau beider (Vgl Toumlpfer 2008 S 12) Die Audi AG errichtete beispielsweise ein Guumlterverkehrszentrum vor den Werkstoren in Ingolstadt damit sich wichtige Lieferanten dort ansiedeln koumlnnen und so direkt an die Produktionsstaumltten angebunden sind Dadurch sollen die Versorgung mit fehlerfreiem und bei Bedarf sofort verfuumlgbarem Material (just in time) die Versorgung mit vormontierten Teilen (just in sequence) die Umschlagsge-schwindigkeit und die Taktung der angelieferten Teile optimiert werden und Kosten fuumlr eine kapitalintensive Lagerhaltung eingespart werden

419 Initiative an Impulse der Umwelt anpassen

Schlieszliglich gehoumlrt zur langfristigen Orientierung bei der Einfuumlhrung von Operational-Excellence-Programmen auch die Faumlhigkeit der Initiativenleitung mit der methodischen Ausrichtung auf die sich stetig veraumlnderten Umweltbedingungen entsprechend zu reagie-ren

Mike Fisher bewies diese Faumlhigkeit bei Best Buy als er zu einer zwei Jahre alten Lean-Sigma-Initiative hinzustieszlig Anstatt mit den Mitarbeitern und seinen Kritikern uumlber den richtigen Lean-Sigma-Ansatz zu streiten verstand er seine Rolle gestalterisch Um wirk-same Ergebnisse zu erzielen griff er bereits Bestehendes gezielt auf und aumlnderte den Kurs der Initiative sukzessive

158 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Auch Pierre Vareille war klar dass die Parameter der Gleichung die er bei der FCI-Gruppe mit Lean zu loumlsen versuchte staumlndig variierten Unter seiner Regie reagierte er auf die Erdstoumlszlige der Finanzkrise entgegen dem Trend indem er seine Lean-Initiative bud-gettechnisch nicht anpasste Obwohl eine Erholung der Wirtschaftslage nicht in Aussicht war bekraumlftigte Vareille sein Engagement und seinen Willen in Bezug auf finanzielle In-vestitionen Wo alle anderen Budgets eingefroren wurden blieben die Kostenstellen fuumlr die Lean-Initiative unveraumlndert Dies galt besonders fuumlr die Reisekosten der Beteiligten fuumlr Reisen zu Workshops Lean-Fortbildungen oder regelmaumlszligigen Besuchen der Produk-tionsstandorte zur Fortschrittskontrolle Somit wurde die langfristige Ausrichtung sicher-gestellt

Curic passte sich ebenfalls veraumlnderten Rahmenbedingungen hervorgerufen durch das Insolvenzverfahren der Sietas-Werft an Im Gegensatz zu Vareille sah er sich den Um-staumlnden entsprechend dazu gezwungen die wesentlichen Bestandteile der Lean-Trans-formierung auf Eis zu legen Dieser Schritt war fuumlr die NMF uumlberlebenswichtig Die Ge-schaumlftsfuumlhrung konnte sich darauf konzentrieren einen starken industriellen Partner zu finden und diesen vom Unternehmenswert zu uumlberzeugen um gemeinsam an der Weiter-entwicklung der Lean-Philosophie im Unternehmen zu arbeiten Obwohl Curic das Unter-nehmen im Maumlrz 2013 verlieszlig sollte die Essenz des Lean-Gedanken allen anderen Stand-orten des neuen Mutterkonzerns aus Norwegen vermittelt werden

Wie reagiert die Initiativenleitung idealerweise auf die sich veraumlndernden Umweltbe-dingungen Es gilt abzuwaumlgen Die unterschiedlichen Beispiele machen deutlich dass die entsprechende Anpassung der methodischen Ausrichtung eine Frage des unternehme-rischen Instinktes ist Die Klaumlrung dieser Fragestellung ist keine Frage von wahr oder falsch ndash sie stellt die Eignung Erfahrung und Geschicklichkeit der Protagonisten in den Vordergrund An dieser Stelle wird auch der naumlchste Abschnitt ansetzen

42 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

Bei weitreichenden Transformationsprozessen tritt besonders das Verhalten der Unterneh-mensleitung und des mittleren Managements in den Vordergrund Wer schon einmal Zeu-ge einer resignierten Stimmung im Bistro eines Unternehmens sein durfte wird bestaumltigen koumlnnen dass die Botschaften von bdquoobenldquo in der Regel als weitere Worthuumllsen der Manage-mentlehre abgestempelt werden Ein Programm zur Analyse der Kostenstruktur mit der offiziellen Bezeichnung OGK (Akronym fuumlr Optimierung der Gemeinkosten) wird dann im Flurfunk schnell in bdquooben geht keinerldquo umgetauft (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 120) Wenn die Fuumlhrungsrige dann nicht mindestens als vertrauenswuumlrdiges Vorbild auftritt und ein nachhaltiger Fixpunkt ist ist jegliche strategische Maszlignahme zum Schei-tern verurteilt Zu einem groszligen Teil liegt der Erfolgsgrad einer Operational-Excellence-Initiative also in den Haumlnden derer die sie initiieren Das mag im ersten Moment selbst-verstaumlndlich klingen doch die Beispiele bei denen die Verantwortlichen nur von ihren Angestellten einen Beitrag zur Veraumlnderung verlangen sind zahlreich Der Grundstein fuumlr

15942 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

eine erfolgreiche Operational-Excellence-Implementierung wird bei den Menschen ge-legt die oft erst gar nicht infrage gestellt werden Die folgenden Punkte sollen diesen fuumlr eine Initiative erfolgskritischen Gedanken verdeutlichen

421 Vision haben und leben

Es wurde bereits mehrfach betont dass die Umsetzung von Operational Excellence uumlber den geordneten Ablauf eines Programms hinausgehen muss damit sich das Vorhaben wirksam entfalten kann Manch ein Unternehmen welches Lean- oder Six-Sigma-Akti-vitaumlten als Nebenkriegsschauplatz veranstaltet wird sich uumlber die schwaumlrmerische Aus-drucksweise anderer wundern Wenn Six Sigma als bdquoWeltreiseldquo Lean Sigma als bdquopersoumln-liche Lebensentscheidungldquo und die Lean-Initiative nach einem guten Jahr als die erste Halbzeit des ersten Fuszligballspieles einer Saison mit 34 Spieltagen bezeichnet wird steht eines fest Die Implementierung von Operational Excellence basiert auf einer Vision die nicht in der Schublade des Chefs sondern in den Koumlpfen der Mitarbeiter verankert sein muss damit sie langfristig lebensfaumlhig ist

Der Wahrheitsgehalt mancher Aussagen wird nicht dadurch schlechter dass sie haumlufig zitiert werden bdquoWenn du ein Schiff bauen willst fang nicht an Holz zusammenzutragen Bretter zu schneiden und Arbeit zu verteilen sondern wecke in den Maumlnnern die Sehn-sucht nach dem groszligen weiten Meerldquo (Antoine de Saint-Exupeacutery) Die Vision von der bdquoFabrik des Jahres ndash Global Excellence in Operationsldquo ist fuumlr Goran Curic nichts anderes als die Sehnsucht nach dem offenen Weltmeer Diesen Zukunftstraum gilt es im ersten Schritt formulieren zu koumlnnen um ihn im zweiten Schritt zu leben Wenn Pierre Vareille seine Vision der FCI-Gruppe als Benchmark in Bezug auf Marktanteil Umsatzwachs-tum Profitabilitaumlt und Mitarbeiterverantwortung beschreibt ist dies ein guter Anfang Der entscheidende Schritt ist es diese Vision zu leben wenn es drauf ankommt Als die Finanzkrise auch in den Maumlrkten der franzoumlsischen Unternehmensgruppe ihr Ungemacht trieb bekraumlftigte Vareille seinen Entschluss und war von der Richtigkeit seiner Vision uumlberzeugt Wo alle anderen Budgets eingefroren wurden blieben die Etats fuumlr die Lean-Initiative unveraumlndert Dies ist gelebte Vision

422 Kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellen

Die soeben beschriebene Vitalisierung der Vision lieszlig bereits einen weiteren Erfolgsfak-toren an Kontur gewinnen Das Commitment der obersten Fuumlhrungskraumlfte ndash erfahrungs-gemaumlszlig mit der kritischste Aspekt einer Implementierung und einer der sensibelsten Grad-messer fuumlr den Erfolg oder Misserfolg des strategischen Vorhabens Das Engagement der Unternehmensspitze darf nicht an Bedingungen geknuumlpft sein sondern muss absolut sein Absolut ist dabei im engsten Sinne zu verstehen ndash es darf keine Kompromisse geben Die

160 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

in Kap 3 dargestellten Beispiele aus der Praxis bieten auch an dieser Stelle zahlreiche Anknuumlpfungspunkte

Michael McCain setzte sich uneingeschraumlnkt fuumlr Six Sigma ein Seine Mitarbeiter merkten schnell woran Sie bei ihm waren wenn er durch die Fertigungsbereiche ging und auf seine Frage nach dem Sigmawert der Haumlhnchenschenkel eine klare Antwort erwartete Wer sich bei Maple Leaf Foods auf die statistisch-mathematische Vorgehensweise nicht einlassen wollte war in keiner der elf unabhaumlngigen Tochterunternehmen gut aufgehoben Den Mitarbeitern wurde bei der Auseinandersetzung mit den anstehenden Veraumlnderungen geholfen indem sie regelrecht bei der Hand genommen wurden Wer aber McCains Vor-haben am Ende des Tages nicht unterstuumltzte war gut beraten seinen CV zu aktualisieren Es war keine Frage ob man auf den Six-Sigma-Zug aufspringt sondern wann dies der Fall sein wird ndash diese Botschaft war absolut unmissverstaumlndlich

Kenneth Lewis verstand es bei der Bank of America ebenfalls deutliche Signale an die Belegschaft zu senden Da Six Sigma keine Eintagsfliege fuumlr ihn war unterstrich er seine Intention indem er fuumlr das erste Green-Belt-Projekt die persoumlnliche Verantwortung uumlbernahm Man kann sich gut vorstellen welchen Eindruck es hinterlieszlig als sich der CEO eines weit uumlber 200000 Mitarbeiter starken Unternehmens einem Projekt an der Basis widmete

Einen aumlhnlichen Effekt wird der Appell des CEO von Best Buy zu Beginn der Im-plementierung von Lean Sigma gehabt haben Brad Anderson ruumlckte im Maumlrz 2005 vor den Fuumlhrungskraumlften der Organisation die Wichtigkeit der Implementierung und die Rolle jedes einzelnen Mitarbeiters in den Fokus Zu unterstreichen ist bei dieser Gelegenheit ein bereits gefallenes Stichwort Langzeitorientierung Der Zeithorizont bezieht sich nicht nur auf die grundsaumltzliche Orientierung der Initiative und die unter dem Erfolgsfaktor Initia-tive und Organisation harmonisieren gefassten Bedingungen sondern auch das Commit-ment des Topmanagements benoumltigt einen langen Atem

Ein gutes Beispiel bietet die Lean-Doppelspitze der FCI-Gruppe Vareille und Merel legten Wert darauf mindestens ein Mal im Jahr jeden der 24 Produktionsstandorte zu besuchen um die Wichtigkeit der Transformation zu bekraumlftigen Gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort identifizierten und eliminierten so die obersten Manager des Unter-nehmens nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten an der Basis Die Methodik wurde demnach weder aus einem Buumlro angeleitet noch einmalig verkuumlndet ndash der Pioniergeist der beiden Manager war deutlich und staumlndig zu spuumlren

Operational Excellence basiert auf kontinuierlicher Prozessveraumlnderung Eine absolute und nachhaltige Verpflichtung der obersten Fuumlhrungskraumlfte zu einem solchen Vorhaben ist unerlaumlsslich Ausfuumlhrlich beschrieben wurden positive Beispiele bei denen die Protago-nisten durch Worte und Taten Signale sendeten um damit die richtigen Weichen fuumlr die Implementierung zu stellen Sobald das Management die Verantwortlichkeiten auf nied-rigere Hierarchieebenen delegiert ist ein Scheitern der Initiative nur eine Frage der Zeit Dies liegt zu einem groszligen Teil daran dass der Weg zur operativen Exzellenz haumlufig an ungemuumltlichen Entscheidungen und unbequemen Konsequenzen nicht vorbeikommt Wer gibt schon gerne gewohnte Arbeitsweisen und Lebenseinstellungen auf Wer verkuumlndet

16142 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

schon gerne Nachrichten wohlwissend dass die Belegschaft mit Widerstand reagieren wird Dieser Realitaumlt entsprechend bedarf es bei einer Transformation der Machtfuumllle der obersten Hierarchieebenen Das Beispiel von Maple Leaf Foods wo es nicht die Frage war ob man die Initiative unterstuumltzt sondern wann verstaumlrkt diesen Gedanken Es kann so weit kommen dass sich eine Organisation von Mitarbeitern trennen sollte um den Erfolg der Implementierung nicht in Gefahr zu bringen Wenn in einem solch extremen Fall die Mitarbeiter der Initiative konsequent ihre Unterstuumltzung verweigern ist der Hand-lungsbedarf der Unternehmensfuumlhrung unausweichlich

423 Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugen

Kommunikation ist eine Conditio sine qua non menschlichen Beisammenseins ndash eine not-wendige Bedingung Es bedarf keines Studiums der Kommunikationswissenschaften um die Relevanz des Austauschs von Wissen Erkenntnissen und Erfahrungen hinsichtlich der Implementierung von neuen Methoden Arbeitsweisen und Denkmustern im Rahmen einer Operational-Excellence-Initiative miteinzubeziehen Ohne Anspruch auf wissen-schaftliche Vollstaumlndigkeit soll im Folgenden auf die wesentlichen Gesichtspunkte die eine gelungene Kommunikation in der praktischen Umsetzung ausmachen eingegangen werden

Zu Beginn eines strategischen Vorhabens ist es Aufgabe der Initiativenleitung durch richtige Kommunikation den Sinn und Zweck saumlmtlicher Aktivitaumlten der Belegschaft nahe-zu-legen Der Aumlnderungsbedarf muss deutlich kommuniziert werden und den Be-teiligten bewusst sein Ein Unternehmen das mit dem Ruumlcken zur Wand steht mag seine Mitarbeiter leicht von einer Initiative mit dem Ziel houmlherer Qualitaumlt zu geringeren Kos-ten uumlberzeugen koumlnnen Wenn sich die Organisation in der Vergangenheit aber im Wett-bewerbsumfeld gut behauptet hat liegt der Anspruch houmlher ndash zu behaupten was in der Vergangenheit erfolgreich war wird auch noch morgen funktionieren ist ein klassischer Trugschluss Michael McCain erklaumlrt sich so die Anfangsschwierigkeiten von Six Sigma in seinem Unternehmen Trotz rechtzeitiger Ankuumlndigungen gegenuumlber den Fuumlhrungs-kraumlften in seinem Unternehmen waren diese als Six Sigma nach langer Vorbereitung schlieszliglich verkuumlndet wurde uumlberrascht ndash das Unternehmen war kerngesund Wenn schon die Manager erstaunt sind und das geplante Vorhaben eher unbeholfen angehen wie soll man dann von der restlichen Belegschaft eine Aufbruchsstimmung erwarten

424 Stakeholder definieren ndash individuell kommunizieren

Neben den obersten Managern eines Unternehmens sind durch die hervorgerufenen Veraumln-derungen derartiger strategischer Maszlignahmen weitere Zielgruppen betroffen das mittlere Management Mitarbeiter Abteilungsleiter Aktionaumlre Investoren Zulieferer Betriebs-ratsmitglieder Kunden oder externe Berater Jede dieser Gruppen verfolgt den Implemen-

162 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

tierungsfortschritt mehr oder weniger aufmerksam Allen Beteiligten ist das Beduumlrfnis gemeinsam die zukuumlnftigen Konsequenzen fuumlr sich rechtzeitig abschaumltzen zu koumlnnen Uumlbersieht man dieses Informationsbeduumlrfnis sind Missverstaumlndnisse zeitraubende Dis-kussionen und Vorurteile vorprogrammiert Eine entstandene Geruumlchtekuumlche die Infor-mationsluumlcken normalerweise schnell kompensiert kann zu besonders energiefressenden Auswirkungen fuumlhren Wenn erst einmal der Naumlhrboden fuumlr unrealistische Erwartungen folgenschwere Missverstaumlndnisse oder unnoumltige Befuumlrchtungen im Raum steht sind diese nur schwer aus der Welt zu schaffen Kommunikation ist also das entscheidende Moment

Eine Auswahl an Zielgruppen einer Operational-Excellence-Initiative wurde bereits aufgezaumlhlt Nicht jede Gruppe benoumltigt dieselbe Menge an Informationen auf dieselbe Art und Weise Es gilt die unterschiedlichen Empfaumlnger zu identifizieren und den entspre-chenden Kommunikationskanal festzulegen um einen geregelten Austausch von Infor-mationen moumlglich zu machen Da ein Black Belt auf andere Informationen angewiesen ist als ein Yellow Belt laumlsst sich die Kommunikation auf unterschiedlichen Ebenen gestalten Beispielhaft koumlnnte man in eine strategische (MBB) operative (BB) und Informations-ebene (GB und YB) differenzieren

Schlieszliglich muumlssen alle Kommunikationsstrukturen (wie die Regelmaumlszligigkeit von Mee-tings oder die gewaumlhlten Kommunikationskanaumlle) jederzeit sowohl angemessen als auch modifizierbar sein um einen optimalen Kommunikationsfluss zu ermoumlglichen So muss eine Initiativenleitung die sich anfangs dazu entscheidet die Neugier aller Beteiligten fuumlr die anstehende Veraumlnderung in Form von Newslettern und internen Magazinen zu wecken flexibel sein Angenommen es stellt sich heraus dass selbst ausgebildete Black Belts die Informationsbroschuumlren nur dann lesen wenn sie ein bekanntes Gesicht im Newsletter ausfindig machen ist diese Strategie zu revidieren Manche Kommunikationskanaumlle sind eher dafuumlr geeignet bestehendes Interesse zu vertiefen als Neugierde zu wecken Als Reaktion koumlnnte die Initiativenleitung ihre Vision in persoumlnlichen Gespraumlchen kommu-nizieren Diese Anpassung waumlre erheblich zeitaufwendiger im Ergebnis aber wirksamer

425 Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und aus Fehlern lernen

Ferner lebt die Entwicklung einer Implementierung von Erfolgserlebnissen bdquoTue Gutes und rede daruumlberldquo Wenn sich die Vision und das Commitment des Managements in Pro-jektergebnissen widerspiegeln ndash was spricht dagegen es zu kommunizieren Diese De-vise gilt es sich zu Herzen zu nehmen denn nichts wirkt positiver auf die Belegschaft als Erfolgserlebnisse Gemeinsam Erreichtes gilt es gemeinsam zu feiern Dies foumlrdert das Gruppengefuumlhl die Gemeinschaft und das ganze Vorhaben Daher hat die Initiativen-leitung dafuumlr Sorge zu tragen dass Transparenz und Klarheit hinsichtlich des Erreichten bestehen So wuumlrde es sich anbieten dass wenn beispielweise ein Unternehmen wie Best Buy einen Wettbewerb gewinnt (Lean Six Sigma Bowl im Jahr 2011) dies entsprechend gefeiert wird Angenommen der CEO wuumlrde sich in diesem Rahmen vor alle Lean-Sig-

16342 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

ma-Mitstreiter stellen um seine Gluumlckwunsche zu aumluszligern und die Mitarbeiter auf das Kommende einzuschwoumlren waumlren gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen Die Vision lebt das Commitment des obersten Chefs uumlberzeugt und ein wichtiger Teil der Kommunikation waumlre etabliert

Wenn Erfolge kommuniziert werden sollte im gleichen Atemzug darauf hingewiesen sein dass Misserfolge nicht unter den Teppich gekehrt werden duumlrfen Kommunikation lebt von Ehrlichkeit auch wenn es unangenehm sein kann Ein passendes Beispiel ist der Umgang mit gescheiterten Projekten bei Best Buy Wenn ein Projekt oder eine neue Strategie scheiterten lieszlig das Management kein bdquoGras wachsenldquo sondern bdquofeierteldquo im Rahmen eines bdquoForums fuumlr Misserfolgeldquo das Projekt oder die jeweilige Strategie Dabei wurde untersucht was zum Scheitern fuumlhrte und welche Ruumlckschluumlsse man durch die Erfahrungen auf zukuumlnftige Opportunitaumlten ziehen koumlnnte Die Fuumlhrungskraumlfte nutzten die Gelegenheit haumlufig um die gescheiterten Protagonisten in ihr neues Aufgabengebiet einzufuumlhren Das Credo lautete bdquoAn die Grenzen zu gehen und Fehler zu machen ist in Ordnung ndash es gibt ein Leben danachldquo

Von Bedeutung ist dabei das folgende Zitat das dem Six-Sigma-Erfinder und ehemali-gen Produktionsingenieur von Motorola Bill Smith zugeordnet wird bdquoSix Sigma ist Krieg gegen Fehlerldquo Um den Krieg gegen Fehler im Produktionsprozess fuumlr sich zu entscheiden ist eine Fehlerkultur in der Mitarbeiter bereit sind uumlber moumlgliche Schwaumlchen und Fehler offen ndash auch ihrem Vorgesetzten gegenuumlber ndash zu sprechen gefordert Das klingt einfach ist es aber nicht Diese Anforderung ist nicht zu unterschaumltzen denn wer spricht schon gerne uumlber eigene Fehler Eine transparente Fehlerkultur ist fuumlr viele Organisationen ein diffuses Ideal Ein (zugebenermaszligen extremes) Beispiel Stellen Sie sich vor dass Sie als Angestellter einer Bank einem anderen Bankinstitut 319 Mio euro uumlberweisen obwohl der Empfaumlnger der Transaktion bereits pleite ist Wie wuumlrde Ihr jetziger Chef reagieren Wuumlrde er ausschlieszliglich Ihnen persoumlnlich die Schuld geben Oder wuumlrde er versuchen die tatsaumlchliche Ursache fuumlr den Fehler zu finden Moumlglicherweise fehlt bei groszligen Trans-aktionen ein Kontrollmechanismus oder der dafuumlr eigentlich zustaumlndige Arbeitskollege von Ihnen war krank aber seine Taumltigkeit wurde nicht adaumlquat ersetzt Die tatsaumlchlichen Gruumlnde die menschliches Versagen verursachen sind vielfaumlltig Es laumlsst sich also nur er-ahnen wie mit der bekannten Zahlung der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) an Leh-man Brothers am Tag der Lehman Insolvenz im Jahr 2008 umgegangen worden ist Die falsche Uumlberweisung uumlber 319 Mio euro richtete einen groumlszligeren oumlkonomischen Schaden an als alle jemals moumlglichen bdquonormalenldquo operativen Fehler im Groszligbetragszahlungsverkehr der KfW zusammen genommen

Fehler werden ungern eingestanden ndash auch in der Operational-Excellence-Praxis Bruce Miyashita fasste es als ein Anzeichen fuumlr eine nicht 100-prozentige ideal verlaufende Im-plementierung auf wenn ein Betriebsleiter eines Produktionsstandortes es als peinlich empfand durch die Six-Sigma-Systematik auf bislang unentdeckte Fehler hingewiesen zu werden Die entdeckten Fehler bei Six Sigma entsprechen den bemerkten nichtwertschoumlp-fenden Taumltigkeiten im Lean Management Die Anforderungen hinsichtlich einer Kultur der offenen und ehrlichen Kommunikation sind fuumlr beide strategischen Managementan-

164 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

saumltze vergleichbar Auch Goran Curic etablierte im Rahmen der Lean-Implementierung eine Meeting-Kultur bei der es nicht darum ging einen Schuldigen fuumlr Schwachstellen in der Produktion zu finden sondern die Ursache des Problems zu loumlsen Diese Verhaltens-weise foumlrdert demnach das individuelle Verantwortungsbewusstsein und das gemeinsame Gruppengefuumlhl

43 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

Zuvor wurde uumlber die Harmonisierung zwischen Initiative und Organisation uumlber Visio-nen Commitment und Kommunikation gesprochen Die Rolle des Mitarbeiters wurde haumlufig erwaumlhnt aber nicht im Detail unter die Lupe genommen So ging es u a darum nicht einen Schuldigen fuumlr ein Problem im Prozess zu finden sondern eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren Es standen dabei nicht die Eigenheiten des Individuums im Unternehmen sondern eine sachorientierte Ursachenforschung im Vordergrund Diese Entpersonifizierung wurde bewusst gewaumlhlt Im Zuge des im folgenden Abschnitt aufge-griffenen Erfolgsfaktors spielt genau das die Hauptrolle was zuvor ausgeklammert wur-de Hinter jedem Prozess steht eine Person ndash der Mitarbeiter Wer den Menschen in der Organisation in den Mittelpunkt stellt wird unweigerlich uumlber Phrasen wie bdquoWiderstand brechenldquo bdquointrinsisch motiviert seinldquo und bdquoVertrauen schaffenldquo stolpern An dieser Stel-le sollen die wichtigsten Aspekte unter der Uumlberschrift bdquoMitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernldquo diskutiert werden Warum steht der Mitarbeiter nicht nur in Abb 41 son-dern auch inhaltlich im Zentrum der Diskussion

431 bdquoMenschlichenldquo Kern der Initiative begreifen

Eine erfolgreiche Organisationsstruktur die den bdquomenschlichen Faktorldquo unberuumlcksichtigt laumlsst gibt es nicht (vgl Peters und Waterman 2007 S 31) Als 1982 die McKinsey-Berater Peters und Waterman die bekanntesten US-Unternehmen nach ihrem Erfolgsrezept frag-ten ergab sich zur damaligen Zeit ein uumlberraschendes Ergebnis (vgl Poech 2003 S 6 f) Es waren nicht nur die Produktinnovationen oder die Erschlieszligung neuer Maumlrkte viel-mehr wurde der Mensch der im Unternehmen arbeitet als das wertvollste Betriebskapital angesehen Sollte dies heute anders sein Auch im Zeitalter des Internets ist es unmoumlglich strategische Initiativen uumlber die Koumlpfe der Belegschaft hinweg zu lancieren Keine Unter-nehmung laumlsst sich auf Dauer gegen die Mitarbeiter organisieren Dies ist allgemeinguumll-tig Wer das nicht begreift hat den Ursprung der Unternehmung missverstanden Beim bdquoUnternehmenldquo gibt es schon fruumlhzeitig nach einer Gruumlndung Aufgaben zur Erreichung der Ambitionen und Zielen des Gruumlnders die nicht alleine erledigt werden koumlnne Der Gruumlnder ist auf die Unterstuumltzung seiner Mitmenschen angewiesen ndash erst recht bei der Erreichung betrieblicher Exzellenz Es geht also um mehr als die Rendite am Jahresende Es geht um Menschen Aus diesem Grund ist die Umsetzung der Operational Excellence

16543 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

nicht kompliziert sondern komplex Vorneweg laumlsst sich also das grundlegende Verstaumlnd-nis der Fuumlhrungsrige demzufolge ein Operational-Excellence-Programm mehr als nur die Implementierung eines methodischen Systems ist als kritischer Erfolgsfaktor auffuumlhren Es geht nicht nur um Produktivitaumlt sondern auch um Menschlichkeit Oft stehen aber nur methodisch gepraumlgte Diskussionen im Vordergrund Welche Werkzeuge sind wann anzu-wenden Wie haumlufig sind die relevanten KPIs zu berechnen Ist Six Sigma nun wirksamer als Lean Management oder doch nur alter Wein in neuen Schlaumluchen Diese Fragen sind wichtig aber nicht immer richtig Auf die Spitze getrieben Wenn ein Unternehmen sich aus betriebswirtschaftlichem Zugzwang von Mitarbeitern trennen muss interessieren sich die Betroffenen kaum fuumlr die Vielfalt des Werkzeugkastens Die Problematik wird deut-lich Wessen Verstaumlndnis nur so weit reicht dass im Rahmen von Operational-Excellence-Zahlen Instrumente oder diverse strategische Phasen zusammen gefuumlhrt werden hat we-der die Essenz der mitarbeiterfokussierten Lean-Philosophie ergruumlndet noch werden die angestoszligenen Verbesserungsmaszlignahmen tiefgruumlndig sein Das wichtigste Kapital einer Unternehmung zu vernachlaumlssigen ist unoumlkonomisch Der Mitarbeiter ist schlieszliglich der entscheidende Baustein auf dem Weg zur operativen Houmlchstleistung ndash alles andere kratzt lediglich an der Oberflaumlche

432 Fuumlhrung verstehen

Wer fuumlhrt Warum gibt es Fuumlhrung Was ist Sinn und Zweck von Fuumlhrung im globa-lisierten Kontext Was sind heute die essenziellen Bausteine von bdquoguterldquo Fuumlhrung hin-sichtlich der Umsetzung von Operational-Excellence-Programmen Im folgenden Exkurs werden u a Ruumlckschluumlsse Empfehlungen und Denkanstoumlszlige von Reinhold Sprenger auf-gegriffen um sich der Thematik aktuell zu naumlhern Reinhold Sprenger lieferte mit seinem 2012 erschienen Buch bdquoRadikal fuumlhrenldquo nicht nur einen Bestseller sondern vor allem die gewinnbringende Momentaufnahme einer Thematik die einem Echo welches man zum Sprechen bringen moumlchte aumlhnelt

4321 Wer fuumlhrtUm sinnvoll auf diese Frage und den Aspekt Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern einzugehen ist zunaumlchst die Personalfrage zu klaumlren Von wessen Taumltigkeitsbereich wird eigentlich gesprochen Es sind die Personen die federfuumlhrend dafuumlr verantwortlich sind die Uumlberlebensfaumlhigkeit einer Organisation zu sichern Die Fuumlhrungskraumlfte

4322 Warum gibt es FuumlhrungWas wuumlrde passieren wenn Fuumlhrung fehlt Sozialwissenschaftliche Forschungen weisen ein eindeutiges Ergebnis auf wenn eine Gruppe von Menschen ohne anfuumlhrende Kraft auf ein gemeinsames Ziel oder Problem ausgerichtet ist (vgl Sprenger 2012 S 147) Fuumlhrungsstrukturen bilden sich automatisch und immer Diese Dynamik des menschlichen Beduumlrfnisses zu fuumlhren oder gefuumlhrt zu werden ist allgegenwaumlrtig Aber erst wenn die

166 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Fuumlhrung auch einem Zweck folgt macht sie Sinn In den betriebswirtschaftlichen Kontext uumlbersetzt bedeutet diese Sinnstiftung dass die Fuumlhrungskraft dafuumlr Sorge zu tragen hat dass das Uumlberleben des Unternehmens gesichert wird Voraussetzung dafuumlr ist dass der Manager der leitende Angestellte oder wie auch immer die Fuumlhrungskraft auf dem Papier genannt wird im Unternehmen mehr leisten muss als sie kostet Diese organisatorische Existenzerhaltung ist gemaumlszlig Sprenger die Bestimmung von Fuumlhrung

4323 Was ist FuumlhrungSprenger (2012 S 30) ist der Ansicht dass man Fuumlhrung nicht sehen (erst recht nicht defi-nieren) sondern nur machen kann Er geht davon aus dass die meisten Fuumlhrungskraumlfte gar nicht wissen wann sie fuumlhren Was ist eine typische Fuumlhrungsaktivitaumlt Budget verwalten einen Mitarbeiter entlassen oder Anweisungen geben Besonders praumlgnant ist die haumlufige Antwort der Fuumlhrungskraumlfte auf die Frage was sich am Tag an dem sie Fuumlhrungskraft wurden geaumlndert hat Nichts An den alltaumlglichen Beschaumlftigungen hat sich prinzipiell nichts veraumlndert auszliger dass sie nicht mehr als Fachmann sondern von heute auf morgen als Manager bezeichnet werden Auch wenn sich die eine oder andere Taumltigkeit aumlndert so bleibt das Wesentliche gleich Aus diesem Grund bezeichnet Sprenger (2012 S 31) Fuumlhrung als ein von auszligen aufgeklebtes Etikett ndash Verhaltensweisen denen Sinn von auszligen hinzugeschrieben wird Dieser Gedanke ist durchaus nachvollziehbar denn Hunderte von verschiedenen sich im Laufe der Geschichte entwickelten Definitionsvarianten sind bei dem Versuch tiefer in die Thematik einzusteigen nicht zielfuumlhrend Fuumlhrung ist also un-sichtbar was maszliggeblich daran liegt dass sie sich nicht wie faumllschlicherweise oft an-genommen nur durch die jeweilige Person in fuumlhrender Position erklaumlrt Sprenger (2012 S 14) betont dass sich Fuumlhrung auch in Strukturen Instrumenten und Institutionen ma-nifestiert Wenn ein neuer Mitarbeiter als Fuumlhrungskraft in ein Unternehmen einsteigt beginnt er nicht bei null sondern wird sich mit bereits bestehenden Rahmenbedingungen auseinandersetzen muumlssen

In Sprenger (2012) faumlllt das Stichwort der bdquoKontextsensibilitaumltldquo Es bedeutet dass Fuumlh-rung zunaumlchst den Rahmen der Institution und die kulturellen Traditionen der Organisa-tion beruumlcksichtigen muss um die Bedingungen fuumlr erfolgreiches Wirtschaften herzustel-len Erst wenn das System und die Struktur des Unternehmens bdquofuumlhrungstauglichldquo sind ist das Augenmerk auf die Anforderungen an das Individuum zu legen Zuerst die Institution dann das Individuum Bei diesem systemtheoretischen und ganzheitlichen Gedankengang ist der erste Schritt die groumlszligere Herausforderung und wird vielleicht deswegen haumlufig uumlbergangen Sprenger (2012 S 49) bringt es auf den Punkt bdquoKluge Menschen haben in dummen Organisationen keine Chanceldquo Der Grundgedanke dieses ganzheitlichen An-satzes soll im Weiteren aufgegriffen werden Denn was fuumlr die Unternehmung im Allge-meinen gilt spielt auch fuumlr die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Operational-Excellence-Initiative eine entscheidende Rolle Wenn man in der zuvor gebrauchten Terminologie bleibt heiszligt dies Um Mitarbeiter auf dem Weg zur operativen Exzellenz zu fuumlhren und durch Fordern zu foumlrdern muumlssen das System und die Struktur der Initiative bdquofuumlhrungs-tauglichldquo sein Wenn diese Rahmenbedingungen die sich im Uumlbrigen unter den bereits

16743 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

angefuumlhrten Erfolgsfaktoren Initiative mit Organisation harmonisieren und Vision sowie Commitment leben ndash Kommunikation etablieren wiederfinden stimmen kann Fuumlhrung in diesem Zusammenhang die Uumlberlebensfaumlhigkeit der strategischen Initiative sicherstellen Auch kluge Initiativen haben in dummen Organisationen keine Chance Modifiziert heiszligt es hier Erst die Institution dann die Initiative und schlieszliglich das Individuum ndash so kann die Initiative nicht nur existieren sondern auch erfolgreich sein

433 Geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhren

Eine der wichtigsten Aufgaben fuumlr den Initiator der Transformation ist es die geeigneten Mitarbeiter mit klaren Zielen zu fuumlhren Die Wirksamkeit einer Initiative steht und faumlllt mit den Personen die federfuumlhrend an der Umsetzung der strategischen Maszlignahmen arbeiten Es geht also darum nicht dem erstbesten sondern einem passenden Mitarbeiter die Ver-antwortung der Projekte zu uumlberlassen Qualitaumlt vor Quantitaumlt Bezuumlglich der notwendigen Eigenschaften gilt fuumlr einen Projektleiter das Gleiche wie fuumlr die Unternehmensfuumlhrer Es ist nicht nur die fachliche Kompetenz sondern vor allem auch die soziale Kompetenz gefordert Wenn alle technischen strukturellen und oumlkonomischen Aspekte beruumlcksich-tigt werden und die zwischenmenschliche Feinmechanik konsequent vernachlaumlssigt wird enden die Projekte und damit auch die Initiative als Fehlschlag Weil bei Operational-Ex-cellence-Programmen wesentliche Stellschrauben der Organisation in Bewegung gesetzt werden werden Gewinner und Verlierer neu definiert Was den einen erfreut begruumlndet des anderen Leid Diese Erkenntnis ist entscheidend denn das Verhalten eines Menschen ist zu einem groszligen Teil von Emotionen getrieben ndash wie von Interessen Hoffnungen und Aumlngsten Wer Menschen in strategischen Initiativen fuumlhren moumlchte muss fuumlr das Innere der beteiligten Personen ehrliches Verstaumlndnis aufbringen koumlnnen

Ziele helfen dabei Orientierung zu gewinnen Bei langfristig angelegten Operational-Excellence-Programmen ist es wichtig dass der Mitarbeiter nicht nur mitarbeitet sondern mitunternimmt Dafuumlr ist es wichtig dass er sich im Klaren daruumlber ist welchen Beitrag seine Arbeit fuumlr den Fortschritt der Initiative leistet Dieses Bewusstsein gilt es im direkten Gespraumlch uumlber die individuellen Zielvereinbarungen zu schaumlrfen Ziele sollten demnach nicht vorgeschrieben sondern gemeinsam erarbeitet werden um eine klare und konkrete Vorstellung des zu erreichenden Zustands zu gewinnen Nicht bdquoWas muss im ersten Quar-tal der Initiative erreicht werdenldquo sondern bdquoWas will ich nach den ersten drei Monaten erreicht habenldquo Wichtig ist dass sowohl quantitative als auch qualitative Ziele definiert werden Exemplarisch fuumlr ein quantitatives Ziel ist die Reduzierung von Durchlaufzeiten von x auf y Zeiteinheiten Der Lean-Gedanke ist der Abteilung erlaumlutert und findet in den Projekten Beruumlcksichtigung waumlre ein Beispiel fuumlr ein qualitatives Ziel

Wenn die Zielsetzungen anspruchsvoll sind aber nicht uumlberfordern sollten sie gleich-zeitig messbar sein Zur persoumlnlichen Entwicklung des Mitarbeiters gehoumlrt ein regel-maumlszligiger Austausch uumlber die zuvor praumlzisierten zukuumlnftigen Zustaumlnde Abweichungen erfordern korrigierende Maszlignahmen Schlieszliglich ist das Erreichen der Ziele in Etappen

168 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

einzuplanen der Aufwand abzuschaumltzen und alles Besprochene schriftlich zu dokumen-tieren Mit einer passenden Analogie laumlsst sich dieser Abschnitt abschlieszligen bdquoDie Ziele sind es die die groszligen Entdecker schon vor Hunderten von Jahren mit nichts anderem als einem Kompass einem Sextanten und ihren erstaunlichen navigatorischen Faumlhigkeiten auf Holzschiffen bis ans Ende der Welt und wieder zuruumlck gebracht habenldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 288)

434 Betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffen

Mitarbeiter zu fuumlhren bedeutet sie zu foumlrdern und es gibt keinen besseren Weg dies in der Realitaumlt umzusetzen als sie zu fordern Foumlrdern durch Fordern ist die Devise Ein Unter-nehmen kann es sich nicht leisten dass die Menschen die langfristig den Unterschied ausmachen sollen unter ihren Moumlglichkeiten bleiben Es ist also entsprechender Freiraum fuumlr den Mitarbeiter zu etablieren um das Gelernte anzuwenden Oder wie Sprenger (2012 S 252) schreibt bdquoOhne Bewaumlhrung gibt es kein Wachstum und keine dauerhafte Motiva-tion Persoumlnliches Wachstum in der Aufgabe ist die entscheidende Voraussetzung fuumlr volle Leistungsentfaltungldquo Es gibt nichts was Menschen mehr erfreut als die eigene erfolg-reiche Leistung ndash der persoumlnliche Fortschritt Es ist wichtig zu betonen dass es hier nicht um eine herausfordernde oder besonders lukrative Incentive-Struktur geht Belohnungen fuumlhren in der Regel eher zu Lethargie und Traumlgheit weil der Mensch schon von Natur aus das Unbekannte und Ungewoumlhnliche entdecken moumlchte Die Verhaltensoumlkonomie spricht in diesem Zusammenhang von der Funktionslust (das Planen einer Aufgabe das Handeln und das Endergebnis sollen moumlglichst nah beieinanderliegen) und der Neugieraktivitaumlt (das natuumlrliche Streben des Menschen nach Spannung Herausforderung und Entwick-lung) (vgl Sprenger 2012 S 251) Diese beiden Aspekte gilt es bei der Besetzung von Positionen und bei der Verteilung von Aufgaben zu beruumlcksichtigen Am Ende beschreibt dieser Abschnitt die Absicht das Kindliche im Mitarbeiter herauszulocken Unvoreinge-nommen zu experimentieren zu scheitern Neues auszuprobieren um schlieszliglich Erfolg zu haben ndash wahrer Freiraum Was ist dafuumlr notwendig

Eine erfolgreiche Fuumlhrungskraft ist in der Lage loszulassen und dem Mitarbeiter zu vertrauen Wie zuvor hervorgehoben existieren Unternehmen weil sich im Rahmen der Wertschoumlpfung Aufgaben ergeben die nicht alleine erledigt werden koumlnnen Der Unter-nehmensgruumlnder ist auf Mitarbeit angewiesen Die Grundlage zu dieser gemeinsamen Arbeit oder der spaumlteren Delegation von Verantwortung ist Vertrauen Wenn es in einem Unternehmen unzaumlhlige Vorschriften Regelungen und Kontrollmechanismen gibt beein-flusst das gelebte Misstrauen uumlber kurz oder lang die Wirtschaftlichkeit der Organisation ndash Misstrauen ist ein fataler Kostentreiber und schuumlrt den Widerstand Wenn Entscheidungs-findungen aufgrund von Misstrauen schwerfaumlllig sind wird wertvolle Arbeitszeit leicht-sinnig vertan wenn externe Berater nur aus politischen Gruumlnden fuumlr zusaumltzliche Autoritaumlt hinzugezogen werden wird es teuer wenn sinnvolle Maszlignahmen erst verspaumltet umgesetzt werden koumlnnen nur weil die Beteiligten um ihre eigenen Interessen feilschten wiegt der

16943 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

entgangene Gewinn schwer und wenn sich aufreibende interne Auseinandersetzungen negativ auf die Motivation der Mitarbeiter durchschlagen wird es besonders bitter weil sich eher die ehrgeizigen die guten Mitarbeiter des Unternehmens dazu entscheiden abzu-wandern (vgl Berner 2005) Der gaumlngige Spruch bdquoVertrauen ist gut Kontrolle ist besserldquo ist ein Irrweg Es gibt nichts Effizienteres als auf Offenheit und Vertrauen basierende Zu-sammenarbeit (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 139)

Wenn sich die Mitarbeiter der Fuumlhrungskraft anvertrauen ist die Fuumlhrungskraft gut beraten gleiches zu tun Sprenger betont weiter dass es Aufgabe der Fuumlhrungskraft ist den ersten Schritt zu wagen Sie muss zuerst verlaumlsslich ehrlich fair und loyal sein Dann kann dies auch von der Belegschaft erwartet werden Im Zusammenhang der Lean-Philo-sophie wird der Mitarbeiter als Mitunternehmer bezeichnet und gehoumlrt zum familiaumlren Zirkel der Organisation ndash Vertrauen ist in dieser Konstellation unerlaumlsslich Kontrolle zum richtigen Zeitpunkt aber nach wie vor wichtig bdquoMisstrauen ist da angesagt wo Vertrauen eine lebensgefaumlhrliche Dummheit waumlreldquo (Sprenger 2012 S 267)

435 Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo

Das Ziel eines Operational-Excellence-Programms ist es die verursachten Veraumlnderungen hinsichtlich neuer Denkmuster Arbeitsweisen und Maszlignahmen in die DNA der Organisa-tion einzupflanzen Wenn diese Intention Fruumlchte tragen soll muss die Unternehmensfuumlh-rung die Initiative und die Beteiligten zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo Wenn CEO Pierre Vareille von der FCI-Gruppe die Lean-Aktivitaumlten nur so weit anstieszlig dass diese nach seinem Weggang in der Belanglosigkeit versickerten reichten seine zur Unabhaumlngigkeit erziehenden Bemuumlhungen augenscheinlich nicht aus Handelt es sich dabei nicht um einen Widerspruch wenn die zuvor aufgefuumlhrten Erfolgsbedingungen Initiative personenunab-haumlngig gestalten und Commitment der Unternehmensspitze hervorgehoben wurden Auf der einen Seite eine personenunabhaumlngige Etablierung der Methodik und auf der anderen Seite das (personenabhaumlngige) absolute Commitment der Unternehmensspitze als orien-tierungsgebender Fixpunkt Zur Erklaumlrung soll die Erziehung eines Kindes als Vergleich herangezogen werden

Ein Neugeborenes ist ohne die Hilfe von Erwachsenen lebensunfaumlhig ein Kleinkind braucht die schuumltzenden Haumlnde der Eltern bei den ersten unkoordinierten Schritten und ein Teenager wuumlrde ohne den Ruumlckhalt der lebenserfahreneren Eltern vielleicht eher auf schiefe Bahnen gelangen Ohne die Faumlhigkeit von Vater und Mutter ihr Kind irgendwann loszulassen und es dem eigenen Willen und den Irrungen und Wirrungen des Schicksals zu uumlberlassen waumlre ein junger Erwachsener nicht in der Lage Lebenserfahrung Reife und Persoumlnlichkeit zu gewinnen Dieser Entwicklungsprozess aumlhnelt der bdquoErziehungldquo einer In-itiative durch die die Veraumlnderung initiierende Fuumlhrungspersoumlnlichkeit im Unternehmen Auch die Etablierung einer Verbesserungsphilosophie muss anfangs an die Hand genom-men werden damit die Fuumlhrungspersoumlnlichkeit bei Ruumlckschlaumlgen Halt bieten kann Am

170 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Ende soll die Veraumlnderung jedoch Alltag sein und auf eigenen Beinen stehen Ein gutes Beispiel aus der Praxis ist wiederum die Neuenfelder Maschinenfabrik

Nach nur zwei Jahren methodischer Umsetzung lebte das Gedankengut der Lean-Phi-losophie ohne dass die Initiative einen Namen von Goran Curic erhalten hatte Die Mit-arbeiter nutzten die Moumlglichkeit Verbesserungsvorschlaumlge und Optimierungspotenziale einzubringen (es sei an das von einem Mitarbeiter eigenstaumlndig konzeptionierte und er-stellte bdquoVisual Boardldquo aus Legobausteinen erinnert) und Curic war fest davon uumlberzeugt dass die Initiative schon am folgenden Tag ohne ihn weiterleben wuumlrde Der Eindruck bei einer Werksbesichtigung vor Ort lieszlig daran keinen Zweifel aufkommen Worin liegt die erfolgreiche Entwicklung begruumlndet Curic traute seinen Mitarbeitern nicht nur die Veraumlnderung zu sondern er vertraute auch auf deren individuelle Faumlhigkeiten Sein Ver-trauen in die beteiligten Menschen schaffte wiederum Vertrauen der Mitarbeiter in die vom Chef initiierte fernoumlstliche Verbesserungsphilosophie Mittlerweile ist die Initiative fast erwachsen

436 Widerstand entgegenwirken

Auf dem Weg zum Erwachsenen wird sich ein Kind haumlufig weigern Verstaumlndnis fuumlr die Erziehungsmaszlignahmen der Eltern aufzubringen Dies ist nicht nur in der Pubertaumlt ein alltaumlgliches Phaumlnomen sondern auch im betriebswirtschaftlichen Kontext eine gewohnte Begleiterscheinung Es gibt sowohl in einem Lern- als auch in einem Veraumlnderungsprozess keine Veraumlnderung ohne Widerstand Die Neuerungen koumlnnen sachlich logisch sinnvoll und dringend erforderlich sein aber am Ende des Tages gibt es mindestens einen Mitarbei-ter oder eine Teilgruppe der Belegschaft die das Vorhaben nicht verstanden haben oder den Entscheidern nicht glauben oder die anstehenden Veraumlnderungen schlichtweg nicht unterstuumltzen wollen Der Umgang mit derartigen Reaktionen deren Ursachen immer im irrationalen Bereich liegen ist ein zentrales Erfolgskriterium fuumlr die Umsetzung von Ope-rational-Excellence-Initiativen bdquoEs ist fuumlr den Fortgang eines Veraumlnderungsprojektes von entscheidender Bedeutung dass Widerstand ndash in welcher Form auch immer ndash rechtzeitig erkannt und richtig beantwortet wird Wenn dies nicht der Fall ist kommt es zu ernsthaften Verzoumlgerungen schwerwiegenden Blockaden und kostspieligen Fehlschlaumlgenldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 336) Auch beim kanadischen Lebensmittelhersteller Maple Leaf Foods war sich der Initiativenleiter von Six Sigma Bruce Miyashita bewusst dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist ndash Veraumlnderung ist per se unangenehm und negativ Welche Umgangsform ist also ratsam

Widerstand ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen Fehlzeiten Unaufmerk-samkeit Unwichtiges debattieren Geruumlchtebildung und sturer Formalismus sind einige wenige Symptome Lustlose Meetings Mitarbeiter die sich sonst engagieren ziehen sich zuruumlck und blockierte und ins Laumlcherliche gezogene Entscheidungsprozesse gehoumlren zur Tagesordnung An den Kern der Problematik fuumlhrt nur ein ehrlich und offen gefuumlhrtes Gespraumlch mit den Betroffenen bdquoNur das ruhige ohne Zeit- und Ergebnisdruck gefuumlhr-

17143 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

te Gespraumlch und das aufrichtige Interesse fuumlr die Situation der Betroffenen und fuumlr ihre persoumlnlichen Meinungen koumlnnen die Vertrauensbasis schaffen die notwendig ist damit auch heiklere Gedanken und Empfindungen geaumluszligert werdenldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 340) Es gilt anzuhoumlren was den Mitarbeiter bewegt Wird er durch die anste-hende Reorganisation finanzielle Nachteile erwarten muumlssen Wird er seinen Arbeitsplatz verlieren Wird er mit fuumlr ihn unsympathischen Menschen zusammen arbeiten muumlssen Welche Karrieremoumlglichkeiten bietet ihm die Veraumlnderung Wird er in Zukunft fachlich oder persoumlnlich uumlberfordert sein Die Fuumlhrung des Unternehmens wird diesen und vielen weiteren unangenehmen Fragen Raum geben muumlssen Es ist wie mit dem Vertrauen Die Verantwortung des ersten Schrittes fuumlr einen erfolgreichen Umgang mit aufkommendem Widerstand traumlgt nicht die Belegschaft sondern die planende Fuumlhrungsmannschaft Die Fuumlhrungskraft hat sich geduldig und mit ehrlichen Worten in die Lage der Betroffenen zu versetzen ndash mit dem Widerstand nicht gegen ihn gehen Dies gestaltet sich in der Realitaumlt schwieriger als man denkt

Der beschriebene konstruktive Umgang mit den irrationalen Reaktionen der Betroffe-nen von Veraumlnderungsmaszlignahmen schlieszligt aber auch personelle Konsequenzen nicht aus Bei Maple Leaf Foods wurden die Ansichten der Mitarbeiter hinsichtlich der Six-Sigma-Implementierung angehoumlrt und verstaumlndnisvoll aufgegriffen Miyashita bezeichnete diese Vorgehensweise als bdquoan die Hand nehmenldquo Wer aber schlieszliglich das Vorhaben des CEO und Eigentuumlmers Michael McCain nicht unterstuumltzte dem wurde unmissverstaumlndlich nahe gelegt sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen Es war keine Frage ob man auf den Six-Sigma-Zug aufspringen sondern wann dies der Fall sein wuumlrde ndash diese Botschaft war deutlich Widerstand notfalls rigoros brechen ndash auch das versteht sich in der Konsequenz unter konstruktivem Umgang

437 Zusammenarbeit organisieren und belohnen

Es steht auszliger Frage dass Unternehmen unterschiedlich mit Widerstaumlnden umgehen Die Bank of America unter CEO Lewis installierte beispielsweise eine woumlchentliche Score-card wodurch die Mitarbeiter direkten Zugang zum generierten Mehrwert der Projek-te erhielten Jeder einzelne konnte so ablesen welchen quantitativen Beitrag er fuumlr den Initiativenerfolg geleistet hatte Die Dokumentation der Projektentwicklungen spornte an foumlrderte einen fairen internen Wettbewerb und forcierte die Zustimmung und aktive Partizipation an der systematischen Qualitaumltsbemuumlhung durch Six Sigma Es sei kritisch angemerkt dass eine solche Maszlignahme nicht in jedem Unternehmen zu fairem und foumlr-derlichen Wettbewerb fuumlhren wuumlrde Wenn jeder an sich selbst denkt ist moumlglicherweise an alle gedacht aber die Feinmechanik des zwischenmenschlichen Miteinander wird uumlber kurz oder lang Schaden daran nehmen Warum Weil das Uumlberleben des menschlichen Wesens auf Kooperation ausgelegt ist Dies ist ein Aspekt der unsere Spezies uumlbrigens einzigartig macht ndash und nicht wie oftmals angenommen die Denkfaumlhigkeit oder unsere Sprache (Vgl Sprenger 2012 S 52) Wenn Sprenger (2012 S 54 f) im Hinblick auf

172 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Unternehmungen von bdquoKooperations-Arenenldquo spricht meint er dass bdquoZusammenarbei-tenldquo nicht die Addition von Einzelleistungen sondern die gemeinschaftliche und part-nerschaftliche Leistungserbringung ist ndash arbeitet man in einem Unternehmen oder als Unternehmen Was bedeutet es dann fuumlr eine Organisation oder die Entwicklung einer Operational-Excellence-Initiative wenn die Mitarbeiter diese Essenz vernachlaumlssigen Wenn man nicht zusammenarbeitet und die Probleme Beduumlrfnisse und Moumlglichkeiten seines Arbeitskollegen ignoriert weil man im Wettbewerb zueinander steht verliert im-mer entweder das Unternehmen oder die Initiative Was dem einen schadet hilft haumlufig dem anderen oder es gibt zwei Verlierer Sprenger (2012 S 71) erinnert an dieser Stelle exemplarisch an das Konfliktpotenzial zwischen Marketing und Vertrieb Diese Wechsel-wirkung zwischen zwei Gruppen zaumlhlt nicht nur zu den haumlufigsten und gleichzeitig kost-spieligsten Problemsituationen im Unternehmen sondern wird in der Praxis systematisch verharmlost Dies liegt daran dass der interne Wettbewerb und die Einzelleistung die Spielregeln bestimmen Wo im Auswahlgespraumlch noch bei aufwaumlndigen Gruppenuumlbun-gen unter der Supervision von erfahrenen Psychologen die Teamfaumlhigkeit der Kandidaten beobachtet wird zaumlhlt fuumlr die Bonusberechnung im Jahresabschlussgespraumlch lediglich die Einzelleistung Wer so organisiert heizt den internen Wettbewerb an Auch wenn aus Sicht eines Marktes in der Wirtschaft die Wettbewerbsstrukturen zu Wachstum und Wohl-stand fuumlhren gilt dies weder fuumlr ein Unternehmen noch fuumlr eine strategische Initiative Das erfolgreiche Fuumlhren eines Unternehmens ist ein Gemeinschaftswerk Andere Fragen sind relevant bdquoWas ist mit der Zusammenarbeit fuumlr eine gemeinsame Aufgabe Was ist mit dem Voneinander-Lernen Was ist mit Hilfsbereitschaft Was ist mit einem freundlichen attraktiven Arbeitsklima Was ist mit Vertrauenldquo (Sprenger 2012 S 69) Um die Vision fuumlr operative Exzellenz in betriebliche Realitaumlt umzusetzen gilt es das Miteinander zu organisieren und die Zusammenarbeit zu belohnen

438 Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivieren

Wenn der zuvor aufgegriffene Aspekt der Zusammenarbeit und des Miteinanders wei-ter gedacht wird stolpert man unweigerlich uumlber das Thema der monetaumlren Belohnung Im Sinne einer fruchtbaren Arbeitsgemeinschaft erscheinen eine eher ausgeglichene Be-zahlung und ein faires Belohnungssystem entgegen der haumlufig anzutreffenden krassen Unterschiede mehr als sinnvoll Sprenger praumlgt in diesem Zusammenhang die Begriff-lichkeit bdquoGehaltshygieneldquo bdquoWer im Team deutlich weniger verdient als andere findet seine Leistung nicht ausreichend gewuumlrdigt und leistet langfristig weniger Gleichzeitig sinkt bei groszligem Einkommensgefaumllle auch die Leistung der Top-Talenteldquo (Sprenger 2012 S 79) Diese Perspektive bezieht sich primaumlr auf die organisatorische Ausrichtung des gesamten Unternehmens ndash was bedeutet es fuumlr die Umsetzung von Operational-Excel-lence-Programmen

Zum einen bietet eine systematische Veraumlnderung wie die einer solchen Initiative den noumltigen Handlungsspielraum ein festgefahrenes und in die Jahre gekommenes Entloh-

17343 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

nungssystem anzupassen So geschehen bei der Bank of America Im Zuge der Qualitaumlts-initiative von Six Sigma passte sich auch das Belohnungssystem der Bank an die neuen Rahmenbedingungen an Nicht fuumlr die Akquise von neuen Kunden sondern fuumlr den Auf-bau langfristiger Kundenbeziehungen wurden offiziell Preise an die Mitarbeiter verliehen Das Ergebnis waren nicht nur gluumlckliche Stammkunden sondern auch noch zahlreiche Neukunden durch die Empfehlungen der Stammkunden

Zum anderen muss die Frage gestattet sein ob finanzielle Lockmittel nachhaltige Mit-arbeiterpartizipation gewaumlhrleisten Die Wissenschaft belegt dass weniger Geld (als der Durchschnitt) unzufrieden macht ndash mehr Geld (als der Durchschnitt) aber keinen nen-nenswerten Unterschied ausmacht (vgl Sprenger 2012 S 80) Wenn die Credit Suisse bei einem flaumlchendeckenden Lean Sigma Deployment ihren Black Belts 1000 Schweizer Franken mehr im Monat zahlt ist es fraglich wie langfristig sich diese Maszlignahme positiv auf das Engagement der Mitarbeiter auswirkt (vgl Dahm 2008 S 56 f) Selbst wenn es sich um eine groszligzuumlgige monetaumlre Anreizstruktur handelt die die Belegschaft bis in die Haarspitzen motiviert wird der eigentliche Sinn und Zweck verschoben Es geht nicht um die Optimierung des Portemonnaies sondern um eine nachhaltige Verankerung der stra-tegischen Maszlignahmen die langfristig die Uumlberlebensfaumlhigkeit des Unternehmens sichern sollen Der Schluumlssel ist die Etablierung eines fairen Belohnungskonzeptes Wenn es nur um Geld geht ist wie das Krisenjahr 2008 deutlich gemacht hat die geistige Weitsicht des Menschen beschraumlnkt ndash die einfache Struktur des Grenznutzens finanzieller Anreize stoumlszligt schnell an ihre Grenzen

Dagegen macht es Sinn den tieferen Zusammenhang der Taumltigkeit des Mitarbeiters in der Initiative deutlich zu machen Wie bereits gesagt nichts wirkt motivierender als der persoumlnliche Fortschritt Wenn jemand den veraumlnderten Prozess mitgestalten testen und umsetzen kann findet er Freude daran weil er Teil der unternehmerischen Substanz ist der Zukunft Goran Curic uumlberzeugte seine Mitarbeiter indem er ihren Alltag spuumlrbar veraumlnderte Wenn die Unfallquote drastisch sinkt spricht es sich schnell herum dass die Firma ein sicherer Ort geworden ist Michael McCain integrierte die Relevanz der Aus-bildungsstufen der Belt-Hierarchie in das Personalentwicklungskonzept von Maple Leaf Foods Das Vorreiterunternehmen von Six Sigma General Electric geht sogar so weit dass das houmlhere Management nicht ohne eine BB-Ausbildung zu erreichen ist Wenn die Be-legschaft bemerkt dass es fuumlr die persoumlnliche Karriere im Unternehmen und die fachliche Entwicklung wertvoll ist eine Six-Sigma-Ausbildung vorweisen zu koumlnnen kommt es eher nicht so schnell zu einem Engpass an auszubildenden BB Schon wenn sich Vareille und Merel an einem Lean-Projekt im Jahr an der Basis der FCI-Gruppe engagieren und persoumlnlich bdquozupackenldquo zeigt das der Belegschaft dass ihre Taumltigkeit ernst genommen wird Der Mensch nimmt derartige Wertschaumltzung und Aufmerksamkeit viel staumlrker wahr als eine anonyme Transaktion am Monatsende

Woran liegt es dass sich beste Freunde haumlufig auch die besten Geschenke machen koumln-nen Weil sie sich gut kennen und aus Erfahrung genau wissen was dem Gegenuumlber eine Freude macht Das bedeutet nicht dass jede Fuumlhrungskraft von nun an eine tiefe Freund-schaft zu den Mitarbeitern pflegen muss Dennoch Wer sich auf seine Belegschaft sein

174 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Projektteam oder seine BB einlaumlsst wird sie kennenlernen und immer besser wissen wie man mit ihnen umzugehen hat

Es ist die Aufgabe der fuumlhrenden Mitarbeiter den Rest der Mannschaft fuumlr die anste-henden Herausforderungen und gemeinsamen Ziele zu begeistern Es ist ein erster Schritt das wertvollste Betriebskapital besser kennenzulernen So kann man das zuvor aufgegrif-fene Toyota-Prinzip bdquoGenchi Genbutsuldquo (bdquoGeh und sieh selbstldquo) nicht nur prozess- oder problemorientiert verstehen sondern auch personenorientiert bdquoGeh und sprich mit den Leutenldquo Nur so ist der zweite Schritt die Mitarbeiter dort abholen wo sie sind moumlg-lich Ist den Betroffenen klar was mit der bevorstehenden Initiative bezweckt wird Wie ist es um den Informationsstand hinsichtlich der zukuumlnftigen strategischen Maszlignahmen bestellt Sind diesbezuumlglich Unterschiede auszugleichen Teilen die Mitarbeiter das Pro-blembewusstsein der Initiatoren des Vorhabens Welche Botschaften Geruumlchte oder Vor-urteile kursieren im Flurfunk Wie stark muss der Impuls sein um die noumltige Energie und das erforderliche Engagement bei den Betroffenen zu spuumlren ndash wie sollte dieser Impuls aussehen Diese Fragen helfen den Ausgangszustand einschaumltzen zu koumlnnen Je staumlrker das Problembewusstsein der Betroffenen ist desto staumlrker wird sich auch die Motivation fuumlr das Veraumlnderungsvorhaben manifestieren

Wenn man mit den Mitarbeitern spricht und sie kennenlernt wird man sie dort abholen koumlnnen wo sie sind Weiter gilt es sie aktiv in die Initiativen Arbeit und Entscheidungs-vorbereitungen einzubeziehen Nur wer die Ausgangslage kennt und versteht wird sich fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung der Initiative motivieren lassen Transparenz uumlberzeugt Je fruumlher diese Mitarbeiterpartizipation etabliert wird desto praxisgerechter die Loumlsungen (Sind es nicht die unmittelbar betroffenen Mitarbeiter die wissen wo es in der Organisa-tion nicht richtig laumluft) und desto houmlher die Identifikation mit der Initiative (Fuumlhlen die Betroffenen sich in einem solchen Fall nicht als Partner ernst genommen) (Vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 174 f) Zwei weit verbreiteten Missverstaumlndnissen soll in diesem Zuge der Wind aus den Segeln genommen werden (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 175)

Irrtuumlmlicherweise werden derartige partizipativen Ansaumltze meist als zeit- und damit auch als kostenintensiv abgetan Auch wenn es tatsaumlchlich Zeit kostet so uumlberwiegt doch ein nachhaltiger Benefit der den Zeitaufwand um ein Vielfaches kompensiert Wird man eher auf einen Mitarbeiter bauen den man vor vollendete Tatsachen gestellt hat und des-sen Arbeitseinstellung nun von Zweifel Unsicherheit und Distanz gepraumlgt ist oder auf einen der die anstehenden Projekte und Veraumlnderungen als bdquoseine Arbeitldquo mit Uumlberzeu-gung vertritt

Des Weiteren wird faumllschlicherweise angenommen dass Mitarbeiterpartizipation zu bdquomehr redenldquo und nicht bdquomehr arbeitenldquo fuumlhrt Diese Annahme ist grundlos und nur da-rauf zuruumlckzufuumlhren dass die Chefetage Angst vor guten Vorschlaumlgen aus den eigenen bdquounterenldquo Reihen hat Der Mitarbeiter hat kein Interesse bei allen Themen mitzumischen sondern nur bei denen die ihn unmittelbar tangieren Es ist die Aufgabe der Fuumlhrung die richtigen Mitarbeiter mit den richtigen Themen bzw Projekten in Kontakt zu bringen

17543 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

Mit den betroffenen Mitarbeitern offen und ehrlich sprechen sie kennenlernen sie dort abholen wo sie sind und von Beginn an aktiv an der Entwicklung der Initiative partizipie-ren lassen ndash dies sind wichtige Elemente um die Mitarbeiter fuumlr die gemeinsame Zukunft der Operational-Excellence-Initiative zu begeistern

Der Vollstaumlndigkeit halber muss aber auch erwaumlhnt werden dass die Wirtschaftswelt nicht immer bunt ist Es gehoumlrt zum Tagesgeschaumlft einer Organisation Unternehmens-struktur Marktbedingungen und Zukunftserwartungen kontinuierlich einander anzupas-sen Im Extremfall kann dies zu Personalabbau fuumlhren Was ist zu empfehlen wenn im Rahmen einer Lancierung die energiefressende Geruumlchtekuumlche brodelt und das Schreck-gespenst des Stellenabbaus umhergeht und sich die Schwarzmaler bestaumltigt sehen Auf die Spitze getrieben Wie wird ein Mitarbeiter dazu motiviert sich fuumlr eine Initiative zu engagieren die aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Arbeitsplatz bdquowegoptimiertldquo

Nicht nur in Bezug auf eine strategische Initiative die an den Grundfesten der Orga-nisation ruumlttelt gehoumlrt die Bewaumlltigung einer solchen Situation sicherlich zu einer der schwersten Fuumlhrungsaufgaben In der Realitaumlt fuumlhrt dies haumlufig zu kreativen Vermeidungs-strategien des Fuumlhrungsverantwortlichen Die direkte Konfrontation wird vermieden was die Situation fuumlr die Betroffenen noch schlimmer macht Dadurch bedingte kurzfristige bdquoEntsorgungsaktionenldquo sind nicht nur haumlufig zu beobachten sondern auch mit einem irre-parablen Vertrauensschaden verbunden (Vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 147) Der Rest der Belegschaft nimmt sehr genau wahr wie mit den Kollegen oder sogar Freunden umgegangen wird Viele Fuumlhrungskraumlfte haben sich durch verantwortungsloses Verhalten in diesen Situationen schon beispiellos das Vertrauen in eine gemeinsame Zukunft ver-spielt Wenn eine kritische Menge an Mitarbeitern resigniert ist die Initiative praktisch gescheitert

Tatsache ist dass es fuumlr einen solchen Haumlrtefall keine bdquoBest-Practice-Loumlsungldquo gibt und ein persoumlnliches Gespraumlch unumgaumlnglich ist Je fruumlher desto fairer Je ehrlicher desto bes-ser Die Organisationsexperten Doppler und Lauterburg (2008 S 148 f) schlagen folgen-de aus der Praxis bewaumlhrten Bestandteile eines solchen Gespraumlchs vor

1 Auf alle wichtigen und kritischen Elemente die zu der personellen Konsequenz fuumlhr-ten im Einzelnen aufmerksam machen

2 Sorgfaumlltig und ehrlich begruumlnden warum sich die Wege in Zukunft trennen ndash vorhan-dene Defizite klar ansprechen

3 Deutlich machen dass die Entscheidung gefallen ist und nun die Umsetzung der Tren-nung konkret vorbereitet wird

4 Enttaumluschung Raum geben und Kritik ertragen ndash sich dabei aber nicht in Rechtfertigun-gen verlieren

5 Zeitplan fuumlr die naumlchsten Gespraumlche und den Zeitpunkt bis zu dem die Entscheidung umgesetzt sein soll kommunizieren

6 Moumlglichkeiten wie das Unternehmen den Prozess der persoumlnlichen und beruflichen Neuorientierung unterstuumltzen kann diskutieren

176 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

439 Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash Entscheidungskonflikte loumlsen

Anschlieszligend laumlsst sich mit einer Eigenschaft von Fuumlhrungskraumlften fortfahren die Spren-ger (2012 S 94) als wesentlich hervorhebt Eine Fuumlhrungskraft sollte im Hinblick auf die Bedeutung von Kooperation und Zusammenarbeit im unternehmerischen Kontext Men-schen vor allem moumlgen Etwas pragmatischer formuliert Es ist wichtig Mitarbeitern Zeit und Aufmerksamkeit schenken und miteinander sprechen zu wollen Grundsaumltzlich wird im Rahmen eines Operational-Excellence-Programms wenig Zeit sein Eine Initiative neben dem Alltagsgeschaumlft konsequent und erfolgreich umzusetzen erfordert sorgfaumlltiges Zeitmanagement der Fuumlhrungskraft Im streng getakteten Kalender findet in der Folge vieles seine Beruumlcksichtigung ndash zu selten aber das Wesentliche Es ist wie mit Menschen die behaupten keine Zeit fuumlr Sport zu haben ndash die Zeit muss man sich nehmen ndash und mit Rauchern die vorgeben nicht aufhoumlren zu koumlnnen ndash man muss es nur wollen Auch hin-sichtlich der Mitarbeiterschaft sind der Wille und die Zeit die man bereit ist zu investie-ren ausschlaggebend Wie kann dies in der Praxis aussehen

Bruce Miyashita VP von Six Sigma fokussierte sich besonders auf das bdquoWohlbefin-denldquo der Mitarbeiter von Maple Leaf Foods und bemuumlhte sich nicht nur Missverstaumlnd-nisse zu beseitigen sondern insbesondere die Vorteile der Systematik von statistisch-ma-thematischen Qualitaumltsbemuumlhungen zu kommunizieren So machte er deutlich dass die Belt-Ausbildungsstruktur sowohl den internen und externen Marktwert steigert als auch die persoumlnliche Entwicklung verbessert In persoumlnlichen Gespraumlchen zeigte er auf welche Vorteile der Mitarbeiter durch die Beherrschung von Zahlen die Kenntnis von Prozess-ablaumlufen des gesamten Unternehmens und den Lerneffekt von geloumlsten Defekten oder Problem hat Sein Einsatz verfehlte die Wirkung nicht Die Beruumlcksichtigung des Faktors Mitarbeitern Zeit und Aufmerksamkeit schenken und mit ihnen sprechen zu wollen foumlrdert nicht nur die Motivation des Personals sondern ermoumlglicht der Fuumlhrungsrige auch am Ball zu bleiben Nichts ist wichtiger als auf Stoumlrfaktoren und Reibungsverluste rechtzeitig reagieren zu koumlnnen Die regelmaumlszligige Interaktion wertschaumltzt dabei nicht nur den Mit-arbeiter sondern ermoumlglicht auch die Etablierung notwendiger Feedback-Mechanismen

Fuumlhrung ist im Rahmen von Operational-Excellence-Programmen essenziell weil so die Uumlberlebensfaumlhigkeit der strategischen Bemuumlhungen gesichert wird Zahlreiche rele-vante Bausteine wurden dafuumlr naumlher erlaumlutert Zum Schluss soll ein bislang unberuumlcksich-tigter Grundsatz angesprochen werden bdquoFuumlhrung hat ihren Aufgabenbereich jenseits der Routine naumlmlich im Konflikt in dilemmatischen Situationenldquo (Sprenger 2012 S 148) Wenn uumlber Ziele oder Wege gestritten wird zu wenig Informationen oder zu viele vor-liegen oder unter Zeitdruck eine von vielen Handlungsmoumlglichkeiten ausgewaumlhlt werden muss wird eine Instanz benoumltigt die Verantwortung uumlbernimmt und Festgefahrenes in Bewegung setzt Fuumlhrung muss Entscheidungskonflikte loumlsen

Goran Curic war es sehr wichtig die Sicherheitsvorkehrungen in den Fertigungshallen der NMF zu verschaumlrfen und die Unfallursachen konsequent und umfangreich zu evalu-ieren Doch nicht jedem Mitarbeiter gefielen die strengeren Sicherheitsauflagen wie das

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staumlndige Tragen einer Schutzbrille in den Produktionshallen Obwohl es der Gesundheit und beruflichen Sicherheit diente erreichte der geaumluszligerte Unmut sogar den Betriebsrat Curic empfand es letztendlich als angemessen seinen erstrebenswerten Zielzustand durch-zusetzen Die Anzahl der Unfaumllle sank deutlich unter das Vorjahresniveau Fuumlhrungsstaumlrke ist demnach Entscheidungsstaumlrke und faumlngt dort an wo kein Konsens moumlglich ist

Abschlieszligend gilt es zu klaumlren wer Mitarbeiter fuumlhren foumlrdern und fordern kann Eine Fuumlhrungskraft die in der Lage ist die naumlher erlaumluterten Faktoren im Geschaumlftsalltag zu beruumlcksichtigen wird einen eher positiven als negativen Beitrag fuumlr die Fortentwick-lung einer strategischen Initiative leisten koumlnnen Die diskutierten Erfolgsfaktoren sind bewusst handlungsorientiert gemeint und formuliert Zur Realisierung kommen durch-aus viele Fuumlhrungskraumlfte infrage Es ist sekundaumlr ob die jeweilige Person charismatisch einfuumlhlsam selbstbewusst oder visionaumlr ist Personifizierte Attribute dieser Natur sind vorsaumltzlich unerwaumlhnt geblieben denn bdquoes besteht kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Persoumlnlichkeitsmerkmalen der Top-Manager und dem wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmenldquo (Sprenger 2012 S 27) So spricht Sprenger (2012 S 26) auch nicht von bdquoguterldquo Fuumlhrung sondern nur von bdquoerfolgreicherldquo Fuumlhrung ndash Erfolg ist wichtiger als Fuumlhrungsstil Es ist wie im Fuszligball Wenn Juumlrgen Klinsmann mit der Deutschen National-mannschaft bei der WM 2006 im eigenen Land leidenschaftlichen Fuszligball spielt und eine ganze Nation mitreiszligt wird er als grandioser Trainer hoch gelobt Schieszligt der FC Bayern Muumlnchen unter seiner Fuumlhrung als Trainer aber anschlieszligend nicht genuumlgend Tore wird er ndash obwohl er an seiner Fuszligballphilosophie nichts veraumlndert hat ndash nach zehn Monaten bereits angeprangert und als schlechter Trainer sang und klanglos fallen gelassen Was zaumlhlt ist das Runde im Eckigen ndash oder die positive Ergebniswirksamkeit der Operatio-nal-Excellence-Initiative Die auf den letzten Seiten diskutierten Erfolgsfaktoren helfen jedem dabei einzelne Mitarbeiter ein Team oder eine ganze Initiative erfolgreich fuumlhren zu koumlnnen

44 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

Gut ausgewaumlhlte und sorgfaumlltig definierte Verbesserungsprojekte fuumlhren zu besseren und schnelleren Ergebnissen Analog dazu fuumlhren die schlecht ausgewaumlhlten Projekte zu ver-spaumlteten Ergebnissen und Frustration (Vgl Pande et al 2000 S 137) Diese sogenannten bdquoTroubled Projectsldquo verursachen am Ende 134 mehr an Kosten als urspruumlnglich veran-schlagt (vgl Joslashrgensen et al 2008 S 10) Wie findet man das passende Projekt und wie setzt man es ergebnisorientiert um

441 Projekte mit groszliger Hebelwirkung priorisieren

Prinzipiell eignen sich nahezu alle Prozesse in einem Unternehmen fuumlr eine Optimierung Die Auswahl der geeigneten Projekte fuumlr die Operational-Excellence-Initiative ist ein kri-

44 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

178 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

tischer Erfolgsfaktor Zunaumlchst muss ein Unternehmen erkennen in welchen Prozessen ein groszliger Unterschied zwischen benoumltigter und realer Performance vorliegt was im All-gemeinen sehr einfach zu erkennen sein sollte Es sollte aber nicht einfach der erstbeste Prozess gewaumlhlt werden Um aber den bdquosinnvollstenldquo Prozess fuumlr den Beginn der Opera-tional-Excellence-Initiativen auszuwaumlhlen sind drei einfache Schritte zu beachten

1 Es muss ein Problem im Prozess erkannt worden sein welches relevant fuumlr das Unter-nehmen ist

2 Die Loumlsung des Problems innerhalb des Prozesses darf nicht trivial sein bzw diese darf nicht bereits bekannt und nur noch nicht umgesetzt sein

3 Die Loumlsung des Problems und die Verbesserung des Prozesses sollten potenziell und moumlglichst nachhaltig zur Erhoumlhung des Kundennutzens und damit der Kundenzufrie-denheit beitragen

Projekte die sich mit Prozessen auseinandersetzen die den groumlszligten Einfluss auf die Unternehmensleistung Kennzahlen Strategie und Kundenzufriedenheit vorweisen haben Prioritaumlt Zusaumltzlich gehoumlren nur Prozesse von nachgefragten Produkten in den Projekt-fokus denn operative Exzellenz kann keine falsche Absatzpolitik oder strategische Fehler in uumlberholten Geschaumlftsmodellen korrigieren (Vgl Moormann 2009 S 5) Die Kunst ist es das Richtige liegen zu lassen Kenneth Lewis von der Bank of America definierte diese Kunst nicht nur uumlber die Hebelwirkung sondern auch uumlber die Dringlichkeit des Projektgegenstandes Besonders hinsichtlich der Umsetzung von Six Sigma oder Lean Sigma gibt es Unterschiede in der Dringlichkeit der Projekte zu beachten So ist Null-Fehler-Qualitaumlt vor allem fuumlr erfolgskritische Prozesse wie eine lebensrettende Opera-tion im Krankenhaus anzustreben Andere Prozesse wie die Aufnahme von Patienten im Krankenhaus haben mit 4σ dagegen ein akzeptables Niveau erreicht Laumlngerfristig jedoch muumlssen alle Prozesse auf das von dem Kunden geforderte Niveau gebracht werden Der Erfolg der ganzen Initiative wird maszliggeblich von der Projektauswahl beeinflusst In Goethes Worten bdquoWer das erste Knopfloch verfehlt kommt mit dem Zuknoumlpfen nicht zu-randeldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 321)

442 Quick Wins erzielen ndash Projekt stringent umsetzen

Mike Fisher Leiter der Lean-Sigma-Initiative von Best Buy legte zu Beginn seiner Tauml-tigkeit Wert darauf dass schnelle Projekterfolge erzielt werden Die Realisierung von sogenannten bdquoQuick Winsldquo foumlrdert die interne Kommunikation und das Image der Ver-aumlnderungsinitiative Diese sogenannten bdquoLow Hanging Fruitsldquo helfen dabei die Anfangs-phasen der Initiative oder des DMAIC-Zyklus die vor allem durch Datenerhebungen Statistik und Mathematik gepraumlgt sind durch sichtbare Erfolge leichter zu meistern Es ist nicht unuumlblich konkrete Verantwortlichkeiten fuumlr diesen Aspekt zu definieren denn der Beweis fuumlr die Nuumltzlichkeit der Anstrengungen und die Ermutigung der Beteiligten

17944 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

wird auf keinem anderen Wege schneller realisiert Aber auch diese Projekte muumlssen wohl uumlberlegt sein und lanciert werden denn sonst verpuffen die ersten Impulse wie heiszlige Luft Fishers Vorgaumlnger hatte nach seinem Ermessen auf der Suche nach kurzfristigen Gewin-nen die Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Projektergebnisse vernachlaumlssigt Weil der erste Eindruck bekanntlich ausschlagegebend ist und somit auch das erste Projektergebnis besondere Aufmerksamkeit genieszligt nahm sich Fisher dafuumlr besonders viel Zeit Er houmlrte den Mitarbeitern zunaumlchst einmal zu um anschlieszligend die richtigen Hebel in Bewegung zu setzen Besonders zu Beginn der Implementierung sind die Mitarbeiter gegenuumlber den bevorstehenden Veraumlnderungen eher kritisch eingestellt Mit schnellen positiven Ergeb-nissen zog Fisher die letzten Kritiker seines Vorhabens auf seine Seite und sammelte wich-tige Teilerfolge auf Vorrat

Nachdem die Frage der Effektivitaumlt ndash das Richtige machen ndash geklaumlrt ist gilt es sich der Effizienz zu widmen ndash das was man macht richtig machen Das A und O ist eine strin-gente und konsequente Umsetzung von Projekten Wer mit einem Fahrrad eine Steigung hinter sich bringen moumlchte muss auch kontinuierlich Kraft auf die Pedale ausuumlben So gilt es auch in einer Operational-Excellence-Initiative am Druumlcker zu bleiben Eine effiziente Projektinfrastruktur ist dafuumlr essenziell Jegliche buumlrokratischen Auspraumlgungen oder Ten-denzen zur Traumlgheit sind energisch zu bekaumlmpfen Das Wesentliche muss im Vordergrund stehen das Problem und die passende Loumlsung

Wie beispielsweise Goran Curics erfolgreiche Anwendung in der Schwerindustrie zeigt ging es fuumlr ihn in Meetings nicht um die Suche eines Schuldigen fuumlr fehlerhafte Pro-zesse sondern um disziplinierte Problemorientierung in offenen Gespraumlchen Durch zwi-schenmenschliche Ungereimtheiten und emotionale Eitelkeiten wird die Effizienz haumlufig zu Grabe getragen Um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken ist eine sorgfaumlltige und saubere Vorbereitung von Meetings zur stringenten Durchfuumlhrung von Projekten un-erlaumlsslich Wie koumlnnte dies in der Praxis aussehen

Damit ein morgendliches Meeting nicht in bdquoLabereildquo endet sollten die Rahmenbedin-gungen (Dauer Ort Inhalt Moderator usw) fixiert und allen bekannt sein Verstoumlszlige wer-den geahndet Analog dazu Damit ein Projekt nicht im Sande verlaumluft sollte uumlber die von den Organisationsentwicklern Doppler und Lauterburg (2008 S 321 f) konsolidierten Aspekte im Vorfeld Klarheit herrschen

1 Ist der bekannte Anlass des Projektes oder die benannte Problemstellung nachvollzieh-bar und komplex genug um die Inangriffnahme eines Projektes zu rechtfertigen

2 Wie ist der Status quo zu erklaumlren und welche Bemuumlhungen wurden in der Vergan-genheit unternommen die aktuelle Problemstellung zu loumlsen Gibt es bdquoverwandteldquo Projekte

3 Ist die Unterstuumltzung und Bereitschaft des Auftraggebers vorhanden4 Wer ist inwiefern von dem Projekt betroffen und koumlnnte welche Absichten haben5 Was sind die Zielsetzungen und (moumlglicherweise versteckten) Leistungserwartungen

aller Beteiligten

180 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

6 Leuchtet die geplante Vorgehensweise allen ein und passen die geplanten Methoden und Werkzeuge zur Problemstellung und Zielsetzung

7 Ist der anvisierte Zeithorizont bekannt und realistisch 8 Welche KPIs (quantitativ und qualitativ) sind sinnvoll und definieren den Erfolg der

Projektentwicklung und des Endergebnisses 9 Ist im Projektteam und der Projektleitung ausreichend fachliche und soziale Kompe-

tenz und Engagement fuumlr die gemeinsame Herausforderung vorhanden10 Sind fuumlr die erfolgreiche Umsetzung der Ziele abgesehen von der Anzahl der Team-

mitglieder ausreichend Ressourcen (Sachmittel Geld Gespraumlchspartner usw) vorhanden

Waumlhrend des Projektverlaufs sollten die folgenden Aspekte kontinuierlich auf ihre Re-levanz und Beruumlcksichtigung uumlberpruumlft werden (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 328 ff)

1 Werden die Grundausrichtung und die formulierten Grundsaumltze der Operational-Excel-lence-Initiative (Produktivitaumlt und Menschlichkeit als houmlchstes Gebot) als Leitbild in den Projektalltag projiziert

2 Werden regelmaumlszligig die formulierten Ziele aufgelisteten Aufgaben und Taumltigkeiten festgelegten KPIs und der abgestimmte Zeitplan inklusive ausreichend Puffer mit den sich veraumlndernden Rahmenbedingungen der Unternehmung sinnvoll abgestimmt

3 Werden die Rollen und Verantwortlichkeiten transparent verteilt4 Werden die Key-Stakeholder oder sogenannten Schluumlsselspieler (ein prominentes Mit-

glied der Eigentuumlmerfamilie ein beliebter Mitarbeiter oder ein Manager mit besonderer hierarchischer Machtfuumllle) so eingebunden dass es der Entwicklung der Initiative zum Vorteil dient

5 Sind ein solides Zeitmanagement eine robuste Berichtstruktur und eine zeitgemaumlszlige Dokumentation des Projektes etabliert sodass die Grundlage fuumlr ein effizientes Pro-jektcontrolling gelegt ist

6 Wird die bdquoHygieneldquo des Projektumfeldes (Umgangston Zufriedenheit der Beteiligten Arbeitsklima usw) im Auge behalten

443 Potente Projektmitglieder engagieren

Was die Wirksamkeit eines Operational-Excellence-Projektes anbelangt ist insbesondere die Rolle des BB und die des MBB unter die Lupe zu nehmen Es gilt der gleiche Grund-satz wie bei der Auswahl der Projekte Nicht die Erstbesten sondern die Besten auswaumlh-len Je passender die Kandidaten sind desto weniger Kosten fallen im Projektverlauf an und desto wirksamer faumlllt das Ergebnis aus

Auch wenn manch ein Unternehmen den Erfolg der Initiative abhaumlngig von der An-zahl der ausgebildeten BBs macht so zaumlhlt am Ende die Qualitaumlt des Kandidaten Dieser

18144 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

ist schlieszliglich federfuumlhrend dafuumlr verantwortlich dass die jeweilige Verbesserungsphilo-sophie der Operational Excellence fest in der Unternehmenskultur verankert wird Was notwendige Eigenschaften angeht ist es an dieser Stelle empfehlenswert neben fachlicher Leistungskapazitaumlt die zehn Grundsaumltze der erfolgreichen Fuumlhrung zu beachten Ein BB ist Fuumlhrungskraft und wird auch nach entsprechenden Maszligstaumlben eingestellt und beurteilt

Best Buy legte fuumlr die Rolle des globalen Leiters der Lean-Sigma-Initiative besonderen Wert auf kreatives strategisches und analytisches Denkvermoumlgen und eine gute Portion an Autoritaumlt die Mike Fisher augenscheinlich besaszlig Dies ist wie im Zuge des Erfolgsfaktors Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch fordern erlaumlutert nicht zwangslaumlufig eine Erfolgs-garantie ndash es gibt kein Erfolgsrezept Aufzaumlhlungen von Eigenschaften bieten lediglich Anhaltspunkte denn die Anforderungen jedes Unternehmens sind stark unterschiedlich In jedem Fall sind sie hoch und genau dabei ist zu beachten dass die Anforderungen nicht abschreckend wirken Ein BB muss sicherlich tiefergehende statistisch-mathematische Faumlhigkeiten besitzen oder sich zuumlgig aneignen Aber nur weil ein Unternehmen Six Sigma implementiert bedeutet dies nicht dass von nun an jeder GB und YB mit statistischer Brillanz hervorstechen muss Es gilt sorgfaumlltig darauf zu achten welche Faumlhigkeiten von welcher Rolle und Verantwortlichkeit verlangt werden

Ein weiteres Mal sei auf die Kulturkreisanalyse hingewiesen Eine Initiative die sich auf Mitteleuropa konzentriert koumlnnte auf andere Fuumlhrungsqualitaumlten des BB angewiesen sein als eine die primaumlr die Optimierungspotenziale der im asiatischen Raum ansaumlssigen Geschaumlftsbereiche erarbeitet Der Besetzung dieser elementaren Rollen und Verantwort-lichkeiten sollte in verschiedenen Bewerbungsgespraumlchen ausreichend Zeit gewidmet werden ndash wenn nicht nur eine Person uumlber die Rollenverteilung entscheidet erhoumlht dies zusaumltzlich die Prognosekraft fuumlr den einzelnen Kandidaten

Wichtig ist dass ein BB und MBB ihrer Taumltigkeit hauptberuflich also in Vollzeit nach-gehen muumlssen ndash dass dies Luumlcken in die Organisation reiszligt muss beruumlcksichtigt wer-den Moumlgliche Folgen dieser andauernden Personalrochaden zeigten sich bei Maple Leaf Foods Da haumlufig aufgrund von fehlenden Ressourcen eine reibungslose Gestaltung die-ses Abzugs von qualifiziertem bdquoBB-Potenzialldquo aus der Linientaumltigkeit nicht moumlglich war wurden fuumlr den entstehenden Engpass und die daraus resultierenden Schwierigkeiten die Six-Sigma-Methodik verantwortlich gemacht Wie bereits gesagt Die Geruumlchtekuumlche kompensiert Informationsluumlcken mit gefaumlhrlichem Halbwissen Inhaber und CEO McCain wies daraufhin dass dies zu enormen Imageschaumlden am Veraumlnderungsvorhaben fuumlhren koumlnne Solche Stimmungsschwankungen bei der restlichen Belegschaft die nicht unmit-telbar in die Initiative involviert ist koumlnnen unvorhersehbare Folgen haben

444 Projektkultur aufbauen

Es ist logisch dass sich jede Unternehmung die sich auf eine flaumlchendeckende Restruk-turierung einlaumlsst abhaumlngig von der bereits gesammelten Erfahrung zunaumlchst einmal an eine Projektorganisation gewoumlhnen muss Das Ziel muss eine etablierte funktionsfaumlhige

182 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Projektkultur sein Was heiszligt das Zu einer Projektkultur zaumlhlen z B die Kooperationsbe-reitschaft zwischen Mitarbeitern und Abteilungen die Wertschaumltzung der Projektergebnis-se innerhalb einer Organisation die Kommunikationsfaumlhigkeit und Konfliktfaumlhigkeit der Projektmitglieder oder der Anspruch eine lernende Organisation zu sein Neue Strukturen Mechanismen und Methoden muumlssen zum Alltag werden Was ist bei einer derartigen kul-turellen Veraumlnderung der entscheidende Faktor Zeit Der Aufbau einer Projektkultur die reibungslos funktioniert und ausreichend Know-how vorzuweisen hat braucht seine Zeit und ist dafuumlr personell gesehen auf eine langfristige Perspektive angewiesen

So ging es fuumlr Curic bei der Implementierung der Lean-Philosophie um mehr als den bloszligen Gebrauch von Werkzeugen Er sprach von einer Bewusstseinsveraumlnderung weil Lean nicht kopiert sondern adaptiert werden wuumlrde Wo die Mitarbeiter es gewohnt wa-ren stramm zu stehen wenn der fruumlhere Chef ein Mal im Jahr die Fertigungshalle be-suchte war es eine gewaltige Umstellung jeden Morgen mit dem neuen Chef uumlber den Zustand der Produktionsprozesse zu diskutieren und dabei ernst genommen zu werden Curic war davon uumlberzeugt ndash und das soll an dieser Stelle unterstrichen werden ndash dass eine neue Denkweise nur mit einer festangestellten Personalbasis nachhaltig verankert werden kann Wenn die Initiativenleitung den Mitarbeiter als Treiber von Veraumlnderungen anerkennt zeichnet sich schon bald ab dass es auch auf dem Weg zu einer schlanken Produktion oder Administration nicht darum geht besonders viele Mitarbeiter zu feuern Vielmehr geht es darum sie an den richtigen Stellen einzusetzen Wenn ohnehin nur je-des zehnte Unternehmen nach Personalabbaumaszlignahmen seinen Marktanteil und seine Profitabilitaumlt steigern kann stellt sich ohnehin die Grundsatzfrage inwieweit umstrittene Maszlignahmen dieser Natur foumlrderlich fuumlr die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit des Unter-nehmens sind (Vgl Sprenger 2012 S 113) Gesundschrumpfen gehoumlrt zur oumlkonomischen Realitaumlt ndash Kaputtsparen ist das Ergebnis betriebswirtschaftlicher Fachidiotie und zerstoumlrt die Zukunft des Unternehmens

Es soll betont werden dass ein umfangreicher Operational-Excellence-Werkzeugkas-ten nicht bedeutet dass es fuumlr jedes Problem das passende Tool gibt Eine erfolgreiche In-itiative versteht sich nicht als die schlichte Addition einiger Werkzeuganwendungen son-dern als unternehmerische Aktivitaumlt ndash arbeiten am Unternehmen nicht im Unternehmen

445 Fuumlr und gegen das richtige Werkzeug entscheiden

Auf der einen Seite ist dies also der Aufruf zur kreativen Nutzung der Vielfalt von eta-blierten Maszlignahmen und vorgefertigten Vorgehensweisen Wenn jemand Fleisch essen moumlchte wird er im Restaurant kaum die ganze Kuh verschlingen ndash man sucht sich ein passendes Stuumlck wie das Filet heraus Die Wahl fuumlr oder gegen das richtige Werkzeug ist entscheidend Auf der anderen Seite gilt es der Gefahr zu widerstehen die gleichen Werk-zeuge immer wieder aufs Neue zu benutzen weil sie in der Vergangenheit funktioniert ha-ben Gerade in der gegenwaumlrtigen Zeit gilt Was gestern funktionierte ist heute lange kein Erfolgsgarant mehr Was gestern bei der Baumarktkette Home Depot funktioniert hat ist

18344 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

heute kein Selbstlaumlufer fuumlr den Elektronikhaumlndler Best Buy ndash dessen war sich Mike Fisher bewusst Die Befuumlrchtung der Belegschaft von BeBu dass Fisher den Home-Depot-An-satz einfach auf eine andere Organisation uumlberstuumllpen koumlnnte ndash war wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen berechtigt Der Schluumlssel zum Erfolg ist eine adaptive Selektion der Werkzeuge ndash die Auswahl darf nicht zur Systematik werden

446 Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen

Was dagegen fester Bestandteil der Systematik der Projektorganisation sein sollte ist die Sicherstellung des Wissenstransfers von der Projektleitung auf den zukuumlnftigen Prozess-eigner Dies ist ein kritischer Moment fuumlr die Uumlberlebensfaumlhigkeit des Veraumlnderungsvor-habens Nicht selten kommt es vor dass der projektleitende BB nach getaner Arbeit die Abteilung verlaumlsst und alles und jeder in alte Verhaltensmuster zuruumlckfaumlllt Das ist in der Regel menschlich aber in jedem Fall kurzsichtig und kostspielig In einem sechsmona-tigen Projekt wird eine neue Denkweise kaum in die DNA des Unternehmens uumlberge-hen koumlnnen ndash die ausgerufene Initiative ist der Naumlhrboden fuumlr die Saat des jeweiligen Projektes Das bedeutet dass der Umfang der Ernte sich uumlber die Einstellung und das Verhalten nach Projektabschluss definiert Was den zukuumlnftigen Prozesseigner betrifft ist diese Personalentscheidung demnach kritisch Dieser muss Know-how besitzen Es gilt die Einhaltung des optimierten Prozessablaufs zu validieren und an kritischen Punkten kontinuierlich Kontrollen durchzufuumlhren Die Faumlhigkeit auftretende Probleme und Fehler zu erkennen und auf diese zuumlgig und wirkungsvoll zu reagieren ist elementar

Wie kann man den zukuumlnftigen Prozessverantwortlichen unterstuumltzen Er koumlnnte einen Post-Projekt-BB als direkten Ansprechpartner zugewiesen bekommen der die Weiterfuumlh-rung des Projektgegenstandes anleitet Ferner ist es foumlrderlich wenn der Prozesseigen-tuumlmer bereits eigenstaumlndige Erfahrungen als YB oder GB in diesem oder moumlglichweise einem anderen Projekt sammeln konnte Der Mitarbeiter muss letztendlich von der Ver-aumlnderung uumlberzeugt sein und sich fuumlr die Aufrechterhaltung des neuen Prozesses engagie-ren Weil hier wieder die innere Haltung des Mitarbeiters zaumlhlt ist die Aussagekraft der Erfolgsbedingungen von Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch fordern zu unterstreichen

Der Vollstaumlndigkeit halber soll aufgrund der Relevanz zum Abschluss des Erfolgsfak-tors sbquoDie richtigen Projekte machen ndash Projekte richtig machenlsquo auch der systematische Auf- und Ausbau von methodischer Expertise erwaumlhnt werden Auch wenn das eine be-reits angesprochen wurde oder das andere projektuumlbergreifend zu verstehen ist so sollen die wichtigsten Aspekte konsolidiert diskutiert werden

Wenn es sich gemaumlszlig der bisherigen Ausfuumlhrungen um die Installation eines neuen Leis-tungsbewusstseins handelt geht es also nicht nur um Tools Der notwendige Ansatz ist mehrdimensional betrifft das ganze Unternehmen und ist damit komplex Eine solche Komplexitaumlt hat ihren Preis Wer nicht bereit ist in die Ausbildungs- oder Weiterbildungs-struktur seiner Belegschaft zu investieren wird keine ergebniswirksame strategische Ini-tiative erleben Exemplarisch sei positiv an die Konsequenz von Pierre Vareille erinnert

184 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

der trotz Krisenzeit die Kostenstellen der Lean-Initiative in der Unternehmensgruppe vor Sparmaszlignahmen verschonte Die Unternehmensbeispiele in denen der Benefit der ersten zwei Jahre der Implementierung die Kosten fuumlr den Aufbau der Schulungen das Material die Logistik oder die ausbildenden Ressourcen kompensierte sind nicht selten

Vareille war nicht nur in finanzieller Hinsicht konsequent Unter seiner Regie wurde das sogenannte bdquoLean-Learningldquo etabliert Zum einen gab es vierteljaumlhrlich stattfindende Meetings uumlber zwei Tage in denen die Mitarbeiter voneinander lernen sollten An allen Standorten der FCI-Gruppe wurden so Erfolgserlebnisse und Lean-Erfahrungen ausge-tauscht Zum anderen wurde eine Lean-Schule in Singapur eroumlffnet Der Leiter der Initia-tive Yves Merel zog dafuumlr sogar in den asiatischen Stadtstaat Die Schulung zum Lean-Manager erfolgte in drei Bloumlcken mit jeweils drei Tagen Die praktische Umsetzung der erlernten Theorie war gewaumlhrleistet da zwischen den drei Bloumlcken jeweils ein Lean-Pro-jekt unmittelbar umgesetzt werden musste ndash die Ergebnisse wurden am letzten Schulungs-tag dem CEO Vareille praumlsentiert Die FCI-Gruppe verstand die Bedeutung des nahtlosen Uumlbergangs von Theorie und Praxis Das Gegenbeispiel bietet der Handelsriese Best Buy

Bevor Mike Fisher als neu eingestellter globaler Leiter der Lean-Sigma-Initiative seine Arbeit aufnahm lag der Schwerpunkt seines Vorgaumlngers auf der theoretischen Verbreitung des Lean-Sigma-Konzeptes unter der Belegschaft Zahlreiche eintaumlgige Schulungen ver-schafften den Mitarbeitern einen ersten Eindruck von der methodologischen Konzeption und bdquoSpracheldquo von Lean Sigma Der Grund Gemaumlszlig dem Unternehmen konnte eine er-folgreiche Initiative nur auf das Engagement aller Mitarbeiter bauen Dies war zwar nicht verkehrt aber problematisch Die theoretische Trockenuumlbung lieszlig haumlufig den Sprung ins kalte Wasser vermissen ndash die Bemuumlhungen versickerten im Alltag und die Mitarbeiter waren von den nicht eingehaltenen Leistungsversprechen enttaumluscht Um nicht die Erwar-tungen der Mitarbeiterschaft weiter zu enttaumluschen und die Initiative vor einem herberen Imageverlust zu schuumltzen sorgte Fisher fuumlr eine systematisierte und stringente Umsetzung der Theorie in die Praxis

Die Moumlglichkeiten der Unternehmen unterscheiden sich hinsichtlich des Aufbaus von methodischer Kompetenz gewaltig Wo ein Groszligkonzern Beraterheerscharen engagiert muss sich ein mittelstaumlndisches Unternehmen auf die Faumlhigkeiten eines Lean Coachs verlassen Erfolgreich koumlnnen beide Varianten sein denn Qualitaumlt sticht wieder einmal Quantitaumlt Das Wichtige ist dass so viel Expertise wie moumlglich im Unternehmen gehal-ten wird Ob dies durch die Festanstellung von fruumlheren Beratern die Einfuumlhrung eines bdquoLean-Wikildquo (wie bei der Neuenfelder Maschinenfabrik wo das Wissen fuumlr die Zukunft zusammengetragen wird) oder unter der Uumlberschrift eines eigenen Produktionssystems geschieht ist zweitrangig Es kommt vor allem auf eine nachhaltige Strategie und die klare Zuteilung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen an Goran Curic von der NMF beruumlcksichtigte bei Personalentscheidungen sogar das Kriterium bdquoLean-Potenzialldquo So ist ein langfristiger Auf- und Ausbau von methodischer Expertise moumlglich

Der letzte relevante Aspekt bezieht sich in erster Linie auf groszlige Unternehmungen Fuumlr global vernetzte Organisationen kann die Einfuumlhrung eines Ausbildungsstandards sinnvoll sein Wenn jeder BB andere Schwerpunkte legt weil jedem etwas anderes gelehrt wurde

18545 Fortentwicklung messbar machen

werden die Projekte einer Initiative fuumlr einen MBB oder die Initiativenleitung schwer vergleichbar Eine zentrale Steuerung wird dann eine groszlige Herausforderung In einer Fuszligballmannschaft wird der Trainer ebenfalls dafuumlr sorgen dass seine Schuumltzlinge seine eine Idee von erfolgreichem Fuszligball auf dem Platz umsetzen Wenn die eine Haumllfte auf Konter spekuliert und die andere auf Pressing spielt ist der kollektive Misserfolg vor-programmiert

45 Fortentwicklung messbar machen

Wo bei Best Buy fruumlher noch mit bdquoLichtgeschwindigkeitldquo gearbeitet wurde und bdquoein paar Sachen gegen die Wand geworfen wurden um zu sehen was funktioniertldquo (Perkins und Rao 2011) dominierte durch die Lean-Sigma-Einfuumlhrung ein statistikgetriebener Ansatz Fortschritt setzte sich nun aus Zahlen Daten und Fakten zusammen Grundlage war eine konkrete Messbasis als Ausgangslage fuumlr Verbesserungen und die Folge ein detaillier-tes Verstaumlndnis der auftretenden Probleme eine systematische Loumlsungsfindung und eine langfristige Validierung der Projektergebnisse zur Gewaumlhrleistung nachhaltiger Veraumlnde-rung Durch die Einfuumlhrung von Messmechanismen stellte sich so heraus dass zahlreiche Auszligendienstmitarbeiter elektronisches Zubehoumlr verschenkten ndash kein Mitarbeiter war zu-vor aufgefallen dass dies die Ursache fuumlr einen stark defizitaumlren Bereich des Unterneh-mens war Die Methodik der Operational Excellence half Best Buy das richtige Problem zu loumlsen und keine Zeit bei der Loumlsung des falschen Problems zu verschwenden wodurch die Akzeptanz der Initiative auf breiter Basis gestaumlrkt wurde Die Bauchentscheidung tritt in den Hintergrund ndash die systematische Analyse ermoumlglicht zum einen Verbesserungs-potenziale zu heben und zum anderen die Hebelwirkung der Einsparung auch zu quanti-fizieren

451 Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquo

Ohne eindeutige Projekterfolge die sich in der Bilanz wie bei Best Buy widerspiegeln ist die erfolgreiche Umsetzung einer Initiative aussichtslos Jede Operational-Excellence-Initiative ist auf eine Wirtschaftlichkeitsrechnung angewiesen Wenn eine Initiative kein oumlkonomisches Beweismaterial (z B gegenuumlber den Mitarbeitern dem Vorstand dem Aufsichtsrat den Investoren und anderen Stakeholdergruppen) liefert wird sie sich staumln-dig fuumlr ihre Kosten rechtfertigen muumlssen und ist damit auf Dauer nicht uumlberlebensfaumlhig Konkret heiszligt dies Die Fuszligspuren der Verbesserungsaktivitaumlten muumlssen sich in der Bilanz widerspiegeln Der im Rahmen des Erfolgsfaktors Initiative mit Organisation harmonisie-ren aufgegriffene Aspekt der Kosten-Nutzen-Analyse spielt nun die entscheidende Rolle ndash im Mittelpunkt stehen die definierten KPIs Diese definieren nicht nur die Zielvorgaben oder machen eine Quantifizierung und Qualifizierung der Zwischenergebnisse moumlglich sondern garantieren auch die Erfassbarkeit des Erfolgsgrades der Implementierung Pro-

186 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

zesse mit vielen Unbekannten kann man nicht managen ndash man lernt sie kennen wenn man beginnt zu messen Uumlber diese Logik definiert sich die Implementierung der Operational Excellence und die damit einhergehende Grundidee des kontinuierlichen Zaumlhlens Mes-sens und Wiegens von Daten im Prozess

452 Kostenrechnung zweiter Art verfolgen

Neben den eher leicht quantifizierbaren bdquohard factsldquo (z B Kosteneinsparung) sind die bdquosoft factsldquo (z B Mitarbeiterzufriedenheit) nicht minder relevant Sie sind nur schwer zu ermitteln und zu bewerten Veraumlnderungsprojekte scheitern haumlufig weil das menschliche Element vor lauter technokratischem Perfektionismus vergessen wird Den Schalter einer Maschine zu veraumlndern ist leicht ndash das Verhalten die Einstellung und die Gewohnheit des Mitarbeiters zu aumlndern folgt dagegen keinem expliziten Mechanismus Wenn wie zuvor festgehalten die Veraumlnderungsbereitschaft der Belegschaft ein kritischer Erfolgsfaktor einer strategischen Initiative ist dann greift die Fortschrittskontrolle die sich auf harte Fakten beschraumlnkt zu kurz Der Mensch ist in der Regel der Meinung dass sich immer die anderen aumlndern muumlssen Wenn immer die anderen unter die Dusche gestellt werden duscht letztendlich niemand Um dieser typischen Erscheinungsform entgegenzuwirken ist eine Kostenrechnung zweiter Art notwendig Die Motivation der Mitarbeiter das Arbeitsklima die Art und Weise der Entscheidungsbildung oder des Informationsflusses und die Bereit-schaft sich fuumlr den oder die Kollegen einzusetzen sind aussagekraumlftige Kennzahlen Jede Mannschaftssportart beweist dass es nicht auf die Faumlhigkeiten des Einzelnen sondern auf das harmonische Funktionieren des Teams ankommt Lionel Messi waumlre ohne das geniale Zuspiel aus dem Mittelfeld nicht der beste Fuszligballer aller Zeiten Fuumlr die langfristige Kontrolle und Steuerung der Kostenrechnung zweiter Art ist es auch fraglich ob das her-koumlmmliche Denken der Controlling-Abteilung die passende Guidance geben kann ndash wer gut mit Zahlen umgehen kann uumlberzeugt selten beim Umgang mit Menschen Wenn die bdquosoftenldquo Faktoren den Herzschlag einer Initiative darstellen ist es womoumlglich Chefsache den Puls der unternehmerischen Zukunft zu spuumlren

453 Neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten

Zuletzt ist hervorzuheben dass jedwede Sammlung und Aufbereitung der Zahlen Daten und Fakten so objektiv wie moumlglich gestaltet werden muss Die neutrale Uumlberpruumlfung muss ein zentrales Anliegen der Initiatoren der strategischen Maszlignahmen sein Wenn sich beteiligte Personen die Ergebnisse bdquoschoumlnrechnenldquo koumlnnen um sich vor ihrem Vorgesetz-ten zu profilieren kann die Initiative schnell aus dem Ruder laufen

Pierre Vareille und Yves Merel von der FCI-Gruppe installierten ein neutrales Analy-se-Center in Indien wo die Daten unabhaumlngig von den Projektbeteiligten erfasst wurden Die konsolidierten Daten die monatlich aktualisiert wurden konnten vom CEO und In-

18746 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

itiativenverantwortlichen so genauer untersucht und hinterfragt werden Moumlgliche Maszlig-nahmen als Antwort auf die Entwicklung der Initiative waren nicht nur zeitnah moumlglich sondern basierten auch auf einer haltbaren Argumentationsgrundlage Standorte die mit Implementierungsschwierigkeiten zu kaumlmpfen hatten fielen fruumlh auf und konnten zielge-richtet unterstuumltzt werden Dieser datengetriebene Ansatz wurde um die jaumlhrlichen Besu-che der Produktionsstandorte von Vareille und Merel ergaumlnzt Diese Mischung ist wichtig denn kein Datensatz kann die persoumlnliche Interaktion mit den unmittelbar Beteiligten vor Ort ersetzen

46 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Erfolgreiche Lean-Sigma-Implementierungen werden gefeiert Der CEO verkuumlndet den ROI Master Black Belts werden befoumlrdert und Black Belts werden in der unternehmens-internen Lean-Sigma-Broschuumlre heroisch aufgefuumlhrt ndash wenn sich die Lobeshymnen uumlber-schlagen wird sogar die Oumlffentlichkeit in Kenntnis gesetzt Von weniger erfolgreichen Implementierungen erfaumlhrt die Gesellschaft nichts Personelle Rochaden machen Posi-tionen wie bdquoVice President of Six Sigmaldquo vergessen die Green Belt Zertifizierung ver-staubt im Regal und die Mitarbeiter sprechen nicht mehr stolz von bdquoAXA WAYldquo4 sondern gedenken ihrer gekuumlndigten Kollegen zynisch mit bdquoAXE AWAYldquondash die Initiative stirbt langsam aber sicher Damit hat die Unternehmensleitung nicht nur unnoumltig viel Geld aus-gegeben sondern verspielt am Ende die wichtigsten Variablen fuumlr erfolgreiche Unterneh-mensfuumlhrung das Vertrauen der Mitarbeiter und die eigene Glaubwuumlrdigkeit Tatsache ist dass eine erfolgreiche Implementierung kein Automatismus ist

Neben den aus der Praxis in Kap 3 konsolidierten und diskutierten Erfolgsfaktoren ist die Methodik der Operational Excellence auf bdquoStraszligenverkehrstauglichkeitldquo zu uumlberpruuml-fen Auch bei der Haupt- und Abgasuntersuchung des TUumlV wird kritisch untersucht ob das Fahrzeug den geltenden Sicherheitsbestimmungen des Gesetzgebers entspricht Wenn dies nicht der Fall ist werden umfassende Reparaturmaszlignahmen oder die Stilllegung des Fahrzeugs empfohlen Dieser Abschnitt folgt diesem Ansatz und uumlberpruumlft die Methodik der Operational Excellence auf Herz und Nieren Sind Maumlngel erkennbar Wo ist besonde-re Vorsicht geboten Ist Operational Excellence (k)ein Allheilmittel Welche bdquoReparatur-maszlignahmenldquo sind auf den ersten Blick empfehlenswert

4 bdquoAXA WAY ndash The Pursuit of Excellence Through Quality of Serviceldquo war der Name der Six-Sigma-Implementierung im franzoumlsischen Versicherungskonzern Axa zu Beginn des neuen Jahrtau-sends Mit lebhafter Erinnerung an vergangene Rationalisierungsprogramme tauften die Mitarbeiter die Initiative um Das Praxisbeispiel wird in Kap 5 detailliert aufgegriffen

188 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

461 Uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodik

Was genau versteht man eigentlich unter Operational Excellence Das durch uns ndash die Autoren ndash kommunizierte Verstaumlndnis Lean Management Six Sigma und Lean Sigma unter der Begrifflichkeit zusammenzufassen entspricht sicherlich nicht der Ansicht jeden Lesers Selbst wenn zwei Parteien von der Implementierung einer Lean-Sigma-Initiative berichten koumlnnen die Unterschiede in der Umsetzung groszlig sein Wo es sich bei der einen aufgrund des statistischen Schwerpunktes um Six Sigma handelt kann bei der anderen die Leistungsphilosophie des Lean Managements im Vordergrund stehen weil insbesondere die unterschiedlichen Arten der Verschwendung adressiert werden So neigen besonders Unternehmensberatungen dazu Interpretationen der Methodik nach ihrem eigenen Inter-esse auszurichten Auch wenn man diese Flexibilitaumlt sogar als Staumlrke auslegen koumlnnte so ist es fraglich ob es im Sinne der Glaubwuumlrdigkeit und des Leistungsversprechens einer Managementmethodik liegt in alle Richtungen interpretierbar zu sein Wo der eine Be-rater durch die Reduktion von Headcounts die Leistungsfaumlhigkeit des Kunden optimieren moumlchte zielt ein anderer auf das Nutzungspotenzial der eingesparten Arbeit ab und ver-folgt mit Lean Sigma eine klare Wachstumsstrategie Die Praxis dieses uneinheitlichen Verstaumlndnisses fuumlhrt im Extremfall zur Verwaumlsserung der Methodik bis zur Bedeutungs-losigkeit Dies liegt womoumlglich in der Natur einer so komplexen Managementmethodik birgt aber fuumlr den Antrieb einer Initiative innerhalb eines Unternehmens ein Risiko ndash dann wenn die eigenen Mitarbeiter nicht mehr so genau wissen was sie dort eigentlich tun und mit gefaumlhrlichem Halbwissen in Diskussionen eher Zeit vergeuden als produktiv zu arbeiten

Was ist gegen die (interne) Verwaumlsserung der Methodik zu unternehmen Es ist of-fensichtlich dass Methoden die in Operational-Excellence-Programmen zu finden sind nicht vor Fehlentscheidungen und Missinterpretationen im operativen Geschaumlft schuumltzen Wenn ein Manager eines Unternehmens das Leistungsversprechen missbraucht um radi-kalen Personalabbau zu betreiben ist dies bedauerlicherweise kaum zu verhindern Wenn ein anderer propagiert dass die Methodik jedes Problem im Unternehmen loumlsen kann ist die Begeisterung schaumltzenswert aber realitaumltsfern Aus diesem Grund beinhaltet die Ausgangsfrage den Zusatz bdquointernldquo denn schlieszliglich zaumlhlt die Performance der eigenen Organisation ndash was die Auszligenwelt betreibt sei fuumlr einen Augenblick vergessen

1 Wenn wir im Sinne der diskutierten Erfolgsfaktoren davon ausgehen dass sich das Unternehmen bewusst fuumlr eins der Operational-Excellence-Programme und gegen eine andere Vorgehensweise entschieden hat ist dies auf inhaltliche Argumente des Leis-tungsversprechens und nicht auf den Reiz von Modeerscheinungen in der Manage-mentlehre zuruumlckzufuumlhren Fuumlr eine erfolgreiche Implementierung ist der Kern der Methodik zu ergruumlnden Was ist idealer als von den Besten zu lernen Kurz nachdem Wendelin Wiedeking 1991 Vorstandvorsitzender von Porsche wurde fuhr er mit Fuumlh-rungskraumlften und Meistern aus der Fertigung nach Japan um in den bdquobesten Fabriken der Weltldquo ndash bei Toyota ndash zu lernen genauso wie Eiji Toyoda ein halbes Jahrhundert

18946 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

zuvor den Weg von Japan nach Detroit angetreten hatte Wiedeking und sein Gefolge erkannten dort dass das Zuffenhausener Unternehmen weit von der Weltklasse des Automobilbaus entfernt war und dass bdquonur eine japanischere Porsche AG eine Zukunft hatldquo (Froitzheim 2007 S 144) Legen Sie die richtige Grundlage und lernen Sie von den Besten

2 Wenn die Quintessenz der Methodik von den Initiatoren der strategischen Neuaus-richtung erforscht wurde die Qualitaumlt des Wissens im Unternehmen gewaumlhrleistet ist (durch einen Experten wie Bruce Miyashita bei Maple Leaf Foods oder die Erfahrung einer Beratung als Sparringpartner) und die Methodik an die Organisation konzeptio-nell angepasst wurde dann gilt es dieses Wissen den Menschen in der Organisation zu vermitteln Teilen Sie Ihr Wissen mit den zukuumlnftigen Treibern der Initiative so fruumlh wie moumlglich Mit einem Intranetauftritt Info-Veranstaltungen Firmen-Events interne Broschuumlren Handouts mit den wichtigsten Elementen der Methodik als Flyer oder persoumlnlichen Gespraumlche mit neuen Mitarbeitern ist nur ein Auszug der Moumlglich-keiten aufgefuumlhrt mit denen ein einheitliches Verstaumlndnis der Methodik gepraumlgt wer-den kann Dass es sich nicht nur um eine gute Methodik handelt sondern die Methodik gut fuumlr das Unternehmen ist waumlre ein sympathischer Unterton welcher der Belegschaft es einfacher macht sich fuumlr das unbekannte Etwas zu oumlffnen

462 Unvergleichbare Standards der Mitarbeiterausbildung

Genau wie nicht alles auf dem urspruumlnglichen Operational-Excellence-Konzept basiert was unter dieser Begrifflichkeit als salonfaumlhig erachtet wird ist ein Black Belt nicht gleich einem Black Belt Weder der Inhalt noch die Zertifizierung der Ausbildungsstrukturen der Six Sigma Belts sind standardisiert Gleiches gilt fuumlr die am Markt verfuumlgbaren Fortbil-dungsangebote in Lean Management Der Erfolg einer Operational-Excellence-Initiative haumlngt jedoch wie zuvor diskutiert maszliggeblich von der Qualitaumlt und Konstitution ihrer Mitstreiter ab Darunter versteht sich die zeitliche Verfuumlgbarkeit soziale Kompetenz und belastbare Projekterfahrung des Einzelnen Tatsache ist dass neben der bereits erwaumlhn-ten Diskrepanz hinsichtlich des methodischen Verstaumlndnisses auch die Ausbildung und Weiterbildungsmoumlglichkeiten inhaltlich von Institution zu Institution stark unterscheiden Welche Rolle spielen beispielsweise die essenziellen bdquosoftenldquo Faktoren bei der Ausbil-dung zum Black Belt Werden die Kandidaten darin trainiert ihr Einfuumlhlungsvermoumlgen und die Faumlhigkeit Konflikte zu loumlsen auszubauen oder Vertrauen zu schaffen Wird der Blick dafuumlr geschult den Mitarbeiter im Rahmen operativer Exzellenz nicht als Maschi-ne sondern immer noch als Mensch zu schaumltzen Wenn ja ndash was ein seltener Fall waumlre ndash wie wuumlrde das Verhalten eines solchen holistisch ausgebildeten MBB aussehen wenn er im Zuge einer beruflichen Neuorientierung auch von einer neuen Erwartungs- und Arbeitshaltung abhaumlngig waumlre Wenn der neue Arbeitgeber die nicht seltene Einstellung vertritt bdquoMitarbeiter mit einbeziehen Widerstand konstruktiv aufgreifen Bei uns wird die Initiative einfach angeordnetldquo sind persoumlnliche und erst recht inhaltliche Differenzen

190 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

eine Frage der Zeit Wirksame Zusammenarbeit als Grundlage fuumlr den Initiativenerfolg ist dann unmoumlglich Wie also kann ein Projektteam mit einer schlagkraumlftigen Mannschaft ausgestattet werden wenn die Faumlhigkeiten und Erfahrungen der Projektmitglieder nicht zu vergleichen sind

Zugegebenermaszligen ist eine hundertprozentige Standardisierung nicht moumlglich und auch nicht unbedingt gewollt Wenn man sich die mit dem Abitur endende gymnasiale Schulausbildung vor Augen fuumlhrt wird dieser Aspekt deutlich Trotz einheitlicher Richt-linien und identischer Aufgabenstellungen produziert das Zentralabitur unterschiedliche Schuumllerauspraumlgungen ndash nur der Titel ist standardisiert ndash gleiches gilt fuumlr akademische Aus-bildungsgrade Im privatwirtschaftlichen Zusammenhang der Ausbildungsmoumlglichkeiten von Six Sigma und Lean Management gibt es keinen Akteur wie den Gesetzgeber der eine aumlhnliche Ermaumlchtigung oder Zustaumlndigkeit besitzt An dieser Stelle sei aber auf die Ausbildung von Wirtschaftspruumlfern und Steuerberatern hingewiesen ndash ohne ein derarti-ges Examen was durchaus eine vergleichbare Aussagekraft des Abschlusses ermoumlglicht wird ein Black Belt demnach zu keinem Zeitpunkt gleich einem Black Belt sein Es liegt demnach in der Hand der jeweiligen Organisation durch diese Unvergleichbarkeit von Black-Belt-Ausbildungen eher die Vielfalt fuumlr sich zu nutzen

1 Um dieser fachlichen Differenz entgegenzuwirken obliegt es der Verantwortung der Initiativenleitung die entscheidenden Protagonisten einschaumltzen zu koumlnnen Lernen Sie die Akteure Ihrer Initiative kennen Nur dann wird es gelingen die wichtigen Schluumlsselpositionen in der Initiative mit den richtigen Personen zu besetzen Wenn die Ausbildungsunterschiede bekannt sind ist die Grundlage geschaffen um Projektteams heterogen zusammenzusetzen sodass sie sich wie bei Best Buy (BELBIN-Methode) ergaumlnzen Wenn sich die Langsamen zusaumltzlich von den Schnellen mitziehen lassen nennt man das den bdquoKollegeneffektldquo (Vgl Sprenger 2012 S 83 f)

2 Der naumlchste Schritt ist dafuumlr zu sorgen dass sich die Akteure der Initiative unterein-ander austauschen Sorgen Sie dafuumlr dass sich Ihre Schuumltzlinge gegenseitig ken-nenlernen Unterschiede in fachlicher und auch persoumlnlicher Hinsicht gleichen sich so eher aus Vareille und Merel organisierten im Zuge ihres bdquoLean-Learning-Konzep-tesldquo vierteljaumlhrlich stattfindende Meetings damit die FCI-Mitarbeiter voneinander ler-nen konnten Entgegen dem Zeitgeist soll angemerkt sein dass raumlumliche Naumlhe die Zusammenarbeit unterstuumltzt Wenn aber virtuelles Arbeiten und gelaumlufige Home-Of-fice-Loumlsungen unvermeidlich fuumlr den Projektverlauf sind sollten sich die Mitglieder des Projektes dennoch regelmaumlszligig zu Gesicht bekommen Teams sind zusammen pro-duktiver als wenn jedes Mitglied fuumlr sich alleine arbeitet (Vgl Sprenger 2012 S 84)

463 Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und Perspektiven der Mitarbeiter

Bekanntlich fuumlhren viele Wege nach Rom ndash dies gilt auch fuumlr die Art und Weise wie man Mitarbeiter fuumlr ein Veraumlnderungsvorhaben motiviert Welchen Vorteil zieht beispielsweise

19146 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

ein Yellow oder Green Belt aus dem bis 40 angestiegenen Arbeitsaufwand zusaumltzlich zu seiner eigentlichen Taumltigkeit im Unternehmen Wenn ein Unternehmen mit finanziellen Versprechungen Anreize setzt wird dies weder die Leistung langfristig steigern noch den Mitarbeiter gluumlcklicher macht Dies wurde bereits angemerkt Weniger Geld macht un-gluumlcklich ndash mehr Geld aber nicht gluumlcklicher Ganz abgesehen von kulturellen Unterschie-den die zu beruumlcksichtigen sind Das Thema Motivation wurde in diesem Buch schon aufgegriffen und in vielen anderen Veroumlffentlichungen am Markt ohnehin ausfuumlhrlich dis-kutiert Aus diesem Grund soll nur der wichtigste Aspekt noch einmal hervorgehoben werden Welchen Weg nach Rom gilt es einzuschlagen wenn man seine Mitarbeiter im Extremfall dazu ermuntern muss die Qualitaumlt und Geschwindigkeit ihrer Prozesse derart zu optimieren dass ihre Taumltigkeit im Unternehmen uumlberfluumlssig wird bdquoWasteldquo eliminie-ren ndash Kernstuumlck der Lean Philosophie ndash erhaumllt dann einen faden Beigeschmack und ruumlckt das wichtigste Betriebskapital in den Fokus ndash den Mitarbeiter Im Rahmen des kritischen Erfolgsfaktors Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern wurden unter der Erfolgs-bedingung Mitarbeiter fuumlr gemeinsame Herausforderungen und Ziele begeistern bereits erste eher technische Empfehlungen ausgesprochen welche Bestandteile ein Trennungs-gespraumlch zwischen Fuumlhrungskraft und Mitarbeiter beinhalten sollte Die folgenden Ge-danken sind abstrakter formuliert und als Ergaumlnzung zu verstehen

1 Widerstand gegenuumlber Veraumlnderungen ist bei strategischen Initiativen vorprogram-miert Das ist eine Tatsache Sie werden nicht jeden Mitarbeiter fuumlr die Veraumlnde-rung motivieren koumlnnen Das ist nicht immer leicht zu verstehen Selbst jemand der Unterstuumltzung auf breiter Basis im Unternehmen etablieren konnte berichtet von der einen oder anderen vergeblichen Motivationsbemuumlhung Dies gilt es ndash vorausgesetzt es handelt sich nicht um einen kritischen Akteur im Unternehmen ndash zu akzeptieren und die Energie in andere Dinge zu investieren

2 Wichtig ist Bieten Sie Ihren Mitarbeiter schnell eine Perspektive ndash in der Initiative im Unternehmen und wenn es drauf ankommt auch auszligerhalb des Unternehmens In jedem Fall muss die Phase der Ungewissheit zuumlgig uumlberwunden werden denn sonst investiert der Mitarbeiter seine ganze Energie in das Beobachten der Entwicklungen und das Absichern seiner Position Das kann den Fortschritt der Veraumlnderung teuer zu stehen kommen

Perspektive in der Initiative Zunaumlchst einmal bezieht sich dieser Punkt auf die Mitarbeiter die Sie fuumlr die Initiative begeistern konnten Diese brauchen erfolgreiche Aussichten innerhalb der Initiative Ein spannendes Projekt neue und herausfordernde Aufgabengebiete und aussichtsreiche fachliche und persoumlnliche Entwicklungsmoumlg-lichkeiten Neben einer fairen Entlohnung ist dort die strukturelle Verknuumlpfung der Initiative mit der Personalentwicklung des Unternehmens zu nennen Einsatz und Leistung im Rahmen der Initiative muumlssen sich fuumlr den sozialen Aufstieg im Unter-nehmen lohnen Wie schon gesagt nichts begeistert mehr als der eigene Fortschritt Der Karrierepfad des Mitarbeiters sollte Meilensteine des Projektes oder anderweitige Zielvereinbarungen ndash abhaumlngig von der Funktion auf dem Weg zur operativen Exzel-lenz ndash beruumlcksichtigen Es darf wie im Zusammenhang des Erfolgsfaktors Initiative mit

192 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Organisation harmonisieren ausfuumlhrlich diskutiert nicht auf der einen Seite die Logik des Unternehmens und auf der anderen Seite die Systematik der Initiative geben Das Beispiel von General Electric wo das mittlere Management nicht ohne die Six-Sig-ma-Ausbildung des BB zu erreichen ist zeigt Die Entwicklung der Mitarbeiter des Unternehmens an den Fortschritt der Initiative zu knuumlpfen ist ein wirksamer Schritt zur nachhaltigen Implementierung einer Verbesserungsphilosophie

Perspektive im Unternehmen Mitarbeiter nehmen sehr genau wahr wie mit ihren Arbeitskollegen umgegangen wird Eine Fuumlhrungskraft steht also unter dauern-der Beobachtung der Angestellten Dabei ist wichtig Vertrauen und Glaubwuumlrdigkeit nicht leichtfertig zu verspielen Mitarbeitern die nicht fuumlr das strategische Vorhaben zu gewinnen sind muss demnach sicherlich nicht umgehend gekuumlndigt werden Moumlg-licherweise gibt es andere und bessere Einsatzmoumlglichkeiten fuumlr den Mitarbeiter im Unternehmen Um diese ausfindig zu machen ist das Einfuumlhlungsvermoumlgen der Initia-tivenleitung oder der Unternehmensfuumlhrung gefragt Ein Tapetenwechsel kann manch-mal Wunder wirken

Beispiel Neuenfelder Maschinenfabrik

Mit den Veraumlnderungen im Hause der Neuenfelder Maschinenfabrik und den daraus zuuml-gig resultierenden Erfolgen uumlberzeugte Goran Curic das Gros der Belegschaft ndash bis auf einen aumllteren Mitarbeiter der sich vehement weigerte das Vorhaben zu unterstuumltzen Curic ging auf die Befuumlrchtungen und Eigenheiten des Mitarbeiters ein Gemeinsam wurde eine Loumlsung entwickelt die seine zukuumlnftigen Taumltigkeiten bis zum bevorstehen-den Ruhestand auszligerhalb der Lean-Aktivitaumlten vorsah Dieser diplomatische Erfolg war nicht nur positiv fuumlr den Mitarbeiter sondern auch foumlrderlich fuumlr die Initiative Bisweilen wird unterschaumltzt welche stoumlrende Wirkung die staumlndige Blockade eines Einzelnen im Veraumlnderungsprozess annehmen kann Einfuumlhlungsvermoumlgen zu besitzen bedeutet nicht jeden Mitarbeiter in Watte zu packen sondern jeden Mitarbeiter richtig anpacken zu koumlnnen

Perspektive auszligerhalb des Unternehmens Zuletzt gilt es auch in einem bdquoWorst-Case-Szenarioldquo wenn die Trennung im professionellen Kontext unvermeidlich geworden ist Perspektive zu bieten Es sollte das Selbstvertrauen die Integritaumlt und die Zukunft des Mitarbeiters nicht zertruumlmmert werden nur weil die Fuumlhrungskraft der Verantwortung eines ehrlichen Gespraumlchs uumlber lange Zeit aus dem Weg geht Es kann uumlberraschen wie viele Angestellte sich eine berufliche Neuorientierung vorstellen koumlnnen sofern diese Veraumlnderung rechtzeitig lanciert wird Vordergruumlndig sollten die Moumlglichkeiten des Unternehmens wie es den Trennungs- und Entscheidungsfindungsprozess des Mit-arbeiters idealerweise unterstuumltzen kann in einem engen und ehrlichen Austausch eru-iert werden

Jede der drei Moumlglichkeiten bietet dem Mitarbeiter auf sehr unterschiedliche Art und Weise eine Perspektive Allen Beteiligten muss klar sein dass eine Operational-Ex-cellence-Initiative die Redundanzen und Schwachstellen in der Aufbau- und Ablauf-

19346 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

organisation erkennt und aufloumlst immer den Fortschritt der gesamten Organisation anvisiert Die Uumlberlebensfaumlhigkeit des Unternehmens zu sichern ist das houmlchste Gebot Schmerzhafte personelle Einschnitte ndash und das auf alle Faumllle nicht nur an der Basis ndash werden unvermeidlich sein wenn in der Vergangenheit uumlber den Verhaumlltnissen gewirt-schaftet wurde

464 Anspruchsvolles Methodenset

Im Folgenden werden die als wichtig erachteten bdquoerfolgreichen Aussichtenldquo die den Mitarbeitern innerhalb der Initiative als Perspektive dienen weiter aufgegriffen Dies-bezuumlglich wurden ein spannendes Projekt neue und herausfordernde Aufgabengebiete und aussichtsreiche fachliche und persoumlnliche Entwicklungsmoumlglichkeiten genannt Im Mittelpunkt eines Operational-Excellence-Programms steht immer die systematische Um-setzung der Methodik die auf einen umfangreichen Werkzeugkasten zuruumlckgreift Die Auswahl von rund 150 Werkzeugen und der hinsichtlich der Six-Sigma-Vorgehensweise teils hohe statistisch-mathematische Anspruch stellen die Praxis haumlufig vor betraumlchtliche Probleme Liegt die methodische Messlatte vielleicht zu hoch Wenn die Anwendung nicht griffig genug ist wird zum einen Potenzial welches in der Vielfalt der Methodik liegt nicht genutzt Zum anderen wird es immer schwieriger der Versuchung wiederholt die Tools aus einem Schema F zu nutzen zu widerstehen Das sture Festhalten an in der Vergangenheit bewaumlhrten Tools ist genau so irrsinnig wie die Flucht in die vermeintlich sichere Datenflut einiger Werkzeuge bdquoWer viel misst misst viel Mistldquo (Sprenger 2012 S 16) Was ist zu empfehlen wenn diese Gefahren in der Natur der Methodik lauern

1 Wenn schon von den Besten gelernt wurde ndash um der Verwaumlsserung der Methodik ent-gegenzuwirken ndash dann sorgen Sie dafuumlr dass auch nur die Besten Ihr Vorhaben umsetzen Der Weg zur operativen Exzellenz ist mit exzellenten Mitarbeitern gepflas-tert Schlagloumlcher sind zu vermeiden Es setzt belastbare Praxiserfahrung enormes Wissen und eine ganze Bandbreite an Faumlhigkeiten voraus um eine Initiative metho-disch sicher zu manoumlvrieren Anders ist das jahrelange Zoumlgern von Michael McCain bei Maple Leaf Foods nicht zu erklaumlren Er studierte die Six-Sigma-Erfolgsgeschichte von Jack Welch bei General Electric schon einige Jahre bevor er die Methodik im eigenen Unternehmen zu implementieren begann ndash zuvor fehlte es an Expertise und Ressourcen

2 Wenn die notwendigen methodischen Faumlhigkeiten und Praxiserfahrungen personell gegeben sind etablieren Sie ein immer wieder aktualisiertes internes Wissensma-nagement Dazu koumlnnte das Dokumentieren von Erfahrungen mit der Anwendung von Werkzeugen gehoumlren ndash neue oder interessierte Mitarbeiter koumlnnen sich so zuumlgig einen repraumlsentativen Uumlberblick verschaffen Ein aumlhnlicher Gedanke versteckt sich hinter der Einrichtung des bdquoLean-Wikildquo bei der Neuenfelder Maschinenfabrik Bestimmen Sie thematische Ansprechpartner oder einen Verantwortlichen der sich die Entwicklung

194 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

und Aktualisierung des Know-how zu eigen macht Nutzen Sie die Vielfalt des Werk-zeugkastens und kombinieren Sie verschiedene Anwendungen ndash es gilt die vorhandene Flexibilitaumlt zu nutzen ohne sie auszunutzen Auf den Punkt gebracht Ermoumlglichen Sie das Voneinander-Lernen damit implizites Wissen in explizites Wissen umgesetzt wird und die auf den ersten Blick diffus wirkende Komplexitaumlt der Operational-Excellence-Methodik an Griffigkeit gewinnt

465 Spannungsverhaumlltnis Effizienz vs Innovation

In Kap 3 dieses Buches wurde von Beispielen aus der Praxis berichtet Entscheiden-de Meilensteine der Verbesserungsinitiativen wurden hervorgehoben und eroumlrtert um in diesem Kap 4 immer wiederkehrende Muster und Faktoren die in besonderem Maszlige die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Programmen beeinflussen als kritische Er-folgsfaktoren zu diskutieren Im Zuge der Lean-Sigma-Entwicklung im Hause des ame-rikanischen Elektronikhaumlndlers Best Buy wurde auch auf die Six-Sigma-Einfuumlhrung von 3M eingegangen Das Ergebnis einer fuumlnfjaumlhrigen Regentschaft des treuen Six-Sigma-Anhaumlngers James McNerney waren nicht nur 8000 entlassene Mitarbeiter zu Beginn der Implementierung sondern auch gluumlckliche Anteilseigner an der Wall Street die von der rigorosen Einsparung an Zeit und Kosten im Wertschoumlpfungsprozess profitierten Die Ge-meinsamkeit zwischen Best Buy und 3M war nicht nur die Einfuumlhrung einer Operational-Excellence-Methodik sondern das vitalisierende Moment der beiden Organisationen die Innovationslust In beiden Faumlllen waren erhebliche Schwierigkeiten bei der nachhaltigen Einfuumlhrung der jeweiligen strategischen Erneuerung auszumachen Schlieszligen sich Effi-zienz und Innovation etwa gegenseitig aus Wie zum Ende des Kap 3 angekuumlndigt soll dieser Gedanke nun ausfuumlhrlich beleuchtet werden

Das Resuumlmee der 3M-Belegschaft war eindeutig Six Sigma erstickt Kreativitaumlt denn Optimierungsprogramme wie Six Sigma identifizieren Schwachstellen in Geschaumlftspro-zessen um auf Basis von Messungen Variation und Fehler zu eliminieren Eine Erfindung ist jedoch das Ergebnis eines ungeordneten Prozesses ndash vielleicht sogar das Ergebnis eines fehlerhaften Prozesses Der Nachfolger von McNerney das 3M-Eigengewaumlchs George Buckley war sich sicher bdquoMan kann in diesem Zusammenhang nicht Six Sigma anwen-den und sich fuumlr Mittwoch drei und fuumlr Freitag zwei gute Ideen einplanen weil man am Anfang der Woche keine hatte So funktioniert Kreativitaumlt nichtldquo Auch wenn der Six-Sigma-Profi McNerney in fuumlnf Jahren an der Spitze des Unternehmens positive Impulse in einer wirtschaftlich turbulenten Zeit geben konnte das Gros der Belegschaft fuumlhlte sich nach seinem Weggang erfrischt Der unternehmerische Schwerpunkt lag nicht mehr auf Profitabilitaumlt und Prozessdisziplin sondern wieder auf Wachstum und Innovation Ein Mitarbeiter lieszlig verlauten bdquoDank Buckley duumlrfen wir wieder traumlumenldquo

Der unternehmerische Schwerpunkt von Best Buy aumlhnelte dem von 3M andauernder Innovationsdrang und neue Ideen im Hinblick auf die Zufriedenstellung des Kunden und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter Den Grundsatz der Unternehmensfuumlhrung bildete die

19546 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Pflege von Rahmenbedingungen zur Vitalisierung von Kreativitaumlt ndash Innovation war seit je her BeBus Steckenpferd Die Mitarbeiter wurden darin unterstuumltzt eigene Arbeitsweisen und gewohnte Prozesse infrage zu stellen um unternehmerisch im eigenen Arbeitsumfeld aktiv zu werden Die Ermutigung zum Experimentieren ein Bewusstsein dass jeder Mit-arbeiter gebraucht wird systematisch gefoumlrdertes Selbstbewusstsein der Mut zu Vertrau-en und kompromisslose Unterstuumltzung auch wenn Fehler gemacht wurden charakteri-sierten das Erfolgsrezept von Best Buy ndash die Innovation Diese spiegelte sich nicht wie bei 3M primaumlr auf der Produktebene sondern auf der Ebene des Geschaumlftsmodells wider Der in der Unternehmens-DNA verankerte Innovationsdrang war nicht zuletzt auch der An-trieb einer erst nationalen und dann internationalen Erfolgsgeschichte Die Ingredienzen des Erfolges Wachstum und Innovation Als das Wachstum langsam nachlieszlig mussten sich die erfolgsverwoumlhnten Verantwortlichen unuumlbliche Fragen stellen Wer sind unsere Kunden Worauf basieren unsere Entscheidungen Wie optimieren wir unseren Ressour-ceneinsatz Wie koumlnnen wir den Erfolg unserer zahlreichen Innovationsvorhaben messen

Das Ergebnis war die Justierung des Geschaumlftsmodells weil sich das Marktumfeld des Einzelhandels stark veraumlnderte ndash neue Onlinewettbewerber die zunehmende Standardi-sierung von Produkten und gesunkenen Margen bestimmten das Geschaumlftsleben Auf der Suche nach Handlungsoptionen entschied man sich fuumlr Lean Sigma ndash Probleme sollten in Zukunft systematisch definiert gemessen analysiert verbessert und kontrolliert werden Die Transformation sollte kein leichtes Unterfangen werden da BeBu keine klassische Top-down-Organisation war sondern auf ihre experimentierfreudige und selbstbewuss-te Belegschaft baute ndash auch diese Initiative ging nicht aus Uumlberlegungen des Vorstands sondern des mittleren Managements hervor Diese Unternehmenskultur war jedoch nicht nur foumlrderlich fuumlr den amerikanischen Handelsriesen sondern fuumlhrte auch zu erheblichen Schwierigkeiten Man war generell stolz auf die Geschwindigkeit der gewohnten Arbeits-weise bdquoWir arbeiten mit Lichtgeschwindigkeit ndash wir schmeiszligen ein paar Sachen gegen die Wand und sehen sofort was funktioniertldquo (Perkins und Rao 2011) Dieser Standard stand im krassen Gegensatz zum statistikgetriebenen Six-Sigma-Ansatz der Fortschritt uumlber sorgfaumlltige Analysen von Zahlen Daten und Fakten definierte Den Mitarbeitern war der zeitliche Aufwand der fuumlr diese Disziplin und Praumlzision notwendig war anfangs fremd

Am Ende erhaumlrtete sich der Verdacht dass es BeBu vor lauter Prozessoptimierungen verschlafen hatte sich den aumluszligeren wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen (insbe-sondere hinsichtlich des E-Commerce) ndash der Innovationsdrang das Lebenselixier des Unternehmens schien abhanden gekommen Kann es moumlglicherweise sein dass die ri-gorose Lean-Sigma-Implementierung ihren Teil dazu beigetragen hat Wurde der Fokus auf den DMAIC-Zyklus zulasten des Blicks uumlber den Tellerrand geworfen Wiegt fuumlr ein Unternehmen wie Best Buy der Freiraum fuumlr Kreativitaumlt schwerer als geordnete Prozess-disziplin

Was ist die Quintessenz Welche Schluumlsse lassen sich aus der Entwicklung von Best Buy und ergaumlnzend dazu auch aus den Ausfuumlhrungen zu 3M ziehen Es muss an dieser Stelle um mehr gehen als um die bloszlige Monetisierung des technischen Umsetzungser-folges einer Optimierungsmethodik Wenn man wie McNerney die Fuumlhrung einer Or-

196 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

ganisation uumlbernimmt die ihren Mitarbeitern ungewoumlhnliche Freiheiten uumlberlieszlig um bahnbrechende Innovation moumlglich zu machen uumlberrascht es nicht dass Zeit und Kosten erheblich eingespart werden koumlnnen Kritische Gedanken muumlssen an dieser Stelle geaumlu-szligert werden Wie vertraumlgt sich das Streben nach Effizienz mit Innovation Was ist der langfristige Schaden wenn einer von Innovation getriebenen Organisation ihr vitalisie-rendes Moment beschnitten wird Erfordern Innovation und Zukunftsgestaltung nicht ein Mindestmaszlig an Reserven zum Nachdenken und Umsetzen Ist es womoumlglich der rigiden Umsetzung von Lean Sigma zuzuschreiben dass Best Buy nicht nur auf der Produkt-ebene sondern dadurch auch auf der Geschaumlftsebene an Innovationskraft verlor und in-folgedessen wettbewerbsunfaumlhig wurde Mindert operative Exzellenz die innovative und kreative Durchschlagskraft

Best Buy und auch 3M sind Organisationen die ihren Forschern und Entwicklern gro-szlige Spielwiesen zur Verfuumlgung stellen Wo am Anfang ein spontaner Einfall oder eine un-gewoumlhnliche Idee steht wird am Ende Geld verdient Unberechenbares und Unplanbares zeichnet die Wertschoumlpfung aus In beiden Faumlllen wurde der DMAIC-Zyklus zu einem essenziellen Baustein der Optimierungsbemuumlhungen ndash das Kernstuumlck von Six Sigma wur-de auch angewendet um den Erfuumlllungsgrad von innovativen Ideen zu untersuchen Das Ziel war klar Innovationen die in das Produktportfolio passten sollten beschleunigt und systematisiert werden Eine Neuerung sollte den Profit steigern ndash wenn nicht im naumlchs-ten Quartal dann besser noch im aktuellen Sicherlich beruumlcksichtigen die Fragen des DMAIC-Zyklus (Was ist wichtig Wie gut sind wir Was ist falsch Was muss getan wer-den Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher) alles Wichtige aber sind es die richtigen Fragen fuumlr ein Geschaumlftsmodell das einfach von guten Ideen abhaumlngt Prioritaumlt hatten nicht mehr die zu entdeckende Weite der Spielwiese sondern berechenbare und disziplinierte Forschungsaktivitaumlten Auch wenn Uumlberzeugungstaumlter wie der Initiativen-leiter von Best Buy Mike Fisher postulieren dass ein systematischer Prozess zur Ein-fuumlhrung neuer Produkte die Innovation schneller in den Markt bringt wiegt die Meinung von beruumlhmt gewordenen Erfindern wie Arthur Frey (Post-it) schwer bdquoMan muss 5000 oder 6000 rohe Einfaumllle durchforsten um eine erfolgreiche Innovation fuumlr den Markt zu findenldquo Was wuumlrde die Lean Sigma Methodik davon halten Der Logik einer stringen-ten Umsetzung entsprechend Warum eliminieren wir nicht die 5000 bis 6000 nichtwert-schoumlpfenden Einfaumllle und kommen mit der richtigen Idee zum richtigen Zeitpunkt

Die Problematik einer Operational-Excellence-Initiative ausgehend vom Spannungs-verhaumlltnis zwischen Innovation und Effizienz ist nicht zu ignorieren Fuumlr sinnvolle Emp-fehlungen gilt es die verschiedenen Methoden des Leistungsversprechens der Operatio-nal-Excellence-Programme differenziert zu betrachten Im Weiteren soll zunaumlchst eine Aussage hinsichtlich Six-Sigma- und Lean-Sigma-Initiativen (mit statistisch-mathemati-schem Schwerpunkt) getroffen werden Danach wird entsprechendes fuumlr Lean- und Lean-Sigma-Initiativen (mit Fokus auf Verschwendungsvermeidung) formuliert

1 Das Kernstuumlck von Six Sigma ist die Struktur des DMAIC-Zyklus Prozesse definie-ren messen und analysieren um sie zu verbessern und im Nachgang zu kontrollieren

19746 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Das Leistungsversprechen suggeriert optimale Wirksamkeit der Qualitaumltsbemuumlhungen wenn die Initiative methodenkonform organisiert ist Die Erfolgsbeispiele von General Electric bis zu Maple Leaf Foods stuumltzen dieses Vorgehen Doch es sind maszliggebliche Unterschiede in der Art der Wertschoumlpfung der Organisationen zu unterscheiden Die Wettbewerbsfaumlhigkeit des kanadischen Lebensmittelproduzenten Maple Leaf Foods definiert sich uumlber hohe Qualitaumltsstandards die nur erreicht werden wenn die Fer-tigungsprozesse kostenguumlnstig fehlerfrei und kontrollierbar sind Zusammengefasst Operative Exzellenz entscheidet bei der industriellen Verarbeitung von Fleisch- Back- und Teigwaren uumlber Erfolg und Misserfolg Dieser Schluss ist aber nicht zu ziehen wenn das Schicksal und die Historie eines Unternehmens wie 3M in erster Linie an Erfindungen gebunden sind Wenn der methodische Leitfaden von Six Sigma zur sys-tematischen Einschraumlnkung wird und Gleichheit schwerer wiegt als Kreativitaumlt dann wird das Herzstuumlck der Unternehmung untergraben Statistische Analysen und mathe-matische Datenerhebungsverfahren zur Effizienzsteigerung sind sinnvoll wenn das Endprodukt des Produktionsprozesses bekannt ist Wenn das Unternehmen jedoch einer umfangreichen diversifizierten Patentproduktion gleicht wuumlrden bahnbrechende Inno-vationen seltener werden ndash ohne inkrementelle Innovationen gaumlnzlich auszuschlieszligen

Six Sigma bietet sich demnach fuumlr Prozessstrukturen an die auf Praumlzision Kon-sistenz und Wiederholung beruhen Wer aber Innovation als Abweichung vom Standard definiert und auf Basis seines Spuumlrsinns mit Variationen und Fehlschlauml-gen wirtschaftet wird sich mit Six Sigma eher nicht anfreunden

2 Das Kernstuumlck der Lean-Philosophie ist unter der Einbeziehung der Belegschaft die systematische Eliminierung von Verschwendung Wenn zu lange Transportzeiten zu groszlige Bestaumlnde oder hohe Nacharbeitszeiten als Verschwendung deklariert werden wie ist mit kreativitaumltsfoumlrdernden Denkpausen oder Ruhezeiten deren Ergebnis ungewiss ist umzugehen Koumlnnen eine schlanke und eine innovative Organisation miteinander auskommen

Laut Experten der Boston Consulting Group und der Wharton Universitaumlt (Pennsylva-nia) ermoumlglicht der Lean-Ansatz strukturierte und inkrementelle Innovation und wirkt forcierend auf den Prozess der Ideenentwicklung Die Gemeinsamkeit von Lean und Innovation liegt demnach in der Zielsetzung die Beduumlrfnisse des Kunden kosteneffi-zient zufriedenzustellen Bei der Betrachtung des Computeranimateurs Pixar (u a bdquoToy Storyldquo und bdquoFindet Nemoldquo) aus Kalifornien faumlllt noch ein weiterer Aspekt ins Gewicht Trotz einer unvorhersehbaren Filmindustrie war jedes Filmprojekt ein Verkaufsschla-ger ndash die Gruumlnde werden u a auf die positive Kombination von Innovation und Lean-Aktivitaumlten zuruumlckgefuumlhrt Der Fokus dabei lag auf der Etablierung von Prozessen die gruppenorientierte Zusammenarbeit und kontinuierliche Feedbackschleifen zur Uumlberwindung von Kreativitaumltsblockaden verstaumlrkten ndash unuumlblich fuumlr die Branche konnte Pixar so immer auf eigene Filmideen und Drehbuumlcher setzen Der Ansatz war erfolg-reich weil kein Kontrollmechanismus sondern die Einladung gemeinsam zu arbeiten ausschlaggebend war Mitarbeiter wurden als genauso wichtig fuumlr das Team erachtet wie das Team fuumlr den Mitarbeiter Zur Gestaltung von fruchtbaren Kooperationen im

198 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Unternehmen wurden taumlgliche Meetings institutionalisiert So berichteten Mitarbeiter ihrem Team offen was sie am Tag zuvor erreicht hatten und im Laufe Tages zu errei-chen beabsichtigten um adaumlquates Feedback von den Kollegen zu erhalten und die Heterogenitaumlt der Teamzusammensetzung zu nutzen Nicht die Kontrolle des Teams sondern die Organisation von strukturierter Kollaboration ist die Idee Was zaumlhlt ist das Kollektiv ndash ganz im Sinne der Lean-Philosophie (Vgl Wharton UniversityBoston Consulting Group 2009 S 8)

Lean Management ist mit den zentralen Schwerpunkten der Verschwendungsvermei-dung Problemorientierung und der Mitarbeiterbeteiligung eine bewegliche Methodik und keine effizienzgetriebene Dummheit Wie die Ausfuumlhrung gezeigt hat scheint eine wirksame Umsetzung in innovationsgetriebenen Branchen eher erfolgver-sprechend als die Implementierung der durchgetakteten Six-Sigma-Methodik ndash es sei darauf verwiesen dass gerade die intellektuelle Ressource des Mitarbeiters (wodurch Innovation erst entsteht) im Sinne des Lean-Gedankens nicht verschwendet werden darf Wenn das bei der Umsetzung von Lean nicht beruumlcksichtigt wird ist das kein Argument gegen die Wirksamkeit der Methodik sondern der Hinweis darauf dass die Faumlhigkeiten der Beteiligten die Methodik richtig umzusetzen besonders an Bedeu-tung gewinnen Im Kontrast zu Pixar zeugen die positiven Beispiele aus der fertigen-den Industrie (allen voran Toyota) von verheiszligungsvoller Dynamik Die Wirksamkeit von Lean Management laumlsst sich nur schwer auf spezielle Branchen Organisa-tionstypen oder Wertschoumlpfungsprozesse reduzieren Eine Methodik die auf die Zusammenarbeit der Menschen baut ist uumlberall dort anschlussfaumlhig wo Men-schen zusammen arbeiten

466 Ganzheitliche Quantifizierbarkeit der Ergebnisse

Warum es wichtig ist die Wirksamkeit einer erfolgreicher Zusammenarbeit im Rahmen einer Operational Excellence zu quantifizieren ist mit Ruumlckblick auf die Ausfuumlhrungen zu bdquoFortentwicklung messbar machenldquo bereits ausfuumlhrlich beschrieben worden Wie wird der Erfolg bzw Misserfolg gemessen Die Nutzenrealisierung ist erheblich schwieriger in der Praxis umzusetzen als es sich in Buumlchern lesen laumlsst Etliche Beispiele unterstreichen die-sen Gedanken ndash ein Vorgeschmack Wenn eine international agierende Strategieberatung die uumlber Jahre Lean-Sigma-Transformationen durchfuumlhrt den Zielerreichungsgrad uumlber die Anzahl der ausgebildeten Black Belts definiert wird die Reichweite dieses kritischen Aspektes deutlich Wie soll die Quantitaumlt der ausgebildeten Mitarbeiter eine Aussage uumlber die Qualitaumlt der Initiative ermoumlglichen Wenn es nicht moumlglich ist die Bemuumlhungen der Initiative in aussagekraumlftigen und repraumlsentativen Ergebnissen darzustellen wird der Mehrwert der strategischen Maszlignahme bis zur Bedeutungslosigkeit geschmaumllert Woran liegt das Die Uumlberpruumlfung des Erreichungsgrades steht vor der zentralen Problematik dass nicht alles was zaumlhlt gezaumlhlt werden kann und nicht alles was gezaumlhlt werden kann zaumlhlt (Vgl Sprenger 2012 S 117)

19946 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Wie zuvor ausfuumlhrlich anhand der Beispiele von Best Buy 3M und Pixar herausgestellt ist die Entwicklung von Innovationen auf undefinierten und unkontrollierten Freiraum an-gewiesen der nicht als bdquomudaldquo (jap nutzlose Unproduktivitaumlt) verunglimpft werden darf (vgl Moormann 2009 S 357) Auch die Steigerung der Wettbewerbsfaumlhigkeit ist nur schwer aus Renditeberechnungen und Marktanteilen abzuleiten Diese Realitaumlten ruumlcken auch den Glauben an eine kulturelle Operational-Excellence-Revolution in eine Grauzone ndash wie misst und bewertet man die veraumlnderte Unternehmenskultur Was ist zu tun damit der Anstieg der gemessenen Mitarbeiterzufriedenheit an einem erfolgreichen Roll-out der Methodik und nicht an den leckeren Sushi-Rolls des Kuumlchenchefs liegt

1 Bevor operationale Umsetzungsempfehlungen zur Nutzenrealisierung in einem spauml-teren Kapitel ausfuumlhrlich eroumlrtert werden sollen an dieser Stelle eher abstrakte Emp-fehlungen formuliert werden Sammeln Sie Informationen ndash keine Daten ndash um die Ergebniswirksamkeit der Initiative zu beurteilen Denken Sie daran Wer viel misst misst viel Mist Dies gilt es als Leitspruch zu befolgen Zahlreichen KPIs ohne weitrei-chende Bedeutung sind einige wenige KPIs mit Aussagekraft vorzuziehen Die Grund-lage fuumlr eine aussagekraumlftige Bilanzierung der Initiative wird zu Beginn im Rahmen der Durchfuumlhrung einer Kosten-Nutzen-Analyse gelegt Je sorgfaumlltiger die Struktur der Ausgangslage desto gehaltvoller das Resuumlmee Anzunehmen dass es eine allgemein-guumlltige Loumlsung gibt waumlre vermessen Heterogene Erfolgskriterien zu ermitteln objek-tiv zu messen und strategisch sinnvoll zu interpretieren ist und bleibt sowohl fuumlr eine Initiative als auch fuumlr ein Unternehmen die zentrale Herausforderung

2 Der verstorbene Management-Guru Peter Drucker hat einmal gesagt bdquoIf you canrsquot measure it ndash you canrsquot manage itldquo Das Dilemma wird deutlich denn das Sammeln von Daten zur Diagnose des Initiativenfortschritts ist nicht nur schwer sondern auch essenziell Wichtig ist dass Sie sich im Klaren sind dass jedes regelmaumlszligige Festhal-ten von Daten bereits einer Intervention gleicht Eine Intervention (Messung) weckt immer Erwartungen Es obliegt der Verantwortung der Initiativenfuumlhrung mit diesem Mechanismus hinsichtlich der Kommunikation in der Initiative behutsam umzugehen um den produzierten Erwartungen adaumlquat zu begegnen Damit dies gelingt muss die Messung von Beginn an uumlber eine klare Zielsetzung verfuumlgen Die Messung an sich ist lediglich eine Zustandsbeschreibung ndash eine Momentaufnahme Aus Sicht der Organisa-tion muss es das Ziel einer Messung sein Maszlignahmen zur Hebung von Optimierungs-potenzialen zu ermitteln Dass eine Messung in der Folge zu sowohl positiven als auch negativen Maszlignahmen oder Ergebnissen kommen kann zeigt bei der anschlieszligenden Kommunikation wie wichtig die Beruumlcksichtigung der geschuumlrten Erwartungen ist

Im Ergebnis laumlsst sich festhalten Operational Excellence ist kein Allheilmittel Die auf-gefuumlhrten kritischen Aspekte und teils unbeantworteten Fragen sind nicht zu ignorieren aber auch keineswegs als Unwaumlgbarkeit zu verstehen Die in diesem Kapitel diskutierten Erfolgsfaktoren und deren Bedingungen vergroumlszligern bei fehlerfreier Beruumlcksichtigung die Wahrscheinlichkeit die Wettbewerbsfaumlhigkeit des Unternehmens durch Effizienzsteige-

200 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

rungen zu erhoumlhen Ist auch nur ein Faktor nicht beruumlcksichtigt oder kann nicht wie geplant umgesetzt werden gefaumlhrdet dies die Durchfuumlhrung der laufenden Initiative Die Kunst ist es Zugang zu den Beteiligten auf sowohl rationaler Ebene als auch emotionaler Ebene zu finden um die Voraussetzungen fuumlr eine erfolgreiche Implementierung eher zu erfuumlllen Der abschlieszligende kritische Diskurs hebt die Bedeutung eines Bewusstseins hinsichtlich der Existenz der angesprochenen Schwachstellen hervor Dieses Bewusstsein gepaart mit der Faumlhigkeit diesen Beschwerlichkeiten besondere problemorientierte Aufmerksamkeit zu schenken ermoumlglicht schlieszliglich die volle Wirksamkeit des Leistungsversprechens

Umfassende Transformationen bergen also nicht nur groszliges Chancen- sondern auch erhebliches Risikopotenzial Die durch die konsequente Intervention des Organisations-gefuumlges verursachte Veraumlnderung muss schlussendlich nicht von den Maschinen sondern den Menschen im Unternehmen gelebt werden ndash deshalb ist die Implementierung nicht kompliziert sondern komplex Je groumlszliger die Veraumlnderung desto groumlszliger der Widerstand ndash je groumlszliger der Widerstand desto groumlszliger die Bedeutung eines entsprechenden Widerstands-managements Diese Gleichung ist nicht zu leugnen Was ist unter dem Management von Widerstaumlnden zu verstehen Auch wenn viele Unternehmen diese Einsicht nicht teilen wollen ndash der Mitarbeiter spielt die entscheidende Rolle Auftretende Probleme sind haumlu-fig nicht auf die Infrastruktur der Methodik zuruumlckzufuumlhren Es ist die Art und Weise wie Veraumlnderung gemanagt wird was regelmaumlszligiges Scheitern bei strategischen Initiati-ven verursacht Keine methodischen Missverstaumlndnisse sondern menschliche Verfehlun-gen fuumlhren haumlufig zu Irritationen und Verwerfungen Die Trennung zwischen operativem Management und Change Management ist dabei in der Praxis kuumlnstlich ndash beides muss Hand in Hand gehen Das wofuumlr es in diesem Kapitel schon an zahlreichen Stellen Anzei-chen gegeben hat wird im naumlchsten Kapitel deutlich an Kontur gewinnen Wohl dosiertes Change Management ist der wichtigste Begleiter auf der Reise zur operativen Exzellenz ndash so wie das Motoroumll die Funktionsfaumlhigkeit des Motors gewaumlhrleistet Nur die richtige Dosierung verhindert in der Mechanik des Autos einen Motorschaden aufgrund von Rei-bung und Verschleiszlig

47 Das Kapitel in aller Kuumlrze

Bei der routinemaumlszligigen Haupt- und Abgasuntersuchung des TUumlVs werden die wichtigsten Bestandteile des Fahrzeugs wie die Kraftuumlbertragung das Fahrwerk oder die Elektronik auf Herz und Nieren uumlberpruumlft Kapitel 4 stellt die Mechanik von Operational-Excellence-Initiativen umfassend auf den Pruumlfstand Das Ergebnis ist eine Checkliste ndash unter der konsequenten Missachtung nur eines Punktes leidet die Wirksamkeit der Initiative

1 Initiative mit Organisation harmonisierenminus betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereit-

schaft evaluierenminus Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen

20147 Das Kapitel in aller Kuumlrze

minus Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhrenminus Kulturkreis beachtenminus Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen unterscheidenminus Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierliche Fuumlhrungsstaumlrke zu

verlierenminus Methodik adaptieren ndash nicht kopierenminus Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzenminus Initiative an Impulse der Umwelt anpassen

2 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablierenminus Vision haben und lebenminus kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellenminus Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugenminus Stakeholder identifizieren ndash individuell kommunizierenminus Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und aus Fehlern lernen

3 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernminus bdquomenschlichenldquo Kern einer Initiative begreifenminus Fuumlhrung verstehenminus geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhrenminus betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffenminus Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquominus Widerstand entgegenwirkenminus Zusammenarbeit organisieren und belohnenminus Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivierenminus Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash Entscheidungskonflikte loumlsen

4 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machenminus Projekte mit groumlszligter Hebelwirkung priorisierenminus Quick Wins erzielen ndash Projekte stringent umsetzenminus potente Projektmitglieder engagierenminus Projektkultur aufbauenminus fuumlr das richtige und gegen das falsche Werkzeug entscheidenminus Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen

5 Fortentwicklung messbar machenminus Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquominus Kostenrechnung zweiter Art einrichtenminus neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten

Zum Abschluss des Kapitels wird zusaumltzlich die Frage geklaumlrt ob die Methodik der opera-tionalen Exzellenz noch bdquostraszligenverkehrstauglichldquo ist oder ob sie ihren Zenit schon uumlber-schritten hat Das Attribut bdquostraszligenverkehrstauglichldquo kann nur unter der Beruumlcksichtigung einer differenzierten Perspektive bescheinigt werden Die unterschiedliche Anschlussfauml-higkeit in der Praxis von Six Sigma (auch Lean Six Sigma) auf der einen und die von

202 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Lean Management auf der anderen Seite muumlssen beachtet werden Die folgenden Aspekte werden generell als Maumlngel der Operational-Excellence-Methodologie identifiziert

bull uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodikbull unvergleichbare Standards bei der Mitarbeiterausbildungbull Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und Perspektiven der Mitarbeiterbull anspruchsvolles Methodensetbull Spannungsverhaumlltnis Effizienz vs Innovationbull ganzheitliche Quantifizierbarkeit der Ergebnisse

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203

Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_5

5

Anyone who tells you it is easy to change the way groups of people do things is either a liar a management consultant or bothThe Economist

Wie bei einem Fahrzeug im Zuge der Hauptuntersuchung des TUumlVs die Kraftuumlbertra-gung das Fahrwerk oder die Elektronik uumlberpruumlft werden stellte Kap 4 die Mechanik von Operational-Excellence-Programmen umfassend auf den Pruumlfstand Ohne sich dabei im methodischen Detail oder einem praktischen Ausnahmefall zu verlieren wurden kritische Erfolgsfaktoren identifiziert und hinsichtlich ihrer Belastbarkeit ausfuumlhrlich diskutiert Um die bdquoStraszligenverkehrstauglichkeitldquo der Methodik sicherzustellen wurden schlieszliglich auch Maumlngel offen angesprochen und mit ersten Empfehlungen adressiert

So wie der Vater fuumlr seinen Sohn die Motorhaube oumlffnet um beim Anblick der feinme-chanischen Hubbewegungen und Rotationen der zahlreichen Ventile deutlich zu machen

204 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

dass der Motor das Herzstuumlck der automobilen Fortbewegung bildet so widmet sich dieses Kapitel dem Knotenpunkt einer Operational-Excellence-Initiative Dem Menschen ndash denn wenn der Wind des Wandels weht bauen die einen Mauern die anderen Windmuumlhlen Zu-naumlchst erlaumlutert ein Ruumlckblick in die Entstehungsgeschichte des Change Managements den Sinn und Zweck veraumlnderungsbegleitender Aktivitaumlten Anschlieszligend werden fundierte Er-kenntnisse aus der Literatur und handfeste Verknuumlpfungen aus der Praxis konsolidiert um die Erfolgsfaktoren des Change Managements (oder auch Managements des Menschen) zu definieren Im letzten Abschnitt des Kapitels wird eine neue Begrifflichkeit die Bedeutung von Change Management fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative praumlgen

51 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements

Fangen wir vorne an Was ist der Ursprung des Change Managements Die Anfaumlnge der Auseinandersetzung mit Veraumlnderungen von und in Organisationen gehen auf die Pionier-generation der Unternehmensberater Ende des 19 Jahrhunderts wie Henry Gantt (Gantt-Diagramm) und AD Little (Begruumlnder der ersten Beratungsgesellschaft 1886) zuruumlck (vgl Greif et al 2004 S 55 f) Mitausloumlser fuumlr konkretere Konzepte und fundierte Or-ganisationsforschung war rund 40 Jahre spaumlter der in den USA beobachtete Hawthorne-Effekt In den 1930er-Jahren entdeckten zwei Wissenschaftler dass die Leistungsfaumlhigkeit eines Menschen nicht nur von den objektiven Arbeitsbedingungen sondern auch wesent-lich durch soziale Rahmenbedingungen beeinflusst wird Die sozialen Gruppenbeziehun-gen und die ruumlcksichtsvolle Fuumlhrung hatten demnach mehr Einfluss auf die Produktivitaumlt der Arbeiter als die Arbeitsbedingungen Diese Erkenntnisse begruumlndeten die Entstehung der Human-Relations-Bewegung die das vom Taylorismus gepraumlgte Menschenbild des Homo oeconomicus das dem social man weichen sollte infrage stellte Richtungsweisen-de Uumlberlegungen verfolgte der Soziologe Kurt Lewin (1890ndash1947) der Ende der 1940er-Jahre maszliggeblich den Grundstein fuumlr die Lehre der Veraumlnderung und damit auch fuumlr die Entstehung der Organisationsentwicklung legte Lewins (1947 S 5 ff) Beschreibungen von Veraumlnderungen in Organisationen ndash im Weiteren auch als organisationale Veraumlnderung bezeichnet ndash wurden erst 1963 durch seine Assistenten veroumlffentlicht Er schlug ein Drei-Phasen-Modell vor (vgl auch Abb 51)

1 Auftauphase (engl unfreezing) Der bestehende Zustand wird als Gleichgewicht zwi-schen Stabilitaumlts- und Veraumlnderungskraumlften in der Organisation verstanden Das Ziel

Auftauen Veraumlnderung Einfrieren

1 2 3

Abb 51 Drei-Phasen-Modell

20551 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements

dieser Phase ist es die noumltigen Kraumlfte die ein Veraumlnderungsbewusstsein kreieren auf-zubauen um den bestehenden Zustand aufzubrechen und gezielt zu verfluumlssigen

2 Bewegungsphase (engl moving oder change) In dieser Phase wird der Status quo verlassen und auf Basis groszligflaumlchiger Partizipation werden neue Loumlsungen verfolgt Die eigentliche Veraumlnderung findet in dieser Phase statt

3 Einfrierphase (engl refreezing) Zuletzt geht es um die Implementierung der neu strukturierten Loumlsungen und deren nachhaltige bdquoEinuumlbungldquo bzw Sicherung in der Unter-nehmensstruktur Die Veraumlnderungen werden wieder stabilisiert oder bdquoeingefrorenldquo

Der juumldische Sozialpsychologe ging davon aus dass Veraumlnderungsaktivitaumlten zu Wider-staumlnden fuumlhren wuumlrden weil sie bislang Stabiles oder Gewohntes stoumlren Schon Lewin verstand es als essenziell diese Widerstaumlnde zu uumlberwinden In diesem Zuge setzte er auf die Dynamik von bdquodemokratischenldquo also partizipativen Schritten Es war ihm womoumlglich bedingt durch die Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland ein An-liegen diktatorische oder autoritaumlre Machtgebilde zu verhindern (Vgl Greif et al 2004 S 58) Obwohl er davon uumlberzeugt war dass der Mensch den Wandel nicht von selbst initiieren wuumlrde sind konkret abgeleitete Maszlignahmen um den Veraumlnderungsprozess ziel-fuumlhrend zu meistern nicht sehr umfassend dokumentiert Zusaumltzlich ist die eingaumlngige Darstellungsform Lewins in ihrer Reichweite kritisch zu sehen Veraumlnderung ist wie be-reits herausgestellt nicht die Ausnahme sondern die Regel Destabilisierung Veraumlnde-rung und Restabilisierung sind volatile Mikroprozesse und nur schwer auf einen einzigen einmaligen Veraumlnderungszyklus zuruumlckzufuumlhren (Vgl Greif et al 2004 S 58) Lewins Modell bildet also bdquolediglichldquo eine Makrobeschreibung von organisationalen Veraumlnderun-gen ab Womoumlglich liegt aber gerade in der Einfachheit dieses Drei-Phasen-Modells die Staumlrke Von Kurt Lewin ist die These uumlbermittelt Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie Den Beweis liefert er selbst denn obwohl sich die Taktung von Veraumlnderungs-prozessen heute vervielfacht hat und man sicherlich auch im Rahmen einer Operational-Excellence-Initiative nicht von einem linearen Dreischritt gemaumlszlig Lewin sprechen kann sind noch nahezu alle Ansaumltze der Literatur zum organisationalen Veraumlnderungsmanage-ment an die dreiteilige Modellierung Lewins angelehnt

Zu Zeiten kollektiven Wirtschaftswachstums der 1960er-Jahre in den USA und Europa muumlndeten Lewins unkonventionelle Ideen in der sowohl begrifflichen als auch inhaltlichen Praumlgung der Organisationsentwicklung (OE engl organisational development OD) Als theoretische Grundlage dieser Beratungsform diente die interdisziplinaumlre allgemeine Sys-temtheorie die Organisationen als offene Systeme verstand Dies bedeutet dass das Han-deln von Organisationen nicht durch Beurteilung desselben sondern uumlber die Interaktion mit der jeweiligen Systemumgebung bei der die Strukturen und Prozesse der Organisation Menschen Geld und Material transformieren erklaumlrt wird (Vgl Greif et al 2004 S 59) Die OE die sich maszliggeblich durch den Diskurs engagierter Vertreter ihrer Zunft entwi-ckelte folgte einem ganzheitlichen Organisationsverstaumlndnis (gleichberechtigte Beruumlck-sichtigung von harten und weichen Faktoren) und dem Primat des Transfers ndash es ging um

206 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

die Schaffung idealer Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung der Veraumlnderung Der Mensch steht dabei im Mittelpunkt und ist fuumlr die Entwicklung der Organisation verantwortlich ndash OE versteht sich demnach als Personalentwicklung bei der die Beteiligten durch die Intervention des Beraters der sich eher als Coach oder Trainer versteht bei der Loumlsung eines konkreten Problems lernen (Vgl Walger 1995 S 15) Es etablierte sich die Begriff-lichkeit bdquolernende Organisationldquo Fuumlr die Praktiker des Organisationsentwicklungsgedan-kens verfestigte sich die Bezeichnung bdquoChange Agentsldquo Diese Rolle sah einen intensiven Austausch mit den Organisationsmitgliedern vor um die Veraumlnderung gemeinsam zu ent-wickeln zu planen und entsprechende Maszlignahmen zu erarbeiten um diese schlieszliglich zu realisieren Dieser Austausch sah idealerweise eine Zweiweg-Kommunikation vor (vgl Greif et al 2004 S 59) Der Informationsfluss wird sowohl von top-down als auch von bottom-up eingerichtet Die Gleichung war einfach denn mehr Beteiligung und houmlhere Motivation sollten zu mehr Produktivitaumlt der Organisation und Zufriedenheit der Mitarbei-ter und damit zu individuellem und organisationalem Wachstum fuumlhren Ob der Berater nun als Interventionist Prozessberater change agent Trainer oder Erkenner von Alter-nativen bezeichnet wird entscheidend ist immer das Moment der Reflexion (Vgl Walger 1995 S 9) Durch das Vorhalten des Spiegels wie in Form der Survey-Feedback-Metho-de1 initiiert der Organisationsentwickler das eigenstaumlndige Lernen aller Beteiligten

Die zuumlgig fortschreitende Evolution dieser Idee zum geplanten organisationalen Wandel stolperte Anfang der 1970er-Jahre uumlber grundsaumltzliche Selbstzweifel der Protagonisten an der Wirksamkeit des Konzepts Ernuumlchternd wurde behauptet dass das Spiegelbild der Re-flexion eher einem Trugbild glich welches nicht hinreichend die positive Entwicklung der Organisation forcierte Diese Identitaumltskrise wird bisweilen durch die fuumlr viele Unterneh-men existenzielle Wettbewerbssituation Ende der 70er-Jahre erklaumlrt Demnach gewann eine neue Wachstumsphilosophie stimuliert durch die Entwicklung auf den weltweiten Kapital-maumlrkten an Bedeutung In dieser Zeit schien organisches Wachstum finanziert aus eigenen Mitteln nicht mehr wettbewerbsadaumlquat In einem unbekannten Ausmaszlig standen Fusionen Akquisitionen und Personalkosteneinsparungen durch Programme zur betrieblichen Leis-tungssteigerung im unternehmerischen Fokus Fuumlr die Bewaumlltigung dieser Herausforderun-gen gab es kein ausreichend systematisiertes Erfahrungswissen in der noch jungen aber fuumlr die damalige Zeit mutigen Denktradition der OE Die Anschlussfaumlhigkeit fuumlr die Implemen-tierung von organisationalen Veraumlnderungen durch humanistische OE-Methoden ndash die den Mitarbeiter staumlrker beruumlcksichtigen ndash ging in Zeiten dieser neuen Wachstumsphilosophie ver-loren obwohl das Gedankengut revolutionaumlr war (Vgl Greif et al 2004 S 61) Es sei daran erinnert dass erst 1979 die Evaluation des amerikanischen Massachusetts Institute of Tech-

1 Eine durch Kurt Lewin entwickelte Methode der Organisationsentwicklung (Deutsch Erforschung-Ruumlckmeldung-Methode) die Mitarbeiterbefragungen mit Vorgesetztenbeurteilungen kombiniert Gewonnene Informationen von einer Person aus muumlndlichen und schriftlichen Befragungen oder mithilfe von Beobachtungsverfahren werden an dieselbe Person wieder zuruumlckgegeben Das Ziel besteht darin dass das Feedback die Beteiligten aktiviert und positive Veraumlnderungen ermoumlglicht

20751 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements

nology (MIT) die Erkenntnis hervorbrachte dass der Erfolg des japanischen Autoherstellers Toyota u a auf die systematische Miteinbeziehung der Mitarbeiter zuruumlckzufuumlhren sei

Der amerikanische Management-Guru und Professor fuumlr bdquoOrganizational Behaviour and Human Resource Managementldquo Noel Tichy meint dass die Wiederauferstehung der Organisationsentwicklung und ihre eigentliche Bluumltezeit auf die Bemuumlhungen von Jack Welch ab 1980 bei GE zuruumlckgehen (Vgl Greif et al 2004 S 61 Tichy und DeRose 2002) Welch befuumlrchtete dass umfassende Unternehmenstransformationen ohne eine innovati-ve Weiterbildung der Fuumlhrungskraumlfte scheitern wuumlrden Aus diesem Grund engagierte er Tichy fuumlr die Umsetzung von Fortbildungsseminaren fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte des Misch-konzerns wobei Tichy in diesem Zusammenhang maszliggeblich auf altes konzeptionelles OE-Gedankengut zuruumlckgriff Die ausgebildeten Fuumlhrungskraumlfte mussten ihr Wissen als Coach und Berater des Veraumlnderungsmanagements an andere weitergeben Damit fand eine totgeglaubte Auspraumlgung der Human-Relations-Bewegung schlieszliglich den Weg in den Ver-antwortungsbereich von Managern in der ganzen Welt Das was man heute unter Change Management (CM) versteht ist das Produkt dieser damals begonnenen Praxis von Unter-nehmen und Beratungsgesellschaften Im Geschaumlftsbetrieb scheinen sich marginale Unter-schiede zwischen der OE und dem CM mittlerweile weitestgehend zu relativieren Ein Anzeichen dafuumlr ist der Titel des Standardwerks der bekennenden Organisationsentwickler Klaus Doppler und Christoph Lauterburg Er heiszligt nicht bdquoOrganisationsentwicklungldquo son-dern bdquoChange Managementldquo ndash dies ist seit der Erstauflage 1994 als geistiger Treibstoff in die Historie der Managementliteratur eingegangen Die granulare Auseinandersetzung wird im anschlieszligenden Abschnitt dennoch einen feinen Unterschied herausarbeiten

In der OE wird der Prozess eher aus sozialpsychologischer oder gruppendynamischer Sicht bearbeitet ndash von innen nach auszligen Im Mittelpunkt steht der Mensch Das Change Management entstanden aus den Realitaumlten der Praxis postuliert dass eher der betriebli-che Erfolg zaumlhlt ndash die Sicht geht von auszligen nach innen Im Mittelpunkt steht hier die Auf-gabe wettbewerbsfaumlhig zu sein Etwas uumlberspitzt formuliert Welchen Mehrwert bringen reflektierende Mitarbeiter und ein positives Arbeitsklima wenn die Kennzahlen aus den Projekten nicht stimmen und die Funktionsfaumlhigkeit der Initiative nicht gewaumlhrleistet ist In anderen Worten Wenn die deutschen Fuszligballer bei der WM 2010 in Suumldafrika durch die Erfolge der Gruppenphase und der ersten KO-Spiele beweisen dass sie ein bis in die Haarspitzen motiviertes und harmonisierendes Team sind ist dies ein wichtiger Baustein um das Finale zu gewinnen Doch selbst wenn die internationale Presse der deutschen Nationalelf den schoumlnsten Fuszligball bescheinigt steht man nach einer 01 Niederlage im Halbfinale mit leeren Haumlnden da Spanien ndash nicht Deutschland ndash wurde Weltmeister

Organisationsentwicklung ndash Innenausrichtungbeachtet sowohl bei der Analyse als auch bei den daraus abgeleiteten Entwicklungsprozessen in Unternehmen Institutionen und Bereichen nicht nur die strukturelle betriebswirtschaftliche Dimen-sion sondern in gleicher Weise die Beduumlrfnisse der Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiter als direkt be-troffene Traumlger und Treiber von Entwicklungsprozessen in ihrem Arbeitsumfeld Im Ansatz der OE ist die Veraumlnderung zwar das Wesentliche aber nur unter der Beruumlcksichtigung dreier Praumlmissen moumlglich

208 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

1 Veraumlnderung ist integriert in laumlngerfristige uumlbergreifende und organisationsweite Entwicklungs-prozesse

2 Veraumlnderungsziele werden nicht von auszligen vorgegeben sondern von den betroffenen Menschen erlernt und entwickelt

3 Veraumlnderungen zielen sowohl auf die finanziellen Interessen der Eigentuumlmer (Shareholder) als auch auf das Wohlergehen der Mitarbeiter (Stakeholder) ab(Quelle Doppler und Lauterburg 2008 S 99 f)

Change Management ndash AuszligenausrichtungMit der Beschleunigung und Erhoumlhung der Komplexitaumlt der Maumlrkte entstanden seit den 1980er-Jah-ren neue Einflussfaktoren auf betriebswirtschaftlichen Erfolg und Misserfolg Aufbauend auf der Organisationsentwicklung griff das Change Management die aus der Praxis kommenden wesent-lichen Elemente auf1 Laumlngerfristige und meist unspezifische Entwicklungsprozesse wurden in gezielte und konkrete

Veraumlnderungsprozesse umgewandelt2 Nicht nur der Weg ist das Ziel sondern das konkrete und wahrnehmbare Endergebnis ist ent-

scheidend3 Der positive und negative Einfluss von Markt Politik und Gesellschaft sollte staumlrker beruumlcksich-

tigt werden4 Die Betroffenen auf Unsicherheit Veraumlngstigung und Schmerzen vorbereiten5 Das Prinzip Hilfe zu Selbsthilfe durch das Prinzip Selbstverantwortung ersetzen

52 Definition und Zielsetzung von Change Management

Zunaumlchst gilt es als Ausgangspunkt fuumlr weitere Uumlberlegungen die in den Mittelpunkt ge-ruumlckte Begrifflichkeit zu definieren bdquoChangeldquo ist demnach die Abaumlnderung des Status quo bdquoManagementldquo ist die entsprechende stabilisierende und konsolidierende Bewe-gung des definierten Startpunkts zu einem konkreten Zielzustand (vgl Hodge et al 2003 S 329 Harigopal 2006 S 95 Steinle 2005 S 679) Genau genommen handelt es sich bei jeder geschaumlftlichen Aktivitaumlt um eine Bewegung von A nach B ndash Veraumlnderung ist dabei stets die logische Begleiterscheinung (vgl Gray 2011 S 16 ff) Die fuumlr die inhaltliche Ausrichtung dieser Publikation stichhaltigste Definition ist die von Wolfgang Gattermey-er ndash eines ehemaligen Change Managers der in Irland ansaumlssigen Beratungsgesellschaft Accenture

bdquoUnter Change Management werden alle Maszlignahmen subsumiert die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien Strukturen Systemen und Verhaltensweisen not-wendig sind [hellip] so gesehen beschaumlftigt sich Change Management weniger mit dem de-taillierten Entwurf von Soll-Zustaumlnden es hat vielmehr die Erhoumlhung der Veraumlnderungs-bereitschaft und das Skizzieren von Visionen als Voraussetzung zum Design neuer Louml-sungen sowie deren nachfolgende Umsetzung zum Inhaltldquo (Gattermeyer 2001 S 14 f)

Konkret bedeutet dies dass Change Management den Feldkontakt mit der strategi-schen Theorie des Unternehmens herstellt ndash es schlaumlgt die Bruumlcke zwischen den strategi-schen Uumlberlegungen und der Realisierung durch die Mitarbeiter Als einzige Ergaumlnzung

20952 Definition und Zielsetzung von Change Management

zur aufgefuumlhrten Definition laumlsst sich hinzufuumlgen dass die Umsetzung neuer Loumlsungen bzw das bdquoBruumlckenschlagenldquo in jedem Fall ergebnisorientiert gefuumlhrt werden muss Das Primat des Unternehmerischen (die Mitarbeiter sollen sich nicht nur wohlfuumlhlen sondern das Ergebnis muss sich rechnen) ist also fuumlr eine heutige Organisation entscheidend ohne dabei die Rolle und Bedeutung des Menschen im Unternehmen zu vernachlaumlssigen Wir sprechen auch vom Management des Menschen

Was kennzeichnet das Ergebnis von Change Management im Kontext einer strategi-schen Initiative Was sind die erstrebenswerten Zielzustaumlnde im Sinne einer Operational-Excellence-Initiative Mithilfe welcher Change-Methoden gelangt man dorthin

Die Beantwortung dieser Fragen soll anhand eines Bildes erklaumlrt werden Change Ma-nagement bedeutet wortwoumlrtlich dass die Veraumlnderung an der Hand gefuumlhrt wird (Begriff bdquoManagementldquo aus dem Lateinischen bdquomanum agereldquo als bdquoan der Hand fuumlhrenldquo uumlber-setzt)2 Wenn man ein kleines Kind uumlber eine stark befahrene Straszlige fuumlhrt haumllt man es auch bis zum Erreichen der anderen Straszligenseite sicher an der Hand und begleitet es nicht nur bis zur Straszligenmitte Auch wenn das Kind zieht zerrt und sich weigert wird der Er-wachsene das Kind festhalten und sicher uumlber die Straszlige begleiten In diesem Bild stecken zwei wichtige Aspekte

1 Change Management soll den Wandel nicht nur begleiten sondern dafuumlr Sorge tragen dass der Wandel an sein Ziel kommt (Ergebnisorientierung)

2 Change Management muss auftretenden Widerstaumlnden entschieden entgegenwirken (Methodenorientierung)

In unserem Fall wird die Operational-Excellence-Initiative von Change Management bdquouumlber die stark befahrene Straszlige begleitetldquo Es geht demnach um die ergebnisorientierte Unterstuumltzung der Initiative (bdquodas Ergebnis muss sich auch rechnenldquo) was nur moumlglich ist wenn methodenbasierte Interventionen die Kollision mit auftretenden Widerstaumlnden (Verkehr auf der Straszlige) verhindern3 Zur Erinnerung Durch systematische Optimie-rungsmaszlignahmen der Operational Excellence sollen alle Geschaumlftsprozesse auf Kunden-beduumlrfnisse Qualitaumlt und Effizienz ausgerichtet werden Das Leistungsversprechen wel-ches sich uumlber die daraus resultierende Steigerung der Wettbewerbsfaumlhigkeit definiert unterstuumltzt die Unternehmensfuumlhrung bei der groumlszligten Herausforderung des strategischen Managements ndash die Uumlberlebensfaumlhigkeit der Organisation langfristig zu sichern Change Management aumlndert praktisch nichts an dieser Kursbestimmung Es soll vielmehr die Er-fuumlllungswahrscheinlichkeit dieses Kurses entscheidend erhoumlhen Kurzum Zur erfolgrei-

2 s Kap 123 Die Auspraumlgungen von Widerstand koumlnnen bei der Implementierung von Operational Excellence so vielfaumlltig wie die beteiligten Personen sein Mitarbeiter koumlnnten sich vermehrt krank melden in wichtigen Meetings wird stundenlang uumlber Nebensaumlchlichkeiten diskutiert Entscheidungen werden immer wieder aufs Neue vertagt Projektmitglieder streuen bewusst Geruumlchte oder schmieden Alli-anzen um die vereinbarten Ziele nicht zu erreichen

210 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

chen Umsetzung von Operational Excellence muss professionelles Change Management mit der strategischen Initiative buchstaumlblich Hand in Hand gehen denn sonst wird das Vorhaben von zwischenmenschlichen Stolpersteinen regelrecht bdquouumlberfahrenldquo

Diese noch relativ abstrakte Zielsetzung von Change Management laumlsst sich weiter he-runterbrechen So lassen sich Verhaltensziele von Sachzielen unterscheiden (vgl Steinle 2008 S 9 ff)

1 Verhaltensziele Bezogen auf die Umsetzung der Initiative lassen sich hier die Mobili-sierung der Belegschaft das Gewinnen von Promotoren fuumlr die Initiative das Bekaumlmp-fen von Widerstaumlnden oder die Uumlberzeugung von Unentschlossenen zur Veraumlnderung von gewohnten Arbeitsweisen auffuumlhren

Indirekt spielen also auch Verhaltensziele auf der Unternehmensebene eine Rolle wie das Foumlrdern von Lernprozessen durch ein etabliertes Wissensmanagement ver-besserte Kundenorientierung staumlrkere Kundenbindung und die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit

2 Sachziele Bezogen auf die Umsetzung der Initiative lassen sich hier das puumlnktliche Erreichen von Meilensteinen optimierte Ressourcennutzung Termineinhaltung das sorgfaumlltige Ausfuumlhren von Aufgaben oder effiziente Einsetzen von Tools auffuumlhren

Indirekt spielen also Sachziele auf der Unternehmensebene eine Rolle wie die Stei-gerung des EBIT oder der Produkt- bzw Servicequalitaumlt die Reduzierung von Kosten oder das Gewinnen von Marktanteilen

Ein Auszug aus einer Studie aus dem Jahre 2012 der franzoumlsischen Beratungsgesellschaft Capgemini ermoumlglicht einen ersten generellen Eindruck von der verfuumlgbaren Methoden-auswahl um die dargestellten Ziele zu erreichen (Abb 52 vgl Capgemini Consulting 2012 S 22 f) So unterscheidet die Studie in Basisausstattung (z B persoumlnliche Kom-munikation und Rollen- und Auftragsklaumlrung) erweiterte Grundausstattung (z B Stake-holder-Management und Team-Building) und Extraausstattung (z B Kulturanalysen und Change Controlling) Die Tools zur Mobilisierung der Beteiligten und Kommunikation mit den Betroffenen der Veraumlnderung fuumlhren diese Auswertung deutlich an Welche Tools besonders fuumlr die Umsetzung von Operational-Excellence-Initiative geeignet sind was ihr idealer Verwendungszeitpunkt ist und was eventuelle Alternativen sind wird in Kap 6 dieses Buches detailliert beschrieben

21153 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

53 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden etliche Buumlcher uumlber mehr oder weniger erfolg-reiche Strategien zur Umsetzung von Change-Management-Vorhaben veroumlffentlicht Die-ses Kapitel wird einen ausreichenden Abriss der literarischen Errungenschaften liefern An der einen oder anderen Stelle werden die Uumlberlegungen der Autoren um weitere Bei-spiele und tiefergehende Gedanken ergaumlnzt Zweifellos spielt in diesem Zusammenhang

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PodcastsVideocasts

Change Controlling

Konfliktmanagement

E- Learning

Kulturanalyse

Visionsentwicklung

Coaching

Umfeld-Statusanalyse

Team-Building

Fuumlhrungskraumlfteentwicklung

Stakeholder-Management

Fokus- Interviews

TrainingSchulung

Roll-Auftragsklaumlrung

Veranstaltungen

Kommunikation schriftlich

Kommunikation persoumlnlich

Workshops Basis-ausstattung

Erweiterte Grund-ausstattung

Extra-ausstattung

Nennung bdquohaumlufigldquo und bdquosehr haumlufigldquo Angaben in

Abb 52 Change Tools aus der Capgemini-Studie

212 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

das Standardwerk von Doppler und Lauterburg (2008 S 115 ff) eine wichtige Rolle ndash das Duo identifizierte erstmals 1994 einen Wirkungszusammenhang bestehend aus sechs Schluumlsselfaktoren Weil es sich bei diesem Werk nicht nur um einen strategischen Leitfaden sondern in erster Linie um eine umfassende operative Werkzeugkiste ndash mit dezidierten Maszlignahmen ndash handelt verdient es die Zuschreibung bdquoChange-Bibelldquo Keine Uumlberraschung wird der Bezug auf das mehrstufige Veraumlnderungsmodell von John Kotter (1996 2011) sein Auf eher strategischer Ebene naumlhert sich der Harvard-Professor nicht wie Lewin in drei Schritten sondern in acht Schritten der Herausforderung Veraumlnde-rungsprojekte strukturiert effizient und erfolgreich zu realisieren Abschlieszligend sollen die Erkenntnisse der 2008 durchgefuumlhrten Making-Change-Work-Studie der IBM beleuchtet werden Die Studie des IT-Service-Unternehmens setzte in diesem Rahmen den Dialog uumlber das Unternehmen der Zukunft fort der mit der IBM Global CEO Study 2008 begon-nen wurde Die CEO Study identifizierte u a den bdquoFokus auf Veraumlnderungenldquo als einen Baustein des Unternehmens der Zukunft ndash genau dies wurde durch die Change-Studie unter die Lupe genommen (Vgl Joslashrgensen 2008) Der daraus resultierende geschaumlrfte Blick soll diskutiert werden

531 Schluumlsselfaktoren nach Klaus Doppler und Christoph Lauterburg

Die Change-Experten Doppler und Lauterburg (2008) lokalisierten zunaumlchst uumlbliche Me-chanismen und vertraute Muster die in der Praxis dazu fuumlhren dass Veraumlnderungen schei-tern Dahinter steckt die Logik beim eigenen Misslingen zu beginnen sich also bdquoselbst auf die Schliche zu kommenldquo Dies soll die Hoffnung auf Erfolg ermoumlglichen Der Begriff bdquoHoffnungldquo ist demnach bewusst gewaumlhlt ndash es gibt kein Erfolgsrezept bei der Justierung der zwischenmenschlichen Feinmechanik betonen Doppler und Lauterburg (2008)

So weisen die Autoren auf die Gefahr eines Kaltstarts hin wenn Veraumlnderungsprozes-se angestoszligen werden Es ist wie mit der Fitness Vor jeder sportlichen Betaumltigung soll man sich aufwaumlrmen Dadurch wird eine verbesserte Ausgangslage fuumlr neuromuskulaumlre organische und seelisch geistige Leistung geschaffen Gleiches gilt fuumlr eine Organisation insbesondere wenn strategische Richtungswechsel durch die Implementierung des Ope-rational-Excellence-Gedankens vorgenommen werden Rechtzeitig mit den Betroffenen sprechen sie wertschaumltzen und sie an der Zukunft partizipieren lassen ist sicherlich kom-plizierter als das zehnminuumltige Aufwaumlrmen im Fitnessstudio und ungleich wichtiger

Aumlhnlich typisch sind die Selbstinszenierungen der Unternehmensfuumlhrung als elitaumlre Problemloumlser mit denen den Mitarbeitern die Zuschauerrolle oder die Rolle der Wasser-traumlger aufdraumlngt wird Das ist nicht kooperativ sondern provokativ Weiter stehen haumlufig Loumlsungen und nicht die Probleme inklusive der eigentlichen Ursachen im Vordergrund Wenn immer nur bdquoWas ist zu tunldquo und nie bdquoWas ist losldquo gefragt wird dann wird ohne zu zoumlgern zur Tat geschritten und eine Loumlsung produziert ndash leider fuumlr das falsche Prob-lem Die Autoren beanstanden zusaumltzlich dass zu viele Loumlsungen Teil des urspruumlnglichen

21353 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

Problems sind Wenn Verkehrsengpaumlsse beklagt werden und als Loumlsung mehr Straszligen ge-baut werden ist die Loumlsung Teil des Problems Die Faumlhigkeit in jeder neuen Lage neu nachzudenken ist essenziell Doppler und Lauterburg weisen darauf hin dass die Anfor-derungsprofile fuumlr die Kandidaten die den Wandlungsprozess durchfuumlhren beispiellos uumlbertrieben sind Wenn ein Black Belt kontaktfaumlhig einfuumlhlsam kreativ selbstorganisiert leistungsorientiert und letztendlich unternehmerisch hochbegabt sein muss dann wird ein bdquoFabelwesenldquo gesucht aber kein geeigneter Mitarbeiter Die Hochsprunglatte sollte so hoch gelegt werden dass man den Ehrgeiz entwickeln kann sie zu uumlberspringen und nicht vor lauter Ehrfurcht darunter herlaumluft Ferner fuumlhren u a eklatante Fehltritte beim Auf-bau von Vertrauen der Missbrauch von bdquohidden agendasldquo und die Unfaumlhigkeit offen und ehrlich miteinander zu sprechen viele Veraumlnderungsprozesse in die Irre Aus dieser Be-trachtung resultierte die Definition von sechs Schluumlsselfaktoren

1 Energie wecken und Vertrauen schaffen Die Autoren betonen die Gefahr die Betroffenen der Veraumlnderung einfach zu uumlberrumpeln und ihnen ein bdquoFertigmenuumlldquo zu servieren Stattdessen sollte man sie dort abholen wo sie sind denn jeder Mitarbeiter ist unterschiedlich weit von der Thematik entfernt So muss die Zielsetzung konkret ehrlich und klar kommuniziert werden Die Beteiligten muumlssen auf einen gemeinsamen Nenner des Informationsstandes gebracht werden damit gravierende Unterschiede in der Einstellung und in der Art und Weise wie man an das Thema Veraumlnderung her-antritt reduziert werden Weiter muss ein Problembewusstsein existieren damit der Mitarbeiter sich nicht mit der jetzigen Situation arrangiert Ohne ausreichende Glaub-wuumlrdigkeit wird es den Initiierenden nicht gelingen zu zeigen dass die strategischen Maszlignahmen keine weiteren Worthuumllsen bdquovon obenldquo oder eine Alibi-Uumlbung sind

2 Denken in Prozessen statt Strukturen Fuumlr Unternehmen bedeutet Wandel nicht die Ausnahme sondern die Regel Je flexibler sich das Unternehmen positioniert desto leichter faumlllt der in der heutigen Zeit notwendige Umgang mit bdquopanta rheildquo (griech bdquoalles flieszligtldquo) Die Autoren raten die Unberechenbarkeit der Wirtschaft zu akzeptieren und Faumlhigkeiten zu entwickeln um darin zu uumlberleben Gesucht sind bdquoChaos-Pilotenldquo Damit ist die Faumlhigkeit gemeint die Organisation in offenen Prozessen und vernetzten Systemen nicht zu steuern ndash was ohnehin unmoumlglich erscheint ndash sondern ihr zur Orien-tierung zu verhelfen Muster zu erkennen an die Umwelt anzupassen Trends intuitiv zu erspuumlren und mit kluger Dosierung des Risikos zu handeln Das Denken in offenen Prozessen und vernetzten Strukturen ist ndash inspiriert durch die Biokybernetik ndash unter anderem vom deutschen Biochemiker Frederic Vester eingehend beschrieben worden bdquoEs gilt nach dem Prinzip des Judo die vorhandenen Kraumlfte zu erkennen und umzulen-ken anstatt sie zu zerstoumlren mit der Energie zu gehen nicht gegen sieldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 119)

3 Das Unternehmen auf sein Umfeld ausrichten Die Unberechenbarkeit der Wirt-schaft zu akzeptieren geht mit dem Aspekt einher dass ein Unternehmen welches nicht so maumlchtig ist dass es seine Umwelt nach Belieben bestimmen kann sich als ein

214 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Bestandteil eines groszligen Netzwerkes sehen muss Es gilt die Umweltbedingungen zu beobachten sich mit ihnen auseinanderzusetzen und sich anzupassen um zu uumlberleben Anhand einer kleinen Uumlbung in der das Unternehmen die erfolgskritischen Umwelten (wie Maumlrkte den Wettbewerb Mitarbeitererwartungen oder gesellschaftliche Trend-entwicklungen) in einer Landkarte erfasst und aufzeichnet wie mit den einzelnen Schnittstellen in Kontakt getreten wird verdeutlichen die Autoren das Wirkungsge-fuumlge der relevanten Umwelten Werden Entwicklungen rechtzeitig registriert Ist die Kommunikation mit den Umwelten entsprechend strukturiert Diese Fragen sind zu klaumlren ndash die Antworten definieren den Qualitaumltsstandard der gelebten Auszligenausrich-tung des Unternehmens Das Internetunternehmen Yahoo ist ein Beispiel dafuumlr was fuumlr Konsequenzen es mit sich bringen kann wenn der Kontakt von Unternehmen zu Kunde uumlber lange Zeit nicht auf das Umfeld ausgerichtet ist Im Jahr 2000 war Yahoo der Weltmarktfuumlhrer bei Suchmaschinen im Internet Dann begann das Unternehmen den Kunden neben der Suchfunktion diverse andere Dienstleistungen anzubieten beispiels-weise eine E-Mail-Funktion Finanzdienstleistungen Neuigkeiten Entertainment und Celebrity-News Die Kunden waren an diesen Mehrleistungen aber kaum interessiert Dies hatte zur Folge dass 2005 Google die Nummer eins der Suchmaschinen wurde sie war sogar die Website mit den meisten Klicks uumlberhaupt Unter anderem begruumlndet sich dieser Erfolg darin dass sich Google auf sein Umfeld ndash den Wunsch des Kunden ndash konzentrierte

4 Vernetzung durch Kommunikation Den Unternehmen fehlt es nicht an Informa-tionen die das Uumlberleben des Unternehmens sichern wuumlrden Die Informationen sind jedoch isoliert oder an der falschen Stelle Kommunikation ist in diesem Fall gefragt Die Vision von einer lernenden Organisation ist anders nicht zu erfuumlllen Dies bedeutet fuumlr Fuumlhrungspersonen nicht vom Schreibtisch aus anzuordnen sondern mit den Mit-arbeitern zu sprechen ihre Probleme zur Kenntnis zu nehmen und die Hintergruumlnde zu verstehen um eine Vertrauensbasis aufzubauen Doppler und Lauterburg verglei-chen Kommunikation in einem Unternehmen mit dem hoch differenzierten System des menschlichen Organismus der bis in die letzten Adern und Nerven mit komplexen Informationen versorgt wird bdquoGenau wie im menschlichen Koumlrper geht es auch im Unternehmen um die Sicherstellung eines kontinuierlichen auf Feedback beruhenden Kreislaufsldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 121 f)

5 Von auszligen nach innen organisieren Doppler und Lauterburg identifizieren drei Gruppen die Anspruumlche an ein Unternehmen haben Die Kunden die Mitarbeiter und die Anteilseigner Da man allen drei nicht ebenbuumlrtig gerecht werden kann gilt es zu priorisieren Dabei wird wie bereits beschrieben der Markt in den Vordergrund gestellt Die Ausgangslage ist immer das Beduumlrfnis des Kunden In der Folge werden daraus Strategien Ziele und operative Maszlignahmen abgeleitet wobei jeder Schritt in der Pro-zesskette einen nachgewiesenen Mehrwert haben muss um ein geeignetes Produkt qualitaumltsgerecht beim Kunden zu platzieren Mitarbeitergespraumlche Feedback- oder Berichtsstrukturen haben streng genommen keine Bedeutung fuumlr den Kunden weil er sie nicht bezahlt Die Anliegen der Mitarbeiter und der Anteilseigner sind sekundaumlr

21553 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

ndash nur so kann das kollektive Interesse an einer Sicherstellung der unternehmerischen Existenz gewaumlhrleistet werden

6 Lernen sicherstellen Der letzte Aspekt stellt heraus dass es groszliger Aufmerksamkeit bedarf natuumlrlichen Tendenzen zur Traumlgheit und Erstarrung rechtzeitig entgegenzuwir-ken So sollten automatisch die Strategien und die daraus abgeleiteten operativen Maszlig-nahmen regelmaumlszligig auf ihre Aktualitaumlt gepruumlft werden auch wenn das Tagesgeschaumlft dazu verfuumlhrt solche regelmaumlszligigen und aufwaumlndigen Aktivitaumlten zu vernachlaumlssigen Die Autoren verweisen auf die selbstverstaumlndliche Wartung von Maschinen ndash diese gilt es auch innerhalb einer Organisation als verpflichtende Maszlignahme zu etablieren Wei-ter wird von einem bdquoFruumlhwarnsystemldquo und einem bdquoSensorteamldquo gesprochen welches als Taskforce Entwicklungen sowohl bei Kunden als auch bei Mitarbeitern verfolgt Missstaumlnde aufdeckt und das Management mit Schwachpunkten konfrontiert ndash ohne Ruumlcksicht auf das Ansehen von Personen Tabus oder beunruhigende Erkenntnisse Eine Feuerwehr die das Unerwartete erwartet und dem Unternehmen bei der Weiter-entwicklung entscheidend hilft

Die Bestimmung von uumlblichen Gefahrenpotenzialen und dysfunktionaler Mechanismen im Zuge von Veraumlnderungsprozessen und die Identifikation von sechs Schluumlsselelemen-ten ist ein wichtiger Baustein des Change-Standardwerks Energie wecken und Vertrauen schaffen Denken in Prozessen statt Strukturen das Unternehmen auf sein Umfeld aus-richten Vernetzung durch Kommunikation von auszligen nach innen organisieren und Ler-nen sicherstellen ndash ein ganzheitlicher Ansatz soll ganzheitliche Veraumlnderung ermoumlglichen

532 Acht Stufen der Veraumlnderung nach Kotter (1996)

Ausgehend von einem Artikel fuumlr den Harvard Business Review (HBR) im MaumlrzApril 1994 mit dem Titel bdquoLeading Change Why Transformation Efforts Failldquo begann John Kotter sich mit der Analyse zahlreicher Initiativen auseinanderzusetzen die durch Re-strukturierung Reengineering Akquisitionen Verschlankung Qualitaumltsmaszlignahmen und kulturellen Erneuerungen Veraumlnderungen in Organisationen bewirkten Er traf den Nerv der Zeit Im Ergebnis stellt der Professor fuumlr Fuumlhrungsmanagement heraus dass Ver-aumlnderungsprozesse ein langer Weg sind Eine sorgfaumlltige Planung und eine durchdach-te Struktur vereinfachen seiner Ansicht nach jedoch die Implementierung und erhoumlhen die Erfolgswahrscheinlichkeit So empfiehlt er zunaumlchst die Voraussetzungen zu schaffen (Schritte 1 bis 4) um anschlieszligend den Wandel positiv zu gestalten (Schritte 5 bis 8) da-mit eine dauerhafte Integration der Erneuerungen im Unternehmen zu realisieren ist Im Gegensatz zu Doppler und Lauterburg entwickelte Kotter einen chronologisch gepraumlgten Ansatz

1 Ein Gefuumlhl fuumlr die Dringlichkeit erzeugen Nachdem zunaumlchst ehrlich eingesehen werden muss dass es Zeit ist sich zu aumlndern ist es Aufgabe der Unternehmensfuumlh-

216 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

rung Mitarbeiter und Fuumlhrungskraumlfte hinsichtlich der Notwendigkeit eines Wandels zu sensibilisieren Es ist leichter gesagt als getan die Realitaumlten des Marktes des Wett-bewerbs und der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens entsprechend selbstkritisch einzuordnen

Kotter berichtet von einem ehemals erfolgreich global agierenden Pharmaunterneh-men welches mit Kundenbeschwerden negativen Pressemitteilungen tiefroten Zahlen und erheblichen Kursverlusten an der Boumlrse konfrontiert war Vor dem ersten Besuch Kotters beim Unternehmen erwartete er blanke Nerven oder aggressive Kommunika-tion hektische Feuerwehreinsaumltze oder Szenen die man aus Kriegsfilmen kennt ndash ein erbitterter Kampf ums Uumlberleben eben Tatsaumlchlich war sich keiner der Mitarbeiter der Notlage bewusst Stattdessen nahm Kotter an ruhigen und ziellosen Meetings teil in denen die Mitarbeiter manchmal die vergangenen Erfolge feierlich erwaumlhnten oder uumlber belanglose Dinge stundenlang diskutierten Auf jeden Fall war von dringender Veraumln-derungsbereitschaft keine Rede Die Konkurrenz wurde verschont ndash scharf geschossen wurde nur intern In Einzelgespraumlchen gestand man sich jedoch ein dass es Probleme gab doch diese Ansaumltze versickerten im Treibsand der Selbstgefaumllligkeit Der Schul-dige war immer ein anderer ndash die Industrie die andere Abteilung oder der unfaumlhige Chef

Ohne Dringlichkeit wird es keine Kooperation geben Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um reine Uumlberzeugungsarbeit da Widerstand gegen Veraumlnderung ein ganz all-taumlgliches Phaumlnomen jedes Entwicklungsprozesses ist Wenn Mitarbeiter das Veraumlnde-rungsvorhaben nicht als sinnvoll erachten werden sie immer einen Weg finden ihre Energie nicht in die Initiative zu investieren

Kotter betont dass sowohl positive und negative Ereignisse als auch unternehmens-interne und -externe Gruumlnde den Anstoszlig geben koumlnnen Es geht darum die Krise sichtbar zu machen So koumlnnten finanzielle Verluste zugelassen die Zielvorgaben un-erreichbar erhoumlht oder externe Berater zur Uumlberbringung von Hiobsbotschaften genutzt werden

Im Ergebnis sollte bei rund 75 des Managements und im Grunde bei saumlmtlichen Fuumlh-rungskraumlften ein Leidensdruck spuumlrbar sein Wer bdquoChangeldquo wirklich als Chance sieht wird erkennen dass ein Veraumlnderungsprozess unumgaumlnglich ist

2 Eine Fuumlhrungskoalition aufbauen Auch wenn bekannte Unternehmenstransfor-mationen wie der Aufstieg der Supermarktkette Wal-Mart oder der Turnaround der IBM haumlufig mit einer einzigen Person in Verbindung gebracht werden (Sam Walton bzw Lou Gerstner) so waumlre es irrsinnig zu glauben dass Veraumlnderungen auf einen einzigen charismatischen Missionar an der Spitze der Organisation angewiesen sind Kotter stellt heraus dass kein Individuum in der Lage ist saumlmtliche Projekte einer Veraumlnderungsinitiative zu begleiten aufkommende Widerstaumlnde zu brechen und alle Beteiligten auf seine Vision der Zukunft einzuschwoumlren Worauf es ankommt ist eine schlagkraumlftige Mannschaft die das Moment des Wandels forciert Die Betonung liegt dabei auf bdquoschlagkraumlftigldquo denn die Empfehlungen einer nicht durchsetzungsfaumlhigen Team-Konstellation werden in jedem Fall auf taube Ohren stoszligen

21753 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

Die wesentlichen Kriterien fuumlr das die Veraumlnderung antreibende Team sind ausreichend hierarchische Bedeutung (Sind alle Personen beruumlcksichtigt die das Projekt zum Schei-tern bringen koumlnnen) hinlaumlngliche Expertise (Ist das Team fuumlr die anstehende Aufgabe angemessen kompetent und heterogen aufgestellt) genuumlgend Glaubwuumlrdigkeit (Sind die Beteiligten politisch relevant und akzeptiert) und schlieszliglich reichlich Leadership-Potenzial (Gibt es eine gesunde Mischung aus Managern die Plaumlne entwickeln und Leadern die ihre Visionen entfalten)

Kotter unterstreicht die Grundlage des Zusammenwirkens der aufgefuumlhrten Kriterien Vertrauen Mit Vertrauen kann eine Fuumlhrungskoalition funktionieren ndash ohne Vertrauen wird sie scheitern Um Vertrauen aufzubauen und ein Team zu bilden haben sich im Laufe der Jahre die sogenannten Off-Site-Veranstaltungen als wirksam herauskristalli-siert

So berichtet Kotter von einem Bereichsleiter der im Rahmen eines einwoumlchigen Tref-fens eine Gruppe von zehn Fuumlhrungskraumlften die im Zentrum des anstehenden Veraumln-derungsprozesses stehen werden zusammenschweiszligen moumlchte In den ersten 48 h lebt die Gruppe im Freien segelt oder geht beim Bergsteigen an die physischen Grenzen Nach diesem Kennenlernen verbringen sie die naumlchsten drei Tage in einem Hotel und erarbeiten in abwechselnden Gruppen Problemstellungen aus dem Arbeitsalltag Beim Abendessen tauscht man sich uumlber persoumlnliche Erfahrungen und Perspektiven aus Am Ende foumlrdert das verbesserte Beziehungsgefuumlge das auf aufgabenorientierter Zusam-menarbeit beruht den Vertrauenszuwachs und die gemeinsame Zielfindung auch im Unternehmensalltag

Die schlagkraumlftige Fuumlhrungskoalition besteht aus den richtigen Leuten wenn diese ein-ander vertrauen und auf ein gemeinsames Ziel hin arbeiten wollen

3 Vision und Strategie entwickeln Ein Beispiel aus der Publikation aus dem Jahre 1996 soll an dieser Stelle in eine Sportanalogie uumlbersetzt werden

Nehmen wir an eine Nationalmannschaft hat das Finale der Fuszligballweltmeisterschaft erreicht Es ist die Aufgabe des Kapitaumlns sein Team einzuheizen ndash er hat drei Optio-nen Erstens kann er sagen bdquoLos Jungs Lasst uns gewinnenldquo Als er die Umkleide-kabine verlaumlsst und nicht alle Mitspieler aufspringen bruumlllt er bdquoGewinnen habe ich gesagt und zwar JETZTldquo Eine zweite Variante waumlre bdquoJungs hier ist der Plan zum Sieg Wir werden unsere Stuumlrmer und unseren Zehner eng zusammen spielen lassen um die Halbraumlume offen zu lassen Um das Mittelfeldpressing des Gegners zu verhin-dern spielt unser Innenverteidiger den einlaufenden aumluszligeren Mittelfeldspieler an der von auszligen nach innen durchstartet und auf den mitlaufenden Sechser zuruumlcklegt Dann koumlnnen wir mit einem Pass in die Tiefe das Spiel aufbauen ndash wir gewinnen an Raumlumen und Ballbesitzhellipldquo Drittens koumlnnte der Kapitaumln sagen bdquoIn ein paar Minuten schaut uns die ganze Welt zu Warum Weil wir es verdient ins Finale geschafft haben Wir koumlnnen Geschichte schreiben ndash hier und jetzt Wollt ihr euren Enkelkindern spaumlter nicht stolz von heute Abend berichten Auf gehtrsquos lasst uns einfach Fuszligball spielenldquo

Kotter bezeichnet die erste und weit verbreitete Variante als autoritaumlre Fuumlhrung ndash die Zweite als Mikromanagement Diese Methoden funktionieren wenn bestehende Sys-

218 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

teme erhalten bleiben sollen Das ist nicht der Anspruch eines Veraumlnderungsprozesses Die dritte Variante dagegen entwirft ein Bild von der Zukunft ndash sie basiert auf einer Vision Dieses Vorgehen ist maumlchtig weil es Tausende einzelner Schritte in einer For-mulierung zusammenfasst weil es Menschen dazu ermutigt auch schmerzhafte Schritte zu gehen und weil das Vorgehen die Aktivitaumlten von (hier 11 Spielern) aumluszligerst effizient koordiniert

Als Charakteristika einer effektiven Vision zaumlhlt John Kotter sechs zentrale Punkte auf So muss die Vision vorstellbar erstrebenswert machbar fokussiert flexibel und kommunizierbar sein Wem es nicht gelingt seine Vision innerhalb von fuumlnf Minuten zu erklaumlren und dabei Neugier zu wecken sollte gewarnt sein

4 Die Vision des Wandels kommunizieren Die Groumlszlige dieser Aufgabe wird meist unter-schaumltzt Kotter erlaumlutert dies anhand eines simplen Rechenbeispiels

Die Intensitaumlt die einen Mitarbeiter in drei Monaten des Alltagsgeschaumlfts erreicht um-fasst 2300000 Woumlrter oder Zahlen Der typische Umfang der Kommunikation wo-durch die Vision des Wandels verbreitet werden soll belaumluft sich auf 13400 Woumlrter oder Zahlen Dies entspricht einer 30-minuumltigen Rede eines einstuumlndigen Meetings eines 600 Woumlrter umfassenden Artikels im internen Newsletter und eines 2000 Woumlrter fassenden Memorandums Damit macht die Kommunikation der Version gerade einmal 058 des Anteils der gesamten Kommunikation aus ndash zu wenig Kotter empfiehlt zur Loumlsung sieben Schluumlsselelemente zusammengesetzt aus einfacher Sprache Bild-sprache Abwechslung in der Wahl des Mediums insistierender Wiederholung der Bot-schaft Vorbildfunktion der relevanten Beteiligten Erlaumluterung von scheinbaren Un-stimmigkeiten sowie Houmlren und Zuhoumlren

Als besonders wirkungsvoll soll die Vorbildfunktion hervorgehoben werden Alfred Herrhausen ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank und Mitgruumlnder der ersten privaten Universitaumlt Deutschlands WittenHerdecke sagte einmal bdquoWir muumlssen das was wir denken sagen Wir muumlssen das was wir sagen tun Wir muumlssen das was wir tun dann auch seinldquo (Alfred Herrhausen Gesellschaft 2014) Wenn der CEO ein radikales Kostensenkungsprogramm ausruft und sein eigenes Buumlro fuumlr viel Geld reno-vieren laumlsst oder zu jedem internationalen Termin weiter First Class fliegt geht er mit keinem guten Beispiel voran ndash die Unterstuumltzung seiner Mitarbeiter ist damit verloren Wenn dagegen ein anderer CEO im Zuge einer Lean-Implementierung ein schlankes Unternehmen mit flachen Hierarchien verspricht zuallererst eine gesamte Hierarchie-ebene des mittleren Managements eliminiert und auf ein groszliges opulent ausgestattetes Buumlro verzichtet ist dies ein glaubwuumlrdiges Signal an die Basis ndash auch seine Mitarbeiter werden dann wenn es darauf ankommt bereit sein Opfer zu bringen Pragmatisch gesehen spricht man also von bdquowalk the talkldquo weil das was man macht ausschlagge-bender ist als das was man erzaumlhlt

5 Mitarbeiter auf breiter Basis befaumlhigen Veraumlnderungsprozesse muumlssen wie schon herausgestellt von mehr Personen geschultert werden als einem leidenschaftlichen und charismatischen Alphatier an der Spitze Es gilt die Belegschaft zu befaumlhigen die Vi-sion umzusetzen Kotter stellt heraus dass auch wenn ein Dringlichkeitsgefuumlhl eine

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starke Fuumlhrungskoalition und eine geeignete Vision gegeben sind es immer noch Hin-dernisse gibt So gilt es die Vision konterkarierende Strukturen zu beseitigen wie Fuumlh-rungskraumlfte die ihre Macht erhalten wollen oder siloartige Organisationsauspraumlgungen die das Leistungsvermoumlgen der Projektteams einschraumlnken Besonders bei strukturellen Barrieren liegt die Frustrationsgrenze der Mitarbeiter niedrig ndash eine kundenzentrierte Vision wird scheitern wenn die gegebene Infrastruktur der kundenunzentrierten Orga-nisation nicht geaumlndert wird

Ferner sind Defizite bei den erforderlichen Faumlhigkeiten fuumlr eine erfolgreiche Veraumlnde-rung zu kompensieren Wenn Menschen von heute auf morgen Gewohnheiten Denk-weisen und Einstellungen aumlndern sollen ist es nicht verwunderlich dass ein zweitauml-giges Training dazu nicht ausreichend ist Die neuen Strukturen leben nicht nur von technischen sondern auch sozialen Faumlhigkeiten Die Herausforderung ist es die richti-gen Lernerfahrungen im richtigen Umfang zum richtigen Zeitpunkt sicherzustellen

Weiter spricht Kotter davon die Systeme an die Vision anzupassen und versteht dar-unter in erster Linie das Personalmanagementsystem Die Leistungsbeurteilung Ent-lohnung Befoumlrderung und die Nachfolgeplanung muumlssen vollstaumlndig auf den Sinn und Zweck der Veraumlnderung ausgerichtet sein um diese wirksam zu unterstuumltzen

Schlieszliglich gilt es die Rolle der Vorgesetzten anzusprechen Wenn die Wellen des Wan-dels bis zur Tuumlr des Chefs spuumllen sich dann brechen und zuruumlck ins Meer flieszligen werden die Mitarbeiter zeitnah desillusioniert aufgeben Ein gezielter Dialog mit der-artigen blockierenden bdquoProblemfaumlllenldquo ist gemaumlszlig Kotter meist die beste Loumlsung Denn wer nichts unternimmt und versucht solche Personen mit enormem Aufwand durch die Transformation zu schleppen wird bald realisieren dass auch eine negative Vorbild-funktion enorme Strahlkraft besitzt Mitarbeiter die beobachten dass ihrem Vorgesetz-ten nicht die Stirn geboten wird sind schnell demotiviert

6 Schnelle Erfolge erzielen Veraumlnderungsprozesse sind Prozesse langfristiger Natur was unwiderruflich die Wichtigkeit von Teilerfolgen nach sich zieht Nichts motiviert mehr als der erfolgreiche Fortschritt der angestoszligenen Maszlignahmen ndash besonders zu Be-ginn Nach Kotter gilt es diese anfaumlnglichen Erfolge nicht abzuwarten sondern zu for-cieren Eine Abteilung in der die Kosten innerhalb des ersten Jahres signifikant redu-ziert werden koumlnnen oder eine Prozessoptimierung die fuumlr den Kunden zuumlgig sichtbar ist koumlnnen den Erfolg der gesamten Transformation positiv beeinflussen Diese bdquoQuick Winsldquo sollten sowohl sichtbar und eindeutig sein als auch in direktem Zusammenhang mit der Veraumlnderungsinitiative stehen und einer bestimmten Verantwortlichkeit unter-stehen Schnelle Erfolge unterliegen haumlufig dem Missverstaumlndnis dass sie nicht mit tiefgreifendem und langfristigem Wandel vereinbar sind Viele Manager befinden sich in diesem Glaubenssystem Wenn Veraumlnderungsprozesse Geduld erfordern sind kurz-fristige Erfolge problematisch Kotter widerspricht dieser weit verbreiteten Auffassung und fuumlhrt einige Gruumlnde auf warum schnelle Erfolge eine positive Rolle spielen

bdquoQuick Winsldquo beweisen zuumlgig dass es der finanzielle Aufwand und die Opfer zur Um-setzung der Veraumlnderungsmaszlignahmen wert sind ndash Kritikern wird der Wind aus den Segeln genommen Wenn sichtbare Erfolge vorliegen wird der Widerstand der Zyniker

220 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

bei der Wurzel gepackt Weiter bieten schnelle Erfolge Raum und Zeit das bisher Er-reichte zu feiern Die erfrischende Auswirkung auf Moral und Motivation der Betei-ligten ist nicht zu unterschaumltzen sondern zu nutzen Dieses positive Feedback eignet sich zusaumltzlich dafuumlr eine Feinabstimmung von Vision und Strategie vorzunehmen So koumlnnen Probleme fruumlher erkannt und die Ausrichtung der geplanten Maszlignahmen neu uumlberdacht werden Das Signal an die obersten Hierarchieebenen ist bei schnellen Er-folgen offensichtlich Es wird also nicht nur die Motivation der unmittelbar beteiligten Projektteams gestaumlrkt sondern auch die Unternehmensfuumlhrung gewinnt den Glauben an die Sache Grundsaumltzlich lassen sich nicht alle Zweifler uumlberzeugen aber echte Er-folgsgeschichten bauen das notwendige Momentum auf Die Dynamik wenn abwar-tende Beobachter des Veraumlnderungsprozesses zu uumlberzeugten Unterstuumltzern werden ist erfolgskritisch

7 Erfolge konsolidieren und weitere Veraumlnderungen einleiten Kotter argumentiert an dieser Stelle dass viele Veraumlnderungsprozesse ihre Zielvorgaben nicht erreichen da zu fruumlh vom Erfolg der Initiative gesprochen wird So fuumlhrt er das Scheitern etlicher Ver-aumlnderungsprojekte in einer amerikanischen Bank auf das zu ausgiebig gefeierte Bankett zum alljaumlhrlichen Management Meeting zuruumlck Die Top 100 Manager wurden auf-wendig geehrt es wurde heroisch von den Errungenschaften gesprochen waumlhrenddes-sen man in luxurioumlsen Raumlumlichkeiten dinierte und einem beruumlhmten Saumlnger lauschte Obwohl dem CEO sicherlich bewusst war dass viel mehr Einsatz notwendig war um die Transformation abzuschlieszligen wollte er seinen Managern aufrichtig danken und das Erreichte gebuumlhrend feiern um sie zu motivieren Die Botschaft war aber kontra-produktiv denn Erfolg macht selbstgefaumlllig und traumlge ndash erst recht wenn er ausufernd zelebriert wird In den folgenden Jahren wurden Initiativen gestoppt finale Phasen von Restrukturierungsprozessen verschoben und anstehende Aufgaben ignoriert ndash Zweifel uumlber die vereinbarte Vorgehensweise machte sich breit

Damit sich der Wandel tiefgreifend entfalten kann muumlssen in dieser Phase entschei-dende Impulse gesetzt werden Die durch die erzielten bdquoQuick Winsldquo entstandene Aufbruchsstimmung ist fuumlr den Start von groumlszligeren Veraumlnderungen zu nutzen ndash mehr Wandel nicht weniger Zusaumltzliche frische Kraumlfte sind in den Fortschritt der Prozesse zu integrieren und zu befoumlrdern sodass die Veraumlnderung auch von bdquountenldquo gefoumlrdert wird Das Topmanagement hat die Dringlichkeit zur Erreichung der ausgerufenen Ziele aufrechtzuerhalten um zu verhindern dass sich gewohnte Verhaltensweisen wieder einpendeln

8 Neue Ansaumltze in der Kultur verankern Die Kultur eines Unternehmens bestimmt die Art und Weise der Wertschoumlpfung Der Begriff Kultur fasst Verhaltensnormen ndash vorherrschende Handlungsweisen ndash und gemeinsame Werte zusammen Wenn sich die (noch jungen) Manager eines Unternehmens beim Treppenlaufen alle am Handlauf festhalten manifestiert sich die durch das Produkt gepraumlgte Kultur Seit je her stellt das Unternehmen Sprengstoff her ndash Sicherheit wurde in der hundertjaumlhrigen Geschichte zur Obsession Wenn sich Mitarbeiter in einem anderen Unternehmen welches sich als zu-kunftsorientiert und innovativ beschreibt kennenlernen und umgehend nach der Person

22153 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

erkundigen an die der andere berichtet wird die Bedeutung von Hierarchie und Macht in der Kultur deutlich ndash als Auszligenstehender erkennt man schnell dass die Organisation wie eine Armee funktioniert

Neue Arbeitsweisen und Verhaltensmuster die sich aus einer Veraumlnderungsinitiative entwickeln muumlssen in der vorhandenen Kultur verankert werden ndash sonst wird nachhal-tige Veraumlnderung unerreichbar bleiben Um diesen tiefen Eingriff zu ermoumlglichen soll-ten die meisten Umgestaltungen von Normen und Werten zum Ende des Wandlungs-prozesses stattfinden ndash ein aumlhnliches Unterfangen in Phase 1 ist nach Kotter aufgrund der Komplexitaumlt des Gegenstandes zum Scheitern verurteilt Dies liegt auch daran dass sich neue Handlungsweisen und Einstellungen vor dem Hintergrund bewaumlhrter Me-thoden im Unternehmen erst einmal beweisen muumlssen Erfolgskritisch ist schlieszliglich dass bei Befoumlrderungsmaszlignahmen und Neueinstellungen entsprechend der veraumlnderten Unternehmenskultur entschieden wird Im Ernstfall sind gewisse Schluumlsselspieler aus-zutauschen

Wandel herbeizufuumlhren ist schwer Aus diesem Grund skizziert John Kotter nicht drei oder sechs sondern acht Stufen Veraumlnderung benoumltigt viel Zeit und ist auf das Wirken vieler Menschen angewiesen Kotters zeitloser Bestseller fuumlhrt das Gefuumlhl der Dringlichkeit den Aufbau einer Fuumlhrungskoalition die Entwicklung einer Vision und Strategie die Kom-munikation der entwickelten Version die Befaumlhigung der Mitarbeiter auf breiter Basis das Erzielen von schnellen Erfolgen die Konsolidierung der Erfolge und die Verankerung des Wandels in der Kultur als acht chronologische Schritte zur erfolgreichen Veraumlnderung einer Unternehmensorganisation auf

533 Die IBM Making-Change-Work-Studie (2008)

Die Studie (MCW-Studie) ermoumlglicht sowohl einen Ruumlckblick ndash wie erfolgreich setzten Unternehmen Veraumlnderungen um ndash als auch einen Ausblick ndash wie kann die Umsetzung ver-bessert werden Im Mittelpunkt stand die quantitative und qualitative Befragung von welt-weit 1500 Praktikern ndash wie Projektleiter Change-Manager und Projektsponsoren Aus-schlaggebend fuumlr die systematische Untersuchung war die Identifizierung des bdquoChange-Gapldquo im Zuge der IBM CEO Studie (CEO-Studie) Von 2006 bis 2008 verdreifachte sich der Anteil der CEOs der umfassende Veraumlnderungen in der Zukunft erwartete sich aber aufgrund von vergangenen Misserfolgen nicht imstande sah diese Herausforderung zu meistern ndash es teilten 22 der Befragten diese Befuumlrchtung Das Ziel der MCW-Studie war die Evaluierung von Erkenntnissen und Entwicklung von Handlungsempfehlungen wie das bdquoChange-Gapldquo die Umsetzungsluumlcke bei Veraumlnderungsprojekten zu schlieszligen sei

20 der 1500 befragten Change-Praktiker konnten von uumlberdurchschnittlich guten Projektergebnissen berichteten ndash 80 der Projektaktivitaumlten waren bei diesen sogenann-ten Change-Experten von Erfolg gekroumlnt d h die Ziele wurden innerhalb der Zeit- Bud-get- und Qualitaumltsanforderungen erfuumlllt Gleichzeitig konnten aber weitere 20 ndash die so-

222 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

genannten Change-Novizen ndash eine Erfolgsquote von nur 8 aufweisen Die ermittelte Diskrepanz ist enorm Ausgangspunkt der Studie war folglich die Frage wie das Ausmaszlig dieser Divergenz zustande kommen kann

Zur Klaumlrung dieser Frage wurden die groumlszligten Herausforderungen bei der Implemen-tierung von Veraumlnderungen identifiziert Abbildung 53 dokumentiert die entsprechende Auswertung und spricht eine eindeutige Sprache Die weichen Faktoren sind hart

Obwohl die Veraumlnderung von Geschaumlftsprozessen bedingt durch die Umsetzung neuer technologischer Implikationen an sich anspruchsvoll erscheint uumlberwiegt die Schwierig-keit bei weniger greifbaren Faktoren Die Veraumlnderung von Denkweisen Einstellungen

8

12

15

16

18

20

32

33

35

49

58Veraumlndern von Denkweisenund Einstellungen

Unternehmenskultur

Unterschaumltzung der Komplexitaumlt

Ressourcenknappheit

Mangelndes Committment deshoumlheren Managements

Mangelndes Change-Management-Know-how

Mangelnde Transparenz aufgrundfehlender oder falscher Informationen

Mangelnde Motivationder betroffenen Mitarbeiter

Veraumlndern von Prozessen

Veraumlndern von IT-Systemen

Technologische Barrieren

Weiche Faktoren

Harte Faktoren

Abb 53 Herausforderungen bei der Implementierung von Veraumlnderungen

22353 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

und der Unternehmenskultur ist demnach das Schluumlsselelement ndash dieses Ergebnis unter-streichen insbesondere die Uumlberlegungen des Kap 4

Die Quintessenz spiegelt sich auch in der Liste der kritischen Erfolgsfaktoren wider Wie in Abb 54 ersichtlich unterscheiden die Autoren der MCW-Studie wieder in har-te und weiche Faktoren Mit dem Zitat des ehemaligen IBM CEO Lou Gerstner (2003) bdquoCulture isnacutet just one aspect of the game it is the gameldquo hebt die Studie die Bedeutung von Soft Facts hervor Wenn die Unterstuumltzung durch das Topmanagement fast fuumlnf Mal wichtiger als eine finanzielle Anreizstruktur ist wird deutlich auf welche Maszlignahmen und Schritte innerhalb eines Veraumlnderungsprozesses besonders zu achten ist

Die Studie konsolidiert diese Ergebnisse und Erkenntnisse im sogenannten Change-Diamanten Darunter versteht sich die wirkungsvolle Zusammensetzung der Kernberei-che die den Change-Experten den uumlberdurchschnittlichen Erfolg mit Veraumlnderungen er-moumlglichen Diese positive Korrelation kennzeichnet vier Facetten des Diamanten Um die Umsetzungsluumlcke bei Veraumlnderungsprojekten zu schlieszligen und die Erfolgswahrscheinlich-keit zu erhoumlhen muumlssen alle vier Facetten zum Glaumlnzen gebracht werden (vgl Abb 55)

19

33

36

38

48

55

65

70

72

92Unterstuumltzung durch das Top -Management

Einbindung der Mitarbeiter

Ehrliche und rechtzeitige Kommunikation

Motivierende und veraumlnderungs-freundliche Unternehmenskultur

bdquoChange-Agentsldquo(Pioniere der Veraumlnderung)

Unterstuumltzung von Veraumlnderungen durch die Unternehmenskultur

Effiziente Schulungsprogramme

Neuausrichtung der Leistungsbewertung

Effiziente Organisationsstruktur

Finanzielle und sonstige Anreize

Weiche Faktoren

Harte Faktoren

Abb 54 Die Bedeutung von Soft Facts

224 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

1 Klares Bewusstsein ndash konkrete Maszlignahmen Es gilt sicherzustellen dass sich alle Stakeholder der anstehenden Herausforderung

bewusst sind und den damit verbundenen Aufwand anschlieszligend mit konkreten Maszlig-nahmen in Angriff nehmen

2 Standardisierte Methoden ndash solide Ergebnisse Es gilt die Veraumlnderungsmanagement-Aktivitaumlten an die Projektmanagement-Methodik

anzupassen um sie in der Organisation systematisch zu etablieren3 Konzentrierte Faumlhigkeiten ndash erfolgreiche Veraumlnderungen Es gilt Ressourcen optimal einzusetzen und Verantwortlichkeiten klar zu bestimmen

damit die jeweiligen Beteiligten Verantwortung uumlbernehmen koumlnnen um die Veraumlnde-rung aktiv zu gestalten

4 Gezielte Investitionen ndash Positive Wirkung Es gilt die ertragreichen Veraumlnderungsmanagementaktivitaumlten nicht nur grundsaumltzlich

sondern gezielt mit finanzieller Schlagkraft auszustatten

54 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

Nachdem die noch immer zeitgemaumlszligen Ansaumltze von Doppler und Lauterburg aus dem Jahr 1994 das Modell zur Darstellung sukzessiver Veraumlnderungsprozesse von Kotter (1996) und die in einer praxisnahen Studie erfasste Momentaufnahme durch die IBM (2008) einen aussagekraumlftigen Eindruck des Change Managements vermittelt haben soll im Wei-teren ein Einblick in die Praxis die praktische Tiefe dieses Kap 5 gewaumlhrleisten In diesem Zuge wird zunaumlchst die Six-Sigma-Implementierung eines franzoumlsischen Versicherungs-konzerns nachvollzogen um im Nachgang die fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative kritischen Change-Management-Faktoren zu identifizieren Es wird sich zeigen dass die

Gezielte Investitionen Positive Wirkung

Klares Bewusstsein Konkrete Maszlignahmen

Konzentrierte Faumlhigkeiten Erfolgreiche Veraumlnderungen

Standardisierte Methoden

Solide Ergebnisse

Abb 55 Der Change-Diamant

22554 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

neu gewonnen Erkenntnisse in jedem Fall sowohl inhaltlich als auch grafisch anschluss-faumlhig an die bereits ermittelten Erfolgsfaktoren aus Kap 4 sind

541 Unternehmensprofil

Die Axa SA (AXA) ist ein franzoumlsisches Unternehmen mit Hauptsitz in Paris und einer der groumlszligten internationalen Versicherungskonzerne und Kapitalverwalter fuumlr Privatper-sonen und Unternehmen der Welt4 Die Axa-Gruppe erwirtschaftet bei einem Umsatz von 901 Mrd euro einen Gewinn von 42 Mrd euro (Stand 2012) und ihre Geschaumlftstaumltig-keit beinhaltet bdquoVorsorge Vermoumlgensmanagement und Versicherungldquo der Kunden Dazu zaumlhlen Schadens- und Unfallversicherungen private Vorsorgeformen wie Lebens- und Krankenversicherungen betriebliche Altersvorsorgeloumlsungen sowie Vermoumlgensanlagen Das Portfolio richtet sich an Privatpersonen und Unternehmen Unter der Fuumlhrung des franzoumlsischen Gruumlnders Claude Beacutebeacutear reifte das Unternehmen von einer kleinen Ver-sicherung zu einem globalen Giganten mit Schwerpunkten in Westeuropa Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum Beacutebeacutears Motto kann durch bdquoThink global act localldquo kurz und buumlndig auf den Punkt gebracht werden Die Erfolgsgeschichte war gepraumlgt von Akquisitionen Im Jahr 2000 zog sich der Gruumlnder Beacutebeacutear aus der operativen Taumltigkeit zuruumlck sodass von da an Henri de Castries die Geschicke des Versicherungsunternehmens als CEO und Praumlsident leiten sollte Er initiierte die Fokussierung und geschickte Kon-solidierung der Geschaumlftstaumltigkeiten durch den Verkauf der amerikanischen Investment-bank DLJ an die Credit Suisse Weiter akquirierte er den Versicherer The Equitable und den Asset-Manager Sanford Bernstein in den USA die Versicherungskonkurrenz UAP in Frankreich die Guardian Royal Exchange in Groszligbritannien und den Lebensversicherer Nippon Dantai in Japan Des Weiteren richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Kernpro-zesse der Unternehmung ndash die strategische Planung des Unternehmens nahm einen hohen Stellenwert ein So wurde erstmals im Jahr 2000 die Kundenzufriedenheit der gesamten Unternehmensgruppe ermittelt ndash das Ergebnis war mehr als ernuumlchternd Fuumlr de Castries war klar dass sich die Wertschoumlpfung der 140000 Mitarbeiter in Zukunft grundlegend aumlndern muumlsse um wettbewerbsfaumlhig zu bleiben

542 Ausgangslage

Der aus der Automobilindustrie stammende Ford-Manager Claude Brunet wurde 2001 von de Castries in der Funktion als COO zu AXA geholt Seine Aufgabe war es die Kern-

4 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Baillot und Weeks (2009) erstellte Fallstudie bdquoAXA WAY The Pursuit Of Excellence Through Quality Serviceldquo des Internatio-nal Institute for Management Development der IMD Business School Lausanne Schweiz zuruumlck Zielgerichtete On- und Offline-recherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

226 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

funktionen und -prozesse quer durch die gesamte Wertschoumlpfung der Organisation auf Verbesserungspotenzial hin zu untersuchen Brunet hatte sich in seinem Berufsleben schon haumlufig gewundert wie die Produktivitaumltsunterschiede zwischen der Automobil- und der Finanzindustrie zustande kommen konnten Als ihm zu Beginn seiner Amtszeit als COO auffiel dass Prozesse mit einer Fehlerquote von 20 keine Seltenheit waren erklaumlrte sich einiges von selbst ndash das Service-Level und die Vertriebsleistung mussten schnell gestei-gert werden Brunet wies den CEO darauf hin dass wie in Abschn 2231 beschrieben die unregelmaumlszligige Performance ausschlaggebend fuumlr die Unzufriedenheit der Kunden war ndash der Kunde spuumlrt nicht den Durchschnitt der Performance sondern die Varianz Er war sich sicher dass eine systematische Prozessrestrukturierung fuumlr AXA unerlaumlsslich sei um die Zufriedenheit der Kunden so zu steigern dass sie dem Anspruch eines der groumlszligten Versicherer weltweit entspreche Zum ersten Mal fiel in diesem Zusammenhang auch das Stichwort einer bdquounternehmenskulturellen Veraumlnderungldquo

Daruumlber hinaus wurde der Beginn von de Castries Wirken als CEO erheblich durch die Vorkommnisse des 11 September 2001 in New York und Washington beeinflusst Die Erschuumltterung der globalen Wirtschaft hinterlieszlig auch im Versicherungswesen Spuren und fuumlhrte zu Zahlungsforderungen in Houmlhe von 70 Mrd US-Dollar und einem Umsatzruumlck-gang von ca 7 ndash die Axa-Gruppe sah sich einer Belastung von 550 Mio US-Dollar ausgesetzt Die gewohnte Reaktion auf dieses oumlkonomische Beben auf das niemand Ein-fluss nehmen und dessen Auspraumlgungen niemand abschaumltzen konnte war ein massives und flaumlchendeckendes Kostensenkungsprogramm nach dem bdquoRasenmaumlherprinzipldquo Das Unternehmensmotto bdquoThink global act localldquo welches sich in einer siloartigen und de-zentralisierten Organisationsstruktur manifestierte erschwerte dabei Brunets Aufgabe eine nachhaltige prozessorientierte Denk- und Arbeitsweise zu etablieren AXA funktio-nierte bis dato vertikal ndash die Zukunft lag jedoch in einer horizontalen Ausrichtung

Zuletzt ist die lange Historie an Unternehmensuumlbernahmen nicht zu vergessen De Castries Vorgaumlnger hinterlieszlig ein wild und schnell gewachsenes Alltagsgeschaumlft das durch diverse management- rechts- und integrationstechnische Probleme gepraumlgt war Die Schwierigkeit mit dieser expansiven Unternehmenspolitik und den folgenden Kon-sequenzen umzugehen wurde von Tag zu Tag kniffliger zumal das Wachstum des Unter-nehmens mittlerweile stagnierte

Unzufriedene Kunden wirtschaftliche Turbulenzen und die Tatsache dass der Konzern nicht aus einem Kollektiv bestand sondern sich uumlber die Addition von vielen kleinen Einzelteilen definierte ndash so laumlsst sich der Status quo im Jahr 2001 umreiszligen Der Konzern-umsatz belief sich auf rund 75 Mrd euro und das Unternehmen konnte einen Gewinn nach Steuern von 12 Mrd euro vorweisen Viele Topmanager der Versicherung waren zufrieden und in erster Linie stolz auf die erfolgreiche Wachstumsgeschichte und die internationale Relevanz des Unternehmens Nur wenige erkannten Defizite und waren uumlberzeugt dass wenn die Gruppe ihr globales Potenzial nicht zeitnah besser nutzte die Erfolgsgeschichte ein jaumlhes Ende finden koumlnnte

Es benoumltigte die Vision von Henri de Castries und die erfahrene Distanz zur Branche eines Claude Brunet um die aufgefuumlhrten Problemfelder im Zuge von bdquoAXA WAY ndash The

22754 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

Pursuit of Excellence Through Quality of Serviceldquo in Angriff zu nehmen ndash im Mittelpunkt stand von nun an die Kundennaumlhe und nicht wie zuvor die radikale Kostensenkung Die beiden hatten sich zum Ziel gesetzt den bdquoVirtuous Circle of Good Customer Serviceldquo mithilfe von Six Sigma zu perfektionieren Hohe Mitarbeitermotivation fuumlhrt demnach zu besserem Kundenservice und zufriedene Kunden sorgen fuumlr mehr Geschaumlfte indem sie beispielsweise AXA weiterempfehlen Erfolgreiche Geschaumlfte fuumlhren zur Optimierung des wettbewerbskritischen Jahresergebnisses wovon letztendlich der Mitarbeiter u a in Form eines sicheren Arbeitsplatzes wieder profitiert und die Motivation positiv beein-flusst wird Mit der daraus resultierenden Verbesserung des Kundenservice schlieszligt sich der Kreislauf Im Februar 2002 wurde AXA WAY im Rahmen eines Meetings der obersten 300 Manager durch Philippe Fort den Group Chief AXA WAY Officer ins Leben gerufen

543 Die Initiative

Claude Brunet war kein Novize in groszligangelegten Initiativen so eine wie sie bei AXA gestartet wurde Als er im Februar 2002 den 300 Topmanagern des Unternehmens AXA WAY praumlsentierte uumlberraschte es ihn nicht dass die meisten trotz ausfuumlhrlicher bereits bekannter Informationen keine Vorstellung davon hatten was die Substanz der Initiative ausmachen sollte Seine Rechnung fuumlr ein erfolgreiches Vorhaben war leicht nachzuvoll-ziehen

7 Unzufriedenheit + Vision + erste Erfolge gt Widerstand

Er identifizierte den konstruktiven Umgang mit Widerstaumlnden gegen die anstehende Ver-aumlnderung als seine Hauptaufgabe In anderen Worten bedeutete dies dass der Mehrwert der durch AXA WAY generiert wuumlrde die antizipierte Skepsis gegenuumlber den Neuheiten uumlberwiegen muumlsste Als Indikatoren fuumlr eine erfolgreiche Implementierung dienten

1 die Ausrichtung der Initiative an die Unternehmensstrategie2 eine heruntergebrochene und aussagekraumlftige Kosten-Nutzen-Analyse pro Projekt

(AXA Way Project Net Income ndash AWPNI)3 die Schulung von 1 der gesamten Arbeitskraumlfte zum Black Belt bis zum Jahr 20064 die Anzahl der abgeschlossenen Projekte

Es war wichtig dass AXA WAY stets ganz oben auf der Agenda stand ndash insbesondere bei den vierteljaumlhrlich stattfindenden Management-Meetings sollte der Initiativenfortschritt anhand der vier Indikatoren ermittelt werden um entsprechende strategische Maszlignahmen abzuleiten

Die Implementierung begann mit einer Pilotphase bei der sich zehn Geschaumlftseinhei-ten freiwillig fuumlr die ersten Six-Sigma-Projekte zur Verfuumlgung stellten Der Fokus lag auf der Generierung von bdquoQuick Winsldquo durch die bdquolow hanging fruitsldquo uumlberschaubarer

228 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Vorzeigeprozesse Fuumlr Fort als Initiativenleiter waren gerade in dieser Anfangsphase das Commitment des Topmanagements die Uumlbertragung von Verantwortung auf die beteilig-ten Mitarbeiter und klar definierbare und messbare Ziele wichtig Mit Beginn des Jahres 2003 wurde die Systematik auf alle Geschaumlftseinheiten ausgerollt Eine globale Entwick-lungsuumlberwachung und die Moumlglichkeit von bereits erfolgreich durchgefuumlhrten und do-kumentierten Piloten inhaltlich zu profitieren wurde etabliert

Brunet hatte die in 2001 begonnene Konstitution seines zehnkoumlpfigen Kernteams zum Beginn der Implementierung erfolgreich abgeschlossen Ausschlaggebend fuumlr die Wahl eines Kandidaten waren die Kriterien wie Six-Sigma-Erfahrung (i d R bei Ford und General Electric) Branchendistanz Lernfaumlhigkeit und eine gesunde Mischung aus In-spiration Uumlberzeugungskraft und Diplomatie ndash letztendlich suchte er nach potenziellen bdquopositive agents of changeldquo Wenn ein Top-Executive sich uumlber das strategische Vorhaben aumluszligerte wie bdquoSix Sigma kann ja gut fuumlr produzierende Unternehmen sein aber unser Ge-schaumlft ist sehr speziellldquo dann brauchte es belastbare Mitstreiter die bei der Belegschaft angehoumlrt und akzeptiert werden wuumlrden Diesen Anforderungen entsprechende Mitarbei-ter wurden als bdquoAXA WAY Leaderldquo jeder Geschaumlftseinheit zugewiesen Sie fungierten als Vermittler zwischen der Basisarbeit im Projekt und der Konzernfuumlhrung in direktem Austausch mit dem CEO de Castries

Brunet und Fort planten die Initiative in drei Phasen umzusetzen und orientierten sich dabei stark an der im Theorieteil dieses Buches beschriebenen Vorgehensweise des DMAIC-Zyklus Die zunaumlchst im Vordergrund stehende erste Phase (DMAIC Define ndash Measure ndash Analyse ndash Improve ndash Control) konzentrierte sich primaumlr auf die Verbesse-rung von bestehenden Prozessen ndash in Abb 216 wurde die Systematik bereits dargestellt Die zweite Phase legte den Schwerpunkt auf das Management von bestehenden Prozes-sen (DMO Define ndash Manage ndash Operate) Die dritte Phase legte das Augenmerk auf die Entwicklung von neuen Prozessen (DIDVO Define ndash Innovate ndash Design ndash Validate ndash Operate)

Zwischen 2003 und 2005 ndash unabhaumlngig von der jeweiligen Phase ndash wurde die interne Kommunikation umfangreich forciert Im Mittelpunkt stand die Botschaft was eine kun-denfokussierte und prozessorientierte Zukunft fuumlr die Organisation bedeutet Ausfuumlhrliche Kundenfeedbacks wurden in internen Magazinen und Newslettern prominent hervorgeho-ben Es sollte sich zeigen dass trotz des erheblichen Aufwandes das Verstaumlndnis und das Commitment der relevanten Manager stark voneinander abwich

544 Zwischenergebnis

Fort merkte fruumlh an dass etliche Manager die Dringlichkeit der Initiative nach wie vor nicht einsahen Es fehlte schlichtweg an Engagement Dies fuumlhrte dazu dass sobald der Black Belt seine Arbeit abgeschlossen hatte die Beteiligten schnell ihr Interesse an syste-matischer Prozessoptimierung verloren Selbst die zustaumlndigen Linienmanager schienen zu vergessen dass das bdquoCldquo im DMAIC-Zyklus fuumlr bdquoControlldquo steht Fuumlr viele war Six Sig-

22954 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

ma ein hochspezialisiertes Vorgehen womit sie sich nicht unbedingt auseinander setzen mussten Zuletzt haftete der Initiative die Stimmung der Kostensenkungen aus dem Kri-senjahr 2001 noch an ndash fuumlr viele war die damalige bdquoRasenmaumlheraktionldquo gleich bedeutend mit Six Sigma Aus AXA WAY wurde dann schnell bdquoAxe Awayldquo Dieses Anzeichen war eine eindeutiges Signal ndash Six Sigma war alles andere als ein Teil der Unternehmens-DNA

Bevor die Initiative in die zweite Phase uumlbergehen konnte beschaumlftigte das zentrale Team und die Personalabteilung von AXA ein anderes Problem Je mehr BBs ausgebildet wurden und kostbare praktische Erfahrung sammeln konnten desto intensiver waren die Versuche der Konkurrenz die jeweiligen aufstrebenden Projektmanager abzuwerben Um dem entgegenzuwirken wurde die bdquoAxa Way Charterldquo ein Vertrag mit starker psychologi-scher Wirkung zwischen der Versicherung und ihren BBs verfasst Der Deal war einfach Auf der einen Seite verpflichteten sich die BBs fuumlr mehr Training und langfristige Loyali-taumlt und auf der anderen Seite garantiert der Arbeitsgeber eine solide Karriereentwicklung im Unternehmen Es war also essenziell den Betroffenen nicht nur den sozialen Aufstieg im Rahmen der Initiative sondern auch eng verknuumlpft mit dem Konzern zu ermoumlglichen

Mit der Zeit wurden auch MBBs ausgebildet um umfangreichere Projekte die von mehreren BBs gesteuert wurden durchzufuumlhren CEO Henry de Castries war sich der Sym-bolik der Zertifizierungsfeiern bewusst und war stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Zum Ende des Jahres 2004 wurde die zweite Phase in sechs Pilotprojekten gestartet Der Schritt von DMAIC zu DMO fuumlhrte unweigerlich zu weniger bdquolow hanging fruitsldquo und zu mehr zeit- und lernaufwendigerem Prozessmanagement Die DMO-Phase beinhal-tete ein tieferes Verstaumlndnis in Form einer bdquoEnd-to-Endldquo-Darstellung der Geschaumlftstaumltig-keiten um die AXA-WAY-Vorgehensweise zu verankern

Ein paar Projektbeispiele die unternehmensweit kommuniziert wurden und die als Best-Practice-Beispiele dienten sollen an dieser Stelle auszugsweise aufgefuumlhrt werden

bull Die Versicherungsmakler in Frankreich profitierten von einem AXA-WAY-Projekt welches den Bearbeitungsprozess im Neukundengeschaumlft zum Inhalt hatte Nach er-folgreicher Projektdurchfuumlhrung dauerte das gesamte Prozedere nur noch 3 Tage Dar-aus resultierte eine Verbesserung der Motivation in den Maklerteams die Zufriedenheit der Makler stieg um 17 und der Auftragseingang von Neukunden um 14

bull Die Gesundheitsversicherungssparte aus Groszligbritannien meldete Probleme bei der Akquise von privaten Kunden Der bisherige Prozess bestand aus der Kontaktaufnah-me der spezifischen Datensammlung einer detaillierten Risikouumlberpruumlfung und dem Versand eines Willkommenspakets inklusive eines Angebotes welches unterschrieben zuruumlckgeschickt werden musste Zeitlicher Aufwand 40 Tage AXA WAY vereinfachte den Prozess durch die Anwendung von automatisierten IT-gestuumltzten Prozessen signi-fikant Die Dauer des Prozesses wurde um 25 reduziert und die Umsaumltze stiegen um 30 15 aller Angebote erfolgten papierlos und nahmen 8 Tage fuumlr den gesamten Prozess in Anspruch

bull Die deutsche Tochter des AXA-Konzerns war der Meinung dass die Qualitaumltsverbes-serungen fuumlr den Kunden spuumlrbar sein muumlssten Unter dieser Praumlmisse wurden rund

230 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

40 Kernprozesse des Vertriebs und Marketings auf Verbesserungspotenziale hin unter-sucht Das Ergebnis war dass ein neues Versicherungsprodukt mit dem Serviceverspre-chen dass alle Antragstellungen innerhalb von 24 h bearbeitet werden lanciert werden konnte Das Feedback des Kunden war eindeutig Die schnelle Bearbeitung war das kaufentscheidende Alleinstellungsmerkmal Schon nach einigen Monaten verdoppelte sich die Anzahl der neuen Antraumlge

Bis Mai 2005 wurden 90 des Konzernumsatzes durch Geschaumlftsbereiche generiert die AXA WAY implementiert hatten 400 Projekte wurden abgeschlossen und 400 weitere befanden sich noch mitten in der Projektarbeit Es wurden bis dahin 330 BBs (04 der Belegschaft) ausgebildet und 6000 Mitarbeiter hatten bis zu diesem Zeitpunkt an AXA-WAY-Schulungen teilgenommen 125 Mio euro an AXA WAY Project Net Income (AWPNI) waren bis dahin vorzuweisen und das Jahr 2005 sollte weitere 160 Mio euro einsparen Die Kundenzufriedenheit stieg allein zwischen 2004 und 2005 von 68 auf 76 Fuumlr die Initiatoren von Six Sigma waren diese Anzeichen eine Genugtuung Kunden nicht nur zufriedenzustellen sondern zu begeistern ndash Six Sigma konnte bis dato zumindest aus Sicht dieser Momentaufnahme das Leistungsversprechen halten

545 Fazit

Nicht zu vernachlaumlssigen ist unter dem Strich der durch die Implementierung bedingte Aufwand Auch Fort war sich sicher dass Operational-Excellence-Bemuumlhungen keine Selbstlaumlufer sind Trotz etlicher Erfolgsgeschichten aus dem Hause AXA sind zahlreiche Baustellen zu identifizieren

So wurde die Verwendung der Six-Sigma-Sprache von Anfang an intensiviert Nicht nur bei Immigranten ist die Sprache der kritischste Aspekt fuumlr eine erfolgreiche Assimi-lation an neue Kulturkreise ndash ohne eine gemeinsame Sprache kann man nicht zusammen-leben geschweige denn gemeinsam arbeiten Es stellte sich jedoch heraus dass es ein schmaler Grat war eine neue Sprachwelt zu verinnerlichen ohne von einem exzessiven Gebrauch methodisch gepraumlgter Fachbegriffe abgeschreckt zu werden ndash Feingefuumlhl in der Form und im Umfang der Kommunikation ist gefragt

Gleichzeitig taten sich hochrangige Manager mit Projekten schwer die auf eine mitt-lere bis lange Perspektive ausgelegt waren Von auf Bauchgefuumlhl und Geschaumlftsintuition beruhenden bdquoAbkuumlrzungenldquo bei der Umsetzung der DMAIC-Zyklen ist aus Six-Sigma-Sicht abzusehen ndash dies widerspricht aber haumlufig der gewohnten Entscheidungsfindung von erfahrenen Managern Besonders dann wenn das Ergebnis eines Projektes die Vermutung des jeweiligen Managers bestaumltigte wurde es fuumlr die Zukunft immer schwerer die Grund-idee von Six Sigma ndash eine auf Daten und Analysen gestuumltzte Prozessverbesserung ndash zu verinnerlichen Durchsetzungsvermoumlgen und Ausdauer waren gefragt

Auch wenn die Generierung von bdquoQuick Winsldquo erfolgreich und zeitnah erfolgte wunderten sich manche Manager dass dies nicht umgehend in Zahlen der Kundenzu-

23154 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

friedenheit abzubilden war Brunet erlaumluterte immer wieder aufs Neue dass dies nichts Ungewoumlhnliches sei Denn entweder waren so fruumlh keine ausreichend repraumlsentativen Datensaumltze vorhanden oder die ersten Projekte loumlsten eher akute Probleme ndash in Form von bdquoFeuerwehreinsaumltzenldquo ndash als dass sie sich auf die langfristige Bindung von Kunden an das Unternehmen konzentrierten Fuumlr eine realistische Erwartungshaltung der Betroffenen zu sorgen sei wichtig

Auch wenn es sich bei diesen Baustellen um reparable Beeintraumlchtigungen handelte so fuumlhrten viele davon in der Summe irgendwann zu einem irreparablen Schaden Im Mai 2005 forcierte CEO Henri de Castries die Zielerreichung von AXA WAY bei einem Meeting der Topmanager und formulierte seine Vision bdquoAmbition 2012ldquo ndash um AXA an die Spitze der Versicherungen zu bringen Was hinsichtlich dieser Zielsetzung den Unter-schied zur Konkurrenz ausmachte war eine klare Differenzierung durch die Qualitaumlt der Kundenbeziehung Stellschrauben dafuumlr waren seiner Einschaumltzung nach eine fehlerfreie Beratung passende Loumlsungen die Faumlhigkeit auf Leistungsversprechen zuverlaumlssig Ta-ten folgen zu lassen und die Liefertreue einzuhalten Die Mitarbeiter fungierten dabei als wichtigster Treiber und sollten durch aussichtsreiche Karrierepotenziale das Uumlbernehmen von Verantwortung und ausgesprochene Anerkennung motiviert werden Durch die Schaf-fung von Transparenz sollte das Vertrauen der Aktionaumlre ausgebaut werden Trotz erfreu-licher Projektergebnisse in den ersten vier Jahren der Initiative musste die Infrastruktur der Initiative dafuumlr in Zukunft einen staumlrkeren Einfluss auf die Aufbauorganisation des Konzerns haben ndash die Silostrukturen waren nach wie vor zu stark ausgepraumlgt und der Kundenfokus ndash als houmlchstes Gebot ndash zu haumlufig nicht verinnerlicht Den Initiatoren der Six-Sigma-Implementierung war klar dass dieses Defizit die Intensivierung der Change-Management-Maszlignahmen nach sich ziehen wuumlrde

Terry Leahy der von 1997 bis 2011 CEO des britischen Einzelhaumlndlers Tesco war bezifferte den Zeitraum den das Unternehmen fuumlr die vollstaumlndige Ausrichtung auf den Kunden benoumltigten wuumlrde auf zehn Jahre British Airways benoumltigte Ende des letzten Jahrtausends einen aumlhnlichen Zeitraum um eine kundenfreundliche Service-Kultur zu eta-blieren ndash und deutlich weniger Zeit um den erarbeiteten Ruf wieder zu zerstoumlren Unter Beruumlcksichtigung dieses Zeithorizonts fuumlr eine realistische Kulturveraumlnderung befand sich AXA 2005 auf der Haumllfte der Strecke Wie sah dies im Jahr 2013 aus

Im Jahr 2012 beschaumlftigte der Konzern rund 20000 Mitarbeiter mehr (163000) er-wirtschaftete mit 102 Mio Kunden in 57 Laumlndern einen Umsatz von knapp uumlber 90 Mrd euro (im Vergleich zu 75 Mrd euro Jahr 2001) und stritt sich mit der deutschen Allianz um die Vorherrschaft am Markt Die Jahre seit 2008 haben gezeigt dass der Konzern eher Krisen-stabil aufgestellt ist Auch wenn es aufgrund von Sanierungsmaszlignahmen finanzielle Ein-schnitte gab so ist die Situation fuumlr den franzoumlsischen Konzern nie kritisch gewesen ndash an-ders ist es dagegen beispielsweise beim italienischen Konkurrenten Generali Es laumlsst sich schwer ermitteln welchen Beitrag die Six-Sigma-Methodik im Detail leistet ndash hinsichtlich des Leistungsvermoumlgens der Operational-Excellence-Bemuumlhungen bewahrt der Konzern Stillschweigen Es laumlsst sich aber festhalten dass die Implementierung von AXA WAY Spuren hinterlassen hat Die Kundennaumlhe ist heute immer noch entscheidend und opera-

232 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

tive Exzellenz und die Einbeziehung der Mitarbeiter sind nach wie vor essenziell ndash und das ganz offiziell Es spiegelt sich deutlich in der Auszligendarstellung des Konzerns wider bdquoUnsere Strategie vereinbart internes und externes Wachstum um die Herausforderung der operativen Exzellenz in folgenden Bereichen anzunehmen Produktinnovation Kern-geschaumlftsgutachten (Abschluss Schadensbearbeitung und -abwicklung) Vertrieb Dienst-leistungsqualitaumlt und Produktivitaumlt Alle Mitarbeiter der Gruppe sind Akteure der opera-tiven Exzellenz und werden in dieser Vorgehensweise von dem AXA Way Programm fuumlr staumlndige Prozessverbesserung unterstuumltzt Durch die Hebelwirkung der Zugehoumlrigkeit zu einer Gruppe setzen die 174935 Maumlnner und Frauen die AXA darstellen diese auf unse-re Werte und Verpflichtungen fundierte Strategie umldquo (Baillot und Weeks 2009)

Auch nachdem Claude Brunet aufgrund personeller Umstrukturierungen im Konzern 2010 wieder in die Automobilindustrie zuruumlckkehrte steht Henri de Castries immer noch in der ersten Reihe und predigt den Grundgedanken von Six Sigma Um in schwierigen Zeiten wettbewerbsfaumlhig zu bleiben muss sich gemaumlszlig de Castries ein Unternehmen erst recht staumlrker auf seine Kunden einstellen und transparenter werden ndash das Personalma-nagement ist der kritische Erfolgsfaktor Auch heute noch werden in Stellenausschreibun-gen angehende Black Belts gesucht die das Prozessmanagementteam dabei unterstuumltzen sollen das Zusammenspiel des bdquoAxa-Motorsldquo zu optimieren und die Aufbauorganisation unter Effizienzgesichtspunkten zu untersuchen

Wenn man in turbulenten Jahren nur uumlber finanzielle Ziele nachdenkt ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht ndash der Wettbewerbsvorteil liegt aber im Management des Menschen (vgl de Castries 2009) Seit der Ernennung Henri de Castries zum CEO im Jahr 2000 ist diese Auffassung die mitunter wichtigste Konstante in der Wertschoumlpfung des Versicherers

55 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Die Ausfuumlhrungen machen deutlich So wie Operational Excellence mehr ist als die technokratische Umsetzung einer Methodik ist auch Change Management mehr als die sorgfaumlltige Strukturierung und Abarbeitung eines Kommunikationsplans Zusaumltzlich wird unmissverstaumlndlich klar dass die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Initiative auf den Menschen als Motor von Veraumlnderungen angewiesen ist (damit kommt es auf die genaue Dosierung von Motoroumll an) Die Ursachen fuumlr einen Kolbenfresser bei einem Verbren-nungsmotor sind die uumlberhoumlhten Temperaturunterschiede zwischen Kolben und Zylinder mangelnde oder falsche Schmierung und Konstruktionsfehler bei der Herstellung oder Wartung Zur Gewaumlhrleistung eines funktionsfaumlhigen Zusammenspiels zwischen Metho-dik und Mensch ndash bzw Unternehmen und Mitarbeiter ndash ist es die Aufgabe des Change Managements Temperaturunterschiede auszugleichen die Feinmechanik zu schmieren und Konstruktionsfehler rechtzeitig zu erkennen Verschiedene Ansaumltze wie dies vonstat-tengehen soll wurden sowohl praxisorientiert als auch theoriebasiert dargestellt

23355 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Die Schlussfolgerung darf nicht lauten Auf jede strategische Initiative muss man einen Haufen Change-Berater loslassen Im Ergebnis wuumlrden sich fragmentierte Change-Ak-tivitaumlten punktuell auswirken ndash hier mal mehr und dort mal weniger Solange es auf der einen Seite das Lager der Operational-Excellence-Berater und auf der anderen Seite das der Change-Berater gibt sind Reibung und Verschleiszlig vorprogrammiert Das Stichwort an dieser Stelle ist bdquoEmbedded Changeldquo ndash die Trennung zwischen operativem Management und Change Management ist in der Praxis kuumlnstlich ndash beides muss Hand in Hand gehen Die Schlussfolgerung muss daher lauten Jede strategische Initiative sollte von Experten gefuumlhrt werden die die methodischen Anforderungen sowohl der Operational Excellence als auch des Change Managements erfuumlllen Aus diesem Grund lassen bereits die in Kap 4 diskutierten Erfolgsfaktoren der Operational Excellence zahlreiche Change-Aspekte die in Kap 5 deutlich werden durchschimmern

Wenn Doppler und Lauterburg die Bedeutung des bdquoLernen Sicherstellenldquo fuumlr einen er-folgreichen Unternehmenswandel hervorheben liegt dies in der Natur einer strategischen Initiative wie der Operational Excellence die auf den Ausbau der Mitarbeiterfaumlhigkeiten ausgelegt ist In Zusammenhang mit bdquoRichtige Projekte machen ndash Projekte richtig ma-chenldquo wurde auf die Sicherstellung des Wissenstransfers auf den Prozesseigner und auf die Relevanz des Auf- und Ausbaus der methodischen Expertise hingewiesen

Wenn CEO Henri de Castries die Vision bdquoAmbition 2012ldquo formuliert ist das nicht zwangslaumlufig auf eine Change-Management-Maszlignahme zuruumlckzufuumlhren die sich auf den dritten Schritt von Kotter (Vision und Strategie entwickeln) bezieht Schon das Leistungs-versprechen der Six-Sigma-Methodologie verlangt einen langen Atem wodurch die Ge-staltung eines langfristigen und erstrebenswerten Zielzustandes unentbehrlich ist Auch bdquoVision und Commitment leben ndash Kommunikation etablierenldquo ist ein passendes Beispiel fuumlr einen Erfolgsfaktor der Methodik von Operational Excellence der sich mit Change-Inhalten uumlberschneidet

Eine absolut trennscharfe Darstellung von Erfolgsfaktoren der Operational-Excel-lence-Methodik und der Change-Management-Logik waumlre also vermessen Uumlberschnei-dungen lassen sich nicht vermeiden Viel bedeutender ist die Integration dieser Faktoren in das Alltagsgeschaumlft einer strategischen Initiative wie Lean Management Six Sigma oder Lean Sigma ndash da kann es nicht schaden wenn die wesentlichen Stellschrauben fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung mehrmals betont werden Im Folgenden werden also die fuumlr den Lebenszyklus einer Operational-Excellence-Initiative relevanten Change-Faktoren identi-fiziert und diskutiert Abb 56

551 Reflexion ermoumlglichen

5511 Was ist die QuintessenzReflexion bedeutet immer wieder neu nachzudenken und seine eigenen Entscheidungen infrage zu stellen Kann an der urspruumlnglichen Ausrichtung der Initiative festgehalten werden Sind die fuumlr den Fortschritt der Initiative zugrunde gelegten Praumlmissen und die

234 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

daraus abgeleiteten Maszlignahmen zu modifizieren Sind der eingeschlagene Weg und die beteiligten Personen noch immer die erfolgversprechendste Kombination Was sind die bdquoLessons Learnedldquo und was bedeuten sie fuumlr die Zukunft Fuumlr die nachhaltige Umsetzung von Operational Excellence ist es unentbehrlich dass die Entscheidungstraumlger diese Maszlig-nahmen des Korrektivs begleitender Reflexion fruumlhzeitig und regelmaumlszligig wagen

5512 Warum ist das erfolgskritischIn der Informatik spricht man von Reflexion wenn eine Software so programmiert wurde dass sie die eigene Struktur erkennen und wenn noumltig variieren kann Modifikation durch Introspektion Computer arbeiten in der Regel mit Informationsspeichern ndash den sogenann-ten RAM-Modulen In diesen Speichermodulen befindet sich ein Maschinencode der als reflexiv bezeichnet werden kann Dieser Maschinencode wird von einem Mikroprozessor ausgefuumlhrt und besitzt dabei die Eigenschaft seine Anweisungen wie Daten zu behandeln So ist er in der Lage seine eigene Struktur zu analysieren und zu veraumlndern In der Psy-chologie wuumlrde man einen solchen Prozess bdquoSelbstbeobachtungldquo und in der Philosophie bdquouumlberpruumlfendes Nachdenkenldquo nennen

Reflexion im Sinne der Entwicklung einer Operational-Excellence-Initiative ist als ver-gleichender Denkvorgang zu verstehen Doppler und Lauterburg (2008) erfassten diesen Aspekt mit der Grundsatzfrage bdquoWas ist losldquo ndash es ist die Pflicht bdquoimmer wieder neu nachzudenkenldquo Erkenntnisse uumlber Vergangenes sind zu gewinnen damit das zukuumlnftige Handeln der Initiative und die anstehenden Entscheidungen des Individuums maszliggeblich beeinflusst werden koumlnnen Dies erfordert die Faumlhigkeit sich mit neuen Rahmenbedin-gungen entsprechend konstruktiv und auf kritische Distanz auseinanderzusetzen Unter-nehmensfuumlhrern geht es wohl haumlufig wie Christoph Kolumbus der auf der Suche eines Seeweges nach Indien Amerika entdeckte Vieles kommt anders als erwartet Reflexion ist also als Lernprozess zu verstehen der bewusst etabliert und aktiv gelebt werden muss damit er einem selbst produzierten Spiegel aumlhnelt Die Organisation der Initiative und die

Operational-Excellence-Initiative

ERFOLGSFAKTOREN

Reflexion ermoumlglichen

Horizontal -spannung bewirken

Mitarbeiter befaumlhigen

Musterwechselzulassen

Oumllstand uumlberpruumlfen

Abb 56 Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Initiativen

23555 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Entscheidungstraumlger betrachten sich kritisch selbst was Anlass bietet sich weiter zu ent-wickeln Dies nimmt Zeit in Anspruch ndash die haumlrteste Waumlhrung unserer Gesellschaft Dabei soll nicht nur das Ausmerzen gemachter Fehler auf der Tagesordnung stehen sondern auch das was man erfolgreich im Projektalltag umgesetzt hat Wenn man nicht weiszlig was man gut macht wird man auch nicht erfahren warum man es gut macht Diese Erkenntnis ist von enormer Bedeutung um zum einen Staumlrken auszubauen und zum anderen Schwauml-chen zu kompensieren ndash sonst gleicht ein Projekterfolg einem Lottogewinn freudenreich aber nicht wiederholbar

So wie Kolumbus die Qualitaumlt seines Kartenmaterials und die seiner Seefahrerfaumlhig-keiten womoumlglich infrage stellte sollte ein vergleichender Denkvorgang die Struktur einer Initiative sichtbar machen Kann an der urspruumlnglichen Ausrichtung der Initiative festge-halten werden Sind die Variablen der Kosten-Nutzen-Analyse noch immer zeitgemaumlszlig Sind die fuumlr den Fortschritt der Initiative zugrunde gelegten Praumlmissen und die daraus ab-geleiteten Maszlignahmen zu modifizieren Sind der eingeschlagene Weg und die beteiligten Personen noch immer die erfolgversprechendste Kombination Schlieszliglich ergaumlnzt dieser Change-Faktor den ersten identifizierten Erfolgsfaktor aus Kap 4 (Initiative mit Organi-sation harmonisieren) um ein reflexives Moment Stehen die Ziele der Organisation nach wie vor im harmonischen Einklang mit der betriebswirtschaftlichen und kulturellen An-schlussfaumlhigkeit der Methodik

Um in diesem Zusammenhang auf tragfaumlhige Ergebnisse zu bauen versteht man unter entsprechenden Reflexionsschleifen nicht das kollektive Philosophieren oder gegenseitige Schulterklopfen Das Grundgeruumlst muss auch Zahlen Daten und Fakten beinhalten ndash die Gespraumlchsgrundlage bildet also zu einen gewissen Maszlige das Initiativen-Controlling Das Ziel ist es eine notwendige kritische Distanz zum Betrachtungsgegenstand herzustellen Harte Zahlen Daten und Fakten koumlnnen bei der kritischen Objektivierbarkeit helfen Ge-nauso sollten die beteiligten Personen nicht alle Insider sein ndash Michael McCain engagierte nicht grundlos einen bdquofachfremdenldquo Vice President of Six Sigma Um die Wirksamkeit der Analyse und Interpretation zu erhoumlhen ist zusaumltzlich eine externe Unterstuumltzung sinnvoll So kann eher verhindert werden dass sich die Beteiligten in Dunstwolken von Endlos-schleifen uumlber gegenseitige Schuldzuweisungen und persoumlnliche Befindlichkeiten strei-ten Die MCW-Studie der IBM (2008) macht diesen Punkt unter bdquoKlares Bewusstseinldquo greifbar Da die Arbeit in Workshops Projektteams und Werkstattkreisen mittlerweile sehr weit verbreitet ist sollte auf professionelle Moderatoren-Expertise zuruumlckgegriffen wer-den Je groumlszliger der Kreis der Beteiligten desto dringlicher ist dieser Hinweis zu verstehen Im Idealfall werden die eigenen Mitarbeiter so berufsbegleitend zu Prozessmoderatoren ausgebildet dass man die Moderationskapazitaumlten intern zur Verfuumlgung stellen kann Das Know-how bliebe im eigenen Unternehmen Es ist jedoch zu beachten dass eine ent-sprechende Qualifikation dringend erforderlich und der damit einhergehende finanzielle zeitliche und geistige Aufwand nicht zu unterschaumltzen sind Wenn unerfahrene Mitarbeiter oder Fuumlhrungskraumlfte ihre Aufgabe als Moderator nur uumlber das Zuteilen von Wortmeldun-gen definieren kann dies die Initiative teuer zu stehen kommen

Change Management bedeutet immer erst Selbstveraumlnderung der beteiligten Entschei-dungstraumlger ndash diese Einsicht ist in der Praxis noch nicht weit verbreitet (vgl Wimmer

236 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

2004 S 36) Die Bedeutung der dazu zu erfuumlllenden Grundvoraussetzung soll dieser Teilabschnitt skizzieren Reflexion ermoumlglicht seinen blinden Fleck den der Mensch von Natur aus ignoriert wahrzunehmen Fuumlr die nachhaltige Umsetzung der Operational Ex-cellence ist es unentbehrlich diesen Schritt fruumlhzeitig und regelmaumlszligig zu wagen Ohne entsprechende Maszlignahmen des Korrektivs begleitender Reflexion steht die ergebnisorien-tierte Navigation der Initiative auf dem Spiel

552 Horizontalspannung sicherstellen

5521 Was ist die QuintessenzSeit etlichen Jahrzehnten steht die Einzelverantwortung des Mitarbeiters als Resultat der strengen Arbeitsteilung im Fokus von profitorientierten Wirtschaftsorganisationen Konkurrenz und nicht Kooperation beherrschen das Denken die Wege von bdquountenldquo nach bdquoobenldquo sind nicht nur lang sondern auch steil und die Basis der Mitarbeiter entfernt sich immer mehr vom Idealbild des unternehmerischen Arbeitsnehmers Kurz gesagt Auf-grund der funktions- also siloorientierten Arbeitsweise steht die Organisation in vertikaler Spannung Ein jeder bemuumlht sich um die Gunst des hierarchisch relevanten Vorgesetzten ndash der Blick auf die Nachbarabteilungen rechts und links wird vernachlaumlssigt Wo fruumlher und heute Arbeitsteilung Abgrenzung und Konkurrenz praumlgend waren und sind muumlssen in Zukunft Integration Kooperation und Vernetzung das Wachstum von Morgen gestal-ten ndash im Fokus dieser Horizontalspannung steht dabei immer der Kunde Es geht also um keine positionsorientierte sondern prozessorientierte Denkweise

5522 Warum ist das erfolgskritischZu Beginn des Buches wurden die sich immer staumlrker veraumlndernden Rahmenbedingungen unserer Umwelt identifiziert Gewaltige Innovationsspruumlnge in der Informationstechnolo-gie die Beschleunigung aller Geschaumlftsprozesse die finanzielle Gratwanderung mit glo-baler Dimension die Zunahme an Komplexitaumlt und schlieszliglich die Vernetzung am Markt Letzteres fasste der CEO eines indonesischen Telekommunikationsunternehmens im Unternehmensideal des bdquodigitalen Gepardsldquo (IBM CEO Study 2012 S 31) zusammen ndash schnell schlank und immer auf der Hut Doch diesem leistungsfaumlhigen Ideal entsprechen nicht viele Organisationen Um mit den zeitgenoumlssischen Treibern Schritt zu halten re-agierten viele Unternehmen zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfaumlhigkeit mit der Stei-gerung ihrer Binnenkomplexitaumlt (vgl Wimmer 2011 S 19 f) Vor lauter Internationalisie-rungsdynamiken Innovationszwaumlngen und gestiegenen internen und externen Abhaumlngig-keiten gleicht der Organisationszustand dem folgenden Bild Stellen Sie sich einen feinen Hausherren als Gastgeber vor der fuumlr seine Gaumlste ein fuumlnfgaumlngiges Dry-Aged-Beef-Menuuml vorbereitet gleichzeitig noch eine Rede schreibt um im selben Atemzug jeden einzelnen persoumlnlich mit einem Glas Champagner zu begruumlszligen Waumlhrend er mehrmals aufgeregt vor dem Spiegel die Form von Krawatte und Einstecktuch uumlberpruumlft wird der feine Haus-herr der Letzte sein der von dem Fleischverzicht seiner geladenen Gaumlste aufgrund des aktuellsten Fleischwarenskandals Wind bekommt ndash das Abstimmungsdefizit mit seiner

23755 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Umwelt ist abenteuerlich Das Spannungsverhaumlltnis auf horizontaler Ebene wird damit zum kritischen Erfolgsfaktor Was bedeutet das

Mercedes-Benz entfernte aufgrund der sorgfaumlltigen Six-Sigma-orientierten Erhebung der Kundenwuumlnsche 600 Funktionen aus seinen Modellen weil der Kunde sie nicht brauchte oder gar nicht wusste wie er sie verwenden sollte (vgl Amman 2004 S 16) Diese Fokussierung ist notwendig da auch qualitativ perfekte Waren und Dienstleistun-gen nur dann Absatz finden wenn der Kunde sie nachfragt

Ein fundamentaler Bestandteil der Operational-Excellence-Philosophie ist die Kunden-orientierung Die hier postulierte Horizontalspannung greift dies auf und beschreibt das Spannungsverhaumlltnis von auszligen nach innen Der Kunde definiert das Auszligenverhaumlltnis und die Organisation das Innenverhaumlltnis Warum ist es die Aufgabe von Change Management diese Spannung sicherzustellen Die Antwort ist einfach Weil es den Menschen betrifft Die Problematik zahlreicher feiner Hausherren (Unternehmen) ist bedingt durch das wirt-schaftliche Wachstum der letzten 60 Jahre historisch gewachsen was die Konsequenzen aber nicht schmaumllert

1 Im Vordergrund steht die Einzelverantwortung des Mitarbeiters als Resultat der stren-gen Arbeitsteilung Wie in Kap 4 schon erlaumlutert werden in der Folge notwendige Schritte zur Kooperation durch Konkurrenzgedanken im Keim erstickt

2 Die Wege von bdquountenldquo nach bdquoobenldquo sind nicht nur lang sondern auch steil Die Dis-krepanz von Informationen und Einfluss zwischen bdquountenldquo und bdquoobenldquo fuumlhrt dazu dass das persoumlnliche Engagement ndash dadurch auch das unternehmerische Handeln ndash nach oben hin zu und nach unten hin abnimmt Die Basis also die breite Masse entfernt sich eher vom Idealbild des unternehmerischen Arbeitnehmers

3 Anknuumlpfend an den letzten Punkt wird ersichtlich dass viele Organisationen in vertika-ler Spannung zwischen bdquoobenldquo und bdquountenldquo stehen Das Denken und Handeln in dyna-mischen Ablaumlufen wird durch das Denken in Machtsystemen und Positionen ndash statt in Aufgaben und Funktionen ndash verhindert Zu viele Fuumlhrungskraumlfte die ihre Existenz im jeweiligen Stab oder der jeweiligen Linie versuchen zu sichern behindern das Wert-schoumlpfen in Prozessketten Die Entwicklung der Organisation wird entschleunigt weil man vergisst von wem man lebt ndash die horizontale Perspektive gewinnt so unter keinen Umstaumlnden an Spannung

Dies zu aumlndern ist fuumlr die Ergebniswirksamkeit von Operational Excellence erfolgskri-tisch Wo fruumlher Informationen als Machtmittel verwendet wurden soll nun fruumlhzeitige Kommunikation partnerschaftliches Arbeiten ermoumlglichen Wo es fruumlher eine klare Ord-nung gab soll es heute sinnvolle Prozesse geben Wo fruumlher Arbeitsteilung Abgrenzung und Konkurrenz praumlgend waren sollen heute Integration Kooperation und Vernetzung das Wachstum von morgen gestalten Fuumlr diesen Wandel muss sich das Verhalten des Menschen aumlndern Gewohnte Strukturen muumlssen aufgegeben und kulturelle Gewohnhei-ten losgelassen werden ndash Doppler und Lauterburg (2008) lassen diesen Schluumlsselfaktor durch die Formulierung bdquoDenken in Prozessen ndash statt Strukturenldquo Gestalt annehmen

238 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Entsprechende Change-Management-Maszlignahmen haben die Organisation und ihre Mitarbeiter in diese Richtung zu fuumlhren und alle Hebel des Unternehmens in die gleiche Position zu legen Die Einstellung und das Verhalten der Fuumlhrungspersonen Technologie-strukturen Investition in das Personal Einfluss- und Kontrollmechanismen und die Orien-tierung des Belohnungskonzeptes muumlssen alle auf die zentrale Bedeutung des Kunden horizontal ausgerichtet sein

Die Horizontalspannung hebt das Verhaumlltnis zwischen Kunde und Unternehmen hervor und greift damit die methodische DNA der Operational Excellence auf Fuumlr die meisten Organisationen ist das in dieser Dimension Neuland und erfordert deshalb ein grundsaumltz-liches Umdenken in den Koumlpfen der Betroffenen Entsprechende Change-Management-Ansaumltze helfen die Dringlichkeit dieses Aspektes aufrechtzuerhalten und akzelerieren die Wirkungsfaumlhigkeit der Initiative

553 Mitarbeiter befaumlhigen

5531 Was ist die QuintessenzOperational Excellence bricht mit der gewohnten Routine der Beteiligten Wer gestern durch Bauchentscheidungen strategische Maszlignahmen eingeleitet hat wird morgen mit einer zahlen- daten- und faktenbasierten Herangehensweise seine Probleme haben Die Veraumlnderung von Verhalten und Einstellung zu ermoumlglichen ist die mitunter groumlszligte He-rausforderung einer wirksamen Operational-Excellence-Initiative Wichtig zu verstehen ist dass Veraumlnderung eine Tuumlr ist und bleibt die nur von innen geoumlffnet werden kann Das Management der Methodik ist wichtig ndash das Management des Menschen ein Muss Um die Mitarbeiter und damit auch die Initiative nicht zu verlieren muumlssen Antworten auf die persoumlnlichen Fragen der Betroffenen gefunden werden Bin ich der neuen Arbeitssituation fachlich und persoumlnlich gewachsen Muss ich in Zukunft mit mir unsympathischen Men-schen arbeiten Welche Auswirkung hat diese Initiative auf meine Karriere Wenn dies nicht geschieht werden die Mitarbeiter nicht faumlhig sein die anstehenden Veraumlnderungen mitzutragen

5532 Warum ist das erfolgskritischVerschraumlnken Sie fuumlr einen Moment Ihre Finger ineinander als ob Sie beten Warten Sie ein paar Augenblicke ab und wechseln dann den unteren Daumen nach oben Irgendetwas fuumlhlt sich falsch an richtig

Unser Gehirn bemuumlht sich so viele Aktivitaumlten wie moumlglich in Routinen zu uumlbersetzen Fast 50 unserer Handlungen im Alltag werden unbewusst ausgefuumlhrt (vgl Hartmann-Wolff 2013) Das ist per se nicht schlecht denn so spart der Mensch Hirnkapazitaumlten und waumlhnt sich in Sicherheit Das Schwierige an diesem Energiesparprogramm ist es routi-nierte Gewohnheiten abzulegen Jeder kennt wohl die Situation im britischen Linksver-kehr wenn an Stelle des Blinkers der Scheibenwischer ausgeloumlst wird Es braucht einige Kilometer um sich an den ungewohnten Mechanismus anzupassen Warum neigt jedoch der Mensch dazu sich vehement gegen Veraumlnderungen zu wehren Der befuumlrchtete Ver-

23955 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

lust des Gewohnten wiegt schwerer als die Aussicht auf einen moumlglichen Gewinn Das ist psychologische Realitaumlt Spannend wird es aber wenn man sich erst einmal an das Neue gewoumlhnt hat Wer die positiven Konsequenzen von koumlrperlicher Ertuumlchtigung erlebt hat dem geht es moumlglicherweise aumlhnlich wie jemandem der seinen Wohnort wechseln muss-te Hat man sich an das Neue inklusive der Vorteile gewoumlhnt moumlchte man es nicht mehr hergeben ndash ein neuer Maszligstab wurde etabliert Was bedeutet dies fuumlr die Implementierung einer Operational-Excellence-Initiative

bull Operational Excellence bricht mit der gewohnten Routine der Beteiligten Wenn gestern durch Bauchentscheidungen strategische Maszlignahmen eingeleitet wurden oder der Kunde in der Vergangenheit als diffuses unkalkulierbares Etwas wahrgenommen wurde dann handelt es sich um eine grundlegende Veraumlnderung der Arbeitseinstellung um morgen operative Exzellenz erreichen zu koumlnnen Im Fokus muss dabei immer die menschliche Komponente von Veraumlnderungen stehen denn der einzelne Mitarbeiter stellt sich viel persoumlnlichere Fragen Was ist das Ziel der Initiative ndash ist das Ziel fuumlr mich plausibel Ist diese Sache wirklich wichtig ndash besteht fuumlr mich die Gefahr des Ver-lustes von Entscheidungsbefugnissen Bin ich der neuen Arbeitssituation fachlich und persoumlnlich gewachsen Muss ich in Zukunft mit besonders schwierigen oder mir un-sympathischen Menschen arbeiten Muss ich finanzielle Nachteile erwarten Welche Auswirkung hat dieses Vorhaben auf meine Karriere Ist mein Arbeitsplatz sicher Der befuumlrchtete Verlust des Gewohnten wiegt schwerer als die Aussicht auf einen moumlglichen Gewinn Um den moumlglichen Gewinn der Zukunft mit Operational Excellence hervorzu-heben muumlssen Antworten auf die persoumlnlichen Fragen der Mitarbeiter gefunden werden Es ist die Aufgabe der fuumlhrenden Kraumlfte der Initiative ihren Mitarbeitern zuzuhoumlren

bull Veraumlnderung ist und bleibt eine Tuumlr die nur von innen geoumlffnet werden kann Die Veraumlnderung von Verhalten und Einstellung zu ermoumlglichen ist die mitunter groumlszligte Herausforderung einer wirksamen Operational-Excellence-Initiative Dazu gehoumlrt zum einen die Befaumlhigung zu einer sauberen fachlichen Vorgehensweise ndash dieser Faktor wur-de bereits mehrfach beschrieben ndash und zum anderen Zeit Beispielsweise etablierte Bru-net eine explizite GB-Ausbildung fuumlr die zukuumlnftigen Prozesseigner von AXA damit sie den fachlichen Anforderungen der bdquoControl-Phaseldquo des DMAIC-Zyklus gewachsen sein wuumlrden Dies gab ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen (oder auch Routine) was sich schlieszliglich positiv auf ihr Verhalten und damit auch auf die Verankerung der Ver-aumlnderung auswirkte Gestaumlrkte Beteiligte gewoumlhnen sich schneller an das Neue und staumlrken die Initiative von innen ndash dies ist essenziell fuumlr den Antrieb von Veraumlnderungen

Umfangreiche Transformationsprogramme sind dann entindividualisierend wenn nur die Initiative und nicht auch der Mensch gemanagt wird Fuumlr die Praxis bedeutet dies dass die Fragen der Betroffenen beantwortet werden und ihr Selbstbewusstsein gestaumlrkt wird Neben vielen bereits diskutierten Faumlhigkeiten der Fuumlhrungskraumlfte soll an dieser Stelle die Begrifflichkeit des qualifizierten Leidens geschaumlrft werden Qualifiziert Leiden heiszligt offene Ohren und ehrliches Verstaumlndnis fuumlr die Situation der Betroffenen zu haben Das ist nie leicht Es gilt Geduld mit Mitarbeitern zu haben deren Lebensumstaumlnde sich ra-

240 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

dikal aumlndern Ob es sich dabei um eine neue Taumltigkeit im Unternehmen handelt ndash distan-ziert vom gewohnten Umfeld in dem Kollegen zu Freunden wurden ndash oder um den im Extremfall nicht zu verhindernden Verlust des Arbeitsplatzes Wer sich als Fuumlhrungskraft unter Zeitdruck nur mit der Einhaltung der strategischen Meilensteine der Uumlberwachung der Leistungsindikatoren und der technisch einwandfreien methodischen Umsetzung beschaumlftigt managt die Initiative vergisst aber dabei seine Mitarbeiter an das Neue zu gewoumlhnen In der Konsequenz wird er uumlber wesentliche menschliche Beduumlrfnisse stolpern (z B informiert sein Arbeitsplatz bewahren Macht erhalten Finanzierung sichern) Qua-lifiziertes Leiden ist eine Charakterfrage Fuumlr Veraumlnderungen im Sinne einer Operational-Excellence-Initiative ist diese Faumlhigkeit mitentscheidend um Mitarbeiter zu erreichen Nur dann kann die Tuumlr zur Veraumlnderung von innen geoumlffnet werden um routinierte Ver-haltensweisen abzulegen

554 Musterwechsel zulassen

5541 Was ist die QuintessenzOrganisationen geraten im hektischen Konkurrenzkampf immer schneller an die Grenzen ihrer Wettbewerbsfaumlhigkeit Wenn das Bestehende kaum noch verbessert werden kann muss es grundsaumltzlich infrage gestellt werden Operational Excellence fuumlhrt bei konse-quenter Umsetzung zu bdquoPowershiftsldquo ndash die Realitaumlt wird infrage gestellt und etablierte Konzepte werden systematisch uumlber Board geworfen Es ist die Aufgabe des Change Ma-nagements diesen Musterwechsel einzuleiten und zu begleiten um Operational Excel-lence in den Grundfesten einer Organisation zu verankern

5542 Warum ist das erfolgskritisch1968 stellte der Amerikaner Richard Fosbury einen neuen Weltrekord im Hochsprung auf Schon als pfiffiger Schuljunge hatte der Student des Bauingenieurwesens entdeckt dass er durch die Senkung des Schwerpunktes bei gleichzeitiger Streckung des Koumlrpers houmlher springen konnte Nach dieser Technik laumluft der Leichtathlet eine Kurve dreht beim Ab-sprung und in der Steigphase den Rumpf und uumlberspringt die Latte ruumlckwaumlrts Die Skep-sis an dieser neuen Sprungvariante war groszlig da sie sich grundlegend von den bis dahin genutzten Sprungarten (Scherensprung Rollsprung oder Waumllzer) unterschied Fosbury jedoch gewann 1968 in Mexico-City mit einem Sprung uumlber 224 m Gold und etablierte den Fosbury-Flop als neuen Standard in seiner Disziplin Heute liegt der Weltrekord bei 245 m ndash gesprungen mit einem Fosbury-Flop (Vgl Bormann 2006)

Aumlhnliche Situationen treten im Unternehmenskontext immer haumlufiger auf Der Mehr-wert von bisherigen Verfahren und Methoden ist gegenuumlber der Konkurrenz ausgereizt und die Steigerung der Wettbewerbsfaumlhigkeit hat im Rahmen der vorherrschenden Auf-bau- und Ablauforganisation den Zenit erreicht ndash die Organisation stoumlszligt an Grenzen um die richtigen Projekte auch richtig zu machen In einem solchen Fall ist es an der Zeit nicht nur Bestehendes zu verbessern sondern das Bestehende grundsaumltzlich infrage zu

24155 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

stellen Der Begriff Musterwechsel soll diesen Veraumlnderungsdruck mit dem Unternehmen tendenziell immer staumlrker konfrontiert sind terminologisch erfassen

Die kontinuierliche Leistungsphilosophie von Operational Excellence beruht auf bdquoPo-wershiftsldquo um die entsprechende Durchschlagskraft zu entwickeln Operational Excel-lence entspricht einem Musterwechsel weil die Realitaumlt ndash wie eine etablierte Sprung-technik ndash infrage gestellt wird und neue Loumlsungsansaumltze ndash zur Brechung des Weltrekords ndash entwickelt werden Derartige Leistungssteigerungen sind maszliggeblich auf disziplinierte und umfassende bdquoTrainingsaktivitaumltenldquo zuruumlckzufuumlhren denn weder Weltrekorde noch operative Exzellenz ergeben sich von selbst oder in kurzer Zeit Diese Logik spiegelt sich wie bereits in den letzten Kapiteln ausfuumlhrlich beschrieben in der langzeitorientierten und strukturierten Konzeption der Operational Excellence wider

Nicht jede Initiative kann aber der Konsequenz dieser Logik gerecht werden denn es gibt genuumlgend Gruumlnde warum strategische Bemuumlhungen in der Belanglosigkeit versi-ckern Wenn die Lockerung von organisationalen Selbstfestlegungen zu zoumlgerlich stattfin-det wenn mikropolitische Machtkaumlmpfe die Energie der Organisation fuumlr sich beanspru-chen wenn die Fuumlhrung und Motivation interkultureller Ungleichgewichte zu kurzsichtig ist oder wenn nur einige wenige Werkzeuge verwendet werden und die Initiative als nettes Accessoire auf Schnupperbasis nebenher laumluft dann wird das groszlige Ganze ignoriert Die Reichweite der Implementierung kann nur punktuell erahnt werden Wie kann man der-artige Fehlentwicklungen verhindern

Fuumlr Henri de Castries Claude Brunet und Philippe Fort war es von Anfang an klar dass AXA WAY mehr als nur die methodologisch gepraumlgte Implementierung einer Ver-besserungssystematik sein wuumlrde Klar war aber auch dass viele Topmanager des Ver-sicherers diese Ansicht nicht teilten Die Tatsache dass sich AXA als einer der groumlszligten Versicherungskonzerne nicht sonderlich um die Kundenzufriedenheit und die eigene Pro-zessstruktur scherte zeigte den Initiatoren dass das Unternehmen uumlber kurz oder lang an eine Grenze stoszligen wuumlrde An dieser Stelle laumlsst sich die Einleitung eines Musterwechsels erkennen denn in Zukunft stand nicht die Verbesserung des Bestehenden sondern das grundsaumltzliche Infragestellen des Bestehenden zur Disposition Uumlbersetzt Primaumlr ging es bei AXA nicht um die Einfuumlhrung von vereinzelten Qualitaumltsmechanismen sondern um die grundsaumltzliche Frage inwiefern die Wertschoumlpfung in Zukunft definiert sein muumlsse um durch Leistungssteigerungen wettbewerbsfaumlhig sein zu koumlnnen Es wurde in diesem Zuge schnell deutlich dass der Konzern zur bdquoBrechung des Weltrekordsldquo auf eine grund-legende Kulturveraumlnderung als bdquoneue Sprungtechnikldquo angewiesen sein wuumlrde Systema-tisches Change Management wurde als essenziell erachtet um den Musterwechsel ndash weg von siloartigen Strukturen hin zu prozessorientierter Denk- und Arbeitsweise und weg von den eigenen Problemen hin zu den Anliegen des Kunden ndash vorzubereiten bei den Mitarbeitern Akzeptanz finden zu lassen und im Unternehmen zu verankern

Zusammengefasst Operational Excellence ermoumlglicht bei disziplinierter und umfas-sender End-to-end-Umsetzung einen Musterwechsel ndash adaumlquates Change Management stellt sicher dass sich die Menschen im Unternehmen auf diesen bdquoBold Changeldquo ndash eine einschneidende sowohl operationale als auch kulturelle Veraumlnderung ndash einlassen koumlnnen Neben der Gewaumlhrleistung einer entsprechenden Vorbereitung und Verankerung der Ver-

242 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

aumlnderung ist mit bdquoMusterwechsel zulassenldquo die positive Einflussnahme auf die Veraumlnde-rungsbereitschaft der Mitarbeiter als vierter Erfolgsfaktor zu identifizieren

Auf das Wesentliche heruntergebrochen laumlsst sich der Bogen zum Fosbury-Flop schlieszliglich spannen Die von dem talentierten Hochspringer neu entwickelte Technik ent-spricht der korrekten Anwendung von Operational Excellence zur Erlangung eines Wett-bewerbsvorteils ndash dass der Sportler am Tag des Wettkampfes die erforderliche physische Fitness abrufen kann faumlllt in den Aufgabenbereich von Change Management Fuumlr neue Weltrekorde sind die richtige Technik und die entsprechende Fitness zwingend notwendig

555 Oumllstand uumlberpruumlfen

5551 Was ist die QuintessenzMaschinen werden regelmaumlszligig von ausgebildetem Personal gewartet Dies ist notwendig um die Nutzungsdauer zu erhoumlhen und Sicherheit zu gewaumlhrleisten Zum Teil sind derartige Maszlignahmen z B der TUumlV fuumlr Autos gesetzlich vorgeschrieben Wenn man nun Arbeits-prozesse betrachtet an denen Menschen beteiligt sind warum wird dann haumlufig verges-sen dass es auch hier einen gewissen bdquoWartungsbedarfldquo gibt Change Management setzt auf eine regelmaumlszligige Wartung um eventuellen Systemausfaumlllen (z B das Scheitern eines Projektes) vorzubeugen Zwei Aspekte sind dafuumlr notwendig Change Management muss systematisch und nicht punktuell in die Initiative integriert und nah am Geschehen sein

5552 Warum ist das erfolgskritischTechnische Systeme betriebliche Anlagen und elektronische Maschinen werden regel-maumlszligig von ausgebildetem Fachpersonal gewartet So wird Systemausfaumlllen vorgebeugt die Nutzungsdauer erhoumlht und die Betriebssicherheit verbessert sodass schlieszliglich Kosten eingespart werden koumlnnen Die Wartung eines Motors beinhaltet das Schmieren Nachstel-len und Austauschen von Einzelteilen sowie das Nachfuumlllen und Ersetzen von Verbrauchs-mitteln z B des Motoroumlls Besonders der Oumllstand eines Verbrennungsmotors ist richtig und regelmaumlszligig zu uumlberpruumlfen um einen Motorschaden zu vermeiden Eine fachgerechte Wartung ist haumlufig die Voraussetzung zur Wahrung der Gewaumlhrleistung

Was bei Maschinen selbstverstaumlndlich ist wird bei Arbeitsprozessen an denen Men-schen beteiligt sind umso haumlufiger unterschaumltzt oder gar missachtet Und das obwohl die Komplexitaumlt des Menschen die einer Maschine uumlbersteigt Auch im Zuge einer Ope-rational-Excellence-Initiative sind vorbeugende Maszlignahmen zur Gewaumlhrleistung einer ergebniswirksamen Implementierung von hoher Bedeutung Nicht jeder Konflikt und jede Stoumlrung koumlnnen dabei praumlventiv vermieden werden entscheidend ist aber dass die Motorhaube regelmaumlszligig von einem ausgewiesenen Experten zur Kontrolle geoumlffnet wird Nur jemand der sich mit der feinmechanischen Energieumwandlung auskennt wird in der Lage sein Beeintraumlchtigungen und moumlgliche Schaumlden zu beheben Im Folgenden wird die Verantwortung des Change-Agenten anhand von zwei Gesichtspunkten verdeutlicht

24355 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

1 Change-Management-Maszlignahmen sind nicht nur punktuell sondern systematisch in das Programm einer Initiative zu integrieren Kotter (2011 S 114 f) gelingt es die-sen Aspekt sehr plastisch zu beschreiben Er vergleicht das Betreten zweier Raumlume in denen man die Anordnung der Moumlblierung veraumlndert um die Reichweite von Veraumlnde-rungen deutlich zu machen

Im ersten Raum wuumlrde man die Position des Schreibtischs verschieben die Pflanze naumlher an das Fenster stellen die Gardinen austauschen und mit Hammer und Nagel ein Bild aufhaumlngen Dies waumlre eine Angelegenheit von wenigen Minuten

Der zweite Raum ist anders konstituiert ndash die Gegenstaumlnde und das Mobiliar sind durch Stricke Gummibaumlnder und Stahlseile miteinander verbunden Allein der Gang zum Fenster wuumlrde durch die zahlreichen Querverbindungen problematisch sein Wenn nun aber das Fenster geoumlffnet wird um frische Luft hereinzulassen wird gleichzeitig eine ganze Buumlcherreihe von einem Sideboard gerissen die wiederum die Gegenstaumlnde auf dem Schreibtisch verruumlcken Wenn die Buumlcher zuruumlck auf das Sideboard gestellt wer-den bewegt sich die Couch um wenige Zentimeter und zieht eine Lampe vom Tisch mit sich Diese haumlngt nun auf halber Houmlhe ndash nur gehalten von einem duumlnnen Faden der am Buumlrostuhl befestigt und schon leicht angerissen ist

Die in diesem Buch aufgefuumlhrten neuen Herausforderungen und damit einhergehenden Abhaumlngigkeiten von Unternehmen im globalen Kontext fuumlhren zu dem Ergebnis dass der zweite Raum eher der organisatorischen Realitaumlt entspricht Wo man fruumlher Teil-systeme einfacher aumlndern konnte ist heute fast jedes Element mit anderen vernetzt Die Anwendung von Operational Excellence entspricht nicht dem Verschieben eines Buumlro-stuhls sondern eher dem Austausch der gesamten Moumlblierung ndash Change Maszlignahmen muumlssen in der Folge systematisch und eng an das Programm der Initiative gekoppelt sein um in regelmaumlszligigen Zeitabstaumlnden das Zusammenstuumlrzen des Raumes zu verhindern

2 Hochleistungssportler messen jeden Morgen ihren Ruhepuls um die Entwicklung ihrer Fitness uumlber einen gewissen Zeitraum einschaumltzen zu koumlnnen und um u a Ruumlck-schluumlsse auf die Planung ihrer Trainingseinheiten zu ziehen Wenn der morgendliche Ruhepuls ploumltzlich stark vom Normalwert abweicht kann dies ein Hinweis auf eine zu hohe Trainingsbelastung oder eine bevorstehende Krankheit sein Change-Manage-ment-Maszlignahmen muumlssen den Puls des Geschehens auf aumlhnliche Weise wahrnehmen um Stoumlrungen Schwierigen und Gefahren zu antizipieren Dies ist nur moumlglich wenn der zuvor beschriebene Aspekt der systematischen Integration bedacht wird Wie ein Herzfrequenzmessgeraumlt behaumllt dann die Systematik der Change-Aktivitaumlten die Belas-tungsgrenzen der Organisation im Auge Das Ziel dieser Steuerung ist die Entwicklung von bdquowettkampfspezifischer Ausdauerldquo um einen ausreichend langen Atem fuumlr die nachhaltige Entwicklung der Initiative zu haben

Es lassen sich die identifizierten Erfolgsfaktoren nicht nur inhaltlich sondern auch grafisch aneinander orientieren Abbildung 57 fuumlhrt die diskutierten Faktoren aus Kap 4 und 5 grafisch zusammen

Halten wir fest Nachdem in Kap 4 die kritischen Erfolgsfaktoren der Operational-Excellence-Methodik diskutiert wurden lassen sich auch hinsichtlich des entsprechenden

244 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Change Managements wiederkehrende Erfolgsmuster ergebnisentscheidende Schluumls-selfaktoren und erforderliche Mechanismen aufdecken Auf der einen Seite stellen die Harmonisierung der Initiative mit der Organisation das Leben von Vision und Commit-ment und das Etablieren entsprechender Kommunikationsstrukturen die fordernde und foumlr-dernde Fuumlhrung der Mitarbeiter die Auswahl der richtigen Projekte sowie deren richtige Durchfuumlhrung und schlieszliglich die messbare Fortentwicklung der strategischen Initiative bdquodas Fahrwerk die Karosserie und Elektronikldquo einer Initiative dar ndash also die mechanische Ausruumlstung des Operational-Excellence-Systems Reflexion ermoumlglichen Horizontalspan-nung anstelle von Vertikalspannung bewirken Mitarbeiter befaumlhigen Musterwechsel in der Organisation zulassen und die kontinuierliche Wartung der Initiative beschreiben auf der anderen Seite die Erfolgsfaktoren hinsichtlich der in die Initiative eingebundenen bdquoMo-tor- und Getriebekonstruktionldquo ndash also die beteiligten Mitarbeiter im Unternehmen Dies fuumlhrt zu einer Erkenntnis die sich zuvor schon abzeichnete Eine erfolgreiche Implemen-tierung von Operational Excellence haumlngt stark von der ergebnisorientierten Installation initiativenspezifischer Change-Management-Maszlignahmen ab Vereinfacht gesagt Fuumlr eine stoumlrungsfreie Fahrt muss die Nutzung des Autos mit der Motorleistung im Einklang stehen ndash ein 911er kommt mit der Motorisierung eines Fiat Punto nicht weit Was bedeutet das

ERFOLGSFAKTOREN

Operational-Excellence-Initiative

ERFOLGSFAKTOREN

Initiative mit Organisation

harmonisieren

Vision und Committment

leben ndashKommunikation

etablieren

Mitarbeiter fuumlhren und

foumlrdern durch Fordern

Richtige Projekte

machen ndashProjekte richtig

machen

Fortentwicklung messbar machen

Reflexion ermoumlglichen

Horizontal -spannung bewirken

Mitarbeiter befaumlhigen

Musterwechselzulassen

Oumllstand uumlberpruumlfen

Abb 57 Initiative mit Organisation harmonisieren und Reflexion ermoumlglichen

24556 Vom Change zum Transformation Management

56 Vom Change zum Transformation Management

Die Erkenntnis dass Operational Excellence mit Change Management Hand in Hand gehen muss ist noch lange nicht etabliert In zahlreichen Unternehmen wird die Disziplin des Ver-aumlnderungsmanagements belaumlchelt Kurzsichtige Aussagen wie bdquoChange Management Bei uns werden Veraumlnderungen einfach angeordnet und umgesetztldquo oder bdquoWir brauchen kein Change Management ndash die Projektleitung hat doch schon einen sehr guten Kommunikations-plan geschriebenldquo sind keine Seltenheit Die Konsequenzen daraus dass der Mensch als Ge-wohnheitstier Veraumlnderungen eher skeptisch gegenuumlber steht weil Veraumlnderungen immer mit Unsicherheiten in der Zukunft verbunden sind werden voumlllig ignoriert Wir sind aus diesem Grund der Ansicht dass man im Kontext einer Operational-Excellence-Initiative nicht von Change Management als eine Art separates Add-on sprechen kann Wir sprechen nicht von einer Frage des willkuumlrlichen bdquoEntweder-oderldquo sondern des zwingenden bdquoSowohl-als-auchldquo

Die folgende typische Aussage zeugt von einem vorherrschenden grundlegenden Miss-verstaumlndnis bdquoBislang laumluft die Initiative bei uns im Hause sehr gut an ndash Change Ma-nagement werden wir beruumlcksichtigen wenn es zu Problemen kommen sollteldquo Diese re-aktive Herangehensweise fuumlhrt geradewegs in eine Sackgasse Vielmehr geht es darum die Systematik des Managements von Veraumlnderungen praumlventiv in die Programmatik der Operational Excellence zu integrieren um die Lebensfaumlhigkeit der Organisation sinnvoll sicherzustellen Der an dieser Stelle praumlgende Begriff des bdquoTransformation Managementsldquo vereint die Zielsetzung der Operational Excellence und die Wirksamkeit von systemati-schem Veraumlnderungsmanagement In der Theorie laumlsst sich beides getrennt voneinander betrachten ndash im Kontext einer Operational-Excellence-Implementierung wird Change Management aber zwangslaumlufig erfordert um das operative Leistungsversprechen zu er-moumlglichen Transformation Management ist ein integrativer Ansatz der sowohl auf das bdquoharteldquo Management der Methodik als auch auf das bdquoweicheldquo Management des Menschen baut Abbildung 58 illustriert den beschriebenen Wirkungszusammenhang zwischen der Operational-Excellence-Methodik und der Change-Management-Logik

Fuumlr eine strategische Initiative wie Lean Management Six Sigma oder Lean Sigma lassen sich nur in der Theorie die Erfolgsfaktoren der Optimierungsmethodik und des Change Managements losgeloumlst voneinander betrachten Um Fortschritt in der Praxis zu erzielen muss beides in Form eines Transformation Managements Hand in Hand gehen Es reicht nicht aus nur die Methodik sauber umzusetzen So koumlnnen sie auch die Kupp-lung Ihres Autos treten und in den ersten Gang schalten ndash fortbewegen werden Sie sich nur wenn Sie auch den Motor starten

Diese Darstellung ist nicht nur die konzentrierteste Zusammenfassung der bisherigen Kapitel sondern ist als Grundlage fuumlr die Entwicklung des handlungsorientierten Kap 6 zu verstehen Wie empfiehlt es sich nun unter Beruumlcksichtigung der bis hierhin formu-lierten Antworten und aufgeworfenen Fragen Operational-Excellence-Initiativen umzu-setzen An welchen Stellen spielt welcher Erfolgsfaktor welche Rolle Laumlsst sich der Ab-lauf in Form eines Leitfadens abbilden Was sind konkrete Aktivitaumlten des Transformation Managements Wie sind die identifizierten Schwachstellen der methodischen Vorgehens-weise zu adressieren Wie gelingt es nicht nur Geld auszugeben sondern von Operatio-

246 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

nal Excellence langfristig und nachhaltig zu profitieren Schlieszliglich Wie gewinnt die Organisation an Wettbewerbsfaumlhigkeit um die Uumlberlebensfaumlhigkeit durch die strategische Neuausrichtung entscheidend zu staumlrken

57 Das Kapitel in aller Kuumlrze

Kapitel 5 thematisiert die Kernproblematik und gleichzeitig Gemeinsamkeiten von Lean Management Six Sigma und Lean Sigma ndash bei der Implementierung geht es um ein Um-denken aller in der Organisation taumltigen Mitarbeiter vom obersten Chef bis zum untersten Angestellten bzw Arbeiter am Band Operative Exzellenz beruht auf einem Bewusstsein fuumlr kontinuierliche Prozessverbesserung Es geht um die Veraumlnderung von gewohnten Ver-haltensweisen und Denkmustern Damit muumlssen wir uumlber weit mehr sprechen als die An-wendung von Tools denn die Erneuerungen muumlssen nicht von den Maschinen sondern den Menschen ndash dem Motor von Veraumlnderung ndash im Unternehmen gelebt werden Wir sprechen vom Management des Menschen

Hervorzuheben sind die Errungenschaften von Kurt Lewin die Evolution der Organisa-tionsentwicklung und die Definition von Change Management die als Grundlage fuumlr die Ent-wicklung weiterer Uumlberlegungen dient Fundierte Erkenntnisse aus der Literatur bieten die bei-den bdquoChange-Klassikerldquo von Doppler und Lauterburg aus dem Jahr 1994 und Kotter (1996) Wo Kotter in Form eines achtstufigen Prozesses die Erhoumlhung der Erfolgswahrscheinlichkeit anbietet beschreiben die beiden Organisationsentwickler sechs nichtchronologische Schluumls-selfaktoren Die IBM Making-Change-Work-Studie ergaumlnzt das theoretische Fundament um

Abb 58 Wirkungs-zusammenhang zwischen der Operational-Excellence-Methodik und der Change-Management-Logik

247Literatur

einen praxisorientierten Leitfaden zur verbesserten Umsetzung von Veraumlnderungsprozessen der auf Basis der Befragung von 1500 Change-Praktikern entwickelt wurde

Zur Herstellung konkreten Praxisbezuges wird die Implementierung von Operational Excellence ndash in Form von Six Sigma ndash bei der franzoumlsischen Versicherungsgesellschaft Axa beschrieben ndash bdquoAXA WAY ndash The Pursuit of Excellence Through Quality of Serviceldquo Das Ziel von AXA WAY war das Unternehmen nicht ziellos instand zu halten sondern konsequent aufzubauen Trotz erfreulicher Projektergebnisse in den ersten vier Jahren uumlberraschte die Initiatoren der auszligerordentlich zu betreibende Aufwand um Denk- und Verhaltensmuster zu aumlndern Die Intensivierung von Change-Management-Maszlignahmen wurde forciert Bis heute hat die Implementierung Spuren hinterlassen Dass die Kun-dennaumlhe operative Exzellenz und die Einbeziehung der Mitarbeiter nach wie vor ent-scheidend sind ist aktuellen Stellenausschreibungen zu entnehmen Der gleiche CEO fuumlhrt nach 13 Jahren den Musterwechsel durch Six Sigma unter dem folgenden Motto an bdquoWenn man in turbulenten Jahren nur uumlber finanzielle Ziele nachdenkt ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht ndash der Wettbewerbsvorteil liegt aber im Management des Menschenldquo (FAZ Online 2009)

Schlieszliglich identifiziert Kap 5 im Zuge der Konsolidierung der gewonnenen Kenntnisse die erfolgskritischen Change-Management-Faktoren Diese Erfolgsfaktoren sind an den spe-zifischen Anforderungen einer Operational-Excellence-Initiative orientiert Eine erfolgreiche Implementierung von Operational Excellence haumlngt stark von der ergebnisorientierten Instal-lation der Change-Management-Maszlignahmen ab Vereinfacht gesagt Fuumlr eine stoumlrungsfreie Fahrt muss die Nutzung des Autos mit der Motorleistung im Einklang stehen ndash ein 911er kommt mit der Motorisierung eines Fiat Punto nicht weit Aus diesem Grund erfordert eine Operational-Excellence-Implementierung die systematische Anwendung des Change Ma-nagements um das operativ Leistungsversprechen zu ermoumlglichen Im Ergebnis sprechen wir vom Transformation Management als einen integrativen Ansatz der sowohl auf das bdquohar-teldquo Management der Methodik als auch auf das bdquoweicheldquo Management des Menschen baut

Zusammenfassung der Change-Management-Erfolgsfaktoren

1 Reflexion ermoumlglichen2 Horizontalspannung bewirken3 Mitarbeiter befaumlhigen4 Musterwechsel zulassen5 Oumllstand uumlberpruumlfen

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249

Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_6

6

Unser Dilemma ist dass wir Veraumlnderungen zugleich lieben und hassen Am allerbesten moumlchten wir dass alles beim altem bleibt sich dabei aber staumlndig bessert Es ist nicht gesagt dass es besser wird wenn es anders wird Wenn es aber besser werden soll muss es anders werden(Georg Christoph Lichtenberg Mathematiker)

Wenn der Sohn noch immer uumlber die unuumlberschaubare Vielfalt an winzigen Raumldchen ver-bundenen Kabeln silbernen Schraumlubchen und unzaumlhligen Gummiabdichtungen unter der Motorhaube staunt geht es dem einen oder anderen Leser womoumlglich aumlhnlich Eine er-folgreiche Implementierung von Operational Excellence angetrieben vom Motor der Ver-aumlnderung ist nicht kompliziert sondern komplex Derjenige der das leugnet wird schnell von der Realitaumlt eingeholt Wer schon einmal versucht hat im ersten Gang mit 190 kmh auf der Autobahn zu fahren kann bestaumltigen dass ein Motorschaden ins Geld geht Die Ruumlcksicht auf das Getriebe faumlngt beim Schalten an und houmlrt bei der richtigen Dosierung notwendiger Schmiermittel auf

250 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Dabei sind die Anforderungen an die richtige Dosierung des Motoroumlls unterschiedlich Bei einem Kettcar muss lediglich die Radaufhaumlngung regelmaumlszligig geschmiert werden da-mit sie nicht quietscht wohingegen der Vater in seinem Auto sehr wohl die Oumllstandsan-zeige beachten muss um seinen Sohn sicher zur Oma zu fahren Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel faumlhrt sogar alle paar Runden an die Box um das wettbewerbstaugliche Leistungsvermoumlgen seines Boliden sicherzustellen Nicht jede Operational-Excellence-Initiative benoumltigt die gleiche Menge an Motoroumll denn es kommt darauf an abzuwaumlgen und zu differenzieren Die Schwierigkeit fuumlr den Fahrer (Unternehmens- oder Initiativen-lenker) ist es abhaumlngig vom Verwendungszweck des Fahrzeugs (Sinn Zweck und Reich-weite der Initiative) die richtige Motorisierung zu finden (auf die richtigen Mitarbeiter zu setzen) und den vorsorglichen Pflege- und Wartungsaufwand (z B Uumlberzeugungs- oder Motivationsarbeit) in einem aufwandsentsprechenden Verhaumlltnis zu halten Was kenn-zeichnet das Erfolg versprechende Zusammenspiel zwischen dem Zweck einer Opera-tional-Excellence-Initiative dem Leistungsvermoumlgen sowie der Leistungsbereitschaft der Beteiligten und der notwendigen Intensitaumlt an unterstuumltzenden Change-Management-Ak-tivitaumlten um eine strategische Uumlberlegung zu einem langlebigen Herzstuumlck der Unterneh-mens-DNA wachsen zu lassen

Kapitel 6 beantwortet vor allem die letzte der drei Ausgangsfragen Was tun Es gibt ein breites Angebot an Literatur sowohl fuumlr strategische Managementansaumltze wie Lean und Six Sigma als auch rund um das Thema Change Management Diese Trennung ist nur in der Theorie moumlglich In der Praxis ist sie kurzsichtig und greift fernab jeglicher ra-tionaler und emotionaler Realitaumlt ins Leere Publikationen die explizit Veraumlnderungsma-nagement in Operational-Excellence-Initiativen adressieren existieren nicht Dieses Buch hat in einem vorhergegangenen Schritt u a die bedeutungsvolle Reichweite von Change-Maszlignahmen ausfuumlhrlich diskutiert und mit der Begrifflichkeit des Transformation Ma-nagements eine Antwort auf die komplexen Anforderungen einer Operational-Excellence-Initiative formuliert Zusaumltzlich werden in einem weiteren Schritt saumlmtliche gewonnene Erkenntnisse unvollendete Uumlberlegungen nicht zu vernachlaumlssigende Kritikpunkte und unbeantwortete Fragen in einem umsetzungsorientierten Leitfaden gebuumlndelt und als ein bdquoMissing Linkldquo fuumlr die Praxis anschlussfaumlhig gestaltet Mit einem modulbasierten Me-thodenset wird dieses bdquoMissing Linkldquo oder diese bdquoUumlberlieferungsluumlckeldquo in der Literatur geschlossen ndash das Transformation Management wird an Farbe gewinnen

61 Der Transformation Navigator

Als Grundlage zur Konkretisierung der weiteren Gedankengaumlnge dient das Rohgeruumlst der Abb 61 Die Logik geht auf den von Kurt Lewin entwickelten Dreischritt zuruumlck Der Organisationszustand vor der Implementierung einer der drei Operational-Excellence-Methoden wird als bdquoalte Strukturldquo bezeichnet Anschlieszligend wird der Ablauf einer Initia-tive in drei Kernphasen unterteilt Die Analyse-Phase (AP) umfasst den Zeitraum den die Initiatoren der Initiative zur sorgfaumlltigen Vorbereitung nutzen Diese Phase dauert so lange

25161 Der Transformation Navigator

an bis der offizielle Start verkuumlndet wird Ob dieser Startpunkt prominent kommuniziert wird wie der Beginn von AXA WAY vor den 300 Topmanagern des franzoumlsischen Ver-sicherungskonzerns oder eher unauffaumlllig wie die geraumluschlose Praumlsentation des Verant-wortlichen fuumlr die neu geschaffene Funktion des Vice President of Six Sigma bei Maple Leaf Foods ist zweitrangig Die folgende Transfer-Phase (TP) markiert die Umsetzung der ersten Projektwelle Hier werden der DMAIC-Zyklus aus Kap 2232 oder analog dazu die fuumlnf Prinzipien des Lean Managements aus Kap 214 in den einzelnen Projek-ten durchlaufen Diese Phase repraumlsentiert die eigentliche Projektarbeit Wann diese erste Welle abgeschlossen ist haumlngt von dem in der AP festgelegten Zeitplan fuumlr das entspre-chende Projektportfolio ab Der Zeitpunkt fuumlr den Uumlbergang in die naumlchste Phase kann sehr unterschiedlich sein ndash fruumlhestens waumlre ein Uumlbergang nach drei Monaten spaumltestens nach neun Monaten realistisch Die anschlieszligende Sustain-Phase (SP) widmet sich der Integration der bis dahin erzielten Initiativen- und Projektergebnisse in die Organisations-umgebung Die neue Struktur wird systematisch etabliert und der Ablauf der drei Kern-phasen beginnt von Neuem ndash eine weitere Projektwelle rollt an

Die Programmatik der Operational Excellence startet besitzt aber keinen Endpunkt Sie impliziert ein kontinuierliches zyklisches Durchlaufen der Analyse-Phase der Trans-fer-Phase und der Sustain-Phase solange bis diese Verbesserungssystematik zum selbst-verstaumlndlichen Repertoire der Organisation geworden ist Was die relevanten Parameter zur ergebniswirksamen Umsetzung dieser Logik sind wird in diesem Kapitel strukturiert dargelegt

Abbildung 62 stellt die zuvor formulierten Gedanken in den Gesamtkontext und dient als grafische Grundlage fuumlr den umsetzungsorientierten Leitfaden Flankiert werden die drei Kernphasen von den in Kap 4 identifizierten und diskutierten fuumlnf Erfolgsfaktoren der Operational Excellence Der aumluszligere Kreis bildet die Bedeutung der mechanischen Ausruumlstung einer Initiative ndash des Fahrwerks Fahrgestells und der Karosserie ndash ab Wie in Kap 4 bereits deutlich gemacht sind die Erfolgsfaktoren nicht chronologisch abgetragen

Abb 61 Alte und neue Struktur

252 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Sie alle tragen gleichwertig zur erfolgreichen Implementierung bei und sind wechselseitig voneinander abhaumlngig Eine Zuordnung zu den Kernphasen waumlre irrefuumlhrend und wuumlr-de den komplexen und langfristigen Anforderungen eines Operational-Excellence-Pro-gramms nicht gerecht werden Den Kern des Leitfadens bildet der Mensch ndash adressiert durch den Akkord aus bdquoSeeldquo bdquoFeelldquo und bdquoChangeldquo ndash ein Dreiklang der die expliziten Change-Faktoren repraumlsentiert (See ndash Reflexion ermoumlglichen und Oumllstand uumlberpruumlfen Feel ndash Horizontalspannung bewirken und Mitarbeiter befaumlhigen Change ndash Musterwechsel zulassen) Diese Darstellung die sich an der zeitlosen Errungenschaft Lewins orientiert bildet die Bedeutung der ausfuumlhrenden Personen einer Initiative ndash des Motors ndash ab

Diese Konzeption beansprucht nicht die Funktion einer Bedienungsanleitung sondern entspricht einem Leitfaden der den Initiatoren von Operational-Excellence-Initiativen eher als Kompass dient Ein Kompass trifft eine Aussage zur Bestimmung der Position auf einem fest vorgegebenen Kurs Zur erfolgreichen Navigation muss der Kompass jeder-zeit eine praumlzise Aussage hinsichtlich der Koordinaten des aktuellen Standpunktes treffen koumlnnen Die Moumlglichkeit den Status quo einer Operational-Excellence-Initiative valide einschaumltzen zu koumlnnen ist fuumlr die Verantwortlichen essenziell Auch im Zuge der Imple-

See

TN

Abb 62 Erfolgsfaktoren und Kernphasen der Operational Excellence

25361 Der Transformation Navigator

mentierung von den hier untersuchten strategischen Vorhaben gibt es konkrete Frage- und Problemstellungen die wichtig sind um unabhaumlngig von der jeweiligen Kernphase den Entwicklungsfortschritt im Blick zu haben und die Erfolgswahrscheinlichkeit der Maszlig-nahmen aufrecht zu halten Aussagen die der Standortbestimmung eines Kompasses aumlh-neln werden bei der folgenden Betrachtung dadurch moumlglich Zur Erlaumluterung der detail-lierten Struktur des Leitfadens sollen in der Roadmap in Abb 63 die angesprochenen konkreten Frage- und Problemstellungen identifiziert werden

Der umsetzungsorientierte Leitfaden beinhaltet demnach vier Module Im Mittelpunkt dieser vier Module steht jeweils eine Grundsatzfrage die es durch die Initiativenleitung zu beantworten gilt Beispielhaft sollen die Grundsatzfrage und tiefergehende Fragen skiz-ziert werden

1 Strategy Wohin will ich Was ist meine Mission Welche Zielvorgaben sind notwen-dig Wie kontrolliere ich den Zielerfuumlllungsgrad Steht die aktuelle Umsetzung im Einklang mit meiner Planung

2 Resources Was habe ich Auf welche Kompetenzen Expertise und Faumlhigkeiten kann ich in der Organisation zuruumlckgreifen Welche Fertigkeiten und Kenntnisse sind dar-uumlber hinaus fuumlr eine erfolgreiche Implementierung erforderlich Was kostet mich das Unterfangen Existieren genuumlgend Menschen im Unternehmen die das Vorhaben anfuumlhren und nicht nur managen koumlnnen

StrategyWohin will ich

ANALYSE TRANSFER SUSTAIN

ResourcesWas habe ich

G idGuidanceWie nutze ich das

BenefitWas bekomme ich dafuumlr

Abb 63 Roadmap

254 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Guidance Wie nutze ich das Wie kann ich den Beteiligten und Betroffenen zur Orientierung verhelfen Wie setze ich meine Ressourcen ein sodass ich die wirk-samste Veraumlnderung herbeifuumlhren kann Wie manage ich die Initiative ohne dabei das Management des Menschen zu vernachlaumlssigen

4 Benefit Was bekomme ich dafuumlr Wie wirkt sich meine strategische Bemuumlhung in der Bilanz aus Welche Veraumlnderung habe ich in der Organisationskultur erzielt Habe ich die vereinbarten Meilensteine (softe und harte Faktoren) erreicht Entsprechen die aktuellen Zwischenergebnisse der Stoszligrichtung meines urspruumlnglichen Plans Was ist der Nutzen dieser Initiative

Die Antworten sind kontinuierlich weiterzuentwickeln denn die Gleichung zur Beantwor-tung der Fragen bdquoWohin will ichldquo bdquoWas habe ichldquo bdquoWie nutze ich dasldquo und bdquoWas be-komme ich dafuumlrldquo setzt sich aus stetig veraumlndernden Parametern zusammen und verliert zu keinem Zeitpunkt an Aktualitaumlt An dieser Stelle laumlsst sich exemplarisch hervorheben Schon die kontinuierliche Erarbeitung dieser Fragen stellt mit Hinblick auf den ersten ex-pliziten Change-Faktor aus dem vorherigen Kapitel (bdquoReflexion ermoumlglichenldquo) ein erstes systematisiertes reflexives Moment dar Auf diese Art und Weise werden saumlmtliche Er-folgsfaktoren im Zusammenhang dieses Leitfadens fruumlher oder spaumlter eine entscheidende Rolle spielen

Im weiteren Verlauf wird jeder Kernphase (Analyse Transfer und Sustain) aus der Per-spektive der einzelnen Module (der Strategie Ressourcen Orientierung und des Benefits) ein bunter Blumenstrauszlig an Handlungsoptionen und neuen Denkanstoumlszligen geboten Wenn man sich die Roadmap der Abb 63 als 4 times 3-Matrix vorstellt wird das Interventionsre-pertoire der federfuumlhrenden Verantwortlichen zusaumltzlich zu dem bereits umfassenden Ins-trumentenkasten der Operational-Excellence-Methoden Lean Six Sigma und Lean Sigma mit gezielten methodischen Impulsen verstaumlrkt

62 Die Analyse-Phase

Die erste Kernphase ist eine kritische Zone weil es selten eine zweite Chance gibt Feh-ler die an dieser Stelle gemacht werden koumlnnen zu unvorhersehbaren und irreversiblen Folgeschaumlden fuumlhren ndash die Initiative bdquostuumlrztldquo ab Abbildung 64 stellt die Bedeutung der bdquorichtigen Flughoumlheldquo einer Operational-Excellence-Initiative grafisch dar Dazu wird im Folgenden dargestellt was die Wahrscheinlichkeit erhoumlhen kann die bdquorichtige Flughoumlheldquo zu Beginn oder in einer Phase in der eine neue Projektwelle lanciert wird zu erreichen

621 Strategy

Im Rahmen dieses ersten dreiteiligen Moduls geht es um eine nachhaltige strategische Neuausrichtung der Organisation durch eine sorgfaumlltige taktische Konfiguration der Ope-rational-Excellence-Initiative Die Basis bilden die Change Strategy (Was sind die Ziele

25562 Die Analyse-Phase

der Veraumlnderungsinitiative) das Portfolio-Management (Wie integriere ich diese Ziele in den unternehmerischen Gesamtkontext) und das Transformation Management (Wie ist die Initiative auf strategischer Ebene zu steuern) das entweder als vertiefende Ergaumlnzung zum Portfolio Management oder als Alternative zu nutzen ist Abbildung 65 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

Operational-Excellence-

Nutzen

AnalyseKonzept-

entwicklung und Pilotierung

TransferTransformation

derOrganisation

SustainGrundstein

einerOperational-Excellence-

Kultur

AnalyseNachhaltiger

Nutzen fuumlr den Kunden

B

1321

C

Phasen des

0

1321Transformation

Navigators

Am Ende geht es darum den Kunden zu erreichen

Eine dauerhafte Verpflichtung des Managements ist notwendigum auf der Flugbahn A zu bleiben

Die kritische Zone bei der Einfuumlhrung von Operational Excellenceliliegt am Ende des ersten Jahres

Der erste Anlauf muss erfolgreich sein Selten gibt es eine zweite Chance

KRITISCHE ZONE

A

Abb 64 Die Bedeutung der richtigen Flughoumlhe

256 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

6211 Change StrategyDas Ziel ist die eng an die Unternehmensstrategie gekoppelte Ableitung der Strategie fuumlr das Transformationsprogramm Es gilt die Frage bdquoWas wollen wir erreichenldquo zu beantwor-ten Neben der Festlegung eines solchen erwuumlnschten Zielzustandes (z B Qualitaumltsfuumlhrer innerhalb von 18 Monaten) sind die strategischen Leitlinien und Maszlignahmen zu bestim-men Die strategischen Leitlinien legen fest nach welchen Grundsaumltzen die Umsetzung der strategischen Ziele erfolgt (z B Einkaufsprozesse buumlndeln Kooperationen aufbauen) Die strategischen Maszlignahmen dienen der Umsetzung der strategischen Leitlinien und werden nach kurz- mittel- und langfristigen Gesichtspunkten aufgeteilt und priorisiert (z B kurze Frist Six Sigma Infoveranstaltung abhalten mittlere Frist Black Belts ausbilden und Pro-jekte starten lange Frist Evaluation der Kultur hinsichtlich des Qualitaumltsanspruchs in der Wertschoumlpfung) In Abb 66 ist die Wirksamkeit dieses Instruments umrissen

Im weiteren Verlauf ist das Vorgehen im Rahmen von vier Schritten zu konkretisieren

1 Herausforderung einschaumltzen Die Ausgangssituation des Unternehmens ist sorgfaumll-tig zu evaluieren Was sind demnach die aktuellen Herausforderungen des Alltagsge-schaumlftes und welche Einflussfaktoren bestimmen unsere Zukunft auf Geschaumlftsebene Was sind die Ziele des anstehenden Veraumlnderungsprogramms und welche Leitlinien unterstuumltzen den Initiativenerfolg Welchen Umfang muss die Transformation anneh-men und steht dies im Einklang zu den aktuellen Herausforderungen und Einflussfak-toren die zuvor identifiziert worden sind

ANALYSESt

rate

gy

Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

Res

ourc

esnc

e Stakeholder StrategyCommunication

StakeholderAction

Stakeholder Management

Change Readiness Survey Organisationskulturanalyse(ua Denison-Organisationskulturmodell)

Gui

dan

Ben

efit

CommunicationStrategy

Action PlanCommunication Plan

ManagementCommunication Evaluation

Kennzahlengrundgeruumlst Change-Impact-Assessment

B

Abb 65 Roadmap Strategy

25762 Die Analyse-Phase

2 Vergangenheit aufarbeiten An dieser Stelle sollen vergleichbare Initiativen aus der Vergangenheit aufgearbeitet werden denn fuumlr keine Initiative gibt es eine Stunde null Was sind die bisherigen inhaltlichen Ansaumltze und zu welchen Ergebnissen haben sie gefuumlhrt Was waren die Ziele und entscheidende Schluumlsselmomente und -personen Welche Erwartungen wurden enttaumluscht und welche erfuumlllt Besitzt die Organisation eine eher veraumlnderungsaffine oder veraumlnderungsaverse Einstellung Eine systemati-sche Evaluierung solcher Fragen ermoumlglicht bei einer sorgfaumlltigen Auswertung wich-tige Implikationen fuumlr den Start einer Operational-Excellence-Initiative

Mithilfe eines anonymen bdquoChange History Assessment Surveyldquo laumlsst sich ermitteln wie erfolgreich die Organisation in der Vergangenheit Herausforderungen vergleichbarer Komplexitaumlt bewaumlltigt hat Dabei werden Personen auf unterschiedlichen Hierarchie-ebenen Fragen zum Programm- und Stakeholder-Management zur Strategieumset-zung Kommunikation und Zusammenarbeit gestellt Zusaumltzlich dient ein angemessener Rahmen fuumlr die persoumlnliche Reflexion von Erfahrungswerten der Einschaumltzung der Erwartungshaltung Wenn so aus der Vergangenheit gelernt wird ermoumlglicht dies die Identifikation von Anhaltspunkten fuumlr Chancen und Risiken und die Ermittlung von entsprechenden ersten Maszlignahmen zur Einleitung der anstehenden Initiative Damit dieser Schritt weiter an Farbe gewinnt werden im Folgenden moumlgliche Fragestellungen aufgefuumlhrt Kuumlrzungen Ergaumlnzungen oder die Betonung anderer inhaltlicher Schwer-punkte koumlnnen problemlos vorgenommen werden Die Fragen respektive Hypothesen sind auf einer Skala von 1 bis 6 zu bewerten1

1 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

StrategischeMaszlignahmenWie werdendie Leitlinienumgesetzt

StrategischeLeitlinien

Wie werdendie Ziele erreicht

StrategischeZiele

Was wollenwir erreichen

Herausforderung einschaumltzen ndash Vergangenheit aufarbeiten ndash Gegenwart analysieren ndashStrategie formulieren

Abb 66 Wirksamkeit der Change Strategy

258 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

25962 Die Analyse-Phase

stim

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DIE MITARBEITER

Change History Assessment Survey 23

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weitreichende Veraumlnderungen umzusetzen

die Mitarbeiter von der Erfolgswahrscheinlichkeitdes Projektvorhabens zu uumlberzeugen

den Lernprozess von neuen Faumlhigkeiten und Verhaltensweisen zu etablieren

Ist es in der Vergangenheit gelungen

konstruktive Kritik von der Belegschaft an der Vorgehensweise zu gewinnen

dass sich die Manager auf gute Mitarbeiter und ihre eigenen Change-Management-Faumlhigkeiten verlassen konnten

dass die Projektverantwortlichen respektiert werden und ihnen vertraut wird

engagierte Mitarbeiter zu belohnen und fuumlr veraumlnderungsunwillige Mitarbeiter entsprechende Konsequenzen zu definieren

jeden Betroffenen auf dem aktuellsten (Veraumlnderungs-) Stand der Dinge zu halten

den Betroffenen ein realistisches Bild von dem was auf Siean Veraumlnderungen zu kommen wird zu vermitteln

durch strukturierte Kommunikation (uumlber persoumlnliche Gespraumlche oder Newsletter) die Veraumlnderung maszliggeblich

tuumlt zu stuumltzen

die interne Kommunikation stoumlrungsfrei einzurichten

das Committment der Belegschaft eher auszubauenals zu erzwingen

die Unterstuumltzung von Schluumlsselspielern zu gewinnenbevor diese aktiv in die Veraumlnderungsarbeit involviert wurden

dass die Projekt-Manager diszipliniert und ergebnisorientiert gearbeitet haben

260 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wenn Sie die letzten Veraumlnderungsprojekte Revue passieren lassen Was wuumlrden Sie anders machen Was wuumlnschen Sie sich fuumlr die Zukunft Wo sehen Sie Verbesserungsmoumlglichkeiten (offene Frage)

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Verzoumlgerungen durch fehlerhafte organisatorische Prozesse (Bestellvorgaumlnge fuumlr projektkritische Materialien Bewertungsprozesse fuumlr Projektentwicklung oder beteiligte Mitarbeiter) zu vermeiden

mit faumlhigen und fuumlr neue Ideen empfaumlngliche Mitarbeiterzu arbeiten

Prozesse Richtlinien und Vereinbarungen zu aumlndernsofern es notwendig war dass verschiedene Unternehmensbereiche erfolgreich miteinander an einem Strang ziehen Mitarbeiter so zu motivieren dass sie im Sinne des Unternehmens arbeiten und nicht im Sinne ihres eigenen Vorteils oder des ihres Vorgesetzen

dass Manager Veraumlnderungen nicht nur von ihren Mitarbeitern sondern auch von sich selbst fordern

die Projektarbeit in den einzelnen Teams effektiv zu gestalten einen strukturierten Projekt-Management-Ansatz zu nutzen Projekte abzuschlieszligen unabhaumlngig davon wie sich die Prioritaumlten des Projektes veraumlndert haben

DIE PROJEKTARBEIT Ist es in der Vergangenheit gelungen

Change History Assessment Survey 33

26162 Die Analyse-Phase

3 Gegenwart analysieren Es gilt aktuelle Problemstellungen und Entscheidungsbe-darfe auf der Geschaumlftsebene zu bestimmen um in der Folge die damit einhergehenden Chancen und Risiken des Transformationsprogramms zu erkennen Die Anhaltspunkte fuumlr Risiken aus Schritt 2 sind nun also zu konkretisieren Was sind typische Change-Management-Risiken Auszugsweise sollen ein paar genannt werden

Widerstand gegenuumlber neuen Arbeitsweisen nicht ausreichendes Engagement Angst vor Veraumlnderung kulturelle Diskrepanzen keine einheitliche Vision kein einheitliches Fuumlhrungsteam an der Spitze der Initiative die falschen Unterstuumltzer im Unternehmen keine systematische Fortschrittsmessung u v m

4 Strategie formulieren Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse und vereinbarten ersten Maszlignahmen zum Start der Initiative ist an dieser Stelle die Verknuumlpfung zwi-schen der inhaltlichen methodischen sowie technischen Strategie der Initiative und der Change-Strategie herzustellen um eine erfolgswirksame Umsetzung sicherzustellen Diese Planung und Abstimmung verlangt nach besonderer Aufmerksamkeit da beide strategische Ausrichtungen nicht voneinander zu trennen sind wie in Abb 67 Sie ergaumlnzen sich zu einer gesamthaften Transformationsstrategie

Schlieszliglich ist ein Konzept zur Erfolgsmessung und Umsetzungskontrolle zu erstel-len Darunter fallen die Determinierung notwendiger Aufgaben Verantwortlichkeiten sowie eines Zeitplans zur Erreichung von Meilensteinen Diese Informationen sind systematisch zu dokumentieren damit die Beteiligten der Initiative waumlhrend der Trans-formation auf dieses Dokument als Orientierungspunkt zuruumlckgreifen koumlnnen

6212 Portfolio-ManagementDie Umsetzung von Transformationsstrategien erfordert die parallele Durchfuumlhrung von unterschiedlichen und zum Teil komplexen Projekten um die Initiative zum Erfolg zu fuumlhren Aus diesem Grund ist der enge und stetige Austausch auf strategischer Ebene ndash Wohin will ich ndash essenziell Hoher Kosten- und Termindruck sowie begrenzte Ressour-cen erfordern im Sinne einer laufenden Optimierung ein strukturiertes und integriertes Management des Projektportfolios

Abb 67 Transformationsstrategie

262 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Das Portfolio-Management dient der optimalen Untergliederung der Initiative und der kontinuierlichen Analyse der geplanten und laufenden Projekte in der Organisation Her-vorzuheben ist dass sich der Geltungsbereich des Portfolio-Managements auf saumlmtliche Initiativen und Projekte im Unternehmen bezieht Dazu gehoumlren explizit archivierte Alt-projekte (Was waren die bdquolessons learnedldquo) kuumlrzlich abgeschlossene Projekte (Gibt es inhaltliche Aumlhnlichkeiten) laufende Projekte (Werden Probleme moumlglicherweise gerade doppelt bearbeitet) und geplante Projekte (Ist die Planung noch sinnvoll) Im Kap 4 wurde betont dass sich eine Operational-Excellence-Initiative wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma von anderen strategischen Maszlignahmen unterscheiden muss ndash dafuumlr wird hier der Grundstein gelegt

Das Portfolio-Management ist das Bindeglied zwischen der strategischen Planung des Unternehmens und der Operational-Excellence-Aktivitaumlten weil es mittels einer uumlbergrei-fenden und laufenden Planung Steuerung und Erfolgskontrolle uumlberpruumlft ob der Fort-schritt der Initiative im Einklang mit der strategischen Gesamtausrichtung der Organi-sation steht Um in der Terminologie des ersten identifizierten Erfolgsfaktors in Kap 4 (Initiative mit Organisation harmonisieren) zu bleiben Durch strukturiertes Portfolio-Ma-nagement wird die Leistungsbereitschaft der Initiative stets mit dem Leistungsvermoumlgen der Organisation harmonisiert Im Kontrast dazu finden in vielen Unternehmen Operatio-nal-Excellence-Bemuumlhungen auf Nebenkriegsschauplaumltzen statt und ziehen im Konflikt mit dem Alltagsgeschaumlft langsam aber sicher den Kuumlrzeren Das Ziel und der Nutzen des Portfolio-Managements in einer Operational-Excellence-Initiative liegen in der dauerhaf-ten strategischen Ausrichtung und der standardisierten Durchfuumlhrung aller Projekte

Wie aus Abb 68 ersichtlich wird laumlsst sich das Portfolio-Management in eine strate-gische und eine operationale Auspraumlgung differenzieren

bull Das strategische Portfolio-Management folgt einer dauerhaften Ausrichtung der ge-planten oder laufenden Initiative an den strategischen Unternehmenszielen In der Folge dieses konkreten Strategie-Konformitaumlts-Managements wird das Vorgehen auf

Abb 68 Portfolio-Management

26362 Die Analyse-Phase

Projektebene optimiert d h der Ablauf der Projekte wird im Hinblick auf die zu errei-chenden Meilensteine (bspw aus der Change Strategy) bewertet und priorisiert Dafuumlr entscheidet das strategische Portfolio-Management mehrmals im Jahr in Abstimmung mit den Initiatoren oder Sponsoren der Initiative uumlber die optimale Portfolio-Zusam-mensetzung und beauftragt im Zuge dieses Portfolio-Komitees neue Programme und Projekte Es wird hier deutlich wie wichtig das kontinuierliche Engagement des Top-managements ist Pierre Vareille und Yves Merel von der FCI-Gruppe wirkten zur Si-gnalisierung ihres Commitments jaumlhrlich an einem Lean-Projekt auf dem Shopfloor mit ndash ein Portfolio-Komitee koumlnnte dementsprechend ein passendes Projekt mit einer besonders starken Signalwirkung bestimmenndash Die Aufgabe des strategischen Portfolio-Managements ist es auch das Gesamtbud-

get und die anfallenden Kosten im Blick zu behalten und die Projektergebnisse in die Organisationsumgebung zu integrieren Wichtig ist die Initiative stets an die Impulse der Umwelt anzupassen ndash wenn sich die Rahmenbedingungen im Wett-bewerb aumlndern beeinflusst dies die Unternehmensstrategie was sich wiederum auf das Portfolio-Management und das Projektmanagement entsprechend durchschla-gen sollte

bull Das operationale Portfolio-Management verantwortet die Steuerung und Kontrolle al-ler geplanten und laufenden Operational-Excellence-Projekte Die Etablierung eines regelmaumlszligigen Status-Reporting und belastbaren Risikomanagements ist in diesem Zuge elementar Es soll dafuumlr Sorge tragen dass das Management der einzelnen Projek-te sorgfaumlltig und standardisiert durchgefuumlhrt wird Erfolgsfaktoren aus Kap 4 (Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen) finden hier ihre Beruumlcksichtigung denn die Auswahl von Projekten mit der groumlszligten Hebelwirkung oder die stetige Sondierung des Projektverlaufs sind Teile des Aufgabenbereichs des operationalen Portfolio-Manage-ments Durch die laufende Konsolidierung der Projekte sollen auch entscheidungsrele-vante Informationen (wie das Erreichen von bdquoQuick Winsldquo oder bdquokriselndeldquo Projekte) fuumlr das Benefit-Management (ROI) der Unternehmensleitung aufbereitet werden

Zum Abschluss sind vier erfolgskritische Faktoren aufzufuumlhren die ein professionelles Portfolio-Management kennzeichnen Wenn alle vier dieser Faktoren gegeben sind ver-staumlrkt dieses Instrument die Transparenz innerhalb der Infrastruktur einer Initiative und ermoumlglicht eine saubere und substanzielle Umsetzung der einzelnen Projekte

1 Umfassende Planung einheitliche und verbindliche Prozesse und Methoden im Hin-blick auf das Zusammenwirken zwischen Unternehmensstrategie Portfoliomanage-ment und Projektmanagement etablieren

2 Kontinuierliche Aufsicht klare und trennscharfe Messkriterien fuumlr ein disziplinier-tes Controlling bilden welches verschiedene Perspektiven beruumlcksichtigt (Strategie Finanzen Kunden Mitarbeiter usw) um zusaumltzlich potenzielle Risiken fruumlhzeitig zu erkennen

264 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Ergebnisorientierte Steuerung belastbare Portfolio-Management-Organisation installieren mit verbindlichen Eskalationsprozeduren die schnelle Entscheidungen ermoumlglichen

4 Leistungsfaumlhige Ressourcen Verfuumlgbarkeit von finanziellen Investitionen und ent-sprechender Budgetplanung klaumlren und klares Bekenntnis zur Involvierung von poten-ten Mitarbeitern zeigen

6213 Initiative-Management-OfficeDas Initiative-Management-Office ist eine organisatorische Einheit zur Steuerung einer Operational-Excellence-Initiative und der damit einhergehenden zielkonformen Umset-zung der einzelnen Projekte Strategische Neuausrichtungen wie die Transformation durch Lean Sigma Lean Management oder Six Sigma sind komplexe Vorhaben die ein solches strukturiertes und integriertes Vorgehen mit einer zentralen Steuerung erfordern Das In-itiative-Management-Office ist entweder als vertiefende Ergaumlnzung zum Portfolio-Ma-nagement oder als Alternative zu nutzen Dies kommt wie im Folgenden erlaumlutert auf die Struktur und Groumlszlige der Organisation an

Das Office widmet sich ausschlieszliglich der Steuerung der Initiative und weniger dem Austausch auf unternehmensweiter Strategieebene Der aufmerksame Leser wird nun ein-wenden dass dies dem zuvor aufgegriffenen Erfolgsfaktor wonach eine Initiative in die Gesamtstrategie eingebettet sein muss widerspricht Das ist genau genommen richtig doch in speziellen Faumlllen ist eine (umfangreichere) Komplexitaumlt nach dem Prinzip des Portfolio-Managements nicht notwendig Dies ist besonders dann der Fall wenn die fuumlr die Operational-Excellence-Implementierung verantwortliche Person entweder ohnehin schon Teil der Unternehmensfuumlhrung ist oder dieser sehr nahe steht Dieser Fall wird wie in Abb 69 dargestellt bei kleineren Organisationen wie mittelstaumlndischen Unterneh-men eintreten was den Charme dieses Initiative-Management-Offices (oder bdquoPortfolio-Management-lightldquo) deutlich macht So ist im Hause der Neuenfelder Maschinenfabrik der COO Goran Curic gleichzeitig Teil der Geschaumlftsfuumlhrung und Initiator und Antreiber der Lean-Initiative Bei Unternehmen in dieser Groumlszligenordnung und mit dieser Organisa-tionsstruktur kann angenommen werden dass es eher wenige gleichzeitig zu beachtende Projektaktivitaumlten und Initiativen gibt Beim boumlrsennotierten Versicherungsriesen AXA wird das anders aussehen ndash eine explizite Verantwortlichkeit fuumlr die Gesamtsteuerung der strategischen Bemuumlhungen ist dann relevant Dieser Fall wird aus Abb 610 ersichtlich

Die Implementierung eines Initiative-Management-Offices ist die Grundlage fuumlr die Definition und Einfuumlhrung standardisierter Ablaumlufe die effizienter und kostenguumlnstiger durchgefuumlhrt werden sowie leicht erlernbar und ohne weitere Probleme auf Projekte in der Zukunft uumlbertragbar sind Das Rahmenwerk dieser Einheit ermoumlglicht die zentrale Ver-fuumlgbarkeit aller initiativerelevanter Informationen sodass die Unternehmensfuumlhrung auf diese zeitnah und mit geringem Aufwand als Entscheidungsgrundlage zuruumlckgreifen kann (in Form von Meilensteinplaumlnen und Statusreports) Die zentrale Leitung der Transfor-mation kann durch eine effiziente Steuerung der kritischen Ressourcen im Unternehmen Engpaumlsse fruumlhzeitig erkennen und abfedern (in Form von systematischer Risikobewer-

26562 Die Analyse-Phase

tung und Problem-Logbuumlchern) Die klar definierte Verteilung und Kommunikation von Verantwortung hilft Missverstaumlndnisse zu vermeiden und eine disziplinierte Umsetzung der Einzelprojekte sicherzustellen (in Form von Verantwortlichkeitsmatrizen) Schlieszliglich reduzieren effiziente Prozesse systematisierte Transparenz eine uumlbergeordnete Steuerung von Ressourcen und eine solide Kompetenzregelung die Transaktionskosten im Zuge einer Operational-Excellence-Implementierung

Fuumlr die erfolgreiche Etablierung eines solchen Initiativen-Cockpits sind ein Sponsor und die dementsprechende Unterstuumltzung notwendig Yves Merel dessen Funktion als Lean-Direktor der FCI-Gruppe dem Initiativenmanager aumlhnelte konnte sich jederzeit auf die Ruumlckendeckung des CEO Pierre Vareille verlassen und wurde stets sowohl in finan-zieller als auch personeller Hinsicht unterstuumltzt Im Hinblick auf die Sensibilitaumlt der intia-tiverelevanten Informationen die an dieser Stelle konsolidiert werden sollte der zentrale Lenkungsausschuss so neutral und unabhaumlngig wie moumlglich konstituiert sein Das Ein-setzen eines Branchenfremden (wie es Yves Merel bei der FCI-Gruppe und auch Bruce Miyashita bei MLF waren) kann dafuumlr ein wichtiger Schachzug sein Ferner ist es elemen-tar dass der Kontakt zu einer uumlbergeordneten Eskalationsinstanz (wie der Sponsor) und eine robuste offene und zuverlaumlssige Kommunikation zwischen der Linienorganisation den Projektverantwortlichen und dem Initiative-Management-Office gegeben sind Aus

Unternehmensstrategie Projektmanagement

Portfolio-Management

Initiative-Mgmt-Office

Abb 610 Transformation Management als Ergaumlnzung zum Portfolio-Management bei groumlszligeren Organisationen

Abb 69 Transformation Management als Ersatz des Portfolio-Managements bei kleineren Organisationen

266 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Kap 4 bekannte Erfolgsfaktoren wie das Schaffen von Lernsituationen das Sicherstellen eines Wissensmanagements und die Kommunikation von erfolgreich durchgefuumlhrten Pro-jekten fallen ebenfalls in die Verantwortung dieser zentralen Funktion und machen deut-lich dass die Hebelwirkung eines sorgfaumlltig aufgesetzten Initiative-Management-Office fuumlr die Etablierung einer kontinuierlichen Leistungsphilosophie nicht zu unterschaumltzen ist

622 Resources

Dieses Modul ist in zwei Teile aufgeteilt die das Unternehmen auf essenzielle Ressour-cen abklopfen Die Offenheit fuumlr Neues und weitere kulturelle Faktoren die den in der Organisation verbreiteten bdquogesunde Menschenverstandldquo beeinflussen Die Basis bilden der Change Readiness Survey (Ist der Umgang mit Veraumlnderungen eine Kompetenz meiner Organisation) und die Ist-Kulturanalyse (Welche Auspraumlgungen der Unterneh-menskultur definieren die Veraumlnderungsbereitschaft ndash positiv oder negativ ndash konkret) Abbildung 611 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

ANALYSE

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Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

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Abb 611 Roadmap Resources

26762 Die Analyse-Phase

6221 Change Readiness SurveySinn und Zweck dieses formalisierten Vorgehens ist die Beurteilung der in der Beleg-schaft verbreiteten Veraumlnderungskompetenz sich auf die anstehende Implementierung einer Operational-Excellence-Methodik wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma einzulas-sen Das Assessment welches einen der ersten Erfolgsfaktoren aus Kap 4 (Veraumlnderungs-bereitschaft der Organisation evaluieren) aufgreift kann am Anfang des Transformations-programms durchgefuumlhrt werden um eine Baseline zu erstellen und spaumlter in Interval-len z B vor groszligen Meilensteinen den Ablauf zu wiederholen Durch die Befragung der entscheidenden Ressource fuumlr Veraumlnderungsvorhaben ndash der Mitarbeiter ndash lassen sich Ruumlckschluumlsse auf das Transformationsvorhaben ziehen So gewinnen die Initiatoren ein Gefuumlhl fuumlr die geeignete Geschwindigkeit der Veraumlnderung Durch die Identifizierung von uumlbergreifenden Gedanken Einstellungen und Verhaltensweisen der Betroffenen und Beteiligten lassen sich noumltige Kommunikations- und Interventionsmaszlignahmen ableiten Schlieszliglich laumlsst sich eine erste Vorhersage hinsichtlich der Erfolgsrate der Implementie-rung treffen

Zunaumlchst werden also die entsprechenden Zielgruppen der Befragung definiert Wich-tig ist dass man den Zeitpunkt und die Gruppen sorgfaumlltig waumlhlt Dieses fruumlhzeitige In-volvieren der Mitarbeiter kann sowohl positiv (Mitarbeiter fuumlhlen sich miteinbezogen) als auch negativ (Mitarbeiter koumlnnen Sinn und Zweck nicht einschaumltzen weil sie das Gesamt-bild noch nicht erkennen und produzieren Geruumlchte) wirken Diese Angelegenheit liegt im individuellen Ermessen der Initiatoren des Vorhabens ndash es existiert kein Best-Practice-Modell Festzuhalten ist dass auch vor der offiziellen Verkuumlndigung einer Operational-Excellence-Initiative zum Beginn der Transfer-Phase eine kritische Stichprobenmenge an Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen in den Entstehungsprozess dieser ersten Kernphase miteingebunden werden sollte Nach der Definition der Zielgruppen werden der Erhebungsbogen ermittelt und die Medien zur Datenerfassung bestimmt Die Daten koumlnnen durch Face-to-Face-Gespraumlche Workshops oder eine elektronische Umfrage wie im folgenden Beispiel erhoben werden

Die Evaluation durch eine elektronische Umfrage sollte anonym erfolgen und der Um-fang der Erhebung sollte houmlchstens eine gute Viertelstunde zum Ausfuumlllen in Anspruch nehmen Erfahrungsgemaumlszlig hat sich bei der Bearbeitung der zu bewertenden Thesen eine Skala von 1 bis 6 in der Praxis bewaumlhrt2 Das folgende Beispiel ist lediglich eine Moumlglich-keit ndash es lassen sich beliebig viele Fragen und Themenschwerpunkte (Zielverstaumlndnis Sponsoring und Fuumlhrung Veraumlnderungskultur Unternehmenskultur Wahrnehmung des Projektes Kommunikation Mitarbeiterbeteiligung Veraumlnderungseinfluss Wissen und Faumlhigkeiten) entsprechend der individuellen Situation modifizieren bdquoOperational Excel-lenceldquo fungiert nur als Platzhalter fuumlr eine der drei Verbesserungsmethoden

2 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

268 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Es ist die richtige Entscheidung Operational Excellencezu implementieren Ich glaube dass die Initiative das Unternehmenin die richtige Richtung fuumlhrt Grundsaumltzlich erwarte ich dass die Unternehmensfuumlhrung und das nominierte Team die Initiative erfolgreich implementiert Ich glaube dass sich das Top Management zum Erfolgder Initiative verpflichtet hat

Ich bin uumlberzeugt dass sich das mittlere Managementzum Erfolg der Initiative verpflichtet hat

Ich glaube dass sich mein Geschaumlftsbereich zum Erfolgder Initiative verpflichtet hat

Ich persoumlnlich verpflichte mich fuumlr eine erfolgreiche Implementierung

Ich denke dass die durch die Initiative hervorgerufenen Veraumlnderungen eine Verbesserung fuumlr unseren Geschaumlftsablauf sein werden

Change Readiness Survey 13

Initiative und Unterstuumltzung

Unsere Unternehmenskultur ist empfaumlnglich fuumlr Veraumlnderungen Die Arbeitskultur in unserem Geschaumlftsbereichist veraumlnderungsaffin Die Veraumlnderungen der letzten Jahre fuumlhren uns in die richtige Richtung In der Organisation treten momentan genuumlgend Veraumlnderungen auf die unsere Wettbewerbsfaumlhigkeit aufrechterhalten

Wir erkennen das gemeinsam Erreichte an und feiern unsere Erfolge

Uumlber Fehler und Misserfolge sprechen wir offen sodass wir daraus lernen

Normalerweise werden die richtigen Leute fuumlr die richtigen internen Projekte eingesetzt

Kultur (12)

26962 Die Analyse-Phase

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Change Readiness Survey 33

Kultur (22)

Ich habe ein solides Verstaumlndnis davon wie mein Geschaumlftsbereich funktioniert und organisiert ist

Ich verstehe wie sich meine Taumltigkeit auf andere

Verantwortlichkeiten und Arbeitsbereiche

Prozessschritte auswirkt

Ich verstehe wie sich meine Arbeit auf andere in meinem eigenen Geschaumlftsbereich auswirkt

Ich erwarte dass sich die Implementierung der Initiativeauf mein operatives Geschaumlft auswirkt

Generell blicken wir der Implementierung von Operational Excellence optimistisch entgegen

Grundsaumltzlich blickt mein Geschaumlftsbereich der Initiative positiv entgegen

Es besteht eine generelle Bereitschaft die Initiative erfolgreich umzusetzen

Mein Geschaumlftsbereich ist vor lauter Veraumlnderungen ermuumldet

Der Arbeitsaufwand ist fuumlr mich momentan machbar

Die UnternehmensfuumlhrungInitiativenleitung hat die Visionund Strategie der Initiative klar kommuniziert

Die UnternehmensfuumlhrungInitiativenleitung hat meinemGeschaumlftsbereich realistische Ziele gesetzt

Das Top Management meines Geschaumlftsbereiches kann die anstehenden Veraumlnderungen zur Implementierung von Operational Excellence realistisch einschaumltzen

Das Top Management meines Geschaumlftsbereiches beherrscht die Implementierung von weitreichenden Veraumlnderungen

Das Management meines Geschaumlftsbereiches ist fuumlr Fragen und Diskussionen hinsichtlich der Initiative offen und verfuumlgbar

270 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Bislang fuumlhle ich mich ausreichend uumlber die bevorstehende Initiative informiert Bislang bin ich damit zufrieden wie oft und zu welchem Zeitpunkt mich Informationen erreichen Ich wuumlrde im Hinblick auf die Initiativegerne besser informiert werden

Ich bin mit der Qualitaumlt der Informationen zufrieden

Mein Vorgesetzter informiert mich ausreichend uumlber den aktuellen Entwicklungstand der Initiative und die moumlglichen Auswirkungen auf meine Geschaumlftstaumltigkeit

Ich kann Kollegen aus dem Team das die Initiative steuert jederzeit mit Fragen ansprechen

Ich wuumlrde die Moumlglichkeit anonymes Feedback und Verbesserungsvorschlaumlge bezuumlglich der Initiative abgebenzu koumlnnen wahrnehmen

Mitarbeiter die von der Initiative direkt betroffen sindwerden ausreichend involviert

Vertreter meines Geschaumlftsbereiches sind in dem Teamder Initiative aktiv vertreten

Ich wuumlrde in die Operational-Excellence-Initiativegerne staumlrker involviert sein

Change Readiness Survey 33

Kommunikation und Beteiligung

27162 Die Analyse-Phase

Bedeutung der Initiative

Was sind Ihrer Meinung nach die zehn wichtigsten Benefitsder Operational-Excellence-Initiative Bitte sortieren Sie die zehn aufgefuumlhrten Erfolgskriterien nach 1 = Wichtigstebis 10 = Unwichtigste

Was empfinden Sie als das Positivste und Negativste im Hinblick auf die Initiativewenn Sie von Ihrem Wissen heute ausgehen (offene Frage)

Erhoumlhung der Profitabilitaumlt

Verbesserung des Unternehmensimages

Steigerung der Mitarbeiter-Zufriedenheit

Veraumlnderung der Unternehmenskultur

Verbesserte Wettbewerbsposition

Steigerung der Kundenzufriedenheit

Steigerung der Arbeitsproduktivitaumlt

Verbesserung der Liefertermintreue

Reduzierung von Reklamationen

Steigerung des Marktanteils

272 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Fuumlr die Auswertung der Erhebung relevante demographische Daten

Fuumlr eine differenzierte Auswertung bitten wir Sie den Geschaumlftsbereich anzukreuzen der Ihrer Taumltigkeit am naumlchsten kommt Wir weisen darauf hin dass wir den jeweiligen Geschaumlftsbereich besser verstehen wollen und nicht an den Meinungen Einzelner interessiert sind

Einkauf

Vertrieb Marketing Forschung amp Entwicklung Logistik Controlling

Bitte kreuzen Sie an welche der folgenden Rollen Ihrer Taumltigkeitin der Initiative am naumlchsten kommt

Endkunde

Geschaumlftsbereich Management Lenkungsausschuss Mittleres bis hohes Management Teammitglied in der Initiative Fuumlhrungskraft in der Initiative

27362 Die Analyse-Phase

Persoumlnliche Kommentare

Was sind Ihrer Einschaumltzung nach die groumlszligten Hindernisse bei der erfolgreichen Umsetzungder Operational -Excellence-Initiative

Was wuumlrden Sie empfehlen um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Initiative zu erhoumlhen

Was beschaumlftigt Sie wenn Sie an die Zeit nach der Implementierung denken

Bei der Auswertung der Daten werden kritische Faktoren und Risikopotenziale umgehend identifiziert und auffallende Diskrepanzen in der Veraumlnderungsbereitschaft dokumentiert Moumlgliche Ergebnisse koumlnnten sein

1 Fuumlr die Mitarbeiter ist weder ein starker interner noch ein ausgepraumlgter externer Fokus zu erkennen Es gibt weder eine erkennbare langfristige Ausrichtung noch den Rahmen fuumlr Entscheidungen und Handlungen

2 Eine Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen ist so gut wie nicht vor-handen Eine bereichsuumlbergreifende Zusammenarbeit Teamwork scheint nicht zu funktionieren

274 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Es existiert eine hohe Lernfaumlhigkeit und ein Lernwille jedoch fehlen Mechanismen um die noumltigen Veraumlnderungen der Initiative auch zu realisieren

4 Es fehlt an einer gezielten Integration sowohl durch ein akzeptiertes Wertesystem als auch durch eine gelebte Vorbildfunktion des Managements

5 Die Mitarbeiter erwarten durch die Operational-Excellence-Initiative groszlige Veraumlnde-rungen ihrer persoumlnlichen Arbeitsweisen und Arbeitsinhalten wissen aber nicht wohin die Reise geht

6 Die Mitarbeiter und Fuumlhrungskraumlfte sind hoch motiviert diese Veraumlnderungsinitiative einzufuumlhren und umzusetzen Diese Motivation sinkt aber stetig durch die fehlenden Informationen hinsichtlich zukuumlnftiger Prozesse Strukturen und Ziele

7 Die Mitarbeiter und Fuumlhrungskraumlfte sehen durch die Veraumlnderung eine Chance ihre persoumlnlichen und beruflichen Ziele besser erreichen zu koumlnnen

Die Ergebnisse werden in Form von Handlungsempfehlungen in einem Aktionsplan ver-wertet Moumlgliche Aktivitaumlten ndash die nicht als Pendant zu den gerade aufgefuumlhrten Punkten zu verstehen sind ndash koumlnnten sein

1 Im Rahmen eines Management-Workshops wird die zukuumlnftige Mission und Vision der Operational-Excellence-Initiative definiert sowie anschlieszligend kommuniziert

2 Eine Roadshow des Managements als Kick-off der neuen Organisation gibt den Mit-arbeitern einen Uumlberblick

3 Kaskadierende Workshops beginnend beim Management bis zum Mitarbeiter beschrei-ben die zukuumlnftige Ausrichtung bis hin zum individuellen Aufgabengebiet eines Mitarbeiters

4 Das Integrationsprojekt wird durch explizit benannte Kommunikationsverantwortliche unterstuumltzt

5 Es wird eine Zwei-Wege-Kommunikation3 aufgebaut Die dabei erhaltenen Anfragen werden zeitnah und offen beantwortet

6 Ausgewaumlhlte Change Agents unterstuumltzen die Mitarbeiter bei der Integration und geben zeitnah Feedback an das Projektteam um antizipierende Maszlignahmen zeitnah aufzusetzen

Diese Empfehlungen des Aktionsplans dienen als Grundlage weiterer Instrumente wie dem Stakeholder-Management und Kommunikationsplan auf die im anschlieszligenden Mo-dul bdquoGuidanceldquo noch naumlher eingegangen wird

3 Eine Ein-Wege-Kommunikation ist das Senden einer E-Mail oder das Besprechen eines Anrufbe-antworters Zwei-Wege-Kommunikation bedeutet dass eine Nachricht nicht nur vom Sender zum Empfaumlnger uumlbertragen wird sondern auch eine Botschaft vom Empfaumlnger zum Sender vermittelt wird Typisches Beispiel ist das Telefon ndash auf die Botschaft gibt es vom Empfaumlnger unmittelbar Antwort Eine Zwei-Wege-Kommunikationskultur ist demnach von konstruktiver Diskussion und Feedback gepraumlgt

27562 Die Analyse-Phase

6222 Analyse der OrganisationskulturIm Zuge der Darstellung der IBM-Making-Change-Work-Studie wurde in Kap 5 die Re-levanz von weichen Faktoren bei Veraumlnderungsprozessen aufgezeigt Schluumlsselfaktoren waren demnach das Veraumlndern von Denkweisen und Einstellungen die Auspraumlgungen der Unternehmenskultur und das Unterschaumltzen der zu bewaumlltigenden Komplexitaumlt Ka-pitel 4 stellte zuvor heraus dass die kulturelle Anschlussfaumlhigkeit zwischen Organisation und Methodik sichergestellt sein muss Diese Faktoren sind von Natur aus schwer zu messen ndash was ihre Bedeutung jedoch keineswegs mindert Wer kulturelle Realitaumlten4 ig-noriert vernachlaumlssigt eine elementare Ressource der Organisation und wird die Initiative zwangslaumlufig in ein von Konflikten gepraumlgtes unruhiges Fahrwasser steuern ndash der Erfolg wird leichtsinnig aufs Spiel gesetzt Abbildung 612 hebt die Bedeutung der kulturellen Dimension bei Veraumlnderungsprozessen entsprechend hervor

Kulturelle Eigenheiten verstecken sich hinter gewohnten und weniger spruchreifen Geschaumlftspraktiken Diese Geschaumlftspraktiken sind bdquothe way we do things around hereldquo und der bdquocommon senseldquo also der in der Organisation etablierte bdquogesunde Menschen-

4 In diesem Abschnitt ist ausschlieszliglich die Unternehmenskultur relevant Uumlberlegungen zur Be-ruumlcksichtigung von nationalen Kulturunterschieden werden in der Transfer-Phase in Kap 6322 diskutiert

Veraumlnderung OHNEVerhaltensveraumlnderungen wird zu keinen und houmlchstens kurzlebigen Leistungsverbesserungen fuumlhren

Wenn Verhalten nicht durch die Kultur gestuumltzt ist werden gewohnte Verhaltensweisen wieder einkehren ndash die Veraumlnderung ist gescheitert

Verhaltensveraumlnderungen die durch kulturelle Veraumlnderungen unterstuumltzt werden fuumlhren zu nachhaltigen Leistungs-verbesserungen

1 2 3

euro Initiative gestuumltzt durch kulturelle Veraumlnderungen

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Initiative ohne kulturelle Unterstuumltzung und ohne Verhaltensveraumlnderungen

Initiative ohne kulturelle Unter-stuumltzung und nur verstaumlrktdurch Verhaltensaumlnderungen

1 2

Abb 612 Veraumlnderung mit und ohne kulturelle Unterstuumltzung

276 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

verstandldquo Wir sprechen von dem schwer zu greifenden WIE welches das WAS die Men-schen im Unternehmen tun maszliggeblich beeinflusst Die ungeschriebenen Gesetze die neuen Mitarbeiter erklaumlrt werden ohne dass jemand ihre Entstehungsgeschichte konkret erlaumlutern kann existieren ausnahmslos uumlberall und praumlgen die Einzigartigkeit eines Unter-nehmens wesentlich Organisationsintern gewachsene individuelle Wertvorstellungen und beobachtbare Verhaltensweisen spiegeln die Unternehmenskultur wider Abbildung 613 stellt einen Auszug aus Beispielen dar worin sich Organisationen kulturell differenzieren koumlnnen

Zuvor wurde im Kontext flaumlchendeckender Operational-Excellence-Initiativen von einem bdquoPowershiftldquo gesprochen ndash bei den aus der Praxis aufgegriffenen Beispielen wurde des Oumlfteren von einer kulturellen Transformation (MLF) oder sogar kulturelle Revolution (AXA) gesprochen Tatsaumlchlich koumlnnen bei einer Initiative dieser Dimension Welten auf-einander prallen die aufgrund von unterschiedlichen Wertegeruumlsten Arbeitsweisen und Prioritaumlten zunaumlchst die Produktivitaumlt einschraumlnken Es ist sinnvoll sich dieser struktu-rellen Verschiebung rechtzeitig zu widmen sodass die jetzige Unternehmenskultur an den richtigen Stellen fuumlr die zukuumlnftigen Herausforderungen geschliffen wird Ein ge-steigertes Bewusstsein fuumlr kulturelle Diskrepanzen zwischen dem Ist- und dem Soll-Or-ganisationskulturzustand hilft die zukuumlnftige Leistungsphilosophie unternehmensweit zu adaptieren

Ein erster Schritt dafuumlr ist das Assessment von Geschaumlftspraktiken der bestehenden Unternehmenskultur Im Folgenden werden auszugsweise Fragen formuliert die sich ex-emplarisch fuumlr die strukturierte Erarbeitung von kulturellen Eigenheiten anbieten

Abb 613 Unterschiede bei Unternehmenskulturen

27762 Die Analyse-Phase

Fragen zur strukturierten Erarbeitung von kulturellen Eigenheiten

Unternehmenssteuerung und Entscheidungsprozesse

12

Wie wird mit Erwartungen umgegangenWenn es Alternativen bei der Problemloumlsung gibt ist es besser auf alleoder nur die besten Vorschlaumlge einzugehenWer sollte in welche Problemloumlsungsprozesse involviert seinWie viel Planung ist von Noumlten bevor es an die Umsetzung gehtInwiefern gelingt es dem Management Konflikte zu loumlsen

Problemloumlsung

Folgen Mitarbeiter eher definierten Prozessen oder ihrer IntuitionWelche Personen verfuumlgen uumlber groszligzuumlgigen HandlungsspielraumWerden manche Prozesse oder Geschehnisse anderes gemanagt als zuvor definiert ndashwenn ja warum und wer entscheidet daruumlberWer sollte in welche Prozesse involviert sein damit sie erfolgreich umgesetzt werden

Prozesse

Wie werden Messgroumlszligen und Kennzahlen unternehmensweit gebrauchtWelches Belohnungskonzept ist etabliert wenn bestimmte Kennzahlen erreichtoder deutlich uumlberschritten werdenWas geschieht wenn den Mitarbeitern die Zielerreichung nicht gelingt

Kontrollsystem

Wer sind die zentralen Entscheidungstraumlger und welche Arten von Entscheidungentreffen sieWelche Rolle spielen die Mitarbeiter in diesen EntscheidungsprozessenWerden Konsensentscheidungen bevorzugt ndash wenn ja zwischen welchen PersonenFunktionenAbteilungen muss Konsens bestehenWelche Entscheidungen werden zentral getroffen ndash welche lokal

278 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Fragen zur strukturierten Erarbeitung von kulturellen Eigenheiten 22

Welche Einstellungen der Mitarbeiter werden hinsichtlich des Kunden des Wettbewerbsoder der Unternehmensstrategie erwartetErweisen sich bei globalen Problemfragen eher lokale oder globale Antworten als wirksamWie werden Prioritaumlten festgelegtIst bei der Priorisierung eher eine langfristige oder kurzfristige Orientierung sinnvoll

Priorisierung

Wie wichtig sind zwischenmenschliche Beziehungen und wie sollten sie gepflegt werdenWie wichtig ist die Hierarchie und wie sollten Mitarbeiter uumlber Organisationsebenen hinweg miteinander umgehenWie sollten Teamwork und Einzelarbeit angewendet werdenWelche Orientierung und Erwartung gilt fuumlr die Mitarbeiter die Beziehungen zu externen Stakeholdern aufgebaut haben

Beziehungen

Wie wird die Arbeit verteilt Wer verfuumlgt uumlber die EntscheidungsgewaltWas kennzeichnet die PersonalentwicklungsstrategieWie koumlnnen sich Mitarbeiter intern weiter entwickeln

Personalentscheidungen

Inwiefern muumlssen Mitarbeiter fixierten Regeln folgen Oder koumlnnen sie Arbeitssituationen selbst beurteilenWer kann was und wann beurteilenWann gelten vereinbarte Richtlinien nicht und wer entscheidet das

Richtlinien

Delegieren die Fuumlhrungskraumlfte eher Aufgaben an die Mitarbeiter oder engagierensie sich auch selbstWie sollten die Fuumlhrungskraumlfte mit Untergeordneten und Vorgesetzen umgehenWelche Kommunikation erwartet man von den FuumlhrungskraumlftenWie oft sollte dies der Fall sein und mithilfe welches MediumsWie viel Offenheit von Seiten der Vorgesetzten kann man erwarten

Fuumlhrung

27962 Die Analyse-Phase

Eine umfassende Erhebung und anschlieszligende sorgfaumlltige Analyse des Ist-Zustandes ist wichtig weil das Ausmaszlig von kulturell bedingten Einflussfaktoren haumlufig unterschaumltzt wird Ein in die unternehmensweite Lean-Sigma-Implementierung involvierter Black Belt einer schweizerischen Bank erinnerte sich an folgende Situation

Bei einem der ersten Workshops in der Zentrale der Bank wollten die Berater einer externen Beratungsgesellschaft die Anordnung der Stuumlhle und Tische so veraumlndern dass jeder Teilnehmer alle anderen sehen und problemlos mit den Kollegen kommunizieren wuumlrde koumlnnen ndash nichts Ungewoumlhnliches um einen Workshop ergebnisorientiert zu mode-rieren Umso uumlberraschender war die deutliche Aussage eines Mitarbeiters aus dem mitt-leren Management des Bankhauses dass das Arrangement der Sitzordnung in keinem Fall geaumlndert werden darf Gewisse Personen haumltten einen zugewiesenen Platz und das sollte so bleiben Obwohl die Implementierung von Lean Sigma noch nicht richtig begonnen hatte eckte sie bereits an Ein bdquocultural clashldquo war nur noch Formsache

Diese Anekdote zeigt dass informelle Strukturen wie Tabus Vorurteile oder unge-schriebene Gesetze (es wird sicherlich keine dokumentierte Richtlinie fuumlr die Sitzordnung gegeben haben) die eigentliche Groumlszlige des Eisberges (unter Wasser) definieren Weil diese bdquoKleinigkeitenldquo nicht sofort ersichtlich sind werden sie in der Praxis haumlufig vernachlaumls-sigt Festzuhalten ist um es in den Worten des ehemaligen CEO der IBM Lou Gerstner (2003 S 51) zu sagen bdquoI came to see in my decade at IBM that culture isnrsquot just one aspect of the game ndash it is the gameldquo Uumlbrigens Nach einigen Jahren redlicher Bemuumlhung um den Leitgedanken von Lean Sigma in der Organisation der schweizerischen Bank zu konstituieren laumlsst sich heute nicht mehr leugnen dass die groszligangelegte und kosten-intensive Initiative im Sand verlaufen ist ndash wenn schon eine Sitzordnung nicht veraumlndert werden darf wie sollen die Denkweise und das Verhalten von einigen Tausend Mitarbei-tern rund um den Globus umgewandelt werden

Um eine sorgfaumlltige Analyse der Organisationskultur vornehmen zu koumlnnen kann bei-spielhaft an den Ansatz der in uumlber 6000 verschiedenen Organisationen unterschiedlicher Branchen Groumlszligen Laumlnder und in verschiedenen Sprachen angewandt wurde angeknuumlpft werden Auch wenn es viele andere Moumlglichkeiten gibt ein auf den letzten Seiten auf-gefuumlhrtes Assessment auszuwerten so erweist sich das auf langjaumlhrige Forschungsarbeit gestuumltzte Vorgehen des Professors fuumlr Management und Organisation Daniel Denison (2006 S 14 ff) als sehr geeignet

Er differenziert die Organisationskultur in vier Merkmale die als Einflussfaktoren fuumlr den Geschaumlftserfolg identifiziert wurden Anpassungsfaumlhigkeit Mission Kontinuitaumlt und Mitwirkung Jedes dieser Kulturmerkmale wird durch drei Komponentenindizes ge-messen (Mitwirkung z B durch Unternehmertum Teamorientierung und Faumlhigkeitsent-wicklung) und jeder dieser Indizes wird durch fuumlnf Hypothesen konkreter evaluiert Das Modell ist in Abb 614 dargestellt

Insgesamt sind also 60 Hypothesen zu bewerten (bspw durch die Top-Fuumlhrungskraumlfte des Unternehmens) deren Ergebnisse in statistisch erhobenen Perzentilwerten abgebildet werden um durch Messungen in regelmaumlszligigen Abstaumlnden eine Aussage hinsichtlich des Entwicklungsverlaufes zu treffen Die Aussagekraft der Ergebnisse hinsichtlich horizon-

280 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

externer Fokus

Das eingesetzte Unternehmenskulturmodell basiert auf vier Kultureigenschaftendie sich in 12 Kulturelemente mit jeweils 5 Hypothesen gliedern

flexibel stabilWerte ampVerhalten

interner Fokus

Kulturelemente

AVeraumlnderungsbereitschaft

Mstrategische AusrichtungZiele amp VereinbarungenVision

Kulturdimensionen

externer Fokusinterner Fokusflexibelstabil

KWerteIdentifikation

VUnternehmertumTeam-OrientierungFaumlhigkeitsentwicklung

A Kundenorientierungorganisatorisches Lernen

Koordination amp Integration

Abb 614 Organisationskultur nach Denison

28162 Die Analyse-Phase

taler (Verhaumlltnis Stabilitaumlt und Flexibilitaumlt) vertikaler (externer vs interner Fokus) und diagonaler (interne Konsistenz vs externe Anpassungsfaumlhigkeit) Spannungen und Wider-spruumlche ist essenziell um die Logik der bestehenden Organisationskultur verstehen zu koumlnnen Abbildung 615 und 616 zeigen die konsolidierten Ergebnisse von Unternehmen und machen deutlich dass die Organisationskultur und der unternehmerische Erfolg eng miteinander verknuumlpft sind

Das Denison-Organisationskulturmodell eignet sich fuumlr die fruumlhzeitige Definition von kritischen Baustellen mit der sich eine Operational-Excellence-Initiative eher fruumlher als spaumlter konfrontiert sieht So sind nach der Ist-Erhebung und der anschlieszligenden Analyse die richtigen Hebel ndash basierend auf der Denison-Modellierung ndash fuumlr eine wirksame Kul-turveraumlnderung zu identifizieren

Forschungsergebnisse belegen dass nach innen ausgerichtete Organisationen nicht wachsen Ein Unternehmen welches sich nur mit sich selbst beschaumlftigt koumlnnte so an den schwachen Auspraumlgungen der Kundenorientierung und des organisationalen Lernens und der gleichzeitig starken Auspraumlgung von Werten und Faumlhigkeitsentwicklung er-kannt werden Ein schleichender Verlust der Wettbewerbsfaumlhigkeit waumlre in der Folge kei-ne Uumlberraschung Unter dem Schlaglicht Horizontalspannung bewirken wurde bereits in Kap 5 die Schwierigkeit wenn ein Unternehmen ausschlieszliglich von innen nach auszligen argumentiert herausgestellt Irgendwann sollte man sich nicht mehr wundern dass die Kunden die Produkte nicht mehr nachfragen Durch das anschauliche Modell von Denison kann man den Fuumlhrungskraumlften zu dieser Erkenntnis verhelfen ndash eine groszlige Hebelwirkung haumltten in dem Beispiel eine auf den Kunden ausgerichtete Vision und daraus konsequent abgeleitete strategische Maszlignahmen Eine Maszlignahme koumlnnte ein entsprechendes Beloh-nungssystem sein ndash wobei der feine Unterschied zwischen Belohnung (Erkenntlichkeit) und Entlohnung (Entgelt) beruumlcksichtigt sei ndash welches diese kulturelle Veraumlnderung einer Kundenorientierung zusaumltzlich unterstuumltzt Bei der Bank of America wurden im Zuge der Six-Sigma-Implementierung die Auszligendienstmitarbeiter nicht abhaumlngig von der Anzahl der Neukunden sondern von der Dauer der bestehenden Kundenbeziehung in Form von Award-Verleihungen honoriert Weil die Qualitaumlt der Kundenbeziehung in der Folge be-merkenswerte Fortschritte machte zahlte diese kulturelle Veraumlnderung sich auch finan-ziell fuumlr die Organisation aus

Zusammenfassend identifiziert die Organisationskulturanalyse Handlungsnotwen-digkeiten und entwickelt wertvollen Input fuumlr die weitere Infrastruktur der Operational-Excellence-Initiative Die Differenzierung in einen Ist- und Soll-Zustand dient als Ba-sis um Maszlignahmen zu erarbeiten umzusetzen und aktiv aus kultureller Perspektive zu unterstuumltzen da die Unternehmenskultur als Ressource betrachtet und auf Potenziale und Schwachstellen hin untersucht wird Die zwoumllf Dimensionen des Denison-Organisations-kulturmodells eignen sich als Kriterien und Referenzpunkte fuumlr die Steuerung eines Ent-wicklungsprozesses wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma

282 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

externer Fokus

Das eingesetzte Unternehmenskulturmodell basiert auf vier Kultureigenschaften die sich in 12 Kulturelemente mit jeweils 5 Hypothesen gliedern

flexibel stabil

interner Fokus

Kulturelemente

VeraumlnderungsbereitschaftK d i ti

strategische AusrichtungZiele amp VereinbarungenVision

Kulturdimensionen

externer Fokusinterner FokusFlexibelstabil

KWerteIdentifikationKoordination amp Integration

UnternehmertumTeam-OrientierungFaumlhigkeitsentwicklung

un enor en erungorganisatorisches Lernen

Werte amp Verhalten

A

M

V

A

Abb 615 Konsolidierte Ergebnisse von Unternehmen 1

28362 Die Analyse-Phase

externer Fokus

Das eingesetzte Unternehmenskulturmodell basiert auf vier Kultureigenschaften die sich in 12 Kulturelemente mit jeweils 5 Hypothesen gliedern

flexibel stabilWerte amp Verhalten

interner Fokus

Kulturelemente

AVeraumlnderungsbereitschaft

Mstrategische AusrichtungZiele amp VereinbarungenVision

Kulturdimensionen

externer Fokusinterner FokusFlexibelstabil

KWerteIdentifikationKoordination amp Integration

VUnternehmertumTeam-OrientierungFaumlhigkeitsentwicklung

A Kundenorientierungorganisatorisches Lernen

Abb 616 Konsolidierte Ergebnisse von Unternehmen 2

284 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die 60 Hypothesen der Denison-Erhebung auf einen Blick 1 Die meisten Mitarbeiter-innen werden in die Gestaltung ihrer Arbeit stark einbezogen 2 Entscheidungen werden auf der Ebene getroffen auf der die Information vorhanden ist 3 Informationen werden bereitgestellt sodass auch jede(r) die Informationen erhaumllt die ersie

benoumltigt 4 Jede(r) ist uumlberzeugt dass er oder sie Positives bewirken kann 5 Aufgabenplanung wird laufend durchgefuumlhrt sie bezieht alle nach der Notwendigkeit ein 6 Die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen und Teams wird stark gefoumlrdert 7 Die Mitarbeiter-innen verstehen sich als Mitglieder eines Teams 8 Aufgaben werden in Teamarbeit erledigt ndash nicht in Hierarchiestufen 9 Teams sind die primaumlren Fundamente unseres Unternehmens10 Jede(r) Mitarbeiter-in kennt die Beziehung zwischen den Aufgaben und den Unternehmens-

zielen11 Befugnisse und Vollmachten sind nach unten delegiert damit selbststaumlndig gearbeitet werden

kann12 Die Faumlhigkeiten der Mitarbeiter-innen verbessern sich staumlndig13 Es wird regelmaumlszligig in die Faumlhigkeitendas Wissen der Mitarbeiter-innen investiert14 Die Faumlhigkeiten der Mitarbeiter-innen werden als bedeutende Quelle fuumlr Wettbewerbsvorteile

gesehen15 Probleme entstehen oftmals weil wir nicht die richtigen Faumlhigkeiten fuumlr die anstehenden Auf-

gaben haben16 Das Management bdquopraktiziert was es predigtldquo17 Es gibt einen charakteristischen Managementstil und individuelle Managementpraktiken18 Es gibt klare und bestaumlndige Werte die die Art und Weise wie wir unser Geschaumlft verrichten

bestimmen19 Ignorieren der Kernwerte hat negative Konsequenzen fuumlr die entsprechend handelnde Person20 Es gibt einen ethischen Code der unser Verhalten leitet und uns richtig und falsch unterscheiden

laumlsst21 Bei Meinungsverschiedenheiten arbeiten wir hart um eine Win-win-Loumlsung zu erzielen22 Es existiert eine bdquostarkeldquo Kultur23 Auch in schwierigen Problemfaumlllen ist es relativ einfach eine Uumlbereinstimmung zu erreichen24 Wir haben oft Schwierigkeiten in Kernpunkten Uumlbereinstimmung zu erzielen25 Wir stimmen uumlber den richtigen und den falschen Weg um Aufgaben zu erledigen uumlberein26 Der Ansatz wie wir unser Geschaumlft betreiben ist gleichbleibend und vorhersehbar27 Mitarbeiter-innen aus den verschiedenen Bereichen haben eine gemeinsame Perspektive28 Es ist leicht verschiedene Bereiche fuumlr ein bestimmtes Projekt zu koordinieren29 Die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern-innen aus anderen Bereichen aumlhnelt der mit Externen30 Es existiert eine gute Ausrichtung der Ziele uumlber alle Ebenen hinweg31 Aufgaben werden auf eine sehr flexible Art und Weise erledigt und sind einfach zu aumlndern32 Wir reagieren schnell und gut auf Veraumlnderungen in der Geschaumlftsumgebung33 Permanent werden neue und verbesserte Wege angenommen unsere Aufgaben zu erledigen34 Versuche Veraumlnderungen durchzusetzen stoszligen gewoumlhnlich auf Widerstand35 Verschiedene Bereiche kooperieren um Veraumlnderungen voranzutreiben36 Kommentare und Vorschlaumlge unserer Kunden (Fachbereiche) fuumlhren oft zu Veraumlnderungen37 Hinweise unserer Kunden (Fachbereiche) haben direkten Einfluss auf unsere Entscheidungen38 Wir kennen die Wuumlnsche und Beduumlrfnisse unserer Kunden (Fachbereiche) genau39 Kunden-(Fachbereichs-)Interessen werden in unseren Entscheidungen oft nicht beruumlcksichtigt40 Wir ermutigen unsere Mitarbeiter-innen zu direktem Kontakt mit den Kunden (Fachbereiche)41 Wir sehen Fehler als Chance zum Lernen und zur Verbesserung42 Innovation sowie Risikobereitschaft werden ermutigt und belohnt

28562 Die Analyse-Phase

43 In diesem Unternehmen faumlllt vieles unter den Tisch44 Bei unserer taumlglichen Arbeit ist Lernen ein wichtiger Bestandteil45 Wir stellen sicher dass die rechte Hand weiszlig was die linke Hand tut46 Dieses Unternehmen verfolgt nachvollziehbar und transparent langfristige Ziele47 Das Vorgehen unseres Unternehmens bewirkt Veraumlnderungen bei unseren Wettbewerbern48 Es gibt eine klare Mission die uns eine Bedeutung und eine Richtung fuumlr unsere Arbeit gibt49 Es existiert eine klare Strategie fuumlr die Zukunft50 Unsere strategische Ausrichtung ist mir nicht ganz klar51 Es existiert eine breite Uumlbereinstimmung der Ziele zwischen Fachbereichen und Management52 Die Fuumlhrungskraumlfte setzen ehrgeizige und realistische Ziele53 Die Fuumlhrungskraumlfte dokumentieren die Ziele die wir erreichen wollen54 Jeder Fortschritt in Richtung der dokumentierten Ziele wird kontinuierlich verfolgt55 Die Mitarbeiter-innen verstehen was fuumlr den Erfolg langfristig getan werden muss56 Wir haben eine gemeinsame Vision wie die Organisation in der Zukunft aussehen wird57 Die Sicht unserer Fuumlhrungskraumlfte auf die Ausrichtung der Organisation ist langfristig bestimmt58 Kurzfristiges Denken erzwingt oft Kompromisse in Bezug auf unsere langfristige Vision59 Unsere Vision begeistert und motiviert unsere Mitarbeiter-innen60 Wir sind in der Lage die an uns gerichteten kurzfristigen Anforderungen zu befriedigen

623 Guidance

Dieses in drei Phasen differenzierte Modul widmet sich der Herausforderung die vorhan-denen Ressourcen so einzusetzen dass die Veraumlnderung wirksam herbeigefuumlhrt werden kann Gemeinsam bilden die drei Phasen einen der Hauptmechanismen der zunaumlchst vor einer Implementierung die Aufmerksamkeit auf die Initiative lenkt und die Erwartungen der Mitarbeiter evaluiert und gezielt weckt Waumlhrend der Umsetzung dienen die iterativen Mechanismen zur Aufrechterhaltung der Unterstuumltzung und des Engagements der rele-vanten Stakeholder ndash Schluumlsselelement ist immer ein wirkungsvoller Dialog zur Abstim-mung der Interessen Die Basis des Moduls bilden die Stakeholder Strategy (bdquoWen betrifft die Initiative und wer davon ist fuumlr eine erfolgreiche Implementierung erfolgskritischldquo) Communication Strategy (bdquoWie wurden diese Stakeholder in der Vergangenheit angespro-chen und wie soll dies in Zukunft aussehenldquo) der Stakeholder-Action-Plan (bdquoWelche Kommunikations-Aktivitaumlten werden lanciert um die Stakeholder von der Veraumlnderung zu uumlberzeugenldquo) der Communication-Plan (bdquoWie wird all das mit der richtigen Bot-schaft uumlber den richtigen Kommunikationskanal zum richtigen Zeitpunkt vermitteltldquo) die Stakeholder Mobilisation Map (bdquoWie uumlberblicke ich den Zustand der einzelnen Unter-stuumltzungslevel der Stakeholderldquo) und die Communication-Evaluation (bdquoWie erfolgreich ist die Infrastruktur meiner Kommunikation und wo bestehen Verbesserungspotenzialeldquo) Abbildung 617 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

6231 Stakeholder und Kommunikation definierenDa es sich beim Modul Guidance in der Analyse-Phase um den komplexesten Wirkungs-zusammenhang verschiedener Tools handelt wird eine detailliertere Grafik abgebildet In Abb 618 wird deutlich inwiefern die drei Phasen aufeinander aufbauen In einer Opera-

286 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

tional-Excellence-Initiative wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma geht der Umgang mit den identifizierten Stakeholdern und der entsprechend systematisierten Kommunikation Hand in Hand Aber fangen wir vorne an Die erste Phase des Moduls besteht aus zwei Instrumentenpaketen die zeitversetzt erarbeitet werden sollen Prioritaumlt hat die Erhebung und Positionierung der Stakeholder

ANALYSESt

rate

gy

Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

Res

ourc

esnc

e Stakeholder StrategyCommunication

Stakeholder Stakeholder Management

Change Readiness Survey Organisationskulturanalyse(ua Denison-Organisationskulturmodell)

Gui

dan

Ben

efit

CommunicationStrategy Communication Plan

ManagementCommunication Evaluation

Kennzahlengrundgeruumlst Change-Impact-Assessment

B

Action Plan

Abb 617 Roadmap Guidance

Stakeholder StrategyStakeholder AnalysisStakeholder Map

Stakeholder Action Plan

Stakeholder Management

StakeholderMobilisation Map

Stakeholder amp Kommunikationdefinieren

Handlungsnotwendig-keiten entwickeln

Wirksamkeitermoumlglichen

ANC

E

1 2 3

CommunicationStrategy

CommunicationAssessmentStrategy Guide

Communication Plan CommunicationEvaluation

EffectivenessSurveyNeeds Survey

GU

IDA

Abb 618 Modul Guidance

28762 Die Analyse-Phase

62311 Stakeholder StrategyAusgehend von den Erkenntnissen des Change Readiness Survey entwickelt dieses erste Instrument Strategien fuumlr die unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen um systematisiert Erwartungen einzubeziehen Widerstaumlnde einzudaumlmmen und um die Betroffenen auf die Veraumlnderung vorzubereiten Dies impliziert eine Informationsansammlung (Wer sind mei-ne Stakeholder) eine Positions- und Herausforderungsanalyse (Wie sieht die aktuelle und die erforderliche Unterstuumltzung jeweils aus) und die Formulierung eines Leitfadens (Was muss ich erreichen um die Unterstuumltzung des Stakeholders sicherzustellen)

Wer sind meine StakeholderEs gilt alle internen und externen Interessensgruppen und Schluumlsselspieler der Initiative zu identifizieren Diese sind unterschiedlich von dem strategischen Vorhaben betroffen und haben folglich auch andere Interessen Diese divergierende Wahrnehmung der Ver-aumlnderung hat verschiedene Ursachen So unterscheiden sich bei den Stakeholdern die Er-fahrungen aus anderen Veraumlnderungsprojekten die individuellen Interessen die persoumlnli-chen Charakteristika und die sogenannten Hidden Agendas Die Segmentierung kann von der Rolle der jeweiligen Gruppe in der Initiative der Einstellung zur Veraumlnderung ihrem Entscheidungspotenzial (finanzieller und politischer Natur) oder von ihrem Einfluss auf andere Stakeholder abhaumlngig sein Es ist empfehlenswert die Stakeholder durch formelle Workshops zu fuumlhren oder in Einzelgespraumlchen zu interviewen um ihre Interessen auszu-machen und um gleichzeitig zu ermitteln wo der Einzelne Nachteile durch den Wandel erfahren kann Auf informellen Wegen also durch eine aufmerksame Beobachtung der Schluumlsselspieler koumlnnen weitere sensible Informationen an das Tageslicht befoumlrdert wer-den Die gesammelten Informationen sind uumlbersichtlich zu dokumentieren In Abb 619 und 620 ist jeweils eine Moumlglichkeit dargestellt die durchgefuumlhrte Stakeholder-Analyse abzubilden

Wie sieht die aktuelle und erforderliche Unterstuumltzung der relevanten Stakeholder ausDie Stakeholder Map ermoumlglicht einen uumlbersichtlichen und leicht verstaumlndlichen Uumlber-blick aller erfolgsentscheidenden Anspruchsgruppen einer Operational-Excellence-Initia-tive Sie validiert die relevanten Beduumlrfnisse und die Kommunikation und Kooperation der Beteiligten hinsichtlich des Wirkungsgrades und Unterstuumltzungslevels auf die Ver-aumlnderungsinitiative ndash aufgrund der Sensibilitaumlt mancher Informationen Einschaumltzungen und Bewertungen sollte die Stakeholder Map vertraulich sein Wichtig ist dass man sich auf die kulturellen Nuancen der Stakeholder einlaumlsst ndash wenn der eine gerne in Form eins regelmaumlszligigen persoumlnlichen Gespraumlches informiert wird muss das nicht auch fuumlr einen anderen gelten Von besonderer Bedeutung sind Anspruchsgruppen mit Interesse an ent-scheidender Einflussnahme auf die Initiative Aus der grafischen Uumlbersicht lassen sich im Hinblick auf die Einbeziehung der Stakeholder Handlungsfelder und kritische Erfolgsfak-toren initiativenspezifisch ableiten Abbildung 621 zeigt eine moumlgliche Darstellungsform einer Stakeholder Map Abbildung 622 stellt den Zielzustand des erforderlichen Maszliges an Unterstuumltzung fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung der Initiative dar

288 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wie gelingt es den Level an Unterstuumltzung zu erhoumlhenHaumlufig bestehen zwischen den Interessen der Stakeholder und den Zielen der Initiative Differenzen Diese koumlnnen sich zu schwer uumlberwindbaren Barrieren entwickeln die das ganze Vorhaben zum Scheitern bringen Mit der folgenden Vorgehensweise wird dieser Gefahr entgegengewirkt Es werden strategische Maszlignahmen entwickelt die beschreiben wie jede Stakeholder-Gruppe den Zielzustand erreichen soll Dafuumlr werden Stufen be-stimmt die diesen Entwicklungsprozess differenzieren So kann man die folgenden fuumlnf Schritte wie in Abb 623 abgebildet als Leitfaden nutzen

Zur Formulierung der jeweiligen Unterstuumltzungsstrategien sollte zusaumltzlich aus Sicht der einzelnen Stakeholder festgelegt werden bis wann welche Stufe erreicht werden muss Die nicht zu unterschaumltzende Entwicklung dieser Einzelstrategien ist von enormer Bedeu-

Abb 619 Stakeholder-Analyse ndash intern

28962 Die Analyse-Phase

tung um eine aktive allgemeine Unterstuumltzung fuumlr den Wandel zu erreichen Zu beachten ist auch dass je gruumlndlicher diese Stakeholder-Strategie vorbereitet wird desto einfacher lassen sich die spaumlteren Inhalte des Kommunikationsplans fuumlllen

Zusammenfassend stellt das erste Instrument das Grundgeruumlst fuumlr die weiteren Uumlber-legungen dar Durch ein sorgfaumlltiges Anwenden dieser ersten drei Instrumente koumlnnen im weiteren Verlauf die zentralen Interessen der Stakeholder adressiert werden was das Risiko einer nicht wahrgenommenen Topmanagement-Unterstuumltzung oder der unzurei-chenden Einbeziehung der Mitarbeiterinteressen in einem ersten Schritt minimiert Ohne diese solide Basis kann das Stakeholder-Management in der dritten Phase (Wirksamkeit ermoumlglichen) seinen zentralen Nutzen als Fruumlhwarnsystem fuumlr Stakeholderprobleme und damit verbundene Widerstaumlnde zu fungieren nicht erfuumlllen

62312 Communication StrategyDie analytische Vorarbeit der Stakeholder-Strategie liefert eine belastbare Informations-basis fuumlr eine effektive Kommunikationsstrategie und den daraus abgeleiteten Kommuni-

Abb 620 Stakeholder-Analyse ndash extern

290 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

kationsplan Dieses Instrument leitet eine Kommunikation ein die im Dialog Interessen abstimmt Klarheit und Verstaumlndnis schafft Verpflichtungen und Botschaften des Senders uumlbermittelt die Akzeptanz der Stakeholder ermoumlglicht und den Weg zu einer nachhaltigen Verhaltensaumlnderung im Zuge der Operational-Excellence-Initiative ebnet Dies impliziert die Erhebung des Status quo (Welche Kommunikationskanaumlle werden momentan wie ge-nutzt) und die Entwicklung einer von den Stakeholdern abhaumlngigen Strategie (Welche Kommunikationsstrategie ist fuumlr die Initiative und die Organisation geeignet)

Welche Kommunikationskanaumlle werden momentan wie genutztEs empfiehlt sich zunaumlchst einen Uumlberblick uumlber den aktuellen Aufbau und Ablauf der Kommunikation im Unternehmen zu gewinnen Dies ist die Grundlage um die richtigen Botschaften im Verlauf der Initiative zum richtigen Zeitpunkt und auch auf die richtige Art und Weise zu vermitteln Ferner wird ermittelt wer wie und wodurch mit Informationen

sehr groszlig

raumlnd

erun

g

groszlig

Produktionsleiter Vorstand

12W

irkun

g au

f Ver

mittel

gering

GraueEminenzen

1

3

starkdagegen

dagegen

Level der Unterstuumltzung

Unterstuumltzer

Vertrieb

1 Stakeholder Unterstuumltzung ist essentiell

2 Stakeholder Unterstuumltzung ist wuumlnschenswert

3 Stakeholder Unterstuumltzung ist nicht wichtig

viel Macht und Einfluss

etwas Macht und Einfluss

wenig Macht und Einfluss

Mitarbeiter

1

MittleresManagement

2

Betriebsrat

2

neutral Enthusiast

Abb 621 Darstellungsform einer Stakeholder Map

29162 Die Analyse-Phase

Produktionsleiter Vorstand

12

graueEminenzengraue

Eminenzen

Mitarbeiter

1

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3Vertrieb

1

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3

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2

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2

Mitarbeiter

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Produktions-leiter

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groszlig

Wirk

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mittel

gering

starkdagegen

dagegen

Level der Unterstuumltzung

Unterstuumltzer

g

Stakeholder Unterstuumltzung ist essentiell

Stakeholder Unterstuumltzung ist wuumlnschenswert

Stakeholder Unterstuumltzung ist nicht wichtig

viel Macht und Einfluss

etwas Macht und Einfluss

wenig Macht und Einfluss

Enthusiastneutral

Abb 622 Zielzustand des erforderlichen Maszliges an Unterstuumltzung fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung der Initiative

Gehoumlrt

STAKEHOLDERhat Informationen erhalten

Verstanden Akzeptiert Angewendet Verinnerlicht

STAKEHOLDERversteht die wichtigen Punkte (Erfolgsfaktoren und Vorteile der Initiative) und die

STAKEHOLDERakzeptiertVorgehen und Zeitplan und stellt seine Ressourcen zur Verfuumlgung ndash

STAKEHOLDERfoumlrdert den Wandel aktiv und multipliziert sein Engagement auf andere

STAKEHOLDERfoumlrdert den Wandel nachhaltig ndash verinnerlicht die neue Kultur und faumlllt nicht mehr in )

eigene Rolle er hat keine Vorbehalte mehr

Stakeholdermusteralte Verhaltens-

Abb 623 Leitfaden zur Erreichung des Zielzustands

292 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

versorgt werden kann sodass das Risiko einer Geruumlchtekuumlche aufgrund von Desinforma-tion reduziert werden kann

Ein Negativbeispiel Bruce Miyashita von Maple Leaf Foods musste mitten in der Six-Sigma-Implementierung feststellen dass seine Hochglanzbroschuumlre zum Fortschritt der Initiative nicht einmal von den Black Belts gelesen wurde (wo man doch davon ausgehen sollte dass bei ihnen ein gewisses Interesse besteht) Miyashitas Absicht mithilfe der Bro-schuumlre die Uumlberzeugung in der Belegschaft zu vertiefen schlug fehl weil er das falsche Medium auswaumlhlte Als Reaktion wurden daraufhin gezielt Workshops und Einzelgesprauml-che organisiert Eine Broschuumlre hat eher einen informativen Charakter ndash Face-to-Face-Ge-spraumlche eher einen uumlberzeugenden Ein fruumlhzeitiges Kommunikations-Assessment wirkt praumlventiv weil es solche Situationen a priori beruumlcksichtigt Das Assessment sollte die folgenden Bausteine beinhalten und kann beliebig ergaumlnzt werden

1 KanalMedium Welche Kommunikationskanaumlle a) wurden in der Vergangenheit genutzt b) erreichen Sie momentan (z B Intranet und Informationsveranstaltungen in der Vergangenheit Newsletter heute)

2 Beschreibung Koumlnnen Sie das Medium konkreter beschreiben (z B bdquoEs handelt sich um den monatlichen Newsletter des Unternehmens und nicht um einen Newsletter der Initiativeldquo)

3 Zielgruppe Was ist die jeweilige Zielgruppe (z B alle Mitarbeiter oder nur der Geschaumlftsbereich Strategische Entwicklung)

4 Rhythmus Wie haumlufig wird das Medium benutzt (z B woumlchentlich monatlich)5 Kommentar Gibt es uumlbergreifende Kommentare die fuumlr die weitere Verwertung rele-

vant sind (z B Mitarbeiter bdquoDer neue youtube-Channel ist besser als ein Newsletter per E-Mail um uns auf den aktuellsten Stand des Projektes zu bringenldquo)

6 Kontakt Wer ist fuumlr das Kommunikationsmedium verantwortlich (z B Max Muster-mann Black Belt)

Welche Kommunikationsstrategie ist fuumlr die Initiative und die Organisation geeignetZur Entwicklung einer wirksamen und umsetzbaren Kommunikationsstrategie durch die Verantwortlichen der Initiative sollten verschiedene Aspekte beachtet werden Die fol-gende Vorgehensweise ist als Orientierung gebende Checkliste zu verstehen und bean-sprucht keine Vollstaumlndigkeit Die Beispielfragen sind individuell zu modifizieren um auf die Erfordernisse der jeweiligen Initiative unternehmensspezifisch einzugehen Das Endprodukt sollte in Form eines Strategiepapiers von den Initiatoren oder Sponsoren des Operational-Excellence-Vorhabens freigegeben werden ndash eine kritische Wuumlrdigung durch eine Auswahl besonders relevanter Stakeholder kann in Erwaumlgung gezogen werden damit das Ergebnis bdquowasserdichtldquo wird1 Hintergrund Was ist der Name der Initiative Um welche Art von Veraumlnderung han-

delt es sich Was ist die Vision Welche Rolle spielt die Initiative im Vergleich zu anderen strategischen Vorhaben im Unternehmen

29362 Die Analyse-Phase

7 Tipp Stellen Sie sicher dass eine griffige und visuelle Identitaumlt der Initiative besteht Dies hilft dabei dass die Adressaten der Kommunikation die Botschaf-ten unverzuumlglich mit der Initiative assoziieren Bekannte Beispiele fuumlr kurze und praumlgnante Visionen sind Bill Gates (Jeder Haushalt soll bis 2010 uumlber einen Computer verfuumlgen) und John F Kennedy (Einen Mann auf den Mond bringen bis Ende des Jahrzehnts)

Stellen Sie sicher dass die Initiative in allen relevanten Kommunikationska-naumllen uumlber eine bdquoCorporate Identityldquo verfuumlgt sodass die Adressaten ein konsis-tentes Bild der Initiative wiedererkennen

2 Sinn und Zweck der Strategie Was ist der Grund fuumlr die Entwicklung dieser Kom-munikationsstrategie Existiert bereits eine aumlhnliche Kommunikationsstrategie ndash wenn ja warum wird eine weitere Strategie entwickelt

7 Tipp Bereits bestehende Kommunikationsstrategien liegen meistens in der Verantwortung der Kommunikationsabteilung Stellen Sie sicher dass Sie Ihre neue Strategie anschlussfaumlhig und konsistent gestalten ndash im Idealfall wird sie bei groszligangelegten Operational-Excellence-Initiativen in die Unternehmens-kommunikation eingebettet

3 Ziele Was sind die Zielsetzungen der Strategie Wie wird ermittelt ob die Strategie erfolgreich war

7 Tipp Seien Sie so konkret wie moumlglich bei Ihrer Formulierung und stellen Sie die Messbarkeit der Strategie sicher Das Ziel der Kommunikation ist es ein einheitliches Verstaumlndnis von Qualitaumlt (auf Six-Sigma-Niveau) zu verbrei-ten (Erfolgsmessung durch stichprobenartige Mitarbeiterbefragung) Oder Das Ziel der Kommunikation ist es die Initiative unterstuumltzend zu begleiten damit der Kunde eine positive Auffassung von den durch die Operational-Excellence-Initiative bedingten Veraumlnderungen hat (Erfolgsmessung durch Kundenbefragung)

4 Grundsaumltze Was sind die grundsaumltzlichen Prinzipien der Strategie hinsichtlich der Kommunikation mit den Stakeholdern

7 Tipp Achten Sie darauf dass bei wichtigen Schluumlsselpersonen Einzelgesprauml-che zwangslaumlufig durchzufuumlhren sind Ferner sollten Sie darauf achten dass jede Neuigkeit zuerst an die internen Stakeholder und danach erst an die Exter-nen kommuniziert wird

5 Kernbotschaft Was sind die festen Bestandteile der Kernbotschaft die waumlhrend der ganzen Implementierung von Operational Excellence kommuniziert werden

294 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Stellen Sie in einem bdquoElevator Pitchldquo der Initiative sicher dass die folgen-den Fragen klar und deutlich beantwortet werden Worum geht es uns hier Wo kommen wir her Wo moumlchten wir hin Was wurde schon erreicht Was muss noch gemacht werden Was ist die Vision

Wenn Sie ein Gefuumlhl von Dringlichkeit erzeugen wollen muumlssen Sie die Schluumlsselbotschaft in einer einfachen Sprache immer wiederholen und durch ansprechende Geschichten und Bilder Emotionen ermoumlglichen So wird Ihre Botschaft bedeutungsvoll Achten Sie darauf dass Sie eine passende Ebene waumlhlen damit sich die Botschaft waumlhrend der Implementierung nicht stark veraumlndert bdquoWir wollen das gemeinsame Arbeiten erleichternldquo vs bdquoWir wollen durch die Optimierung von Schnittstellen die Dokumentenfluumlsse reibungsloser gestalten und Zeit sparenldquo

6 KanalMedium Welche Kommunikationskanaumlle sind verfuumlgbar Welche Medien bieten sich in der Organisation an Welche Kanaumlle haben in der Vergangenheit wich-tige Botschaften am wirksamsten vermittelt Welche Kommunikationskanaumlle haben Prioritaumlt

7 Tipp Stellen Sie sicher dass die Erkenntnisse aus der Erhebung des Status quo der Kommunikation (Communication Assessment) ihre Beruumlcksichtigung in der Strategie finden Ziehen Sie alle Moumlglichkeiten in Erwaumlgung und uumlberpruuml-fen Sie diese auf Ihre auf die Operational-Excellence-Initiative zugeschnittene Wirksamkeit

Einzelgespraumlche Unternehmensnewsletter Schwarzes Brett E-Marketing Informationsbroschuumlren Flyer Videobotschaften (Podcasts) Intranet Internet persoumlnliche Briefe Praumlsentationen Team-Meetings Team-Building-Aktivitaumlten Workshops Voicemail Pressemitteilungen Mitarbeiter-Radio Poster u v m

7 Stakeholder Wer sind die wichtigsten Adressaten (Key-Stakeholder) der Kommuni-kation Sind diese intern oder extern Welche Praumlferenzen der Stakeholder gibt es im Hinblick auf das Medium und die Haumlufigkeit der Kommunikation zu beachten

7 Tipp Stellen Sie sicher dass die Erkenntnisse aus der umfangreichen Stakehol-der-Analyse und der dokumentierten Stakeholder Map an dieser Stelle richtig interpretiert werden

8 Verantwortlichkeiten Welche Personen oder Personengruppen sind in die Umsetzung der Kommunikationsstrategie involviert

7 Tipp Ermitteln Sie wer fuumlr die Freigabe von Kommunikationsmaterialien zustaumlndig ist bevor Unterlagen veroumlffentlicht werden

29562 Die Analyse-Phase

9 Erfolgsmessung Wie werden Informationen gesammelt die die Effektivitaumlt der Stra-tegie beurteilen lassen Welche Kanaumlle werden fuumlr Feedbackstrukturen genutzt Wie werden die durch das Feedback gewonnenen Erkenntnisse in Zukunft verwertet

7 Tipp Stellen Sie sicher dass das Feedback hinsichtlich der Qualitaumlt der Kom-munikation (Verstaumlndlichkeit der Botschaften) aussagekraumlftig ist Gewaumlhr-leisten Sie die Moumlglichkeit Ruumlckschluumlsse auf strategische Fragestellungen zu ziehen ndash stellen Sie den Link zwischen der Kommunikationsstrategie und der Change-Strategie her

10 Erfolgsfaktoren Was sind die kritischen Faktoren welche die Kommunikationsstra-tegie zum Scheitern bringen koumlnnen

Beispiele

Schluumlsselinformationen werden zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Menschen geliefert Die Beteiligten der Initiative (Master Black Belts oder Black Belts) haben ihre Rolle und Verantwortlichkeit im Rahmen der Kommunikationsstrategie verinner-licht Die Kommunikation ist grafisch und inhaltlich konsistent Die Kommunikation der Initiative kreiert Aufmerksamkeit Engagement und Verstaumlndnis in der Belegschaft Die Strategie ermoumlglicht ein Forum wo Stakeholder ihre Befuumlrchtungen hinsichtlich der bevorstehenden Veraumlnderung kommunizieren koumlnnen Die Dokumentation wurde von den Verantwortlichen der Initiative freigegeben

6232 Handlungsnotwendigkeiten entwickelnDiese zweite Phase besteht im Wesentlichen aus zwei Instrumenten Mit dem Stakeholder-Action-Plan zu beginnen ist sinnvoll

62321 Stakeholder-Action-PlanAufbauend auf dem 7 Punkt des Kommunikationsstrategie-Papiers soll dieses Instrument die erforderlichen Aktionen um die Stakeholder von der Veraumlnderung zu uumlberzeugen bestimmen und die erwarteten Reaktionen einschaumltzen Der Stakeholder-Action-Plan re-agiert auf das Feedback der Anspruchsgruppen und ist ein weiterer Baustein um in an-gemessener Form eine breite Basis an Unterstuumltzung fuumlr das Momentum des Wandels zu bewirken

Wie werden Stakeholder im Feedback-Prozess erfolgreich aktiviertNachdem zuvor die relevanten Stakeholder und Schluumlsselspieler bestimmt und ihre In-teressen und Erwartungen zusammengetragen worden sind sollten nun die Stakeholder-spezifischen Feedbackmechanismen konkretisiert werden Abhaumlngig vom bisherigen Um-gang mit den Betroffenen der Initiative sollte spaumltestens zu diesem Zeitpunkt das persoumln-liche Gespraumlch mit den Key-Stakeholdern gesucht werden ndash die Operational-Excellence-Initiative aus ihrer persoumlnlichen Perspektive nachzuvollziehen ist ein elementarer Aspekt

296 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

um im weiteren Verlauf das Risiko von Uumlberreaktionen bedingt durch Missverstaumlndnisse zu minimieren Dazu gehoumlrt auch die Uumlberpruumlfung von negativen Effekten des Wandels fuumlr die Stakeholder (vgl Tab 61)

7 Tipp Sehen Sie jeden Kontakt zu den Anspruchsgruppen im Zuge dieser ers-ten Kernphase einer Implementierung als wertvolle Gelegenheit um Informa-tionen zu sammeln und die jeweiligen Personen von der Neuausrichtung zu uumlberzeugen

Wie sind diese Aktivitaumlten zu dokumentierenDer Stakeholder-Action-Plan ist ein wichtiger Bestandteil des im naumlchsten Schritt zu entwickelnden Kommunikationsplans Es gilt ein Dokument zu entwerfen welches das systematische Sammeln und Evaluieren des Feedbacks der Stakeholder sowie eine aktu-elle Einschaumltzung zum Status der Interessen und Aktivitaumlten der Beteiligten ermoumlglicht Bestenfalls ordnet man die gesamte Liste nach der Prioritaumlt der einzelnen Stakeholder Der Action-Plan registriert die Aktivitaumlten die unternommen werden um die Position des Stakeholders auf der Stakeholder Map in Richtung der fuumlr die Initiative idealen bdquoKo-ordinateldquo zu bewegen Dies impliziert auch die Zuordnung von Verantwortlichkeiten ndash die sogenannten Stakeholder-Manager Wichtig ist dass der Stakeholder-Action-Plan ein beweglicher Bestandteil des kontinuierlichen Austauschs zwischen Initiativenleitung und Projektleitung ist Dies bedeutet dass die Inhalte jederzeit infrage zu stellen sind um sich den volatilen Rahmenbedingungen einer Operational-Excellence-Initiative ndash und damit auch den Fragestellung an welchen Stakeholder man wie warum und wann herantritt ndash anzupassen (vgl Tab 62)

Tab 61 Bisheriges Ergebnis aus Instrumentenpaket Stakeholder StrategyStakeholder Supporta

aktuell vs noumltig

Was man braucht

Seine Bedenken

Aktivitaumlt Verant-wortlich

Status

Max Mus-termann (Bereichslei-ter IT)

2 4 Updates bzgl IT-Sup-port zur Umset-zung des Projekts

bdquoProjekt gab es schonldquo ndash sein Bereich wird doppelt belastet

Mit in Ent-scheidungs-prozesse (Strategie-Workshop) einbeziehen und aufneh-men in den Fortschritts-newsletter

Maria Musterfrau

Noch nicht am Workshop teilgenom-men ndash Info-material uumlber Fortschritte durch News-letter erhalten

a 1 = gehoumlrt 2 = verstanden 3 = akzeptiert 4 = angewendet 5 = verinnerlicht

29762 Die Analyse-Phase

62322 Communication-PlanDer Zweck dieses Werkzeugs ist die Entwicklung eines Plans zur Umsetzung des bis zu diesem Zeitpunkt entwickelten Handlungsansatzes Uumlberlegungen zur Stakeholder Strate-gy sowie zur Ausrichtung der Kommunikation und die identifizierten Handlungsnotwen-digkeiten des Stakeholder-Action-Plans finden ihre Ausfuumlhrung im Kommunikationsplan Der Benefit eines wirkungsvollen und umfassenden Kommunikationsplans liegt darin dass er Verstaumlndnis fuumlr die bevorstehenden Veraumlnderungen schafft und Verhaltensweisen und Einstellungen entsprechend des Grundgedankens der operativen Exzellenz foumlrdert Wenn der Plan in die Tat umgesetzt wird fokussiert sich die Kommunikation auf die fuumlr den Erfolg der Initiative relevanten Einflussfaktoren wie die angemessene Beruumlcksichti-gung von Aumlngsten und das Bearbeiten von Widerstaumlnden Ob sich der Verlauf einer Initia-tive an einer brodelnden Geruumlchtekuumlche verbrennt liegt wesentlich in der Verantwortung eines Kommunikationsplans ndash der wiederum zum Aufgabenbereich der Initiativenleitung gehoumlrt Schlieszliglich ist er auf dem Weg zur Operational Excellence ein entscheidender Hebel um im Sinne des Erfolgsfaktors bdquoMitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernldquo nicht nur die Initiative sondern auch die beteiligten Menschen zu managen ndash fuumlr eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist eine transparente ehrliche und kon-sistente Kommunikation das A und O

Das Rahmenwerk des Communication-Plans in Abb 624 ermoumlglicht dies wenn die zuvor diskutierten Module erfuumlllt sind und die folgenden Aspekte entsprechend struktu-riert zielgerichtet und iterativ verwertet werden

1 Zielgruppe Die Adressaten der mit der Initiative verbundenen Kommunikation sind bereits ermittelt und analysiert worden Die Stakeholder-Analyse (Wer kommt alles infrage) und die Stakeholder Map (Wer ist wichtig) weisen die hier relevanten Ergeb-nisse auf

2 Zielsetzung Auch die eindeutig zu formulierenden Ziele sind bereits erarbeitet worden Die Stakeholder-Strategie (Was ist mein Ziel) hat zuvor klare Aussagen entwickelt was mit der Kommunikation bezweckt werden soll um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Initiative zu erhoumlhen

Tab 62 Beispiel Auszug aus Action PlanStakeholderPrioritaumlt Feedback Seine Bedenken ActionMax Mustermann (Bereichsleiter IT) hohe Prioritaumlt

Einzelgespraumlch Absage Teilnahme Workshop

bdquoProjekt gab es schonldquo ndash sein Bereich wird doppelt belastet

Stakeholder-Managerin Musterfrau involviert den IT-Vorstand Muster-muumlller zur Absprache von entsprechenden Maszlignah-men (z B Vorstand fuumlhrt persoumlnliches Gespraumlch mit Bereichsleiter)

298 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Botschaft Es gilt auf die in der Stakeholder-Strategie und Kommunikationsstrategie erarbeitete(n) Kernbotschaft(en) zuruumlckzugreifen In der Regel lassen sich die Bot-schaften auf vier Auspraumlgungen reduzieren

Interesse wecken In dieser informativen (tendenziell einseitigen) Kommunikation soll-ten die Gruumlnde fuumlr die Veraumlnderung verdeutlicht werden Der Zeitplan der Namen und der Umfang der Initiative legen das Grundgeruumlst fuumlr die Vision ndash die darauf aufbauende bdquocompelling storyldquo also eine fesselnde Story Line zur Uumlberzeugung der Mitarbeiter ist an dieser Stelle von herausragender Bedeutung

Verstaumlndnis schaffen Hier nimmt die Kommunikation schon eher die Form eines Dia-logs an Um nachhaltiges Verstaumlndnis fuumlr die Veraumlnderungen zu ermoumlglichen gilt es den Befuumlrchtungen und Sorgen der Zielgruppe zuzuhoumlren ndash als Reaktion sollte die Bot-schaft motivieren und detailliertere Informationen hinsichtlich des Fortschritts der Ini-tiative transportieren

Unterstuumltzung aktivieren An dieser Stelle sollten die gegenseitigen Erwartungen klar werden und die durch die Initiative hervorgerufenen Vorteile klar sein Die Kommuni-kation sollte die Dramaturgie erhoumlhen sodass sich die Aufregung vor der anstehenden

7 2

1Zielgruppe

7Feedback

2Zielsetzung

6Rollen

3Botschaft

5Zeitplan

4Kanal

Abb 624 Rahmenwerk des Communication-Plans

29962 Die Analyse-Phase

Veraumlnderung positiv auf die Art und Weise auswirkt wie die Beteiligten die neuen Arbeitsweisen aufnehmen

Engagement forcieren Um die Veraumlnderung zu verankern gilt es vor allem das Erreichte zu feiern Dies basiert auf einem intensiven Austausch wobei Feedback nicht nur ermoumlglicht wird sondern aktiv eingefordert werden muss

4 Kommunikationskanal Auch dieser Teil greift auf wertvolle Arbeit aus der Commu-nication Strategy zuruumlck Mit der Analyse des Status quo (Welche Kommunikations-kanaumlle stehen aktuell in der Organisation zur Verfuumlgung) und der Entwicklung einer Strategie (Welche Kanaumlle sind fuumlr die Initiative und die Organisation geeignet) sind die relevanten Medien bereits bestimmt Analog zum vorherigen Punkt variieren die Medien aber abhaumlngig von der zu vermittelnden Botschaft Ein Auszug

Interesse wecken Intro-Workshop virale Teaser-Kampagne Pressemitteilung Top-Down Briefing Struktur

Verstaumlndnis schaffen Praumlsentation der Vision symbolische Aktionen Intranetauftritt Poster Broschuumlren Pamphlete

Unterstuumltzung aktivieren Einzelgespraumlche Coaching Action Newsletters persoumlnli-cher Brief vom Vorgesetzten Veroumlffentlichung einer Mitarbeiterbefragung

Engagement forcieren Fortschritts-Newsletter Internetauftritt Platzierungen in der Unternehmenskommunikation Videobotschaften der Topmanager

5 Zeitpunkt und Regelmaumlszligigkeit Die richtige Botschaft muss auch zum richtigen Zeit-punkt vermittelt werden Dafuumlr sind folgende Aspekte grundsaumltzlich zu beachten Die Hierarchie in der Organisation verschiedene Zeitzonen die definierten Meilensteine der Initiative und die Tatsache dass auch Desinformation eine Art Kommunikation ist sind bei der Wahl des Zeitpunktes zu beruumlcksichtigen

Beispiel

Bruce Miyashita und Michael McCain vom kanadischen Lebensmittelhersteller warte-ten mit Absicht bis sie der Belegschaft den Sinn und Zweck von Six Sigma erlaumluterten ndash bis dahin stand das Mysterium im Raum was die Mitarbeiter so neugierig machte dass sie von sich aus Erkundigungen anstellten Die ersten Informationen von Miyas-hita trafen in der Folge auf offene Ohren

Ferner sind die verfuumlgbaren Kanaumlle und der organisationsspezifische Kommunikations-puls (welcher Newsletter ist der eine zu viel) zu spuumlren um die geeignete Regelmaumlszligig-keit sicherzustellen

Beispiel

Bevor Mike Fisher die Lean-Sigma-Initiative bei Best Buy verantwortete gab es eine regelrechte Uumlberschwemmung mit Informationsveranstaltungen Die sogenannten White Belts wurden auf die Initiative vorbereitet und dann in der Luft haumlngen gelassen weil etliche Monate vergingen um fuumlr die groszlige Anzahl an bereits informierten Mit-arbeitern Taumltigkeiten in der Initiative zu definieren

300 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Enttaumluschen Sie nicht geschuumlrte Erwartungen ndash das fuumlhrt zur bitteren Frustration Spuumlren Sie den Puls der Organisation um eine wirkungsvolle Kom-munikation waumlhrend der Implementierung zu ermoumlglichen

6 Rollen Fuumlr die Umsetzung sind fachlich versierte Spezialisten noumltig In diesem Zuge gibt es mindestens drei Rollen zu belegen Der Entwickler (Wer entwirft und gestaltet saumlmtliche Kommunikationsunterlagen) der Kommunikator (Wer uumlbernimmt die Ver-antwortung die Botschaften an die entsprechenden Zielgruppen zu vermitteln) und der Entscheider (Wer verfuumlgt uumlber die Entscheidungshoheit die Inhalte und die Ver-oumlffentlichungen freizugeben)

7 Tipp Stellen Sie sicher dass dieser Autorisierungsprozess von Beginn an von allen Beteiligten verbindlich vereinbart ist

7 Feedback Es ist wichtig dass der Kommunikationsprozess waumlhrend der Implemen-tierungsphasen beobachtet wird Nur so koumlnnen die Botschaften die Medien die Ziel-gruppen oder der Zeitplan wirksam an die Rahmenbedingungen der Initiative angepasst werden So wie die Fluumlgel eines Flugzeuges extrem beweglich sind und sich den Luft-bedingungen anpassen damit die Passagiere einen ruhigen Flug genieszligen koumlnnen ndash so sensibel muss in diesem Kontext auch ein wirksamer Kommunikationsplan auf Ver-aumlnderungen Feedback oder anderweitige bdquoLuftloumlcherldquo reagieren Die zentralen Vor-gehensweisen um Feedback zu generieren lassen sich kurz umreiszligen

Stichprobenartige Telefon-Interviews von zufaumlllig ausgewaumlhlten Betroffenen der Ini-tiative ermoumlglichen praumlzise Antworten im Hinblick auf das was in der Kommunikation funktioniert oder auch nicht funktioniert Die Ergebnisse muumlssen aber nicht zwangs-laumlufig repraumlsentativ und verlaumlsslich (sehr subjektiv) sein

Fokus Gruppen 90-minuumltige Mini-Workshops in denen die Erfolgsfaktoren der Kom-munikationsstrategie uumlberpruumlft werden ermoumlglichen eine respektable Fuumllle an Antwor-ten die aber dazu neigen eher die Meinungen der extrovertierten Teilnehmer einzufangen

7 Tipp Die disziplinierte Organisation von Meetings bei der Neuenfelder Maschi-nenfabrik soll hier ein Vorbild sein Jeder Mitarbeiter muss zu Wort kommen und verfuumlgt nur uumlber eine gewisse Anzahl an Redeminuten ndash wenn einer spricht schweigen alle anderen

Umfragen Ein zehn Fragen umfassender bdquoQuick Queckldquo durch eine repraumlsentative Stichprobengroumlszlige ermoumlglicht ein aussagekraumlftiges und tendenziell zuumlgig zu analysie-rendes Meinungsbild dem es aber an qualitativem Tiefgang mangelt weil die wenigen ndash aber umso wichtigeren ndash kritischen Stimmen in der Menge eher untergehen

Kontaktmoumlglichkeit (online) Den Mitarbeitern steht ein Ansprechpartner zur Verfuuml-gung (wie ein Servicemitarbeiter eines Unternehmens der im Live-Chat Fragen der Kunden beantwortet) Dies ist ein institutionalisierter Push-Mechanismus der den

30162 Die Analyse-Phase

Bedenken und Sorgen der Mitarbeiter eine Stimme verleiht sich aber zu sehr auf die Aktivitaumlt der Mitarbeiter verlaumlsst (vgl Tab 63)

7 Tipp Gehen sie nicht davon aus sondern stellen sie systematisch sicher dass vertrauliche Informationen vertraulich gehandhabt werden Die Auffassung wie mit vertraulichen Daten umgegangen werden soll unterscheidet sich von Mitarbeiter zu Mitarbeiter und von Geschaumlftsbereich zu Geschaumlftsbereich

Trauen Sie den Stakeholdern auch schlechte Nachrichten zu ndash die Empfaumln-ger koumlnnen mit einer direkten Konfrontation in der Regel besser umgehen als wenn sie es auf Umwegen erfahren

Gewaumlhrleisten Sie ein ausgewogenes Verhaumlltnis zwischen dem zu vermit-telnden Inhalt (Was wird kommuniziert) und den Hintergruumlnden (Wieso wird das kommuniziert)

Stellen Sie eine kritische Wuumlrdigung der gewaumlhlten Kommunikationskanaumlle kontinuierlich sicher

Verlassen Sie sich nicht zu sehr auf einzelne MedienDefinieren Sie klare und verbindliche Verantwortlichkeiten sodass die

Gesundheit der Kommunikation in pflichtbewussten Haumlnden liegt ndash Vorurteile Missverstaumlndnisse und Intrigen fuumlhren zu unkalkulierbaren Folgeschaumlden sind aber haumlufig vermeidbar

Zu guter Letzt Stimmen Sie sich mit anderen Kommunikationsinitiativen ab

6233 Wirksamkeit ermoumlglichenDiese dritte Phase deren Startpunkt stark mit der Phase bdquoHandlungsnotwendigkeiten ent-wickelnldquo verschwimmt beinhaltet im Wesentlichen zwei Instrumente Es handelt sich

Tab 63 Beispiel Kommunikationsplan (Auszug)Zielgruppe Ziel Botschaft Kanal Zeitplan Entwickler Kommu-

nikatorFeedback

Unterneh-men

Interesse wecken

Vorteile fuumlr die Organisa-tion

Videobot-schaft

Einmalig Initiati-venlei-tung

Vorstand Frage-bogen Intranet

Alle Belts Interesse vertiefen

Vorteile fuumlr die berufliche Karriere

Hoch-glanzbro-schuumlre

Halbjaumlhr-lich

MBBPR-Abteilung

MBB Stichpro-beninter-views

BB-Kan-didaten

Recht-zeitige Anmel-dung zur Schulung

Verbind-liche Anmel-dung bis xxyyzzzz

E-Mail Newsletter

Monatlich waumlhrend Transfer-Phase

Initiati-ven-Ma-nagement-Office

BBs Kon-takt auf Webseite

302 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

dabei um ein strukturiertes Management der Anspruchsgruppen und die Evaluation des Erfolgsgrads der Kommunikation

62331 Stakeholder-ManagementDieser Schritt leitet ndash waumlhrend des flieszligenden Uumlbergangs von der Analyse in die Trans-fer-Phase ndash die nachhaltige Implementierung der identifizierten Aktivitaumlten und Hand-lungsnotwendigkeiten ein Es gilt zu gewaumlhrleisten dass die wesentlichen Stakeholder und Schluumlsselspieler die Veraumlnderungsinitiative unterstuumltzen Dafuumlr gilt es den aus der Stakeholder Strategy definierten Leitfaden in Abb 623 zur Beschreibung des Unterstuumlt-zungsstatus des Stakeholders aufzugreifen Dort wurde der Entwicklungsprozess in

1 Gehoumlrt (Informationen erhalten)2 Verstanden (wichtigen Punkte und eigene Rolle verstanden)3 Akzeptiert (hat keine Vorbehalte mehr weil er eine persoumlnliche Perspektive sieht)4 Angewendet (foumlrdert die Veraumlnderung aktiv) und5 Verinnerlicht (forciert den Wandel nachhaltig)

differenziertIn diesem Zuge wurde auch festgelegt zu welchem Zeitpunkt welcher Stakeholder

welche Entwicklungsstufe erreicht haben muss ndash die Aufgabe des Stakeholder-Manage-ments ist es diesen Mobilisierungsprozess der Key Stakeholder im Auge zu behalten und Abweichungen vom geplanten Vorgehen zeitnah zu eskalieren Dafuumlr ist es notwendig die Kriterien der Entwicklungsstufen naumlher zu konkretisieren damit jeder Stakeholder eindeutig zugeordnet werden kann

Beispiel

In Abb 625 ist eine Stakeholder Mobilisation-Map abgebildet Exemplarisch wird hier schnell ersichtlich dass der Unterstuumltzungsprozess hinsichtlich des mittleren Ma-nagements nicht ideal verlaufen ist Im Juli als man festgestellt hat dass die mittleren Manager ihre Position in der Operational-Excellence-Initiative immer noch nicht ge-funden hatten sollte man deren Feedback (im Stakeholder-Action-Plan) untersuchen und uumlberpruumlfen ob die daraus abgeleiteten Maszlignahmen (im Kommunikationsplan) umgesetzt worden sind An der uumlberdurchschnittlich langen Phase (Juli bis Dezem-ber) laumlsst sich erkennen dass auch die Justierung dieser Kommunikationsmaszlignahmen nicht wirksam geworden ist Das mittlere Management ist fuumlr die erfolgreiche Imple-mentierung zu wichtig als dass man es sich leisten kann uumlber acht Monate auf das unterstuumltzende bdquoVerstaumlndnisldquo zu warten So ist nach fast einem Jahr immer noch keine entscheidende Verbesserung zu verzeichnen ndash spaumltestens Anfang des neuen Jahres haumltte man die urspruumlngliche Strategie (Stakeholder Strategy und Communication Strategy) auf Schwachstellen durchleuchten muumlssen Eine entsprechende Aktualisierung des Sta-keholder-Action-Plans und des Kommunikationsplans wirken sich schlieszliglich in der Stakeholder Mobilisation-Map aus In der Praxis ist dieser iterative Prozess in deutlich

30362 Die Analyse-Phase

kuumlrzeren Abstaumlnden zu durchlaufen Wichtig zu betonen ist dass das Stakeholder-Ma-nagement nur dann erfolgreich ist wenn die Key Stakeholder den Wandel wirklich verinnerlicht haben ndash das gruumlne Feld ist ausschlaggebend

7 Tipp Versuchen Sie nicht jeden einzelnen Stakeholder zu uumlberzeugen Unab-haumlngig von dem Ziel alle Key Stakeholder von rot in gruumln zu verwandeln ist es im Kontext aller Anspruchsgruppen einer flaumlchendeckenden strategischen Neu-ausrichtung eine Tatsache dass man niemals jeden einzelnen von der Veraumlnde-rung uumlberzeugen kann Die Faustregel besagt dass sich 20 der Veraumlnderung verschlieszligen 20 die Initiative aktiv unterstuumltzen und 60 ndash die sogenannten bdquoFence Sittersldquo ndash dem Wandel als Zaungaumlste neutral gegenuumlberstehen Wenn es Ihnen gelingt diese 60 zu uumlberzeugen zu bewegen zu mobilisieren ein-zubinden und zu unterstuumltzen wird Ihre Operational-Excellence-Initiative an Fahrt aufnehmen

Seien Sie aufmerksam ndash Widerstaumlnde sind haumlufig gut versteckt Sie erkennen sie beispiels-weise an einem hohen Krankenstand hohen Fehlzeiten Verspaumltungen bei Terminen Ge-ruumlchten Intrigen sinnlosem Debattieren starker Cliquenbildung und offen Drohungen

Jan Feb Maumlr Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Maumlr

Sponsor

Stakeholder

4

1 2 3 4 5

5

Gehoumlrt Einverstanden Angewendet hhaltig

Veraumlnderungs-zyklus

Top Mgmt

mittleres Mgmt

unteres Mgmt

1 2 3 4 5

1 2 1 2

1 2 3 4

Mitarbeiter

Betriebsrat

1 2 3

1 2 3 4 5

Verstanden Nac

Abb 625 Stakeholder Mobilisation-Map

304 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

und Vorwuumlrfen Entwickeln Sie ein Gefuumlhl dafuumlr in diesen Auspraumlgungen sich wieder-holende Muster und verschluumlsselte Botschaften zu finden um Widerstaumlnde aufzugreifen ndash Widerstand ist nichts Ungewoumlhnliches und per se nichts Schlechtes Immerhin zwingt die Auseinandersetzung mit dem Diskussionsgegenstand alle Parteien zum kritischen Dis-kurs ndash im Sinne des Erfolgsfaktors bdquoReflexion ermoumlglichenldquo ist das nur von Vorteil Erst die Nichtbeachtung des Widerstands fuumlhrt zur Blockade

62332 Communication CheckZum Abschluss sollte ein reflexives Korrektiv in die Prozedur der Kommunikation in-tegriert werden Im Zuge der Tipps fuumlr einen erfolgreichen Kommunikationsplan wurde bereits hervorgehoben dass die kritische Wuumlrdigung der gewaumlhlten Kommunikation kon-tinuierlich zu realisieren ist Die Anwendungsmoumlglichkeiten des Communication Check sind vielfaumlltig ob zu Beginn einer Initiative ndash zur Ermittlung des Bedarfs und der Prauml-ferenzen ob inmitten der Transfer-Phase ndash zur Uumlberpruumlfung des Wirksamkeitsgrads der Maszlignahmen oder zum Ende einer Projektwelle in der Sustain-Phase ndash zur Definition der Erfolgsfaktoren und Bestimmung der bdquolessons learnedldquo Es kommt darauf an wie oft die Leitung der Operational-Excellence-Initiative Feedback benoumltigt und welche Bereitschaft die Befragten zeigen Frageboumlgen auszufuumlllen und an Fokusgruppen aktiv teilzunehmen

In diesem Kontext sollen zwei Varianten vorgestellt werden die fuumlr die Verantwortli-chen aussagekraumlftige Ergebnisse generieren koumlnnen Das eine Instrument ndash der Effizienz-Check ndash richtet den Blick eher ex post auf die Vergangenheit und uumlberpruumlft die Erfolgs-wirksamkeit der Kommunikationsstrategie Das zweite Instrument ndash der Anforderungs-Check ndash richtet den Blick eher auf die Zukunft und ermittelt ex ante Bedarfs- und Verbes-serungspotenziale Beide Instrumente ermoumlglichen anschlussfaumlhige Interpretationen im Hinblick auf eine Entscheidungsgrundlage zur Anpassung der Kommunikationsstrategie

Die Daten koumlnnen bei beiden Erhebungen durch persoumlnliche Gespraumlche Fokusgruppen oder eine Umfrage wie im folgenden Beispiel erhoben werden Die Evaluation durch eine Umfrage sollte anonym erfolgen und die Ausfuumlllzeit sollte houmlchstens zehn Minuten in An-spruch nehmen Es gibt unterschiedliche Arten von Fragen Erfahrungsgemaumlszlig hat sich bei der Bearbeitung der zu bewertenden Hypothesen (in diesem Fall die Fragen 4 bis 14 des Effizienz-Checks) eine Skala von 1 bis 6 in der Praxis bewaumlhrt5 Das folgende Beispiel ist lediglich eine Moumlglichkeit ndash es laumlsst sich beliebig modifizieren

5 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

30562 Die Analyse-Phase

Welche der folgenden Kommunikationskanaumlle hat Sie persoumlnlich bislang erreicht

Effizienz-Check

Mitarbeiterbefragung zur Strategieentwicklung

Team Building Aktion Intranet ProjektpublikationInitiativen-Newsletter Roadshow Townhall Meeting Soziale Netzwerke (digital) UnternehmensTV Videos E-Mail Ankuumlndigung

WorkshopsArbeitsgruppen Unternehmenspublikation (Print) Sonstige

Welche der von Ihnen angekreuzten Kanaumlle empfinden Sie als besonders nuumltzlich Warum

Welche der Kanaumlle empfinden Sie als besonders unbrauchbar Warum

12

306 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Ich

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Die Kommunikationskanaumlle stellen die wichtigstenInformationen zur Verfuumlgung Die Gruumlnde fuumlr die Initiative wurden klar und deutlich kommuniziert Entscheidungen und andere relevante Vorkommnisse hinsichtlich der Entwicklung der Operational-Excellence-Initiative werden rechtzeitig verkuumlndet

Ich habe eine klare Vorstellung davon wie die Initiative unsere strategische Unternehmensausrichtung unterstuumltzt

Die Kommunikation erfuumlllt meinen Informationsbedarf Ich erhalte ausreichende Informationen die meine Rollebzw Position unterstuumltzen Meine Befuumlrchtungen und Sorgen werden unter den aktuellen Umstaumlnden gehoumlrt und ernst genommen

Sensible Neuigkeiten werden ehrlich und offen kommuniziert Mein Feedback wird sichtbar in der Initiative verwertet Mitarbeitern duumlrfen im Hinblick auf die anstehenden Veraumlnderungen kritische Meinungen aumluszligern und ihrer Unzufriedenheit Raum geben

Ich verfuumlge uumlber ausreichende Informationen um mit meinen Vorgesetzten uumlber die Entwicklung der Initiative zu sprechen

Effizienz-Check 22

Bitte bewerten Sie die folgenden Hypothesen

Bitte markieren Sie Ihren Geschaumlftsbereich

Einkauf

Vertrieb

Marketing

Forschung amp Entwicklung

Logistik

Controlling

Sonstiges

Haben Sie weitere Gedanken Kommentare oder Fragen

30762 Die Analyse-Phase

Wie gut sind Sie uumlber den Zustand der Operational -Excellence-Initiative informiert

Anforderungs-Check

Welche Information fehlt Ihnen Was wuumlrden Sie gerne wissen

Sehr gut Gut Weniger gut

Wie gut wissen Sie uumlber den Sinn und Zweck der Initiative Bescheid

In Ihren eigenen Worten Worum geht es in der Initiative

Sehr gut Gut Weniger gut

Wie gut sind Sie mit den Gruumlndenfuumlr die Implementierung vertraut

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigen Gruumlnde

Sehr gut Gut Weniger gut

Wie stark ist Ihnen die Auswirkung der Initiative auf Sie persoumlnlich bewusst

Welche Auswirkung hat die Implementierung bislang auf Sie gehabt und von welchen Veraumlnderungen gehen Sie in der Zukunft aus

Sehr gut Gut Weniger gut

14

308 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wie stark unterstuumltzen Sie die Operational-Excellence-Initiative

Koumlnnen Sie das naumlher erlaumlutern

Sehr stark Gut Weniger stark

Wie stark sind Sie bislang in die Initiative involviert worden

Inwiefern sind Sie beteiligt

Sehr stark Gut Weniger stark

Wie gut konnten Sie bislang Ihr Feedback hinsichtlich der Initiative kommunizieren

Inwiefern wurde Ihr Feedback bislang wahrgenommen

Sehr gut Gut Weniger gut

Was sind die aus Ihrer Perspektive wichtigen Mechanismen fuumlr Feedback

Wie wuumlrden Sie der Initiativenleitung gerne Feedback geben

Anforderungs-Check 24

30962 Die Analyse-Phase

Anforderungs-Check 34

Welche Information uumlber die Operational-Excellence-Initiative fehlt Ihnen momentan

Was ist Ihr bevorzugtes Medium um Informationen zu bekommen

Team Briefings

Newsletter Manager Briefings

Workshops

Hotline Intranet

E-Mail

Video Botschaft Sonstiges

Gibt es weitere Kommunikationskanaumlle die Sie fuumlr die Initiative als sinnvoll erachtenWelches Format (zB schriftlich Video) welche Haumlufigkeit amp welchen Inhalt schlagen Sie vor

Was ist Ihrer Einschaumltzung nach der effizienteste Weg Informationen an die Beteiligten der Initiative zu kommunizieren Bitte bewerten Sie die folgenden Beispiele von 1 = sehr sinnvollbis 10 = gar nicht sinnvoll

Newsletter

Briefe an diePrivatadresse

Praumlsentationen speziellfuumlr betroffene Gruppen

Mails

Video Praumlsentationen

Intranet Sonstiges

Welche Kanaumlle wuumlrden in keinem Fall die Initiative unterstuumltzen

310 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Anforderungs-Check 44

Welche Information wuumlrden Sie gerne regelmaumlszligig erhalten

Was koumlnnte daruumlber hinaus getan werden um Ihrem Informationsbeduumlrfnis gerecht zu werden Haben Sie weitere Gedanken Kommentare oder Fragen

Bitte markieren Sie Ihren Geschaumlftsbereich

Einkauf

Vertrieb

Marketing

Forschung amp Entwicklung

Logistik

Controlling Sonstiges

Welche Art von Kommunikationskanaumllen wuumlrden Sie fuumlr eine groumlszligere Zielgruppe als sinnvoll erachten Bitte bewerten Sie die folgenden Beispiele von 1 = sehr sinnvoll bis 10 = gar nicht sinnvoll

Newsletter

Briefe an diePrivatadresse

Praumlsentationen speziellfuumlr betroffene Gruppen

Mails

Video Praumlsentationen

Intranet Sonstiges

Welche Hindernisse sehen Sie fuumlr eine effektive Kommunikation in der Organisation

7 Tipp Die bis hier vorgestellte Vorgehensweise des Moduls Guidance in der Analyse-Phase bestehend aus dem Dreischritt bdquoStakeholder amp Kommunikation definierenldquo bdquoHandlungsnotwendigkeiten entwickelnldquo und bdquoWirksamkeit ermoumlg-lichenldquo ist nicht nur fuumlr die umfassende Infrastruktur einer Operational-Excel-lence-Initiative elementar sondern kann in reduzierter Komplexitaumlt auch in Form einer bdquoLight-Versionldquo auf Projektbasis genutzt werden Name Zweck und Methode der Instrumente bleiben gleich ndash nur die formulierte Reichweite der Fragestellungen passt sich an

31162 Die Analyse-Phase

Die Basis des Moduls bilden nach wie vor die Stakeholder Strategy (Wen betrifft das Projekt und wer ist davon fuumlr eine erfolgreiche Durchfuumlhrung erfolgskritisch) Communication Strategy (Wie wurden diese Stakeholder in der Vergangenheit angesprochen und wie soll dies im Rahmen dieses Projektes aussehen) der Stakeholder-Action-Plan (Welche Kommunikationsaktivitaumlten werden lanciert um die Stakeholder fuumlr eine erfolgreiche Projektumsetzung zu gewinnen) der Communication Plan (Wie wird all das im Projektalltag mit der richtigen Botschaft uumlber den richtigen Kommunikationskanal zum richti-gen Zeitpunkt vermittelt) die Stakeholder Mobilisation Map (Wie uumlberblicke ich den Zustand der einzelnen Unterstuumltzungslevel der Stakeholder) und die Communication Evaluation (Wie erfolgreich ist meine Kommunikationsstrate-gie und wo bestehen fuumlr das naumlchste Projekt Verbesserungspotenziale)

624 Benefit

Das dreiteilige Modul konzentriert sich auf den Mehrwert der durch die Operational-Ex-cellence-Initiative generiert werden soll Wie wirkt sich meine strategische Bemuumlhung in der Bilanz aus In diesem Kontext ist es kritisch ein solides Mengengeruumlst an Kennzah-len zu definieren (Kennzahlengrundgeruumlst) welches den Fortschritt der Initiative greifbar macht Zusaumltzlich gilt es in der Analyse-Phase die Frage zu beantworten welche Veraumlnde-rungen auf wen in der Organisation zukommen (Change Impact Assessment) Dieses Ins-trument dient langfristig auch der Ex-post-Ermittlung des Veraumlnderungserfolges Zuletzt wird eine Vorgehensweise praumlsentiert die den Status der Initiative oder einzelner Projekte (abhaumlngig von der Anwendung) darstellt (Status Review) Habe ich die vereinbarten Mei-lensteine (softe und harte Faktoren) erreicht Entsprechen die aktuellen Zwischenergeb-nisse der Stoszligrichtung meines urspruumlnglichen Plans Was ist der Nutzen dieser Initiative Diese und aumlhnliche Fragen werden beantwortet Abbildung 626 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

6241 KennzahlengrundgeruumlstDas Ziel von Leistungskennzahlen den sogenannten Key Performance Indicators (KPI) ist die Uumlberpruumlfung und Quantifizierung des Zwischenstandes und Erfuumlllungsgrades einer Operational-Excellence-Initiative Die Bedeutung einer oumlkonomischen Rechtfertigung von strategischen Transformationen gegenuumlber den Stakeholdern wurde zuvor diskutiert Zunaumlchst geht es dabei um systematisch erhobene Messungen Dieser Abschnitt ist dabei nicht als Instrument zu verstehen sondern dient eher der Vermittlung eines Kennzahlen-geruumlsts welches individuell zu modifizieren ist KPIs haben nicht den Anspruch exakte Koordinaten des Zustands einer Initiative darzustellen sondern liefern eher eine auf Daten basierte und konkretisierte Tendenz hinsichtlich des Status quo Unerlaumlsslich ist dabei das fruumlhzeitige Entwickeln solcher Leistungsindikatoren sonst ist sowohl eine aussage-kraumlftige Fortschrittskontrolle als auch eine umfassende Verifikation der Initiativenergeb-

312 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

nisse in der Unternehmensbilanz nicht realisierbar Ferner geht es um die entsprechende Interpretation der gemessenen und verifizierten Kennzahlen Wenn in regelmaumlszligigen Zeit-abstaumlnden Zwischenergebnisse erhoben werden ist anschlieszligend auch die Ableitung von Maszlignahmen die in das operative Geschaumlft der Initiative integriert werden essenziell Es gilt aus den gesammelten Informationen die richtigen Schluumlsse zu ziehen Belastbare KPIs sollten in diesem Zusammenhang die folgenden Eigenschaften aufweisen

bull Kennzahlen muumlssen qualitativ oder quantitativ messbar und interpretierbar seinbull Kennzahlen muumlssen aus aggregierten Einzeldaten bestehen und auf gesicherten

Grunddaten basierenbull Kennzahlen sollten voneinander zu trennen seinbull Kennzahlen koumlnnen mathematischer Art sein oder bestimmte Auspraumlgungen wider-

gebenbull Kennzahlen koumlnnen in einem hierarchischen Verhaumlltnis zueinander stehenbull Kennzahlen muumlssen interpretierbar sein

Abbildung 627 und Tab 64 bieten einen Uumlberblick uumlber die gelaumlufigsten Kennzahlen Die Darstellung die in vier Dimensionen differenziert beansprucht keine Vollstaumlndig-keit denn es soll noch einmal darauf hingewiesen sein Fuumlr jede Organisation eignen

ANALYSESt

rate

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Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

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e Stakeholder StrategyCommunication

Stakeholder Stakeholder

Change Readiness Survey Organisationskulturanalyse(ua Denison-Organisationskulturmodell)

Gui

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StrategyAction PlanCommunication Plan

ManagementCommunication Evaluation

Kennzahlengrundgeruumlst Change-Impact-Assessment

B

Abb 626 Roadmap Benefit

31362 Die Analyse-Phase

sich andere Leistungsindikatoren um den Zustand und die Auswirkung einer Operatio-nal-Excellence-Initiative sinnvoll abzubilden Es ist zusaumltzlich empfehlenswert nicht alle Geschaumlftsbereiche uumlber einen Kamm zu scheren ndash die Verbesserung der Kundenbeziehung spielt als KPI beispielsweise fuumlr Vertriebseinheiten eine wesentlich wichtigere Rolle als fuumlr Produktionseinheiten

7 Tipp Stellen Sie sicher dass die kritischen Steuerungsgroumlszligen regelmaumlszligig auf ihre Relevanz uumlberpruumlft werden Die entsprechende Anpassung unterstuumltzt die wirksame Durchfuumlhrung von Operational-Excellence-Initiativen wie Lean Six Sigma oder Lean Management Zusaumltzlich sollten Sie sich uumlberlegen wie die Entwicklung von weichen Kennzahlen (z B Lerneffekte) in dieser Betrachtung gewichtet werden kann

Der Vollstaumlndigkeit halber soll an dieser Stelle aber auch auf die Besonderheiten von Leistungskennzahlen hingewiesen sein Es wurde im Zuge des kritischen Diskurses in Abschn 46 bereits thematisiert dass die repraumlsentative Quantifizierung des Erfolges schwer zu realisieren ist und es diesbezuumlglich auch keine Best-Practice-Loumlsung gibt Dies liegt primaumlr an der Schwierigkeit die stark diversifizierten Kennzahlen so zu erheben dass sie verwert- vergleich- trenn- und zuteilbar sind Die Qualitaumlt der Interpretations-notwendigkeiten und die damit einhergehende Dokumentation muumlssen sich haumlufig der Wirklichkeit unterordnen Schlieszliglich steht ein KPI immer vor der Herausforderung der unvollkommenen Korrelation

Der KPI der die Anzahl der Fehlarbeiten in einem Produktionsschritt misst kann durch eine zu hohe Belastung des Mitarbeiters (aus Zeitdruck resultierende Ungenauigkeit) oder durch eine zu niedrige Belastung (aus Konzentrationsmangel resultierende Ungenauig-keit) entstehen Im ersten Schritt ist eine messbare Bewertung ohne Probleme moumlglich doch Leistungskennzahlen werden erhoben um anschlieszligend ergebnisorientierte Maszlig-nahmen abzuleiten Waumlre in diesem Fall eine Veraumlnderung des Produktionsschritt mit dem Ziel einer Arbeitserleichterung (Reduzierung des Zeitdrucks) oder eher eine motivations-

Abb 627 Die gelaumlufigsten Kennzahlen

314 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Produktivitaumltsorientierung Mitarbeiterorientierung Kundenorientierung QualitaumltsorientierungSteigerung des Marktanteils

Verbesserung der Mit-arbeiter-Produktivitaumlt

Steigerung der Kun-denakquisitionen

Verringerung der Reparaturquote

Steigerung der Kapitalrendite

Erhoumlhung der Mitarbeitertreue

Verbesserung der Kundenloyalitaumlt

Reduzierung von Nacharbeit

Realisierung von Umsatzwachstum

Reduzierung personel-ler Fluktuation

Erhoumlhung der Kundenrentabilitaumlt

Steigerung der Produktlebensdauer

Erhoumlhung des Economic Value added

Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit

Ausbau der Kundentreue

Reduzierung der Servicefehlerquote

Steigerung des Auftragseingangs

Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation

Steigerung des Kundennutzens

Beschleunigung der Reaktionszeit

Anstieg der Angebote Quantitativer und quali-tativer Anstieg der Ver-besserungsvorschlaumlge von Mitarbeitern

Erhoumlhung der Kundenzufriedenheit

Erhoumlhung der Lieferqualitaumlt

Erhoumlhung des Deckungsbeitrags

Verbesserte Erfuumlllung des Informationsbeduumlrf-nisses der Belegschaft

Verbesserung der Liefertermintreue

Verbesserung der Sigma Werte

Verbesserung der Liquiditaumlt

Verringerung des Krankenstands

Erhoumlhung der Pro-duktspezifikations-einhaltung

Verbesserung hin-sichtlich Zertifikaten und Rankings

Verringerung der Durchlaufzeit

Verbesserung der NutzenAufwand Ratio von Schulungen (Schulungskosten vs Net-Benefit pro Black Belt)

Steigerung der Ausfallsicherheit

Reduzierung des Bestands

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Ausbau von Produktinnovationen

Steigerung der Arbeitsproduktivitaumlt

Anstieg der Prauml-mien aufgrund guter Leistungen

Verringerung der Prozesskosten

Reduzierung von Uumlberstunden

Erhoumlhung der Ressourcenauslastung

strategiekonforme Regulierung der Arbeitszeit

Reduzierung der Beschaffungszeiten

Reduzierung der Kuumlndigungsrate

Reduzierung der Entwicklungszeiten

Verringerung der Entlassungsrate

Reduzierung der Ruumlstkosten

Verbesserung der Stimmung in der Belegschaft

Tab 64 Die gelaumlufigsten Kennzahlen

31562 Die Analyse-Phase

technische Intervention (Steigerung der Konzentration) die richtige Maszlignahme Ver-ursachte Kosten durch falsch abgeleitete Maszlignahmen auf Basis gering aussagekraumlftiger KPIs stehen keinem Mehrwert gegenuumlber

7 Tipp Achten Sie darauf dass die Leistungskennzahlen Ihrer Initiative auf Basis eines durch die richtigen Beteiligten versierten heterogenen und erfahrenen Meinungsbildes entwickelt und verifiziert werden ndash auch hier bietet sich die Chance entsprechende Stakeholder in den Entwicklungsprozess der Operatio-nal Excellence fruumlhzeitig mit einzubinden

Vergessen Sie nicht dass die definierten Kennzahlen nicht in Stein gemei-szligelt sein duumlrfen Wenn sich eine Initiative in einem stetig volatilen Umfeld fort-bewegt muss sich diese Bewegung auch in der Art und Weise wie Fortschritt und Erfolg festgehalten werden widerspiegeln

Weniger ist haumlufiger mehr ndash Qualitaumlt vor Quantitaumlt ist die Devise Die richtige Mischung aus KPIs gepaart mit einem adaumlquaten interdisziplinaumlren Interpre-tationsbewusstsein aus der Organisation wird zu validen Ergebnissen fuumlhren

Produktivitaumltsorientierung Mitarbeiterorientierung Kundenorientierung QualitaumltsorientierungReduzierung von RessourcenverbrauchVerringerung von WartezeitenReduzierung des AusschussesErhoumlhung des Zielerrei-chungsgrads des einzel-nen ProjektesVerbesserung der Nut-zenAufwand Ratio (Net-Benefit der Projekte)Verbesserung des UnternehmensimagesStrategiekonforme Veraumlnderung der UnternehmenskulturVerbesserte WettbewerbssituationErhoumlhung der aus-gebrachten MengenStuumlckzahlSteigerung des Umsatzes aus neuen ProduktenAnzahl der Operational-Excellence-Projekte

Tab 64 (Fortsetzung)

316 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

6242 ChangendashImpact-AssessmentEin weiteres Instrument zur Identifizierung Verfolgung und Bewaumlltigung von Auswir-kungen und Risiken einer Operational-Excellence-Initiative ist das Change-Impact-As-sessment Sinn und Zweck ist das verbesserte Verstaumlndnis von dem was auf wen an Herausforderungen zukommt um die Reaktionsfaumlhigkeit wesentlich zu verbessern Ein zentraler Fertigungsbereich der durch die grundlegende Reorganisation der Prozessab-laumlufe verschlankt werden soll wird einen staumlrkeren Bedarf an begleitenden Change-Maszlig-nahmen aufweisen als die Restrukturierung des Mahnwesens Genauso ist es durch das iterative Change-Impact-Assessment in der Analyse-Phase der drei Kernphasen moumlglich uumlber einen laumlngeren Zeitlauf zu rekonstruieren welche Veraumlnderungen wie schnell erzielt worden sind Es geht um die Fragestellungen bdquoWas wird sich aumlndernldquo bdquoWie signifikant sind diese Veraumlnderungenldquo bdquoWer ist davon alles und inwiefern betroffenldquo und bdquoWelche Maszlignahmen sind fuumlr einen sauberen Ablauf der Initiative (oder auch des einzelnen Projek-tes) notwendigldquo Die gewonnenen Erkenntnisse koumlnnen abhaumlngig von der Anwendung anderer Instrumente Aufschluss hinsichtlich des Change Readiness Survey der Change Strategy und des Stakeholder-Managements geben

Fuumlr gewoumlhnlich werden die zu evaluierenden Fragestellungen in einer Tabelle hori-zontal abgetragen die leicht zu aktualisieren ist So lassen sich die Bereiche bdquoChange Impactldquo bdquoStakeholder Impactldquo und bdquoAction Planldquo differenzieren

62421 Change ImpactWas ist die Veraumlnderung Datieren und beziffern Sie die Veraumlnderung um Dopplungen zu vermeiden Um das Bild von der bevorstehenden Veraumlnderung immer staumlrker zu kon-kretisieren gibt es verschiedene Moumlglichkeiten zur Gewinnung der relevanten Informa-tionen

bull Austausch mit zukuumlnftigen Projektmitgliedern und Experten die den jeweiligen Unter-suchungsgegenstand gut kennen und die Konsequenzen der Veraumlnderung einschaumltzen koumlnnen

bull Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Change-Experten die bei der Erarbeitung des zu-vor aufgefuumlhrten Punktes auf Feinheiten achten

bull Zugriff auf bereits dokumentierte Ablaumlufe Rollenbeschreibungen oder technische An-forderungen des Prozesses nutzen

Welche Art von Veraumlnderung ist es Auf Basis der Wahlmoumlglichkeiten (Prozess Ver-antwortlichkeit Verhalten WerkzeugMethode Sonstige) lassen sich fuumlr jede Auspraumlgung die Intensitaumlten (Hoch Mittel Niedrig) einschaumltzen (vgl Tab 65)

Wie dringend ist die Veraumlnderung Die Dringlichkeit der Veraumlnderung laumlsst sich an-hand der Merkmale bdquoHochldquo (bedarf unverzuumlglicher Aufmerksamkeit um Risikopotenzial zu reduzieren) bdquoMittelldquo (bedarf zeitnaher Aufmerksamkeit damit die Veraumlnderung nicht ins Stocken geraumlt) und bdquoNiedrigldquo (bedarf Aufmerksamkeit wenn die priorisierten Veraumln-derungen adressiert sind) bewerten

31762 Die Analyse-Phase

Wie wird die Veraumlnderung (von den Betroffenen) wahrgenommen werden Auf Basis der Einteilung in bdquoPositivldquo bdquoNeutralldquo und bdquoNegativldquo laumlsst sich ableiten ob bei den jeweiligen Betroffenen potenzieller Widerstand oder potenzielle Unterstuumltzung zu erwar-ten sein wird Dies ist ein wichtiger Indikator fuumlr den spaumlter folgenden Aktionsplan

Ist die Veraumlnderung erfolgskritisch fuumlr die gesamte Initiative Diese Frage gilt es mit bdquoJaldquo oder bdquoNeinldquo zu beantworten Wenn es sich um eine erfolgskritische Veraumlnderung handelt dann sollte diese Veraumlnderung auf houmlchster Ebene (wie im Rahmen der kontinu-ierlichen Auseinandersetzung mit der Change Strategy) beruumlcksichtigt werden

62422 Stakeholder ImpactIn welchem Geschaumlftsbereich wird die Veraumlnderung auftreten Die von der Veraumln-derung betroffenen Bereiche und Funktionen des Unternehmens sind an dieser Stelle zu identifizieren (z B After-Sales-Service oder Produktentwicklung) So laumlsst sich schlieszlig-lich auch erfassen welche Bereiche im Rahmen der gesamten Operational-Excellence-In-itiative akut betroffen sind Daraus sind moumlglicherweise auch Personalentscheidungen fuumlr die Initiativenleitung bei der Besetzung von Black-Belt-Positionen abzuleiten da sowohl eine fachliche Naumlhe als auch eine fachliche Distanz sinnvoll sein koumlnnen

Welche Standorte sind betroffen Es gilt aufzuzeigen welche Lokationen von der Initiative beruumlhrt werden Die Handhabung eines Standorts ist in der Regel leichter als das Management einer Initiative in mehreren und moumlglichweise zeitversetzten Standorten Dieser Aspekt ist bei der Formulierung von Aktivitaumlten im Aktionsplan zu beruumlcksichti-gen um die geplanten Maszlignahmen umsetzbar zu gestalten

Tab 65 VeraumlnderungsartenArt Hoch (H) Mittel (M) Niedrig (N)Prozess Neuer Prozess oder

signifikante Veraumlnde-rung eines bestehenden Prozesses

Bereits bestehender Prozess wird veraumlndert

Geringe Veraumlnderung von bestehenden Prozessen

Verantwortlichkeit Neue oder signifikant andere Rollenverteilung in einer Gruppe oder bei einem Einzelnen

Vereinzelte Ver-aumlnderung der Verantwortlichkeiten

Geringe Ver-aumlnderung bei der Rollenverteilung

Verhalten Signifikante Veraumlnde-rung in der gewohnten Arbeitsweise

Vereinzelte Veraumlnde-rung der gewohnten Arbeitsweise

Geringe Veraumlnderung von der gewohnten Arbeitsweise

WerkzeugMethode Anwendung eines neuen WerkzeugsMethode oder eine signifikante Veraumlnderung von bereits genutzten Werkzeugen oder Methoden

Vereinzelte Modifika-tion von bereits etab-lierten WerkzeugenMethoden

Geringfuumlgige Veraumln-derung von etab-lierten WerkzeugenMethoden

318 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wie viele Mitarbeiter werden von der Veraumlnderung ungefaumlhr betroffen sein Die-se Fragestellung steht in engem Zusammenhang mit der Identifikation der relevanten Sta-keholder und der daraus abgeleiteten Kommunikationsmaszlignahmen Die eine oder andere Implikation wird nun schon hinfaumlllig denn z B bei 90000 betroffenen Mitarbeitern sind flaumlchendeckende persoumlnliche Interviews nur zu auszligerordentlich hohen Kosten realisier-bar

Welche Gruppen von Mitarbeitern zaumlhlen dazu Die Beantwortung dieser Frage ist die Konkretisierung der ersten Frage in diesem Abschnitt (Geschaumlftsbereich Service Gruppe Beschwerde-Hotline) Welche Personengruppen betroffen sind kann Aufschluss daruumlber geben bei welcher Gruppe am ehesten mit Widerstaumlnden zu rechnen ist

62423 AktionsplanWas ist zu tun Hier werden die abgeleiteten Maszlignahmen grob beschrieben und tief-ergehende Details zur weiteren Verwertung (z B in der Stakeholder-Mobilisation-Map oder im Communication-Plan) erarbeitet So koumlnnten die Maszlignahmen bdquoabteilungsuumlber-greifendes Event zum Kennenlernen und Commitment entwickelnldquo oder bdquoErstellung eines vertriebsmitarbeiterinternen sozialen Netzwerks zum Austausch von Verbesserungsvor-schlaumlgen im To-be-Prozessldquo formuliert werden

Wo wird der Fortschritt der Maszlignahme konkret verfolgt Es gilt abschlieszligend zu definieren in welchem Dokument die bestimmten Aktionen ihre Beruumlcksichtigung finden Was wird in den Communication-Plan Stakeholder-Action-Plan oder die Mobilisation-Map der Stakeholder integriert

625 Tipps und Tricks

Verhindern Sie einen Super-GAU Wie gehen Sie als Leiter einer Operational-Excel-lence-Initiative damit um wenn der Sponsor der Initiative (CEO oder Unternehmensin-haber) ploumltzlich das Interesse an der gemeinsam vereinbarten Vision verliert Was wenn er die Ziele des Vorhabens haumlufig aumlndert sodass bereits Erarbeitetes nutzlos wird Wie ist zu handeln wenn der Betriebsrat nicht aufhoumlrt gegen den Projektfortschritt zu schie-szligen Man wird sich nicht voumlllig vor derartigen Worst-Case-Szenarien schuumltzen koumlnnen Es kann zahlreiche Probleme und Barrieren geben die zu einem Initiativen-GAU fuumlhren koumlnnen ndash eine saubere Auftragsklaumlrung ist haumlufig der Grundstein fuumlr den Erfolg

Was ist das Ziel der Initiative Was genau soll durch die einzelnen Projekte erreicht werden Welche Veraumlnderungen sollen bewirkt werden Um welche organisatorischen und kulturellen Veraumlnderungen handelt es sich

Woran machen Sie fest ob die Initiative oder ein einzelnen Projekt erfolgreich war Wie gewaumlhrleisten Sie die maximale Objektivitaumlt bei Erfolgsgradmessungen Ab wann ist die Initiative oder ein einzelnes Projekt gescheitert

Was sollte auf keinen Fall passieren Welche Veraumlnderungen sind in jedem Fall zu vermeiden Welche Risiken sind erfolgskritisch fuumlr den gesamten Erfolg der Initiative

31962 Die Analyse-Phase

Mit welchen Nebenwirkungen der Veraumlnderungen gilt es zu rechnen Was soll sich nicht veraumlndern und warum nicht

Fassen Sie Veraumlnderung von unterschiedlichen Perspektiven auf Trotz der staumln-digen Betonung der Notwendigkeit sich zu veraumlndern und sich an veraumlnderte Rahmenbe-dingungen anzupassen muss hervorgehoben werden dass die Frage bdquoWas soll sich nicht veraumlndernldquo elementar ist Veraumlnderungen sind per se weder positiv noch ausschlieszliglich negativ

Sprechen Sie miteinander Ein sorgfaumlltiger Umgang mit Erwartungen ist die effizien-teste Form von Konfliktpraumlvention Stellen Sie sicher dass Sie besonders zu Beginn die verschiedenen Erwartungspositionen Ihrer wichtigsten Stakeholder wahrnehmen heraus-arbeiten und mit Ihrer eigenen abgleichen Dafuumlr muumlssen Sie sich der Herausforderung stellen trotz menschlicher Harmoniebeduumlrfnisse klare und eindeutige Aussagen der Be-troffen einzuholen um unrealistische Erwartungen von Beginn an im Keim zu ersticken Falls sich gewisse Erwartungen verschiedener Stakeholder nicht miteinander vereinbaren lassen kommt es haumlufig zur Umgehung von Auseinandersetzungen Dieser Entwicklung ist entschieden entgegenzuwirken denn eine fruumlhe Auseinandersetzung fuumlhrt zu weniger Schaden als eine Konflikteskalation mitten in der Implementierungsphase Sehen Sie Er-wartungen nicht als Verpflichtungen an und entwickeln Sie ausreichend viele Gespraumlchs-angebote Ein ausfuumlhrliches Gespraumlch zu Beginn ist guumlnstiger als aufwendige Uumlberzeu-gungsaktivitaumlten im weiteren Verlauf der Initiative ndash der immaterielle Mehrwert durch die Vermeidung von enttaumluschten Erwartungen ist nicht in Zahlen auszudruumlcken

Setzen Sie nicht nur auf die impulsive Begeisterungsfaumlhigkeit einiger weniger Mit-arbeiter sondern auf die starke Uumlberzeugungskraft des nachhaltigen strategischen Nutzens der Operational-Excellence-Initiative Wenn man sich vor Augen fuumlhrt dass wie aus der Bibel uumlberliefert die Israeliten 40 Jahre durch die Wuumlste wanderten bis sie das verheiszligene Land erreichten wird eines deutlich Nicht die Begeisterung am ersten Tag sondern der strategische Nutzen des Landes wo Milch und Honig flieszligt war aus-schlaggebend fuumlr diese Ausdauerleistung Operational-Excellence-Initiatoren sollten sich demnach ein Stuumlck vom bdquobiblischenldquo Change Management abschneiden Fuumlr die Entwick-lung einer soliden Energiequelle die auch in schweren Zeiten motiviert sind auszugswei-se folgende Fragen zu klaumlren

Welchen langfristigen Nutzen bringt die Initiative Inwiefern staumlrkt das Vorhaben den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens am Markt Laumlsst sich der Nutzen quantifizieren oder qualifizieren In welcher internen Konkurrenz zu anderen Initiativen steht die Opera-tional-Excellence-Initiative Was waumlre die negative Konsequenz wenn die Initiative nicht durchgefuumlhrt wuumlrde Was waumlre die positive Konsequenz wenn die Initiative durchgefuumlhrt wuumlrde Was ist uns die erfolgreiche Umsetzung des strategischen Vorhabens wert Be-steht in den wichtigen Gremien Konsens uumlber die gemeinsame Marschrichtung im Sinne von John Kotters bdquoGuiding Coalitionldquo Wenn nicht liegt dies womoumlglich an unterschied-lichen Problem- und Loumlsungsverstaumlndnissen

Machen Sie Veraumlnderung zum Normalfall Winfried Berner (2003) ein versierter Change-Experte stellt heraus dass Mitarbeiter noch nie begeistert in die Haumlnde geklatscht

320 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

haben wenn Veraumlnderungen bevorstanden Doch fruumlher ging es in erster Linie darum die Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Veraumlnderung zu uumlberzeugen ndash heute geht es vor allem darum gegen Veraumlnderungsmuumldigkeit anzukaumlmpfen bdquoEs geht nicht mehr (allein) darum ob die Leute wollen sondern es geht zunehmend darum ob sie noch koumlnnenldquo In Richtung eines Ziels zu sprinten ist einfach Wenn man aber immer wieder fuumlr kurze Zeit einem greifbaren Ziel hinterhersprintet wird man sich irgendwann fragen wann das Ganze ein Ende hat Die entmutigenden Altlasten an verbrannter Erde sind zum Teil ge-waltig Winfried Berner fordert deswegen den kontinuierlichen Wandel in den Strukturen und Prozessen von Organisationen abzubilden ndash denn nach wie vor sehen viele Unterneh-men groszlige Veraumlnderungen als Ausnahme an Als Vorbild fuumlhrt er die Automobilindustrie an Wo man fruumlher ein neues Modell erst entwickelte wenn sich das aktuelle nicht mehr gut genug verkaufte haben die Automobilhersteller heutzutage festgelegte Produktions-entwicklungszyklen weil sie realisiert haben dass das Aktualisieren ihres Produktes zum Geschaumlft gehoumlrt Die staumlndige Veraumlnderung wurde zur professionalisierten Routine Diese Rahmenbedingung unterscheidet sich nicht von anderen Industriezweigen oder Produkt-entwicklungen Erfolgskritisch fuumlr die Integration des kontinuierlichen Wandels sind die Freistellung von Ressourcen (personell finanziell zeitlich) die eine ausreichende Distanz zum Tagesgeschaumlft haben muumlssen damit sie nicht bdquomissbrauchtldquo werden und die Integ-ration des Veraumlnderungsdrucks in die Fuumlhrungs- und Planungsprozesse Wenn man diese Integration weiter denkt wird deutlich dass der Anspruch an die wettbewerbsfaumlhige Orga-nisation einem Paradoxon gleicht Auf der einen Seite beruht das Leistungsvermoumlgen eines Unternehmens auf stabilen Strukturen und Prozessen sodass effiziente Routine ermoumlglicht wird Auf der anderen Seite wird erwartet dass keine Routine aufkommt sodass Struktu-ren und Prozesse flexibel gestaltet werden koumlnnen und die Selbstdynamisierung den Alltag bestimmt (Vgl Wimmer 2011 S 16 f) Der Gleichschritt zwischen effizienzsteigernder Routinisierung und der Permanenz organisatorischen Umbaus ist die zentrale Herausfor-derung fuumlr Unternehmen im 21 Jahrhundert (vgl Wimmer 2011 S 19) Loumlsungen finden sich wohl nur im Einzelfall ndash ein allgemeinguumlltiger Ansatz existiert (noch) nicht

Geben Sie der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat eine Chance Richtig ist dass das Arbeiten mit dem Betriebsrat nicht immer einfach ist Richtig ist dass nicht jeder Be-triebsrat fuumlr eine erfolgreiche Gemeinsamkeit geschaffen ist Richtig ist aber auch dass die Mitbestimmung dieser internen Institution einfach dazu gehoumlrt Es gebietet sich also einen Konfrontationskurs von Beginn an zu vermeiden Dies beinhaltet zunaumlchst einmal die arbeitsrechtlichen und tarifrechtlichen Vorschriften in diesem Kontext zu beruumlcksichtigen Daruumlber hinaus sollte der Betriebsrat als Stakeholder mit entscheidender Hebelwirkung fuumlr den Erfolg einer Operational-Excellence-Initiative gesehen werden und fruumlhzeitig von der Veraumlnderung uumlberzeugt werden Kooperation ist viel guumlnstiger als Konfrontation

Vermeiden Sie einen Fehlstart Wie Beginnen Sie eine Initiative nur dann wenn Sie zu 100 bereit sind Alles andere wird unangenehm und kostspielig Der Nutzen muss greifbar sein die Ressourcen muumlssen vorhanden sein der Wille muss gegeben sein und die Marschrichtung muss klar sein Wenn Sie nun Ihre Mitarbeiter noch in den Ent-wicklungsprozess der ersten Schritte integrieren ist zumindest eine solide Basis fuumlr eine

32162 Die Analyse-Phase

erfolgreiche Implementierung gelegt Change-Management-Maszlignahmen muumlssen nicht immer unter sperrigen und moumlglichst englischen Begriffen laufen ndash haumlufig loumlst die ehr-liche Antwort auf die Frage bdquoWas wuumlrde ich vom Management erwarten wenn ich der Mitarbeiter waumlreldquo das Problem Auszugsweise werden im Folgenden bereits erwaumlhnte Punkte konkretisiert und weitere typische Fehler zu Beginn einer strategischen Initiative aufgezaumlhlt (vgl Berner 2001)

bull Leichtfertig gestartete Projekte mit kurzer Halbwertszeit Ergebnis Initiative wird nicht ernst genommen und verlaumluft im Sand Maszlignahme Konkrete bdquoQuick Winsldquo zur Aufmerksamkeitssteigerung und eher wenige aber dafuumlr umso wichtigere Unter-suchungsgegenstaumlnde in den Projekten Wenn Projekte oder gar eine ganze Initiative ihrem Schicksal uumlberlassen werden ist das haumlufig ein klares Indiz fuumlr fehlende Ruuml-ckendeckung des Topmanagements Dabei ist der Schaden der dadurch entsteht dass die gewuumlnschten Zielzustaumlnde nicht erreicht werden bereits hoch ndash unterschaumltzt wird grundsaumltzlich die Schwere der Enttaumluschung unter den Mitarbeitern Wird ein vom Ma-nagement im Stich gelassener Projektmitarbeiter bei der naumlchsten Verkuumlndung einer Veraumlnderungsinitiative vor Freude in die Luft springen

bull Blitzstart ohne Leidensdruck Ergebnis Handlungsmuumldigkeit des Managements uumlber-traumlgt sich blitzschnell auf die Mitarbeiter Maszlignahme Fuumlhrung bedeutet als erster zu handeln Das ist am Anfang wichtig denn eine Operational-Excellence-Initiative laumlsst sich nicht bdquorunterdelegierenldquo Gleichzeitig laumlsst sich eine Initiative nicht nur uumlber Newsletter und aufwendig gestaltete Power-Point-Praumlsentationen fuumlhren ndash unterneh-men Sie etwas in der Initiative Seien Sie kreativ in der Form wie Sie Ihren Mitarbeiter Ihr Anliegen verdeutlichen wollen Nicht umsonst ist Wendelin Wiedeking mit einer ganzen Gruppe von Managern nach Japan geflogen bevor er Porsche auf eine Lean Production ausrichtete Wichtig ist zu beachten dass der Mensch sich selten ausschlieszlig-lich auf rationaler Ebene uumlberzeugen laumlsst Wenn Wendelin Wiedeking in Zuffenhausen auf Hunderten von Charts die wichtigsten Kennzahlen Verschwendungsursachen und Grundsaumlulen der Verbesserungsphilosophie vom Vorbild Toyota praumlsentiert haumltte waumlre Porsche heute nicht da wo sie sind Stattdessen waumlhlte er die Uumlberzeugungskraft von Emotionen Seine Manager erlebten Toyota live

bull Die Hoffnung auf (Kommunikations-)bdquoWunderwaffenldquo als Antrieb der Veraumlnderung (z B eine aufwendig produzierte Hochglanzbroschuumlre gespickt mit hohlen Phrasen) Ergebnis Hoher Kostenfaktor fuumlr Agenturen ndash geringer Mehrwert fuumlr die Initiative Maszlignahme Erhoumlhen Sie die Qualitaumlt der sachlichen und persoumlnlichen Gruumlnde fuumlr eine breite Unterstuumltzerbasis in der Organisation und nicht die Qualitaumlt der Art und Weise wie diese Gruumlnde vermittelt werden Beruumlcksichtigen Sie in Ihren Botschaften in jedem Fall die Altlasten von vergangenen Initiativen oder strategischen Bemuumlhungen Wenn Newsletter mit dem Aufruf zu Feedback unverzuumlglich im Muumlll landen weil das fruumlher auch schon immer als die bdquoPropaganda von obenldquo wahrgenommen wurde sollten Sie womoumlglich auf Zusammenkuumlnfte mit einer staumlrker ausgepraumlgten persoumlnlichen Interak-tion zuruumlckgreifen

322 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Bereichern Sie Ihre Anfangsphase mit ausreichend Dramaturgie In dem einen oder an-deren anspruchsvollen Kinofilm gibt es bisweilen kurze Szenen die viel uumlber die bdquoMoralldquo am Ende der Geschichte aussagen Wer einen Augenblick unaufmerksam ist hat manchmal Schwierigkeiten der restlichen Geschichte zu folgen Als Initiator oder Leiter der Ope-rational-Excellence-Initiative ist es Ihr Job die Aufmerksamkeit der Zuschauer ganz am Anfang zu gewinnen Die bdquoerste Szene des Filmesldquo muss so spannend sein dass die Auf-merksamkeit aller Zuschauer fuumlr eine ganze Weile auf das richtige Thema Projekt oder Problem gelenkt ist Im Anschluss gilt es bei Operational-Excellence-Initiativen die kol-lektive Konzentration hochzuhalten Wenn Mitarbeiter ihre Kollegen die am Anfang nicht aufmerksam waren staumlndig vom Verbesserungskonzept und der geplanten Vorgehensweise uumlberzeugen muumlssen kostet das Kraft Nerven Zeit und damit Geld Zusaumltzlich werden sich Gruppen bilden und die Fronten verhaumlrten sich Eine Moumlglichkeit die Aufmerksamkeit zu Beginn sinnvoll zu buumlndeln ist die Mitarbeiterbefragung (z B mit dem Titel bdquoStrategy 2020 Warum Process Excellenceldquo) Die Mitarbeiter werden daruumlber diskutieren warum die Befragung durchgefuumlhrt wird welche Fragen sie als sinnvoll erachten und welche nicht und was sie fuumlr eine Meinung zu den ausgewerteten und veroumlffentlichten Ergebnissen ha-ben Dieser Prozess der eine Zeit dauert wird die Spannung durch dieses bdquokleine Eventldquo hoch halten Wichtig ist dass grundsaumltzlich nach jeder Maszlignahme zur Steigerung der Auf-merksamkeit handfeste Umsetzungsschritte folgen muumlssen ndash sonst handelt es sich auch bei einer sorgfaumlltig konstituierten Mitarbeiterbefragung um vergebliche Liebesmuumlhe

63 Die Transfer-Phase

Die Transfer-Phase von Operational Excellence beginnt mit der Veroumlffentlichung der Ini-tiative Ob dies in Form eines globalen Meetings der Top 300 Fuumlhrungskraumlfte wie bei der Axa-Versicherung oder im Rahmen eines bdquoTown Hall Meetingldquo fuumlr die ganze Mitarbeiter-schaft im Fall von Maple Leaf Foods stattfindet ist abhaumlngig von den organisationalen Rahmenbedingungen individuell zu entscheiden und eher unerheblich Ausschlaggebend ist dass die Umsetzung gut vorbereitet wird Ein fester Bestandteil dieser Phase ist der DMAIC-Zyklus (bei Six- und Lean-Sigma-Initiativen) Es wird definiert welche Prozes-se wichtig sind gemessen wie hoch die aktuelle Prozessgenauigkeit ist analysiert was falsch laumluft verbessert wo es moumlglich ist und kontrolliert um die Verbesserung nachhal-tig zu gestalten Fuumlr Lean-Initiativen geht es in die Projektarbeit gemaumlszlig der fuumlnf in Kap 2 beschriebenen Lean Prinzipien Es werden die Kundenwerte und Wertstroumlme spezifiziert nichtwertschoumlpfende Aktivitaumlten eliminiert die Kundennachfrage und das Produktange-bot in Einklang gebracht (Pull) und die Arbeitsschritte als Grundlage fuumlr die kontinuierli-che Verbesserung standardisiert Im Folgenden wird diskutiert wie die Wirksamkeit einer Operational-Excellence-Initiative in der Transfer-Phase verbessert werden kann Auch hier sollen Tools Denkanstoumlszlige und Tipps der vier Module Strategy Resources Guidan-ce und Benefit dafuumlr Sorge tragen dass der Transformation Navigator als Kompass der Verbesserungsinitiative in eine erfolgversprechende Richtung ausschlaumlgt Abbildung 628 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

32363 Die Transfer-Phase

631 Strategy

Im Rahmen dieses ersten Moduls geht es darum die Mitarbeiter auf das gemeinsame Ziel einzuschwoumlren ndash unabhaumlngig davon in welchem Kontext und Umfang die Operational-Excellence-Initiative gestartet wird (Mitarbeiterversammlung Videobotschaft vom Vor-stand Meeting der Topmanager) Welches Medium der Kommunikation dafuumlr gewaumlhlt wird und wie viele Mitarbeiter in Kenntnis gesetzt werden muumlssen laumlsst sich nicht ver-allgemeinern und ist von Organisation zu Organisation unterschiedlich Was vielen Unter-nehmen aber gemein ist Nachdem die strategische Schwerstarbeit aus der Analyse-Phase abgeschlossen ist gehen viele Fuumlhrungsriegen davon aus dass nun bdquonurldquo noch die Um-setzung ansteht welche bekanntlich schlichtweg angeordnet werden kann Dies ist ein fataler Irrtum denn wer am Ende tatsaumlchlich fuumlr die Implementierung der strategischen Initiative zustaumlndig ist wird schnell vergessen Auch wenn die Weichen hauptsaumlchlich in der Analyse-Phase gestellt werden so gilt es an dieser Stelle die Vision der Operational Excellence entlang der Hierarchieebenen der Organisation zu kaskadieren Im Mittelpunkt der Transfer-Phase steht damit in erster Linie immer das Initiativen-Umsetzungsteam

6311 Change DistributionDie Change Distribution ist die Fortsetzung der Change Strategy (Abschn 6211) und der Communication Strategy (Abschn 6231) Hier werden die bislang entwickelten In-

Change Distribution

TRANSFERSt

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rces Workforce

(ua Change Network)Culture(ua Kulturkreis-analyse)

Change Education(ua Trainingsplan)

Kommunikation Zusammenarbeit

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(ua Umgang mit Tele-Arbeitvirtuellen Teams und Widerstand)

(ua Effektivitaumlt undProblemverhalten im Team Meetings stringent durchfuumlhren)

Project Review

Abb 628 Roadmap Strategy

324 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

halte an eine bdquobreitere Oumlffentlichkeitldquo im Unternehmen kommuniziert Dabei handelt es sich meistens um die einzelnen Projektteams die in der Gesamtinitiative arbeiten und die in den naumlchsten Wochen und Monaten mit der Umsetzung von Operational Excellence vertraut gemacht werden Der entscheidende Punkt ist dass die Vision der Operational-Excellence-Initiative systematisch und einheitlich die Organisation durchdringt Dafuumlr gilt es gewisse Leitplanken zu beruumlcksichtigen Jeder Mitarbeiter trifft sehr fruumlh die Ent-scheidung mit wie viel Engagement er sich an dem Projekt beteiligen wird Der Kick-Off eines Projektes ist also eine kritische Weichenstellung Wir sehen das folgende Vorgehen als sinnvoll an um eine einheitliche Marschroute eines Projektteams mit zehn bis 15 Teil-nehmern zu ermoumlglichen

bull Initialzuumlndung (vormittags)bull Ein neues Projekt sollte nachdem die Zusammenstellung des Projektteams abgeschlos-

sen ist mit einem gemeinsamen ein- bis zweitaumlgigen Workshop starten Das Intro uumlber-nimmt im Idealfall ein Mitglied der Initiativenleitung ndash der CEO als Sponsor beispiels-weise Nach dieser Einfuumlhrung steht das Kennenlernen im Vordergrund Abhaumlngig von der Wichtigkeit des Projektes gilt es das Team zusammenzuschweiszligen Denken Sie daran wie Sie Ihren potenziellen Partner oder die zukuumlnftige Partnerin beim ersten Date beeindrucken wollten ndash eine aumlhnliche positive Energie soll hier eingebracht wer-den Lassen Sie sich etwas einfallen und unternehmen Sie etwas mit Ihrem Team Die Erstsemester des Bachelor-Studiengangs der Wirtschaftswissenschaften an der Univer-sitaumlt Witten-Herdecke lernen sich auf einer siebentaumlgigen Wanderung kennen Abseits von Internet Mobilfunknetz und warmem Wasser lernen die Studierenden sich spiele-risch kennen kochen gemeinsam und erfahren die ersten positiven wie auch negativen Erlebnisse Das mag fuumlr viele Unternehmen sicherlich nicht passend und realistisch sein Dennoch gibt es zahlreiche alternative Taumltigkeiten mit einem aumlhnlichen Hinter-gedanken Suchen Sie also die erste Herausforderung ndash die findet man meistens nicht bei einem Team-Dinner und schon gar nicht beim gemeinsamen Opernbesuch Ob Sie klettern oder Gokart fahren durchs Watt oder auf die Berge wandern Bogen schieszligen oder ein Floszlig bauen ndash lernen Sie miteinander zu sprechen und aufeinander einzugehen

bull Projektinhalte spielerisch kennenlernen (mittags nachmittags abends) Bestandteil dieses Workshops sollten auch inhaltliche Elemente der bevorstehenden Pro-

jektarbeit sein Integrieren Sie den Spaszligfaktor in die Arbeit Spaumlter im Projekt koumlnnen Sie problemlos auf Situationen der Workshop-Tage zuruumlckgreifen Wenn Sie Ihr Projektteam in zwei Gruppen eingeteilt haben die beim Floszligbauen gegeneinander antreten dann geben Sie das andere Ufer als Ziel aus (strategische Zielsetzung der Initiative erlaumlutern) legen Sie Fristen bis zur Fertigstellung des Floszliges fest (Zeitplan und Meilensteine des Projektes definieren) fordern Sie die Teams nach der Uumlberquerung des Flusses auf uumlber Schwach-stellen und Verbesserungspotenziale nachzudenken (Reflexion uumlber Arbeitsschritte als Grundlage kontinuierlicher Verbesserung ermoumlglichen) Am Abend koumlnnen Sie schlieszliglich das Projektteam eine eigens entwickelte Change Vision und Kernbotschaft (compelling

32563 Die Transfer-Phase

story) in Ruhe erarbeiten lassen Die inhaltliche Anpassung an die aus der Analyse-Phase stammende Vision der Initiativenleitung liegt in der Hand des Projektleiters

bull Projekt starten (vormittags mittags) Die Grundlage fuumlr eine wirksame Zusammenarbeit ist gelegt wenn die gemeinsame

Zeit und entwickelte Zielsetzung hinsichtlich der bevorstehenden Herausforderungen reflektiert werden die Projektleitung einen guten Eindruck von den Teammitgliedern und ihren Erwartungen erhalten hat und die naumlchsten Schritte vereinbart wurden Struk-turieren Sie die Kernbotschaft als Ergebnis des Workshops so dass die Botschaft pro-blemlos an spaumlter zustoszligende weitere Teammitglieder kommuniziert werden kann Es geht darum dass jeder die Initiative in den Kontext der Historie des Unternehmens des Status quo und der strategischen Zielsetzung einzuordnen vermagminus Worum geht es in der Initiativedem Projektminus Was ist der Grund fuumlr die Initiativedas Projektminus Was ist das Ziel der Initiativedes Projektesminus Was haben wir bislang erreichtminus Was muumlssen wir noch erreichenminus Was bedeutet das fuumlr mich jetzt

7 Tipp Unterschaumltzen Sie den Aufwand aber auch den Nutzen eines solchen Kick-off-Workshops nicht Ein solches Event mit einem Projektteam bedarf viel Vorarbeit und Vorbereitung Auch wenn es nicht immer eine Outdoor-Ex-pedition sein muss so muss sich die Initiativenleitung uumlber die zu erreichenden Ziele im Klaren sein Die Korrektur eines Projektes welches auf den falschen Gleisen gestartet ist kostet viel Zeit und damit Geld Welchen Schaden kann eine Fortbildung fuumlr das harmonische Miteinander im Projekt schon anrichten

7 Tipp Schweiszligen Sie das Team mit einem gemeinsamen Ziel zusammen Machen Sie sich daruumlber Gedanken welche Hebel Sie in Bewegung setzen muumlssen damit das Team uumlber sich hinauswaumlchst In der Regel reichen dafuumlr ver-sprochene Einzelpraumlmien nicht aus ndash die Verweildauer dieses Anschubs ist kurz und kann die Mitarbeiter gegeneinander aufbringen Kollektive Begeisterung und Aufopferung fuumlr ein gemeinsames Ziel aber sticht als sozialer Synergie-effekt jeglichen monetaumlren Anreiz aus Sobald Teammitglieder ihre eigenen Interessen verfolgen leidet der Teamgeist Laumlsst sich also vielleicht ein gemein-sames Feindbild identifizieren um das Wir-Gefuumlhl zu steigern Woran laumlsst sich ein gemeinsamer Vorteil oder eine gemeinsame Notlage verdeutlichen Wor-uumlber kann sich die gemeinsame Freude definieren Sie und Ihre Mitarbeiter sitzen nicht nur metaphorisch in ein und demselben Boot Dies gilt es so fruumlh wie moumlglich zu erkennen und zu adressieren damit der Wind des Wandels die Organisation durchdringen kann

326 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

632 Resources

Dieses Modul der Transfer-Phase behandelt drei wesentliche Bausteine Workforce (Wie erreiche ich ausgehend vom Topmanagement-Commitment eine breite Unterstuumltzerba-sis in der Organisation) Culture (Welche spezifischen Eigenheiten muss ich ausgehend von der Unternehmenskultur beruumlcksichtigen) Change Education (Wie gewaumlhrleiste ich eine entsprechende Know-how-Basis um die Uumlberlebenschance der Veraumlnderung zu er-houmlhen) Ein aktives Bearbeiten dieser drei Bausteine bildet die Grundlage fuumlr eine gute Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Ressourcen und der gegebenen Rahmenbedingun-gen Abbildung 629 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

6321 WorkforceDamit eine Operational-Excellence-Initiative ins Rollen kommt ist das haumlufig betonte Top-management-Commitment die Voraussetzung Dennoch sind weitere Schritte notwendig So gilt es die Energie und das Engagement der oberen Fuumlhrungsebene uumlber die darunter liegenden Ebenen der Organisation hinweg zu kaskadieren und in der Flaumlche zu verbreiten

7 Tipp Uumlberschaumltzen Sie nicht die Wirksamkeit von Informationsveranstaltun-gen und unternehmensweiten Newslettern Auch wenn es zeitaufwendig ist gewaumlhrleisten Sie eine hohe Intensitaumlt an der Informationsverbreitung aus ers-

Change Distribution

TRANSFERSt

rate

gyR

esou

rces Workforce

(ua Change Network)Culture(ua Kulturkreis-analyse)

Change Education(ua Trainingsplan)

Kommunikation Zusammenarbeit

Gui

danc

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it

virtuellen Teams und Widerstand) Problemverhalten im Team Meetings stringent durchfuumlhren)

Project Review

(ua Umgang mit Tele-Arbeit (ua Effektivitaumlt und

Abb 629 Roadmap Resources

32763 Die Transfer-Phase

ter Hand Denken Sie an sich selbst Wirkt eher ein Newsletter via E-Mail oder ein Gespraumlch mit Ihrem Vorgesetzten staumlrker Da man ein persoumlnliches Gespraumlch nicht einfach bdquowegklickenldquo kann beachten Sie die folgenden Ausfuumlhrungen

63211 Change-Netzwerk konstituieren1 Change Champions und Multiplikatoren definieren Bei den Change Champions handelt es sich um Personen aus einem weitergefassten

Fuumlhrungskreis der Initiative (z B Leiter von einzelnen Projekten) oder von Mitglie-dern der Projektteams Diese schwaumlrmen als Botschafter der Initiative in Abteilungs-besprechungen und sonstige Team-Meetings aus und informieren uumlber den aktuellen Stand der Operational-Excellence-Initiative Ausreichend dafuumlr ist eine Stunde Im direkten Gespraumlch muss genuumlgend Zeit fuumlr Fragen und Antworten bleiben Wichtig ist dass die Change Champions auch als Stimmungskatalysator fungieren Sorgen Aumlngste und Anregungen der Arbeitskollegen gilt es aufzugreifen und z B an Projektleiter Stakeholder-Manager oder die Leitung der Initiative weiterzuleiten

Bei den Multiplikatoren handelt es sich um Schluumlsselpersonen deren Einfluss an forma-len Positionen in der internen Hierarchie nicht festzumachen ist Ihre Meinung verfuumlgt uumlber eine hohe Akzeptanz in der restlichen Belegschaft Die Wirksamkeit unterscheidet sich zu den Change Champions dadurch dass die Meinungsfuumlhrerschaft der Multipli-katoren eher indirekt wirkt Sie treten nicht in die Rolle eines Botschafters der aktiv an Meetings von anderen Geschaumlftsbereichen teilnimmt denn schon ein gut vernetzter und beliebter oder einfach langjaumlhriger Mitarbeiter kann als Multiplikator fungieren Es ist also ratsam diese Meinungsfuumlhrer die haumlufig auch eine Taumltigkeit im Betriebsrat ausuumlben von der Initiative zu uumlberzeugen und ihr Vertrauen zu gewinnen Wenn ein Multiplikator gleichzeitig auch als Change Champion aktiv wird ist dies sicherlich der Idealfall

2 Change Kompetenz sicherstellen In diesem Change-Netzwerk werden Mitarbeiter benoumltigt die von der Vision der Ini-

tiative inspiriert sind Es bietet sich an Mitarbeiter in diese Funktion zu berufen die schon fruumlhzeitig mit der Initiative in Beruumlhrung gekommen sind Ein Projektleiter der auch schon in der Analyse-Phase in den Entwicklungsprozess der Change-Strategie involviert war kann womoumlglich mehr Energie und Leidenschaft fuumlr das Vorhaben auf-bringen als ein neues Projektmitglied das nur mitarbeitet weil der Vorgesetzte aus der Linie es so moumlchte Wichtig ist dass die Beteiligten uumlber ein gewisses Maszlig an Change-Erfahrung verfuumlgen Wer sein Leben lang nur mit Maschinen gearbeitet hat wird es von heute auf morgen schwer haben anderen Menschen bei der zukuumlnftigen Veraumlnderung zu helfen und ihnen auf einer emotionalen Ebene den Sinn und Zweck naumlherzubringen

3 Change Netzwerk ausbauen Gewaumlhrleisten Sie dass sich das Netzwerkteam kennenlernt und sich regelmaumlszligig

austauscht So kann die Initiativenleitung nicht nur die Aktivitaumlten beobachten die Ergebnisse bewerten und das Vorgehen entsprechend adjustieren sondern unerfahrene Teilnehmer koumlnnen von den erfahreneren Mitarbeitern lernen Stellen Sie zusaumltzlich sicher dass das Netzwerk mit wirksamen Tools und ausreichend Wissen ausgestattet ist (Wie erkenne ich Widerstand und wie gehe ich damit um Was sind haumlufige Fragen

328 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

der Betroffenen Wie uumlberzeuge ich im Gespraumlch Wie kommuniziere ich die Kernbot-schaft der Initiative) Involvieren Sie angemessen viele Mitarbeiter damit nicht nur einige wenige von einem Meeting zum anderen hetzen

7 Tipp Seien Sie vorsichtig bei der Verwendung eines solchen Netzwerkes wenn die Initiative bzw die einzelnen Projekte in besonders arbeitsintensive Phasen gehen wenn noch erhebliche Vorbehalte gegenuumlber dem Projekt bestehen oder wenn radikale Maszlignahmen (z B personelle Reduktionsmaszlignahmen) kommuniziert werden muumlssen Das Netzwerk darf nicht als Hintertuumlr der Initia-tivenleitung verwendet werden in das die Kommunikation von unbequemen Wahrheiten delegiert wird

63212 Change-Netzwerk sicherstellenDie Verantwortung dieses Change-Netzwerkes ist groszlig Der einmalige Aufbau eines Change-Netzwerkes reicht nicht aus um die Operational-Excellence-Initiative nachhaltig zu staumlrken Wie kann also die Leitung der Initiative oder der Change-Verantwortliche des strategischen Vorhabens sofern es einen solchen geben sollte die Stoszligkraft des Change-Netzwerkes gewaumlhrleisten

Stellen Sie fruumlhzeitig die richtigen Fragen In Form von drei Abschnitten lassen sich relevante Fragen in Form einer Change-Checkliste auszugsweise auffuumlhren Die Fragen sind einfach mit bdquoJaldquo oder bdquoNeinldquo zu beantworten

1 Vor der Veraumlnderung durch das Projektminus Sind genuumlgend und passende Change Champions und Multiplikatoren uumlber alle Hie-

rarchieebenen hinweg identifiziertminus Sind alle Beteiligten uumlber die Vision der Initiative ausreichend informiertminus Sind sich alle Beteiligten der bevorstehenden Aufgaben bewusstminus Werden die Change Champions zu den wichtigsten Meetings der Initiative eingela-

den und sind sie anwesendminus Sind alle Change Champions in der Lage einen 90-sekuumlndigen bdquoElevator Pitchldquo uumlber

Sinn und Zweck des Projektes uumlberzeugend zu kommunizierenminus Verfuumlgen die Champions uumlber ausreichend unterstuumltzendes Material (Praumlsentations-

folien Handouts Frage-und-Antworten-Papier) um in anderen Arbeitskreisen oder Team-Meetings uumlber die Initiative zu berichten

2 Waumlhrend der Umsetzung des Projektesminus Uumlberzeugen die nominierten Change Champions mit Engagement und Commitmentminus Stellen die Champions sicher dass die Informationen im Rahmen von gut besuchten

Besprechungen und Sitzungen kommuniziert werdenminus Staumlrken die Champions die Unterstuumltzung durch die restliche Belegschaft aktiv

Erkennen Sie Widerstaumlnde rechtzeitig und adressieren Sie diese umfassendminus Koumlnnen die Change Champions von genuumlgend Erfolgen und Fortschritten berichten

32963 Die Transfer-Phase

minus Wird die Zielgruppe aufgefordert Anregungen und Feedback mitzuteilenminus Ist sichergestellt dass die Aktivitaumlten der Champions auf ihren Erfolgsgrad hin

beobachtet werden3 Nach Abschluss des Projektes

minus Werden die Faumlhigkeiten der Champions kontinuierlich verbessertminus Haben die Champions die Ergebnisse und Erfolge der Veraumlnderung verbreitet

Um die Aktivitaumlten der Change Champions zu steuern laumlsst sich ein Aktionsplan anlegen Dieser richtet sich nach den Verantwortungsbereichen aus So lassen sich sieben Kriterien des Verantwortungsbereiches eines Champions identifizieren Aktivitaumlten zuordnen den Verantwortlichen benennen und eine grobe Zeitplanung festhalten In Tab 66 ist der Auf-bau eines solchen Dokumentes beispielhaft dargestellt Das Format kann man auch fuumlr jeden einzelnen Change Champion erstellen und so die individuelle Entwicklung noch staumlrker forcieren

6322 CultureIn der Analyse-Phase in Abschn 2343 fand im Rahmen der Ist-Kulturanalyse eine aus-fuumlhrliche Auseinandersetzung mit den Eigenheiten von Unternehmenskulturen statt Das Ergebnis Eine umfassende Erhebung und anschlieszligende sorgfaumlltige Analyse des Ist-Zu-

Tab 66 Aufbau eines AktionsplansAufgabenbereich Aktivitaumlt Verantwortlicher ZeitplanVision verstehen Eine Unterlage erstellen die

dem Verstaumlndnis der Kern-botschaft der Initiative durch emotionale Bildsprache dient

Max Mustermann Innerhalb von zwei Wochen

Vorbild fuumlr Veraumlnde-rung sein und andere inspirieren

Eine symbolische Handlung durchfuumlhren

Commitment in der Organisation etablieren

Weitere Change Champions nominieren

Andere beim Umgang mit Veraumlnderungen unterstuumltzen

Schulungstermine fuumlr Ausbildungen rechtzeitig kommunizieren

Erfolge kommunizie-ren und aus Fehlern lernen

Mitarbeiter fuumlr die Teilnahme an Events der Initiative wertschaumltzen

Veraumlnderungen durch die Initiative mit dem Alltagsgeschaumlft verzahnen

Uumlbernahme von Aufgaben die sich aus dem Change Impact Assessment ableiten

Eigene Change-Kom-petenz ausbauen

Teilnahme an einem Change Leadership Self Assessment

330 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

standes ist wichtig weil das Ausmaszlig von kulturell bedingten Einflussfaktoren fuumlr die Inf-rastruktur einer Operational-Excellence-Initiative haumlufig unterschaumltzt wird Es sei an den Mitarbeiter der Schweizer Bank erinnert der das Arrangement der Sitzordnung bei einem der ersten Workshops in keinem Fall aumlndern wollte ndash obwohl die Lean-Sigma-Initiative noch nicht begonnen hatte eckte sie bereits an Derartige sensible Situationen gibt es nicht nur innerhalb eines Unternehmens sondern selbstverstaumlndlich auch im Zusammenhang von nationalen Kulturunterschieden Ein paar Beispiele Als General Motors den Chev-rolet Nova in Suumldamerika verkaufen wollte war niemandem bewusst dass bdquono valdquo im Spanischen bdquoes funktioniert nichtldquo bedeutet Als Pepsi nach China expandierte wurde der Slogan bdquoPepsi brings you back to lifeldquo sehr wortwoumlrtlich in bdquoPepsi brings your ancestors back from the graveldquo ins Chinesische uumlbersetzt Der schwedische Kuumlchengeraumltehersteller Electrolux nutze das folgende Verkaufsargument beim Markteintritt in die USA bdquoNot-hing sucks like an Electroluxldquo ndash auf Deutsch bdquoNichts nervt so sehr wie ein Electroluxldquo Der Koumlrperpflegeprodukthersteller Clairol (mittlerweile PampG) fuumlhrte in Deutschland das bdquoMist Stickldquo ein ndash ein Glaumltteisen fuumlr die Haare ndash um in der Folge festzustellen was bdquoMistldquo tatsaumlchlich im Deutschen bedeutet Was haben diese peinlichen Missverstaumlndnisse nun mit einer Operational-Excellence-Initiative zu tun

63221 KulturkreisanalyseBis zum Ende des letzten Jahrtausends waren die groszligen Organisationen vielfach multi-nationale Konzerne bei denen jedes Land sein eigenes Koumlnigreich war Jede Auslands-gesellschaft verfuumlgte uumlber eine eigene Buchhaltung eine eigene Personalentwicklung und eigene Logistik Heute spricht man vom bdquoGlobally Integrated Enterpriseldquo also global in-tegrierten Unternehmen die horizontal organisiert sind

Die IBM verfuumlgt beispielsweise nur noch uumlber einen zentralisierten Einkauf fuumlr alle IBM-Niederlassungen weltweit ndash in China Die Konsequenz daraus Es gibt immer multi-kulturelle Mitarbeiterkonstellationen Die Anekdoten sind in der Folge vielfaumlltig Denn dass Inder selten nein sagen Kopfwackeln ja heiszligt und direkte Kritik verpoumlnt ist muss ein Deutscher erst lernen und bedeutet im ersten Moment haumlufig einen Kulturschock Tech-nisch ist die virtuelle Zusammenarbeit problemlos moumlglich doch die Realitaumlt hat es in sich Wussten Sie dass das Netzwerk persoumlnlicher Beziehungen und die damit einher-gehenden gegenseitigen Gefaumllligkeiten in China (bdquoGuanxildquo) schwerer wiegen als vertrag-liche Vereinbarungen Der Vertrag ist eine Richtschnur von der man abweichen darf Es geht also nicht darum was man weiszlig sondern wen man kennt Wer eine Gefaumllligkeit erbit-tet wird fruumlher oder spaumlter eine Gegenleistung erbringen muumlssen Auf diese Art und Weise wird das Guanxi-Netzwerk gepflegt Einen Gefallen abzuschlagen wird als unverzeihlich angesehen Guanxi wird damit zu einem endlosen Zyklus an Gefaumllligkeiten

Derartige Gepflogenheiten und kulturelle Eichungen gibt es zudem nicht nur beim offensichtlichen Unterschied zwischen Europa und Fernost Auch die Arbeitsweise von Englaumlndern und Franzosen unterscheidet sich von derjenigen von Deutschen ndash spaumltestens wenn unter Zeitdruck Ergebnisse geliefert werden muumlssen Auf die Forschungsergebnis-se von Geert Hofstede wurde bereits in Abschn 414 eingegangen Konkret lassen sich

33163 Die Transfer-Phase

verschiedene Aspekte eines bdquoCulture Awareness Assessmentsldquo das fuumlr den Erfolg einer globalen Operational-Excellence-Initiative relevant sein kann diskutieren

7 Stellen Sie heraus warum das Bewusstsein fuumlr Kulturunterschiede wichtig ist

Besonders fuumlr Menschen die in ihrem beruflichen Alltag selten in Kontakt mit anderen Kulturen gekommen sind wird sich die Bedeutung dieser Thematik nicht sofort erschlie-szligen Fuumlhren Sie zu Beginn ein paar griffige und vielleicht auch amuumlsante Beispiele an wodurch die Beschaffenheit des Themas verstaumlrkt wird Gehen Sie auf wissenschaftliche Erkenntnisse ein ndash Geert Hofstede mag der bekannteste Vertreter sein ndash dennoch ist das Literaturangebot und die Verfuumlgbarkeit von wissenschaftlichen Studien vielfaumlltig Ver-anschaulichen Sie dass die Produktivitaumlt sinkt Widerstaumlnde steigen und Potenziale ver-schenkt werden wenn interkulturelle Missverstaumlndnisse den Projektfluss behindern

7 Machen Sie deutlich was alles unter Kultur zu verstehen ist

Nutzen Sie eine Darstellung wie in Kap 6222 um die Reichweite von kulturellen Aus-praumlgungen zu verdeutlichen Die Sprache die Kleidung und die Essgewohnheiten sind nur die Spitze des Eisberges Stereotypen Motive Tabus Glaubensrichtungen und Sorgen liegen meist tief verborgen in der zwischenmenschlichen Interaktion und machen aber haumlufig den feinen Unterschied aus Bestaumlrken Sie Ihr Team darin diese Differenzen zu erkennen

7 Gehen Sie auf die bevorstehende Teamkonstellation ein

Fuumlhren Sie die praumlgendsten Charakteristika der beteiligten Nationen zusammen Wie ist die polnische Wirtschaft strukturiert Wer sind bekannte Persoumlnlichkeiten der Tschechi-schen Republik Wer sind die wichtigsten politischen Player der Slowakei Welche Rol-le spielt Ungarn in der EU Wie ist es um die deutsch-rumaumlnische Beziehung bestellt Welche Rolle spielt die Religion in China Was gibt es Wissenswertes uumlber die deutsche Bevoumllkerung

Erkunden Sie in diesem Kontext die jeweils gesammelten Erfahrungen Was hat bei vergangenen Projekten aus Ihrer Sicht hinsichtlich kultureller Besonderheiten besonders gutuumlberhaupt nicht funktioniert Welche Erfahrungen die fuumlr unser Projekt relevant sein koumlnnten haben Sie im Ausland sammeln koumlnnen Was wissen Sie uumlber die beteiligten Nationen Welche Schwierigkeiten sehen Sie auf das Projektteam zukommen und wie koumlnnen wir gemeinsam dafuumlr Loumlsungen finden Was sind aus Ihrer Sicht absolute No-Gos in Ihrem Land Welche Maszlignahmen koumlnnen das Teamgefuumlge unterstuumltzen was wuumlrde das Zusammenwirken direkt zerstoumlren

7 Erlaumlutern Sie den Zusammenhang von Kultur und Verhalten im Alltag

332 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die sechs Kulturdimensionen von Hofstede (2001) bieten hier einen entsprechenden Leit-faden Zeigen Sie auf wie vielfaumlltig sich die Dimensionen (Machtdistanz Individualismus vs Kollektivismus Maskulinitaumlt vs Femininitaumlt Ungewissheitsvermeidung lang- vs kurzfristige Ausrichtung und Nachgiebigkeit vs Beherrschung) im Alltag manifestieren koumlnnen Aufgrund der ausgepraumlgten Ungewissheitsvermeidung in Indien und in Deutsch-land ist es hier beispielsweise eher schwierig bahnbrechend neue Konzepte und Ideen zuumlgig zu etablieren bzw umzusetzen Im Gegensatz dazu neigen US-Amerikaner und Ka-nadier eher dazu Grenzen auszutesten

7 Skizzieren Sie die Vorteile der Beruumlcksichtigung kultureller Differenzen

Ihrem Team muss deutlich werden dass eine saubere Integration aller Beteiligten das Ge-samtergebnis entscheidend verbessern wird Wenn man die anderen versteht und sich auf fremde Perspektiven einlassen kann sinken die Reibungsverluste und damit verbundenen Kosten im Team erheblich Wenn die Zusammenarbeit funktioniert ist der Grundstein fuumlr die Einhaltung der Meilensteine und die Erreichung der Projektergebnisse gelegt Er-moumlglichen Sie dass sich Ihr Team regelmaumlszligig persoumlnlich sieht und die Zusammenarbeit gemeinsam reflektiert denn nur so kann Vertrauen wachsen Wenn das gelingt steht nicht nur das Projekt gut dar sondern jeder Einzelne hat wertvolle Lernerfahrungen sammeln koumlnnen

7 Geben Sie Ihrem Team zum Schluss praktische Tipps an die Hand

Wie schon betont Am Ende entscheidet der feine Unterschied Ein Missverstaumlndnis oder eine Unhoumlflichkeit zu Beginn der gemeinsamen Projektarbeit kann zu irreversiblen Folge-schaumlden fuumlhren Die folgenden Tipps erscheinen auf den ersten Blick selbstverstaumlndlich Zudem sind es Kleinigkeiten doch wenn man ganz ehrlich ist Wie oft beruumlcksichtigen Sie diese vermeintlichen Kleinigkeiten

bull Oumlffnen Sie Ihre Augen ndash vermuten Sie nicht sondern fragen Sie nachbull Erst uumlberlegen dann sprechen ndash versetzen Sie sich in die Lage Ihres Gespraumlchspartnersbull Respektieren und akzeptieren Sie Differenzen ndash nehmen Sie sich Zeit andere kennen-

zulernenbull Seien Sie ehrlich wenn Sie etwas nicht moumlchten ndash achten Sie auf Ihre nonverbale Kom-

munikationbull Halten Sie sich an Vereinbarungenbull Vermeiden Sie Gruppenbildungen ndash es gilt Probleme und nicht die Diversitaumlt zu mini-

mierenbull Haken Sie nach wenn etwas unklar ist ndash klaumlren Sie Ihre Erwartungen an das Teambull Last but not least Ein Laumlcheln sagt mehr als tausend Worte

33363 Die Transfer-Phase

7 Tipp Erkundigen Sie sich nach den aktuellen Spielregeln vor Ort Wer andere kulturelle Eichungen ignoriert wird unweigerlich mit Missverstaumlndnissen Misstrauen und Interessenkonflikten konfrontiert sein Wenn Sie als Projektlei-ter erstmals international eingesetzt werden arbeiten Sie mit lokalen Insidern zusammen Diese kulturellen Berater sollten das Land und die jeweilige Orga-nisation kennen

6323 Change EducationIm Folgenden wird deutlich dass sich der Wirkungszusammenhang der Kernphasen Ana-lyse und Transfer zwar grafisch aber nicht immer inhaltlich trennen laumlsst Das Change-Impact-Assessment aus der Analyse-Phase in Abschn 2343 stellte die folgenden Fra-gen Was wird sich aumlndern Wie signifikant sind diese Veraumlnderungen Wer ist davon alles und inwiefern betroffen Welche Maszlignahmen sind fuumlr einen sauberen Ablauf der Initiative (oder auch des einzelnen Projektes) notwendig In der Transfer-Phase geht es nun um die Anwendung der zuvor gewonnenen Erkenntnisse Mitarbeiter werden mit dem Start der einzelnen Projekte zu Belts ausgebildet Verantwortlichkeiten und Arbeitsablaumlufe veraumlndern sich Im Mittelpunkt steht der bdquoSchulungsstromldquo der Operational Excellence Die Aus- und Weiterbildung des Change-Know-hows ist aber in der Folge unerlaumlsslich Das Problem In der Praxis wird entweder die Bedeutung von Change-Management-Skills nicht wahrgenommen weil der einer Reizuumlberflutung nahekommende Schwerpunkt auf den statistisch-mathematischen Herausforderungen liegt oder es fehlt an einer zeitnahen Umsetzung der Theorie weil viele Change-Aspekte angesprochen aber nicht entspre-chend vertieft werden Das Konzept der Change Education (CE) als zweiten bdquoSchulungs-stromldquo ist eine Maszlignahme um den Anforderungen Fragestellungen und Implikationen des Change-Impact-Assessments gerecht zu werden

Tatsache ist dass Veraumlnderungsprogramme im Unternehmen meist auch Veraumlnderun-gen an der Organisationsstruktur an Prozessen Software-Anwendungen und Arbeitswei-sen bedeuten Elementar ist dass diese Veraumlnderungen strukturiert und systematisch an die betroffenen Mitarbeiter vermittelt werden um den Erfolg der Veraumlnderungsinitiative sicherzustellen Ziel ist dass die Mitarbeiter dadurch befaumlhigt werden nahtlos in einer veraumlnderten Organisationslandschaft erfolgreich mit neuen Prozessen und Anwendungen wertschoumlpfend zu arbeiten Vereinfacht Die Schulung der Operational Excellence lehrt den Mitarbeiter den Handgriff nicht mehr mit der linken sondern der rechten Hand zu taumltigen Eine Fortbildung im Change Management hilft dabei dass der Mitarbeiter sich auf diese Veraumlnderungen einlassen kann sie fuumlr sich annimmt und nicht in alte Verhaltens-muster zuruumlckfaumlllt Wie kann dies gelingen

63231 Change-Education-Strategie formulierenDie strategische Ausrichtung ist die Grundlage fuumlr die nachfolgende Planung von Change-Education-Aktivitaumlten im Rahmen von Veraumlnderungsprojekten Zu Beginn muss ein Fahr-plan festgelegt werden der zur Umsetzung der Initiative notwendig ist (Was Wann Wie und in welchem Umfang) An dieser Stelle ist die Abstimmung mit der strategischen Aus-

334 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

richtung der Initiative der Operational-Excellence-Schulungsinfrastruktur sowie anderen Tools wie dem bereits erwaumlhnten Change-Impact-Assessment wichtig Nur so koumlnnen eine geeignete Basis fuumlr eine reibungslose Uumlberfuumlhrung der Veraumlnderungen in den opera-tiven Betrieb der Organisation gelegt und die geeigneten Mitarbeiter fuumlr Verpflichtungen der Initiative hinzugezogen werden Die folgenden Fragestellungen sollten rechtzeitig be-antwortet werden

bull Wie erreiche ich eine gewisse bdquoChange Awarenessldquo unter meinen Mitarbeiternbull Welche Methoden und Tools sind notwendig und sollen fuumlr den Aufbau von Change

Skills und Knowledge im Rahmen der Projektinitiative zum Einsatz kommenbull Wie werden die CE-Aktivitaumlten in den Projektablauf eingeplantbull Wie wird das Commitment des Managements zu CE-Aktivitaumlten sichergestelltbull Wie soll der Erfolg von CE-Aktivitaumlten anhand von Messkriterien bestimmt werdenbull Wie integrieren sich projektspezifische CE-Aktivitaumlten in die bestehende hauseigene

Schulungsinfrastruktur und Unternehmenskultur

In diesem ersten Schritt sollte der strategische Ansatz dokumentiert werden Die Leitung der Initiative sollte nicht nur eine klare Zieldefinition sondern auch die ersten zu vermittelnden Inhalte vor Augen haben Damit die Faumlhigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter wirksam geschult werden koumlnnen sollten die entsprechenden Systeme Tools oder Dokumentations-unterlagen zur Verfuumlgung stehen Schlieszliglich geht es an die Ressourcenplanung ndash Wer und wie groszlig ist meine Zielgruppe Wie viel Budget benoumltige ich ndash und um die Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten fuumlr den Ablauf der initiativenweiten CE-Organisation

7 Tipp Knuumlpfen Sie an eine bereits etablierte Schulungsstruktur und ein Wissens-managementsystem der jeweiligen Organisation an Wenn der bdquoGewoumlhnungs-aufwandldquo der betroffenen Mitarbeiter reduziert wird kann die Integration von Change-Management-Inhalten sehr viel einfacher vonstatten gehen Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen Die Mitarbeiter spuumlren den groumlszligeren Schulungsaufwand durch die Integration mit anderen Lerninhalten kaum und die Leitung der Initiative kann Synergieeffekte zwischen den Schu-lungsstroumlmen nutzen

Beachten Sie dabei dass wenn Sie auf eine Veraumlnderung von innen setzen die weniger durch externe Beratung gestemmt wird der Aufwand erheblich steigt Was dann entschei-det sind nicht Schulungen (bei denen der externe Partner der Organisation erklaumlrt wie die Veraumlnderung umzusetzen ist) sondern Coachings (bei denen ein externer Partner das Know-how der Organisation staumlrkt um Veraumlnderungen eigenstaumlndig umzusetzen) Schon bei den Begriffen Schulung und Coaching wird der Unterschied deutlich Die Anfangsinvestition (umfangreiche fachliche und methodische Change-Kompetenz aufbauen) kann sich spaumlter dadurch auszahlen dass die Veraumlnderungen der Operational-Excellence-Initiative besser angenommen werden weil die Mitarbeiter ihre eigene Zukunft gestalten konnten

33563 Die Transfer-Phase

63232 Change-Education-Bedarf bewertenEs geht nicht nur um die Ermittlung der Zielgruppen und notwendigen Lerninhalte son-dern auch um eine Bestandsaufnahme des bestehenden Change-Wissens und -Know-hows in der Organisation Die Wissens- und Umsetzungsluumlcken der Organisation muumlssen inhalt-lich ndash noch nicht dezidiert auf Personenebene ndash so praumlzise wie moumlglich bestimmt werden Nur so kann eine geeignete Basis fuumlr einen zielgruppenorientierten Trainingsplan gelegt werden Die folgenden Fragestellungen sollten rechtzeitig beantwortet werden

bull Welche Lerninhalte muumlssen weitergegeben werdenbull Inwieweit sind identifizierte Lernzielgruppen bereits mit Lerninhalten vertrautbull Welche Luumlcken bestehen im aktuellen Wissensstand der Lernzielgruppen und der not-

wendigen Lerninhaltebull Warum bestehen die jeweiligen Wissensluumlckenbull Wie kann ich vorhandenes Change-Wissen in der Organisation ermittelnbull Wie kombiniere ich die Schulungsstroumlme (Operational Excellence und Change Educa-

tion) sodass sie als eine zusammenhaumlngende Thematik wahrgenommen werdenbull Wo sind in der Organisation und im Ablauf der Initiative die groumlszligten Hebel um CE

wirkungsvoll zu platzierenbull Inwiefern lassen sich die Wissensluumlcken priorisieren

7 Tipp Seien Sie sich der Relevanz eines passenden Personalentwicklungskon-zeptes bewusst Was Mitarbeiter prinzipiell erlernen koumlnnen ist die eine Sache Was Ihren Mitarbeitern an Faumlhigkeiten tatsaumlchlich vermittelt werden kann ist eine ganz andere Sache Das haumlngt von der verfuumlgbaren Zeit den investierten Ressourcen und weiteren Rahmenbedingungen ab All die Eigenschaften Faumlhig-keiten und Merkmale die dadurch in der Realitaumlt nur beschraumlnkt entwickelt werden koumlnnen werden schlieszliglich in erster Linie durch die Mitarbeiteraus-wahl beeinflusst Etablieren Sie bei der Personalentwicklung Auswahlkriterien wie die Change Readiness oder die Change Capability ndash die Hebelwirkung ist hier am deutlichsten spuumlrbar

63233 Change Education Knowledge managen und weitergebenDurch den bis hierhin festgelegten Fahrplan die Evaluierung der vorhandenen Change-Kenntnisse und die anstehende Projektarbeit wird neues Wissen generiert Das sollte do-kumentiert werden An dieser Stelle sollte ein Modul oder Tool genutzt werden welches neues Wissen und Lernmaterial strukturiert ablegt und ziel- und zeitgerecht verfuumlgbar ma-chen kann Es sei an die Verschwendungsarten des Lean Managements erinnert ndash als achte Art wurde die ungenutzte geistige Kapazitaumlt der Mitarbeiter gefuumlhrt In diesem Kontext ist auch die bdquoAufbewahrungldquo dieser geistigen Faumlhigkeiten zu den wertschoumlpfenden Taumltigkeiten zu zaumlhlen Eventuell besteht bereits ein aumlhnliches Wissensmanagementsystem in der Organi-sation ndash an dieses gilt es anzuknuumlpfen Insbesondere in groszligangelegten Operational-Excel-lence-Initiativen fehlt es haumlufig an einer strukturierten Erfassung von Wissen Die Folge ist

336 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

dass das Rad immer wieder neu erfunden wird Gerade bei der iterativen Systematik der drei Kernphasen des Transformation Navigators ist der Mehrwert besonders groszlig wenn dies ver-hindert wird Die folgenden Fragestellungen sollten daher rechtzeitig beantwortet werden

bull Wie werden Expertise Know-how und Wissen im Unternehmen bislang dokumentiert und verfuumlgbar gemacht Kann diese Struktur fuumlr die Initiative genutzt werden

bull Wie soll neues Wissen im Rahmen der Initiative strukturiert dokumentiert und abge-legt werden Welches Wissen ist relevant

bull Wer stellt sicher dass dokumentiertes Wissen immer aktuell gehalten wirdbull Wie gelingt es Mitarbeitern moumlglichst einfach auf dieses Wissen zuzugreifen und sich

Wissen ggf selber aneignenbull Wo finden Mitarbeiter Hilfe von Experten

7 Tipp Lernen Sie von anderen Der Versicherungskonzern AXA setzte auf einen Baustein der uumlber lokale Seminar- und Qualifizierungsangebote hinausging Die AXA University bot globale Weiterbildungsprogramme die abhaumlngig von den spezifischen Erfordernissen verschiedener Unternehmensbereichen und Mitarbeitergruppen entwickelt wurden Dieses Konzept basiert auf einem Kooperationsnetzwerk mit renommierten Universitaumlten wie der IMD Business School in Lausanne (Schweiz) oder der Wharton Universitaumlt in Philadelphia (USA) Wissen wird hier nicht nur entwickelt und vermittelt sondern auch bdquogela-gertldquo Die AXA University ist eine Plattform auf der Manager jederzeit auf AXA Projekte (Best-Practice-Beispiele Tools und Methoden) oder Managementprin-zipien (Werte und Normen der Organisation Aktuelles aus der Wissenschaft) zuruumlckgreifen koumlnnen Wenn die AXA im Hinblick auf die hier angesprochene bdquoChange Educationldquo durchgefuumlhrte Veraumlnderungsmaszlignahmen regelmaumlszligig dokumentiert analysiert und als Lernmaterial aufbereitet kann diese Art der Kompetenz zum selbstverstaumlndlichen Repertoire der Organisation werden Auch wenn AXA als globaler Versicherungskonzern sich in einer anderen Dimension von Schulungsmaszlignahmen bewegt kann dieses Konzept auf das Wesentliche und fuumlr kleinere Unternehmen Realisierbare reduziert werden

63234 Change Education umsetzenDieser letzte Schritt beschaumlftigt sich mit der konkreten Umsetzung der Schulungen und des Wissenstransfers auf Personenebene Die identifizierten Zielgruppen werden nun de-zidiert beschrieben Es geht im Weiteren darum die Lerninhalte zu erstellen abhaumlngig von den zuvor identifizierten Wissensluumlcken Daraus werden anschlieszligend die Lernme-dien abgeleitet Zusaumltzlich sollte sich ein faumlhiges Team fuumlr das Management der Change Education verpflichten die gesamte Lernlogistik und die Erfolgskontrolle der Schulungs-aktivitaumlten im Auge zu behalten All das bildet den Kern von Operational Excellence Ver-aumlnderungen werden in der Ablauf- und Aufbauorganisation systematisch und nachhaltig verankert Die folgenden Fragestellungen sollten rechtzeitig beantwortet werden

33763 Die Transfer-Phase

bull Welche Kurse gibt esbull Was sind die Lernformenbull Wie wird das Wissen uumlberpruumlftbull Setzt man auf E-Learning eher auf einen klassischen bdquoKlassenraumldquo oder doch auf

individuelles Coachingbull Wie stelle ich sicher dass sich alle notwendigen Mitarbeiter das entsprechende Wissen

auch aneignen konntenbull Wie plane ich Schulungen fuumlr eine Vielzahl von Mitarbeitern an unterschiedlichen

Standorten

Ein nachhaltiges Set-up von Trainingsaktivitaumlten ist sehr vielschichtig und weitreichend Nach der strategischen Ausrichtung werden der Trainingsbedarf bestimmt ein entspre-chendes Programm entwickelt eine passende Trainingsorganisation aufgebaut die Res-sourcen mobilisiert Trainingsmaterial erstellt die Trainingslogistik festgelegt und die Schulungen umgesetzt

7 Tipp Entscheidend ist die Integrationsfaumlhigkeit des Change-Trainingsplans in den Schulungsstrom der Operational Excellence So wird in vielen Black-Belt-Ausbildungen zwar von Change-Management-Inhalten gesprochen aber sich in Wirklichkeit nur begrenzt mit der entsprechenden thematischen Reich-weite auseinandergesetzt Haumlufig wird Change-Management in der Folge auf Kommunikationsmaszlignahmen reduziert Wirksames Change-Management ist jedoch deutlich mehr als das Als standardisierter integrierter und intensiver Lernblock ist die Ausbildung von wichtigen Faumlhigkeiten ndash wie in Kap 4 disku-tiert ndash fuumlr den Erfolg einer Operational-Excellence-Initiative von wesentlicher Bedeutung Die Erfahrung zeigt auch dass es sinnvoll sein kann nicht explizit von Change-Management zu sprechen Moumlglicherweise gab es in der Orga-nisation schon viele vergleichbare und unvollendete Change-Initiativen die mittlerweile zu viel Frust gefuumlhrt haben Wenn die Mitarbeiter dann lernen mit Widerstaumlnden umzugehen ohne zu wissen dass dies ein elementarer Change Management Skill ist spielt der Name des Ausbildungsblocks keine Rolle mehr

Change-Management-Bachelor-Zertifikat bei der IBMDie Strategieberatung der IBM (Global Business Services Strategy amp Transformation) bietet ein gu-tes Beispiel dafuumlr wie veraumlnderungsrelevante Lerninhalte strukturiert erfasst und ein zielgerichtetes Lernprogramm aufgesetzt werden koumlnnen Das Leistungsversprechen bdquoWerden Sie professioneller Change Manager und fuumlhren Sie Veraumlnderungen in Ihrem Unternehmen zum Erfolgldquo basiert auf der bereits diskutierten IBM Making-Change-Work-Studie aus dem Jahr 2008 und der Erfahrung beim Management komplexer Transformationsprojekte bei Kunden Die Studie belegte dass in Zukunft die Bedeutung von erfolgreichem Change Management immer groumlszliger wird Im Durchschnitt wer-den bei ca 60 der Transformationsprojekte die angestrebten Zeit- Budget- undoder Qualitaumltszie-le nicht vollstaumlndig erreicht oder der geplante geschaumlftliche Nutzen nicht erbracht Professionelles Change Management soll somit den Projekterfolg nachhaltig steigern und gleichzeitig Mehrkosten fuumlr Veraumlnderungsinitiativen in Schieflage vermeiden Ungleich dem Projektmanagement bei dem

338 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

formale Methoden uumlberwiegend konsequent angewendet werden hat sich fuumlr das Change Manage-ment bisher kein anerkannter Standard etabliert Dort setzt die IBM an Das Unternehmen der Zu-kunft benoumltigt also Change-Management-Expertise sowie standardisierte und professionelle Metho-den um die vielfaumlltigen Transformationsprojekte erfolgreich zu meistern

Die Entwicklung einer Change-Management-Bachelor-Zertifizierung ist die Antwort der IBM auf das Beduumlrfnis am Markt nach einem einheitlichen Verstaumlndnis von Change Management Sie basiert auf der IBM Better-Change-Methodik die aus sieben Bausteinen besteht

1 Transformation Strategy amp Management ndash strategische Ausrichtung Analyse und Bewertung der Veraumlnderungskompetenz des Unternehmens sowie Steuerung und Kontrolle der Transformation

2 Change Leadership ndash Schaffung einer einheitlichen Vision sowie Sicherstellung der Unterstuumlt-zung durch Sponsoren Fuumlhrungskraumlften sowie Stakeholdern auf allen Ebenen

3 Organization Design ndash Umsetzung strategischer Vorgaben zu realistischen Geschaumlftsmodellen und Strukturloumlsungen

4 Stakeholder-Engagement amp Communications ndash Einbeziehung und Aktivierung von Key Stake-holdern durch effektive Stakeholder- und Kommunikationsstrategien

5 Skills amp Knowledge ndash Planung und Durchfuumlhrung von Schulungsmaszlignahmen6 Culture-Transformation ndash Analyse der Unternehmenskultur sowie Schaffung einheitlicher Unter-

nehmenswerte und organisatorischen kulturellen Bewusstseins7 Value Realization ndash systematische Identifikation Quantifizierung und Realisierung von wirt-

schaftlichen Nutzungspotenzialen

Im Rahmen eines intensiven praxisorientierten fuumlnftaumlgigen Seminars mit schriftlichem Abschluss-test lernen die Teilnehmer die sieben Enabler der Better-Change-Methodik vertiefend kennen Grup-penarbeit im Rahmen einer Case Study sowie eine Vielzahl praktischer Tools und Projektbeispiele von fruumlheren IBM-Engagements verbinden Theorie und Praxis Zum Ende des Seminars erhalten die Teilnehmer ein Abschlusszertifikat mit oder ohne Auszeichnung unter Beruumlcksichtigung ver-schiedener BewertungselementeWas ist der Nutzen

1 Festigung und Ausbau der eigenen Change-Management-Kompetenz (z B im Hinblick auf Schnittstellen zum Projektmanagement)

2 Erweiterung des individuellen Methoden- und Toolportfolios3 bessere Positionierung der Mitarbeiter in unternehmensinternen Veraumlnderungsprozessen4 fachlicher Austausch mit anderen Change-Experten5 offizieller Nachweis von Change-Management-Expertise durch ein Abschlusszertifikat von IBM

33963 Die Transfer-Phase

Warum die IBMNicht nur die Rolle als weltweit fuumlhrendes Innovations- und Beratungsunternehmen mit weitrei-chender Branchenexpertise sowie Thought Leadership aus der bdquoGlobal-Making-Change-Workldquo-Studie machen IBM zum idealen Anbieter einer solchen Zertifizierung Vor allem die eigene Change-Management-Kompetenz mit uumlber 700 Change-Beratern weltweit und die bewaumlhrte IBM Better-Change-Methodik bilden ein solides Fundament fuumlr einen Change-Management-Standard

633 Guidance

Dieses Modul beleuchtet wichtige Faktoren der eigentlichen Projektarbeit Das Thema Kommunikation wird aufgegriffen (z B Was muss ich beruumlcksichtigen wenn mein Team in verschiedenen Kultur- und Zeitzonen arbeitet Wie gehe ich mit Widerstaumlnden um) und Hygienefaktoren fuumlr funktionierende Teamarbeit werden diskutiert (z B Wie gehe ich mit typischen Problemen im Projektteam um Wie finde ich heraus ob mein Team gut zusammen arbeitet) Dieser Perspektivenwechsel ndash von technokratischem Projekt-management zu mitarbeiterorientiertem Change-Management ndash wird aufzeigen dass es gerade die zwischenmenschlichen Kleinigkeiten sind die ein Projektteam scheitern lassen koumlnnen Abbildung 630 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

Abb 630 Roadmap Guidance

340 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

6331 KommunikationVermutlich ist die Erklaumlrung dafuumlr dass Change Management haumlufig auf die Planung der Kommunikation reduziert wird in der unbestrittenen Wichtigkeit von Kommunikations-aspekten bei Veraumlnderungsprojekten zu finden Nicht umsonst spricht man von internem Marketing und PR wenn es darum geht die Aufmerksamkeit fuumlr eine Operational-Ex-cellence-Initiative zu gewinnen Der Informationsfluss und die Organisation saumlmtlicher Aktivitaumlten werden durch entsprechende Medien und Inhalte ermoumlglicht Nicht zuletzt werden Mitarbeiter nur uumlberzeugt wenn man mit ihnen in Kontakt tritt und Feedback nur dann generiert wenn die richtigen Mechanismen aufeinander abgestimmt sind Neben der Notwendigkeit die Kommunikationsstrategie in Form eines Kommunikationsplans in der Transfer-Phase umzusetzen sollen im Folgenden weitere Aspekte aufgefuumlhrt werden die eine entscheidende Rolle bei strategischen Initiativen spielen

63311 Das richtige Medium waumlhlenDas richtige Medium zu waumlhlen ist nicht immer einfach Zu haumlufig entscheidet man nach dem eigenen Geschmack ndash vergisst dass der adressierte Stakeholder vielleicht ein Telefo-nat einer E-Mail vorziehen wuumlrde ndash oder vernachlaumlssigt die Relevanz der Botschaft ndash um Feedback zu generieren kommuniziert man anders als wenn man informiert Auch die zeitlichen finanziellen und personellen Ressourcen beeinflussen die Medienwahl erheb-lich Grundsaumltzlich sollte man sich im Klaren daruumlber sein welcher Kanal welche Wirkung hervorruft Ein Gespraumlch unter vier Augen eignet sich fuumlr die Loumlsung eines Konfliktes weil sowohl verbale als auch nonverbale Botschaften gesendet bzw empfangen werden koumlnnen Einseitige Informationsvermittlung wie ein Statusbericht oder Ja-Nein-Entschei-dungsfragen koumlnnen dagegen effektiv uumlber E-Mail-Verkehr geregelt werden Weil viele Unternehmen heutzutage auf die Wertschoumlpfung in virtuellen Teams setzen und gerade Home-Office-Loumlsungen zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags geworden sind wird diesem Aspekt im Verlauf des Abschn 633 besondere Aufmerksamkeit gewidmet Bis dahin soll in diesem Kontext eine tabellarische Uumlbersicht der relevanten Kommunika-tionskanaumlle weiterhelfen (vgl Tab 67)

Zwei wichtige Stellgroumlszligen in der Kommunikation im Rahmen einer Operational-Ex-cellence-Initiative sind die erzielte Erreichbarkeit der Stakeholder und die Einbindung durch Feedbackmoumlglichkeiten Abbildung 631 stellt diesen Wirkungszusammenhang dar und greift die Kommunikationskanaumlle aus der Tabelle auf

Typische Kommunikationsfehler unter denen der Erfolgsgrad der Initiative erheblich leidet gibt es viele Wenn die adressierten Stakeholder nicht klar identifiziert sind wenn Feedback nicht ernst genommen wird wenn inoffizielle Informationen im Vertrauen wei-tergegeben werden und schlieszliglich alle im Vertrauen Bescheid wissen wenn Stakeholdern nicht zugetraut wird mit schlechten Nachrichten konstruktiv umzugehen wenn sich zu sehr um den Inhalt und weniger um die Form der Kommunikation gesorgt wird wenn die Effektivitaumlt von Kommunikationskanaumllen nicht auf ihre Funktionsfaumlhigkeit uumlberpruumlft wird wenn etablierten Medien zu stark vertraut wird wenn es keine Kommunikationsver-antwortlichkeit gibt und wenn sich nur auf die Informationen zu Beginn und zum Schluss

34163 Die Transfer-Phase

Kanal Die Zielgruppe ist hellip Die Botschaft ist hellip Es ist notwendig hellipNewsletter Groszlig und extern Bekraumlftigend Allgemeine unsen-

sible Nachrichten zu verbreiten

Poster Groszlig und extern Bekraumlftigend Bewusstsein durch Vermarktung zu wecken

Anschreiben Klein und extern Spezifisch Formale Mechanis-men zu verwenden

Pressemitteilung Groszlig und extern Allgemein Zu vermarkten Bewusstsein zu wecken und Interesse zu forcieren

Webbasiertes Praumlsentationstool

Groszlig und extern oder intern

Unterrichtend mithilfe einer Vorfuumlhrung

Personen aus ver-schiedenen Lokatio-nen und Zeitzonen zu koordinieren

Telefonkonferenz Klein und intern Spezifisch Einen Konsens von Leuten aus unter-schiedlichen Lokatio-nen zu finden

Hotline Groszlig und extern Informativ Information bereitzu-stellen und Fragen zu ermoumlglichen

Praumlsentation Groszlig und extern Komplex und einflussreich

Sponsorship zu zeigen

Video Groszlig und extern Sehr einflussreich Sponsorship zu zeigen jedoch ist die Verfuumlgbarkeit des Sponsors limitiert

E-Mail Beliebige Groumlszlige extern oder intern

Kurz und einfach Glaubwuumlrdigkeit eines anderen Sprechers herzustellen

Meeting Klein extern oder intern

Spezifisch Einen Konsens zu finden und persoumln-liche Kommunikation zu foumlrdern

Web-Page Groszlig und extern Informativ und bekraumlftigend

Die Zielgruppe in Echtzeit informiert zu halten

Einzelgespraumlch (F2F) Klein und intern oder extern

Einfuumlhlsam vertrau-lich und persoumlnlich richtungsweisend

Individuelle Beduumlrf-nisse und Bedenken zu adressieren

Tab 67 Relevante Kommunikationskanaumlle

342 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Kanal Die Zielgruppe ist hellip Die Botschaft ist hellip Es ist notwendig hellipCoaching Klein und extern oder

internMotivierend Die Zielgruppe dazu

zu motivieren etwas zu machen

Broschuumlre Groszlig und extern Bekraumlftigend Eine bestimmte Nach-richt zu verbreiten und Fragen zu beantworten

Brown Bag Session Klein und intern oder extern

Unterrichtend mithilfe einer Vorfuumlhrung

QampAs und F2F Kommunikation zu ermoumlglichen

Podiumsdiskussion Groszlig und intern oder extern

Richtungsweisend spezifisch

Einen Dialog und QampAs zu ermoumlglichen

Workshops Klein und intern oder extern

Unterrichtend und fokussiert

Diskussionsbedarf zu klaumlren und Loumlsungen zu entwickeln

Werbemittel Groszlig und intern oder extern

Sichtbar Bewusstsein zu wecken und in Erinne-rung zu bleiben

Info-VeranstaltungTown Hall Meeting

Groszlig und intern oder extern

Informativ und bekraumlftigend

Die Chance zum Dia-log zu ermoumlglichen

Tab 67 (Fortsetzung)

Abb 631 Relevante Kommunikationskanaumlle

34363 Die Transfer-Phase

einer Initiative konzentriert wird dann sinkt die Wahrscheinlichkeit dass das Momentum der Operational-Excellence-Initiative aufrecht erhalten bleibt Sicherlich werden Fehler gemacht umso staumlrker gilt es die iterative Infrastruktur des Transformation Navigators zu nutzen Wenn aussagekraumlftiges Feedback von den Stakeholdern in der ersten Projektwelle eingeholt werden konnte muss es fuumlr die zweite Projektwelle verwertet werden Dann wird man viele Fehler vermeiden koumlnnen Einige Aussagen eines solchen Stakeholder-Feedbacks sollen exemplarisch aufgegriffen werden

bdquoPauschale Kommunikation wird nichts bringen weil die Organisation von den Ver-aumlnderungen und Konsequenzen unterschiedlich betroffen istldquo ndash Kontrollieren Sie ob die Erkenntnisse des Stakeholder-Managements im Kommunikationsplan verarbeitet werden Stellen Sie sicher dass es keine pauschale Schema-F-Loumlsung gibt Nichtsdestotrotz sollten Sie auf ein gesundes Maszlig an pauschaler Kommunikation setzen Warum Die Kerngedanken oder Grundwerte der Initiative muumlssen zwangslaumlufig wiederholt kommuniziert werden um sie in der Kultur zu verankern An dieser Stelle ist das Fingerspitzengefuumlhl fuumlr eine Hybridlouml-sung gefragt Wie viel pauschale Kommunikation ist notwendig Wann und vor allem welcher Stakeholder muss mit spezifischen Kommunikationsformen und -inhalten adressiert werden

bdquoManche Veraumlnderungen fuumlhren kurzfristig zu keiner Verbesserung ndash die Mit-arbeiter werten das als Ruumlckschritt und nicht als Fortschrittldquo ndash Differenzieren Sie klar in bdquoQuick Winsldquo mittelfristigen und langfristigen Nutzen der Initiative oder jewei-ligen Projektarbeit Versprechen Sie in keinem Fall mehr als das geplante Vorhaben an Verbesserungspotenzial hergibt

bdquoMitarbeiter erzaumlhlen widerspruumlchliche Dinge ndash die Glaubwuumlrdigkeit der Initiati-ve geht verloren und verstaumlrkt Vorurteile gegenuumlber der Initiativenleitungldquo ndash Bilden Sie die Projektmitarbeiter im Hinblick auf die Kommunikationsstrategie und den Inhalt des Kommunikationsplans aus Der Projektleiter muss sich der Wichtigkeit dass jedes Team mit bdquoeiner Stimmeldquo spricht bewusst sein Fuumlr die naumlchste Projektwelle sollte im Rahmen eines Initiativen-Updates kontrolliert werden ob alle uumlber die gleichen Materia-lien und Inhalte verfuumlgen

bdquoDie adressierten Personen vertrauen den kommunizierten Botschaften nichtldquo ndash Suchen Sie in den betroffenen Bereichen nach Vertrauenspersonen die Sie als Kommu-nikationsanker einbinden koumlnnen oder verbreiten Sie ihre Botschaften top-down

7 Tipp Beachten Sie etablierte unternehmens- oder mitarbeiterspezifische Kom-munikationsstrukturen Auf die betroffenen Mitarbeiter der Initiative kommen schon ausreichend viele Veraumlnderungen zu Auf die Umgewoumlhnung und die damit einhergehenden Probleme eines neuen Kommunikationskanals laumlsst sich gut verzichten Aus einem etablierten und beliebten Team-Dinner sollte man keine Skype-Videokonferenz machen

Je sorgfaumlltiger die Arbeit zu Beginn ausgefuumlhrt wird desto geringfuumlgiger sind die Probleme hinterher Besonders wichtig ist es herauszufinden welche anderen Projekte Initiativen und Aktivitaumlten die betroffenen Mitarbeiter in

344 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Anspruch nehmen werden Eine ungebrochene Informationsflut fuumlhrt nur zu Ignoranz und damit Widerstand

Versuchen Sie die Effektivitaumlt der Kommunikation nicht nur in Form von Quantitaumlten auszudruumlcken Entwickeln Sie eine qualitative Vorgehensweise um herauszufiltern ob die Kommunikationskanaumlle ansprechend sind Eine Befragung mit offenen Fragen oder gezielte Einzelinterviews sind besonders erfolgversprechend

Pro und Kontra von Telearbeit

Moderne Kommunikationsmedien und -plattformen wie VOIP-Telefonie Mobiltelefonie Intranet Web- und Videokonferenzen Instant-Messenger-Systeme und E-Mail sowie eine Breitband-DSL-Vernetzung stehen als technische Voraussetzung fuumlr Telearbeit zur Verfuuml-gung Mittels Smartphone koumlnnen Nachrichten nicht nur innerhalb von Sekunden an das andere Ende der Welt geschickt werden sondern dies auch zu jeder Zeit und von jedem beliebigen Ort aus Durch diesen Fortschritt in der Informations- und Kommunikations-technologie ist es moumlglich einen ortsungebundenen Austausch von Informationen und Daten vorzunehmen

Doch haben die Arbeitgeber das noumltige Vertrauen in die mehr oder weniger kontroll-freie Bearbeitung der Aufgaben durch ihre Mitarbeiter Und ist es moumlglich die Mitarbei-ter in den unternehmensinternen Informationsfluss trotz physischer Abwesenheit einzu-binden Im Mittelpunkt stehen im Folgenden die Chancen und Vorteile fuumlr die beteiligten Interessensgruppen als auch die Risiken und Bedrohungen die diese Arbeitsform mit sich bringt Wir die Autoren zeigen zunaumlchst einmal grundsaumltzlich auf welche Moumlglich-keiten bestehen Einfluss auf die Risiken zu nehmen Im Anschluss an diese allgemeine Auseinandersetzung uumlber das Pro und Kontra gehen wir in das Detail Was bedeutet das Arbeiten in virtuellen Teams fuumlr die Kommunikation im Rahmen der Projektarbeit einer Operational-Excellence-Initiative

Was ist unter Telearbeit zu verstehen und welche Varianten gibt esDer in der wissenschaftlichen Literatur gegenwaumlrtig verwendete Terminus bdquoTelearbeitldquo ist nicht hinreichend praumlzise definiert Fuumlr den in diesem Abschnitt sachdienlichen Ver-wendungszweck des Begriffs bdquoTelearbeitldquo bietet sich die Definition der Bundesministe-rien fuumlr Arbeit und Soziales Wirtschaft und Technologie und Bildung und Forschung an bdquoTelearbeit ist jede auf Informations- und Kommunikationstechnik gestuumltzte Taumltigkeit die ausschlieszliglich oder zeitweise an einem auszligerhalb der zentralen Betriebsstaumltte liegen-den Arbeitsplatz verrichtet wird Dieser Arbeitsplatz ist mit der zentralen Betriebsstaumltte durch elektronische Kommunikationsmittel verbundenldquo (Bundesministerien fuumlr Arbeit und Sozialordnung Wirtschaft und Technologie und Bildung und Forschung 2001 Abs 21 S 9)

Telearbeit hat im deutschen Sprachraum eine vielfaumlltige Namensgebung Begriffe der Fernarbeit des Remote- oder Home-Office der Teleheimarbeit des Satellitenbuumlros des Telecomputings und aumlhnliche beschreiben alle mehr oder weniger genau diese ausgeuumlbte

34563 Die Transfer-Phase

Taumltigkeit Bei der Telearbeit wird dem Mitarbeiter also die Moumlglichkeit gegeben die be-triebliche Taumltigkeit raumlumlich auszligerhalb des herkoumlmmlichen Buumlros sprich der Betriebs-staumltte zu verrichten Es koumlnnen die folgenden Unterformen unterschieden werden (vgl Handelsblatt Wirtschaftslexikon 2006 sowie Abb 632)

bull Teleheimarbeit (isolierte Heimarbeit) Bei dieser Form der Telearbeit erledigt der Arbeitnehmer seine Aufgaben vollstaumlndig von zu Hause aus unter primaumlrer Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien

bull Alternierende Telearbeit Diese Variante der Telearbeit sieht vor dass der Arbeitneh-mer seiner Arbeit sowohl im eigenen Zuhause als auch in den Buumlroraumlumen des Unterneh-mens nachkommt Die Buumlrotage koumlnnen variieren z B ein Buumlrotag vier Tage zu Hause

bull Mobile Telearbeit Durch Notebook Mobiltelefon tragbaren Drucker und Scanner arbeitet der Arbeitnehmer ortsunabhaumlngig d h er kann jederzeit und uumlberall mit der Firma und Geschaumlftspartnern verbunden sein Diese Form der Telearbeit eignet sich insbesondere fuumlr Mitarbeiter im Auszligendienst Wartungstechniker Handelsvertreter und Unternehmensberater

Raumlumliche Gestaltung zu Hause Gemeinschaftsbuumlro unterwegs

Teleheimarbeitalternierende

kollektive Telearbeit alternierende mobile Telearbeit

Telearbeit Telearbeit

ZeitlicheGestaltung Permanent Alternierend

Teleheimarbeitkollektive Telearbeit

alternierende Telearbeit kollektive Telearbeit

Vertragliche Arbeitnehmer- Heimarbeits- Dienst- oder selbst-VertraglicheGestaltung status gesetz

oderWerkvertrag staumlndig

alleFormen

Tele-heimarbeit

alleFormen

Teleheim-arbeit mobile Telearbeit kollektiveTelearbeit

TechnischeTechnischeGestaltung online offline

alleFormen

Teleheimarbeit alternierende Telearbeit mobile Telearbeit

Abb 632 Telearbeitsformen und ihre raumlumliche zeitliche vertragliche und technische Gestal-tung (Quelle In Anlehnung an Buumlssing und Hegendoumlrfer 2001 Bundesministerium fuumlr Arbeit und Sozialordnung 2001)

346 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Vorteile der Heimarbeit fuumlr Arbeitnehmer und ArbeitgeberFuumlr den Arbeitnehmer sind flexible Arbeitseinteilung angenehme Arbeitsatmosphaumlre kei-ne An- und Abfahrtszeiten groumlszligere Zufriedenheit bessere Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf und bessere Konzentration auf die Arbeitsaufgabe klare Vorteile Waumlhrend fuumlr den Arbeitgeber die geringere Ausfallquote durch Krankheit bessere Wettbewerbschan-cen durch flexiblen Arbeitseinsatz der Mitarbeiter houmlhere Produktivitaumlt und die Reduzie-rung von Kosten wichtige Vorteile darstellen

Die Vorteile fuumlr den Arbeitnehmer lassen sich teilweise geschlechterspezifisch trennen Fuumlr Frauen ist die Telearbeit als Weg aus der Arbeitslosigkeit oder als Erhalt der Erwerbs-taumltigkeit waumlhrend der Kindererziehungszeiten zu sehen Ferner ist die bessere Verbindung von Beruf und Familie ausschlaggebend Bei einem Arbeitsplatz der sich in groumlszligerer raumlumlicher Entfernung zur haumluslichen Umgebung befindet sind das Abholen der Kinder aus dem Kindergarten oder eine Betreuung nach der Schule aufgrund des hohen Zeitauf-wandes nicht ohne Weiteres moumlglich Telearbeit dagegen gibt durch die flexible Arbeits-zeitgestaltung und den Wegfall der Pendelzeiten dem Arbeitnehmer die noumltige Freiheit um das Berufsleben mit dem Familienleben zu kombinieren

Maumlnner hingegen sehen eher arbeitsbezogene Vorteile wie z B die bessere Konzent-ration oder weniger Ablenkung da Stoumlrungen durch Kollegen ausbleiben Die Vereinbar-keit von Privat- und Arbeitsleben spielt eine eher zweitrangige Rolle auch wenn Studien ergeben haben dass viele Maumlnner die Beziehungen zu ihren Kindern durch die Arbeit von zu Hause aus verbessern konnten

Die freie Arbeitszeitgestaltung und das Wegfallen des Arbeitsweges werden sowohl von Maumlnnern als auch von Frauen als weitere Vorteile gewertet

Besonders houmlherqualifizierten Telearbeitern bieten sich erweiterte Entscheidungsspiel-raumlume als bei der Taumltigkeit im Buumlro die flexible Arbeitsgestaltung fuumlhrt zu einem staumlr-ker ergebnisorientierten Arbeiten bdquoKlassische Arbeitnehmerldquo die in den Raumlumlichkeiten einer Unternehmung arbeiten koumlnnen im Rahmen von bestehenden Gleitzeitvereinbarun-gen lediglich ihre Anfangs- und Endzeit des Arbeitstages variabel gestalten Telearbeit jedoch ermoumlglicht erst die Gestaltung von individuellen Arbeitsrhythmen So besteht die Moumlglichkeit die Arbeit auch waumlhrend des Tages zu unterbrechen um persoumlnliche oder fa-miliaumlre Belange zu erledigen Das zu bewaumlltigende Arbeitspensum wird auf einen anderen Zeitpunkt wie beispielsweise die Abendstunden verschoben

Die Unternehmen die Telearbeit anbieten koumlnnen daraus spezifische Wettbewerbsvor-teile ziehen Umfragen der CompTIA (Computing Technology Industry Association) unter 212 Unternehmen verschiedener Groumlszlige haben folgende Vorteile aus Sicht der Arbeitgeber ergeben

bull erhoumlhte Produktivitaumlt der Arbeitnehmer (67 )bull Kosteneinsparungen (59 )bull qualifiziertere Mitarbeiter (39 )bull verbesserte Personalbindung (37 )bull gesuumlndere Mitarbeiter (25 )

34763 Die Transfer-Phase

Die erhoumlhte Produktivitaumlt steht an erster Stelle Telearbeiter die nicht mehr losgeloumlst aus ihrem familiaumlren Umfeld ihrer Beschaumlftigung nachgehen tendieren zu houmlherer Kreativitaumlt und Produktivitaumlt als innerbetrieblich Beschaumlftigte Einer betriebsblinden Wahrnehmung von Prozessen wird durch die raumlumliche Trennung entgegengewirkt Eine durch die Ab-wechslung von beruflichen und privaten haumluslichen Taumltigkeiten flexible Einteilung der taumlglichen Work Load fuumlhrt dazu dass die Arbeit nicht monoton sondern kreativer ver-richtet wird Ebenso laumlsst sich eine Qualitaumltssteigerung feststellen Telearbeiter arbeiten aufgrund ihrer houmlheren Motivation und Selbstdisziplin kritischer und detaillierter Der Uumlbertragung der selbststaumlndigen Aufgabenerledigung folgt ein houmlherer Leistungsanspruch des Telearbeiters wovon das Unternehmen direkt profitiert (Vgl Kugelmass 1995 S 33)

Eine Kostenreduzierung tritt dann ein wenn durch Telearbeit die betriebliche Buumlro-flaumlche reduziert wird Neben geringeren Mietkosten fallen geringere Energie- und sonstige Nebenkosten an Zudem wird der Bedarf an Buumlroausstattung gesenkt Bei alternierender Heimarbeit wird durch Desk-Sharing-Modelle z B zehn Mitarbeiter teilen sich einen Schreibtisch die Buumlroinfrastruktur effizient genutzt Kosteneinsparungen sind auch dadurch bedingt dass unter Telearbeitern ein geringerer Krankenstand festgestellt werden kann

Wichtig ist ferner fuumlr global agierende Unternehmen Durch Telearbeit koumlnnen Zeit-zonen uumlberbruumlckt werden und virtuelle Teams auf verschiedenen Kontinenten zusammen-arbeiten So koumlnnen Mitarbeiter ihre Arbeitszeit den Arbeitszeiten ihres Geschaumlftspartners oder Kollegen aus einer anderen Zeitzone anpassen Barrieren aufgrund von Zeitunter-schieden zwischen verschiedensten Laumlndern werden damit minimiert

Nicht vergessen werden sollte auch der folgende immaterielle Gesichtspunkt Ein Unternehmen das erfolgreich Telearbeitsmodelle konzeptioniert und realisiert erfaumlhrt eine Imageaufwertung in der Oumlffentlichkeit Solche Unternehmen gelten als zukunftsorientiert innovativ und modern Dabei spielt die derzeitig gefuumlhrte Diskussion um die Reduktion von CO2-Ausstoszlig aufgrund entfallender Fahrtwege nur eine untergeordnete Rolle

Nachteile der Heimarbeit fuumlr Arbeitnehmer und ArbeitgeberArbeitnehmer koumlnnen schnell privates und berufliches vermengen Vereinsamung durch Kommunikationsdefizite erleben keinen ausreichenden Informationsfluss zur Erledigung der Aufgabe haben bei fehlender Disziplin Selbstmotivation und fehlendem Zeitmanage-ment schlechte Arbeitsergebnisse erzielen und geringen bzw fehlenden Erfahrungsaus-tausch erleben und damit einer Isolationsgefahr ausgesetzt sein

Ferner entsprechen Telearbeitsplaumltze haumlufig nicht den Aspekten der Arbeits- und Ge-sundheitssicherheit die in Buumlros verpflichtend vorgeschrieben sind So obliegt die Beschaf-fung der Buumlromoumlbel meist dem Mitarbeiter selbst Der Arbeitgeber kontrolliert in der Regel nicht ob der Arbeitsplatz mit genuumlgend Licht ausgestattet ist genuumlgend Frischluftzufuhr gewaumlhrleistet wird und ob Schreibtisch und Buumlrostuhl den ergonomischen Anforderungen entsprechen Verspannungen Kopfschmerzen Ruumlckenprobleme koumlnnen so die Folge sein

Der vom Arbeitgeber als Vorteil empfundene geringe Krankenstand ist haumlufig dadurch bedingt dass der Arbeitnehmer zu Hause arbeitet obwohl er eigentlich krank ist Neben den Gefahren fuumlr die physische Gesundheit kann die Telearbeit bei den Betroffenen auch

348 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

zu psychischen Schaumlden fuumlhren Die erhoumlhte Bereitschaft Uumlberstunden zu leisten und Tauml-tigkeiten zu verrichten die der Arbeitnehmer selber nicht der Erwerbstaumltigkeit zuschreibt und die in den meisten Faumlllen gar nicht oder nicht entsprechend entlohnt werden wie z B bdquokurz noch eine Mail schreibenldquo oder bdquokurz noch ein Telefonat fuumlhrenldquo birgt die Gefahr der Selbstausbeutung in sich Der Abstand zwischen Privatleben und Arbeitsleben ist in solchen Faumlllen nur sehr gering Folglich sind Arbeitstage von mehr als zehn Stunden an der Tagesordnung und auch Wochenendarbeit kann nicht ausgeschlossen werden

Gerade bei hochqualifizierten Arbeitnehmern ist die Tendenz zum Workaholic ausge-praumlgt und kann als psychologische Dimension hinsichtlich der Grenzziehung zwischen Erwerbsarbeit einerseits und familiaumlren bzw privaten Belangen andererseits gelten (vgl Winker 2001 S 20) Bei Frauen wirkt das familiaumlre Umfeld insbesondere bei Muumlttern als Doppelbelastung Ohne Unterstuumltzung des Partners und der Familie sind viele Frauen dieser Doppelbelastung oftmals nicht gewachsen

Die soziale Isolation im heimischen Buumlro kann sich direkt auf die Fachkompetenz aus-wirken da kein oder nur eingeschraumlnkter Wissens- und Erfahrungsaustausch mit den Kol-legen stattfindet Der Transfer von Wissen und Erfahrung in funktionalen Randgebiete der oft von mittelbarer Bedeutung fuumlr die Erledigung einer Aufgabe ist findet haumlufig im direkten Gespraumlch statt oder hat eher zufaumllligen Charakter Gespraumlche die man mit Kol-legen auf dem Flur fuumlhrt bleiben aus und wichtige Informationen koumlnnen verloren gehen oder aus Unwissenheit nicht genutzt werden Auch wird in dieser Isolation die Bewertung der eigenen Arbeit und Leistung erschwert da soziale Vergleiche fehlen und Anerkennung vonseiten des Arbeitgebers wegen fehlender Face-to-Face-Kommunikation durch die elektronische Kommunikation schwer ersetzbar ist Dieser Effekt wird vermutlich noch verstaumlrkt wenn der Arbeitnehmer mit Telearbeit in die berufliche Laufbahn einsteigt und im Rahmen einer sozial isolierten Arbeit sein berufliches Selbstverstaumlndnis entwickelt Ersten Studien zufolge fuumlhrt der elektronische Austausch zu veraumlndertem Sozialverhalten z B zu einer reduzierten Emotionalitaumlt

Auch gesellschaftlich haben Telearbeiter mit mangelnder Anerkennung zu kaumlmpfen Arbeit wird haumlufig nur als vollwertig betrachtet wenn sie im bdquoNormalarbeitsverhaumlltnisldquo ausgeuumlbt wird Telearbeitern wird oftmals unterstellt sich waumlhrend der Geschaumlftszeiten mit Freizeitaktivitaumlten zu beschaumlftigen Haumlufig fuumlhrt diese Ansicht zu einer Dequalifizie-rung des im Home Office arbeitenden Mitarbeiters insbesondere bei einfachen Arbeiten wie z B Texterfassung oder Aumlhnlichem Houmlherqualifizierte Mitarbeiter laufen Gefahr aufgrund der fehlenden Praumlsenz bei Aufstiegsmoumlglichkeiten uumlbersehen zu werden

Die Abgrenzung des Arbeitsplatzes in Form eines separaten Arbeitszimmers ist we-sentlich fuumlr den Telearbeiter Dies ist aber in vielen Faumlllen nur bei besserverdienenden Arbeitnehmern der Fall Gerade bei Familien fuumlhrt die Vermischung der Arbeits- und Pri-vatumgebung zu Konflikten z B wenn die Familie klare Abgrenzungen der Arbeitszeit nicht akzeptiert Stoumlrungen und Konzentrationsschwierigkeiten sind die Folge oftmals verbunden mit Auseinandersetzungen innerhalb der Familie

Natuumlrlich lassen sich auch Nachteile fuumlr den Arbeitgeber nicht von der Hand weisen Die Nachteile fuumlr den Arbeitgeber sind keine direkte Kontrolle uumlber die Arbeitsleistung da Arbeitsergebnisse nur uumlber Informationsmedien abrufbar sind geringe Steuerungsmoumlglich-

34963 Die Transfer-Phase

keit des Arbeitnehmers Befuumlrchtung von opportunistischem Verhalten des Arbeitnehmers und keinen unmittelbaren Zugriff auf die Arbeitsleistung bei Ad-hoc-Aufgaben Diese Re-duktion von Kontrollmoumlglichkeiten fuumlhrt letztendlich zu einem Machtverlust uumlber den Mit-arbeiter Aus Sicht des Vorgesetzten nicht immer wuumlnschenswert Das Unternehmen muss dem Telearbeiter vertrauen koumlnnen Eine Uumlberpruumlfung der Arbeitszeiten ist nur durch tech-nischen Aufwand z B durch Kontrolle der Einwahlzeiten ins Firmennetzwerk moumlglich was wiederum mit Kosten verbunden ist und nicht notwendigerweise den tatsaumlchlichen Arbeitstag des Arbeitnehmers widerspiegelt wenn dieser beispielsweise viel auf Geschaumlfts-terminen ist

Durch die Selbststaumlndigkeit des Telearbeiters kann es zu Konflikten mit der Corporate Identity kommen In dem Sinne dass sich der Mitarbeiter zunehmend weniger mit dem Unternehmen identifiziert oder aber die Interessen und das Image des Unternehmens nach auszligen nicht adaumlquat vertritt

Ferner ist es oftmals so dass trotz der Telearbeit Buumlros vorgehalten werden was insbe-sondere auf die alternierende Variante zutrifft wodurch dem Unternehmen Kosten durch ungenutzte Buumlroflaumlche entstehen koumlnnen Diese Kosten beziehen sich nicht allein auf die Raummiete sondern auch auf Ausstattung Telekommunikation und Strom was leicht bis zu einem Drei- bis Vierfachen der eigentlichen Raummiete ausmachen kann Desk-Sha-ring-Modelle koumlnnen dem jedoch entgegenwirken

Die Sicherung und die Sicherheit der uumlber elektronische Netze uumlbermittelten Daten sind ein weiterer Aspekt So sollte bereits bei der Einfuumlhrung von Telearbeit und der Aus-wahl der technischen Infrastruktur Wert auf die Datensicherheit gelegt werden Schlieszlig-lich muumlssen im Geschaumlftsverkehr Datenlecks uumlber die unkontrolliert Betriebs-Know-how abflieszligt verhindert werden

Wie kann den Nachteilen begegnet werdenMit der Heimarbeit sind nicht nur organisatorische Herausforderungen verbunden son-dern auch die Gewaumlhrleistung eines reibungslosen Informationsflusses und die Erhaltung der Bindung des Heimarbeitnehmers zum Unternehmen Der Kommunikations- und In-formationsaustausch stellt den wichtigsten Aspekt dar Ohne einen funktionierenden und regelmaumlszligigen Austausch ist eine gute Arbeitsleistung des Heimarbeiters nicht erreichbar Damit es nicht zur Isolation des Arbeitnehmers kommt muss dieser Austausch uumlber per-soumlnliche Gespraumlche Besprechungen Telefonate E-Mails Internet Intranet und Web-Videokonferenzen mit Kollegen undoder Kunden realisiert werden

Die folgenden Empfehlungen koumlnnen helfen

bull Der Heimarbeitnehmer sollte einen Teil seiner woumlchentlichen Arbeitszeit im Unter-nehmen verrichten Damit haumllt er Kontakt zu anderen Arbeitnehmern und Vorgesetzten tauscht sich aus und bleibt im betrieblichen Geschehen integriert

bull Falls der Arbeitnehmer ausschlieszliglich auszligerhalb des Unternehmens arbeitet muumlssen feste BesuchszeitenJour fixe (mindestens zwei Tage pro Monat) vereinbart werden an denen er den Betrieb aufsucht

350 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Es sollten bestimmte Zeiten fuumlr eine telefonische Kommunikation vereinbart werden an denen der Heimarbeiter erreichbar ist aber auch ihm im Unternehmen ein Ansprech-partner zur Verfuumlgung steht

bull Ziele Erwartungen und Anforderungen muumlssen klar und eindeutig formuliert werden damit Ruumlckfragen vermieden werden

bull Es sollte eine Teilnahmepflicht an betrieblichen Besprechungen auch fuumlr Heimarbeit-nehmer geben

Voraussetzungen fuumlr Heimarbeit ndash Anforderungen an den ArbeitnehmerNicht jede Taumltigkeit und jeder Angestellte ist fuumlr Telearbeit gleichermaszligen geeignet Als entscheidend gelten die Motivation des jeweilig betroffenen Beschaumlftigten sowie der As-pekt der Freiwilligkeit bei der Wahl der Telearbeit als Beschaumlftigungsform Die Telearbeit stellt hohe Anforderungen an Selbstdisziplin Eigenmotivation Kommunikationsfaumlhig-keit Selbstorganisation und persoumlnliches Zeitmanagement des Betroffenen Gerade die beiden letztgenannten Faktoren sind besonders relevant wenn verhaumlltnismaumlszligig viel im heimischen Buumlro gearbeitet wird Regelmaumlszligige Telefon- Video- oder Webkonferenzen haben als wichtige Voraussetzung sich selbst zeitlich zu organisieren und Taumltigkeiten mit den Kollegen zu koordinieren

Die soziale Kompetenz des Mitarbeiters ist in hohem Maszlige gefordert wenn dieser nicht auf eine Auszligenseiterposition im Unternehmen abdriften will Trotz der raumlumlichen Tren-nung von den Kollegen in der zentralen Betriebsstaumltte muss der Mitarbeiter in der Lage sein soziale Bindungen und Zugehoumlrigkeit zu seinem Team zu erhalten und zu pflegen

Das persoumlnliche und soziale Umfeld des Arbeitnehmers sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden So muumlssen Familie Freunde oder auch Nachbarn dem betroffenen Tele-arbeiter die notwendige Akzeptanz fuumlr die ausgefuumlhrte Taumltigkeit entgegenbringen und hel-fen Unsicherheiten und Ablenkungsfaktoren zu minimieren Ein koordinierter Tagesab-lauf z B durch schulpflichtige Kinder schafft Zeitrahmen in die die betriebliche Arbeit eingebunden werden kann

Um konzentriertes Arbeiten sicherzustellen ist es sinnvoll den Arbeitsbereich in einem fuumlr sich abgeschlossenen Raum der Wohnung einzurichten Diese Aufteilung hat zum Vor-teil dass die Arbeit in Ruhe erledigt und ein bdquopsychologischer Schalterldquo im Kopf beim Betreten und Verlassen der Raumlumlichkeit umgelegt werden kann Eine solche Raumauf-teilung sorgt auch fuumlr Klarheit bei den Familienmitgliedern Der Raum ist Arbeitszone in der nicht gestoumlrt werden soll Der Arbeitende wiederum kann beim Verlassen des Raumes direkt in seine Privatsphaumlre eintreten und die Arbeit damit sinngemaumlszlig hinter sich zuruumlck-lassen

Die in Abb 633 dargestellten Voraussetzungen beziehen sich ausschlieszliglich auf per-soumlnliche und soziale Kompetenzen Damit nicht nur der Arbeitnehmer langfristige Zufrie-denheit erreicht sondern auch der Arbeitgeber eine houmlchstmoumlgliche Produktivitaumlt erzielt muumlssen die folgenden Voraussetzungen vom Arbeitnehmer erfuumlllt werden

35163 Die Transfer-Phase

Voraussetzungen fuumlr Heimarbeit ndash Anforderungen an den Arbeitgeber und die VorgesetztensichtDie raumlumliche Distanz zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter schafft ein veraumlndertes Kommunikations- und Autoritaumltsumfeld Besonders bei isolierter Teleheimarbeit verliert der Vorgesetzte die direkte Einflussnahme auf den Untergebenen Gefordert ist hier ein ergebnisorientierter Fuumlhrungsstil sprich Management by Objectives Dem Vorgesetzten kommt die Kontroll- und Motivationsfunktion zu Zum einen muss er die Zielerreichung regelmaumlszligig uumlberpruumlfen und zum anderen durch Motivation des Telearbeiters eine produk-tive Zielerreichung foumlrdern

Bei der Telearbeit steigt der Koordinationsbedarf Der Vorgesetzte nimmt die Schnitt-stellenfunktion ein Er kommuniziert aus dem Unternehmen nach auszligen ndash zum Telearbei-ter ndash und nimmt dessen Eindruumlcke und Sichtweisen auf um sie nach innen weiterzutragen

Die nachfolgenden Voraussetzungen beziehen sich ausschlieszliglich auf persoumlnliche und soziale Kompetenzen Vorgesetzte muumlssen sich an die geaumlnderten Fuumlhrungsanforderungen anpassen und bisherige Fuumlhrungseigenschaften uumlberdenken bzw aumlndern Telearbeit setzt ein hohes Maszlig an Vertrauen voraus was dem jeweiligen Mitarbeiter entgegengebracht werden muss Die folgenden Voraussetzungen muss die Fuumlhrungskraft erfuumlllen damit ein positives Arbeitsergebnis durch den Arbeitnehmer im Heimarbeitsplatz erzielt werden kann Abb 634

Abb 633 Kriterienkatalog fuumlr den Mitarbeiter (Quelle In Anlehnung an Bundesministerium fuumlr Arbeit und Sozialordnung 2001)

352 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Zusammenfassung und Fazit zur TelearbeitSeit einigen Jahren bieten die Technik mit Internettelefonie leistungsstarken Endgeraumlten sowie ein flaumlchendeckendes Netz zur Datenuumlbertragung zu erschwinglichen Preisen viel-faumlltige Moumlglichkeiten Die Telearbeit hat so weltweit an Bedeutung gewonnen und ist aus dem Wirtschaftsleben kaum mehr wegzudenken Es ermoumlglicht dem Arbeitnehmer seinen Alltag flexibler zu gestalten und eine Work Life Balance zu schaffen So ist es heutzu-tage auch vielen Muumlttern moumlglich neben der Kindererziehung einer eigenen beruflichen Taumltigkeit nachzugehen Aber auch fuumlr Maumlnner und Familienvaumlter ist diese Arbeitsform von Vorteil und eine Bereicherung fuumlr das persoumlnliche Leben Wissenschaftliche Studien-ergebnisse belegen die gesellschaftliche und arbeitstechnische Bedeutung von Telearbeit und deren steigende Verbreitung als Beschaumlftigungsform Die Telearbeit bietet viele Vor-teile fuumlr den Arbeitnehmer gerade in Bezug auf die freie Zeiteinteilung und -gestaltung Der Mensch darf dabei jedoch nicht auszliger Acht gelassen werden Jeder geht anders mit der Isolation waumlhrend der Arbeit um und nicht jeder ist fuumlr die Arbeit im Home Office ge-eignet Klar definierte Regeln z B fuumlr die Arbeitszeiten und Disziplin sind gefordert um im Home Office effektiv arbeiten zu koumlnnen

Ebenso wie fuumlr den Arbeitnehmer bietet die Telearbeit auch dem Arbeitgeber verschie-dene Vorteile Er kann durch effizienteren Einsatz seiner Mitarbeiter und durch die Ein-sparungen aufgrund des Wegfalls von Buumlroraumlumen seine eigene Produktivitaumlt erhoumlhen und so wesentlich flexibler am Markt agieren

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Telearbeit fuumlr Arbeitgeber und Arbeitneh-mer ein hohes Chancenpotenzial bietet So lassen sich mit erfolgreicher Umsetzung von Telearbeit Kosten sparen motivierte Mitarbeiter gewinnen und erhalten und das Qualitaumlts-

Kriterienkatalog fuumlr den Vorgesetzten

Organisationstalent

Die Anforderung ist

nicht erfuumlllt

ausgepraumlgte Kommunikationsfaumlhigkeit

Vertrauen in den Mitarbeiter

ergebnisorientierte Fuumlhrung

Flexibilitaumlt

Soziale Kompetenzen

Informationsaustausch

Motivationsfaumlhigkeit

nicht erfuumlllt voll erfuumlllt

voll erfuumllltPersoumlnliche Kompetenzen

Abb 634 Kriterienkatalog fuumlr den Vorgesetzten (In Anlehnung an Bundesministerium fuumlr Arbeit und Sozialordnung 2001)

35363 Die Transfer-Phase

niveau der erbrachten Leistungen steigern Die durch eingesparte Fahrtwege hinzugewon-nene Zeit und geringere Stressbelastung foumlrdern die Leistungsbereitschaft und Motivation des Telearbeiters Die Auspraumlgungsform der bdquoisolierten Teleheimarbeitldquo birgt jedoch ho-hes Risikopotenzial die soziale Isolation und psychische Schaumldigung Die fuumlr Unterneh-men daraus entstehenden Folgen wie verminderte Leistungsfaumlhigkeit des Mitarbeiters sowie soziale Folgen fuumlr die Gesellschaft lassen diese Form nicht als geeignet erscheinen Falls uumlberhaupt laumlsst sich dieses Beschaumlftigungsmodell nur zur Integration von koumlrperlich schwerbehinderten Menschen realisieren

Die alternierende Telearbeit kann als beste Form der Telearbeit angesehen werden Sie erlaubt durch den Wechsel zwischen heimischem Umfeld und dem Betrieb den Erhalt der Familiennaumlhe und der individuellen Praumlferenzen der Telearbeiter Gleichzeitig gewaumlhr-leisten festgelegte Arbeitszeiten und regelmaumlszligiges Erscheinen im Betrieb den wichtigen Informationsaustausch mit Vorgesetzten und Kollegen und den Anschluss im Unterneh-men Risiken der sozialen Isolation werden minimiert das Betriebszugehoumlrigkeitsgefuumlhl bleibt erhalten

63312 Der Umgang mit virtuellen TeamsNachdem im ersten Schritt die Vor- und Nachteile der Telearbeit grundsaumltzlich diskutiert wurden soll im naumlchsten Schritt vertieft auf die konkrete Situation in der Projektarbeit eingegangen werden Welche Implikationen lassen sich fuumlr die Kommunikation im Rah-men einer Operational-Excellence-Initiative ableiten Nur durch die Beantwortung dieser Frage wird man der Komplexitaumlt und Relevanz dieses Themas gerecht

Virtuelle Teams sind dadurch gekennzeichnet dass verschiedene Zeitzonen unter-schiedliche ethnische und regionale Kulturen und die raumlumliche Trennung den Komplexi-taumltsgrad der Projektarbeit verschaumlrfen Es gibt mehr sichtbare und unsichtbare Grenzen zu beachten Wie vielschichtig die Kommunikation ist merkt man haumlufig erst dann wenn es zu Problemen die jedem bekannt sind gekommen ist Hier wird eine E-Mail unterschied-lich interpretiert und dort ist der Absender sich unsicher ob seine Aussage richtig verstan-den worden ist ndash die Reaktion des Empfaumlngers kann er ohnehin nicht sehen Die fehlende Emotionalitaumlt bei distanzierteren Kommunikationsformen fuumlhrt dazu dass persoumlnliche Aspekte (kultureller Hintergrund) in den Hintergrund treten Damit bringt der Empfaumlnger tendenziell weniger Verstaumlndnis fuumlr seinen Kommunikationspartner auf Schlimmer noch Die eigene raumlumliche und zeitliche Umgebung wird staumlrker wahrgenommen sodass die Moumlglichkeit einer gemeinsamen Interpretation gegenuumlber vorprogrammierten Missver-staumlndnissen das Nachsehen hat Voumlllig auszligen vorgelassen ist dabei die Wahl der Sprache Wenn ein Inder Chinese Amerikaner und Deutscher in einer Telefonkonferenz mitein-ander sprechen wird Kommunikation erst recht zu einem kritischen Erfolgsfaktor der Teamarbeit Dann wird der eine ungeduldig weil ihn keiner versteht oder der andere wird schuumlchtern weil er die Sprache nicht perfekt beherrscht Kulturellen Differenzen (z B dass Inder selten Nein sagen) laumlsst sich uumlber elektronische Medien noch schwerer begeg-nen als dies im persoumlnlichen Diskurs schon der Fall ist

354 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Zahlreiche Kommunikationsmodelle haben bereits gezeigt dass die Qualitaumlt der uumlber-mittelten Nachrichten nicht nur vom Inhalt sondern auch von der Qualitaumlt des Kanals abhaumlngt Koumlrperhaltung Mimik Gestik und die leisen Zwischentoumlne in der Sprache die den betraumlchtlichen Teil unserer Interaktion ausmachen gehen bei elektronischen Medien wie einem Telefonat verloren6 Selbst bei Videokonferenzen sind schlechte Verbindungen und laute Umgebungen der Normalfall Nicht zuletzt unterscheidet sich die Logik der Schriftsprache wie z B in einem unternehmensinternen Chat gravierend von der des ge-sprochenen Wortes

7 Tipp Gehen Sie auf Dinge ein die sich im persoumlnlichen Austausch von alleine ergeben wuumlrden Dazu gehoumlren ein persoumlnlicher Kontext (Wer sind Sie wo genau arbeiten Sie und mit wem) und ein zeitlicher Kontext (Was ist der Grund fuumlr das Gespraumlch Was ist vorher passiert) Stellen Sie Fragen wiederholen Sie was Sie verstanden haben und finden Sie Gemeinsamkeiten damit der soziale Kontext der Kommunikation an Farbe gewinnen kann Bei elektronischen Medien faumlllt einem der Qualitaumltsverlust haumlufig gar nicht auf weil wir so kom-munizieren wie wir es gewohnt sind Paul Watzlawick ein renommierter oumlster-reichischer Kommunikationswissenschaftler Philosoph und Psychotherapeut stellte fest dass wir mit jeder Nachricht etwas auf zwei Ebenen uumlbermitteln (vgl Bohinc 2011) Eine Sachinformation (Inhaltsebene) und einen Hinweis wie die Beziehung des Senders zum Empfaumlnger aussieht (Beziehungsebene) Kom-munikation funktioniert nur dann wenn beide Ebenen bedient werden Die Beziehungsebene muss bei elektronischer Kommunikation wo sie automatisch weitestgehend wegfaumlllt aktiv betrieben werden So macht es einen betraumlcht-lichen Unterschied aus ob man eine E-Mail mit einem stumpfen bdquoGruszligldquo oder bdquoLieben und sonnigen Gruumlszligen aus Koumllnldquo beendet Hilfreich ist daruumlber hinaus zu schildern wie es einem geht (bdquoIch habe einen richtig stressigen Vormittag gehabt und das Bistro fuumlr meinen Kaffee hatte auch noch zuldquo) Seien Sie nicht verlegen Chat-Emoticons zu nutzen um Ihre Gefuumlhlswelt mitzuteilen

Investieren Sie als Projektleiter eines virtuellen Teams mindestens doppelt so viel Zeit fuumlr die Kommunikation wie Sie es bisher gewohnt sind Es beginnt mit dem Kick-off Auch wenn es bisweilen schwierig ist alle Teammitglieder an einen Tisch zu bekommen so sollte wenigstens der Projektleiter jedes Projekt-mitglied was dauerhaft im Projekt aktiv sein wird persoumlnlich kennenlernen Wir empfehlen in diesem Kontext die inspirierende Lektuumlre der bdquo100 golde-nen Regeln des Projekt-Managementsldquo der Raumfahrtbehoumlrde NASA (Mad-den 2013) Eine der Regeln die uumlber Jahrzehnte zusammengetragen wurden

6 Entscheidend fuumlr die Wahrnehmung der Kommunikation ist 10 Worte 35 Klang (Geschwin-digkeit Pausen Intonation Rhythmus Timing etc) 55 Bewegung (Gestik Mimik Beruumlhrungen Gebrauch von Raumlumlichkeiten Naumlhe zum Gespraumlchspartner Augenkontakt etc)

35563 Die Transfer-Phase

besagt dass der Projektleiter jeden der etwas zu dem Projekt beitraumlgt mindes-tens einmal besucht Im Mittelpunkt steht das Zeigen von Interesse wofuumlr ein persoumlnlicher Besuch der beste Beweis ist

63313 Mit Widerstand umgehenJede Veraumlnderung sei sie noch so positiv wird im gewissen Grad Widerstaumlnde hervor-rufen Das ist voumlllig normal denn der Mensch fuumlhlt sich mit dem bekannten Status quo eher wohl als mit etwas Unbekanntem Dies gilt auch fuumlr den Fall wenn der jetzige Sta-tus ineffizient ist Wichtig ist dass Widerstand in welcher Form auch immer er auftritt nicht unter den Teppich gekehrt wird Wie schon mehrfach in diesem Buch betont werden der Umgang und das konstruktive Management von derartigen ablehnenden Reaktionen zu einem Erfolgsfaktor von Operational-Excellence-Initiativen die haumlufig zu erheblichen Veraumlnderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation fuumlhren Change Management hilft der Organisation dabei das Unbekannte kennenzulernen und sich auf ungewohnte Wege einzulassen Viele Veraumlnderungsvorhaben scheitern nicht weil Widerstaumlnde auftreten sondern weil mit ihnen falsch umgegangen wird

Widerstaumlnde treten erst recht auf wenn die Mitarbeiter zu wenige Informationen uumlber die Veraumlnderung haben und vor vollendete Tatsachen gestellt werden wenn die Belegschaft nicht uumlber die entsprechenden Faumlhigkeiten fuumlr die zukuumlnftigen Rahmenbedingungen ver-fuumlgt oder wenn es sich einfach um eine veraumlnderungsunwillige Organisation handelt Angst vor Kompetenzverlusten Machtverschiebungen durch Positionswechsel uumlberforderndem Leistungsdruck oder vor der Bedrohung von Eigeninteressen steht dann auf der Tagesord-nung und blockiert eine reibungslose Wertschoumlpfung Die Schwierigkeit ist dass man die Reaktionen auf Veraumlnderungen nicht pauschalisieren kann und es somit auch kein Koch-rezept gibt um diesen negativen Kraumlften entgegenzuwirken Was fuumlr den einen negativ ist kann fuumlr den anderen positiv sein Jeder nimmt Veraumlnderungen anders auf und passt sich neuen Rahmenbedingungen unterschiedlich schnell an Die eine Gruppe von Mitarbeitern benoumltigt moumlglicherweise umfassende Unterstuumltzung durch Coaching wohingegen eine an-dere Gruppe sich mit grundsaumltzlichen Informationen zufrieden gibt um im Anschluss der Meinungsfuumlhrerschaft in der Organisation zu folgen Was die ganze Angelegenheit erheb-lich erschwert ist die Tatsache dass die betroffenen Menschen ihre Motive in der Regel nicht offenlegen In diesem Zusammenhang ist es elementar in verschiedene Arten von Wi-derstand und deren Ursachen zu differenzieren Es gilt das Verhalten der Betroffenen ge-nau zu beobachten Die Spitze eines Mitarbeiters in einer Konferenzschaltung im Hinblick auf das anstehende Projekt kann weit mehr Aussagekraft uumlber seine innere Haltung haben als ein ausgefuumllltes Change Readiness Assessment in dem sich der Mitarbeiter selbstbe-wusst als veraumlnderungsaffin beschreibt Wo ein solches Assessment sinnvollerweise in der Analyse-Phase einen ersten Eindruck der kollektiven Stimmung gibt entscheidet in der Transfer-Phase und waumlhrend der Durchfuumlhrung der einzelnen Projekte das Detail Abbil-dung 635 zeigt wie man die Einstellungen der Betroffenen gruppieren kann

356 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Unterscheiden Sie zwischen Sachargumenten und Widerstaumlnden Wenn Mitarbeiter ihre wahren Motive haumlufig nicht offenlegen dann werden die Aumlngste und Eigeninteressen gerne in Sachargumenten versteckt Zu Beginn eines Projektes sollten Sie auf diese Einwaumlnde Ruumlcksicht nehmen (Waumlhrend der arbeitsintensiven Projektphasen sollten Sie dagegen nicht staumlndig alles neu diskutieren) Wenn Sie auf das Sachargument eingehen sich mit ihm auseinan-dersetzen und moumlglicherweise weitere Analysen betreiben um es zu entkraumlf-ten werden Sie den Unterschied zwischen einem echten und vorgeschobenen Sachargument identifizieren koumlnnen Mit einem echten Sachargument kann man arbeiten es wird entweder staumlrker ndash wenn es belegt wird ndash oder schwauml-cher ndash wenn man das Gegenteil beweist Widerstand im Kleid eines vorgescho-benen Sachargumentes hat nur das Ziel zu behindern Es geht dabei nicht um die inhaltliche Klaumlrung sondern ausschlieszliglich um das Blockieren indem das Argument immer einen neuen Schwerpunkt und eine neue Form annimmt

Waumlhrend die beiden rechten und linken Gruppen in Abb 635 erfahrungsgemaumlszlig jeweils 20 der betroffenen Mitarbeiter ausmachen haumllt sich der Groszligteil zunaumlchst eher bedeckt 60 machen die sogenannten Zaungaumlste (bdquoFence Sittersldquo) aus An dieser Stelle gilt es nach Beweggruumlnden zu suchen die die Mitarbeiter von einem aktiven Engagement bis-lang zuruumlckhalten Natuumlrlich gilt es die Unterstuumltzer der Veraumlnderung durch die Initiative darin zu bestaumlrken Uumlberzeugungsarbeit bei ihren Kollegen zu leisten Gehen Sie aber

3 Implizites gene orische 2 Vorsichtiger1 Aktive

Die Innovation ist notwendig wir muumlssen sie jetzt implemen-tieren

DieseVeraumlnderungist richtig

Ich bin fuumlr die alten Zeiten Ich werde den Wandel verhindern

Ich sehe keine Gruumlnde fuumlr den Wandel er bringt uns keinen Vorteil

Ich warte es mal ab

kommuni-zieren und einbindenmobilisieren undinspirierenAktivitaumlten

uumlberzeugenGruumlnde in Erfahrung bringenzur Unter-stuumltzungbewegen

konfron-tierennachGruumlnden fragenversuchenihn zu

pEinverstaumlndnis

gAblehnung

5 KategAblehnung

aktiveEinbindungdiesePersonunterstuumltzen

gEnthusiasmus

als aktiven UnterstuumltzerIntegrierenalsldquoVerkaumluferrdquodes Wandelsintegrieren

Unterstuumltzung

fuumlr aktiveEinbindungdelegieren

bewegenbetreuen

gals Betreuerintegrieren

4 Verbor

Abb 635 Einstellungen gegenuumlber Veraumlnderungen

35763 Die Transfer-Phase

nicht davon aus dass Sie jeden einzelnen Mitarbeiter von Ihrem strategischen Vorhaben uumlberzeugen koumlnnen Wie sich die Wege trennen koumlnnen wenn es fuumlr den Erfolg der Initia-tive unvermeidlich ist wird im Rahmen der Sustain-Phase ausfuumlhrlich erlaumlutert

7 Tipp Uumlberzeugen Sie das mittlere Management Nicht selten ist in der Praxis zu beobachten dass sowohl das Topmanagement als auch die Basis der Mitarbeiter ein groszliges Interesse an Verbesserungsmaszlignahmen haben Besonders beim mitt-leren Management ndash auch bdquoLehmschichtldquo genannt ndash uumlberwiegt jedoch die Angst vor neuen Arbeitsweisen uumlberraschendem Machtverlust oder Personalabbau Das Gros der sogenannten Zaungaumlste kommt aus den mittleren Hierarchieebenen

Eine weitere Form der Systematisierung von Widerstaumlnden ist die Gegenuumlberstellung von Veraumlnderungsbereitschaft (Motivation fuumlr die Umsetzung von Veraumlnderung) und Veraumln-derungsvermoumlgen (Faumlhigkeiten fuumlr Umsetzung von Veraumlnderung) Demnach laumlsst sich ein Mitarbeiter einem der vier folgenden Quadranten aus Abb 636 und 637 zuordnen wor-aus sich wiederum verschiedene Handlungsoptionen ableiten lassen Betroffene aus dem eben angesprochenen mittleren Management sind z B haumlufig dem Quadranten bdquoCAN amp WONrsquoTldquo zuzuordnen

Abb 636 Veraumlnderungsbereitschaft und Veraumlnderungsvermoumlgen 1

358 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die Umsetzung dieser Handlungsoptionen wird durch die Verwertung im Kommu-nikationsplan und Stakeholder-Management (Stakeholder-Action-Plan und Stakeholder Mobilisation Map) realisiert Diese Tools sind in keinem Fall statisch So kann man in Form der Stakeholder Mobilisation Map die natuumlrlichen emotionalen Houmlhen und Tiefen eines Stakeholders im Zuge einer Initiative mitverfolgen und im Stakeholder-Action-Plan entsprechend dynamisch darauf reagieren So koumlnnen zu hohe Erwartungen am Anfang und zu starke Enttaumluschungen waumlhrend der Projektdurchfuumlhrung gezielt abgedaumlmpft wer-den Der Kommunikationsplan ermoumlglicht eine Zwei-Wege-Kommunikation indem die Reaktion der Stakeholder wahrgenommen und verarbeitet wird Dies ist ein kritischer Erfolgsmoment um an die tieferliegenden Gruumlnde fuumlr Widerstaumlnde zu gelangen Nur dann koumlnnen sie erfolgversprechend adressiert werden

7 Tipp Lassen Sie den Betroffenen fuumlr die Involvierung in den Veraumlnderungs-prozess Zeit um nachhaltiges Commitment auf emotionaler und intellektuel-ler Basis zu ermoumlglichen Damit staumlrken Sie die Resilienz (Faumlhigkeit mit Wandel umzugehen) Ihres Teams Dafuumlr sollten Sie Ihren Mitarbeitern ein Stuumlck weit Kontrolle uumlber das was auf sie in der Initiative zukommt uumlberlassen Wichtige Mitarbeiter sollten sich auch mit wichtigen Aufgaben beschaumlftigen Der Beifah-

Abb 637 Veraumlnderungsbereitschaft und Veraumlnderungsvermoumlgen 2

35963 Die Transfer-Phase

rer sitzt haumlufig nur deswegen unruhig im Auto weil das was passiert auszligerhalb seines Kontrollbereichs liegt ndash das verunsichert Menschen Teilen Sie Ihren Mit-arbeitern mit dass das normal ist Und vergessen Sie nicht dass offener Wider-stand nuumltzlicher ist als versteckter Widerstand

6332 ProjektarbeitDie Anforderungen an die Projektteams sind bei einer Operational-Excellence-Initiative hoch Selbst wenn Initiativen sorgfaumlltig vorbereitet werden sind die Mitarbeiter schlieszlig-lich mit der Realitaumlt konfrontiert Workshops Fortbildungen Zeit- und Erfolgsdruck und das nach wie vor relevante Alltagsgeschaumlft stellen eine auszligerordentliche Belastung dar Es die Aufgabe der Projektleiter die Handhabbarkeit zu gewaumlhrleisten Zu dieser Fuumlhrungs-aufgabe gehoumlrt Fingerspitzengefuumlhl und viel Erfahrung Die wichtigsten Stellgroumlszligen sol-len in den naumlchsten Abschnitten diskutiert werden Dazu gehoumlrt die Erhebung wie effektiv das Team arbeitet welche Probleme bei der Projektarbeit typischerweise auftreten und wie man mit ihnen umgehen sollte was es heiszligt Meetings stringent durchzufuumlhren und schlieszliglich wie das Miteinander des Teams gestaumlrkt werden kann

63321 Die Effektivitaumlt des Projektteams ermittelnDie folgende Erhebung laumlsst sich monatlich durchfuumlhren Den Befragten steht eine Skala von 1 bis 6 zur Verfuumlgung7 Das Ausfuumlllen sollte nicht laumlnger als 20 min dauern Die Er-gebnisse sind zwingend anonym zu verwenden Diese Vorgehensweise ist fuumlr den Projekt-leiter ein sinnvoller Gradmesser ob die Konstellation seiner Mitstreiter im Team funk-tionsfaumlhig ist Wenn im Rahmen der Erhebung Schwierigkeiten und negative Umstaumlnde identifiziert werden gilt es zeitnah zu handeln Eventuell sollte auch die Leitung der Ini-tiative eine solche Erhebung als Steuerungstool der einzelnen Teams verwenden

7 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

360 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Ich

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Ich habe eine klare Vorstellung von den Zielen der Operational-Excellence-Initiative und inwiefern meine Aufgabe im Team einen Beitrag dazu leistet

Ich verstehe die Ziele und Inhalte des Projektes undweiszligwas das Team zu tun hat

Ich gehe mit den Inhalten und Zielen des Projekteskonform

Ich bin mir daruumlber im Klaren was von mir erwartetwird(Ergebnisse Qualitaumlt und Produktivitaumlt) und bin mir selten unsicher was zu tunist

Ich kenne meine Rolle im Team Diese Rolle stimmt mit meinen Faumlhigkeiten Aufgaben und der Art und Weise wie ich andere Team-Mitglieder unterstuumltze uumlberein

Wir arbeiten kontinuierlich an unseren Leitsaumltzenund verbessern die Arbeitsweise im Team

Die Aufgabe Diskussionen wirksam zu leiten verstehenwir als Teamaufgabe Wir sind dabei nicht nur von einer Person abhaumlngig

Unsere vereinbarten Arbeitsweisen helfen uns wirksame Entscheidungen zu treffen Individuelle Kreativitaumlt geht dabei nicht verloren

Wir verfolgen den Fortschritt des Projektes unduumlberpruumlfendie Wirksamkeit unserer Ergebnisse

Als Team beobachten wir die Effektivitaumlt unserer Taumltigkeiten und definieren Verbesserungen sofern es sinnvollist

Die von uns benutzten Leistungsindikatoren bilden die Bedeutung unseres Projektes auf Unternehmensebeneab

Checkliste zur Erhebung der Effektivitaumlt des Projekt-Teams 13

Inhalte

Rollen und Verantwortlichkeiten

Arbeitsweise

Leistungsindikatoren

36163 Die Transfer-Phase

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Ich fuumlhle mich integriert in das Projekt-Team und bin involviert in Entscheidungsfragen und Problemloumlsungsprozesse

Ich bin immer auf dem aktuellsten Stand der Dinge

Die Integration von neuen Team-Mitgliedern gelingt sehr gut weil wir das als Team-Aufgabe verstehen

Andere Mitglieder fragen mich nach meiner Meinung und wissen diese zu schaumltzen

Einfluss im Team wird nicht durch Positionen oder Titel ermoumlglicht sondern durch Glaubwuumlrdigkeit besondere Kompetenzen und zwischenmenschliche Faumlhigkeiten

Als Team sehen wir uns fuumlr einander als verantwortlich an

Als Team houmlren wir einander zu und geben konstruktives Feedback Die Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Vertrauen

Wir bestaumlrken uns gegenseitig darin Konflikte offen zu diskutieren und zu loumlsen

Wir nehmen die Ideen der anderen Team-Mitglieder ernst und vertrauen ihren Faumlhigkeiten Wir houmlren nicht nur auf den Projektleiter

Uns ist es als Team wichtig einen guten Kontaktzu den Stakeholdern der Initiative zu halten

Nuumltzliches Arbeitsmaterial ist dem Team in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung gestellt worden

Unsere Zwischenergebnisse kommunizieren wir regelmaumlszligig und oft

Checkliste zur Erhebung der Effektivitaumlt des Projekt-Teams 23

Integration

Einfluss

Beziehungen

Sponsorship

362 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Uns gelingt es die Projekterfolge an die relevanten Stakeholder und Entscheidungstraumlger zukommunizieren

Den Adressaten dieser Kommunikation ist klar welche Rolle unser Projekt in der Operational-Excellence-Initiative spielt

Wir teilen anderen Teams unsere Lernerfahrungen(zB Best-Practice-Beispiele) mit

Unser Projekt verlaumluft ohne Widerstaumlnde oder sonstige Behinderungen und orientiert sich an den unveraumlnderten Zielvorgaben vom Projektstart

Wir sehen Schwierigkeiten rechtzeitig auf uns zukommen und verhindern mit entsprechenden Maszlignahmen Widerstaumlnde

Uns gelingt es Widerstaumlnde sichtbar zu machen und konstruktiv mit ihnen umzugehen Wir laufen nicht Gefahr vom vereinbarten Zeit- oder Budgetplan abzuweichen

Uns gelingt es abgesehen von der Projektarbeit weitere Potenziale fuumlr die InitiativeOrganisation aufzudecken

Checkliste zur Erhebung der Effektivitaumlt des Projekt-Teams 33

Marketing

Widerstand

Potenziale

Sonstige Bemerkungen(Offen fuumlr Freitext)

36363 Die Transfer-Phase

63322 Mit problematischen Teamverhalten umgehenDa sehr unterschiedliche Persoumlnlichkeiten in einem Team aufeinandertreffen sind die moumlglichen Problemzonen vielschichtig Obwohl es nicht moumlglich ist das perfekte Team-mitglied auf eine bestimmte Konstellation von Eigenschaften zu reduzieren lassen sich die charakteristischsten Auspraumlgungen von problematischem Teamverhalten an dieser Stelle kurz auffuumlhren Kurze Empfehlungen wie ein Projektleiter sich verhalten kann er-gaumlnzen die unterschiedlichen Szenarien Eine kurze Exkursion in die Theorie von Daniel Golemans (1997) bdquoEmotionaler Intelligenzldquo vervollstaumlndigt den Kapitelabschnitt

Zoumlgerliche TeammitgliederEs kommt nicht selten vor dass ein Projektteam Schwierigkeiten hat mit der Arbeit durch-zustarten oder nach mehreren Projektphasen die Arbeit zu beenden Auch die Schnittstel-len zwischen den einzelnen Projektphasen sind haumlufig holprig Dem Projektleiter faumlllt es womoumlglich nicht leicht die Arbeitsintensitaumlt und die Dringlichkeit des Projektes aufrecht-zuerhalten und das Team weiszlig nicht welche Schritte als naumlchstes kommen Im Ergebnis zoumlgern das Team oder einzelne Mitglieder Symptome koumlnnen lang andauernde Diskussio-nen um sinnlose Zusammenhaumlnge sein vereinzelte Widerstaumlnde von Mitgliedern die Pro-jektphasen nicht beginnen oder beenden wollen und unnoumltiges Infragestellen der Arbeits-weise zum Abschluss des Projektes (bdquoWir haumltten doch andere Tools waumlhlen sollenldquo)

7 Tipp Halten Sie die Betriebstemperatur des Projektes hoch Erstellen Sie einen Fortschrittsplan um abzubilden welche wichtigen Schritte das Team gemein-sam geht bzw bereits gegangen ist Es schadet nicht sich das gemeinsam Erarbeitete in Erinnerung zu rufen um gleichzeitig immer wieder aufs Neue das eigentliche Ziel des Projektes zu erwaumlhnen Planen Sie fuumlr die wichtigen Team-Meetings Zeit fuumlr Diskussionen ein Jeder sollte die fuumlr ihn wichtigen Fragen an dieser Stelle vorbereiten Wenn das Team sich unsicher uumlber die naumlchsten Schritte ist involvieren Sie es mit in Ihre Vorgehensweise denn moumlglicherweise waren die anstehenden Schritte nur in Ihrem Kopf vorhanden Fragen Sie Was muumlssen wir als naumlchstes tun um weiter zu kommen Was haumllt uns davon ab

Uumlberhebliche TeammitgliederSchluumlsselspieler also Mitarbeiter mit besonderer Erfahrung Expertise Autoritaumlt oder Position sind fuumlr den Projekterfolg unerlaumlsslich Wie schon mehrfach beschrieben gilt es die Meinungsfuumlhrerschaft dieser Personen fuumlr die Vermarktung des Projektes zu nutzen Problematisch wird es aber wenn diese Schluumlsselspieler sich schuumltzend vor ihren eigenen Geschaumlftsbereich stellen (Stichwort bdquohidden agendaldquo) Diskussionen uumlber Grundsaumltzlich-keiten im Keim ersticken (bdquoHerr Schmidt war fuumlr die Bedienung der Maschine schon immer der Beste ndash das wird auch so bleibenldquo) oder Vorschlaumlge von anderen Teammitglie-dern von vorneherein ablehnen (bdquoDaruumlber haben wir uns im Arbeitskreis mit dem Vorstand die letzten Jahre auch schon den Kopf zerbrochen Das funktioniert nichtldquo)

364 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Investieren Sie besonders viel Zeit darin die Schluumlsselspieler ins Boot zu holen Stellen Sie den Umfang und die inhaltliche Reichweite des Projektes am Anfang heraus und machen Sie deutlich dass Grundsatzfragen jeden betreffen koumlnnen Suchen Sie in einem separaten Gespraumlch nach Anknuumlpfungspunkten fuumlr Kooperation und Partizipation Lassen Sie den Experten ein Meeting durch-fuumlhren (Wertschaumltzung) aber nur wenn ihm bewusst ist dass das Wissen aller Teammitglieder essenziell fuumlr den Projekterfolg ist

Dominante TeammitgliederManche Mitglieder des Teams beanspruchen unabhaumlngig von ihrer Position oder Experti-se einen uumlberdimensional groszligen Redeanteil an Diskussionen Gelegentliche Gespraumlchs-pausen werden dazu genutzt die eigene Perspektive oder Meinung kundzutun ndash nicht weil man etwas Wichtiges zu sagen hat sondern weil man sich gerne reden houmlrt Dies fuumlhrt zu gefrusteten und genervten Kollegen die derartige Ein-Mann-Shows als Zeitverschwen-dung empfinden und nach Gruumlnden suchen um den naumlchsten Meetings fernzubleiben

7 Tipp Ermoumlglichen Sie Feedback und einen strukturierten Zeitablauf von Pro-jekt-Meetings Sammeln Sie die Anliegen von den Teammitgliedern anonym und besprechen Sie diese gemeinsam Achten Sie daruumlber hinaus darauf dass die Redezeit ausgeglichen ist (bdquoWir haben deine Ansicht gehoumlrt Julius Ich wuumlrde gerne wissen was die anderen davon haltenldquo) Lassen Sie das Team erleben welche Vorteile ausgeglichene Redeanteile und praumlzise Diskussionen haben Entweder wird die positive Umstellung bereits im Feedback an Sie deut-lich (Kommunizieren Sie die positive Veraumlnderung proaktiv) oder laden Sie einen Referenten ein der das Team bei dieser Erfahrung professionell begleitet

Schuumlchterne TeammitgliederGenauso wie es in jedem Team ein dominantes Mitglied gibt so gibt es garantiert auch ein sehr zuruumlckhaltendes Wenn man diese schuumlchternen Zeitgenossen auffordert an einer Diskussion teilzunehmen wird einem womoumlglich geantwortet bdquoIch houmlre aufmerksam zu und folge der Diskussion Wenn ich etwas Wichtiges zu sagen habe werde ich es sagenldquo Mitglieder dieser Natur werden erst recht still wenn es ein dominantes Mitglied mit aus-gepraumlgtem Redebedarf gibt Das verlorene Potenzial ist immens

7 Tipp Stellen Sie die Bedeutung eines jeden Mitglieds des Teams heraus Uumlber-legen Sie sich Aufgaben und Verantwortlichkeiten die ein solches Mitglied uumlbernehmen kann um in eine aktivere Rolle zu schluumlpfen um sich dort even-tuell gar nicht so unwohl zu fuumlhlen Sprechen Sie abseits der Projektarbeit mit der Person und machen Sie deutlich welchen wertvollen Beitrag sie imstande ist zu leisten Scheuen Sie sich nicht davor die Person in einer Diskussion direkt anzusprechen bdquoPhilip was ist an dieser Stelle deine Erfahrungldquo

36563 Die Transfer-Phase

Meinung vs FaktenManche Menschen koumlnnen ihre eigenen Ansichten so selbstbewusst und wirksam ver-kaufen dass die Zuhoumlrer sie als Fakten aufgreifen Dies birgt Risiko denn mit subjektiven Behauptungen baut man kein solides Fundament fuumlr eine strategische Initiative die zu einem groszligen Teil auf Daten und Fakten beruht

7 Tipp Haken Sie nach Stellen Sie sicher dass es sich nicht um eine haltlose Behauptung handelt bdquoIst das Ihre Meinung oder ist es eine Tatsache Koumlnnen Sie das mit Daten belegen Woher wissen Sie dass das richtig ist Ich vertraue Ihrer Erfahrung vielleicht lassen sich ja noch Daten finden die Ihre Aussage untermauernldquo Zu Beginn der Projektarbeit sollte insbesondere bei Operatio-nal-Excellence-Initiativen die Bedeutung von Zahlen Daten und Fakten her-vorgehoben werden Das Team sollte sich darauf einigen dass datenbasiertes Vorgehen Vorrang gegenuumlber intuitivem Handeln hat Erinnern Sie das Projekt-Team im richtigen Augenblick an diese Uumlbereinkunft vom Projektanfang

Ungeduldige TeammitgliederIn vielen Teams finden sich ein oder zwei Charaktere die uumlberaus eifrig in ihren Aktivi-taumlten sind Diese bdquoirgendetwas tun ist besser als nichts tun-Einstellungldquo liegt entweder an ihrer natuumlrlichen Ungeduld oder an dem Druck der auf sie von dritter Seite ausgeuumlbt wird Diese Personen neigen dazu Entscheidungen zu treffen und vermeintliche Loumlsungen zu finden bevor alternative Optionen uumlberhaupt in Erwaumlgung gezogen wurden Die Intuition eines Einzelnen verdraumlngt die differenzierte Ergebnisqualitaumlt eines ganzen Teams An Ent-scheidungsfreude ist normalerweise nichts Schlechtes auszumachen aber wenn tieferge-hende Analysen oder ergebnisoffene Diskussionen in diesem Zuge den Kuumlrzeren ziehen geht erhebliches Potenzial des Teams verloren

7 Tipp Erinnern Sie das Team an das Leistungsvermoumlgen von Operational Excel-lence Das Leistungsvermoumlgen beruht nicht auf Annehmen Raten und Deuten sondern auf Zahlen Daten und Fakten Fuumlhren Sie Praxisbeispiele zur Erlaumlute-rung an sodass allen Beteiligten der Unterschied zwischen Symptombekaumlmp-fung und Ursachenforschung deutlich wird Dazu sollte das Team so bdquodruckfreildquo arbeiten wie moumlglich Wenn Stakeholder aus verschiedensten Gruumlnden (Projekt ist ihnen ein Dorn im Auge oder sie benoumltigen das Projektergebnis fuumlr persoumln-liche Anliegen) erheblichen Druck auf das Team ausuumlben muumlssen Sie dem ent-schieden entgegenwirken Suchen Sie das persoumlnliche Gespraumlch (sowohl mit den Teammitgliedern als auch mit der Person die den Druck ausuumlbt) und ver-anschaulichen Sie die negativen Konsequenzen die ein Arbeiten unter unnoumlti-gem Druck nach sich ziehen kann

366 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Konflikte zwischen TeammitgliedernEin jeder von uns hat Ansichten oder Wertvorstellungen die fuumlr die eigene Identitaumlt einen hohen Stellenwert haben Wenn jemand damit in einer fuumlr uns relevanten Gruppenkons-tellation aneckt das Team demjenigen womoumlglich durch zwischenmenschliche Querelen sein Zugehoumlrigkeitsgefuumlhl nimmt fuumlhrt dies zu Feindseligkeiten Wenn sich die Fron-ten dann verhaumlrten ist das Gift fuumlr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit Das Ergebnis gleicht einem Kampfplatz Konflikte sind dabei genauso wie Widerstaumlnde eine normale Begleiterscheinung von Veraumlnderungsprozessen Change ohne Konflikt ist eine Illusion ndash Change ohne kraumlnkende und boumlsartige Auseinandersetzungen jedoch nicht

7 Tipp Sitzen Sie Konflikte nicht aus sondern erarbeiten Sie mit den Beteilig-ten Loumlsungen Deeskalieren Sie indem Sie dabei die ausgeschlossene Person unterstuumltzen bdquoSylvia mir faumlllt auf dass dir diese Situation wirklich wichtig ist und dass das Team es nicht ernst genug nimmt Lass uns das aumlndernldquo bdquoIch glaube dass das was Simon sagt sehr wertvoll ist Wir sollten uns damit aus-einandersetzen bevor wir weitermachenldquo Es ist sinnvoll eine solche Situation bdquoofflineldquo anzugehen also abseits der Projektarbeit Orientieren Sie sich an der folgenden Struktur

1 Definieren Sie die Problematik der im Zwist liegenden Parteien2 Fordern Sie die Personen auf Ihre Beweggruumlnde Gedanken Gefuumlhle Erwar-

tungen und Interessen mitzuteilen3 Sorgen Sie dafuumlr dass sich die Beteiligten in die Position des anderen und in

die der anderen Teammitglieder versetzen4 Entwickeln Sie gemeinsam eine zukunftsfaumlhige bdquoWin-win-Situationldquo5 Treffen Sie gemeinsam eine Entscheidung und halten Sie die Vereinbarung

fest

Die wirksamste Vorgehensweise Konflikte zu vermeiden ist eine sorgfaumlltige und behut-same Auswahl der Projektmitglieder Wenn zwei eventuelle bdquoGegnerldquo dennoch aufeinan-dertreffen dann gehen Sie praumlventiv in ein deeskalierendes Gespraumlch mit beiden Parteien gemeinsam Eine Garantie fuumlr konfliktfreie Projektarbeit werden Sie nie erhalten wohl aber eine gestiegene Erfolgswahrscheinlichkeit auf konstruktives und gleichwertiges Mit-einander

63323 Emotionale Intelligenz ndash und wie sie Fuumlhrungskraumlften hilftDer Begriff der emotionalen Intelligenz wurde von dem Psychologen Daniel Goleman aus der Kritik an den in der Psychologie vorherrschenden kognitiv orientierten Konzepten der Intelligenz heraus bekannt gemacht Ausgangspunkt seiner Uumlberlegungen ist die Uumlber-zeugung dass rationales Handeln und das Vermoumlgen sich seiner kognitiven Faumlhigkeiten bedienen zu koumlnnen von emotionalem Erleben beeinflusst wenn nicht gar bedingt wird (vgl Goleman 1997 2000)

36763 Die Transfer-Phase

Heute wird emotionale Intelligenz stark mit beruflichem und privatem Erfolg in Zu-sammenhang gebracht Jeder von uns kennt die Geschichte eines hoch intelligenten und fachlich starken Mitarbeiters der in einer Fuumlhrungsposition scheitert waumlhrend jemand mit soliden intellektuellen Faumlhigkeiten in einer solchen Position erfolgreich ist

Ausgezeichnete geistige Faumlhigkeiten und uumlberragendes technisches Koumlnnen reichen fuumlr den beruflichen Erfolg nicht mehr aus Innere Qualitaumlten wie Belastbarkeit Initiative Optimismus und Anpassungsfaumlhigkeit erfahren eine neue Wertschaumltzung Dass man aus-reichende intellektuelle Faumlhigkeiten und technisches Wissen bereits mitbringt wird in der heutigen Arbeitswelt als selbstverstaumlndlich vorausgesetzt Von dem geschickten Umgang mit unseren eigenen Emotionen und den Emotionen anderer haumlngt es jedoch letztendlich ab wer fuumlr einen bestimmten Job geeignet ist oder eben nicht

Ohne emotionale Intelligenz kann ein Mensch die beste Ausbildung einen messer-scharfen analytischen Verstand und das vielfaumlltigste Repertoire an innovativen Ideen ha-ben dennoch wird er keine uumlberragende Fuumlhrungspersoumlnlichkeit sein koumlnnen Vier Kom-ponenten emotionaler Intelligenz und Kompetenzen die diesen zugeordnet werden geben Aufschluss daruumlber wie emotionale Intelligenz bei sich und anderen erfasst werden kann

Die vier Dimensionen emotionaler IntelligenzEmotionale Intelligenz beruht nach Goleman auf vier Dimensionen ndash Selbstwahrneh-mung Selbstmanagement Social Awareness Relationship-Management Diesen Dimen-sionen werden insgesamt 18 Kompetenzen zugeordnet die in der folgenden Aufzaumlhlung zusammengefasst sind

So wie der IQ die Basis fuumlr fachliche Kompetenz bildet stellt die emotionale Intel-ligenz die Grundlage fuumlr die emotionale Kompetenz dar Emotionale Kompetenzen sind daher wie die fachlichen auch erlernbar

Keine exzellente Fuumlhrungskraft hat in allen diesen Kompetenzen gleich starke Ausprauml-gungen ndash in der Regel sollten hohe Werte in mindestens sechs der beschriebenen Kompe-tenzen erzielt werden die sich auf alle vier Bereiche der emotionalen Intelligenz verteilen Im Folgenden werden die wichtigsten erlaumlutert

1 Selbstwahrnehmung ndash Sich selbst kennenminus die eigenen Emotionen erkennen und verstehenminus eine zutreffende Selbsteinschaumltzungminus Selbstvertrauen der Einklang von Selbstwert und Faumlhigkeiten

2 Selbstmanagement ndash Der Umgang mit eigenen Gefuumlhlenminus emotionale Selbstkontrolleminus Vertrauenswuumlrdigkeit und Gewissenhaftigkeitminus Anpassungsfaumlhigkeitminus Zielstrebigkeitminus Initiativeminus Optimismus und eine positive Grundhaltung

368 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Social Awareness ndash Die Gefuumlhle der anderen besser verstehenminus Empathieminus Organizational Awarenessminus Service

4 Relationship Management ndash Den Emotionen der anderen mit Intelligenz begegnenminus inspirative Fuumlhrungminus Einflussminus Entwicklung anderer voranbringenminus Katalysator des Wandels seinminus Konfliktmanagementminus Kollaboration

Selbstwahrnehmung ndash Sich selbst kennenSelbstwahrnehmung bedeutet ein tieferes Verstaumlndnis von seinen Emotionen zu haben so-wie seiner Staumlrken und Grenzen seiner Werte und Motive Erfolgreiche Menschen gehen mit ihren Empfindungen bewusst um Sie achten auf ihre Stimmungen und sind ehrlich zu sich selbst und zu anderen Sie wissen was fuumlr sie selbst das Beste ist Beispielsweise koumln-nen sie ein finanziell verlockendes Jobangebot ablehnen wenn es nicht mit ihren individu-ellen Werten in Einklang zu bringen ist bzw langfristig geplanten Zielen im Weg steht Im Gegensatz dazu laumluft ein Mensch mit geringer Selbsterkenntnis Gefahr Entscheidungen zu treffen die eine innere Unstimmigkeit verursachen

Die eigenen Emotionen erkennen und verstehenMenschen mit dieser Kompetenz wissen welche Emotionen sie empfinden und erkennen die Zusammenhaumlnge zwischen ihren Gefuumlhlen und dem was sie denken tun und sagen Sie erkennen wie ihre Gefuumlhle ihre Leistung beeinflussen

Auf den ersten Blick scheinen unsere Gefuumlhle etwas Offenkundiges zu sein aber wenn wir es uns genauer uumlberlegen faumlllt uns ein dass wir manchmal gar nicht bemerken was wir wirklich empfinden oder wir nehmen diese Gefuumlhle erst nachtraumlglich wahr Die eige-nen Emotionen zu erkennen meint seine eigenen Gefuumlhle absichtlich wahrzunehmen nicht wertend und genau in dem Moment in dem sie aufkommen

Das Erkennen der eigenen Emotionen beginnt damit dass wir auf den Gefuumlhlsstrom houmlren der in uns allen staumlndig da ist und dass wir erkennen wie diese Emotionen praumlgen was wir wahrnehmen denken und tun Normalerweise lernt jeder Mensch im Laufe sei-nes Lebens Empfindungen voneinander zu unterscheiden Wer unfaumlhig ist seine eigenen Gefuumlhle zu erkennen ist benachteiligt Er ist sozusagen blind fuumlr einen Bereich der Wirk-lichkeit der fuumlr alle Lebensbereiche von entscheidender Bedeutung ist Wem es schwer faumlllt seine Gefuumlhle zu erkennen oder sie in Worte zu fassen dem bleiben Zusammenhaumlnge zwischen Denken Fuumlhlen und Handeln verborgen Wer jedoch lernt sich selbst besser wahrzunehmen der erkennt dass eine Entscheidung nicht nur von seinen Gedanken son-dern ganz wesentlich auch von seinen Gefuumlhlen bestimmt wird

36963 Die Transfer-Phase

Ein hohes Maszlig an Selbstwahrnehmung spiegelt sich in der Faumlhigkeit zur Selbstrefle-xion und Nachdenklichkeit wider Fuumlhrungspersoumlnlichkeiten mit dieser Faumlhigkeit finden eher Zeit zur Reflexion was dazu fuumlhrt dass sie Sachen uumlberdenken anstatt impulsiv zu reagieren und in der Lage sind mit Uumlberzeugung und Authentizitaumlt zu handeln

Zutreffende SelbsteinschaumltzungMenschen mit dieser Kompetenz sind sich ihrer Staumlrken und Schwaumlchen bewusst lernen aus Erfahrung und sind offen fuumlr neue Perspektiven Sie sind auch faumlhig sich selbst mit Humor und Abstand zu sehen

Menschen die die Faumlhigkeit haben sich selbst zutreffend einzuschaumltzen sind sich so-wohl der eigenen Emotionen wie auch der eigenen Staumlrken Werte und Motive bewusst Sie haben erkannt welchen Weg sie warum gehen wollen und welches Ziel sie damit ver-folgen Sie suchen gezielt Feedback und wollen houmlren wie andere sie wahrnehmen denn sie koumlnnen mit diesen Informationen etwas anfangen

Die Faumlhigkeit seine Emotionen ehrlich einzuschaumltzen unterstuumltzt Veraumlnderungen be-sonders dann wenn diese mit den Zielen dem Sendungsbewusstsein oder den grundle-genden Wertvorstellungen des Betreffenden im Einklang stehen

SelbstvertrauenMenschen mit dieser Kompetenz treten selbstsicher auf und haben bdquoAusstrahlungldquo Sie koumlnnen unpopulaumlre Ansichten aussprechen und trotz Ungewissheit und Stress vernuumlnfti-ge Entscheidungen treffen

Sich selbst sehen Menschen mit Selbstvertrauen in der Regel als faumlhig Herausforde-rungen anzunehmen und neue Aufgaben oder Faumlhigkeiten zu meistern Sie halten sich fuumlr Katalysatoren treibende Kraumlfte und Initiatoren und sie glauben dass ihre Faumlhigkeiten sich im Vergleich zu anderen vorteilhaft ausnehmen Von einer solchen Position der inneren Staumlrke aus koumlnnen sie ihre Entscheidungen besser begruumlnden und Widerspruch bringt sie nicht von ihrem Ziel ab Wirtschaftspruumlfer mit herausragenden Leistungen in dieser Kom-petenz zeichnen sich z B dadurch aus dass sie sich nicht leicht einschuumlchtern oder unter Druck setzen lassen

Selbstvertrauen gibt einem die Staumlrke eine unangenehme Entscheidung zu treffen oder einen Kurs zu verfolgen von dem man uumlberzeugt ist trotz Widerspruch Ablehnung oder gar ausgesprochener Missbilligung durch Vorgesetzte Menschen mit Selbstvertrauen sind ent-schlossen ohne arrogant oder abweisend zu sein und halten an ihren Entscheidungen fest

Das Ausdruumlcken unserer Emotionen geht uumlber das Erkennen hinaus Es geht dabei so-wohl um den Gesichtsausdruck die Koumlrperhaltung die Stimmlage die unsere Gefuumlhle erkennen lassen als auch um das Aussprechen Viele Menschen sind es nicht gewohnt ihre Empfindungen in Worte zu fassen Ihr Tonfall begleitet von entsprechender Mimik ersetzt die Gefuumlhlswoumlrter und soll vermitteln wie ihnen zumute ist Der Gespraumlchspartner muss raten welches Gefuumlhl zugrunde liegt

Vielleicht kennen Sie Situationen in denen es Ihnen schwer faumlllt Ihre Gefuumlhle in Worte zu fassen In solchen Situationen neigt man dazu seine Empfindungen hinter allgemeinen

370 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

und indirekten Formulierungen zu verstecken Nicht jeder Satz der mit bdquoich fuumlhleldquo beginnt enthaumllt eine Empfindung Die Aussage bdquoIch fuumlhle dass es keinen interessiert ob ich da bin oder nichtldquo druumlckt lediglich Vermutungen aus die derjenige uumlber die anderen hat und laumlsst den anderen gleichzeitig viel Spielraum fuumlr Interpretationen Sagt man hingegen bdquoIch fuumlhle mich einsam und isoliertldquo so druumlckt man direkt aus wie man sich fuumlhlt Erst wenn man seine Gefuumlhle beschreibt gibt man dem anderen auch die Gelegenheit darauf zu reagieren

Worte koumlnnen Distanz schaffen zu den eigenen Emotionen Je mehr Worte Sie zur Verfuumlgung haben um Ihren Gefuumlhlszustand zu beschreiben umso mehr steigt Ihre Selbst-wahrnehmung und Ihre Sensibilitaumlt fuumlr sich und fuumlr andere Emotional intelligente Men-schen koumlnnen ihre Gefuumlhle beeinflussen Statt sich impulsiv ihren Stimmungen hinzuge-ben kleiden sie das was sie spuumlren in Worte und gewinnen so Kontrolle daruumlber Diese Distanz ist notwendig um die eigenen Gefuumlhle ernst zu nehmen ohne ihnen gleichzeitig ausgeliefert zu sein

Es gibt viele Moumlglichkeiten seine Gefuumlhle zur Sprache zu bringen Unsere Sinnes-wahrnehmungen druumlcken sich in der Sprache aus wenn wir beispielsweise sagen dass wir jemanden bdquonicht riechenldquo koumlnnen Kritik als bdquoherbldquo erleben oder wenn wir jemanden als bdquogeschmacklosldquo bezeichnen Ereignisse uns bdquohartldquo treffen oder wir uns bdquogrob angepacktldquo fuumlhlen Empfindungen lassen sich ebenso in Bildern ausdruumlcken ndash bdquoIch fuumlhle mich wie eine zerquetschte Zitronewie im Maumlrchenwie geraumldert hellipldquo

7 Tipp Zur Steigerung der Selbstwahrnehmung versuchen Sie einmal moumlglichst viele Woumlrter zu finden die folgende Gefuumlhlszustaumlnde beschreiben koumlnnen Mit-leid Genuss Sympathie Kraumlnkung Eifersucht Enttaumluschung Unsicherheit

So koumlnnte jemand z B seinen Gefuumlhlszustand beschreiben wenn er sich aumlrgert bdquoMein Puls geht schneller das Blut schieszligt mir ins Gesicht mir wird heiszlig ich runzle die Stirn mein Kopf senkt sich leicht nach vorn und ich beiszlige die Zaumlhne zusammen meine Haumlnde umklammern die Stuhllehne und die Muskelspannung im ganzen Koumlrper erhoumlht sich mei-ne Stimme wird lauter und schneller Ich fuumlhle mich nicht akzeptiert und bin angriffslustig meine Gedanken uumlberschlagen sich ich nehme meine Umgebung nur noch schwach wahr meine Aufmerksamkeit konzentriert sich ganz auf mein Gegenuumlber hellipldquo

Selbstmanagement ndash Der Umgang mit den eigenen GefuumlhlenMit seinen Gefuumlhlen umgehen zu koumlnnen heiszligt nicht diese zu unterdruumlcken Der Situa-tion angemessen zu reagieren bedeutet dass man seine stoumlrenden Gefuumlhle unter Kontrolle behaumllt und sich trotzdem offen ehrlich integer und vertrauenswuumlrdig zeigt

Eine Fuumlhrungskraft die nach der Praumlsentation einer zusammengepfuschten Analyse ihrer Mitarbeiter nach bedruumlckendem Schweigen mit der Faust auf den Tisch haut auf-springt die Gruppe anschreit und den Raum verlaumlsst bietet mit dieser Reaktion ihren Mitarbeitern Spielraum fuumlr Interpretationen Eine Fuumlhrungskraft die ihre Gefuumlhle unter Kontrolle hat geht anderes vor Mit sorgfaumlltig abgewogenen Worten druumlckt sie aus dass die Leistung des Teams schlecht war ohne dabei jedoch vorschnell Schuldzuweisungen zu machen Sie haumllt erstmal inne und fragt sich nach den Ursachen des Scheiterns

37163 Die Transfer-Phase

Emotionale SelbstkontrolleMenschen mit dieser Kompetenz kommen mit ihren impulsiven Gefuumlhlen gut zurecht und bleiben auch in kritischen Situationen gelassen positiv und unerschuumltterlich Sie behalten unter Druck einen klaren Verstand und lassen sich nicht irritieren

Bei dem Umgang mit den eigenen Gefuumlhlen geht es darum dass man sich selbst beru-higen kann und Angst Schwermut und Gereiztheit abschuumltteln kann Menschen die dies koumlnnen erholen sich viel schneller von Ruumlckschlaumlgen und Aufregungen sei es im beruf-lichen oder auch im privaten Bereich Sie sind in der Lage ihre Gefuumlhle zu kontrollieren und der Situation angemessen einzubringen

Die Hirnforschung hat in den vergangenen Jahren entschluumlsselt welcher Prozess in Gang kommt wenn sich Gefuumlhle Bahnen brechen An einem Beispiel laumlsst sich dies ver-deutlichen

bull Etwas erregt unsere Aufmerksamkeit Waumlhrend wir im Stadtverkehr uumlberholen betaumltigt ein Autofahrer hinter uns seine Lichthupe

bull Kaum haben unsere Sinnesorgane wahrgenommen was geschieht fangen wir an die Situation zu bewerten bdquoSo ein Idiot Mache ich etwas falsch Bin ich zu langsam Der will mich hier weghaben Dem gehoumlrt wohl die ganze Straszligeldquo

bull Diese Gedanken loumlsen chemische Reaktionen im Gehirn aus Es werden Hormone und Botenstoffe ausgeschuumlttet

bull Diese chemischen Stoffe rufen Gefuumlhle hervor Wir empfinden die Situation Wir fuumlh-len uns bedraumlngt und genoumltigt

bull Die aufgetretenen Gefuumlhle rufen wieder Gedanken hervor die zu weiteren Reaktionen fuumlhren bdquoSo ein Draumlngler Na warte dir zeig ichrsquosldquo

bull Daraus entstehen weitere Empfindungen Waren wir anfangs nur gereizt spuumlren wir ploumltzlich Erregung sind empoumlrt oder geraten in Wut Wenn wir uns jetzt nicht stoppen geraten unsere Gefuumlhle auszliger Kontrolle Rachegeluumlste machen sich breit

Diese Art von Kettenreaktionen im hormonellen Kreislauf spielen sich in Sekundenschnel-le ab Bei der Faumlhigkeit der emotionalen Selbstkontrolle geht es darum zu lernen unsere Gedanken uumlber eine Situation in den Griff zu bekommen Keiner kann uns zwingen un-angenehme Gedanken zu hegen Wenn jemand jedoch sagt bdquoImmer wenn ich daran denke koumlnnte ich platzenldquo haumllt er damit schon seinen Aumlrger am koumlcheln Genauso gut koumlnnte er sich auch entscheiden an etwas anderes zu denken Das Denken bestimmt die Beziehun-gen zu anderen Menschen den beruflichen Erfolg und das Selbstvertrauen ndash kurz unsere Gedanken entscheiden ob wir gluumlcklich oder ungluumlcklich sind

bull Vertrauenswuumlrdigkeit und Gewissenhaftigkeit Menschen mit dieser Kompetenz handeln ethisch und verhalten sich vorbildlich sie bilden Vertrauen durch ihre Zu-verlaumlssigkeit und Ehrlichkeit und raumlumen eigene Fehler ein und wenden sich gegen unethisches Handeln bei anderen

372 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Anpassungsfaumlhigkeit Menschen mit dieser Kompetenz koumlnnen sich in ihren Reaktio-nen und Taktiken geschickt auf vielfaumlltige Anforderungen veraumlnderte Prioritaumlten und raschen Wandel einstellen

bull Zielstrebigkeit Menschen mit dieser Kompetenz sind ergebnisorientiert und haben einen starken Drang ihren Zielen und Maszligstaumlben gerecht zu werden

bull Initiative Menschen mit dieser Kompetenz richten sich beim Treffen von Entschei-dungen und der Abklaumlrung von Optionen an den zentralen Werten der Gruppe aus und suchen von sich aus nach Moumlglichkeiten um den Auftrag der Gruppe zu erfuumlllen

bull Optimismus Menschen mit dieser Kompetenz streben trotz Hindernissen und Ruumlck-schlaumlgen beharrlich ihre Ziele an und gehen von Erfolgserwartung und nicht von Ver-sagensangst aus Sie sehen Ruumlckschlaumlge als Folge von beeinflussbaren Umstaumlnden und nicht als persoumlnlichen Makel

Fuumlhrungspersoumlnlichkeiten die auch unter Druck optimistisch bleiben koumlnnen schaffen in-folge ihrer bestaumlndigen positiven Ausstrahlung Harmonie im Team Durch die Kontrolle der eigenen Gefuumlhle koumlnnen Fuumlhrungskraumlfte eine Umgebung schaffen die von Vertrauen und Fairness gepraumlgt ist Wenn der Chef ruhig und besonnen agiert werden die Mitarbei-ter versuchen ebenfalls in dieser Art und Weise zu handeln Dies setzt naumlmlich Akzeptanz des Managers und seitens des Teams voraus Selbstmanagement kann also eine bdquoTop-down-Wirkungldquo innerhalb eines Unternehmens haben

Bei jemandem der unter Druck geraumlt wenn er z B auf dem Weg zu einem wichtigen Termin in einen Stau kommt liegt es nahe dass er anfaumlngt nervoumls zu werden Doch statt aufs Lenkrad zu trommeln verzweifelt daran zu denken welche wichtigen Termine jetzt zu platzen drohen und das Inferno eines Weltuntergangs am Horizont heraufdaumlmmern zu se-hen koumlnnen wir die Moumlglichkeit eines Perspektivenwechsels nutzen indem wir uns fragen

bull Welchen Nutzen bringt mir diese Situationbull Welche bislang unentdeckten Chancen kann ich jetzt wahrnehmenbull Was kann ich daraus lernen

Die meisten Menschen neigen in widrigen Situationen eher dazu aus der Haut zu fahren als dem Geschehen eine positive Wendung zu geben Doch wer mit seinen Gefuumlhlen um-gehen kann schafft es in kritischen Situationen Abstand von seinen Befuumlrchtungen zu nehmen und stattdessen zu entdecken dass sich diese Zeit auch konstruktiv nutzen laumlsst Beispielsweise koumlnnen Sie den Stau dazu nutzen um

bull sich auf den bevorstehenden Termin zu konzentrierenbull eine Entspannungsuumlbung durchzufuumlhrenbull wichtige Argumente zu wiederholen oder uumlber die Absichten Ihres Gespraumlchspartners

nachzudenkenbull festzustellen dass die Zeitplanung zu knapp war und in Zukunft ein Stau beruumlcksichtigt

werden muss

37363 Die Transfer-Phase

Waumlhrend der gestresste Zeitgenosse dann am Stauende versucht durch uumlberhoumlhte Ge-schwindigkeit und riskante Uumlberholmanoumlver die fehlende Zeit wieder hereinzuholen stoppt der emotional intelligente an der naumlchsten Raststaumltte und informiert seinen Ge-spraumlchspartner uumlber die Verzoumlgerung und pruumlft ob der Termin verschoben werden kann

Tipps zur Verbesserung des SelbstmanagementsPhase 1 Ist-Zustand ndash machen Sie eine Bilanz des derzeitigen Standes

bull Wie fuumlhle ich mich im Moment Was macht mich zufrieden oder unzufriedenbull Wie viel Zeit und Energie habe ich geradebull Was ist die Aufgabe Was muss ich tun

Phase 2 Wunsch-Zustand ndash Stellen Sie sich das ideale Ergebnis vor

bull Malen Sie sich in Bildern und Worten aus was Ihr Traumergebnis waumlrebull Vergessen Sie alle Objektivitaumlt und zaumlhlen Sie all Ihre Begabungen und Faumlhigkeiten

auf Bescheidenheit ist im Moment nicht gefragt Druumlcken Sie ganz energisch aus was Sie haben wollen

Phase 3 Soll-Zustand ndash definieren Sie das Ziel

bull Wie soll das Ergebnis realistischerweise aussehenbull Was kann den Spaszlig an dieser Aufgabe foumlrdernbull Woran erkenne ich dass ich mein Ziel erreicht habe

Social Awareness ndash Die Gefuumlhle der anderen besser verstehenIm Fokus dieser Dimension emotionaler Intelligenz ist die Empathie Die Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung Je besser und differenzierter ich mich wahrnehme umso besser kann ich auch die Gefuumlhle anderer deuten

Das deutsche Wort fuumlr Empathie ist bdquoEinfuumlhlungsvermoumlgenldquo und wird vom Duden als bdquoDie Bereitschaft und Faumlhigkeit sich in die Einstellung anderer Menschen einzufuumlhlenldquo definiert Ist Empathie nun die Faumlhigkeit des Fuumlhlens oder des Denkens Wir sagen so-wohl bdquosich in jemanden hineinfuumlhlenldquo als auch bdquosich in jemanden hineindenkenldquo Wer aber das Fuumlhlen im Wort bdquoEinfuumlhlungsvermoumlgenldquo zu sehr betont laumluft Gefahr die eigenen Gefuumlhle auf die der anderen zu uumlbertragen oder sich zu sehr mit den Gefuumlhlen der anderen zu identifizieren Wer sich umgekehrt nur mit dem Verstand in einen anderen hineinver-setzt analysiert ihn und bleibt gefuumlhlsmaumlszligig auf Abstand Zum Einfuumlhlungsvermoumlgen ge-houmlrt also beides Sie erfassen die Situation des anderen seine Rahmenbedingungen und Einzigartigkeit und erkennen wie ihm gerade zumute ist Sie bleiben dabei aber auf Dis-tanz damit sie sich nicht in der Situation des anderen verlieren und zwischen den eigenen und den Gefuumlhlen der anderen unterscheiden koumlnnen

Empathie bedeutet fuumlr Fuumlhrungskraumlfte also nicht sich stets mit den Gefuumlhlen anderer zu identifizieren oder alle Mitarbeiter zufriedenstellen zu wollen Die Einbeziehung der

374 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Gefuumlhle anderer ist vielmehr das was bei der Suche nach vernuumlnftigen Entscheidungen zu beruumlcksichtigen ist Fuumlhrungspersoumlnlichkeiten mit geringer Empathie neigen dazu Ent-scheidungen zu treffen die Dissonanzen im Team verursachen koumlnnen

Zur Empathie gehoumlrt den anderen zu verstehen und dem anderen richtig zu zuhoumlren Aktives Zuhoumlren bedeutet nicht schweigend dabei zu sitzen waumlhrend der andere erzaumlhlt sondern sich aktiv am Gespraumlch zu beteiligen Es bedeutet darauf zu achten was der an-dere sagt und wie er es sagt Um ihm zu zeigen dass sie wirklich bei ihm sind koumlnnen sie dann in eigene Worte fassen was gefuumlhlsmaumlszligig mitschwingt Sie houmlren also nicht nur auf das Gesagte sondern nehmen die ganze Person wahr indem Sie die Gefuumlhle des anderen ansprechen in eigene Worte zusammenfassen was Sie beim Gespraumlchspartner zu spuumlren glauben

Genauso wie Sie auf Ihre Gefuumlhle einwirken koumlnnen koumlnnen Sie auch auf die Gefuumlhle Ihres Gespraumlchspartners einwirken Wenn Sie sich in den anderen einfuumlhlen koumlnnen Sie beschreiben welche Empfindungen Sie bei ihm wahrnehmen oder vermuten Dadurch erreichen Sie dass ihm seine Gefuumlhle bewusst werden dass er sie erkennt und gegebenen-falls aumlndern kann

Waumlhrend sich das denkende Hirn durch Worte ausdruumlckt ist die Sprache der Emotio-nen nonverbal Spuumlren was andere empfinden ohne dass sie es sagen ist das Wesen der Empathie Wenn die Worte eines Menschen nicht mit dem Klang seiner Stimme seiner Koumlrperhaltung oder anderen nonverbalen Aumluszligerungen uumlbereinstimmen liegt die emotio-nale Wahrheit in dem wie er es sagt und nicht in dem was er sagt ndash bdquoDer Ton macht die Musikldquo

Empathische Manager koumlnnen gut zuhoumlren und verstehen es zwischen den Zeilen zu lesen Wer dieses Empfinden nicht besitzt und kein Gespuumlr fuumlr emotionale Zwischentoumlne hat dem kann es passieren dass er in peinliche Situationen geraumlt weil er Gefuumlhle miss-deutet

bull Organizational Awareness Menschen mit dieser Kompetenz schaumltzen wichtige Machtbeziehungen richtig ein und erkennen bedeutsame soziale Beziehungsgeflechte In jeder Organisation gibt es ein Geflecht von Beziehungen und Einfluumlssen Manche ahnen nichts von dieser Welt waumlhrend andere sie voll auf dem Bildschirm haben Um die Tendenzen erfassen zu koumlnnen von denen die wirklichen Entscheidungstraumlger sich leiten lassen muss man sein Einfuumlhlungsvermoumlgen nicht nur auf der zwischenmensch-lichen Ebene sondern auch auf der Ebene der Organisation spielen lassen

bull Service Menschen mit dieser Kompetenz verstehen die Beduumlrfnisse der Kunden und Geschaumlftspartner und bemuumlhen sich die Zufriedenheit und Loyalitaumlt dieser zu steigern

Relationship-Management ndash den Emotionen der anderen mit Intelligenz begegnenDie Faumlhigkeit andere zu verstehen und ihnen dies auch mitteilen zu koumlnnen kann auch dazu genutzt werden aktiv auf die Gefuumlhle seiner Gespraumlchspartner einzuwirken Erst wenn man mit den Empfindungen anderer umgehen kann ist man in der Lage private und berufliche Beziehungen ganz bewusst zu gestalten

37563 Die Transfer-Phase

Die Kunst befriedigende Beziehungen zu anderen zu unterhalten liegt zum groszligen Teil in der Kunst mit ihren Emotionen umgehen zu koumlnnen Wir haben im Umgang mit anderen Menschen unterschiedliche Beziehungen mit unterschiedlichen Aufgaben In einer Paarbeziehung ist partnerschaftliches Verhalten erwuumlnscht in der Erziehung von Kindern eher Lenkung Im Beruf verlangt man Teamfaumlhigkeit oder Fuumlhrungsqualitaumlt von Ihnen und im Alltag mit anderen Menschen einfach Houmlflichkeit

bull Inspirative Fuumlhrung Menschen mit dieser Kompetenz artikulieren und wecken En-thusiasmus fuumlr eine gemeinsame Vision und Aufgabe Sie treten ungeachtet ihrer Posi-tion vor um die Fuumlhrung zu uumlbernehmen

bull Einfluss Menschen mit dieser Kompetenz verstehen sich darauf andere fuumlr sich zu gewinnen und gestalten z B ihre Vortraumlge so dass sie den Houmlrer mitreiszligen

bull Die Entwicklung anderer voranbringen Menschen mit dieser Kompetenz anerken-nen und belohnen die Staumlrken und Leistungen anderer und liefern hilfreiches Feedback

bull Katalysator des Wandels sein Menschen mit dieser Kompetenz erkennen die Not-wendigkeit des Wandels stellen den Status quo infrage treten fuumlr Wandel ein und ge-winnen andere dafuumlr

bull Konfliktmanagement Menschen mit dieser Kompetenz gehen mit schwierigen Men-schen und kritischen Situationen auf diplomatische und taktvolle Weise um Sie spre-chen Meinungsverschiedenheiten offen an und tragen zur Deeskalation bei Sie fuumlhren Loumlsungen herbei bei denen beide Seiten gewinnen

bull Kollaboration Menschen mit dieser Kompetenz behalten neben ihrer Aufgabe auch die Beziehungen im Auge Sie kooperieren und beziehen andere in ihre Plaumlne und In-formationen ein Sie foumlrdern ein freundliches kooperatives Klima und zeigen vorbild-haft Teamqualitaumlten wie Respekt und Hilfsbereitschaft

63324 Meetings effektiv durchfuumlhrenKernstuumlck von erfolgreichen Operational-Excellence-Initiativen sind stringente Projekt-Meetings oder Workshops Entscheidend ist dabei nicht nur die Leistung des Projektleiters und der Teammitglieder waumlhrend der tatsaumlchlichen Anwesenheit aller Beteiligten son-dern besonders die Vorbereitungszeit (50 ) und die Nachbearbeitung (30 ) nehmen viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch Der Zeitaufwand des eigentlichen Meetings oder Workshops beansprucht mit rund 20 den geringsten Zeitanteil Um diese drei Kom-ponenten eines Meetings zu bedienen muss sich der Projektleiter die folgenden Fragen stellen Was ist das Ziel des Meetings Was habe ich zu erwarten Wie habe ich mich dementsprechend darauf vorzubereiten

7 Tipp Benutzen Sie zur sorgfaumlltigen Vorbereitung eine Checkliste die Sie an den Anforderungen des jeweiligen Projektes ausrichten koumlnnen Als Denkan-stoszlig dient Abb 638

376 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Besonders wichtig sind die Dokumentation der Ergebnisse und die anschlieszligende Kom-munikation an alle Beteiligten Man unterschaumltzt wie haumlufig man bei spaumlteren kontrover-sen Diskussionen auf bereits Vereinbartes zuruumlckgreifen wird Abbildung 639 stellt eine Darstellungsvariante fuumlr die Zusammenfassung eines Meetings vor Abbildung 640 bildet eine Vorlage fuumlr einen Statusreport (z B an den Lenkungsausschuss) ab

Meeting-Zweck bekannt Themen definiert Jeder verfuumlgt uumlber dengleichen Informationsstand Agenda strukturiert

1 Inhalt

A PREPARATION

ungestoumlrter Konferenzraum Telefonkonferenz moumlglich Diktiergeraumlt Tischordnung angepasst zusaumltzliche IT-Ausstattung

3 Ausstattung

Teilnehmer definiert Entscheidungstraumlger zugesagt entsprechende Raumlumlichkeit Datum vereinbart Moderator bestimmt Protokollverantwortlicher

2 Teilnehmer

gVersorgung organisiert Namenskarten vorbereitet

FlipchartStifte Brown PaperKarten etc Overhead-Projektor OHP Folien

Praumlsentation

Teilnehmer mit Beitrag Einladung versandt mit

Ort DatumZeit Agenda Inhalt ZeitplanPausen

Dokumente verschickt

VideorecorderMonitor Beamer PC mit Bildschirm Equipment funktioniert Back-up Equipment vorhanden

Begruumlszligungspraumlsent Vorstellung der Teilnehmer Agenda vorstellen

B PERFORMANCE

Ergebnisse zusammengetragen Ergebnisprotokoll erstelltund an alle relevanten Parteien

C WRAP UP

Zeitplan einhalten Diskussionen ermoumlglicht Evaluation der Ergebnisse

Stimmung Zusammenarbeit Benefit

Meeting sauber beendet naumlchsten Schritte vereinbart

kommuniziert

Abb 638 Checkliste zur effektiven Durchfuumlhrung von Meetings

37763 Die Transfer-Phase

Abb 639 Zusammenfassung eines Meetings

378 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

634 Benefit

Die Taumltigkeiten die fuumlr das letzte Modul in der Transfer-Phase anfallen sind uumlberschau-bar Hier gilt das gleiche wie fuumlr das Modul Strategy Besonders umfangreich sind die Analyse- und Sustain-Phase Die zuvor definierten und geschaumltzten Kennzahlen werden waumlhrend der Umsetzungsphase der Operational-Excellence-Projekte zwar uumlberwacht aber ein aussagekraumlftiger Schlussstrich in Bezug auf die Entwicklung der gesamten Initia-

Projekt Management Keys Erledigt

Umfang

Projekt Zeitplan

Team (Ressourcen)

Datum Freitag 17122013

Stakeholders

XXXXXXXXX

Kommentar

Projekt definiert und Zeitplan erstelltTeam Governance und Mitglieder definiertRelevante Geschaumlftsprozesse fuumlr Pilotprojekt identifiziertKick-off Meeting geplant

Ergebnisse der letzten zwei Wochen

relevante Prozessdaten sammeln und Ablaumlufe modellierenVorbereitung der Interviewphase im Geschaumlftsbereich Einkauf

Plaumlne fuumlr die naumlchste Woche

Erreichte Meilensteine Anstehende Meilensteine

Projektdefinition abgestimmt

XXX

Risiken

Team vollstaumlndig besetzt

XXX

Counter measures

In Arbeit Offen

Abb 640 Vorlage fuumlr einen Statusreport

37963 Die Transfer-Phase

tive wird erst in der naumlchsten Phase gezogen Die Uumlberwachung eines einzelnen Projekt-verlaufs wird in Form eines Project Reviews durchgefuumlhrt (Wo steht das Projekt Gibt es Risiken oder Handlungsbedarfe die zeitnah zu beruumlcksichtigen sind) Abbildung 641 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

6341 Project Review ndash Sechs Schluumlssel zum ErfolgMithilfe dieses Tools wird in objektiver Weise der Zwischenstand der Operational-Excel-lence-Initiativ uumlberpruumlft indem in den einzelnen Operational-Excellence-Projekten Risi-kopotenziale aufgezeigt und Handlungsbedarfe formuliert werden Reviews sind kein Kos-tenfaktor sondern die wertvolle Gelegenheit den Projekterfolg fruumlhzeitig zu sichern Das Review durch Dritte stellt immer die Chance dar eine bdquoinitiativenfremdeldquo Sicht auf den Status quo zu erhalten Als sinnvollen Review-Ablauf schlagen wir den Folgenden vor

1 Vorbereitungminus Planung des Reviews und Kommunikation an die Beteiligtenminus Bereitstellung der relevanten Informationen und Daten

2 Analyseminus Analyse der Erfolgskennzahlen hinsichtlich des Projektportfoliosminus Interview mit einer angemessen Anzahl an Projektbeteiligten

Abb 641 Roadmap Benefit

380 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Bewertung und Risikoeinschaumltzungminus Bewertung der Schluumlsselfaktoren von erfolgreichen Initiativen (vgl Abb 642)minus Identifikation der daraus abgeleiteten Risikopotenziale

4 Planung anschlieszligender Aktivitaumltenminus Erarbeitung von praumlventiven Maszlignahmenminus Erarbeitung von korrektiven Maszlignahmen

5 Praumlsentationminus Praumlsentation der Review-Ergebnisseminus Umsetzung der Maszlignahmen im Initiativen- bzw Projektteam

Erfolgreiche Initiativen und Projekte zeichnen sich dadurch aus dass zu jedem Zeitpunkt der Status transparent ist und erforderliche Entscheidungen und Maszlignahmen getroffen und eingeleitet werden (Gruumln kein Handlungsbedarf Gelb baldiger Handlungsbedarf Rot sofortiger Handlungsbedarf) Nur so koumlnnen Abweichungen von der Initiativenpla-nung vermieden und Ziele erreicht werden

Ein Status-Review mithilfe der 6 Schluumlssel zum Erfolg schafft Transparenz zeigt den Status in finanzieller und qualitativer Hinsicht Risiken und Handlungsbedarfe auf schlaumlgt Maszlignahmen zur Risikovermeidung vor und dient dazu das Management der Initiative und des damit einhergehenden Projektportfolios kontinuierlich zu verbessern Projekte zeich-nen sich durch ihre Einmaligkeit aus Ein Review durch einen erfahrenen Projektmanager bietet eine hervorragende Moumlglichkeit zum Erfahrungsaustausch und Lernen Ferner wer-den Verzoumlgerungen und Projektabbruumlche vermieden da Missstaumlnde fruumlher aufgedeckt wer-den Die Kosten werden dadurch erheblich gesenkt Besonders wichtig ist die Beachtung von divergierenden Projekt- und Geschaumlftszielen Die 6 Schluumlssel zum Erfolg erkennen

Abb 642 Schluumlsselfaktoren von erfolgreichen Initiativen

38163 Die Transfer-Phase

veraumlnderte Rahmenbedingungen und behalten so die Ergebnisorientierung der Initiative aber auch die Leistungsfaumlhigkeit des zu untersuchenden Teams im Blick Letztendlich wer-den so auch Fehler oder unguumlnstige Entscheidungen durch die Leitung der Initiative aufge-deckt Projektreviews erlauben die Bewertung eines Projekts durch eine bdquoneutraleldquo Instanz ndash naumlmlich einen externen Berater Die Ergebnisse schaffen die Grundlage fuumlr Entschei-dungen auf allen Ebenen angefangen vom Projektmanager bis zum Sponsor der Initiative

Der Nutzen und Erfolg von einem Status-Review haumlngen wesentlich von den folgen-den zehn Faktoren ab

1 Nur erfahrene Projektmanager koumlnnen aussagekraumlftige Reviews durchfuumlhren2 Sensibilitaumlt fuumlr die aktuelle Projektsituation und das Umfeld ist notwendig3 Ergebnisse aus Reviews sind die Wahrnehmung und Erkenntnis auszligenstehender Perso-

nen ndash diese sollten nicht als persoumlnliche Kritik verstanden werden4 Rechtzeitiges Ansprechen von Problemen und Risiken reduziert Kosten5 Einfach zu bedienende und leicht verstaumlndliche Projekt-Programm-Management-Re-

view Tools und Reports zur Unterstuumltzung aller Beteiligten6 Reviewer sind auf den Zugang zu allen Unterlagen angewiesen 7 Offene Gespraumlche mit Projektmitarbeitern muumlssen in einer bdquosicheren Umgebungldquo

moumlglich sein 8 Die Autoritaumlt des Reviewers ist notwendig damit die Ergebnisse akzeptiert werden ndash

auch wenn es unangenehm wird 9 Realisierbarkeit der Maszlignahmen zur Bereinigung eines Projektschiefstandes und der

Wille zur Umsetzung muumlssen im Team gegeben sein10 Vorgeschlagene Maszlignahmen muumlssen in das bestehende Initiativen- bzw Projektma-

nagement integriert werden

7 Tipp Es wird wohl kaum ein Projekt geben bei dem alle sechs Erfolgsfaktoren immer auf bdquoGruumlnldquo stehen In erfolgreichen Projekten wird allerdings ein gelbes oder rotes Ampelsignal immer nur fuumlr kurze Zeit auftauchen um dann durch entsprechende Maszlignahmen behandelt zu werden Nutzen Sie als Leiter einer Initiative eine laumlngerfristige Betrachtung um Aufschluss uumlber die Manage-mentqualitaumlten Ihrer jeweiligen Projektleiter zu bekommen

Wenden Sie als Leitung der Initiative die Struktur der 6 Schluumlssel zum Erfolg als Agenda fuumlr wichtige Status-Meetings oder als Reporting-Vorlage Ihrer Projektleiter an

635 Tipps und Tricks

Sorgen Sie dafuumlr dass weder die Projektarbeit noch das Alltagsgeschaumlft vernachlaumls-sigt werden Natuumlrlich wird die Umsetzung zahlreicher Projekte im Rahmen einer Ope-rational-Excellence-Initiative uumlberdurchschnittlich viele Ressourcen in der Organisation binden Aus diesem Grund wurden im Rahmen der kritischen Erfolgsfaktoren in Kap 4

382 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

besonders die Konsolidierung bereits laufender Initiativen oder Projekte und die Priorisie-rung der Operational-Excellence-Initiative hervorgehoben Im Anschluss sind moumlgliche Widerstaumlnde und fehlende Motivation nicht misszuverstehen denn wenn die Mitarbei-ter mit Projektverbindlichkeiten (Teilnahme an Workshops Bearbeitung von Aufgaben und Schulungen) uumlberlastet sind fuumlhrt dies zu aumlhnlichen Symptomen Wenn es zu einem solchen Ressourcenproblem kommen sollte also dass nicht genuumlgend Projektmitglieder in Workshops anwesend sind und wenn die verteilten Aufgaben an Prioritaumlt gegenuumlber dem Druck aus dem Alltagsgeschaumlft verlieren dann gilt es sich auf das Wesentliche zu fokussieren Verkuumlrzen Sie die geplante Projektdauer fuumlhren Sie Crash-Kurse als Alter-native von umfangreichen Schulungen durch und steigern Sie die Abwechslung in der Projektarbeit Scheuen Sie zusaumltzlich nicht davor das Projektportfolio anzupassen Die Mitarbeiter bevorzugen ehrliche Worte bdquoWir muumlssen uns momentan auf andere Themen konzentrieren und sind gezwungen das Projekt erst einmal ruhen zu lassen Die Initiati-venleitung moumlchte keine halben Sachenldquo Alles andere waumlre unter den zuvor geschilderten extremen Bedingungen ein Tropfen auf den heiszligen Stein bdquoWir wissen dass momentan alles ein bisschen viel ist Aber reiszligen Sie sich zusammen Das Projekt ist von enormer Bedeutung fuumlr die Initiativeldquo Dass das Projekt zu einem bdquoWelthunger-Projektldquo verkommt ist hiermit garantiert Wichtig ist also dass die Projektleiter bzw die Initiativenleitung einen gewissen Puffer in ihre Planung einbauen was die Kapazitaumlten angeht Besonders wichtig ist es in diesem Kontext schnelle Erfolge zu erzielen und moumlglicherweise fehlen-de interne Ressourcen mit externen Kapazitaumlten zu kompensieren

Erarbeiten Sie schnelle Erfolgserlebnisse (Quick Wins) und kommunizieren (fei-ern) Sie diese entsprechend bdquoQuick Winsldquo haben vielfaumlltige Vorteile Sie erhoumlhen die Akzeptanz des Projektes in einer der kritischsten Phasen (ganz am Anfang) und sie sparen Kraft und Kosten weil die Initiative schneller ins Rollen kommt Diesen psychologischen und betriebswirtschaftlichen Benefit gilt es aktiv zu suchen bdquoQuick Winsldquo ermutigen und uumlberzeugen Wichtig ist dabei dass die Projekte konsequent durchgefuumlhrt werden damit ein Quick Win nicht zu einem Groszligprojekt wird Der pragmatische Ansatz muss im Vor-dergrund stehen

Anschlieszligend ist die Kommunikation dieser Erfolge von enormer Bedeutung Wollen Sie sich noch leblose Newsletter durchlesen worin gebetsmuumlhlenartig die erreichten Er-gebnisse aufgezaumlhlt werden Lassen Sie Ihre Kommunikation an Farbe gewinnen Erstel-len Sie eine Videobotschaft mit dem gesamten Team fuumlgen Sie dem Newsletter zumindest ein Gewinnspiel bei oder laden Sie zu Kaffee und Kuchen in Ihren Projektraum ein der mit den Ergebnissen auf Flipcharts und Swim-Lanes auf Metaplanwaumlnden bdquodekoriertldquo ist Ausschlaggebend kann auch eine Feier des bisher Erreichten im richtigen Moment sein Dies entspraumlche eher einer auf Mund-zu-Mund-Kommunikation basierenden Verbreitung der ersten Erfolge durch das Team Wie an vielen anderen Stellen lohnt es sich in dieser Situation kreativ zu sein Ein gemeinsames Abendessen im Standardrestaurant ist nett aber wenn alle Beteiligten nur daruumlber nachdenken wie lange sie anstandshalber bleiben muumlssen ist es auch nicht mehr als das Sie werden unter normalen Umstaumlnden nur schwer

38363 Die Transfer-Phase

etwas organisieren koumlnnen was noch nie jemand erlebt hat ob in dem Event jedoch Herz-blut steckt oder nicht ist entscheidend und bemerken die Mitarbeiter sehr wohl Besuchen Sie abhaumlngig von den Beteiligten ein Sport- Musik- oder Kulturereignis in Ihrer Naumlhe kopieren Sie das VOX-Konzept des bdquoperfekten Promi Dinnersldquo8 oder machen Sie eine Schiffsfahrt mit anschlieszligender Weinprobe

Ermitteln Sie den Bedarf an externer Beratungsleistung und nutzen Sie die Pers-pektive eines nicht betriebsblinden Partners Fuumlr viele Unternehmen wird es im Zuge einer Operational-Excellence-Initiative unausweichlich sein auf externe Unterstuumltzung zuruumlckzugreifen In dieser notwendigen Unterstuumltzung durch eine Berufsgruppe die nicht immer ndash und das zu Recht ndash beliebt ist liegt jedoch groszliges Potenzial Die seltenen Be-ratungsgesellschaften die nicht nur mit vorgefertigten Konzepten und Tools aufschlagen sondern ihren Auftrag als Sparringspartnerschaft und Perspektivenwechsel verstehen koumlnnen ein entscheidender Vorteil bei groszligen Veraumlnderungsinitiativen sein Sie kompen-sieren die eventuelle Kompetenzluumlcke sie staumlrken die notwendigen personellen Kapazi-taumlten sie gehen mit neuer Energie an die bevorstehende Herausforderung sie erarbeiten weitestgehend frei von eigenen Interessen an Loumlsungen und sie garantieren den neuesten Wissensstand im Projektmanagement Insbesondere bei hier relevanten strategischen In-itiativen die zu radikalen Veraumlnderungen fuumlhren koumlnnen ist die gezielt eingesetzte Rolle des Beraters wertvoll So koumlnnen Sie einen anderen Hebel bei der Kommunikation hin-sichtlich der Dringlichkeit von Veraumlnderungen nutzen indem Sie den Berater besonders schlechte Nachrichten erarbeiten bzw mitteilen lassen (Ohne in erster Linie darauf fixiert zu sein unbequeme Themen zu delegieren denn letztendlich ist und bleibt das Chefsa-che) Die bereits angesprochene Dramaturgie zur Uumlberzeugung der Belegschaft von der Vision des Wandels gewinnt so einen weiteren Baustein Zu beachten ist aber dass die Arbeit des Beraters die Mitarbeiter der Organisation nicht entmuumlndigen darf Damit Sie also ein wirkungsvolles und auf Ihre Beduumlrfnisse ausgerichtetes Beraterteam bekommen und Sie Ihren Mitarbeitern nicht das Gefuumlhl vermitteln unfaumlhig zu sein sollten Sie zum einen nicht fuumlr jedes Problem auf externe Unterstuumltzung zuruumlckgreifen und zum anderen das externe Team vorher kennenlernen Es reicht nicht aus nur den Partner der Beratungs-gesellschaft der moumlglicherweise einmal die Woche vor Ort ist zu sprechen Achten Sie auf die Fertigkeiten der Ihnen angebotenen Berater Die richtige Person verfuumlgt uumlber Er-fahrungen im Hinblick auf die spezielle Herausforderung die Sie angehen wollen Wenn Ihnen Ihr Geschaumlft also Ihre Mitarbeiter lieb sind setzen Sie auf sowohl in Operational Excellence als auch Change Management fachlich und methodisch versierte Begleiter die Ihnen sympathisch sind

8 Ein Gastgeber einer Gruppe laumldt zu einem exakt drei Gaumlnge umfassenden Menuuml ein welches vor der Kamera zubereitet werden muss Im Anschluss bewerten die Gaumlste die Qualitaumlt des Essens und des Ambientes Dies hat jeder Teilnehmer zu bewaumlltigen bevor am Ende ein Sieger feststeht und eine Geldpraumlmie gewinnt Fuumlr den hier relevanten Kontext koumlnnte man Zweier- oder Dreierteams bilden die reihum das Projektteam bekochen Die Suche nach dem besten Koch im Team wird so zu einem geselligen Miteinander

384 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter nicht kurzfristig sondern langfristig Je houmlher das Gehalt desto besser die Arbeitsergebnisse Studien zeigen dass der Zusammenhang zwi-schen Kompensation Motivation und Leistung vielschichtiger ist Selbst wenn Mitarbeiter uumlber Ihr eigenes Gehalt bestimmen duumlrften waumlren sie mit ihrer Arbeit nicht gluumlcklicher Eine Meta-Analyse hat ergeben dass die Verlinkung zwischen Gehalt und Zufriedenheit sehr schwach ist Dieses Ergebnis welches 120 Jahre Forschung und 92 quantitative Stu-dien mit einem Datensatz uumlber 15000 Personen und 115 Korrelationskoeffizienten ausge-wertet hat ist fuumlr saumlmtliche Kulturkreise und Einkommensschichten guumlltig Engagement ist demnach nicht kaumluflich Es schlieszligt sich aber eine weitere Frage an Wirken monetaumlre Anreize gar demotivierend Tatsaumlchlich gibt es Studien die konsistente negative Effekte von Belohnungen ndash sei es Suumlszliges oder Geld ndash auf die intrinsische Motivation belegen Fuumlr jede Einheit Belohnung sinkt die intrinsische Motivation um 25 ndash das Gleichgewicht zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation wird demnach durch die belohnen-de Intervention gekippt Im Falle der Credit Suisse die ihren Lean Sigma Black Belts 1000 Schweizer Franken mehr zahlte reduziert sich die intrinsische Motivation gemaumlszlig der Forschung sogar um 36 weil das Individuum die Belohnung kalkulieren kann (Vgl Chamorro-Premuzic 2013)

Geld ist also kein Schluumlssel zum Erfolg Eine Studie aus dem Jahr 2010 betont dass wenn die grundlegenden Beduumlrfnisse des Menschen finanziell abgedeckt sind der Vorteil von einer houmlheren Bezahlung nachlaumlsst (vgl Judge et al 2010 Srivastava et al 2001) So korrelierte das houmlhere Einkommen mit positivem Wohlbefinden bis zu einem Jahressalaumlr von 75000 US-$ Arnold Schwarzenegger soll einmal gesagt haben bdquoGeld macht nicht gluumlcklich Ich besitze nun 50 Mio $ aber ich war genauso gluumlcklich als ich 48 Mio hatteldquo Doch wie motiviert ein Unternehmen nun seine Mitarbeiter zu besonderem Enga-gement im Rahmen einer Operational-Excellence-Initiative

Die Loumlsung ist genauso vielfaumlltig wie die Unterschiedlichkeiten die die beteiligten Mitarbeiter ausmachen Es lohnt bei jedem Mitarbeiter genauer hinzuschauen (Vgl Kah-nemann und Deaton 2010) Studien zeigen dass sich die Wertvorstellungen des Men-schen auf unterschiedliche Arten auswirken So ist das Erreichen von einem bestimmten Einkommen motiviert durch Machtstreben oder Narzissmus weniger befriedigend als ein Bestreben nach mehr Einkommen welches durch Sicherheit und die Unterstuumltzung der Familie motiviert ist Tomas Chamorro-Premuzic (2013) ein anerkannter Experte fuumlr Persoumlnlichkeitsprofile und Psychometrie empfiehlt deshalb bdquoVielleicht ist es an der Zeit Menschen nicht dafuumlr zu bezahlen was sie wissen oder tun Sondern so wie sie es wollenldquo Vorrausetzung dafuumlr ist dass Vorgesetzte mehr Zeit und Commitment fuumlr die Betreuung ihrer Mitarbeiter aufbringen Und genau dort ist der Knackpunkt Dieses Problem wurde unter dem kritischen Erfolgsfaktor bdquoMitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernldquo bereits in Kap 4 aufgegriffen Haumlufig fehlt es genau an der Pflege dieser Beziehung die sich da-durch ergebende Luumlcke in der Interaktion behindert das Engagement des Mitarbeiters Die Folge Wer den Mitarbeiter verliert verliert auch die Initiative Eine Studie von McKinsey (Dewhurst et al 2009) aus dem Sommer 2009 stellt heraus dass nichtmonetaumlren Anreizen wie das Lob des Vorgesetzten die Wertschaumltzung von Fuumlhrungskraumlften und die Moumlglich-

38563 Die Transfer-Phase

keit Projekte eigenstaumlndig voranzutreiben eine houmlhere Effektivitaumlt zugeschrieben wird als den klassischen Anreizen wie leistungsabhaumlngiger Bezahlung Steigerung des Grund-gehaltes und Entlohnung in Form von Aktien Unsinnigerweise wird in der Praxis jedoch genau auf die Steigerung des Gehaltes und der Bonuszahlungen vertraut

Als positives Beispiel wird ein globales Pharmaunternehmen hervorgehoben welches systematisch eruierte was die Mitarbeiter antreibt Die Befragung ergab dass in manchen Laumlndern der Fuumlhrungsstil des Topmanagements und in anderen Laumlndern die soziale Ver-antwortung des Einzelnen ausschlaggebend ist Daraufhin uumlberarbeite das Unternehmen die Metrik des Entlohnungssystem und integrierte neue Indikatoren und Gewichtungen die den jeweiligen Organisationen eher entgegenkommen als eine pauschalisierte Verguuml-tung Ein interessantes Detail zum Schluss In Zukunft soll von bdquoAnerkennungldquo und nicht mehr von bdquoVerguumltungldquo gesprochen werden

Fuumlr den Erfolg einer strategischen Initiative wie Operational Excellence gilt es also den Mitarbeitern Aufmerksamkeit zu schenken leistungsstarke Mitarbeiter zu befoumlrdern und so vielen wie moumlglich Verantwortung uumlber Projekte und Teilprojekte zu uumlberlassen

636 Value Based Leadership ndash mit Vertrauen den Erfolg steigern

Begriffe wie Geburtenruumlckgang demographischer Wandel Fach- und Fuumlhrungskraumlfte-mangel oder War for Talents sind in den vergangenen zehn Jahren immer haumlufiger auf-getaucht Sie beschreiben die sich wandelnde Altersstruktur in unserer Gesellschaft und die damit verbunden veraumlnderten Anforderungen an das Personalmanagement von Unter-nehmen

Die Unternehmen werden mit einem Arbeitsmarkt der begrenzten Ressourcen insbe-sondere der qualifizierten Fach- und Fuumlhrungskraumlfte konfrontiert Eine der wichtigsten unternehmerischen Fragen lautet deshalb Wie baue ich einen qualifizierten loyalen und motivierten Mitarbeiterstamm auf Um potenzielle Mitarbeiter zu gewinnen und die be-stehende Belegschaft zu begeistern muumlssen sich die Unternehmenslenker mit den Werten und Erwartungen der Fach- und Fuumlhrungskraumlfte auseinandersetzen

6361 Was zeichnet das Konzept bdquoWertebasierte Fuumlhrungldquo ausWertebasierte Unternehmensfuumlhrung richtet jegliches Handeln an den Werten der Or-ganisation aus Diese Werte definieren die individuelle Persoumlnlichkeit des Unterneh-mens In der heutigen Zeit der nahezu unendlichen Produktvielfalt ist Individualitaumlt ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor im Wettbewerb Ein Unternehmen kann sich nicht mehr ausschlieszliglich durch seine Produkte Vertriebswege oder IT-Infrastruk-tur differenzieren denn diese Faktoren sind leicht kopierbar Um einzigartig zu sein und einen wirklichen Mehrwert fuumlr die Kunden und Mitarbeiter darzustellen muumlssen die Merkmale der Firma uumlber materielle Dinge hinausgehen Eines der entscheiden-den Merkmale ist die Vertrauenswuumlrdigkeit der Organisation Werden die Werte in dem Unternehmen tatsaumlchlich gelebt so kommuniziert jedes Mitglied die Grundsaumltze einer

386 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

potenziellen Zusammenarbeit nach auszligen Dies vermittelt den Stakeholdern die Ver-bindlichkeit der Firma sodass eine solide und vertrauensvolle Grundlage fuumlr Geschaumlfts-beziehungen besteht

Vor dem Hintergrund der zahlreichen schwerwiegenden Unternehmensskandale des letzten Jahrzehnts waumlchst die Bedeutung des Wortes Vertrauen Die negativen Schlag-zeilen beispielsweise zu dem sozialen Skandal des Drogeriemarktes Schlecker (z B o V 2010) oder die wiederkehrend erschreckenden Berichte uumlber die Produktionsbedingungen in asiatischen Textilfabriken haben einen groszligen Teil des Vertrauens in das Verantwor-tungsbewusstsein der Unternehmen zerstoumlrt Eine Unternehmensfuumlhrung die auf Werten basiert wird genau dieser sozialen Verantwortung gerecht

Die Mitarbeiter sind die wichtigste Gruppe der Stakeholder im Hinblick auf die Be-deutung der Unternehmenswerte Sie muumlssen die Werte verstehen sie muumlssen spuumlren dass die Werte von der Geschaumlftsfuumlhrung und dem Management gelebt werden und sie muumlssen sich mit ihnen identifizieren koumlnnen So bilden sich langfristig motivierte Mit-arbeiter heraus

6362 Intrinsische und extrinsische MotivationEs stellt sich nun die Frage Wie motiviert man Mitarbeiter Ein immer noch sehr popu-laumlrer Ansatz ist die leistungsabhaumlngige Verguumltung Bei diesem System ist ein Teil des Ein-kommens flexibel Die Auszahlung dieses Teils ist an die Erreichung einer bestimmten Leistung geknuumlpft (Vgl Stock-Homburg 2008 S 333) Es wird versucht die Leistung des Mitarbeiters mithilfe von monetaumlren Anreizen zu steigern Die langfristige Wirkung der leistungsabhaumlngigen Verguumltung muss jedoch infrage gestellt werden Die Arten der Moti-vation der Mitarbeiter sind ein entscheidender Erklaumlrungsansatz fuumlr die fehlende Wirkung des Systems

Es wird unterschieden zwischen der extrinsischen und der intrinsischen Motivation Wenn ein Mensch extrinsisch motiviert ist so treibt nicht die Handlung selbst diese Person an sondern ist vielmehr bdquoMittel zum Zweckldquo Intrinsisch motivierte Menschen hingegen haben groszliges Interesse an der Taumltigkeit ihr Antrieb kommt von innen (Vgl Frey und Os-terloh 2002 S 24) Uumlbertragen auf die Arbeitswelt heiszligt das

bull Extrinsisch motivierte Mitarbeiter interessieren sich in erster Linie fuumlr die Houmlhe ihres Einkommens und ihren persoumlnlichen Status

bull Intrinsisch motivierte Mitarbeiter interessieren sich fuumlr die Inhalte ihrer Taumltigkeit und ihr Fokus liegt darin einen moumlglichst guten Job zu machen

Mitarbeiter die sich fuumlr ihren Job interessieren und sich mit ihrer Aufgabe identifizieren koumlnnen sind sehr wertvoll fuumlr das Unternehmen Diese Mitglieder der Organisation han-deln nach ihrem besten Wissen und Gewissen im Sinne des Unternehmens und zeigen durch ihren inneren Antrieb ein hohes Engagement Sie haben das Beduumlrfnis erfolgreich zu sein und Erfolg bedeutet fuumlr sie das Unternehmen nachhaltig voranzubringen Die Auf-gabe der Unternehmensfuumlhrung sollte es sein diese Menschen fuumlr sich zu begeistern und sie langfristig zu binden

38763 Die Transfer-Phase

Selbstverstaumlndlich muumlssen alle Arbeitnehmer eine angemessene Entlohnung fuumlr Ihre Arbeit erhalten Kritisch ist es jedoch wenn einzelne Aspekte der Taumltigkeit extra verguumltet werden Zum einen ziehen diese finanziellen Anreize extrinsisch motivierte Menschen an und somit werden die falschen Mitarbeiter geworben (Vgl Sprenger 2002 S 95) Zum anderen findet eine Verschiebung von der Ganzheitlichkeit der Taumltigkeit auf die quanti-fizierbaren Faktoren statt Dies bedeutet dass der Mitarbeiter dazu motiviert wird sich auf die Facette des Jobs zu konzentrieren die extra verguumltet wird beispielsweise die Umsatz-erhoumlhung (Vgl Sprenger 2002 S 105)

6363 Die wahren MotivationsfaktorenGeld ist nicht der entscheidende Faktor fuumlr die Zufriedenheit am Arbeitsplatz Eben zu diesem Ergebnis kam die Studie Unternehmenswerte und Motivationsfaktoren die im Maumlrz 2010 an der Hochschule fuumlr Oekonomie und Management durchgefuumlhrt wurde Die im Berufsleben stehenden Teilnehmer der Studie im Alter von 25 bis 40 Jahren wurden gebeten die Motivationsfaktoren gemaumlszlig ihrer Bedeutung beginnend mit dem wichtigsten Faktor zu sortieren ndash mit folgendem Ergebnis9

1 Lust und Spaszlig an der Arbeit 1952 neue Herausforderungen 3743 uumlberdurchschnittliches Einkommen 3934 groszliger Handlungsspielraum 4205 positive Unternehmenskultur 4356 Weiterbildungsmoumlglichkeiten 4457 Leistungsboni 535

Studie Unternehmenswerte und Motivationsfaktoren (CVMF-Studie)Die Studie Unternehmenswerte und Motivationsfaktoren (CVMF-Studie) wurde an der Hochschule fuumlr Oekonomie und Management (bietet Studium fuumlr Berufstaumltige) durchgefuumlhrt Studenten dieser Universitaumlt qualifizieren sich neben ihrem Beruf weiter um sich beruflich weiterzuentwickeln Sie repraumlsentieren damit einen wichtigen Teil der Fach- und Fuumlhrungskraumlfte der Zukunft Knapp 400 Teilnehmer von denen 83 30 Jahre oder juumlnger waren haben durch die Beantwortung von ins-gesamt 28 Fragen ein realistisches Bild von der Situation in deutschen Unternehmen vermittelt Ziel der Studie war die Klaumlrung der folgenden zwei Fragestellungen

1 Welche Bedeutung haben Werte fuumlr die Arbeitnehmer und wie charakterisieren die Angestellten die Kultur in ihren Unternehmen

2 Welches sind die Motivationsfaktoren der neuen Generation der Fach- und Fuumlhrungskraumlfte Kon-zentrieren sich diese auf monetaumlre oder nichtmonetaumlre Faktoren

Der erstgenannte Faktor zeigt deutlich was fuumlr die neue Generation an Fach- und Fuumlh-rungskraumlften von Bedeutung ist Sie wollen ein interessantes Umfeld haben mit Lust und Spaszlig an der Arbeit Die Mitarbeiter wollen einen Sinn in ihrem Tun erkennen koumlnnen Das

9 Die Werte geben den Durchschnittsrang des jeweiligen Faktors an

388 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Verstehen des bdquoWarumsldquo ist ein essenzielles Beduumlrfnis im Leben des Menschen und auch im Buumlro muss es moumlglich sein ein Leben zu leben (Vgl Sprenger 2002 S 38)

An dritter Stelle steht ein uumlberdurchschnittlich hohes Einkommen Diese Aussage soll-te differenziert betrachtet werden In erster Linie druumlcken die Befragten hier ihren Wunsch nach einer fairen und guten Bezahlung aus Waumlhrend der Wirtschaftskrise waren die Ge-haumllter fuumlr die Mitarbeiten in vielen Unternehmen eher gering So ergab die Studie dass sich 55 der Befragten unterbezahlt fuumlhlen

Platz vier und fuumlnf der Rangliste spiegeln die hohe Bedeutung der liberalen Arbeits-atmosphaumlre und der Unternehmenskultur wider Um die zum Teil komplexen und an-spruchsvollen Aufgaben in Unternehmen bewaumlltigen zu koumlnnen brauchen die Mitarbeiter eine ungezwungene Atmosphaumlre die es Ihnen erlaubt kreativ und selbststaumlndig zu arbei-ten Diesen Freiraum finden Sie nur in einer Unternehmenskultur die den Mitgliedern der Organisation vermittelt dass ihnen vertraut wird Arbeitnehmer werden nicht auf Schritt und Tritt durch Ihren Vorgesetzten kontrolliert

An letzter Stelle stehen die Leistungsboni Dadurch bestaumltigt sich die Aussage dass leistungsabhaumlngige Verguumltung kein adaumlquater Motivationsfaktor fuumlr interessierte und en-gagierte Mitarbeiter ist

6364 Eine Unternehmenskultur basierend auf WertenUm das Ziel zu erreichen intrinsisch motivierte Mitarbeiter zu begeistern und langfristig an das eigene Unternehmen zu binden muumlssen die Arbeitgeber in die Entstehung einer positiven auf gemeinsamen Werten basierenden Unternehmenskultur investieren Auch die Teilnehmer der CVMF-Studie bestaumltigen die Wichtigkeit von Unternehmenswerten 76 bewerten die Bedeutung einer auf Werten basierenden Unternehmenskultur als sehr hochhoch fuumlr den zukuumlnftigen Erfolg der Unternehmen

Gemeinsame Werte schaffen ein Klima des Vertrauens und der Verbindlichkeit Wenn sich jeder Mitarbeiter darauf verlassen kann dass auch die Kollegen Vorgesetzten und die Unternehmensleitung im Sinne der Unternehmenswerte handeln stellt dies den idealen Rahmen fuumlr eine freie Arbeitsatmosphaumlre dar Werte wie Respekt soziale Verantwortung und Kundenzufriedenheit geben jedem Mitglied einen gewissen Grad an Sicherheit in ihrem taumlglichen Handeln Diese Werte verstehen sich als Handlungsrichtlinien und geben vor welches Verhalten gewuumlnscht bzw abgelehnt wird Die Notwendigkeit eines komple-xen Regelwerks und staumlndiger Kontrollen durch den Vorgesetzten entfaumlllt Dies gibt den Mitarbeitern den benoumltigten Handlungsfreiraum ohne auf gewisse Rahmenbedingungen zu verzichten Das Vertrauen haumllt die Organisation zusammen und hat einen viel staumlrkeren Effekt als ein striktes Regelwerk

Werden die Werte innerhalb der Organisation gelebt und das Vertrauen in die Unter-nehmensleitung und Vorgesetzten nicht enttaumluscht so entwickelt sich eine Dynamik von innen nach auszligen Nicht nur die Mitglieder untereinander handeln gemaumlszlig des Werteko-dexes auch nach auszligen hin z B den Kunden oder Lieferanten gegenuumlber gelten diese Grundsaumltze Wenn die Kunden und Lieferanten merken dass sie sich auf das Unterneh-men verlassen koumlnnen werden sie diese positiven Erfahrungen kommunizieren So wird

38963 Die Transfer-Phase

der Kreis derer die dem Unternehmen Vertrauen schenken groumlszliger Im Idealfall ist das Resultat eine durchweg positive Reputation der Organisation am Markt

6365 Die Schluumlsselfunktion der FuumlhrungskraumlfteDer erfolgreiche Prozess zu einer derartigen Vertrauensorganisation haumlngt in erster Linie von den Mitgliedern der Organisation ab die eine leitende Funktion haben Die Fuumlhrungs-kraumlfte haben einen groszligen Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeiter denn sie sind die Vorbilder Hat ein Mitarbeiter das Gefuumlhl dass der Vorgesetzte nicht gemaumlszlig den Unterneh-menswerten handelt so wird auch er die Werte nicht ernst nehmen Durch das Auftreten der Fuumlhrungskraft erfahren die Teammitglieder welchen Stellenwert die Werte im Unter-nehmen haben Die Vorbildfunktion der Leitenden muss weitergehen als nach den Werten zu handeln Der entscheidende Faktor ist Authentizitaumlt Demnach kann sich die Dynamik der Werte hin zu einer Organisation des Vertrauens nur entfalten wenn das Management und die Fuumlhrungskraumlfte authentisch auftreten Wenn die Mitarbeiter ihre Fuumlhrungskraft als natuumlrlichen und verbindlichen Charakter erleben kann sich ein vertrauensvolles und ko-operatives Verhaumlltnis zwischen Ihnen entwickeln

6366 HandlungsempfehlungenIn den folgenden Handlungsempfehlungen werden den Fuumlhrungskraumlften konkrete An-haltspunkte fuumlr die Umsetzung des Value-based Leadership gegeben

bull Die ganze Persoumlnlichkeit des Mitarbeiters sehen Die Fuumlhrungskraft muss den Mit-arbeiter mit seiner ganzen Persoumlnlichkeit sehen Er fuumlhrt sowohl ein berufliches als auch ein privates Leben Beeintraumlchtigungen im Privatleben wie beispielsweise Ehe-probleme koumlnnen Auswirkungen auf die Leistung im Job haben Durch Nachfragen lernt die Fuumlhrungskraft ihren Mitarbeiter kennen und kann in problematischen Situa-tionen wenn z B die Leistung nachlaumlsst oder auffaumlllig viele Krankheitstage auftreten besser auf ihn eingehen Das Wahrnehmen einer gewissen Fuumlrsorge hat positiven Ein-fluss auf das Verhaumlltnis zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter

bull An Diskussionen unter Kollegen partizipieren Waumlhrend der informellen Konversa-tionen und Diskussionen unter den Kollegen werden wichtige Informationen ausge-tauscht Die Fuumlhrungskraft sollte wann immer moumlglich an solchen Diskussionen teil-nehmen und sich nicht selbst abgrenzen Auf diesem Wege werden Barrieren abgebaut und wird das Verhaumlltnis positiv beeinflusst Die Fuumlhrungskraft demonstriert einer von ihnen zu sein und stellt sich nicht konsequent uumlber ihre Mitarbeiter

bull Die Mitarbeiter einbeziehen Entscheidungen die gemeinsam im Team beschlossen wurden sind nachhaltiger Die Fuumlhrungskraft muss den Mitarbeitern so viele Infor-mationen wie moumlglich zukommen lassen damit diese in der Lage sind ganzheitliche Entscheidungen zu treffen Fuumlr wichtige Entscheidungen und umfangreiche Aufgaben-stellungen koumlnnen Projektteams zusammengestellt werden Auf diesem Wege wird das Arbeitsumfeld interessanter gestaltet und die Mitarbeiter kommen zu gemeinschaftlich erarbeiteten Loumlsungen

390 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Schaffen einer positiven Fehlerkultur Kein Mensch ist vollkommen und somit muumlssen Fehler erlaubt sein Wenn ein Fehler passiert muss die Fuumlhrungskraft die Hintergruumln-de erfragen anstatt den Mitarbeiter ohne Hinterfragen zu kritisieren Die Behebung eines Fehlers muss als Moumlglichkeit des gemeinsamen Lernens gesehen werden Ganz wichtig Auch die Fuumlhrungskraft ist fehlbar Die Loumlsungsvorschlaumlge des Chefs sollten kritisch hinterfragt und diskutiert werden duumlrfen

bull Authentisch Handeln und Sprechen Das gesprochen Wort der Fuumlhrungskraft muss mit dem Handeln uumlbereinstimmen Wenn der Vorgesetzte seinem Mitarbeiter am ersten Arbeitstag zusichert seine Tuumlr stehe immer offen dann muss dies auch der Realitaumlt ent-sprechen Wendet sich der Mitarbeiter mit einem Anliegen an seinen Chef und dieser vertroumlstet ihn mehrmals er habe gerade jetzt keine Zeit wird das Verhaumlltnis zwischen den beiden negativ beeinflusst Das Verhalten der Fuumlhrungskraft muss die Unterneh-menswerte reflektieren Mitarbeiter sind in der Lage unwahre Aussage der Fuumlhrungs-kraft sehr schnell zu entlarven

Je weiter der Fach- und Fuumlhrungskraumlftemangel voranschreitet desto groumlszliger wird die Ver-handlungsstaumlrke der Arbeitnehmer Eine der groumlszligten unternehmerischen Herausforderun-gen wird es sein ausreichend qualifiziertes Personal langfristig an das Unternehmen zu binden Um im War for Talent zu bestehen muumlssen sich die Arbeitgeber intensiv mit den Motivationsfaktoren der neuen Generation von Fach- und Fuumlhrungskraumlften auseinander-setzen Geld ist in diesem Fall nicht die Antwort auf die Frage Wie motiviere ich meine Mitarbeiter Die Fach- und Fuumlhrungskraumlfte von heute und von morgen wollen anspruchs-volle Aufgaben Entwicklungsmoumlglichkeiten und sie wollen ernst genommen werden Die Antwort lautet deshalb Es muss eine Kultur geschaffen werden die auf gemeinsamen Werten beruht die es ermoumlglicht den Sinn der Organisation zu entdecken und die auf einem Klima des gegenseitigen Vertrauens beruht Eine besondere Rolle in der werteba-sierten Unternehmenskultur tragen die Unternehmensleitung und die Fuumlhrungskraumlfte der mittleren Ebene denn sie sind die Vorbilder der Mitarbeiter Ihr authentisches Auftreten und Handeln ist der entscheidende Erfolgsfaktor Die Schlagworte der Mitarbeiterfuumlhrung sind Fuumlrsorge Partizipation Kooperation positive Fehlerkultur und Authentizitaumlt

64 Die Sustain-Phase

Wie endet eine Operational-Excellence-Initiative Wie wird ein Schlussstrich unter die strategischen Bemuumlhungen und prozessualen Verbesserungen gezogen Wie wird bei naumlchsten Schritten vorgegangen Woran erkennt man eine erfolgreich durchgefuumlhrte Ini-tiative Wir wollen uns der Beantwortung dieser Fragestellungen anders naumlhern Wer ver-kuumlndet eigentlich eine gescheiterte Operational-Excellence-Initiative Richtig ndash niemand Zumindest ist uns kein einziger Fall bekannt wo derartiges geschehen ist Gescheiterte Initiativen werden einfach nicht beendet und verlaufen totgeschwiegen langsam aber si-cher im Sand Erfolgreiche Projekte werden verkuumlndet presse- und marketingtechnisch

39164 Die Sustain-Phase

ausgeschlachtet und intern gefeiert Wenn die Initiative missgluumlckt wird das Thema da-gegen gerne tabuisiert Abgesehen davon Widerspricht das Beenden einer Initiative nicht der Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung Sprach nicht auch der Vice President of Six Sigma bei Maple Leaf Foods Bruce Miyashita von einer nicht endenden Leistungs-philosophie anstatt eines Programms mit einem Start- und Endpunkt Genau aus diesem Grund lautet der Name der letzten Phase nicht Finish- sondern Sustain-Phase

Es geht also darum die Veraumlnderung in der Organisation zu verankern und den quan-titativen und qualitativen Mehrwert der Initiative zu uumlberpruumlfen Der Uumlbergang von der Transfer- zur Sustain-Phase ist wie beim ersten Phasenuumlbergang nicht abzugrenzen oder an einem bestimmten Event festzumachen Vielleicht ist das eine oder andere Projekt noch nicht abgeschlossen und die Initiativenleitung beginnt dennoch sich Gedanken uumlber den generierten Benefit zu machen Das Ziel muss immer die Vorbereitung einer neu begin-nenden Analyse-Phase sein Dieser iterative Prozess in der dritten Phase des Transforma-tion Navigators hat demnach nichts mit bdquoControlldquo des DMAIC-Zyklus gemeinsam Wo bei dem einen das Ergebnis eines einzelnen Projektes untersucht wird wird hier eine gan-ze Vielzahl von Projekten konsolidiert und auf einer strategisch houmlheren Ebene diskutiert und ausgewertet Damit das moumlglich wird gilt es Projekte in keinem Fall uumlberhastet zu beenden (vgl Abb 643)

Abb 643 Die Sustain-Phase

392 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

641 Strategy

Das erste Modul der Sustain-Phase erlaumlutert den Kern des Transformation Navigators wie kein anderes Ruumlckblickend auf Abb 61 zu Beginn des Kap 6 ist es eine strategische Fra-gestellung die Uumlberlebensfaumlhigkeit der Initiative langfristig zu gewaumlhrleisten Die Pro-grammatik der Operational Excellence startet besitzt aber keinen Endpunkt Sie impliziert ein kontinuierliches zyklisches Durchlaufen der Analyse-Phase der Transfer-Phase und der Sustain-Phase solange bis diese Verbesserungssystematik zum selbstverstaumlndlichen Repertoire der Organisation geworden ist Dieses Modul verdeutlicht die oumlkonomische Notwendigkeit Projektwellen kontinuierlich durchzufuumlhren ohne dabei das Luftholen zu vergessen Abbildung 644 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

6411 Die Superkompensation der Operational ExcellenceDie methodischen Aktivitaumlten die die ganze Organisation betreffen duumlrfen das Leis-tungsvermoumlgen des Unternehmens nicht uumlberstrapazieren Ob nur mit einem Pilotprojekt oder mit zahlreichen Testprojekten in verschiedenen Tochtergesellschaften gleichzeitig begonnen wird liegt im Ermessen des Initiators bzw der Geschaumlftsleitung Dafuumlr gibt es keine pauschale Vorgehensweise Tatsache ist aber dass die Ressourcen fuumlr eine ergeb-

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

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rces Operational

Excellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

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Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

Abb 644 Roadmap Strategy

39364 Die Sustain-Phase

niswirksame Initiative endlich sind Zu dem Zeitpunkt der Sustain-Phase steht deshalb die Konsolidierung und Analyse des bisher Erreichten an Fuumlr eine nachhaltige strategische Navigation durch den Transformation Navigator muss auch Raum und Zeit geschaffen werden um die eingeschlagene Marschrichtung zu uumlberpruumlfen eventuell neu zu justieren und die Initiativenplanung daran auszurichten Im Anschluss beginnt die Systematik des Transformation Navigators wieder von vorne

Diese Chronologie stellt einen kontinuierlichen Ablauf von Projektwellen dar so wird die Handhabbarkeit der Initiative gewaumlhrleistet Diese Logik entspricht dem aus dem Leis-tungssport bekannten Prinzip der Superkompensation Diese bdquouumlberschieszligende Wiederher-stellungldquo besagt dass der Koumlrper nach einer Trainingsbelastung nicht nur die Bereitschaft zur Erreichung des gleichen Leistungsniveaus wiederherstellt sondern im Verlaufe der Regeneration die Leistungsfaumlhigkeit uumlber das urspruumlngliche Niveau hinaus steigert und haumllt In die hier behandelnde Thematik dieses Buches uumlbersetzt koumlnnte man es das Prin-zip der Superkompensation der Operational Excellence nennen Dieses besagt dass das Unternehmen welches Operational Excellence inklusive der entsprechenden Beruumlcksich-tigung der diskutierten kritischen Erfolgsfaktoren aus Kap 4 und 5 implementiert nicht nur das gleiche oumlkonomische Leistungsniveau wiederherstellt sondern im Verlaufe der Operational-Excellence-Initiative die oumlkonomische Leistungsfaumlhigkeit uumlber das urspruumlng-liche Niveau hinaus steigert und zusaumltzlich die Philosophie von operativer Exzellenz nach-haltig im Unternehmen verankert Eine Umdrehung des Transformation Navigators (von der Analyse- bis zur Sustain-Phase) steht fuumlr eine Projektwelle und entspricht dem immer wiederkehrenden Trainingsanreiz in der Analogie des Leistungssportes Abbildung 645 illustriert die beschriebene Logik der Superkompensation

Ziel muss es sein waumlhrend der Phase des houmlheren Leistungsniveaus (Superkompensa-tion) den neuen Trainingsanreiz (Projektwelle) zu setzen Dann kommt es zu einer konti-nuierlichen (oumlkonomischen) Leistungssteigerung wie in Abb 646 abgebildet Wenn die Regenerationszeit (Sustain-Phase) zu kurz ist geht der Effekt durch Muumldigkeitserschei-

Trainingsreiz

Leistungsfaumlhigkeit

Phase der Superkompensation

Zeit

Abb 645 Logik der Superkompensation

394 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

nungen aufgrund von Uumlbertraining verloren (Mitarbeiter sind mit Tempo und Anzahl der Projekte uumlberfordert und verweigern ihr Engagement) und das Leistungsniveau wird sogar unter das urspruumlngliche Niveau sinken Richtig zu trainieren ist nicht nur fuumlr einen Sportler wichtig sondern auch fuumlr eine Organisation ndash die Relevanz der identifizierten kritischen Erfolgsfaktoren wird in diesem Zusammenhang besonders deutlich Gleichwohl darf die Regenerationszeit (Sustain-Phase) nicht zu lang sein sonst verpufft der Trainingseffekt durch den Belastungsanreiz (Mitarbeiter bekommen das Gefuumlhl dass die Geschaumlftsleitung es mit der Initiative nicht ernst meint und fallen wieder in alte Verhaltensmuster zuruumlck) Ziel ist es durch die sinnvolle Abstimmung von unterschiedlichen Projektwellen und Konsolidierungsphasen die oumlkonomische Leistungsfaumlhigkeit der Organisation nachhaltig zu steigern ohne eine Uumlberlastung zu verursachen

642 Resources

Das Modul richtet seinen Schwerpunkt auf die Frage wie Veraumlnderungen aus den zwei vorhergegangenen Phasen in der Organisation umgesetzt werden Konkret Wie koumlnnen Mitarbeiter dabei unterstuumltzt werden gewohnte Verhaltens- und Arbeitsweisen abzule-gen Mithilfe welcher Methoden stellt man sicher dass keiner in alte Verhaltensmuster zuruumlckfaumlllt Zunaumlchst wird diskutiert wie ein Black Belt Fortschritt bei der Auswahl und Anwendung von Operational-Excellence-Tools erreicht wovon die gesamte Ausbil-dung und Projektumsetzung der Organisation profitiert (Operational-Excellence-Erfolgs-baum) bevor auf eine neu entwickelte Methode zum Erlernen von ungewohnten Inhalten Ablaumlufen und Prozessen eingegangen wird (CRAFT) Schlieszliglich wird erlaumlutert inwie-fern ein aus dem Werbe- und Unterhaltungsbereich stammendes Prinzip zur Motivations-steigerung anschlussfaumlhig fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative ist (Gamification) Abbildung 647 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

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neuer Reiz

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neuer Reiz

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Abb 646 Kontinuierliche (oumlkonomische) Leistungssteigerung

39564 Die Sustain-Phase

6421 Der Operational-Excellence-Erfolgsbaum64211 Die ProblemstellungDie Umsetzung von Operational-Excellence-Initiativen erfordert eine mehrjaumlhrige Kraft-anstrengung von Mitarbeitern und Fuumlhrungskraumlften aller beteiligten Unternehmensein-heiten Es bedarf ndash neben Eingriffen in die Ablaumlufe und IT-Systeme ndash einer einschnei-denden Neuorientierung bei allen handelnden Personen Operational Excellence tangiert jahrelang praktizierte und entsprechend eingeschliffene Handlungsgewohnheiten welche nun veraumlndert oder durch neue ersetzt werden sollen damit aumlndert sich langfristig die Unternehmenskultur

Was passierte in der Transfer-Phase Kurze inkrementelle Projekte in denen eine Viel-zahl von Werkzeugen eingesetzt wird waren die Besonderheit Die Methodik musste auf-waumlndig erlernt werden und die ausgebildeten Operational-Excellence-Projektleiter (Black Belts) mussten im Verlauf der Projektarbeit dauerhaft durch Methoden-Profis (Master Black Belts) begleitet und gecoacht werden Mit der Zeit verbreitet sich so die Arbeitswei-se der Operational-Excellence-Projektleiter und damit die Methodik im Unternehmen Sie setzt sich ndash im besten Fall ndash als Standardmethode fuumlr die Abwicklung von Projekten durch Immer mehr wandelt sich das Unternehmen zu einer prozessorientierten Organisation Mit Arbeitsablaumlufen die uumlber die Geschaumlftsbereichsgrenzen hinausgehen und speziell auf die Kunden als Abnehmer der Leistung ausgerichtet sind

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

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OperationalExcellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

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Abb 647 Roadmap Resources

396 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Ein Wandel dieses Ausmaszliges braucht neben den als Fundament dienenden formulierten Zielen fuumlr die Veraumlnderung auch kontrolliert koordiniert und nachhaltig wirkende Kraumlfte Diese selbst muumlssen staumlndig uumlberwacht und gesteuert werden Zusaumltzlich ist sicherzustel-len dass die Veraumlnderung in die gewuumlnschte Richtung geht ndash statt richtungslos eigene Bahnen zu suchen Im Fall von Operational Excellence heiszligt das Es muss dafuumlr Sorge ge-tragen werden dass die Methodik jederzeit professionell und einheitlich angewendet wird

Basierend auf der langjaumlhrigen Operational-Excellence-Erfahrung der Autoren wurde ein methodisches Vorgehen entwickelt das die professionelle und adaumlquate Anwendung der Werkzeuge auf einfache Art dauerhaft foumlrdert und damit die nachhaltige Verankerung der Methodik im Unternehmen unterstuumltzt

Das methodische Vorgehen dient dabei einerseits als Lern- und Orientierungshilfe fuumlr die in den einzelnen Projekten (Dauer drei bis sechs Monate) beteiligten BBs MBBs oder sonstigen Lean-Experten Andererseits beguumlnstigt es infolge seiner reflexiven und trans-parenten Anlage ein Anwendungsmonitoring von Instrumenten und Werkzeugen uumlber alle Operational-Excellence-Projekte im Unternehmen Daraus kann ein effektiver orga-nisationaler Lernprozess in Gang gesetzt werden Dieser umfasst neben den Belts auch andere Akteure in der Organisation wie z B die Personalentwicklung ndash beispielsweise die interne Schulungsabteilung oder die interne Kommunikation welche ebenfalls einen groszligen Einfluss auf die Operational-Excellence-Initiative haben Tatsache ist dass der BB im Rahmen seiner Grundausbildung sehr viele Informationen erhaumllt die er aber nur zu einem geringen Teil in praktischen Uumlbungen vertieft Die Lerninhalte sind je nach Phase und Werkzeug zwar relativ eingaumlngig wie etwa das Erstellen einer FMEA-Tabelle (vgl Abschn 2343) Zum Teil sind sie jedoch auch komplex wie etwa in der Measure- und Analyse-Phase wo es ohne mathematisches und statistisches Vorwissen und ohne eine gewisse Affinitaumlt zu quantitativen Fragestellungen sehr schwer wird Die Quantitaumlt der Lerninhalte ndash wir reden von etwa drei dicken Aktenordnern an Material ndash macht es jedoch unmoumlglich den Stoff in einem Durchgang luumlckenlos zu verstehen geschweige anwenden zu koumlnnen

Folglich schlieszligt sich die Frage an Kann ein BB Methode und Tools genuumlgend beherr-schen um aus dem Werkzeugkoffer die jeweils passenden Instrumente herauszunehmen ndash und sie auch noch richtig anzuwenden Um von Beherrschung sprechen zu koumlnnen muumlssen zwei Anforderungen erfuumlllt sein10

bull Die Grundkonzepte und Werkzeuge muumlssen als explizites Wissen11 memorisiert wer-den und als solches explizit abrufbar sein

bull Die Werkzeuge muumlssen mehrmals richtig und erfolgreich angewendet worden sein

10 Wissen entsteht durch individuelles Vernetzen von DatenInformationen Wissen ist die Voraus-setzung fuumlr Koumlnnen Wenn Koumlnnen durch Anwendung zur Kompetenz wird dann reden wir von Beherrschen Dazu im Detail Pfeifer et al (2007 S 290 f) Hier wird besonders Wert darauf gelegt dass das Wissen auf welchem das Individuum das Koumlnnen aufbaut eine bestimmte Qualitaumlt hat naumlmlich explizites Wissen ist11 Explizites Wissen ist reproduzierbar und kann in Worte gefasst werden Es wird auch als bdquoKno-wing whatldquo bezeichnet Dagegen kann implizites Wissen vom Individuum nicht oder nur teilweise

39764 Die Sustain-Phase

Die Antwort auf die Frage ist deshalb klar Nach Abschluss der Ausbildung beherrscht der BB die zahlreichen Operational-Excellence-Werkzeuge in der Gesamtheit noch nicht Der BB wird in seinen Projekten deshalb durch einen MBB unterstuumltzt Das geschieht im Rahmen von regelmaumlszligigen Coaching-Gespraumlchen die uumlblicherweise im Wochenrhythmus stattfinden und ein bis zwei Stunden in Anspruch nehmen Ein MBB ist ein erfahrener BB welcher zusaumltzlich eine vertiefende Ausbildung in verschiedenen Werkzeugen absolviert und jahrelang als BB Erfahrung aufgebaut hat Ein MBB kann einen BB daher wirksam unterstuumltzen

Erfahrungsgemaumlszlig wird die Werkzeugauswahl waumlhrend der Coaching-Gespraumlche durch den MBB vorgegeben Bei der Anwendung wird der BB durch den MBB beobachtet der im Bedarfsfalle korrigierend eingreift Der BB entwickelt im Rahmen der aufeinander folgenden Projekte sukzessive ein wachsendes Anwendungskoumlnnen fuumlr die durch ihn be-nutzten Werkzeuge Er verfuumlgt uumlber dieses Koumlnnen vielfach hauptsaumlchlich in Form von Tacit Knowledge12

Der MBB der eine Gruppe von BBs coacht wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit bei bdquoseinenldquo BB auf aumlhnliche Anwendungsfehler fuumlr bestimmte Tools stoszligen Das laumlsst sich als Fehlermuster gezielt bearbeiten Wenn z B das Ausfuumlllen des Projektsteckbriefes (vgl Abschn 2341) im BB-Team generell Schwierigkeiten bereitet kann der MBB als Schlussfolgerung eine Anleitung uumlber das richtige Verfassen solcher Steckbriefe erstellen Der Leitfaden wird anschlieszligend auf einer Intranetseite abgelegt und so allen BB zugaumlng-lich gemacht

In der Praxis wird deutlich dass auch die MBB Werkzeuge und deren Anwendung kaum in gleichem Maszlige beherrschen Da gibt es individuelle Unterschiede die sich aus der beruf-lichen Erfahrung herleiten lassen Sodann sind etliche Werkzeuge mit Ausnahme der sta-tistischen13 von der Methode her nicht so eng definiert und voneinander abweichende Ein-satzformen sind deshalb nicht auszuschlieszligen Unterschiedliche Einsatzformen von Werk-zeugen beeinflussen jedoch die Art wie ein Projekt verlaumluft Wenn ein Unternehmen also sicherstellen will dass Operational Excellence in standardisierter Form durchgefuumlhrt wird muss es auch dafuumlr Sorge tragen die Einsatzformen der Werkzeuge zu vereinheitlichen

Vielfach kommen die MBB in der Anfangsphase einer Operational-Excellence-Ini-tiative von auszligen ins Unternehmen Bei groumlszligeren Initiativen wenn mehrere MBB mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund aus verschiedenen Firmen ins Unternehmen kommen ist daher erst recht Vorsicht geboten Ein unternehmensspezifischer Werkzeug-Anwendungsstandard wird sich kaum automatisch herausbilden

in Worte gefasst werden Es gilt bdquoWe know more than we can tellldquo Das Begriffspaar wurde 1966 von Michel Polanyi eingfuumlhrt Dazu im Detail Schreyoumlgg (2006 S 551)12 Tacit Knowledge oder bdquoimplizites Wissenldquo bedeutet bdquodass zahlreiche Aspekte des Verstehens und Koumlnnens des Individuums nicht in Worte gefasst sind und von ihrer Qualitaumlt her auch gar nicht ndash oder jedenfalls nur sehr unvollstaumlndig ndash in Worte gefasst werden koumlnnenldquo (Schreyoumlgg 2006 S 551)13 z B Hypothesentests ein- oder zweifaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) Korrelationskoeffi-zient einfache und multiple lineare Regression

398 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Zwei Dinge sind von daher erforderlich 1) die Wahl einer geeigneten Einsatzform fuumlr Operational-Excellence-Werkzeuge und in der Folge 2) das Sicherstellen dass die ge-waumlhlte Einsatzform als Unternehmensstandard bdquogelebtldquo wird Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik

Der Projektsteckbrief aus der Define-Phase in Kap 2341 laumlsst bei der Anwendung viel Freiraum wie hier in Abb 648 anhand des Beispiels eines Finanzdienstleisters er-sichtlich wird Ob bei den Projektzielen im bdquoGoal Statementldquo immer und ausschlieszliglich primaumlre und sekundaumlre Messziele verwendet werden oder aber hier lediglich die all-gemeinen Zielformulierungen fuumlr das Projekt niedergelegt werden macht einen groszligen Unterschied Die Konsequenz mit der in die Ausgangssituation im sogenannten bdquoOp-portunity Statementldquo die Problemorientierung eingearbeitet wird kann ebenfalls unter-schiedlich sein Entweder wird bei den Problemformulierungen bereits in Messgroumlszligen gesprochen oder es werden lediglich allgemein gehaltene Schwachstellen geschildert Im Projektumfang koumlnnen entweder die organisatorischen Einheiten welche betroffen sind von denen die nicht betroffen sind abgegrenzt werden oder aber es wird vermehrt Wert darauf gelegt die jeweiligen Prozessgrenzen zu benennen die den Umfang des Projektes begrenzen sollen Unterschiedliche Gestaltungsmoumlglichkeiten solcher Art lassen sich ge-maumlszlig der grundsaumltzlichen Methodik ohne Weiteres vertreten Es macht aber einen Anwen-dungsunterschied und beeinflusst den spaumlteren Projektverlauf

Wie kommt ein Unternehmen moumlglichst effizient und effektiv zu einer standardisierten Anwendung der Werkzeuge Es ist offensichtlich dass sich trotz regelmaumlszligig stattfinden-dem Coaching durch die MBB kaum bdquoautomatischldquo eine Standardanwendung herausbil-det Ein Meta-Tool im Rahmen des Coachings kann hier eine Loumlsung bieten Meta-Tools sind Werkzeuge mithilfe derer die Anwendung von anderen Werkzeugen systematisch reflektiert werden kann und die deren Funktionsweise und Anwendungsbedingungen ex-plizit machen Die Anwendung des Meta-Tools bei Operational-Excellence-Projekten be-absichtigt dass

bull ein BB mit jeder Werkzeuganwendung neben Anwendungskoumlnnen (Tacit Knowledge) mehr explizites Wissen aufbaut

bull der Lernerfolg des BB messbar und steuerbar wirdbull jede einzelne Methodenanwendung bewertbar wirdbull mit jeder Werkzeuganwendung auch ein zunehmendes standardisiertes explizites Wis-

sen uumlber die Werkzeuganwendung in der Organisation gebildet wird undbull dabei Muster von Anwendungsschwierigkeiten durch die MBB systematisch erho-

ben und einer gezielten Bearbeitung im Rahmen von korrigierenden Maszlignahmen auf Unternehmensebene zugefuumlhrt werden

Angestrebt wird hierbei der in Abb 649 gezeigte Lernkreislauf in dem das individuelle Lernen des BB und das kollektive Lernen der Unternehmung sich zu einem produktiven Feedback-Kreislauf verbinden

39964 Die Sustain-Phase

Seit 2006 laumlsst sich ein steigendes Investoreninteresse am Handel mit Fixed Income Derivaten erkennen Rekord-volumen gehen einher mit der Erholungder koreanischen Wirtschaft

Opportunity Statement

Reduktion von Uumlberstunden sowie der Erstellungszeit (Cycle Time) der Aufsichtsbehoumlrden-BerichteSteigerung der Kundenzufriedenheit

Business Case (inkl Nutzenberechnung)

Die Beispiel-Bank handelte bisher reaktiv gegenuumlber Individualgeschaumlft und Anforderungen von Kunden und Behoumlrden Das fuumlhrte im Berichtswesen der Betriebsabteilung zu einem Flickwerk von 94 Anwendungen Daten muumlssen manuell aus dem zentralen Handelssystem extrahiert werden Etwa 8 Anwendungen werden fuumlr die Aufsichtsbehoumlrden-Berichte

Zurzeit besteht eine Personenabhaumlngigkeitbei der Berichterstellung weil das erforder-liche Wissen in den Koumlpfen der Mitarbeiter aber nicht im Prozess vorhanden ist

benutztStaumlndige Kontrollen und manuelle Korrek-turen sind bei Erzeugung der Daten noumltig um die erforderliche Datenqualitaumlt zu erreichen

Primaumlres Messziel

Goal Statement

Projektumfang betriebliche Berichte zur

Projektumfang

erhoumlhen der Arbeitsleistung der bestehenden Gruppe welche fuumlr das Erstellen der Aufsichtsbehoumlrden-Berichte zustaumlndig ist um 40 um damit der Wachstumsprognose fuumlr April 2014 Rechnung zu tragen

Sekundaumlres MesszielBisherige Fehlerfreiheit der Berichtemuss bestehen bleiben

entsprechenden Aufsichtsbehoumlrde ProdukteWertschriften und Fixed Income DerivateAbteilungen Front Midoffice BackOffice inkl ControllingStandort BeispielstadtKunden Aufsichtsbehoumlrdender BeispielstadtPmuss bestehen bleiben

Bisherige Puumlnktlichkeit der Berichtemuss bestehen bleiben

Prozess von der Datensammlung bis zum Berichte-Versand zur AufsichtsbehoumlrdeAbgrenzung interne Berichte nicht mit eingeschlossen

Projekt Plan

Projekt Sponsor hellip

Projekt Team

JanProjekt Verantwortlicher hellipProzess Verantwortlicher hellipMaster Black BelthellipBlack Belt hellipYellow Belt(s) hellip

Define

Measure

Analyze

Engineer

Control

Kick-off TollgateKick off Tollgate

JunMayAprMarFeb

Abb 648 Projektsteckbrief bdquoBerichte fuumlr Aufsichtsbehoumlrdenldquo

400 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bdquoKldquo steht fuumlr den kollektiven Lernprozess und bdquoIldquo fuumlr den individuellen Lernprozess In der Abbildung sind die beiden uumlber Vektoren miteinander verbunden Sie formen da-durch einen produktiven Feedback-Kreislauf d h das individuelle Lernen nuumltzt hier dem Kollektiven und zehrt gleichzeitig vom kollektiven Lernen Mit dem Beispiel des Projekt-steckbriefes laumlsst sich das so verknuumlpfen

Nehmen wir an der BB lernt in der Grundausbildung (kollektives Lernen) dass bei den Projektzielen in dem Projektsteckbrief immer primaumlre und sekundaumlre Messzielgroumlszligen ver-wendet werden muumlssen Er hat bei der Anwendung dieser Regel schon waumlhrend seines ers-ten Projektes groszlige Schwierigkeiten da er die beiden Kategorien von Messgroumlszligen nicht genuumlgend unterscheiden kann Er wird daher vom MBB (= Agent des kollektiven Lernens) unterstuumltzt Nehmen wir nun weiter an er kann ab dem 3 Projekt die Regel ohne Unter-stuumltzung anwenden (individuelles Lernen) Dem MBB wird klar dass mehrere seiner BBs bei der Anwendung dieser Regel die gleichen Schwierigkeiten haben Er analysiert diese Schwierigkeiten und schreibt einen Leitfaden zur Regelanwendung welchen er allen an-deren MBBs und BBs zur Verfuumlgung stellt In der Diskussion mit den anderen MBBs wird klar dass auch deren BBs teilweise die gleichen Schwierigkeiten haben Der Leitfaden wird nun in die Grundausbildung der kuumlnftigen BBs integriert Es zeigt sich dass ab die-sem Zeitpunkt die BB mit der Anwendung der Regel bedeutend weniger Schwierigkeiten haben (kollektives Lernen)

Im folgenden Abschnitt wird dieser produktive Feedback-Kreislauf in den Kontext einer Operational-Excellence-Einfuumlhrung eingebettet und detailliert beschrieben Das eigentliche Meta-Werkzeug wird daran anschlieszligend erlaumlutert

64212 Der Operational-Excellence-ErfolgsbaumBei dem entwickelten Operational-Excellence-Erfolgsbaum in Abb 650 handelt es sich um das erweiterte Konzept des produktiven Feedback-Kreislaufes Dabei werden die Ebe-nen des individuellen Lernens der einzelnen Rollentraumlger (Kennung bdquoIldquo fuumlr individuell) in den produktiven Zusammenhang zum organisationalen Lernen und zum Erfolg der Ope-rational-Excellence-Initiative gebracht (Kennung bdquoKldquo fuumlr kollektiv) Die Produktivitaumlt der wirkenden Kraumlfte ist dabei durch die Pfeile angedeutet

Kollektives Lernen Firma

K

IIndividuelles Lernen BB

Abb 649 Lernkreislauf

40164 Die Sustain-Phase

Abb 650 Operational-Excellence-Erfolgsbaum

402 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bdquoGute Operational-Excellence-Projektvorlagenldquo sind die erste Voraussetzung die er-fuumlllt sein muss Als bdquogute Projektvorlagenldquo gelten solche deren Projektinhalte einen di-rekten Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie haben Man spricht von bdquostrategic alignmentldquo der Projekte Ferner muss der Gegenstand des Projektes ein Prozess sein und ein Kundenbeduumlrfnis betreffen Zudem muss der Business Case sich rechnen Werden gute Operational-Excellence-Projektvorlagen mit optimaler Werkzeugauswahl sowie deren richtiger Anwendung durch den BB kombiniert fuumlhrt das zu guten Operational-Excellence-Projekten Gut sind diese Projekte weil sie methodisch korrekt durchgefuumlhrt worden sind und betrieblich den erwarteten Nutzen erbringen Projektvorlagen Werk-zeugauswahl und -anwendung bilden Wurzel und Stamm des Erfolgsbaumes BB-Wissen -Koumlnnen und -Erfahrung sind die Blaumltter des Baumes Sie wachsen mit jedem durchlau-fenen Projekt Der Erfolg der Initiative ist die durch die guten Projekte hervorgebrachte Frucht Effektives Coaching und effektive Ausbildung bilden den Naumlhrboden auf wel-chem der Baum gedeiht

Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die bdquooptimale Werkzeugauswahlldquo und die bdquorichtige Werkzeuganwendungldquo Beides sind sehr anspruchsvolle Aufgaben des Projekt-leiters bdquoOptimale Werkzeugauswahlldquo heiszligt Aus der umfangreichen Werkzeugkiste wer-den genau diejenigen Instrumente ausgewaumlhlt die auf die konkrete Projektsituation am besten passen bdquoRichtige Werkzeuganwendungldquo bedeutet eine methodisch konsistente An-wendung im Rahmen der unternehmensspezifischen Anwendungsform

Der BB steuert Werkzeugauswahl und -anwendung uumlber sein aktuelles Wissen und sein Koumlnnen welche mit jedem durchlaufenen Projekt (= Erfahrung) wachsen Dieses Wachs-tum findet einerseits auf dem Naumlhrboden von effektivem projektbezogenem Coaching durch den MBB statt und andererseits auf der Basis von effektiver und methodenbezoge-ner Ausbildung

Wissen Koumlnnen und Erfahrung sind zunaumlchst als dynamische und gleichzeitig perso-nenbezogene Groumlszligen zu sehen Sie integrieren sich zum individuellen Lernen des BB und wachsen mit jedem Projekt Angesichts der Methodenmaumlchtigkeit und der Werkzeugfuumllle kann nicht davon ausgegangen werden dass ein BB zu jedem Zeitpunkt die Werkzeug-auswahl und Werkzeuganwendung beherrscht (fuumlr einen MBB kann dabei ein etwas wei-tergehendes Beherrschen vorausgesetzt werden wobei allerdings die Restriktionen wie oben beschrieben gelten) Deshalb muss das aktuelle bdquoBeherrschenldquo jeweils als kollektive Leistung von BBs und MBBs erzeugt werden Die MBBs agieren dabei als Aktoren des kollektiven Lernens Sie steigern durch effektive Ausbildung und effektives Coaching Wissen und Koumlnnen der BBs Gleichzeitig stellen sie so sicher dass gute BBs selbst zu MBBs werden14

14 Eines der moumlglichen Karriereziele von BBs kann es sein ein MBB zu werden Die MBBs werden aus den Reihen der BBs diejenigen BBs vorschlagen welche dies wollen und aus ihrer Sicht ge-eignet sind den Nachwuchs an kuumlnftigen MBBs zu bilden Danach muss der kandidierende BB eine weitere Ausbildung durchlaufen welche ihn zum MBB befaumlhigt

40364 Die Sustain-Phase

Aus Unternehmenssicht ist es erforderlich dass die Inhalte des individuellen Lernens der BBs so personenneutral wie moumlglich ausfallen Anders gesagt Die individuellen Lern-schritte der BBs sollen sich aumlhneln Damit soll durch eine unternehmensweite Standardi-sierung von Werkzeugauswahl und Werkzeuganwendung eine starke Lean- Lean-Sigma oder Six-Sigma-Methodentreue erreicht werden

Beispiel Qualitaumltsproblem

In dem Unternehmen X gibt es ein ungeloumlstes Qualitaumltsproblem mit den Projektsteck-briefen Diese sind in den meisten Faumlllen unpraumlzise formuliert und widersprechen auch teilweise den Anforderungen an gute Projektvorlagen Zwar aumluszligerten die interviewten BBs hinter vorgehaltener Hand diesbezuumlgliche Kritik Andererseits fand man heraus dass selbst die MBBs im Unternehmen sich uneins waren wie denn ein guter Projekt-Charter aussehen muumlsste In diesem Unternehmen fehlte offensichtlich eine Verknuumlp-fung zwischen individuellem und organisationalem Lernen in Form eines produktiven Feedback-Kreislaufes Es war daher auch nicht moumlglich gezielt und kontrolliert Ab-hilfe zu schaffen Die Folge war dass die einzelnen BBs ihren persoumlnlichen Stil im Aufbau der Projektsteckbriefe herausbildeten beeinflusst durch die persoumlnlichen Stile der verschiedenen MBBs (= Coaches) Dabei hatten sich die Projektsteckbriefe in ihrer Aussagekraft nachteilig entwickelt Ihr Aufbau und ihr Inhalt hatten sich vom metho-dischen Vorbild entfernt

Der individuelle Lernvorgang der BBs muss erst in diese Richtung gesteuert werden z B durch laufendes Besprechen Dokumentieren und Bewerten Wird dies im ganzen Unter-nehmen in standardisierter Form gemacht kann daraus auch die Organisation lernen Dann sind die verschiedenen individuellen Lernergebnisse der BBs vergleichbar So kann ein Aumlnderungsbedarf beispielsweise bezuumlglich der Ausbildung abgeleitet werden und es koumlnnen entsprechend wirkende Maszlignahmen etwa gezielte Erweiterungen oder Kuumlrzun-gen des Lernangebots aufgesetzt werden Ein bislang nie in Projekten verwendetes Werk-zeug braucht nicht mehr geschult zu werden oder der weiter oben erwaumlhnte Leitfaden fuumlr das methodengerechte Verfassen von Projektsteckbriefen wird in die Grundschulung aufgenommen

Wie und wann soll die Besprechung Dokumentation und Bewertung der individuellen Lernvorgaumlnge der BBs nun erfolgen Wir schlagen vor dass dies wie in Abb 651 als fester Bestandteil der woumlchentlichen Coaching-Gespraumlche zwischen BB und MBB ein-gefuumlhrt wird Das individuelle Lernen der BBs wird ndash wie im Operational-Excellence-Er-folgsbaum dargestellt ndash uumlber das Coaching des MBBs gesteuert Als Grundlage dient das Meta-Tool Wenn dieses in der ganzen Unternehmung angewandt wird kann festgestellt werden welche Werkzeuge in welcher Projektsituation angewandt worden sind und wel-che Anwendungsfehler dabei von BBs gemacht worden sind Damit sind Lernprotokol-le der BBs nicht nur Protokolle des individuellen Lernfortschritts sondern koumlnnen uumlber ihre Vergleichbarkeit auch als objektiver Ausgangspunkt fuumlr kollektives Lernen genutzt werden Die MBBs haben damit ein Instrument in der Hand mit welchem sie aus sich

404 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

wiederholenden gleichartigen Defiziten bei Werkzeugauswahl oder Werkzeuganwendung Muster erkennen koumlnnen In der gleichen Art koumlnnen auch positive Anwendungsmuster erkannt und verbreitet werden

Das Coaching wird im produktiven Feedback-Kreislauf als entscheidende Schnittstelle zwischen individuellem und kollektivem Lernen gedeutet Das Ziel ist die Kreislaumlufe des individuellen und kollektiven Lernens an dieser Schnittstelle miteinander zu verknuumlpfen und beide im Sinne des Unternehmens zu gestalten BB und MBB muumlssen dazu verpflich-tet werden waumlhrend der Coachings in standardisierter Weise uumlber die Lerninhalte in den Dialog zu treten und Auswahl und Anwendung von Werkzeugen im einzelnen Projekt sys-tematisch zu dokumentieren Sodann muumlssen sie gemeinsam Bewertungen uumlber Auswahl und Anwendung von Werkzeugen vornehmen Weiter gehoumlrt dazu das gemeinsame Defi-nieren von Maszlignahmen fuumlr das individuelle Lernen und ggf das Ableiten von Maszlignah-men fuumlr das kollektive Lernen sowie eine Erfolgskontrolle der getroffenen Maszlignahmen

Die MBBs muumlssen ihrerseits dazu angehalten werden Zeit fuumlr eine systematische Mus-tererkennung aufzuwenden um daraus effektive Maszlignahmen fuumlr das kollektive Lernen abzuleiten Um diese Standardisierung von Vorgaumlngen zu erreichen bedarf es des Meta-Tools Das fuumlhrt eine einheitliche Reflexionsebene in die bereits laufenden Vorgaumlnge des Erfolgsbaumes ein

Das im Folgenden vorgestellte Meta-Tool ist darauf zugeschnitten Auswahl und An-wendung von Werkzeugen im Rahmen der Operational-Excellence-Methodik waumlhrend des Coachings an der Schnittstelle zwischen individuellem und kollektivem Lernen sys-tematisch zu erfassen zu bewerten sowie die geplanten und ausgefuumlhrten Maszlignahmen zu reflektieren Bei konsequenter Anwendung wirkt es wie ein Verstaumlrker fuumlr individuelles und organisationales Lernen und ermoumlglicht zudem eine systematische Praumlvention bei Fehlentwicklungen Daran sollten alle Lean Sigma anwendenden Unternehmen interes-siert sein

Abb 651 Meta-Tool zum individuellen Lernen

40564 Die Sustain-Phase

64213 Das Coaching mit dem Meta-ToolDie beiden entscheidenden Ziele beim Coaching sind das individuelle Lernen des BB im Operational-Excellence-Methodengebrauch zu foumlrdern und den Methodengebrauch in der Unternehmung zu standardisieren Beim woumlchentlichen Coaching muss dabei auf houmlchstmoumlgliche Eigenleistung des BBs geachtet werden So muss der BB zu Beginn jeder Projektphase aus allen Werkzeugen diejenigen vorschlagen welche aus seiner Sicht am sinnvollsten fuumlr die konkrete Situation sind Dazu uumlbergibt der MBB dem BB zu Beginn des Projektes ein Template mit den verfuumlgbaren Werkzeugen pro Phase Der BB mar-kiert bis zur naumlchsten Coaching-Sitzung auf dem Template alle Werkzeuge welche er in der Phase benutzen moumlchte In der Coaching-Sitzung muss der BB seine Werkzeugwahl explizit begruumlnden und dem MBB auch verstaumlndlich machen in welchen Schritten die Anwendung der einzelnen Werkzeug in der konkreten Situation geplant ist Durch diese Eigenleistung des BBs werden seine Gedankengaumlnge transparent gemacht und koumlnnen do-kumentiert werden Werkzeugauswahl und -anwendung werden fuumlr den MBB als Agenten des kollektiven Lernens in der Coaching-Sitzung explizit beurteilbar und steuerbar

Der MBB lenkt die Aufmerksamkeit des BBs in der Coaching-Sitzung auf die Werk-zeuge die in der Projektsituation am besten geeignet sind Trifft der MBB auf Argumenta-tionsschwaumlchen ist es wichtig diese zu hinterfragen Konzeptionelle Staumlrken und Schwauml-chen werden im Template vermerkt Individuell vereinbarte Maszlignahmen werden ebenfalls auf dem Template vermerkt

Die vereinbarten Maszlignahmen beschraumlnken sich keinesfalls auf den individuellen Lern-horizont des BBs Falls sich bei der Beurteilung der Argumentation beispielsweise das zugrunde liegende Ausbildungsmaterial als fehlerhaft erweist gehen entsprechende Auf-traumlge an die Ausbildungsverantwortlichen Solche Auftraumlge werden ebenfalls auf der Vor-lage vermerkt und anschlieszligend der Fortschritt kontrolliert

Bei (Waumlhrend) der bdquoReiseldquo durch die DMAIC-Projektphasen entsteht so eine fuumlr BB und MBB nutzbare Geschichte uumlber die Anwendung von Tools Eine Geschichte der uumlber-wundenen Schwaumlchen und eine Analyse der Gruumlnde fuumlr diese Schwaumlchen Es entsteht ein Verzeichnis der getroffenen Maszlignahmen Kurz ein individuelles Lern- und Anwendungs-protokoll fuumlr den BB Auftraumlge an kollektive Aktoren wie etwa im Beispiel an die Ausbil-dungsverantwortlichen bereichern dieses individuelle Lern- und Anwendungsprotokoll um Aspekte des kollektiven Lernens

Die ebenfalls durchzufuumlhrende Bewertung nach erfolgter Anwendung fuumlhrt zudem zu Anreizen fuumlr den BB sich die Methodik gruumlndlich anzueignen Es kann davon ausgegan-gen werden dass bei folgenden Projekten die gleichen Fehler nicht mehr gemacht werden Uumlber alle Projekte die ein BB in seiner Operational-Excellence-Karriere durchlaumluft ent-steht so uumlber das individuelle Lernprotokoll hinaus auch eine individuelle Landkarte der angewendeten Werkzeuge

Nutzen alle BBs und MBBs eines Unternehmens das Meta-Tool wird mit der Zeit ein auswertbarer Daten-Pool geschaffen Mittels der auf Mikroebene generierten Daten ist es in transparenter und durchgaumlngiger Weise moumlglich auf der Makroebene des Unterneh-mens Muster von methodischen Abweichungen zu erkennen Darauf basierend koumlnnen gezielte Korrekturmaszlignahmen eingeleitet werden

406 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die Ausbildung von zukuumlnftigen BBs wird auf die Anwendungsschwierigkeiten zu-geschnitten Refresher-Kurse werden angeboten oder bestimmte Tools werden aus dem Werkzeugkasten des Unternehmens gestrichen Anhand der individuellen Lernprotokolle kann schlieszliglich uumlberpruumlft werden ob die eingeleiteten Aumlnderungen der Ausbildung ins-gesamt erfolgreich waren Die bdquoneuldquo geschulten BBs sollten ja nicht vor den gleichen Schwierigkeiten stehen wie die vorher geschulten

64214 Der Benefit durch den Operational-Excellence-ErfolgsbaumDurch das Meta-Werkzeug wird auf verschiedenen Ebenen ein kontrollierter Fortschritt bei der Auswahl und Anwendung von Operational-Excellence-Werkzeugen erreicht In dem Werkzeugauswahlprozess ist sichergestellt dass der BB die Auswahl mit Blick auf alle verfuumlgbaren Werkzeuge trifft Die Auswahl eines Werkzeuges erfolgt ebenso begruumln-det wie die Nichtauswahl Das erweitert den expliziten Methodenhorizont des BBs

Bei der Werkzeuganwendung werden Fehler praumlventiv vermieden Das Coaching-Ver-fahren beguumlnstigt eine standardisierte Methodentreue aller BBs und unterstuumltzt damit die nachhaltige Wirkung der Lean-Sigma-Initiative

Dadurch dass der BB dem Coach die Werkzeugauswahl begruumlnden und die Anwen-dung erklaumlren muss werden seine konzeptionellen Gedanken sichtbar und damit im Sinne einer professionellen Anwendung steuerbar Sein Methodenwissen wird explizit gemacht und geht mit der richtigen professionellen Anwendung des Werkzeuges in ein bdquoKoumlnnenldquo uumlber Dadurch wird eine Beherrschung der Methode durch die BBs gefoumlrdert

Durch Integration der Anwendungsmuster zu einem firmenspezifischen Gesamtbild er-geben sich uumlberindividuelle Interpretationsmoumlglichkeiten woraus Maszlignahmen mit Blick auf die Gesamtorganisation abgeleitet werden koumlnnen

Der Lernerfolg der Organisation wird so steuerbar und uumlberpruumlfbar Ausbildung und Coaching werden immer fokussierter effektiver und effizienter

Um das zu erreichen sind neben dem Meta-Tool auch Disziplin und eine Stunde Zeit pro Woche notwendig Zeit fuumlr den BB sich sein Vorgehen explizit zurechtzulegen und ggf seine Gedanken anzupassen Zeit um das Template des Meta-Tools auszufuumlllen Zeit fuumlr die MBBs die Vorlagen individuell waumlhrend des Coachings zu besprechen und nach-zubearbeiten Ferner benoumltigt der MBB Zeit dafuumlr Auswertungen uumlber das ganze Unter-nehmen aus den Daten zu ziehen und Maszlignahmen umzusetzen Ein Investment das sich in jedem Fall lohnt

6422 CRAFT (Continuous Rollout Assistance amp Feedback Technology)Vielen strategischen Initiativen fehlt die Durchsetzungskraft wenn der Alltag nach heiszligen Projektphasen wieder eingekehrt ist Hier wird eine erarbeite Vertriebsstrategie im Feld nicht umgesetzt und dort wird eine fuumlr viel Geld entwickelte Software nicht genutzt Die zwei Gruumlnder der Meilenstein Gesellschaft aus Koumlln haben etliche Erfahrungen dieser Natur waumlhrend ihrer Beratungstaumltigkeit im Bereich Vertrieb Pricing und Change sam-meln duumlrfen und im Gegenzug eine Methode entwickelt mit deren Hilfe der Roll-Out

40764 Die Sustain-Phase

von unternehmensweiten Initiativen effizienter gestaltet wird Angetrieben von der Frage warum das Gros der strategischen Aktivitaumlten in den seltensten Faumlllen wie geplant um-gesetzt wird stellten die zwei fest dass die Mitarbeiter haumlufig vor vollendete Tatsachen gestellt werden worunter die Akzeptanz der Veraumlnderung entscheidend leidet und dass die betroffenen Personen beim Erlernen der neuen Inhalte Ablaumlufe und Methoden alleine gelassen werden Um genau diesen beiden Faktoren entgegenzuwirken wird eine inten-sive Begleitung des Umsetzungsprozesses benoumltigt Die Meilenstein Gesellschaft baut im Folgenden auf vier Lernprinzipien damit Akzeptanz der Veraumlnderung geschaffen wird und die strategische Planung treffsicher umgesetzt werden kann

1 bdquoPower Law of Practiceldquo Je haumlufiger Inhalte und Anwendungen wiederholt werden desto weniger wird vergessen Das klingt einfach und ist auch nicht neu Doch auch die Anzahl der Wiederholungen die bei den verschiedenen Mitarbeitern notwendig sind um ein bestimmtes Level an Wissen sicherzustellen variieren stark Waumlhrend der Mitarbeiter Muumlller einen bestimmten Inhalt nur dreimal wiederholen muss um ihn anwenden zu koumlnnen benoumltigt Mitarbeiter Schmidt sieben Lerneinheiten Trainings-programme und Schulungen muumlssen dies beruumlcksichtigen damit der jeweilige Lern-inhalt im Rahmen einer Veraumlnderung anschlussfaumlhig bleibt

2 bdquoSpacing Effectldquo Auch hier ist der Grundgedanke simpel und bereits bekannt Zum Erlernen von Neuem benoumltigt es einen bestimmten Abstand zwischen den Lernein-heiten um das Neue gewissermaszligen zu bdquoverdauenldquo Ist der zeitliche Abstand zwischen den Einheiten zu kurz verlieren die Einheiten an Effizienz ist er jedoch zu lang wurde bereits wieder zu viel vergessen Es kommt die Tatsache erschwerend hinzu dass auch dieser optimale Zeitabstand zwischen Einheiten von Mitarbeiter Muumlller zu Mitarbeiter Schmidt variiert Mit denen in der Praxis weit verbreiteten Gruppenschulungen wird man diesen ersten beiden Lernprinzipien nicht mehr gerecht

3 bdquo70-20-10 Modelldquo Verschiedene Untersuchungen haben ergeben dass ein Groszligteil des Lernerfolgs eben nicht durch Schulungen Seminare und Handbuumlcher erreicht wer-den kann In Zahlen ausgedruumlckt bedeutet dies Lediglich 10 machen Schulungen und Co aus 20 bilden das Lernen von Anderen ab und 70 werden durch Taumltig-keiten bdquoon-the-jobldquo erreicht Die Herausforderung ist es den Umsetzungsprozess von strategischen Vorhaben so zu gestalten dass es den Mitarbeitern ermoumlglicht wird bdquoon-the-jobldquo moumlglichst effizient und im Idealfall gesteuert zu lernen Dieser Aspekt wird bei den meisten Organisationen die Veraumlnderungsinitiativen anstoszligen ausgeblendet Das Scheitern von strategischen Vorhaben hat demnach eine einfache Erklaumlrung

4 bdquoValue of Feedbackldquo Das letzte verarbeitete Lernprinzip sagt aus dass Feedback und insbesondere unmittelbares Feedback (sogenannte Ad-hoc-Hinweise) mit Abstand der effizienteste Weg sind neue Inhalte zu erlernen Dem gegenuumlber steht besonders das gaumlngige bdquoincentivierte Lernenldquo oder ausschlieszliglich uumlber motivierende Faktoren funk-tionierende Lernen Studien zeigen dass systematische Feedback-Strukturen und die Ad-hoc-Hinweise 24-mal so effizient sind

408 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wenn man sich diese in Abb 652 653 654 und 655 dargestellten vier Lernprinzipi-en vor Augen fuumlhrt wird klar warum viele Veraumlnderungsinitiativen scheitern Alle vier in einem Trainingsprozess zu beruumlcksichtigen bedarf eines enormen Zeitaufwandes wie eine einfache Rechnung zeigt

Durchschnittlich sind nach Erfahrung der Meilenstein Gesellschaft zehn Trainings-einheiten (Einzeltraining) agrave 30 min uumlber einen Zeitraum von acht Wochen noumltig damit ein Mitarbeiter ein neues Programm nicht nur befuumlrwortet sondern dessen Inhalte auch treffsicher bei der taumlglichen Arbeit anwendet Dies ergibt fuumlnf Stunden Einzeltraining pro Mitarbeiter bei einem Team von 100 Mitarbeitern dementsprechend 500 h Noch nicht eingerechnet ist hier die Zeit fuumlr die Vor- und Nachbereitung der Einzeltrainings die durchschnittlich noch einmal 500 h in Anspruch nimmt Doch keine Top-Fuumlhrungskraft oder Geschaumlftsleitung kann nur fuumlr diesen Lernprozess 1000 h uumlber einen Zeitraum von zwei bis drei Monate in einen Mitarbeiter investieren Die Realitaumlt in der Praxis ist aber ernuumlchternd Nicht einmal 120 dieser Zeit (50 h) wird in die Mitarbeiter investiert Kein Wunder dass die meisten Veraumlnderungsinitiativen scheitern wenn die im Stich gelassenen Mitarbeiter das neue Programm weder gutheiszligen noch richtig verstanden haben

Abb 652 Power Law of Practice 1

40964 Die Sustain-Phase

Die Kernfrage besteht darin wie diese Lernprinzipien und die damit verbundene zeit-liche Investition in einen wirtschaftlich abbildbaren Prozess gegossen werden koumlnnen Das Ergebnis ist die Methode CRAFT (Continuous Rollout Assistance amp Feedback Tech-nology) Deren Kernelement ist dass die Mitarbeiter der Kunden auf ihre individuellen und spezifischen Anforderungen ausgerichtete Einzelminitrainings erhalten Zu diesem Zweck wird der Lerninhalt in Module eingeteilt und mit spezifischen Lernzielen versehen Die Feedback-Spezialisten von Meilenstein die aufgrund ihrer Spezialisierung deutlich effizienter werden begleiten dann fuumlr einen Zeitraum von sechs bis 16 Wochen (abhaumlngig vom Umfang der Lerninhalte) die Mitarbeiter Dabei entwickeln Sie individuelle Lern-plaumlne und fuumlhren die telefonischen Einzeltrainings durch So gelingt es den Mitarbeitern ein Training in Form eines Feedbacks zu Ihrer tatsaumlchlichen Taumltigkeit zu geben und das zu dem fuumlr sie optimalen Zeitpunkt Die Tatsache dass diese Trainings telefonisch durch-gefuumlhrt werden hat sich im Laufe der Zeit als weiterer Vorteil erwiesen Durch die Distanz wird das Feedback der Meilenstein Spezialisten gut angenommen die Mitarbeiter sind offen fuumlr die Empfehlungen die sie erhalten

rdquoSpacing Effectrdquo2

1 Einheit

1 Einheit

2 Einheit

2 Einheit

3 Einheit

3 Einheit

t

t

t

1 Einheit 2 Einheit 3 Einheit

Abb 653 Power Law of Practice 2

410 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Bei der Entwicklung dieser Methode wurde stets unter der Praumlmisse gearbeitet dass der Prozess fuumlr den Kunden bezahlbar bleiben muss sprich ein positiver ROI schon kurzfristig zu erzielen ist Durch den Einsatz von selbst gut geschulten Spezialisten einer lerneffizi-enten Arbeitsorganisation sowie von technologisch hochwertiger Unterstuumltzung wird man diesem Anspruch gerecht Die Resonanz aus der Praxis ist durch die Bank weg positiv

Wissen vermitteln und Muster erkennen ndash dieser Nutzen den die Meilenstein Gesell-schaft ihren Kunden bietet ist dabei sehr vielschichtig

Unter bdquoWissen vermittelnldquo beschreibt die Meilenstein Gesellschaft die Inhaltsvermitt-lung die durch Ihre Unterstuumltzungsprogramme gelingt Dadurch dass den ausfuumlhrenden Mitarbeitern ein Sparringpartner zur Seite gestellt wird ist es moumlglich neue Inhalte und Prozesse zielgerichtet schnell und dabei nachhaltig in der Organisation zu verankern Dies nimmt nicht nur der einzelne Mitarbeiter positiv auf sondern dem Unternehmen wird es ermoumlglicht das Potenzial der strategischen Aktivitaumlt zeitnah zu heben Durch die-se intensive Begleitung der Mitarbeiter gelingt es auszligerdem auch die Mitarbeiter fuumlr ein Programm zu gewinnen die als resistent gegenuumlber Veraumlnderungen beschrieben werden koumlnnen (i d R 20 aller Betroffenen)

Abb 654 70-20-10 Model

41164 Die Sustain-Phase

Unter dem Stichwort bdquoMuster erkennenldquo fasst die Meilenstein Gesellschaft drei nicht minder zu bewertende Nutzenaspekte der Programme zusammen Erstens gelingt eine Be-wertung und Anpassung der Initiative und deren Inhalte auf taumlglicher Basis Dadurch dass die Meilenstein Spezialisten mit all den Mitarbeitern des Unternehmens in Kontakt stehen koumlnnen sie erkennen wo die Staumlrken und wo die Schwaumlchen des Programms liegen Zu dieser Erkenntnis gelangt man bei den uumlblichen Umsetzungsprozessen haumlufig erst nach Monaten wenn dies uumlberhaupt gelingt Eine solche qualitative Bewertung des Programms erweist sich vor allem im Nachhinein von enormem Wert da strategische Anpassungen zeitnah vorgenommen werden koumlnnen Zweitens besteht ein weiterer Nutzen darin dass es durch die Methodik gelingt das Wissen des gesamten Teams zu sammeln aufzubereiten in das Schulungsmaterial einzuarbeiten und dann zielgerichtet an die richtigen Stellen und Mitarbeiter weiterzuleiten Diese Kanalisierung des unternehmensinternen Wissens findet in der Praxis trotz aller Wissensmanagementsysteme meist nur unzureichend statt Drittens gelingt es dank des staumlndigen Kontaktes mit allen Mitarbeitern des Kunden versteckte aber relevante Themen Erkenntnisse und Muster in der Arbeit zu erkennen Diese bleiben in der Regel verborgen bzw koumlnnen nicht in einen Zusammenhang gesetzt werden

Abb 655 Value of Feedback

412 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die Benefits eines durch die Unterstuumltzungsmethodik der Meilenstein Gesellschaft be-gleiteten Kunden lassen sich auch auf die standardisierte Programmatik einer Operational-Excellence-Initiative beziehen So bieten die Ausbildungswege der Six-Sigma-Belt-Struk-tur die Benutzung von neuen Werkzeugen oder Softwareloumlsungen oder die Erfolgskont-rolle nach Projektende genuumlgend Anknuumlpfungspunkte um durch die inhaltlich richtigen und zeitlich sorgfaumlltig platzierten Fragen den Mitarbeitern die Umsetzung der kontinuier-lichen Verbesserungsphilosophie zu vereinfachen Abb 656

6423 GamificationEin weiteres Schluumlsselkonzept zur besseren Nutzung der Ressourcen eines Unternehmens fuumlr die Durchfuumlhrung einer Operational-Excellence-Initiative ist das aus dem Werbe- und Unterhaltungsbereich stammende Prinzip der Gamification Dieses handelt von der An-wendung spieltypischer Attribute in einem spielfremden Kontext um eine Motivations-steigerung zu erzielen Spieltypische Attribute beziehen sich auf das Design die Mecha-nismen die Psychologie und die Herausforderung von Spielen Ziel ist es mit typischen Verhaltenserscheinungen aus Spielen wie Engagement Interaktion Wettbewerb Koope-ration Bereitschaft und Lernen eine scheinbar eintoumlnige Taumltigkeit spannend zu gestal-ten Dieser Ansatz kann demnach in den unterschiedlichsten Bereichen ndash sowohl privat

Unternehmensinitiative

Korrektur

Rollout-Ziele

Rollout Vorbereitung

Erfolgs-kontrolle

Anpassung

Formales Trainingfuumlr Mitarbeiter

Ziele erreicht CRAFTcopy

Ad-hoc-FeedbackSpezialisten

Verbesserung

fuumlr

On-the-Job-Lernphase

durch Modul-

Abb 656 Die CRAFTcopy-Methode zum effizienten Rollout einer Unternehmensinitiative (Quelle Bilstein und Muumlller 2012)

41364 Die Sustain-Phase

als auch beruflich ndash genutzt werden Ob es um die Steigerung von Kundenbindung das schnellere Lernen in Fortbildungsseminaren das Ausfuumlllen der Steuererklaumlrung oder das Aufraffen zum Sport treiben geht Gamifizierte Anwendungen foumlrdern die Entscheidungs-freiheit den Spaszlig und die Selbststaumlndigkeit des Benutzers und verstaumlrken dadurch die Bindung zwischen Anwendung und Benutzer

Die Liste von positiven Beispielen ist lang (vgl Chou 2013 Herger 2011) Unternehmen wie Verizon Spotify Nike oder Deloitte konnten belastbare Ergebnisse durch die Anwen-dung von Gamification erzielen Bei Deloitte wurden Trainingsprogramme um 50 schnel-ler abgeschlossen Nike brachte uumlber 5 Mio Kunden dazu ihre Fitnessziele zu verbessern Spotify ersetzte das Erstellen eines Jahresberichtes durch eine Spielversion was zu einer Mitarbeiterbeteiligung von uumlber 90 fuumlhrte und Verizon konnte seine Kunden auf einer gamifizierten Homepage 30 laumlnger halten als auf der gewoumlhnlichen Webpage Auch im nichtindustriellen Sektor sprechen zahlreiche Beispiele fuumlr sich So wurde durch die Zusam-menarbeit des Center fuumlr Spielewissenschaften und des Department fuumlr Biochemie an der Universitaumlt Washington ein Protein-Puzzle (Foldit) entwickelt welches sich mit der Loumlsung eines fuumlr AIDS verantwortlichen Virus beschaumlftigt Mitspieler auf der ganzen Welt (uumlber 240000) standen somit im Wettbewerb wer zuerst eine passende Proteinstruktur finden wuumlrde Was hochrangige Wissenschaftler in 15 Jahren nicht loumlsen konnten gelang Foldit in 10 Tagen Eine weitere Organisation schrieb sich die Reduzierung von Energie auf die Fahnen und entwickelte ein Spiel in dem der Stromverbrauch des eigenen Haushaltes mit dem der Nachbarn direkt verglichen wurde Im Durchschnitt verbrauchten die Benutzer 2 weniger Strom (vgl Chou 2013 und Herger 2011) Das machte in 2012 eine Ersparnis von uumlber 1 Terrawatt aus ndash das entspricht 100000 Autos die aus dem Verkehr gezogen werden

Gamification hat also wenig mit dem tatsaumlchlichen Spielen zu tun sondern integriert Me-chanismen die den Spaszligfaktor eines Spiels ausmachen in spielfremde Zusammenhaumlnge um Engagement und Teilnahmebereitschaft zu steigern Das Prinzip kann aber nicht auf saumlmt-liche Problemstellungen angewendet werden Wenn Mitarbeiter die Anwendung einer Soft-ware nicht verstehen sollte der Zugang erleichtert werden Wenn Mitarbeiter an Meetings nur unregelmaumlszligig teilnehmen weil sie mit Arbeit uumlberlastet sind dann sollte man diese Be-lastung reduzieren Gamification kommt immer erst dann ins Spiel wenn Mitarbeiter nicht ausreichend motiviert sind Bieten die haumlufig zaumlhen und statistisch-mathematisch gepraumlgten Trockenuumlbungen einer Black-Belt-Ausbildung nicht Motivationspotenzial Die Installation eines auf monetaumlren Mitteln beruhenden Bestechungssystems ist damit nicht gemeint Wenn die Credit Suisse ihren Lean-Sigma-Black-Belts 1000 Schweizer Franken im Monat mehr zahlt koumlnnen Sie sicher sein dass bei der naumlchsten strategischen Initiative bei der kein Geld fuumlr die Fortbildung gezahlt wird die Anzahl der freiwilligen Teilnehmer rapide sinkt Ziel muss immer die intrinsische Motivation des Mitarbeiters sein welche mit der Foumlrderung von Faumlhigkeiten der Ausweitung von Autonomie und der Sinnstiftung der Taumltigkeiten adressiert wird Es sollte jeder Fuumlhrungskraft ein Anliegen sein die folgenden Elemente von Gamifica-tion sowohl im Alltagsgeschaumlft als auch in Projektaktivitaumlten zu beruumlcksichtigen

414 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

1 Gruppenarbeit Das Knuumlpfen von Kontakten und erstellen von Netzwerken steigert die Erfolgswahrscheinlichkeit beim Loumlsen von Problemen

2 Ruumlckmeldung Alle Aktivitaumlten fuumlhren zu einem sichtbaren Feedback (z B Highscore oder Erhalt von virtuellen Guumltern)

3 Gefilterte Informationen Der Anwender sollte beim Loumlsen eines Problems nicht mit unnoumltigen Informationen beladen werden Gerade Lernspiele bauen kontinuierlich auf-einander auf und nehmen dabei keine wichtige Information vorweg

4 Rangliste Sobald der Benutzer den Status und Fortschritt anderer Benutzer sieht ent-steht eine Art Wettbewerb der houmlhere Leistungsbereitschaft ermoumlglichen kann

5 Transparenz Der Anwender sollte das Ergebnis einer Aktivitaumlt kennen (z B Erhalt von Status-punkten) Dies hilft dem Anwender dabei die Bedeutung seiner Aktivitaumlten bes-ser einschaumltzen zu koumlnnen Dies wirkt sich positiv auf das Streben nach einem tieferen Sinn in der Taumltigkeit aus Gleichzeitig sollte der Anwender klar erkennen koumlnnen wo er gerade beim Erfuumlllen einer Aufgabe steht (z B durch eine Prozentanzeige) Transparenz hinsichtlich des persoumlnlichen Fortschritts ist ein wichtiges Element von Motivation

6 Status Quest Dies beschreibt eine Taumltigkeit die in einem bestimmten Zeithorizont zu erledigen ist Durch das stetige Wiederholen (z B durch Raumltsel) koumlnnen Erfahrungen und Qualifikationen trainiert werden Wenn das zusaumltzlich in einer Gruppenkonstella-tion stattfindet wird gleichzeitig die Teamfaumlhigkeit gestaumlrkt

Moumlgliche Anknuumlpfungspunkte fuumlr das Prinzip der Gamifizierung lassen sich auch im Rah-men einer Operational-Excellence-Initiative finden Die folgenden Punkte sollen Denk-anstoumlszlige sein um in Zukunft in der einen oder anderen Situation den Blick uumlber den Teller-rand zu wagen Seien Sie kreativ

bull Warum bringen Sie die Mitglieder Ihres Projektteams nicht miteinander in Kontakt Dieser Kontakt sollte nicht nur einen informativen sondern vor allem Feedback-Cha-rakter haben So kann beispielsweise die Problemstellung eines Mitgliedes im Rahmen eines Projektplenums gleich von anderen Projektbeteiligten eingeschaumltzt werden

bull Warum rotiert das eine oder andere Projektmitglied nicht In der Tat kann dies bei inter-national verflochtenen Initiativen schwieriger sein als wenn eine gewisse Anzahl von Operational-Excellence-Projekten raumlumlich nah beieinander liegt Einzelne Mitglieder bauen sich so schnell ihre Problemloumlsungskompetenz aus und forcieren den Wissens-austausch in der Organisation

bull Warum gibt es keine Highscores fuumlr die Projekte Wenn in einem Unternehmen 15 Operational-Excellence-Projekte durchgefuumlhrt werden kann die Haumllfte in Form einer bdquoBundesligaldquo dargestellt werden (die Rolle der bdquoroten Laterneldquo als Tabellenletzter soll-te aus stimmungshygienischen Gruumlnden niemand einnehmen) In welchem Team sind die wenigsten Mitarbeiter krank Welches Team weist den groumlszligten Nettobeitrag auf Welches Projekt konnte die Kundenzufriedenheit am meisten steigern

bull Warum wird nach einer Projektwelle das beste Team nicht praumlmiert Man kann die Teams mit virtuellen Guumltern auszeichnen die sich ab einer gewissen Menge in reale

41564 Die Sustain-Phase

Guumlter umwandeln(z B Gewinn einer Staumldtereise fuumlr das Team) Warum wird nach der Ausbildungszeit nicht der beste Black Belt auf aumlhnliche Art und Weise praumlmiert

bull Warum wird nicht darauf geachtet dass die Belt-Auszubildenden keine Schema-F-Schulung erhalten Man kann die Schulungen spezifizieren ndash abhaumlngig von der Bran-che der Unternehmensstrategie oder des Projektinhaltes So werden die Mitarbeiter nicht mit unnoumltigen Werkzeugschulungen beladen

bull Warum laumlsst man waumlhrend Meetings nicht einen Meeting-Ticker laufen und praumlmiert das Team mit den kostenguumlnstigsten Meetings (vgl Tripp et al 2013) So gibt es eine webbasierte Loumlsung fuumlr die Ermittlung der Kosten eines Projekt-Meetings indem man die Anzahl der Teilnehmer deren durchschnittlichen Stundenlohn und die Dauer des Meetings beruumlcksichtigt

bull Warum gibt es nicht eine allgemein zugaumlngliche bdquoRaumltsel-Datenbankldquo in der alle aktu-ellen Probleme und Stoumlrungen in Prozessen dokumentiert und visualisiert sind Jeder Mitarbeiter kann so seinen persoumlnlichen Highscore im Raumltsel- bzw Problemloumlsen stei-gern und gleichzeitig seine Erfahrung und Qualifikation verbessern Eventuell kann derjenige der die meisten Probleme in einem Monat geloumlst hat mit Sonderkonditionen in der Kantine belohnt werden

6424 Professionelle TrennungDie Trennung von Mitarbeitern ist haumlufig das (hoffentlich) letzte Mittel um mit oumlkonomischen Realitaumlten umzugehen Dass allein mit einem Stellenabbau nur kurzfristige Profitabilitaumlts-spruumlnge erreicht werden beweisen Studien schon lange aumlndert aber nichts daran dass diese Erkenntnis haumlufig (auch unter dem Deckmantel von Kostenreduzierungen durch Operational Excellence) ignoriert wird Es gibt zahlreiche verstaumlndliche (Insolvenzvermeidung) und we-niger nachvollziehbare (ungeschickte Kommunikation) Gruumlnde fuumlr einen Personalabbau Wir konzentrieren uns auf folgende Konstellation Eine Gruppe von Mitarbeitern weigert sich ve-hement die strategische Bemuumlhung von Operational Excellence zu akzeptieren und mitzutra-gen und blockiert nicht nur die Arbeit im Projekt sondern verbreitet auch schlechte Stimmung und Geruumlchte Wer es mit einer kulturellen Transformation ernst meint wird ein konsequentes Durchgreifen nicht vermeiden koumlnnen Warum es lohnt Mitarbeiter nicht bdquoeiskalt zu exeku-tierenldquo soll naumlher beleuchtet werden Konkrete Handlungsanweisungen um eine Kuumlndigung professionell handzuhaben stehen dabei im Vordergrund Grundsaumltzlich kann man sagen Je fruumlher sich die Unternehmensleitung mit konkreten Maszlignahmen beschaumlftigt desto sozial-vertraumlglicher laumlsst sich das Ergebnis gestalten ndash fuumlr das Ziel einer einvernehmlichen Loumlsung braucht es einen gewissen Vorlauf Schwerwiegende emotionale und betriebswirtschaftliche Nebenwirkungen von Personalveraumlnderungen sind dabei zu vermeiden

64241 Warum lohnt sich ein bdquoprofessionelles Trennungsmanagementldquo ohne Nebenwirkungen

Ohne eine gesunde Portion an Sensibilitaumlt werden Sie fuumlr unkontrollierbare Unruhe im eigenen Haus sorgen Moumlgliche Folgeschaumlden bei den anderen Mitarbeitern (Produk-tivitaumlt und Arbeitsmoral sinken Vertrauen in Fuumlhrungsebene schwindet) oder bei sich

416 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

selbst (Ablenkung vom notwendigen Tagesgeschaumlft) muumlssen vermieden werden Wenn die Trennung von einem Mitarbeiter nicht wertschaumltzend durchgefuumlhrt wird sehen und spuumlren das auch die anderen Mitarbeiter Schlieszliglich koumlnnte auch mit ihnen mal so umgegangen werden ndash in der Folge verlassen haumlufig die Besten das bdquosinkendeldquo Schiff zuerst

Durch unprofessionelle Trennungsgespraumlche werden Kosten verursacht Dabei spielen gerade nicht die offensichtlichen Kosten (Abfindungen Vorruhestandsregelungen etc) die entscheidende Rolle sondern die verdeckten Kosten (Imageverlust beim Kunden geringe Attraktivitaumlt auf dem Arbeitsmarkt Abfluss von Wissen Loyalitaumltsverlust Verbreitung von Krisendenken in der Belegschaft) Wer gegenuumlber diesen Faktoren ignorant ist kuumlm-mert sich nicht um das Wohl der Organisation

64242 Warum ist ein Trennungsgespraumlch so schwierigJedes Trennungsgespraumlch ist einzigartig ndash dementsprechend viel feinmechanische Erfah-rung wird beim Umgang mit diesen kritischen Situationen benoumltigt Bin ich souveraumln genug Habe ich mich auf die moumlglichen Reaktionen vorbereitet Besitze ich die ent-sprechenden kommunikativen Faumlhigkeiten Habe ich das Gespraumlch gut vorbereitet Wer nicht sicher in seinem Verhalten ist wird zwangslaumlufig erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit dem Betroffenen bekommen Ferner wird der Kontext durch die eigene Be-troffenheit beim Zerstoumlren einer Existenz stark beeinflusst Letztendlich ist ein derartiger Trennungsprozess eine sehr persoumlnliche Angelegenheit die nicht nur den Mitarbeiter und den Vorgesetzen angeht Die direkten Kollegen weitere Mitarbeiter der Betriebsrat die Geschaumlftsfuumlhrung die Eigentuumlmer der Partner die Familie und das soziale Umfeld des Betroffenen oder auch Lieferanten und Kunden sind Bestandteil dieser personellen Ver-aumlnderung Personalabbaumaszlignahmen neigen demnach dazu kulturelle und emotionale Bruumlche in der gesamten Organisation hervorzurufen

64243 Wie bereite ich mich auf das Gespraumlch vorAbgesehen davon dass vorweg alle Alternativen mit anderen Geschaumlftsbereichen oder Tochtergesellschaften abgeklaumlrt sein muumlssen gibt es acht Basisfragen zu beantworten

1 Wer fuumlhrt das Gespraumlch Das Gespraumlch hat der direkte Vorgesetzte unter vier Augen zu fuumlhren Das Gespraumlch

darf nicht delegiert werden Moumlglicherweise bietet ein Erst- und Zweitgespraumlch Raum und Zeit konstruktiv mit der Situation umzugehen

2 Wo findet das Gespraumlch statt Das Gespraumlch findet dort statt wo sonst auch Gespraumlche uumlblicherweise stattfinden Das

gewohnte Ambiente sollte ein geschlossener (kein verglaster) Raum sein Bieten Sie Getraumlnke an und halten Sie Taschentuumlcher parat

3 Wann findet das Gespraumlch statt Das Gespraumlch sollte nach guter Vorbereitung ohne groszlige Vorankuumlndigung tagsuumlber

zur Wochenmitte an keinem Festtag und so fruumlh wie moumlglich stattfinden

41764 Die Sustain-Phase

4 Wie lange dauert das Gespraumlch Uumlbermitteln Sie die Trennungsbotschaft in den ersten drei bis fuumlnf Saumltzen Das Gespraumlch

sollte 30 min nicht uumlberschreiten (15 min Botschaft und Erlaumluterung des Vorgesetzten 15 min fuumlr Aumluszligerungen des Mitarbeiters) Schauen Sie nicht staumlndig auf die Uhr

5 Was ist der Inhalt des Gespraumlchs Eine schlechte Nachricht bleibt eine schlechte Nachricht ndash auch wenn Sie eine Vier-

telstunde um den heiszligen Brei herumreden Die Trennung muss klar und unmissver-staumlndlich ausgesprochen werden und erklaumlren Sie wie die Entscheidung mit dem Management der Rechtsabteilung oder dem Betriebsrat abgestimmt ist Wenn Sie zwei Gespraumlche fuumlhren gehen Sie nicht direkt auf jede Einzelheit ein seien Sie aber auf alles vorbereitet (BegruumlndungAuswahlentscheidung Kernbotschaft Trennungs-konditionen Transferhilfen Sicherheitsaspekte Informationspolitik weiteres Proce-dere etc)

6 Wie beginne ich das Gespraumlch Wenden Sie sich dem Mitarbeiter sofort zu und erledigen Sie nicht erst noch andere

Taumltigkeiten Bieten Sie einen Platz an und ergreifen Sie die Initiative Bauen Sie die anfaumlngliche Spannung ab indem Sie beginnen zu reden

7 Wie fuumlhre ich das Gespraumlch Seien Sie verbindlich im Ton und korrekt in der Sprache Bleiben Sie ruhig behalten

Sie die Kontrolle und lassen Sie sich nicht provozieren Ihre Kernbotschaft muss in den ersten fuumlnf Saumltzen platziert werden Erlaumlutern Sie die Notwendigkeit dieser Maszlignahme so dass dem Mitarbeiter die endguumlltige Trennung klar wird Seien Sie sich Ihrer eige-nen emotionalen Reaktion bewusst und sorgen Sie fuumlr einen weitestgehend neutralen Gespraumlchsverlauf Lassen Sie dem Mitarbeiter Raum sich zu aumluszligern ndash vermeiden Sie aber eine Diskussion uumlber die Gruumlnde fuumlr die Trennung Emotional aufgeladene und rechthaberische Diskussionen fuumlhren nur zu Verhaumlrtung Houmlren Sie gut zu und halten Sie Pausen aus Vermeiden Sie trostreiche Worte ndash ein Hinweis dass dem Mitarbeiter professionelle Hilfe bei der Jobvermittlung angeboten wird kann mehr wert sein

8 Wie beende ich das Gespraumlch Beschraumlnken Sie das Gespraumlch auf 30 min In dieser Zeit muss der Mitarbeiter rea-

lisieren woran er ist Wiederholen Sie die getroffenen Vereinbarungen um Missver-staumlndnisse zu vermeiden Gestehen Sie Ihre eigene Betroffenheit ehrlich ein und gehen Sie nicht im Streit auseinander Vermeiden Sie Zugestaumlndnisse die Sie spaumlter nicht einhalten koumlnnen Wenn ein weiterer Termin folgen sollte gilt es diesen sehr zeitnah wahrzunehmen Haben Sie aber auch den Mut ein Gespraumlch abzubrechen wenn eine Fortfuumlhrung aussichtslos erscheint

Suchen Sie im Anschluss das Gespraumlch mit den anderen Kollegen um Transparenz und Nachvollziehbarkeit fuumlr die personelle Veraumlnderung zu schaffen Seien Sie ansprechbar fuumlr die Mitarbeiter (bdquoIch koumlnnte der Naumlchste seinldquo) und passen Sie die Organisation des Teams an die neue Situation an Sorgen Sie fuumlr eine gemeinsame Verarbeitung der Ereig-nisse um das Vertrauen der restlichen Mitarbeiter nicht zu verlieren

418 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

643 Guidance

Dieses Modul soll Aufschluss uumlber den Status einer Initiative oder einer durchgefuumlhrten Projektwelle geben Dafuumlr werden zwei Schnellverfahren beleuchtet Zum einen geht es darum eine belastbare Aussage hinsichtlich des bdquoFitnesszustandesldquo der gesamten Initiati-ve zu treffen Ein darauf ausgelegter Fragebogen ermoumlglicht eine entsprechende Evalua-tion und erlaubt bei objektiver Umsetzung Einblicke in das Innenleben einer Operational-Excellence-Initiative Zum anderen geht es um einen Quick Check der Implikationen hinsichtlich des Umgangs mit typischen Herausforderungen des Change Managements zulaumlsst Beide Tools sind von Entscheidungstraumlgern der Initiative selbstkritisch zu bearbei-ten denn nur dann koumlnnen die Ergebnisse in anstehenden strategischen Uumlberlegungen beruumlcksichtigt werden Abbildung 657 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

6431 Fitness-TestIn der Sustain-Phase gilt es den aktuellen Reifegrad der Operational-Excellence-Initiative konkreter zu untersuchen Wie bdquofitldquo ist die Initiative wie kann ich das bereits Erreichte fuumlr die naumlchsten Aktivitaumlten nutzen und wo liegen elementare Schwachstellen Diese Fragen koumln-nen im Sinne einer zuumlgig durchzufuumlhrenden Evaluation beantwortet werden (vgl Abb 658)

So beleuchten die vier Dimensionen Fuumlhrungsstaumlrke Kultur Expertise und Integration den Reifegrad einer Operational-Excellence-Initiative aus unterschiedlichen Perspekti-

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

rate

gyR

esou

rces

nce

OperationalExcellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

Gui

dan

Ben

efit

Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

B

Abb 657 Roadmap Guidance

41964 Die Sustain-Phase

ven Fuumlr eine entsprechende Auswertung muumlssen weitere Attribute der vier Dimensionen auf einer Skala von 1 bis 6 von der Initiativenleitung eingeschaumltzt werden15 Es ist zu empfehlen dass die Evaluation von mehreren Personen durchgefuumlhrt wird um einen aus-sagekraumlftigen und objektiven Durchschnitt zu erhalten

64311 Fuumlhrungsstaumlrkebull Bewusstsein Das Fuumlhrungsteam des Unternehmens und der Initiative ist sich der Dring-

lichkeit einer Verbesserung der operativen Performance bewusst und sehen die Initiative nicht als punktuelles Projekt sondern als einen notwendigen Bewusstseinswandel

15 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

Bewusstsein fuumlr Veraumlnderung

1ng

sstauml

rke

2 3 4 5 6

kein Bewusstseinfuumlr Veraumlnderung

Fitness-Test

Ausrichtung auf Prozesse

keine Ausrichtung auf Prozesse

itit ki

Fuumlhr

u prozessorientiertesVerhalten

kein prozess-orientiertes Verhalten

bottom-up top-Down

Zusammenarbeit keineZusammenarbeit

Kundenorientierung keineKundenorientierung

Verantwortung keineVerantwortung

Veraumlnderungs-bereitschaft

keine Veraumlnderungs-bereitschaft

Kul

tur

Prozessexperten keineProzessexperten

methodischeFaumlhigkeiten

keine methodischen FaumlhigkeitenEx

pert

ise

Prozessorientierung keineProzessorientierung

klare Zustaumlndigkeiten keine klaren Zustaumlndigkeiten

Inte

grat

ion

Einbindungder Initiative

keine Einbindungder Initiative

Abb 658 Fitness-Test

420 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Ausrichtung Fuumlhrungskraumlfte auf allen Hierarchieebenen engagieren sich fuumlr eine pro-zessorientierte Wertschoumlpfung und uumlbernehmen Verantwortung in Projektaktivitaumlten

bull Verhalten Die Fuumlhrungskraumlfte des Unternehmens leiten ihre Aufgabenbereiche pro-zessbasiert und leben den Ansatz von kontinuierlicher Verbesserung vor

bull Stil Der Fuumlhrungsstil ist durch die Vision der Initiative beeinflusst sodass Verantwor-tung und Kontrolle eher abgeben werden als dass die Mitarbeiter bdquotop-downldquo gefuumlhrt werden

64312 Kulturbull Zusammenarbeit Die Projektarbeit basiert auf konstruktivem Teamwork uumlber alle

Funktionen und Linienbereiche hinwegbull Kunden Die Mitarbeiter realisieren dass es Kern ihrer Aufgabe ist fuumlr den Kunden

auszligergewoumlhnlichen Mehrwert zu schaffenbull Verantwortung Die Mitarbeiter fuumlhlen sich verantwortlich fuumlr die Projektergebnisse

und entwickeln den Ehrgeiz das Leistungsvermoumlgen der Organisation fuumlr den Kunden stetig zu verbessern

bull Veraumlnderungsbereitschaft Die Belegschaft sieht Veraumlnderung als unvermeidlich an und integriert den offenen Umgang mit der Zukunft in ihren Alltag

64313 Expertisebull Mitarbeiter Ein wesentlicher Anteil der Mitarbeiter verfuumlgt uumlber ausgewiesene Ex-

pertise in den Bereichen Prozessoptimierung Projektmanagement und Change Ma-nagement ndash eine solide Ausbildungs- und Weiterbildungsstruktur stellt diese Faumlhigkei-ten auch in Zukunft sicher

bull Methode Operational Excellence hat sich als eine Kernkompetenz der Organisation etabliert und wird stetig weiter entwickelt

64314 Integrationbull Prozessorientierung Die Bedeutung einer prozessorientierten Wertschoumlpfungskette

wirkt sich positiv auf die Beziehung zu Kunden und Zulieferern aus und flieszligt auch in die Strategieentwicklung des Unternehmens ein

bull Zustaumlndigkeit Es gibt Prozessverantwortliche fuumlr abgeschlossene Projekte die in einem engen Austausch mit der Leitung der Initiative stehen sodass der Fortschritt durch Operational Excellence den Prozessverantwortlichen stetig bewusst ist

bull Einbindung Die Leitung der Initiative und das entsprechende Projektmanagement-Of-fice16 sind feste Bestandteile im bdquoOrganigrammldquo der Unternehmung und forcieren die nach-haltige Integration der Operational-Excellence-Organisation in die Aufbauorganisation

16 Zusaumltzlich zu den klassischen Aufgaben eines Projektbuumlros (Fokus administrative Abwicklung des Projektes) beinhaltet die Verantwortung eines Projektmanagement-Offices (PMO) weitere Auf-gaben z B Priorisierung von Aufgaben Durchfuumlhrung von Audits Training von Projektmitglie-dern oder Wissensmanagement des Projektes

42164 Die Sustain-Phase

6432 Change CheckDurch einen weiteren schnell durchfuumlhrbaren Quick Check kann die Leitung der Initiati-ve ableiten wie sie bislang mit typischen Herausforderungen des Change-Managements umgegangen ist Je selbstkritischer die Fragen beantwortet werden desto eher lassen sich Verbesserungspotenziale erkennen Wenn Sie die zur Bewertung zugrunde gelegte Skala auf 1 bis 4 beschraumlnken17 vermeiden Sie wie bei einer Skala von 1 bis 5 die neutrale Mit-te und reduzieren im Vergleich mit einer Skala von 1 bis 6 gleichzeitig die Komplexitaumlt fuumlr den Befragten Dies bietet sich besonders bei so knappen Befragungen an (vgl Abb 659)

17 1 = Ja 2 = Eher ja 3 = Eher nein 4 = Nein

Frage 2

Frage 1

JaB

ewus

stse

inChange Check

Frage 2

Eher Ja Eher Nein NeinB

Frage 3

Frage 1

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hode

Frage 2

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Frage 1

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Frage 1

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udge Frage 2

Frage 3

Abb 659 Change Check

422 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Ja Eher

Ja

Eher

Nei

n

Nei

n

Haben die Fuumlhrungskraumlfte verstanden warum in der Vergangenheit InitiativenProjekte gescheitert bzw erfolgreich gewesen sind

Werden Veraumlnderungen bei soften Faktoren (Mitarbeitermotivation Arbeitsatmosphaumlre) die gleiche Bedeutung beigemessen wie bei der Veraumlnderung von harten Faktoren (Durchlaufzeit Deckungsbeitrag)

Wird die Veraumlnderung durch die Operational-Excellence-Initiative als kontinuierliche Reise wahrgenommen oder als einmaliges Projekt welches zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet ist

Besteht in Bezug auf das Know-how im Change Management ein erprobtes und etabliertes Methodenset welches regelmaumlszligig zur Anwendung kommt

Werden Kosten und Nutzen eines einzelnen Projektes dezidiert kalkuliert und der Benefit vergleichbar gemessen

Werden Change-Management-Tools wie selbstverstaumlndlich in die Projektarbeit integriert

Investieren Sie systematisch in eine ganzheitliche Operational-Excellence-Ausbildung (datenbasiert und menschenorientiert)

Sind die Rollen und Verantwortlichkeiten klar definiert Ist insbesondere der Projektsponsor committetund fest in die Kommunikation integriert (zB zum Abschluss einer jeden Ausbildung oder eines jeden Projektes)

Setzen Sie auf Prozesse und Technologien die es jedem Mitarbeiter ermoumlglichen informiert zu sein und Feedback geben zu koumlnnen

Planen Sie fuumlr jedes Projekt ein gewisses Budget fuumlr Change-Management-Aktivitaumlten ein

Machen Sie die Houmlhe des Budget von Komplexitaumlt und Potenzial des einzelnen Projektes abhaumlngig Belaumluft sich die investierte Summe auf uumlber 10 des Projektbudgets

Wir das Investment besonders fuumlr die ganzheitliche Ausbildung der Mitarbeiter und die Weiterentwicklung von methodischen Fertigkeiten genutzt

Fragebogen Change Check

Bewusstsein

Methode

Kompetenz

Budget

42364 Die Sustain-Phase

Im Ergebnis erhaumllt man schnell ein Abbild des Reifegrades der Change-Aktivitaumlten Die Verantwortlichen werden im Anschluss einschaumltzen koumlnnen ob die Operational-Excel-lence-Initiative eher von einer improvisierten Vorgehensweise beim Change Management gepraumlgt ist oder ob man von einem integrierten und systematisierten Ansatz sprechen kann Organisationen werden diesen Wendepunkt im Change Management (den Weg von einer Kunst zur Profession) meistern muumlssen um strategische Initiativen wie die der Ope-rational Excellence ergebniswirksam umzusetzen

644 Benefit

Im Leistungssport ist es nicht das Training was einen leistungsfaumlhiger macht sondern die Pause danach Auf den ersten Blick klingt das bedenklich aumlndert aber nichts am Wahrheits-gehalt dieser These Gleiches kann man auch fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative formulieren denn gerade die Konsolidierungs- und Findungszeit in der Sustain-Phase ent-scheidet letztendlich uumlber Erfolg und Misserfolg einer ganzen Initiative Warum ist das so

Erstens zeigen Studien dass nur bei einem Drittel aller Organisationen im Rahmen von Transformationsaktivitaumlten der Benefit uumlberhaupt gemessen wird und nur bei einem Bruchteil dieses Drittels belastbare und quantifizierbare Ergebnisse festgehalten werden koumlnnen (vgl Swanton 2010) Was bringt die Implementierung von Operational Excel-lence wenn man am Ende den Benefit nicht einschaumltzen kann geschweige denn dass sich die Initiative positiv in der Bilanz widerspiegelt Zweitens wird die Herausforderung den Fokus weniger auf die Aktivitaumlten in den Projekten sondern auf das was dabei herum-kommt zu legen um die Benefits gezielt auszuweisen unterschaumltzt (vgl Aron und Smith 2011) Differenziertes und aussagekraumlftiges bdquoValue Monitoringldquo geschieht nicht uumlber Nacht und soll im Folgenden diskutiert werden Im Anschluss wird ein Value-Readiness-Assessment daruumlber Aufschluss geben in welchem Reifestadium sich die Organisation hinsichtlich der Faumlhigkeit Benefits konkret und langfristig zu ermitteln befindet Der Zeit-punkt der Anwendung dieses Tools ist variabel ndash sollte aber in jedem Fall vor Abschluss der ersten Projekte geklaumlrt sein Das Tool des Value-Readiness-Assessments kann damit den Uumlbergang von der Transfer-Phase in die Sustain-Phase markieren Abbildung 660 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

6441 Value MonitoringIm Mittelpunkt stehen dabei die vier Benefit-Dimensionen Finanzen Prozesse Technolo-gie und Mitarbeiter aus Abb 661 Wo die bdquoGrundmauerldquo des Hauses aus den Mitarbeitern besteht entscheidet schlieszliglich die sich im bdquoDachldquo des Hauses zu findende Business-Ca-se-Rechnung uumlber Erfolg und Misserfolg einer Operational-Excellence-Initiative Das auf den naumlchsten Seiten abgebildete Vorgehen ist eine Empfehlung um die Benefits einer Ini-tiative bzw der einzelnen Projekte zu erfassen und aufrechtzuerhalten Die Initialzuumlndung findet dafuumlr bei der Planung der Initiative statt (Analyse- und Transfer-Phase) bevor die erzielten Ergebnisse konsolidiert werden koumlnnen (Sustain-Phase)

424 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Eine klare Verteilung der Verantwortlichkeiten unterstuumltzt ein ergebnisorientiertes Va-lue Monitoring Konkret bedeutet dies dass eine Taskforce fuumlr die im Folgenden beschrie-benen Taumltigkeiten einzurichten ist Organisatorisch sollte diese Einheit in einem direkten objektiven und kennzahlengestuumltzten Austausch mit der Initiativenleitung stehen Die Ini-tiativenleitung hat wiederum dafuumlr Sorge zu tragen dass auch dieser Abschnitt einer Ope-rational-Excellence-Initiative mit ausreichend Commitment auf breiter Basis durchgefuumlhrt werden kann Wenn ein Linienmanager nach der Umsetzung eines Projektes also der Mei-nung ist dass die Arbeit getan sei und man sich getrost wieder alten Problemen widmen koumlnne ohne die Werterstellung zu messen und dabei die Veraumlnderungen nachhaltig auf ihre Wirksamkeit zu uumlberpruumlfen hat die Taskforce dies umgehend an die Projekt- oder In-itiativenleitung zu eskalieren Aufgrund der hierarchischen Machtfuumllle der Initiativenlei-tung koumlnnen Gegenmaszlignahmen mit den richtigen Argumenten oder auch entsprechenden politischen Uumlberzeugungsmitteln manchmal Wunder wirken Diese Taskforce kann man sich also als eine nach bdquoobenldquo und bdquountenldquo gut vernetzte und einsatzbereite interne Feuer-wehrtruppe vorstellen die eine Vielzahl von Operational-Excellence-Projekten parallel begleitet und darauf achtet dass die Projektarbeit wie vereinbart durchgefuumlhrt wird und Nutzen stiftet Fuumlr die jeweiligen Black Belts bzw Projektleiter wird so der Kontakt zu einem Sparringspartner ermoumlglicht der ndash im Unterschied zur Initiativenleitung ndash naumlher am eigentlichen Geschehen ist Abbildung 662 skizziert eine moumlgliche Organisationsstruktur fuumlr die Installation einer Value Monitoring Taskforce

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

rate

gyR

esou

rces

nce

OperationalExcellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

Gui

dan

Ben

efit

Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

B

Abb 660 Roadmap Benefit

42564 Die Sustain-Phase

Der Grundstein fuumlr ein erfolgreiches Value Monitoring wird bereits bei der Planung der Initiative in der Analyse-Phase gelegt Der Fokus des Topmanagement-Commitments und der Vision der Operational-Excellence-Initiative muss so von Beginn an auf einer er-gebnisorientierten Transformation liegen Dies bedeutet dass auch die Berechnungen von Business Cases und die Einschaumltzung von Business Impacts in ein jedes Projekt integriert werden Die Relevanz von vereinbarten aussagekraumlftigen und uumlbersichtlichen Kennzah-

4| Finanzen|

2| Prozesse 3| Technologie

1| Mitarbeiter

1| Mitarbeiter|

Aus- und Weiterbildung von Faumlhigkeiten Wissensmanagementund Verbesserung von ArbeitsbedingungenBessere Kommunikation mit internen und externen StakeholdernErzielung von Effizienz beim Ressourceneinsatz

2| Prozesse

Serviceverbesserungen und Steigerung der operativen Leistungsfaumlhigkeit durch optimalen Ressourceneinsatz Erreichung von operativer Exzellenz und organisationsweiter Effektivitaumlt

3| Technologie

Erreichung von operationaler Effektivitaumlt und IT-Kostenersparnissen Harmonisierung von System- und Softwareloumlsungen

4| Finanzen

KostenersparnisUmsatzsteigerung

MarkenwertGeistiges KapitalImage+

Abb 661 Vier Benefit-Dimensionen des Value Monitorings

426 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

len wurde bereits in Kap 4 deutlich gemacht und gewinnt insbesondere im Kontext der Nutzenermittlung einer Initiative an Bedeutung Zusaumltzlich ist die reibungslose Verlin-kung zwischen der Taskforce des Value Monitoring und der Leitung der Initiative inkl der sich darunter kaskadierenden Projektmanagement-Offices als kritischer Erfolgsfaktor zu nennen Welche Rolle der Umgang mit den den Projekten zugrunde gelegten Business Ca-ses hat wird in Kuumlrze deutlich Ein Operational-Excellence-Projekt muss sich zu Beginn nicht nur durch einen belastbaren Business Case rechnen sondern dieser muss auch stetig an den sich veraumlndernden Rahmenbedingungen der Initiative ausgerichtet werden um die entsprechenden Verbesserungspotenziale zu heben

64411 Nutzenpotenziale ermittelnBevor die zustaumlndige Taskforce den Nutzen der einzelnen Projekte konkret benennen und beziffern kann gilt es die moumlglichen Nutzenpotenziale grob zu ermitteln Dies geschieht bei der Planung des Projektportfolios zum Ende der Analyse- oder zu Be-ginn der Transfer-Phase Es gilt dafuumlr die Veraumlnderungen welche die zukuumlnftigen Ge-schaumlftstaumltigkeiten bestimmen werden zu ermitteln Es sollte an dieser Stelle auf die bereits erarbeiteten Erkenntnisse eines Change-Impact-Assessments zuruumlckgegriffen werden Welche Veraumlnderungen werden anfallen um die Organisation vom Ist-Zustand in den Soll-Zustand zu transformieren Konkret Welche neuen Prozesse werden im-

Abb 662 Organisationsstruktur fuumlr die Installation einer Value Monitoring Taskforce

42764 Die Sustain-Phase

plementiert Welche neuen Technologien werden verwendet Welche organisationalen Veraumlnderungen also Rollen Verantwortlichkeiten und Arbeitsweisen stehen an Es wird keine mehrwertschaffende Operational-Excellence-Initiative geben ohne dass sich Strukturen der Aufbau- und Ablauforganisation grundlegend veraumlndern Wo Ver-aumlnderungen auftreten ergibt sich Potenzial Diese Veraumlnderungspotenziale (auch die damit einhergehenden Risiken) gilt es hier auf einem eher abstrakten Level fruumlhzeitig zu ermitteln

Beispiel Veraumlnderungspotenziale fruumlhzeitig ermitteln bei einem Automobilzulieferer

Die Geschaumlftsfuumlhrung eines mittelstaumlndischen Automobilzulieferers bereitet die Durchfuumlhrung einer Lean-Sigma-Initiative vor Die Initiativenleitung wird ein erfah-rener Master Black Belt und gleichzeitiges Mitglied der Geschaumlftsleitung uumlbernehmen Nach dem Startschuss und den ersten entsprechenden Ausbildungen beginnt die Arbeit in zwei Pilotprojekten in einer von zwei Tochtergesellschaften Ziel ist es in beiden Tochtergesellschaften jeweils rund zehn bis zwoumllf Lean-Sigma-Projekte zu starten Das eingerichtete Projektmanagement-Office uumlbernimmt unter der Regie eines ehemaligen Six-Sigma-Beraters zu Beginn der Initiative die Koordination der zwei Piloten Neben administrativen Aufgaben ist dieser auch fuumlr die Ausbildung der Projektmitarbeiter und das Wissensmanagement zustaumlndig Den Initiatoren der strategischen Initiative ist be-wusst dass sich das Vorhaben aufgrund des erheblichen Kostendrucks der Branche zuumlgig rechnen muss Ein externer Dienstleister fuumlr die Umsetzung von Lean-Sigma-Initiativen flankiert aus diesem Grund das Projektmanagement Office nicht nur mit ausgewiesener Change-Management-Expertise Als sogenanntes Value-Management-Team fungieren zwei eingesetzte Berater zur objektiven Begleitung der einzelnen Pi-lotprojekte Im Fokus stehen fuumlr die zwei Berater von Beginn an die Nutzengenerie-rung (anfangs durch schnelle bdquoQuick Winsldquo) die Entwicklung und Priorisierung des Projektportfolios und die Durchfuumlhrung von Projekt-Audits und Reviews Dabei steht das Value-Management-Team im direkten Austausch mit dem die Initiative leitenden MBB aus der Geschaumlftsleitung Besonders durch die externe und kritische Perspektive konnten zu Beginn der noch jungen Lean-Sigma-Initiative im Rahmen eines Business-Impact-Assessment (1 Workshop) die relevanten Nutzenpotenziale ermittelt werden Weiter wurden die ergiebigsten Nutzenpotenziale zeitnah priorisiert (2 Workshop mit-hilfe von Impact Cards aus Abb 663) und die Planung der naumlchsten Projekte in einer Lean-Sigma-Roadmap gestartet

64412 Nutzenpotenziale priorisierenIm anschlieszligenden Schritt muumlssen die ermittelten Nutzenpotenziale konkretisiert und priorisiert werden Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Diskussion wie die Aufbau- und Ablauforganisation in einer bdquoperfekten Weltldquo aussehen wuumlrden Unter der Voraussetzung dass alle Beteiligten und die relevanten betroffenen Mitarbeiter einver-standen mit dem bdquoperfektenldquo Soll-Zustand sind gilt es die relevanten Treiber fuumlr die-se geplante Entwicklung zu finden Welche technologischen Neuerungen (effizientere

428 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

ltteamgt

ltTo be inserted by the Team Lead gt

Short Description

Basic explanation of the Business Impact putting complex changes into a few words(can also be used as the elevator speech)

Business Impact Key Stakeholder Groups What it means to the organization

Key messages are visionelements which serve asbuilding blocks for supporting the overallclientrsquos vision

Key Stakeholder groups are groupsof people who are needed to implement the Business Impact ndash orit can be groups or individuals whocan effectively block the change

PromoterltName and positiongtKey Stakeholder Groups

ltName of the groupgtltName of the groupgtltName of the groupgtltName of the groupgt

Key Messages for Businesshelliphellip

Relevant Business Objectives

Low Medium High

Significance of the change that the country BU will experience

Additional countryBU viewdescribes more detailed

Alignment withClient Teams Action requiredImplications

specifics and impactsderived from countryBU feedback and proves in many cases that Business Impact contributes to countryBU targets

High interaction withltteamgtltteamgtltteamgt

Medium interaction with

helliphelliphellip

ltPeoplegtltOrganizationgtltProcessgtltTechnologygt

Listing of the 2 ndash 3 maintasks required to make the change happenAlignment with teams lists

program teams and groups

Implications list the effectsof this change on people organization processes and

who need to coordinate theireffort to deliver the overallsolution ndash typically from a process perspective This awareness is needed to complete the To-Be construct and test the solution train people for their new jobs

system The consequencesare what the program has to operationally plan around

j

Abb 663 Workshop mithilfe von Impact Cards

42964 Die Sustain-Phase

Maschinen) angepassten Prozesse (reibungsloser Dokumentationsaustausch) oder Ver-antwortlichkeiten (unternehmensweite anstatt regionale Verantwortlichkeit) sind fuumlr das Heben der ermittelten Nutzenpotenziale in einer bdquoperfekte Weltldquo essenziell Das grafische Darstellen zur anschlieszligenden Priorisierung ist hilfreich um eine solide Basis fuumlr die fol-gende Kalkulation eines Business Cases zu legen

Beispiel Nutzenpotenziale priorisieren bei einem Automobilzulieferer

Eine erarbeitete Impact Card im Hause des Automobilzulieferers geht auf das Potenzial ein welches sich durch das Zusammenlegen zweier Einkaufsabteilungen ergeben wuumlr-de Zur Festlegung der naumlchsten Projektwelle werden die in den Workshops erarbeite-ten Impact Cards mit den dazugehoumlrigen Nutzenpotenzialen vom Value-Management-Team und der Initiativenleitung priorisiert Eine grafische Moumlglichkeit zur Darstellung zeigt die Value Map (vgl Abb 664) Die Zentralisierung von Einkaufsprozessen stellt fuumlr den mittelstaumlndischen Automobilzulieferer eines der naumlchsten Projekte auf der Lean Sigma Roadmap dar

64413 Business Case entwickelnAls ein naumlchster Schritt muss das identifizierte Nutzenpotenzial in einem Business Case auf seinen Mehrwert getestet werden So werden die Potenziale nicht nur priorisiert son-dern von wirtschaftlichen und organisatorischen Gesichtspunkten her auch verstaumlndlich und erreichbar Es geht um die grundsaumltzliche Analyse wie viel das einzelne Projekt zur Hebung des identifizierten Potenzials kosten wuumlrde wie es um die Durchfuumlhrbarkeit und die Ausgangslage bestellt ist wie risikoreich das Unterfangen ist welche Vorteile sich dadurch ergeben und welchen finanziellen Benefit es verspricht Es gilt in diesem Kontext nicht nur auf quantitative sondern auch qualitative Kennzahlen und Daten zu-ruumlckzugreifen um eine differenzierte und sorgfaumlltige Begruumlndung fuumlr das Investment in das Projekt-Team dokumentieren und kommunizieren zu koumlnnen Viele Operational-Excellence-Initiativen werden unter der Anleitung des CFO durchgefuumlhrt ndash der Gefahr ausschlieszliglich die finanziellen Benefits eines Projektes zu sehen sind sich viele nicht bewusst Insbesondere der Fortschritt durch kulturelle Veraumlnderungen ist nicht nur an-fangs schwer in Zahlen auszudruumlcken Es ist wichtig dass sich alle federfuumlhrend be-teiligten Mitarbeiter im Klaren daruumlber sind dass ein einzelnes Projekt nur uumlber eine solide oumlkonomische Rechtfertigung und belastbare Analysen gestartet werden kann Die Intuition welches Problem das Wichtigste ist ndash auch wenn es sich um das Gespuumlr eines bdquoalten Hasenldquo im Unternehmen handelt ndash tritt in den Hintergrund Schlieszliglich ist die Kal-kulation eines Business Case ein wichtiger Bestandteil der Entscheidungsgrundlage fuumlr strategische Fragestellungen Welche Benefits eines Projektes sind nicht mehr lukrativ genug (Konsolidierung des Projektportfolios) Welche Mitarbeiter muumlssen zu welchem Zeitpunkt ausgebildet sein (Verteilung und Zeitplan von Projekt- und Ausbildungsbud-gets) Was bringt die Operational-Excellence-Initiative und lohnt es sich sie fortzusetzen (Strategieentwicklung der Organisation)

430 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

alPriorisierung der Nutzenpotentiale

High

56

116

1210

Um

fang

Nut

zenp

oten

tia

L

8

14

4 3

1511

16

Dringlichkeit HighLow

Low 14

2

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Identifizierte Potentiale

Kosten gt10 Mio euro gt5 Mio euro

Xxx

Xxx

Xxx

Zentralisierung Einkauf

Xxx

Xxx

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4

3

2

1

11

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8

7

5

6

13

14

15

Xxx16

7

13

Abb 664 Value Map

43164 Die Sustain-Phase

Beispiel Business Case entwickeln bei einem Automobilzulieferer

Fuumlr den MBB den Leiter der Lean-Sigma-Initiative im Hause des Automobilzuliefe-rers sind eine ergebnisorientierte Projektplanung und das Commitment der Geschaumlfts-fuumlhrung von enormer Bedeutung Dafuumlr liegt ihm insbesondere die detaillierte Doku-mentation von Business Cases am Herzen um zum einen die Entscheidungsgrundlage fuumlr die richtigen Projekte zu unterstuumltzen und zum anderen eine die Geschaumlftsfuumlhrung uumlberzeugende Unterlage an der Hand zu haben Die Dokumentation eines Business Case sollte sich seiner Meinung nach nicht nur auf die Rechtfertigung der gesamten Initiative beschraumlnken Er sieht jedes Lean-Sigma-Projekt als Mini-Initiative ndash das fuumlr sich genommen oumlkonomisch uumlberzeugen muss Der Aufbau der Business-Case-Doku-mentation sollte sich wie folgt gestalten1 Executive Summary2 Einfuumlhrung generelle Informationen uumlber die strategische Initiative3 Zielsetzung Offenlegung von Informationen (z B aus Business Impact und Change

Impact Assessment) die fuumlr die Initiierung des betrachteten Projektes relevant sind4 Vorgehensweise Beantwortung der Fragen warum wie und womit das Projekt eine

gewisse Problematik langfristig adressiert (der Automobilzulieferer waumlhlte fuumlr die Neugestaltung von Geschaumlftsprozessen der zwei Einkaufsabteilungen den DMADV-Zyklus von Six Sigma)

5 Umsetzung Darstellung des Projektplans (Meilensteine Risiken etc)6 Ressourcen Identifizierung aller relevanten Beteiligten die fuumlr den Projekterfolg

verantwortlich sein werden (z B Kurzbeschreibung des Ausbildungsplans)7 Kalkulation Quantifizierung und Qualifizierung des Benefits und der Kosten an-

hand von belastbaren Kennzahlen8 Gesamtzusammenhang Dokumentation der Bedeutung des Projektes im Kontext

der gesamten Initiative

64414 Nutzenverantwortlichkeiten bestimmenDamit sich der Business Case wirksam entfalten kann muumlssen bdquoNutzenverantwortlicheldquo definiert werden Im Idealfall wird die fuumlr den zukuumlnftigen Prozess verantwortliche Per-son (der sogenannte Process Owner) schon fruumlh in die Projektaktivitaumlten miteingespannt damit die erarbeiteten Verbesserungen sich langfristig durchsetzen koumlnnen Dieser Process Owner hat fuumlr Transparenz und die Aufrechterhaltung von Veraumlnderungen zu sorgen erst recht wenn das Projekt abgeschlossen worden ist Wenn die richtigen Mitarbeiter von Beginn an mit in die Projektarbeit involviert worden sind wird sich das in Form von besonderer Motivation (der Mitarbeiter hat auf die Verbesserung seines eigenen Arbeits-platzes Einfluss) und geeigneten Faumlhigkeiten (der Mitarbeiter kennt den Geschaumlftsprozess am besten) zeigen Das Ergebnis dieses Abschnittes sollte die Ergaumlnzung der zuvor dar-gestellten Value Map sein Fuumlr jedes Nutzenpotenzial wird ein entsprechender Value-Ver-antwortlicher bestimmt

432 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Beispiel Nutzenverantwortlichkeiten bestimmen bei einem Automobilzulieferer

Auch im Rahmen der Lean-Sigma-Initiative des Automobilzulieferers wurden fuumlr die bereits gestarteten sowie die geplanten Projekte Business Cases kalkuliert Der erfahre-ne Initiativenleiter weiszlig dass es sich nicht lohnt sich an den Zahlen eines kalkulierten Cases bdquofestzubeiszligenldquo ndash fuumlr ihn stellt der geschaumltzte Benefit eher einen Leitfaden dar von dem man in bestimmten Situationen abweichen muss Fuumlr sein engagiertes Value-Management-Team bildet der jeweilige Business Case aber eine zwingend erforderliche Grundlage zur Generierung der identifizierten Nutzenpotenziale Besonders wichtig ist die anschlieszligende Nominierung der Prozessverantwortlichen um die Nutzengenerie-rung auch nach Abschluss des Projektes sicherzustellen Die Repositionierung dieser ausgebildeten Experten zuruumlck in ihre alte Linientaumltigkeit ist von enormer Bedeutung um die installierte Lean-Sigma-Organisation langfristig in den Aufbau der Unterneh-mensorganisation zu integrieren Die Geschaumlftsfuumlhrung hat diesen Aspekt bereits in ihrer Personalplanung beruumlcksichtigt denn nur so kann das Leistungsversprechen von Operational Excellence vitalisiert werden Aus Abb 665 wird exemplarisch deutlich wie man die Kennzahlen des zuvor erstellten Business Cases auf eine Mitarbeiterebe-ne herunterbrechen kann Eine solide und aktualisierte Datenbasis vervollstaumlndigt mit einer klaren Reporting-Struktur (hier direkt an den Leiter der Initiative) das Vorgehen

64415 Nutzen messen berichten und aufrecht erhaltenIm naumlchsten Schritt ist das Vorgehen in einer Reporting-Struktur mit Leben zu fuumlllen Was wird gemessen Welche Informationen werden berichtet Wer kommuniziert mit wem uumlber die Nutzenrealisierung Jedes definierte Nutzenpotenzial welches in der Value Map abgebildet ist wird in eine Value Scorecard bdquouumlbersetztldquo bestehend aus den vier eingangs beschriebenen Benefit-Dimensionen (Finanzen Mitarbeiter Prozesse Technologie) Wichtig ist dass auch bei langfristigen Nutzenermittlungen eine differenzierte Datenerhe-bung stattfindet ndash auch fuumlr den Abschlussbericht eines Projektes sind nicht nur die finan-ziellen Kennzahlen relevant

Beispiel Nutzen messen berichten und aufrecht erhalten bei einem Automobilzulieferer

Gemeinsam mit den jeweiligen Projektteams und dem Value-Management-Team ent-wickelte die Leitung der Initiative zum Abschluss der ersten fuumlnf abgeschlossenen Pro-jekte entsprechende Value Scorecards Dafuumlr wurde das Leitmotiv einer klassischen Balanced Scorecard nach nuumltzlichen Modifizierungspotenzialen untersucht um die jeweilige Projektproblematik -anforderung und -moumlglichkeit zu beruumlcksichtigen (z B Potenzialperspektive wird ersetzt durch Mitarbeiterperspektive) Die bdquoTiefeldquo der Value Scorecard wird durch das Value-Management-Team bestimmt Wie sieht die Berichts-struktur des Value Monitoring beim Automobilzulieferer anschlieszligend konkret aus da-mit die Veraumlnderungen nicht in Vergessenheit geraten1 Alle drei Monate fragt das Value-Management-Team eine aktuelle Value Scorecard

bei den Prozessverantwortlichen an

43364 Die Sustain-Phase

Werttreiber amp Metriken keiten

Unternehmens-BU Strategie amp Ziele

C t

Anteiliger Umsatz aus Up-Selling

VP Sales

Umsatzsteigern

CustomerExperience

CustomerPurchases

Verhaumlltnisder erfuumlllten Beschwerden

Umsatzje Kunde

VP Customer Service

VP Sales

Gewinn je Kundesteigern

CustomerInsight

Marktanteilsteigern VP Marketing

ErfolgsrateneuerProdukte

VP Marketing amp VP ProductDevelopment

Kostensenken

ProduktivitaumltderBelegschaft

Verhaumlltnis der benoumltigten Eskalationen

VP Customer Service

p

Nutzen MetrikBase-line Ziel

Ziel-datum Inhaber

Verant-wortlich

Daten-quelle

gesteigertesUp-Selling

Up-sell calls Up-sell Umsatz

50000$50 Mio

1510

Q1 2011 VP Sales Call CenterSales Rep

SalesDash-board

Ownership amp Verantwortlichkeiten ndash Market amp Sales

verbesserte Produktivitaumltder Call-center

Beschwerden Follow-up eskaliert

10510

151015

Q1 2011 VP Cus-tomerService

Call Center Supervisor

CallCenterMetriken

Zustaumlndig-

Abb 665 Kennzahlen fuumlr die Mitarbeiterebene

434 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

2 Ein Prozessverantwortlicher stellt die fuumlr seinen Bereich erforderlichen Unterlagen (z B letzte Kundenbefragung) zusammen und bespricht diese mit dem Value-Ma-nagement-Team

3 Die Taskforce des Value-Management-Teams analysiert die aktuellen Daten und de-finiert den Fortschritt

4 Anschlieszligend diskutiert die Geschaumlftsfuumlhrung uumlber die Validitaumlt des aktuellen und von den beteiligten Einheiten konsolidierten Status quo sammelt die sogenannten bdquoLessons Learnedldquo und bestimmt weitere Aktivitaumlten (z B Veraumlnderung der Kenn-zahlen der Scorecard eingehende Untersuchung der Gruumlnde bei schlechter Perfor-mance Definition von weiteren profitablen Projektinhalten)

5 Das Value-Management-Team setzt mit dem Prozessverantwortlichen die entspre-chenden Aktivitaumlten um

6442 Value Readiness AssessmentDer Aufbau dieses Tools ist in die Bereiche Ausgangslage Aufbauorganisation Mess-basis Zielsetzung Business Case Umsetzung Fortschrittskontrolle und Reporting auf-geteilt und besteht aus 39 Aussagen die von den Initiatoren der Initiative zu Beginn der Sustain-Phase bewertet werden muumlssen Fuumlr die Bewertung steht eine Skala von 1 bis 6 zur Verfuumlgung18 Zusaumltzlich kann neben dem Status quo (Ist-Zustand) auch das Ideal (Soll-Zustand) bewertet werden So lassen sich die vorhandenen Maumlngel und Veraumlnde-rungsbedarfe fuumlr ein aussagekraumlftiges Value Monitoring zuumlgig identifizieren Da diese Differenzierung zwischen Ist und Soll sehr stark von objektiven und kritischen Ansichten abhaumlngt ist das Einbeziehen von externer Expertise ernsthaft in Erwaumlgung zu ziehen Der Zeitpunkt zur Beantwortung dieser Fragen ist variabel ndash in jedem Fall sollten diese The-men vor Abschluss der ersten Projekte geklaumlrt sein Die Anwendung des Tools kann damit den Uumlbergang von der Transfer-Phase in die Sustain-Phase markieren

18 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

43564 Die Sustain-Phase

Ich

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Ich

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Fall

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Entsprechende Gremien fuumlr die Messung Managementund Monitoring von Verbesserungen sind vorhanden

Es wurde ausreichend eingeschaumltzt (quantitativ und qualitativ) wie viel und welchen Benefit die Initiative bringen wird

Die Implikationen anderer strategischer Aktivitaumlten sind klarund potenzielle Abhaumlngigkeiten werden beruumlcksichtigt

Die Stakeholder wurden fuumlr ein langfristiges Engagementin der Initiative begeistert

Es besteht eine klare Strategie wie die durch die Projekte generierten Veraumlnderungen aufrechterhalten werden

Die Nutzenpotenziale des Projektportfolios sind konsolidiertund priorisiert

Die ermittelten Nutzenpotenziale werden kontinuierlich den aktuellen Rahmenbedingungen angepasst damit sie realistisch bleiben

Die Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche zur Generierung der Nutzenpotenziale sind an zuverlaumlssige Mitarbeiter vergeben und allen Beteiligten klar

Es gibt auf jeder Hierarchieebene explizite Benefits durch die Initiative ndash so wird Committment auf breiter Basis etabliert

Das Value Monitoring ist ein fester Bestandteil zur Bestimmung von Verguumltungsbestandteilen der houmlheren Hierarchieebenen und wird auch in den Zielgespraumlchen der Mitarbeiter beruumlcksichtigt

Fragebogen zum Value Readiness Assessment 14

AUSGANGSLAGEZentrale FragestellungInwieweit sind Komponenten einesbelastbarenValue Monitorings in die Organisation der Operational-Excellence-Initiative integriert

AUFBAUORGANISATIONZentrale FragestellungProfitiert die Organisation uumlber die obersten Hierarchie-ebenen hinweg von der Initiative und sind klare Verant-wortlichkeiten fuumlr ein Value Monitoring definiert

436 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Die Nutzenpotenziale des Projektportfolios sind konsolidiertund priorisiert

Die ermittelten Nutzenpotenziale werden kontinuierlich den aktuellen Rahmenbedingungen angepasst damit sie realistisch bleiben

Die Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche zur Generierung der Nutzenpotenziale sind an zuverlaumlssige Mitarbeiter vergeben und allen Beteiligten klar

Es gibt auf jeder Hierarchieebene explizite Benefits durch die Initiative ndash so wird Committment auf breiter Basis etabliert

Das Value Monitoring ist ein fester Bestandteil zur Bestimmung von Verguumltungsbestandteilen der houmlheren Hierarchieebenen und wird auch in den Zielgespraumlchen der Mitarbeiter beruumlcksichtigt

Genuumlgend Kennzahlen die den Business Case eines Projektes beschreiben sind identifiziert

Fuumlr die Formulierung von messbaren Zielgroumlszligen werdenua Benchmarks aktuelle Leistungskennzahlen und Kostenstrukturen beruumlcksichtigt

In den Findungsprozess von messbaren Zielgroumlszligensind die relevanten Beteiligten miteinbezogen(zB in Form eines Workshops)

Die Zielgroumlszligen wurden diskutiert und alle relevanten Stakeholder sind mit den Vorgaben einverstanden

Die Zielvorgaben sind verstaumlndlich kommuniziert ndashMissverstaumlndnisse sind beseitigt worden

Fragebogen zum Value Readiness Assessment 24

MESSBASISZentrale FragestellungSind die aktuellen Leistungskennzahlen strukturiert dokumentiert damit im Laufe der Initiative entsprechende Vorher-Nachher-Vergleiche ermittelt werden koumlnnen

ZIELSETZUNGZentrale FragestellungKoumlnnen die Nutzenpotenziale der einzelnen Projekte in messbare und von allen Stakeholdern unterstuumltzte Zielvorgaben uumlbersetzt werden

43764 Die Sustain-Phase

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Der Umfang des Business Case fuumlr die einzelnen Projekteist definiert

Ausreichend viele Kennzahlen sind fuumlr die jeweiligen Nutzenpotenziale identifiziert

Die Messbasis ist definiert

Es werden harte und weiche Faktoren der Nutzenpotenziale beruumlcksichtigt

Eine Finanzplanung ist etabliert und antizipiert auchdas Auftreten von schwer vorhersehbaren Kosten

Verantwortliche Personen oder Teams sind mit dem Verfolgen eines langfristigen Value Monitoring beauftragt

Die Verantwortlichen haben fuumlr das Value Monitoring eine stichhaltige Strategie mit konkreten Handlungsschritten formuliert (zB im Rahmen eines gemeinsamen Workshops)

Fuumlr die Planung der Umsetzung ist die Bedeutung von weiteren Erkenntnissen (zB aus dem Change Readiness Assessment der Stakeholder Strategy oder der Kulturanalysen) eroumlrtert worden

Die geplanten Umsetzungsschritte des Value Monitoringsind mit den entsprechenden Stakeholdern und Prozess-verantwortlichen abgestimmt

Die Prozessverantwortlichen berichten den Fortschritt regel-maumlszligig in einer mit allen Beteiligten vereinbarten Form an die Leitung der Initiative

Fragebogen zum Value ReadinessAssessment 34

BUSINESS CASEZentrale FragestellungSind die Benefits Kosten Zeitplaumlne und Annahmen zur Rechtfertigung der Initiative auf die einzelnen Projekte heruntergebrochen dokumentiert und messbar

UMSETZUNGZentrale FragestellungWie wird die Umsetzung des Value Monitoring gewaumlhrleistet

438 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Die Bedeutung des Value Monitoring ist als Kernelement einer Operational-Excellence-Initiative allen Beteiligten bewusst

Die gesetzten Ziele sind konkret und realistisch ndash wenn das nicht der Fall sein sollte werden die betroffenen Kennzahlen und Zielvorgaben gemeinsam angepasst

Es ist eindeutig definiert wer welche Daten wo erhebt und in welchem Rhythmus an die Leitung der Initiative berichtet wird

Die beteiligten Stakeholder bringen sich engagiertbei der Fortschrittskontrolle ein

Das Setup der Fortschrittskontrolle ist uumlbersichtlichund die Ergebnisse aussagekraumlftig

Ein differenzierter Reporting-Prozess der sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren beruumlcksichtigt ist etabliert

Die Menge an Daten ist uumlberschaubar (fuumlr jede Dimension der Value Scorecarddrei bis fuumlnf KPIs) aber zur gleichen Zeit aussagekraumlftig

Das Projekt Management die Initiativenleitungund die Prozessverantwortlichen sehen die Anwendung einer Value Scorecard zur Messung des Fortschritts als essenziell an

Es gibt eine institutionalisierte Verantwortlichkeit (zB die Leitung der Initiative oder ein Value Management Team) die im Zuge des Reporting die Daten analysiert Verbesserungen fuumlr die Fortschrittskontrolle erarbeitet und Problemen auf den Grund geht

Das Reporting wird regelmaumlszligig und konsistent durchgefuumlhrt ndashdie Erkenntnisse werden systematisch dokumentiert

44

FORTSCHRITTSKONTROLLEZentrale FragestellungWie wird kontinuierlich gemessen ob das Investment des jeweiligen Projektes die geplanten Benefits generiert

REPORTINGZentrale FragestellungWie wird der Fortschritt des Value Monitoring nach Ablaufder Projekte an die Leitung der Initiative berichtet

Fragebogen zum Value Readiness Assessment

43964 Die Sustain-Phase

Fragebogen

Was ist es fuumlr Sie das die groumlszligte positive Wirkung auf das Unternehmenauf seinem weiteren Weg hat

Bitte nutzen Sie die folgenden Zeilen um Kommentare zu den Fragen zu ergaumlnzen bei denenSie ldquoIch stimme vollstaumlndig zurdquo angekreuzt haben oder andere Aspekte hervorzuheben die Sieals positive in Ihrem Unternehmen empfinden

Bitte nutzen Sie die folgenden Zeilen um Kommentare zu den Fragen zu ergaumlnzen bei denenSie ldquoIch stimme uumlberhaupt nicht zurdquo angekreuzt haben oder weitere Anmerkungen hinzuzufuumlgen

Haben Sie weitere Ergaumlnzungen oder Anmerkungen

WIR DANKEN IHNEN HERZLICH FUumlR IHRE TEILNAHMEDie Summe Ihrer wertvollen Ruumlckmeldungen und Impulsewird uns in die Lage versetzen die Kultur dieses Unternehmensbesser zu verstehen und das Positive weiter zu verstaumlrken

440 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Durch das grafische Abbilden der Bewertungen (Ist- vs Soll-Zustand) ergibt sich eine kla-re Aussage ob die Organisation fuumlr ein belastbares Value Monitoring auf strategischer und operativer Ebene bereit ist Spezifische Notwendigkeiten oder kritische Schwachstellen werden so identifiziert Abbildung 666 stellt in Form eines Spinnennetzes ein moumlgliches Ergebnis dar ndash die Handlungsnotwendigkeiten in den Bereichen Fortschrittskontrolle und Aufbauorganisation werden deutlich

Das Value Monitoring und damit auch eine praumlventive Analyse wie das Value-Readi-ness-Assessment erhoumlhen die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Operational-Excellence-In-itiative indem sie folgende haumlufig auftretende Barrieren verhindern

bull unrealistische und von Selbstinteressen gepraumlgte und kalkulierte Business Casesbull Die Aktivitaumlten in der Transfer- und Sustain-Phase haben nichts mehr mit den in der

Analyse-Phase erarbeiteten Zielen zu tunbull Uumlberholte Kennzahlen bestimmen das Tagesgeschaumlft der Operational-Excellence-Ini-

tiativebull Es herrscht wenig Transparenz und Uumlbersicht hinsichtlich der erreichten Benefitsbull Es existiert eine schlechte Entscheidungsgrundlage der Initiativenleitung fuumlr das weite-

re Vorgehen nach der ersten Projektwellebull Es wird naives Vertrauen darauf gesetzt dass sich die Verbesserungen nach der Imple-

mentierung der Methodik von selbst erhaltenbull Es gibt niemanden der sich fuumlr das Fortleben der Projektergebnisse verantwortlich

fuumlhlt

Reporting

Fort-schritts-kontrolle

Umsetzung

Business Case Zielsetzung

Messbasis

Aufbau-organi-sation

Ausgangslage

100150200250350300350400450500

Abb 666 Ist- vs Soll-Zustand

44164 Die Sustain-Phase

645 Tipps und Tricks

Stellen Sie sicher dass Ihre Fuumlhrungskraumlfte einen langen Atem haben um die ge-planten Veraumlnderungen durchzusetzen und in der Organisation zu verankern Es wird nicht reichen wenn die Schluumlsselspieler der Initiative die Veraumlnderung vorleben Sicherlich muss eine gewisse Konsistenz in Worten und Taten gegeben sein denn wenn in Krisenzeiten die Mitarbeiter darum bemuumlht sind in jeder Abteilung kostenverursachen-de Verschwendung aufzudecken sollte die Unternehmensleitung nicht mit einem Hub-schrauber von Termin zu Termin fliegen Fuumlr eine kulturelle Veraumlnderung wird zum einen entscheidend sein dass die Erwartungen an die Mitarbeiter klar und deutlich kommu-niziert sind Das impliziert die konkrete Erlaumluterung von Hintergrundinformationen und Motivationen Wenn die Leitung der Initiative transparent ehrlich und nachvollziehbar erklaumlrt was es mit den Verhaltensaumlnderungen durch Operational Excellence auf sich hat werden sich die Widerstaumlnde reduzieren Zum anderen werden die Fuumlhrungskraumlfte viel Zeit in das Eliminieren von Widerstaumlnden investieren muumlssen Hier wird ein langer Atem benoumltigt denn es geht nicht nur um das konsequente Durchgreifen (Stichwort Trennungs-gespraumlch) sondern auch um konfliktbereite Bestaumlndigkeit damit Ruumlckfaumllle in alte Ver-haltensmuster vermieden werden Akzeptieren Sie die Existenz von Widerstaumlnden aber unterschaumltzen Sie die Ausdauer von diesen Abwehrreaktionen nicht ndash geben Sie Ihren Mitarbeitern Zeit sich an neue Arbeitsweisen und Verhaltensformen zu gewoumlhnen aber werden Sie nie muumlde offenem und verdeckten Widerstand energisch entgegenzutreten

Vermeiden Sie Altlasten ndash verhindern Sie das Einschlafen von kriselnden Pro-jekten Wenn ergebnisorientierte Arbeit zwischen den Teammitgliedern nicht mehr moumlg-lich ist wenn die Kosten in keinem Verhaumlltnis mehr zum Nutzen des Projektes stehen oder wenn verdeckte Widerstaumlnde jeglichen Projektfortschritt verhindern ndash es gibt viele Gruumlnde ein Projekt im Sande verlaufen zu lassen Vergessen werden dabei haumlufig die ver-ursachten Nebenwirkungen Mitarbeiter (insbesondere die Projektleitung) sind entmutigt und spuumlren dass sie gescheitert sind Diese negativen Erfahrungen wiegen spaumlter schwer wenn z B nicht ausreichend qualifizierte Fachkraumlfte und Experten fuumlr das naumlchste Projekt begeistert werden koumlnnen Es gilt in extremen Faumlllen (wenn ein Projektneustart absolut aussichtslos ist) einen expliziten Projektabbruch durchzufuumlhren Sprechen Sie dafuumlr zu al-lererst mit der Projektleitung eruieren Sie die Gruumlnde und naumlchsten Schritte und uumlberpruuml-fen Sie ob alle Alternativen ausgeschoumlpft sind Sprechen Sie danach mit dem Projektteam Grundsaumltzlich gilt hier das gleiche wie fuumlr die Projektleitung Machen Sie keine Vorwuumlrfe sondern geben Sie den Mitarbeitern eine inhaltliche Perspektive Formulieren und kom-munizieren Sie im Anschluss eine offizielle Mitteilung die alle relevanten Schnittstellen des Projektes im Unternehmen in Kenntnis des Projektabbruchs setzt So vermeiden Sie aushungernde Projekte und betreiben konstruktive Schadensbegrenzung

Es reicht nicht aus die Benefits nur zu messen Richtig ist Was man nicht messen kann laumlsst sich nur schwer managen Diese These trifft vor allem auf das langfristige Va-lue Monitoring zu Doch mit der Implementierung einer Value Scorecard ist einem noch nicht geholfen Nur weil Sie sich jeden Morgen wiegen nehmen Sie auch nicht gleich an

442 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Gewicht ab Erst wenn Sie die Waage dazu nutzen sich ein Ziel zu setzen den Fortschritt zu verfolgen und daraus Implikationen fuumlr Ihre Strategie zur Gewichtsreduzierung ablei-ten wird das taumlgliche Wiegen sinnvoll Gleiches gilt fuumlr das Value Monitoring Die Pro-jektplanung auf Basis eines Business Case und die kontinuierliche Fortschrittsmessung helfen dabei die Zielorientierung der gesamten Initiative zu verbessern Warum Eine vielzitierte These erklaumlrt diesen Aspekt bdquoEin Plan ist nicht die Beschreibung kuumlnftiger Realitaumlt sondern ein Instrument zur Beschleunigung einer Entwicklungldquo (Berner 2005) Messen Sie die Benefits aber schaffen Sie im Anschluss Klarheit welche Zielsetzungen auf welche Art und Weise erreicht werden muumlssen Nutzen Sie das Value Monitoring um zusaumltzlich Erwartungsdruck zu schuumlren ndash die Beteiligten muumlssen vom Ehrgeiz angesta-chelt werden das Geplante und Vereinbarte auch umzusetzen Zeigen Sie mit intensivem Benefit Tracking dass Sie es mit der Operational Excellence ernst meinen ndash gerade bei der Verankerung der Veraumlnderung in der Sustain-Phase kommt es darauf an einen langen Atem zu beweisen Uumlberlassen Sie das Messen der Benefits zudem nicht der Projektlei-tung ndash ein Rollenkonflikt ist vorprogrammiert

Seien Sie kreativ um das Verhalten von Mitarbeitern zu beeinflussen Fragen Sie sich wie Sie das Verhalten Ihrer Mitarbeiter wirksam aumlndern koumlnnen Haben Sie das Ge-fuumlhl dass nur das Gespraumlch unter vier Augen wirkt Sie aber nicht uumlber ausreichend Zeit dafuumlr verfuumlgen Betrachten Sie das Gesamtbild ndash eventuell finden Sie Anknuumlpfungspunk-te um das Leistungsversprechen der Operational Excellence noch tiefer kulturell zu ver-ankern und die Verbindlichkeit Ihrer Mitarbeiter gegenuumlber der Umsetzung der Initiative zu steigern

1 Welche Zielvorgaben erhalten meine Mitarbeiter und wie werden diese erreicht2 Wie belohne ich meine Mitarbeiter Wie werden sie sanktioniert3 Wie werden meine Mitarbeiter ausgebildet4 Wie kommuniziere ich mit meinen Mitarbeitern5 Wie nimmt die Belegschaft wahr welche Mitarbeiter gefoumlrdert werden6 Wie ist die Rolle und Berichtsstruktur des einzelnen Mitarbeiters definiert7 Wie verhalten sich die Vorbilder des Unternehmens (Fuumlhrungskraumlfte und

Schluumlsselspieler)8 Nach welchen Systemen Prozessen und Grundsaumltzen arbeitet die Belegschaft9 Wie beeinflusst die physische und sichtbare Umgebung des Arbeitsplatzes die Inter-

aktion der Mitarbeiter

65 Das Kapitel in aller Kuumlrze

Kapitel 6 beantwortet vor allem die letzte der drei Ausgangsfragen Was tun Es gibt ein breites Angebot an Literatur sowohl fuumlr strategische Managementansaumltze wie Lean und Six Sigma als auch rund um das Thema Change-Management Doch diese Trennung ist nur in der Theorie moumlglich ndash eine Synthese dieser Themenfelder existiert nicht Nun

44365 Das Kapitel in aller Kuumlrze

werden in einem weiteren Schritt saumlmtliche Erkenntnisse Kritikpunkte und offene Fra-gen in einem umsetzungsorientierten methodenorientierten Leitfaden gebuumlndelt um diese bdquoUumlberlieferungsluumlckeldquo zu schlieszligen Die Antwort auf die Ausgangsfrage bdquoWas tunldquo ist der Transformation Navigator der mit einem umfassenden Interventionsrepertoire das Management von Transformationen ermoumlglicht

Das Transformationsmanagement basiert auf der zeitlosen Errungenschaft von Kurt Le-wins Dreischritt Der Ablauf einer Initiative wird in drei Kernphasen unterteilt Die Ana-lyse-Phase umfasst den Zeitraum den die Initiatoren der Initiative zur sorgfaumlltigen Vorbe-reitung nutzen Diese Phase dauert so lange an bis der offizielle Start verkuumlndet wird Die folgende Transfer-Phase markiert die Umsetzung der ersten Projektwelle Hier werden der DMAIC-Zyklus oder analog dazu die fuumlnf Prinzipien des Lean Managements in den einzel-nen Projekten durchlaufen Die anschlieszligende Sustain-Phase widmet sich der Integration der bis dahin erzielten Initiativen- und Projektergebnisse in die Organisationsumgebung Im Anschluss wird der Ablauf der drei Kernphasen von Neuem begonnen ndash eine weitere Pro-jektwelle startet Der Mechanismus des Navigators startet besitzt aber keinen Endpunkt Er impliziert ein kontinuierliches zyklisches Durchlaufen der drei Phasen solange bis die Ver-besserungssystematik zum selbstverstaumlndlichen Repertoire der Organisation geworden ist

Das Transformationsmanagement verknuumlpft Operational Excellence und Change Ma-nagement Flankiert werden die drei Kernphasen zum einen von den fuumlnf identifizierten Erfolgsfaktoren der Operational Excellence ndash diese bilden die mechanische Ausruumlstung einer Initiative wie ein Fahrwerk Fahrgestell oder eine Karosserie beim Auto Zum ande-ren bilden die fuumlnf diskutierten Change-Faktoren den Kern des Navigators ndash diese stellen den Antrieb der Initiative dar wie der Motor im Auto

Der Transformation Navigator ist keine Bedienungsanleitung sondern entspricht einem methodenorientierten Leitfaden der den Initiatoren von Initiativen als Kompass dient Ein Kompass trifft eine Aussage zur Bestimmung der Position auf einem fest vorgegebenen Kurs Zur erfolgreichen Navigation muss der Kompass jederzeit eine praumlzise Aussage hin-sichtlich der Koordinaten des aktuellen Standpunktes treffen koumlnnen Die Koordinaten werden von den folgenden Fragestellungen bestimmt

1 Strategy Wohin will ich2 Resources Was habe ich3 Guidance Wie nutze ich das4 Benefit Was bekomme ich dafuumlr

Jede Fragestellung ist das Fundament eines Moduls welches in jeder Kernphase neu be-antwortet wird denn die Gleichung zur Beantwortung der Fragen bdquoWohin will ichldquo bdquoWas habe ichldquo bdquoWie nutze ich dasldquo und bdquoWas bekomme ich dafuumlrldquo setzt sich aus stetig veraumln-dernden Parametern zusammen Im Ergebnis wird das Interventionsrepertoire der federfuumlh-renden Verantwortlichen durch 3 times 4 Module zusaumltzlich zu dem bereits umfassenden Inst-rumentenkasten der Operational-Excellence-Methoden mit gezielten Impulsen verstaumlrkt

444 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Ausblick

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7

Blick ich zuruumlck sag ich dankeldquo blick ich nach vorn sag ich jaldquo(Rainer Kaune Autor)

Der Sohn hat die Kernbotschaft die der Vater auf dem Weg zuruumlck ins Haus wiederholt verstanden Die Konstruktion des Wagens verstehen von den Erfahrungen des Vaters ler-nen die wichtigsten Bestandteile und das Herzstuumlck des Autos schaumltzen lernen und sich einen ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Fahrstil aneignen Wie kann es fuumlr

448 7 Ausblick

den Jungen nun weitergehen Auch wenn er bereits von einem Formel-1-Boliden traumlumt Eine Gokart-Stunde wird fuumlr das erste Experimentieren die richtige Motorisierung sein

Kapitel 7 fasst die Quintessenz des Buches in einem Ruumlckblick zusammen Das theo-retische Grundgeruumlst verstehen (Kap 2) aus den Fehlern anderer Unternehmen lernen (Kap 3) die Erfolgsfaktoren aus methodologischer (Kap 4) sowie Change-Management-Sicht (Kap 5) verinnerlichen und den Transformation Navigator zur richtigen Umset-zung der den Herausforderungen der Initiative entsprechenden Tools als Leitfaden nutzen (Kap 6) Wie geht es weiter Auf Basis unserer theoretischen und praktischen Erfahrungen moumlchten wir im letzten Kapitel des Buches eine Hypothese formulieren die besonders fuumlr den Wirtschaftsstandort Deutschland von Bedeutung ist So gibt es eine Unternehmens-art die fuumlr die Implementierung von Operational-Excellence-Initiativen moumlglicherweise praumldestiniert ist Fuumlr das erste Experimentieren mit dieser neugeborenen These werden wir mit der Diskussion eines Praxisbeispiels eine entsprechende und praxisnahe Grundlage schaffen

71 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

Auch fuumlr die Methodik hinter Operational Excellence gilt der Grundsatz Veraumlnderung ist nicht die Ausnahme sondern der Regelfall Ein im letzten Jahrtausend konstituiertes Methodenset wird sich demnach auch aktuellen Rahmenbedingungen anpassen muumlssen Dieser Kapitelabschnitt wird Schlaglichter in verschiedene Richtungen werfen ohne da-bei die aufgeworfenen Fragen abschlieszligend beantworten zu koumlnnen Der Abschluss dieses Buches dient insbesondere der Foumlrderung einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Themenschwerpunkt der Operational Excellence Die richtige Frage zu stellen ist moumlg-licherweise kluumlger als eine vorschnelle Antwort zu geben

711 Eine besondere Anschlussfaumlhigkeit von Operational Excellence

Wir haben uns im Zuge dieser Publikation dem Thema Operational Excellence aus unter-schiedlichen Perspektiven genaumlhert Die theoretischen Bausteine schaumlrften zu Beginn das Verstaumlndnis der Methodik Die Praxisbeispiele ergaumlnzten den eigenen Erfahrungsschatz und die Identifikation der Erfolgsfaktoren verdeutlichte die Herausforderung an eine er-gebnisorientierte Durchfuumlhrung von einer Operational-Excellence-Initiative Uns umtrieb die Fragestellung wer oder was fuumlr eine derartige Implementierung besonders praumldesti-niert ist Ist es eine bestimmte Branche Unternehmensgroumlszlige oder ein spezifischer Kultur-kreis

Die Historie zeigt dass die Erfolgsgeschichten mit Six Sigma oder Lean Management (auch wenn der Ursprung jeweils das produzierende Gewerbe war) branchenuumlbergreifend und produktunabhaumlngig geschrieben werden Damit einher geht die Schwierigkeit den Erfolgsgrad einer Initiative in Abhaumlngigkeit von der Groumlszlige des Unternehmens zu setzen

44971 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

Eine solche Kausalitaumlt scheint auf den ersten Blick nicht haltbar ndash die Erfolge der Neuen-felder Maschinenfabrik stehen denen des franzoumlsischen Versicherungskonzerns AXA in keiner Weise nach Auch die Unterscheidung des Kulturkreises bietet keine belastbaren Differenzierungsmerkmale Eins gilt es jedoch zu beachten In Kap 4 halten wir fest dass sich die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Umsetzung des Methodensets von Kultur zu Kultur unterscheiden kann Um die Zustimmung der Belegschaft zu gewinnen sollte in einem russischen Unternehmen die methodische Werkzeugkiste besser kompromisslos top-down angeordnet werden wo in Deutschland eher ein Bottom-up-Ansatz zu waumlh-len ist damit die Initiative an Eigendynamik gewinnt Um ergebniswirksame Resultate zu erzielen sind in einer amerikanischen Organisation moumlglicherweise besonders starke extrinsische Anreize zur Motivation zu positionieren wohingegen in einer chinesischen Umgebung vielmehr ein charismatischer Fuumlhrer vonnoumlten ist um Vertrauen zu schaffen und die Mitarbeiter von der Veraumlnderung zu uumlberzeugen Dieser Gedanke der sicherlich nur fuumlr Unternehmen ab einer gewissen internationalen Positionierung relevant ist bietet jedoch nicht ausreichend Soliditaumlt um eine repraumlsentative Aussage (wie z B Lean Ma-nagement eignet sich besonders in asiatischen Organisationen) abschlieszligend zu treffen Doch was passiert wenn wir nicht die nationalen Kulturunterschiede sondern die unter-nehmenskulturellen Differenzen genauer betrachten Worin unterscheiden sich die uumlber Jahre gepraumlgten Organisationskulturen Tickt beispielsweise ein deutsches Familienunter-nehmen anders als ein boumlrsennotierter Weltkonzern

Wohlwissend dass die Besonderheiten von Familienunternehmen (FU) eine eigene akademische Forschungsdisziplin sind soll im Folgenden eine praxisrelevante Hypothese aufgestellt werden Vorab dient ein kurzer Exkurs in das Themenfeld von Familienunter-nehmen zum besseren Verstaumlndnis Dabei liegt der thematische Fokus auf Deutschland auch wenn Familienorganisationen international die Wirtschaftsordnung zahlreicher Laumln-der praumlgen

Unternehmen wie Dr Oetker Merck die Otto-Group Aldi BMW Bertelsmann und VW machen einen nicht zu uumlbersehenden Teil der Wirtschaftskraft aus und sind weltbe-ruumlhmt Das Gros der Organisationen jedoch ist weitestgehend unbekannt Eine Analyse der Stiftung Familienunternehmen (2013) ergab dass rund 90 aller Unternehmen in Deutschland familienkontrolliert oder eigentuumlmergefuumlhrt sind die Haumllfte der Umsaumltze in unserer Volkswirtschaft erzielen und bis zu 60 aller sozialversicherungspflichtigen Be-schaumlftigungsverhaumlltnisse stellen Besonders innovative Loumlsungen stammen haumlufig nicht von Konzernen oder dem Staat sondern entstammen der unternehmerischen Initiative von Privaten (vgl May 2001 S 15) Fast unmoumlglich ist es eine einheitliche Definition fuumlr Familienunternehmen zu finden Das Wittener Institut fuumlr Familienunternehmen (vgl WIFU 2013) welches seit der Gruumlndung 1998 Pionier der akademischen Forschung und Lehre zu Besonderheiten von Familienunternehmen ist spricht immer dann von einem FU wenn

1 das Unternehmen sich bdquoganz oder teilweise im Eigentum einer Familie oder mehrerer Familien bzw Familienverbaumlnden befindet und wenn diese aus einer unternehmerischen Verantwortung heraus die Entwicklung des Unternehmens maszliggeblich bestimmen

450 7 Ausblick

2 Diese Verantwortung der Unternehmerfamilie(n)1 wird entweder aus einer Fuumlhrungs - oder Aufsichtsfunktion bzw aus beiden Funktionen heraus wahrgenommen

Dabei spielen die Rechtsform und Groumlszlige des Unternehmens keine Rolleldquo

Weiter wird betont bdquoDas transgenerationale Moment ist fuumlr Familienunternehmen essen-tiell Bei einem Unternehmen kann also streng genommen erst dann von einem Familien-unternehmen gesprochen werden wenn in der Familie geplant wird das Unternehmen in die naumlchste Familiengeneration weiterzugeben Start-ups oder eigentuumlmergefuumlhrte Unter-nehmen sind in diesem Sinn allein noch keine Familienunternehmenldquo (Wittener Insti-tut fuumlr Familienunternehmen 2013) Schwierig wird es vor allem dann wenn in diesem Zusammenhang auch die Begriffe bdquoMittelstandldquo oder der Ausdruck bdquoKleine und mittlere Unternehmen (KMU)ldquo2 verwendet werden Diese Abgrenzung basiert lediglich auf der Groumlszligenordnung des Unternehmens und ignoriert die Besonderheit der Eigentuumlmerstruktur von Familienunternehmen Bei FU koumlnnen wesentliche Fuumlhrungsentscheidungen (Inves-titionsentscheidungen Umgang mit Kunden Lieferanten und Mitarbeitern) eher durch die Verknuumlpfung von Familien- und Unternehmenslogik erklaumlrt werden als durch die Be-ruumlcksichtigung von groumlszligenbezogenen Vor- bzw Nachteilen Unternehmen die auf eine Enkelfaumlhigkeit ausgerichtet sind unterscheiden sich bei ihren Spielregeln also von Pu-blikumsgesellschaften bei denen die Eigentuumlmerstruktur anonym ist Tabelle 71 greift auszugsweise einige wenige Beispiele auf um die Differenz zwischen der Logik einer Familie und der eines Unternehmens (ohne Familieneinfluss) zu verdeutlichen ndash Kollisio-nen sind vorprogrammiert

7 Definition Kleinstunternehmen der Europaumlischen Kommission bdquoGemaumlszlig der Kommis-sionsempfehlung vom 6 Mai 2003 (Empfehlung 2003361EG) die seit dem 1 Januar 2005 die bis dahin geltende Empfehlung (96280EG) ersetzt sind Unternehmen mit bis zu

1 Von einer Unternehmerfamilie sprechen wir wenn eine Gruppe von Menschen in einem verwandt-schaftlichen Verhaumlltnis zueinander steht und in ihrer Entwicklung durch ein im Eigentum einzel-ner oder mehrerer Familienmitglieder befindliches Unternehmen bzw einen Unternehmensverband gepraumlgt wird und wenn diese Gruppe oder Teile davon sich mit der Frage beschaumlftigt wie dieses Eigentum innerhalb des Familienverbandes weitergegeben wird Dabei ist die Form der ggf jeweils gefundenen Loumlsung (Stammesverband sogenannte Kronprinzenregelung Groszligfamilienorganisa-tion) nicht bedeutsam2 KMU-Definition des IfM Bonn (2013b)Der Begriff bdquowirtschaftlicher Mittelstandrdquo ist ausschlieszliglich in Deutschland gebraumluchlich In allen uumlbrigen Laumlndern spricht man von kleinen und mittleren Unternehmen ndash und meint damit einen rein statistisch definierten Teil der Gesamtwirtschaft Auf dieser Basis definiert das IfM Bonn seit 112002 Unternehmen mit bis zu 9 Beschaumlftigten und weniger als 1 Mio euro Jahresumsatz als kleine Unternehmen und mit bis zu 499 Beschaumlftigten und einem Jahresumsatz von unter 50 Mio euro als mittlere Unternehmen

45171 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

bull 9 Beschaumlftigten und bis zu 2 Mio euro Jahresumsatz oder einer entsprechenden Bilanz-summe Kleinstunternehmen

bull 49 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von bis zu 10 Mio euro kleine Unternehmen

bull 249 Beschaumlftigten und einem Jahresumsatz von bis zu 50 Mio euro oder einer Jahresbi-lanzsumme von houmlchstens 43 Mio euro mittlere Unternehmen

Daruumlber hinaus wird eine weitgehende Unabhaumlngigkeit der Unternehmen verlangt So zaumlhlen Unternehmen die zu mehr als 25 zu einer Unternehmensgruppe gehoumlren nicht zu den KMUldquo

Quelle IfM Bonn 2013a

7 Definition KMU des IfM Bonn bdquoDer Begriff sbquowirtschaftlicher Mittelstandlsquo ist aus-schlieszliglich in Deutschland gebraumluchlich In allen uumlbrigen Laumlndern spricht man von klei-nen und mittleren Unternehmen ndash und meint damit einen rein statistisch definierten Teil der Gesamtwirtschaft [hellip] Auf dieser Basis definiert das IfM Bonn seit 112002 Unter-nehmen mit bis zu

bull 9 Beschaumlftigten und weniger als 1 Mio euro Jahresumsatz als kleine Unternehmenbull 499 Beschaumlftigten und einem Jahresumsatz von unter 50 Mio euro als mittlere Unter-

nehmen

(Quelle IfM Bonn 2013b)

Die Forschung laumlsst weitere Aussagen zu Im Vergleich zu DAX-Unternehmen3 (2 ) weisen FU ein Beschaumlftigungswachstum von 11 auf Auch in Krisenzeiten ist zu beob-achten dass FU auf Beschaumlftigungsabbau verzichten Ein Umsatzeinbruch im Krisenjahr 2009 um 10 konnte im darauffolgenden Jahr wieder aufgeholt werden Ferner unter-scheiden sich FU von Nicht-Familienunternehmen (NFU) im Kontext ihrer Kapitalstruk-tur denn sie sind weniger verschuldet und weisen mit 50 eine houmlhere Eigenkapitalquote

3 DAX-26 da ohne die Familienunternehmen im DAX

Tab 71 Beispiele zur Verdeutlichung der Differenz zwischen der Logik einer Familie und der eines UnternehmensFamilie UnternehmenKommunikation ist personenorientiert Kommunikation ist sachorientiertAnerkennung aufgrund der Person und Foumlrde-rung aufgrund von Beduumlrfnissen

sowohl Anerkennung als auch Foumlrderung auf-grund von Leistung

Emotionalitaumlt ist vorherrschend Marktmechanismus ist vorherrschendZugehoumlrigkeit durch Geburt ndash man kann sie sich nicht aussuchen und sie ist lebenslang

Zugehoumlrigkeit durch freiwillige Entscheidung ndash Anfang Ende und Zeitraum sind terminierbar

Liebe Fuumlrsorge und Loyalitaumlt im Mittelpunkt Umsatz Gewinn und Kosten im Mittelpunkt

452 7 Ausblick

auf als NFU mit 36 Zusaumltzlich sind FU bezogen auf ihre Bilanz- und Umsatzsumme deutlich kleiner als NFU was sich auch auf die Groumlszlige der Belegschaft auswirkt Aber FU weisen keine schlechtere Performance auf Im Gegenteil Es ist sogar eine positive ndash wenn auch geringe ndash Korrelation zwischen dem Einfluss der Familie und den KPIs der ope-rativen Performance zu erkennen Wenn im Ergebnis die volkswirtschaftliche Relevanz von FU nicht zu leugnen ist was sind dann die typischen Charakteristika die ein FU so besonders machen und moumlglicherweise auch erfolgsentscheidend sind (Vgl PriceWater-HouseCoopers 2012 S 21 ff)

bull Familienruumlckhalt als WettbewerbsvorteilVertrauen Bindung Engagement und Loyalitaumlt bieten einen Vorteil gegenuumlber der Konkurrenz sofern die Familyness als Ressource im Dienste des Unternehmens genutzt wird Durch diese Personalunion ndash Familie und Unternehmen sind praktisch dasselbe ndash kann das Unternehmen profitieren

bull Unternehmertum als Wettbewerbsvorteil Besonderer Gestaltungswille und das Streben etwas Dauerhaftes zu schaffen kennzeichnen das strategische Alltagsgeschaumlft Studien wie die von PriceWaterhouseCoopers bescheinigen Familienunternehmern unternehmerisches Denken ihre Risikobereitschaft und den Mut Neues auszuprobieren als Vorteil Motivationskraft und Leidenschaft ermoumlglichen nachhaltige Innovation

bull Langfristigkeit als Wettbewerbsvorteil FU ziehen nachhaltige Geschaumlftsstrategien die auf extremer personeller Kontinuitaumlt aufbauen der schaumldlichen Logik von kurz-fristiger Gewinnmaximierung vor Wo ein Manager in Quartalsergebnissen denkt han-delt ein Familienunternehmer generationsuumlbergreifend Sie halten laumlnger an bewaumlhrten Geschaumlftsprinzipien fest und koumlnnen ihr Produktportfolio breiter diversifizieren ndash ein Konzern wuumlrde dafuumlr einen Kursabschlag erhalten obwohl es die Uumlberlebenswahr-scheinlichkeit erhoumlht

bull Finanzierung als Wettbewerbsvorteil Familienunternehmen agieren bei der Aufnah-me von Fremdkapital bedachter und bevorzugen ihre finanzielle Eigenstaumlndigkeit Wer sein eigenes Geld investiert wird zwangslaumlufig auch anders wirtschaften

bull Beziehungen als Wettbewerbsvorteil Die Beziehung zu den Mitarbeitern Kunden und Lieferanten ist durch die familiaumlren Beziehungsmuster stark beeinflusst Insbeson-dere die Mitarbeiter werden nicht wie eine Nummer behandelt Die Wertschaumltzung und das Verantwortungsbewusstsein gegenuumlber den Mitarbeitern wurde vor allem in Zeiten der Finanzkrise unter Beweis gestellt Sie hielten an der Belegschaft nicht nur fest sondern erhoumlhten in der Folge die Mitarbeiterzahl Die Taumltigkeit des einzelnen erfaumlhrt durch den Familienfaktor eine houmlhere Sinnstiftung In der Folge steigt die Identifika-tion mit der Organisation ndash davon profitieren alle Beteiligten

bull Flexibilitaumlt als Wettbewerbsvorteil Familienunternehmen punkten durch Flexibilitaumlt bei gleichzeitiger Standhaftigkeit Eine schnelle und unkomplizierte Entscheidungs-findung bei erfolgskritischen Fragestellungen bieten einen entscheidenden Vorteil im Markt Erfolgreiche FU haben nicht nur einen Macher an der Spitze sondern einen maumlchtigen Macher ndash Kapital und Fuumlhrungsmacht liegen in einer Hand

45371 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

bull Werteverstaumlndnis als Wettbewerbsvorteil Das Pflichtbewusstsein gegenuumlber Mit-arbeitern Kunden und Lieferanten bezieht sich auch auf das gesellschaftliche Engage-ment der FU Aufgrund der starken kulturellen Verankerung halten sie an Traditionen und Wertmaszligstaumlben fest was sich in der Steuerung des Unternehmens widerspiegelt

Wichtig zu beachten ist dass es auch eine Kehrseite der Medaille gibt Das Spannungs-verhaumlltnis zwischen Unternehmen Eigentum und Familie und die damit verbundenen Er-wartungshaltungen und Interessen stellen nicht nur die groumlszligte Kraftquelle sondern auch die groumlszligte Herausforderung einer Familienorganisation dar Woran koumlnnen Familienunter-nehmen am ehesten scheitern

bull Familienruumlckhalt als Wettbewerbsnachteil Durch den Einfluss der Familie wachsen die Eigenarten von FU Wie soll man im Falle von Familienstreitigkeiten beim Fruumlh-stuumlckstisch zum Vater Papa sagen und eine Stunde spaumlter in ihm den Chef sehen Der Verlust von Vertrauen die Enttaumluschung von Gefuumlhlen und das Verraten von Loyalitaumlt koumlnnen das Alltagsgeschaumlft des Unternehmens beherrschen Nicht selten wird eine Fa-milienorganisation Opfer eines Stammeskrieges

bull Unternehmertum als Wettbewerbsnachteil Je kleiner das FU ist desto eher haumlngt die Geschaumlftsentwicklung von den Faumlhigkeiten einer einzelnen Person ab Die unter-nehmerische Weitsicht Fuumlhrungsstaumlrke und Innovationskraft des Patriarchen entschei-den uumlber Erfolg und Misserfolg Was passiert im Falle eines ploumltzlichen Todes

bull Langfristigkeit als Wettbewerbsnachteil Wenn FU laumlnger an Gruumlndungsmythen und gewachsenen Beziehungen festhalten kann dies das Anpassen an neue Anforderungen erschweren Im Mittelpunkt des Spannungsverhaumlltnisses aus Familie Unternehmen und Eigentum steht wie in einer Monarchie die Nachfolge Nicht jedes Kind ist ge-schaffen fuumlr die Position des CEOs nur weil es Familienmitglied ist Die Nachfolge ist ein fortwaumlhrender Prozess der mit der Geburt eines Kindes beginnt und mit dem Tod des Seniors endet Das Wittener Institut fuumlr Familienunternehmen hat diese spielent-scheidende Thematik in einem Leitfaden zur Gestaltung der Nachfolge auf Seite des Unternehmens und des Gesellschafterkreises diskutiert und neun relevante Phasen des Nachfolgeprozesses identifiziert4

bull Finanzierung als Wettbewerbsnachteil Trotz solider Eigenkapitalstrukturen faumlllt es FU schwer im Bedarfsfall Fremdkapital zu generieren Das Vertrauen der Banken muss sich uumlber Jahre hart erarbeitet werden Ohne entsprechende Beziehungen zu Kredit-gebern kann dies in ploumltzlichen Krisenzeiten verheerende Konsequenzen haben Der Vollstaumlndigkeit halber muss erwaumlhnt werden dass FU zu Verschwiegenheit neigen insbesondere was operative Kennzahlen betrifft Dies erschwert den Umgang und das

4 Erziehung zur Nachfolge Unsicherheiten bei den Nachfolgern Ausbildung zur moumlglichen Nach-folge Vorbereitung des Unternehmens Auswahl des Nachfolgers Einstieg ins Unternehmen Ver-antwortungsuumlbergang Alleinverantwortung und Ausstieg der Seniorengeneration Neuorientierung in der postaktiven Phase Fuumlr weitere Informationen hinsichtlich Tipps und eines idealtypischen Nachfolgeprozesses wwwwifude

454 7 Ausblick

Einhalten von Finanzierungsbedingungen von Banken erheblich und kann ein klarer Nachteil gegenuumlber Konzernen sein

bull Beziehungen als Wettbewerbsnachteil Auch wenn FU mit dem emotionalen Faktor einer Familie punkten so faumlllt es ihnen schwer fuumlr genuumlgend Nachwuchskraft auszligerhalb der Familie im Unternehmen zu sorgen Schwierigkeiten bei der Suche nach gutem und qualifiziertem Personal zu haben liegt im Trend Doch viele Schulabgaumlnger wollen nicht fuumlr ein kleines bis mittelgroszliges Familienunternehmen mit Nischenprodukten arbeiten erst recht nicht wenn es sich um einen unattraktiven und schwer erreichbaren Standort handelt

bull Flexibilitaumlt als Wettbewerbsnachteil Trotz zahlreicher Vorteile durch kurzfristigen Handlungsspielraum sind sich FU ihren Grenzen bewusst So wie sich Familienunter-nehmer im Privatbereich ungern oumlffnen (Inhaber von weltbekannten FU sind in der Oumlffentlichkeit haumlufig unbekannt) sind sie auch im Kontext des Unternehmens der An-sicht keine Hilfe von auszligen zu benoumltigen Diese Beratungsresistenz kann Nebenwir-kungen haben wenn die betriebs- und familienfremde Perspektive neue Entwicklungs-potenziale aufdecken koumlnnte

bull Werteverstaumlndnis als Wettbewerbsnachteil Das bedingungslose Festhalten an Ent-scheidungen oder Personen kann als konsequentes und fuumlrsorgliches Traditionsbewusst-sein ausgelegt werden Doch wenn der ausgeschiedene Senior wettbewerbsbedingte Realitaumlten nicht wahrhaben wollte und der Junior beim Amtsantritt erst einmal aufraumlu-men muss kann die Hygiene in der Organisation schwere Langzeitschaumlden erleiden

Es wird deutlich dass das Spannungsverhaumlltnis zwischen emotionaler Bindung und Marktanforderungen nicht immer leicht zu handhaben ist Die volkswirtschaftliche Reali-taumlt gibt dem Modell des Familienunternehmens aber recht Grundsaumltzlich gilt Solange eine Familienorganisation in der Lage ist die sich ergebenden Paradoxien aus Familie und Unternehmen zu managen und eine Balance aus Familien- und Unternehmensinteressen auszutarieren kommen die einzigartigen Ressourcen dieses Erfolgsmodells zum Tragen

Unter Beruumlcksichtigung der skizzierten Exkursion moumlchten wir die folgende Hypo-these in den Raum stellen Ist ein Familienunternehmen aufgrund des einzigartigen und belastbaren Wirkungszusammenhangs von Unternehmen Eigentum und Fami-lie nicht praumldestiniert fuumlr eine anspruchsvolle und ergebnisorientierte Operational-Excellence-Strategie Sicherlich ist jedes FU einzigartig ndash was bei dem einen erfolgreich ist kann dem anderen die Existenzgrundlage nehmen Eine Standardloumlsung wird es fuumlr FU nicht geben koumlnnen Doch entsprechen die kritischen Erfolgsfaktoren der Operatio-nal Excellence wie die Bedeutung einer klaren Vision eines absoluten Commitments einer langfristigen Ausrichtung und konsequenter Mitarbeiterorientierung nicht gerade den besonderen Faumlhigkeiten einer Familienorganisation wie die Vertrauenswuumlrdigkeit ua gegenuumlber Mitarbeitern die Langzeitorientierung von strategischen und personellen Entscheidungen und die familiaumlren Beziehungsmuster

Das Lebenswerk von Heinrich Voumllker ndash Lean Production bei der Voumllker AGDie Familie spielte im Hause Voumllker seit je her eine entscheidende Rolle 1912 gruumlndete Heinrich Voumllker I eine Moumlbelmanufaktur die sich auf die Ausstattung von Sozialeinrichtungen spezialisier-

45571 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

te Sein Sohn Heinrich Voumllker II fuumlhrte ab 1939 den Betrieb weiter und baute die Fertigung auf die umfassende Moumlblierung von Hotels Krankenhaumlusern Pflegeheimen sowie Schwesternwohnheimen aus Der viel zu fruumlhe Tod seines Vaters war der Grund fuumlr Heinrich Voumllker III ab 1967 das unter-nehmerische Erbe als Enkel des Firmengruumlnders zu uumlbernehmen Die Tradition wurde fortgesetzt und aus der Moumlbeltischlerei des Groszligvaters wird in der dritten Generation einer der groszligen Her-steller fuumlr technische Pflegemoumlbel Die Produkte von Voumllker werden als bdquoMercedes Benzldquo unter den Pflege- und spaumlter auch Krankenhausbetten schnell mit Innovation und Qualitaumlt assoziiert So ist das 1991 eingefuumlhrte elektrisch betriebene Pflegebett 2080E ein Modell welches die herkoumlmm-lichen technischen Konventionen in den Schatten stellt Das Erfolgsrezept von Heinrich Voumllker ist Die Schwachstellen von etablierten Produkten am Markt identifizieren und mit innovativen Konst-ruktionen in Wettbewerbsvorteile umwandeln Entscheidend ist dass das Bett den Erwartungen der Pflegeheimbewohner den Anforderungen der Pflegekraumlfte und den Anspruumlchen der Heimleitung gerecht wird und dabei den Charme eines wirklichen Moumlbelstuumlcks nicht verliert Mit diesem ganz-heitlichen Ansatz wurde der Aufstieg einer Moumlbeltischlerei zu einem Marktfuumlhrer moumlglich

Wenn Heinrich Voumllker heute auf sein Lebenswerk zuruumlckblickt spielen vor allem die Jahre 1998 und 1999 eine bedeutende Rolle Als begeisterter Porsche-Fahrer interessierte er sich schon immer fuumlr die technischen Fortschritte am Produkt und im Fertigungsprozess des Sportwagenherstellers Durch einen persoumlnlichen Kontakt beim Autobauer kam er zudem erstmals in Beruumlhrung mit der japanischen Lean-Philosophie die zu Beginn der 1990er-Jahre getrieben durch Wendelin Wiede-king den radikalen Umdenk- und Sanierungsprozess des Fahrzeugbauers ermoumlglichte Der Beginn der Zusammenarbeit mit den Experten des Sportwagenbauers im Jahr 1999 stellt einen Meilenstein in der Historie von Voumllker dar ndash das Ergebnis war eine 13-jaumlhrige erfolgreiche Geschaumlftsbezie-hung Auch wenn Heinrich Voumllker als Inhaber zunaumlchst skeptisch war uumlberzeugten ihn die schnell erzielten und greifbaren Erfolge in seiner Wertschoumlpfungskette Wo fruumlher Holzstaub die bis an die Decke gestapelten Materialien und voneinander abgetrennten Fertigungseinheiten das Bild der Produktionshalle bestimmten war schon ein paar Jahre spaumlter der Anblick einer hochmodernen Pro-duktionshalle mit optimaler Flaumlchennutzung (Flaumlchenbedarf um 50 sowie Bestandswert um 80 gesenkt) und flieszligender Produktion (Montagezeit um 60 reduziert) beeindruckend Auch wenn spaumlter alle vier Minuten ein Pflegebett vom Band laufen sollte war die Atmosphaumlre von Ruhe und Ordnung gepraumlgt Kaizen Poka Yoke Kanban und viele andere japanische Schlagwoumlrter wurden zur Normalitaumlt der Umsatz stieg von rund 25 Mio euro (1999) auf knapp 80 Mio euro (2011) und die Beleg-schaft vergroumlszligerte sich von 120 auf uumlber 350 Mitarbeiter Im Weiteren sollen Auszuumlge aus einem mit Heinrich Voumllker gefuumlhrten Interview helfen die wesentlichen Meilensteine und Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von Lean Management an Farbe gewinnen zu lassen

Autoren (A) Welche Rolle spielten bei der Lean-Implementierung in Ihrem Unterneh-men die Mitarbeiter

Heinrich Voumllker (HV) Die Mitarbeiter entscheiden uumlber Erfolg und Misserfolg Es gilt die Mit-arbeiter in den Prozess von Anfang an miteinzubeziehen Wenn die Beleg-schaft dann am eigenen Leib spuumlrt was Lean im Alltag bringt ist eine der groumlszligten Huumlrden genommen Der einzelne Mitarbeiter muss fuumlr sich persoumlnlich eigenstaumlndig entdecken was sich hinter der Lean-Philosophie wirklich verbirgt

A Wie haben Sie die Mitarbeiter miteinbezogen und motiviertHV Die externen Lean-Berater haben viel mit Workshops gearbeitet Der

Berater hat also die Rolle des Moderators uumlbernommen ndash die Problem-loumlsung und auch die anschlieszligende Praumlsentation der Ergebnisse war aber ausschlieszliglich Aufgabe der Mitarbeiter So spuumlrt der Mitarbeiter nicht nur hinterher die positive Veraumlnderung in der Montagehalle sondern hat die Moumlglichkeit von Beginn an mitzuwirken Die Uumlberzeugungsarbeit beginnt sehr fruumlh

456 7 Ausblick

A Was hat denn der Mitarbeiter davon dass er sich mit Lean auseinandersetztHV Abgesehen davon dass ein gesunder betriebswirtschaftlicher Zustand der Organisation im

Interesse des Mitarbeiters liegt profitiert er von angenehmen Arbeitsinhalten und wohl durchdachten Arbeitsablaumlufen ndash das wirkt sich automatisch und vor allem positiv auf das Gemuumlt und damit die Arbeitseinstellung aus Wenn Sie unsere Produktionshalle von fruumlher mit der verschlankten einige Jahre spaumlter vergleichen wuumlrden Sie sofort erkennen dass dort Welten dazwischen liegen Obwohl wir die Montagezeit erheblich reduzieren und die Aus-bringungsmenge deutlich steigern konnten gingen die Mitarbeiter ihren Taumltigkeiten mit viel mehr Ruhe nach und waren zufriedener mit ihrem Arbeitsplatz

A Haben Sie diese Veraumlnderungen hinsichtlich der Mitarbeiterzufriedenheit gemessenHV Nein Das war nicht notwendig denn Sie koumlnnen mir glauben dass man das als Unterneh-

menschef spuumlrtA Wenn die Fertigung ausschlieszliglich aus standardisierten Arbeitsablaumlufen und Produktions-

schritten besteht uumlbt der Einzelne dann nicht immer die gleiche Arbeit ausHV Das zu verhindern ist Aufgabe der Unternehmensleitung bzw der Produktionsleitung Wir

haben immer darauf geachtet dass es Abwechslungen bei den Taumltigkeiten gibt Gleichzeitig wussten wir dass uns dieses Rotieren taumlglich eine halbe Stunde kostet ndash doch die positive Auswirkung der wechselnden Arbeitsinhalte auf die Mitarbeiterzufriedenheit wiegt schwerer als eine halbe Stunde flieszligende Produktion

A Wie sah Ihre Rolle waumlhrend der Einfuumlhrung der Lean-Philosophie ausHV Als Unternehmenschef werden Sie nicht in jedem Detail stecken koumlnnen ndash das funktioniert

nicht Ich habe an den meisten Workshops teilgenommen und bin taumlglich einige Male durch die Produktion gegangen Mir war es immer wichtig im direkten Austausch mit meinen Mit-arbeitern zu stehen Dabei ist es unerheblich ob Sie mit einem Ingenieur oder einer Putzkraft sprechen ndash jeder ist Teil der schlanken Produktion und damit mitverantwortlich fuumlr den unter-nehmerischen Erfolg Als Chef musste ich die Richtung vorgeben und immer wieder zeigen dass die Lean Production richtig fuumlr uns ist Ich wuumlrde mich sogar als richtiger Fan von Lean bezeichnen

A Die Implementierung des Kaizen-Gedanken verspricht kontinuierliche Verbesserung In wel-cher Form manifestierte sich dieser sukzessive Fortschritt in Ihrem Unternehmen

HV Als Unternehmer sind Sie absolut abhaumlngig von der Zusammenarbeit Ihrer Mitarbeiter ndash das ist als positive Herausforderung aufzugreifen Wenn die Mitarbeiter merken dass es sinnvoll ist Verschwendung zu vermeiden dann geben Sie gerne ihr Wissen weiter Waumlhrend der Workshops aber auch abseits dieser moderierten Veranstaltungen wurden zahlreiche Ver-besserungsvorschlaumlge entwickelt

A Wurden diese Vorschlaumlge systematisch dokumentiertHV Nein das bedeutet zu viel Aufwand Und Sie muumlssen auch beachten dass nicht jeder Vor-

schlag richtig ist oder zum richtigen Zeitpunkt kommt Wenn Sie diese Vorschlaumlge dann links liegen lassen kann dies zu Ungeduld und Frust fuumlhren Wichtig ist also nicht die Dokumenta-tion sondern die richtige Haltung gegenuumlber den Mitarbeitern dann kommen die Leute von sich aus auf Sie zu

A An welche Haltung denken Sie daHV Sie muumlssen den Mitarbeitern offen gegenuumlber treten und ihnen damit die Chance geben

Gedanken und Meinungen mitzuteilen Ganz wesentlich ist die Achtung vor dem Mitarbeiter ndash vor jedem Einzelnen Houmlflichkeit und Wertschaumltzung ndash Tugenden die eigentlich selbstver-staumlndlich sein sollten sind wichtige aber haumlufig vernachlaumlssigte Bausteine fuumlr die Unterneh-mensfuumlhrung und die Umsetzung von Veraumlnderungen

A Lean beschreibt die Philosophie der Verschwendungsvermeidung Denkpausen und Raum fuumlr kreative Ideen werden in diesem Zusammenhang haumlufig auch als Verschwendung bezeichnet Hat im Hause Voumllker der betriebswirtschaftliche Imperativ der Effizienz dem Treiber Ihrer Wettbewerbsfaumlhigkeit ndash der Innovation ndash widersprochen

45771 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

HV Im Gegenteil Effizienz und Innovation verbinden sich im Kontext mit Lean Management Den Beweis dafuumlr sehen Sie in unseren Produkten 2003 haben wir das Micro-Stimulations-System fuumlr die professionelle Pflege weiterentwickelt (als Unterstuumltzung zur Dekubitusthera-pie zur Mobilisierung Schmerzlinderung und Wahrnehmungsfoumlrderung Anm der Autoren) 2005 wurde das gleiche System um einen elektromotorischen Antrieb ergaumlnzt und verbessert 2006 haben wir die Voumllker-Schiene eingefuumlhrt (ein Versorgungs- und Ablagesystem welches alle Kommunikations- und Elektroanschluumlsse Licht und Rufanlagen in unmittelbarer Reich-weite des Pflegeheimbewohners integriert und sich harmonisch in die Gesamteinrichtung des Pflegezimmers einfuumlgt Anm der Autoren) 2007 praumlsentierten wir das Niedrigst-Pflegebett (die bodennahe Positionierung erhoumlht das Sicherheitsgefuumlhl sturzgefaumlhrdeter Bewohner wie Untersuchungen ermittelten Anm der Autoren) 2008 erschien der erste Prototyp des High-End-Bett Vis-a-Vis5 (ein Bett zum Liegen Sitzen Stehen Gehen das den Bewohner nicht nur mobilisiert sondern auf Basis neuer Funktionalitaumlten auch aktiviert Anm der Autoren) und 2009 begannen wir in Zusammenarbeit mit Porsche Engineering Voumllker-eigene Motoren und Antriebe ndash effizient und wartungsleicht ndash zu fertigen

A Die innovative Familientradition konnten Sie erfolgreich fortsetzen Was war ausschlagge-bend dabei

HV Der staumlndige Austausch mit den Mitarbeitern und den Kunden In die Produktentwicklung wurden die Lean-Experten aus der Produktion hinzugezogen um die Realisierbarkeit von Ideen umgehend zu verifizieren Mit den Kunden haben wir regelmaumlszligig auf Messen gespro-chen ndash doch von Ihrem Kunden koumlnnen Sie keine technische Loumlsung erwarten Das ist und bleibt Ihr Job als Unternehmer

A Sie haben keine Lean-Projekte im Geschaumlftsbereich der Forschung und Entwicklung umge-setzt Gerade dort wird in der Regel vermutet dass Effizienz eher stoumlrt als von Vorteil zu sein

HV In unserem Fall ist das richtig Doch das bedeutet nach wie vor nicht dass die Lean-Philoso-phie Innovationen behindert Denken Sie an Porsche ndash das ganze Unternehmen ist lean Auch im Bereich der Forschung und Entwicklung Empfinden Sie Porsche als nicht innovativ

A Sicherlich nicht Sehen Sie denn Unterschiede zwischen produzierenden und dienstleisten-den Unternehmen um Lean wirksam zu implementieren

HV Nein Verschwendung ist Verschwendung und laumlsst sich uumlberall identifizieren Der Wirkungs-zusammenhang bleibt derselbe

A Im Jahr 2010 ist Voumllker Consulting entstanden Was hatte es damit auf sichHV Wir haben bei unseren Kunden gemerkt dass haumlufig nicht ausreichend Zeit fuumlr menschen-

wuumlrdige Pflege und Betreuung bleibt Es wird sich ja gewoumlhnlich viel in Pflegeheimen und Krankenhaumlusern beschwert ndash was vielen nicht bewusst ist dass die Arbeitsablaumlufe ineffizient sind Das Gute bei hausgemachten Problemen ist aber dass man sie eigenstaumlndig loumlsen kann Also zielten wir mit unserem Beratungsangebot auf eine Aufloumlsung des Spannungsfeldes zwischen den sozialen und oumlkonomischen Aspekten der jeweiligen Einrichtungen durch die Uumlbertragung des Voumllker-Verbesserungs-Prozesses ab So bleibt mehr Zeit fuumlr Pflege und Betreuung stressreduzierte und strukturierte Tagesablaumlufe transparente und gleich verteilte Arbeitsinhalte bestimmen den Alltag Kosten werden reduziert die Zufriedenheit der Mit-arbeiter und Patienten bzw Bewohner wird erhoumlht und die Pflege- und Betreuungsqualitaumlt wird verbessert

5 Das Bett bdquoVis-a-Visldquo wird durch Aufstellen des Ruumlckenteils und Wegschieben des Fuszligteils zu einem gesunden Sessel es erleichtert das Sitzen und Aufstehen sowie die Mobilitaumlt des Patienten Neben dem voumlllig neuen Komfort fuumlr Patienten spart man nach Voumllkers Rechnung mit diesem Bett taumlglich mindestens zehn Pflegeminuten ndash und die kosten heute etwa 70 Cent pro Minute

458 7 Ausblick

A Wenn Sie die letzten Jahre Revue passieren lassen Was waren zusammenfassend die kriti-schen Erfolgsfaktoren fuumlr ergebniswirksames Lean Management bei der Voumllker AG

HV Erstens Bei solch einem Vorhaben veraumlndert sich die ganze Firma Sie muumlssen also als Chef den Kompass in der Hand halten und die eingeschlagene Richtung auch bei schlechtem Wet-ter vertreten Zweitens Sie benoumltigen eine langfristige Perspektive Raten Sie mal warum Wendelin Wiedeking auf Quartalsberichte verzichtet hat Davon profitieren nur die Boumlrse und die Banken Drittens Die Mitarbeiter muumlssen die Fortentwicklung selbst erarbeiten damit man den Grundstein fuumlr eine Lean-Kultur legt Viertens Es kann von groszligem Vorteil sein auf einen externen und nicht betriebsblinden Sparringspartner zuruumlckzugreifen ndash diese Art von Input sollte man nicht unterschaumltzen Als deutsches mittelstaumlndisches Unternehmen haben Sie im immer staumlrker umkaumlmpften Wettbewerb nur eine Chance wenn Sie mit Inno-vation und Qualitaumlt vorneweg gehen ndash die Verinnerlichung der Lean-Philosophie hat uns entscheidend dabei geholfen

Zum Ende des Jahres 2011 zeichnete sich endguumlltig ab dass die Unternehmensnachfolge nicht im Familienkreis realisiert werden konnte Heinrich Voumllkers Toumlchter verfolgten andere Interessen und seine Enkel waren noch zu jung sodass in erster Linie Finanz- und strategische Investoren Interes-se bekundeten Schlieszliglich einigte man sich mit dem Konzern Hill-Rom ndash einem amerikanischen Krankenhausbettspezialisten Ab Maumlrz 2012 ordnete sich die Voumllker AG offiziell in die Konzern-struktur ein Von Beginn an stand fest dass man eine Zwei-Marken-Strategie fahren wird da der Name bdquoVoumllkerldquo im Markt sehr positiv besetzt ist

Das ehemalige Familienunternehmen Hill-Rom (welches uumlbrigens 1929 auch als Tischlerei star-tete) praumlsentierte sich anfangs als bdquosympathischerldquo Kaumlufer der groszliges Interesse daran hatte die Lean-Aktivitaumlten die frisch ausgebauten Consulting-Kompetenzen und saumlmtliche Mitarbeiter und Stand-orte in gleicher Form zu uumlbernehmen Heinrich Voumllker war sich sicher dass die unternehmerische Qualitaumlt seiner Organisation beibehalten werden wuumlrde Heute muss er sich jedoch eingestehen dass er sich geirrt hat Mittlerweile entpuppte sich der Kaumlufer naumlmlich als quartalsgetriebener und rein vertriebslastiger Groszligkonzern der wenig Interesse an schlanken Fertigungshallen und innovativen Erfindungen hat Im Mittelpunkt stehen weder der Mitarbeiter noch die Qualitaumlt sondern ledig-lich die Anzahl an verkauften Betten Die Lean-Initiative wird langsam aber sicher in der Bedeu-tungslosigkeit versickern Schweren Herzens verweist Heinrich Voumllker auf die Autobiografie von Apple-Visionaumlr Steve Jobs Denn dieser hebt zum Schluss seines Buches hervor dass ausschlieszliglich vertriebsorientierten Konzernen (wozu Jobs auch Microsoft zaumlhlt) keine rosige Zukunft bevorsteht Entscheidend sei die Innovationskraft einer Unternehmung ndash nur so laumlsst sich im Uumlbrigen der Erfolg von Volkswagen bzw Porsche und auch Toyota erklaumlren

712 Operational Excellence in Familienunternehmen

Dieses Praxisbeispiel der ehemaligen Voumllker AG bietet zahlreiche Anknuumlpfungspunkte um in einem ersten Schritt die potenzielle Synergie zwischen Familienorganisationen und Operational-Excellence-Initiativen zu sondieren Es soll anhand der in diesem Buch de-finierten Erfolgsfaktoren uumlberpruumlft werden ob die Ingredienzen dieser Erfolgsgeschichte auch auf andere Familienorganisationen uumlbertragbar sind

Initiative mit Organisation harmonisieren amp Reflexion ermoumlglichenDer Nutzen der Lean-Initiative im Falle der Voumllker AG wurde gewiss nicht auf exakt 13 Jahre kalkuliert Doch unter diesem Erfolgsfaktor faumlllt besonders die reflektierte Einschaumltzung ob die Methodik sinnstiftend fuumlr die Staumlrkung der Uumlberlebensfaumlhigkeit der Organisation ist Wer

45971 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

kann das besser einschaumltzen als derjenige der die Organisation sein Zuhause nennt Auch wenn Heinrich Voumllker zu Beginn selbst skeptisch war wurde er durch die schnellen Ver-besserungen uumlberzeugt Er wendete diesen Motivationsmechanismus im Anschluss bei seiner Belegschaft an Seine Mitarbeiter sollten die Verbesserungen durch Lean am eigenen Koumlrper erfahren ndash durch diesen ungefilterten Uumlberzeugungsmoment stieszlig die Initiative auf Akzeptanz

Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren amp Horizontalspannung bewirkenHeinrich Voumllker bezeichnet sich selbst als Fan von schlanken Produktionsprozessen Wenn Leidenschaft fuumlr ein Thema und das Charisma eines erfahrenen Unternehmers auf-einandertreffen kann man sich gut vorstellen welche Wirkung ein mehrmaliger Gang durch die Produktionshallen bei den Mitarbeitern ausloumlst Wenn der Kapitaumln den Kom-pass in der Hand haumllt und die Richtung vorgibt sind Vision und entsprechendes Commit-ment gegeben Besonders wichtig fuumlr den Erfolg von Lean bei der Voumllker AG war die Konsistenz von Vision Commitment und Kommunikation im Alltag Bedingt durch die Personalunion von Familie und Unternehmen wirken strategische Entscheidungen uumlber-zeugend ndash Lean war fuumlr Heinrich Voumllker keine persoumlnliche Profilierung um seine Position zu rechtfertigen sondern eine Lebensentscheidung die mit Herz und Seele umgesetzt wurde Wenn dann sowohl die Putzkraft als auch der Produktionsleiter ihre funktionsuumlber-greifende Rolle bei dieser Lebensentscheidung nachvollziehen koumlnnen und fuumlr die Vision begeistert werden kann man ohne Einschraumlnkung von Horizontalspannung sprechen

Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern amp Mitarbeiter befaumlhigenWelcher Manager kann ernsthaft behaupten dass Wertschaumltzung und Houmlflichkeit gegen-uumlber jeder Arbeitskraft im Unternehmen entscheidend fuumlr den Unternehmenserfolg sind Jeder Wem wuumlrden Sie das aber eher glauben Dem Manager in einer hierarchisch kom-plexen Matrixorganisation oder dem Familienunternehmer der weiszlig wo die Kinder sei-ner Mitarbeiter zur Schule gehen Es ist eine Frage der Haltung welche Bedeutung der einzelne Mitarbeiter einnimmt Wenn Mitarbeitern bei der Voumllker AG auf Unternehmens-kosten Arbeitsveraumlnderungen ermoumlglicht werden um die Taumltigkeit abwechslungsreicher zu gestalten heiszligt das dass das Wohl des Mitarbeiters schwerer wiegt als die Effizienz Sicherlich ist dies ein schmaler Grat denn am Ende zaumlhlt das operative Geschaumlft Doch der Unternehmer ist durch sein Gespuumlr fuumlr die eigene Organisation in der Lage die richti-ge Erwartungshaltung einzuschaumltzen

Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen amp Musterwechsel zulassenFuumlr Heinrich Voumllker war es entscheidend dass seine Mitarbeiter und nicht die externen Berater die Veraumlnderungen umsetzten Das Erschaffen von Lernsituationen in Workshops mithilfe der externen Expertise war eine schlagkraumlftige Kombination Durch den engen Kontakt zur Belegschaft war es auch keine groszlige Herausforderung die richtigen Mitarbei-ter als Lean-Experten fuumlr den anstehenden Musterwechsel auszubilden Heinrich Voumllker auch wenn er nicht in jedem Detail involviert sein konnte sorgte dafuumlr dass jegliche Ak-tivitaumlt unter dem Primat der Nachhaltigkeit durchgefuumlhrt wurde

460 7 Ausblick

Fortentwicklung messbar machen amp Oumllstand uumlberpruumlfenFuumlr einen Unternehmer wie Heinrich Voumllker ist es nicht schwer das Stimmungsbild in seiner Organisation zu spuumlren Dabei wurde er immer wieder aufs Neue von der Richtig-keit seiner Entscheidung bestaumltigt Die Implementierung von Lean Management bei der Voumllker AG ist eine Erfolgsgeschichte Die Wachstumszahlen von Umsatz und Mitarbei-tern sprechen eine eigene Sprache Dies war moumlglich da die gesamte Entwicklung einem langfristig ausgerichteten Kompass folgte den Heinrich Voumllker fest in den Haumlnden hielt Bei wie vielen Unternehmen verlaufen strategische Bemuumlhungen im Sand wenn es einen personellen Wechsel an der Unternehmensspitze gab Der erste Mann in der Organisation braucht den laumlngsten Atem ndash die Lufthansa AG die seit 2013 das Effizienzprogramm SCOR mit 2500 Projekten umsetzt wird den Verlust von CEO Franz auch erst einmal kompensieren muumlssen

Es wird an dieser Stelle wie bereits erwaumlhnt nicht moumlglich sein den eventuellen positiven Wirkungszusammenhang zwischen einer Familienorganisation und einer Ope-rational-Excellence-Initiative abschlieszligend und empirisch fundiert zu bewerten Doch es erhaumlrtet sich der Verdacht dass auf beiden Seiten positiv korrelierende Mechanismen existieren Insbesondere die in diesem Buch erlaumluterten Praxisbeispiele befeuern die Dis-kussion

So entspricht Michael McCain den Anforderungen eines Familienunternehmers und weist bis heute durch Six Sigma generierte Erfolge auf die durch seine Lebensentschei-dung fuumlr die strategische Qualitaumltsinitiative moumlglich wurden Wie waumlre Six Sigma bei der Bank of America fortgesetzt worden wenn nach dem Ausscheiden von CEO Lewis sein Sohn und nicht Brian Moynihan das Steuer der durch die Finanzkrise gebeutelten Bank uumlbernommen haumltte Haumltte Lewis in diesem hypothetischen Szenario einer familiengefuumlhr-ten Bank of America womoumlglich gar nicht das Steuer abgeben muumlssen weil die Gesell-schafter ausreichend Vertrauen in den Mann hatten der die Bank uumlber Jahre erfolgreich gefuumlhrt hat Entspricht der leidenschaftliche Einsatz von Goran Curic nicht dem Herzblut eines Familienunternehmers Ein Geschaumlftsfuumlhrer der sich entgegen des Widerstandes seiner eigenen Mitarbeiter konsequent fuumlr mehr Sicherheit am Arbeitsplatz einsetzt Ist die FCI-Gruppe nicht ein Paradebeispiel dafuumlr was fuumlr drastische Konsequenzen es fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative haben kann wenn Entscheidungen ausschlieszliglich im Sinne des Shareholder Value und nicht im Sinne der Zukunftsfaumlhigkeit der Organisa-tion getroffen werden Der FCI-Fuumlhrung von Pierre Vareille wurde durch die Zersplitte-rung des Konzerns ein spielentscheidender Faktor zur erfolgreichen Implementierung von Operational Excellence geraubt ndash organisatorische Bestaumlndigkeit bei der Integration der Initiative in die Unternehmenskultur Wuumlrde die Unternehmensleitung von Best Buy das Scheitern von Lean Sigma einsehen um das Ruder noch rechtzeitig herumzureiszligen wenn die Beteiligten alleinige Gesellschafter des Unternehmens waumlren Schlieszliglich ist AXA ein weiteres Beispiel fuumlr die Wichtigkeit von personeller Kontinuitaumlt an der Spitze ndash wenn jemand in Krisenzeiten das Management des Menschen als wichtiger erachtet als die Verfolgung von finanziellen Zielgroumlszligen entspricht er bdquofamilienunternehmertypischenldquo Attributen

46171 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

Sicherlich ist auf den letzten Seiten das eine oder andere bewusst uumlberspitzt formu-liert worden Ziel ist es gewesen eine inhaltliche Trennschaumlrfe zwischen FU und NFU zu erhalten Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik wird dann schwer wenn die Erfolgsgeheimnisse von Familienunternehmen oder Operational-Excellence-Initiativen im unscharfen Sowohl-als-auch verschwimmen Konzernen die Faumlhigkeit eines erfolg-reichen Umgangs mit strategischen Initiativen wie Operational Excellence abzusprechen ist genauso kurzsichtig wie Familienunternehmen eine Erfolgsgarantie als Persilschein auszustellen ndash fuumlr polarisierende Blockbildung besteht kein Anlass Dennoch ist es im Sinne einer methodischen Weiterentwicklung empfehlenswert eine entsprechend praxis-orientierte aber auch empirisch fundierte Forschung in diesem Bereich zu betreiben Das Unterscheidungskriterium der Familie ist in diesem Kontext gerade fuumlr den Wirtschafts-standort Deutschland vitalisiert durch den unternehmerischen Spuumlrsinn familiengepraumlgter Organisationen fuumlr derartige Forschungsaktivitaumlten repraumlsentativ

Auch wenn wir eine noch zugegebenermaszligen unscharfe Tendenz ausmachen koumlnnen gilt es abseits dieses Buches einige Fragen im Hinblick auf die besonderen Unterschiede zwischen einer Familienorganisation und einem kapitalmarktorientierten Unternehmen zu klaumlren

Welche Rolle spielt die Unternehmensgroumlszlige bei Operational-Excellence-Initiativen tatsaumlchlich wenn wir bei mittelstaumlndischen Unternehmen an den Vorteil von kurzen Ent-scheidungs- und Kommunikationswegen denken

Wenn gerade der bdquomaumlchtige Macherldquo so ausschlaggebend fuumlr die Wertschoumlpfung eines FU ist uumlbersteigt die Komplexitaumlt der Unternehmensnachfolge durch einen Junior dann nicht die eines CEO-Wechsels in einem NFU

Wie meistert ein FU den schmalen Grat aus personenunabhaumlngiger Initiative (damit sie selbststaumlndig lebensfaumlhig ist) bei gleichzeitiger Kontinuitaumlt an der Fuumlhrungsspitze (die familienbedingt gegeben ist)

Neigen Manager vielleicht eher dazu eine strategische Initiative zur Profilierung und als Karriereboost zu missbrauchen als ein geschaumlftsfuumlhrender Gesellschafter einer Unter-nehmung

Wuumlrde es gelingen den anspruchsvollen und meist internationalorientierten Jargon der Operational Excellence fuumlr ein typisch deutsches Familienunternehmen zu uumlbersetzen

Sind die meist personenorientierten FU uumlberhaupt anschlussfaumlhig fuumlr eine prozess-orientierte Denkweise Dazu Der unternehmerische Spuumlrsinn von FU lebt meist von Schumpeters schoumlpferischer Zerstoumlrung und laumlsst die Organisationsstrukturen wild (und haumlufig hoch profitabel) wachsen ndash gibt es moumlglicherweise einen Zeitpunkt im Lebens-zyklus eines FU wo eine intuitive bdquoTrial-and-Error-Kulturldquo durch einen systematischen bdquoPlan-Do-Act-Check-Ansatzldquo abgeloumlst werden muss

Die Aufgaben in Familienunternehmen bilden sich klassischerweise um Personen und nicht um Funktionen oder Prozesse herum Dieses organisch gewachsene Netzwerk an Buumlndelungen ist fuumlr Auszligenstehende haumlufig kaum zu durchschauen Wie kann es in diesem Kontext gelingen eine Verbindlichkeit fuumlr prozessorientiertes und nicht mehr personen-orientiertes Wirtschaften zu erzeugen

462 7 Ausblick

713 Weitere Denkanstoumlszlige

Abseits der moumlglichen Entwicklungspotenziale fuumlr Operational Excellence in Familien-organisationen sollen noch weitere Themen kurz angerissen werden

So zeigt die Praxis dass sich gerade in administrativen Geschaumlftsbereichen erhebliche Potenziale fuumlr Verschwendungsvermeidung und Qualitaumltsverbesserung verstecken Auch in bundesdeutschen Aumlmtern und Behoumlrden kann Operational Excellence fuumlr eine Verbesse-rung der Serviceleistung mehr Kundenorientierung und fuumlr deutliche Einsparungen sorgen Analog zu den staatlichen Institutionen in den USA wo Lean Sigma fuumlr die US-Army kein Fremdwort ist (Vgl Dahm und Haindl 2011 S 162) Gerade der Grundsatz der Miteinbe-ziehung der Mitarbeiter mit allen Faumlhigkeiten und Talenten sollte im oumlffentlichen Sektor viel staumlrker in den Fokus ruumlcken Greift man beispielsweise die Praxis der stetigen Meinungsum-fragen in der Politik auf dann bietet das Leistungsversprechen der Operational Excellence hier einen Ansatz Wuumlrde man die befragten Buumlrger als Kunden betrachten und aus den Um-frageergebnissen deren wahre Wuumlnsche an die Regierung und Verwaltung herausarbeiten waumlre dann nicht ein erster echter Schritt gemacht Durch die Anwendung des DMAIC-Zy-klus mit anschlieszligendem Uumlbergang in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess koumlnn-ten die ermittelten Critical-to-Quality-Faktoren in der Arbeit der Behoumlrden manifestiert werden Betrachtet man die Ausgabenhoumlhe der Regierung fuumlr Beratungsleistung im den letzten Jahrzehnten sind die Preise fuumlr die Ausbildung eigener bdquoBeltsldquo zu vernachlaumlssigen

Roland Berger spricht in einer Studie von einer Vertrauensorganisation als Fuumlhrungs-modell fuumlr den Doppelkurs bdquoRestrukturieren und Wachsenldquo (Vgl Roland Berger Strategy Consultants 2005 S 2) Zum Hintergrund Die Beratungsgesellschaft entwickelte einen Wachstumsalgorithmus der sich als Kreislauf darstellt weil richtig gemangtes Wachstum sich selbst antreibt Ausgangspunkt ist eine exzellente operative Performance welche zu houmlheren Cashflows fuumlhrt die in Wachstum investiert werden koumlnnen Daraus entstehen Groumlszligen- und Verbundvorteile die wiederum die operative Leistungsfaumlhigkeit verbes-sern Es stellte sich anschlieszligend die Frage wie Unternehmen gefuumlhrt werden muumlssen wenn sie wachstumsstark sein wollen Die Antwort ist ein Zusammenspiel aus Kosten- bzw Prozessoptimierung und Wachstumsstimulierung Diese Taumltigkeiten muumlssen heute parallel betrieben werden Zwingend erforderlich sind dafuumlr die Eigenschaften der Wachs-tumsfaumlhigkeit und Wachstumsbereitschaft Dafuumlr muumlssen Mitarbeiter anspruchsvolle Ziele verfolgen Spaszlig am Wettbewerb haben und echtes Commitment zeigen Dies entsteht in einem kulturellen Unternehmensumfeld nur dann wenn die Mitarbeiter die Unternehmens-fuumlhrung als vorbildlich erkennen ndash und ihr vertrauen Der magnetische Nordpol von wachs-tumsstarken Unternehmen muss eine Vertrauensorganisation sein6 Vertrauen ist die Basis fuumlr houmlheres Engagement der Mitarbeiter durch staumlrkere Bindung fuumlr bessere Produkt- und

6 Vertrauen ist eine hochemotionale Angelegenheit Emotionale Aspekte ruumlcken nicht nur durch das Change Management sondern auch durch viele andere Bereiche der Wirtschaft in den Mittelpunkt Neue Forschungsfelder wie Neurooumlkonomik Fairness- oder Kooperationsforschung sowie Beha-vioral Economics fuumlhren zur Neubewertung des gewohnten Wirtschaftsalltages und belegen diese Entwicklung

46372 Blick in den Ruumlckspiegel

Servicequalitaumlt durch motivierte Mitarbeiter fuumlr Stimulierung der Kreativitaumlt durch offenen Austausch untereinander und fuumlr niedrigere Transaktionskosten durch geringen Uumlberwa-chungsaufwand Dadurch werden die Wachstums- und Innovationskraumlfte einer Organisa-tion freigesetzt Die Studie kommt u a zu dem Ergebnis dass leistungsorientierte Fuumlhrung Freiraumlume fuumlr Innovation Transparenz und auch eine dezentrale Organisation fuumlr den Auf-bau einer Vertrauensorganisation als Modell der Zukunft entscheidend sind So stellt sich schlieszliglich die Frage Wie passt sich das Leistungssystem einer Operational-Excellence-Initiative welches von zentralisierten Strukturen profitiert an diesen Organisationszustand an Lean Management weist durch das systematische Uumlbertragen von Verantwortung und damit auch Vertrauen durchaus Anknuumlpfungspunkte auf (Stichwort Poka Yoke Jeder Mit-arbeiter kann den Produktionsfluss stoppen wenn er einen Fehler bemerkt) Aber beson-ders die durchgetaktete Programmatik einer Six-Sigma-Initiative beruht auf zentralisierten Monitor- Informations- und Berichtsstrukturen ndash wird auf diese Art und Weise nicht eher Misstrauen systematisch in die Organisation integriert Wie kann der Aufbau von Vertrau-en als fester Bestandteil in eine Operational-Excellence-Initiative integriert werden

Die Beratungsgesellschaft Capgemini hebt in ihrer Change-Studie aus dem Jahr 2012 hervor dass 78 der Senior Executives die Bedeutung von Social Media fuumlr den zu-kuumlnftigen Geschaumlftserfolg erkennen Jedoch landet nur bei 27 das Thema auf der Liste mit den strategischen Topthemen Dessen ungeachtet wird die digitale Transformation in Zukunft die Bewegungskraft von Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend beeinflus-sen Beim Umgang mit dieser rudimentaumlren Veraumlnderung reichen bewaumlhrte Methoden und Prozesse nicht mehr aus Was bedeutet es fuumlr die Zukunft von Operational Excellence wenn traditionelle Denkweisen infrage gestellt werden Konkret Wie geht man damit um wenn top-down gesteuerte und hierarchisch orientierte Kommunikationsstrategien ihre Relevanz verlieren weil sie das Nachsehen gegenuumlber der Verfuumlgbarkeit von Echtzeit-Informationen haben Mit Tablet-PCs und Smartphones kann Wissen einfacher geteilt gespeichert verbreitet und neu miteinander kombiniert werden Houmlhere Transparenz un-mittelbares Feedback einfache Verbreitung von Ideen und die Moumlglichkeit von externen Perspektivenwechseln sind Potenziale aus der vernetzten Welt Braucht der Black Belt von morgen digitale Skills und mehr Verstaumlndnis fuumlr die entstehende Arbeitskultur im Enterprise 20 Hat das Streben von einer vertikal zu einer horizontal orientierten Organi-sationsstruktur seine Zukunft vielleicht schon hinter sich Muumlssen wir uns nicht vielmehr fragen wie wir den Sprung aus vertikalen hin zu virtuellen Organisationszustaumlnden meis-tern Wuumlrde es ausreichen das Interventionsrepertoire der Operational Excellence mit kollaborativer Technologie einfach zu bdquodigitalisierenldquo Was waumlre die Alternative

72 Blick in den Ruumlckspiegel

Veraumlnderung liegt sowohl in der Natur des Menschen als auch in der Natur der Umwelt die ihn umgibt ndash das war immer schon der Fall Die Einfuumlhrung zu diesem Buch hebt aber hervor dass die Geschwindigkeit und das Ausmaszlig von Veraumlnderungen eine bislang

464 7 Ausblick

unbekannte Intensitaumlt aus Sicht von Unternehmen angenommen haben Die Hyper-Dyna-mik der sozialen Netzwerke ist nur ein Beispiel fuumlr die gewaltigen Innovationsspruumlnge in der Informationstechnologie Dass die digitalisierte Vernetzung am Markt die Internatio-nalisierungsdynamik beschleunigt ist ein weiteres Beispiel Veraumlnderungsaverse Organi-sationen werden immer schneller von der Bildflaumlche verschwinden

Die wirtschaftlichen Erfolgsmuster haben sich seit den 1950er-Jahren dramatisch veraumln-dert Die Formel zur Erreichung von Wettbewerbsfaumlhigkeit besteht heute mehr denn je aus sich veraumlndernden und schwer abschaumltzbaren Variablen Kennzahlen wie Produktivitaumlt und Qualitaumlt sowie damit verbundene Kosten und Kundenzufriedenheit ruumlcken in den Fokus je-der Unternehmensfuumlhrung Fuumlr einen wirksamen Umgang mit den neuen wirtschaftlichen Er-folgsmustern gibt es unterschiedliche Ansaumltze des strategischen Management ndash einer davon wird in Kap 2 erlaumlutert Die innerbetriebliche Programmatik der Operational Excellence Folgende Fragen werden beantwortet Wie erreicht Lean Management aufbauend auf den Faumlhigkeiten der Mitarbeiter Kundenorientierung Dezentralisierung Verschwendungsver-meidung Simultanisierung und Schnelligkeit Wie ermittelt Six Sigma statistikbasiert zum einen den Wunsch des Kunden und zum anderen die tatsaumlchliche Ursache dafuumlr dass dieser Wunsch unerfuumlllt bleibt Wie kombiniert eine Lean-Sigma-Initiative die Leistungsverspre-chen dieser weit verbreiteten Ansaumltze und ermoumlglicht nachhaltige Wettbewerbssteigerungen

Durch den Feldkontakt in Kap 3 gewinnt das architektonische Theoriegeruumlst aus Kap 2 an Farbe Die heterogene Auswahl der Praxisbeispiele zeigt mit voller Absicht das breite Anwendungsspektrum der Operational-Excellence-Methodologie Es wird deutlich dass Six Sigma ohne das Commitment des Topmanagements nicht erfolgreich sein kann (Maple Leaf Foods) und dass das Qualitaumltsverbesserungsprogramm aber auch nicht vor strategi-schen Fehlentscheidungen schuumltzt (Bank of America) Unverkennbar wird das Leistungs-vermoumlgen von Lean Management wenn der Mitarbeiter im Mittelpunkt steht (Neuenfelder Maschinenfabrik) und wenn die Organisation auf eine gemeinsame Vision eingestimmt wird (FCI-Gruppe) Abschlieszligend stellt das letzte Praxisbeispiel unverschleiert das Spannungs-verhaumlltnis der betriebswirtschaftlichen Imperative Effizienz und Innovation dar (Best Buy)

Allen drei prozessorientierten Ansaumltzen gemeinsam ist die klare strategische Ziel-setzung die Wettbewerbsfaumlhigkeit der Organisation entscheidend sowie nachhaltig zu steigern und operative Exzellenz nicht nur als Momentaufnahme zu erreichen sondern mithilfe der Infrastruktur eines kulturellen Transformationsprozesses langfristig als fe-sten Bestandteil der DNA in das Unternehmen zu integrieren Kapitel 4 konsolidiert die kritischen Erfolgsfaktoren der Operational Excellence umfassend Wie integriere ich die Initiative in die Organisation Wie stelle ich eine uumlberzeugende Vision ein kompromiss-loses Commitment und belastbare Kommunikationsstrukturen sicher Welche Rolle spielt der Mitarbeiter Wie setze ich die Projekte richtig um und wie verfolge ich den entspre-chenden Initiativenfortschritt Im Anschluss werden zusaumltzlich methodische Maumlngel of-fen angesprochen ndash um Operational Excellence besser umsetzen zu koumlnnen muss das Leistungsversprechen auf den Pruumlfstand gehoben werden

46573 Zehn Thesen zur Operational Excellence

Auch wenn es keine abschlieszligende Antwort auf die Frage gibt wie viel Prozent von strategischen Initiativen scheitern so steht doch eines fest Veraumlnderung fuumlhrt zu Wider-stand und Widerstand schmaumllert die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Operational-Excel-lence-Initiative Kapitel 5 diskutiert die im vorhergehenden Kapitel angerissene psycho-logische Komponente von Veraumlnderungsprogrammen Es werden aus dieser Perspektive weitere kritische Erfolgsfaktoren identifiziert Wie kann ich das was ich tue in gesunden Abstaumlnden infrage stellen Wie koumlnnen heute Integration Kooperation und Vernetzung das Wachstum gestalten wo gestern Arbeitsteilung Abgrenzung und Konkurrenz die Or-ganisationsstruktur praumlgten Wie unterstuumltze ich meine Mitarbeiter bei der Veraumlnderung von Einstellung und Verhalten Wie kann ich disruptive Veraumlnderungen die sogenannten Musterwechsel zulassen und fuumlr mich nutzen Change Management ist der wichtigste Hebel im Kontext einer Operational-Excellence-Initiative um die Uumlberlebensfaumlhigkeit eines Unternehmens entscheidend zu verbessern

Kapitel 6 beantwortet die Frage Was tun Es gibt ein breites Angebot an Literatur sowohl fuumlr strategische Managementansaumltze wie Lean und Six Sigma als auch rund um das Thema Change Management Diese Trennung ist nur in der Theorie moumlglich ndash in der Praxis ist sie unter Beruumlcksichtigung rationaler und emotionaler Realitaumlten kurzsichtig und greift ins Leere Publikationen die explizit Veraumlnderungsmanagement in Operational-Excellence-Initiativen adressieren existieren nicht Diese als bdquomissing linkldquo zu bezeich-nende Uumlberlieferungsluumlcke wird mit den Erkenntnissen Uumlberlegungen und Denkanstoumlszligen des Kap 6 geschlossen Der Transformationnavigator fuumlhrt mit einem umfassenden Inter-ventionsrepertoire als Leitfaden durch die Systematik einer Operational-Excellence-Ini-tiative und ermoumlglicht das Management einer Transformation

Zum Abschluss werden Schlaglichter in verschiedene Richtungen geworfen So ent-sprechen die kritischen Erfolgsfaktoren der Operational Excellence moumlglicherweise den Faumlhigkeiten von Familienorganisationen die insbesondere die exponierte Position des deutschen Wirtschaftsstandortes auszeichnen Ist ein Familienunternehmen aufgrund des einzigartigen und belastbaren Wirkungszusammenhangs von Unternehmen Eigentum und Familie nicht praumldestiniert fuumlr eine anspruchsvolle und ergebnisorientierte Operational-Excellence-Strategie Diese Fragestellung wird nicht abschlieszligend und empirisch fun-diert beantwortet werden koumlnnen doch die Intention des letzten Kapitels ist die Foumlrderung der Auseinandersetzung mit dem Themenschwerpunkt der Operational Excellence Denn auch fuumlr ein Methodenset gilt Veraumlnderung ist nicht die Ausnahme sondern der Regelfall

73 Zehn Thesen zur Operational Excellence

Der Uumlbersicht halber werden als Schlussakkord die zehn unserer Erfahrung nach am meis-ten verbreiteten Vorurteile gegenuumlber Operational Excellence als Missverstaumlndnisse ent-larvt Durch kurze Erlaumluterungen wird die Quintessenz des Buches dann in Thesenform zusammengefasst

466 7 Ausblick

1 bdquoDer Umgang mit Veraumlnderungen ist vor allem fuumlr stark wachsende Unternehmen oder Organisationen in volatilen Branchen wichtigldquo

Nein denn fuumlr jedes Unternehmen ist der Umgang mit disruptiven Veraumlnderungen zum kritischen Erfolgsfaktor geworden ndash wer das ignoriert setzt entweder auf sehr viel Gluumlck oder ist sehr dumm

2 bdquoOperational Excellence ist heute die einzige Antwort auf die operationalen und organisationalen Anforderungen von Unternehmenldquo

Das ist falsch denn fuumlr das strategische Management ist der Ansatz der Operational Excellence bei dem alle Geschaumlftsprozesse auf Kundenbeduumlrfnisse Qualitaumlt und Effi-zienz ausgerichtet werden nur eine von vielen moumlglichen aber eine der gut erprobten Optionen um die sich stetig veraumlndernde Formel zur Erreichung von Wettbewerbs-faumlhigkeit greifbar zu machen Grundsaumltzlich gilt Operational Excellence ist kein Allheilmittel

3 bdquoLean Management bedeutet Verschwendung zu eliminieren ndash am Ende fuumlhrt kein Weg an Personalabbau vorbeildquo

Das ist nicht richtig auch wenn Lean haumlufig faumllschlicherweise als Deckmantel von Mitarbeiterreduktionsprogrammen missbraucht wurde Im Gegenteil Der Mitarbei-ter ist gemaumlszlig des Produktionssystems von Toyota als Teil der bdquoUnternehmensfamilieldquo zu sehen Freigesetzte Kapazitaumlten dazu zaumlhlen auch die Mitarbeiter sind an anderer Stelle in der Organisation wertschoumlpfend zu integrieren

4 bdquoSix Sigma ist Krieg gegen Kosten ndash am Ende zaumlhlt nur die Houmlhe der Einsparungldquo Nein Six Sigma ist kein Synonym fuumlr Kostensenkungsmaszlignahmen ndash im Gegenteil

Durch den ausschlieszliglichen Fokus auf die Erfuumlllung des Kundenwunsches steht eher die durch Qualitaumltssteigerungen verbesserte Ertragslage des Unternehmens im Vorder-grund Nennen wir es eher Krieg gegen Fehler

5 bdquoLean Sigma ist die effizienteste Form von Rationalisierung ndash in nur wenigen Monaten wird eine Organisation bis auf den letzten Euro ausgequetschtldquo

Falsch denn der zu erzielende finanzielle Benefit ist nicht nur auf eine strategische Ini-tiative zur Gewinnmaximierung zu reduzieren ndash im Gegenteil Durch die Kombination der Leistungsversprechen steht die (problemorientierte) Fragestellung im Mittelpunkt welche Probleme geloumlst werden muumlssen um den Kunden schneller und uumlberzeugender zufriedenzustellen Die Herausforderung ist nicht die kurzfristige Einsparung sondern der langfristige Musterwechsel im Denken und Handeln der Mitarbeiter

6 bdquoWelche Methode der Operational Excellence implementiert wird ist unerheblich ndash sie fuumlhren alle zum gleichen Ergebnisldquo

Nein es gilt zu differenzieren Six Sigma bietet sich fuumlr durchgetaktete Prozessstruktu-ren an die auf Praumlzision Konsistenz und hohe Wiederholung beruhen Die Wirksam-keit von Lean Management laumlsst sich kaum auf spezielle Branchen Organisationstypen oder Wertschoumlpfungsprozesse beschraumlnken ndash eine Methodik die auf die Zusammen-arbeit der Menschen baut ist uumlberall dort anschlussfaumlhig wo Menschen zusammen arbeiten Lean Sigma eroumlffnet zusaumltzlich die Moumlglichkeit bdquodas Beste aus beiden Wel-tenldquo variabel zu kombinieren

467Literatur

7 bdquoDie Mitarbeiter werden von selbst bemerken wie wichtig eine Operational-Ex-cellence-Initiative ist wenn das Topmanagement die Richtung vorgibtldquo

Das ist zu kurz gedacht denn ein Fuumlhrer ohne Gefolgschaft ist nur ein Mann der spa-zieren geht Wer nicht imstande ist seine Mitarbeiter fuumlr die Veraumlnderung zu begeis-tern wird an der Natur des Menschen scheitern der Angst vor Veraumlnderung

8 bdquoUmfangreiche Operational-Excellence-Initiativen benoumltigen die temporaumlre Unterstuumltzung von Change-Beratern wenn die Projekte umgesetzt werdenldquo

Falsch denn die Trennung von Operational Excellence und Change Management ist nur in der Theorie moumlglich ndash ein ganzheitliches Transformationsmanagement muss beide Disziplinen von Beginn an vereinen Operational Excellence erfordert Change Management welches wiederum operative Exzellenz erst ermoumlglicht

9 bdquoOperational Excellence ist ein Programm welches nach ein paar Jahren been-det werden kann ndash vorausgesetzt die gesetzten Ziele wurden erreichtldquo

Das ist nicht richtig es gibt zwar einen Startschuss aber keinen Zieleinlauf Der Trans-formation Navigator plant und steuert kontinuierlich die Projektwellen einer Initiative ndash das umfassende Interventionsrepertoire verfuumlgt uumlber ausreichend Bewegungskraft um nachhaltige Wirksamkeit zu ermoumlglichen Wenn die prozessorientierte Denkweise so selbstverstaumlndlich geworden ist wie das Mittagessen in der Kantine kann man von einer erfolgreichen Implementierung sprechen

10 bdquoOperational Excellence verbindet die zwei erfolgreichsten Ansaumltze des strategi-schen Managements und verfuumlgt damit uumlber ein zeitloses Leistungsversprechenldquo

Nein denn auch der Ansatz der Operational Excellence muss sich veraumlnderten Rah-menbedingungen anpassen ndash Change in Excellence Die Methodologie muss eventu-ell fuumlr bestimmte Organisationsformen geschaumlrft werden die Leistungsfaumlhigkeit muss sich am globalen Digitalisierungstrend ausrichten und das Transformationsmanage-ment muss den Aufbau von Vertrauensorganisationen forcieren

Literatur

Dahm M amp Haindl C (2011) Lean Management und Six Sigma Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit in der Wettbewerbsstrategie Berlin Erich Schmidt

IfM Bonn (2013a) KMU-Definition der Europaumlischen Kommission httpwwwifm-bonnorgmit-telstandsdefinitiondefinition-kmu-der-eu-kommission Zugegriffen 29 Jan 2014

IfM Bonn (2013b) KMU-Definition des IfM Bonn httpwwwifm-bonnorgmittelstandsdefini-tiondefinition-kmu-des-ifm-bonn Zugegriffen 29 Jan 2014

May P (2001) Lernen von den Champions Fuumlnf Bausteine fuumlr unternehmerischen Erfolg Frank-furt a M Frankfurter Allgemeine Buch

PriceWaterHouseCoopers (2012) Die Zukunft von Familienunternehmen ndash der Kern der WirtschaftRoland Berger Strategy Consultants (2005) Studie ndash Wachsen durch VertrauenStiftung Familienunternehmen (2013) httpwwwfamilienunternehmende Zugegriffen 1 Feb

2014Wittener Institut fuumlr Familienunternehmen (WIFU) (2013) httpwwwwifude

469

Glossar

As-is-Prozess (Process Map) Darstellung des Ist-ProzessesAverage DurchschnittMittelwert Punkt an dem alle Abweichungen zusammen null er-

geben Berechnung Summe aller WerteAnzahl aller WerteBalanced Scorecard Die Balanced Scorecard geht auf die Arbeiten von Robert S Kap-

lan und David P Norton Anfang der 1990er-Jahre zuruumlck Sie ist eine Managementme-thode die auf der Basis von Kennzahlen sowohl die Vision und Strategie eines Unter-nehmens oder Unternehmensteils als auch relevante interne und externe Aspekte und deren Wechselwirkungen betrachtet Es werden innerhalb einer Strategie die Belange der Stakeholder und der restlichen Umwelt beachtet Die kritischen Erfolgsfaktoren (KEF) werden miteinbezogen und in ein Kennzahlensystem uumlberfuumlhrt Mit den Kenn-zahlen (bdquoScorecardsldquo) wird der Grad der Zielerreichung der Strategie ermittelt und uumlberpruumlft

Benchmarking1 Eine Technik um die eigenen Unternehmenspraktiken Prozesse und Produkte mit

denen der Weltbesten zu vergleichen einschlieszliglich denen anderer Branchen2 Eine Technik die eingesetzt wird um eine Basislinie der bestehenden Leistungsfaumlhig-

keit eines Prozesses festzulegenBest Practice Derzeit beste im eigenen oder in fremden Unternehmen angewendete Me-

thode Werkzeug oder ProzessBlack Belt Vollzeitmitarbeiter in der Six Sigma-Organisation Projektleiter fuumlr Six-Sig-

ma-Projekte Experte in der Anwendung von Six-Sigma-Methodiken und WerkzeugenBaseline Null-Linie Dokumentierter d h gemessener Ausgangspunkt fuumlr Prozessver-

besserungenBenefit Siehe Net BenefitBusiness Case Beschreibung zur oumlkonomischen Rechtfertigung eines Projektes oder

einer ganzen InitiativeBusiness Process Reengineering (BPR) Dieser Ansatz basiert im Wesentlichen auf vier

Kernaussagen1 Die Orientierung erfolgt an den kritischen Geschaumlftsprozessen2 Diese Prozesse werden auf die Kunden ausgerichtet

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4

470 Glossar

3 Entscheidungen fallen zugunsten der Konzentration auf die Kernkompetenzen des Unternehmens

4 Die Moumlglichkeiten der Informationstechnologie werden zur Prozessunterstuumltzung intensiv genutzt

Grundsaumltze des BPR sind das Uumlberdenken und bdquoInfragestellenldquo von Arbeitsweisen und Methoden eines Unternehmens und die weitgehende Neugestaltung der wesentlichen Arbeitsprozesse Die Methodik hat durchaus bereits einige Anleihen bei den Ansaumltzen Toyotas genommen Ziel ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsgroumlszligen bei-spielsweise in den Bereichen Kosten und Personalmanagement Im Mittelpunkt der Vor-gehensweise steht zunaumlchst die Veraumlnderung der Prozesse nicht aber der funktionalen StrukturenBrainstorming Ein Prozess zur Erzeugung von vielen (neuen) Ideen in einer GruppeCause And EffectCause And Effect Diagram Ursache und WirkungUrsache-und-Wir-

kungs-Diagramm auch bdquoFischgraumlt-Diagrammldquo genanntChampionProject Champion oder Projekt Sponsor Auftraggeber fuumlr ein Six-Sigma-

Projekt Diese Person muss in der Lage sein bereichsuumlbergreifende Entscheidungen zu treffen oder Mitarbeiter und Mittel fuumlr das Projekt zur Verfuumlgung zu stellen Es handelt sich dabei meist um einen Geschaumlftsfuumlhrer oder Bereichs- bzw Ressortleiter

Change Management Management des Wandels Als Teilbereich des strategischen Ma-nagements soll das Change Management dazu dienen die Probleme bei Veraumlnderun-gen der Organisationsformen und Strategien zu ergruumlnden und Moumlglichkeiten zu deren Loumlsung anzubieten

Common Causes of Variation Allgemeine Ursachen fuumlr Streuung in ProzessenControl Chart Regelkarte die zeigt ob ein Prozess unter statistischer Kontrolle istControl Plan Plan zur Uumlberwachung und Steuerung des Prozesses nach der Umsetzung

der Verbesserungen aus einem Six-Sigma-ProjektCost-Benefit-Analysis Analyse von Kosten im Vergleich zu dem erwarteten Nutzen (ins-

besondere von Verbesserungen)Could-be-Process-Map Darstellung des Idealprozesses (Gruumlne-Wiese-Ansatz) frei von

RestriktionenCTE (Critical to Efficiency) Fuumlr den (internen) Kunden erfolgskritisches Qualitaumlts- und

Serviceniveau welches die Kundenzufriedenheit bestimmt Manchmal auch CTP (Cri-tical to Process) genannt

CTP (Critical to Process) Siehe CTECTQ (Critical To Quality) Qualitaumltskritische Anforderung des Kunden welche erfuumlllt

werden muss Sie bestimmt die KundenzufriedenheitCustomer Kunde sowohl externe Kunden als auch interne Kunden (z B andere Unter-

nehmensbereiche)Dashboard Werkzeug fuumlr die uumlbersichtliche Uumlberwachung und Messung von ProzessenData Collection Plan Plan zur Datenerfassung standardisiertes FormularDefect Fehler d h der Fall wenn die durch den Kunden gestellte Anforderung (CTQ)

nicht erfuumlllt ist wichtige Groumlszlige fuumlr Sigma-Wert-Berechnung

471Glossar

Defect Opportunities Fehlermoumlglichkeiten jede Moumlglichkeit einen Fehler (siehe De-fect) zu machen und dadurch die Kundenanforderungen nicht zu erfuumlllen wichtig fuumlr die Sigma-Wert-Berechnung

Deliverable Dokumentiertes Ergebnis eines Teilschrittes in Six-Sigma-ProjektenDesign for Six Sigma (DfSS) Ansatz um einen Prozess mit Six Sigma komplett neu zu

gestalten dabei wird der DMADV-Zyklus verwendetDMADV-Zyklus Ansatz fuumlr das Neudesign eines Prozesses In diesem Fall kommt diese

abgewandelte Form des DMAIC-Zyklus zum Einsatz der DMADV-Zyklus (Akronym fuumlr Define Measure Analyse Design und Verify) Der Prozess wird durch ein opti-males Six-Sigma-gemaumlszliges Design gaumlnzlich neu auf den Kunden ausgerichtet

DMAIC-Zyklus Eines der zentralen Werkzeuge innerhalb eines Six-Sigma-Projektes Akronym fuumlr Define Measure Analyse Improve und Control Dieser stellt das Pro-jektmanagementtool dar Jedes Six-Sigma-Projekt laumluft nach diesem Zyklus ab Durch dieses Vorgehen wird sichergestellt dass der zu verbessernde Prozess genauestens de-finiert analysiert gemessen kontrolliert und verbessert wird

DPMO (Defect per Million Opportunities) Fehler pro eine Mio(Fehler-)Moumlglichkei-ten wird zur Berechnung der Prozessleistungsfaumlhigkeit verwendet

Fishbone-Diagramm Standardwerkzeug zur Darstellung von Fehlerursachen auch als Ishikawa-Diagramm bekannt

Five Forces Basieren auf den Theorien des Harvard Oumlkonomen Michael E Porter Er de-finierte 1980 fuumlnf Kraumlfte (bdquoFive Forcesldquo) die aumluszligerlich auf ein Unternehmen im Wett-bewerb einwirken

1 Rivalitaumlt unter den bestehenden Unternehmen einer Branche der Wettbewerb der auf dem Ausgangsmarkt bereits besteht und in dem sich ein Unternehmen taumlglich behaup-ten muss

2 Lieferanten Die Verhandlungsstaumlrke der Lieferanten kann die Kostenstruktur des Unternehmens beeinflussen

3 Ersatzprodukte Ersatzprodukte oder Substitute koumlnnen den Marktanteil eines Unter-nehmens verringern

4 Abnehmer die Abnehmer oder Kunden die uumlber die Marktmacht verfuumlgen5 Potenzielle neue Konkurrenten die die bestehende Marktposition attackieren koumlnntenFlowchart Ablaufdiagramm zur standardisierten Darstellung von ProzessenGreen Belt Teilzeitmitarbeiter in der Six-Sigma-Organisation verwendet zwischen

einem und zwei Tagen pro Woche fuumlr Six Sigma-Projekte Experte in der Anwendung von Six-Sigma-Methodiken und Werkzeugen

Head of Process Excellence Gesamtverantwortlicher fuumlr die Umsetzung von Six bzw Lean Sigma im Unternehmen

Histogramm Diagrammform zur Darstellung einer Haumlufigkeitsverteilung Nuumltzlich um mehrere Einfluumlsse und Effekte zu Priorisieren und die wichtigen von den weniger wichtigen zu unterscheiden

Improvement Team Bezeichnung fuumlr das VerbesserungsteamProjektteam in Lean-Sig-ma-Projekten

472

Improvements VerbesserungenKaizen Prinzip der staumlndigen Verbesserung Der Weg zum Erfolg ist keine sprunghafte

Innovation sondern die schrittweise Optimierung und Perfektionierung des Prozesses und damit letztendlich des Produktes

Knowledge Based View Durch den Knowledge Based View wurde Wissen als Schluumlssel-faktor erkannt Eine neue Richtung in der strategischen Unternehmensfuumlhrung wurde geschaffen deren Mittelpunkt die Generierung neuen Wissens ist

Lean Management Das Lean Management oder die Lean Production entwickelte sich aus Beobachtungen der japanischen Automobilindustrie Das Massachusetts Institute of Technology stellte diese Untersuchungen uumlber die Lage der weltweiten Automobil-industrie unter dem Titel bdquoInternational Motor Vehicle Programldquo an Aus den dabei be-obachteten Unterschieden entwickelte sich der Managementansatz Nach diesem sollen durch die Grundprinzipien Dezentralisierung und Simultanisierung ndash verbunden mit kooperativen Verhaltensweisen ndash die Ziele Kundenorientierung und Kostensenkung fuumlr die gesamte Unternehmensfuumlhrung realisiert werden Die Grundprinzipien beziehen sich sowohl auf unternehmensinterne als auch auf unternehmensuumlbergreifende Struk-turen Neben der Vermeidung von Verschwendung sind die bekanntesten Bestandteile justintime Kaizen Jidoka und Poka Yoke

Lean Sigma Lean Sigma ist eine Evolution von Six Sigma Es ist die Kombination aus den Verbesserungsansaumltzen Lean Management und Six Sigma Damit ist es ein Beispiel fuumlr einen Hybridansatz aus asiatischen bzw japanischen und westlichen Management-tools Es verbindet den statistischen zahlenorientierten und faktenbasierten Ansatz Six Sigma mit der japanischen Philosophien des Lean Managements die auf die Einbezie-hung der Mitarbeiter und eine staumlndige Verbesserung und Optimierung der Ablaumlufe und Prozesse im Unternehmen setzt

Lessons Learned Lernerfahrungen (aus Six-Sigma-Aktivitaumlten) die in kuumlnftigen Projek-ten genutzt werden sollen Grundlage fuumlr einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess

Market Based View Diesem Ansatz liegt die Annahme zugrunde dass der Marktzugang die Quelle fuumlr Wettbewerbsvorteile sei Diese marktbasierte Sicht ndash der sogenannte bdquoMarket Based Viewldquo ndash sieht die Herkunft von Wettbewerbsvorteilen darin dass es einem Unternehmen gelingt Marktbarrieren gegen potenzielle Konkurrenten aufzu-bauen

Master Black Belt Vollzeitiger Six-Sigma-Berater und Coach Unterstuumltzt Champions und Black Belts bei der Durchfuumlhrung von Six-Sigma-Projekten

Measures Messgroumlszligen Basis fuumlr die Analyse von ProzessenMedian Zentralwert d h 50 aller gemessenen Daten sind groumlszliger und 50 aller Daten

sind kleiner als dieser WertMINITAB Eine Software mit umfangreichen Statistikfunktionen die zur Datenanalyse

verwendet wirdMoment Of Truth Moment der Wahrheit Zeitpunkt eines Prozesses in dem direkter

Kundenkontakt besteht

Glossar

473

Net Benefit In Geld messbarer Erfolg von Six- bzw Lean-Sigma-Projekten Positiv zaumlh-len Erfolge aus zusaumltzlichem Umsatz Produktivitaumltssteigerungen und Kostensenkun-gen negativ zaumlhlen die Kosten der Umsetzung

Non Value-Added Work Schritte die nicht fuumlr die Erstellung eines Produktes oder Ser-vice erforderlich sind und fuumlr die der Kunde des Prozesses nicht bereit ist zu bezahlen z B Pruumlfschritte oder Ablage von Dokumenten ohne die das Produkt oder der Service auch erstellt werden kann siehe auch Value Added Work Value Enabling Work

Normalverteilung Idealisierte Form einer Haumlufigkeitsverteilung Auch als Glockenkur-ve oder Gauszligrsquosche Kurve bekannt Grafische Darstellung von Messwerten bei der die mittleren Werte haumlufiger vorkommen als die aumluszligeren Werte

Onepager Projektkurzbeschreibung auf einem einseitigen StandardformularOperatives Management Auf dieser Ebene erfolgen die Fuumlhrung der Mitarbeiter die

Bereitstellung der Ressourcen die Planung die Steuerung und die Uumlberwachung der Geschaumlftsprozesse Die operative Planung setzt bestimmte Vorgaben um Sie ist kurz-fristig angelegt in der Regel auf etwa ein Jahr Das operative Management setzt die bdquoVorgabenldquo des strategischen Managements um

OpportunityDefect Opportunity (Fehler-)Moumlglichkeit Jeder Fall der auftreten koumlnn-te der messbar ist und eine Kundenanforderung nicht erfuumlllt

Pareto-Prinzip Bezogen auf Operationel Excellence 80 der Probleme entstehen durch 20 der Ursachen

Process Eine Reihe von miteinander verbundenen Aktivitaumlten die einen Wert fuumlr den Empfaumlnger (Kunden) erbringen

Process Capability Faumlhigkeit eines Prozesses ein Produkt oder eine Dienstleistung in einer konstanten Weise zu liefern (wenig Variation)

Process-Management-System Managementsystem zur Steuerung von Prozessen mit dem Ziel den Prozess mit hoher Zuverlaumlssigkeit und Fehlerfreiheit zu betreiben

Process Map ProzesskarteAblaufdiagrammProcess Owner Mitarbeiter der fuumlr einen ProzessTeilprozess und dessen Leistungsfauml-

higkeit verantwortlich istProcess Variation Streuung in den uumlber die Zeit gemessenen Ergebnissen eines Prozes-

ses Die Variation kann aufgrund bdquonatuumlrlicherldquo (Common Cause) oder bdquobesondererldquo (Special Cause) Ursachen hervorgerufen werden

Profitcenter-Management Die Grundidee des Profitcenter-Konzeptes ist dass ein Unternehmensteil wie ein selbststaumlndiges Unternehmen agieren kann und seine Kosten und Erloumlse gegeneinander aufrechnet

Project Contract Kurze Uumlbersicht uumlber ein Six-Sigma-Projekt Enthaumllt Angaben zu bdquoBusiness Caseldquo bdquoProblembeschreibungldquo bdquoZielbeschreibungldquo bdquoProjektumfang und -abgrenzungldquo bdquoProjektteam und Projektmeilensteineldquo Auch Projektsteckbrief oder Projekt-Charter genannt

Quality 1 bdquoQualitaumltldquo Die vom Kunden bewerteten Eigenschaften eines Produktes Quality kann

Faktoren beinhalten wie Puumlnktlichkeit Groumlszlige Zeit Zuverlaumlssigkeit

Glossar

474

2 Der Fachbereich bdquoQualityldquo im Unternehmen ein interner Dienstleister fuumlr die anderen Bereiche

Range Spannweite z B bei der Streuung von ProzessenRequirements Kundenanforderungen relevant fuumlr die Zufriedenheit des Kunden

(Kundenbdquoanforderungenldquo sind wichtiger als Kundenbdquowuumlnscheldquo)Resource Based View Dieser sieht die Grundlage der Wettbewerbsvorteile in dem Zu-

gang eines Unternehmens zu bestimmten Ressourcen Im Gegensatz zum market-ba-sed-view werden Ressourcen als immobil und heterogen angesehen Diese Ressourcen muumlssen folgende Kriterien erfuumlllen um nachhaltige Wettbewerbsvorteile generieren zu koumlnnen

bull sie muumlssen strategisch wertvoll seinbullensp enspenspenspsieenspmuumlssenenspeinzigartigenspbzwenspknappenspseinensp(undenspdasenspaufenspDauer)enspdasenspfordertenspvonenspdenenspRes-

sourcen weiterbullensp enspenspenspdassenspsieenspmoumlglichstenspimmobilbullensp enspenspenspnichtenspsubstituierbarbullensp enspenspenspundenspschwerenspoderenspgarenspnichtenspimitierbarenspsindRework Handlungen die erforderlich sind um durch einen Arbeitsprozess entstandene

Fehler zu beseitigenRoot Cause Analysis Analyse von Ablaumlufen (process door) und der gemessenen Daten

(data door) um Fehlerursachen zu erkennen und zu bewertenRun Chart Verlaufsdiagramm Darstellung von Messwerten uumlber die ZeitSample Stichprobe Untersuchte Teilmenge einer Grundgesamtheit Die Stichprobe soll

repraumlsentativ sein fuumlr die GrundgesamtheitScatter Diagram Streudiagramm zur Darstellung von Abhaumlngigkeiten zwischen zwei

Variablen (z B einer Eingangs- und einer Ausgangsgroumlszlige)Scope Umfang des (Six-Sigma-)Projektes bdquoIn scopeldquo ist alles was im Projekt betrachtet

wird bdquoOut of scopeldquo ist alles was nicht betrachtet wirdScorecard Instrument fuumlr die subjektive Bewertung von Produkten durch den Kunden

Sieheauch bdquoVoice of the Customerldquo (VoC) und Balanced ScorecardShareholder Aktionaumlr Eigner des Kapitals des UnternehmensSigma 1 Mathematischer Begriff fuumlr die Standardabweichung einer Verteilung2 Maszlig fuumlr die Leistungsfaumlhigkeit von ProzessenSIPOC Six-Sigma-Werkzeug Standardisierte Darstellung eines Prozesses mit dessen

Start- und Endpunkt den Eingangs- und Ausgangsinformationen sowie Kunden und Lieferanten

Six Sigma Der Definition nach beschreibt Sigma die Standardabweichung einer Gauszliglsquoschen Normalverteilung Im produktionstechnischen Zusammenhang beschreibt Sigma die Anzahl der Fehler in einem Prozess Das Sigma-Niveau beschreibt die gemachten Fehler pro einer Million Fehlermoumlglichkeiten Ein Niveau von drei Sigma bedeutet demnach 66807 Fehler bei einer Million Fehlermoumlglichkeiten (nicht Produkten) Ein Niveau von sechs Sigma hingegen bedeutet lediglich 34 Fehler pro einer Million Fehlermoumlglich-keiten also praktisch null Fehler Daneben ist Six Sigma ebenfalls als Instrument des

Glossar

475

strategischen Managements bekannt Zu Beginn des Vorgehens steht eine differenzier-te Ist-Analyse der Unternehmensprozesse die auf statistischer Datenerhebung basiert Durch ein standardisiertes Vorgehen werden Maszlignahmen identifiziert und umgesetzt die die Prozesse auf ein houmlheres Sigma-Niveau bringen

SLA (Service Level Agreements) Schriftliche Vereinbarung von definierten Leistungen zwischen bdquoLieferantldquo und bdquoKundeldquo

Soft Sigma Zusammenfassung wichtiger Soft-Skills wie Veraumlnderungsmanagement Teambuilding Konfliktmanagement

Special Cause of Variation Spezielle Ursache der Streuung in ProzessenSpan Differenz zwischen Kundenerwartung und Kundenwunscherfuumlllung z B Zeitdif-

ferenz zwischen dem vom Kunden gewuumlnschten Liefertermin und dem tatsaumlchlichen Liefertermin

Sponsor Siehe ChampionStakeholder Personen und Mitarbeiter welche in einem Prozess involviert sind oder In-

teresse daran haben dass der Prozess reibungsfrei laumluftStandard Deviation Standardabweichung (Streuung der Daten um den Mittelwert)Strategisches Management Auf der Ebene des strategischen Managements entwickelt

eine Organisation Vorgehensweisen um die vom normativen Management definierten Leitsaumltze zu verfolgen und deren Ziele zu erreichen Im Fokus steht die Sicherung der Uumlberlebensfaumlhigkeit der gesamten Organisation

Survey Systematische Umfrage oder InterviewsSWOT-Analyse Mit der SWOT-Analyse lassen sich die internen Staumlrken und Schwauml-

chen eines Unternehmens analysieren Ebenfalls lassen sich die Chancen und Risiken also die externen Einfluumlsse die auf dem Markt wirken ermitteln Die externe Analyse gewinnt erst durch ein Benchmarking gegen Wettbewerber ihre Relevanz da Chancen und Risiken auf Maumlrkten immer als relativ zu betrachten sind

Taylorismus Der Taylorsimus basierte auf den Uumlberlegungen des US-amerikanischen Oumlkonomen Frederick Winslow Taylor (1856ndash1915) Er bot erstmals eine umfaumlngliche theoretische Loumlsung fuumlr die strategische Ausrichtung eines Unternehmens an Taylor wollte durch das scientific management erstmals Management Arbeit und Unter-nehmen streng wissenschaftlich optimieren Diese Uumlberlegungen vertraten einen rein mechanistischen Ansatz der den einzelnen Arbeiter als Teil eines maschinellen Pro-duktionsprozesses sah Am konsequentesten und erfolgreichsten wurde der Tayloris-mus bei der Ford Motor Company umgesetzt Henry Ford (1863ndash1947) fuumlhrte dort die Flieszligbandproduktion ein

Total-Quality-Management Das Total-Quality-Management (TQM) wurde als umfas-sendes Qualitaumltsmanagement entwickelt Es bezeichnet die durchgaumlngige und alle Be-reiche eines Unternehmens erfassende aufzeichnende sichtende organisierende und kontrollierende Taumltigkeit Diese dient dazu die Qualitaumlt als Systemziel einzufuumlhren und dauerhaft zu garantieren Um zum Erfolg zu fuumlhren benoumltigt das TQM die volle Unterstuumltzung aller Mitarbeiter

Glossar

476

Tracking Nachverfolgung des tatsaumlchlichen Projektnutzens (Net Benefit) eines Six- bzw Lean-Sigma-Projektes

Unit Einheit Gegenstand oder Information derdie den Prozess durchlaumluft Wichtig fuumlr die Sigma-Wert-Berechnung

Value-Added Work Schritte die essenziell fuumlr die Erstellung eines Produktes oder Ser-vice sind die den Kundenwuumlnschen und Anforderungen entsprechen Der Kunde muss bereit sein dafuumlr zu zahlen Siehe auch Non Value-Added Work Value-Enabling Work

Value-Enabling Work Schritte fuumlr die der Kunde nicht bezahlt die aber unerlaumlsslich fuumlr die Bearbeitung des Prozesses sind Beispielsweise Import von Daten in eine Daten-bank siehe auch Value-Added Work Non Value-Added Work

VarianzVariation Streuung (siehe Process Variation)Vital Few Die bdquowenigen Wichtigenldquo zumeist im Zusammenhang mit Einflussfaktoren

bzw Fehlerursachen verwendetVoB (Voice of the Business) Sammlung von Aussagen zur Qualitaumlt der Produkte oder

Dienstleistungen aus dem Unternehmen Aus diesen oft pauschalen undifferenzierten und unzureichend spezifizierten Aussagen werden die rarrCTQs definiert Siehe auch VoC

VoC (Voice of the Customer) Sammlung von Kundenaussagen zur Qualitaumlt der erhalte-nen Produkte oder Dienstleistungen Diese werden direkt beim Kunden erhoben Aus diesen oft pauschalen undifferenzierten und unzureichend spezifizierten Aussagen werden die rarrCTQs definiert und daraus Messgroumlszligen fuumlr die Kundenzufriedenheit ab-geleitet Siehe auch VoB

WorkbookProject Workbook Projektdokumentation fuumlr Six- bzw Lean-Sigma-Projekte

Glossar

  • Widmung
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Uumlber die Autoren
  • Abkuumlrzungsverzeichnis
  • Kapitel 1
    • Einleitung
      • 11 Vorspann
      • 12 Begriffsbestimmung
      • 13 Aufbau und Inhalt
        • 131 Kapitel 2
        • 132 Kapitel 3
        • 133 Kapitel 4
        • 134 Kapitel 5
        • 135 Kapitel 6
        • 136 Kapitel 7
          • Literatur
              • Kapitel 2
                • Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence
                  • 21 Lean Management
                    • 211 Einfuumlhrung
                    • 212 Die Entstehung japanischer Ansaumltze
                    • 213 Das Toyota Produktionssystem
                    • 214 Die Weiterentwicklung zu Lean Management
                      • 22 Six Sigma
                        • 221 Einfuumlhrung
                        • 222 Von der Messmethode bdquo6σldquo zum Konzept bdquoSix Sigmaldquo
                        • 223 Die Konzeption einer Six-Sigma-Initiative
                          • 23 Lean (Six) Sigma
                            • 231 Einfuumlhrung
                            • 232 Das methodische Grundgeruumlst
                            • 233 Rahmenbedingungen der Implementierung
                            • 234 Der Werkzeugkasten von Lean Sigma
                              • 24 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                              • Literatur
                                  • Kapitel 3
                                    • Praxiserfahrung mit Operational Excellence
                                      • 31 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik
                                        • 311 Unternehmensprofil
                                        • 312 Ausgangslage
                                        • 313 Die Initiative
                                        • 314 Zwischenergebnis
                                        • 315 Fazit
                                          • 32 Lean Management bei der FCI-Gruppe
                                            • 321 Unternehmensprofil
                                            • 322 Ausgangslage
                                            • 323 Die Initiative
                                            • 324 Zwischenergebnis
                                            • 325 Fazit
                                              • 33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods
                                                • 331 Unternehmensprofil
                                                • 332 Ausgangslage
                                                • 333 Die Initiative
                                                • 334 Zwischenergebnis
                                                • 335 Fazit
                                                  • 34 Six Sigma bei der Bank of America
                                                    • 341 Unternehmensprofil
                                                    • 342 Die Ausgangslage
                                                    • 343 Die Initiative
                                                    • 344 Zwischenergebnis
                                                    • 345 Fazit
                                                      • 35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc
                                                        • 351 Unternehmensprofil
                                                        • 352 Ausgangslage
                                                        • 353 Die Initiative
                                                        • 354 Zwischenergebnis
                                                        • 355 Fazit
                                                          • 36 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                          • Literatur
                                                              • Kapitel 4
                                                                • Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen
                                                                  • 41 Initiative und Organisation harmonisieren
                                                                    • 411 Betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereitschaft evaluieren
                                                                    • 412 Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen
                                                                    • 413 Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhren
                                                                    • 414 Kulturkreis beachten
                                                                    • 415 Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen abgrenzen
                                                                    • 416 Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierlich Fuumlhrungsstaumlrke zu verlieren
                                                                    • 417 Methodik adaptieren ndash nicht kopieren
                                                                    • 418 Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzen
                                                                    • 419 Initiative an Impulse der Umwelt anpassen
                                                                      • 42 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren
                                                                        • 421 Vision haben und leben
                                                                        • 422 Kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellen
                                                                        • 423 Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugen
                                                                        • 424 Stakeholder definieren ndash individuell kommunizieren
                                                                        • 425 Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und aus Fehlern lernen
                                                                          • 43 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern
                                                                            • 431 bdquoMenschlichenldquo Kern der Initiative begreifen
                                                                            • 432 Fuumlhrung verstehen
                                                                            • 433 Geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhren
                                                                            • 434 Betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffen
                                                                            • 435 Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo
                                                                            • 436 Widerstand entgegenwirken
                                                                            • 437 Zusammenarbeit organisieren und belohnen
                                                                            • 438 Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivieren
                                                                            • 439 Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash Entscheidungskonflikte loumlsen
                                                                              • 44 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen
                                                                                • 441 Projekte mit groszliger Hebelwirkung priorisieren
                                                                                • 442 Quick Wins erzielen ndash Projekt stringent umsetzen
                                                                                • 443 Potente Projektmitglieder engagieren
                                                                                • 444 Projektkultur aufbauen
                                                                                • 445 Fuumlr und gegen das richtige Werkzeug entscheiden
                                                                                • 446 Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen
                                                                                  • 45 Fortentwicklung messbar machen
                                                                                    • 451 Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquo
                                                                                    • 452 Kostenrechnung zweiter Art verfolgen
                                                                                    • 453 Neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten
                                                                                      • 46 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik
                                                                                        • 461 Uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodik
                                                                                        • 462 Unvergleichbare Standards der Mitarbeiterausbildung
                                                                                        • 463 Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und Perspektiven der Mitarbeiter
                                                                                        • 464 Anspruchsvolles Methodenset
                                                                                        • 465 Spannungsverhaumlltnis Effizienz vs Innovation
                                                                                        • 466 Ganzheitliche Quantifizierbarkeit der Ergebnisse
                                                                                          • 47 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                                                          • Literatur
                                                                                              • Kapitel 5
                                                                                                • Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz
                                                                                                  • 51 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements
                                                                                                  • 52 Definition und Zielsetzung von Change Management
                                                                                                  • 53 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008
                                                                                                    • 531 Schluumlsselfaktoren nach Klaus Doppler und Christoph Lauterburg
                                                                                                    • 532 Acht Stufen der Veraumlnderung nach Kotter (1996)
                                                                                                    • 533 Die IBM Making-Change-Work-Studie (2008)
                                                                                                      • 54 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA
                                                                                                        • 541 Unternehmensprofil
                                                                                                        • 542 Ausgangslage
                                                                                                        • 543 Die Initiative
                                                                                                        • 544 Zwischenergebnis
                                                                                                        • 545 Fazit
                                                                                                          • 55 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence
                                                                                                            • 551 Reflexion ermoumlglichen
                                                                                                            • 552 Horizontalspannung sicherstellen
                                                                                                            • 553 Mitarbeiter befaumlhigen
                                                                                                            • 554 Musterwechsel zulassen
                                                                                                            • 555 Oumllstand uumlberpruumlfen
                                                                                                              • 56 Vom Change zum Transformation Management
                                                                                                              • 57 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                                                                              • Literatur
                                                                                                                  • Kapitel 6
                                                                                                                    • Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen
                                                                                                                      • 61 Der Transformation Navigator
                                                                                                                      • 62 Die Analyse-Phase
                                                                                                                        • 621 Strategy
                                                                                                                        • 622 Resources
                                                                                                                        • 623 Guidance
                                                                                                                        • 624 Benefit
                                                                                                                        • 625 Tipps und Tricks
                                                                                                                          • 63 Die Transfer-Phase
                                                                                                                            • 631 Strategy
                                                                                                                            • 632 Resources
                                                                                                                            • 633 Guidance
                                                                                                                            • 634 Benefit
                                                                                                                            • 635 Tipps und Tricks
                                                                                                                            • 636 Value Based Leadership ndash mit Vertrauen den Erfolg steigern
                                                                                                                              • 64 Die Sustain-Phase
                                                                                                                                • 641 Strategy
                                                                                                                                • 642 Resources
                                                                                                                                • 643 Guidance
                                                                                                                                • 644 Benefit
                                                                                                                                • 645 Tipps und Tricks
                                                                                                                                  • 65 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                                                                                                  • Literatur
                                                                                                                                      • Kapitel 7
                                                                                                                                        • Ausblick
                                                                                                                                          • 71 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence
                                                                                                                                            • 711 Eine besondere Anschlussfaumlhigkeit von Operational Excellence
                                                                                                                                            • 712 Operational Excellence in Familienunternehmen
                                                                                                                                            • 713 Weitere Denkanstoumlszlige
                                                                                                                                              • 72 Blick in den Ruumlckspiegel
                                                                                                                                              • 73 Zehn Thesen zur Operational Excellence
                                                                                                                                              • Literatur
                                                                                                                                                  • Glossar
Page 2: Operational Excellence mittels Transformation Management: Nachhaltige Ver¤nderung im Unternehmen sicherstellen – Ein Praxisratgeber

Markus H Dahm bull Aaron D Bruumlckner

Operational Excellence mittels Transformation ManagementNachhaltige Veraumlnderung im Unternehmen sicherstellen ndashEin Praxisratgeber

ISBN 978-3-658-05091-7 ISBN 978-3-658-05092-4 (eBook)DOI 101007978-3-658-05092-4

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie detaillier-te bibliografische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar

Springer Gablercopy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014Das Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt Jede Verwertung die nicht ausdruumlcklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags Das gilt insbesondere fuumlr Vervielfaumlltigungen Bearbeitungen Uumlbersetzungen Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ver-arbeitung in elektronischen Systemen

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen Handelsnamen Warenbezeichnungen usw in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waumlren und daher von jedermann benutzt werden duumlrften

Lektorat Angela Meffert

Gedruckt auf saumlurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Springer Gabler ist eine Marke von Springer DE Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Mediawwwspringer-gablerde

Markus H DahmIBM Deutschland GmbH Global Business Services und FOM Hochschule fuumlr Oekonomie und ManagementHamburgDeutschland

Aaron D BruumlcknerMilestone ConsultantsThe Milestone GmbHWittenDeutschland

Dieses Werk erscheint in der FOM-Edition herausgegeben von FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management

V

Widmung

Fuumlr unsere Familien und Freunde die uns die Kraft fuumlr dieses Buch gegeben haben

VII

Vorwort

Veraumlnderung ist nicht die Ausnahme sondern die Regel Die tektonischen Platten unserer Wirtschaft sind immer in Bewegung Zusaumltzlich entscheiden neue Einflussgroumlszligen uumlber oumlkonomischen Erfolg und Misserfolg (vgl Kotter 1996 S 17 ff) Gewaltige Innovations-spruumlnge in der Informationstechnologie die Beschleunigung aller Geschaumlftsprozesse die finanzielle globale Gratwanderung die Zunahme an Komplexitaumlt und die Vernetzung am Markt setzen in immer kuumlrzer werdenden Abstaumlnden Veraumlnderungsimpulse die unsere Denktraditionen beeinflussen So haben sich die wirtschaftlichen Erfolgsmuster seit den 1950er-Jahren dramatisch veraumlndert und die Geschwindigkeit sowie das Ausmaszlig der Ver-aumlnderungen nehmen weiter zu Wo Organisationen fruumlher ihre Grundstruktur dem natuumlrli-chen Wachstum uumlberlieszligen ist die interne Differenzierungslogik heute immer wieder aufs Neue zu bestimmen um wettbewerbsfaumlhig zu bleiben (vgl Wimmer 2004 S 36) Damit die Ausrichtung des strategischen Managements von heute nicht schon morgen Schnee von gestern ist muumlssen die Unternehmen ihre Problemloumlsungskompetenzen erweitern

Dieses Buch ist ein Grundlagenwerk fuumlr die erfolgreiche Implementierung von Opera-tional-Excellence-Initiativen ndash theoriebasiert aber klar praxisorientiert Neben der dezi-dierten Auseinandersetzung mit der methodischen Feinmechanik von Lean Management Six Sigma und der Synthese Lean Sigma bildet das Management des Menschen den ma-gnetischen Nordpol des Buches Denn um Operational Excellence zu erlangenist mehr als nur das Erreichen von Meilensteinen das Erfuumlllen von bdquohartenldquo Kennzahlen oder das technokratische Umsetzen von Maszlignahmen zur Kostenreduzierung notwendig ndash es geht um ein Umdenken aller in der Organisation vom Unternehmenslenker bis zum Arbeiter oder Angestellten Folgende Fragen stehen im Fokus Wie veraumlndere ich gewohnte Ver-haltensweisen und Denkmuster Wie schaffe ich ein Bewusstsein fuumlr kontinuierliche Pro-zessverbesserung Was kann ich tun damit eine methodisch getriebene Transformation von den Menschen in der Organisation gelebt wird

Dieses Buch soll sowohl den Unerfahrenen die Moumlglichkeit geben das Leistungsver-sprechen der Operational Excellence im relevanten Kontext des Managements von Veraumln-derungen im Detail kennenzulernen als auch dem praxiserprobten Leser neue Denkanstouml-szlige und Tipps mit auf den Weg geben Dafuumlr werden die Karten fuumlr Studierende Forscher Unternehmer Fuumlhrungskraumlfte und Berater gleichermaszligen offen auf den Tisch gelegt Was

VIII Vorwort

sind die Schwachstellen der Methodik Woran scheitern die Initiativen in der Praxis Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren fuumlr die Umsetzung der Transformation

Dieses Buch fuumlhrt das zusammen was bisher nicht zusammengefuumlhrt wurde Das Management der Methodik ist auf ein entsprechendes Management des Menschen an-gewiesen Change Management in Operational-Excellence-Initiativen ist keine Frage des bdquoEntweder-Oderldquo sondern des bdquoSowohl-als-Auchldquo ndash immer und ausnahmslos Darin liegt die Bewegungskraft dieses Buches Mit dieser Uumlberzeugung nimmt die inhaltliche Reich-weite des Buches eine bislang unbesetzte Position im Literaturangebot des strategischen Managements ein

Die Architektur des Buches besteht dabei aus drei Teilen Kap 2 beschreibt theorie-fundiert das Gestern (Woher) die Kap 3 4 und 5 diskutieren aufeinander aufbauend und praxisorientiert das Heute (Wohin) und die Kap 6 und 7 eroumlrtern handlungsbasiert das Morgen (Was tun)

Wir moumlchten allen herzlich danken die das Fertigstellen dieses Buches auf unter-schiedliche Art und Weise unterstuumltzt haben Die Ideen fuumlr das inhaltliche Grundgeruumlst entstanden bei Workshops Gespraumlchen in Wirtschaft und Universitaumlten gemeinsamen Projekten oder langen Reisen Den noumltigen Freiraum die entwickelten Gedanken auch zu Papier zu bringen schenkten uns unsere Partner und Familien Danke fuumlr euren Verzicht und eure Geduld

Im Speziellen bedanken wir uns bei Goran Curic und Ralf Ressel (Neuenfelder Ma-schinenfabrik) Im Speziellen bedanken wir uns bei Goran Curic und Ralf Ressel (Neu-enfelder Maschinenfabrik) bei Heinrich Voumllker (ehem Voumllker AG) fuumlr offene Gespraumlche uumlber die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Initiativen bei Rudi Wimmer von der Universitaumlt WittenHerdecke fuumlr die stets zuverlaumlssige Unterstuumltzung als Sparringspartner bei Lars Gottschling Aike Hansen Joumlrn Heyenrath Timo Muumlller Werner Rindhauser Stefan Thode und Andreas Wagenknecht fuumlr ihre Unterstuumltzung beim Lektorat bei Rai-mund Bruumlckner fuumlr ein akkurates Co-Lektorat und bei Tobias Bruumlckner fuumlr die Faumlhigkeit die einzelnen Kapitel illustrativ und kuumlnstlerisch gekonnt in Szene zu setzen Herrn Tho-mas Heupel danken wir fuumlr die Aufnahme des Werkes in die FOM-Edition und Herrn Kai Enno Stumpp fuumlr die Begleitung bei der Entstehung

Inhaltsverzeichnis

IX

1 Einleitung 111 Vorspann 112 Begriffsbestimmung 413 Aufbau und Inhalt 6

131 Kapitel 2 6132 Kapitel 3 8133 Kapitel 4 9134 Kapitel 5 10135 Kapitel 6 11136 Kapitel 7 12

Literatur 13

2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence 1521 Lean Management 16

211 Einfuumlhrung 16212 Die Entstehung japanischer Ansaumltze 17213 Das Toyota Produktionssystem 17214 Die Weiterentwicklung zu Lean Management 22

22 Six Sigma 28221 Einfuumlhrung 28222 Von der Messmethode bdquo6σldquo zum Konzept bdquoSix Sigmaldquo 28223 Die Konzeption einer Six-Sigma-Initiative 31

23 Lean (Six) Sigma 45231 Einfuumlhrung 45232 Das methodische Grundgeruumlst 46233 Rahmenbedingungen der Implementierung 47234 Der Werkzeugkasten von Lean Sigma 58

24 Das Kapitel in aller Kuumlrze 87Literatur 89

X Inhaltsverzeichnis

3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence 9131 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik 92

311 Unternehmensprofil 92312 Ausgangslage 94313 Die Initiative 95314 Zwischenergebnis 99315 Fazit 103

32 Lean Management bei der FCI-Gruppe 105321 Unternehmensprofil 105322 Ausgangslage 106323 Die Initiative 107324 Zwischenergebnis 111325 Fazit 112

33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods 114331 Unternehmensprofil 114332 Ausgangslage 115333 Die Initiative 117334 Zwischenergebnis 121335 Fazit 122

34 Six Sigma bei der Bank of America 123341 Unternehmensprofil 123342 Die Ausgangslage 125343 Die Initiative 125344 Zwischenergebnis 127345 Fazit 128

35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc 130351 Unternehmensprofil 130352 Ausgangslage 132353 Die Initiative 134354 Zwischenergebnis 137355 Fazit 138

36 Das Kapitel in aller Kuumlrze 143Literatur 144

4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen 14541 Initiative und Organisation harmonisieren 147

411 Betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereitschaft evaluieren 147

412 Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen 149

413 Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhren 149

XIInhaltsverzeichnis

414 Kulturkreis beachten 150415 Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen abgrenzen 154416 Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierlich

Fuumlhrungsstaumlrke zu verlieren 155417 Methodik adaptieren ndash nicht kopieren 156418 Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzen 156419 Initiative an Impulse der Umwelt anpassen 157

42 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren 158421 Vision haben und leben 159422 Kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellen 159423 Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugen 161424 Stakeholder definieren ndash individuell kommunizieren 161425 Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und

aus Fehlern lernen 16243 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern 164

431 bdquoMenschlichenldquo Kern der Initiative begreifen 164432 Fuumlhrung verstehen 165433 Geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhren 167434 Betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffen 168435 Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo 169436 Widerstand entgegenwirken 170437 Zusammenarbeit organisieren und belohnen 171438 Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivieren 172439 Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash

Entscheidungskonflikte loumlsen 17644 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen 177

441 Projekte mit groszliger Hebelwirkung priorisieren 177442 Quick Wins erzielen ndash Projekt stringent umsetzen 178443 Potente Projektmitglieder engagieren 180444 Projektkultur aufbauen 181445 Fuumlr und gegen das richtige Werkzeug entscheiden 182446 Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen 183

45 Fortentwicklung messbar machen 185451 Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquo 185452 Kostenrechnung zweiter Art verfolgen 186453 Neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten 186

46 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik 187461 Uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodik 188462 Unvergleichbare Standards der Mitarbeiterausbildung 189463 Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und

Perspektiven der Mitarbeiter 190

XII Inhaltsverzeichnis

464 Anspruchsvolles Methodenset 193465emsp emspSpannungsverhaumlltnisemspEffizienzemspvsemspInnovationemsp 194466emsp emspGanzheitlicheemspQuantifizierbarkeitemspderemspErgebnisseemsp 198

47emsp emspDasemspKapitelemspinemspalleremspKuumlrzeemsp 200Literatur 202

5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz 20351 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change

Managements 20452emsp emspDefinitionemspundemspZielsetzungemspvonemspChangeemspManagementemsp 20853emsp emspErfolgsfaktorenemspdesemspChangeemspManagementsemsp1994emspbisemsp2008emsp 211

531emsp emspSchluumlsselfaktorenemspnachemspKlausemspDoppleremspundemsp ChristophemspLauterburgemsp 212

532 Acht Stufen der Veraumlnderung nach Kotter (1996) 215533emsp emspDieemspIBMemspMaking-Change-Work-Studieemsp(2008)emsp 221

54emsp emspBlickemspinemspdieemspPraxisemspndashemspBeispielemspAXAemspSAemsp 224541emsp emspUnternehmensprofilemsp 225542 Ausgangslage 225543emsp emspDieemspInitiativeemsp 227544emsp emspZwischenergebnisemsp 228545emsp emspFazitemsp 230

55emsp emspErfolgsfaktorenemspvonemspChangeemspManagementemspinemspOperationalemspExcellenceemsp 232551emsp emspReflexionemspermoumlglichenemsp 233552emsp emspHorizontalspannungemspsicherstellenemsp 236553emsp emspMitarbeiteremspbefaumlhigenemsp 238554emsp emspMusterwechselemspzulassenemsp 240555emsp emspOumllstandemspuumlberpruumlfenemsp 242

56emsp emspVomemspChangeemspzumemspTransformationemspManagementemsp 24557emsp emspDasemspKapitelemspinemspalleremspKuumlrzeemsp 246Literatur 247

6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen 24961emsp emspDeremspTransformationemspNavigatoremsp 25062emsp emspDieemspAnalyse-Phaseemsp 254

621 Strategy 254622 Resources 266623 Guidance 285624emsp emspBenefitemsp 311625emsp emspTippsemspundemspTricksemsp 318

XIIIInhaltsverzeichnis

63 Die Transfer-Phase 322631 Strategy 323632 Resources 326633 Guidance 339634 Benefit 378635 Tipps und Tricks 381636 Value Based Leadership ndash mit Vertrauen den Erfolg steigern 385

64 Die Sustain-Phase 390641 Strategy 392642 Resources 394643 Guidance 418644 Benefit 423645 Tipps und Tricks 441

65 Das Kapitel in aller Kuumlrze 442Literatur 444

7 Ausblick 44771 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence 448

711 Eine besondere Anschlussfaumlhigkeit von Operational Excellence 448

712 Operational Excellence in Familienunternehmen 458713 Weitere Denkanstoumlszlige 462

72 Blick in den Ruumlckspiegel 46373 Zehn Thesen zur Operational Excellence 465Literatur 467

Glossar 469

Uumlber die Autoren

Markus H Dahm ist als Strategie- und Organisationsbe-rater der IBM Global Business Services verantwortlich fuumlr groszlige Transformations- und Produktivitaumltssteigerungspro-jekte Er hat fast 20 Jahre Projekt- und Beratungserfahrung in verschiedenen Laumlndern Europas und Asiens sammeln koumln-nen Schwerpunktgebiete der Beratung sind die Strategieent-wicklung und -umsetzung das Change Management sowie das Business Process Reengineering unter Anwendung von Lean Management und Six Sigma Bevor er zu IBM wech-selte war er als Projektleiter bei Ernst amp Young Management Consulting in Muumlnchen taumltig Markus H Dahm ist gelernter

Bankkaufmann und studierter Betriebswirt Neben einer Promotion in Wirtschaftswissen-schaften hat er einen MBA in International Management Consulting Markus Dahm pu-bliziert regelmaumlszligig in einschlaumlgigen wissenschaftlichen Fachzeitschriften und Branchen-fachmagazinen Zwei Buumlcher hat er in juumlngerer Vergangenheit auf den Markt gebracht das deutschsprachige bdquoLean Management und Six Sigmaldquo sowie das englischsprachige bdquoLean Six Sigma in IT Managementldquo Neben der Taumltigkeit als Unternehmensberater enga-giert er sich in Lehre und Forschung Er haumllt Vorlesungen zu strategischen Management- Operational-Excellence- und Change-Management-Aspekten an der FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management in Hamburg und Essen sowie an anderen Lehreinrichtungen Von der FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management wurde Markus H Dahm 2012 auch eine Honorarprofessur verliehen Er ist Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft fuumlr Organisation Zuumlrich und des International Bankers Forum Frankfurt

XV

XVI Uumlber die Autoren

Aaron D Bruumlckner ist Geschaumlftsfuumlhrer der Milestone Con-sultants eines aus dem Wittener Universitaumltskontext heraus-gewachsenen Beratungsnetzwerks mit Kooperationspartnern von NRW bis in die USA Die Milestone Consultants stellen Organisationen die fuumlr eine aktuelle unternehmerische Her-ausforderung nur uumlber einen kurzen Zeitraum eine Handvoll guter Berater brauchen den Zugriff auf einen Marktplatz an Experten zur Verfuumlgung Die praxiserfahrenen Spezialisten kommen ua aus der Medizin dem Wirtschaftsingenieur-wesen der IT oder den Wirtschaftswissenschaften Daruumlber hinaus haumllt Aaron Bruumlckner regelmaumlszligig Vortraumlge zu den The-

men Change Management in Operational-Excellence-Initiativen an der FOM Hochschule fuumlr Oekonomie amp Management in Hamburg Er ist Autor zahlreicher Fachbeitraumlge zu den Themenkomplexen Lean Management Six Sigma Lean Sigma und Change Management in verschiedenen Zeitschriften wie beispielsweise bdquoio new managementldquo bdquoPersonal-fuumlhrungldquo und bdquoPersonalwirtschaftldquo

Abkuumlrzungsverzeichnis

AP Analyse-PhaseAWPNI AXA Way Project Net IncomeBB Black BeltBeBu Best BuyBoA Bank of AmericaBMW Bayerische Motoren WerkeBPR Business Process ReengineeringBVW Betriebliches VorschlagswesenCE Change EducationCEO Chief Executive OfficerCFO Chief Financial OfficerCOO Chief Operating OfficerCRAFT Continuous Rollout Assistance amp Feedback TechnologyCtQ Critical to QualityDfSS Design for Six SigmaDMADV Define Measure Analyse Develop VerifyDMAIC Define Measure Analyse Improve ControlDoE Design of ExperimentsDMO Define ndash Management ndash OperateDPMO Defects Per Million OpportunitiesFCI FCI-GruppeFMEA Fehlermoumlglichkeits- und EinflussanalyseFU FamilienunternehmenGB Green BeltGE General ElectricGM General MotorsHG HaumlrtegradIT Information TechnologyKEF Kritischer ErfolgsfaktorKMU Kleine und mittlere Unternehmen

XVII

XVIII Abkuumlrzungsverzeichnis

KPI Key Performance IndicatorKVP Kontinuierlicher VerbesserungsprozessMBB Master Black BeltMIT Massachusetts Institute of TechnologyMLF Maple Leaf FoodsNFU Nicht-FamilienunternehmenNMF Neuenfelder MaschinenfabrikNRS Norddeutsche Retail Service AGOD Organisational DevelopmentOE OrganisationsentwicklungPR Public RelationsQampA Questions amp AnswersRACI Responsible Accountable Consulted InformedSIPOC Supplier Input Process Output CustomerSLA Service Level AgreementSMED Single Minute Exchange of DieSWOT Strengths Weaknesses Opportunities ThreatsTPM Total Productive MaintenanceTPS Toyota ProduktionssystemTQM Total Quality ManagementUSA United States of AmericaVoC Voice of the CustomerVP Vice PresidentVSM Value Stream MappingVW Volkswagen AGWB White BeltWIFU Wittener Institut fuumlr FamilienunternehmenWIP Work in ProcessYB Yellow Belt

1

Einleitung

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_1

1

Wer aufhoumlrt besser zu sein hat aufgehoumlrt gut zu seinPhilip Rosenthal

11 Vorspann

Moderne Kommunikationsmedien und -plattformen wie Mobilfunk und Internet Intra-net-Anwendungen Web- und Videokonferenzen Instant-Messenger-Systeme E-Mail so-wie Breitband-DSL-Vernetzung und die vielfaumlltigen Social-Media-Werkzeuge bestimmen unseren Alltag ndash ob privat oder am Arbeitsplatz Die Wertschoumlpfung nimmt im Zeitalter des Smartphones und anderer intelligenter mobiler Endgeraumlte multimediale Dimensionen an ndash Zeitzonen und Kulturschranken wirken nebensaumlchlich Getrieben wird diese Ent-wicklung durch die Hyperdynamik gewaltiger Innovationsspruumlnge in der Informatik und Telekommunikation (vgl Kruumlger 2009 S 29) Facebook Renren Twitter und weitere neue Kommunikationskanaumlle und Netzwerkplattformen dieser Art haben innerhalb kuumlr-zester Zeit Maumlrkte und Branchen erobert Neue Technologien entstehen mit deren Hilfe Unternehmen die entstehenden enormen Datenmengen ndash die bdquoBig Dataldquo ndash speichern und nutzen koumlnnen (vgl Dahm und Dahm 2012 S 209) Nicht nur die Datenmenge wirkt uumlberwaumlltigend sondern auch die Radikalitaumlt und Schnelligkeit dieser uumlberraschenden Bruuml-che ist fuumlr viele Unternehmen noch immer Neuland

Ferner fuumlhrt der technologische Fortschritt zu einer rasanten Beschleunigung aller Ge-schaumlftsprozesse Unternehmen sind mit einem ungeahnten Leistungs- und Veraumlnderungs-druck konfrontiert Wo man fruumlher im Einzelhandel einmal im Jahr eine gruumlndliche In-ventur durchfuumlhrte liegen heute exakte Verkaufszahlen vom Vortag ndash heruntergebrochen auf jedes einzelne Produkt ndash auf dem Tisch des Managers (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 26) So laumlsst sich die Faumlhigkeit eines Unternehmens mit dem hohen Veraumlnde-rungstempo der Umwelt Schritt zu halten als uumlberlebenswichtig identifizieren (vgl Nagel und Wimmer 2009 S 15 f) Qualitaumlt als ein Alleinstellungsmerkmal von Produkten und

2 1 Einleitung

Dienstleistungen reicht dabei heutzutage nicht mehr aus denn nur durch Schnelligkeit kann man dem Wettbewerb einen Schritt voraus sein (vgl Doppler und Lautenburg 2008 S 28) Wenn durch diese universelle Rastlosigkeit aus dem Nichts aggressive Wettbewer-ber am Markt auftauchen und langjaumlhrige Handelspartnerschaften ploumltzlich wegbrechen wird Zeit zur haumlrtesten Waumlhrung unserer modernen Gesellschaft

Weiter gilt es das Augenmerk auf die Verknappung der Ressource Geld zu lenken Einmal ist es die Preissteigerung bei Rohstoffen denn natuumlrliche Ressourcen wie fossile Brennstoffe Kupfer oder seltene Erden gehen zur Neige und sind heute als Grundlage fuumlr unseren Wohlstand die wichtigsten Treiber der Teuerung Daruumlber hinaus findet in Deutschland ein Einstellungswechsel statt Wo fruumlher noch gespart wurde ist heute das bdquoLeben auf Pumpldquo schon lange normal Nicht nur die juumlngere Generation der Deutschen scheint so uumlber ihre Verhaumlltnisse zu leben sondern auch die groszlige Mehrheit aller Kom-munen Bundeslaumlnder und Nationen ndash wie die USA ndash ist hoch verschuldet und nicht mehr in der Lage die steigenden Zinsen zu bezahlen Diese Finanzierung ist auch die einzige Gemeinsamkeit des massiven Wachstums in Fernost und des weitreichenden Stillstands im industrialisierten Westen ndash der Ausnahmezustand der finanziellen globalen Gratwan-derung wird zum Normalzustand Zuletzt ist der finanzielle Engpass durch die globa-le Finanzkrise verschaumlrft worden ndash das Ausmaszlig ist noch nicht zu uumlberblicken Vor der Erkenntnis dass bdquodie etablierten Denktraditionen sowie die herkoumlmmlichen operativen Steuerungsinstrumente und die damit verbundenen Planungshorizonte dabei komplett ver-sagt habenldquo (Wimmer 2009 S 4) versucht heute noch manch einer die Augen zu ver-schlieszligen Belastungsfaktoren wie die Rezession der Weltwirtschaft oder die Krise des europaumlischen Finanzsystems sind unter der Bedeutung dieses Aspektes mit besonderer Sorgfalt zu beobachten

Die Mehrheit von 79 der Entscheidungstraumlger in der Wirtschaft rechnet damit dass die Welt noch komplexer wird (vgl IBM 2010 S 14 ff) Obwohl wir in einer Welt leben die schon weitreichend und tiefgreifend vernetzt ist loumlsen sich immer mehr Unternehmen auf oder werden neu zusammengefuumlhrt und radikale Wettbewerbsverhaumlltnisse zwingen Unternehmen in einen richtungsweisenden Strukturwandel Wie der ehemalige Vorstands-vorsitzende der IBM Corporation Sam Palmisano beschreibt (IBM 2010) kommen Chan-cen nicht nur schneller auf uns zu und sind weniger vorhersehbar sondern gehen auch ineinander uumlber und verstaumlrken die wechselseitige Abhaumlngigkeit Zur Bewaumlltigung dieser globalen Integration wird Kreativitaumlt mehr Gewicht beigemessen als Fuumlhrungsqualitaumlten wie Durchsetzungsstaumlrke und Managementdisziplin Fuumlr acht von zehn CEOs bedeutet die globale Integration dass ihr Umfeld wesentlich dynamischer ungewisser und strukturell anders werden wird

Dynamischer deshalb weil der Umgang mit auszligergewoumlhnlichen Produktionszwaumlngen und die Logik schnellerer Produktzyklen mit einem houmlheren Risiko einhergehen Bei-spielsweise lag der Produktionszyklus von Automobilen in den 1970er-Jahren im Schnitt noch bei acht Jahren In den 1990er-Jahren waren es bereits nur noch drei Jahre ndash heute bekommt ein Neuwagen sein erstes Facelift oft bereits nach zwei Jahren

Ungewisser weil aufgrund der Zunahme der Dynamik der Wirtschaftsalltag immer we-niger vorhersehbar wird ndash kein Stein bleibt mehr auf dem anderen Zuletzt gilt es zu erwaumlh-

311 Vorspann

nen dass der Markt den groumlszligten Einfluss auf oumlkonomischen Erfolg und Misserfolg hat (vgl IBM 2010 S 17) Die zunehmende Vernetzung von Volkswirtschaften Unternehmen Ge-sellschaften und Regierungen fuumlhrt zu Chancenreichtum Der Erfolg von vielen Unterneh-men haumlngt in der Folge davon ab wie sie mit einer rapiden Internationalisierungsdynamik im Nacken in den naumlchsten Jahren den Umsatz aus neuen Quellen steigern koumlnnen ndash ruhige Abschoumlpfungsmaumlrkte geraten zunehmend in Vergessenheit Unzaumlhlige einzelne Maumlrkte diversifiziertere Produkt- und Servicekategorien und ein ausgepraumlgtes individualisiertes Kundensegment erschweren jedoch die Suche nach neuen Wachstumsfeldern Das Span-nungsverhaumlltnis zwischen kurzfristiger Uumlberlebenskunst und nachhaltiger Wertschoumlpfung wird durch die Forderung der aufgeklaumlrten Kunden nach Preisnachlaumlssen bei gleichzeitiger Leistungssteigerung forciert Als Konsequenz traumlgt die staumlndige Interaktion mit Kunden und deren Mitwirken an der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen nicht nur zur Differenzierung des Unternehmens bei sondern ruumlckt die Kundennaumlhe wie nie zuvor in den Fokus der Geschaumlftstaumltigkeiten Das Unternehmen muss den Kunden als Individu-um behandeln damit es in der vernetzten Welt zu uumlberleben vermag (vgl Dahm und Dahm 2012 S 210) Um ausreichend Informationen uumlber den einzelnen Verbraucher zu erhalten muumlssen Unternehmen ihre Analysekompetenz ausbauen Sie muumlssen bis dato ungenutzte Quellen wie Twitter YouTube oder Facebook einbeziehen und Antworten auf bislang ungestellte Fragen finden Was sind beispielsweise die relevanten Meinungen Interessen und Lebensumstaumlnde wodurch die Vorlieben und Anforderungen des Kunden beeinflusst werden Unternehmen werden sich auch mit der Mobilitaumlt des Kunden auseinandersetzen muumlssen um Schritt mit seiner Konnektivitaumlt halten zu koumlnnen und reaktionsfaumlhig zu blei-ben Unter dem Strich sind gewaltige Innovationsspruumlnge in der Informationstechnologie die Beschleunigung aller Geschaumlftsprozesse die finanzielle globale Gratwanderung die Zunahme an Komplexitaumlt und die Vernetzung am Markt festzuhalten Die wirtschaftlichen Erfolgsmuster haben sich seit den 1950er-Jahren dramatisch veraumlndert und die Geschwin-digkeit sowie das Ausmaszlig der Veraumlnderungen nehmen weiter zu Wo Organisationen fruuml-her ihre Grundstruktur dem natuumlrlichen Wachstum uumlberlieszligen ist die realitaumltsangemessene Handlungsfaumlhigkeit heute immer wieder aufs Neue zu bestimmen um wettbewerbsfaumlhig zu bleiben Veraumlnderung ist die Regel ndash ausnahmslos (Abb 11)

Im Ergebnis verschaumlrft sich diese in dargestellte Unvorhersehbarkeit der entscheiden-den wirtschaftlichen Realitaumlten Fuumlr die Unternehmen wird der Umgang mit dieser exis-tenziellen Ungewissheit mehr und mehr zum kritischen Erfolgsfaktor Das strategische Management muss die Organisation geschickt positionieren um sich dieser Herausfor-derung und der Konkurrenz nachhaltig stellen zu koumlnnen Dafuumlr bieten sich verschiedene Handlungsspielraumlume doch Tatsache ist Die Formel zur Erreichung von Wettbewerbs-faumlhigkeit besteht heute mehr denn je aus sich veraumlndernden und schwer abschaumltzbaren Va-riablen Kennzahlen wie Produktivitaumlt und Qualitaumlt sowie damit verbundene Kosten und Kundenzufriedenheit ruumlcken in den Fokus jeder Unternehmensfuumlhrung Haumlufig werden in der Folge durch das oberste Management innerbetriebliche Programme unter dem Label bdquoOperational Excellenceldquo angestoszligen Doch was verbirgt sich hinter dieser bdquohervorragen-den betrieblichen Leistungldquo

4 1 Einleitung

12 Begriffsbestimmung

Die Aufgabe des strategischen Managements ist die Uumlberlebensfaumlhigkeit eines Unter-nehmens langfristig zu sichern Die groumlszligte Herausforderung dabei ist der Umgang mit der existenziellen Ungewissheit ndash hervorgerufen durch die pausenlose Veraumlnderung unserer Umweltbedingungen Um sich dieser Herausforderung zu stellen richten Unternehmen den Fokus auf Operational Excellence Dadurch soll die Wettbewerbsfaumlhigkeit gestaumlrkt und die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Sicherung der langfristigen Uumlberlebensfaumlhig-keit der Organisation gesteigert werden

7 Strategisches Management bdquoManagement ist die Kunst mit anderen Leuten zusam-men Dinge zu erledigenldquo (Follett 1868ndash1933) (Crainer 1998) Urspruumlnglich kommt der Begriff aus dem Lateinischen und wird von bdquomanum agereldquo was bdquoan der Hand fuumlhrenldquo bedeutet abgeleitet So wird unter Management im betriebswirtschaftlichen Sinne die Fuumlhrung einer Organisation um bestimmte Ziele zu erreichen verstanden In der Anti-ke war ein bdquostrategosldquo ein militaumlrischer Befehlshaber und Mitglied des Kriegsrates (vgl Clausewitz und Oetinger 2003 S 12 f) Die Wurzeln dieser Bezeichnung liegen in bdquostra-tosldquo (Heer) und bdquoageinldquo (fuumlhren) und beschreiben die Kunst der Heeresfuumlhrung (vgl Clau-sewitz und Oetinger 2003 S 14 f) Noch heute erinnern Ausdruumlcke wie bdquoPreiskampfldquo oder bdquoUumlbernahmeschlachtldquo an die militaumlrische Historie des Strategiebegriffs Der Sinn und Zweck des strategischen Managements eines Unternehmens ist in diesem Kontext die langfristige Auseinandersetzung mit der existenziellen Ungewissheit bei der Erreichung der Unternehmensziele und die damit einhergehende Absicherung der Uumlberlebensfaumlhig-keit der Organisation vor dem Hintergrund der Marktbedingungen -chancen und auch der Begrenzungen

Vernetzungam Markt

Zunahme an Komplexitaumlt

gewaltige Technologiespruumlnge

Verknappung der Ressource Geld

Beschleunigung der Geschaumlftsprozesse

Unvorher-sehbarkeit

Abb 11 Einflussgroumlszligen unseres Wirtschaftsalltages

512 Begriffsbestimmung

Historie des strategischen ManagementsDem strategischen Management kam durch die Industrialisierung in der zweiten Haumllfte des 19 Jahr-hunderts eine wachsende Bedeutung zu Zuvor wurden Handwerks- und Landwirtschaftsbetriebe durch gesunden Menschenverstand uumlber Generationen hinweg gefuumlhrt

Erstmals wurde bei dem US-amerikanischen Oumlkonomen Frederick Winslow Taylor (1856ndash1915) ein umfassendes strategisches Konzept identifiziert Der Taylorismus beinhaltete fuumlr ein Unterneh-men die Idee des einen bdquobestenldquo Weges um die Arbeit zu erledigen eine hohe Arbeitsteilung und eine Bezahlung abhaumlngig von der Leistung Konsequent und erfolgreich wurde der Taylorismus bei der Ford Motor Company in Form der Flieszligbandproduktion umgesetzt

Das Business Process Reengineering (BPR) entwickelte sich Anfang der 1990er-Jahre durch die Praumlgung von Henry Johansson zu einem weiteren Ansatz der Prozessverbesserung (vgl Johansson 1994 S 14) Ziel des BPR ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsgroumlszligen wie in den Bereichen Kosten- und Personalmanagement was durch das Uumlberdenken und bdquoInfragestellenldquo von Arbeitsweisen und Methoden erreicht werden soll Den Fokus der Vorgehensweise bildet die Ver-aumlnderung der Prozesse nicht aber der funktionalen Strukturen

Das Total Quality Management (TQM) wurde als umfassendes Qualitaumltsmanagement in der ja-panischen Automobilindustrie entwickelt Es bezeichnet die durchgaumlngige und bdquoalle Bereiche eines Unternehmens erfassende aufzeichnende sichtende organisierende und kontrollierende Taumltigkeitldquo (Zink 2004 S 12) Die systematische Einbeziehung der Mitarbeiter und Kunden gehoumlrt zu den we-sentlichen Prinzipien der TQM-Philosophie um Qualitaumlt dauerhaft zu garantieren

Operational Excellence ist ein moderner Sammelbegriff fuumlr strategische Management-ansaumltze die in Form von Optimierungsprogrammen alle Geschaumlftsprozesse auf Kunden-beduumlrfnisse Qualitaumlt und Effizienz ausrichten Es bestehen zwar Unterschiede in der Vor-gehensweise jedoch fuumlhren sie alle bei langfristigem Einsatz zu aumlhnlichen Ergebnissen

Der komplexeste Vertreter der Operational Excellence ist Lean Six Sigma oder im wei-teren Verlauf kurz Lean Sigma genannt Ebenso wie der Taylorismus das Business Pro-cess Reengineering (BPR) oder das Total-Quality-Management-System (TQM) ist Lean Sigma ein uumlber Jahre gewachsener Ansatz aus dem strategischen Management der sich in der Praxis den zu Anfang geschilderten Herausforderungen unseres Wirtschaftsalltages stellt Operational Excellence wird in der Logik dieses Buches durch die Ansaumltze des Lean Managements einen eher philosophischen Ansatz mit fernoumlstlichen Wurzeln zur Verschwendungsvermeidung und Six Sigma ein quantitatives Konzept zur Qualitaumltsver-besserung komplettiert An dieser Stelle laumlsst sich kurz umrissen festhalten dass Lean Management die Organisation schlanker gestaltet und die Geschwindigkeit der Geschaumlfts-prozesse erhoumlht Six Sigma optimiert Prozesse in einem Unternehmen indem die Erwar-tungserfuumlllung des Kunden hinsichtlich der Ergebnisgroumlszligen wie Qualitaumlt Kosten Zeit und Produktivitaumlt verbessert wird Lean Sigma vereint als Synthese das Beste aus beiden Welten und formuliert als strategischer Management-Ansatz eine klare Zielsetzung die Wettbewerbsfaumlhigkeit nachhaltig steigern ndash operative Exzellenz erreichen

Das Verstaumlndnis der begrifflichen Ingredienzen des zu behandelnden Kontextes wird in Abb 12 zusammenfassend dargestellt Wenn im weiteren Verlauf des Buches von Ope-rational-Excellence-Programmen oder -Initiativen gesprochen wird sind darunter nur die abgebildeten drei strategischen Managementansaumltze zu verstehen Selbstverstaumlndlich wird zwischen den drei prominenten Vertretern des strategischen Managements dann termino-logisch unterschieden wenn eine inhaltliche Trennschaumlrfe vonnoumlten ist Dies ist beispiels-

6 1 Einleitung

weise bei der historischen Einordnung sowie diskutierten Praxisbeispielen der Fall Die betrachteten Erfolgsfaktoren oder formulierte Handlungsempfehlungen beziehen sich da-gegen methodenuumlbergreifend auf alle drei Ansaumltze

13 Aufbau und Inhalt

Den Aufbau und Inhalt des Buches soll eine kleine Geschichte verdeutlichen Die Pro-tagonisten sind ein Vater und sein Sohn ndash der eine versteht bereits viel von Autos der andere wird nicht muumlde Fragen zu stellen Jeder Kapitelanfang wird stuumlckweise an diese Geschichte erinnern analog zu einer Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Ope-rational Excellence die nur Schritt fuumlr Schritt sinnvoll ist Oder haben Sie etwa in Ihrer ersten Fahrstunde ruumlckwaumlrts einparken gelernt

131 Kapitel 2

Eines Tages als der Vater seinen Sohn aus der Grundschule abholt berichtet dieser ganz aufgeregt dass er Auto fahren moumlchte Er haumllt seinem Vater ein Bild eines knallroten Autos welches mit quietschenden Reifen Staub aufwirbelt unter die Nase Im Kunstunter-

LeanManagement

SixSigma

LeanSix Sigma

OperationalExcellence

Abb 12 Begriffliche Einordnung der Operational Excellence

713 Aufbau und Inhalt

richt sollten die Kinder ihren Berufswunsch aufmalen ndash er moumlchte Sebastian Vettel dem juumlngsten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten nacheifern Unermuumldlich zerrt er am Arm des Vaters und bettelt energisch darum dass Papi sein Auto vorzeigen und erklaumlren soll wie man es faumlhrt Der Vater gibt nach ndash wer traumlumte als kleiner Junge nicht von einer Karriere voller Adrenalin In der Garage angekommen uumlberlegt er wo man mit der Erlaumluterung der komplexen Mechanik eines Automobils und dessen Nutzung am einfachsten beginnen kann

Was ist Operational Excellence So wie ein Kraftfahrzeug welches der Befoumlrderung von Personen oder Guumltern dient eines Antriebssystems bedarf liegt auch der Program-matik von Operational Excellence die eine konkrete Zielsetzung verfolgt eine spezifi-sche Mechanik zugrunde Das architektonische Grundgeruumlst des Buches bildet Kap 2 Es werden die beiden Ausgangsfragen bdquoWoherldquo und bdquoWohinldquo beantwortet Die relevanten theoretischen Bausteine zur Erreichung operativer Exzellenz werden in diesem Zuge vor-gestellt und naumlher erlaumlutert die Entstehungsgeschichte die Kernidee die methodische Ausrichtung und Zielsetzung von Lean Management Six Sigma und der Synthese der beiden Konzepte Lean Sigma Die anwendungsorientierte Vorstellung der wesentlichen Denkinstrumente und Methoden zum Abschluss des Kapitels vervollstaumlndigt den umfas-senden Blick hinter die Kulissen des Theoriegeruumlstes

8 1 Einleitung

132 Kapitel 3

Der Sohn laumlsst nicht locker ndash ihm ist die Erklaumlrung dass das Auto ein fahrbarer Untersatz ist um auf vier Reifen mit einem Kuchen im Kofferraum sonntags zur Oma zu fahren nicht genug Er besteht darauf zu sehen wie es faumlhrt

Wie erfolgreich waren Unternehmen bislang dabei dem Anspruch operativer Exzel-lenz gerecht zu werden Wie konnten in der Vergangenheit Mitarbeiter vom Leistungsver-sprechen Six Sigma uumlberzeugt werden Welche Werkzeuge wirkten besonders katalysie-rend auf die Einfuumlhrung des Lean Managements Woran scheitern Unternehmen wenn sie versuchen die Veraumlnderung durch Lean Sigma langfristig aufrechtzuerhalten

So wie es in einem Auto verschiedene Instrumente Messanzeigen und Bedienungs-hebel zu beachten gilt heiszligt es auch waumlhrend eines Operational-Excellence-Programmes auf der richtigen Spur mit der richtigen Geschwindigkeit und im richtigen Gang zu fah-ren Nachdem bereits die Anfaumlnge und methodischen Zusammenhaumlnge eroumlrtert worden sind beleuchtet Kap 3 Erfahrungswerte und Organisationszustaumlnde aus der Praxis Fuumlnf Anwendungsbeispiele der Operational-Excellence-Methoden werden aus verschiedenen Branchen exemplarisch diskutiert die Umsetzung des Lean Managements bei einem Hamburger Kranhersteller (Neuenfelder Maschinenfabrik) und einem franzoumlsischen Steckverbindungshersteller (FCI-Gruppe) die Implementierung von Six Sigma bei einem kanadischen Lebensmittelhersteller (Maple Leaf Foods) und einer amerikanischen Groszlig-bank (Bank of America) und zuletzt die Einfuumlhrung von Lean Sigma bei einem amerika-nischen Elektronikhaumlndler (Best Buy)

913 Aufbau und Inhalt

133 Kapitel 4

Die Wissbegierde des Sproumlsslings uumlberrascht den Vater nicht Er scheint die Herausforde-rung beim Schalten die Kupplung richtig zu dosieren verstanden zu haben Es ist leichter gesagt als getan mahnt er gerade noch da beginnt der Sohn das Reifenprofil eines der Hinterraumlder zu inspizieren Wir sind doch nicht beim TUumlV haumllt er seinen Sohn lachend an TUumlV Er erlaumlutert dass es sich dabei um eine routinemaumlszligige Sicherheitskontrolle fuumlr Kraftfahrzeuge handelt ndash alle wichtigen Bestandteile des Autos werden auf Herz und Nieren gepruumlft und Maumlngel werden erkannt

Welche Faktoren der unterschiedlichen Ansaumltze zur Erreichung operativer Exzellenz sind erfolgskritisch So wie bei einem Fahrzeug im Zuge der Haupt- und Abgasunter-suchung die Kraftuumlbertragung das Fahrwerk oder die Elektronik uumlberpruumlft werden stellt Kap 4 die Funktionsfaumlhigkeit der Mechanik von Operational-Excellence-Programmen umfassend auf den Pruumlfstand Ohne sich im methodischen Detail oder einem praktischen Ausnahmefall zu verlieren werden dabei kritische Erfolgsfaktoren in Form von Check-listen identifiziert und naumlher beleuchtet Die Klaumlrung der Frage ob die Methodik der ope-rationalen Exzellenz noch bdquostraszligenverkehrstauglichldquo ist oder ob sie ihre beste Zeit schon hinter sich hat schlieszligt das Kapitel ab Entscheidend ist dabei dass Maumlngel offen an-gesprochen und diskutiert werden ndash erste konkrete Handlungstipps runden den kritischen Diskurs ab

10 1 Einleitung

134 Kapitel 5

Der Sohn moumlchte wissen was das Wichtigste am Auto ist Nach kurzer Uumlberlegung ver-gleicht der Vater das Auto mit einem Puzzle ndash jedes Stuumlck sei wichtig um ein Gesamtbild zu erhalten ndash hebt aber dann doch noch einen Aspekt hervor als er die Motorhaube oumlffnet Der Motor ist das Wichtigste Der Junge ist beim Anblick der feinmechanischen Hubbewegungen und Rotationen der vielen Ventile beeindruckt

Kapitel 5 thematisiert im Anschluss die Kernproblematik und Gemeinsamkeiten von Lean Management Six Sigma und Lean Sigma ndash bei der Implementierung geht es um ein Umdenken aller in der Organisation taumltigen Mitarbeiter vom obersten Chef bis zum untersten Angestellten bzw Arbeiter am Band Operative Exzellenz beruht auf einem Be-wusstsein fuumlr kontinuierliche Prozessverbesserung Es geht um die Veraumlnderung von ge-wohnten Verhaltensweisen und Denkmustern Es geht um weit mehr als die Anwendung von Tools denn die Neuerungen muumlssen nicht von den Maschinen sondern den Menschen ndash dem Motor von Veraumlnderung ndash im Unternehmen gelebt werden Eine kurze Rekonstruk-tion der zeit- und organisationsgeschichtlichen Zusammenhaumlnge erlaumlutert zunaumlchst die Entstehungsgeschichte des systematischen Umgangs mit dem bdquoWind des Wandelsldquo bevor theoretische Errungenschaften und praktische Hintergruumlnde zum Veraumlnderungsmanage-ment diskutiert und die Schluumlsselfaktoren fuumlr erfolgreiches Vorgehen ermittelt werden

1113 Aufbau und Inhalt

135 Kapitel 6

Der Sohn staunt noch immer uumlber die unuumlberschaubare Vielfalt an winzigen Raumldchen verbundenen Kabeln silbernen Schraumlubchen und unzaumlhligen Gummiabdichtungen da schlieszligt der Vater die Motorhaube wieder Er scheint gute Arbeit geleistet zu haben Die Fragezeichen sind aus den Augen des Sohnes verschwunden ndash das Funkeln ist geblieben Als er mit dem Oumllmessstab zu seinem Kettcar laumluft muss der Vater schmunzeln Er er-klaumlrt dass die Wartungsarbeiten im richtigen Verhaumlltnis zum jeweiligen Fahrzeug stehen muumlssen ndash bei einem Kettcar muss nicht der Oumllstand uumlberpruumlft werden Lediglich die Rad-aufhaumlngung muss regelmaumlszligig geschmiert werden damit sie nicht quietscht Beim Auto des Vaters muss hingegen sehr wohl auf die Oumllstandsanzeige geachtet werden um auch in Zukunft sicher zur Oma fahren zu koumlnnen Sebastian Vettel hebt der Vater hervor faumlhrt sogar alle paar Runden an die Box um seinen Formel-1-Wagen wettbewerbstauglich zu halten Um die Oma zu besuchen ist aber eine Geschwindigkeit bei der Flugzeuge ab-heben nicht notwendig ndash deswegen muss man auch nicht jede Woche zum TUumlV fahren Der Sohn nickt zustimmend

Nicht jede Operational-Excellence-Initiative ist von den gleichen Anforderungen an den Motor und dem Einsatz von Schmiermitteln gekennzeichnet Es gilt abhaumlngig vom Ver-wendungszweck des Fahrzeugs die richtige Motorisierung zu finden und den Pflege- und Wartungsaufwand in einem angemessenen Verhaumlltnis zu halten Wie muumlssen also der Sinn und Zweck einer Operational-Excellence-Initiative das Leistungsvermoumlgen sowie die Leistungsbereitschaft der beteiligten Mitarbeiter Fuumlhrungskraumlfte und Topmanager und die unterstuumltzenden Change-Management-Aktivitaumlten zusammenspielen um Erfolg zu haben

Kapitel 6 beantwortet vor allem die letzte der drei Ausgangsfragen bdquoWas tunldquo Pu-blikationen die explizit Veraumlnderungsmanagement in Operational-Excellence-Initiativen adressieren existieren nicht In den vorangegangenen Kapiteln wurde die Reichweite von Change-Maszlignahmen bereits ausfuumlhrlich diskutiert Zusaumltzlich werden in einem weiteren Schritt saumlmtliche Erkenntnisse unvollendete Uumlberlegungen nicht zu vernachlaumlssigende Kritikpunkte und unbeantwortete Fragen in einem umsetzungsorientierten Leitfaden ge-buumlndelt und als ein bdquoMissing Linkldquo fuumlr die Praxis anschlussfaumlhig gestaltet Die bdquoUumlberlie-ferungsluumlckeldquo in der Literatur wird durch die Praumlsentation des modulartigen Methodensets des Transformationsmanagements geschlossen

12 1 Einleitung

136 Kapitel 7

Waumlhrend das Garagentor wieder geschlossen wird und der Vater die wichtigsten Punkte wiederholt zeigt der Sohn sich schon ungeduldig Am liebsten wuumlrde er sofort seinen Fuumlhrerschein machen und Gas geben Doch er hat verstanden dass es ein langer Weg ist bis er alle Funktionen und das Steuern eines Autos beherrschen wird Amuumlsiert uumlber diese beherzte Antriebskraft fuumlhrt der Vater ihn schlieszliglich zuruumlck ins Haus Er schlaumlgt ihm vor in der naumlchsten Woche auf der nahegelegenen Rennbahn ein Gokart auszuprobieren Bis sein Sohn ein Auto im Straszligenverkehr steuern darf wird es ohnehin fast nur noch elektro-betriebene Autos geben Veraumlnderung bestimmt den Alltag Selbst er wird sich an techni-sche Neuerungen andere Preise und vielleicht sogar angepasste Straszligenverkehrsregeln gewoumlhnen muumlssen

Was ist die Kernbotschaft des Buches Kap 7 schaut in den Ruumlckspiegel greift die Quintessenz auf und stellt Fragen Wohin fuumlhrt z B die Reise der operativen Exzellenz Wenn Wandel nicht die Ausnahme sondern der Regelfall ist gilt das auch fuumlr strategische Managementkonzepte wie das der Operational Excellence Auf welche Fragen wird das methodische Leistungsversprechen in Zukunft Antworten finden muumlssen Oder ist die Logik des Transformationsmanagements fuumlr eine spezielle Unternehmensform moumlglicher-weise praumldestiniert Das letzte Kapitel wagt den Blick uumlber den Tellerrand

13Literatur

Literatur

Clausewitz C von amp Oetinger B von (Hrsg) (2003) Strategie denken Muumlnchen Deutscher Taschenbuch

Crainer S (1998) Key management ideas Harlow Prentice HallDahm M amp Dahm A (2012) Fuumlhren durch Vernetzung ndash Ergebnisse der IBM CEO Studie 2012

Zeitschrift fuumlr Corporate Governance 5 209ndash211Doppler K amp Lauterburg C (2008) Change Management ndash Den Unternehmenswandel gestalten

Frankfurt a M CampusIBM (2010) Unternehmensfuumlhrung in einer komplexen Welt ndash Global CEO StudyJohansson H J (1994) Business process reengineering Breakpoint Strategies for Market Domi-

nance Hoboken John Wiley amp SonsKruumlger W (2009) Excellence in Change Wege zur strategischen Erneuerung Wiesbaden GablerNagel R amp Wimmer R (2009) Systemische Strategieentwicklung Modelle und Instrumente fuumlr

Berater und Entscheider Stuttgart Schaumlffer-PoeschelWimmer R (2009) Kraftakt radikaler Umbau ndash Change Management zur Krisenbewaumlltigung Zeit-

schrift fuumlr Organisationsentwicklung 3 4ndash11Zink K J (2004) TQM als integratives Managementkonzept ndash Das EFQM Excellence Modell und

seine Umsetzung Muumlnchen Carl Hanser

15

Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_2

2

The best argument we can make to convince you not to just read this but to get involved with Operational Excellence is that there is very little downside The second-best argument for getting involved is that the upside is enormous Help your company become more profitable develop valuable job skills and make your own job and workplace work betterMichael George (bdquoErfinderldquo von Lean Sigma)

16 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Was ist Operational Excellence So wie die Fortbewegung des Kraftfahrzeugs des Vaters auf ein Antriebssystem zuruumlckzufuumlhren ist liegt auch Operational Excellence eine spezi-fische Mechanik zugrunde die eine konkrete Zielsetzung verfolgt Dieses Kapitel stellt die relevanten theoretischen Bausteine der Operational-Excellence-Programme vor die Kernidee die Geschichte die methodische Ausrichtung und Zielsetzung von Lean Ma-nagement Six Sigma und Lean Sigma

21 Lean Management

211 Einfuumlhrung

Brillante Leistungen regen zur Nachahmung an Wenn man Tiger Woods einem der er-folgreichsten Golfspieler der Geschichte in seinen besten Zeiten im Fernsehen dabei zu-gesehen hat wie er elegant und treffsicher den Golfball uumlber das Fairway schlug kribbelte es in den Fingern und man bekam Lust zum naumlchsten Golfplatz zu fahren Dort angekom-men wurden die 18 Loumlcher ehrgeizig in Angriff genommen und man nahm sich vor an der Handicap-Verbesserung zu arbeiten ndash vielleicht durch eine neue Golfausruumlstung oder auch durch weitere Trainerstunden Diese inspirierenden Momente kennen nicht nur pas-sionierte Golfspieler sondern auch alle Unternehmen die darauf bedacht sind sich kon-tinuierlich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten So gilt der japanische Automobilhersteller Toyota nach wie vor fuumlr viele Unternehmen als der bdquoTiger Woodsldquo des Produktionsab-laufs Trotz des durch die Erdbeben- Tsunami- und Atomkraftwerkkatastrophe bedingten massiven Einbruchs des Geschaumlftes ndash Produktionswerke von Toyota wurden zerstoumlrt und Lieferketten unterbrochen ndash ist der japanische Branchenprimus mit einem neuen Rekord von 5 Mio abgesetzten Fahrzeugen von Januar bis Juni 2012 wieder der Gejagte1 Im Jahr 2013 wurde die magische Zahl von 10 Mio produzierten Fahrzeugen nur knapp verpasst Das Ziel des Wolfsburger VW-Konzerns bis 2018 zum weltgroumlszligten Automobilhersteller aufzusteigen ruumlckt damit wieder in weite Ferne Dies wird insbesondere deutlich wenn man sich die Zahlen einer aktuellen Studie des CAR Center Automotive Research an-schaut Demnach ist Toyota zu alter Staumlrke zuruumlckgekehrt und verdient mit dem Verkauf eines Autos 1801 euro Zum Vergleich VW weist eine Gewinnmarge von bdquonurldquo 629 euro auf (vgl Dudenhoumlffer 2013) Den Grundstein fuumlr diese bis heute mit Erfolg gekroumlnte japani-sche Entwicklung legten der Unternehmer Eiji Toyoda und sein Produktionsleiter Taiichi Ohno (vgl Toumlpfer 2009 S 138 ff) Letzterer war der Begruumlnder dessen was heute unter dem Begriff bdquoLean Managementldquo bekannt ist (vgl Ohno 1993 S 9) Was verbirgt sich hinter dieser Begrifflichkeit und was genau ist das Schluumlsselkonzept des japanischen Er-folges

1 GM kam im gleichen Zeitraum auf 47 Mio und VW auf 46 Mio abgesetzte Fahrzeuge

1721 Lean Management

212 Die Entstehung japanischer Ansaumltze

Am 15 August 1945 verlor Japan den Zweiten Weltkrieg dieser Tag markierte auch einen Neubeginn fuumlr Toyota (vgl Ohno 1993 S 29) Japan war nicht besonders reich an Roh-stoffen und aumlhnlich wie in Deutschland war ein Groszligteil der Infrastruktur und der Indus-trie nach den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges zerstoumlrt Zusaumltzlich gab es kaum Kapital keinen Marshallplan und sehr wenig Flaumlche sodass die japanischen Unternehmen die amerikanische Industriepolitik mit der damit einhergehenden Massenproduktion nicht einfach kopieren konnten sondern sich auf kundenindividuelle Produkte konzentrieren mussten (vgl Toumlpfer 2009 S 138) Der ehemalige Praumlsident von Toyota fand fuumlr die Si-tuation deutliche Worte bdquoWir muumlssen Amerika innerhalb von drei Jahren einholen Sonst wird die Automobilindustrie Japans nicht uumlberlebenldquo (Ohno 1993 S 29) Drei weite-re Rahmenbedingungen bestimmten die damalige (wirtschaftliche) Situation (vgl Drew et al 2005 S 21 f) Zum einen gab es in Japan in den 1950er-Jahren aufgrund der ge-ringen Einkommen kaum eine Nachfrage nach Autos sodass sich eine Massenproduktion nicht lohnte Weiterhin mussten die Autos in der Praxis erst noch getestet werden sodass kostenintensive Investitionen in Werkzeuge und Maschinen nicht infrage kamen Zum anderen durfte Toyota aufgrund neuer Beschaumlftigungsgesetze keine Mitarbeiter entlassen Unter diesen Umstaumlnden reiste der neue Chef Toyotas Eiji Toyoda fuumlr drei Monate nach Detroit um die damaligen modernsten Produktionsanlagen der Welt zu besuchen

213 Das Toyota Produktionssystem

Als Eiji Toyoda nach Japan zuruumlckkehrte begann er unter der Praumlmisse aus den bdquoFehlernldquo der Amerikaner zu lernen Toyota neu zu strukturieren Dieser neue Ansatz der unter der Begrifflichkeit bdquoToyota Produktionssystem (TPS)ldquo Beruumlhmtheit erlangte beinhaltet fuumlnf Grundsaumltze (vgl Dahm und Haindl 2011 S 53 ff sowie Abb 21)

Prozesse synchroni-

sieren

Prozesse standardi-

sieren

Fehler vermeiden

Produktions-anlagen

verbessern

Mitarbeiter trainieren und qualifizieren

Produktion nach den Anforderungen des Kunden

Verschwendung minimieren

Prozessverbesserungen in kleinen Schritten

Abb 21 Grundsaumltze des Produktionssystems von Toyota (Quelle in Anlehnung an Ohno 1993 S 43 ff)

18 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

1 Synchronisation der Prozesse Die einzelnen Arbeitsschritte werden nur durchge-fuumlhrt wenn sie auch benoumltigt werden Keine Produkte bleiben halbfertig in der Warte-schleife Eine Reduktion der Verschwendung in den Prozessen und damit im gesamten Unternehmen wird erreicht da kaum Leerlauf entsteht und keine Uumlberschuumlsse pro-duziert werden Wie sinnvoll dieses Vorgehen ist laumlsst sich an einem sehr einfachen Beispiel gut erkennen Nur die wenigsten Werksleiter wuumlrden auf die Idee kommen woumlchentlich einen Techniker kommen zu lassen der bei jedem seiner Besuche den Zustand aller Leitungen und Dichtungen pruumlft Man wuumlrde dadurch zwar mit groszliger Sicherheit einen Ausfall der Maschinen ausschlieszligen aber zu sehr hohen Kosten Im Allgemeinen werden die Techniker dann gerufen wenn ein Defekt eingetreten ist So verhaumllt es sich mit der Produktion eines jeden Industriegutes Die Arbeitsschritte sollten nur dann durchgefuumlhrt werden wenn sie benoumltigt werden

2 Standardisierung der Prozesse Fuumlr die Lagerung Bereitstellung und Verarbeitung des Materials gibt es genaue bdquoSpielregelnldquo Diese werden nur durch Verbesserungs-vorschlaumlge ndash die fuumlr alle Beteiligten sichtbar gemacht werden muumlssen ndash geaumlndert Verschwendung wird vermieden da in den Prozessen nur sinnvolle und durchdachte Aumlnderungen vorgenommen werden Damit koumlnnen sich neben den offiziellen Regeln keine inoffiziellen Routinen herausbilden Alle Mitarbeiter sind immer auf dem gleichen Stand und es existieren z B nicht mehrere Ordnungs- und Ablagesysteme nebeneinan-der Entscheidend ist hierbei die Moumlglichkeit der Aumlnderungen durch die Mitarbeiter Wie sinnvoll diese Spielregeln sein koumlnnen laumlsst sich auch hier an einem einfachen Beispiel darstellen Wenn die Tages- und Nachtschicht in einem groszligen Lager die Ablage unter-schiedlich organisieren dann koumlnnen sich mit der Zeit quasi unabhaumlngige Lagerhaltun-gen etablieren weil jede Schicht die Materialien nur nach dem eigenen System ausgibt

3 Vermeidung von Fehlern Jeder Mitarbeiter hat bei jedem Arbeitsschritt fuumlr absolute Qualitaumlt zu sorgen Das heiszligt nur bdquogute Teileldquo werden an den naumlchsten Prozessschritt weitergegeben Bei automatisierten Prozessen werden beim Erkennen fehlerhafter Teile die Maschinen durch Sensoren automatisch gestoppt Dieser Vorgang nennt sich im Japanischen bdquoPoka Yokeldquo auf Deutsch bdquounbeabsichtigte Fehler vermeidenldquo Zu Beginn der Einfuumlhrung dieses Systems wurde die Produktion bei Toyota sehr haumlu-fig gestoppt Als es sich dann aber etabliert hatte gingen diese Stoppvorgaumlnge stark zuruumlck Die Mitarbeiter waren fuumlr die Qualitaumlt in den Prozessen sensibilisiert Sie hatten erkannt dass die gesamte Produktion von jedem einzelnen kleinen Schritt abhaumlngt und jeder seinen Beitrag so gut wie moumlglich leisten muss

4 Verbesserung der Produktionsanlagen Die Arbeiter in der Produktion werden war-tungstechnisch geschult und sind dadurch in der Lage Stoumlrungen weitestgehend selbst zu beheben Erst wenn dies nicht in einem bestimmten Zeitraum moumlglich ist greift eine zentrale Wartungseinheit ein Im Japanischen wird diese Methode als bdquoJidokaldquo bezeichnet Die Mitarbeiter erkennen dass die weitgehende Fehlerlosigkeit der Pro-zesse ihre eigenen Taumltigkeiten angenehmer und schneller macht Dadurch haben sie ein hohes Eigeninteresse an der Vermeidung von Stoumlrungen und achten selbststaumlndig auf die Funktionstuumlchtigkeit und den Zustand aller Maschinen in ihren Prozessen Es

1921 Lean Management

findet eine Art vorbeugende Instandsetzung statt diese wird auch als Total Productive Maintenance (TPM) bezeichnet Die Verbesserung der Produktionsanlagen findet kon-tinuierlich statt Dieses sogenannte Kaizen ist in den westlichen Industrien als kontinu-ierlicher Verbesserungsprozess (KVP) bekannt

5 Miteinbeziehung und Qualifizierung der Mitarbeiter Die Ideen und Verbesserungs-vorschlaumlge der Mitarbeiter werden sehr ernst genommen und ihr intellektuelles Poten-zial wird vollstaumlndig ausgeschoumlpft Es wird davon ausgegangen dass die Mitarbeiter Aufgabenstellungen umso besser annehmen je mehr sie qualifiziert und geschult wer-den Durch diese Maszlignahmen wird das Potenzial der Mitarbeiter vergroumlszligert auszligerdem dokumentiert das Unternehmen sein Interesse an der Entwicklung der Mitarbeiter Dem Unternehmen ist bewusst dass es die Investitionen in die Mitarbeiter sichern muss deshalb bietet es ihnen die Moumlglichkeit sich sowohl persoumlnlich als auch im Unterneh-men weiterzuentwickeln Dahinter stehen zwei Praumlmissen Viele kleine Verbesserungen fuumlhren zu groszligen Erleichterungen in den Ablaumlufen und es gibt keinen perfekten Pro-zess Durch Schulungen und Qualifizierungsmaszlignahmen entwickeln die Mitarbeiter immer mehr Verstaumlndnis fuumlr den gesamten Produktionsprozess des Automobils Damit sind sie in der Lage auch bereichsuumlbergreifende Probleme zu erkennen und an deren Behebung mitzuwirken

Durch diese fuumlnf Saumlulen des TPS wird der Mitarbeiter als entscheidender Faktor in eine wirtschaftliche Produktion und qualitativ hochwertige Endprodukte involviert Den Vor-stellungen und Meinungen der Mitarbeiter beispielsweise zu der Gestaltung des Arbeits-platzes wird besondere Beachtung geschenkt Jeder Mitarbeiter wird in die Verantwortung genommen Dies zieht sowohl einen erweiterten Handlungsspielraum fuumlr jeden einzel-nen als auch die Tatsache Fehler oder Maumlngel nicht auf andere Prozessschritte schieben zu koumlnnen mit sich Im Ergebnis wird auf diese Art die Experimentierfreudigkeit ndash der Grundstein fuumlr eine lernende Organisation ndash stimuliert

7 Wertschoumlpfende Taumltigkeiten Aktivitaumlten oder auch Nutzleistungen die aus Sicht des Kunden schon bei erstmaliger Ausfuumlhrung zu einer Wertsteigerung des Produktes fuumlhren Diese Aktivitaumlten sind geplant und stetig zu optimieren damit die Kundenanforderung vollstaumlndig und wirtschaftlich erfuumlllt werden kann Beispiele fuumlr wertschoumlpfende Taumltig-keiten Konstruktion Montage oder Maszlignahmen zur Erhoumlhung des ideellen Wertes des Produktes (Marketing)

7 Nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten Aktivitaumlten oder auch Blind- und Fehlleistungen die ungeplant sind und weder direkt noch indirekt zu einer Wertsteigerung des Produktes fuumlhren Ein Kunde erachtet diese Taumltigkeiten als nicht wesentlich und ist nicht bereit dafuumlr zu zahlen Im Rahmen der Prozessoptimierung sind diese Aktivitaumlten auf ein Mini-mum zu reduzieren Beispiele sind Zwischenlagerung Mehrfacharbeit Fehler in der Pro-duktion oder Nacharbeit

20 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

7 Nichtwertschoumlpfende aber notwendige Taumltigkeiten (Stuumltzleistungen) Aktivitaumlten die nur indirekt zur Wertsteigerung des Produktes fuumlhren indem sie wertschoumlpfende Taumltigkeiten unterstuumltzen Diese Aktivitaumlten sind auf das fuumlr die Organisation notwendige Minimum zu reduzieren Beispiele sind Ruumlstzeiten Genehmigungen von Unterschriften oder das Erstellen von Statistiken im Unternehmenscontrolling

Die Reduktion von Verschwendung bildet das Fundament des Produktionssystems von Toyota Mit einem Buumlndel aus den Grundsaumltzen Methoden und Werkzeugen wird ein systematischer Ansatz zur Beseitigung von nichtwertschoumlpfenden Faktoren (auch bdquomudaldquo genannt ndash Japanisch fuumlr Verschwendung) verfolgt um einen kontinuierlichen Fluss zu er-moumlglichen Was verhindert in der Praxis den kontinuierlichen Produktionsfluss

Klassischerweise kann man hier einige wenige Beispiele fuumlr bdquomudaldquo anfuumlhren Es wird mehr produziert als tatsaumlchlich gebraucht wird Mitarbeiter warten auf ihren Einsatz und sind dabei untaumltig uumlberfluumlssige Taumltigkeiten werden ausgefuumlhrt oder es fallen Nacharbeiten an Abb 22 komplettiert die Arten der Verschwendung Hervorzuheben ist besonders dass auch die nicht genutzte geistige Kapazitaumlt der Mitarbeiter als Verschwendung ver-standen wird Haumlufig sind es naumlmlich verschiedene Teile der Belegschaft an der Basis die schon lange wissen was falsch laumluft und wie man das Problem loumlsen koumlnnte Wenn dieses Wissen nicht genutzt wird wird eine Menge an potenzieller Wettbewerbsfaumlhig-keit verschwendet Eklatant wird es dann wenn kommunizierte Verbesserungshinweise seitens der Mitarbeiter vom Managementder Unternehmensleitung konsequent ignoriert werden In der Regel verlassen enttaumluschte Mitarbeiter irgendwann das Unternehmen und suchen ihr Gluumlck bei einem anderen Arbeitgeber Das Unternehmen ist doppelt bestraft

Bewegung

Uumlberfluumlssige koumlrperliche mentale Bewegung die keinen Mehrwert bietet Verschwendung

Wartezeiten

Mitarbeiter sind untaumltig waumlhrend sie auf ihren Einsatz im Prozess warten

Uumlberproduktion

Mehr produzieren als der Kunde nachfragt

Intellekt

Den intellektuellen Beitraggeistige Res-sourcen der Mitarbeiter nicht nutzen

Nacharbeit

Nachbearbeiten oder Korrekturen ausfuumlhren

Transport

Produkte mehrfach von Ort zu Ort hin- und her-transportieren

Ausschuss

Produkte weichen in der Qualitaumlt zu stark vom vorgegebenen Standard ab

Lager

Herstellen und lagern von Dienstleistungen Produkten die der Kunde nicht bestellt hat

Abb 22 Verschwendung

2121 Lean Management

Zum einen wird das kostbare Wissen des Mitarbeiters nicht genutzt und zum anderen geht es letztendlich voumlllig verloren ndash nicht zu vernachlaumlssigen sind auszligerdem die durch das Verhalten des frustrierten Mitarbeiters bei den restlichen Kollegen und Kolleginnen hervorgerufenen Folgeschaumlden

Kaum ein Automobilkonzern hat nicht versucht Teile des Produktionssystems von Toyota umzusetzen In zahlreichen Statistiken belegte Toyota hinsichtlich der Kriterien Qualitaumlt Zuverlaumlssigkeit und Preis-Leistungs-Verhaumlltnis erste Plaumltze Erst in den letz-ten Jahren musste Toyota die Position des Weltmarktfuumlhrers aufgrund von klemmenden Gaspedalen und rutschenden Fuszligmatten zunaumlchst abgeben Mehr als 10 Mio Fahrzeuge wurden zuruumlckgerufen ndash der Imageschaden war enorm und die Verkaumlufe brachen ein ob-wohl viele der Vorfaumllle sich spaumlter als Fahrfehler entpuppten Im Jahr 2011 litt das dichte Produktionsnetz von Toyota zusaumltzlich unter einer Flut in Thailand dem starken Yen und insbesondere unter der Erdbeben- Tsunami- und Atomkraftwerkkatastrophe von Fukus-hima ndash trotzdem kaumlmpfte sich der Konzern fuumlr das Jahr 2012 an die Weltspitze zuruumlck Worauf ist diese einmalige Erfolgsgeschichte von Toyota zuruumlckzufuumlhren Warum gelang es fast keinem anderen Unternehmen die Leistungsfaumlhigkeit des Produktionssystems von Toyota abzubilden

7 Kaizen Prinzip der staumlndigen Verbesserung Der Weg zum Erfolg ist keine sprung-hafte Innovation sondern die schrittweise OptimierungPerfektionierung des Prozesses und damit letztendlich des Produktes Durch den Einsatz der Kaizen-Philosophie gelang es dem Zusammenschluss der weltweit groumlszligten Hersteller von Dichtungsmaterialien der Freudenberg-NOK General Partnership (FNGP) in einem Werk in Ligonier Indiana die Produktivitaumlt in vier Jahren um 991 zu steigern bei einer gleichzeitigen Reduktion der dafuumlr benoumltigten Flaumlche um 48

7 Poka Yoke Prinzip fuumlr technische Vorkehrungen bzw Einrichtungen zur sofortigen Fehleraufdeckung und -vermeidung Ein sehr einfaches Beispiel fuumlr Poka Yoke ist der Einbau einer Fotozelle uumlber den Teilebehaumlltern eines Arbeitsplatzes Diese Zelle registriert die Entnahme eines Teils Wenn ein Mitarbeiter sein Werkstuumlck weitergibt ohne dass das entsprechende Teil entnommen wurde leuchtet eine Lampe auf und weist ihn auf das Ver-sehen hin

7 Just-in-time-Prinzip Punktgenaue Lieferung der Rohstoffe bzw Produkte in der angeforderten Qualitaumlt zum gewuumlnschten Ort stets in der gewuumlnschten Menge und zu dem Zeitpunkt an dem das Material gebraucht wird Durch die Anwendung des Just-in-time-Prinzips konnte der US-amerikanische PC-Hersteller Dell sein Lager im Jahr 2001 bei halb so hohen Betriebskosten 64-mal umschlagen und damit 50-mal haumlufiger als der naumlchstbeste Konkurrent

7 Kanban Methode der Produktionsablaufsteuerung Nach dem bdquoPull-Prinzipldquo orien-tiert sich die Materialausstattung ausschlieszliglich an den Beduumlrfnissen des entsprechenden

22 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Prozessschrittes Unter Beruumlcksichtigung dieses Ansatzes entwickelte der US-Hersteller von Flugzeugtriebwerken Pratt amp Whitney eine neue Anlage zum Schleifen von Turbinen-schalen Das neue Aggregat verkuumlrzte die Durchlaufzeit um 99 und die Umruumlstzeit von Stunden auf Minuten und das bei um 50 geringeren Produktionskosten

7 Total Productive Maintenance (TPM) System zur Vermeidung von Betriebsstoumlrungen in den Prozessen Ziel ist das Erreichen von null Defekten null Ausfaumlllen und null Un-faumlllen Durch die Anwendung dieses Lean-Grundsatzes gelang es der US-Versicherungs-gesellschaft Jefferson Pilot Financial (JPF) ihre Ablaumlufe zu optimieren Die Arbeitskosten pro Versicherungspolice gingen um fast 30 zuruumlck und die Anzahl der nachzuarbeiten-den Policen sank um 40

Quellen Womack und Jones (2004) S 36 78 111 Drew et al (2005) S 19 ff

214 Die Weiterentwicklung zu Lean Management

Das Interesse am bdquoTiger Woodsldquo der schlanken Form in der Produktion und Unterneh-mensfuumlhrung wuchs im Westen vehement Dies lag im Wesentlichen am stetig ansteigen-den Wettbewerbsdruck in der Automobilindustrie und an der schlichten Tatsache dass das japanische Erfolgsgeheimnis einem Mysterium glich ndash es war fuumlr die westliche Welt unmoumlglich die Essenz des Produktionssystems nachzuvollziehen (vgl Ohno 1993 S 10) Dies aumlnderte sich mit dem Jahr 1975 als Toyota die eigens entwickelte Vorgehensweise erstmals ins Englische uumlbersetzte und damit weltweites Interesse auf sich zog Bis dato verloren die US-amerikanischen und europaumlischen Automobilhersteller unaufhaltsam Marktanteile Die gleichen Methoden die bei Volkswagen in den USA versagten schie-nen bei Toyota Nissan und Honda glaumlnzend zu funktionieren Die Produktionsmengen der japanischen Hersteller uumlberstiegen die erreichten Stuumlckzahlen der westlichen Hersteller deutlich ndash die Japaner setzten neue Maszligstaumlbe im Wettbewerb Ab 1979 evaluierte das amerikanische Massachusetts Institute of Technology (MIT) systematisch das Erfolgsre-zept von Toyota So wurde der deutliche Vorsprung der japanischen Unternehmen auf die unternehmensumfassende Anwendung von Synchronisation Verschwendungsreduktion Miteinbeziehung der Mitarbeiter Standardisierung Fehlervermeidung und Kundenorien-tierung zuruumlckgefuumlhrt Diesen japanischen Ansatz der sich klar auf organisationsuumlber-greifende Strukturen bezog griffen viele westlichen Unternehmen auf haumlufig ohne ihn zu begreifen Die eher funktional und damit vertikal strukturierte westliche Organisations-natur kollidierte mit der eher horizontal gepraumlgten Wertstromperspektive der Japaner Das Resultat war eine Weiterentwicklung des Produktionssystems von Toyota Die Begriff-lichkeit bdquoleanldquo wurde erstmals in der Buchpublikation bdquoThe Machine That Changed The World The Story of Lean Productionldquo von J Womack D Jones und D Roos im Jahre 1990 verwendet Dies markierte den Durchbruch des japanischen Produktionsansatzes und die Geburt des bdquoLean Managementsldquo Im Ergebnis entwickelten sich fuumlnf Maxime des Lean Managements

2321 Lean Management

1 Proaktives Denken Die zukuumlnftigen Handlungen des Unternehmens werden voraus-schauend durchdacht und gestaltet Dies laumlsst sich heute beispielsweise bei Toyota im Zusammenhang mit der Hybridtechnik beim Fahrzeugbau erkennen Der Konzern begann bereits vor etlichen Jahren mit der Planung und Entwicklung von umweltver-traumlglicheren Fahrzeugen und besitzt deshalb einen groszligen Vorsprung vor der westlichen Konkurrenz

2 Sensitives Denken Die Umwelt und die Bereitschaft auf Aumlnderungen dieser zu reagieren wird sensibel beobachtet Hier ist ebenfalls der Vorsprung Toyotas in der Hybridtechnik ein gutes Beispiel Der Konzern hat die zukuumlnftigen Beduumlrfnisse der Nachfrager fruumlhzeitig erkannt und bereits 1997 in Japan mit dem Prius den ersten Serien-Hybrid-Pkw der Welt auf den Markt gebracht

3 Ganzheitliches Denken Das Unternehmen wird immer als Ganzes in aller Komplexi-taumlt betrachtet So wurde beispielsweise bei dem Turbinenhersteller Pratt amp Whitney erst nach vielen Jahren erkannt dass 90 des Titans und Nickels im Wertschoumlpfungspro-zess Ausschuss waren Grund hierfuumlr war dass keines der vier beteiligten Unternehmen ndash das Schmelzwerk der Schmiedebetrieb der Fertigbearbeiter und das Endmontage-werk ndash seine Aktivitaumlten den anderen dreien transparent gemacht hatte Dadurch wurden teilweise Arbeiten doppelt ausgefuumlhrt und die Unternehmen beachteten die Anspruumlche der jeweils anderen nicht (Vgl Womack et al 2004 S 29)

4 Potenzialdenken Alle zur Verfuumlgung stehen Ressourcen werden erschlossen und genutzt Ein Unternehmen sollte Freiraumlume bieten und Innovationen auf allen Ebenen foumlrdern So bietet Siemens seinen Mitarbeitern einen finanziellen Bonus fuumlr jede Inno-vation und jeden Verbesserungsvorschlag der umgesetzt wird Egal ob sie die direkte Abteilung des Mitarbeiters betreffen oder bdquouumlber den Tellerrandldquo hinausgehen

5 Oumlkonomisches Denken Es wird sparsam gewirtschaftet und Verschwendung wird vermieden Dafuumlr sollte ein Unternehmen beispielsweise den gesamten Wertschoumlp-fungsprozess mittels einer ValueStreamMap (Instrument der Prozessanalyse ndash eine gra-phisch-schematische Darstellung der Wertschoumlpfungsfluumlsse eines Prozesses) betrachten und an allen Stellen nach Verschwendung und Ausschuss Ausschau halten Ein Vorbild hierfuumlr ist die rigorose Kostenpolitik des US-Industrieunternehmens 3M in den 1980er- und 1990er-Jahren

Bei der Umsetzung des Lean Managements in westlichen Unternehmen wie Ford und General Motors kam es jedoch wie bereits erwaumlhnt zu Komplikationen Viele Manager verfielen dem Irrtum bdquoschneller ist billigerldquo Dies hatte zur Folge dass die Qualitaumlt der Produkte litt und Lean Management bis heute stets in Verbindung mit Kostensenkung und Personalabbau gebracht wird Schon damals lieszligen Unternehmen auszliger Acht dass das Wissen der Mitarbeiter und deren Motivation in das Zentrum der Verbesserung geruumlckt werden muumlssen Der japanische Ansatz ist eine Unternehmensphilosophie und kein simp-les Managementinstrument zur Kostensenkung Die Diskrepanz zwischen dem Verstehen einer Methodik und der Faumlhigkeit diese im Unternehmen zu leben war groszlig

24 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Beispiel Porsche AGEines der besten Beispiele fuumlr die erfolgreiche Umsetzung des Lean Managements ist die Porsche AG Anfang der 1990er-Jahre hatte Porsche groszlige wirtschaftliche Schwie-rigkeiten Die Kostenstruktur war katastrophal das Unternehmen litt massiv unter Ab-satzproblemen und galt als exponierter Uumlbernahmekandidat Kurz nachdem Wendelin Wiedeking 1991 Vorstandsvorsitzender von Porsche wurde fuhr er mit Fuumlhrungskraumlf-ten und Meistern aus der Fertigung nach Japan um in den bdquobesten Fabriken der Weltldquo ndash bei Toyota ndash zu lernen genauso wie Eiji Toyoda ein halbes Jahrhundert zuvor den Weg von Japan nach Detroit angetreten hatte Wiedeking und sein Gefolge erkannten dort dass das Zuffenhausener Unternehmen weit von der Weltklasse des Automobil-baus entfernt war und dass bdquohellip nur eine japanischere Porsche AG eine Zukunft hatldquo (Froitzheim 2007 S 144)

Durch die mitgereisten Meister wurden die Erkenntnisse direkt in die Produktions-hallen von Porsche uumlbertragen Es wurde groszliger Wert auf die Verschwendungsvermei-dung gelegt Ein weiterer Schluumlssel zu Porsches Comeback war die Miteinbeziehung der Mitarbeiter Innerhalb weniger Monate wurden bei Porsche mehrere Hierarchie-stufen abgebaut um das Unternehmen flexibler zu machen Die Lagerhaltung wurde durch Just-in-time-LieferungenProduktion deutlich reduziert

Eines der Kernelemente der Sanierung war die Qualitaumltsoffensive die durch Wiede-king gestartet wurde Um die Notwendigkeit dieser Maszlignahme zu untermauern wur-den die Kosten fuumlr die Fehlerbehebung an den verschiedenen Stellen der Produktion geschaumltzt Heraus kamen beeindruckende Zahlen die der Belegschaft die Notwendig-keit der Reformen zeigten Kostete die Fehlerbehebung am Montageband einen Euro kostete sie am Bandende schaumltzungsweise bereits zehn Euro in der Nachbearbeitungs-zone 100 euro und als Garantieleistung beim Haumlndler 1000 euro Am 27 Juli 1994 war es dann so weit In Zuffenhausen rollte der erste fehlerfreie Porsche Carrera vom Band die Mechaniker in der Nachbearbeitungszone hatten das erste Mal in der Geschichte von Porsche eine bezahlte Pause waumlhrend ihrer normalen Arbeitszeit (Vgl Womack et al 2004 S 223 ff)

Gerade bei einem Premiumhersteller wie Porsche stellt es ein Problem dar dass sich die bdquonormalenldquo Mitarbeiter kaum ein Fahrzeug aus der eigenen Produktion leisten koumlnnen Um die Mitarbeiter enger an das Unternehmen zu binden wurde es ihnen er-moumlglicht einen Porsche kostenlos fuumlr besondere Anlaumlsse auszuleihen

Wiedeking schaffte es Porsche innerhalb weniger Jahre wieder profitabel zu ma-chen (vgl Froitzheim 2007 S 142 ff) Aus der Umstrukturierung ging im August 1994 auch eine neue Tochtergesellschaft hervor die Porsche Consulting GmbH Heute zaumlhlt das Beratungshaus mit uumlber 400 Mitarbeitern zu den namhaften Adressen in der Prozess- und Organisationsberatung Auch beim neuen Eigentuumlmer von Porsche aus Wolfsburg hat der Gedanke des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) ver-mehrt Einzug gehalten Bereits Ende 2007 wurden bei VW die ersten KVP-Modera-toren und KVP-Trainer ausgebildet Bei dem Konzernunternehmen Audi hat es von 2005 bis 2007 bereits mehr als 1000 KVP-Workshops gegeben (vgl Freitag 2007

2521 Lean Management

S 42 ff) In den Workshops wird den Fuumlhrungskraumlften innerhalb weniger Tage die zentrale Bedeutung der kontinuierlichen Produktivitaumltsverbesserung durch qualifizier-te KVP-Trainer vermittelt

Die Methodik sei im Folgenden kurz beschrieben Sie basiert auf den in Abb 23 ver-anschaulichten fuumlnf Prinzipien des Lean Managements Wert spezifizieren Wertstrom identifizieren Flow etablieren Pull implementieren und Vorgehensweise perfektionieren

1 Wert spezifizieren Zunaumlchst wird die Wertschoumlpfung im Hinblick auf spezifische Produkte die zu einem bestimmten Preis einem spezifischen Kunden angeboten wer-den konkret definiert Dabei kann es sich um die Sammlung von Kundenaussagen zur Qualitaumlt der erhaltenen Produkte oder Dienstleistungen handeln Aus diesen oft pauschalen undifferenzierten und unzureichend spezifizierten Aussagen werden die qualitaumltskritischen Anforderungen des Kunden definiert und daraus Messgroumlszligen fuumlr die Kundenzufriedenheit abgeleitet Das Ziel sind kundenorientierte Geschaumlftsprozesse basierend auf einem oumlkonomischen Wertschoumlpfungsfluss

2 Wertstrom identifizieren Dann werden durch die Anwendung einer graphisch-sche-matischen Darstellung der Wertschoumlpfungsfluumlsse ndash das Value Stream Mapping (VSM) ndash nicht nur die wertschoumlpfenden und nichtwertschoumlpfenden Prozessschritte sondern auch die Bearbeitungszeit pro Schritt identifiziert Damit wird ein umfassender Prozessuumlber-blick generiert und der Material- und Informationsfluss eines Produktes sichtbar gemacht

3 Flow etablieren Jegliche nichtwertschoumlpfenden Aktivitaumlten wie Zwischenlagerungen Warteschlangen oder Maschinenruumlstzeiten sind zu vermeiden Das Ziel dieses dritten Lean-Prinzips ist die Reduzierung des bdquoBestandsldquo im Prozess (Work in Process ndash WIP) Nur so kann der Lean-Gedanke ndash ein Fluss ohne Unterbrechung in der Wertschoumlpfung ndash etabliert werden

2

3

1

5

4

Lean-Prinzipien

Wert spezifizieren

Wertstrom identifizieren

Flowetablieren

Pullimplementieren

Vorgehen perfektionieren

Abb 23 Die Prinzipien des Lean Managements

26 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

4 Pull implementieren Dieser Abschnitt beschreibt die korrekte Bedarfsspezifikation ndash den Einklang zwischen Kundennachfrage und Produktangebot Erst wenn der Kunde Bedarf signalisiert bekommt er das was er benoumltig dann wann er es benoumltigt Jeder Prozessschritt im Wertestrom bdquoziehtldquo die Ware von dem vorhergegangenen Prozess-schritt In der Konsequenz bedeutet dies dass wenn ein Prozessschritt stoppt alle nachfolgenden Schritte anhalten

5 Vorgehen perfektionieren Zur Etablierung des Lean-Gedankens im Unternehmen sollten die Aktivitaumlten regelmaumlszligig uumlberpruumlft werden Die Standardisierung der Arbeit vereinfacht dies Ziel ist die Eliminierung von Verschwendung durch kontinuierli-che Verbesserungsinitiativen damit alle Aktivitaumlten wertschoumlpfend fuumlr den Kunden sind Dieser Anspruch manifestiert sich haumlufig in der Anwendung der 5 S (Sortieren Sichtbarmachen Saumlubern Standardisieren Stabilisieren vgl Abschn 33510) ndash grundlegende Instrumente fuumlr eine nachhaltige und kontinuierliche Implementierung des perfekten Wertschoumlpfungsprozesses mit dem perfekten Wert fuumlr den Kunden

Der perfekte Wert wird durch so schnelle reibungslose produktive und konstante Arbeit wie moumlglich charakterisiert Dieser Fluss wird durch die richtige Anwendung der Lean-Werkzeuge und der beschriebenen fuumlnf Prinzipien erreicht Im Ergebnis bringt die Metho-dik das Unternehmen zum Ziel der Perfektion und die Prinzipien sorgen dafuumlr dass es dort bleibt

In den 1990er-Jahren wurde aus dem Toyota Produktionssystem und dem Lean Ma-nagement das Total Quality Management (TQM) abgeleitet ndash bdquoQuality is the most im-portant factor in businessldquo (George 2002 S 15)ndash und damit als Systemziel integriert und langfristig garantiert TQM baut daruumlber hinaus auf die umfangreiche Unterstuumltzung der Mitarbeiter um die Unternehmensziele zu erreichen Durch diese Entwicklung trat die Qualitaumltsbedeutung innerhalb von schlanken Prozessen in den westlichen Unternehmen schlieszliglich in den Vordergrund Auch Toyota begann das TQM unter dem Namen bdquoTotal Quality Controlldquo anzuwenden Zu den wesentlichen Prinzipen der Total-Quality-Manage-ment-Philosophie gehoumlren

bull Die Qualitaumlt orientiert sich am Kunden Der Ausgangspunkt aller Produktionstaumltigkeit ist der Endkunde Das Produkt muss ihm gefallen Es sollte kein qualitativ noch so hochwertiges Gut ohne Marktfaumlhigkeit produziert werden

bull Die Qualitaumlt wird mit Mitarbeitern aller Bereiche und Ebenen erzielt Die Qualitaumlt muss bereits in den Prozessen erreicht werden und nicht durch aufwaumlndige und verschwen-derische Qualitaumltskontrollen am Endprodukt Das Beispiel Porsche hat gezeigt dass dadurch bedeutende Einsparungen moumlglich sind

bull Die Qualitaumlt umfasst mehrere Dimensionen die durch Kriterien operationalisiert wer-den muumlssen Die zu erzielenden Werte muumlssen definiert und die Qualitaumlt muss messbar gemacht werden Es ist bekannt das messbare Ereignisse und Phaumlnomene dem Be-trachter schneller und besser verstaumlndlich werden als nicht messbare

2721 Lean Management

bull Die Qualitaumlt ist kein Ziel sondern ein nie zu Ende gehender Prozess Es gibt keine bdquoendguumlltigeldquo Qualitaumlt und keinen bdquoperfektenldquo Prozess Der perfekte Prozess sollte zwar immer das Ziel sein es muss aber klar sein dass dieser nie erreicht werden kann

bull Die Qualitaumlt bezieht sich nicht nur auf Produkte sondern auch auf Dienstleistungen rund um das Produkt Zu einem qualitativ hochwertigen Produkt gehoumlrt auch ein quali-tativ hochwertiger Service Groszlige Telekommunikationsunternehmen zeigen leider haumlu-fig dass dieser Grundsatz dort nicht woumlrtlich genommen wird Jeder Leser wird schon einmal bei einem der Callcenter angerufen und sich uumlber die schlechte Behandlung und mangelhafte Beratung geaumlrgert haben Die Produkte selbst hingegen sind meistens qualitativ hochwertig

bull Die Qualitaumlt setzt aktives Handeln voraus und muss stets erarbeitet werden Sie entsteht nicht ohne Arbeit Bei der Porsche AG hat es knapp vier Jahre gedauert bis der erste fehlerfreie Porsche Carrera vom Band lief Diesen Qualitaumltsstandard zu erreichen und zu halten ist sehr aufwaumlndig und nicht von heute auf morgen zu schaffen (Vgl Zink 2004 S 187 f)

Ein Lean-Management-Grundsatz besagt bdquoProducing people before producing partsldquo (Toumlpfer 2009 S 139) Es brauchte Zeit bis die westlichen Unternehmensfuumlhrer diese Auf-fassung internalisiert hatten Abb 24 zeigt wie Lean Management in verschiedenen Wirt-schaftszweigen erfolgreich eingesetzt werden konnte Lean Management umfasst nicht nur den integrierten und konsequenten Einsatz von Methoden und Maszlignahmen zur ef-fizienten Gestaltung der Wertschoumlpfungskette sondern stellt neben den Ergebnisgroumlszligen wie Qualitaumlt Kosten und Durchlaufzeit den Mitarbeiter und den Kunden als essenzielle Puzzleteile in den Mittelpunkt der Lean-Management-Philosophie

Schiffsbau

Raumfahrt

Konsumguumlter

High Tech

Industrieprodukte

Autoherstellung Toyota Mode

Medizinische Geraumlte

Upstream EampP

Chemische Industrie

Pharma Industrie

Zellstoff und Papier

Nahrungsmittel- produktion

Hotel- undGaststaumlttengewerbe

Consulting Banking

Fluggesellschaften

Eisenbahn

Versicherungen

Einzelhandelsgeschaumlfte

Schiffsflotte und Wartung

Krankenhaumluser

Anwaltskanzleien

Dienstleistungs- sektor

Verarbeitende Industrie

Produzierendes Gewerbe

Abb 24 Die Entwicklung des Lean Managements (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 65)

28 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

22 Six Sigma

221 Einfuumlhrung

Bei Emirates der Airline aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist es moumlglich die Start- und Landephase aus verschiedenen Kameraperspektiven zu beobachten Die an-gebrachten Kameras lassen erahnen welchen eindrucksvollen Ausblick die Piloten ge-nieszligen duumlrfen Mit einer externen Kamera am Boden des Fliegers wird der Flug aus der Vogelperspektive verfolgt Damit werden in der Regel die Hochgebirgsformationen in Asien ein Blick auf die kuumlnstliche Inselgruppe bdquoThe Worldldquo oder der Landeanflug im Haumluserwald von Satildeo PauloCongonhas zum Highlight ndash was wohl weniger auffaumlllt sind die Reifenspuren der Flugzeuge auf den Landebahnen Es sind unzaumlhlige schwarze Fle-cken und Streifen die beim Aufsetzen des Flugzeuges scheinbar zufaumlllig an den Enden der Landebahnen verteilt sind (vgl Kroslid 2003 S 11 f) Bemerkenswert jedoch ist dass je-dem Piloten immer dieselbe Zielkoordinate kommuniziert wird Jedes Flugzeug versucht exakt auf der gleichen Zielkoordinate aufzusetzen Aufgrund unterschiedlicher Wetterver-haumlltnisse variierender Bordeinstellungen und individueller Bedienung durch den Piloten kommt es zu Abweichungen vom Zielpunkt Wenn man sich an die Beinahe-Katastrophe des Lufthansa-Jets am Hamburger Flughafen aus dem Jahr 2008 erinnert wird ersichtlich wie erheblich die Abweichungen sein koumlnnen Dies hat nicht nur Auswirkungen auf Rei-sende die bei widrigen Wetterverhaumlltnissen eine ungemuumltliche Landung erleben sondern ndash uumlbertragen auf den Wirtschaftsalltag ndash auch fuumlr Unternehmen Six Sigma verfolgt eben-so wie andere Konzepte aus dem strategischen Management das Ziel der operationalen Exzellenz Es unterscheidet sich aber dadurch dass Variation ndash die Abweichung von der Zielkoordinate auf der Landebahn ndash als eine ernst zu nehmende Bedrohung fuumlr das Unter-nehmen betrachtet wird Die Anforderung Variation mit der gleichzeitigen Verbesserung der Durchschnittsleistung zu reduzieren bezeichnete Jack Welch ndash der prominenteste Vir-tuose der Six-Sigma-Methodik ndash als bdquoKrieg gegen Fehlerldquo

222 Von der Messmethode bdquo6σldquo zum Konzept bdquoSix Sigmaldquo

Nehmen wir an dass wir uns im Finale des Ryder Cup ndash des bedeutendsten Golfmann-schaftsturniers der Welt ndash befinden Nach drei Tagen mit etlichen Partien uumlber 18 Loch stehen die letzten Schlaumlge zwischen den Teams aus Europa und den Vereinigten Staaten an Wenn sich die Golfer den letzten und entscheidenden Ball sorgfaumlltig auf das Tee beim Abschlag legen und das mehrere Hundert Meter entfernte 108 cm breite Zielloch mit einem Probeschwung anvisieren ist es mehr als schmerzlich dann das Gruumln am Ende des Fairways zu verfehlen Die jetzt drohenden Schlaumlge beispielsweise aus dem Bunker sind umstaumlndlich und lassen ein Birdie und womoumlglich auch den Gesamtsieg in weite Ferne ruuml-cken Trotz aller Hindernisse auf einem Golfcourse geht das Verfehlen des Loches mit dem ersten Schlag bis zu einem gewissen Maszlig aber in Ordnung Das zulaumlssige Toleranzniveau

2922 Six Sigma

wird durch die Groumlszlige des zu bespielenden Gruumlns ndash des Zielbereichs beim Golf wo der Ball nicht durch die Luft sondern mit dem Putter uumlber den Rasen in Richtung Loch geschlagen wird ndash definiert In diesem Bereich naumlhert sich der Golfer Schlag fuumlr Schlag seinem Ziel

Uumlbersetzt in die Six-Sigma-Sprache bedeutet die Analogie zum Golfsport dass der Flug des Balles ndash vom Abschlag bis zum Einlochen ndash der zu optimierende Prozess im Unternehmen ist Das Einlochen ist demnach ein erfolgreicher Prozess ndash die Kunden-anforderung wurde vollstaumlndig und ohne Fehler erfuumlllt Ein Fehler im Prozess fuumlhrt dazu dass der abgeschlagene Ball nicht direkt im Loch landet Die Kundenerwartung wurde also nicht erreicht ndash so wie der Golfer das Turnier verliert kann auch das Unternehmen einen wichtigen Kunden verlieren Fehler oder Abstriche hinsichtlich der Qualitaumlt toleriert der Kunde nur in einem begrenzten Maszlige welches uumlber die Groumlszlige des Gruumlns definiert ist Six Sigma besitzt den Anspruch die Gruumlnde fuumlr das Verfehlen des Loches zu evaluieren um sie anschlieszligend zu vermeiden Die wesentlichen Maszlignahmen des Six-Sigma-Ansat-zes um dieses Ziel zu erreichen verdeutlicht Abb 25

1 Erstens sollen die Schlaumlge die das Loch nicht auf Anhieb treffen auf dem Gruumln und nicht im Wasser Sand oder auf ungepflegtem Gelaumlnde bdquoplatziertldquo werden ndash das Ziel ist die Reduzierung der moumlglichen Streuung beim Abschlag Fuumlr einen Prozess im Unter-nehmen bedeutet dies dass nur sehr aumlhnliche Fehler auftreten und diese vom Zielwert nicht sonderlich stark abweichen ndash die Realitaumlt sieht haumlufig anders aus

2 Zweitens koumlnnte deswegen eine Erfolgsmaszlignahme getroffen werden indem ein groumlszlige-res Gruumln gewaumlhlt wird ndash der Toleranzbereich fuumlr Fehlschlaumlge oder Fehler im Prozess wuumlrde dadurch erweitert werden Die Grundlage fuumlr die Vergroumlszligerung des Toleranz-bereiches ist die Kundenanforderungen zu kennen Wenn fuumlr den Milchkonsumenten

Alle Schlaumlge auf dem Gruumln

Groumlszligere Flaumlche des Gruumlns

Bessere Technik oder Ausruumlstung

3 Schritte zum Erreichen von 6σ

Six Sigma Philosophie Beispiel Essen

1 Reduzierung der Streuung

2 Vergroumlszligerung des Toleranzbereichs in Uumlbereinstimmung mit Kundenanforderungen

3 Vereinfachung der Komplexitaumlt

Abb 25 Drei Schritte zum Erreichen von Null-Fehler-Qualitaumlt (Quelle Toumlpfer 2007 S 49)

30 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

ausschlieszliglich der Geschmack und nicht die Verpackung zaumlhlt ist es zweitrangig ob das Logo des Herstellers im Herstellungsprozess immer exakt an der gleichen Stelle abgedruckt wird Haumlufig weicht ein Kunde aber nicht freiwillig von seinem Anspruch an ein zufriedenstellendes Produkt ab ndash ebenso schwer gestaltet es sich die Flaumlche des Gruumlns eines Golfplatzes einfach zu vergroumlszligern

3 Drittens bleibt nur eine effektive Verbesserung des Prozesses uumlbrig Ein typischer Six-Sigma-Anspruch ist dabei die Reduzierung von Komplexitaumlt Dies bedeutet dass ent-weder der Prozess oder das eingesetzte Instrument veraumlndert bzw vereinfacht wird Auf dem Golfplatz ist also eine geschicktere Abschlagtechnik oder eine modernere Schlaumlgerausruumlstung Voraussetzung dafuumlr dass die Spielererwartung erfuumlllt wird

Das Kernelement aller Six-Sigma-Projekte ist eine Prozessoptimierung die zum Ziel hat dass nur noch 34 Fehler pro einer Million Fehlermoumlglichkeiten (Defects per Million Op-portunities ndash DPMO) auftreten Dies entspricht einer Qualitaumlt von 999997

In unserem Beispiel wuumlrde dies bedeuten dass das 6σ-Niveau erreicht ist wenn man eine Million Mal den Golfball abschlaumlgt und dabei nur in 34 Faumlllen das Ziel verfehlt ndash also 999997 Mal ein Hole-in-one schlaumlgt Selbst Martin Kaymer der nervenstark dem europaumlischen Team zum prestigetraumlchtigen Titel des Ryder Cup 2012 verhalf wird eine solche Erfolgsquote nicht erreichen koumlnnen Das Leistungsversprechen von Six Sigma wird deutlich

In vielen Faumlllen ndash denken wir beispielsweise an die Produktion von Fallschirmen oder an Dialysegeraumlte aus der Medizintechnik ndash waumlre sogar 99-prozentige Qualitaumlt nicht aus-reichend Diese Erkenntnis fuumlhrte in der industriellen Fertigung zur Entwicklung des Six-Sigma-Ansatzes Abb 26 illustriert die Unterschiede zwischen einer 4σ- und einer 6σ-Qualitaumlt ndash der Durchschnitt der deutschen Industrie liegt bei 38 (vgl Toumlpfer 2009 S 11)

Aus der Abbildung laumlsst sich anhand der Beinahe-Unfaumllle auf europaumlischen Groszligflug-haumlfen schlieszligen dass durch ein effektives Qualitaumltsmanagement nicht die Fehler waumlhrend des Prozesses ndash oder in diesem Fall Fluges ndash behoben werden sollten sondern dass Fehler erst gar nicht gemacht werden duumlrften Bill Smith ein Produktionsingenieur des US-Tech-nologieunternehmens Motorola Inc gelangte 1986 zu dieser Schlussfolgerung nachdem er eine starke Korrelation zwischen der Lebensdauer eines tragbaren Funkempfaumlngers zur Nachrichtenuumlbermittlung ndash des sogenannten Bandit-Pagers ndash und der Haumlufigkeit von Re-paraturen im Produktionsprozess erkannte (vgl Dahm und Haindl 2006 S 81) Motorola konnte durch verbesserte Messungen genauere Datensammlungen und disziplinierte Um-setzung von statistischen Erkenntnissen bis 1990 die Ertraumlge um ca 22 Mrd US-Dollar steigern und gewann durch die verbesserte Qualitaumlt Marktanteile zuruumlck ndash der Grund-stein fuumlr Six Sigma war gelegt In diesem Zusammenhang erhielt das Unternehmen den bdquoMalcolm-Baldridge-Awardldquo ndash einen begehrten Qualitaumltspreis ndash und erreichte bis 1993 ein Prozessniveau von 6σ in vielen Fabriken (vgl Harry und Schroeder 2005 S 17) Ob-wohl dies der Durchbruch der Messmethode 6σ war ndash Unternehmen wie Allied Signal (heute Honeywell) Kodak und IBM eiferten Motorola nach und wendeten Six Sigma hauptsaumlchlich in der Produktion an ndash erreichte Six Sigma erst durch die flaumlchendeckende

3122 Six Sigma

und oumlffentlichkeitswirksame Einfuumlhrung bei General Electric im Jahr 1996 breitere Be-kanntheit Der damalige CEO des US-Konzerns Jack Welch fuumlhrte Six Sigma 1995 im gesamten Unternehmen ein und brachte es als Instrument des Strategischen Managements zur Perfektion (vgl Dahm und Hainl 2011 S 77 Toumlpfer 2009 S 48 f) Um die Methode moumlglichst schnell und nachhaltig im Unternehmen durchzusetzen forderte er dass nur die besten Mitarbeiter mit der Leitung der Six-Sigma-Projekte beauftragt werden Um die Projekte auf houmlchstem Niveau laufen zu lassen und ihre Prioritaumlt innerhalb von GE zu untermauern wurden bis zu 40 der Bonuszahlungen fuumlr die Mitarbeiter an die Er-gebnisse der Six-Sigma-Initiativen gebunden So investierte GE im ersten Jahr 200 Mio US-Dollar in die Schulungen von etwa 30000 Mitarbeitern und schon im selben Jahr wurden Kosteneinsparungen von 170 Mio US-Dollar realisiert (vgl Welch 2003 S 350) Wie in Abb 27 dargestellt erreichte GE letztendlich bilderbuchartige Rekordergebnisse steigerte den Unternehmensgewinn um 3 Mrd US-Dollar und brachte in den Jahren der Six-Sigma-Initiativen ein operatives Wachstum von 15 zustande (vgl Kroslid 2003 S 24 Dahm und Haindl 2011 S 80 Toumlpfer 2009 S 50 f) Wie war dies moumlglich

223 Die Konzeption einer Six-Sigma-Initiative

Der uumlberwiegende Teil des Werkzeugkastens von Six Sigma beinhaltet keine bahnbre-chenden Innovationen ndash erprobte Komponenten aus dem Qualitaumlts- und Projektmanage-ment werden verknuumlpft (vgl Toumlpfer 2009 S 43 f Toumlpfer 2007 S 3) Neu ist dass diese Instrumente nicht isoliert sondern in einem konzeptionellen Ablaufrahmen stringent und konsequent eingesetzt werden und auf das Ziel die praktizierte Null-Fehler-Qualitaumlt aus-gerichtet werden Fuumlr immer mehr Unternehmen schien diese Zielsetzung realistisch so-dass in der Folge viele der Six-Sigma-Begeisterung von GE nacheiferten

(Unsichere) FluglandungenAnzahl der Beinahe-Abstuumlrze aufden groumlszligten Flughaumlfen Europas

Verlorenes GepaumlckAnzahl der verlorenen Gepaumlckstuumlcke weltweit

Postauslieferung Fehllieferungen bei 300000 auszutragenden Briefen

Fernsehen Programmausfall in einer Woche TV Programm (pro Kanal)

25000 pro Monat

6pro Monat

3000 pro Tag

1pro Tag

168 Stunden

18 Sekunden

4 Sigma (993790)

6 Sigma (999997)

Proz

ess

6pro Tag

1pro Jahr

Abb 26 Unterschied zwischen Four und Six Sigma (Quelle In Anlehnung an Pande 2000 S12)

32 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2231 Das Qualitaumltsverstaumlndnis von Six SigmaAbgesehen von der Fehlerreduzierung (Golf-Beispiel) ist die Kundenorientierung ein wei-teres Kernelement um die versprochene Qualitaumltssteigerung durch Six Sigma zu errei-chen GE interpretiert den Anspruch von hervorragender Qualitaumlt im Sinne von Six Sigma anhand der folgenden drei Aspekte (vgl Angermeier 2001 S 3)

1 Ein Fehler ist die Nichterfuumlllung eines Kundenwunsches Das Verfehlen des Loches nach dem Abschlag auf dem Gruumln beschreibt demnach die Verletzung der definierten Spezifikationsgrenze ndash das Unvermoumlgen dem Kunden das Produkt so zu liefern wie er es verlangt Diese Irritation bei dem Kunden verursacht bei allen Beteiligten unnoumltige Kosten ndash im Beispiel laumluft der Golfspieler Gefahr das Preisgeld des Turniers zu ver-lieren Die Eliminierung von Defekten fuumlhrt bei der Implementierung im Unternehmen zu einem finanziellen Benefit

2 Die Eigenschaften die der Kunde als wichtig erachtet sind qualitaumltsentscheidend Dieser zweite Aspekt uumlber den GE den Qualitaumltsanspruch definiert klingt einfach ndash er wird aber grundsaumltzlich unterschaumltzt Die Ausrichtung auf den Kunden ist ein fundamentaler Bestandteil der Six-Sigma-Philosophie Die Fokussierung ist notwendig da auch quali-tativ perfekte Waren und Dienstleistungen nur dann Absatz finden wenn der Kunde sie nachfragt So ist die Ausgangsbasis fuumlr ein Six-Sigma-Projekt die Evaluation der Kun-denanforderungen In der bdquoSix-Sigma-Spracheldquo werden sie als bdquoCritical to Qualityldquo (CtQ) bezeichnet Um CtQs zu determinieren muss die bdquoStimme des Kundenldquo die sogenannte bdquoVoice of the Customerldquo (VoC) erhoben werden (Vgl Dahm und Haindl 2010 S 175 ff)

Ein einfaches Beispiel Ein Gast bestellt ein Bier in einer Bar Ihm sind die Temperatur die Schnelligkeit der Bedienung der Geschmack und der Preis wichtig Diese Kriterien werden hier als CtQs bezeichnet Nicht so wichtig sind ihm das Herkunftsland die Optik des Etiketts und ob sich der Verschluss der Flasche aufdrehen laumlsst oder nicht

Kosten Nutzen

1 Jahr

11

Kosten Nutzen

2 Jahr

12

Kosten Nutzen

3 Jahr

13

Kosten Nutzen

4 Jahr

15

Kosten Nutzen

5 Jahr

16

$200 $380 $450 $500 $600$170

$700$1200

$2500

$3500

$3000

$500

Six Sigma bdquoKostenInvestmentldquo

Six Sigma bdquoProduktivitaumltldquo

Erhoumlhung der Kunden-zufriedenheit z B Preismarge

Angaben in Mio $

Abb 27 Six-Sigma-Ergebnisse bei General Electric (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 81)

3322 Six Sigma

Die CtQ-Faktoren zeigen auf welche Eigenschaften eines Produktes die Kaufentschei-dung eines Kunden maszliggeblich beeinflussen Durch Ergebnisse dieser Art der Marktfor-schung laumlsst sich verhindern dass Unternehmen Komponenten oder Eigenschaften bei einem Produkt anbieten die vom Kunden nicht gewuumlnscht oder nicht benoumltigt werden

Mercedes-Benz entfernte beispielsweise aufgrund solcher Erhebungen 600 Funktionen aus seinen Modellen weil der Kunde sie nicht brauchte oder gar nicht wusste wie er sie verwenden sollte Sie waren also keine entscheidenden Faktoren fuumlr den Kauf eines Fahrzeugs (Vgl Amman 2004 S 16)

Verdeutlichen laumlsst sich die Wichtigkeit der VoC an dem Beispiel des Internetdienst-leisters Yahoo Im Jahr 2000 war Yahoo der Weltmarktfuumlhrer bei Suchmaschinen im Internet Dann begann das Unternehmen den Kunden neben der Suchfunktion diverse andere Dienstleistungen anzubieten beispielsweise eine E-Mail-Funktion Finanz-dienstleistungen Neuigkeiten Entertainment und Celebrity-News Die Kunden waren an diesen Mehrleistungen aber kaum interessiert Dies hatte zur Folge dass 2005 Google die Nummer eins der Suchmaschinen wurde und sie war sogar die Website mit den meisten Klicks uumlberhaupt Unter anderem begruumlndet sich dieser Erfolg darin dass sich Google auf den Wunsch des Kunden ndash die Suchmaschine ndash konzentrierte bdquoWir konzentrieren uns schonungslos auf die Beduumlrfnisse unserer Kunden Und wir bekaumlmp-fen alles was sich dabei in den Weg stelltldquo (Dahm und Haindl 2011 S 87)

3 Fuumlr GE ist die bdquoVariationldquo ndash das was der Kunde sieht und fuumlhlt ndash qualitaumltsentscheidend (vgl auch Abb 28) Ein einfaches Beispiel zur Verdeutlichung

Wird die Zeit erhoben in der ein Hotelgast sein Fruumlhstuumlck auf sein Zimmer geliefert bekommt wird der Durchschnitt der Abweichung der Lieferzeit verwendet So kann sich in einem betrachteten Zeitraum ndash beispielsweise drei Monate ndash eine durchschnitt-liche Abweichung von + 5 min ergeben Dieser Wert mag fuumlr das betreffende Hotel noch im Rahmen liegen Das Management geht davon aus dass die Gaumlste zufrieden sind da in einer Befragung herauskam dass eine Verspaumltung von fuumlnf Minuten von ihnen toleriert wird Betrachtet man nun in Abb 29 die einzelnen Abweichungen der Lieferungen kann man erkennen dass dort einige Werte verzeichnet sind die von dem Gast mit Sicherheit nicht mehr toleriert werden (beispielsweise 25 min zu fruumlh oder 24 min zu spaumlt) Das Management sollte sich also nicht auf die Durchschnittswerte konzentrieren sondern die Abweichung vom Durchschnittswert genauer betrachten Denn dies sind die Werte die der einzelne Gast bzw Kunde erlebt

An diesem Beispiel laumlsst sich erkennen dass die Vermeidung von Fehlern die Erfor-schung der Kundenanforderungen und die Beruumlcksichtigung der Varianz anstelle der Durchschnittswerte eine Grundlage fuumlr unternehmerischen Erfolg darstellen Kein Unter-nehmen kann es sich langfristig leisten an den Wuumlnschen und Beduumlrfnisse seiner Kunden vorbei zu produzieren (Vgl Dahm und Haindl 2011)

34 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Anlieferung Fruumlhstuumlck (in Min) zum gewuumlnschten Termin

Sicht des Hotels

+5

-30 -15 0 +15 +30 +45

Min = -25 Max = +40-15 0 +15 +30 +45

Kundensicht

0-25-7

+15+24

-8+12

-70

+8

-3+2+8+6+9

+16-2

+18+8+5

0+7+6

+10+5

Durchschnitt + 5+6

-10+2

+40

Januar

Februar

Maumlrz

Abb 29 Der Kunde spuumlrt nicht den Qualitaumltsdurchschnitt

Kundenmeinung (VoC)

bdquoIch wuumlnsche mir einen proaktiveren Serviceldquo

Kunden-anliegen

Kunde wuumlnschtregelmaumlszligig vomService angerufenzu werden

Qualitaumlts-kritisch (CTQ)

Service ruft den Kunden viermalim Jahr an

Tatsaumlchliche Aussagenund Kommentare uumlber Eigenschaften eines

ProduktsServices

Erfahrung mit einem ProduktService odereiner Lieferung

Begegnung oder Erfahrung mit einem Geschaumlftsprozess

Die echten Sorgen oder Erwartungen des Kunden ohne Vorurteile

beschreibt in der Regel das primaumlre Anliegen das ein Kunde hinsichtlich eines Produkts oder Services hat

beschreibt die erwuumlnschte Kundenerfahrung rund um dieses Produkt oder diesen Service

Kunde

Schluumlsselkunden

Abb 28 Von der Stimme des Kunden zu qualitaumltskritischen Merkmalen

3522 Six Sigma

2232 Der DMAIC- und DMADV-ZyklusSix Sigma basiert auf rationalen Uumlberlegungen und nutzt die Aussagekraft von statisti-schen Werkzeugen die durch Verwendung entsprechender Softwareprogramme (z B Mi-nitab oder SigmaXL) tiefe Einsichten in die Prozesse ermoumlglichen Bei diesem mathema-tischen Ansatz wird davon ausgegangen dass jeder Prozess als mathematische Funktion beschrieben werden kann

(21)

Hierbei ist y das Prozessergebnis x die Prozesseingangsgroumlszlige(n) und f die Funktion die den mathematischen Zusammenhang beschreibt und damit den Einfluss der Eingangs-groumlszligen auf das Prozessergebnis ε steht fuumlr die nicht durch die Funktion erklaumlrbare Rest-streuung ndash die Abweichung des Flugzeuges von der Zielkoordinate auf der Landebahn

Durch die statistische Ursachenforschung resultiert ein Verstaumlndnis fuumlr den Prozess der es ermoumlglicht mithilfe der Veraumlnderung der Eingangsgroumlszligen vorherzusagen welches Prozessergebnis erzielt wird Durch Varianzmessungen koumlnnen Einflussfaktoren auch in komplexen und intransparenten Prozessen klar identifiziert und dann sehr gezielt mani-puliert werden Somit eroumlffnen sich neue Wege fuumlr effektive und effiziente Loumlsungen zur Prozessoptimierung die sehr oft zu enormen Wertschoumlpfungszuwaumlchsen fuumlhren Entschei-dend hierbei ist dass die Analyse und Loumlsungsentwicklung auf Daten und Fakten beruhen da Six Sigma ein reales Problem in ein statistisch-mathematisches Problem umwandelt Dabei beschraumlnkt man sich nicht wie bei anderen Optimierungsprojekten auf die subjekti-ve Wahrnehmung der Beteiligten Schon so manche gefunden geglaubte Problemursache entpuppte sich nach eingehender Analyse im Rahmen von Projekten als nebensaumlchlich Das Kernproblem ndash und dementsprechend auch die Loumlsung ndash war oft an anderer Stelle zu suchen

Eines der zentralen Werkzeuge innerhalb eines Six-Sigma-Projektes ist der sogenannte DMAIC-Zyklus (Akronym fuumlr Define Measure Analyse Improve und Control) Die-ser stellt das zentrale Six-Sigma-Projektmanagement-Tool dar Die meisten Six-Sigma-Projekte laufen nach diesem Zyklus ab Durch dieses Vorgehen wird sichergestellt dass der zu verbessernde Prozess genauestens definiert analysiert gemessen verbessert und kontrolliert wird Die einzelnen Phasen wie sie in Abb 210 dargestellt sind werden im Folgenden genauer ausgefuumlhrt

y f x oder y f x1 x2 xn = + = +( ) ( )ε εhellip

Define

Was istwichtig

Measure

Wie gutsind wir

Analyze

Was ist falsch

Improve

Was muss getan werden

Control

Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher

Abb 210 Der DMAIC-Zyklus

36 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

1 Define Opportunities (Definieren) In dieser ersten Phase des Zyklus werden die Pro-jektziele und Projektgrenzen definiert und das Projektteam aufgestellt Damit wird die Zielsetzung fuumlr die Optimierung des Prozesses festgeschrieben und uumlberzogene Erwar-tungen an die Prozessverbesserung werden verhindert (vgl Abb 211)

Diesen Definitionen werden die vorher erlaumluterten Critical-to-Quality-Faktoren und alle weiteren Informationen uumlber den Prozess zugrunde gelegt Natuumlrlich muumlssen sich diese Definitionen an den Unternehmenszielen orientieren Ist es beispielsweise die Absicht des Unternehmens die Kostenfuumlhrerschaft in einem Segment zu erreichen muumlssen dem Zyklus andere Ziele zugrunde gelegt werden als wenn das Ziel wie z B bei Montblanc oder Rolex die Qualitaumltsfuumlhrerschaft waumlre

2 Measure Performance (Messen) In dieser zweiten Phase wird die Grundlage fuumlr die Prozessverbesserung geschaffen Nachdem das Problem definiert ist werden die kriti-schen Messkriterien identifiziert und die dafuumlr relevanten Daten ermittelt Dabei sollten moumlglichst viele und genaue Informationen uumlber den Prozess erlangt werden Genutzt werden dafuumlr Instrumente wie Ertragsberechnungen und Stichprobenauswertungen So werden die Ursachen der Probleme faktenbasiert und genau bestimmt Entscheidend in dieser Phase ist die Qualitaumlt der Daten Es wird genauestens darauf geachtet dass ndash aus der Unmenge an moumlglichen Daten ndash die richtigen erhoben und dokumentiert werden Diese Daten geben einen genauen Uumlberblick uumlber die Vorgaumlnge in dem Prozess (vgl Abb 212)

Das Ergebnis dieser Phase ist die Datengrundlage fuumlr die folgenden Prozessverbesse-rungen Damit wird hier der Referenzwert ermittelt um spaumlter die erreichten Prozess-verbesserungen bewerten zu koumlnnen

3 Analyse Opportunity (Analysieren) In dieser Phase werden die in der Measure-Phase erhobenen Daten aufbereitet und strukturiert Hierfuumlr werden im Allgemeinen verschiedene mathematisch-statistische Methoden angewendet beispielsweise die

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

das Optimierungspotenzial identifizieren undoder uumlberpruumlfen

kritische Kundenanforderungen definierenProjektteam einarbeiten

Hauptaktivitaumlten

Business Opportunity pruumlfenidentifizierenProzesse identifizieren und darstellenChancen auf kurzfristige Verbesserungen

(bdquoquick winsldquo) identifizieren und den Prozess dahingehend optimieren

VoC in CtQs umsetzenTeam-Guidelines und Grundregeln

erarbeiten

Abb 211 Die Define-Phase

3722 Six Sigma

Varianz-2 oder die Regressionsanalyse3 Anwendung finden auch die Wertstromanalyse und die Pareto-Analyse welche die primaumlren Fehlerquellen eines Prozesses deutlich machen Durch diese Analysen sollen die Probleme des Prozesses identifiziert werden Als wichtigste Ergebnisse dieser Phase sind die Verifizierung Validierung und Quanti-fizierung der Ursachen fuumlr die Prozessschwaumlchen zu nennen (vgl Abb 213)

2 Durch die Durchfuumlhrung einer Varianzanalyse lassen sich die Gesetzmaumlszligigkeiten hinter den Daten feststellen3 Durch die Durchfuumlhrung der Regressionsanalyse laumlsst sich der Ursache-Wirkungszusammenhang ermitteln

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

Messkriterien identifizieren die notwendig sind um den Erfolg bei der Erfuumlllung kritischer Kundenanforderungen zu beurteilen Methode erarbeiten effizient Daten fuumlr die Messung der Prozessleistung sammelndie Elemente der Six-Sigma-Berechnung verstehen und einen Ausgangswert fuumlr die vom Team analysierten Prozesse berechnen

Hauptaktivitaumlten

Input- Prozess- und Output-Indikatoren identifizierenGeschaumlftsablaumlufe definieren und einen Maszlignahmenkatalog erstellenDaten zusammenstellen und analysierenSigma-Leistung ermittelnweitere Ausgangsleistungswerte zusammenstellen

Abb 212 Die Measure-Phase

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

die Grundursachen fuumlr das Problemidentifizieren und daraufhin uumlberpruumlfenob deren Behebung das Problem desProzesses loumlst

Hauptaktivitaumlten

Prozess stratifizierenDaten stratifizieren und das spezifische Problem identifizierenProblembeschreibung erarbeitenGrundursachen identifizierenAnalyseverfahren zur Uumlberpruumlfung der Grundursachen entwickelnGrundursachen uumlberpruumlfenKreativitaumlt im Team foumlrdern und bdquoHerdendenkenldquo verhindern

Abb 213 Die Analyse-Phase

38 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

4 Improve Performance (Verbessern) Aus den erhobenen und strukturierten Daten ihrer Aufbereitung und Verifikation wird eine Loumlsung fuumlr die vorhandenen Probleme entwickelt Oftmals kommen bei dieser Entwicklung Kreativitaumltstechniken zum Ein-satz (vgl Abb 214)

In dieser Phase ist es entscheidend dass keine Loumlsungsmoumlglichkeiten auszliger Acht gelas-sen werden Gerade zu Beginn der Loumlsungsentwicklung sollten bdquodie normalenldquo Pfade der Prozessverbesserung verlassen werden Hier ist Kreativitaumlt und auch haumlufig Quer-denkertum gefragt Die wichtigsten Ergebnisse dieser Phase sind Loumlsungsansaumltze fuumlr die Prozessschwaumlchen sowie genaue Beschreibungen und Dokumentationen der einzel-nen Prozessschritte Auszligerdem werden die Risiken der Loumlsungsansaumltze beurteilt und ein Ablaufplan des weiteren Vorgehens erarbeitet

5 Control Performance (Pruumlfen) In dieser letzten Phase werden die implementier-ten Verbesserungen verifiziert An dem modifizierten Prozess wird uumlberpruumlft ob die Verbesserungen die erwarteten Wirkungen zeigen In dieser Phase wird ebenfalls eine Nachkalkulation durchgefuumlhrt Im Allgemeinen werden dabei die Kosteneinsparungen durch die Prozessmodifizierungen mithilfe eines Vorher-Nachher-Vergleiches ermittelt Beispielsweise wird dabei der Ausschuss vor und nach Durchfuumlhrung des DMAIC-Zyklus verglichen Nach einem erfolgreichen Projektabschluss werden die Ergebnisse und Erkenntnisse im gesamten Unternehmen kommuniziert So koumlnnen diese auch in anderen Projekten genutzt werden (vgl Abb 215)

Laumlsst sich ein Prozess nicht effektiv modifizieren dann muss der gesamte Prozess neu ge-staltet werden Fuumlr dieses Re-Design kommt eine abgewandelte Form des DMAIC-Zyklus zum Einsatz der DMADV-Zyklus (Akronym fuumlr Define Measure Analyse Design und Verify) In diesem Fall wird der Prozess durch ein optimales Six Sigma gemaumlszliges Design gaumlnzlich neu auf den Kunden ausgerichtet Die einzelnen Schritte des DMADV-Zyklus werden in Abb 216 zusammenfassend dargestellt

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

Loumlsungen fuumlr die Optimierung identifizieren beurteilen und auswaumlhlen

einen Ansatz fuumlr das Aumlnderungsmanage-ment entwickeln der das Unternehmen dabeiunterstuumltzt sich an die aus der Implementie-rung der Loumlsungen resultierenden Veraumlnde-rungen zu gewoumlhnen

Hauptaktivitaumlten

Loumlsungsvorschlaumlge entwickelnAuswirkungen der Loumlsung

bestimmenNutzen ermitteln Loumlsungen beurteilen und auswaumlhlenProzessbeschreibungen erstellenAblaufplan erstellen und praumlsentieren

Abb 214 Die Improve-Phase

3922 Six Sigma

1 Define (Definieren) Diese Phase bleibt wie im DMAIC-Zyklus Die Projektziele und Projektgrenzen werden definiert und das Projektteam aufgestellt Damit wird die Ziel-setzung fuumlr die Optimierung des Prozesses definiert und uumlberzogene Erwartungen an die Prozessverbesserung werden verhindert

DefineOpportunities

MeasurePerformance

AnalyzeOpportunity

ImprovePerformance

ControlPerformance

Zielsetzung

verstehen wie neue Erkenntnisse weiter-gegeben wiederholbare und standardisier-bare Moumlglichkeiten und Prozesse erkannt und entsprechende Plaumlne ausgearbeitet werden koumlnnen

Hauptaktivitaumlten

Pilotplan amp Pilotloumlsung ausarbeitenuumlberpruumlfen ob weitere Loumlsungen notwendig sind um das Ziel zu erreichenwiederholbare und standardisierbare Loumlsungsmoumlglichkeiten entwickelnLoumlsungen in die taumlglichenArbeitsablaumlufe integrierendie naumlchsten Schritte des Teams festlegen

Abb 215 Die Control-Phase

Define

Measure

Analyze

Design

Verify

ZielAumlnderungs-vision definieren

Umfang und Kunden-anforderungen klaumlren

Leistung bezuumlglich der Anforderungen messen

Daten uumlber die Prozessqualitaumlt sammeln

ProblemeProzessepruumlfen

bdquoBest Practicesldquo identifizieren Prozessdesign bewerten Anforderungen verfeinern

neue Prozesseentwerfen

neue ProzesseStrukturen undSystemeimplementieren

Messungen zur Aufrechterhaltung der Leistung einrichten

noch bestehende Probleme ndashsoweit notwendig ndash korrigieren

neues Designimplementieren

Abb 216 Der DMADV-Zyklus (Quelle In Anlehnung an Pande et al 2000 S 51)

40 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2 Measure (Messen) Der zweite Schritt unterscheidet sich von dem im DMAIC-Zyklus insofern als die Messungen genauestens mit den Erwartungen der Kunden abgeglichen werden muumlssen Der gesamte Prozess wird nach den Anforderungen gestaltet

3 Analyse (Analysieren) Genauso wie im DMAIC-Zyklus werden hier die Daten ana-lysiert und interpretiert Aus diesen Daten werden mehrere Ansaumltze fuumlr ein neues Pro-zesskonzept erarbeitet Die Vorschlaumlge dazu kommen vor allem durch die zukuumlnftigen Kunden aber auch durch die Prozessbeteiligten

4 Design (Entwickeln) Hier werden die in der Analysephase erarbeiteten Konzepte ein-ander gegenuumlbergestellt und anhand der in der Define-Phase definierten Parameter wird das optimale Prozessdesign ausgewaumlhlt Um die Robustheit der neuen Prozesse gegen-uumlber Schwankungen zu uumlberpruumlfen bietet sich beispielsweise das Design-of-Experien-ce-Verfahren4 an

5 Verify (Uumlberpruumlfen) In diesem letzten Schritt werden die Ergebnisse des neuen Prozesses uumlberpruumlft und damit das neue Design verifiziert Sind die Ergebnisse nicht zufriedenstellend muss der Zyklus erneut durchgefuumlhrt werden

2233 Die Six-Sigma-InfrastrukturDie Auseinandersetzung mit Six Sigma beruumlhrt unweigerlich die Unternehmenskultur Damit dies gelingt muumlssen alle Projektmitarbeiter die Reichweite der Initiative verstehen Demnach ist fuumlr die Implementierung eine klare Definition der Rollen und Verantwort-lichkeiten entscheidend (Vgl George 2007 S 84) Die praktische Anwendung orien-tiert sich an dem Guumlrtelsystem der asiatischen Kampfsportart Karate (vgl George 2007 S 72 ff Toumlpfer 2009 S 288 ff) Erstmals angewendet wurde das Guumlrtelsystem von Six-Sigma-Pionier Mikel Harry im Rahmen eines Projektes bei der Unisys Corporation Ende der 1980er-Jahre in Salt Lake City (vgl Harry und Schroeder 2000 S 201) Grund-saumltzlich muumlssen sechs Hauptaufgaben durch die Projektmitarbeiter erfuumlllt werden (vgl Hagen 2004 S 233 ff)

1 Konzeption und Steuerung der Initiative2 Training und Anwendung der Methoden3 Definition und Durchfuumlhrung der Projekte4 prozessspezifische und fachliche Projektunterstuumltzung5 Umsetzung der Analyseergebnisse in den Projekten6 Umsetzung der Projektergebnisse in Folgeprojekten

Die Erfuumlllung dieser Aufgaben wird durch die verschiedenen Six-Sigma-Rollen gewaumlhr-leistet Der Initiator Mentor und Verantwortliche der Six-Sigma-Initiative ist der Cham-

4 Verfahren in denen Konzepte durch Versuche in der Realitaumlt uumlberpruumlft werden Will man bei-spielsweise die Schwankungen der Gespraumlchsqualitaumlt in einem Mobilfunknetz beheben uumlberpruumlft man die reale Uumlbertragungsqualitaumlt an verschiedenen Orten wie Autobahnen Straszligen aber auch in U-Bahn-Tunneln So ist es moumlglich die Wirksamkeit eines neuen Produktes oder Prozesses in der Realitaumlt zu uumlberpruumlfen bevor der Prozess endguumlltig eingefuumlhrt wird

4122 Six Sigma

pion bdquoMaster Black Beltsldquo (MBB ndash Six-Sigma-Experte) und bdquoBlack Beltsldquo (BB ndash hohe Fachkompetenz) sind von anderen Taumltigkeiten im Unternehmen freigestellt und agieren als Trainer und Ausbilder (MBB) bzw als Projektmanager (BB) Der bdquoGreen Beltldquo (GB ndash fachlich versiert) zu ca 40 fuumlr die Initiative freigestellt ist als Leiter von kleineren Six-Sigma-Projekten aktiv und geht danach wieder seinen Linientaumltigkeiten nach Als bdquoYellow Beltldquo (YB ndash Fachmann) werden Teammitglieder bezeichnet die an Basisschulungen in Six Sigma teilgenommen haben aber nur zu ca 20 fuumlr anfallende Aufgaben freigestellt werden Erfahrungsgemaumlszlig muumlssen etwa 05 der Belegschaft zu MBB 1 bis 2 zu BB und jeweils 2 bis 5 zu GB und YB geschult werden um die Methodik erfolgreich zu implementieren (vgl Toumlpfer 2007 S 241 ff) Das Projektteam laumlsst sich in drei Ober-gruppen unterteilen (vgl auch Abb 217)

1 Die Teammitglieder Diese erledigen die dem Team gestellten Aufgaben fristgerecht und erarbeiten Loumlsungen zu Projektaufgaben sowohl innerhalb von Teammeetings als auch auszligerhalb Dafuumlr stellen sie dem Team ihr Wissen und ihre Erfahrungen zur Ver-fuumlgung Ebenfalls sollen sie sicherstellen dass ihre Vorgesetzten immer uumlber ihre Auf-gaben innerhalb der Projektarbeit informiert sind

Sponsor

VorstandBereichs-bzw Geschaumlfts-leitung

stellt die erforder-lichen Programm- Ressourcen zur Verfuumlgung

verfolgt denProgrammfortschritt

Champion

Auftraggeber eines Lean-Sigma-Projektes (Projektsponsor)

Mitglied der Geschaumlfts- Bereichsleitung

stellt die erforder-lichen Ressourcen zur Verfuumlgung

verfolgt denProjektfortschritt

Programmleiter

operative Fuumlhrung des Programms und Leitung des Programm-Offices

Unterstuumltzung der Projekte durch Lean-Sigma-Expertise Programm- undVeraumlnderungs-management

Controller

beurteilt Lean-Sigma-Projekte finanziell

betreut aus Controllingsicht Projektdefinition und -durchfuumlhrung

Process Owner

verantwortet den Prozess

uumlbernimmt denverbesserten Prozess

Teammitglied

Master Black Belt

Mentor eines Black Belts oder Green Belts

fuumlhrt Trainings durch

betreut die Projekte agiert als Coach

fuumlr die Projekt-mitglieder

Black Belt

leitet ein Lean-Sigma-Projekt

ist Vollzeit fuumlr diese Aufgabe abgestellt

verantwortet Projektplanung und -durchfuumlhrung

Green Belt

leitet kleinere Lean-Sigma-Projekte

arbeitet in Lean-Sigma-Projekten mit

ist zu etwa 40 fuumlr diese Aufgabe freigestellt

Yellow Belt

arbeitet als Kernteammitglied in Lean-Sigma-Projekten mit

ist zu mindestens 20 fuumlr diese Aufgabe freigestellt

Abb 217 Die Ausbildungsstruktur von Six Sigma

42 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2 Die Black Belts und Green Belts Diese arbeiten mit dem Team und unterstuumltzen es mit ihrem Fachwissen und ihrer Expertise Dabei fungieren sie haumlufig als Moderator und koordinieren die Teamaktivitaumlten inklusive deren Plaumlne und Ziele Sie tragen als Projektleiter die Verantwortung fuumlr die Dokumentation der Ergebnisse und der Erfolge des Teams Des Weiteren organisieren sie die Teamarbeit und die Meetings Letztend-lich stellen die Black und Green Belts die Qualitaumlt der Arbeit sicher repraumlsentieren das Team der Organisation gegenuumlber und fungieren als Teamsprecher wenn noumltig unterstuumltzt vom Champion Nach Projektabschluss unterstuumltzen sie den Process Owner dabei dass die Prozessverbesserungen vollstaumlndig umgesetzt und fortlaufender Nutzen generiert wird

3 Die Master Black Belts Diese stellen den Black und Green Belts ihre technische sowie statistische Expertise zur Verfuumlgung Sie unterstuumltzen die Teams mit ihrem Fach-wissen in Prozessverbesserungsmethoden und konzeptionellem Know-how Sie bilden die Black und Green Belts aus und bieten ihnen individuelle Unterstuumltzung Des Weite-ren beraten sie den Champion um Barrieren innerhalb des Projektes zu beseitigen

In der Medizintechnik z B bei lebenserhaltenden Geraumlten im Flugzeugbau oder beim Bau von Kernkraftwerken ist eine Null-Fehler-Qualitaumlt zwingend erforderlich Aber auch immer mehr Unternehmen der Automobil- und Zulieferindustrie oder andere wie z B Compaq AmericanExpress Nokia Philips oder 3M haben erkannt dass Six Sigma aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine sinnvolle und nachvollziehbare Zielsetzung und Strategie ist Ohne eine professionelle Qualitaumltssicherung gehen erhebliche Chan-cen zur Steigerung des Jahresuumlberschusses verloren Die methodische Orientierung von Six Sigma nutzt viele positive Aspekte anderer Ansaumltze zur Qualitaumlts- bzw Prozessver-besserung Die klare Ausrichtung auf den Kunden und die kontinuierliche Erhebung von Zahlen Daten und Fakten anhand von bewaumlhrten Methoden gelten als Alleinstellungs-merkmal Das Freistellen qualifizierter personeller Ressourcen aus den Linientaumltigkeiten deren fachspezifische Ausbildung und ihr loumlsungsorientierter Einsatz in den Six-Sigma-Projekten sind die Ingredienzen die gemeinsam mit einer kraftvollen Umsetzungsorga-nisation einen bdquoTurboeffektldquo ermoumlglichen ndash dies ist der eigentliche Erfolgsfaktor (Vgl Angermeier 2002 S 2)

Beispiel bdquoProcess Xcellenceldquo bei der European Transaction Bank

Im Maumlrz 2004 uumlbertrug die Deutsche Bank AG 51 der European Transaction Bank GmbH (ETB) ndash einer Tochtergesellschaft die den Groszligteil des Effektenhandels der Frankfurter abwickelte ndash an den britischen Auslagerungsspezialisten Xchanging der so die operative Kontrolle bei dem 800 Mann starken Transaktionsspezialisten uumlber-nahm (vgl Ruggier et al 2006 S 114 ff) Es handelte sich nicht um einen Verkauf da das britische Outsource-Unternehmen fuumlr die Mehrheitsuumlbernahme im Gegenzug knapp 40 Mio euro in eine Weiterentwicklung der ETB hinsichtlich Effizienz und niedri-gerer Transaktionskosten investierte Neben neuen Technologien betraf dies auch nach Deutschland entsandte Spezialisten aus den Bereichen Personal und Prozessoptimie-

4322 Six Sigma

rung ndash Xchanging verfuumlgte seit der Gruumlndung 1999 uumlber eine ausgepraumlgte Six-Sigma-Expertise Unter dem Titel bdquoProcess Xcellenceldquo ist Six Sigma eine der sieben Kompe-tenzen die Xchanging als die DNA des Unternehmens bezeichnet (vgl Ruggier et al 2006 S 117) Six Sigma wird dabei als umfassendes Konzept radikaler Verbesserung verstanden welches jeden Geschaumlftsprozess betrifft

Im Rahmen der Mehrheitsuumlbernahme durch Xchanging wurde Six Sigma als lang-fristiger Teil der Strategie auch bei der ETB implementiert Ziel war es die Kosten durch Straffung und Optimierung der Prozesse zu senken Um eine erfolgreiche Im-plementierung bei der ETB sicherzustellen stellte Xchanging drei seiner erfahrensten Master Black Belts zur Verfuumlgung Fuumlr das erste Jahr der Initiative wurden folgende Erwartungen formuliertbull Verbesserung des Kundenservicebull Uumlberschuss von 5 Mio euro undbull Aufbau einer internen bdquoSix-Sigma-Prozessverbesserungseinheitldquo mit 15 Black Belts

(ca 19 der ETB-Mitarbeiter) sechs Black Belts bei der Deutschen Bank sowie zehn Green Belts und zwei Master Black Belts

Als erste Maszlignahme wurden die passenden Kandidaten fuumlr die Rollen des Champions und der Black Belts ausgewaumlhlt und es wurde mit den Schulungen begonnen Diese Black Belts wurden zunaumlchst fuumlr 18 Monate von ihren sonstigen Taumltigkeiten freigestellt

Fuumlr die Auswahl der ersten Projekte wurden bdquoIndustry Mapsldquo5 erstellt und die Voice of the Customer erhoben Auswahlkriterien fuumlr die Projekte waren das Potenzial zur Erhoumlhung der Kundenzufriedenheit das Einsparpotenzial und das Potenzial der Fehler-reduktion (Vgl Faulhaber und Ruggier 2005)

Zu diesem fruumlhen Zeitpunkt standen die Mitarbeiter der ETB noch unter dem Ein-druck des Inhaberwechsels und nun waren sie zusaumltzlich durch Six Sigma einer weite-ren tiefgreifenden Neuerung ausgesetzt Viele der Mitarbeiter waren verunsichert und lehnten Six Sigma zunaumlchst ab

Xchanging setzte zur Loumlsung auf eine verstaumlrkte Kommunikation und schnelle erste Projekterfolge Dafuumlr wurden die ersten Six-Sigma-Projekte bereits im Juni 2004 mit den frisch ausgebildeten Black und Green Belts gestartet Als eines der ersten Pilot-projekte wurde die Verbesserung der Prozesse im Tax Process Department der ETB ausgewaumlhlt (vgl Ruggier 2006 S 203)

Diese Abteilung bot den Kunden ein vielfaumlltiges Angebot darunter die Abwicklung der Ruumlckforderungen durch Doppelbesteuerungsabkommen Steuerberatung und bdquoRekla-mationldquo von unkorrekten Steuerbescheiden Bei diesen Prozessen sah das Management einen hohen Verbesserungsbedarf und waumlhlte den Schweizer Markt als Pilotmarkt aus

5 Dieses Verfahren setzt die Schluumlsselprozesse eines Unternehmens in eine logische Reihenfolge und beachtet dabei alle relevanten Prozesse auch bei Kunden und Lieferanten Dabei entstehen Verbindungen und Verflechtungen innerhalb einer Industrie oder auch eines Geschaumlftsbereiches in Diagrammform

44 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Ein abgewandelter DMAIC-Zyklus unter dem Titel bdquoCMADIS-Methodologieldquo (vgl Faulhaber und Ruggier 2005 S 23) wurde angewendet1 Contract Hier wird das Problem definiert und eine Zielsetzung ausgegeben Die

Durchlaufzeiten der Auftraumlge sollten um 50 reduziert und Einsparungen von 80000 euro realisiert werden

2 Measure Schluumlsselmitarbeiter aus allen in diese Prozesse involvierten Bereichen werden zu Mitgliedern des Projektteams In diesem Schritt erfolgt eine genaue Mes-sung des Ist-Zustandes Im betrachteten Projekt wurde dies beispielsweise durch detaillierte Pareto- und Fischgraumlten-Diagramme erreicht

3 Analyse Im dritten Schritt werden die erhobenen Daten analysiert Im Pilotprojekt wurde erkannt dass die groumlszligten Probleme in den Bearbeitungszeiten der Steuer-unterlagen auftraten Das lag unter anderem daran dass viele der IT-Programme nicht kompatibel waren und dadurch viele Daten mehrfach manuell eingepflegt wer-den mussten

4 Develop In dieser Phase werden Moumlglichkeiten fuumlr Prozessverbesserungen entwi-ckelt In diesem Fall sollten die IT-Systeme kompatibel verknuumlpft werden

5 Implement In dieser Phase werden die entwickelten Loumlsungsansaumltze in die Prozesse implementiert Im Pilotprojekt konnten die Prozessschritte von 90 auf 38 (ca 60 ) die Durchlaufzeit um 60 und die Prozesskosten ebenfalls um 60 reduziert werden Die gesamten Einsparungen beliefen sich auf 400000 euro pro Jahr (Vgl Ruggier 2006 S 206) Damit wurde die Zielsetzung von 80000 euro um das Fuumlnffache uumlbertroffen

6 Sustain In diesem Schritt wird sichergestellt dass die Prozessinnovationen nach-haltig angewendet und weiterentwickelt werden

Es laumlsst sich erkennen dass dieser CMADIS-Zyklus eng an den DMAIC-Zyklus an-gelehnt ist Die einzige bdquoechteldquo Neuerung ist die Einfuumlhrung des Schrittes bdquoSustainldquo Zwar fordert auch der DMAIC-Zyklus eine weitere kontinuierliche Verbesserung des Prozesses aber bei der ETB wurde die Wichtigkeit dieses Aspektes explizit in einem separaten Schritt des Zyklus festgehalten

Nach dem Erfolg dieses Pilotprojektes konnte die anfaumlngliche Skepsis der Beleg-schaft nach und nach ausgeraumlumt werden Die ETB institutionalisierte Six Sigma im Unternehmen u a durch eigene Zertifizierungsfeiern und einen Intranetauftritt Durch Berichte in Tageszeitungen wurde die Initiative nach auszligen kommuniziert Im Jahr 2005 wurde der Break-even-Point der Six-Sigma-Initiative bei der ETB erreicht Es wurden uumlber 70 Six-Sigma-Projekte erfolgreich durchgefuumlhrt Im Jahr 2004 belief sich der gesamte Ertrag aus Six Sigma auf 3 Mio euro und 2005 bereits auf 68 Mio euro Ent-scheidend fuumlr diesen Erfolg waren nach ETB Black Belt Werner Schulz das absolute Commitment des Topmanagements und die Auswahl der richtigen Master Black Belts und Black Belts (Vgl Ruggier 2006 S 206)

Heute buumlndelt Xchanging die Erfahrungswerte mit bdquoProcess Xcellenceldquo6 aus dem eigenen Unternehmen in einem Beratungsangebot Die Beratungsleistung wird Kunden

6 Im Sprachgebrauch dieses Buches entspricht bdquoProcess Xcellenceldquo dem Terminus bdquoOperational Excellence

4523 Lean (Six) Sigma

im Rahmen von Kostensenkungs- und Serviceverbesserungsinitiativen bei Restruk-turierungen Akquisitionen und bei Vorbereitungen von Outsource-Aktivitaumlten ange-boten Interessant dabei ist dass sich die Methodik die hinter bdquoProcess Xcellenceldquo steht in den letzten Jahren von Six Sigma zu Lean Six Sigma weiterentwickelt hat Derzeit beschaumlftigt das Unternehmen uumlber 100 LeanSigmaBlackBelts 10 der 8000 Mitarbeiter sind als GB ausgebildet und es wurden im Bankensektor mittlerweile uumlber 155 Projekte erfolgreich abgeschlossen

23 Lean (Six) Sigma

231 Einfuumlhrung

Zur weiteren Erlaumluterung der Synthese aus Six Sigma und Lean Management soll im Bild des Golfturniers geblieben werden Der Flug des Balles ndash vom Abschlag bis zum Einlo-chen auf dem Gruumln am Ende des Fairways ndash illustriert den zu optimierenden Prozess im Unternehmen Das Einlochen ist demnach ein erfolgreicher Prozess ndash die Kundenanforde-rung wurde vollstaumlndig und ohne Fehler erfuumlllt Alles andere was das zuumlgige Erfuumlllen die-ser Kundenanforderung nicht unterstuumltzt gilt es im Sinne der Synthese Lean (Six) Sigma zu eliminieren respektive zu verbessern

Six Sigma optimiert wie bereits beschrieben die Qualitaumlt des Abschlags indem an einer geschickteren Abschlagtechnik gearbeitet oder in eine moderne Schlaumlgerausruumlstung in-vestiert wird Ferner koumlnnte uumlber die Evaluation der tatsaumlchlichen Kundenanforderungen durch die Uumlbersetzung der Voice of the Customer in Critical-to-Quality-Faktoren die Grouml-szlige des Zielbereiches ndash das Gruumln ndash veraumlndert werden Lean Management weist zusaumltzlich anschlussfaumlhige Ansaumltze auf um die relevanten Arten von Verschwendung aus Abb 22 in diesem Kontext zu vermeiden sodass der Golfspieler schneller an sein Ziel kommt So sollte der Golfspieler nicht unnoumltig fruumlh beim Wettbewerb erscheinen (Wartezeit redu-zieren) die richtigen Golfschlaumlger im Gepaumlck dabei haben um nicht wieder zuruumlck zum Hotel fahren zu muumlssen (unnoumltiger Transport) oder zwischendurch keine kraftraubenden Aufwaumlrmuumlbungen machen damit er die Konzentration beihaumllt (Bewegung ohne Mehr-wert) Ebenso wenig wertschoumlpfend ist es das Loch mehrfach zu treffen (Uumlberproduk-tion vermeiden) oder das theoretische Wissen z B bei Regelaumlnderungen nicht aktuell zu halten (intellektuelle Ressource nutzen) Deutlich wird dass sich Six Sigma und Lean Management in diesem Bild zu einem ganzheitlichen Ansatz ergaumlnzen wodurch die Spiel-staumlrke verbessert werden kann und womoumlglich die Erfolgswahrscheinlichkeit fuumlr einen Turniersieg steigt Doch zuruumlck zum Thema denn nicht nur der Golfer sondern auch Organisationen die Lean Sigma implementieren koumlnnen von erhoumlhter Wettbewerbsfaumlhig-keit profitieren

Auf der einen Seite steht mit Lean Management ein eher philosophischer Ansatz mit fernoumlstlichen Wurzeln zur Verschwendungsvermeidung Auf der anderen Seite steht mit Six Sigma ein quantitatives Konzept zur Qualitaumltsverbesserung Vor allen Dingen sind es

46 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

zwei der populaumlrsten Ansaumltze des Strategischen Managements und der Unternehmens-fuumlhrung der letzten Jahrzehnte Auf den Punkt gebracht Durch eine Synthese koumlnnen die Konzepte voneinander profitieren Durch Six Sigma wird die Qualitaumlt der Prozesse erhoumlht und durch Lean Management ihre Geschwindigkeit

232 Das methodische Grundgeruumlst

Lean Management und Six Sigma verfolgen unterschiedliche Ziele Lean Management zielt auf eine Erhoumlhung der Prozessgeschwindigkeit und eine Reduktion der Verschwen-dung ab wohingegen Six Sigma eine Verbesserung der Qualitaumlt von Produkten und Pro-zessen erreichen will ndash Stichwort bdquoNull-Fehler-Qualitaumltldquo

Eine wichtige Gemeinsamkeit der beiden Konzepte ist die Fokussierung auf den Kun-den Die Basis dafuumlr bildet bei Six Sigma die VoC-Analyse mit den abgeleiteten CtQs Der Lean-Management-Ansatz orientiert sich ebenfalls an den Kunden Jedoch ist eine exakte Erfassung der Kundenanforderungen wie bei Six Sigma nicht moumlglich Eine wei-tere Gemeinsamkeit ist die Projektorientierung wohingegen sich der Grad der Projekt-orientierung in den Konzepten unterscheidet Die Projekte bei Six Sigma werden auf Basis eines festgelegten Ablaufs (Standardisierung durch den DMAIC-Zyklus) durchgefuumlhrt Dagegen ist der Grad der Projektorientierung beim Lean Management geringer da die ein-zelnen Schritte nicht genau festgelegt werden Ferner decken sich die erlaumluterten Arbeits-prinzipien des Lean Managements in vielen Teilen mit der Philosophie hinter Six Sigma Auch Six-Sigma-Projekte werden stets in Teamarbeit durchgefuumlhrt und nur durch gute Zusammenarbeit aller Mitglieder der Projektteams und der Stakeholder koumlnnen gute Er-gebnisse erreicht werden

Ein wichtiger Unterschied der beiden Konzepte besteht in den Rollen der Mitarbeiter Im Six-Sigma-Ansatz gibt es eine Belt-Hierarchie und somit existieren klar definierte Rol-len mit definierten Aufgaben Dennoch arbeitet nur ein Teil der Mitarbeiter des Unterneh-mens die durch Trainingsmaszlignahmen ausgebildet werden in Six-Sigma-Projekten mit Dagegen existiert beim Lean Management keine so klare Organisation alle Mitarbeiter haben die Aufgabe die Verschwendung in den Prozessen im Unternehmen zu reduzie-ren Als weiterer Unterschied ist die exakte Analyse der Problemursachen die bei Six Sigma einen Schwerpunkt bildet zu nennen Somit lassen sich schwierige und komplexe Sachverhalte loumlsen wobei man auf viele Werkzeuge insbesondere statistische Auswer-tungstools zuruumlckgreifen kann Hingegen richtet sich das Lean Management staumlrker auf die Loumlsungsfindung aus Die Komplexitaumlt der Prozesse soll verringert werden Weitere Unterschiede sind die Projektgroumlszlige und der Durchfuumlhrungsaufwand denn diese sind bei Six-Sigma-Projekten deutlich houmlher als beim Lean Management Ein Six-Sigma-Projekt dauert drei bis sechs Monate und benoumltigt gut in der Methodik ausgebildete Mitarbeiter solides Know-how und viele Ressourcen

In vielen Bereichen gehen beide Ansaumltze also von den gleichen Grundvoraussetzungen aus wodurch sie fuumlr eine gemeinsame Anwendung praumldestiniert sind Die Vorteile der ge-

4723 Lean (Six) Sigma

meinsamen Anwendung liegen auf der Hand Six Sigma bietet eine faktenbasierte Basis eine klare Verteilung der Verantwortlichkeiten und damit ein optimiertes Projektmanage-ment und als Ziel die Qualitaumltsverbesserung sowie die Erfuumlllung der Kundenwuumlnsche Das Lean Management bringt eine in mehreren Jahrzehnten entwickelte philosophische Basis mit den Kernpunkten der Verschwendungsvermeidung der kontinuierlichen Verbesserung und der Kundenorientierung mit Abb 218 stellt diese Konstellation zusammenfassend dar

233 Rahmenbedingungen der Implementierung

Eine der wichtigsten Fragestellungen im Rahmen der Implementierung ist wie die Mit-arbeiter und das Management fuumlr die Umsetzung der Initiative begeistert werden koumlnnen Die Prozesse werden auf Verbesserungen uumlberpruumlft vielfaumlltige Arbeits- Bestell- Lager- und andere Ablaumlufe werden zum Teil grundlegend veraumlndert Dafuumlr sind aber einige Rah-menbedingungen notwendig Ebenso wie bei der Six-Sigma-Methodik muumlssen die Rollen in den Projekten verteilt und definiert werden In den folgenden Abschnitten werden diese Rahmenbedingungen genauer analysiert

Lean Management macht Prozesse schlanker kostenguumlnstiger und schneller

Six Sigma macht Prozesse stabiler vorausschaubarer und besser steuerbar

Beide Methoden beachten die Kundenwuumlnsche und deren Befriedigung

6σ6σ6σ6σ

6σKunden-anforderung

6σ Streuung (Six Sigma)

begrenzter Ansatz(Fokus vieler Six-Sigma -Projekte)

umfassenderLean-Sigma -Ansatz

Komplexitaumlt(Lean)

Abb 218 Das methodische Grundgeruumlst von Lean Sigma

48 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

2331 Die VerantwortlichkeitenDie Rollenverteilung innerhalb einer Lean-Sigma-Initiative deckt sich mit der Six-Sigma-Rollenverteilung aus Abschn 2233 und Abb 217 Dabei ist zwischen den direkt an der Implementierung beteiligten Mitarbeitern den Mitgliedern der Projektteams und denen die durch die Veraumlnderungen indirekt betroffen sind zu unterscheiden Auch im Rahmen von Lean Sigma ist es fundamental wichtig dass die Master Black Belts oder Black Belts von ihren bdquonormalenldquo Linienfunktionen freigestellt sind und sich ausschlieszliglich mit dem bzw den Lean-Sigma-Projekt(en) beschaumlftigen Sie fungieren als Trainer und Ausbilder (Master Black Belt) bzw als Projektmanager (Black Belt) Der Green Belt ist wie im Rah-men einer Six-Sigma-Initiative nicht Vollzeit sondern zu 30 bis 40 seiner Arbeitszeit in die Lean-Sigma-Projekte eingebunden Als Yellow Belts werden die Teammitglieder und Mitarbeiter bezeichnet die nur eine Basisschulung in Lean Sigma erhalten Sie unter-stuumltzen die Projekte und nehmen kleinere Aufgaben in diesem Rahmen wahr So leisten sie mit ca 20 ihrer Arbeitszeit Unterstuumltzung in einem Lean-Sigma-Projekt u a bei den statistischen Auswertungen

Diese Rollenverteilung laumlsst sich in Zahlen ausdruumlcken Etwa 05 der Belegschaft muumlssen zu Master Black Belts 1 bis 2 zu Black Belts und jeweils 2 bis 5 zu Green und Yellow Belts geschult werden damit eine Lean-Sigma-Initiative uumlberhaupt Wirkung zeigen kann Der Rang der Mitarbeiter bestimmt sich aus den belegten Kursen und Schu-lungen und den erfolgreich abgeschlossenen Projekten

2332 Auswahl der VerantwortlichenAufgrund der vielfaumlltigen und unterschiedlichen Aufgaben der einzelnen Rollen muumlssen die Kandidaten verschiedene Faumlhigkeiten und Eigenschaften mitbringen Der Sponsor und der Champion sollten houmlhere Fuumlhrungskraumlfte sein moumlglichst Mitglieder des Vorstandes bzw der Geschaumlftsleitung Die Black und Green Belts sollen je nach Groumlszlige des Unterneh-mens Mitglieder der mittleren oder unteren Managementebene sein Von den Kandidaten fuumlr diese Rollen wird erwartet dass sie uumlber fundierte Erfahrungen im Projektmanagement verfuumlgen

Der zukuumlnftige Black Belt muss als Leiter der Lean-Sigma-Projekte seine Mitarbeiter fuumlr die Initiative begeistern und den Wandel zur Lean-Sigma-Organisation vorantreiben Dafuumlr benoumltigt er Faumlhigkeiten zur Kommunikation Fuumlhrung und Motivation der Mitarbei-ter Seine Faumlhigkeiten und Fertigkeiten sollten im Unternehmen anerkannt und geschaumltzt sein Er muss sowohl mit der Management- als auch mit der Mitarbeiterebene glaubwuumlr-dig kommunizieren koumlnnen er ist das Bindeglied zwischen dem Topmanagement und den jeweiligen Projektteammitgliedern Der Black Belt fungiert auch als eine Art bdquoAugenoumlff-nerldquo Die Mitarbeiter die z T sehr lange in ihren Abteilungen routiniert ihrer Arbeit nach-gehen haben haumlufig eine gewisse bdquoProzessblindheitldquo entwickelt d h sie erkennen die Schwachstellen in den Ablaumlufen nicht mehr Der Black-Belt-Kandidat muss ferner uumlber Fuumlhrungsfaumlhigkeit verfuumlgen aber andererseits auch ein hervorragender Teamplayer sein Da er auch als bdquoChange Agentldquo agieren muss sollte er uumlber ausgepraumlgte Soft Skills ver-fuumlgen Hier sind neben der Kommunikations- und Teamfaumlhigkeit beispielsweise Selbst-

4923 Lean (Six) Sigma

staumlndigkeit Enthusiasmus und Durchsetzungsstaumlrke zu nennen Es wird deutlich dass die Auswahl der richtigen Kandidaten fuumlr die Black-Belt-Rolle eine der wichtigsten Entschei-dungen im Rahmen einer Lean-Sigma-Initiative ist Bei General Electric beispielsweise wurden nur Mitarbeiter der bdquoA-Kategorieldquo als Black Belts ausgebildet7 zumeist sind diese die High Potentials des Unternehmens

2333 Die ProjektfortschrittskontrolleLean Sigma uumlbernimmt die Six-Sigma-Vorgehensweise und baut eine Initiative ebenfalls nach den Schritten Define (Was ist wichtig) Measure (Wie gut sind wir) Analyse (Was ist falsch) Improve (Was muss getan werden) und Control (Wie stellen wir die nach-haltige Verbesserung sicher) auf Durch diese Vorgehensweise wird ein Prozess in fuumlnf Schritten durchdrungen und optimiert Zwischen den einzelnen Phasen werden im Vorfeld Meilensteine bzw sogenannte Tollgates8 definiert welche erfuumlllt sein muumlssen bevor die naumlchste Phase gestartet wird In den Tollgates nach der jeweiligen Phase ist Folgendes zu uumlberpruumlfen

1 Defineminus Ein schriftlicher Projektauftrag umfasst eine Begruumlndung fuumlr das Projekt eine

(vorlaumlufige) Problemdarstellung Umfang Ziele Rollen Meilensteine Verantwor-tungsbereiche sowie eine Nutzenabschaumltzung (Net-Benefit-Estimation) die von der Finanzabteilung genehmigt wurde

minus Eine vollstaumlndige und uumlberpruumlfte Ist-Prozessaufnahme hat in Form von Prozess- und Wertstromdiagrammen stattgefunden

minus Die Kunden sind eindeutig definiert und ihre Anforderungen sind messbar beschrieben

minus Die die Qualitaumlt des ProduktesService beeinflussenden Faktoren sind bekannt (Kundenzufriedenheit Prozesseffizienz)

minus Best Practicepositive Nebeneffekte wurden gepruumlftminus Ein Projektplan beschreibt den Verlauf des Projektes durch alle Phasen und weist

die Tollgate-Meeting-Termine des Projektes auf2 Measure

minus Eine Einigung uumlber die wichtigsten Messgroumlszligen wurde erzieltminus Die Inhalte Art und Form der Datensammlung wurden gemeinsam festgelegt

7 In dem Konzern werden die Mitarbeiter jaumlhrlich in A- B- und C-Kategorien eingeteilt In Kate-gorie bdquoAldquo sind Mitarbeiter die gefoumlrdert werden sollen und denen eine Karriere im Unternehmen zugetraut wird In Kategorie bdquoBldquo werden Mitarbeiter eingestuft mit denen das Unternehmen weit-gehend zufrieden ist die aber nicht zu den absoluten High Potentials gehoumlren Kategorie bdquoCldquo um-fasst Mitarbeiter von denen sich das Unternehmen in der Zukunft wahrscheinlich trennen wird Aufgrund des Einflusses des Betriebsrates wurde diese Vorgehensweise bei GE in Deutschland nicht umgesetzt8 Prozesskontrollpunkte an denen die bisherigen Aufwendungen und Ergebnisse der Prozesse eines Projektes einem Soll-Ist-Vergleich unterzogen werden

50 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

minus Die Qualitaumlt der Datensammlung (Eindeutigkeit Genauigkeit und Kontinuitaumlt) ist sichergestellt

minus Die Ausgangsmessungen der Prozessfaumlhigkeit und des Sigma-Levels (Fehlerfrei-heit) des Prozesses wurden errechnet und als Sigma-Wert und DPMO-Messgroumlszlige praumlsentiert

minus Die Prozessvariation wurde mittels geeigneter Tabellen und Grafiken dargestellt und erklaumlrt

minus Das Team hat potenzielle Fehlerursachen identifiziert und priorisiert3 Analyse

minus Der Ist-Zustand des Prozesses ist detailliert aufgenommen und die Durchlaufzeiten sowie die Non-Value-Added- und Value-Added-Prozessschritte sind dokumentiert

minus Die Datenanalyse ermoumlglicht Kernaussagen zu Staumlrken und Schwaumlchen im Prozessminus Die Problemdarstellung wurde aufgrund der gesammelten Erkenntnisse uumlberpruumlft

und konkretisiertminus Eine Risikoanalyse wurde durchgefuumlhrt und damit die wichtigsten Fehlermoumlglich-

keiten des Prozesses und deren Konsequenzen identifiziert4 Improve

minus Kriterien zur Bewertung der Loumlsungsvorschlaumlge wurden definiertminus Mehrere alternative Loumlsungsvorschlaumlge wurden erarbeitetminus Eine Kosten-Nutzen-Bewertung fuumlr die vorgeschlagenen Loumlsungen wurde

durchfuumlhrtminus Die Loumlsungsvorschlaumlge wurden bewertet und die am besten geeigneten Loumlsungen

wurden zur Umsetzung ausgewaumlhltminus Der neue Soll-Prozess wurde grafisch dargestellt inkl Aumlnderungen zum Ist-Prozessminus Der Pilot zur Umsetzung der ausgewaumlhlten Loumlsung(en) wurde definiertminus Die Risiken bei der Implementierung wurden abgeschaumltzt (beurteilt) und beschriebenminus Fuumlr den Fall einer Abweichung vom neuen Standardprozess wurde ein klar formu-

lierter und nachvollziehbarer Notfallplan entwickeltminus Die Messgroumlszligen und ein Messplan fuumlr den neuen Prozess wurden definiert und im

Piloten angewendetminus Ein Implementierungsplan fuumlr die vollstaumlndige Umsetzung der Loumlsung wurde ent-

wickelt (ggf einschlieszliglich Planung des Projekt- und Veraumlnderungsmanagements)minus Die Loumlsung(en) wurde(n) in kleinem Umfang oder in einem Pilotprogramm

durchgefuumlhrtminus Die Prozessverbesserungen sind allgemeinverstaumlndlich an alle Beteiligten kommu-

niziert wordenminus Die zu erwartenden Einsparungen sind uumlberpruumlft und durch Champion und Control-

ling abgezeichnet5 Control

minus Der Nachweis dass die Verbesserungsziele erreicht sind liegt vorminus Die Nutzenkalkulation wurde uumlberarbeitetminus Geeignete Messsysteme und Prozesse sind vorhanden

5123 Lean (Six) Sigma

minus Uumlbergabe an Prozessverantwortlichen ndash Person ist einvernehmlich ernannt wordenminus Die Uumlberwachung des neuen Prozesses ist durch einen BB-Auditplan gewaumlhrleistet

sodass die Verbesserungen langfristig erhalten bleibenminus Den Mitarbeitern stehen alle erforderlichen Arbeitsanweisungen und Tools fuumlr die

taumlgliche Umsetzung des verbesserten Prozesses zur Verfuumlgungminus TrainingSchulung fuumlr den neuen Prozessablauf wie auch fuumlr Ruumlckfallvermeidung

ist abgeschlossen

2334 Die Messung der WirksamkeitInsbesondere das Lean Management wurde waumlhrend der ersten Lean-Welle oft als reines bdquoCost Cuttingldquo verwendet Die Begeisterung fuumlr die Methodik lieszlig schnell nach Erst in der zweiten Hochphase des Lean Managements Ende der 1990er-Jahre ruumlckte die Philoso-phie hinter dem Ansatz in den Fokus der Unternehmen Diese Philosophie bietet ein deut-lich weiteres strategisches Feld an Ergebnissen als das kurzfristige Cost Cutting Durch das Lean Management koumlnnen die Durchlaufzeiten in allen Prozessarten verringert die Lagerhaltung optimiert die Wartungszeiten der Anlagen und Maschinen verbessert und die Organisation auf die Vermeidung von Verschwendung eingeschworen werden

Die Messbarkeit der Ergebnisse aus Lean-Projekten stellt zunaumlchst ein Problem dar denn die Resultate koumlnnen vielfaumlltig sein Ob der italienische Flugzeughersteller Piag-gio Aerospace z B mit demselben Aufwand mehr Flugzeuge produziert oder Porsche die Qualitaumlt der Fahrzeuge deutlich verbessert ndash es ist wichtig dass die Unternehmen im Vorfeld der Implementierung klare Ziele definieren Durch den Einsatz von Meilenstein-systemen (vgl Abschn 3333) muumlssen diese in uumlberschaubare Schritte eingeteilt und kontrolliert werden Nur so kann die Erfolgsmessung sichergestellt werden Die Bestands-aufnahme und die Uumlberpruumlfung der Zielerreichung darf nicht von interner Unternehmens-politik beeinflusst werden Wichtig ist dass die Messungen objektiv und unvoreingenom-men durchgefuumlhrt werden In groszligen Unternehmen kann dies durch interne Beratungs- Revisions- oder Controlling-Finanzeinheiten geschehen In den kleinen und mittleren Unternehmen koumlnnen hier besonders zu Beginn der Initiative externe Helfer objektiver und unvoreingenommener agieren

Von der Six-Sigma-Einfuumlhrung erwarten sich die Unternehmen zunaumlchst eine Verbes-serung der Output-Qualitaumlt und eine Erhoumlhung der Kundenzufriedenheit US-amerikani-sche Autoren wie Peter Pande et al (2000 S 43) oder Harry und Schroeder (2000 S 78) nennen zusaumltzlich Prozess- und Performenceverbesserung als Ziele von Six Sigma Bei der Beantwortung der Frage welche Moumlglichkeiten der Erfolgsmessungen bei Six Sigma bestehen bietet besonders der DMAIC-Zyklus einen wichtigen Ansatzpunkt

In der ersten Phase muumlssen die Daten die innerhalb des Zyklus erhoben gemessen und verwendet werden sollen genauestens definiert werden Nach Ablauf des DMAIC-Zyklus werden die definierten Daten erneut erhoben und mit den vorherigen Werten verglichen Wichtig ist hierbei dass moumlglichst alle externen Einfluumlsse die nicht mit Six Sigma zu-sammenhaumlngen unveraumlndert bleiben damit diese das Ergebnis nicht verfaumllschen koumlnnen In einem Produktionsprozess laumlsst sich dies in der Regel recht einfach durchfuumlhren Im

52 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Fall der Dienstleistungserstellung ist es erheblich schwieriger die richtigen Parameter zu finden Hier koumlnnen jedoch die Durchlaufzeiten beispielsweise bei einer Kundenanfrage in einem Service-Center Orientierung bieten

Letztendlich kann der Erfolgsgrad einer Six-Sigma-Initiative auch an der Veraumlnderung des Sigma-Wertes ermittelt werden Dies bietet sich besonders in einfachen und stark stan-dardisierten Prozessen an In komplexen Prozessen ist die genaue Ermittlung der Fehler-moumlglichkeiten aumluszligerst schwierig und in der Folge nicht mehr wirtschaftlich

Die Erfolgsmessung ist nur wirksam wenn die Daten quantitativ und qualitativ aus-reichen Gerade in der effizienten und effektiven Datenerhebung liegt der entscheidende Vorteil der Six-Sigma-Methodik Die Prozessverbesserungszyklen der Methodik setzen eine fundierte Datenerhebung voraus Sind die Daten in einem Prozess nicht ausreichend ist es von groumlszligter Bedeutung dass dies im Projektverlauf durch die Black Belts erkannt und behoben wird Dies zeigt auch noch einmal die Wichtigkeit der fundierten Ausbildung aller Six-Sigma-Beteiligten

Anwenderunternehmen nennen als Ziele der Lean-Sigma-Implementierung hauptsaumlch-lich Kostenreduktion und Prozessverbesserung Zusaumltzliche Ziele sind eine Steigerung der Qualitaumlt eine Verbesserung des Unternehmenspotenzials eine Veraumlnderung der Unter-nehmenskultur Kosten- und Produktionsfuumlhrerschaft oder auch die informationsbasierte Entscheidungsfindung im Gegensatz zu Entscheidungen aus dem Bauch heraus

Im Vordergrund steht die kunden- und effizienzorientierte Analyse der Prozessleistung Dabei wird besonderes Augenmerk auf die kundenbezogenen Anforderungen gelegt Diese Kundenanforderungen stellen die Critcal-to-Quality-Faktoren fuumlr die Vermessung Analyse und Verbesserung der Prozesse dar Das Lean Management bringt den Ansatz der staumlndigen Verbesserung mit dem Fokus auf verringerte Durchlaufzeiten und Verschwen-dungsvermeidung ein

Die Erfolgsmessung einer Lean-Sigma-Initiative kann durch eine Kosten-Nutzen-Ana-lyse erfolgen Mit diesem Instrument wird uumlberpruumlft ob der Nutzen einer Aktion deren Kosten rechtfertigt Im Fall von Lean Sigma bedeutet dies dass die Kosten der Initiative beispielsweise fuumlr die Schulungen und die freigestellten Mitarbeiter den Ertraumlgen aus Lean Sigma gegenuumlbergestellt werden Wie werden diese Ertraumlge nun ermittelt

Die Unternehmen verwenden dafuumlr ndash aumlhnlich zu Six Sigma ndash zumeist einen Vorher-Nachher-Vergleich Dabei werden aus den Daten der Define-Phase diverse Parameter definiert um den Ist-Zustand eines Prozesses festzustellen Dies koumlnnen beispielsweise die Costs of poor Quality die Verschwendung innerhalb eines Produktionsprozesses die Kosten pro gefertigter Einheit das verwendete Material pro Einheit oder die Durchlauf-zeit sein

Der Erfolg eines Lean-Sigma-Projekts wird regelmaumlszligig in der bdquoSprache des Manage-mentsldquo d h in Geld gemessen (sogenannte Benefits) und von der Controlling-Finanz-abteilung bestaumltigt Was als Benefit zaumlhlt und was nicht und wie der Benefit genau zu berechnen ist wird gewoumlhnlich in den bdquoFinancial-Benefit-Richtlinienldquo unternehmensin-dividuell festgelegt

5323 Lean (Six) Sigma

In den meisten Faumlllen erfolgt die Berechnung des Benefits indem die Differenz der Prozesskosten (Personalkosten Materialkosten Raumkosten etc) vor dem Lean-Sigma-Projekt und nach dem Lean-Sigma-Projekt miteinander verglichen und uumlber zwoumllf Mona-te hochgerechnet werden (bdquoAnnualised Benefitldquo) Bei Cashflow-Effekten und zusaumltzlich generiertem Umsatz als Ergebnis von Lean-Sigma-Projekten werden zum Teil einmalige Effekte aber auch Effekte uumlber 36 bzw 60 Monate gerechnet (z B 60 Monate bei Marge aus zusaumltzlich generiertem Umsatz) Benefits gibt es in drei unterschiedlichen Haumlrtegra-den (HG bzw bdquoMaturity Gradeldquo)

bull bdquoHaumlrtegrad 3ldquo bedeutet dass der Champion und der BlackGreen Belt sich uumlber die Houmlhe des Benefits einig sind der durch die Umsetzung der beschlossenen Prozessver-besserungen erreicht werden soll Haumlrtegrade 3 werden daher meist in der Improve-Phase im Projekt definiert

bull bdquoHaumlrtegrad 4ldquo bedeutet dass die Prozessverbesserungen umgesetzt sind d h dass der neue Prozess den Piloten erfolgreich bestanden hat und implementiert ist Das ist zu-meist am Ende der Improve-Phase (bdquoImplementldquo) der Fall

bull bdquoHaumlrtegrad 5ldquo bedeutet dass die Benefits aus der Prozessverbesserung ergebniswirk-sam im Sinne der Gewinn- und Verlustrechnung implementiert wurden In der Praxis heiszligt das z B dass frei gewordene Flaumlchen wieder vermietet wurden uumlberzaumlhliges Material verkauft wurde bzw uumlberzaumlhliges Personal nicht mehr in dem neuen Prozess arbeitet

Der BlackGreen Belt und die Lean-Sigma-Teams sind ndash unterstuumltzt vom Champion und den betroffenen Linienmanagern ndash in der Lage Benefits als HG3 und HG4 zu realisieren

Fuumlr die Realisierung von Benefits des Haumlrtegrades 5 ist der bdquoProcess Ownerldquo bzw das betroffene Linienmanagement verantwortlich da es sich hierbei um eine Entscheidung der betroffenen Fuumlhrungskraumlfte in der Linienorganisation handelt die das Lean-Sigma-Projektteam nicht durchsetzen kann Benefits vom Haumlrtegrad 4 und 5 werden von der Finanz-Controllingabteilung uumlberpruumlft und bestaumltigt Process Owner und Champions be-staumltigen ebenfalls schriftlich Benefits mit bdquoHaumlrtegrad 5ldquo

Ein anderes moumlgliches Werkzeug zur Nutzenquantifizierung ist die Balanced Score-card In diesem Fall werden die Veraumlnderungen der fuumlr Lean Sigma relevanten Kennzah-len in der Balanced Scorecard ermittelt Daraus wird der Beitrag zum Unternehmenserfolg abgeleitet

Aumlhnliche Instrumente sind die sogenannten Key Performance Indicators Diese sind als kritische Erfolgsfaktoren definiert die durch Kennzahlen abgebildet werden Dabei wird eine zu erfuumlllende Aufgabe uumlber ihre Ziele definiert Durch vorher definierte Messzahlen wird der Grad der Zielerreichung in regelmaumlszligigen Abstaumlnden ermittelt Entscheidend ist dass den betreffenden Projektteams die Entscheidungskompetenzen uumlber die Parameter eingeraumlumt werden

Auf Basis der erhobenen Daten wird in Zusammenarbeit mit den Projektteams eine zu erreichende Performance festgelegt Die dafuumlr notwendigen Ressourcen werden definiert

54 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Nach Ablauf der Projekte werden die Erfolge am Grad der Zielerreichung ermittelt Eine solche Form der Erfolgsermittlung bietet sich insbesondere an wenn externe Projekt-teams beispielsweise Berater beteiligt sind

Beispiel Lean Sigma bei der Norddeutschen Retail Service AG

Ein deutsches Unternehmen welches in der Vergangenheit groszlige Erfolge dank Lean Sigma erzielen konnte ist die Norddeutsche Retail Service AG (NRS)

Das Unternehmen wurde 2005 als Gemeinschaftsprojekt der Sparkassen Bremen und Hamburg sowie des Sparkassen- und Giroverbandes fuumlr Schleswig Holstein (SGVSH) gegruumlndet 2010 hatte das Unternehmen an seinen Standorten rund 1350 Mitarbeiter und war fuumlr 16 Sparkassen taumltig zehn davon nutzten mindestens zwei Ge-schaumlftsbereiche des Unternehmens

Die NRS bietet Dienstleistungen fuumlr die Sparkassen aus den Bereichen Consul-ting Finanzen und Controlling Kreditservice Marktservice und Zahlungsverkehr an Abb 219 zeigt das Leistungsangebot der NRS

Consulting

Die NRS bietet Beratung und praktische Unterstuumltzung bei FI-Migrationen Parametrisierungensowie der Optimierung und Industrialisierung von Geschaumlftsprozessen sowohl durch eigene erfahrene Projektmanager als auch durch Coaching von Mitarbeitern der Mandanten

Finanzen und Controlling

Die NRS bietet umfassende Dienstleistungen vom Rechnungswesen uumlber Risiko-Controlling bis zur Gesamtbankanalyse Zusaumltzlich buumlndelt die NRS an den Standorten Bearbeitungskompetenz Prozesskompetenz und Umsetzungskompetenz

Kreditservice

Die NRS bearbeitet alle Backoffice-Ablaumlufe im Neu- und Bestandsgeschaumlft fuumlr Privat-und Firmenkredite Zusaumltzlich bietet die NRS Analysetaumltigkeiten wie sect18 KWG-Management und Dienstleistungen wie zB Darlehensbuchhaltung

Marktservice

Die NRS wickelt alle Vertraumlge rund um Konto und Kunde ab bearbeitet dasKarten- geschaumlft und kuumlmmert sich um Kundeninformationssysteme genau so wie um Daten-Qualitaumltsmanagement Zusaumltzlich bietet die NRS Leistungen wie Textservice einetelefonische Infoline und zentrale Stammdatenerfassung

Zahlungsverkehr

Die NRS wickelt fuumlr die Mandanten den kompletten beleghaften Zahlungsverkehr abDaruumlber hinaus uumlbernimmt die NRS Recherche- und Korrekturfunktionen Im Electronic Banking verarbeitet die NRS Datentraumlger in allen gaumlngigen Formaten und leistet fuumlr die Firmenkunden der Sparkassen den kompletten Hotline-Service

Abb 219 Das Leistungsangebot der NRS AG (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 141)

5523 Lean (Six) Sigma

Das Unternehmen hat sich bdquoProduktivitaumltldquo und bdquoQualitaumltldquo als Kernziele auf die Fah-nen geschrieben Dafuumlr wurde 2007 das Programm bdquoOperative Exzellenzldquo (OPEX) ge-startet Im Rahmen des OPEX-Programms sollte Lean Sigma bei der NRS implemen-tiert werden Die Implementierung wurde durch ein Beratungsunternehmen begleitet Durch die klaren Handlungsanweisungen der Lean-Sigma-Methodik versprach sich die NRS messbare monetaumlre Erfolge eine erweiterte Loumlsungskompetenz Nachhaltigkeit und eine Veraumlnderung der Unternehmenskultur hin zu einer bdquopermanenten Verbesse-rung in einem selbstlernenden Systemldquo (Kodlin und Dose 2009 S 23) Abb 220 zeigt die damalige Projektstruktur im Vergleich mit der durch die OPEX-Implementierung gewuumlnschten Projektstruktur

Herkoumlmmliche Projekte OPEX-Projekte

keine Ausbildung von Projektmitarbeitern

keine Ausbildung von Projektleitern im Fachbereich

Ausbildung von Projektmitarbeitern(Yellow Belt)

Ausbildung von Projektleiternim Fachbereich (Green Belt)

Ausbildung von verantwortlichen Fuumlhrungskraumlften idR Abteilungsleitern (Yellow Belt)

keine aktive Begleitung der Projekte (auszliger Gremien)

Projektbegleitung durch parallele Aus-bildung (1 Projekt) und professionelles Coaching (externe Consultantsinterne Projektmanager)

Die betroffene Fuumlhrungskraft ist fuumlr das Projekt verantwortlich und nimmt eine aktive Rolle wahr

Projekte haben eine lange Laufzeit (Monate bis Jahre) und erfordern einen hohen Aufwand Damit sind hohe Risiken verbunden und es werden oft viele Mitarbeiter zT in Vollzeit benoumltigt (haumlufig Versetzung in das Projekt )

Kleine (max 40 PT Aufwand) und schnelle Projekte (90 Tage) haben nur sehr geringe Risiken und benoumltigen die Mitarbeiter nur bdquokurzldquo Die Projekte koumlnnen im Rahmen der taumlglichen Arbeit durchgefuumlhrt werden

Methodik Vorgehen den Projektmitarbeitern nicht transparent

Expertise wird uumlber Workshops Interviews oder aumlhnliches bdquoabgefragtldquo der Ergebnisbezug bleibt offen

Das Projekt ist fuumlr jeden Mitarbeiter uumlberschaubar

Engagement und Wissen fuumlhren unmittelbar zu eigenen mitgestalteten Ergebnissen

Abb 220 Ist- vs Soll-Zustand der Projektstruktur (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 142)

56 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Lean Sigma sollte bei der NRS eng mit den bestehenden Organisationsstrukturen verzahnt werden Es sollte durch die Implementierung keine parallele Projektstruktur entstehen Dafuumlr wurde Lean Sigma geschaumlftsbereichsuumlbergreifend organisiert sodass die Process Owner direkt an den Projekten beteiligt wurden was daruumlber hinaus zu einer hohen Akzeptanz und Motivation der Teammitglieder fuumlhrte und die Kommuni-kation im Unternehmen signifikant verbesserte (vgl Abb 221)

Lean Sigma wurde bei der NRS in vier Phasen uumlber zwei Jahre implementiert Abb 222 zeigt den Verlauf und die Inhalte der einzelnen Phasen (Dahm und Haindl 2011 S 139 f)

Die vier Phasen sahen im Einzelnen wie folgt aus1 Phase (Testphase) Die Trainingsmaszlignahmen fuumlr die Yellow Belts wurden gestar-

tet In den Geschaumlftsbereichen Marktservice Kreditservice Finanzen und Control-ling wurden jeweils zwei Projekte durchgefuumlhrt Ziel dieser Vorgehensweise war es herauszufinden welche Prozesse des Unternehmens wie und auf welche Weise mithilfe von Lean Sigma verbessert werden koumlnnen Auszligerdem sollten die bestmoumlg-lichen Lean-Sigma-Tools ausgewaumlhlt werden

2 Phase (Roll-out-Phase) Ab dem zweiten Halbjahr 2007 wurden weitere Mitarbei-ter zu Green Belts ausgebildet dadurch konnten 18 Projekte parallel in den verschie-denen Geschaumlftsbereichen durchgefuumlhrt werden Der Breakndasheven-Point der Projekte wurde im Durchschnitt bereits nach einem Jahr erreicht

Kernteam(MA UE UB)

Green Belt

Yellow Belts

Champion(AL)

FK = Fuumlhrungskraumlfte

AL = Abteilungsleiter

MA UE = MitarbeiterUnternehmensentwicklung

UB = Unternehmensberatung

Sponsor(Vorstandsmitglied)

Projektdurchfuumlhrung

Dauer ca 3 Monate

max 5 Mitarbeiter (Spezialisten) mit Arbeitszeitanteilen von weniger als 10

Steuerungskreis(FK + Sponsor)

Abb 221 Die Projektstruktur von OPEX bei der NRS AG (Quelle Kodlin und Dose 2009 S 156)

5723 Lean (Six) Sigma

3 Phase (Stabilisierungsphase) Mit dem Beginn des Jahres 2008 wurden weitere 20 Projekte gestartet wobei die Begleitung durch die externen Berater deutlich zuruumlck-gefahren werden konnte da die Mitarbeiter der NRS mittlerweile einen ausreichend hohen Kenntnisstand erreicht hatten

4 Phase (Abschluss der Ausbildung) Die letzten Green Belts wurden im Rahmen der Lean-Sigma-Implementierung bis Ende 2008 ausgebildet Dadurch war es moumlg-lich 32 Projekte parallel durchzufuumlhren (Vgl Kodlin und Dose 2009 S 157 ff)

Abbildung 223 zeigt einige beispielhafte Projekte aus der Lean-Sigma-Implementie-rungsphase bei der NRS

Bis 2010 wurden insgesamt 308 Yellow 47 Green zwei Black Belts und 17 Cham-pions ausgebildet Von 2007 bis 2010 wurden 176 Projekte mit einem durchschnitt-lichen Aufwand-Nutzen-Verhaumlltnis von 13 durchgefuumlhrt

Nach Abschluss der Implementierung konnte nach zweieinhalb Jahren bei der NRS unterstuumltzt durch OPEX eine Produktivitaumltssteigerung von 23 erreicht werden

Zur Weiterentwicklung des Programms wurden bereits 2009 und 2010 Ausbaustu-fen aufgesetzt die den Radius der Vorhaben erweitern und die Vernetzung mit strategi-schen Entwicklungen im Unternehmen sicherstellen

So wurde beispielsweise der Fokus der Projekte erweitert auf geschaumlftsbereichs-uumlbergreifende Prozesse (z B den Rechnungsstellungsprozess) auf Neuprozessent-wicklungen (z B Produkt Pfaumlndungsbearbeitung) und auf gemeinsame Projekte mit Mandanten (z B Optimierung des Kontoeroumlffnungsprozesses)

Management-Work-shop Initialisierung

Projekte I (Ausbildung)Training Green Belt I

Entscheidung Roll-outBewertung

Projekte II (Ausbildung)Training Green Belt IITraining Yellow Belt

Projekte III (Ausbildung)Training Green Belt III

Projekte (Optimierung)

EntscheidungDurchfuumlhrung

Testphase Roll-out Stabilisierung Abschluss

Jan

07Fe

b 07

Mrz

07

Apr

07

Mai

07

Jun

07Ju

l 07

Aug

07

Sep

07

Okt

07

Nov

07

Dez

07

Jan

08Fe

b 08

Mrz

08

Apr

08

Mai

08

Jun

08Ju

l 08

Aug

08

Sep

08

Okt

08

Nov

08

Dez

08

Jan

09

Abb 222 Ablauf der Lean-Sigma-Implementierung

58 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Fuumlr die Zukunft ist eine Erweiterung und enge Vernetzung des OPEX-Portfolios mit dem Gesamtprojektmanagement in der NRS geplant Die Instrumente werden auszliger-dem zum Ausbau eines professionellen Geschaumlftsprozessmanagements in der NRS ge-nutzt Das durch die Lean-Sigma-Ausbildungen erreichte hohe Qualifizierungsniveau soll durch gezielte Aufbauqualifizierungen im Bereich Prozess- und Projektmanage-ment weiter ausgebaut werden

234 Der Werkzeugkasten von Lean Sigma

Bei der Umsetzung von Lean Sigma kann auf ein Repertoire von rund 150 Tools zuruumlck-gegriffen werden Dabei handelt es sich nicht um eine bdquoBedienungsanleitungldquo fuumlr Lean Sigma denn die Auswahl der Werkzeuge ist immer hinsichtlich der notwendigen Prozess-verbesserung zu treffen welche sich stark unterscheiden kann An dieser Stelle soll in erster Linie auf die aus dem DMAIC-Zyklus bekanntesten und gebraumluchlichsten Werkzeu-ge naumlher eingegangen werden Eine vollstaumlndige Erlaumluterung aller Werkzeuge wuumlrde den

bdquoOptimierung der QualitaumltssicherungldquoBereich Analyse

bdquoEinsatz standardisierterMustertexteldquo

bdquoAuftragserteilung von Kundenldquo

Fokus Analyse der wirtschaftlichen Verhaumlltnisse

Loumlsung Fokussierung Qualitaumltssicherung automatisierte Excel-Datei

Erfolg 111000 Minuten Bearbeitungszeit

Produktivitaumlt

Fokus Erstellung von Schriftwechsel Loumlsung Arbeitshilfe fuumlr Transparenz uumlber

Inhalte Aufbau und Sortierung Erfolg Erhoumlhung des Einsatzes

standardisierter Musterbriefevon 20 auf 64 aller Schreiben

Fokus Sammlung und Koordinationvon Auftraumlgen Erstellung von Kundenreports

Loumlsung Kundenmanagement-Datenbankund Prozesse

Erfolg Konzentration von Aufgaben und Uumlbernahme neuer Kundenreports(Gegenwert ca 292320 Minuten)

Qualitaumlt

Neuentwicklung

Abb 223 Beispielprojekte bei der NRS (Quelle Dahm und Haindl 2011 S 145)

5923 Lean (Six) Sigma

Rahmen dieses Abschnitts sprengen ndash die dezidierte Feinmechanik des Lean-Sigma-Werk-zeugkastens soll nicht im Fokus dieses Buches stehen9 Eine Uumlbersicht bietet Abb 224

2341 Define23411 Projektsteckbrief Ein Beispiel fuumlr einen Projektsteckbrief ist in Abb 225 zu sehen

bull Was ist der Zweck Der Projektsteckbrief dokumentiert die Ausgangslage eines Projektes Dieses Six-Sig-

ma-Werkzeug beinhaltet die knappe und eindeutige Darstellung des Problems der Pro-

9 Fuumlr eine detaillierte Darstellung der Werkzeuge empfehlen wir Lunau et al (2013) und Rehbehn und Yurdakul (2003)

Ausgewaumlhlte Werkzeuge und Aktivitaumlten

Projektsteck-brief

BaumdiagrammVon VOC

zu CTQProzess-

definition -abgrenzung (SIPOC)

Stakeholder-Analyse

Prozess-diagramm

Prozessanalyse (Begehung Flussdiagramm)

Wertstrom-analyse (ValueStream Map)

Fischgraumlten-Diagramm

Daten-sammlungsplan

Ermitteln der Prozessfaumlhigkeit

Basisstatistik

5 S 8 Arten der

VerschwendungWertschoumlpfungs-

analysePareto-AnalyseHypothesentestsKorrelation

RegressionFMEAANOVARACI

Poka YokeKreativitaumltstoolsProzessdesignKosten-Nutzen

AnalyseTRIZDOEZeit-

Ressourcen-Planung

GANTRuumlstzeit-

reduzierung

Projektdoku-mentation-abschluss

Ermitteln der Prozessfaumlhigkeit (neuer Prozess)

Uumlbergabe anden Prozess-verantwortlichen

Audits

Unterstuumltzung projektbegleitende Werkzeuge

6-3-5 Methode Anti-Loumlsungs-

Brainstorming bdquoDie perfekte Weltldquo

Fahrstuhlrede Stimmungsbarometer Kommunikationsplan

Besprechungsprotokoll Status Report Projektruumlckblick

Define

Was istwichtig

Measure

Wie gutsind wir

Analyze

Was ist falsch

Improve

Was muss getan werden

Control

Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher

Abb 224 Ein Auszug des Werkzeugkastens von Lean Sigma

60 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

jektzielsetzung und des Projektumfangs Dabei ist es wichtig sich auf einen spezifisch zu optimierenden Prozess zu konzentrieren und die wesentlichen Projektbeteiligen schriftlich zu fixieren

bull Wann setzt man ihn ein Der Projektsteckbrief wird waumlhrend der Identifizierungs- und Definitionsphase des

Projektes durch den Auftraggeber (Champion) und den Projektleiter (Black Belt) er-stellt und im Projekt-Kick-off dem Team vorgestellt Er enthaumllt alle fuumlr die Vergabe eines Projektauftrags notwendigen Informationen Diese Informationen sind durch eine ausreichende Anzahl an Hintergrundgespraumlchen mit direkt und indirekt beteiligten Per-sonen des Projektes zu generieren Anpassungen des Projektsteckbriefs sind nur mit Zustimmung des Auftraggebers moumlglich

bull Wie funktioniert es Der Auftraggeber vereinbart einen Termin mit dem designierten Projektleiter und fuumlllt

mit ihm den Projektsteckbrief aus Fehlende Informationen werden vom Projektleiter beschafft und ergaumlnzt Wenn die Elemente des Steckbriefs (Problemstellung Meilen-steine Projektziel -team -fokus und -potenzial) beim Kick-off praumlsentiert werden ist

Projekt

Problem Art desProjektes

Ziel

Proj ChamSponsor

Projektleiter(BBGB)

MBBCoach

Wer ist AuftraggeberCoach Projektleiter Prozess-verantwortlicher

Was sind die Verbesserungsziele

Wo ist der bdquoSchmerzldquo Was laumluft falsch

Kostenreduzierung

Umsatz Generierung

Kundenzufriedenheit

Sonstiges

BusinessCase

Annahmen

Potential keuro

Neben-effekte

Warum sollten wir das Projekt machen

Einfluss des Projektes auf die strategischen Ziele

Irgendwelche Nebeneffekte

Moumlgliche Einsparungen

ProcessOwner lt Unterschrift gt

Finance lt Unterschrift gt

Abb 225 Vorlage fuumlr einen Projektsteckbrief

6123 Lean (Six) Sigma

das Feedback der Beteiligten aufzugreifen ndash moumlglicherweise sind notwendige Anpas-sungen vorzunehmen

Die Problemstellung geht auf den Status quo ein und hebt die Ursache und die Wichtig-keit des Projektes hervor Das Projektziel ist SMART (spezifisch messbar abgestimmt realistisch und terminiert) zu formulieren Es ist keine Ursachenforschung zu betreiben sondern der Ist- und Soll-Zustand soll festgehalten werden Die Meilensteine definie-ren den Beginn und die Dauer des Projektes Das Projektteam haumllt die involvierten Personen und den geschaumltzten Ressourcenbedarf fest Der Projektfokus definiert den Umfang des Projektes ndash wird das Augenmerk beispielsweise auf Qualitaumltsverbesserung oder Kundenzufriedenheit gelegt Das Potenzial schaumltzt neben der Baseline (Messba-sis) den monetaumlren Projektnutzen ab

bull Worauf muss man achten Im Rahmen der Problemstellung und des Projektziels sind besonders das ursaumlchliche

Problem die Zielsetzung und damit der Handlungsbedarf konkret und deutlich zu for-mulieren Der Projektsteckbrief sollte vom Sponsor unterschrieben und fuumlr alle sichtbar im Unternehmen ausgehaumlngt werden

23412 SIPOC bull Was ist der Zweck Dieses Instrument stammt aus dem methodischen Repertoire von Six Sigma kann aber

auch im Lean-Kontext zum Einsatz kommen SIPOC ist das Akronym fuumlr Supplier Input Process Output Customer und dient der standardisierten Darstellung eines Pro-zesses um Schwachstellen zu erkennen Es geht um einen schnellen uumlbergeordneten Uumlberblick (High Level) aller wesentlichen Elemente des zu untersuchenden Prozesses ohne tiefergehende Details herauszuarbeiten

bull Wannsetztmanesein SIPOC dient zur Identifizierung der fuumlr das Projekt wesentlichen Prozessschritte in

der Define-Phase ndash im Idealfall im ersten Projektmeeting Es wird fruumlhzeitig angewen-det damit alle Beteiligten durch die visualisierte Momentaufnahme ein einheitliches Verstaumlndnis des zu verbessernden Prozesses erhalten Dabei wird die Komplexitaumlt des Prozesses zunaumlchst stark reduziert und als bdquoBlack Boxldquo betrachtet

bull Wiefunktioniertes Im ersten Schritt werden der Start- und Endpunkt des Prozesses festgelegt ndash im verein-

fachten Beispiel illustriert Abb 226 den Prozess wie eine Mutter sich beim Rest der Familie nach deren Weihnachtswuumlnschen erkundigt um sie in der Stadt zu besorgen Im zweiten Schritt wird der Prozess (S-I-Process-O-C) mit fuumlnf bis sieben Schritten grob definiert Dabei wird der einzelne Prozessschritt durch einen kurzen Satz ndash be-stehend aus Substantiv und Verb ndash festgehalten (z B bdquoWuumlnsche aufschreibenldquo) Im dritten Schritt werden das was in den Prozess eingeht (S-Input-P-O-C) derjenige der diesen Input liefert (Supplier-I-P-O-C) das Ergebnis des Prozesses (S-I-P-Output-C) und derjenige der das Ergebnis erhaumllt (S-I-P-O-Customer) definiert

62 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

bull Was ist zu beachten Es gilt nicht mehr als die sieben Prozessschritte abzubilden ndash es handelt sich um eine

High-Level-Prozessdarstellung Wichtig ist auch dass mit der Dokumentation der Pro-zessschritte begonnen werden sollte Haumlufig gibt es mehr Customer als zunaumlchst an-genommen (Behoumlrden Management Betriebsrat etc) und Supplier sind haumlufig auch Customer und umgekehrt Input und Output sind uumlbersichtshalber nicht fuumlr jeden ein-zelnen Prozessschritt zu erfassen

23413 VoC in CtQ umwandeln Eine Uumlbersicht uumlber das Vorgehen bei einer Umwandlung der VoC in CtQ zeigt Abb 227

bull WasistderZweck Dieses Six-Sigma-Werkzeug hebt wie zuvor in Abschn 223 beschrieben die Kun-

denorientierung hervor Auch qualitativ perfekte Waren finden nur dann Absatz wenn der Kunde sie nachfragt Um die kritischen Kriterien fuumlr den Kunden (CtQ) zu ermit-teln wird die Stimme des Kunden (VoC) erhoben Das Ergebnis zeigt schlieszliglich die Eigenschaften eines Produktes auf durch die die Kaufentscheidung maszliggeblich beein-flusst wird Wenn eine Airline Kosten reduzieren will darf nicht an der Sicherheit je-doch am Schokoladentaumlfelchen beim Aussteigen gespart werden Ein Six-Sigma-Profi wuumlrde solche Werbegeschenke konsequent streichen da sie nicht maszliggeblich die Kauf-entscheidung beeinflussen

Supplier

Vater und Kind

Input

Weihnachts-wuumlnsche

Process Output

Ankunft zu Hause

Customer

Mutter

Wuumlnsche aufschreiben

in die Stadt fahren

Geschenke auswaumlhlen

Geschenke bezahlen

nach Hause fahren

(Substantiv benutzen) (Verb benutzen) (Substantiv benutzen)

START

ENDE

S I P O C

Abb 226 Exemplarischer SIPOC

6323 Lean (Six) Sigma

bull Wannsetztmanesein Die Ausrichtung auf den Kunden ist der wichtigste Parameter bei einer Lean-Sigma-

Implementierung Deswegen werden die Kundenaussagen und die daraus abgeleiteten CtQs fruumlhzeitig in der Define-Phase erhoben Damit bilden sie die inhaltliche Grund-lage fuumlr die anschlieszligende Projektdefinition

bull Wiefunktioniertes Nachdem die Kunden im ersten Schritt definiert sind gilt es im zweiten Schritt das

ausschlaggebende Kundensegment ndash die Schluumlsselkunden ndash festzulegen Von diesen werden aus unterschiedlichen Quellen die Kundenaussagen gesammelt (VoC bdquoIch wuumlnsche mir einen proaktiveren Serviceldquo) Fuumlr diese Datensammlung als dritten Schritt gibt es auf der einen Seite die indirekte Erhebung (Anzahl von Gewaumlhrleistungsan-spruumlchen Kundenbeschwerden Kundenbetreuungsanrufe oder Verkaufsberichte) und

Tatsaumlchliche Kundenaussagen und -kommentare die ihren Eindruck von Folgendem widerspiegeln Eine Eigenschaft eines

Produkts oder Services Eine Erfahrung mit einem

Produkt einem Serviceoder seiner Lieferung

Eine Begegnung oder Erfahrung mit einem Geschaumlftsprozess oder Geschaumlftsvertreter

Die wahren Sorgen Werte und Erwartungen des Kunden hinsichtlich eines Produktes oder Services Frei von Gefuumlhlen oder Verzerrungen beschreibt die Aussage das primaumlre Anliegen das ein Kunde hat oder die Erwartungen rund um die Eigenschaften des Produktes oder Services

Die spezifische praumlzise und messbare Erwartung die ein Kunde hinsichtlich eines Produkts oder Services hat

Kundenmeinung (VoC) Hauptanliegendes Kunden Qualitaumltskritisch

Nehmen Sie die unmittelbaren VoC-Daten die Sie haben hellip

hellip schreiben Sie diese in einer Weise auf aus der hervorgeht bdquowas sie wirklich wollenldquo hellip

hellip definieren Sie was dies in messbaren Werten bedeutet

bdquoDieser Maumlher springtnur sehr schwer anldquo

bdquoMoumlchte dass der Rasenmaumlher schnell und problemlos anspringtldquo

Der Maumlher startet nach spaumltestens zweimaligem Ziehen der Leine

Der Maumlher startet mit leichtgaumlngigem Heraus-ziehen der Leine nichtlaumlnger als etwa 60 cm

Beispiele

Abb 227 Vorgehen zur Umwandlung der VoC in CtQ

64 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

die direkte Erhebung (Interviews Kundenbefragungen Marktanalysen) Der direkte Ansatz ist erfahrungsgemaumlszlig effektiver Dies ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass weniger Interpretationsbedarf besteht weil die Konstellation einer direkten Interaktion tiefer-gehende Erkenntnisse fuumlr den Rechercheur ermoumlglicht Der Befragte neigt zusaumltzlich dazu offener zu antworten da er und seine Meinung Beachtung erfahren Die VoCs sind haumlufig emotionale generalisierende oder vage Aussagen Die CtQs sind dagegen im vierten Schritt die bestimmbare und messbare Uumlbersetzung der Kundenaussagen Die resultierende CtQs (Kunde wuumlnscht regelmaumlszligig vom Service angerufen zu wer-den) sind nachdem sie mit dem Kunden im fuumlnften Schritt abgestimmt worden sind als spezifische Anforderung die gemessen und gemanagt werden kann zu formulieren (Service ruft den Kunden viermal im Jahr an)

bull Wasistzubeachten Nicht alle CtQs sind auf die gleiche Art und Weise entstanden Einige sind wichti-

ger als andere Verwenden Sie ein Bezugssystem um die entsprechenden Faktoren zu priorisieren und auszuwaumlhlen Dabei kann das KANO-Modell beim Verstaumlndnis der unterschiedlichen Arten von Kundenbeduumlrfnissen hilfreich sein10 Wichtig zu verstehen ist dass CtQs keine Loumlsungen enthalten sondern wichtige Output-Messpunkte fuumlr die Analyse sind Pro Projekt reichen haumlufig ein bis drei CtQs aus

23414 Stakeholder-Analyse bull WasistderZweck Eine Operational-Excellence-Initiative beeinflusst alle Bereiche eines Unternehmens

Dementsprechend sind auch saumlmtliche Stakeholder eines Projektes direkt oder indirekt betroffen ndash seien es die Mitarbeiter die Eigentuumlmer die Lieferanten die Oumlffentlichkeit die Kooperationspartner oder die Behoumlrden Die Beziehung zu diesen Gruppen und ihr Verhalten sind ein entscheidender Faktor fuumlr den Erfolg oder Misserfolg von Lean Management Six Sigma oder Lean Sigma Die Stakeholder-Analyse bildet die Basis fuumlr das spaumltere Stakeholder-Management und die Kommunikationsplanung Ziel ist es Unterstuumltzung fuumlr das Erreichen der Projektziele zu generieren Je explosiver der politi-sche Sprengstoff in einem Projekt ist desto wichtiger wird es Widerstaumlnde rechtzeitig zu identifizieren und aufzugreifen um ihnen entgegenzuwirken

bull Wannsetztmansieein Die Analyse der Anspruchsgruppen spielt besonders zu Beginn eines Projektes in der

Define-Phase eine bedeutende Rolle Letztendlich wird dieses Werkzeug fortlaufend angewendet Das Auftreten von Widerstand laumlsst sich nicht terminieren ndash so gilt es zu jeder Zeit die Stimmung im Unternehmen und im Projektteam aufmerksam zu ver-folgen So wandelt sich die Stakeholder-Analyse im Verlauf zum kontinuierlichen Ma-

10 Das KANO-Modell thematisiert drei Arten von Kundenanforderungen 1 Grundanforderungen (sogenannte Dissatisfiers) 2 primaumlre Zufriedenheitsfaktoren (sogenannte Satisfiers) 3 erfreuende Faktoren (sogenannte Delighters)

6523 Lean (Six) Sigma

nagement der Anspruchsgruppen und bietet wichtige Erkenntnisse fuumlr die Kommunika-tionsplanung

bull Wiefunktioniertsie Im ersten Schritt gilt es saumlmtliche Stakeholder zu identifizieren und in sinnvolle Grup-

pen anzuordnen Im zweiten Schritt sind diese im Hinblick auf die Einstellung den Einfluss und den

Problemloumlsungsbeitrag zu analysieren und mittels einer dreistufigen Skala festzuhal-ten (hoch mittel niedrig) Wie stark sind die Bedenken des jeweiligen Stakeholders gegenuumlber dem Projekt zu bewerten Handelt es sich um einen bdquoKeyStakeholderldquo11 Wie wird die Einstellung oder Reaktion desjenigen eingeschaumltzt Wie groszlig ist die Aus-wirkung auf die Erfolgswahrscheinlichkeit des Projektes Wie notwendig ist die Unter-stuumltzung des Stakeholders Es ist empfehlenswert moumlgliche Schnittstellen zwischen den Stakeholder-Gruppen herzustellen Wer beeinflusst wen

Im dritten Schritt werden die gewonnenen Erkenntnisse in der Stakeholder-Matrix grafisch festgehalten und Konsequenzen fuumlr das Stakeholder-Management und Maszlig-nahmen fuumlr das Risikomanagement abgeleitet

Die folgenden Kriterien bieten eine Hilfestellung bei der Bewertung der Einstellung1 Hoch

minus Die Person nimmt sich Zeit fuumlr das Projekt und nimmt aktiv teilminus erfuumlllt ihre Aufgaben und haumllt sich an vereinbarte Deadlinesminus spricht enthusiastisch uumlber das Projekt und seine Mitgliederminus begegnet dem Projektinitiatoren freundlich und hilfsbereit

2 Mittelminus Die Person nimmt sich nur wenig Zeit fuumlr Projekttermineminus erfuumlllt zwar ihre Aufgaben aber nur unvollstaumlndig und verspaumltetminus ist nicht uumlberzeugt von den Zielen des Projektes aber laumlsst keine klare negative Haltung er-

kennen3 Niedrig

minus Die Person verweigert ihren inhaltlichen und zeitlichen Beitrag fuumlr das Projektminus zweifelt das Projekt und das Team oumlffentlich an undminus erfuumlllt ihre Aufgaben nicht

bull Wasistzubeachten Fuumlr die Initiatoren der Projekte ist es wichtig eindeutig zu wissen wie die Anspruumlche

und Erwartungen der Stakeholder erfuumlllt werden koumlnnen Insbesondere dann wenn ge-wisse Erwartungen auf absehbare Zeit enttaumluscht werden spielt die Kommunikation eine exponierte Rolle um Verstaumlndnis und Vertrauen zu entwickeln und Widerstaumlnde abzubauen (vgl Abb 228 229)

11 Ein prominentes Mitglied der Eigentuumlmerfamilie ein beliebter Mitarbeiter oder beispielsweise ein Manager mit besonderer hierarchischer Machtfuumllle KeyStakeholder koumlnnen das Projekt zum Scheitern bringen

66 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Identifizierung der wichtigsten Stake-holder amp betroffenen Gruppen

Klassifizierung der Stakeholder

Festlegung des Beziehungs-managements pro Gruppe

In welchen Bereichen wird mein Projekt zu einer Veraumln-derung fuumlhren

Wer hat Interesse an dem Projekt

Wer kann mein Projekt beein-flussen oder stoppen

Wie stelle ich sicher dass die Kommunikations-Strategie gelebt wird

Wie messe ich fortlaufend die Einstellung des Stakeholders zum Projekt

Kernfragen

Durchfuumlhrung amp Management der Interaktion amp Kommunikation

Was fuumlr ein Beziehungs-management ist erforderlich

Abb 228 Vorgehen bei der Stakeholder-Analyse

Senior Management

Enthusiasten Anhaumlnger Opponenten

Hoch

Medium

NiedrigAU

SWIR

KU

NG

DER

VER

AumlN

DER

UN

GEN

AU

F D

IE S

TAK

EHO

LDER

Betriebsrat

Mittleres Management

HR-Abteilung

REAKTION AUF VERAumlNDERUNGEN

1

1

2

3

1 Hoch

2 Medium

3 Niedrig

Einfluss auf Veraumlnderungen

undoder anderes

Abb 229 Stakeholder-Matrix als Teilergebnis der Stakeholder-Analyse

6723 Lean (Six) Sigma

2342 Measure23421 Wertstromdiagramm Ein Beispiel fuumlr ein Wertstromdiagramm kann Abb 230 entnommen werden

bull WasistderZweck Das aus dem Lean-Konzept bekannte Wertstromdiagramm liefert eine Modellierung

der Material- und Informationsfluumlsse eines Produktes In dieser Perspektive wird der Prozess bdquoend-to-endldquo betrachtet Dabei werden Ineffizienzen nichtwertschoumlpfende Prozesse und deren Ursachen identifiziert Durch die Erstellung eines verbesserten Wertstroms werden Durchlaufzeiten und Liegezeiten reduziert ndash letztlich wird die Wettbewerbsfaumlhigkeit gesteigert

bull Wannsetztmanesein Der High-Level-Ansatz durch den SIPOC aus der Define-Phase wird nun durch einen

umfassenden Prozessuumlberblick in der Measure-Phase konkretisiert und bildet die Grundlage fuumlr die Implementierung von neuen Produktionssystemen Der Prozessfluss wird visualisiert und ist eine wichtige Vorbereitung fuumlr die Analyse-Phase

bull Wiefunktioniertesminus Kunden und Lieferanten und deren Anforderungen aufzeichnenminus gesamtes Prozessdiagramm zeichnen

INPU

T

PROZESS

OU

TPU

T

INFORMATIONLIEFERANT KUNDE

Abb 230 Wertstromdiagramm

68 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

minus prozessrelevante Daten wie z B Prozesszeit Durchlaufzeit Ruumlstzeit Maschinen-verfuumlgbarkeit Anzahl der Mitarbeiter etc ergaumlnzen

minus alle InputsOutputs zu den jeweiligen Prozessschritten und die dazugehoumlrigen War-tezeiten zwischen den Schritten auflisten

minus Kommunikations- bzw Materialfluss innerhalb des Wertestroms erfassenminus Push oder Pull Icons zur Identifizierung der Arten des Workflows zeichnenminus Wertestrom mit Gesamtdurchlaufzeit und der Wertschoumlpfung vervollstaumlndigen

bull Wasistzubeachten Bei der Modellierung eines Wertstromdiagramms geht es um die Optimierung des Flus-

ses Die reibungslose Weitergabe eines einzelnen Stuumlcks die Reduzierung der Durch-laufzeiten und die Abtaktung der Stationen sind Ziel der Vorgehensweise ndash nicht aber die Optimierung eines einzelnen Arbeitsschrittes Es gilt sicherzustellen dass die be-ruumlcksichtigten Messgroumlszligen im Hinblick auf die Einhaltung der operationalen Defini-tion uumlberpruumlft worden sind Ausgangspunkt der Untersuchung ist in jedem Fall der Kunde mit seinen Anforderungen

23422 Fischgraumltendiagramm Abbilding 231 zeigt ein Beispiel eines Fischgraumltendiagramms

Problem

Warum sind die Abteile (80 der Zuumlge) schmutzig

Ursache Wirkung

Verhalten der Fahrgaumlste

Zugbegleiter fuumlhlen sich nicht verantwortlich

Arbeit wirdals laumlstig empfunden

nicht Bestandteil der Arbeitsplatz-beschreibung

Korrelation zwischen Ruumlckgang der Fahrgast-zahlen und Verschmutzung intransparent

Reinigungsplaumlne nicht problemadaumlquat

fehlende Auswertungen im Controlling

keine eindeutigen Bearbeitungsrichtlinien

wichtigste Ursache

Menschen

Methoden

Maschine

Material

veralteteReinigungs-maschinen

keine schmutz-abweisenden Materialien

Hauptursache

Nebenursache

Abb 231 Fischgraumltendiagramm

6923 Lean (Six) Sigma

bull WasistderZweck Die aus dem Six-Sigma-Werkzeugkasten stammende Vorgehensweise ndash auch Ursache-

Wirkungs-Diagramm oder Ishikawa-Diagramm genannt ndash unterstuumltzt das Projektteam dabei sich nicht auf die Symptome eines Problems sondern auf die moumlglichen Ursa-chen zu konzentrieren Sie gibt zunaumlchst Anregungen fuumlr moumlgliche Ursachen hilft bei der Visualisierung der moumlglichen Ursachen und stellt die Beziehungen zwischen den Einflussfaktoren und dem Problem dar Damit wird ein gemeinsames Verstaumlndnis der zu untersuchenden Problematik im Team erreicht

bull Wannsetztmanesein Damit die Problemfelder des Prozesses fruumlhzeitig strukturiert werden und die Projekt-

auswahl unterstuumltzt wird setzt man dieses Instrument in der Measure- und Analyse-Phase ein

bull Wiefunktioniertes Zunaumlchst wird der zu untersuchende Fehler oder die Problematik als Frage nach dem

bdquoWarumldquo im bdquoFischkopfldquo auf der rechten Seite formuliert Danach werden im Rahmen eines Brainstormings so viele Ideen wie moumlglich generiert Jede Idee wird auf einer Karte festgehalten Anschlieszligend werden die Ideen den einzelnen Kategorien (bdquoFisch-graumltenldquo) zugeordnet Dabei haben sich als Kategorien die bdquo6 Msldquo (bisweilen auch 4 oder 5) bewaumlhrt Mensch Maschine Material Messtechnik Methode (Prozess) und Milieu (Umwelt) Jede dieser Kategorien wird nun separat mit der weitergehenden Fra-ge nach dem bdquoWarumldquo bearbeitet um auch die Ursachen der Ursachen zu erfassen Die eigentliche Ursache liegt tiefer und es gilt dieser auf den Grund zu gehen ndash so wie man Unkraut nicht abschneidet sondern mit der Wurzel herauszieht Dieses Vorgehen geht auf den Ansatz der bdquo5 Warumsldquo zuruumlck ndash es wird davon ausgegangen dass man durch mehrmaliges Hinterfragen nicht nur die Symptome sondern auch die eigentliche Ursache des Ausgangsproblems erkennt

Beispiel Fuumlnf Warums

Der Koumlnig hat sein Koumlnigreich in einer Schlacht verloren1 Warum Weil sein Pferd im Kampf gestolpert ist2 Warum Weil dem Pferd das Hufeisen abgefallen ist3 Warum ist dem Pferd das Hufeisen abgefallen Weil der Pferdeschmied zu kurze

Naumlgel zum Befestigen verwendet hat4 Warum hat der Schmied zu kurze Naumlgel verwendet Weil die Langen gerade auf-

gebraucht waren5 Warum waren die langen Naumlgel aufgebraucht Weil nur einmal pro Monat eine Lie-

ferung eintrifft

70 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Damit die Zusammenhaumlnge der einzelnen den bdquo6 Msldquo zugeordneten Ursachen sicht-bar gemacht werden wird eine Priorisierung der Ideen vorgenommen Mit bdquoCldquo fuumlr bdquoConstantldquo werden die unveraumlnderlichen Ursachen mit bdquoNldquo fuumlr bdquoNoiseldquo die nicht di-rekt beeinflussbaren Ursachen und mit bdquoXldquo fuumlr bdquoVariableldquo die von dem Projekt beein-flussbaren Ursachen markiert

bull Wasistzubeachten Jedes Teammitglied haumlngt die eigenen Karten an die Stelle die es fuumlr richtig erachtet

Erst anschlieszligend wird im Team daruumlber diskutiert ob die Karten richtig haumlngen Es sollte auch jedes Teammitglied in den Strukturierungsprozess integriert werden damit saumlmtliches vorhandenes Wissen in den Prozess einflieszligen kann und alle Mitglieder die Teamentscheidung mittragen Je praumlziser die zu untersuchende Wirkung oder Proble-matik als Frage im bdquoFischkopfldquo formuliert wird desto besser ist das Ergebnis

2343 Analyse23431 FMEA Eine beispielhafte FMEA ist in Abb 232 dargestellt

bull WasistderZweck FMEA (Akronym fuumlr Failure Modes and Effects Analysis ndash Fehlermoumlglichkeiten und

Einflussanalyse) ist eine systematische und praumlventive Vorgehensweise beim Umgang mit Schwachstellen im Prozess und deren Ursachen FMEA identifiziert potenzielle Fehlermoumlglichkeiten antizipiert die Risiken fuumlr den Kunden des Prozesses und leitet fuumlr die Zukunft risikominimierende Maszlignahmen ab

bull Wannsetztmanesein Das Werkzeug eignet sich zur Anwendung in der Analysephase Es unterstuumltzt den Pro-

jektfortschritt im Hinblick auf die Priorisierung von Problemfeldern FMEA folgt dem Grundgedanken von Six Sigma dass Fehler nicht waumlhrend des Prozesses behoben sondern erst gar nicht gemacht werden duumlrfen ndash ganz im Sinne einer vorsorgenden Fehlervermeidung anstelle einer nachsorgenden Fehlerkorrektur

bull Wiefunktioniertes1 Den betrachteten Prozess praumlzise beschreiben2 Potenzielle Fehlerursache beschreiben3 Auswirkung des Fehlers auf den Prozess beschreiben4 Bedeutung des Fehlers auf einer Skala von 1 bis 10 einschaumltzen (bspw 1 = keine

Bedeutung 5 = Kundenbeschwerde 10 = Kunde oder Mitarbeiter wird verletzt oder getoumltet)

5 Auftrittswahrscheinlichkeit des Fehlers auf einer Skala von 1 bis 10 einschaumltzen (bspw 1 = alle 100 Jahre 5 = jedes Jahr 10 = mehrmals taumlglich)

6 Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers auf einer Skala von 1 bis 10 einschaumlt-zen (bspw 1 = offensichtlicher Fehler 5 = statistische Prozesskontrolle mit systema-tischer Fehlerursachenpruumlfung wird durchgefuumlhrt 10 = Fehler nicht aufzufinden)

7123 Lean (Six) Sigma

7 Mittels des Produktes aus 4 5 und 6 die RPN (Risiko-Prioritaumlts-Zahl) bilden ndash je houmlher die RPN desto dringender der Handlungsbedarf

8 Potenzielle Ursachen fuumlr den Fehler auffuumlhren 9 Gegenwaumlrtige Maszlignahmen zur Fehlervermeidung darstellen10 Neue Vorschlaumlge zur Fehlervermeidung auflisten11 Verantwortlichkeit und Abschlussdatum determinieren

1) Betrachtungs-gegenstand

2) Moumlglicher Fehler

3) Folgen des Fehlers

Fehlerbewertung vorher

4) B

edeu

tung

5) A

uftri

ttsw

ahr-

sche

inlic

hkei

t

6) E

ntde

ckun

gs-

wah

rsch

einl

ichk

eit

7) R

PN

Bremsbelaumlge Abgefahren Verlaumlngerter Bremsweg

7 4 6 168

8)Moumlgliche Ursache

9)Gegen-waumlrtigeMaszlignahme

10)Neue Vermei-dungs-maszlignahmen

11)Zeitplan amp Verantwort-lichkeit

12)WelcheMaszlignahmen wurden ergriffen

Fehlerbewertung nachher

13) B

edeu

tung

14) A

uftri

ttsw

ahrs

chei

nlic

hkei

t

15) E

ntde

ckun

gsw

ahrs

chei

nlic

hkei

t

16) R

PN

Keine Inspektion

Regelmaumlszligige Inspektion gem Wartungsheft

Mind zwei Mal jaumlhrlich zusaumltzlich visuelle Kontrolle

Fuhrpark-leiter bis 122013

Mind zwei Mal jaumlhrlich zusaumltzlich visuelle Kontrolle

7 3 2 42

Abb 232 Beispiel fuumlr eine FMEA

72 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

12 Tatsaumlchlich umgesetzte Maszlignahmen beschreiben13 Bedeutung des Fehlers (4) nach der Verbesserungsmaszlignahme einschaumltzen14 Auftrittswahrscheinlichkeit des Fehlers (5) nach der Verbesserungsmaszlignahme

einschaumltzen15 Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers (6) nach der Verbesserungsmaszlig-

nahme einschaumltzen16 RPN neu berechnen

bull Wasistzubeachten Als Faustregel gilt Ist die RPN groumlszliger als 125 besteht Handlungsbedarf Bei der Ein-

schaumltzung = 10 fuumlr eines der drei Kriterien der Fehlerbewertung (Bedeutung Auftritts-wahrscheinlichkeit und Entdeckungswahrscheinlichkeit) sollte detailliert uumlberpruumlft werden ob auch bei einer RPN die niedriger als 125 ist Handlungsbedarf besteht

23432 Wertschoumlpfungsanalyse Abbildung 233 zeigt eine exemplarische Wertschoumlpfungsanalyse

bull WasistderZweck Dieses Lean-Instrument identifiziert die wertschoumlpfenden wertunterstuumltzenden und

nichtwertschoumlpfenden Aktivitaumlten in dem zu untersuchenden Prozess Wertschoumlpfende Taumltigkeiten aumlndern das Produkt physisch werden von Anfang an richtig ausgefuumlhrt und der Kunde ist bereit fuumlr diese Taumltigkeit zu zahlen Wertunterstuumltzende Aktivitaumlten sind Voraussetzung fuumlr wertschoumlpfende Schritte (z B bedingt durch gesetzliche oder betriebliche Richtlinien) Nichtwertschoumlpfende Schritte sind Verschwendung und dem-

64

15

10

84

1

Nachfragen

Nacharbeit

Unterbrechung

OrdnenAdmin

Wert foumlrdernd

Wert foumlrderndNicht Wert foumlrdernd

Abb 233 Exemplarische Wertschoumlpfungsanalyse

7323 Lean (Six) Sigma

nach nicht kritisch fuumlr die Erzeugung des Produktes oder sie enthalten Fehler Der An-teil wofuumlr der Kunde bereit ist zu zahlen wird maximiert ndash im Gegenzug wird der Rest auf ein Minimum reduziert So werden Kapazitaumlten in der Wertschoumlpfung freigesetzt und die Kundenzufriedenheit erhoumlht

bull Wannsetztmansieein Die Identifizierung des Anteils fuumlr den der Kunde bereit ist zu zahlen ist Bestandteil

der Analyse-Phase Nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten nehmen erfahrungsgemaumlszlig einen groszligen Teil des Produktionsprozesses in Anspruch

bull Wiefunktioniertsie Zunaumlchst gilt es den Prozess durch den SIPOC oder alternative Prozessflussdarstellun-

gen zu definieren Jeder Prozessschritt ist aufzufuumlhren um zu ermitteln ob die Aktivi-taumlten wertschoumlpfend sind oder nicht Dabei sind folgende Fragen hilfreichminus Ist die Aktivitaumlt kritisch fuumlr das Ergebnis (ProduktService)minus Wird dem Ergebnis durch die Aktivitaumlt Wert hinzugefuumlgtminus Sind dabei Fehler oder Nacharbeiten entstandenminus Wie ist der Vorbereitungs- Kontroll- und Uumlberwachungsaufwandminus Tritt Uumlberproduktion oder Lagerhaltung aufminus Gibt es Transport- Bewegungs- Verzoumlgerungs- und Wartezeiten

bull Wasistzubeachten Zu Beginn der Anwendung dieses Instrumentes muss klar definiert werden was nicht

wertschoumlpfend ist Dafuumlr muumlssen alle Beteiligten hinsichtlich der Kernkompetenz des Unternehmens einer Meinung sein So wuumlrde der Transport zum Kunden von einem Transportunternehmen als wertschoumlpfend gekennzeichnet werden ndash fuumlr ein Produk-tionsunternehmen gilt dies im Gegenzug nicht Zu Beginn sollte im Projektteam festge-legt werden wie bei der Klassifizierung der Aktivitaumlten ob es sich um Verschwendung handelt ndash entschieden wird einstimmig oder mehrheitlich Erfahrungsgemaumlszlig zeigt al-lein die Diskussion ob eine Taumltigkeit wertschoumlpfend oder nichtwertschoumlpfend ist dass Optimierungspotenzial vorhanden ist

23433 Arten der Verschwendung bull WasistderZweck Unnoumltige Wartezeiten unbrauchbare Bestaumlnde oder vermeidbare Korrekturarbeiten im

Herstellungsprozess sind Verschwendung und verursachen wie zuvor erlaumlutert Zeitver-lust und Kosten Zur Verschwendung gehoumlrt jedes Element des Produktions- Verarbei-tungs- und Vertriebsablaufs das nicht zum Wert des Endprodukts beitraumlgt Diese Ele-mente sind vielmehr Symptome fuumlr eine Ursache des Problems und sind zu eliminieren Dies ist einer der wichtigsten Bestandteile des japanischen Lean-Ansatzes um einen kontinuierlichen Produktionsfluss zu ermoumlglichen

bull Wannsetztmanesein Die acht Arten der Verschwendung sind Bestandteil der Analyze-Phase Schwachstel-

len im Prozess werden identifiziert und bei der zukuumlnftigen Loumlsung (Improve-Phase) beruumlcksichtigt Das Instrument bdquoAcht Arten der Verschwendungldquo kann sowohl in der

74 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Produktion als auch in der Verwaltung eingesetzt werden Wenn in der Produktion nicht notwendige Lagerzeiten als Verschwendung verstanden werden sind Berichte und Pro-tokolle die niemand liest das Pendant in der Verwaltung

bull Wiefunktioniertes Die Arten der Verschwendung beruhen auf den Ansaumltzen des Toyota Produktionssys-

tems und lassen sich um eine weitere Art ndash die Nichtnutzung von intellektuellen Faumlhig-keiten und geistigen Ressourcen der Mitarbeiter ndash ergaumlnzen

bull Wasistzubeachten Die folgenden Sachverhalte weisen bei der Beobachtung des Wertstroms vor Ort auf

die unterschiedlichen Arten der Verschwendung hinminus Beim ersten Anlauf wird maumlszligige Qualitaumlt erreichtminus Lange Wartezeiten im Vergleich zu den Bearbeitungszeitenminus Prozessschritte erfordern mehrmalige Pruumlfungen und Nacharbeitenminus Exzessive Uumlbergaben zwischen PersonenOrganisationenminus Mehrere SystemeComputerhilfsmittel werden eingesetzt (kann auf redundante

Datenerfassung hinweisen)minus bdquoFruumlhstartrdquo ndash Beginnt der Prozess fruumlher als noumltig d h mit provisorischen Daten

und fuumlhrt dies zu Aktualisierungsarbeiten und Neubearbeitungen wenn die bdquorichti-genldquo Daten eintreffen

minus Nach Moumlglichkeiten der Eliminierung ganzer Prozessschritte Ausschau halten bevor Verschwendung aus unnoumltigen Prozessschritten entfernt wird

Die Arten der Verschwendung lassen sich gut mit anderen Werkzeugen wie die 5 S oder der Wertschoumlpfungsanalyse kombinieren

2344 Improve23441 5 S Einen Uumlberblick uumlber die Bestandteile von 5 S bietet Abb 234

bull WasistderZweck Die 5 S bekannt aus dem Lean-Ansatz nehmen als Grundlage fuumlr Prozessoptimie-

rung ein organisiertes sauberes und leistungsfaumlhiges Arbeitsumfeld an Zielsetzung fuumlr alle Mitarbeiter ist ein sicherer ordentlicher und aufgeraumlumter Arbeitsplatz bei dem alles einen zugewiesenen Platz hat und alles nicht Notwendige entfernt wird (bdquoEin Platz fuumlr alles alles an seinem Platzldquo) Dieses Tool ist keine einmalige kosmetische Saumluberungsaktion Die 5 S bewerten das Arbeitsumfeld dahingehend ob normale oder nicht normale Gegebenheiten vorherrschen und stellen dabei den Arbeitsplatz und die Arbeitsablaumlufe laufend infrage Das Instrument kann schnell und einfach umgesetzt werden eliminiert Verschwendung schafft einen ergonomischen Arbeitsplatz zusaumltz-lich wird die Produktivitaumlt erhoumlht indem Stoumlrungen verringert werden und die Qualitaumlt das Wohlbefinden des Mitarbeiters und die Sicherheit verbessert werden

bull Wannsetztmanesein Die 5 S bilden die Grundlage fuumlr Verbesserungen Das Instrument kann sowohl in der

Analyse- als auch in der Improve-Phase zum Einsatz kommen Der Einsatz der 5 S

7523 Lean (Six) Sigma

definiert den Startpunkt einer Verbesserungsaktivitaumlt und kann in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens angewandt werden wie in Produktionsbereichen Lager-hallen oder Buumlroraumlumen

bull Wiefunktioniertesminus Seiri ndash Sortieren Damit der Mitarbeiter seine Materialien schneller findet und so

kuumlrzere Wegzeiten erreicht wird zunaumlchst alles sortiert und nicht benoumltigtes Mate-rial aussortiert Moumlgliche unnoumltige Gegenstaumlnde wie Tische Stuumlhle Dokumente Rohmaterial oder Bauteile koumlnnen auf diese Art und Weise beseitigt werden Damit werden die Flaumlchen besser genutzt und die bdquoErfolgeldquo der Anwendung umgehend visualisiert

minus Seiton ndash Sichtbar machen In diesem Schritt geht es um die Systematisierung des Arbeitsplatzes Das Set-up des Arbeitsplatzes sollte so geplant werden dass kurze Wege entstehen Dabei hilft es den besten Standort (moumlglichst nahe am Einsatz-ort) fuumlr Ausruumlstung Produktionsmaterial Arbeitshilfen und andere Gegenstaumlnde zu ermitteln und zu beschriften

minus Seiso ndash Saumlubern Dieser Schritt verdeutlicht dass ein sauberer Arbeitsplatz ein Zeichen fuumlr Qualitaumlt ist Staub und Schmutz kann Produkte verunreinigen und zu Ausfaumlllen fuumlhren wohingegen Ordnung und Sauberkeit dabei helfen Prozesse transparent zu machen und Fehlentwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen Wenn alles in einem Topzustand ist kann man es jederzeit nutzen Die Aufrechterhaltung des sauberen Arbeitsumfeldes kann durch Zeitplaumlne Verteilung von Verantwortungen und regelmaumlszligige Kontrollen gewaumlhrleistet werden Die Raumlumlichkeiten sind fuumlr den Kunden jederzeit vorzeigbar

minus Seiketsu ndash Standardisieren Um den Ansatz der Sortierungs- Lagerungs- und Rei-nigungsaktivitaumlten der 5 S nachhaltig zu implementieren wird an dieser Stelle ein Standard definiert Die 5 S sollen ein System sein das jedermann an seinem Arbeits-platz in die Lage versetzt Probleme fruumlhzeitig zu erkennen Dafuumlr wird festgelegt

Seiri

Seiton

Seiso

Shitsuke

JapanischSchritt

1

2

3

5

Seketsu4

(Aus-)Sortieren

Sichtbar machen

Saumlubern

Stabilisieren

Deutsch

Standardisieren

Abb 234 Klassisches Lean-Tool 5 S

76 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

wer fuumlr welche Aufgabe und welches Werkzeug verantwortlich ist welche Werk-zeuge fuumlr jede Aktivitaumlt passend sind und welche Methoden zum Einsatz kommen sollen

minus Shitsuke ndash Stabilisieren Schlieszliglich wird der zuvor definierte Standard in die taumlg-liche Arbeit integriert damit sich ein bdquo5 S-Bewusstseinldquo entwickeln kann Jeder Mitarbeiter muss fester Bestandteil dieser Vorgehensweise sein damit die Disziplin aufrechterhalten werden kann Dies kann auch regelmaumlszligige 5 S-Audits beinhalten deren Ergebnisse kommuniziert werden

Nehmen wir an dass in einem Unternehmen die Arbeitszeit bislang durch manuell aus-gefuumlllte Excel-Tabellen erfasst wurde die jeder Mitarbeiter am Ende des Monats ver-vollstaumlndigte und an seinen Vorgesetzten weitergab Durch eine Lean-Implementierung entscheidet man sich an dieser Stelle fuumlr eine Umsetzung der bdquo5 Sldquominus Sortieren Jedem Mitarbeiter koumlnnen die entsprechenden Leistungsdaten aus der

Vergangenheit durch einfaches Abfragen im System zugeordnet werden Der Vor-gesetzte findet saumlmtliche Daten von jedem Mitarbeiter an einem Ort wieder

minus Sichtbar machen Die Arbeitszeiten verschwinden nicht mehr in den Tiefen der Gigabytes auf einer Festplatte sondern koumlnnen in einer zentralen Datenbank leicht aufgerufen werden

minus Saumlubern Das zentrale System fuumlhrt automatisch die Validierung von zuvor immer wieder auftretenden Doppelbuchungen durch

minus Standardisieren Alle Leistungsdaten der Mitarbeiter werden im gleichen Format verwaltet Irritationen in der Administration gehoumlren der Vergangenheit an

minus Stabilisieren Die Masse an Excel-Tabellen auf den Festplatten der Vorgesetz-ten nahm zuvor unuumlberschaubare Ausmaszlige an Ein zentrales Verwaltungssystem gewaumlhrleistet nachhaltige Ordnung

bull Was ist zu beachten Die bdquo5 Sldquo sind haumlufig der erste Schritt zu einer schlanken Produktion Um die Nach-

haltigkeit der Verbesserung sicherzustellen sollen 5 S-Verantwortlichen klare Ziel-vorgaben kommuniziert werden Es muss allen Mitarbeitern bewusst sein dass ein organisiertes sauberes und leistungsfaumlhiges Arbeitsumfeld produktiver sicherer und zuverlaumlssiger ist weniger Probleme und Informationsverluste verursacht und die Ter-mintreue steigert Aus diesem Grund bezeichnete Taichi Ohno der Begruumlnder des To-yota Produktionssystems den Fertigungsbereich als den Spiegel des Managements

23442 Poka Yoke bull WasistderZweck Poka Yoke (jap bdquoungluumlckliche Fehler vermeidenldquo) zielt darauf ab betriebssichere Pro-

zesse zu erreichen indem die Qualitaumlt an der (Fehler-)Quelle erhoumlht wird Ein Fahr-zeug mit einem Automatikgetriebe setzt das Drehen des Zuumlndschluumlssels auf bdquoZuumlndungldquo voraus bevor der Waumlhlhebel auf bdquoDriveldquo gestellt werden kann Der Schluumlssel kann erst wieder gezogen werden wenn die Position bdquoParkldquo eingestellt wurde Dies ist ein all-gemeines Beispiel fuumlr eine betriebssichere Anwendung Fuumlr einen Produktionsprozess

7723 Lean (Six) Sigma

bedeutet dies dass der Mitarbeiter sich sicher sein muss dass das Produkt bzw die Information die er weiterleitet von akzeptabler Qualitaumlt ist Dafuumlr muumlssen dem Mit-arbeiter die Hilfsmittel zur Verfuumlgung gestellt werden die es ihm ermoumlglichen eine Qualitaumltskontrolle durchzufuumlhren Ziel ist es unbeabsichtigte Fehlhandlungen im Pro-zess die zu Fehlern am Endprodukt fuumlhren zu vermeiden (vglAbb 235)

bull Wannsetzenwiresein Das Prinzip Poka Yoke wird in der Improve-Phase umgesetzt und kann als Erweiterung

des FMEA-Tools angesehen werden Es dient der Prozessverbesserung im Hinblick auf die Optimierung sich wiederholender Prozesse und bietet Loumlsungen fuumlr Schwachstel-len die beispielsweise zuvor durch das Fischgraumltendiagramm identifiziert wurden

bull Wiefunktioniertes Poka Yoke eroumlffnet zwei unterschiedliche Ansaumltze den praumlventiven und den reakti-

ven Der praumlventive Ansatz integriert Methoden die es nicht erlauben einen Fehler zu produzieren Bankautomaten verhindern vergessene Geldkarten weil man das Bargeld erst entnehmen kann wenn die Karte entnommen wurde Bei SIM-Karten oder Spei-cherkarten von Digitalkameras gibt es aufgrund der Form (abgeschraumlgte Ecke) nur eine korrekte Moumlglichkeit die Karte in den Kartenslot einzufuumlhren Der reaktive Ansatz laumluft auf ein kontrollierendes Warnsystem hinaus So koumlnnten in die Fertigungsanlagen Einrichtungen Sensoren oder Pruumlfgeraumlte eingebaut werden welche die Produktion bei Unregelmaumlszligigkeiten sofort unterbrechen So kann man sich eine Sperre vorstellen die sich automatisch senkt wenn ein Fertigungsbestandteil falsch eingelegt wurde um da-mit die Anlage abzuschalten

ist eine Abwandlung des ldquoToter

Abb 235 Beispiel fuumlr Poka-Yoke im Alltag

78 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Durch den praumlventiven Ansatz werden die Fehler zu 100 eliminiert ndash der reaktive Ansatz erreicht mit sehr groszliger Wahrscheinlichkeit Null-Fehler-Qualitaumlt beim Endpro-dukt

bull Wasistzubeachten Grundsaumltzlich gilt Je fruumlher der Fehler im Prozess erkannt wird desto geringer sind

die Kosten der Fehlerbeseitigung Erfahrungsgemaumlszlig bringt erst die Anwendung vie-ler fuumlr sich gesehen relativ simpler Anwendungen von Poka-Yoke-Mechanismen eine nachhaltige Qualitaumltsverbesserung Es bietet sich an die Ansaumltze von Poka Yoke insbe-sondere bei Taumltigkeiten die sich haumlufig wiederholen und eine konstante Wachsamkeit benoumltigen anzuwenden

23443 Ruumlstzeitreduzierung bull WasistderZweck Dieses Werkzeug (auch SMED ndash Akronym fuumlr bdquoSingle Minute Exchange of Dieldquo ndash ge-

nannt) ist ein systematischer Ansatz zur Verringerung der Ruumlstzeiten einer Maschine und bedeutet sinngemaumlszlig uumlbersetzt schnelles Umruumlsten in weniger als zehn Minuten Der Grundgedanke dass Ruumlstzeitoptimierung zur Losgroumlszligenreduzierung und damit auch zur Reduzierung der Durchlaufzeit und Bestaumlnde fuumlhrt findet seinen Ursprung in der Lean-Denkweise Ansaumltze dieser Art sind weit verbreitet da insbesondere die Ruumlst-vorgaumlnge (Nachbereitung des alten und Vorbereitung des neuen Auftrags Entfernen von zuvor benoumltigten Werkzeugen und Montieren von benoumltigten Vorrichtungen fuumlr den naumlchsten Auftrag Einstellen der Prozessparameter und Testen durch Probestuumlck) haumlufig aus Taumltigkeiten bestehen die mit einer nichtwertschoumlpfenden Stillstandzeit der Fertigungsanlagen einhergehen SMED erhoumlht die Flexibilitaumlt der Produktion und hilft dabei terminliche Verbindlichkeiten einzuhalten

bull Wannsetztmanesein Das Tool optimiert die Ruumlstzeit reduziert die Ruumlstkosten und steigert die Anlaufquali-

taumlt beim Wechsel der Produktionsanlage fuumlr einen neuen Auftrag ndash damit ist dieses Tool haumlufig die Grundlage fuumlr Verbesserungen im Produktionsablauf und wird in der Improve-Phase eingesetzt

bull Wiefunktioniertes Die Ruumlstzeitreduzierung findet in fuumlnf Schritten statt

1 Zunaumlchst ist der gesamte Ruumlstprozess zu dokumentieren Dabei werden interne Taumltigkeiten (die nur bei Stillstand der Maschine durchgefuumlhrt werden koumlnnen wie Austausch von Werkzeugen) und externe Taumltigkeiten (die parallel zur Produktion durchgefuumlhrt werden koumlnnen wie Materialvorbereitungen) differenziert Der Japa-ner Shingo der diesen Ansatz entwickelte definierte die zu dokumentierende Ruumlst-zeit als Dauer vom letzten Gutteil eines Loses bis zum ersten Gutteil des Folgeloses

2 Im zweiten Schritt gilt es die internen Taumltigkeiten in externe umzuwandeln Der Kreativitaumlt wie man dies erreichen kann sind keine Grenzen gesetzt ndash Tatsache ist dass erfahrungsgemaumlszlig die Verzoumlgerung durch die Suche nach Materialien und Informationen einen beachtlichen Anteil der Ruumlstzeit in Anspruch nimmt

7923 Lean (Six) Sigma

3 Schlieszliglich werden im dritten Schritt die uumlbrig gebliebenen internen Taumltigkeiten so einfach wie moumlglich umgesetzt (eine Fehlerentstehung am Ursprung soll vermieden werden) und

4 Im vierten Schritt wird die Beseitigung von Justierungen und Testlaumlufen vorgenommen

5 Der fuumlnfte Schritt markiert den neuen und verbesserten Standard fuumlr zukuumlnftige Ruumlstvorgaumlnge und legt die auszuuumlbenden Vorgaumlnge exakt fest Das Ziel ist es dass jeder Handgriff abgestimmt ist um Werkzeugwechsel im einstelligen Minutenbe-reich zu erreichen

bull Wasistzubeachten Der Erfolg dieser Vorgehensweise ist stark von dem Engagement der Mitarbeiter abhaumln-

gig In Workshops waumlhrend der Arbeitszeit ndash in denen es sich empfiehlt den Produk-tionsprozess anhand von Fotos der Ablaumlufe und Taumltigkeiten zu visualisieren ndash werden Ideen und Vorschlaumlge durch verschiedene Brainstorm-Techniken generiert und fest-gehalten Fuumlr die Einfuumlhrung von neuen Standards sollte die neue Loumlsung nachweisbar besser sein ndash fuumlr die Einhaltung neuer Standards sollten Verantwortliche klar benannt werden Wenn das Unternehmen uumlber ein BVW (Betriebliches Vorschlagswesen) ver-fuumlgt ndash bei dem Mitarbeiter fuumlr gelungene Vorschlaumlge eine Praumlmie erhalten ndash sollte besonders auf belohnende Maszlignahmen auch im Rahmen der dargestellten Vorgehens-weise geachtet werden

23444 Rollen und Verantwortlichkeiten RACI bull WasistderZweck RACI ist ein Instrument zur Darstellung und Analyse von Rollen und Verantwortlich-

keiten Es basiert auf einer einfachen zweidimensionalen Matrix Der Name leitet sich aus dem Akronym RACI (Responsible Accountable Consulted Informed) ab Auf diese Art und Weise kann man nicht nur ersichtlich machen welcher Inhaber welcher Rolle fuumlr welche Aktivitaumlten zustaumlndig ist sondern es ist gleichzeitig moumlglich das An-forderungsprofil der Verantwortlichen klar zu formulieren

bull Wannsetztmanesein Das Werkzeug laumlsst sich sowohl in der Analyse- als auch in der Improve-Phase ver-

wenden So lassen sich aktuelle Schwachstellen wie ungeklaumlrte Verantwortlichkeiten sichtbar machen Das Ergebnis kann zusaumltzlich fuumlr die Einarbeitung von Mitarbeitern genutzt werden

bull Wiefunktioniertes Zunaumlchst werden die einzelnen Prozessschritte in Zeilen untereinander aufgelistet Da-

nach werden die beteiligten PersonenBereiche in die Spalten nebeneinander eingetra-gen Anschlieszligend wird fuumlr jeden einzelnen Prozessschritt festgelegt wer involviert bzw verantwortlich ist Optional lassen sich weitere wichtige Informationen dokumen-tieren z B der Prozessinput das Prozessergebnis und weitere Kennzahlen Die Auf-teilung der PersonenBereiche klassifiziert sich wie folgt

80 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

minus R = Responsible ndash Person fuumlhrt die Aufgabe durchminus A = Accountable ndash verantwortlicher Managerminus C = Consulted ndash nimmt Einfluss auf Entscheidungenminus I = Informed ndash wird informiert nimmt keinen Einfluss

Die Matrix laumlsst sich mit verschiedenen Rollen beliebig erweiternminus V = Verify ndash pruumlft Akzeptanzkriterien (Qualitaumlssicherung)minus S = Sign-off ndash Ergebnis von V wird bestaumltigtgenehmigt

Im stark vereinfachten Beispiel (vglAbb 236) teilt eine Familie den Prozess bdquoWeih-nachtsgans bratenldquo auf Jedes Familienmitglied hat Einfluss auf die Entscheidung was auf den Tisch kommt Nachdem der Vater die Zutaten eingekauft und der Sohn sie zubereitet hat braumlt die Mutter die Gans im Ofen und ist verantwortlich fuumlr das Ergebnis

bull Wasistzubeachten Besonders die Rolle des verantwortlichen Managers (bdquoAldquo) darf fuumlr jeden Prozessschritt

nur einmal vergeben werden da sonst ein Machtkampf vorprogrammiert ist Die Rollen sollten zudem in einem ausgewogenen Verhaumlltnis vergeben werden Wenn es in einer Zeile zu viele bdquoRldquo gibt sollte man die Aufgaben auseinanderdividieren Kein Projekt-mitglied sollte uumlberfordert sein aber auch nicht vergessen werden

2345 Control23451 Projektabschluss (Lessons Learned) bull WasistderZweck Dieses Tool wird in der Control-Phase angewendet um das Projekt offiziell zu be-

enden ndash es wird symbolisch dem zukuumlnftigen Prozesseigner uumlbergeben Nachdem die Teammitglieder die notwendigen Unterlagen zur Prozessuumlbergabe zusammengetragen haben werden sie entlastet ndash ihre Aufgabe im Projekt ist abgeschlossen

bull Wannsetztmanesein Der Projektabschluss findet im Regelfall zum Ende der Control-Phase statt Wann

das Projekt als abgeschlossen angesehen werden kann haumlngt von der Zielsetzung im

Nr Prozessschritt Vater Mutter Kind

1 Rezept aussuchen C RA C

2 Zutaten einkaufen R

3 Ofen vorheizen R

4 Zutaten vorbereiten A R

5 Gans im Ofen braten AR

Abb 236 Beispiel fuumlr RACI

8123 Lean (Six) Sigma

Projektsteckbrief aus der Define-Phase ab Gewoumlhnlich sollte das Verbesserungsziel erreicht und damit das Optimierungspotenzial ausgeschoumlpft sein ndash weitere Verbesse-rungsaktivitaumlten waumlren demnach nicht gerechtfertigt da sie nicht ausreichend Bene-fit generieren Diese Entscheidung obliegt dem BB in Absprache mit dem MBB Der Black Belt hat zusaumltzlich festzustellen ob eine allgemeine Zufriedenheit mit den Er-gebnissen im Projektteam vorherrscht und ob die von dem Projekt betroffenen Mit-arbeiter die Veraumlnderungen positiv uumlbernommen haben Im Sinne der Lean-Philosophie und des Null-Fehler-Ansatzes von Six Sigma ist der Mitarbeiter von nun an in der Lage eigene Verbesserungsvorschlaumlge aktiv einzubringen

bull Wiefunktioniertes Bei der Erstellung des Projektabschlusses geht es um eine komprimierte Dokumenta-

tion der Projektergebnisse Der Projektname die Erreichung der Zielsetzung die Uumlber-gabe an den zukuumlnftigen Prozesseigner und die Entlastung des Projektteams werden durch den Auftraggeber freigegeben Es bietet sich an die Herausforderung des Pro-jektes die Vorgehensweise und ihre Resultate und moumlgliche Ansprechpartner als Refe-renz zu notieren Eine derartige zentrale Zugaumlnglichkeit erleichtert zukuumlnftige Projekte Daruumlber hinaus ist eine mittelfristige Unterstuumltzung des Prozesseigners durch den BB empfehlenswert um die Verbesserungen aufrechtzuerhalten Den genauen Zeitraum ndash zwischen sechs und zwoumllf Monaten ndash gilt es den Umstaumlnden entsprechend individuell festzulegen Bei einer letzten Teamsitzung sollen die Beteiligten ihre Erfahrungen aus-tauschen und den Abschluss des Projektes gemeinsam feiern

bull Wasistzubeachten Hervorzuheben ist die Notwendigkeit einer formalen Freigabe durch den Auftraggeber

Die klare Dokumentation der erzielten Ergebnisse ist essenziell Fuumlr das interne Mar-keting ist eine Darstellung des Projekteabschlusses in Form eines Einseiters nuumltzlich (Herausforderung Vorgehensweise Ziel Resultate und Kontakt) Zuletzt ist auch die offizielle Anerkennung der erbrachten Leistung des Teams oder von Einzelpersonen hervorzuheben ndash die Verleihung eines Zertifikats oder ernstgenommene lobende Worte vom Projektsponsor sind fuumlr die Mitarbeitermotivation bei zukuumlnftigen Projekten nicht zu unterschaumltzen Eine Vorlage fuumlr einen Projektabschluss ist in Abb 237 zu sehen

23452 Werkzeuge fuumlr die Prozessanalyse Lean Sigma vereint den philosophisch gepraumlgten Prozessverbesserungsansatz des Lean Managements und das statistisch-mathematisch gepraumlgte Vorgehen zur Qualitaumltsverbes-serung von Six Sigma Der Vollstaumlndigkeit halber soll an dieser Stelle ein Eindruck der statistischen Werkzeuge vermittelt werden die eine detaillierte Prozessdarstellung und -analyse ermoumlglichen Der Ansatz von Six Sigma eroumlffnet die Gelegenheit fuumlr neue ef-fiziente Loumlsungen die auf Zahlen Daten und Fakten und nicht nur auf der subjektiven Wahrnehmung der Beteiligten ndash Annehmen Raten und Deuten ndash beruhen In diesem Zu-sammenhang sind die folgenden Werkzeuge weit verbreitet

82 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

bull Hypothesentest Im Produktionsprozess ist Ausschuss zu minimieren ndash nimmt man an dass ein Unter-

nehmen sich aus diesem Grund die neueste Version der Fertigungsanlage teuer gekauft hat ist die Erwartung hoch Doch produziert die neue Maschine tatsaumlchlich genauer und mit weniger Ausschuss als die alte Maschine Wer Entscheidungen trifft weiszlig

Ist der Auftrag Ihres Teams komplett Haben Sie Ihre Ziele erreicht Ist Ihre Arbeit erledigt

Vermeiden Sie eine unnoumltige Fortsetzung

Dokumentieren Sie die Verbesserung des Teams

Nostalgie ndashwie ging die Arbeitmit diesem Team am Anfang vonstatten

Bewerten Sie den Prozess des Teams

Was haben Sie daraus gelerntndash welchen Rat koumlnnen Sie anderen Teams geben

Wie gut haben Sie mit Ihrem Auftrag-geber zusammengearbeitet

Haben Sie Ihren Auftrag erfuumlllt Was hat Ihrem Team geholfen Was hat Ihr Team behindert

Bewerten Sie das Produkt des Teams

Was haben Sie in technischer Hinsicht erreicht

Wurden die Verbesserungen standardisiert Wie werden die Verbesserungen beibehalten Wie wurden sie innerhalb und zwischen den Gruppen bekannt gemacht

Welche weiteren Feststellungen haben Sie gemacht Wie wurden diese innerhalb und zwischen den Arbeitsgruppen bekannt gemacht

Loumlschen Sie alle personenbezogenen Daten von allen Laufwerken und Projektdateien (Vorschrift des BDSG)

Sonstiges

Ist Ihre Dokumentation aktuell Enthaumllt sie Endergebnisse und Schlussfolgerungen

Haben Sie Ihre Dokumentdateifertiggestellt

Abschlussbericht an den Auftraggeber

Bekanntgabe des Projektabschlusses

Gemeinsame Aufgabe fuumlr Projektteam und Auftraggeber

Wie wird das uumlbrige Unternehmen uumlber die Verbesserungen des Teams informiert

Wie kann das Ende dieses Projekts den Grundstein fuumlr kuumlnftige Projekte legen

Wie wird das Management uumlber die Erkenntnisse des Teams informiert

Welche Empfehlungen wird das Team nach Abschluss des Projekts fuumlr das weitere Vorgehen abgeben

Die Feier

Wie wird der Projektabschluss gebuumlhrend gefeiert

Wie verabschieden Sie sich

Abb 237 Vorlage fuumlr einen Projektabschluss

8323 Lean (Six) Sigma

erst im Nachhinein ob die Entscheidung richtig getroffen wurde Eine Entscheidung beinhaltet demnach immer eine gewisse Fehlerwahrscheinlichkeit ndash statistische Tests minimieren dieses Risiko Der Hypothesentest eroumlffnet im Rahmen der Analysephase die Moumlglichkeit einer alternativen Entscheidung indem eine statistische Hypothese fuumlr eine Stichprobe auf ihre Signifikanz uumlberpruumlft wird Fuumlr Lean-Sigma-Projekte bedeutet dies dass Annahmen auf ihre Guumlltigkeit uumlberpruumlft werden koumlnnen Ferner ist es moumlg-lich den statistischen Unterschied mehrerer Prozess-Outputs oder statistisch signifi-kante Prozessverbesserungen zu ermitteln

bull Regressionsanalyse Dieses Tool ist innerhalb der Analysephase ein Verfahren welches den Zusammen-

hang zwischen einer Zielvariable Y (abhaumlngige Variable) und anderen Variablen X1 X2hellip Xn (unabhaumlngige Variablen oder Regressoren) erklaumlrt Die Regressionsanalyse ist demnach eine statistische Methode um die Beziehung zwischen zwei oder mehreren Variablen genauer zu untersuchen und in mathematische Zusammenhaumlnge zu bringen Eine Korrelation sagt aus ob es zwischen Variablen Faktoren oder Sachverhalten eine Beziehung gibt und wie stark sie voraussichtlich ist Es kann festgestellt werden ob die Variablen jeweils in Korrelation mit dem Prozess-Output stehen ndash diese Korrelation wird dafuumlr als Funktion beschrieben Daraus laumlsst sich folgern welche Variablen in Zukunft beeinflusst werden sollen um eine Prozessverbesserung zu erreichen ndash die Regressionsanalyse zeigt demnach statistisch belegbar auf welche Stellschrauben im Prozess den idealen Anknuumlpfungspunkt fuumlr Verbesserungen bieten Ungeachtet der verwendeten Methode ist es wichtig nicht zu vergessen dass eine starke mathema-tische (oder grafische) Beziehung zwischen zwei Variablen nicht zwangslaumlufig einen kausalen Zusammenhang bedeutet Zwei Variablen koumlnnen in einer engen Beziehung zueinander stehen und dennoch wird die eine nicht durch die andere beeinflusst Eine Validierung der Grundursache ist nur sinnvoll wenn zwei Bedingungen zutreffen1 Es besteht eine statistisch signifikante Beziehung zwischen der vermuteten Grund-

ursache und der Wirkung2 Die Kenntnis des Prozesses bestaumltigt diese kausale Beziehung

bull DOE DOE (Akronym fuumlr Design of Experiments ndash im Deutschen bdquostatistische Versuchspla-

nungldquo) bezeichnet das Vorgehen einer effizienten Prozessanalyse wenn durch Versuche beim Uumlbergang von der Analyse- in die Improve-Phase ein Produkt oder Prozess op-timiert werden soll Der Versuchsverantwortliche steht vor der Problematik einerseits nicht zu viel Aufwand zu betreiben und andererseits genaue und zuverlaumlssige Ergeb-nisse zu liefern ndash die Ressourcen sind begrenzt Mithilfe von DOE wird mit moumlglichst wenigen Versuchen die optimale Einstellung um die Zielgroumlszlige (abhaumlngige Variable) entsprechend der Kundenspezifikation (unabhaumlngige Variable) zu definieren determi-niert

bull IdentifizierungvonEngpaumlssen Die Identifizierung von Engpaumlssen (sogenannte bdquoBottlenecksldquo) im Prozess stellt sich

in der Analysephase haumlufig als schwierig dar Ein bdquoFlaschenhalsldquo beschreibt einen Engpass zwischen Prozessschritten der maszliggeblichen Einfluss auf die Produktions-

84 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

geschwindigkeit hat So kann man von einer Festplatte etliche Megabyte an Daten pro Sekunde kopieren ndash wird die Festplatte aber uumlber einen USB-Anschluss angeschlossen sorgt dieser bdquoFlaschenhalsldquo fuumlr eine stark eingeschraumlnkte Transferleistung der Daten Es bringt nichts wenn man eine schnellere Festplatte waumlhlt denn der Engpass bleibt bestehen Aus diesem Grund ist die Identifizierung von bdquoBottlenecksldquo von enormer Bedeutung um das Produkt am Ende des Gesamtprozesses entsprechend der Kunden-anforderung liefern zu koumlnnen

23453 Projektbegleitende Werkzeuge Die Generierung von Ideen kann waumlhrend des gesamten Projektes eingesetzt werden ndash ob es um die Suche geeigneter Messpunkte in der Analysephase geht oder um die Entwick-lung von Loumlsungen in der Konzeption Es ist immer ratsam die Mitarbeiter proaktiv in diesen Prozess miteinzubinden ndash die zukuumlnftige Loumlsung genieszligt dann houmlhere Akzeptanz

6-3-5-Methode Bei dieser Methode bekommt jeder aus einer Gruppe von sechs Teil-nehmern ndash so heterogen wie moumlglich ndash ein gleich groszliges Blatt Papier Dieses wird mit 18 Kaumlstchen (drei Spalten x sechs Zeilen) aufgeteilt Die Zielsetzung des Brainstormings wird fixiert und anschlieszligend hat jeder in der ersten Zeile fuumlr jede Spalte eine Idee zu for-mulieren Die Bearbeitungszeit wird individuell festgelegt ndash sie sollte fuumlnf Minuten nicht uumlberschreiten Nach der ersten Runde wird das Blatt Papier im Uhrzeigersinn weitergege-ben Der naumlchste hat in der zweiten Zeile die Ideen von seinem Vorgaumlnger aus der ersten Zeile aufzugreifen und weiterzuentwickeln Die Papierblaumltter werden insgesamt fuumlnf Mal weitergereicht Im Ergebnis entstehen so innerhalb von 30 min bis zu 108 Ideen von sechs Teilnehmern Es ist dafuumlr Sorge zu tragen dass eine bdquokreative Atmosphaumlreldquo vorherrscht ndash Ideen sollen demnach nicht direkt kritisiert werden jeder hat dem anderen zuzuhoumlren und Quantitaumlt geht vor Qualitaumlt

Anti-Loumlsungs-Brainstorming Bei dieser Methode ist die Fragestellung bdquoWas koumlnnte die Situation noch verschlimmernldquo der Ausgangspunkt fuumlr die Sammlung von Ideen (vgl Abb 238) Demnach wird aus der Antwort auf die Ausgangsfrage (rote Karten verwen-den) ein Verbesserungsvorschlag (gruumlne Karten verwenden) abgeleitet Einzelne Ideen koumlnnen durch gezieltes Brainstorming weiter vertieft werden

laumlngere Transportwege

Was kann unseren Prozess noch verschlechtern

effizientere Transportmittelkuumlrzere Transportwege

Verbesserungsvorschlag

keine Reinigung der Maschine regelmaumlszligige Reinigung

Abb 238 Vorgehensweise beim Anti-Loumlsungs-Brainstorming (Quelle In Anlehnung an Lunau 2013 S 215)

8523 Lean (Six) Sigma

Die perfekte Welt Im direkten Vergleich zur Anti-Loumlsungs-Methode wird hier die Aus-gangslage entgegengesetzt formuliert bdquoWie saumlhe unser Prozess in einer perfekten Welt ausldquo Hier sind bdquoout-of-the-box-affineldquo Teilnehmer und ein offener Umgang mit den Vor-schlaumlgen besonders wichtig Der Moderator ist dabei erfolgsentscheidend Er hat dafuumlr zu sorgen dass alle Beteiligten mit einbezogen werden keine inhaltliche Diskussion aus-bricht jeder Vorschlag zaumlhlt und aufgeschrieben wird In einer 30-minuumltigen Sitzung sol-len die Teilnehmer ihrer Kreativitaumlt in jede erdenkliche Richtung freien Lauf lassen

Fahrstuhlrede Der aus dem Englischen bekannte bdquoElevator Pitchldquo beschreibt die effizi-ente Nutzung von rund 30 Sekunden um ein Produkt eine Geschaumlftsidee oder in diesem Fall ein Projekt mit wenigen Saumltze zu verkaufen Das Werkzeug ist in allen Projektphasen einsetzbar und besonders geeignet wenn Mitarbeiter oder Kunden nach dem aktuellen Projekt fragen Dabei sollten folgende Dinge beachtet werden

bull Einen praumlgnanten Einstieg waumlhlen den man nicht so schnell vergisstbull Das Vorgehen bdquoMerkmalldquo (Was ist das Ziel des Projektes) bdquoVorteilldquo (Was sind die

Vorteile fuumlr den Kunden oder das Unternehmen) und bdquoNutzenldquo (Was hat der Ge-spraumlchspartner fuumlr einen Nutzen davon) ist als Grundstruktur geeignet

bull Klare Aussage machen im Hinblick auf die Person die fuumlr das Vorhaben gewonnen werden soll

bull Eine anschauliche Sprache verwenden und die AIDA-Formel (Attention-Interest-Desi-re-Action) beruumlcksichtigen

bull Koumlrpersprache und Stimme nutzen um Begeisterung zu zeigenbull Den Unterschied zu anderen bdquoAnbieternldquo deutlich machenbull Einladung zu einem Gespraumlch oder Event kommunizieren

Stimmungsbarometer Das Stimmungsbarometer wird gewoumlhnlich von Beginn an (Kick-off-Workshop) begleitend zum Projekt eingesetzt Es handelt sich dabei um das Fruumlhwarnsystem fuumlr den Projektleiter Sollten einzelne Teammitglieder mit dem Projekt-verlauf oder der Zusammenarbeit unzufrieden sein ist dies ein wirkungsvolles Werkzeug um das sichtbar zu machen Daher sollte das Team regelmaumlszligig seine Zuversicht messen ob eine Zielerreichung moumlglich ist (vgl Abb 239)

Viele Menschen sind es nicht gewohnt offen Kritik zu uumlben Deshalb wird zu Pro-jektbeginn haumlufig eine bdquogeheimeldquo Abstimmung gewuumlnscht Die Teammitglieder schreiben eine Zahl (3 bis -3) auf einen Zettel und geben diesen am Ende des Teammeetings dem Projektleiter Dieser stellt das Ergebnis im naumlchsten Teammeeting vor

Kommunikationsplan Dieses Werkzeug laumlsst sich aus der erstellten Stakeholder-Ana-lyse in der Define-Phase ableiten Die Art und Weise der Kommunikation kann das Zuumlng-lein an der Waage sein wenn der Projekterfolg auf der Kippe steht Kommunikation ist nicht als Nebenjob zu verstehen ndash sie kann abhaumlngig von der Projektreichweite die ganz Aufmerksamkeit erfordern Daruumlber hinaus sollte der Kommunikationsplan stakeholder-

86 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

spezifisch sein ndash dies bedeutet dass er die Praumlferenzen der jeweiligen Anspruchsgruppe hinsichtlich des gewaumlhlten Informationsmediums des transportierten Inhalts und der Haumlu-figkeit beruumlcksichtigt Der Kommunikationsinhalt kann sich auf das Reporting (Status der methodischen Implementierung oder der Projektverlaumlufe) auf den Erfolg (einzelner abgeschlossener Projekte oder der Belt-Ausbildungen) auf allgemeine Informationen (geplantes Vorgehen oder Entwicklung der Mitarbeiter) und auf Managementinformatio-nen (Strategie und Maszlignahmen) beziehen

Besprechungsprotokoll (Meeting Minutes) Zweifellos laumlsst sich uumlber den Sinn und Unsinn einer in vielen Unternehmen vorherrschenden bdquoMeetingkulturldquo streiten Tatsache ist dass der Extremfall ndash auch bdquoMeeting-itisldquo genannt ndash houmlchst unproduktiv ist Es gilt folgendes zu beachten um einer strukturlosen Plauderei zu entgehen

bull Zur Orientierung eine Agenda mit Tagesordnungspunkten und die damit verbundenen Erwartungen und Ziele und einen Zeitplan aufstellen die Reihenfolge absprechen und einhalten

bull Das Erscheinen der wichtigsten Protagonisten des Meetings ist sicherzustellenbull Puumlnktlich beginnen und genauso puumlnktlich das Meeting beendenbull Den Sinn und Zweck des Meetings zu Beginn mit den Anwesenden verifizieren und

ggf Aumlnderungen an der Agenda (aufgrund schon statt gefundener Meetings) direkt vornehmen

bull Der Moderator hat die weniger redseligen Teilnehmer aktiv einzubinden und die red-seligen taktvoll einzuschraumlnken

bull Die Dynamik von destruktiven Konflikten ist zu vermeiden indem Grundregeln fest-gelegt werden (keine bdquohidden agendasldquo oder keine negativen oder persoumlnlichen Kom-mentare)

bull Es ist von Zeit zu Zeit hilfreich die Diskussionsgegenstaumlnde zusammenzufassen und komplexe Sachverhalte grafisch darzustellen

0

1

2

3

-1

-2

-3

Kick-off PW4 PW6 PW8 PW10

PW = Projektwoche

Abb 239 Stimmungsbarometer

8724 Das Kapitel in aller Kuumlrze

bull Eine Liste der Teilnehmer die Inhalte und Erkenntnisse der Diskussion und die verein-barten Maszlignahmen sind in einem Besprechungsprotokoll konkret festzuhalten Es ist wichtig dass eine solche Zusammenfassung den Teilnehmern unverzuumlglich zur Ver-fuumlgung gestellt wird Die Verantwortlichkeiten fuumlr den Maszlignahmenplan sind explizit schriftlich festzuhalten

Statusreport Darunter werden regelmaumlszligige Statusberichte uumlber den inhaltlichen und ter-minlichen Projektfortschritt verstanden Eine Moumlglichkeit ist der bdquoBi-Weekly Statusre-portldquo in Form eines Einseiters Durch die Darstellung der Schluumlsselelemente des Projektes (Projektumfang Projektzeitplan Ressourcen und Stakeholder) mit den Farbnuancen Rot Gelb und Gruumln wird zunaumlchst eine schnelle Aussage zum Projektstatus getroffen Ferner werden die Errungenschaften der letzten zwei vergangenen Wochen und die Plaumlne fuumlr die kommenden zwei Wochen formuliert Zur aggregierten Projektaufbereitung und Praumlsenta-tion der zentralen Projektparameter gehoumlren auch die im Projektsteckbrief (Define-Phase) definierten Meilensteine Es werden die erreichten und bevorstehenden Meilensteine kurz aufgegriffen Das schriftliche Festhalten von wesentlichen Risiken und den erforderlichen Gegenmaszlignahmen bildet den Abschluss des bdquoBi-Weekly Statusreportsldquo

24 Das Kapitel in aller Kuumlrze

So wie ein Kraftfahrzeug welches der Befoumlrderung von Personen oder Guumltern dient eines Antriebssystems bedarf liegt auch der Programmatik von Operational Excellence die eine konkrete Zielsetzung verfolgt eine spezifische Mechanik zugrunde In diesem Kapitel wird das architektonische Grundgeruumlst der bdquoOperational Excellenceldquo vorgestellt und naumlher erlaumlutert

Lean Management geht auf das von Eiji Toyoda entwickelte bdquoToyota Produktionssys-temldquo (TPS ) zuruumlck Prozesse synchronisieren und standardisieren Fehler vermeiden Pro-duktionsanlagen verbessern und Mitarbeiter qualifizieren und miteinbeziehen beschreiben die fuumlnf Grundsaumltze des TPS ndash im Mittelpunkt steht die Reduktion von bdquomudaldquo (jap fuumlr Verschwendung) Mit einem Buumlndel aus Grundsaumltzen Methoden und Werkzeugen wird ein systematischer Ansatz zur Beseitigung von nichtwertschoumlpfenden Taumltigkeiten ver-folgt um einen kontinuierlichen Fluss ndash bdquopanta rheildquo (griech bdquoalles flieszligtldquo) ndash im Pro-duktionsprozess zu ermoumlglichen Dieser Ansatz war der Grundstein fuumlr Toyotas bis heute andauernde Erfolgsgeschichte Westliche Unternehmen kopierten den Ansatz sodass eine Weiterentwicklung des Toyota Produktionssystems daraus resultierte Die Begrifflichkeit bdquoleanldquo wurde in einer Buchpublikation im Jahre 1990 geboren und uumlber die fuumlnf Prinzi-pien proaktives sensitives ganzheitliches oumlkonomisches und Potenzialdenken definiert Die Methodik setzt auf die fuumlnf Bausteine Wert spezifizieren Wertstrom identifizieren Flow etablieren Pull implementieren und Vorgehen perfektionieren Kurz Der methodi-sche Fuumlnfschritt fuumlhrt die Organisation zur perfekten Produktion und die Prinzipien sorgen dafuumlr dass sie dort bleibt

88 2 Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence

Lean Management wird bis heute faumllschlicherweise in Verbindung mit Kostensenkung und Personalabbau gebracht ndash dabei setzt die Verbesserungsphilosophie auf den Grundsatz bdquoProducing people before producing partsldquo Das Wissen der Mitarbeiter und deren Mo-tivation werden in das Zentrum der kontinuierlichen Verbesserungsphilosophie gestellt

Six Sigma versteht Variation im Produktionsprozess als eine ernst zu nehmende Be-drohung Das Kernelement aller Six-Sigma-Projekte ist eine Prozessoptimierung die zum Ziel hat dass nur noch 34 Fehler pro einer Million Fehlermoumlglichkeiten (Defects per Million Opportunities ndash DPMO) auftreten Dies entspricht einer Qualitaumlt von 999997 1986 kam ein Produktionsingenieur von Motorola zu der Schlussfolgerung dass durch ein effektives Qualitaumltsmanagement nicht die Fehler waumlhrend des Prozesses behoben werden sollten sondern dass Fehler erst gar nicht gemacht werden duumlrften Der damalige CEO von General Electric Jack Welch brachte die Methodik durch die oumlffentlichkeitswirksa-me Einfuumlhrung bei GE im Jahre 1996 zu breiter Bekanntheit

Im methodischen Fokus stehen die Fehlerreduzierung und die Kundenorientierung Durch statistisch-mathematische Ursachenforschung resultiert ein Verstaumlndnis fuumlr den Geschaumlftsprozess das ermoumlglicht auch in komplexen und intransparenten Prozessen Qualitaumltsverbesserungen zu identifizieren Entscheidend ist dass die Analyse und Louml-sungsentwicklung auf Daten und Fakten beruhen da Six Sigma ein reales Problem in ein statistisch-mathematisches Problem umwandelt Dabei beschraumlnkt man sich nicht wie bei anderen Optimierungsprojekten auf die subjektive Wahrnehmung der Beteiligten Das zentrale Werkzeug dafuumlr ist der sog DMAIC-Zyklus Define (Was ist wichtig) Measure (Wie gut sind wir) Analyse (Was ist falsch) Improve (Was muss getan werden) und Control (Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher)

Eine solche tiefgehende Auseinandersetzung mit organisatorischen Gegebenheiten beruumlhrt unweigerlich die Unternehmenskultur Demnach ist fuumlr die Implementierung die Freistellung und Definition von qualifizierten personellen Ressourcen aus den Linien-taumltigkeiten essenziell um die Initiative auf ein solides Fundament zu stellen Die prakti-sche Anwendung orientiert sich an dem Guumlrtelsystem und der Hierarchie der asiatischen Kampfsportart Karate Der Champion initiiert und sponsert die Initiative der Master Black Belt (Six Sigma Experte) agiert als Trainer der Black Belt (hohe Fachkompetenz) als Projektmanager der Green Belt (fachlich versiert) leitet kleinere Projekte und der Yellow Belt (Fachkraft) nimmt an Basisschulungen teil

Lean (Six) Sigma vereint zwei der populaumlrsten Ansaumltze des Strategischen Manage-ments Die Konzepte profitieren durch die Synthese voneinander da sie sich in ihren Ziel-setzungen ergaumlnzen Six Sigma erhoumlht die Qualitaumlt und Lean Management die Geschwin-digkeit von Geschaumlftsprozessen Gemeint sind den Konzepten die Kundenfokussierung Projektorganisation und Arbeitsprinzipien Nur durch richtig ausgewaumlhlte Projektinhalte die gute Zusammenarbeit der Beteiligten und die alles entscheidende Kundenorientierung werden wirksame Ergebnisse erarbeitet Unterschiede liegen zum einen in der Rolle der Mitarbeiter ndash wo Six Sigma nur fuumlr einen Teil der Belegschaft auf klar definierte Rollen und Aufgaben setzt baut Lean Management auf das Engagement jedes einzelnen Mit-arbeiters ndash zum anderen in der Art der Problemanalyse Six Sigma konzentriert sich ins-

89Literatur

besondere bei komplexen Sachverhalten auf anspruchsvolle Auswertungstools um Prob-lemursachen zu identifizieren Lean hebt die Loumlsungsfindung in den Vordergrund da die Komplexitaumlt des Prozess reduziert werden soll

Lean Sigma baut eine Initiative ebenfalls nach den Schritten des DMAIC-Zyklus auf und greift auf ein Interventionsrepertoire von rund 150 Tools zuruumlck wobei sich deren Anwendung nach der notwendigen Prozessverbesserung richtet ndash es gibt keine Bedie-nungsanleitung

Literatur

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91

Praxiserfahrung mit Operational Excellence

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3

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis viel houmlher als in der TheorieErnst Ferstl (Oumlsterreichischer Schriftsteller)

So wie der Vater seinem neugierigen Sohn nachdem er die Entstehungsgeschichte des Automobils in der Theorie erlaumlutert hat zeigt wie der Wagen faumlhrt widmet sich die-ses Kapitel dem naumlchsten logischen Schritt Der Darstellung von Erfahrungen aus der Praxis ndash wie werden Operational-Excellence-Programme umgesetzt Dabei draumlngen sich unweigerlich weitere Fragen auf Wie konnten in der Vergangenheit Mitarbeiter vom Leis-tungsversprechen der Six-Sigma-Methode uumlberzeugt werden Welche Werkzeuge wirkten katalysierend auf die Einfuumlhrung des Lean Managements Woran scheitern Unternehmen wenn sie versuchen die Veraumlnderung durch Lean Sigma langfristig aufrechtzuerhalten

92 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

So wie es in einem Auto verschiedene Instrumente Messanzeigen und Bedienungs-hebel zu beachten gilt heiszligt es auch waumlhrend eines Optimierungsprogrammes auf der richtigen Spur mit der richtigen Geschwindigkeit im richtigen Gang zu fahren Dieses Kapitel beleuchtet fuumlnf Praxisbeispiele mit sich stark unterscheidenden Quintessenzen Die Umsetzung von Lean Management beim Hamburger Kranhersteller Neuenfelder Ma-schinenfabrik (NMF) und der franzoumlsischen FCI-Gruppe (FCI) die Implementierung von Six Sigma beim kanadischen Lebensmittelhersteller Maple Leaf Foods (MLF) und der Bank of America (BoA) und zuletzt die Einfuumlhrung von Lean Sigma beim amerikanischen Handelsriesen Best Buy (BeBu) Nach der Vorstellung des Unternehmens und der Aus-gangslage wird auf die Umsetzung der Methodik und auf die erreichten Ergebnisse durch das jeweilige Operational-Excellence-Programm eingegangen Die wichtigsten Erkennt-nisse werden schlieszliglich im Fazit zusammengefuumlhrt ndash es wird aus heutiger Sicht Bilanz gezogen

31 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

Abbildung 31 gibt einen Uumlberblick uumlber das Lean Management bei der Neuenfelder Ma-schinenfabrik GmbH

311 Unternehmensprofil

Die Neuenfelder Maschinenfabrik (NMF) wurde 1970 von Sietas einer Hamburger Schiffswerft als eigenstaumlndige Tochtergesellschaft gegruumlndet1 Das Produktportfolio um-fasst Schiffskraumlne sowie hydraulische Anlagen wobei die NMF als Komplettanbieter auf-tritt ndash in allen Produktgruppen wird den Kunden die Leistung aus einer Hand angeboten Die hauseigene Produktion und Abwicklung sichert den Kunden die zuumlgige Bearbeitung ihrer Fertigungs- Wartungs- und Reparaturanliegen in hoher Qualitaumlt Der Schwerpunkt des Unternehmens liegt seit dem wirtschaftlichen Aufstieg Asiens uumlberwiegend auf dem chinesischen Markt Die NMF in der Branche eines der weltweit fuumlhrenden Unterneh-men erwirtschaftete mit 400 Mitarbeitern (davon 150 Leihkraumlfte) im Geschaumlftsjahr 2010 einen Rekordumsatz von 2024 Mio euro Der Anstieg um 75 im Vergleich zum Vorjahr war auf bestehende Lieferverpflichtungen aus aktuellen Auftraumlgen und aus verschobenen Altauftraumlgen aus dem Jahr 2008 zuruumlckzufuumlhren Trotz Rekordumsatz und der houmlchsten Ablieferungsquote in der Unternehmensgeschichte (im letzten Quartal 2010 5 Krane pro Woche) sank das Ergebnis der gewoumlhnlichen Geschaumlftstaumltigkeit in diesem Jahr um 15

1 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf explorative Tiefeninterviews mit den Geschaumlftsfuumlhrern Goran Curic und Ralf Ressel zuruumlck die im Rahmen mehrmaliger Werksbe-sichtigungen in Hamburg durchgefuumlhrt wurden Verschiedene Praumlsentationsunterlagen des Unter-nehmens und eine zielgerichtete On- und Offline-Recherche schaumlrfen das Gesamtbild

9331 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

auf 54 Mio euro Das operative Geschaumlft tat sich schwer an der leichten Erholung der Wirt-schaftslage zu partizipieren ndash das Resultat war eine personelle Rochade noch im Jahr 2010 Ralf Ressel (CEO) und Goran Curic (COO) wurden als neue Geschaumlftsfuumlhrer bestellt Sie konnten auf vielfaumlltige Erfahrung mit Kranen und industrieller Produktion zuruumlckgreifen

Abb 31 Uumlberblick uumlber Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

94 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

312 Ausgangslage

Der neue CEO Ressel war bevor er zu NMF wechselte in seiner fruumlheren Aufgabe Leiter fuumlr Forschung und Entwicklung bei der Duumlsseldorfer Terex-Demag GmbH einem der weltweit groumlszligten Mobilkranhersteller mit Krankapazitaumlten von 30 bis 3200 t COO Curic sammelte jahrelang Erfahrung im Bereich der Produktionsoptimierung durch schlanke und effiziente Prozesse und hat vielfaumlltige Fertigungsverantwortung bei Firmen wie Siemens Daimler und Lean Coaching in den USA vorzuweisen Erste Unternehmensanalysen der beiden zeichneten groszlige Herausforderungen fuumlr das Unternehmen auf

Die Sicherheit am Arbeitsplatz war nicht gewaumlhrleistet Dies fiel anhand der hohen Anzahl von meldepflichtigen Unfaumlllen schnell auf Im Durchschnitt gab es jeden vierten Tag einen Unfall ndash in den Wintermonaten 2010 gab es mehrfache Knochenbruumlche die zu Krankenhausaufenthalten fuumlhrten Es wurde festgestellt dass das existierende System die Unfaumllle lediglich verwaltete und keine strukturierten Gegenmaszlignahmen einleitete Im Jahr 2010 beliefen sich die dadurch verursachten Kosten auf 80000 euro Die Untersuchungen fuumlhrten diese Ergebnisse auf ein geringes Sicherheitsbewusstsein der Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiter und die mangelhafte Kommunikation in den Teams zuruumlck

Im Jahr 2010 wurden ferner 380 Terminverschiebungen (23 pro Auftrag) im Auftrags-zentrum registriert und verwaltet ndash eine Weiterverarbeitung dieser Informationen z B fuumlr die Anpassung der Produktion fand nicht statt Es existierte kein Standard der die Produktionskapazitaumlten mit Auftragseingaumlngen und Terminen abglich

Die Geschaumlftsfuumlhrer erkannten Verbesserungspotenzial in der Kapazitaumltsplanung der NMF Die Planung wie lange eine Produktionslinie fuumlr die Herstellung eines Krans benouml-tigen wuumlrde war sehr beliebig ndash ein Delta von 85 zwischen der minimalen und maxima-len geplanten Stundenanzahl verdeutlichte diesen Eindruck Die Schwankungen innerhalb eines Liniendurchschnitts waren groumlszliger als 50 und bei der Nachbetrachtung fand keine Differenzierung zwischen wertschoumlpfenden und nicht wertschoumlpfenden Taumltigkeiten statt

Als besonders gravierend beschrieb COO Curic den Zustand des Qualitaumltsmanage-ments Die Aussage bdquoWir haben die besten Produkteldquo fasste das Meinungsbild der Beleg-schaft zusammen Auf die Frage an welchen Zahlen diese vermeintliche Qualitaumltsfuumlhrer-schaft fest gemacht werden koumlnne erhielt Curic keine Antwort Dass die NMF aufgrund der nicht jungen Historie uumlber wertvolles Know-how verfuumlgte und gute Qualitaumlt produ-zierte wollte er nicht infrage stellen doch es galt dies in Zahlen und Daten abzubilden Zuvor wurde mit hohem organisatorischem Aufwand versucht die Kundenwuumlnsche zu realisieren Definiert waren aber weder Qualitaumltsziele der NMF noch eine verantwortliche Abteilung noch messbare oder zu steuernde qualitaumltsspezifische Kennzahlen (Defekte pro Einheit oder Nacharbeit)

Unter dem Strich schien eine Begrifflichkeit wie bdquoRegelkreis des Qualitaumltsmanage-mentsldquo ein Fremdwort zu sein Dies hatte innerhalb von zwei Jahren einen drastischen Anstieg der Garantiekosten von uumlber 100 zur Folge Im Jahr 2010 fielen so bei 108 Beanstandungen 650000 euro an Garantiekosten an (nur fuumlr das Material) ndash im Vergleich waren es im Jahr 2008 bei 78 Beanstandungen bdquonurldquo 70000 euro Besonders auffaumlllig war

9531 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

dass lediglich 7000 euro der geleisteten 650000 euro Garantiekosten an die Lieferanten der NMF weitergegeben wurden ndash obwohl sich 80 der Produkte aus Fremdbauteilen zu-sammensetzten

Fuumlr einen Kenner der schlanken industriellen Fertigung wie Curic war schnell zu er-kennen dass die Infrastruktur der inselfoumlrmigen Produktion den Materialfluss hinderte Das werkstattaumlhnliche Produktionsprinzip entsprach nicht dem Anspruch moderner Be-triebsablaumlufe und fuumlhrte dazu dass Fachkraumlfte wie Schlosser Elektriker oder Hydrauliker abstimmungslos an einem Kran arbeiteten ndash im Sinne der Lean-Philosophie inakzeptabel Gegenlaumlufige Produktionsstroumlme waren nur dadurch zu erklaumlren dass die Flaumlchenstruktur der NMF uumlber Jahre wild gewachsen war Die Transportwege waren weit und unuumlber-sichtlich die Gestaltung der Produktionshallen bedingte eine unbequeme Handhabung der einzelnen Prozessschritte die Montageorte waren uumlber das gesamte Gelaumlnde verstreut und die Nutzung von Flaumlchen der nahe gelegenen Sietas-Werft war nicht schriftlich vereinbart und fuumlhrte zu unabsehbaren Unsicherheiten

In der Konsequenz sah Curic als Verantwortlicher fuumlr die Produktion und das Supply-Chain-Management aus dieser ersten bdquoUnternehmensdiagnoseldquo in erster Linie enormes Entwicklungspotenzial Die Geschaumlftsfuumlhrung vor ihm beschrieb er als engagiert und vertriebslastig wobei sich niemand intensiv mit der Produktion beschaumlftigt hatte Unter seiner Regie wurde zu Beginn des Jahres 2011 ein umfassender Transformierungsprozess gestartet ndash im Mittelpunkt stand der konzeptionelle Ansatz des Lean Managements Dabei faumlllt auf dass das Vorhaben keinen expliziten Namen erhielt weil Curic eine subtile Im-plementierung besonders ergebniswirksam schien Das Ziel war das bdquoLean Enterpriseldquo als lernende Organisation zu etablieren Dafuumlr wurden acht Handlungsfelder identifiziert die im naumlchsten Abschnitt genauer erlaumlutert werden

313 Die Initiative

3131 Organisation und MitarbeiterFuumlr Curic stand die Restrukturierung der Organisation und der Mitarbeiter an oberster Stelle auf seiner Prioritaumltenliste Noch bis Ende Januar 2011 beabsichtigte er an den wich-tigsten Stellschrauben dieses Handlungsfeldes erfolgreich gedreht zu haben Das Ziel war es durch Standardisierung und Prozessoptimierung Kapazitaumlten freizusetzen und so die Produktivitaumlt im Jahr 2011 um 30 und im darauffolgenden Jahr um 20 zu erhoumlhen Eine der Voraussetzungen dafuumlr war der Aufbau einer Projektkultur mit fundiertem Pro-jekt-Know-how Dieser Ansatz widersprach der haumlufig ersten Assoziation einer Lean-Im-plementierung bei der die Einsparungen durch Konsequenzen personeller Art erreicht werden Das Gegenteil war der Fall denn die eingesparten Mitarbeiter wurden fuumlr zu-kuumlnftige Fuumlhrungs- oder Optimierungsaufgaben eingesetzt

Die Fuumlhrungsdichte in der Produktion sollte von 130 auf 110 erhoumlht werden da ge-maumlszlig Curic die Fuumlhrungskraft sonst nicht alle Prozesse ausreichend beherrscht um bei Be-

96 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

darf ihre Mitarbeiter zu unterstuumltzen oder zu vertreten Im Vertretungsfall z B bei Urlaub oder Krankheit vertritt die Fuumlhrungskraft den Mitarbeiter und nicht umgekehrt

Ferner sollten anhand einer Qualifizierungsmatrix die spezifischen Faumlhigkeiten der Mitarbeiter erfasst werden um die Einsatzplanung zu verbessern Eine Gruppe ausge-waumlhlter Mitarbeiter wurde zu sogenannten Inbetriebnahme-Spezialisten ernannt Diese Gruppe konzentrierte sich darauf die ausgelieferten Krane beim Kunden aufzubauen Was vorher kurzfristig und auf Zuruf irgendwie gelang sollte nun durch feste Strukturen ver-laumlsslich funktionieren

Zuletzt war es Curic ein Anliegen die Uumlberstunden und Wochenendarbeiten zu uumlber-blicken und in der Folge zu reduzieren Dafuumlr wurden ein Standard-Prozess zur Beantra-gung von Uumlberstunden definiert Ziele fuumlr Uumlberstunden jeder Abteilung vereinbart und eine Kennzahl eingesetzt um die Zielerreichung festzuhalten

3132 Sicherheit am ArbeitsplatzbdquoSolange es mich nicht betrifft geht es mich nichts anldquo Dies beschreibt die Art und Weise wie mit Sicherheitsfragen im Unternehmen umgegangen wurde Die Ursache fuumlr diesen desolaten Zustand erkannte Curic darin dass sich die Fuumlhrungskraumlfte nicht als Vorbilder verstanden ndash dies sollte geaumlndert werden Sein Ziel war die Schaffung eines Sicherheits-netzwerkes Dies beinhaltete neben dem strengen Einsatz von Schutzkleidung auch eine korrespondierende Kommunikation ndash bei Unfaumlllen sollte demnach die Geschaumlftsfuumlhrung umgehend in Kenntnis gesetzt und der unternehmensweite Unfallstatus in allen Abteilun-gen und Subabteilungen regelmaumlszligig auf den aktuellen Stand gebracht werden Schluumlssel-element dieser Vorgehensweise war ein Prozess der bei einem Unfall mit mindestens einem Ausfalltag des Betroffenen die Dokumentation einer strukturierten Problemloumlsung vorsah Erst wenn die Problemloumlsung sich uumlber drei Monate bewaumlhrt hatte wurde der Be-richt mit Curics Unterschrift versehen womit der Fall erfolgreich abgeschlossen war Der Ablauf laumlsst sich folgendermaszligen skizzieren

1 Unfallursache und Ort identifizieren2 Sofortmaszlignahme generieren3 Ursachenanalyse durchfuumlhren4 potenzielle Ursachen verifizieren5 fuumlnf Mal bdquoWarumldquo fragen6 finale Abstellmaszlignahme entwickeln7 Wirksamkeit pruumlfen

3133 QualitaumltDurch den Lean-Transformierungsprozess wurde Qualitaumlt neu definiert und bildete ab Ja-nuar 2011 ein Schwerpunktthema Sichergestellt wurde der neue Qualitaumltsanspruch durch eine standardisierte Input- Prozess- und Ablieferungskontrolle Auch an dieser Stelle wurde festgestellten Abweichungen durch eine strukturierte Problemloumlsung konsequent nachgegangen So sollte die Qualitaumltsmanagementnorm ISO 9001 nicht wie bislang bei

9731 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

jeder Zertifizierung mit groszligem Aufwand erreicht werden sondern als Teil des unterneh-merischen Grundverstaumlndnisses selbstverstaumlndlich werden Neben der personellen Auf-stockung der zustaumlndigen Abteilung wurde die Umgestaltung durch ein woumlchentliches Shop Floor Meeting bei dem der Qualitaumltsfortschritt uumlberpruumlft wurde im Unternehmen verbreitet

Durch die Transformierung wurde die Begrifflichkeit bdquoQualitaumlts-Regelkreisldquo nicht nur im Vokabular sondern auch in der Organisationsstruktur etabliert Durch definierte Stan-dards konstante Sichtkontrollen und geplante Stichproben und Pruumlfungen anhand von kundenrelevanten Merkmalen wurden erstmals die Soll-Werte mit den Ist-Werten der Pro-duktionsprozesse verglichen um die auftretende Differenz systematisch zu erfassen und zu minimieren Durch die Installation zweier bdquoQualitaumlt-Gatesldquo wurden die hergestellten Krane zusaumltzlich von neutralen Mitarbeitern der Qualitaumltsabteilung uumlberpruumlft

3134 Shop-Floor-ManagementDas erste Stichwort an dieser Stelle ist bdquoTransparenzldquo ndash durch das Shop-Floor-Management und einen Produktions-Kommunikations-Kalender sollte die bestehende Geschaumlftssitua-tion allen Mitarbeitern bekannt gemacht werden Aus Curics Erfahrung konnte man bei-spielsweise in Form einer Kaskadierung in ein Werks- Abteilungs- und Arbeitsgruppenin-formationscenter den Status quo ausgehend von der Geschaumlftsfuumlhrung allen Mitarbeitern in Meetings kommunizieren Wichtig war die stringente Umsetzung der Meetings Der benoumltigte Zeitaufwand sollte zwischen zehn und maximal zwanzig Minuten liegen Diese Vorgehensweise die auch den Ruumlckfluss von Informationen von bdquountenldquo nach bdquoobenldquo sicherstellte fuumlhrte zum zweiten Stichwort bdquoGembaldquo (jap fuumlr bdquoOrt des Geschehensldquo) bdquoGembaldquo bedeutet dass Informationen dort einzuholen sind wo die Wertschoumlpfung statt-findet Nur so lassen sich wertschoumlpfende oder nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten direkt im Prozess beobachten Dieser zentrale Lean-Gedanke eines visuellen Managements ndash Echt-zeitinformationen ersetzen getroffene Annahmen am Schreibtisch ndash lag Curic besonders am Herzen und wurde als bdquoGo-Look-See-Methodeldquo bei der NMF fest etabliert

3135 Lean-Know-howDer Aufbau von Expertise und der Ausbau von Erfahrungen mit der Lean-Philosophie wa-ren wesentlich fuumlr einen erfolgreichen Transformierungsprozess Zusaumltzlich beabsichtigte Curic eine eigene Lean-Kompetenz in Form eines bdquoNMF-Produktionssystemsldquo zu ent-wickeln Dabei war es wichtig das Anforderungsprofil fuumlr die zukuumlnftigen Aktivitaumlten zu kennen um die passenden Kandidaten fuumlr die Ausbildung zu finden Im Fokus der Ausbil-dungseinheiten sollte die Foumlrderung eines Bewusstseins fuumlr die Lean-Prinzipien und nicht fuumlr Tools stehen Die praxisnahe Ausbildung durch externe Lean-Experten (hauptsaumlchlich in Projekten und nicht in Schulungsraumlumen) und durch die Ernennung von Multiplika-toren in allen Fachbereichen (in jedem arbeitet eine auf Lean spezialisierte Arbeitskraft) sollte als Grundstein fuumlr eine lernende Organisation gelegt werden Organisatorisch ko-ordinierte ein zentrales Lean Office saumlmtliche Verbesserungsaktivitaumlten des Transformie-rungsprozesses

98 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

3136 Layout und MaterialflussDieses Handlungsfeld konzentrierte sich auf die Verkuumlrzung von Produktionswegen um den optimalen Materialfluss zu gewaumlhrleisten Dazu bestand zunaumlchst dringender Klauml-rungsbedarf hinsichtlich der langfristigen Planung und Flaumlchennutzung der Sietas-Werft Obwohl sich demnach auf der einen Seite ein enormes Einsparpotenzial durch optimierten Materialfluss und effizientere Flaumlchennutzung bot bestand auf der anderen Seite die Ge-fahr dass der Kostenhebel auch negativ wirken koumlnnte Wenn ein fertiger Kran keinen Stellplatz faumlnde und so die Ablieferung verzoumlgerte koumlnnte dies verheerenden Einfluss auf andere Lieferungen haben

3137 ProduktionsprozesseIn diesem Zusammenhang spielte im Transformierungsprozess besonders bdquoHeijunkaldquo (jap Glaumlttung der Produktion) ein Grundprinzip der Lean-Philosophie eine tragende Rolle Dieses Prinzip zielt erstens auf eine optimale Sequenzierung und Nivellierung der Produktion ab die sich an der Taktzeit des Kunden ausrichtet Der Bedarf an Arbeits-kraumlften wird reduziert und durch die Flexibilitaumlt der Fertigung werden Fluktuationen des Absatzmarktes absorbiert Zweitens werden nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten durch die forcierte Standardisierung und die Vorgehensweise des bdquoone piece flowldquo (Prinzip der Har-monisierung des Produktionsflusses) eliminiert Der Lean-Gedanke postuliert dass es ohne Standards keine Verbesserung gibt (als Standardarbeit wird der zurzeit sicherste und effizienteste Ablauf eines Produktionsprozesses definiert) Diese Uumlberzeugung ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass standardisierte Prozesse kontrollierbar wiederholbar verbesserbar und trainierbar sind

Fuumlr Curic bildete der Gesichtspunkt des visuellen Managements das Fundament fuumlr Transparenz im Produktionsprozess Die Grundlage des visuellen Ansatzes beinhaltete im ersten Schritt die Anwendung eines klassischen Lean-Werkzeuges ndash die 5S Die Organisa-tion und Sauberkeit des Arbeitsplatzes war demnach die Voraussetzung fuumlr Effizienzver-besserungen in allen operativen Bereichen Der zweite Schritt betraf die Umsetzung des visuellen Managements Die damalige Geschaumlftslage der NMF wurde mit den Schwer-punktthemen Sicherheit Qualitaumlt Ablieferung und Kosten in Form von sogenannten bdquoVisual Boardsldquo fuumlr alle Mitarbeiter sichtbar gemacht und in regelmaumlszligigen Intervallen kommuniziert Der dritte Schritt beschrieb die Kontrolleigenschaft des visuellen Manage-ments Anhand der systematischen und regelmaumlszligigen Auseinandersetzung mit der Dar-stellung der aktuellen Geschaumlftslage fungierte ein bdquoVisual Boardldquo als Fruumlhwarnsystem Abweichungen vom Standard fielen fruumlher auf und konnten unabhaumlngig von der hierar-chischen Ebene umgehend mit Gegenmaszlignahmen adressiert werden

Die Einfuumlhrung des auf Kanban-Karten beruhenden Pull-Systems schloss dieses Hand-lungsfeld ab Fuumlr die ganze Wertschoumlpfung der NMF galt dass nur dann produziert und geliefert wird wenn auch gerade Bedarf besteht Der Informationsaustausch dafuumlr fand mit Kanban-Karten statt Das Kaban-System funktioniert dabei wie ein Supermarkt In den Regalen des Fertigungsbereiches wird nur so viel Material gelagert wie unbedingt notwendig Wenn ein Mitarbeiter Materialien entnommen hat wird dies auf einer Kanban-

9931 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

Karte dokumentiert und das Regal wieder von hinten aufgefuumlllt So werden die aumllteren Materialien zuerst gegriffen und es liegen weder Materialien im Lager noch Produkte auf Halde

3138 Supply Chain ManagementIn diesem letzten von Curic identifizierten Handlungsfeld ging es um die effiziente Integ-ration von Lieferanten Warenhaumlusern Produktion und Lager Fuumlr ihn war es unabdingbar den durch einen bdquoPeitscheneffektldquo2 hervorgerufenen mangelnden Informationsfluss zwi-schen den beteiligten Wertschoumlpfungsschritten abzubauen um die Durchlaufzeit zu ver-kuumlrzen und Bestaumlnde zu reduzieren Durch die Entwicklung eines Lieferanten-Manage-ments um Lieferungen in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit zu gewaumlhrleisten lieszligen sich Material- Transport- Bestands- und Produktionskosten einsparen

Zur nachhaltigen Verinnerlichung der Lean-Transformierung wurde das Credo der kontinuierlichen Verbesserung ndash Kaizen ndash etabliert In diesem Zusammenhang ist der Mitarbeiter nicht mehr ein kleines austauschbares Raumldchen ndash wie ehemals bei Ford am Flieszligband ndash sondern uumlbernimmt fuumlr seinen Bereich Verantwortung und bringt selbst Vor-schlaumlge zur Prozessverbesserung ein Dieses Grundverstaumlndnis verfolgt keine innovativen Quantenspruumlnge sondern kontinuierliche Verbesserung in vielen kleinen Schritten damit sich die Organisation mit ihren Mitarbeitern leichter auf die Veraumlnderungen einstellen kann Curic betonte dass es sich bei Kaizen um eine Denkweise und nicht wie faumllsch-licherweise oft angenommen um ein Instrument handelt

314 Zwischenergebnis

Im August 2011 acht Monate nach dem Start der Lean-Transformierung wurde eine erste Zwischenbilanz gezogen Die Geschaumlftsfuumlhrung der NMF konnte sich einen ersten Ein-druck davon machen inwieweit sich die methodischen Interventionen des Lean Manage-ments auf die organisatorische Aufbau- und operationale Ablaufstruktur des Unterneh-mens ausgewirkt hatten

3141 Organisation und MitarbeiterBei Curics Ankunft arbeiteten fast genauso viele Leiharbeitskraumlfte (LAK) wie Festan-gestellte bei der NMF Wie viele es wirklich waren vermochte niemand zu sagen denn

2 Der Peitscheneffekt (engl Bull-Whip Effect) beschreibt das Phaumlnomen von sich bdquoaufschaukeln-denldquo Mengenschwankungen Die Nachfrage der Konsumenten kann demnach konstant sein und dennoch werden die Bestellmengen unregelmaumlszligiger je weiter sie in der Wertschoumlpfungskette zu-ruumlckverfolgt werden Bestellungen beim Lieferanten haben somit keinen Zusammenhang mehr mit den Bestellungen des Kunden Die Konsequenzen koumlnnen uumlbervolle Lager gefolgt von leeren La-gern sein Die Folgen sind schlechter Lieferservice verlorener Umsatz ineffizienter Transport und kuumlrzere Produktionslebenszyklen Die Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beteiligten kann diesen Effekt reduzieren

100 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

wie viele LAK wirklich gebraucht wurden und welche Taumltigkeiten sie ausuumlbten und ob diese Taumltigkeiten wertschoumlpfend waren war bislang unerheblich Ein rigoroser Einschnitt war die logische Konsequenz ndash bis April 2011 reduzierte Curic die Anzahl der LAK auf fast null Die personellen Maszlignahmen mussten jedoch uumlber die LAK hinausgehen da die Geschaumlftsfuumlhrung vor Curic und Ressel die abnehmenden Volumina in der Schifffahrts-branche nicht kommen sehen wollte Der folgende Schritt schmerzte umso mehr Mit 92 Mitarbeitern wurden fuumlr beide Seiten akzeptable Loumlsungen gefunden wie man in Zukunft getrennte Wege gehen konnte Wichtig war dabei dass diese Entscheidung vorausschau-end getroffen wurde Die Anzahl der Mitarbeiter wurde 2011 schon an das notwendige Niveau im Jahr 2013 angepasst da Curic auf weitere personelle Einschnitte verzichten wollte ndash lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Die Fuumlhrungsdichte wurde wie geplant erhoumlht Gemaumlszlig Curic waren zentrale Themen wie standardisierte Arbeitsablaumlufe und Qualitaumltssicherung bei einer Dichte von 130 nicht umzusetzen Um das Ziel einer flieszligenden Produktion zu erreichen musste jede Fuumlh-rungskraft zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein einen der Mitarbeiter zu ersetzen Bei einer Dichte von 110 war dies realistisch

Die Ernennung von Inbetriebnahmespezialisten war ebenfalls erfolgreich Wenn fruumlher ein Kran an den Kunden geliefert wurde musste der Produktionsleiter Fachkraumlfte kurz-fristig zur Verfuumlgung stellen bdquoum in ein paar Tagen nach China zu fliegenldquo Dieses un-berechenbare Vorgehen fuumlhrte zu groszligen personellen Luumlcken und Stoumlrungen im Betriebs-ablauf Mittlerweile sind in Deutschland zwei feste Mitarbeiter den Aufgabenbereichen dieser Gruppe zugeordnet Wenn fuumlr sie kein Auftrag vorliegt einen Kran in Betrieb zu nehmen widmen sie sich als zusaumltzliche Arbeitskraft der Produktion oder aktuellen Ver-besserungsprojekten

3142 Sicherheit am ArbeitsplatzDer Ansatz Sicherheitsvorkehrungen zu verschaumlrfen und Unfallursachen konsequent und umfangreich zu evaluieren war Curic sehr wichtig Nicht jedem Mitarbeiter gefiel jedoch eine neue Vorschrift wie das staumlndige Tragen einer Schutzbrille in den Produktionshallen Der geaumluszligerte Unmut erreichte sogar den Betriebsrat doch die Geschaumlftsfuumlhrung zeig-te sich unbeirrt und setzte ihren Willen durch In solch einem Produktionsprozess der Schwerindustrie ist die Gesundheit der Mitarbeiter das houmlchste Gut ndash das verstanden all-maumlhlich auch die Betroffenen Die Anzahl der Unfaumllle lag zu diesem Zeitpunkt deutlich unter dem Niveau des Vorjahres und es wurde fuumlr das Jahr 2011 mit einem Ruumlckgang um 20 gerechnet

3143 QualitaumltDie Einfuumlhrung der Qualitaumlt-Gates war wirksam An verschiedenen Stellen in der Produk-tion werden die herzustellenden Krane von Mitarbeitern der Qualitaumltsabteilung und nicht vom Produktionsleiter begutachtet Je fruumlher ein Problem oder ein Mangel in der Produk-tion auffaumlllt desto besser Jeder Mitarbeiter der aktiv am Produktionsprozess teilnimmt

10131 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

verfuumlgt zusaumltzlich uumlber einen Qualitaumltskatalog mit genauen Angaben Beschreibungen und Vergleichswerten Die eigene Arbeit kann so umgehend uumlberpruumlft werden

Aus Sicht von Curic war es fuumlr einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess von Be-deutung Erfolge zu kommunizieren Mindestens genauso wichtig war es aber akute Pro-blemstellen ehrlich anzusprechen Es war offensichtlich dass sich ein neues Verstaumlndnis wie das neue Bewusstsein fuumlr Qualitaumlt nicht sofort in Zahlen ausdruumlcken lieszlig Fuumlr das Jahr 2011 wurde mit einem unerfreulichen Anstieg der Kundenreklamationen um uumlber 50 gerechnet Obwohl man der Meinung war dass dieser Anstieg nur zustande kam weil man uumlberhaupt begann Zahlenmaterial systematisch zu sammeln lieszlig sich festhalten dass die Zertifizierung der Qualitaumltsnorm ISO 9001 nach wie vor nicht ausreichend gelebt wurde Der zukuumlnftige Handlungsbedarf war nicht zu leugnen

3144 Shop-Floor-ManagementEines der wichtigsten Elemente in diesem Zusammenhang war das morgendliche fuumlnf-zehnminuumltige bdquoStand-up Meetingldquo in der Fertigungshalle Jeder Mitarbeiter hat die Fragen (Was habe ich gestern gemacht wo gab es Probleme und was mache ich heute) zu klaumlren Jeder darf dabei nur dann sprechen wenn er das Mikrofon haumllt ndash die Mitarbeiter lernten dadurch dem Kollegen zuzuhoumlren sich kurz zu fassen und uumlberlegt zu sprechen Mit besonderer Haptik (Idee bdquoYou need to feel the painldquo) werden uumlber die bdquoVisual Boardsldquo (wie in Form eines von einem Mitarbeiter entwickelten Lego-Modells) die Kennzahlen hinsichtlich der Belegschaft Uumlberstunden Kosten Bestaumlnde Sicherheitslage und der Ab-lieferung besprochen ndash die Transparenz steht im Mittelpunkt Fuumlr aufgetretene Probleme des Vortages werden Gegenmaszlignahmen eingeleitet und fuumlr den aktuellen Arbeitstag Ta-gesziele vereinbart Entscheidend ist dass Fehler offen angesprochen werden ndash es geht nicht darum einen Schuldigen zu finden sondern um die Ursache des Problems Aus Sicht des COO foumlrdert diese systematische und pragmatische Meetingkultur nicht nur das individuelle Verantwortungsbewusstsein sondern auch das gemeinsame Gruppengefuumlhl

3145 Lean-Know-howDie Erwartung innerhalb der ersten Monate eine eigene methodische Kompetenz im Unternehmen zu installieren waumlre vermessen Dennoch wurden in kurzer Zeit die wich-tigen Weichen gestellt Externe Lean-Experten begannen die Mitarbeiter der NMF aus-zubilden Rund 90 der Mitarbeiter nahmen bereits an internen Lehrveranstaltungen teil ndash meistens fanden diese direkt am Arbeitsplatz und nicht in einem Besprechungs-buumlro statt Fuumlr den zukuumlnftigen Aufbau der methodischen Kompetenz ist die Einrichtung eines bdquoLean-Wikildquo bei dem die Mitarbeiter ihre gewonnen Erkenntnisse ausformuliert festhalten geplant Damit soll langfristig das Lean-Know-how im Unternehmen gehalten werden Eines Tages werden damit erfahrene Mitarbeiter ihre eigenen Kollegen ausbilden koumlnnen

Hervorzuheben ist an dieser Stelle dass es fuumlr Curic um mehr ging als um den bloszligen Gebrauch von Tools Er beabsichtigte das Bewusstsein seiner Mitarbeiter zu veraumlndern ndash es galt Lean nicht zu kopieren sondern zu adaptieren Der geringe Anteil an LAKs

102 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

im Unternehmen unterstuumltzte diesen Aspekt Nur mit einer festangestellten Personalbasis kann sich die Lean-Denkweise nachhaltig in der Unternehmenskultur verankern Der Auf-bau einer unternehmensweiten Kompetenz zog auch die Konsequenz nach sich dass der Lean-Gedanke in den Zielvereinbarungen der Mitarbeiter verankert wurde und dass bei zukuumlnftigen Neueinstellungen das Kriterium bdquoLean-Potenzialldquo eine entscheidende Rolle spielt

3146 Layout und MaterialflussFruumlh im Jahr 2011 wurde festgestellt dass die Suche nach Fehlteilen den Materialfluss am staumlrksten beeintraumlchtigte Es gab mehrere Lagerplaumltze fuumlr dasselbe Material manche Bereiche der Fertigung waren fuumlr die Staplerfahrer nicht passierbar weil sperrige Kran-bauteile im Weg standen und der Bedarf wurde grundsaumltzlich auf Zuruf kommuniziert Um dies zu aumlndern wurden Verbesserungsvorschlaumlge der Mitarbeiter eingeholt Das Er-gebnis war u a ein definierter Routenplan fuumlr die Staplerfahrer ndash Haltestellen wurden gekennzeichnet Bereitstellungsflaumlchen festgelegt und die Verbindungswege nicht mehr als Abstellflaumlchen missbraucht Daruumlber hinaus regelte ein Mietvertrag mit der Insolvenz-verwaltung der Sietas-Werft die Flaumlchennutzung der benachbarten Produktionsorte und unterstuumltzte die Planungssicherheit

3147 ProduktionsprozessErste Analysen im Maumlrz 2011 ergaben dass 58 der Produktionsschritte nichtwertschoumlp-fend waren Dazu gehoumlrte u a auch die zuvor angesprochene Suchzeit nach Fehlteilen Die Einfuumlhrung des Pull-Prinzips und die Integration eines Supermarktes basierend auf Kanban-Karten wirkte sich positiv auf die Wertschoumlpfung aus Die Lean-Transformie-rung die mit der groumlszligten Produktionslinie (Linie 1 Kraumlne 30 bis 100 t) startete konnte durch die Pull-Einfuumlhrung schon im August 2011 deutliche Erfolge erzielen Die Fehlteile von externen Lieferanten wurden um 88 und die der internen Lieferanten um 74 re-duziert Der Wert der Bestaumlnde konnte von uumlber 60 Mio euro auf knapp 25 Mio euro verringert werden Zusaumltzlich nahm die Durchlaufzeit der wichtigsten Produktionslinie von 40 auf 20 Tage ab

3148 Supply Chain ManagementDas Ziel war es durch die Entwicklung eines Lieferantenmanagements Lieferungen in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit zu gewaumlhrleisten ndash Kostenersparnisse waumlren die Folge Im Falle der NMF galt es zu beachten dass 80 der Produkte durch Fremd-fertigung entstanden Es war also unumgaumlnglich die Lieferanten mit in die Pflicht der Initiative zu nehmen um einen nachhaltigen Beitrag fuumlr die Wettbewerbsfaumlhigkeit des Unternehmens zu leisten So erreichte Curic u a durch neue Zahlungsmodalitaumlten eine Preisreduzierung von uumlber 10 bei den Top 10 der Lieferanten ndash dies entsprach einer Kostenersparnis im Einkauf von uumlber 10 Mio euro In der Folge konnte die NMF durch den optimierten Produktionsprozess die Produktivitaumlt erhoumlhen und die Preise senken Bis zum damaligen Zeitpunkt waren beispielsweise die Produkte der ersten Produktionslinie (Linie

10331 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik

1 30 bis 100 t) fuumlr den chinesischen Markt zu teuer ndash schon im Mai 2011 wurden erste wettbewerbsfaumlhige Angebote worin sich die Ergebnisse des Transformierungsprozesses widerspiegelten abgegeben Der groumlszligte Wettbewerber bei dieser Produktgruppe Mac-Gregor ndash Tochtermarke des finnischen Logistikkonzerns Cargotec ndash wurde damit direkt angegriffen Der Platzhirsch wurde nervoumls ndash die Anstrengungen der NMF hinsichtlich des Preises wurden wahrgenommen

Des Weiteren wurden koreanische Werften und chinesische Reedereien auf die NMF aufmerksam Der Auftragseingang stieg im Mai 2011 verglichen mit dem Vorjahresergeb-nis um 381 Forciert wurde dieses Ergebnis durch die Erschlieszligung neuer Maumlrkte und die Entwicklung neuer Produkte ndash wie die des ersten NMF-Offshore-Krans (900 t) Es handelte sich dabei nicht nur um den groumlszligten Kran der Unternehmensgeschichte mit dem man auf groszliges Interesse in Fernost stieszlig sondern auch um einen der ersten Offshore-Krane im Markt dieser Groumlszligenordnung Das Resultat dessen war eine fruumlhzeitig gesicherte Auslastung der Produktion fuumlr das Jahr 2012

Die Denkweise des Kaizen basiert auf dem Grundgedanken dass eine schrittweise Ver-besserung wirksamer ist als ein unmittelbarer und radikaler Eingriff in den Unternehmens-alltag So hatte jede Fuumlhrungskraft in ihrem jeweiligen Bereich mindestens eine Verbesse-rung pro Woche umzusetzen Der Ansatz der schrittweisen Verbesserung fand sich nicht nur in den einzelnen Projekten wieder sondern auch in der Art und Weise wie die gesamte Transformierung organisiert war Dies manifestierte sich in Form eines Drei-Stufen-Plans Auf der ersten Stufe wurde mit der wichtigsten der drei Produktionslinien begonnen Die Einfuumlhrung des Pull-Prinzips (Stichwort bedarfsorientierte Materialbestellung in Form des Supermarkts und der Kanban-Karten) war das Pilotprojekt und konzentrierte sich auf die Linie 1 Anschlieszligend wurde im zweiten Projekt der Wertestrom fuumlr die Linie 1 op-timiert (Stichwort Verschlankung durch Eliminierung von nichtwertschoumlpfenden Taumltig-keiten) Erst auf der dritten Stufe wurde dem ganzen Unternehmen die ausgeweitete Lean-Transformierung (Linie 2 100ndash350 t und Linie 3 400ndash700 t) zugemutet

Auch wenn die ersten Ergebnisse im August 2011 Grund genug waren zu feiern ndash die Reise hatte gerade erst begonnen Curics Vision war die bdquoFabrik des Jahres ndash Global Ex-cellence in Operationsldquo ndash eine flieszligende und lagerlose Produktion von Schiffskraumlnen ohne Fehlteile fuumlr begeisterte Kunden

315 Fazit

Um den Erfolg des Lean-Transformierungsprozesses im Hause der NMF aus heutiger Sicht zu beurteilen gilt es das Jahr 2012 zu beruumlcksichtigen Schon kurz nach den oben dargestellten Erfolgen wurde die Geschaumlftsfuumlhrung der NMF im November 2011 von der Insolvenz der Muttergesellschaft uumlberrascht Schon einige Jahre zuvor geriet Deutsch-lands aumllteste Werft in schweres Fahrwasser was dazu fuumlhrte dass der Unternehmens-inhaber Hinrich Sietas in der neunten Generation das Management der Werft abgab Der Bau kleinerer Containerschiffe mit veralteten Produktionsmethoden wurde Sietas im Zuge

104 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

der Weltwirtschaftskrise zum Verhaumlngnis Folgeauftraumlge blieben aus und dem neuen Ma-nagement gelang es ebenfalls nicht den druumlckenden Schuldenberg abzubauen ndash Mitte No-vember 2011 war die Werft zahlungsunfaumlhig Im Februar des folgenden Jahres wurde das Insolvenzverfahren eroumlffnet und die Sietas-Werft und damit auch die NMF standen zum Verkauf ndash die Zukunft des Unternehmens und seiner Mitarbeiter war ungewiss

Die damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf die NMF waren offensichtlich Doch trotz dieses negativen Vorzeichens und der darunter leidenden Lean-Bemuumlhungen war sich die Geschaumlftsfuumlhrung der NMF bestaumlrkt durch die positiven Signale der letzten Monate (die Auftraumlge reichten mittlerweile bis Mitte 2013) sicher dass das Geschaumlfts-modell der NMF uumlberlebensfaumlhig und wettbewerbsfaumlhig war Bei den ersten Sondierungs-gespraumlchen mit der Insolvenzverwaltung wurde diese Position deutlich hervorgehoben und auch der Markt bekraumlftigte waumlhrend des Insolvenzverfahrens im ersten Halbjahr 2012 diesen Standpunkt Es zeichnete sich eine Zerschlagung der Sietas-Werft mit ihren zwei Tochtergesellschaften ab weil der Verkaufserloumls der drei einzelnen Unternehmen den ge-botenen Preis fuumlr die gesamte Gruppe uumlberstieg So fand auch die NMF im Juli 2012 mit dem norwegischen Schiffsbauzulieferer TTS Group ASA einen starken industriellen Part-ner Der Verkauf an das uumlber 1100 Mann starke Unternehmen das an den Standorten Bre-men und Luumlbeck in Deutschland schon vertreten war wurde als positiv fuumlr die betroffenen Unternehmen selbst und den maritimen Sektor Hamburgs bewertet Curic fuumlhrt an dass der Betriebsrat und die Mitarbeiter die Loumlsung einstimmig begruumlszligten ndash alle Mitarbeiter der NMF wurden weiter beschaumlftigt

Die NMF schloss ein turbulentes Geschaumlftsjahr 2012 ab Ein Jahr bei dem zu Beginn das Uumlberleben des Unternehmens mehr als fraglich war der Absatz der Schiffskrane um 45 einbrach sich zu einer Verkleinerung der Belegschaft um 100 Mitarbeiter im Janu-ar entschieden wurde und erfolgreich angestoszligene Lean-Bemuumlhungen an Prioritaumlt und damit an Durchschlagskraft verloren Dennoch war COO Curic der im Maumlrz 2013 das Unternehmen verlies optimistisch mit der TTS Group nicht nur den richtigen Partner fuumlr die betriebswirtschaftliche Zukunft sondern auch fuumlr die Fortsetzung des Lean-Transfor-mierungsprozesses gefunden zu haben Es deutete sich aus Kreisen des Mutterkonzerns fruumlh an dass die NMF als Multiplikator fungieren sollte ndash der Lean-Gedanke sollte zum Leitbild aller anderen Standorte der Norweger werden Fuumlr die Zukunft der NMF spielen Curics Ansicht nach die folgenden vier Saumlulen eine tragende Rolle

1 neue Maumlrkte (Intensivierung der Geschaumlfte in China Korea und Singapur)2 neue Produkte (Forcierung des Absatzes von Offshore-Kranen)3 neue Dienstleistung (Etablierung als Systemanbieter)4 Effizienz (Reduzierung von Produktionskosten und Durchlaufzeiten Erhoumlhung der

Produktivitaumlt)

Besonders im letzten Punkt manifestiert sich das Lean-Verstaumlndnis ndash auch in Zukunft werden die Eliminierung von nichtwertschoumlpfenden Taumltigkeiten und die Einfuumlhrung von standardisierten Arbeiten Grundlage fuumlr den Unternehmenserfolg sein Es ist das klare

10532 Lean Management bei der FCI-Gruppe

Ziel durch zusaumltzliche Synergieeffekte mit der neuen Muttergesellschaft die Position der NMF als der fuumlhrende Qualitaumltsanbieter auf dem Kranmarkt auszubauen und ein Bench-mark fuumlr die Herstellung von Kranen nach industriellen Maszligstaumlben zu werden Auch wenn Goran Curic der Organisation fehlen wird hat er in Form einer erfolgversprechenden Basis vorgesorgt Da er ein erfahrenes Fuumlhrungsteam und eine durch die uumlberwundene Krise gestaumlrkte Belegschaft hinterlaumlsst ist das Hamburger Unternehmen gut geruumlstet fuumlr die kommenden strategischen Herausforderungen in den naumlchsten Jahren Ob die Lean-Initiative wirklich ohne ihren Impulsgeber uumlberlebensfaumlhig ist und ob die Vision Curics von der bdquoFabrik des Jahres mit operationaler Exzellenzldquo nachhaltig Fruumlchte tragen kann wird sich aber erst noch zeigen

32 Lean Management bei der FCI-Gruppe

In Abb 32 ist eine Uumlbersicht uumlber Lean Management bei der FCI Gruppe zu sehen

321 Unternehmensprofil

Die FCI-Gruppe mit Hauptsitz im franzoumlsischen Guyancourt wurde 1988 von Framatome SA (seit 2001 Areva SA) ndash einem franzoumlsischen auf Nukleartechnik spezialisierten In-dustriekonzern ndash gegruumlndet3 Eine konsequente Wachstumsstrategie ndash in 20 Jahren wurden knapp 20 Unternehmen aufgekauft ndash und die Verpflichtung zu hervorragender betriebli-cher Leistung machten FCI zu einem fuumlhrenden Hersteller von Steckverbindungen fuumlr die Automobil-und Telekommunikationsindustrie sowie den Verbraucher- und industriellen Elektronikmarkt Ein entscheidender Meilenstein fuumlr diesen Vormarsch war das Jahr 2005 Der amerikanische Finanzinvestor Bain Capital kaufte FCI fuumlr 107 Mrd euro Auf dem mit 1200 Herstellern stark kompetitiven Markt konnte FCI als einziges europaumlisches Unter-nehmen eine global ernst zu nehmende Position einnehmen Im Jahr 2010 erwirtschaftete die FCI-Gruppe mit 14000 Mitarbeitern an 24 Produktionsstandorten einen Umsatz von knapp 13 Mrd euro ndash dazu gehoumlrte der Elektronik- Automobil- und Mikroverbindungsbe-reich Produkte von FCI befinden sich demnach in Digitalkameras oder Diagnosegeraumlten in Krankenhaumlusern (Elektronik) in Airbags oder CD-Spielern im Auto (Automobil) und in Sim- und Bankkarten (Mikroverbindungen)

3 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Laumuno und Yuumlcesan (2012) erstellte Fallstudie bdquoLean Manufacturing at FCI The Global Challengeldquo der INSEAD Busi-ness School zuruumlck Dafuumlr wurden insbesondere die Protagonisten Yves Merel (Lean Direktor) und Pierre Vareille (CEO) interviewt Zielgerichtete On- und Offlinerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

106 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

322 Ausgangslage

Pierre Vareille der im Dezember 2007 als COO zu FCI kam loumlste zum 1 Januar 2009 Jean-Lucien Lamy als CEO und Praumlsidenten ab Lamy war vor und nach der Uumlbernahme durch Bain Capital von 2001 bis 2009 maszliggeblich an der Restrukturierung und Neuorganisation

Das rasante Wirtschafts-wachstum in Asien brachte zahlreiche neue Konkurrenten hervor

Neben innovativen Erzeugnissen (Kernkompetenz von FCI) wird zukuumlnftig die Reaktionsfaumlhigkeit des Service die Qualitaumlt der Produkte und die Zufriedenheit der Kunden erfolgsentscheidend sein

Es ist keine diesen Herausforderungen entsprechende Organisationsstruktur vorhanden

Lean Management als Leitbild einer neuen strategischen Ausrichtung zur Erreichung operativer Exzellenz etablieren

Im Mittelpunkt stehen Kundenorientierung Einbeziehung der Lieferanten die Mitarbeiter sowie bdquo leanldquo in Forschung amp Entwicklung und der Produktion

Mitarbeiter sollten dazu ausgebildet werden nicht im sondern am Unter-nehmen zu arbeiten

Verspaumltungen bei Kundenlieferungenum 43 reduziert

Reduktion von bdquounzufriedenen Kundenldquo um 61

Steigerung des EBITDA um 8

Reduzierung Durchlaufzeit um 40

Reduzierung Arbeits-kosten um 12

Ruumlckgang von Arbeits-unfaumlllen um 80

Branche Elektronik Sitz Guyancourt (FR)

FCI Gruppe

Was ist das Problem Was ist das Loumlsungskonzept Was ist der Effekt

letztendlich geht es um die Belegschaft Dies gilt immer wenn ein strategischer Plan um-gesetzt werden soll und insbesondere dann wenn es sich dabei um eine Kulturveraumlnderungdurch Lean Management handelt Nur mit den richtigen Mitarbeitern in den richtigen Positionen und unter den richtigen Rahmenbedingungen kann eine Initiative die Erwartungen erfuumlllen

Auszug

Abb 32 Lean Management bei der FCI Gruppe

10732 Lean Management bei der FCI-Gruppe

beteiligt Vareille Ingenieur mit zusaumltzlichen Studienabschluumlssen in Politik- Wirtschafts- und Finanzwissenschaften konnte Fuumlhrungserfahrung aus verschiedenen Hightechunter-nehmen vorweisen Seit seinem Einstieg als COO 2007 war er von dem rasanten Aufstieg des Steckverbinderherstellers und der damit einhergehenden globalen Dynamik trotz einer zentralisierten Struktur fasziniert Er fuumlhlte sich wohl was auch an der engen Verbindung des Produktportfolios zur Automobilindustrie ndash seine uumlber Jahre praumlferierte Branche ndash lag Aufgrund seiner Erfahrung in der Automobilbranche war Vareille mit Lean Management bestens vertraut Bereits im Maumlrz 2008 (noch als COO) verkuumlndete er auf einer Konferenz in Shanghai seine Vision von FCI bdquoEs ist unser Ziel dass wir in Bezug auf Marktanteil Umsatzwachstum Profitabilitaumlt und Mitarbeiterverantwortung der Benchmark in unserer Industrie werdenldquo Er uumlberzeugte einen ehemaligen lean-erfahrenen Weggefaumlhrten aus der Automobilindustrie davon die Herausforderung einer Lean-Implementierung anzuneh-men Ab Mai 2008 leitete Yves Merel als Lean-Direktor der FCI-Gruppe federfuumlhrend die ersten Schritte der Initiative

Als Vareille die Position des CEO 2009 annahm stattete er in den ersten zwei Mona-ten jedem der 24 Produktionsstandorte einen Besuch ab Nachdem er mit Hunderten von Mitarbeitern gesprochen hatte sah er grundlegende Veraumlnderungen auf das franzoumlsische Unternehmen zukommen Die marktbestimmenden Unternehmen die entweder aus Ame-rika oder Europa stammten definierten ihre Wettbewerbsfaumlhigkeit historisch bedingt uumlber Innovation und nicht uumlber operationale Optimierungsmaszlignahmen ndash operational Excel-lence wurde nicht als kritischer Erfolgsfaktor gesehen Vareille nahm das rasante Wirt-schaftswachstum in Asien und die damit einhergehenden zahlreichen neuen Mitspieler im Markt ernst und stellte fest dass in Zukunft neben innovativen Erzeugnissen die Re-aktionsfaumlhigkeit des Service die Qualitaumlt der Produkte und die Zufriedenheit der Kunden Schluumlsselelemente zum wirtschaftlichen Erfolg darstellten Summa summarum hielt er fest dass ein Unternehmen nur mit ausgepraumlgter Flexibilitaumlt an der es bei FCI mangelte die zukuumlnftigen Herausforderungen meistern koumlnne

Das Bild das sich Vareille beim Besuch der 24 Produktionsstandorte bot bekraumlftigte ihn und seinen Lean-Direktor darin den richtigen Hebel in Bewegung gesetzt zu haben Die konsequente Implementierung des Lean Managements war nun erst recht die Antwort auf die Frage wie man eine Justierung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens umsetzen koumlnne Lean sollte zum Leitbild des Unternehmens werden

323 Die Initiative

Vareille war uumlberzeugt davon dass wenn man etwas in den ersten 100 Tagen nicht in Bewegung bringt es sich nie bewegen wird Das Ergebnis kurz nach seiner Berufung zum CEO war ein auf vier Jahre ausgelegter Strategieplan der sich auf langfristige Ziele fokussierte Im Kern ging es um fuumlnf Vorstoumlszlige

108 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

1 Kundenfokus Im Vordergrund stand dabei die Verbesserung von Qualitaumlt und Kun-denzufriedenheit Diese Verbesserung sollte durch die Betonung von Werten wie Reaktionsfreudigkeit Verfuumlgbarkeit und Flexibilitaumlt die Kultur des Kundenservice ver-aumlndern Keinerlei Komplikationen wie das Warten auf Ruumlckmeldung oder die Ver-fuumlgbarkeit des richtigen Ansprechpartners sollten den Kontakt mit einem Kunden beeintraumlchtigen

2 Zuliefererfokus Fuumlr einen weitreichenden Wandel mussten auch die Zulieferer mit-einbezogen werden Etliche sollten mit den FCI-Maszligstaumlben vertraut gemacht werden um eine starke Partnerschaft basierend auf Qualitaumlt Innovation und Kundenzufrieden-heit zu ermoumlglichen

3 Lean-Fokus in Forschung und Entwicklung Durch die Anwendung von Lean-Tools sollten die Verschwendung eliminiert und der Betriebsablauf effizienter gestaltet wer-den sodass mehr Raum und Zeit fuumlr Innovationen zur Verfuumlgung stehe Zusaumltzlich wurde in den folgenden Jahren durch konsequente Standardisierung im Bereich der Patentverwaltung enormes Potenzial identifiziert FCI meldete im Durchschnitt 100 Patente im Jahr an ndash 3000 Patente bildeten das Portfolio

4 Lean-Fokus in der Produktion Als Ziel wurde bdquooperationale Exzellenzldquo ausgeru-fen um die Position im kompetitiven Wettbewerbsumfeld nachhaltig zu staumlrken Dabei waren nun mittlerweile bekannte Techniken wie Kanban Poka Joke und Kaizen von Bedeutung Vareille hob aber deutlich hervor dass das Kopieren von Lean-Tools nur zu lokalen und kurzfristigen Verbesserungen fuumlhren wuumlrde ndash das Ziel war die Internalisie-rung einer auf FCI zugeschnittenen Lean-Philosophie

5 Mitarbeiterfokus Letztendlich geht es um die Belegschaft Dies gilt immer wenn ein strategischer Plan umgesetzt werden soll und insbesondere dann wenn es sich dabei um eine Kulturveraumlnderung durch Lean Management handelt Nur mit den richtigen Mitarbeitern in den richtigen Positionen und unter den richtigen Rahmenbedingungen (z B dass der Mitarbeiter nicht nur im Unternehmen sondern am Unternehmen arbei-tet) kann eine Initiative so Vareille die Erwartungen erfuumlllen

Die Initiative wurde in Singapur gestartet und zuumlgig auf alle anderen Standorte uumlbertra-gen Die folgenden Aspekte waren die Bausteine der Transformation zur Erreichung des strategischen Plans

Das Lean-Team Die Konstitution dieses Teams durch Merel war entscheidend weil die beteiligten Lean-Spezialisten wie Inhouse-Consultants fungierten und die lokalen Lean-Manager und Werksleiter des jeweiligen Standortes unterstuumltzten Dazu gehoumlrten u a der Qualitaumltsverantwortliche der FCI-Gruppe (spezialisiert auf Prozessstabilisierung und Qualitaumltsverbesserung als Six Sigma Master Black Belt) der Supply-Chain-Ver-antwortliche des Unternehmens (zur Gewaumlhrleistung einer End-to-End-Betrachtung der untersuchten Geschaumlftsfelder) und fruumlhere deutsche kanadische und chinesische Werks-leiter (die die Zustaumlnde vor Ort gut einschaumltzen konnten und zusaumltzlich bereits langjaumlhrige Lean-Erfahrung vorzuweisen hatten) Dieses Team bildete andere Mitarbeiter aus leitete Workshops und uumlberpruumlfte den Fortschritt der Initiativen

10932 Lean Management bei der FCI-Gruppe

Die Kommunikation Dabei ging es vor allem um eine robuste und funktionsfaumlhige Kommunikationsstruktur Systematische Feedback-Schleifen und Newsletter-E-Mails die Verbreitung der positiven Projektergebnisse und die Verleihung von Auszeichnungen wurden in die Routine des Alltagsgeschaumlftes integriert Die Kommunikation des Status quo wurde dabei vor allem auf Basis taumlglicher Besuche der Fertigungsbereiche (Stichwort Visual-Control) durch den jeweiligen Lean-Manager durchgefuumlhrt Innerhalb von einer Stunde hatte dieser die Produktion auf moumlgliche Hinweise fuumlr Verzoumlgerungen des Produk-tionsflusses zu untersuchen Wenn Unregelmaumlszligigkeiten auffielen wurde eine Empfehlung mit Verbesserungsvorschlaumlgen an den jeweiligen Standortleiter kommuniziert

Das Management-Commitment Es wurde Wert darauf gelegt dass Vareille und Merel mindestens ein Mal im Jahr jeden der 24 Produktionsstandorte besuchten um die Wichtig-keit der Transformation zu bekraumlftigen Gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort identi-fizierten und eliminierten die obersten Manager des Unternehmens nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten Das Signal dass Vareille die Initiative nicht nur aus seinem Buumlro anleitete sondern sie eigenstaumlndig auch in der Fertigungshalle umsetzte verfehlte seine Wirkung keineswegs

Das Lean-Learning Zum einen gab es vierteljaumlhrlich stattfindende Meetings uumlber zwei Tage in denen die Mitarbeiter voneinander lernen sollten An allen Standorten der FCI-Gruppe wurden so Erfolgserlebnisse und Lean-Erfahrungen ausgetauscht Zum anderen wurde bereits im September 2008 eine bdquoLean-Schuleldquo in Singapur eingefuumlhrt Merel ver-pflichtete sich seiner neuen Verantwortung und zog dafuumlr sogar in den asiatischen Stadt-staat Die Schulung zum Lean-Manager erfolgte in drei Bloumlcken mit jeweils drei Tagen Die praktische Umsetzung der erlernten Theorie war gewaumlhrleistet da zwischen den drei Bloumlcken jeweils ein Lean-Projekt unmittelbar umgesetzt werden musste ndash die Ergebnisse wurden am letzten Schulungstag dem CEO des Unternehmens praumlsentiert

Die Fortschrittskontrolle Zu seinem Erstaunen stellte Vareille fest dass trotz einer zentralisierten Struktur des franzoumlsischen Unternehmens jeder Produktionsstandort unter-schiedliche Berichtswesen hatte und die Erfolgsgradmesser durch die Erfahrungen und die Visionen des jeweiligen Standortverantwortlichen beeinflusst waren So war es unum-gaumlnglich ein einheitliches Set bestehend aus KPIs Zielvereinbarungen und Messbasen zu formulieren um kulturelle Veraumlnderungen zu erreichen

Ein Beispiel Fuumlr den zuvor erlaumluterten 5 Vorstoszlig der Initiative ndash den Mitarbeiterfokus ndash wurde bdquoSicherheitldquo (Anzahl der Unfaumllle) als KPI erster Ordnung definiert Vareille war uumlberrascht dass bezuumlglich der Unfaumllle keine Kennzahl am Produktionsstandort festgehal-ten wurde Gemaumlszlig seiner Erfahrung war eine solche Kennzahl ein klares Indiz dafuumlr ob ein Standort gut organisiert war Mit der Priorisierung des Sicherheitsaspektes machte er der Belegschaft deutlich wie wertvoll jeder einzelne fuumlr das Wohl des Unternehmens war

Fuumlr den KPI bdquoSicherheitldquo wurde in der Folge gemeinsam eine klare Zielsetzung verein-bart ndash z B dass die Anzahl der Unfaumllle in einem Jahr um 75 reduziert werden sollte Vareille definierte zusaumltzlich KPIs zweiter Ordnung um nachzuvollziehen welche Pro-zesse die Kennzahl bdquoSicherheitldquo beeinflussten So wurden auch das Vorschlagswesen fuumlr

110 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Verbesserungen der Sicherheit Arbeitsversaumlumnisse die Einhaltung von Verhaltensregeln und die personelle Fluktuation festgehalten

Der Schluumlssel zum Erfolg liegt demnach nicht in dem Wissen wie groszlig die Spitze des Eisberges ist (1 KPI Anzahl der Unfaumllle) sondern wie groszlig der Umfang des Eisberges unter Wasser ist (2 KPI Prozesse die Unfaumllle verursachen) Dafuumlr mussten derartige bdquoverdeckteldquo Prozesse systematisch evaluiert werden ndash nur so konnte schlieszliglich die bdquoSi-cherheitldquo verbessert werden

Jeden Monat wurden die KPIs im Analyse-Center in Indien auf den aktuellsten Stand gebracht Die Daten wurden in der Folge von Merel und Vareille genauer untersucht hin-terfragt und moumlgliche Maszlignahmen zeitnah abgeleitet Fuumlr den CEO der FCI-Gruppe war dabei nicht der tatsaumlchliche Wert sondern die Entwicklung der Kennzahlen von Bedeu-tung Standorte die mit Schwierigkeiten zu kaumlmpfen hatten fielen so schnell auf und konnten zielgerichtet unterstuumltzt werden Diese Unterstuumltzung wie auch die grundlegende Vermittlung des Lean-Ansatzes wurde in Form von Workshops durchgefuumlhrt

Zwei der wesentlichen Bestandteile dieser Workshops sollen im Folgenden dargestellt werden

1 SMED (Single Minute Exchange of Die) Dieses Vorgehen auf das bereits in Abschn 2344 eingegangen wurde beschreibt einen systematischen Lean-Ansatz wie man den Kunden mit Lieferungen zur richtigen Zeit zufriedenstellen kann Dabei geht es nicht darum besonders viele Materialien auf Lager zu haben um auf jedwede Anfrage reagieren zu koumlnnen ndash im Gegenteil ndash Bestaumlnde sind das bdquoFeindbildldquo dieses Ansatzes Ein SMED-Workshop bei FCI zielt darauf ab die Ruumlstzeit und somit die Anzahl der Umruumlstungen deutlich zu reduzieren und zu standardisieren ndash der Ferti-gungsfluss soll nicht gestoumlrt werden Als besonders wichtig hebt Merel die richtige Nutzung der eingesparten Zeit hervor Die Einsparungen koumlnnen zum Teil enorm sein ndash bei einem Produkt von FCI beispielsweise wurde die Ruumlstzeit von 210 min auf 10 min reduziert Dies entspricht einer Reduktion von uumlber 95 und macht das Potenzial die-ser Vorgehensweise zur Steigerung der Produktivitaumlt deutlich Kennzahlen um SMED zu nutzen waren nicht im Fertigungsprozess sondern auch bei Dienstleistungen des Unternehmens zu finden Um die Auswirkung von SMED auf den Kunden-Service festzuhalten definierte Merel die Anzahl der verspaumlteten Lieferungen an den Kunden als Kennzahl

2 QRQC (Quick Response Quality Control) Dieser Ansatz zur Qualitaumltsverbesserung konzentriert sich auf immer wiederkehrende Probleme waumlhrend des Produktionspro-zesses Die Beteiligten werden darin trainiert unverzuumlglich den Fertigungsbereich in dem das Problem aufgetreten ist aufzusuchen ndash so wie die Polizei unmittelbar den Ort eines Verbrechens aufsucht Das Problem wird demnach direkt am Arbeitsplatz mit einer unmittelbar eingeleiteten Gegenmaszlignahme angegangen Damit die tatsaumlchliche Ursache des Problems identifiziert werden kann werden die jeweiligen Mitarbeiter an Ort und Stelle befragt ndash so gehen essenzielle Informationen fuumlr eine Loumlsung des Prob-lems nicht verloren Mithilfe von fruumlheren Daten (das Problem ist in der Vergangenheit

11132 Lean Management bei der FCI-Gruppe

schon oumlfters aufgetreten) logischem Denken und einer kreativen Umsetzung der neu entwickelten Loumlsungsvorschlaumlge wurden so bei FCI etliche bdquoTask Forceldquo installiert die auftretende Probleme pragmatisch loumlsten und so Ausschuss reduzierten den jeweiligen Prozess stabilisierten und den Materialfluss regelten Die Verbesserungen wurden dabei unmittelbar von den Mitarbeitern eingebracht und nicht vom Topmanagement diktiert Dies entspricht nicht nur dem Ansatz des Mitarbeiterfokus im Rahmen der Lean Trans-formation des franzoumlsischen Steckverbinderherstellers sondern auch dem urspruumlng-lichen im Hause Toyota entwickelten Ideal der Lean-Philosophie ndash bei Toyota wurde unter bdquoUnternehmerfamilieldquo auch die Belegschaft verstanden

324 Zwischenergebnis

Zum Beginn des Jahres 2009 ndash nahezu zeitgleich mit dem Start der Lean-Initiative ndash wirk-ten sich die ersten spuumlrbaren finanziellen Erdstoumlszlige der Finanzkrise auch auf das franzoumlsi-sche Unternehmen aus Dies konfrontierte die Unternehmensfuumlhrung unweigerlich mit der Frage inwieweit es sinnvoll sei den angestoszligenen Strategieplan mit seinen fuumlnf Kernele-menten (Kundenfokus Zuliefererfokus Lean-Fokus in FampE Lean-Fokus in der Produk-tion und Mitarbeiterfokus) weiter zu verfolgen Obwohl die Initiative von Beginn an unter erschwerten Bedingungen gestartet worden war und eine Erholung der Wirtschaftslage nicht in Aussicht war bekraumlftigte Vareille sein Engagement bdquoNichts veraumlndert sich Wir werden die Lean-Implementierung fortsetzen Lean wird am Ende nicht nur unsere Mit-arbeiter und unsere Kunden gluumlcklicher machen ndash im Ergebnis werden wir mit Lean den Unternehmenswert deutlich steigernldquo (Laumuno und Yuumlcesan 2012)

Dies war keine leere Worthuumllse sondern ein klares Bekenntnis ndash ein Bekenntnis auch im Hinblick auf finanzielle Investitionen Wo alle anderen Budgets eingefroren wurden blieben die Etats fuumlr die Lean-Initiative unveraumlndert Dies galt besonders fuumlr die Reise-kosten der Beteiligten fuumlr Reisen zu Workshops Lean-Fortbildungen oder regelmaumlszligigen Besuchen der Produktionsstandorte zur Fortschrittskontrolle Die Mitarbeiter vernahmen dieses klare Signal im ersten Jahr der Transformation ndash Lean war bei FCI kein Strohfeuer sondern eine langfristige Anstrengung um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen

Im Dezember 2010 konnte Merel die Ergebnisse der vergangenen drei Jahre praumlsentie-ren Es zeichnete sich trotz der bereits erwaumlhnten schwierigen Rahmenbedingungen ein positives Bild

Kundenfokus Es war das Ziel gewesen die Beziehung zum Kunden durch keiner-lei Komplikationen zu beeintraumlchtigen bdquoMacht es unserem Kunden einfachldquo lautete das Motto Tatsaumlchlich konnten die verspaumlteten Lieferungen an Kunden von 2008 bis Ende 2010 um 43 reduziert werden Die Zielmarke von 50 wurde damit nur knapp ver-passt ndash dies sollte sich bei der Reduzierung der Kundenbeschwerden aumlndern Innerhalb von zwei Jahren konsequenter Methodenentfaltung des Lean Managements verringerte sich die Anzahl der unzufriedenen Kunden um 61 ndash die Zielmarke 50 wurde deutlich uumlberschritten

112 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Zuliefererfokus Die Zulieferer mit in den Wandel einzubeziehen bedeutete auch sich von manchen zu trennen Die Anzahl der Zulieferer nahm um 18 ab ndash von 1083 auf 888 Dies geschah ohne nennenswerte Konsequenzen denn der Absatz verbesserte sich um 18 genauso wie die Rentabilitaumlt ndash das EBITDA stieg im gleichen Zeitraum um 8

Lean-Fokus in der Wertschoumlpfung (FampE und Produktion) Vareille und Merel waren von dem Weg uumlberzeugt operationale Exzellenz durch kontinuierliche Verbesserung zu erreichen Sie setzten sich ehrgeizige Ziele So reduzierte die Umgestaltung zu einer schlanken Produktion u a die Durchlaufzeit um 40 (Ziel 50 ) und die Arbeitskosten um 12 (Ziel 25 ) Kaizen-Workshops in Singapur die unternehmensweite Anwendung von Jidoka ein bdquoflieszligenderldquo Produktionsfluss entlang sauberer und uumlbersichtlicher Ferti-gungsbereiche (durch die 5S) in allen 24 Produktionsstaumltten und standardisierte Arbeits-schritte auch in produktionsfernen Bereichen wie im Human-Resource-Management hinterlieszligen nicht nur in der Bilanz des Jahres 2010 erste Fuszligspuren sondern auch in den Koumlpfen der Mitarbeiter ndash bdquoLean wird mittlerweile als Teil der FCI-Kultur aufgefasstldquo (Laumuno und Yuumlcesan 2012)

Mitarbeiterfokus Vareille verstand unter Lean Management eine Gruppenanstrengung Er baute von Anfang an auf die Faumlhigkeiten seiner Mitarbeiter lieszlig sie ohne an dieser Stelle zu sparen gezielt und umfassend schulen ndash obwohl er den Druck der Finanzmaumlrkte im Nacken spuumlrte ndash und legte groszligen Wert auf ihre Sicherheit Im Ergebnis reduzierte er so die Anzahl der Unfaumllle um 80 und uumlbertraf damit die Zielsetzung von 75

Fuumlr die zwei Initiatoren der Initiative war klar dass sie an den richtigen Stellschrauben drehten ndash mit frischem Wind ging es in das Jahr 2011 Klar war dabei aber auch dass der Weg nicht leichter werden wuumlrde ndash bdquodie Parameter der Gleichung die wir mit Lean zu loumlsen versuchen aumlndern sich staumlndigldquo (Laumuno und Yuumlcesan 2012)

325 Fazit

Einer der nicht zu bestimmenden Parameter war die Eigentuumlmerkonstellation der FCI-Gruppe bedingt durch den Finanzinvestor Bain Capital Dieser hielt seine Investments erfahrungsgemaumlszlig zwischen drei bis fuumlnf Jahren bevor sie veraumluszligert wurden Nachdem FCI 2005 von Bain Capital aufgekauft worden war bestand die Unternehmensgruppe 2010 aus einer Automobil- Elektronik- und Mikroverbindungsparte ndash bereits Ende 2007 bevor Vareille zunaumlchst die Position des COO bei FCI uumlbernahm war eine vierte Sparte verkauft worden Der durch 14000 Mitarbeiter erwirtschaftete Gesamtumsatz der FCI-Gruppe im Jahr 2010 teilte sich auf die Automobilsparte (45 = 585 Mio euro) Elektronik-sparte (39 = 507 Mio euro) und Mikroverbindungssparte (16 = 208 Mio euro) auf Vareille vermutete schon Mitte 2011 dass es zeitnah zu einem Unternehmensverkauf kommen wuumlrde ndash dies lag zum einen daran dass bereits im Februar 2011 das Geruumlcht in der Finanz-welt kursierte Bain Capital ziehe sich aus der FCI-Gruppe zuruumlck Zum anderen lieszlig sich festhalten dass die von ihm initiierte Lean-Initiative den Wert der Gruppe fast verdoppelt hatte ndash ein Verkauf war fuumlr Bain Capital demnach interessant

113

Im Oktober 2011 war es soweit Astorg Partners ein franzoumlsischer Investor erwarb die 670 Mitarbeiter starke Mikroverbindungssparte FCI Microconnections fuumlr rund 650 Mio euro von Bain Capital Dann nach etwas mehr als drei Jahren an der Unterneh-mensspitze verabschiedete sich Vareille im Februar 2012 und begann im Maumlrz 2012 seine Taumltigkeit als CEO fuumlr Constellium ndash ein weltweit fuumlhrendes Unternehmen in der Alumi-niumherstellung mit Hauptsitz in Paris Sein alter Arbeitgeber wurde im Mai 2012 weiter zerschlagen Fuumlr rund 765 Mio euro wurde die Automobilsparte von FCI an den amerika-nischen Automobilzulieferer Delphi verkauft Im September des gleichen Jahres verlieszlig Merel die nun zersplitterte FCI-Gruppe und folgte ein weiteres Mal seinem alten Weg-gefaumlhrten ndash als bdquoCorporate Vice President EHS (Environment Health and Safety) and Lean Transformationldquo begann er bei Constellium in Paris Seine Jobbeschreibung gleicht die der letzten und beinhaltet die auf der Welt verteilten 22 Produktionsstandorte von Constellium mithilfe einer Lean-Transformation zu operationaler Exzellenz zu fuumlhren Die fruumlhere FCI-Gruppe nunmehr FCI Electronics genannt generiert einen Umsatz von rund 470 Mio euro mit 6680 Mitarbeitern

Der Lean-Ansatz profitiert von seiner klaren Struktur der Anwendbarkeit fuumlr jeden Prozess der Wertschoumlpfung und den im Vergleich zu anderen strategischen Management-methoden geringen Investitionskosten ndash das Risiko bleibt uumlberschaubar ndash wie auch bei FCI Unter dem Strich ist die Lean-Implementierung beim franzoumlsischen Steckverbinder-hersteller als erfolgreich zu bewerten Vareille und Merel gelang es aufgrund ihrer Er-fahrung in kuumlrzester Zeit sowohl messbare als auch spuumlrbare Verbesserungen zu erzielen die den Unternehmenswert erheblich steigerten Die geschilderten Ereignisse aus dem Jahr 2012 und die Realitaumlten des Geschaumlftsmodells eines Private-Equity-Unternehmens erhaumlrten dagegen den Verdacht dass dieses Engagement von vorne herein nicht auf eine nachhaltige Implementierung einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung abzielte Es waumlre an dieser Stelle weder zielfuumlhrend noch gewinnbringend uumlber die Sinnhaftigkeit dieses strategischen Vorgehens zu diskutieren oder abzuschaumltzen wie viel Profit Bain Ca-pital mit der Zerschlagung der franzoumlsischen Unternehmensgruppe FCI schlussendlich generieren konnte

Als Tatsache ist aber festzuhalten dass wenn Lean an den Beduumlrfnissen des Unter-nehmens ausgerichtet angemessen und konsequent umgesetzt wird die Hebelwirkung erstaunlich ist ndash selbst dann wenn man der Initiative nur drei Jahre Zeit gibt sich zu entfalten Um zur vollen Entfaltung zu kommen benoumltigt die Transformation zumindest eine langfristige Perspektive einen Initiator aus der Unternehmensfuumlhrung der sich nach-haltigen Zielen verpflichtet und ein durchdachtes Team-Setup ausgestattet mit viel Pra-xiserfahrung Auch wenn der letztgenannte Aspekt im Hause FCI mittlerweile vielleicht gegeben ist die zwei Treiber der Initiative haben das Unternehmen verlassen Am Man-gel der langfristigen Perspektive und des Initiators an der Unternehmensspitze besteht also kein Zweifel Demnach liegt die Vermutung nahe dass die Lean-Initiative im zuletzt noch uumlbrig gebliebenen Unternehmen FCI Electronics im Sande verlaufen wird ndash sofern dies nicht ohnehin schon geschehen ist Die zuvor aufgegriffene Aussage dass Lean zum Ende des zweiten Jahres der Initiative bereits als Teil der FCI-Kultur aufgefasst wurde

32 Lean Management bei der FCI-Gruppe

114 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

ist fraglich Sind zwei Jahre ausreichend um die Kultur eines international positionierten Produktionsunternehmens mit Standorten in Amerika Europa und Asien neu zu formen Wenn die Leistungsphilosophie von Lean demnach noch nicht in die DNA des Unter-nehmens uumlbergegangen ist wiegt der fruumlhe Verlust der beiden Initiatoren und das Nicht-existieren einer langfristigen Perspektive schwer ndash FCI ist gerade mal den ersten Schritt erfolgreich gegangen ndash dann wurde der Initiative die Luft zum Atmen genommen

33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

Eine Uumlbersicht uumlber Six Sigma bei Maple Leaf Foods gibt Abb 33

331 Unternehmensprofil

Maple Leaf Foods (MLF) ist ein fuumlhrender und global agierender Lebensmittelherstel-ler aus dem kanadischen Toronto der 1990 aus dem Zusammenschluss von Maple Leaf Mills Limited und Canada Packers entstand4 1995 wurde das Unternehmen von Wallace McCain einem erfolgreichen kanadischen Geschaumlftsmann und einer Investorengruppe der Ontario Teachers Pension Plan gekauft Heute haumllt die Familie McCain deren Sohn Michael McCain CEO ist uumlber 30 an MLF Die Art und Weise der Fuumlhrung und Unter-nehmensideale die Michael McCain von seinem mittlerweile verstorbenen Vater uumlber-nommen hat und das Unternehmen erfolgreich machten erinnern an die Fuszligspuren die Familienunternehmer des Schlages Reinhold Wuumlrth Reinhard Mohn Guumlnther Fielmann oder Otto Beisheim hinterlassen haben Er sieht seine Taumltigkeit nicht als normalen Job sondern als unbefristetes Engagement fuumlr das langfristige Wohl des Unternehmens Diese Botschaft ist keine leere Worthuumllse sondern laumlsst einen roten Faden erkennen der sich durch jede Personalentscheidung Kundenbeziehung und Unternehmensakquise zieht Das Unternehmen zaumlhlt heute knapp 20000 Mitarbeiter und machte nach harten Ruumlck-schlaumlgen in der Wirtschaftskrise bei einem Umsatz von 49 Mrd Kanadischen Dollar einen Gewinn von 82 Mio Kanadischen Dollar Seit Mai 1996 wird MLF an der bdquoToronto Stock Exchangeldquo (TSX) gefuumlhrt

4 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Mark und Golden (2003) erstellte Fallstudie bdquoMaple Leaf Foods Leading Six Sigma Changeldquo an der Richard Ivey School of Business in Ontario zuruumlck Zielgerichtete Onlinerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

11533 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

332 Ausgangslage

Zum Zeitpunkt der Six-Sigma-Einfuumlhrung beschaumlftigte das Unternehmen 12000 Mit-arbeiter und operierte mit elf unabhaumlngigen Toumlchtern (IOC ndash Akronym fuumlr Independent Operating Company) in Kanada den Vereinigten Staaten von Amerika in Europa und

rasantes Wachstum durch globale Akquisitionen verschaumlrfte das Wettbewerbsumfeld

Gesucht war eine Strategie wie man Wettbewerbsvorteile nachhaltig gewinnen kann

Ziel war kein Kosten-senkungsprogramm (Organisation war bdquokerngesund ldquo) sondern eine Qualitaumlts -verbesserungsinitiative

Etablierung von Six Sigma als unternehmensweite Initiative zur kontinuier -lichen Qualitaumlts-verbesserung aller Geschaumlftsprozesse

Im Mittelpunkt standen die langfristige Ausrichtung der Initiative (besonders durch Six Sigmas bdquomethodischen fitldquo fuumlr ein produzierendes Unternehmen) und das Wohl der Mitarbeiter(zB Ausbildung von Faumlhigkeiten)

Allein 2004 uumlberstieg der Benefit (80 Mio US-$) die Kosten fuumlr die Six-Sigma-Implementierung(13 Mio US-$)

Gewinn an Attraktivitaumltam Arbeitsmarkt (3000 Bewerber auf 33 Black-Belt-Positionen)

160 Six-Sigma-Vollzeit-kraumlfte und uumlber 85 Six-Sigma-Alumni in Fuumlhrungspositionen sind heute aktiv

bdquoKrieg gegen Fehlerldquoist Teil der Unter-nehmenskultur

Branche Nahrungsmittel Sitz Toronto (CDN)

Maple Leaf Foods Inc

Was ist das Problem Was ist das Loumlsungskonzept Was ist der Effekt

zu dieser langfristigen Perspektive passte die Art und Weise wie Michael McCain als Miteigentuumlmer das Unternehmen anfuumlhrte Die daraus resultierenden fuumlr Familienunternehmen typischen Merkmale wurden besonders darin deutlich dass nicht der kurzfristige Profit sondern das nachhaltige Bestehen eines gesunden Unternehmens am Markt im Fokus steht So nannteer Six Sigma eine bdquopersoumlnliche Lebensentscheidungldquound machte durch Aussagen wie bdquoDas ist fuumlr uns nicht irgendein Job ndash wir sind auf lange Sicht hierldquo seine Uumlberzeugung deutlich

Auszug

Abb 33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

116 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Asien Die bekanntesten dieser elf Unternehmen waren Maple Leaf Pork Maple Leaf Poultry Canada Bread Maple Leaf Consumer Foods Shur-Gain und Landmark Im Jahr 2000 stieg der Umsatz von 35 Mrd Kanadischen Dollar auf 4 Mrd Kanadische Dollar Dagegen rutschte der Reingewinn von 147 Mio Kanadischen Dollar auf 90 Mio Kana-dische Dollar ab Dieser Gewinneinbruch war aufgrund von drastisch gestiegenen Kosten in der Schweinezucht und der umfangreichen Investitionen in den Aufbau Kanadas groumlszlig-ter Schweinefleischverarbeitungsanlage absehbar Schon fuumlr die naumlchsten Jahreszahlen in 2001 wurden deutlich bessere Ergebnisse erwartet da das Unternehmen abgesehen von den angesprochenen finanziellen Irritationen gesund aufgestellt war

Um darzulegen was letztendlich zu der Implementierung von Six Sigma fuumlhrte gilt es ein Stuumlck weiter auszuholen Zunaumlchst ist zu beachten dass Six Sigma seit 1996 ndash das Jahr der bekanntesten Six-Sigma-Implementierung durch Jack Welch bei GE ndash schnell an Popularitaumlt gewann Motorola und Allied Signal waren weitere Erfolgsbeispiele und lieszligen damals auch den CEO von MLF Michael McCain aufhorchen Er verfolgte dabei aufmerksam den sozialen Aufstieg von Jack Welch ndash erste Uumlberlegungen Six Sigma auch bei MLF einzufuumlhren wurden aufgrund von fehlenden internen Ressourcen verworfen Dies sollte sich aumlndern als McCain die Bekanntschaft mit Bruce Miyashita machte ndash einem ehemaligen McKinsey Berater der als Vice President of Six Sigma bei Bombardier einem der groumlszligten Flugzeughersteller der Welt taumltig war Nach ersten Gespraumlchen war klar dass die Chemie der beiden nicht nur auf fachlicher sondern auch auf persoumlnlicher Ebene stimmte ndash eine Zusammenarbeit wurde in Angriff genommen Ruumlckblickend fuumlhren beide die folgenden Gruumlnde fuumlr die Umsetzung der Methodik auf

1 Das Unternehmen sah sich aufgrund umfangreicher Akquisitionen in der Vergangen-heit einem immer intensiveren und diversifizierteren Wettbewerb gegenuumlber Es war also essenziell sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen Der konti-nuierliche Verbesserungsansatz von Six Sigma der dies in Aussicht stellt und umfas-send und auf lange Sicht hin die Arbeitsweise in einem Unternehmen positiv veraumlndern kann erschien fuumlr McCain passend

2 Zu dieser langfristigen Perspektive passte die Art und Weise wie McCain als Miteigen-tuumlmer das Unternehmen anfuumlhrte Die daraus resultierenden familienunternehmertypi-schen Merkmale wurden besonders darin deutlich dass nicht der kurzfristige Profit sondern das nachhaltige Bestehen eines gesunden Unternehmens am Markt im Fokus steht So nannte er Six Sigma eine bdquopersoumlnliche Lebensentscheidungldquo und macht durch Aussagen wie bdquoDas ist fuumlr uns nicht irgendein Job ndash wir sind auf lange Sicht hierldquo seine Uumlberzeugung deutlich (Mark und Golden 2003 S 14)

3 Drittens wurde der Mitarbeiter als ein fester Bestandteil des Unternehmenserfolges angesehen Die Entwicklung seiner Mitarbeiter lag McCain am Herzen ndash dies praumlgte nicht nur die Unternehmenskultur sondern erklaumlrt auch die Entscheidung fuumlr Six Sigma In der Infrastruktur der Belt-Ausbildungen sah er eine wirkungsvolle und sys-tematische Vorgehensweise um die fachliche und soziale Kompetenz der Belegschaft auszubauen

11733 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

4 McCain war vom methodischen Ansatz begeistert Er war der Ansicht dass Six Sigma durch die Umsetzung eines kontinuierlichen und datenbasierten Ansatzes fuumlr saumlmtliche Geschaumlftsprozesse gut zu einem Groszligunternehmen aus dem produzierenden Gewerbe passt welches zusaumltzlich in stark unterschiedlichen Geschaumlftsbereichen operiert

5 Das Gebot der kontinuierlichen Verbesserung gehoumlrte schon vor Six Sigma zum Werte-kanon uumlber den sich MLF identifizierte5 McCain beabsichtigte die Bedeutung dieses Wertes durch einen systematischen Ansatz auszubauen ndash er war optimistisch dass die kontinuierliche Verbesserung mehr und mehr zu einem festen Bestandteil der Unterneh-mens-DNA werden wuumlrde Dabei kam es ihm nicht darauf an ob es in einem Projekt um die Prozessschritte in der Speckherstellung oder um die Serviceleistung gegenuumlber japanischen Kunden ging ndash er vertrat die Einstellung dass jeder Prozess verbesserungs-wuumlrdig sei Six Sigma bezeichnete er in diesem Zusammenhang nicht als etwas Ein-maliges sondern als Reise die erhebliche Auswirkungen auf die Struktur und Stabilitaumlt des Unternehmens hat

Es gilt festzuhalten dass der kanadische Lebensmittelhersteller zum Ende der 1990er-Jahre wirtschaftlich gut positioniert war Six Sigma wurde demnach nicht als temporaumlre Restrukturierungsmaszlignahme sondern als Qualitaumltsverbesserungskonzept eingefuumlhrt wel-ches sich nachhaltig in der Kultur des Unternehmens manifestieren sollte Die persoumlnliche Uumlberzeugung von McCain die anspruchsvollen Akquisitionen in der Vergangenheit fa-milienunternehmenstypische Eigenschaften ndash wie der unternehmerische Weitblick und die persoumlnliche Entwicklung der Mitarbeiter ndash und der Fit zwischen Methodik und Unterneh-men ndash hinsichtlich des Geschaumlftsmodells und den Wertvorstellungen ndash waren die Gruumlnde fuumlr die Six-Sigma-Implementierung

333 Die Initiative

Damit Bruce Miyashita die Implementierung bei MLF als Vice President von Six Sigma federfuumlhrend begleiten konnte wurde er zunaumlchst von Bombardier abgeworben Gleich-zeitig waren er und McCain darauf bedacht dass die Initiative nicht nur mit Miyashitas Namen in Verbindung gebracht wird damit jeder Mitarbeiter sich mit dem Vorhaben iden-tifiziert um eine nachhaltige Verinnerlichung der Methodik zu ermoumlglichen

Der Startschuss der Initiative fiel im Juli 1999 auffaumlllig leise In einem Newsletter an die Mitarbeiter wurde die Einstellung und die Ernennung von Miyashita zum bdquoVizepraumlsi-denten von Six Sigmaldquo verkuumlndet Mit Absicht beschraumlnkte sich die Kommunikation des Vorhabens auf die eher unauffaumlllige Personalentscheidung damit in den folgenden sechs Monaten die monumentale Veraumlnderung sorgfaumlltig eingeleitet werden konnte Als positi-

5 So wurden als Disclaimer der strategischen Prinzipien des Unternehmens bereits bdquoDo whatrsquos right Be performance driven Have a bias for action Continuously improve Be externally focused Dare to be transparentldquo kommuniziert

118 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

ven Nebeneffekt hoben McCain und Miyashita die wachsende Neugier der Mitarbeiter-schaft an der fremden Begrifflichkeit bdquoSix Sigmaldquo hervor Keiner der Mitarbeiter konnte sich darunter etwas Konkretes vorstellen und es hob sich begrifflich von vergangenen teils gescheiterten strategischen Managementkonzepten ab Miyashita nutzte dieses Interesse am bdquoMysterium Six Sigmaldquo indem er zielgerichtet Unterlagen verteilte die Aufschluss daruumlber gaben was die Vision die Philosophie Ausbildungswege und andere Erfolgs-beispiele von Six Sigma charakterisierten ndash dieses Vorgehen glich einer aufwendigen aber notwendigen internen Verkaufskampagne Insbesondere Miyashitas Erfahrung riet von Anfang an zu einer gruumlndlichen Kommunikation So wurden Vorurteile und falsche Vorstellungen von Six Sigma explizit adressiert

Missverstaumlndnisse bezuumlglich Six Sigmabull Six Sigma funktioniert nur in der Fertigung Die Six-Sigma-Methodik eig-

net sich fuumlr viele Geschaumlftsprozesse Ob eine Fabrik Schiffszubehoumlr aus Metall herstellt ob fluumlssiger Zellstoffbrei zu Papier umgewandelt wird oder ob Schwei-nefleisch zu einem Stuumlck Filet verarbeitet wird spielt dabei keine Rolle Die-ser Ansatz hat seine Einsatzfaumlhigkeit zusaumltzlich auch bei Geschaumlftsprozessen auszligerhalb einer Fertigungsanlage bewiesen Sei es in typischen Dienstleis-tungssektoren wie der Versicherungs- oder Finanzbranche oder in oumlffentlichen Verwaltungen

bull Six-Sigma-Qualitaumlt kostet zu viel Weit verbreitet ist das Geruumlcht dass 4-Sig-ma-Qualitaumlt (6210 Fehler bei 1 Mio Fehlermoumlglichkeiten) das Optimum sei Demnach nehme Grenznutzen der Qualitaumltssteigerungsaktivitaumlten ab 4 Sigma ab Dies entspricht nur dann der Realitaumlt wenn die Fehler reaktiv also durch Ins-pektionen behoben werden Six Sigma jedoch verfolgt einen proaktiven Ansatz ndash durch eine systematische Anwendung von Tools werden Fehler in der Wert-schoumlpfungskette erst gar nicht begangen Die Hebelwirkung ist enorm sodass die angefallenen Kosten sich nach kurzer Zeit rentieren Im Idealfall wird sich die Unternehmensfuumlhrung damit beschaumlftigen wie viel neues Personal fuumlr wert-schoumlpfende Taumltigkeiten eingestellt werden kann Damit ist es moumlglich dem zeit- und kostenintensiven Suchen und Loumlsen von Defekten einen entscheidenden Schritt voraus zu sein

bull 99-prozentige Qualitaumlt ist gut genug 99-prozentige Qualitaumlt entspricht einem Niveau von 38 Sigma Wenn man rund sieben Stunden im Monat ohne Elektrizi-taumlt auskommen muumlsste handelt es sich dabei um einen Sigma-Wert von 38 Mit einem Wert von 6 Sigma dagegen muss man nur auf sieben Sekunden Strom im Monat verzichten

bull Six Sigma ist nur TQM Der Ansatz des Total-Quality-Managements beinhaltet viele positive Aspekte Bei der Anwendung in der Praxis fehlt es haumlufig an drei wichtigen Dingen die Six Sigma explizit beruumlcksichtigt Erstens definiert sich beim TQM das Verstaumlndnis der bdquoQualitaumltldquo ausschlieszliglich uumlber den Mitarbeiter

11933 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

Dies ist auch im Sinne von Six Sigma aber die Methodik geht einen weiteren Schritt und versteht solide faktenbasierte Ergebnisse als Grundlage fuumlr Quali-taumltsverbesserungen Das Ergebnis von Six Sigma soll sich zwangslaumlufig in der Bilanz niederschlagen Durch die Eliminierung von Fehlern soll Geld gespart werden Zweitens wurden die meisten TQM-Vorhaben nach unten delegiert ndash die Qualitaumlt so das Verstaumlndnis vieler Manager lag im Verantwortungsbereich der Fertigungsarbeiter Six Sigma dagegen zielt auf eine enge Verflechtung des ganzen Unternehmens ab ndash die Verantwortung fuumlr Inhalt Ausrichtung und Erfolg der Initiative und damit auch fuumlr die Qualitaumlt der Produkte befindet sich hierar-chisch ganz oben Drittens kann die Anwendung von Tools im TQM als beliebig beschrieben werden ndash Six Sigma etabliert eine methodische Systematik mit einer Bandbreite von grundlegenden bis hin zu anspruchsvollen Werkzeugen

bull Six Sigma handelt nur von statistisch-mathematischen Gleichungen Die Konzeption von Six Sigma ist sicherlich auf ein zahlen- daten- und faktenba-siertes Vorgehen zuruumlckzufuumlhren Dennoch liegt die groumlszligte Herausforderung im Umgang mit Veraumlnderungen und einem aufgeschlossenen Fuumlhrungsstil Six Sigma eliminiert Fehler ndash doch dafuumlr muumlssen diese zunaumlchst gefunden werden Dies funktioniert nur wenn gewohnte Verhaltensweisen und verinnerlichte Denk-weisen infrage gestellt werden Das ist nicht einfach Der Anspruch kontinuierli-cher Verbesserung fordert die Veraumlnderungsbereitschaft eines jeden Mitarbeiters (dazu gehoumlren auch die Manager) heraus denn dieser muss neue Arbeitsweisen lernen und ungewohnte Aufgaben uumlbernehmen Ferner wird Six Sigma nur zu einer strategischen Verbesserung im Wettbewerb wenn die Unternehmensfuumlh-rung die Initiative nicht nur managt sondern anfuumlhrt

bull Six Sigma setzt perfekte Menschen voraus Nicht nur ein von Maschinen gesteuerter sondern auch ein personalintensiver Prozess kann 6-Sigma-Niveau erreichen Dies ist zum einen moumlglich da Six Sigma sich auf den Prozess und nicht die involvierte Persoumlnlichkeit konzentriert Mit Werkzeugen und Techni-ken wird das Verstaumlndnis des Prozesses sichergestellt um im naumlchsten Schritt das Auftreten von Fehlern unmoumlglich zu machen Zum anderen wird viel Auf-wand betrieben um die kritischen Beduumlrfnisse des Kunden zu evaluieren und zu quantifizieren Viele Fehler sind darauf zuruumlckzufuumlhren dass Kundenbeduumlrfnisse falsch eingeschaumltzt werden Ein entdeckter Fehler muss demnach nicht zwangs-laumlufig ein Fehler sein ndash es kommt darauf an wie genau die Anforderungen des Kunden definiert sind

bull Six Sigma ist nur Kostenreduktion Richtig ist dass Six Sigma eindeutig auf die Verbesserung der finanziellen Performance abzielt Falsch ist dass diese Ver-besserung ausschlieszliglich durch Kostenersparnis erzielt wird Die Verbesserung wird durch die Reduzierung der Durchlaufzeit der Bestaumlnde der Reparaturen oder der Retourware erzielt Ferner wird sie durch gewonnene Marktanteile und

120 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Zur gleichen Zeit wurde in der Vorbereitung der Six-Sigma-Implementierung bei MLF ein Prozess eingefuumlhrt der die Veraumlnderungsbereitschaft der einzelnen IOC beurteilte Die Erfahrung von McCain und Miyashita riet ihnen dass sich ein Unternehmen fuumlr eine derartige monumentale Veraumlnderung wie sie Six Sigma zur Folge hat in einer soliden wirtschaftlichen Stabilitaumlt befinden sollte Zudem war die Reaktion der einzelnen Unter-nehmen auf McCains Vorhaben zuruumlckhaltend was ihn jedoch nicht uumlberraschte Er folgt dabei der Faustregel dass 20 der Betroffenen die Veraumlnderungen aktiv unterstuumltzen weitere 20 aktiv verweigern und die restlichen 60 passiven Widerstand ausuumlben Die schwierige Aufgabe der Initiativenleitung ist es die 60 die das Veraumlnderungsvorhaben im Verborgenen ablehnen oder erst einmal abwarten wollen (die sogenannten Zaungaumlste) zu uumlberzeugen Um dies zu erreichen erklaumlrte McCain nicht die Vielfalt der vermeint-lich trockenen Six-Sigma-Toolbox sondern entwickelte eine Vision fuumlr sein Konzept und demonstrierte persoumlnlichen Einsatz So lies er sich zum BB ausbilden und trainierte zu-kuumlnftige GB Fortschritte in der Initiative wurden von ihm unternehmensweit kommuni-ziert damit auch dem letzten Mitarbeiter die Bedeutung von Six Sigma bewusst wurde Seiner Einschaumltzung nach machte der Umgang mit Widerstand den Unterschied zwischen einem temporaumlren Management-Trend und einer langfristigen strategischen Neuausrich-tung aus Die Entschlossenheit seiner Personalpolitik folgt dieser Einstellung ndash Mitarbei-tern die sich nicht von Six Sigma uumlberzeugen lieszligen wurde nahe gelegt das Unternehmen zu verlassen Diese Konsequenz erinnert an die Radikalitaumlt mit der Jack Welch General Electric anfuumlhrte

bessere Produktqualitaumlt erzielt die sich wiederum positiv auf die Reputation der Marke auswirkt Unter dem Strich beabsichtigt Six Sigma Umsatzwachstum

bull Eine Six-Sigma-Initiative besteht nur aus punktuellen Projekten Die Lan-cierung einer Six-Sigma-Initiative garantiert keinen Erfolg Wenn die Six-Sig-ma-Implementierung bei der Unternehmensfuumlhrung nicht ganz oben auf der Agenda steht entspricht das Ergebnis tatsaumlchlich nur punktuellen Projektbemuuml-hungen Die Wirksamkeit ist dann stark eingeschraumlnkt Damit sich Six Sigma flaumlchendeckend auswirkt darf keine Diskrepanz zwischen der Philosophie von Six Sigma und dem Handeln der Unternehmensexekutive entstehen Nur wenn uumlber die gesamte Organisation hinweg die gewohnten Anwendungen Strategien und Verhaltensweisen infrage gestellt werden gelingt der entscheidende Schritt und die Umsetzung gleicht nicht einem Tropfen auf den heiszligen Stein

bull Six Sigma ist ein Programm Ein Programm beginnt und endet Six Sigma erfordert gewisse Rahmenbedingungen um zu starten ndash das Ergebnis ist jedoch eine nichtendende Verbesserungseinstellung Six Sigma soll nicht das initiierte bdquoneue Konzeptldquo sein sondern bdquodas ungeschriebene Gesetz nach dem im Unter-nehmen gearbeitet wirdldquo

12133 Six Sigma bei Maple Leaf Foods

Zur eigentlichen Implementierung kam es erst ein halbes Jahr nach der Einstellung von Miyashita als im Januar 2000 mit der methodischen Implementierung in zwei der elf IOCs begonnen wurde Die Initiatoren blieben damit ihrer Strategie einer schleichenden Umsetzung treu Zu diesem Zeitpunkt fanden auch die ersten Schulungen fuumlr BBs und GBs statt Die Partizipation an den verschiedenen Ausbildungen war freiwillig ndash McCain beabsichtigte damit besonders die intrinsisch motivierten Mitarbeiter fuumlr sein Unterfangen zu gewinnen da die Anforderungen an die zukuumlnftigen BB hoch waren Neben intellek-tuellen Faumlhigkeiten fachlicher Reife ndash aufbauend auf fuumlnf bis sechs Jahren Berufserfah-rung ndash und der Begeisterung fuumlr Prozessoptimierung musste der potenzielle BB ein Team-player mit ausreichend Menschenkenntnis und Selbstbewusstsein sein Die potenziellen BB unterschrieben fuumlr ein 25-taumlgiges Training und eine mindestens zwei Jahre andauernde Anstellung als BB im Unternehmen Die Kosten fuumlr einen BB wurden auf 140000 Kana-dische Dollar geschaumltzt und amortisierten sich innerhalb eines Jahres Bei 15 bis 2 durch-gefuumlhrten Projekten pro BB im Jahr ging man von einer Kosteneinsparung von 100000 Kanadischen Dollar pro Projekt aus

334 Zwischenergebnis

Die Ausrichtung der einzelnen Six-Sigma-Projekte war sehr unterschiedlich Von der Ent-wicklung eines neuen Bewerbungsprozesses fuumlr Nachwuchskraumlfte uumlber eine Standardi-sierung des Designprozesses fuumlr neue Produkte bis hin zur Untersuchung des Risikoma-nagements in der Finanzabteilung ndash die Projekte zeugten von einem flaumlchendeckenden Six Sigma Deployment Ausgehend von 14 BB in 2 IOC im Jahr 2000 wurde die Initiative bis ins Jahr 2005 auf 130 aktive BB in 10 IOC ausgebaut Allein im Jahr 2004 mit knapp 600 BB- und GB-Projekten uumlberstieg der Benefit von 80 Mio Kanadischen Dollar deutlich die Kosten von Six Sigma in Houmlhe von 13 Mio Kanadischen Dollar Positiv fiel vor allem der enorme Bewerbungsandrang fuumlr die BB-Ausbildungen ins Gewicht 3000 Bewerber auf 33 offene BB-Stellen waren ein deutliches Signal Nach fuumlnf Jahren methodischer Im-plementierung konnte die Initiative als erfolgreich bewertet werden Abgesehen von zahl-reich diagnostizierten und adressierten Qualitaumltsmaumlngeln und dem realisierten finanziellen Benefit erwies sich Six Sigma als positiver Einfluss auf die Attraktivitaumlt des Unterneh-mens am Arbeitsmarkt MLF konnte dort bei jungen Leuten mit einem bunten Blumen-strauszlig an Argumenten trumpfen (hohe Frequenz an internationalen Projekten schnelle Aufstiegsmoumlglichkeiten mit viel Verantwortung und exzellente Weiterbildung) und einen zwischenzeitlichen Mangel an weiblichen BB beheben

122 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

335 Fazit

Aus heutiger Sicht laumlsst sich eindeutig eine positive Bilanz ziehen ndash Maple Leaf Foods hat die in den letzten 13 Jahren mit einer Six-Sigma-Implementierung einhergehenden Herausforderungen erfolgreich gemeistert

Unter diese Herausforderungen fiel vor allem der Umgang mit Widerstand Dieser geht in der Regel auf individuelle Emotionen und nicht auf stichhaltige Argumente zuruumlck wodurch besonders die sozialen Kompetenzen der BB gefordert waren Der Mensch steht Veraumlnderungen sobald er selbst davon betroffen ist skeptisch gegenuumlber ndash natuumlrlich auch bei MLF Gemaumlszlig McCain versuchten einige Mitarbeiter ihren Kopf in den Sand zu stecken und abzuwarten bis der Kelch auch dieses Managementkonzeptes an ihnen voruumlbergegan-gen war In der Zwischenzeit diffamierten sie das Ziel von 34 Fehlern in einer Mio Feh-lermoumlglichkeiten als Utopie ndash diese Ansicht aumlnderte sich oft erst wenn einer Zeuge eines Projekterfolges wurde Ab einem gewissen Zeitpunkt realisierte jeder dass der Vorstand und die Anteilseigner geschlossen hinter Six Sigma standen ndash es gab kein Ausweichen

Kritisch schien zusaumltzlich dass es manchen Werksleitern peinlich war Qualitaumltsproble-me aus ihrem Verantwortungsbereich (die bislang niemand bemerkt hatte) einzugestehen Anderen fiel es schwer sich von neuen GB oder BB Fehler in den Prozessen ihres Zustaumln-digkeitsbereiches zeigen zu lassen ndash die Rolle bdquodes Heldenldquo abzugeben war fuumlr sie un-gewohnt Derartige Eitelkeiten zeigten Miyashita dass das Veraumlnderungsvorhaben nicht ideal lanciert wurde Seiner Ansicht nach ist die Faumlhigkeit Erfolge zu teilen essenziell fuumlr den Erfolg der Initiative

Problematisch war auch die Auswirkung der Initiative auf die Arbeitsweise im Unter-nehmen Bislang herrschte bei MLF eine pragmatische Arbeitskultur bdquoErst machen ndash spauml-ter fragenldquo Mit Six Sigma fielen jedoch aufwendige Untersuchungen an bevor das Pro-blem beschrieben werden konnte geschweige denn geloumlst wurde Fuumlr viele Mitarbeiter wurde so die gewohnte Arbeitsweise verzerrt Die komplexen Anforderungen der statis-tisch-mathematischen Methodik kamen als zusaumltzliche ndash bisweilen uumlberfordernde ndash Her-ausforderung dazu

Prekaumlr waren die durch die verschiedenen Ausbildungsstufen verursachten Personal-rochaden Wenn ein GB die BB-Zertifizierung erhielt und dafuumlr in einem Projekt einer anderen IOC eingesetzt wurde musste zunaumlchst die Luumlcke die er hinterlieszlig geschlossen werden Haumlufig war die Gestaltung dieses Uumlbergangs aufgrund von fehlenden personellen Ressourcen nicht nahtlos moumlglich gewesen ndash fuumlr den entstehenden Engpass und die daraus resultierenden Schwierigkeiten wurde die Six-Sigma-Methodik verantwortlich gemacht McCain hebt deswegen die Anstrengung hervor mit dem entstehenden Aumlrger so umzuge-hen dass er keine bleibenden Schaumlden am Image des Veraumlnderungsvorhabens hinterlaumlsst Es gilt einzusehen und ehrlich zu kommunizieren dass Six Sigma den Alltag zunaumlchst nicht unbedingt einfacher macht

Trotz dieser starken Nachfrage nach Personal kam es anfangs wiederholt vor dass frisch ausgebildete und hochmotivierte Belts ihr theoretisches Wissen nicht direkt anschlieszligend mit Praxiserfahrung in einem Projekt anwenden konnten Es war offensichtlich dass ein

123

Zeitraum von fast zwoumllf Monaten zwischen der Ausbildung und dem ersten Projekt die Wirkungsfaumlhigkeit eines BB einschraumlnkte Erst im Laufe einiger Jahre pendelte sich diese Konstellation von Angebot und Nachfrage bei einem Gleichgewicht ein

Wie in der Ausgangslage schon erwaumlhnt war Six Sigma aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht dringend erforderlich fuumlr den Unternehmenserfolg von MLF Das Setzen eines Veraumlnderungsimpulses durch erzeugte Unzufriedenheit mit dem Status quo war besonders in wirtschaftlich guten Zeiten eine der groumlszligten Herausforderungen fuumlr Mc-Cain und Miyashita

McCain und Miyashita gelang es mit ihrer langjaumlhrigen Berufserfahrung ihrem pas-sionierten Einsatz fuumlr Six Sigma und ihrem unmissverstaumlndlichen Commitment die auf-gezaumlhlten Herausforderungen zu bewaumlltigen Six Sigma ist in dem uumlber 150 Jahre alten Unternehmen mehr als nur ein Poster an der Wand ndash es ist mittlerweile eine unerlaumlssliche Ingredienz der Unternehmenskultur Es ging dabei von Anfang nicht um die Umsetzung von Six-Sigma-Projekten sondern um den Aufbau einer Six-Sigma-Organisation Dabei ist die Arbeitsweise faktenbasiert diszipliniert transparent und kundenfokussiert Heute sind im Unternehmen neben 160 Six-Sigma-Vollzeitkraumlften (BB GB und sonstige Spe-zialisten) uumlber 85 Six-Sigma-Alumni in den Fuumlhrungspositionen der verschiedenen IOC verteilt ndash die Methodik ist in die DNA des Unternehmens uumlbergegangen

Zweifelsohne laumlsst sich dieses Beispiel einer Six-Sigma-Implementierung als bdquobest practiceldquo bezeichnen Das methodische Leistungsversprechen einer Null-Fehler-Qualitaumlt wird nicht als kurzfristiges Ziel sondern als langfristig zu verinnerlichende Philosophie gesehen ndash diese tiefe Uumlberzeugung fing Ende der 1990er-Jahre beim CEO Michael Mc-Cain an und definiert heute jede Faser des kanadischen Unternehmens

34 Six Sigma bei der Bank of America

Einen Uumlberblick uumlber Six Sigma bei der Bank of America bietet Abb 34

341 Unternehmensprofil

Das Bestehen der Bank of America (BoA) ndash welche als eines der ersten groszligen Bank-haumluser der Welt Six Sigma implementierte ndash geht auf die Fusion der Bank America of California (Gruumlndung 1929) und der NationsBank of Charlotte (Gruumlndung 1874) aus dem Jahre 1998 zuruumlck6 Die Historie beider Kreditinstitute war durch eine Serie von Mer-gers amp Acquisitions gekennzeichnet ndash die Groumlszlige und die damit einhergehende Anzahl der

6 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Mikkilineni und Dutta (2006) erstellte Fallstudie bdquoSix Sigma A Tool to Increase Customer Satisfaction at Bank of Ame-ricaldquo am ICMR Center fuumlr Management Research in Hyderabad Indien zuruumlck Zielgerichtete On-linerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

34 Six Sigma bei der Bank of America

124 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Kunden waren seit jeher Gradmesser fuumlr den Erfolg 2000 wurde das Geschaumlftsjahr mit knapp 33 Mrd US-$ Umsatz und einem Profit von 67 Mrd US-$ abgeschlossen Mit der Ernennung von Kenneth D Lewis zum CEO der Bank im Januar 2001 kam es zu einem Vorzeichenwechsel in der Unternehmensfuumlhrung ndash von nun an sollte das in Kalifornien ansaumlssige Bankhaus mithilfe der Six-Sigma-Methodik organisch wachsen

Sehr unzufriedene Kunden resultierend aus hoher Ausfallquote

von Automaten langer Reaktionszeit

auf Service-Anfragen unterdurchschnittlicher

Serviceleistungen fehlenden Werten mit

denen sich Mitarbeiter oder Kunden identifizieren koumlnnen

Six Sigma als Methode (kontinuierliche Prozess-verbesserung durch DMAIC-Zyklus)

Six Sigma als Business-Ansatz (Qualitaumlts -orientierung und Null-Fehler -Qualitaumlt als Unternehmensgrundsatz)

Six Sigma als Fuumlhrungs-philosophie (Philosophie der Methodik als Leitfaden fuumlr alle Fuumlhrungskraumlfte)

Innerhalb nur eines Jahres Fehlerreduzierung

in Debitorenauszuumlgenum 70

Reduzierung von Betriebsstoumlrungen (Bankautomaten) um 88

Verbesserung der Bearbeitungszeit von Anfragen um 99

Anzahl von benoumltigten Klicks zur Kontoeroumlffnung um 60 reduziert

Branche Banken Sitz Charlotte (USA)

Bank of America Corporation

Was ist das Problem Was ist das Loumlsungskonzept Was ist der Effekt

die Bank of America legt ihren Schwerpunkt auf den Kunden und hat durch Six Sigma in den letzten drei Jahren die Faumlhigkeit das richtige Produkt dem richtigen Kunden zum richtigen Preis anzubieten erfolgreich ausbauen koumlnnen Wir verpflichten uns den Weg kontinuierlicher Verbesserung fortzusetzen und weiter in unsere Zukunft zu investieren um auch in den kommenden Jahren innovativ auf das Beduumlrfnis unseres Kunden zureagieren

Auszug

Abb 34 Six Sigma bei der Bank of America

12534 Six Sigma bei der Bank of America

342 Die Ausgangslage

Six Sigma zielte auf fundamentale Veraumlnderungen ab da das Ergebnis des uumlber Jahre praktizierten anorganischen Wachstums die Missachtung der Kundenzufriedenheit war In Kundenerfassungen die deutliche Defizite ans Tageslicht brachten (nur 40 der Kunden waren mit der Bank zufrieden) spiegelten sich ineffiziente Geschaumlftsprozesse in unter-durchschnittlichen Serviceleistungen wider Die Onlinesysteme stuumlrzten regelmaumlszligig ab und fuumlhrten zu Ausfaumlllen der Bankautomaten die Reaktionszeit auf Kundenanfragen war lang und die Bank verfuumlgte uumlber keine Unternehmenswerte mit denen sich der Kunde oder der Mitarbeiter identifizieren konnte Fruumlhere Verbesserungsbemuumlhungen verliefen schnell im Sand und wurden als Eintagsfliegen empfunden da es an einer systematischen Implementierung und der Unterstuumltzung aus dem Topmanagement fehlte Deswegen wid-mete sich Lewis dem aus seiner Sicht disziplinierten rigorosen und verstaumlndlichen Ansatz von Six Sigma Die im Jahr 2001 begonnene Implementierung umfasste dabei die folgen-den Bausteine

bull Six Sigma als Methode (Prozessverbesserung durch die Anwendung des DMAIC-Zy-klus)

bull Six Sigma als Business-Ansatz (Qualitaumltsorientierung und Null-Fehler-Philosophie als Grundsaumltze des Unternehmens)

bull Six Sigma als Fuumlhrungsphilosophie (Leitfaden fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte des gesamten Unternehmens)

Hervorzuheben ist dass die Six-Sigma-Konzeption urspruumlnglich fuumlr Geschaumlftsprozesse im produzierenden Gewerbe entwickelt worden war Es war die American Express Company die ab 1998 als erstes Unternehmen mit Erfolg die Methodik auch im Dienstleistungsbe-reich anwendete ndash auch im Service gibt es zu verbessernde defekte Geschaumlftsprozesse und Produkte Die Qualitaumlt und Quantitaumlt einer Dienstleistung zu messen (Verkaufsgespraumlch eines Bankberaters) faumlllt dabei deutlich schwerer als die eines Produktes (Fertigstellung eines Autos) Es sticht hervor dass hinsichtlich der Qualitaumlt und Quantitaumlt einer Dienst-leistung die Rolle des Mitarbeiters eine exponierte Stellung einnimmt

Das Ziel von Six Sigma in Serviceunternehmen ist eher die Wertsteigerung fuumlr den Kunden bei einer einzelnen Transaktion als die Sicherstellung einer groszligen Anzahl von Transaktionen Fuumlr die BoA bedeutete dies dass es wichtiger war den schon existierenden Kunden endlich bdquoeine Weltklasseperformance zu bietenldquo als neue Kundschaft zu akqui-rieren

343 Die Initiative

Fuumlr Lewis war Six Sigma keine Eintagsfliege Um ein deutliches Signal an die Mitarbeiter zu senden uumlbernahm er persoumlnlich die Verantwortung fuumlr das erste Green-Belt-Projekt

126 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Dabei wurden Loumlsungsansaumltze fuumlr den Umgang mit Kundenbeschwerden die an das houml-here Management weiter geleitet wurden erarbeitet Wenige Jahre spaumlter fuumlhrte Lewis die folgenden Beweggruumlnde fuumlr die Involvierung in das erste Projekt an (vgl Mikkilineni und Dutta 2006)

bull Obwohl manch ein Mitarbeiter uumlberrascht war dass der CEO sich eines GB-Projektes annimmt wurde dadurch die klare Botschaft vermittelt dass Six Sigma die kompro-misslose Unterstuumltzung der Fuumlhrungsspitze besitzt

bull Lewis beabsichtigte genau nachzuvollziehen mit welchen Werkzeugen und Techniken sich seine Mitarbeiter in Zukunft auseinandersetzen wuumlrden um die gleiche Sprache zu sprechen

bull Die Notwendigkeit sich den Problemen des Kunden anzunehmen war nicht laumlnger zu ignorieren ndash er sprach von 20000 Kundenbeschwerden die zu einem groszligen Teil auf seinem Schreibtisch landeten

Durch das analytische Vorgehen von Six Sigma konnte beobachtet werden dass im Ver-trieb nur 20 der Mitarbeiter 80 des Absatzes generierten Die BoA entwickelte in der Folge ein Messsystem mit klaren Zielvorgaben fuumlr jede Abteilung und jeden Banker Jeder Mitarbeiter hatte von nun an eine Mindestquote am Tag zu erreichen

Die systematische Evaluierung der VoC und CtQs deckte die Stellen mit besonderem Verbesserungspotenzial im Unternehmen auf Die Bank begann die Beduumlrfnisse und Er-wartungen ihrer Kundschaft zu verstehen Ein Benchmark von 90 Kundenzufriedenheit wurde fixiert Wo man sich fruumlher mit bdquozufriedenenldquo Kunden begnuumlgte (Bewertung von 6 oder 7 auf einer Skala von 1 bis 10) zaumlhlten von nun an nur noch bdquouumlberzeugteldquo Kunden (Bewertung von 9 oder 10) Vor allem letztere Kunden neigten dazu eine nachhaltige Beziehung zur Bank aufrechtzuerhalten Um eine solche langfristige Kundenbeziehung aufzubauen wurde zum einen der Anspruch von einer bdquoWeltklasseperformanceldquo auf alle Kundensegmente uumlbertragen (vom Kunden als Individuum uumlber ein Start-up bis hin zu einer groszligen Unternehmenseinheit) Zum anderen ging es bei Beratungsgespraumlchen nicht mehr nur darum was man verkauft sondern wie man dem Kunden am besten entgegen-kommen kann Der Wert einer Kundenbeziehung wog schwerer als das angebotene Pro-dukt

Damit sich die Erfahrungswerte des Kunden mit dem elektronischen oder computerba-sierten Serviceangebot (Bankautomat Telefon- und Onlinebanking) verbesserten wurden mithilfe des statistisch-mathematischen Vorgehens Fehler und Wartezeiten behoben

Six Sigma wurde in jedem Teil der Wertschoumlpfungskette angewandt um das Verbes-serungspotenzial umfassend auszuschoumlpfen Durch flaumlchendeckende Prozess- und Feh-leranalysen sollte die Bereitstellung der Serviceleistung effizienter gestaltet werden Fuumlr Lewis war von Beginn an klar dass der Benefit der Implementierung sich nicht nur auf die operationale Infrastruktur beschraumlnken durfte Seiner Ansicht nach fuumlhrte Six Sigma

12734 Six Sigma bei der Bank of America

immer zu einer kulturellen Transformation Ein Resultat dessen war die Formulierung von fuumlnf Grundwerten der BoA (vgl Mikkilineni und Dutta 2006)

1 Das Richtige tun Jeder Mitarbeiter besitzt die Freiheit Autoritaumlt und Verantwortung zu jedem Zeitpunkt das Richtige fuumlr unsere Klienten Kunden und unsere Mitarbeiter zu tun

2 Vertrauen und Teamarbeit Wir vertrauen einander und sind gemeinsam erfolgreich Wir uumlbernehmen kollektive Verantwortung fuumlr die Qualitaumlt die wir unseren Kunden bereitstellen

3 Leistungsgesellschaft Wir helfen unseren Arbeitskollegen dabei ihr volles Potenzial auszuschoumlpfen und konzentrieren uns auf das Endergebnis Dabei respektieren und schaumltzen wir einander

4 Gewinnen Leidenschaftlich erzielen wir unsere Ergebnisse und gewinnen ndash fuumlr unsere Kunden Arbeitskollegen und Anteilseigner

5 Fuumlhrungsstil Wir sind entschlussfreudig auf jedem hierarchischen Level und bauen unsere Zukunft durch Taten und Visionen

Fuumlr die kulturelle Transformation war es entscheidend dass jedes Projektteam von einem BB oder MBB betreut wurde Fruumlh auftretender Widerstand konnte durch die Einfuumlhrung einer woumlchentlichen Scorecard in einen fairen internen Wettbewerb umgewandelt werden Als die Mitarbeiter dadurch nachvollziehen konnten welchen Mehrwert die einzelnen Projekte generierten verflogen nicht nur die letzten Zweifel am methodischen Ansatz sondern es entwickelte sich eine breite Zustimmung und aktive Partizipation an der sys-tematischen Qualitaumltsbemuumlhung Auch das Belohnungssystem der Bank passte sich an die neuen Rahmenbedingungen an Nicht fuumlr die Akquise von neuen Kunden sondern fuumlr den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen wurden offiziell Preise an die Mitarbeiter verliehen

344 Zwischenergebnis

Die von Lewis eingeleitete Intervention in den gewohnten Geschaumlftsablauf der BoA war radikal Schon zu Beginn des Jahres 2002 lieszligen sich erste Erfolge erkennen Das ers-te umfassende GB-Projekt reduzierte Fehler in den Debitorenauszuumlgen der Kunden in-nerhalb des ersten Jahres um 70 Die Projekte die sich mit den elektronischen und computerbasierten Serviceangeboten (Bankautomat Telefon- und Onlinebanking) ausei-nandersetzten reduzierten Betriebsstoumlrungen und Defekte im ersten Jahr um 88 Die Bearbeitungszeit von Kontenanfragen durch die Kunden der Bank of America konnte von drei Tagen auf zehn Minuten gesenkt werden was einer Senkung um uumlber 99 entspricht Mithilfe von Six Sigma wurde die Anzahl der Klicks die fuumlr die Eroumlffnung eines On-line-Kontos noumltig waren von zehn auf vier reduziert Bis 2003 gelang es die Anzahl der

128 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

bdquouumlberzeugtenldquo Kunden (Bewertung von 9 oder 10 auf einer Skala von 1 bis 10) von 40 auf 50 zu steigern und zusaumltzlich ndash ohne explizite Absicht ndash 25 Mio Neukunden zu gewinnen Im Jahr 2003 stieg die Anzahl der Konten um 1 Mio die Anzahl der Zahlungs-vorgaumlnge die an einem Tag abgewickelt werden konnten stieg um 36 und die Zeit die gebraucht wurde um eine neue Filiale zu eroumlffnen wurde um 100 Tage reduziert Bis 2004 wurden 5000 Mitarbeitern die Zertifizierung des GB und 300 die des BB ver-liehen Bis 2005 hatten 80 der Fuumlhrungskraumlfte entweder die Ausbildung zum GB oder BB abgeschlossen Die BoA wurde die groumlszligte amerikanische Kundenkreditbank mit 5800 Bankfilialen und 16700 Bankautomaten in den USA Der Umsatz im Jahr 2004 belief sich auf fast 49 Mrd US-$ (im Jahr 2000 waren es 33 Mrd US-$) und der Profit auf knapp 14 Mrd US-$ (im Jahr 2000 waren es 75 Mrd$) Nach eigenen Angaben war das Kredit-haus im Jahr 2004 das fuumlnftprofitabelste Unternehmen auf der Welt mit 34 Mio Kunden-beziehungen und 8000 Transaktionen pro Sekunde

Die Bank of America legt ihren Schwerpunkt auf den Kunden und hat durch Six Sigma in den letzten drei Jahren die Faumlhigkeit das richtige Produkt dem richtigen Kunden zum richtigen Preis anzubieten erfolgreich ausbauen koumlnnen Wir verpflichten uns den Weg kontinuierli-cher Verbesserung fortzusetzen und weiter in unsere Zukunft zu investieren um auch in den kommenden Jahren innovativ auf das Beduumlrfnis unseres Kunden zu reagieren (Mikkilineni und Dutta 2006 S 1)

Kenneth D Lewis Praumlsident und CEO Bank of America Corporation in 2004

345 Fazit

Die technische Umsetzung der Six-Sigma-Methodik seit 2001 ist auch aus heutiger Sicht positiv zu bewerten Der Projektnutzen lag nach vier Jahren bei 15 Mrd US-$ Einsparun-gen als sogenannter Net-Benefit Die Produktivitaumlt Genauigkeit und Kundenzufriedenheit wurden gesteigert Fehlerquellen und Wartezeiten wurden reduziert und durch eine kultu-relle Transformation ruumlckten der Kundenfokus und der Qualitaumltsanspruch unternehmens-weit in den Mittelpunkt der Wertschoumlpfung Durch die Freistellung von Kapital wurden strategische Investitionen ndash wie der Merger mit FleetBoston Financial im Jahr 2004 ndash moumlglich Seit 2006 war die Bank Amerikas groumlszligtes Kreditinstitut und gehoumlrte 2008 noch zu den teuersten Marken der Welt ndash dann platzte die Immobilienblase die Grundmauern der Finanzwelt wurden erschuumlttert und die BoA war eine der groszligen Verliererinnen Dies lag im Wesentlichen an den fatalen Fehlkaumlufen ndash der Investmentbank Merril Lynch und des einst groumlszligten US-Immobilienfinanzierers Countrywide ndash in Houmlhe von 50 Mrd US-$ An den Uumlbernahmen die zuvor als seltene Chance mit Synergieeffekten beschrieben wur-den uumlberhob sich die BoA ndash Ende 2009 schied der fuumlr die Six-Sigma-Implementierung maszliggeblich verantwortliche CEO Lewis aus dem Unternehmen Die Groszligbank wurde vom Staat gerettet weil sie als systemrelevant eingestuft wurde Obwohl das Bankhaus die Staatshilfen mittlerweile vollstaumlndig zuruumlckgezahlt hat uumlberschatten die Altlasten bis

129

heute das Tagesgeschaumlft der Bank unter der Regie des neuen CEO Brian Moynihan Ver-schiedene Vergleiche mit Immobilienfinanzierern und einer Investorengruppe kosteten die Bank im Jahr 2011 etliche Milliarden Dollar Im Herbst 2012 wurde die Bank sogar von der US-Regierung auf Schadensersatz wegen des Verkaufs minderwertiger Hypotheken waumlhrend der Finanzkrise verklagt Die Nachbeben der Finanzkrise halten also an ndash mitt-lerweile sendet das operative Geschaumlft der Bank of America aber wieder positive Signale

Unter Beruumlcksichtigung der verheerenden Veraumlnderungen die seit der Lehman-Pleite im Herbst 2008 insbesondere die Finanzwelt und somit auch die Bank of America in ihrer grundlegenden oumlkonomischen Struktur durcheinanderbrachten faumlllt es schwer die ver-gangenen zwoumllf Jahre seit Beginn der Six-Sigma-Implementierung bis heute als Gesamtes zu betrachten

1 Die Einfuumlhrung und flaumlchendeckende Umsetzung von 2001 bis 2006 ist wie bereits dargestellt zweifelsfrei als erfolgreich zu bewerten Ausschlaggebend dafuumlr ist Lewisrsquo kompromisslose Uumlberzeugung von Six Sigma der gezielte Einkauf von Expertise und eine sorgfaumlltige Projektportfolioplanung die durch schnelle Erfolge nach kurzer Zeit die Belegschaft von der strategischen Richtungsaumlnderung uumlberzeugte Die erzielten Ergebnisse sprechen zusaumltzlich eine deutliche Sprache Als Randnotiz ist zu beachten dass 2001 die Ausgangslage der Bank dem neuen CEO entgegenkam Die Qualitaumlt des Service und die damit einhergehende Kundenzufriedenheit waren so schlecht dass womoumlglich jeder Verbesserungsansatz mit dem Ziel der Qualitaumltssteigerung zunaumlchst erfolgreich gewesen waumlre

2 Ab 20072008 sind die fundamental neuen Rahmenbedingungen zu beruumlcksichtigen Die Finanzkrise und die verhaumlngnisvolle Uumlbernahme zweier maroder Unternehmen ndash das Leistungsversprechen von Six Sigma beinhaltet keinen Schutz vor strategischen Fehlentscheidungen ndash draumlngte das Kredithaus an den existenziellen Abgrund Waumlhrend des turbulenten Strukturwandels in der Finanzkrise in dem betriebswirtschaftliche Strategien und volkswirtschaftliche Modelle ad absurdum gefuumlhrt wurden scheint man sich primaumlr auf das grundsaumltzliche Uumlberleben am Markt und nicht auf die Sicherstel-lung zufriedener Kunden konzentriert zu haben Hinzu kommt dass die entscheidende Person der Six-Sigma-Initiative das Unternehmen verlieszlig ndash der personelle Wechsel an der Unternehmensspitze und die sich moumlglicherweise daraus ergebende Neujustierung der Unternehmensstrategie und Fuumlhrungsphilosophie ist nicht zu vernachlaumlssigen

Dennoch gilt es festzuhalten dass sich das Unternehmen welches uumlber 275000 Mit-arbeiter zaumlhlt und uumlber 90 Mrd US-$ Umsatz erwirtschaftet durch die Abteilung fuumlr Qualitaumlt und Produktivitaumlt (QampP) bis heute explizit zur Wirkungsfaumlhigkeit des Werk-zeugbaukastens und der Methodenvielfalt von Six Sigma bekennt Qualitaumlt wird dabei als fester Bestandteil der Unternehmenskultur verstanden um Effizienz Kostenerspar-nis Umsatzsteigerung und Kundenzufriedenheit zu erzielen Auch die Relevanz des Kundenbeduumlrfnisses und der fuumlnf Grundwerte die in leicht modifizierter Form noch immer bestehen lassen erahnen dass die Six-Sigma-Initiative nachhaltige Spuren in der DNA des Unternehmens hinterlassen hat

34 Six Sigma bei der Bank of America

130 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

351 Unternehmensprofil

Die Best Buy Company Inc (BeBu) ist ein 1966 gegruumlndetes US-amerikanisches Unter-nehmen das mit 167000 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp 51 Mrd US-$ im Einzel-

Fragen wie bdquoWer sind unsere Kundenldquo bdquoWorauf basieren unsere Entscheidungenldquo und bdquoWie haumlngen einzelne Prozesse zusammenldquo

sich als bdquoFaumlhigkeitldquo des

ndash

Abb 35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

13135 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

handel der Unterhaltungselektronik erwirtschaftet7 Die Unternehmenshistorie beschreibt das Lebenswerk des Gruumlnders und Selfmade-Milliardaumlrs Richard Schulze der mit 25 Jah-ren erste Audiogeraumlte verkaufte eine Ladenkette aufbaute und daraus den weltweit groumlszlig-ten Elektronikhaumlndler schuf Ausgehend vom Hauptsitz des Unternehmens in Richfield Minnesota beinhaltet das Produktportfolio Computer Software Videospiele Musik-DVDs Mobiltelefone Digital- und Videokameras sowie verschiedene Haushaltsgeraumlte wie Geschirrspuumller Trockner und Gefrierschraumlnke Seit 2008 setzte das Unternehmen die aggressive und zum groumlszligten Teil internationale Expansion auch auf europaumlischem Boden fort ndash in Deutschland ist BeBu unter dem Markennamen The Phone House aktiv und beschaumlftigt dabei 800 Mitarbeiter die mobile Kommunikationsendgeraumlte und Notebooks vertreiben The Phone House sollte dabei als Speerspitze beim Angriff auf den zur Metro-gruppe gehoumlrenden europaumlischen Marktfuumlhrer Media-Saturn dienen ndash ernsthafte Ambitio-nen blieben bis heute aber aus

Der amerikanische Mutterkonzern durch das Forbes Magazin u a als bdquoUnternehmen des Jahres 2004ldquo geadelt operiert heute mit einem Kundennetzwerk von uumlber 16 Mrd Einkaumlufen pro Jahr (zusammengesetzt aus online mobilen und in der Filiale getaumltigten Einkaumlufen) und greift auf ein Filialnetz mit weit mehr als 1100 Standorten allein in Ameri-ka zuruumlck Andauernder Innovationsdrang und neue Ideen im Hinblick auf die Zufrieden-stellung des Kunden und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander sind dabei nach Angaben des Unternehmens die Ingredienzen des Erfolges Im Mittelpunkt steht nicht das Produkt sondern der Kunde Dies war nicht immer der Fall ndash es stellt sich die Frage welche Rolle Lean Sigma bei dieser Entwicklung gespielt hat Die folgenden Sei-ten werfen einen genauen Blick hinter die Kulissen des amerikanischen Einzelhaumlndlers

Beispiel TwelpforceExemplarisch fuumlr den Innovationsdrang laumlsst sich der Twitterkanal Twelpforce von Best Buy anfuumlhren Hinter dieser Wortkreation versteckt sich eine freiwillige moderne und digitale Armee von Mitarbeitern des Elektrohaumlndlers die rund um die Uhr Fra-gen via Twitter beantwortet Durch dieses interne Crowdsourcing fuumlr Hilfesuchende soll nicht der Umsatz gesteigert sondern technische Hilfe ndash kurz bdquotwelpldquo ndash angebo-ten werden 2010 gewann Best Buy im Rahmen eines Kreativitaumltswettbewerbes mit bdquoTwelpforceldquo den bdquoTitanium Grand Prixldquo in Cannes Das Unternehmen hebt auch die internen Vorteile hervor So verbessert bdquoTwelpforceldquo den Kommunikationsfluss der beteiligten Mitarbeiter untereinander Der Twitterkanal ist nicht nur serviceorientiertes Marketing sondern fungiert auch als Netzwerk denn Mitarbeiter die aumlhnliche Prob-leme zu loumlsen haben greifen auch auf bdquoTwelpforceldquo zuruumlck Am Ende kann man von einem pausenlosen Kompetenztraining fuumlr die Mitarbeiter sprechen

7 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Perkins und Rao (2011) erstellte Fallstudie bdquoBest Buy Merging Lean Six Sigma with Innovationldquo des Babson College zu-ruumlck Zielgerichtete On- und Offlinerecherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

132 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

352 Ausgangslage

Die Wertschoumlpfung des Unternehmens definierte sich uumlber die Forcierung der kreativen Kapazitaumlten der Mitarbeiter ndash das daraus resultierende Ergebnis der Innovation war seit je her BeBus Steckenpferd Die Mitarbeiter wurden darin unterstuumltzt eigene Arbeitsweisen und gewohnte Prozesse infrage zu stellen um unternehmerisch im eigenen Arbeitsumfeld aktiv zu werden Sowohl Erfolge als auch Misserfolge wurden gleichwertig als Lerneffekt angesehen ndash die wichtigsten Elemente dieser Fuumlhrungskultur und Strategieausrichtung zur Forcierung von Innovation sollen kurz erlaumlutert werden um den Eindruck der BeBu-DNA zu verdeutlichen

Experimentierfreudige Basis Hauptaufgabe der Fuumlhrungsriege von BeBu war die Ge-waumlhrleistung von ausreichend Freiheit damit die Belegschaft (insbesondere das mittlere Management) mit innovativen Vorhaben und neuen Konzepten experimentieren konnte Die Unternehmenskultur definierte sich uumlber die Auffassung dass Innovation nicht die Aufgabe einer einzelnen Abteilung war ndash schon gar nicht sollte sie von bdquoobenldquo angeordnet werden Der Leitspruch war dass jeder Mitarbeiter fuumlr die innovative Zukunft der Firma verantwortlich ist

Selbstbewusste Belegschaft Wenn jeder Mitarbeiter fuumlr Innovation verantwortlich ist werden auch die Faumlhigkeiten eines jeden betont BeBu identifizierte die Staumlrken der Mit-arbeiter und ermutigte diese ihre Begabungen wirksamer zur Geltung zu bringen Dafuumlr wurden Projektteams haumlufig so konstituiert dass sich die Faumlhigkeiten der Projektmitglie-der ergaumlnzten Ein bdquokreativer Kopfldquo wuumlrde demnach mit einem bdquokonsequenten Pragmati-kerldquo und einem bdquokommunikativen Diplomatenldquo zusammen arbeiten Um die dynamischen Eigenheiten der Mitarbeiter zu beruumlcksichtigen griff BeBu auf erprobte Systematiken wie das Gallup-Prinzip (Entwicklungsplan des Mitarbeiters auf seinen Staumlrken aufbauen) oder die BELBIN-Methode (gem der Theorie dass Teams dann effektiv arbeiten wenn sie he-terogen zusammengesetzt sind) zuruumlck Dieser Ansatz zeigte sich deutlich im Alltag wie das folgende Zitat eines Angestellten belegt bdquoMitarbeiter begannen ihre Top-5-Staumlrken an die Buumlrotuumlr zu haumlngen und in der E-Mail-Signatur zu vermerken ndash die ersten 15 min einer Konversation mit einem neuen Kollegen handelten von den jeweiligen Faumlhigkeitenldquo (Perkins und Rao 2011)

Gelebtes Vertrauen Ein auf der Betonung von Staumlrken aufbauender und wesentlicher Bestandteil der systematischen Foumlrderung von Innovation war Vertrauen Mitarbeiter er-hielten groszligzuumlgige Spielraumlume zur Erreichung ihrer Ziele und wurden auf Monats- oder Quartalsbasis zur Rechenschaft gezogen Ein Manager beschreibt das Resultat dieses praktizierten Dreiklangs aus bdquoStaumlrken Vertrauen und Performanceldquo bdquoMan muss die Tauml-tigkeiten der Mitarbeiter an ihren Staumlrken ausrichten ihnen die Spielregeln erklaumlren und sie dann arbeiten lassen Wenn sie ausreichend Freiheit und Vertrauen dafuumlr bekommen werden die Zielvorgaben in 90 der Faumllle uumlberschritten Genau dort beginnt die kreative und innovative Energie bei Best Buyldquo (Perkins und Rao 2011)

Besonders deutlich wird die Auspraumlgung dieser mutigen Arbeitsweise durch die seit 2005 eingefuumlhrte Vorgehensweise ROWE (Akronym fuumlr Results-Only Work Environ-

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ment) Demnach arbeitet jeder wann wo und wie lange es ihm gefaumlllt solange die zu erledigenden Aufgaben ausgefuumlhrt und zu erreichenden Ziele erreicht werden ndash Ausreden werden nicht mehr akzeptiert ROWE wurde durch zwei Mitarbeiter von BeBu entwickelt um die hohe Mitarbeiterfluktuation einzudaumlmmen Das Experiment im Hauptsitz in Min-nesota wurde nicht als Freifahrtschein zum Faulenzen missbraucht sondern wirkte sich positiv auf die Performance aus (die Produktivitaumlt stieg in den naumlchsten zwei Jahren um durchschnittlich 35 und die Kuumlndigungen nahmen um 75 ab) ndash seit 2008 richten sich alle 4000 Mitarbeiter am Firmensitz nach der ROWE-Arbeitsweise Niemand vergleicht mehr seine Anzahl an Arbeitsstunden es gibt keine verpflichtenden Meetings und wenn sich jemand einen Mittagsschlaf goumlnnen moumlchte ist dies kein Problem ndash es bemerkt ohne-hin niemand weil kaum einer im Office ist sondern eher von zu Hause aus arbeitet

Andauernde Unterstuumltzung Wie bereits erwaumlhnt wurden neue Ideen wie ROWE von der Unternehmensleitung nicht nur willkommen geheiszligen sondern auch aktiv gefoumlrdert Wenn ein neues Experiment scheiterte lies man kein bdquoGras wachsenldquo sondern bdquofeier-teldquo im Rahmen eines bdquoForum fuumlr Misserfolgeldquo das Experiment Dabei wurde untersucht warum das Vorhaben scheiterte und welche Ruumlckschluumlsse man durch die Erfahrungen auf zukuumlnftige Opportunitaumlten ziehen konnte Die Fuumlhrungskraumlfte nutzten die Gelegenheit haumlufig um die gescheiterten Projektleiter in ihr neues Aufgabengebiet einzufuumlhren Das Credo lautet bdquoAn die Grenzen zu gehen und Fehler zu machen ist in Ordnung ndash es gibt ein Leben danachldquo (Perkins und Rao 2011)

Die Ermutigung zum Experimentieren ein Bewusstsein dass jeder Mitarbeiter ge-braucht wird systematisch gefoumlrdertes Selbstbewusstsein der Mut zu vertrauen und kompromisslose Unterstuumltzung auch wenn Fehler gemacht wurden charakterisierten das Erfolgsrezept von Best Buy ndash die Innovation Innovation war nicht zuletzt auch der An-trieb einer rapiden erst nationalen und dann internationalen Expansion Eine Kehrseite der Medaille gab es dennoch denn innere Probleme werden nicht durch Expansion geloumlst Immer mehr bdquoBig Blue-Boxesldquo (wie die blau-gelben Filialen aufgrund der prominenten Erscheinung genannt werden) nahmen den Aufruf zu mehr Eigenverantwortung und Ex-perimentierfreudigkeit woumlrtlich Lokale Initiativen wiesen zum Teil signifikante Erfolge auf ndash verursachten aber immer haumlufiger desastroumlse Ergebnisse Denn nicht jeder Store verfuumlgte uumlber die Kompetenzen Qualitaumltsstandards einzuhalten und die Marke bdquoBest Buyldquo adaumlquat zu praumlsentieren ndash lokale Innovation fuumlhrte zu gestiegener Komplexitaumlt des Unter-nehmens und damit im Ergebnis unweigerlich zur Reduzierung der Effektivitaumlt Eine uumlber Jahre praktizierte Verhaltensweise wurde zu einem unkalkulierbaren Risiko wie ein Ma-nager beschreibt bdquoDer Innovationsdrang geriet aus der Bahn Innovation beschreibt nicht alles Erdenkliche im Kopf des Mitarbeiters Ohne Spielregeln ist Innovation gefaumlhrlich Ohne Spielregeln ist sie unternehmerischer Suizidldquo (Perkins und Rao 2011)

Als das Wachstum des Unternehmens an seine Grenzen stieszlig stolperten immer mehr Manager uumlber ineffiziente Prozesse und begannen genauer darauf zu achten wie die Wert-schoumlpfung von BeBu vonstatten ging Es kamen Fragen auf Wer sind unsere Kunden Worauf basieren wir unsere Entscheidungen Wie haumlngen die einzelnen Prozesse im Unternehmen zusammen Wie optimieren wir unseren Ressourceneinsatz Wie koumlnnen wir den Erfolg unserer zahlreichen Innovationsvorhaben messen

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Uumlber etliche Monate beschaumlftigte dieses Thema Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiter Mo-natelang wurde eruiert welches methodische Vorgehen am geeignetsten sei ndash Plaumlne wur-den geschmiedet und zahlreiche Tools unter die Lupe genommen Anfang des Jahres 2005 uumlberzeugte dann ein kleiner Kreis von Managern die Unternehmensfuumlhrung von dem potenzialtraumlchtigen Leistungsversprechen Lean Sigmas Lean Sigma einem statistischen Prozess- und Qualitaumltsverbesserungsansatz wurde zugetraut Antworten auf die offenen Fragen zu finden und nachhaltige Loumlsungsvorschlaumlge zu generieren

353 Die Initiative

Mit dem Segen des Vorstands initiierte im Maumlrz 2005 der kleine Kreis von Managern im Rahmen einer dreitaumlgigen Veranstaltung den Kick-Off der Initiative Die Einfuumlhrung in das Lean-Sigma-Konzept und dessen Werkzeugkasten richtete sich an die Top-30-Mana-ger von BeBu Die Mehrheit der Anwesenden aumluszligerte ihre Begeisterung gegenuumlber dem Leistungsversprechen von Lean Sigmas Der damalige CEO Brad Anderson ndash fuumlr viele Jahre die rechte Hand des Gruumlnders Schulze ndash forderte zum Abschluss des Events die Umsetzung von Lean Sigma Er betonte die Wichtigkeit der zuvor angesprochenen Philo-sophie einer experimentierfreudigen Basis des Unternehmens Die Erwartungserfuumlllung liege demnach nicht nur in der Hand der Initiativenleitung sondern jeder einzelne Mana-ger und Mitarbeiter muumlsse sich seiner Verantwortlichkeit bewusst sein ndash nur dann gebe es positive Erfolgsaussichten

Ein Grundstein der Initiative war die Zusammenarbeit mit einem auf diesem Gebiet der Prozessoptimierung erfahrenen Partner das texanische George Group Consulting Die Beratung verfolgte dabei die Strategie einer Hilfe zur Selbsthilfe ndash ganz im Sinne eines Sparringpartners Das Ziel war der zuumlgige Aufbau einer Lean-Sigma-Kompetenz sodass die Initiative schon bald auf eigenen Fuumlszligen stehen konnte Die Beratung etablierte in der Folge primaumlr die Schulungsstruktur der Belt-Hierarchie und initiierte die ersten Projekte Von den ausgebildeten Black Belts wurden fuumlnf zuumlgig zu Master Black Belts weitergebil-det um die anschlieszligenden Projekte leiten zu koumlnnen Den Beratern der George Group war es wichtig dass die Projekte nicht nur von fachlich gut ausgebildeten Kraumlften son-dern auch von gut vernetzten Personen im Unternehmen geleitet wurden Jeder der MBB verfuumlgte also uumlber frisch gelernte methodische Kenntnisse die meisten uumlber jahrelange Arbeitserfahrung im Unternehmen und ein paar konnten sogar explizite Expertise in Be-reichen wie Change Management vorweisen ndash was allen jedoch fehlte war ausreichend Erfahrung in Bezug auf die Umsetzung der Lean-Sigma-Theorie Es zeichnete sich nach zwei Jahren ab dass BeBu intern weiteres Know-how benoumltigte um die Bausteine der Initiative erfolgreich kombinieren zu koumlnnen

George Group ConsultingbdquoGeorge Group Consultingldquo wurde von Michael George inspiriert durch die Besichtigung des Pro-duktionssystems von Toyota 1986 gegruumlndet In 20 Jahren unterstuumltzte George seine Kunden bei der Implementierung von Lean Management und Six Sigma um Komplexitaumlt zu reduzieren und

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Innovation zu beschleunigen Als ein Resultat dessen verfasste der studierte Physiker etliche Buumlcher ndash darunter auch eines der bekanntesten Werke aus dem Jahr 2003 bdquoWhat is Lean Six Sigmaldquo Fuumlr viele galt er damit als der Begruumlnder der Synthese Lean (Six) Sigma ndash 2007 wurde George Group Consulting von der in Irland ansaumlssigen Managementberatung Accenture aufgekauft

Im Fruumlhjahr 2007 nahm Mike Fisher ein erfahrener MBB das Angebot von BeBu an die globale Fuumlhrung der Initiative zu uumlbernehmen Er hatte in den letzten vierzehn Jahren durch Taumltigkeiten in verschiedenen Positionen der amerikanischen Baumarktkette Home Depot nicht nur enorm viel Erfahrung gesammelt sondern vor allem die flaumlchendeckende Implementierung von Six Sigma maszliggeblich begleitet In fuumlnf Jahren begleitete er als MBB uumlber 200 Lean-Sigma-Projekte Die Initiatoren der Initiative im Hause des amerika-nischen Einzelhaumlndlers fuumlr Unterhaltungselektronik waren sich der Synergie sicher Fisher verfuumlgte uumlber methodische Expertise und die bereits ausgebildeten Belts waren mit den Eigenheiten des Unternehmens bestens vertraut Zusaumltzlich richtete sich der Schwerpunkt der Initiative in Zukunft nicht mehr auf die administrativen Bereiche sondern immer mehr auf die Infrastruktur der zahlreichen Filialen ndash der POS war ein Spezialgebiet von Fis-her Abgesehen davon uumlberzeugte er mit seinem kreativen strategischen und analytischen Denkvermoumlgen und seiner Autoritaumlt ndash fuumlr BeBu ein Indiz fuumlr eine begabte Fuumlhrungsfigur Neben den uumlberwiegend positiven Stimmen hinsichtlich der Berufung Fishers zum glo-balen Lead der Initiative gab es vereinzelnd auch kritische Aumluszligerungen Manche hegten die Befuumlrchtung dass Fisher das zentralisierte Set-up der Methodik von Home Depot kur-zerhand auf die BeBu-Kultur uumlberstuumllpen koumlnnte ndash kurzfristig wuumlrde dies ein Zoumlgern der Belegschaft hervorrufen mittelfristig zu Widerstand fuumlhren und langfristig des Vorhaben zum Scheitern bringen Es sollte sich schnell herausstellen dass diese Angst hinsichtlich Fishers Vorgehen bei BeBu unbegruumlndet war

BeBu Home DepotDie heute uumlber 330000 Mitarbeiter und 2200 Filialen starke Baumarktkette die nach eigenen An-gaben zu Hochzeiten alle 48 h einen neuen bdquoDIY-Storeldquo (Do-it-yourself-Markt) eroumlffnete musste im Laufe der Jahre seit der Gruumlndung 1978 den Wandel von einem stark wachsenden Entrepreneur zu einem ausgereiften Groszligkonzern bewaumlltigen Um die damit einhergehende Komplexitaumlt beherr-schen zu koumlnnen wurde in diesem Zuge unter der Aufsicht eines ehemaligen GE Managers kurz nach der Jahrtausendwende Lean Sigma implementiert Bis dato spielte Lean Sigma hauptsaumlchlich in produktionsnahem Kontext eine Rolle ndash Ausnahmen bildeten einige Banken und Versicherungen Home Depot ging mit einer flaumlchendeckenden Implementierung neue Wege Mike Fisher gehoumlrte zu der ersten Gruppe die als BB ausgebildet wurde ndash spaumlter war er der erste MBB im Unternehmen welches im Jahr 2012 einen Umsatz von uumlber 70 Mrd US-$ erwirtschaftete

Die Ausgangslage fuumlr Fisher war nicht einfach Er hatte sich nicht nur auf die Eigenheiten eines neuen und komplexen Unternehmens sondern auch auf die bereits vergangenen zwei Jahre an Lean-Sigma-Implementierung einzustellen Sein Feingefuumlhl war gefragt denn obwohl das Team bei BeBu schon einige Schritte in die richtige Richtung gegangen war bemerkte er einige Unzulaumlnglichkeiten

So lag der Schwerpunkt bislang auf der flaumlchendeckenden theoretischen Verbreitung des Lean-Sigma-Konzeptes unter der Belegschaft ndash zahlreiche eintaumlgige White-Belt-

136 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Schulungen verschafften den Mitarbeitern einen ersten Eindruck von der methodolo-gischen Konzeption und bdquoSpracheldquo von Lean Sigma Darauf aufbauende Yellow-Belt-Schulungen gingen den naumlchsten Schritt und lehrten in der Theorie die Anwendung von Tools Dies entsprach der vor der Initiative betonten kulturellen Grundkonstitution des Unternehmens ndash nur durch das Engagement jeden Mitarbeiters war Innovation und eine erfolgreiche Initiative moumlglich Nicht die untersuchten Prozesse sondern die dafuumlr ver-antwortlichen Menschen muumlssen Lean Sigma bdquolebenldquo Problematisch war es dennoch da die theoretische Trockenuumlbung in der Folge den Sprung ins kalte Wasser vermissen lieszlig ndash die Bemuumlhungen verliefen sich im Alltag Im schlimmsten Fall wecken solche breit aus-gerollten Promotionen bei der Belegschaft unnoumltig hohe Erwartungen die zwangslaumlufig enttaumluscht werden Der potenzielle Imageverlust der Initiative kann damit schwerer wie-gen als wenn die Mitarbeiter zu einem spaumlter geeigneteren Zeitpunkt involviert werden Um den Wert der Ausbildungen zu steigern hatte Fisher fuumlr eine stringente Umsetzung der Theorie in der Praxis zu sorgen ndash seinen strategischen Ansatz fuumlr die Initiative fasste er folgendermaszligen zusammen bdquoIch wusste dass ich die Menschen in den Genuss einer klaren Vision des Initiativen-Erfolges kommen lassen musste anstatt mit ihnen uumlber den richtigen Lean-Sigma-Ansatz zu streiten Ich verstand meine Rolle immer weniger als der globale Leader der Initiative ndash ich nahm eher gestalterischen Einfluss auf die Richtung der Implementierungldquo (Perkins und Rao 2011) Weniger Hierarchie ndash mehr anpacken

Die Belt-InfrastrukturAbhaumlngig von der Organisation kann die Belt-Infrastruktur des Karrierepfades in einer Six-Sig-ma- oder Lean-Sigma-Initiative variieren So kann als Einstieg auch das Zertifikat des White Belts vor der Yellow-Belt-Ausbildung ausgehaumlndigt werden ndash die eintaumlgige Schulung konzentriert sich auf spezielle Teile der Methodik wobei die Geschulten nicht zwangslaumlufig an einem Projekt par-tizipieren Bei der Schulung von Best Buy simulieren die Beteiligten die Geschaumlftsprozesse eines Unternehmens identifizieren zahlreiche Probleme und loumlsen diese gemaumlszlig der Lean-Sigma-Methode (DMAIC-Zyklus) Mit einfach zu handhabenden Tools (SIPOC Fischgraumltendiagramm Wertstrom-analyse u a) veranschaulicht diese Spielwiese in kurzer Zeit wie kleine Veraumlnderungen durch ge-zielte Lean-Sigma-Impulse starke Auswirkungen hervorrufen koumlnnen Derartige White-Belt-Schu-lungen koumlnnen die Initiative wesentlich beeinflussen da so am Fundament der Initiative ndash der Be-legschaft ndash die Weichen auf Veraumlnderung gestellt werden Weitreichende Veraumlnderungsprozesse in Organisationen bauen in der Regel im ersten Schritt auf die Entwicklung einer Bereitschaft und eines Bewusstseins fuumlr Veraumlnderung unter den Mitarbeitern ndash flaumlchendeckende White-Belt-Schu-lungen sind damit eine moumlgliche Maszlignahme um die spaumltere Umsetzung der Veraumlnderungen auf fruchtbaren Boden fallen zu lassen

Fisher war nun in der Bringschuld ndash er hatte dafuumlr Sorge zu tragen dass zeitnah erste finanzielle Auswirkungen und valide Prozessverbesserungen wie die Reduzierung der Durchlaufzeiten erzielt wurden wuumlrden Wo vorher noch die Quantitaumlt der ausgebildeten Belts den Gradmesser fuumlr den Erfolg der Einfuumlhrung definierte stand nun die Qualitaumlt der einzelnen Projekte im Fokus

Die ersten angestoszligenen Projekte durch Fisher zeigten zusaumltzliche Schwierigkeiten Die George Group hatte seines Ermessens nach auf der Suche nach kurzfristigen Gewin-

13735 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

nen den sogenannten bdquoQuick Winsldquo die Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Projekt-ergebnisse vernachlaumlssigt Er fuumlhrte dies darauf zuruumlck dass zu wenig mit den jeweiligen Prozessverantwortlichen uumlber ihre Herausforderungen und Erfahrungen gesprochen wur-de Schnelle Erfolge sind besonders zu Beginn gut fuumlr die interne Kommunikation und das Image der Veraumlnderungsinitiative ndash sind aber auch nicht alles vor allem wenn man sich nicht ausreichend dem Alltag der Beteiligten widmet Fisher houmlrte zunaumlchst einmal zu ndash fuumlr ihn war das die Grundlage um nicht nur eine kurzfristige sondern langfristige Wirkung der anfaumlnglichen Impulsprojekte zu gewaumlhrleisten Gleichzeitig konzentrierte er sich auf die schwierigsten Bereiche die bislang von der Implementierung auszligen vor ge-lassen wurden Denen die aus verschiedenen Gruumlnden am Erfolg von Lean Sigma noch immer zweifelten wollte er so die Moumlglichkeit einer Behauptung wie bdquodas was bei Home Depot funktioniert wird bei uns nicht funktionierenldquo nehmen Die zeitnah generierten Ergebnisse sprachen fuumlr Fisher und seinen auf langjaumlhriger Erfahrung beruhenden Ansatz

354 Zwischenergebnis

Einer der ersten groszligen Meilensteine war ein Projekt das sich mit dem Liefer- und Ins-tallationsprozess von Elektrogeraumlten ndash einem aumluszligerst defizitaumlren Geschaumlftsbereich ndash aus-einandersetzte Bevor die Lean-Sigma-Methodik auf dieses Problem angewandt wurde waren sich die Beteiligten Manager und Mitarbeiter sicher Die Ursache fuumlr das Prob-lem liegt in den Verkaufsgeschaumlften und die richtige Maszlignahme ist eine durch Lean Sig-ma verbesserte Schulung der Verkaumlufer in den bdquoBig Blue-Boxesldquo Nach ersten Analysen zeichnete sich jedoch ab dass das ursaumlchliche Problem fuumlr die Verluste waumlhrend der In-stallation beim Kunden auftrat ndash die Installateure wurden waumlhrend ihrer Arbeit begleitet und die datenbasierte Vermutung sollte sich bestaumltigen Die Verluste gingen darauf zuruumlck dass Zubehoumlr bei der Auslieferung und Installation der Elektro-Geraumlte kostenfrei heraus-gegeben wurde Die Auszligendienstmitarbeiter waren ausschlieszliglich auf die Zufriedenheit ihrer Kunden fokussiert und uumlberlieszligen so saumlmtliches Zubehoumlr wie Kabel und Werkzeug das fuumlr die Installation des Geraumltes notwendig war dem Kunden Etliche dieser Kunden brachten anschlieszligend ungenutztes Zubehoumlr zuruumlck in den Laden und erhielten eine Ruumlck-erstattung der Kosten ndash ohne jemals dafuumlr bezahlt zu haben

Nun kann man der Intuition der Manager folgen und die Verkaufsfaumlhigkeiten der Mit-arbeiter im Geschaumlft durch Lean Sigma verbessern was auch eine signifikante Verbesse-rung der Geschaumlftszahlen hervorrufen wuumlrde ndash doch waumlre damit die eigentliche Ursache fuumlr den defizitaumlren Geschaumlftsbereich behoben worden Lean Sigma ermoumlglichte das Er-gebnis eines datenbasierten Ansatzes und die Entwicklung eines artikelbasierten Distribu-tionssystems fuumlr die Zubehoumlrmaterialien Als Resultat verfuumlgte jedes Zubehoumlr uumlber eine Artikelnummer und einen Preis ndash der Installateur konnte nun ergaumlnzende Materialien di-rekt beim Kunden vor Ort verkaufen

Fisher bewertete diese Leistung wie folgt bdquoDieses Projekt zeigte vielen bei uns wo der Unterschied zwischen Intuition im Tagesgeschaumlft und faktenbasierten Loumlsungsansaumltzen

138 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

mit nachhaltigen Ergebnissen liegt Lean Sigma hilft bei der Loumlsung des schwerer wiegen-den Problems und verschwendet keine Zeit bei der Loumlsung irgendeines Problems Zusaumltz-lich wurde die Anwendbarkeit auszligerhalb der Fertigungsindustrie bestaumltigt Das Leistungs-versprechen wirkt auch im Dienstleistungsbereich ndash jede Einsparung in diesem Projekt zahlte sich Eins-zu-eins auf die Marge aus weil wir vorher Produkte einfach verschenkt habenldquo (Perkins und Rao 2011)

Der Fokus der Projekte lag nicht nur auf der Einsparung von Kosten ndash nach eige-nen Angaben wurden in den ersten sechs Jahren uumlber 800 Mio $ eingespart ndash sondern auch auf der Generierung von Umsatzsteigerungen Projektergebnisse wie das soeben beschriebene uumlberzeugten die Mitarbeiter und veraumlnderten die Gewohnheiten Die sich an die Projekte anschlieszligenden Auditprozesse offenbarten dass die Einsparpotenziale sehr konservativ geschaumltzt wurden und dass sich die Wirkung der Veraumlnderung durch die Lean-Sigma-Initiative mit der Zeit verstaumlrkte ndash dies unterstrich die Nachhaltigkeit des an-gestoszligenen Wandels

Die Architektur des Lean-Sigma-Ansatzes wurde in allen Standorten von BeBu (USA Kanada Mexiko China und Europa) unter der Regie Fishers umgesetzt Im Laufe der Jah-re entwickelte sich das bdquoProgrammldquo zu einer bdquoFaumlhigkeitldquo des Unternehmens Im Mittel-punkt stand die Vernetzung der Organisation als Einheit und der Aufbau eines bdquoZentrums fuumlr Exzellenzldquo Jede Fuumlhrungskraft sollte unabhaumlngig von geografischen Abgrenzungen auf das im Unternehmen verteilte Leistungsvermoumlgen zuruumlckgreifen koumlnnen Obwohl Fisher kein Interesse daran hatte seine ausgebildeten BB mit denen der um einiges er-fahreneren Konkurrenz zu vergleichen gewann BeBu auf einem jaumlhrlich stattfindenden Wettbewerb unter 25 Unternehmen im Jahr 2011 den bdquoLean Six Sigma Bowlldquo

355 Fazit

Zu Beginn des neuen Jahrtausends konnte Best Buy auf eine erfolgreiche Unternehmens-entwicklung zuruumlckblicken Die Ingredienzen des Erfolges Wachstum und Innovation Als das Wachstum langsam nachlieszlig mussten sich die erfolgsverwoumlhnten Verantwort-lichen unuumlbliche Fragen stellen Wer sind unsere Kunden Worauf basieren wir unsere Entscheidungen Wie optimieren wir unseren Ressourceneinsatz Wie koumlnnen wir den Erfolg unserer zahlreichen Innovationsvorhaben messen

Veraumlndernde Rahmenbedingungen sind auch fuumlr BeBu keine Ausnahme und so berei-tete das Unternehmen ab 2004 die Justierung des Geschaumlftsmodells vor Weg vom Pro-dukt ndash hin zum Kunden Dies lag im Wesentlichen daran dass sich das Marktumfeld des Einzelhandels stark veraumlnderte ndash neue Onlinewettbewerber die zunehmende Stan-dardisierung von Produkten und gesunkene Margen bestimmten das Geschaumlftsleben Auf der Suche nach Handlungsoptionen entschied man sich fuumlr die problemorientierte und kundenfokussierte Lean-Sigma-Methodik ndash Probleme sollten in Zukunft systematisch definiert gemessen analysiert verbessert und kontrolliert werden Die Transformation

13935 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

sollte kein leichtes Unterfangen werden da BeBu keine klassische Top-down-Organisa-tion war sondern auf ihre experimentierfreudige und selbstbewusste Belegschaft baute Die Implementierung der Lean-Sigma-Methodik ist fuumlr dieses Grundverstaumlndnis das beste Beispiel Die Initiative ging nicht aus Uumlberlegungen des Vorstands sondern des mittleren Managements hervor

Die innovative Unternehmenskultur war jedoch nicht nur foumlrderlich fuumlr den ameri-kanischen Handelsriesen sondern fuumlhrte auch zu erheblichen Schwierigkeiten waumlhrend der Lean-Sigma-Implementierung Man war generell stolz auf den Ablauf der gewohnten Arbeitsweise bdquoWir arbeiten mit Lichtgeschwindigkeit ndash wir schmeiszligen ein paar Sachen gegen die Wand und sehen sofort was funktioniertldquo (Perkins und Rao 2011) Dieser Stan-dard stand im krassen Gegensatz zum statistikgetriebenen Six-Sigma-Ansatz der Fort-schritt uumlber sorgfaumlltige Analysen von Zahlen Daten und Fakten definierte Eine konkrete Messbasis als Ausgangslage fuumlr Verbesserungen ein detailliertes Verstaumlndnis der auftre-tenden Probleme eine systematische Loumlsungsfindung und eine mittelfristige Validierung der Projektergebnisse zur Gewaumlhrleistung nachhaltiger Veraumlnderung Den Mitarbeitern war der zeitliche Aufwand der fuumlr diese Disziplin und Praumlzision notwendig war anfangs fremd

Eine weitere Herausforderung der sich Fisher stellen musste war die weit verbreitete Uumlberzeugung im Unternehmen dass die Lean-Sigma-Systematik nicht im Einklang mit Innovation stand Gemaumlszlig diesem Standpunkt war Innovation nicht planbar Lean Sigma zielte aber darauf ab zunaumlchst jeden Prozesses in irgendeiner Art zu dokumentieren und zu kontrollieren um ihn anschlieszligend zu verbessern Es standen sich also ungeplante In-novation und geplante Verbesserungen kontrastreich gegenuumlber Fuumlr die Mitarbeiter war dieser Kontrast schwierig insbesondere weil sie nicht ausreichend Geduld aufbringen konnten um die zuvor erwaumlhnten geplanten Bausteine der Methodik zuzulassen Auch wenn die Mehrheit der Beteiligten das Konzept von Lean Sigma unterstuumltzten herrschte bei vielen Skepsis gegenuumlber der Entscheidung Zusaumltzlich schlug ein 2007 publizierter Artikel uumlber die Six-Sigma-Implementierung bei 3M hohe Wellen ndash der Zweifel an Fis-hers Uumlberzeugung verhaumlrtete sich

Beispiel Effizienz vs Innovation ndash 3M

Der fruumlhere CEO von GE und Vordenker von Six Sigma Jack Welch war der tonan-gebende Manager in den 1990er-Jahren Einer seiner treuesten Juumlnger im Unterneh-men war James McNerney ndash ehemaliger McKinsey Berater ndash der nach elf Jahren im amerikanischen Mischkonzern im Dezember 2000 an die Spitze von 3M wechselte Die Erwartungen waren groszlig an den ersten externen CEO in der uumlber 100-jaumlhrigen Unternehmensgeschichte ndash allein die Verkuumlndung seines Namens lies den Aktienkurs sprunghaft ansteigen

3M befand sich zu dieser Zeit im Umbruch Wo die Mitarbeiter zuvor noch offiziell 15 ihrer Arbeitszeit fuumlr eigene Projekte nutzen durften ndash Risiko wurde dabei be-

140 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

staumlrkt und Fehler toleriert ndash sah sich das Unternehmen mit unvermeidlichen Realitaumlten konfrontiert Umsatz und Profit waren unbestaumlndig die Wirtschaftslage spitzte sich 1998 vor allem in Asien immer mehr zu der Aktienkurs des Unternehmens an der Wall Street verpasste den Aufschwung Ende der 1990er-Jahre und der Organisation fehlte es an Flexibilitaumlt Struktur und Effizienz Letzteres war McNerneys Steckenpferd

Er bediente sich in seiner fuumlnfjaumlhrigen Regentschaft der Konsequenzen alt bewaumlhr-ter GE-Methoden ndash er entlieszlig ca 11 der Belegschaft (8000 Mitarbeiter) systemati-sierte die Erfolgskontrolle und schnallte den Guumlrtel des Unternehmens enger Wesent-licher Bestandteil seines Fuumlhrungsstils war die Uumlberzeugung der Wirkungsfaumlhigkeit von Six Sigma ndash Tausende Mitarbeiter wurden zu BB und fast jeder Einzelne zum GB ausgebildet um die Organisation die bekannt dafuumlr war Problemen Geld hinterher zu werfen rigoros auf Effizienz zu trimmen In seinem ersten Jahr kuumlrzte er die Investi-tionen um 22 im zweiten Jahr um weitere 11 Die Finanzierung von Forschung amp Entwicklung hielt er konstant bei 1 Mrd US-$ im Jahr Obwohl Six Sigma urspruumlng-lich als Qualitaumltsverbesserungsansatz gedacht war legte McNerney den Schwerpunkt auf die Einsparung von Zeit und Kosten in der Wertschoumlpfung Der Plan ging auf Der verloren geglaubte Aktienkurs wurde mit herausragenden Jahresberichten wiederbelebt und McNerney wurde dafuumlr ausgezeichnet Disziplin in eine unhandliche sprunghaf-te und traumlge Organisation gebracht zu haben Im Jahr 2005 verlieszlig der vermeintliche Heilsbringer unerwartet 3M um die naumlchste Herausforderung anzunehmen ndash er wurde CEO bei Boeing

Fuumlr seinen Nachfolger George Buckley (wieder ein Eigengewaumlchs des Konzerns) stellte sich die Frage ob waumlhrend des unerbittlichen Drangs nach Effizienz die Krea-tivitaumlt ndash als Triebfeder von Innovation ndash auf der Strecke geblieben war 3M war in der Vergangenheit der Ausgangspunkt zahlreicher Erfindungen wie Kreppband Thinsulate oder der wohl bekanntesten der Klebezettel bdquoPost-itldquo Derartige Erfindungen waren oft das Ergebnis jahrelanger Forschungen und Tests Fuumlr die Mitarbeiter war es logisch dass eine Erfindung wie der kanariengelbe 76 times 76 mm groszlige Klebezettel unter den Rahmenbedingungen von Six Sigma niemals auftauchen wuumlrde Sie lagen nicht ganz falsch Bahnbrechende Innovationen wurden Mangelware ndash wo fruumlher ein Drittel des Umsatzes auf kuumlrzlich erfundene Produkte zuruumlckging waren es im Jahr 2007 nur noch ein Viertel Fuumlr Buckley war dies kein Zufall Optimierungsprogramme wie Six Sigma identifizieren Schwachstellen in Geschaumlftsprozessen um auf Basis von Messungen Va-riation und Fehler zu eliminieren ndash Kreativitaumlt kann dabei schnell erstickt werden Sei-ner Ansicht nach ist eine Erfindung das Ergebnis eines ungeordneten Prozesses ndash bdquoMan kann in diesem Zusammenhang nicht Six Sigma anwenden und fuumlr Mittwoch drei und fuumlr Freitag zwei gute Ideen einplanen weil man am Anfang der Woche keine hatte So funktioniert Kreativitaumlt nichtldquo (Perkins und Rao 2011) Der neue CEO von 3M belieszlig es nicht nur bei Worten sondern machte viele Schritte seines Vorgaumlngers ruumlckgaumlngig

Dies gefiel nicht allen Beteiligten denn auch wenn nach Ansicht vieler Beobachter der Innovationsdrang von 3M geopfert wurde so sprachen die wirtschaftlichen Kenn-

14135 Lean Sigma bei der Best Buy Inc

zahlen des Konzerns eine deutliche Sprache Die Wall Street mochte das rigorose Vor-gehen McNerneys ndash der Gewinn stieg im Durchschnitt jedes Jahr um astronomische 22 Diese Fuszligstapfen waren fuumlr Buckleys Strategie zu groszlig Er verfehlte die Jahres-ziele anfangs deutlich und erst seit 2007 mithilfe steigender Aktienkurse konnte er zahlreiche Skeptiker eines Besseren belehren

Begleitet wurde er stets von den Nachwirkungen der Regentschaft McNerneys Im Jahr 2004 wurde 3M in einem Ranking der Boston Consulting Group noch als das in-novativste Unternehmen gefuumlhrt 2005 war es Platz 2 2006 Platz 3 und im Jahr 2007 fiel es auf Platz 7 Buckley lockerte deswegen vor allem fuumlr in der Forschung taumltige Mitarbeiter die aus der Six-Sigma-Lehre stammenden Zuumlgel Insbesondere aus die-sem Bereich war bekannt dass sich die Forscher vor lauter zu erreichenden Kenn-zahlen Green-Belt-Programme und Ergebnisse ausdachten um ihre Quoten zu erfuumll-len Zusaumltzlich wurde das Budget fuumlr FampE aufgestockt ndash im Jahr 2007 um 20 auf 15 Mrd US-$

Der Unterschied zwischen McNerney und Buckley wird vor allem dann deutlich wenn man sich die davon profitierenden Bereiche genauer anschaut Buckley inves-tiert das meiste Geld in ein breites Portfolio an aussichtsreichen Technologien (von Schleifsystemen bis zur Nanotechnik) wohingegen McNerney im Jahr 2004 eine Arz-neicreme zur Hautpflege als vielversprechendstes Produkt bezeichnete Im Januar 2007 verkaufte Buckley den Bereich der Arzneimittel fuumlr 2 Mrd US-$

Auch wenn seit 2005 das Erbe von McNerney langsam aber sicher verarbeitet wird ist es unbestritten dass er in einer wirtschaftlich turbulenten Zeit positive Impulse ge-ben konnte Das Gros der Belegschaft fuumlhlte sich nach seinem Weggang aber erfrischt ndash jetzt wo der unternehmerische Schwerpunkt nicht mehr auf Profitabilitaumlt und Pro-zessdisziplin sondern wieder auf Wachstum und Innovation gelegt wurde Ganz nach der Aussage eines Mitarbeiters bdquoDank Buckley duumlrfen wir wieder traumlumenldquo (Perkins und Rao 2011)

Fisher adressierte die Zweifel an seiner Vorgehensart mit internen Informationsveranstal-tungen und Forumsdiskussionen Damit wollte er eine brodelnde Geruumlchtekuumlche vermei-den und Raum fuumlr inhaltliche Diskussionen und offenen Meinungsaustausch schaffen Seine Botschaft beinhaltete dabei die Auffassung dass Lean Sigma Innovation ermoumlglicht und nicht limitiert Er betonte in diesem Zusammenhang dass Lean Sigma den Mitarbei-tern mehr Zeit und Energie zur Verfuumlgung stellt um die richtigen Probleme richtig zu loumlsen bdquoWenn wir uns auf die Dinge konzentrieren die unser Endergebnis kritisch beein-flussen sprechen wir von echter Innovation weil wir die richtigen Probleme loumlsen Das beste Beispiel sind die verschenkten Zubehoumlre bei der Installation von Elektrogeraumlten ndash ohne die systematische Evaluierung der Daten waumlren wir nie darauf gekommen und haumltten etliche Millionen nicht einsparen koumlnnen Durch Lean Sigma setzen wir Ressourcen frei ndash Zeit und Geld ndash so koumlnnen sich die Menschen auf Neues konzentrieren Innovationldquo (Perkins und Rao 2011)

142 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Wo steht die Lean-Sigma-Initiative bei Best Buy heute Auch wenn die Gemeinsam-keiten der beiden Beispielunternehmen verbluumlffend sind lassen sich im Unterschied zu 3M die methodischen Bemuumlhungen beim amerikanischen Handelsriesen bis heute verfol-gen Ausschlaggebend dafuumlr war der Antrieb durch Fishers jahrelange Erfahrung und sein ausdauerndes Engagement Dem Anschein nach gelang es ihm die dargestellten Probleme unter Kontrolle zu bekommen und den kritischen Stimmen im Unternehmen eine neue Perspektive zu bieten Doch das ist nicht alles denn der Handel mit elektronischen Gerauml-ten ist ein hartes Geschaumlft bedingt durch duumlnne Margen (unter 3 ) sinkende Preise und aufstrebende Onlinewettbewerber Abgesehen davon dass daruumlber hinaus die Finanzkrise zu erheblichen Dissonanzen in den Geschaumlftszahlen fuumlhrte laumlsst insbesondere die Ent-wicklung des direkten Konkurrenten Circuit City der 2009 Insolvenz anmeldete Boumlses erahnen Branchenexperten stellen den Niedergang von BeBu wie es heute besteht nicht mehr infrage

Ausschlaggebend dafuumlr ist im Wesentlichen das Geschaumlftsmodell der bdquoBig Blue-Bo-xesldquo ndash dabei hat BeBu im Gegensatz zu Onlineanbietern wie Amazon erhebliche Kosten fuumlr Immobilien und Mitarbeiter der Filialen zu decken Dies spiegelt sich im Preis wider ndash die Menschen schauen sich die Produkte im Geschaumlft an vergleichen das Angebot und kaufen die Ware schlieszliglich bei der Konkurrenz im Internet BeBu wird zum bdquoShowroomldquo und ist dabei durchschnittlich 12 teurer als der Onlinehandel ndash im Ergebnis werden die Filialen unrentabel und das Unternehmen verliert Stuumlck fuumlr Stuumlck Marktanteile Zu allem Uumlberfluss uumlbertoumlnen personelle Querelen zwischen Gruumlnder Schulze und dem Vorstand die Schlagzeilen und lenken von den eigentlichen Neuigkeiten ab BeBu schloss zum 2 Quartal 2012 50 der bdquoBig Blue-Boxesldquo und eroumlffnete stattdessen 100 kleinere Filialen

Nun kommt es also darauf an wie gut sich BeBu anpassen kann ndash in dieser Hinsicht gehen die Meinungen auseinander Die einen sagen dass diese Verkleinerung der Stand-orte ein erster Schritt sein koumlnnte um dem Erfolg der AppleStores nachzueifern ndash die anderen behaupten dass sich die operativen Maszlignahmen denen von Circuit City zu stark aumlhneln und BeBu aufgrund der ansteigenden Marktmacht von Amazon dem Untergang geweiht ist

Am Ende erhaumlrtet sich der Verdacht dass es BeBu vor lauter Prozessoptimierungen verschlafen hat sich den aumluszligeren wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen (insbeson-dere hinsichtlich des E-Commerce) ndash der Innovationsdrang die Lebensgrundlage des Unternehmens scheint abhanden gekommen Kann es moumlglicherweise sein dass die ri-gorose Lean-Sigma-Implementierung ihren Teil dazu beigetragen hat Wurde der Fokus zulasten des Blicks uumlber den Tellerrand zu sehr auf den DMAIC-Zyklus gelegt Wiegt fuumlr ein Unternehmen wie BeBu der Freiraum fuumlr Kreativitaumlt doch schwerer als geordnete Prozessdisziplin Dieser Aspekt wird zum Ende des Kap 4 tiefergehend diskutiert

Wie lange sich die Lean-Sigma-Methodik unter diesen unbestaumlndigen Bedingungen noch bewaumlhren kann ist mehr als fraglich Mike Fisher wechselte im Oktober 2012 von Best Buy zu Amazon ndash als Leiter fuumlr kontinuierliche Verbesserung und Standardisierung des bdquoAmazon Customer Excellence Systemsldquo Abbildung 35 gibt einen Uumlberblick uumlber Lean Sigma bei Best Buy

14336 Das Kapitel in aller Kuumlrze

36 Das Kapitel in aller Kuumlrze

So wie in einem Auto verschiedene Instrumente Messanzeigen und Bedienungshebel zu beachten sind heiszligt es auch waumlhrend einer Operational-Excellence-Initiative auf der rich-tigen Spur mit der richtigen Geschwindigkeit und im richtigen Gang zu fahren Dieses Kapitel beleuchtet fuumlnf Praxisbeispiele mit stark unterschiedlichen Pointen Die Umset-zung des Lean Managements beim Hamburger Kranhersteller Neuenfelder Maschinen-fabrik (NMF) und der franzoumlsischen FCI-Gruppe (FCI) die Implementierung von Six Sigma beim kanadischen Lebensmittelhersteller Maple Leaf Foods (MLF) und der Bank of America (BoA) und zuletzt die Einfuumlhrung von Lean Sigma beim amerikanischen Han-delsriesen Best Buy (BeBu)

Die 2010 gestartete Lean-Initiative bei der Neuenfelder Maschinenfabrik war eine Erfolgsgeschichte bis sie durch die Insolvenz der Muttergesellschaft 2011 gestoppt wur-de Die Zukunft des Unternehmens und seiner Mitarbeiter war ungewiss Trotz dieses negativen Vorzeichens fand die aufgrund der lean-bedingten Impulse wettbewerbsfaumlhige NMF 2012 einen starken industriellen Partner Seitdem wird die Erfolgsgeschichte fortge-setzt und die Eliminierung von nichtwertschoumlpfenden Taumltigkeiten und die Einfuumlhrung von standardisierten Arbeiten bildet wieder die Grundlage fuumlr den Unternehmenserfolg Die Geschaumlftsfuumlhrung setzt besonders auf die durch die uumlberwundene Krise gestaumlrkte Beleg-schaft ndash von der im Krisenjahr 2012 niemand das Unternehmen verlassen musste Vor der Krise gab es die Vision von der bdquoFabrik des Jahres mit operationaler Exzellenzldquo ndash diese ist wieder zum Greifen nahe

Der sich seit 2009 im Amt befindende CEO stattete jedem der 24 Produktionsstand-orte der FCI-Gruppe einen Besuch ab Das Ergebnis war die Vision durch Lean ein Benchmark in Bezug auf Marktanteil Umsatzwachstum Profitabilitaumlt und Mitarbeiter-verantwortung zu werden In der Folge wurde bis 2011 der Wert der Unternehmensgruppe durch die disziplinierte Umsetzung der japanischen Leistungsphilosophie fast verdoppelt Der Eigentuumlmer der FCI-Gruppe ndash der Finanzinvestor Bain Capital ndash zerschlug die Grup-pe daraufhin gewinnbringend und der CEO verlieszlig die Organisation Wenn Lean an den Beduumlrfnissen des Unternehmens ausgerichtet konsequent umgesetzt wird ist die Hebel-wirkung selbst in nur drei Jahren erstaunlich Als sich das Leistungsvermoumlgen gerade ent-faltete wurde der Initiative die Luft zum Atmen genommen

Die mittlerweile 13-jaumlhrige Six-Sigma-Implementierung bei MLF ist eine Erfolgs-geschichte Obwohl das Unternehmen rein betriebswirtschaftlich gesehen kerngesund war gelang es den Initiatoren ihrer Belegschaft Unzufriedenheit mit dem Status quo und Dringlichkeit fuumlr die Notwendigkeit der Initiative zu vermitteln Entscheidend waren die langjaumlhrige Berufserfahrung der passionierte Einsatz und das unmissverstaumlndliche Com-mitment der Initiatoren Von Anfang an ging es nicht um die Umsetzung von Six-Sigma-Projekten sondern um den Aufbau einer Six-Sigma-Organisation Die Arbeitsweise ist heute ohne dass man daruumlber spricht faktenbasiert diszipliniert transparent und kunden-fokussiert Die tiefe Uumlberzeugung der Null-Fehler-Qualitaumlt definiert heute jede Faser der DNA des kanadischen Unternehmens

144 3 Praxiserfahrung mit Operational Excellence

Die 2001 initiierte Six-Sigma-Initiative bei der Bank of America scheint nur auf den ersten Blick ein Erfolg zu sein Zunaumlchst wurden die Produktivitaumlt und Kundenzufrieden-heit gesteigert Fehlerquellen und Wartezeiten reduziert und durch eine kulturelle Trans-formation ruumlckten der Kundenfokus und der Qualitaumltsanspruch in den Mittelpunkt der Wertschoumlpfung Seit 2006 war die Bank durch Akquisitionen Amerikas groumlszligtes Kredit-institut und gehoumlrte 2008 noch zu den teuersten Marken der Welt ndash dann erschuumltterte die Finanzkrise die Grundmauern der BoA Das Leistungsversprechen von Six Sigma bot scheinbar keinen Schutz vor strategischen Fehlentscheidungen Nach einem CEO-Wech-sel stand erst einmal das Uumlberleben am Markt und nicht die Sicherstellung der Kundenzu-friedenheit auf der Tagesordnung Die Neujustierung der Unternehmensstrategie lies den Leistungsanspruch von Six Sigma einschlafen

Die Zutaten des Erfolges von Best Buy waren seit jeher Wachstum durch Innovation Zu Beginn des neuen Jahrtausends lieszlig das Wachstum nach Das Ergebnis der strategi-schen Neuorientierung weg vom Produkt ndash hin zum Kunden Probleme sollten mit Lean Sigma in Zukunft systematisch definiert gemessen analysiert verbessert und kontrolliert werden Bis heute wird Lean Sigma verfolgt doch trotz Kundenorientierung ist der Inno-vationstrieb verloren gegangen Duumlnne Margen sinkende Preise und aggressive Online-wettbewerber bestimmen den Alltag Die Organisation scheint vor lauter Prozessoptimie-rungen verschlafen zu haben sich den aumluszligeren wirtschaftlichen Gegebenheiten innovativ anzupassen Best Buy scheint ein Beispiel dafuumlr zu sein dass der Freiraum fuumlr Kreativitaumlt schwerer wiegen kann als geordnete Prozessdisziplin

Literatur

Laumuno C amp Yuumlcesan E (2012) Lean manufacturing at FCI The global challenge Abu Dhabi INSEAD Business School Fontainebleau Singapur

Mark K amp Golden B (2003) Maple leaf foods Leading six sigma change Ontario Richard Ivey School of Business

Mikkilineni P amp Dutta S (2006) Six sigma A tool to increase customer satisfaction at bank of America Hyderabad ICMR Center fuumlr Management Research

Perkins S amp Rao J (2011) Best buy Merging lean six sigma with innovation Wellesley Babson College

145

Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen 4

Alles wird staumlndig infrage gestellt Unabhaumlngig von den konkreten Verbesserungen die jeder Einzelne zum Gesamtsystem beitraumlgt liegt der wahre Kern in der Schaffung einer Atmosphaumlre kontinuierlichen Lernens und einer Umgebung die Veraumlnderung nicht nur akzeptiert sondern ausdruumlcklich foumlrdert Eine solche Umgebung entsteht nur dort wo Menschen respektiert werdenGary Convins (Praumlsident von Toyota Motor Manufacturing)

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_4

146 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

So wie der Vater seinem Sproumlssling die richtige Dosierung der Kupplung im Straszligenver-kehr naumlher gebracht hat lieszlig sich aus Kap 3 ein guter Eindruck uumlber die Umsetzung von Operational-Excellence-Programmen in der Praxis gewinnen Es zeigt sich dass die An-wendungsmoumlglichkeiten mannigfaltig sind Die Ergebnisse sind teilweise so unterschied-lich wie die Lebenslaumlufe der jeweiligen Initiatoren selbst Trotz aller methodischen Viel-faumlltigkeit und wirtschaftlicher Unberechenbarkeit praumlgen immer wiederkehrende Muster die Entwicklung der einzelnen Initiativen Es lassen sich konkrete Faktoren die in be-sonderem Maszlige die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Programmen beeinflussen benennen Wenn das Auto der Sicherheitskontrolle durch den TUumlV unterzogen wird wer-den waumlhrend der Haupt- und Abgasuntersuchung die wichtigsten Bestandteile auf Herz und Nieren uumlberpruumlft die Ergebnisse in einer Checkliste festgehalten Kap 4 entspricht einer solchen Checkliste und fuumlhrt die kritischen Erfolgsfaktoren und ihre notwendigen Bedingungen fuumlr das Erreichen operativer Exzellenz auf Die Komposition der zu beruumlck-sichtigenden Bausteine ist in Abb 41 dargestellt Es gilt zu beachten dass die Darstellung weder eine inhaltliche Priorisierung noch eine zeitliche Determinierung vornimmt ndash nur wenn die Klaviatur ausgeglichen bespielt wird entsteht eine harmonische Melodie und der gewuumlnschte Zielzustand wird erreicht Unter der konsequenten Missachtung nur eines Akkords leidet der Gesamtklang

Zum Abschluss des Kapitels wird die Mechanik also das Leistungsversprechen der Operational Excellence ohne sich im methodischen Detail oder praktischem Ausnahme-fall zu verlieren auf den Pruumlfstand gestellt Dies ist entscheidend denn bei dieser Uumlber-pruumlfung der bdquoStraszligenverkehrstauglichkeitldquo werden Maumlngel offen angesprochen und dis-kutiert ndash erste Handlungsempfehlungen runden das Kapitel ab

ERFOLGSFAKTOREN

Operational-Excellence-Initiative

Initiative mit Organisation

harmonisieren

Vision und Committment

leben ndashKommunikation

etablieren

Mitarbeiter fuumlhren und

foumlrdern durch Fordern

Richtige Projekte

machen ndashProjekte richtig

machen

Fortentwicklung messbar machen

Abb 41 Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Initiativen

14741 Initiative und Organisation harmonisieren

41 Initiative und Organisation harmonisieren

Warum ist ausgerechnet diese Initiative sinnvoll fuumlr die Organisation Ganz zu Beginn muss die Frage klar und eindeutig beantwortet sein Das Augenmerk richtet sich dabei ausschlieszliglich auf die Ausgangslage Beduumlrfnisse und Moumlglichkeiten der Organisation Als Pierre Vareille CEO der FCI-Gruppe wurde befand sich kein fertiges Lean-Konzept in seinem Gepaumlck (Laumuno und Yuumlcesan 2012) Im Gegenteil In den ersten zwei Mo-naten besuchte er alle 24 Produktionsstandorte um sich zunaumlchst einen Eindruck vor Ort zu verschaffen Erst danach wurde eine dem Unternehmen entsprechende Lean-Initiative ausgearbeitet In diesem fruumlhen Stadium sind sowohl persoumlnliche Profilierungsinteressen zuruumlckzustellen als auch erste Impulse zur Architektur der Initiative und Infrastruktur der Projekte noch unerheblich Die Fragestellung warum ausgerechnet diese Methodik sinn-voll ist verlangt nach Antwort aus Sicht zweier wesentlicher Perspektiven der betriebs-wirtschaftlichen auf der einen und der kulturellen Perspektive auf der anderen Seite

411 Betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereitschaft evaluieren

Auf betriebswirtschaftlicher Ebene muss gefragt werden ob die ins Auge gefasste Me-thodik mit ihrem Leistungsversprechen zu den organisatorischen und operationalen Ge-gebenheiten des Unternehmens passt Michael McCain von Maple Leaf Foods initiierte Six Sigma nicht weil sein Unternehmen Restrukturierungsmaszlignahmen benoumltigte oder die Methodik gerade im Trend lag Vermutlich koumlnnen das nicht alle Unternehmensfuumlhrer behaupten die sich seit der Jahrtausendwende der Umsetzung eines der strategischen Pro-gramme gewidmet haben Sicherlich war fuumlr McCain die Aktualitaumlt der Methodik Ende der 1990er-Jahre nicht zu leugnen Mit ausschlaggebend war aber ein inhaltlicher Aspekt Der systematische Qualitaumltsverbesserungsansatz sollte die Infrastruktur seiner Organisa-tion die aufgrund von zahlreichen Akquisitionen unuumlbersichtlich geworden war ordnen und die Wettbewerbsfaumlhigkeit in einem stetig kompetitiveren Umfeld steigern Sein An-satz war nicht reaktiv sondern proaktiv Haumltte sich der Unternehmer auf Six Sigma wie auf eine Modeerscheinung oder eine uumlberhastete Restrukturierungsmaszlignahme eingelas-sen staumlnde er heute sicherlich nicht die Vorteile der Methodik predigend an vorderster Front des kanadischen Lebensmittelherstellers

Die Antwort auf die Ausgangsfrage geht aber uumlber die betriebswirtschaftliche Kompo-nente hinaus denn kulturelle Eigenheiten der Organisation sind keineswegs zu vernach-laumlssigen Wenn die volle Wirksamkeit des methodischen Leistungsversprechens generiert werden soll zieht jedes der drei Operational-Excellence-Programme (Lean Six Sigma und Lean Sigma) eine flaumlchendeckende Implementierung im Unternehmen nach sich In der Konsequenz fuumlhrt dies zu einem kulturellen bdquoPowershiftldquo Es draumlngt sich also die Fra-ge auf wie es um die Veraumlnderungsbereitschaft der jeweiligen Organisationskultur bestellt ist In diesem Kontext laumlsst sich die Differenzierung der Wissenschaft in eine adaptive und

148 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

eine ablehnende Kultur heranziehen (vgl Kotter und Heskett 2011) Uumlber elf Jahre wurden 24 Unternehmen (12 veraumlnderungsbereite und 12 veraumlnderungsablehnende) untersucht Das Ergebnis der Forschung die Beobachtung eines uumlberdurchschnittlichen Wachstums hinsichtlich des Umsatzes des Profits der Mitarbeiter und des Aktienwertes der adapti-ven (Synonym veraumlnderungsaffinen) Unternehmenskultur1 Die Grundwerte der adapti-ven Unternehmenskultur sind demnach eine gute Beziehung zu Kunden und Mitarbeitern und dass die Organisation Personen und Prozesse die sich fuumlr positive Veraumlnderungen einsetzen zu schaumltzen weiszlig Das Verhalten ist durch Aufmerksamkeit gegenuumlber den Sta-keholdern und insbesondere den Kunden gepraumlgt Ferner sprechen die Autoren von der Faumlhigkeit Veraumlnderung proaktiv zu initiieren auch wenn dies ein gewisses Risiko birgt Dies erinnert wiederum an die proaktive Herangehensweise von McCain Dieser war sich auch in einem kulturellen Zusammenhang sicher die richtige Entscheidung zu treffen Er-gebnis- und leistungsorientierte Prinzipien und der Anspruch sich kontinuierlich zu ver-bessern definierten eine dynamische und veraumlnderungsaffine Kultur von MLF ndash McCain war sich sicher dass wenn die Organisation mit zahlreichen unruhigen Akquisitionen zurechtgekommen ist sie auch mit Six Sigma fertig werden wuumlrde

Eine Unterscheidung soll an dieser Stelle deutlich werden Die Frage ob es sich um eine veraumlnderungsaffine Organisationskultur handelt ist der erste wichtige Schritt Ele-mentar ist aber im zweiten Schritt die Uumlberpruumlfung ob die Kultur der Organisation hin-sichtlich einer konkreten Managementmethodik wie Six Sigma oder Lean Sigma veraumlnde-rungsaffin ist Wenn ein erfolgreicher Fuszligballspieler den Verein wechselt kommt es vor dass er nicht in der Lage ist aumlhnliche Leistung fuumlr den neuen Arbeitgeber zu erbringen Man spricht dann von einem Fehlkauf In unserem Fall wuumlrde man es eine Fehlinvestition nennen Die Frage ist also entscheidend Existiert ein bdquocultural fitldquo zwischen Methode und Organisation Eine Organisation kann innovativ kreativ und risikoaffin in der Terminolo-gie der Wissenschaft also adaptiv sein ndash doch wenn Lean Sigma nicht wirksam wird liegt das nicht zwangslaumlufig an einer vermeintlich veraumlnderungsaversen Organisationskultur sondern schlichtweg daran dass Lean Sigma fuumlr diese Organisation nicht sinnvoll ist Aus diesem Grund ist die Beantwortung der Ausgangsfrage warum gerade diese Initiative richtig ist von enormer Bedeutung

Die Trennschaumlrfe wird vor allem anhand des Beispiels von 3M deutlich Auch wenn es sich um ein hochinnovatives Technologieunternehmen handelte (welchem Veraumlnderungs-affinitaumlt problemlos zugeschrieben werden kann) und sogar aus betriebswirtschaftlicher Sicht die rigorose Einfuumlhrung von disziplinierter Effizienz sinnvoll erschien und sich fuumlr die Investoren an der Wall Street auszahlte wurde doch deutlich dass Lean Sigma zur 3M-Kultur nicht passte Es ging soweit dass dem Unternehmen fast die Kernkompetenz genommen wurde Das Unternehmen wurde bis auf den letzten Dollar ausgequetscht und

1 Ergebnisse der elfjaumlhrigen Forschung bezuumlglich der a) veraumlnderungsaffinen und b) veraumlnderungs-aversen UnternehmenskulturUmsatzwachstum a) 682 b) 166 Mitarbeiteranstieg a) 282 b) 36 Aktienkursanstieg a) 901 b) 74 Profitwachstum a) 756 b) 1

14941 Initiative und Organisation harmonisieren

die Mitarbeiterzufriedenheit sank in den Keller Es wird in Abschn 465 ausfuumlhrlich dis-kutiert was die Beziehung der beiden Pole Innovation und Effizienz ausmacht Bis dahin soll an dieser Stelle zusaumltzlich zu der notwendigen veraumlnderungsaffinen Unternehmens-kultur das Bewusstsein hinsichtlich einer notwendigen betriebswirtschaftlichen also auch kulturellen Anschlussfaumlhigkeit zwischen der Organisation und der Methodik geschaumlrft werden

412 Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen

Die Findungsphase mit der Fragestellung welcher strategische Ansatz geeignet ist sollte nicht uumlberhastet werden Bei Best Buy handelte es sich um einen mehrmonatigen Prozess bei dem erst nach der Konsolidierung verschiedener Handlungsoptionen die Entscheidung auf Lean Sigma fiel Auch nach der Entscheidung gilt es die Initiative und das Projekt-management sorgfaumlltig vorzubereiten Wichtig ist Je mehr Menschen von der Initiative betroffen sind desto weniger schwer wiegt die Herausforderung der Bewaumlltigung eines Sachproblems ndash die emotionale Dynamik muss als Fokus begriffen werden Uumlber die Sinnhaftigkeit der flaumlchendeckenden White-Belt-Schulungen bei Best Buy laumlsst sich in diesem Zuge streiten ndash es ist grundsaumltzlich nicht empfehlenswert Hoffnungen und Er-wartungen zu schuumlren Wenn aus Sicht des Mitarbeiters nichts Handfestes auf den ersten meist theoretischen Kontakt mit der Initiative aufbaut kann Erwartung schnell in Ent-taumluschung umschlagen Diese Dynamik fuumlhrt zu unkalkulierbaren Folgeschaumlden denn aus aufwendigen Schulungen werden muumlde Eintagsfliegen und eine stolz verkuumlndete Initiati-ve hinterlaumlsst nach einem Strohfeuer ein Imageproblem und solides Misstrauen Vielmehr gilt es das Momentum eines Startschusses zu nutzen Dies gelingt nur wenn dieser richtig vorbereitet wurde In der Praxis gibt es sehr unterschiedliche Auspraumlgungen

Ein eher untypisches Beispiel ist der Ansatz von Bruce Miyashita und Michael McCain von MLF Miyashitas Einstellung als bdquoVP of Six Sigmaldquo wurde lediglich als Randnotiz kommuniziert damit sich beide abseits des Interesses der Belegschaft auf die anstehende monumentale Veraumlnderung vorbereiten konnten In der Folge sorgte dies aber nicht fuumlr Ruhe sondern steigerte das Interesse am bdquoMysterium Six Sigmaldquo Die Mitarbeiter suchten von sich aus den Kontakt mit Miyashita welcher erfahren genug war sich die Energie die-ses Spannungsbogens fuumlr sein Vorhaben zu Nutze zu machen Die Six-Sigma-Idee wurde so zielgerichtet und gewinnbringend unter die neugierigen Beschaumlftigten gebracht ndash typi-schen Vorurteilen konnte umgehend der Wind aus den Segeln genommen werden

413 Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhren

Vor lauter stimmungsbeeinflussender Kommunikationstricks ist aber die Zielsetzung eines Operational-Excellence-Programms nicht zu vergessen die positive Auswirkung auf die Bilanz So steht zu Beginn in jedem Fall die Durchfuumlhrung einer Kosten-Nutzen-

150 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Analyse ganz oben auf der Agenda Methodische Implementierungen kosten Geld und das ist bekanntlich knapp Bekannt ist dass die Investitionen fuumlr die Ausbildung der Belts im Rahmen von Six Sigma in der Regel wesentlich kostspieliger sind als der Aufwand fuumlr Lean-Aktivitaumlten Beide Ansaumltze sind auf eine Wirtschaftlichkeitsrechnung angewiesen d h anfangs muumlssen Zielvorgaben definiert werden zwischenzeitliche Fortschritte muumls-sen sowohl quantifiziert als auch qualifiziert und schlieszliglich muss der Erfolgsgrad der Im-plementierung monetarisiert werden Wichtig ist zum einen dass besonders erfahrene und aus unterschiedlichen Bereichen stammende Mitarbeiter oder Fuumlhrungskraumlfte hinreichend fundierte Schaumltzungen abgeben Zum anderen muss es ein zentrales Anliegen sein dass die Verantwortung fuumlr diese Analyse bei einer moumlglichst neutralen Person oder Abteilung liegt wie dem Controlling um weitestgehend Objektivitaumlt sicherzustellen Gleichzeitig muss gewaumlhrleistet sein dass genuumlgend qualitative Faktoren beruumlcksichtigt werden um dem holistischen Anspruch einer Verbesserungsphilosophie gerecht zu werden Dies wie-derum fordert die Bereitschaft und die Faumlhigkeit des Controllings die sogenannten bdquosoft factsldquo zu beruumlcksichtigen Dass Manager sich ihre Zielvorgaben schoumlnrechnen ist genauso kurzsichtig wie wenn Black Belts ihre qualitativen Ergebnisse an einen CFO berichten der sich nur fuumlr die eingesparten Kosten interessiert Welche bdquosoft factsldquo oder nichtmone-taumlren Nutzenpotenziale lassen sich spontan aufzaumlhlen

bull Verbesserung des Unternehmensimagesbull Verbesserung der Kommunikationbull Verbesserung des Informationsflussesbull Verbesserung der Motivation der Mitarbeiterbull Verbesserung der Servicequalitaumltbull Verringerung der Beschwerdequotebull Verbesserung der Lieferbereitschaftbull Verbesserung der Liefertermintreuebull Reduktion der Mehrarbeitbull Reduktion der Fehlerquotebull Verbesserung der Arbeitsablaumlufebull Verkuumlrzung der Durchlaufzeitenbull Verkuumlrzung der innerbetrieblichen Transportwege

414 Kulturkreis beachten

In der amerikanischen Filmkomoumldie bdquoGung Holdquo aus dem Jahre 1986 gibt es eine Szene in der eine Gruppe Japaner das erste Mal in die USA einreist Grund dafuumlr ist das Investment eines japanischen Automobilherstellers in einen Produktionsstandort in einer amerikani-schen Kleinstadt die wirtschaftlich am Abgrund steht Die japanischen Stellvertreter re-praumlsentieren die Rettung vor dem Ruin und werden schon auf dem Rollfeld uumlberschwaumlng-lich willkommen geheiszligen Es scheint dass die ganze Stadt auf den Beinen ist und jubelt

15141 Initiative und Organisation harmonisieren

als sich die Tuumlr des Privatfliegers oumlffnet Das Begruumlszligungskomitee rollt hastig einen roten Teppich bis an die Maschine woraufhin die Japaner sich irritiert anschauen um mitten auf dem Rollfeld die Schuhe auszuziehen bevor sie den Teppich betreten Dies verunsichert die Amerikaner am anderen Ende des Teppichs die sich ebenfalls umgehend ihrer Schuhe entledigen um Verstaumlndnis und Respekt zu signalisieren Das Gelaumlchter des Publikums markiert den Startschuss fuumlr eine amuumlsante Aneinanderreihung von staumlndig kollidierenden kulturellen Diskrepanzen im Film Auch wenn die Geschichte fiktiv ist geht sie auf wahre Begebenheiten mit japanischen Unternehmen wie z B Nissan zuruumlck die in den 1980er-Jahren Investments in der amerikanischen Automobilindustrie taumltigten Der Humor des Filmes profitiert von den zahlreichen Eigenheiten der sich stark unterscheidenden Kultu-ren Hinter dem Gelaumlchter kommt aber der wahre Kern nicht zu kurz Auf der einen Seite gibt es eine bemerkenswert ruumlcksichtsvolle Kultur die alles sauber haumllt und eine hoch individualisierte Kultur auf der anderen Seite welche die Menschen ermutigt andere Ver-haltensweisen zu respektieren unabhaumlngig davon wie seltsam diese sind Was bedeutet das fuumlr die Vorbereitung einer Operational-Excellence-Initiative

Die Umsetzung einer Kulturkreisanalyse ist auf den ersten Blick eher fuumlr international operierende Unternehmen relevant Das Kriterium bdquointernationalldquo bezieht sich in diesem Sinne nicht nur auf interkontinental verflochtene Unternehmen ndash das was in den 1980er-Jahren fuumlr Japaner und Amerikaner galt ist fuumlr Franzosen und Deutsche heute trotz fort-schreitender Europaumlisierung genauso relevant Erschwerend kommt hinzu dass Staats-grenzen nicht grundsaumltzlich gleichbedeutend mit Wirtschaftsgrenzen sind (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 56 f) Welches Unternehmen kann schon von sich behaupten nicht in irgendeiner Art und Weise global Wert zu schoumlpfen Welche Organisation kann schon auf kooperative Netzwerke mit Kunden Lieferanten und zum Teil sogar mit Wett-bewerbern verzichten Welche Institution gibt nicht langsam die fein saumluberliche Tren-nung zwischen den Funktionsbereichen wie Produktion Entwicklung und Forschung auf Die Herausforderung der interkulturellen Zusammenarbeit beginnt haumlufig schon am eige-nen Schreibtisch und nicht erst am neu eroumlffneten Produktionsstandort in Fernost

Wenn wir im Weiteren der Definition des Kulturwissenschaftlers Geert Hofstede fol-gen und unter Kultur bdquodie kollektive Programmierung des Geistes die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von einer anderen unterscheidetldquo (Hofstede 2001 S 10) verste-hen wird die Essenz deutlich Kulturen treten nicht nur durch sichtbare Aktionen wie beispielsweise beim Essen oder Gruumlszligen miteinander in Kontakt sondern auch bei un-sichtbaren Aktivitaumlten wenn beispielsweise spezielle Denk- Fuumlhl- und Handlungsmuster aufeinander prallen (vgl Hofstede 2001 S 4) Die Relevanz von kulturellen Gegeben-heiten bei groszligangelegten Implementierungen zur Erreichung operativer Exzellenz bei denen Mitarbeiter zwangslaumlufig mit neuen Denkweisen und fremden Handlungsgewohn-heiten konfrontiert werden ist ersichtlich und soll anhand von zwei Beispielen konkreti-siert werden

Mit der Buchpublikation bdquoThe Toyota Way Fourteen Management Principles from the Worldrsquos Greatest Manufacturerldquo aus dem Jahre 2004 spricht Jeffrey Liker u a eine von Hofstedes Kulturdimensionen an welche gemaumlszlig der ausgewerteten Daten in Japan stark

152 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

ausgepraumlgt ist ndash die Unsicherheitsvermeidung Nach Liker (2004 S 234 f) findet sich diese Dimension der kollektiven Programmierung des Geistes in Form von bdquoGenchi Gen-butsuldquo (jap fuumlr bdquoGeh und sieh selbstldquo) in einem der vierzehn Toyota-Prinzipien wider Dieses Prinzip war nicht nur ein Schluumlsselelement des Produktionssystems von Toyota sondern ist auch zu einem Grundstein des Lean Managements geworden ndash Goran Curic beispielsweise ersetzte bei der Neuenfelder Maschinenfabrik mit einer angepassten Va-riante (der bdquoGo-Look-See-Methodeldquo) getroffene Annahmen am Schreibtisch durch Echt-zeitinformationen aus der Produktion Liker (2004) berichtet weiter von einem in Japan aufgewachsenen amerikanischen Manager der erzaumlhlt dass ihm das Prinzip der Unsicher-heitsvermeidung in die Wiege gelegt worden sei Er ertappe sich immer oumlfter dabei wie er auszligerhalb des beruflichen Ingenieur-Kontextes unsichere Situationen vermeidet Plant er ein Event in einem Hotel dann schaut er sich die Lokalitaumlt vorher an Hat er eine Ver-abredung zu einem Dinner sucht er das Restaurant vorher auf und bestellt probeweise eine Mahlzeit Auf diese Art und Weise kann er im Voraus auftretende Probleme loumlsen und die Wahrscheinlichkeit von unangenehmen Uumlberraschungen reduzieren Manchmal revidiert er sogar seine Entscheidung bevor es zu spaumlt ist

In der Praxis koumlnnte dies bedeuten dass die Implementierung dieses Lean-Prinzips in Nationen mit einer ausgepraumlgten Unsicherheitsvermeidung besonders wirksam ist (Bei-spielsweise weisen gemaumlszlig Hofstedes Forschungen Japan und Russland eine hohe Aus-praumlgung auf eine niedrige dagegen China Indien und Groszligbritannien) Die Auswirkung dieser Kultureigenschaft muumlsste hinsichtlich der restlichen methodischen Prinzipien und Tools sicherlich noch evaluiert werden Wenn am Ende das Ergebnis einer solchen Kultur-kreisanalyse empfiehlt gewisse Bausteine oder im Extremfall sogar die gesamte Manage-mentmethodik nicht am britischen sondern japanischen Standort einzufuumlhren waumlre dies eine wichtige Erkenntnis bei der Vorbereitung und Zielsetzung der Initiative

Daran anknuumlpfend laumlsst sich eine weitere Kulturdimension von Hofstede die den zeit-lichen Planungshorizont einer Gesellschaft beschreibt anfuumlhren Ausgehend von den Untersuchungen zur Langzeitorientierung (bestimmt von Werten wie Sparsamkeit und Beharrlichkeit) und ihrem Pendant der Kurzzeitorientierung (bestimmt von Flexibilitaumlt und Egoismus) laumlsst sich ein wichtiger Gedanke formulieren Ein Gedanke der besonders fuumlr die drei Operational-Excellence-Programme Lean Six Sigma und Lean Sigma von zentraler Bedeutung ist da allen ein langfristiger Zeithorizont gemeinsam ist um die volle Wirksamkeit der Methodik zu entfalten

Deutschland faumlllt in Hofstedes Forschungsergebnissen insbesondere im direkten Ver-gleich mit anderen westlichen Laumlndern durch eine ausgepraumlgte Langzeitorientierung auf (China Japan und Russland sind aumlhnlich bewertet) Diese Erkenntnis laumlsst sich bestaumltigen Als Reaktion auf die verheerende Nuklearkatastrophe in Fukushima im Fruumlhjahr 2011 ver-kuumlndete die Bundesregierung bis heute als einzige groszlige Industrienation den Ausstieg aus der Atomenergie Selbst Japan ist aufgrund eines politischen Wechsels im Fruumlhjahr 2013 im Begriff zur Atomenergie zuruumlckzukehren

Hofstedes Feststellung spiegelt sich nicht nur in der Politik sondern auch in der deut-schen Unternehmenslandschaft wider Traditionell hinterlaumlsst die besonders weit verbrei-

15341 Initiative und Organisation harmonisieren

tete Unternehmensform des Familienunternehmens tiefe Spuren in der deutschen Volks-wirtschaft Unter den groszligen Familienunternehmen finden sich illustre Namen wie BMW Bosch Aldi Otto Boehringer Ingelheim und Volkswagen ndash diese leisten einen uumlberpro-portionalen Beitrag zur Beschaumlftigung und weisen eine besonders hohe Eigenkapital-quote und Gesamtrentabilitaumlt auf Der Psychologe und Gruumlndungsprofessor am Institut fuumlr Familienunternehmen (WIFU) der Privatuniversitaumlt Witten-Herdecke Fritz B Simon fuumlhrt das Erfolgsrezept des Ruumlckgrats der deutschen Wirtschaft u a darauf zuruumlck dass Erfolg im langfristigen Maszligstab gemessen wird (vgl Merck KGaA 2009) Dies zieht ver-antwortliches und nachhaltiges Wirtschaften mit sich Entscheidend ist nicht das naumlchste Quartalsergebnis sondern die Wohlstandssicherung der naumlchsten Generation Diese Ter-minologie laumlsst sich in der von Hofstede gewaumlhlten Formulierung wiedererkennen Dem-nach wird die Denkweise von Organisationen oder Gruppen mit einer ausgepraumlgten Lang-zeitorientierung von Ausdauer der Bereitschaft von anderen zu lernen und langfristigen Investments bestimmt (Vgl Hofstede et al 2010 S 251 275)

Unter den westlichen Industrienationen positioniert sich die USA eher kurzzeitorien-tiert ndash der Wert ist signifikant niedrig (Brasilien weist ein aumlhnlich niedriges Ergebnis auf) Abgesehen von vielschichtigen politischen Einflussfaktoren lieszlig sich ein Anzeichen die-ser Diskrepanz auf dem G20 Gipfeltreffen 2010 in Seoul erkennen Waumlhrend Deutsche und Chinesen beabsichtigten den Streit um Handel und Waumlhrungen mit Sparsamkeit zu loumlsen sprach sich die USA fuumlr eine Konjunkturspritze aus ndash frisch gedrucktes Geld soll-te den Konsum anregen Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen soll auch hier Hofstede weiter aufgegriffen werden Die Denkweise von Gruppen oder Organisationen mit einer ausgepraumlgten Kurzzeitorientierung wird vom Streben nach Freiheit und Selbst-verwirklichung dem Stolz auf Tradition und einer geringen Bereitschaft fuumlr die naumlchste Generation vorzusorgen bestimmt (Vgl Hofstede und Hofstede 2010)

Was bedeutet dies fuumlr ein Unternehmen Lean Management und damit auch Lean Sig-ma bauen auf den Grundwerten wie Sparsamkeit und Ausdauer auf um Verschwendung zu eliminieren und kontinuierliche Verbesserung realisieren zu koumlnnen Diese Grundwerte folgen dem Prinzip dass die durch ein radikales Kostensenkungsprogram eingesparten Mittel von morgen weniger wert sein koumlnnen als durch Arbeitserleichterungen zufrie-denere Mitarbeiter uumlbermorgen Eine Organisation mit einer ausgepraumlgten Langzeitorien-tierung bietet demnach bessere Rahmenbedingungen fuumlr eine Implementierung des Lean-Gedanken als eine die von kurzlebigen Quartalsergebnissen getrieben ist

Diese Gedanken zeigen sicherlich nur die Oberflaumlche des Eisberges und werden der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Reichweite kultureller Fragestellungen nicht gerecht Im Wesentlichen soll an dieser Stelle das Bewusstsein fuumlr eine naumlhere Betrach-tung des Kulturkreises in dem sich die Initiative bewegen wird geschaumlrft werden Das Umfeld wahrnehmen ndash so lautet die Devise Die Realitaumlt bietet etliche Moumlglichkeiten (vgl Hofstede et al 2010 S 303 ff) Um die Zustimmung der Belegschaft zu gewinnen sollte in einem russischen Unternehmen die methodische Werkzeugkiste besser kompromisslos top-down angeordnet werden wo hingegen in Deutschland eher ein Bottom-up-Ansatz zu waumlhlen ist damit die Initiative an Eigendynamik gewinnt Um ergebniswirksame Resulta-

154 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

te zu erzielen sind in einer amerikanischen Organisation moumlglicherweise besonders starke extrinsische Anreize zur Motivation zu positionieren wohingegen in einer chinesischen Umgebung vielmehr ein charismatischer Leader vonnoumlten ist um Vertrauen zu schaffen und die Mitarbeiter von der Veraumlnderung zu uumlberzeugen Wenn davon auszugehen ist dass die kulturellen Gegebenheiten die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Implemen-tierungen beeinflussen kann die Evaluierung der organisatorischen Konstellation und des jeweiligen methodischen Anspruchsprofils erfolgskritisch sein Eine Kulturkreisanalyse begegnet dieser Herausforderung

415 Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen abgrenzen

Unabhaumlngig von der kulturellen Dimension soll ein zuvor angerissener Gedankengang vertieft werden ndash es hieszlig dass in langzeitorientierten Organisationen die Implementie-rung der Operational-Excellence-Programme eher gewinnbringend ist weil gerade die Substanz der Methodik langzeitorientiert ist Dieser bdquocultural fitldquo zwischen Methodik und Organisation fuumlhrt zu einem weiteren Erfolgsfaktor unter der Uumlberschrift Initiative und Organisation harmonisieren denn die Rahmenbedingungen einer Operational-Excel-lence-Initiative (wie der Name der Initiative die Messgroumlszligen fuumlr den Erfolgsgrad oder die Personalentscheidungen fuumlr das Fuumlhrungsteam der Initiative) sind langfristig auszurich-ten Diese Ansicht ist elementar und wird sich im weiteren Verlauf dieser Publikation haumlu-fig widerspiegeln So lassen sich fruumlhzeitig an verschiedenen Stellen langfristig orientierte Komponenten einrichten Welche Komponenten oder Rahmenbedingungen sind damit ge-meint Einige wenige sollen an dieser Stelle aufgefuumlhrt werden

Allein der Name einer Initiative ist so zu waumlhlen dass er sich von fruumlheren strategi-schen Maszlignahmen differenziert und die langfristige Ausrichtung deutlich wird In der Praxis kann dies sehr unterschiedlich aussehen

Im Rahmen der Six Sigma Implementierung bei Maple Leaf Foods entschied man sich 1999 bewusst fuumlr den noch groumlszligtenteils unbekannten Terminus bdquoSix Sigmaldquo Dies wirkte sich foumlrderlich auf das Interesse der Belegschaft aus ndash McCain und Miyashita konnten die wachsende Neugier am bdquoMysterium Six Sigmaldquo sogar nutzen um typische Vorurteile gegenuumlber einer solchen Initiative der Geschaumlftsfuumlhrung fruumlhzeitig zu entkraumlften Schon einige Jahre spaumlter sollten Unternehmen nur bei der Erwaumlhnung von bdquoLeanldquo und bdquoSix Sigmaldquo auf erbitterten Widerstand der Mitarbeiter stoszligen Das Problem bestand darin dass viele Unternehmen sich zu sehr auf die Formel bdquoschneller ist billigerldquo fokussierten sodass die Qualitaumlt der Prozesse und Produkte darunter litt Ein anderes Problem war die Konzentration auf Kostensenkungen und Rationalisierung dadurch bekamen die Konzep-te schnell einen schlechten Ruf in der Oumlffentlichkeit Mit der Anspielung auf die enormen Einsparmaszlignahmen am Personal wurde beispielsweise die Six-Sigma-Initiative bdquoAXA WAYldquo des franzoumlsischen Versicherungskonzerns unter den Mitarbeitern zynisch bdquoAxe Awayldquo genannt Im Gegensatz zu MLF waumlhlte Goran Curic seit 2011 einen subtileren Ansatz und lieszlig sich erst gar nicht dazu verleiten der Lean-Transformierung bei der Neu-

15541 Initiative und Organisation harmonisieren

enfelder Maschinenfabrik einen Namen zu geben Damit die Lean-Philosophie nachhaltig wirken kann ist kein reizvoller Name sondern eine gruumlndliche Einfuumlhrung methodischer Bestandteile die zur Organisation und zu den Mitarbeitern passen notwendig

416 Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierlich Fuumlhrungsstaumlrke zu verlieren

Neben der Benennung ist zur langfristigen Positionierung eines Operational-Excellence-Programms auch die personelle Entscheidung hinsichtlich der Leitung der Initiative zu be-ruumlcksichtigen Das Beispiel der Bank of America zeigt die Gefahr auf wie nach dem Weg-gang des Six Sigma passionierten CEO Kenneth Lewis die Orientierung verloren ging und Veraumlnderungen durch alte Verhaltensmuster verdraumlngt wurden Es empfiehlt sich die Entwicklung der Initiative personenunabhaumlngig zu gestalten Dies ist ein schmaler Grat denn wie sich spaumlter deutlich zeigen wird haumlngt der Erfolg der Initiative maszliggeblich von der Begleitung einer charakterstarken Fuumlhrungspersoumlnlichkeit ab Das Risiko dass sich dabei uumlber diese Person der gesamte Veraumlnderungsprozess definiert ist gegeben

Waumlren die Lean-Sigma-Bemuumlhungen von Best Buy ohne Mike Fisher nicht schon fruumlh gescheitert Wie saumlhe die Qualitaumlt von Maple Leaf Foods heute aus wenn sich Michael McCain nicht immer wieder aufs Neue demonstrativ zu Six Sigma bekannt haumltte Haumlt-te die Neuenfelder Maschinenfabrik die Insolvenz der Muttergesellschaft auch ohne die konsequente Lean-Transformierung durch Goran Curic uumlberlebt Wer haumltte bei der FCI-Gruppe in die Fuszligstapfen der Doppelspitze Vareille und Merel treten koumlnnen damit das Programm nicht im Sand verlaumluft bdquoMein Ziel ist es dass wenn ich morgen von einem Meteoriten getroffen werde die Initiative problemlos weiter laumluftldquo (Mark 2003 S 6) Bruce Miyashita bringt diesen Erfolgsfaktor mit seiner Aussage auf den Punkt

Es gilt aber zu beachten dass Miyashita davon profitierte dass er den Faktor bdquoKon-tinuitaumlt der Fuumlhrungskraftldquo automatisch an den Unternehmensinhaber McCain abgeben konnte So fiel es ihm leichter seine Handschrift zu hinterlassen ohne sich unentbehr-lich zu machen ndash im April 2011 verlieszlig Miyashita MLF ohne dass es sich negativ auf die Organisation auswirkte Anders dagegen sah die Konstellation fuumlr Goran Curic aus Obwohl sich die Transformation auf seine Person konzentrierte war er der Auffassung dass seine Belegschaft schon nach knapp zwei Jahren Implementierung in der Lage sei den Lean-Gedanken weiter am Leben zu halten Entscheidender Faktor fuumlr ihn war dabei die Rolle des Menschen ndash der Kern des Lean-Gedankens ndash wonach der Mitarbeiter fuumlr Veraumlnderungen und Verbesserungen in der Organisation in den Fokus ruumlckt bdquoMeine Mit-arbeiter haben es gelernt selbststaumlndig und unabhaumlngig von mir die Idee von kontinuier-licher Verbesserung im Unternehmen zu leben Lean wuumlrde es auch ohne mich geben weil alle gemerkt haben dass wir so nicht nur das Unternehmen gerettet haben sondern auch jeder einzelne taumlglich davon profitiert Warum sollten die Mitarbeiter ihre Arbeitsweise

156 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

aumlndernldquo2 Die Herausforderung die Initiative personenunabhaumlngig aber mit ausreichend kontinuierlicher Fuumlhrungsstaumlrke umzusetzen wird zum Erfolgsfaktor

417 Methodik adaptieren ndash nicht kopieren

Des Weiteren ist es fuumlr eine nachhaltige Wirkung empfehlenswert die Vorgehensweise der Operational-Excellence-Programme nicht zu kopieren sondern zu adaptieren Die Angst der Mitarbeiter von Best Buy Mike Fisher koumlnnte den gleichen Lean-Sigma-An-satz wie bei seinem fruumlheren Arbeitsgeber der Organisation uumlberstuumllpen bewahrheitete sich zwar nicht ist dem Grunde nach aber berechtigt Aufgrund der festen Strukturen wie bei der Ausbildung der Six-Sigma-Belts und ihren Aufgabenbereichen im Rahmen des DMAIC-Zyklus ist die Versuchung eines systematischen Schema-F-Vorgehens gegeben Eine solche Verallgemeinerungsleistung (bdquoWas bei uns fruumlher funktioniert hat wird bei denen auch funktionierenldquo) ist nicht nur zielfuumlhrend sondern gefaumlhrdet die Zukunft des gesamten Vorhabens Beispielsweise wurde die Zielsetzung der Six-Sigma-Initiative der Bank of America von Kenneth Lewis an den gegebenen und individuellen Potenzialen der Organisation festgemacht Fuumlr ihn war es wichtiger den schon existierenden und aumluszligerst unzufriedenen Kunden uumlberzeugende Leistung zu bieten (die meisten Beschwerden lande-ten auf seinem Schreibtisch) als neue Kundschaft zu akquirieren Waumlre dies zwangslaumlufig auch fuumlr ein anderes Bankhaus der Fall

Die Antwort auf die Frage was im Mittelpunkt eines Six-Sigma-Programms steht ist haumlufig dieselbe Kundenzufriedenheit durch Qualitaumltsverbesserung steigern Die Antwor-ten auf die Fragen wie dies geschehen soll mit welchem Hebel die besten Ergebnisse ge-neriert (DMAIC-Zyklus fuumlr bestehende Prozesse oder DMADV-Zyklus fuumlr die Entwick-lung neuer Geschaumlftsprozesse)werden mit wem das Vorhaben umzusetzen ist wie schnell dabei das Gros der Mitarbeiter in den Veraumlnderungsprozess miteinbezogen werden muss koumlnnen sich aber stark unterscheiden Hier gilt es das vielfaumlltige Angebot der Operatio-nal-Excellence-Methodik zu nutzen ohne dabei das Rad immer wieder neu zu erfinden

418 Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzen

Damit die Harmonisierung von Initiative und Organisation langfristig funktionsfaumlhig ist repraumlsentiert die organisationsweite Etablierung der Methodik einen weiteren kritischen Erfolgsfaktor3 Exemplarisch laumlsst sich wiederum der Ansatz des kanadischen Lebensmit-telherstellers aufgreifen Unmissverstaumlndlich kommunizierte McCain seine bdquopersoumlnliche

2 Persoumlnliches Interview am 30 Januar 20133 Eine besondere Rolle dabei spielt das mittlere Management Haumlufig als Lehmschicht abgestem-pelt muss die Scharnierfunktion des mittleren Managements um die strategischen Uumlberlegungen der Fuumlhrungsebene mit den Aktivitaumlten der einzelnen Abteilungen zu verbinden erarbeitet werden

15741 Initiative und Organisation harmonisieren

Lebensentscheidungldquo wobei es ihm nicht um die Umsetzung von Projekten sondern um die Installation einer faktenbasierten disziplinierten transparenten und kundenfokussier-ten Six-Sigma-Organisation ging Gleiches galt fuumlr den Ansatz der Bank of America wo fruumlhere Verbesserungsbemuumlhungen schnell im Sand verliefen und als Eintagsfliegen emp-funden wurden weil es an einer systematischen und umfassenden Implementierung fehlte CEO Lewis baute demnach auf die Bausteine Methode (Prozessverbesserung durch den DMAIC-Zyklus) Business-Ansatz (Qualitaumltsorientierung und Null-Fehler-Ambition als Grundsaumltze des Unternehmens) und Fuumlhrungsphilosophie (Six-Sigma-Werte als Leitfaden fuumlr jede Fuumlhrungskraft) Das neue Leitbild beruumlhrte das Unternehmen auf breiter Basis Wo der eine von einer Six-Sigma-Organisation spricht gibt der andere das bdquoLean Enter-priseldquo als seine Zielvorgabe aus Die Neuenfelder Maschinenfabrik versteht den Opera-tional-Excellence-Ansatz end-to-end und nahm auch erfolgreich ihre Lieferanten mit in die Pflicht

Diese umfassende Betrachtung der Geschaumlftsprozesse ist nicht nur fuumlr ein Unter-nehmen wie die NMF deren Produktionsprozess zu 80 aus Fremdfertigung besteht maszliggeblich In reifen Industrien ist die herkoumlmmliche Produktion haumlufig nicht mehr der Hauptkostentreiber da ein groszliger Teil der Wertschoumlpfungskette ausgelagert wurde (Vgl Moormann 2009 S 343 f) Wenn ein Unternehmen wie Audi Lean Production bzw Six Sigma einfuumlhrt dann fordert es i d R auch Null-Fehler-Qualitaumlt von seinen Lieferan-ten Die von Audi angestrebte Null-Fehler-Qualitaumlt setzt also ein Sigma-Niveau von 6σ bei Lieferanten uneingeschraumlnkt voraus Dies sichert jedoch zugleich die Hersteller-Zu-lieferer-Beziehung durch Unterstuumltzung und Erfahrungsaustausch und verbessert das Er-tragsniveau beider (Vgl Toumlpfer 2008 S 12) Die Audi AG errichtete beispielsweise ein Guumlterverkehrszentrum vor den Werkstoren in Ingolstadt damit sich wichtige Lieferanten dort ansiedeln koumlnnen und so direkt an die Produktionsstaumltten angebunden sind Dadurch sollen die Versorgung mit fehlerfreiem und bei Bedarf sofort verfuumlgbarem Material (just in time) die Versorgung mit vormontierten Teilen (just in sequence) die Umschlagsge-schwindigkeit und die Taktung der angelieferten Teile optimiert werden und Kosten fuumlr eine kapitalintensive Lagerhaltung eingespart werden

419 Initiative an Impulse der Umwelt anpassen

Schlieszliglich gehoumlrt zur langfristigen Orientierung bei der Einfuumlhrung von Operational-Excellence-Programmen auch die Faumlhigkeit der Initiativenleitung mit der methodischen Ausrichtung auf die sich stetig veraumlnderten Umweltbedingungen entsprechend zu reagie-ren

Mike Fisher bewies diese Faumlhigkeit bei Best Buy als er zu einer zwei Jahre alten Lean-Sigma-Initiative hinzustieszlig Anstatt mit den Mitarbeitern und seinen Kritikern uumlber den richtigen Lean-Sigma-Ansatz zu streiten verstand er seine Rolle gestalterisch Um wirk-same Ergebnisse zu erzielen griff er bereits Bestehendes gezielt auf und aumlnderte den Kurs der Initiative sukzessive

158 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Auch Pierre Vareille war klar dass die Parameter der Gleichung die er bei der FCI-Gruppe mit Lean zu loumlsen versuchte staumlndig variierten Unter seiner Regie reagierte er auf die Erdstoumlszlige der Finanzkrise entgegen dem Trend indem er seine Lean-Initiative bud-gettechnisch nicht anpasste Obwohl eine Erholung der Wirtschaftslage nicht in Aussicht war bekraumlftigte Vareille sein Engagement und seinen Willen in Bezug auf finanzielle In-vestitionen Wo alle anderen Budgets eingefroren wurden blieben die Kostenstellen fuumlr die Lean-Initiative unveraumlndert Dies galt besonders fuumlr die Reisekosten der Beteiligten fuumlr Reisen zu Workshops Lean-Fortbildungen oder regelmaumlszligigen Besuchen der Produk-tionsstandorte zur Fortschrittskontrolle Somit wurde die langfristige Ausrichtung sicher-gestellt

Curic passte sich ebenfalls veraumlnderten Rahmenbedingungen hervorgerufen durch das Insolvenzverfahren der Sietas-Werft an Im Gegensatz zu Vareille sah er sich den Um-staumlnden entsprechend dazu gezwungen die wesentlichen Bestandteile der Lean-Trans-formierung auf Eis zu legen Dieser Schritt war fuumlr die NMF uumlberlebenswichtig Die Ge-schaumlftsfuumlhrung konnte sich darauf konzentrieren einen starken industriellen Partner zu finden und diesen vom Unternehmenswert zu uumlberzeugen um gemeinsam an der Weiter-entwicklung der Lean-Philosophie im Unternehmen zu arbeiten Obwohl Curic das Unter-nehmen im Maumlrz 2013 verlieszlig sollte die Essenz des Lean-Gedanken allen anderen Stand-orten des neuen Mutterkonzerns aus Norwegen vermittelt werden

Wie reagiert die Initiativenleitung idealerweise auf die sich veraumlndernden Umweltbe-dingungen Es gilt abzuwaumlgen Die unterschiedlichen Beispiele machen deutlich dass die entsprechende Anpassung der methodischen Ausrichtung eine Frage des unternehme-rischen Instinktes ist Die Klaumlrung dieser Fragestellung ist keine Frage von wahr oder falsch ndash sie stellt die Eignung Erfahrung und Geschicklichkeit der Protagonisten in den Vordergrund An dieser Stelle wird auch der naumlchste Abschnitt ansetzen

42 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

Bei weitreichenden Transformationsprozessen tritt besonders das Verhalten der Unterneh-mensleitung und des mittleren Managements in den Vordergrund Wer schon einmal Zeu-ge einer resignierten Stimmung im Bistro eines Unternehmens sein durfte wird bestaumltigen koumlnnen dass die Botschaften von bdquoobenldquo in der Regel als weitere Worthuumllsen der Manage-mentlehre abgestempelt werden Ein Programm zur Analyse der Kostenstruktur mit der offiziellen Bezeichnung OGK (Akronym fuumlr Optimierung der Gemeinkosten) wird dann im Flurfunk schnell in bdquooben geht keinerldquo umgetauft (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 120) Wenn die Fuumlhrungsrige dann nicht mindestens als vertrauenswuumlrdiges Vorbild auftritt und ein nachhaltiger Fixpunkt ist ist jegliche strategische Maszlignahme zum Schei-tern verurteilt Zu einem groszligen Teil liegt der Erfolgsgrad einer Operational-Excellence-Initiative also in den Haumlnden derer die sie initiieren Das mag im ersten Moment selbst-verstaumlndlich klingen doch die Beispiele bei denen die Verantwortlichen nur von ihren Angestellten einen Beitrag zur Veraumlnderung verlangen sind zahlreich Der Grundstein fuumlr

15942 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

eine erfolgreiche Operational-Excellence-Implementierung wird bei den Menschen ge-legt die oft erst gar nicht infrage gestellt werden Die folgenden Punkte sollen diesen fuumlr eine Initiative erfolgskritischen Gedanken verdeutlichen

421 Vision haben und leben

Es wurde bereits mehrfach betont dass die Umsetzung von Operational Excellence uumlber den geordneten Ablauf eines Programms hinausgehen muss damit sich das Vorhaben wirksam entfalten kann Manch ein Unternehmen welches Lean- oder Six-Sigma-Akti-vitaumlten als Nebenkriegsschauplatz veranstaltet wird sich uumlber die schwaumlrmerische Aus-drucksweise anderer wundern Wenn Six Sigma als bdquoWeltreiseldquo Lean Sigma als bdquopersoumln-liche Lebensentscheidungldquo und die Lean-Initiative nach einem guten Jahr als die erste Halbzeit des ersten Fuszligballspieles einer Saison mit 34 Spieltagen bezeichnet wird steht eines fest Die Implementierung von Operational Excellence basiert auf einer Vision die nicht in der Schublade des Chefs sondern in den Koumlpfen der Mitarbeiter verankert sein muss damit sie langfristig lebensfaumlhig ist

Der Wahrheitsgehalt mancher Aussagen wird nicht dadurch schlechter dass sie haumlufig zitiert werden bdquoWenn du ein Schiff bauen willst fang nicht an Holz zusammenzutragen Bretter zu schneiden und Arbeit zu verteilen sondern wecke in den Maumlnnern die Sehn-sucht nach dem groszligen weiten Meerldquo (Antoine de Saint-Exupeacutery) Die Vision von der bdquoFabrik des Jahres ndash Global Excellence in Operationsldquo ist fuumlr Goran Curic nichts anderes als die Sehnsucht nach dem offenen Weltmeer Diesen Zukunftstraum gilt es im ersten Schritt formulieren zu koumlnnen um ihn im zweiten Schritt zu leben Wenn Pierre Vareille seine Vision der FCI-Gruppe als Benchmark in Bezug auf Marktanteil Umsatzwachs-tum Profitabilitaumlt und Mitarbeiterverantwortung beschreibt ist dies ein guter Anfang Der entscheidende Schritt ist es diese Vision zu leben wenn es drauf ankommt Als die Finanzkrise auch in den Maumlrkten der franzoumlsischen Unternehmensgruppe ihr Ungemacht trieb bekraumlftigte Vareille seinen Entschluss und war von der Richtigkeit seiner Vision uumlberzeugt Wo alle anderen Budgets eingefroren wurden blieben die Etats fuumlr die Lean-Initiative unveraumlndert Dies ist gelebte Vision

422 Kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellen

Die soeben beschriebene Vitalisierung der Vision lieszlig bereits einen weiteren Erfolgsfak-toren an Kontur gewinnen Das Commitment der obersten Fuumlhrungskraumlfte ndash erfahrungs-gemaumlszlig mit der kritischste Aspekt einer Implementierung und einer der sensibelsten Grad-messer fuumlr den Erfolg oder Misserfolg des strategischen Vorhabens Das Engagement der Unternehmensspitze darf nicht an Bedingungen geknuumlpft sein sondern muss absolut sein Absolut ist dabei im engsten Sinne zu verstehen ndash es darf keine Kompromisse geben Die

160 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

in Kap 3 dargestellten Beispiele aus der Praxis bieten auch an dieser Stelle zahlreiche Anknuumlpfungspunkte

Michael McCain setzte sich uneingeschraumlnkt fuumlr Six Sigma ein Seine Mitarbeiter merkten schnell woran Sie bei ihm waren wenn er durch die Fertigungsbereiche ging und auf seine Frage nach dem Sigmawert der Haumlhnchenschenkel eine klare Antwort erwartete Wer sich bei Maple Leaf Foods auf die statistisch-mathematische Vorgehensweise nicht einlassen wollte war in keiner der elf unabhaumlngigen Tochterunternehmen gut aufgehoben Den Mitarbeitern wurde bei der Auseinandersetzung mit den anstehenden Veraumlnderungen geholfen indem sie regelrecht bei der Hand genommen wurden Wer aber McCains Vor-haben am Ende des Tages nicht unterstuumltzte war gut beraten seinen CV zu aktualisieren Es war keine Frage ob man auf den Six-Sigma-Zug aufspringt sondern wann dies der Fall sein wird ndash diese Botschaft war absolut unmissverstaumlndlich

Kenneth Lewis verstand es bei der Bank of America ebenfalls deutliche Signale an die Belegschaft zu senden Da Six Sigma keine Eintagsfliege fuumlr ihn war unterstrich er seine Intention indem er fuumlr das erste Green-Belt-Projekt die persoumlnliche Verantwortung uumlbernahm Man kann sich gut vorstellen welchen Eindruck es hinterlieszlig als sich der CEO eines weit uumlber 200000 Mitarbeiter starken Unternehmens einem Projekt an der Basis widmete

Einen aumlhnlichen Effekt wird der Appell des CEO von Best Buy zu Beginn der Im-plementierung von Lean Sigma gehabt haben Brad Anderson ruumlckte im Maumlrz 2005 vor den Fuumlhrungskraumlften der Organisation die Wichtigkeit der Implementierung und die Rolle jedes einzelnen Mitarbeiters in den Fokus Zu unterstreichen ist bei dieser Gelegenheit ein bereits gefallenes Stichwort Langzeitorientierung Der Zeithorizont bezieht sich nicht nur auf die grundsaumltzliche Orientierung der Initiative und die unter dem Erfolgsfaktor Initia-tive und Organisation harmonisieren gefassten Bedingungen sondern auch das Commit-ment des Topmanagements benoumltigt einen langen Atem

Ein gutes Beispiel bietet die Lean-Doppelspitze der FCI-Gruppe Vareille und Merel legten Wert darauf mindestens ein Mal im Jahr jeden der 24 Produktionsstandorte zu besuchen um die Wichtigkeit der Transformation zu bekraumlftigen Gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort identifizierten und eliminierten so die obersten Manager des Unter-nehmens nichtwertschoumlpfende Taumltigkeiten an der Basis Die Methodik wurde demnach weder aus einem Buumlro angeleitet noch einmalig verkuumlndet ndash der Pioniergeist der beiden Manager war deutlich und staumlndig zu spuumlren

Operational Excellence basiert auf kontinuierlicher Prozessveraumlnderung Eine absolute und nachhaltige Verpflichtung der obersten Fuumlhrungskraumlfte zu einem solchen Vorhaben ist unerlaumlsslich Ausfuumlhrlich beschrieben wurden positive Beispiele bei denen die Protago-nisten durch Worte und Taten Signale sendeten um damit die richtigen Weichen fuumlr die Implementierung zu stellen Sobald das Management die Verantwortlichkeiten auf nied-rigere Hierarchieebenen delegiert ist ein Scheitern der Initiative nur eine Frage der Zeit Dies liegt zu einem groszligen Teil daran dass der Weg zur operativen Exzellenz haumlufig an ungemuumltlichen Entscheidungen und unbequemen Konsequenzen nicht vorbeikommt Wer gibt schon gerne gewohnte Arbeitsweisen und Lebenseinstellungen auf Wer verkuumlndet

16142 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

schon gerne Nachrichten wohlwissend dass die Belegschaft mit Widerstand reagieren wird Dieser Realitaumlt entsprechend bedarf es bei einer Transformation der Machtfuumllle der obersten Hierarchieebenen Das Beispiel von Maple Leaf Foods wo es nicht die Frage war ob man die Initiative unterstuumltzt sondern wann verstaumlrkt diesen Gedanken Es kann so weit kommen dass sich eine Organisation von Mitarbeitern trennen sollte um den Erfolg der Implementierung nicht in Gefahr zu bringen Wenn in einem solch extremen Fall die Mitarbeiter der Initiative konsequent ihre Unterstuumltzung verweigern ist der Hand-lungsbedarf der Unternehmensfuumlhrung unausweichlich

423 Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugen

Kommunikation ist eine Conditio sine qua non menschlichen Beisammenseins ndash eine not-wendige Bedingung Es bedarf keines Studiums der Kommunikationswissenschaften um die Relevanz des Austauschs von Wissen Erkenntnissen und Erfahrungen hinsichtlich der Implementierung von neuen Methoden Arbeitsweisen und Denkmustern im Rahmen einer Operational-Excellence-Initiative miteinzubeziehen Ohne Anspruch auf wissen-schaftliche Vollstaumlndigkeit soll im Folgenden auf die wesentlichen Gesichtspunkte die eine gelungene Kommunikation in der praktischen Umsetzung ausmachen eingegangen werden

Zu Beginn eines strategischen Vorhabens ist es Aufgabe der Initiativenleitung durch richtige Kommunikation den Sinn und Zweck saumlmtlicher Aktivitaumlten der Belegschaft nahe-zu-legen Der Aumlnderungsbedarf muss deutlich kommuniziert werden und den Be-teiligten bewusst sein Ein Unternehmen das mit dem Ruumlcken zur Wand steht mag seine Mitarbeiter leicht von einer Initiative mit dem Ziel houmlherer Qualitaumlt zu geringeren Kos-ten uumlberzeugen koumlnnen Wenn sich die Organisation in der Vergangenheit aber im Wett-bewerbsumfeld gut behauptet hat liegt der Anspruch houmlher ndash zu behaupten was in der Vergangenheit erfolgreich war wird auch noch morgen funktionieren ist ein klassischer Trugschluss Michael McCain erklaumlrt sich so die Anfangsschwierigkeiten von Six Sigma in seinem Unternehmen Trotz rechtzeitiger Ankuumlndigungen gegenuumlber den Fuumlhrungs-kraumlften in seinem Unternehmen waren diese als Six Sigma nach langer Vorbereitung schlieszliglich verkuumlndet wurde uumlberrascht ndash das Unternehmen war kerngesund Wenn schon die Manager erstaunt sind und das geplante Vorhaben eher unbeholfen angehen wie soll man dann von der restlichen Belegschaft eine Aufbruchsstimmung erwarten

424 Stakeholder definieren ndash individuell kommunizieren

Neben den obersten Managern eines Unternehmens sind durch die hervorgerufenen Veraumln-derungen derartiger strategischer Maszlignahmen weitere Zielgruppen betroffen das mittlere Management Mitarbeiter Abteilungsleiter Aktionaumlre Investoren Zulieferer Betriebs-ratsmitglieder Kunden oder externe Berater Jede dieser Gruppen verfolgt den Implemen-

162 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

tierungsfortschritt mehr oder weniger aufmerksam Allen Beteiligten ist das Beduumlrfnis gemeinsam die zukuumlnftigen Konsequenzen fuumlr sich rechtzeitig abschaumltzen zu koumlnnen Uumlbersieht man dieses Informationsbeduumlrfnis sind Missverstaumlndnisse zeitraubende Dis-kussionen und Vorurteile vorprogrammiert Eine entstandene Geruumlchtekuumlche die Infor-mationsluumlcken normalerweise schnell kompensiert kann zu besonders energiefressenden Auswirkungen fuumlhren Wenn erst einmal der Naumlhrboden fuumlr unrealistische Erwartungen folgenschwere Missverstaumlndnisse oder unnoumltige Befuumlrchtungen im Raum steht sind diese nur schwer aus der Welt zu schaffen Kommunikation ist also das entscheidende Moment

Eine Auswahl an Zielgruppen einer Operational-Excellence-Initiative wurde bereits aufgezaumlhlt Nicht jede Gruppe benoumltigt dieselbe Menge an Informationen auf dieselbe Art und Weise Es gilt die unterschiedlichen Empfaumlnger zu identifizieren und den entspre-chenden Kommunikationskanal festzulegen um einen geregelten Austausch von Infor-mationen moumlglich zu machen Da ein Black Belt auf andere Informationen angewiesen ist als ein Yellow Belt laumlsst sich die Kommunikation auf unterschiedlichen Ebenen gestalten Beispielhaft koumlnnte man in eine strategische (MBB) operative (BB) und Informations-ebene (GB und YB) differenzieren

Schlieszliglich muumlssen alle Kommunikationsstrukturen (wie die Regelmaumlszligigkeit von Mee-tings oder die gewaumlhlten Kommunikationskanaumlle) jederzeit sowohl angemessen als auch modifizierbar sein um einen optimalen Kommunikationsfluss zu ermoumlglichen So muss eine Initiativenleitung die sich anfangs dazu entscheidet die Neugier aller Beteiligten fuumlr die anstehende Veraumlnderung in Form von Newslettern und internen Magazinen zu wecken flexibel sein Angenommen es stellt sich heraus dass selbst ausgebildete Black Belts die Informationsbroschuumlren nur dann lesen wenn sie ein bekanntes Gesicht im Newsletter ausfindig machen ist diese Strategie zu revidieren Manche Kommunikationskanaumlle sind eher dafuumlr geeignet bestehendes Interesse zu vertiefen als Neugierde zu wecken Als Reaktion koumlnnte die Initiativenleitung ihre Vision in persoumlnlichen Gespraumlchen kommu-nizieren Diese Anpassung waumlre erheblich zeitaufwendiger im Ergebnis aber wirksamer

425 Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und aus Fehlern lernen

Ferner lebt die Entwicklung einer Implementierung von Erfolgserlebnissen bdquoTue Gutes und rede daruumlberldquo Wenn sich die Vision und das Commitment des Managements in Pro-jektergebnissen widerspiegeln ndash was spricht dagegen es zu kommunizieren Diese De-vise gilt es sich zu Herzen zu nehmen denn nichts wirkt positiver auf die Belegschaft als Erfolgserlebnisse Gemeinsam Erreichtes gilt es gemeinsam zu feiern Dies foumlrdert das Gruppengefuumlhl die Gemeinschaft und das ganze Vorhaben Daher hat die Initiativen-leitung dafuumlr Sorge zu tragen dass Transparenz und Klarheit hinsichtlich des Erreichten bestehen So wuumlrde es sich anbieten dass wenn beispielweise ein Unternehmen wie Best Buy einen Wettbewerb gewinnt (Lean Six Sigma Bowl im Jahr 2011) dies entsprechend gefeiert wird Angenommen der CEO wuumlrde sich in diesem Rahmen vor alle Lean-Sig-

16342 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren

ma-Mitstreiter stellen um seine Gluumlckwunsche zu aumluszligern und die Mitarbeiter auf das Kommende einzuschwoumlren waumlren gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen Die Vision lebt das Commitment des obersten Chefs uumlberzeugt und ein wichtiger Teil der Kommunikation waumlre etabliert

Wenn Erfolge kommuniziert werden sollte im gleichen Atemzug darauf hingewiesen sein dass Misserfolge nicht unter den Teppich gekehrt werden duumlrfen Kommunikation lebt von Ehrlichkeit auch wenn es unangenehm sein kann Ein passendes Beispiel ist der Umgang mit gescheiterten Projekten bei Best Buy Wenn ein Projekt oder eine neue Strategie scheiterten lieszlig das Management kein bdquoGras wachsenldquo sondern bdquofeierteldquo im Rahmen eines bdquoForums fuumlr Misserfolgeldquo das Projekt oder die jeweilige Strategie Dabei wurde untersucht was zum Scheitern fuumlhrte und welche Ruumlckschluumlsse man durch die Erfahrungen auf zukuumlnftige Opportunitaumlten ziehen koumlnnte Die Fuumlhrungskraumlfte nutzten die Gelegenheit haumlufig um die gescheiterten Protagonisten in ihr neues Aufgabengebiet einzufuumlhren Das Credo lautete bdquoAn die Grenzen zu gehen und Fehler zu machen ist in Ordnung ndash es gibt ein Leben danachldquo

Von Bedeutung ist dabei das folgende Zitat das dem Six-Sigma-Erfinder und ehemali-gen Produktionsingenieur von Motorola Bill Smith zugeordnet wird bdquoSix Sigma ist Krieg gegen Fehlerldquo Um den Krieg gegen Fehler im Produktionsprozess fuumlr sich zu entscheiden ist eine Fehlerkultur in der Mitarbeiter bereit sind uumlber moumlgliche Schwaumlchen und Fehler offen ndash auch ihrem Vorgesetzten gegenuumlber ndash zu sprechen gefordert Das klingt einfach ist es aber nicht Diese Anforderung ist nicht zu unterschaumltzen denn wer spricht schon gerne uumlber eigene Fehler Eine transparente Fehlerkultur ist fuumlr viele Organisationen ein diffuses Ideal Ein (zugebenermaszligen extremes) Beispiel Stellen Sie sich vor dass Sie als Angestellter einer Bank einem anderen Bankinstitut 319 Mio euro uumlberweisen obwohl der Empfaumlnger der Transaktion bereits pleite ist Wie wuumlrde Ihr jetziger Chef reagieren Wuumlrde er ausschlieszliglich Ihnen persoumlnlich die Schuld geben Oder wuumlrde er versuchen die tatsaumlchliche Ursache fuumlr den Fehler zu finden Moumlglicherweise fehlt bei groszligen Trans-aktionen ein Kontrollmechanismus oder der dafuumlr eigentlich zustaumlndige Arbeitskollege von Ihnen war krank aber seine Taumltigkeit wurde nicht adaumlquat ersetzt Die tatsaumlchlichen Gruumlnde die menschliches Versagen verursachen sind vielfaumlltig Es laumlsst sich also nur er-ahnen wie mit der bekannten Zahlung der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) an Leh-man Brothers am Tag der Lehman Insolvenz im Jahr 2008 umgegangen worden ist Die falsche Uumlberweisung uumlber 319 Mio euro richtete einen groumlszligeren oumlkonomischen Schaden an als alle jemals moumlglichen bdquonormalenldquo operativen Fehler im Groszligbetragszahlungsverkehr der KfW zusammen genommen

Fehler werden ungern eingestanden ndash auch in der Operational-Excellence-Praxis Bruce Miyashita fasste es als ein Anzeichen fuumlr eine nicht 100-prozentige ideal verlaufende Im-plementierung auf wenn ein Betriebsleiter eines Produktionsstandortes es als peinlich empfand durch die Six-Sigma-Systematik auf bislang unentdeckte Fehler hingewiesen zu werden Die entdeckten Fehler bei Six Sigma entsprechen den bemerkten nichtwertschoumlp-fenden Taumltigkeiten im Lean Management Die Anforderungen hinsichtlich einer Kultur der offenen und ehrlichen Kommunikation sind fuumlr beide strategischen Managementan-

164 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

saumltze vergleichbar Auch Goran Curic etablierte im Rahmen der Lean-Implementierung eine Meeting-Kultur bei der es nicht darum ging einen Schuldigen fuumlr Schwachstellen in der Produktion zu finden sondern die Ursache des Problems zu loumlsen Diese Verhaltens-weise foumlrdert demnach das individuelle Verantwortungsbewusstsein und das gemeinsame Gruppengefuumlhl

43 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

Zuvor wurde uumlber die Harmonisierung zwischen Initiative und Organisation uumlber Visio-nen Commitment und Kommunikation gesprochen Die Rolle des Mitarbeiters wurde haumlufig erwaumlhnt aber nicht im Detail unter die Lupe genommen So ging es u a darum nicht einen Schuldigen fuumlr ein Problem im Prozess zu finden sondern eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren Es standen dabei nicht die Eigenheiten des Individuums im Unternehmen sondern eine sachorientierte Ursachenforschung im Vordergrund Diese Entpersonifizierung wurde bewusst gewaumlhlt Im Zuge des im folgenden Abschnitt aufge-griffenen Erfolgsfaktors spielt genau das die Hauptrolle was zuvor ausgeklammert wur-de Hinter jedem Prozess steht eine Person ndash der Mitarbeiter Wer den Menschen in der Organisation in den Mittelpunkt stellt wird unweigerlich uumlber Phrasen wie bdquoWiderstand brechenldquo bdquointrinsisch motiviert seinldquo und bdquoVertrauen schaffenldquo stolpern An dieser Stel-le sollen die wichtigsten Aspekte unter der Uumlberschrift bdquoMitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernldquo diskutiert werden Warum steht der Mitarbeiter nicht nur in Abb 41 son-dern auch inhaltlich im Zentrum der Diskussion

431 bdquoMenschlichenldquo Kern der Initiative begreifen

Eine erfolgreiche Organisationsstruktur die den bdquomenschlichen Faktorldquo unberuumlcksichtigt laumlsst gibt es nicht (vgl Peters und Waterman 2007 S 31) Als 1982 die McKinsey-Berater Peters und Waterman die bekanntesten US-Unternehmen nach ihrem Erfolgsrezept frag-ten ergab sich zur damaligen Zeit ein uumlberraschendes Ergebnis (vgl Poech 2003 S 6 f) Es waren nicht nur die Produktinnovationen oder die Erschlieszligung neuer Maumlrkte viel-mehr wurde der Mensch der im Unternehmen arbeitet als das wertvollste Betriebskapital angesehen Sollte dies heute anders sein Auch im Zeitalter des Internets ist es unmoumlglich strategische Initiativen uumlber die Koumlpfe der Belegschaft hinweg zu lancieren Keine Unter-nehmung laumlsst sich auf Dauer gegen die Mitarbeiter organisieren Dies ist allgemeinguumll-tig Wer das nicht begreift hat den Ursprung der Unternehmung missverstanden Beim bdquoUnternehmenldquo gibt es schon fruumlhzeitig nach einer Gruumlndung Aufgaben zur Erreichung der Ambitionen und Zielen des Gruumlnders die nicht alleine erledigt werden koumlnne Der Gruumlnder ist auf die Unterstuumltzung seiner Mitmenschen angewiesen ndash erst recht bei der Erreichung betrieblicher Exzellenz Es geht also um mehr als die Rendite am Jahresende Es geht um Menschen Aus diesem Grund ist die Umsetzung der Operational Excellence

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nicht kompliziert sondern komplex Vorneweg laumlsst sich also das grundlegende Verstaumlnd-nis der Fuumlhrungsrige demzufolge ein Operational-Excellence-Programm mehr als nur die Implementierung eines methodischen Systems ist als kritischer Erfolgsfaktor auffuumlhren Es geht nicht nur um Produktivitaumlt sondern auch um Menschlichkeit Oft stehen aber nur methodisch gepraumlgte Diskussionen im Vordergrund Welche Werkzeuge sind wann anzu-wenden Wie haumlufig sind die relevanten KPIs zu berechnen Ist Six Sigma nun wirksamer als Lean Management oder doch nur alter Wein in neuen Schlaumluchen Diese Fragen sind wichtig aber nicht immer richtig Auf die Spitze getrieben Wenn ein Unternehmen sich aus betriebswirtschaftlichem Zugzwang von Mitarbeitern trennen muss interessieren sich die Betroffenen kaum fuumlr die Vielfalt des Werkzeugkastens Die Problematik wird deut-lich Wessen Verstaumlndnis nur so weit reicht dass im Rahmen von Operational-Excellence-Zahlen Instrumente oder diverse strategische Phasen zusammen gefuumlhrt werden hat we-der die Essenz der mitarbeiterfokussierten Lean-Philosophie ergruumlndet noch werden die angestoszligenen Verbesserungsmaszlignahmen tiefgruumlndig sein Das wichtigste Kapital einer Unternehmung zu vernachlaumlssigen ist unoumlkonomisch Der Mitarbeiter ist schlieszliglich der entscheidende Baustein auf dem Weg zur operativen Houmlchstleistung ndash alles andere kratzt lediglich an der Oberflaumlche

432 Fuumlhrung verstehen

Wer fuumlhrt Warum gibt es Fuumlhrung Was ist Sinn und Zweck von Fuumlhrung im globa-lisierten Kontext Was sind heute die essenziellen Bausteine von bdquoguterldquo Fuumlhrung hin-sichtlich der Umsetzung von Operational-Excellence-Programmen Im folgenden Exkurs werden u a Ruumlckschluumlsse Empfehlungen und Denkanstoumlszlige von Reinhold Sprenger auf-gegriffen um sich der Thematik aktuell zu naumlhern Reinhold Sprenger lieferte mit seinem 2012 erschienen Buch bdquoRadikal fuumlhrenldquo nicht nur einen Bestseller sondern vor allem die gewinnbringende Momentaufnahme einer Thematik die einem Echo welches man zum Sprechen bringen moumlchte aumlhnelt

4321 Wer fuumlhrtUm sinnvoll auf diese Frage und den Aspekt Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern einzugehen ist zunaumlchst die Personalfrage zu klaumlren Von wessen Taumltigkeitsbereich wird eigentlich gesprochen Es sind die Personen die federfuumlhrend dafuumlr verantwortlich sind die Uumlberlebensfaumlhigkeit einer Organisation zu sichern Die Fuumlhrungskraumlfte

4322 Warum gibt es FuumlhrungWas wuumlrde passieren wenn Fuumlhrung fehlt Sozialwissenschaftliche Forschungen weisen ein eindeutiges Ergebnis auf wenn eine Gruppe von Menschen ohne anfuumlhrende Kraft auf ein gemeinsames Ziel oder Problem ausgerichtet ist (vgl Sprenger 2012 S 147) Fuumlhrungsstrukturen bilden sich automatisch und immer Diese Dynamik des menschlichen Beduumlrfnisses zu fuumlhren oder gefuumlhrt zu werden ist allgegenwaumlrtig Aber erst wenn die

166 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Fuumlhrung auch einem Zweck folgt macht sie Sinn In den betriebswirtschaftlichen Kontext uumlbersetzt bedeutet diese Sinnstiftung dass die Fuumlhrungskraft dafuumlr Sorge zu tragen hat dass das Uumlberleben des Unternehmens gesichert wird Voraussetzung dafuumlr ist dass der Manager der leitende Angestellte oder wie auch immer die Fuumlhrungskraft auf dem Papier genannt wird im Unternehmen mehr leisten muss als sie kostet Diese organisatorische Existenzerhaltung ist gemaumlszlig Sprenger die Bestimmung von Fuumlhrung

4323 Was ist FuumlhrungSprenger (2012 S 30) ist der Ansicht dass man Fuumlhrung nicht sehen (erst recht nicht defi-nieren) sondern nur machen kann Er geht davon aus dass die meisten Fuumlhrungskraumlfte gar nicht wissen wann sie fuumlhren Was ist eine typische Fuumlhrungsaktivitaumlt Budget verwalten einen Mitarbeiter entlassen oder Anweisungen geben Besonders praumlgnant ist die haumlufige Antwort der Fuumlhrungskraumlfte auf die Frage was sich am Tag an dem sie Fuumlhrungskraft wurden geaumlndert hat Nichts An den alltaumlglichen Beschaumlftigungen hat sich prinzipiell nichts veraumlndert auszliger dass sie nicht mehr als Fachmann sondern von heute auf morgen als Manager bezeichnet werden Auch wenn sich die eine oder andere Taumltigkeit aumlndert so bleibt das Wesentliche gleich Aus diesem Grund bezeichnet Sprenger (2012 S 31) Fuumlhrung als ein von auszligen aufgeklebtes Etikett ndash Verhaltensweisen denen Sinn von auszligen hinzugeschrieben wird Dieser Gedanke ist durchaus nachvollziehbar denn Hunderte von verschiedenen sich im Laufe der Geschichte entwickelten Definitionsvarianten sind bei dem Versuch tiefer in die Thematik einzusteigen nicht zielfuumlhrend Fuumlhrung ist also un-sichtbar was maszliggeblich daran liegt dass sie sich nicht wie faumllschlicherweise oft an-genommen nur durch die jeweilige Person in fuumlhrender Position erklaumlrt Sprenger (2012 S 14) betont dass sich Fuumlhrung auch in Strukturen Instrumenten und Institutionen ma-nifestiert Wenn ein neuer Mitarbeiter als Fuumlhrungskraft in ein Unternehmen einsteigt beginnt er nicht bei null sondern wird sich mit bereits bestehenden Rahmenbedingungen auseinandersetzen muumlssen

In Sprenger (2012) faumlllt das Stichwort der bdquoKontextsensibilitaumltldquo Es bedeutet dass Fuumlh-rung zunaumlchst den Rahmen der Institution und die kulturellen Traditionen der Organisa-tion beruumlcksichtigen muss um die Bedingungen fuumlr erfolgreiches Wirtschaften herzustel-len Erst wenn das System und die Struktur des Unternehmens bdquofuumlhrungstauglichldquo sind ist das Augenmerk auf die Anforderungen an das Individuum zu legen Zuerst die Institution dann das Individuum Bei diesem systemtheoretischen und ganzheitlichen Gedankengang ist der erste Schritt die groumlszligere Herausforderung und wird vielleicht deswegen haumlufig uumlbergangen Sprenger (2012 S 49) bringt es auf den Punkt bdquoKluge Menschen haben in dummen Organisationen keine Chanceldquo Der Grundgedanke dieses ganzheitlichen An-satzes soll im Weiteren aufgegriffen werden Denn was fuumlr die Unternehmung im Allge-meinen gilt spielt auch fuumlr die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Operational-Excellence-Initiative eine entscheidende Rolle Wenn man in der zuvor gebrauchten Terminologie bleibt heiszligt dies Um Mitarbeiter auf dem Weg zur operativen Exzellenz zu fuumlhren und durch Fordern zu foumlrdern muumlssen das System und die Struktur der Initiative bdquofuumlhrungs-tauglichldquo sein Wenn diese Rahmenbedingungen die sich im Uumlbrigen unter den bereits

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angefuumlhrten Erfolgsfaktoren Initiative mit Organisation harmonisieren und Vision sowie Commitment leben ndash Kommunikation etablieren wiederfinden stimmen kann Fuumlhrung in diesem Zusammenhang die Uumlberlebensfaumlhigkeit der strategischen Initiative sicherstellen Auch kluge Initiativen haben in dummen Organisationen keine Chance Modifiziert heiszligt es hier Erst die Institution dann die Initiative und schlieszliglich das Individuum ndash so kann die Initiative nicht nur existieren sondern auch erfolgreich sein

433 Geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhren

Eine der wichtigsten Aufgaben fuumlr den Initiator der Transformation ist es die geeigneten Mitarbeiter mit klaren Zielen zu fuumlhren Die Wirksamkeit einer Initiative steht und faumlllt mit den Personen die federfuumlhrend an der Umsetzung der strategischen Maszlignahmen arbeiten Es geht also darum nicht dem erstbesten sondern einem passenden Mitarbeiter die Ver-antwortung der Projekte zu uumlberlassen Qualitaumlt vor Quantitaumlt Bezuumlglich der notwendigen Eigenschaften gilt fuumlr einen Projektleiter das Gleiche wie fuumlr die Unternehmensfuumlhrer Es ist nicht nur die fachliche Kompetenz sondern vor allem auch die soziale Kompetenz gefordert Wenn alle technischen strukturellen und oumlkonomischen Aspekte beruumlcksich-tigt werden und die zwischenmenschliche Feinmechanik konsequent vernachlaumlssigt wird enden die Projekte und damit auch die Initiative als Fehlschlag Weil bei Operational-Ex-cellence-Programmen wesentliche Stellschrauben der Organisation in Bewegung gesetzt werden werden Gewinner und Verlierer neu definiert Was den einen erfreut begruumlndet des anderen Leid Diese Erkenntnis ist entscheidend denn das Verhalten eines Menschen ist zu einem groszligen Teil von Emotionen getrieben ndash wie von Interessen Hoffnungen und Aumlngsten Wer Menschen in strategischen Initiativen fuumlhren moumlchte muss fuumlr das Innere der beteiligten Personen ehrliches Verstaumlndnis aufbringen koumlnnen

Ziele helfen dabei Orientierung zu gewinnen Bei langfristig angelegten Operational-Excellence-Programmen ist es wichtig dass der Mitarbeiter nicht nur mitarbeitet sondern mitunternimmt Dafuumlr ist es wichtig dass er sich im Klaren daruumlber ist welchen Beitrag seine Arbeit fuumlr den Fortschritt der Initiative leistet Dieses Bewusstsein gilt es im direkten Gespraumlch uumlber die individuellen Zielvereinbarungen zu schaumlrfen Ziele sollten demnach nicht vorgeschrieben sondern gemeinsam erarbeitet werden um eine klare und konkrete Vorstellung des zu erreichenden Zustands zu gewinnen Nicht bdquoWas muss im ersten Quar-tal der Initiative erreicht werdenldquo sondern bdquoWas will ich nach den ersten drei Monaten erreicht habenldquo Wichtig ist dass sowohl quantitative als auch qualitative Ziele definiert werden Exemplarisch fuumlr ein quantitatives Ziel ist die Reduzierung von Durchlaufzeiten von x auf y Zeiteinheiten Der Lean-Gedanke ist der Abteilung erlaumlutert und findet in den Projekten Beruumlcksichtigung waumlre ein Beispiel fuumlr ein qualitatives Ziel

Wenn die Zielsetzungen anspruchsvoll sind aber nicht uumlberfordern sollten sie gleich-zeitig messbar sein Zur persoumlnlichen Entwicklung des Mitarbeiters gehoumlrt ein regel-maumlszligiger Austausch uumlber die zuvor praumlzisierten zukuumlnftigen Zustaumlnde Abweichungen erfordern korrigierende Maszlignahmen Schlieszliglich ist das Erreichen der Ziele in Etappen

168 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

einzuplanen der Aufwand abzuschaumltzen und alles Besprochene schriftlich zu dokumen-tieren Mit einer passenden Analogie laumlsst sich dieser Abschnitt abschlieszligen bdquoDie Ziele sind es die die groszligen Entdecker schon vor Hunderten von Jahren mit nichts anderem als einem Kompass einem Sextanten und ihren erstaunlichen navigatorischen Faumlhigkeiten auf Holzschiffen bis ans Ende der Welt und wieder zuruumlck gebracht habenldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 288)

434 Betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffen

Mitarbeiter zu fuumlhren bedeutet sie zu foumlrdern und es gibt keinen besseren Weg dies in der Realitaumlt umzusetzen als sie zu fordern Foumlrdern durch Fordern ist die Devise Ein Unter-nehmen kann es sich nicht leisten dass die Menschen die langfristig den Unterschied ausmachen sollen unter ihren Moumlglichkeiten bleiben Es ist also entsprechender Freiraum fuumlr den Mitarbeiter zu etablieren um das Gelernte anzuwenden Oder wie Sprenger (2012 S 252) schreibt bdquoOhne Bewaumlhrung gibt es kein Wachstum und keine dauerhafte Motiva-tion Persoumlnliches Wachstum in der Aufgabe ist die entscheidende Voraussetzung fuumlr volle Leistungsentfaltungldquo Es gibt nichts was Menschen mehr erfreut als die eigene erfolg-reiche Leistung ndash der persoumlnliche Fortschritt Es ist wichtig zu betonen dass es hier nicht um eine herausfordernde oder besonders lukrative Incentive-Struktur geht Belohnungen fuumlhren in der Regel eher zu Lethargie und Traumlgheit weil der Mensch schon von Natur aus das Unbekannte und Ungewoumlhnliche entdecken moumlchte Die Verhaltensoumlkonomie spricht in diesem Zusammenhang von der Funktionslust (das Planen einer Aufgabe das Handeln und das Endergebnis sollen moumlglichst nah beieinanderliegen) und der Neugieraktivitaumlt (das natuumlrliche Streben des Menschen nach Spannung Herausforderung und Entwick-lung) (vgl Sprenger 2012 S 251) Diese beiden Aspekte gilt es bei der Besetzung von Positionen und bei der Verteilung von Aufgaben zu beruumlcksichtigen Am Ende beschreibt dieser Abschnitt die Absicht das Kindliche im Mitarbeiter herauszulocken Unvoreinge-nommen zu experimentieren zu scheitern Neues auszuprobieren um schlieszliglich Erfolg zu haben ndash wahrer Freiraum Was ist dafuumlr notwendig

Eine erfolgreiche Fuumlhrungskraft ist in der Lage loszulassen und dem Mitarbeiter zu vertrauen Wie zuvor hervorgehoben existieren Unternehmen weil sich im Rahmen der Wertschoumlpfung Aufgaben ergeben die nicht alleine erledigt werden koumlnnen Der Unter-nehmensgruumlnder ist auf Mitarbeit angewiesen Die Grundlage zu dieser gemeinsamen Arbeit oder der spaumlteren Delegation von Verantwortung ist Vertrauen Wenn es in einem Unternehmen unzaumlhlige Vorschriften Regelungen und Kontrollmechanismen gibt beein-flusst das gelebte Misstrauen uumlber kurz oder lang die Wirtschaftlichkeit der Organisation ndash Misstrauen ist ein fataler Kostentreiber und schuumlrt den Widerstand Wenn Entscheidungs-findungen aufgrund von Misstrauen schwerfaumlllig sind wird wertvolle Arbeitszeit leicht-sinnig vertan wenn externe Berater nur aus politischen Gruumlnden fuumlr zusaumltzliche Autoritaumlt hinzugezogen werden wird es teuer wenn sinnvolle Maszlignahmen erst verspaumltet umgesetzt werden koumlnnen nur weil die Beteiligten um ihre eigenen Interessen feilschten wiegt der

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entgangene Gewinn schwer und wenn sich aufreibende interne Auseinandersetzungen negativ auf die Motivation der Mitarbeiter durchschlagen wird es besonders bitter weil sich eher die ehrgeizigen die guten Mitarbeiter des Unternehmens dazu entscheiden abzu-wandern (vgl Berner 2005) Der gaumlngige Spruch bdquoVertrauen ist gut Kontrolle ist besserldquo ist ein Irrweg Es gibt nichts Effizienteres als auf Offenheit und Vertrauen basierende Zu-sammenarbeit (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 139)

Wenn sich die Mitarbeiter der Fuumlhrungskraft anvertrauen ist die Fuumlhrungskraft gut beraten gleiches zu tun Sprenger betont weiter dass es Aufgabe der Fuumlhrungskraft ist den ersten Schritt zu wagen Sie muss zuerst verlaumlsslich ehrlich fair und loyal sein Dann kann dies auch von der Belegschaft erwartet werden Im Zusammenhang der Lean-Philo-sophie wird der Mitarbeiter als Mitunternehmer bezeichnet und gehoumlrt zum familiaumlren Zirkel der Organisation ndash Vertrauen ist in dieser Konstellation unerlaumlsslich Kontrolle zum richtigen Zeitpunkt aber nach wie vor wichtig bdquoMisstrauen ist da angesagt wo Vertrauen eine lebensgefaumlhrliche Dummheit waumlreldquo (Sprenger 2012 S 267)

435 Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo

Das Ziel eines Operational-Excellence-Programms ist es die verursachten Veraumlnderungen hinsichtlich neuer Denkmuster Arbeitsweisen und Maszlignahmen in die DNA der Organisa-tion einzupflanzen Wenn diese Intention Fruumlchte tragen soll muss die Unternehmensfuumlh-rung die Initiative und die Beteiligten zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo Wenn CEO Pierre Vareille von der FCI-Gruppe die Lean-Aktivitaumlten nur so weit anstieszlig dass diese nach seinem Weggang in der Belanglosigkeit versickerten reichten seine zur Unabhaumlngigkeit erziehenden Bemuumlhungen augenscheinlich nicht aus Handelt es sich dabei nicht um einen Widerspruch wenn die zuvor aufgefuumlhrten Erfolgsbedingungen Initiative personenunab-haumlngig gestalten und Commitment der Unternehmensspitze hervorgehoben wurden Auf der einen Seite eine personenunabhaumlngige Etablierung der Methodik und auf der anderen Seite das (personenabhaumlngige) absolute Commitment der Unternehmensspitze als orien-tierungsgebender Fixpunkt Zur Erklaumlrung soll die Erziehung eines Kindes als Vergleich herangezogen werden

Ein Neugeborenes ist ohne die Hilfe von Erwachsenen lebensunfaumlhig ein Kleinkind braucht die schuumltzenden Haumlnde der Eltern bei den ersten unkoordinierten Schritten und ein Teenager wuumlrde ohne den Ruumlckhalt der lebenserfahreneren Eltern vielleicht eher auf schiefe Bahnen gelangen Ohne die Faumlhigkeit von Vater und Mutter ihr Kind irgendwann loszulassen und es dem eigenen Willen und den Irrungen und Wirrungen des Schicksals zu uumlberlassen waumlre ein junger Erwachsener nicht in der Lage Lebenserfahrung Reife und Persoumlnlichkeit zu gewinnen Dieser Entwicklungsprozess aumlhnelt der bdquoErziehungldquo einer In-itiative durch die die Veraumlnderung initiierende Fuumlhrungspersoumlnlichkeit im Unternehmen Auch die Etablierung einer Verbesserungsphilosophie muss anfangs an die Hand genom-men werden damit die Fuumlhrungspersoumlnlichkeit bei Ruumlckschlaumlgen Halt bieten kann Am

170 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Ende soll die Veraumlnderung jedoch Alltag sein und auf eigenen Beinen stehen Ein gutes Beispiel aus der Praxis ist wiederum die Neuenfelder Maschinenfabrik

Nach nur zwei Jahren methodischer Umsetzung lebte das Gedankengut der Lean-Phi-losophie ohne dass die Initiative einen Namen von Goran Curic erhalten hatte Die Mit-arbeiter nutzten die Moumlglichkeit Verbesserungsvorschlaumlge und Optimierungspotenziale einzubringen (es sei an das von einem Mitarbeiter eigenstaumlndig konzeptionierte und er-stellte bdquoVisual Boardldquo aus Legobausteinen erinnert) und Curic war fest davon uumlberzeugt dass die Initiative schon am folgenden Tag ohne ihn weiterleben wuumlrde Der Eindruck bei einer Werksbesichtigung vor Ort lieszlig daran keinen Zweifel aufkommen Worin liegt die erfolgreiche Entwicklung begruumlndet Curic traute seinen Mitarbeitern nicht nur die Veraumlnderung zu sondern er vertraute auch auf deren individuelle Faumlhigkeiten Sein Ver-trauen in die beteiligten Menschen schaffte wiederum Vertrauen der Mitarbeiter in die vom Chef initiierte fernoumlstliche Verbesserungsphilosophie Mittlerweile ist die Initiative fast erwachsen

436 Widerstand entgegenwirken

Auf dem Weg zum Erwachsenen wird sich ein Kind haumlufig weigern Verstaumlndnis fuumlr die Erziehungsmaszlignahmen der Eltern aufzubringen Dies ist nicht nur in der Pubertaumlt ein alltaumlgliches Phaumlnomen sondern auch im betriebswirtschaftlichen Kontext eine gewohnte Begleiterscheinung Es gibt sowohl in einem Lern- als auch in einem Veraumlnderungsprozess keine Veraumlnderung ohne Widerstand Die Neuerungen koumlnnen sachlich logisch sinnvoll und dringend erforderlich sein aber am Ende des Tages gibt es mindestens einen Mitarbei-ter oder eine Teilgruppe der Belegschaft die das Vorhaben nicht verstanden haben oder den Entscheidern nicht glauben oder die anstehenden Veraumlnderungen schlichtweg nicht unterstuumltzen wollen Der Umgang mit derartigen Reaktionen deren Ursachen immer im irrationalen Bereich liegen ist ein zentrales Erfolgskriterium fuumlr die Umsetzung von Ope-rational-Excellence-Initiativen bdquoEs ist fuumlr den Fortgang eines Veraumlnderungsprojektes von entscheidender Bedeutung dass Widerstand ndash in welcher Form auch immer ndash rechtzeitig erkannt und richtig beantwortet wird Wenn dies nicht der Fall ist kommt es zu ernsthaften Verzoumlgerungen schwerwiegenden Blockaden und kostspieligen Fehlschlaumlgenldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 336) Auch beim kanadischen Lebensmittelhersteller Maple Leaf Foods war sich der Initiativenleiter von Six Sigma Bruce Miyashita bewusst dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist ndash Veraumlnderung ist per se unangenehm und negativ Welche Umgangsform ist also ratsam

Widerstand ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen Fehlzeiten Unaufmerk-samkeit Unwichtiges debattieren Geruumlchtebildung und sturer Formalismus sind einige wenige Symptome Lustlose Meetings Mitarbeiter die sich sonst engagieren ziehen sich zuruumlck und blockierte und ins Laumlcherliche gezogene Entscheidungsprozesse gehoumlren zur Tagesordnung An den Kern der Problematik fuumlhrt nur ein ehrlich und offen gefuumlhrtes Gespraumlch mit den Betroffenen bdquoNur das ruhige ohne Zeit- und Ergebnisdruck gefuumlhr-

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te Gespraumlch und das aufrichtige Interesse fuumlr die Situation der Betroffenen und fuumlr ihre persoumlnlichen Meinungen koumlnnen die Vertrauensbasis schaffen die notwendig ist damit auch heiklere Gedanken und Empfindungen geaumluszligert werdenldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 340) Es gilt anzuhoumlren was den Mitarbeiter bewegt Wird er durch die anste-hende Reorganisation finanzielle Nachteile erwarten muumlssen Wird er seinen Arbeitsplatz verlieren Wird er mit fuumlr ihn unsympathischen Menschen zusammen arbeiten muumlssen Welche Karrieremoumlglichkeiten bietet ihm die Veraumlnderung Wird er in Zukunft fachlich oder persoumlnlich uumlberfordert sein Die Fuumlhrung des Unternehmens wird diesen und vielen weiteren unangenehmen Fragen Raum geben muumlssen Es ist wie mit dem Vertrauen Die Verantwortung des ersten Schrittes fuumlr einen erfolgreichen Umgang mit aufkommendem Widerstand traumlgt nicht die Belegschaft sondern die planende Fuumlhrungsmannschaft Die Fuumlhrungskraft hat sich geduldig und mit ehrlichen Worten in die Lage der Betroffenen zu versetzen ndash mit dem Widerstand nicht gegen ihn gehen Dies gestaltet sich in der Realitaumlt schwieriger als man denkt

Der beschriebene konstruktive Umgang mit den irrationalen Reaktionen der Betroffe-nen von Veraumlnderungsmaszlignahmen schlieszligt aber auch personelle Konsequenzen nicht aus Bei Maple Leaf Foods wurden die Ansichten der Mitarbeiter hinsichtlich der Six-Sigma-Implementierung angehoumlrt und verstaumlndnisvoll aufgegriffen Miyashita bezeichnete diese Vorgehensweise als bdquoan die Hand nehmenldquo Wer aber schlieszliglich das Vorhaben des CEO und Eigentuumlmers Michael McCain nicht unterstuumltzte dem wurde unmissverstaumlndlich nahe gelegt sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen Es war keine Frage ob man auf den Six-Sigma-Zug aufspringen sondern wann dies der Fall sein wuumlrde ndash diese Botschaft war deutlich Widerstand notfalls rigoros brechen ndash auch das versteht sich in der Konsequenz unter konstruktivem Umgang

437 Zusammenarbeit organisieren und belohnen

Es steht auszliger Frage dass Unternehmen unterschiedlich mit Widerstaumlnden umgehen Die Bank of America unter CEO Lewis installierte beispielsweise eine woumlchentliche Score-card wodurch die Mitarbeiter direkten Zugang zum generierten Mehrwert der Projek-te erhielten Jeder einzelne konnte so ablesen welchen quantitativen Beitrag er fuumlr den Initiativenerfolg geleistet hatte Die Dokumentation der Projektentwicklungen spornte an foumlrderte einen fairen internen Wettbewerb und forcierte die Zustimmung und aktive Partizipation an der systematischen Qualitaumltsbemuumlhung durch Six Sigma Es sei kritisch angemerkt dass eine solche Maszlignahme nicht in jedem Unternehmen zu fairem und foumlr-derlichen Wettbewerb fuumlhren wuumlrde Wenn jeder an sich selbst denkt ist moumlglicherweise an alle gedacht aber die Feinmechanik des zwischenmenschlichen Miteinander wird uumlber kurz oder lang Schaden daran nehmen Warum Weil das Uumlberleben des menschlichen Wesens auf Kooperation ausgelegt ist Dies ist ein Aspekt der unsere Spezies uumlbrigens einzigartig macht ndash und nicht wie oftmals angenommen die Denkfaumlhigkeit oder unsere Sprache (Vgl Sprenger 2012 S 52) Wenn Sprenger (2012 S 54 f) im Hinblick auf

172 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Unternehmungen von bdquoKooperations-Arenenldquo spricht meint er dass bdquoZusammenarbei-tenldquo nicht die Addition von Einzelleistungen sondern die gemeinschaftliche und part-nerschaftliche Leistungserbringung ist ndash arbeitet man in einem Unternehmen oder als Unternehmen Was bedeutet es dann fuumlr eine Organisation oder die Entwicklung einer Operational-Excellence-Initiative wenn die Mitarbeiter diese Essenz vernachlaumlssigen Wenn man nicht zusammenarbeitet und die Probleme Beduumlrfnisse und Moumlglichkeiten seines Arbeitskollegen ignoriert weil man im Wettbewerb zueinander steht verliert im-mer entweder das Unternehmen oder die Initiative Was dem einen schadet hilft haumlufig dem anderen oder es gibt zwei Verlierer Sprenger (2012 S 71) erinnert an dieser Stelle exemplarisch an das Konfliktpotenzial zwischen Marketing und Vertrieb Diese Wechsel-wirkung zwischen zwei Gruppen zaumlhlt nicht nur zu den haumlufigsten und gleichzeitig kost-spieligsten Problemsituationen im Unternehmen sondern wird in der Praxis systematisch verharmlost Dies liegt daran dass der interne Wettbewerb und die Einzelleistung die Spielregeln bestimmen Wo im Auswahlgespraumlch noch bei aufwaumlndigen Gruppenuumlbun-gen unter der Supervision von erfahrenen Psychologen die Teamfaumlhigkeit der Kandidaten beobachtet wird zaumlhlt fuumlr die Bonusberechnung im Jahresabschlussgespraumlch lediglich die Einzelleistung Wer so organisiert heizt den internen Wettbewerb an Auch wenn aus Sicht eines Marktes in der Wirtschaft die Wettbewerbsstrukturen zu Wachstum und Wohl-stand fuumlhren gilt dies weder fuumlr ein Unternehmen noch fuumlr eine strategische Initiative Das erfolgreiche Fuumlhren eines Unternehmens ist ein Gemeinschaftswerk Andere Fragen sind relevant bdquoWas ist mit der Zusammenarbeit fuumlr eine gemeinsame Aufgabe Was ist mit dem Voneinander-Lernen Was ist mit Hilfsbereitschaft Was ist mit einem freundlichen attraktiven Arbeitsklima Was ist mit Vertrauenldquo (Sprenger 2012 S 69) Um die Vision fuumlr operative Exzellenz in betriebliche Realitaumlt umzusetzen gilt es das Miteinander zu organisieren und die Zusammenarbeit zu belohnen

438 Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivieren

Wenn der zuvor aufgegriffene Aspekt der Zusammenarbeit und des Miteinanders wei-ter gedacht wird stolpert man unweigerlich uumlber das Thema der monetaumlren Belohnung Im Sinne einer fruchtbaren Arbeitsgemeinschaft erscheinen eine eher ausgeglichene Be-zahlung und ein faires Belohnungssystem entgegen der haumlufig anzutreffenden krassen Unterschiede mehr als sinnvoll Sprenger praumlgt in diesem Zusammenhang die Begriff-lichkeit bdquoGehaltshygieneldquo bdquoWer im Team deutlich weniger verdient als andere findet seine Leistung nicht ausreichend gewuumlrdigt und leistet langfristig weniger Gleichzeitig sinkt bei groszligem Einkommensgefaumllle auch die Leistung der Top-Talenteldquo (Sprenger 2012 S 79) Diese Perspektive bezieht sich primaumlr auf die organisatorische Ausrichtung des gesamten Unternehmens ndash was bedeutet es fuumlr die Umsetzung von Operational-Excel-lence-Programmen

Zum einen bietet eine systematische Veraumlnderung wie die einer solchen Initiative den noumltigen Handlungsspielraum ein festgefahrenes und in die Jahre gekommenes Entloh-

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nungssystem anzupassen So geschehen bei der Bank of America Im Zuge der Qualitaumlts-initiative von Six Sigma passte sich auch das Belohnungssystem der Bank an die neuen Rahmenbedingungen an Nicht fuumlr die Akquise von neuen Kunden sondern fuumlr den Auf-bau langfristiger Kundenbeziehungen wurden offiziell Preise an die Mitarbeiter verliehen Das Ergebnis waren nicht nur gluumlckliche Stammkunden sondern auch noch zahlreiche Neukunden durch die Empfehlungen der Stammkunden

Zum anderen muss die Frage gestattet sein ob finanzielle Lockmittel nachhaltige Mit-arbeiterpartizipation gewaumlhrleisten Die Wissenschaft belegt dass weniger Geld (als der Durchschnitt) unzufrieden macht ndash mehr Geld (als der Durchschnitt) aber keinen nen-nenswerten Unterschied ausmacht (vgl Sprenger 2012 S 80) Wenn die Credit Suisse bei einem flaumlchendeckenden Lean Sigma Deployment ihren Black Belts 1000 Schweizer Franken mehr im Monat zahlt ist es fraglich wie langfristig sich diese Maszlignahme positiv auf das Engagement der Mitarbeiter auswirkt (vgl Dahm 2008 S 56 f) Selbst wenn es sich um eine groszligzuumlgige monetaumlre Anreizstruktur handelt die die Belegschaft bis in die Haarspitzen motiviert wird der eigentliche Sinn und Zweck verschoben Es geht nicht um die Optimierung des Portemonnaies sondern um eine nachhaltige Verankerung der stra-tegischen Maszlignahmen die langfristig die Uumlberlebensfaumlhigkeit des Unternehmens sichern sollen Der Schluumlssel ist die Etablierung eines fairen Belohnungskonzeptes Wenn es nur um Geld geht ist wie das Krisenjahr 2008 deutlich gemacht hat die geistige Weitsicht des Menschen beschraumlnkt ndash die einfache Struktur des Grenznutzens finanzieller Anreize stoumlszligt schnell an ihre Grenzen

Dagegen macht es Sinn den tieferen Zusammenhang der Taumltigkeit des Mitarbeiters in der Initiative deutlich zu machen Wie bereits gesagt nichts wirkt motivierender als der persoumlnliche Fortschritt Wenn jemand den veraumlnderten Prozess mitgestalten testen und umsetzen kann findet er Freude daran weil er Teil der unternehmerischen Substanz ist der Zukunft Goran Curic uumlberzeugte seine Mitarbeiter indem er ihren Alltag spuumlrbar veraumlnderte Wenn die Unfallquote drastisch sinkt spricht es sich schnell herum dass die Firma ein sicherer Ort geworden ist Michael McCain integrierte die Relevanz der Aus-bildungsstufen der Belt-Hierarchie in das Personalentwicklungskonzept von Maple Leaf Foods Das Vorreiterunternehmen von Six Sigma General Electric geht sogar so weit dass das houmlhere Management nicht ohne eine BB-Ausbildung zu erreichen ist Wenn die Be-legschaft bemerkt dass es fuumlr die persoumlnliche Karriere im Unternehmen und die fachliche Entwicklung wertvoll ist eine Six-Sigma-Ausbildung vorweisen zu koumlnnen kommt es eher nicht so schnell zu einem Engpass an auszubildenden BB Schon wenn sich Vareille und Merel an einem Lean-Projekt im Jahr an der Basis der FCI-Gruppe engagieren und persoumlnlich bdquozupackenldquo zeigt das der Belegschaft dass ihre Taumltigkeit ernst genommen wird Der Mensch nimmt derartige Wertschaumltzung und Aufmerksamkeit viel staumlrker wahr als eine anonyme Transaktion am Monatsende

Woran liegt es dass sich beste Freunde haumlufig auch die besten Geschenke machen koumln-nen Weil sie sich gut kennen und aus Erfahrung genau wissen was dem Gegenuumlber eine Freude macht Das bedeutet nicht dass jede Fuumlhrungskraft von nun an eine tiefe Freund-schaft zu den Mitarbeitern pflegen muss Dennoch Wer sich auf seine Belegschaft sein

174 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Projektteam oder seine BB einlaumlsst wird sie kennenlernen und immer besser wissen wie man mit ihnen umzugehen hat

Es ist die Aufgabe der fuumlhrenden Mitarbeiter den Rest der Mannschaft fuumlr die anste-henden Herausforderungen und gemeinsamen Ziele zu begeistern Es ist ein erster Schritt das wertvollste Betriebskapital besser kennenzulernen So kann man das zuvor aufgegrif-fene Toyota-Prinzip bdquoGenchi Genbutsuldquo (bdquoGeh und sieh selbstldquo) nicht nur prozess- oder problemorientiert verstehen sondern auch personenorientiert bdquoGeh und sprich mit den Leutenldquo Nur so ist der zweite Schritt die Mitarbeiter dort abholen wo sie sind moumlg-lich Ist den Betroffenen klar was mit der bevorstehenden Initiative bezweckt wird Wie ist es um den Informationsstand hinsichtlich der zukuumlnftigen strategischen Maszlignahmen bestellt Sind diesbezuumlglich Unterschiede auszugleichen Teilen die Mitarbeiter das Pro-blembewusstsein der Initiatoren des Vorhabens Welche Botschaften Geruumlchte oder Vor-urteile kursieren im Flurfunk Wie stark muss der Impuls sein um die noumltige Energie und das erforderliche Engagement bei den Betroffenen zu spuumlren ndash wie sollte dieser Impuls aussehen Diese Fragen helfen den Ausgangszustand einschaumltzen zu koumlnnen Je staumlrker das Problembewusstsein der Betroffenen ist desto staumlrker wird sich auch die Motivation fuumlr das Veraumlnderungsvorhaben manifestieren

Wenn man mit den Mitarbeitern spricht und sie kennenlernt wird man sie dort abholen koumlnnen wo sie sind Weiter gilt es sie aktiv in die Initiativen Arbeit und Entscheidungs-vorbereitungen einzubeziehen Nur wer die Ausgangslage kennt und versteht wird sich fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung der Initiative motivieren lassen Transparenz uumlberzeugt Je fruumlher diese Mitarbeiterpartizipation etabliert wird desto praxisgerechter die Loumlsungen (Sind es nicht die unmittelbar betroffenen Mitarbeiter die wissen wo es in der Organisa-tion nicht richtig laumluft) und desto houmlher die Identifikation mit der Initiative (Fuumlhlen die Betroffenen sich in einem solchen Fall nicht als Partner ernst genommen) (Vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 174 f) Zwei weit verbreiteten Missverstaumlndnissen soll in diesem Zuge der Wind aus den Segeln genommen werden (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 175)

Irrtuumlmlicherweise werden derartige partizipativen Ansaumltze meist als zeit- und damit auch als kostenintensiv abgetan Auch wenn es tatsaumlchlich Zeit kostet so uumlberwiegt doch ein nachhaltiger Benefit der den Zeitaufwand um ein Vielfaches kompensiert Wird man eher auf einen Mitarbeiter bauen den man vor vollendete Tatsachen gestellt hat und des-sen Arbeitseinstellung nun von Zweifel Unsicherheit und Distanz gepraumlgt ist oder auf einen der die anstehenden Projekte und Veraumlnderungen als bdquoseine Arbeitldquo mit Uumlberzeu-gung vertritt

Des Weiteren wird faumllschlicherweise angenommen dass Mitarbeiterpartizipation zu bdquomehr redenldquo und nicht bdquomehr arbeitenldquo fuumlhrt Diese Annahme ist grundlos und nur da-rauf zuruumlckzufuumlhren dass die Chefetage Angst vor guten Vorschlaumlgen aus den eigenen bdquounterenldquo Reihen hat Der Mitarbeiter hat kein Interesse bei allen Themen mitzumischen sondern nur bei denen die ihn unmittelbar tangieren Es ist die Aufgabe der Fuumlhrung die richtigen Mitarbeiter mit den richtigen Themen bzw Projekten in Kontakt zu bringen

17543 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern

Mit den betroffenen Mitarbeitern offen und ehrlich sprechen sie kennenlernen sie dort abholen wo sie sind und von Beginn an aktiv an der Entwicklung der Initiative partizipie-ren lassen ndash dies sind wichtige Elemente um die Mitarbeiter fuumlr die gemeinsame Zukunft der Operational-Excellence-Initiative zu begeistern

Der Vollstaumlndigkeit halber muss aber auch erwaumlhnt werden dass die Wirtschaftswelt nicht immer bunt ist Es gehoumlrt zum Tagesgeschaumlft einer Organisation Unternehmens-struktur Marktbedingungen und Zukunftserwartungen kontinuierlich einander anzupas-sen Im Extremfall kann dies zu Personalabbau fuumlhren Was ist zu empfehlen wenn im Rahmen einer Lancierung die energiefressende Geruumlchtekuumlche brodelt und das Schreck-gespenst des Stellenabbaus umhergeht und sich die Schwarzmaler bestaumltigt sehen Auf die Spitze getrieben Wie wird ein Mitarbeiter dazu motiviert sich fuumlr eine Initiative zu engagieren die aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Arbeitsplatz bdquowegoptimiertldquo

Nicht nur in Bezug auf eine strategische Initiative die an den Grundfesten der Orga-nisation ruumlttelt gehoumlrt die Bewaumlltigung einer solchen Situation sicherlich zu einer der schwersten Fuumlhrungsaufgaben In der Realitaumlt fuumlhrt dies haumlufig zu kreativen Vermeidungs-strategien des Fuumlhrungsverantwortlichen Die direkte Konfrontation wird vermieden was die Situation fuumlr die Betroffenen noch schlimmer macht Dadurch bedingte kurzfristige bdquoEntsorgungsaktionenldquo sind nicht nur haumlufig zu beobachten sondern auch mit einem irre-parablen Vertrauensschaden verbunden (Vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 147) Der Rest der Belegschaft nimmt sehr genau wahr wie mit den Kollegen oder sogar Freunden umgegangen wird Viele Fuumlhrungskraumlfte haben sich durch verantwortungsloses Verhalten in diesen Situationen schon beispiellos das Vertrauen in eine gemeinsame Zukunft ver-spielt Wenn eine kritische Menge an Mitarbeitern resigniert ist die Initiative praktisch gescheitert

Tatsache ist dass es fuumlr einen solchen Haumlrtefall keine bdquoBest-Practice-Loumlsungldquo gibt und ein persoumlnliches Gespraumlch unumgaumlnglich ist Je fruumlher desto fairer Je ehrlicher desto bes-ser Die Organisationsexperten Doppler und Lauterburg (2008 S 148 f) schlagen folgen-de aus der Praxis bewaumlhrten Bestandteile eines solchen Gespraumlchs vor

1 Auf alle wichtigen und kritischen Elemente die zu der personellen Konsequenz fuumlhr-ten im Einzelnen aufmerksam machen

2 Sorgfaumlltig und ehrlich begruumlnden warum sich die Wege in Zukunft trennen ndash vorhan-dene Defizite klar ansprechen

3 Deutlich machen dass die Entscheidung gefallen ist und nun die Umsetzung der Tren-nung konkret vorbereitet wird

4 Enttaumluschung Raum geben und Kritik ertragen ndash sich dabei aber nicht in Rechtfertigun-gen verlieren

5 Zeitplan fuumlr die naumlchsten Gespraumlche und den Zeitpunkt bis zu dem die Entscheidung umgesetzt sein soll kommunizieren

6 Moumlglichkeiten wie das Unternehmen den Prozess der persoumlnlichen und beruflichen Neuorientierung unterstuumltzen kann diskutieren

176 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

439 Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash Entscheidungskonflikte loumlsen

Anschlieszligend laumlsst sich mit einer Eigenschaft von Fuumlhrungskraumlften fortfahren die Spren-ger (2012 S 94) als wesentlich hervorhebt Eine Fuumlhrungskraft sollte im Hinblick auf die Bedeutung von Kooperation und Zusammenarbeit im unternehmerischen Kontext Men-schen vor allem moumlgen Etwas pragmatischer formuliert Es ist wichtig Mitarbeitern Zeit und Aufmerksamkeit schenken und miteinander sprechen zu wollen Grundsaumltzlich wird im Rahmen eines Operational-Excellence-Programms wenig Zeit sein Eine Initiative neben dem Alltagsgeschaumlft konsequent und erfolgreich umzusetzen erfordert sorgfaumlltiges Zeitmanagement der Fuumlhrungskraft Im streng getakteten Kalender findet in der Folge vieles seine Beruumlcksichtigung ndash zu selten aber das Wesentliche Es ist wie mit Menschen die behaupten keine Zeit fuumlr Sport zu haben ndash die Zeit muss man sich nehmen ndash und mit Rauchern die vorgeben nicht aufhoumlren zu koumlnnen ndash man muss es nur wollen Auch hin-sichtlich der Mitarbeiterschaft sind der Wille und die Zeit die man bereit ist zu investie-ren ausschlaggebend Wie kann dies in der Praxis aussehen

Bruce Miyashita VP von Six Sigma fokussierte sich besonders auf das bdquoWohlbefin-denldquo der Mitarbeiter von Maple Leaf Foods und bemuumlhte sich nicht nur Missverstaumlnd-nisse zu beseitigen sondern insbesondere die Vorteile der Systematik von statistisch-ma-thematischen Qualitaumltsbemuumlhungen zu kommunizieren So machte er deutlich dass die Belt-Ausbildungsstruktur sowohl den internen und externen Marktwert steigert als auch die persoumlnliche Entwicklung verbessert In persoumlnlichen Gespraumlchen zeigte er auf welche Vorteile der Mitarbeiter durch die Beherrschung von Zahlen die Kenntnis von Prozess-ablaumlufen des gesamten Unternehmens und den Lerneffekt von geloumlsten Defekten oder Problem hat Sein Einsatz verfehlte die Wirkung nicht Die Beruumlcksichtigung des Faktors Mitarbeitern Zeit und Aufmerksamkeit schenken und mit ihnen sprechen zu wollen foumlrdert nicht nur die Motivation des Personals sondern ermoumlglicht der Fuumlhrungsrige auch am Ball zu bleiben Nichts ist wichtiger als auf Stoumlrfaktoren und Reibungsverluste rechtzeitig reagieren zu koumlnnen Die regelmaumlszligige Interaktion wertschaumltzt dabei nicht nur den Mit-arbeiter sondern ermoumlglicht auch die Etablierung notwendiger Feedback-Mechanismen

Fuumlhrung ist im Rahmen von Operational-Excellence-Programmen essenziell weil so die Uumlberlebensfaumlhigkeit der strategischen Bemuumlhungen gesichert wird Zahlreiche rele-vante Bausteine wurden dafuumlr naumlher erlaumlutert Zum Schluss soll ein bislang unberuumlcksich-tigter Grundsatz angesprochen werden bdquoFuumlhrung hat ihren Aufgabenbereich jenseits der Routine naumlmlich im Konflikt in dilemmatischen Situationenldquo (Sprenger 2012 S 148) Wenn uumlber Ziele oder Wege gestritten wird zu wenig Informationen oder zu viele vor-liegen oder unter Zeitdruck eine von vielen Handlungsmoumlglichkeiten ausgewaumlhlt werden muss wird eine Instanz benoumltigt die Verantwortung uumlbernimmt und Festgefahrenes in Bewegung setzt Fuumlhrung muss Entscheidungskonflikte loumlsen

Goran Curic war es sehr wichtig die Sicherheitsvorkehrungen in den Fertigungshallen der NMF zu verschaumlrfen und die Unfallursachen konsequent und umfangreich zu evalu-ieren Doch nicht jedem Mitarbeiter gefielen die strengeren Sicherheitsauflagen wie das

177

staumlndige Tragen einer Schutzbrille in den Produktionshallen Obwohl es der Gesundheit und beruflichen Sicherheit diente erreichte der geaumluszligerte Unmut sogar den Betriebsrat Curic empfand es letztendlich als angemessen seinen erstrebenswerten Zielzustand durch-zusetzen Die Anzahl der Unfaumllle sank deutlich unter das Vorjahresniveau Fuumlhrungsstaumlrke ist demnach Entscheidungsstaumlrke und faumlngt dort an wo kein Konsens moumlglich ist

Abschlieszligend gilt es zu klaumlren wer Mitarbeiter fuumlhren foumlrdern und fordern kann Eine Fuumlhrungskraft die in der Lage ist die naumlher erlaumluterten Faktoren im Geschaumlftsalltag zu beruumlcksichtigen wird einen eher positiven als negativen Beitrag fuumlr die Fortentwick-lung einer strategischen Initiative leisten koumlnnen Die diskutierten Erfolgsfaktoren sind bewusst handlungsorientiert gemeint und formuliert Zur Realisierung kommen durch-aus viele Fuumlhrungskraumlfte infrage Es ist sekundaumlr ob die jeweilige Person charismatisch einfuumlhlsam selbstbewusst oder visionaumlr ist Personifizierte Attribute dieser Natur sind vorsaumltzlich unerwaumlhnt geblieben denn bdquoes besteht kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Persoumlnlichkeitsmerkmalen der Top-Manager und dem wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmenldquo (Sprenger 2012 S 27) So spricht Sprenger (2012 S 26) auch nicht von bdquoguterldquo Fuumlhrung sondern nur von bdquoerfolgreicherldquo Fuumlhrung ndash Erfolg ist wichtiger als Fuumlhrungsstil Es ist wie im Fuszligball Wenn Juumlrgen Klinsmann mit der Deutschen National-mannschaft bei der WM 2006 im eigenen Land leidenschaftlichen Fuszligball spielt und eine ganze Nation mitreiszligt wird er als grandioser Trainer hoch gelobt Schieszligt der FC Bayern Muumlnchen unter seiner Fuumlhrung als Trainer aber anschlieszligend nicht genuumlgend Tore wird er ndash obwohl er an seiner Fuszligballphilosophie nichts veraumlndert hat ndash nach zehn Monaten bereits angeprangert und als schlechter Trainer sang und klanglos fallen gelassen Was zaumlhlt ist das Runde im Eckigen ndash oder die positive Ergebniswirksamkeit der Operatio-nal-Excellence-Initiative Die auf den letzten Seiten diskutierten Erfolgsfaktoren helfen jedem dabei einzelne Mitarbeiter ein Team oder eine ganze Initiative erfolgreich fuumlhren zu koumlnnen

44 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

Gut ausgewaumlhlte und sorgfaumlltig definierte Verbesserungsprojekte fuumlhren zu besseren und schnelleren Ergebnissen Analog dazu fuumlhren die schlecht ausgewaumlhlten Projekte zu ver-spaumlteten Ergebnissen und Frustration (Vgl Pande et al 2000 S 137) Diese sogenannten bdquoTroubled Projectsldquo verursachen am Ende 134 mehr an Kosten als urspruumlnglich veran-schlagt (vgl Joslashrgensen et al 2008 S 10) Wie findet man das passende Projekt und wie setzt man es ergebnisorientiert um

441 Projekte mit groszliger Hebelwirkung priorisieren

Prinzipiell eignen sich nahezu alle Prozesse in einem Unternehmen fuumlr eine Optimierung Die Auswahl der geeigneten Projekte fuumlr die Operational-Excellence-Initiative ist ein kri-

44 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

178 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

tischer Erfolgsfaktor Zunaumlchst muss ein Unternehmen erkennen in welchen Prozessen ein groszliger Unterschied zwischen benoumltigter und realer Performance vorliegt was im All-gemeinen sehr einfach zu erkennen sein sollte Es sollte aber nicht einfach der erstbeste Prozess gewaumlhlt werden Um aber den bdquosinnvollstenldquo Prozess fuumlr den Beginn der Opera-tional-Excellence-Initiativen auszuwaumlhlen sind drei einfache Schritte zu beachten

1 Es muss ein Problem im Prozess erkannt worden sein welches relevant fuumlr das Unter-nehmen ist

2 Die Loumlsung des Problems innerhalb des Prozesses darf nicht trivial sein bzw diese darf nicht bereits bekannt und nur noch nicht umgesetzt sein

3 Die Loumlsung des Problems und die Verbesserung des Prozesses sollten potenziell und moumlglichst nachhaltig zur Erhoumlhung des Kundennutzens und damit der Kundenzufrie-denheit beitragen

Projekte die sich mit Prozessen auseinandersetzen die den groumlszligten Einfluss auf die Unternehmensleistung Kennzahlen Strategie und Kundenzufriedenheit vorweisen haben Prioritaumlt Zusaumltzlich gehoumlren nur Prozesse von nachgefragten Produkten in den Projekt-fokus denn operative Exzellenz kann keine falsche Absatzpolitik oder strategische Fehler in uumlberholten Geschaumlftsmodellen korrigieren (Vgl Moormann 2009 S 5) Die Kunst ist es das Richtige liegen zu lassen Kenneth Lewis von der Bank of America definierte diese Kunst nicht nur uumlber die Hebelwirkung sondern auch uumlber die Dringlichkeit des Projektgegenstandes Besonders hinsichtlich der Umsetzung von Six Sigma oder Lean Sigma gibt es Unterschiede in der Dringlichkeit der Projekte zu beachten So ist Null-Fehler-Qualitaumlt vor allem fuumlr erfolgskritische Prozesse wie eine lebensrettende Opera-tion im Krankenhaus anzustreben Andere Prozesse wie die Aufnahme von Patienten im Krankenhaus haben mit 4σ dagegen ein akzeptables Niveau erreicht Laumlngerfristig jedoch muumlssen alle Prozesse auf das von dem Kunden geforderte Niveau gebracht werden Der Erfolg der ganzen Initiative wird maszliggeblich von der Projektauswahl beeinflusst In Goethes Worten bdquoWer das erste Knopfloch verfehlt kommt mit dem Zuknoumlpfen nicht zu-randeldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 321)

442 Quick Wins erzielen ndash Projekt stringent umsetzen

Mike Fisher Leiter der Lean-Sigma-Initiative von Best Buy legte zu Beginn seiner Tauml-tigkeit Wert darauf dass schnelle Projekterfolge erzielt werden Die Realisierung von sogenannten bdquoQuick Winsldquo foumlrdert die interne Kommunikation und das Image der Ver-aumlnderungsinitiative Diese sogenannten bdquoLow Hanging Fruitsldquo helfen dabei die Anfangs-phasen der Initiative oder des DMAIC-Zyklus die vor allem durch Datenerhebungen Statistik und Mathematik gepraumlgt sind durch sichtbare Erfolge leichter zu meistern Es ist nicht unuumlblich konkrete Verantwortlichkeiten fuumlr diesen Aspekt zu definieren denn der Beweis fuumlr die Nuumltzlichkeit der Anstrengungen und die Ermutigung der Beteiligten

17944 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

wird auf keinem anderen Wege schneller realisiert Aber auch diese Projekte muumlssen wohl uumlberlegt sein und lanciert werden denn sonst verpuffen die ersten Impulse wie heiszlige Luft Fishers Vorgaumlnger hatte nach seinem Ermessen auf der Suche nach kurzfristigen Gewin-nen die Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Projektergebnisse vernachlaumlssigt Weil der erste Eindruck bekanntlich ausschlagegebend ist und somit auch das erste Projektergebnis besondere Aufmerksamkeit genieszligt nahm sich Fisher dafuumlr besonders viel Zeit Er houmlrte den Mitarbeitern zunaumlchst einmal zu um anschlieszligend die richtigen Hebel in Bewegung zu setzen Besonders zu Beginn der Implementierung sind die Mitarbeiter gegenuumlber den bevorstehenden Veraumlnderungen eher kritisch eingestellt Mit schnellen positiven Ergeb-nissen zog Fisher die letzten Kritiker seines Vorhabens auf seine Seite und sammelte wich-tige Teilerfolge auf Vorrat

Nachdem die Frage der Effektivitaumlt ndash das Richtige machen ndash geklaumlrt ist gilt es sich der Effizienz zu widmen ndash das was man macht richtig machen Das A und O ist eine strin-gente und konsequente Umsetzung von Projekten Wer mit einem Fahrrad eine Steigung hinter sich bringen moumlchte muss auch kontinuierlich Kraft auf die Pedale ausuumlben So gilt es auch in einer Operational-Excellence-Initiative am Druumlcker zu bleiben Eine effiziente Projektinfrastruktur ist dafuumlr essenziell Jegliche buumlrokratischen Auspraumlgungen oder Ten-denzen zur Traumlgheit sind energisch zu bekaumlmpfen Das Wesentliche muss im Vordergrund stehen das Problem und die passende Loumlsung

Wie beispielsweise Goran Curics erfolgreiche Anwendung in der Schwerindustrie zeigt ging es fuumlr ihn in Meetings nicht um die Suche eines Schuldigen fuumlr fehlerhafte Pro-zesse sondern um disziplinierte Problemorientierung in offenen Gespraumlchen Durch zwi-schenmenschliche Ungereimtheiten und emotionale Eitelkeiten wird die Effizienz haumlufig zu Grabe getragen Um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken ist eine sorgfaumlltige und saubere Vorbereitung von Meetings zur stringenten Durchfuumlhrung von Projekten un-erlaumlsslich Wie koumlnnte dies in der Praxis aussehen

Damit ein morgendliches Meeting nicht in bdquoLabereildquo endet sollten die Rahmenbedin-gungen (Dauer Ort Inhalt Moderator usw) fixiert und allen bekannt sein Verstoumlszlige wer-den geahndet Analog dazu Damit ein Projekt nicht im Sande verlaumluft sollte uumlber die von den Organisationsentwicklern Doppler und Lauterburg (2008 S 321 f) konsolidierten Aspekte im Vorfeld Klarheit herrschen

1 Ist der bekannte Anlass des Projektes oder die benannte Problemstellung nachvollzieh-bar und komplex genug um die Inangriffnahme eines Projektes zu rechtfertigen

2 Wie ist der Status quo zu erklaumlren und welche Bemuumlhungen wurden in der Vergan-genheit unternommen die aktuelle Problemstellung zu loumlsen Gibt es bdquoverwandteldquo Projekte

3 Ist die Unterstuumltzung und Bereitschaft des Auftraggebers vorhanden4 Wer ist inwiefern von dem Projekt betroffen und koumlnnte welche Absichten haben5 Was sind die Zielsetzungen und (moumlglicherweise versteckten) Leistungserwartungen

aller Beteiligten

180 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

6 Leuchtet die geplante Vorgehensweise allen ein und passen die geplanten Methoden und Werkzeuge zur Problemstellung und Zielsetzung

7 Ist der anvisierte Zeithorizont bekannt und realistisch 8 Welche KPIs (quantitativ und qualitativ) sind sinnvoll und definieren den Erfolg der

Projektentwicklung und des Endergebnisses 9 Ist im Projektteam und der Projektleitung ausreichend fachliche und soziale Kompe-

tenz und Engagement fuumlr die gemeinsame Herausforderung vorhanden10 Sind fuumlr die erfolgreiche Umsetzung der Ziele abgesehen von der Anzahl der Team-

mitglieder ausreichend Ressourcen (Sachmittel Geld Gespraumlchspartner usw) vorhanden

Waumlhrend des Projektverlaufs sollten die folgenden Aspekte kontinuierlich auf ihre Re-levanz und Beruumlcksichtigung uumlberpruumlft werden (vgl Doppler und Lauterburg 2008 S 328 ff)

1 Werden die Grundausrichtung und die formulierten Grundsaumltze der Operational-Excel-lence-Initiative (Produktivitaumlt und Menschlichkeit als houmlchstes Gebot) als Leitbild in den Projektalltag projiziert

2 Werden regelmaumlszligig die formulierten Ziele aufgelisteten Aufgaben und Taumltigkeiten festgelegten KPIs und der abgestimmte Zeitplan inklusive ausreichend Puffer mit den sich veraumlndernden Rahmenbedingungen der Unternehmung sinnvoll abgestimmt

3 Werden die Rollen und Verantwortlichkeiten transparent verteilt4 Werden die Key-Stakeholder oder sogenannten Schluumlsselspieler (ein prominentes Mit-

glied der Eigentuumlmerfamilie ein beliebter Mitarbeiter oder ein Manager mit besonderer hierarchischer Machtfuumllle) so eingebunden dass es der Entwicklung der Initiative zum Vorteil dient

5 Sind ein solides Zeitmanagement eine robuste Berichtstruktur und eine zeitgemaumlszlige Dokumentation des Projektes etabliert sodass die Grundlage fuumlr ein effizientes Pro-jektcontrolling gelegt ist

6 Wird die bdquoHygieneldquo des Projektumfeldes (Umgangston Zufriedenheit der Beteiligten Arbeitsklima usw) im Auge behalten

443 Potente Projektmitglieder engagieren

Was die Wirksamkeit eines Operational-Excellence-Projektes anbelangt ist insbesondere die Rolle des BB und die des MBB unter die Lupe zu nehmen Es gilt der gleiche Grund-satz wie bei der Auswahl der Projekte Nicht die Erstbesten sondern die Besten auswaumlh-len Je passender die Kandidaten sind desto weniger Kosten fallen im Projektverlauf an und desto wirksamer faumlllt das Ergebnis aus

Auch wenn manch ein Unternehmen den Erfolg der Initiative abhaumlngig von der An-zahl der ausgebildeten BBs macht so zaumlhlt am Ende die Qualitaumlt des Kandidaten Dieser

18144 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

ist schlieszliglich federfuumlhrend dafuumlr verantwortlich dass die jeweilige Verbesserungsphilo-sophie der Operational Excellence fest in der Unternehmenskultur verankert wird Was notwendige Eigenschaften angeht ist es an dieser Stelle empfehlenswert neben fachlicher Leistungskapazitaumlt die zehn Grundsaumltze der erfolgreichen Fuumlhrung zu beachten Ein BB ist Fuumlhrungskraft und wird auch nach entsprechenden Maszligstaumlben eingestellt und beurteilt

Best Buy legte fuumlr die Rolle des globalen Leiters der Lean-Sigma-Initiative besonderen Wert auf kreatives strategisches und analytisches Denkvermoumlgen und eine gute Portion an Autoritaumlt die Mike Fisher augenscheinlich besaszlig Dies ist wie im Zuge des Erfolgsfaktors Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch fordern erlaumlutert nicht zwangslaumlufig eine Erfolgs-garantie ndash es gibt kein Erfolgsrezept Aufzaumlhlungen von Eigenschaften bieten lediglich Anhaltspunkte denn die Anforderungen jedes Unternehmens sind stark unterschiedlich In jedem Fall sind sie hoch und genau dabei ist zu beachten dass die Anforderungen nicht abschreckend wirken Ein BB muss sicherlich tiefergehende statistisch-mathematische Faumlhigkeiten besitzen oder sich zuumlgig aneignen Aber nur weil ein Unternehmen Six Sigma implementiert bedeutet dies nicht dass von nun an jeder GB und YB mit statistischer Brillanz hervorstechen muss Es gilt sorgfaumlltig darauf zu achten welche Faumlhigkeiten von welcher Rolle und Verantwortlichkeit verlangt werden

Ein weiteres Mal sei auf die Kulturkreisanalyse hingewiesen Eine Initiative die sich auf Mitteleuropa konzentriert koumlnnte auf andere Fuumlhrungsqualitaumlten des BB angewiesen sein als eine die primaumlr die Optimierungspotenziale der im asiatischen Raum ansaumlssigen Geschaumlftsbereiche erarbeitet Der Besetzung dieser elementaren Rollen und Verantwort-lichkeiten sollte in verschiedenen Bewerbungsgespraumlchen ausreichend Zeit gewidmet werden ndash wenn nicht nur eine Person uumlber die Rollenverteilung entscheidet erhoumlht dies zusaumltzlich die Prognosekraft fuumlr den einzelnen Kandidaten

Wichtig ist dass ein BB und MBB ihrer Taumltigkeit hauptberuflich also in Vollzeit nach-gehen muumlssen ndash dass dies Luumlcken in die Organisation reiszligt muss beruumlcksichtigt wer-den Moumlgliche Folgen dieser andauernden Personalrochaden zeigten sich bei Maple Leaf Foods Da haumlufig aufgrund von fehlenden Ressourcen eine reibungslose Gestaltung die-ses Abzugs von qualifiziertem bdquoBB-Potenzialldquo aus der Linientaumltigkeit nicht moumlglich war wurden fuumlr den entstehenden Engpass und die daraus resultierenden Schwierigkeiten die Six-Sigma-Methodik verantwortlich gemacht Wie bereits gesagt Die Geruumlchtekuumlche kompensiert Informationsluumlcken mit gefaumlhrlichem Halbwissen Inhaber und CEO McCain wies daraufhin dass dies zu enormen Imageschaumlden am Veraumlnderungsvorhaben fuumlhren koumlnne Solche Stimmungsschwankungen bei der restlichen Belegschaft die nicht unmit-telbar in die Initiative involviert ist koumlnnen unvorhersehbare Folgen haben

444 Projektkultur aufbauen

Es ist logisch dass sich jede Unternehmung die sich auf eine flaumlchendeckende Restruk-turierung einlaumlsst abhaumlngig von der bereits gesammelten Erfahrung zunaumlchst einmal an eine Projektorganisation gewoumlhnen muss Das Ziel muss eine etablierte funktionsfaumlhige

182 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Projektkultur sein Was heiszligt das Zu einer Projektkultur zaumlhlen z B die Kooperationsbe-reitschaft zwischen Mitarbeitern und Abteilungen die Wertschaumltzung der Projektergebnis-se innerhalb einer Organisation die Kommunikationsfaumlhigkeit und Konfliktfaumlhigkeit der Projektmitglieder oder der Anspruch eine lernende Organisation zu sein Neue Strukturen Mechanismen und Methoden muumlssen zum Alltag werden Was ist bei einer derartigen kul-turellen Veraumlnderung der entscheidende Faktor Zeit Der Aufbau einer Projektkultur die reibungslos funktioniert und ausreichend Know-how vorzuweisen hat braucht seine Zeit und ist dafuumlr personell gesehen auf eine langfristige Perspektive angewiesen

So ging es fuumlr Curic bei der Implementierung der Lean-Philosophie um mehr als den bloszligen Gebrauch von Werkzeugen Er sprach von einer Bewusstseinsveraumlnderung weil Lean nicht kopiert sondern adaptiert werden wuumlrde Wo die Mitarbeiter es gewohnt wa-ren stramm zu stehen wenn der fruumlhere Chef ein Mal im Jahr die Fertigungshalle be-suchte war es eine gewaltige Umstellung jeden Morgen mit dem neuen Chef uumlber den Zustand der Produktionsprozesse zu diskutieren und dabei ernst genommen zu werden Curic war davon uumlberzeugt ndash und das soll an dieser Stelle unterstrichen werden ndash dass eine neue Denkweise nur mit einer festangestellten Personalbasis nachhaltig verankert werden kann Wenn die Initiativenleitung den Mitarbeiter als Treiber von Veraumlnderungen anerkennt zeichnet sich schon bald ab dass es auch auf dem Weg zu einer schlanken Produktion oder Administration nicht darum geht besonders viele Mitarbeiter zu feuern Vielmehr geht es darum sie an den richtigen Stellen einzusetzen Wenn ohnehin nur je-des zehnte Unternehmen nach Personalabbaumaszlignahmen seinen Marktanteil und seine Profitabilitaumlt steigern kann stellt sich ohnehin die Grundsatzfrage inwieweit umstrittene Maszlignahmen dieser Natur foumlrderlich fuumlr die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit des Unter-nehmens sind (Vgl Sprenger 2012 S 113) Gesundschrumpfen gehoumlrt zur oumlkonomischen Realitaumlt ndash Kaputtsparen ist das Ergebnis betriebswirtschaftlicher Fachidiotie und zerstoumlrt die Zukunft des Unternehmens

Es soll betont werden dass ein umfangreicher Operational-Excellence-Werkzeugkas-ten nicht bedeutet dass es fuumlr jedes Problem das passende Tool gibt Eine erfolgreiche In-itiative versteht sich nicht als die schlichte Addition einiger Werkzeuganwendungen son-dern als unternehmerische Aktivitaumlt ndash arbeiten am Unternehmen nicht im Unternehmen

445 Fuumlr und gegen das richtige Werkzeug entscheiden

Auf der einen Seite ist dies also der Aufruf zur kreativen Nutzung der Vielfalt von eta-blierten Maszlignahmen und vorgefertigten Vorgehensweisen Wenn jemand Fleisch essen moumlchte wird er im Restaurant kaum die ganze Kuh verschlingen ndash man sucht sich ein passendes Stuumlck wie das Filet heraus Die Wahl fuumlr oder gegen das richtige Werkzeug ist entscheidend Auf der anderen Seite gilt es der Gefahr zu widerstehen die gleichen Werk-zeuge immer wieder aufs Neue zu benutzen weil sie in der Vergangenheit funktioniert ha-ben Gerade in der gegenwaumlrtigen Zeit gilt Was gestern funktionierte ist heute lange kein Erfolgsgarant mehr Was gestern bei der Baumarktkette Home Depot funktioniert hat ist

18344 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen

heute kein Selbstlaumlufer fuumlr den Elektronikhaumlndler Best Buy ndash dessen war sich Mike Fisher bewusst Die Befuumlrchtung der Belegschaft von BeBu dass Fisher den Home-Depot-An-satz einfach auf eine andere Organisation uumlberstuumllpen koumlnnte ndash war wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen berechtigt Der Schluumlssel zum Erfolg ist eine adaptive Selektion der Werkzeuge ndash die Auswahl darf nicht zur Systematik werden

446 Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen

Was dagegen fester Bestandteil der Systematik der Projektorganisation sein sollte ist die Sicherstellung des Wissenstransfers von der Projektleitung auf den zukuumlnftigen Prozess-eigner Dies ist ein kritischer Moment fuumlr die Uumlberlebensfaumlhigkeit des Veraumlnderungsvor-habens Nicht selten kommt es vor dass der projektleitende BB nach getaner Arbeit die Abteilung verlaumlsst und alles und jeder in alte Verhaltensmuster zuruumlckfaumlllt Das ist in der Regel menschlich aber in jedem Fall kurzsichtig und kostspielig In einem sechsmona-tigen Projekt wird eine neue Denkweise kaum in die DNA des Unternehmens uumlberge-hen koumlnnen ndash die ausgerufene Initiative ist der Naumlhrboden fuumlr die Saat des jeweiligen Projektes Das bedeutet dass der Umfang der Ernte sich uumlber die Einstellung und das Verhalten nach Projektabschluss definiert Was den zukuumlnftigen Prozesseigner betrifft ist diese Personalentscheidung demnach kritisch Dieser muss Know-how besitzen Es gilt die Einhaltung des optimierten Prozessablaufs zu validieren und an kritischen Punkten kontinuierlich Kontrollen durchzufuumlhren Die Faumlhigkeit auftretende Probleme und Fehler zu erkennen und auf diese zuumlgig und wirkungsvoll zu reagieren ist elementar

Wie kann man den zukuumlnftigen Prozessverantwortlichen unterstuumltzen Er koumlnnte einen Post-Projekt-BB als direkten Ansprechpartner zugewiesen bekommen der die Weiterfuumlh-rung des Projektgegenstandes anleitet Ferner ist es foumlrderlich wenn der Prozesseigen-tuumlmer bereits eigenstaumlndige Erfahrungen als YB oder GB in diesem oder moumlglichweise einem anderen Projekt sammeln konnte Der Mitarbeiter muss letztendlich von der Ver-aumlnderung uumlberzeugt sein und sich fuumlr die Aufrechterhaltung des neuen Prozesses engagie-ren Weil hier wieder die innere Haltung des Mitarbeiters zaumlhlt ist die Aussagekraft der Erfolgsbedingungen von Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch fordern zu unterstreichen

Der Vollstaumlndigkeit halber soll aufgrund der Relevanz zum Abschluss des Erfolgsfak-tors sbquoDie richtigen Projekte machen ndash Projekte richtig machenlsquo auch der systematische Auf- und Ausbau von methodischer Expertise erwaumlhnt werden Auch wenn das eine be-reits angesprochen wurde oder das andere projektuumlbergreifend zu verstehen ist so sollen die wichtigsten Aspekte konsolidiert diskutiert werden

Wenn es sich gemaumlszlig der bisherigen Ausfuumlhrungen um die Installation eines neuen Leis-tungsbewusstseins handelt geht es also nicht nur um Tools Der notwendige Ansatz ist mehrdimensional betrifft das ganze Unternehmen und ist damit komplex Eine solche Komplexitaumlt hat ihren Preis Wer nicht bereit ist in die Ausbildungs- oder Weiterbildungs-struktur seiner Belegschaft zu investieren wird keine ergebniswirksame strategische Ini-tiative erleben Exemplarisch sei positiv an die Konsequenz von Pierre Vareille erinnert

184 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

der trotz Krisenzeit die Kostenstellen der Lean-Initiative in der Unternehmensgruppe vor Sparmaszlignahmen verschonte Die Unternehmensbeispiele in denen der Benefit der ersten zwei Jahre der Implementierung die Kosten fuumlr den Aufbau der Schulungen das Material die Logistik oder die ausbildenden Ressourcen kompensierte sind nicht selten

Vareille war nicht nur in finanzieller Hinsicht konsequent Unter seiner Regie wurde das sogenannte bdquoLean-Learningldquo etabliert Zum einen gab es vierteljaumlhrlich stattfindende Meetings uumlber zwei Tage in denen die Mitarbeiter voneinander lernen sollten An allen Standorten der FCI-Gruppe wurden so Erfolgserlebnisse und Lean-Erfahrungen ausge-tauscht Zum anderen wurde eine Lean-Schule in Singapur eroumlffnet Der Leiter der Initia-tive Yves Merel zog dafuumlr sogar in den asiatischen Stadtstaat Die Schulung zum Lean-Manager erfolgte in drei Bloumlcken mit jeweils drei Tagen Die praktische Umsetzung der erlernten Theorie war gewaumlhrleistet da zwischen den drei Bloumlcken jeweils ein Lean-Pro-jekt unmittelbar umgesetzt werden musste ndash die Ergebnisse wurden am letzten Schulungs-tag dem CEO Vareille praumlsentiert Die FCI-Gruppe verstand die Bedeutung des nahtlosen Uumlbergangs von Theorie und Praxis Das Gegenbeispiel bietet der Handelsriese Best Buy

Bevor Mike Fisher als neu eingestellter globaler Leiter der Lean-Sigma-Initiative seine Arbeit aufnahm lag der Schwerpunkt seines Vorgaumlngers auf der theoretischen Verbreitung des Lean-Sigma-Konzeptes unter der Belegschaft Zahlreiche eintaumlgige Schulungen ver-schafften den Mitarbeitern einen ersten Eindruck von der methodologischen Konzeption und bdquoSpracheldquo von Lean Sigma Der Grund Gemaumlszlig dem Unternehmen konnte eine er-folgreiche Initiative nur auf das Engagement aller Mitarbeiter bauen Dies war zwar nicht verkehrt aber problematisch Die theoretische Trockenuumlbung lieszlig haumlufig den Sprung ins kalte Wasser vermissen ndash die Bemuumlhungen versickerten im Alltag und die Mitarbeiter waren von den nicht eingehaltenen Leistungsversprechen enttaumluscht Um nicht die Erwar-tungen der Mitarbeiterschaft weiter zu enttaumluschen und die Initiative vor einem herberen Imageverlust zu schuumltzen sorgte Fisher fuumlr eine systematisierte und stringente Umsetzung der Theorie in die Praxis

Die Moumlglichkeiten der Unternehmen unterscheiden sich hinsichtlich des Aufbaus von methodischer Kompetenz gewaltig Wo ein Groszligkonzern Beraterheerscharen engagiert muss sich ein mittelstaumlndisches Unternehmen auf die Faumlhigkeiten eines Lean Coachs verlassen Erfolgreich koumlnnen beide Varianten sein denn Qualitaumlt sticht wieder einmal Quantitaumlt Das Wichtige ist dass so viel Expertise wie moumlglich im Unternehmen gehal-ten wird Ob dies durch die Festanstellung von fruumlheren Beratern die Einfuumlhrung eines bdquoLean-Wikildquo (wie bei der Neuenfelder Maschinenfabrik wo das Wissen fuumlr die Zukunft zusammengetragen wird) oder unter der Uumlberschrift eines eigenen Produktionssystems geschieht ist zweitrangig Es kommt vor allem auf eine nachhaltige Strategie und die klare Zuteilung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen an Goran Curic von der NMF beruumlcksichtigte bei Personalentscheidungen sogar das Kriterium bdquoLean-Potenzialldquo So ist ein langfristiger Auf- und Ausbau von methodischer Expertise moumlglich

Der letzte relevante Aspekt bezieht sich in erster Linie auf groszlige Unternehmungen Fuumlr global vernetzte Organisationen kann die Einfuumlhrung eines Ausbildungsstandards sinnvoll sein Wenn jeder BB andere Schwerpunkte legt weil jedem etwas anderes gelehrt wurde

18545 Fortentwicklung messbar machen

werden die Projekte einer Initiative fuumlr einen MBB oder die Initiativenleitung schwer vergleichbar Eine zentrale Steuerung wird dann eine groszlige Herausforderung In einer Fuszligballmannschaft wird der Trainer ebenfalls dafuumlr sorgen dass seine Schuumltzlinge seine eine Idee von erfolgreichem Fuszligball auf dem Platz umsetzen Wenn die eine Haumllfte auf Konter spekuliert und die andere auf Pressing spielt ist der kollektive Misserfolg vor-programmiert

45 Fortentwicklung messbar machen

Wo bei Best Buy fruumlher noch mit bdquoLichtgeschwindigkeitldquo gearbeitet wurde und bdquoein paar Sachen gegen die Wand geworfen wurden um zu sehen was funktioniertldquo (Perkins und Rao 2011) dominierte durch die Lean-Sigma-Einfuumlhrung ein statistikgetriebener Ansatz Fortschritt setzte sich nun aus Zahlen Daten und Fakten zusammen Grundlage war eine konkrete Messbasis als Ausgangslage fuumlr Verbesserungen und die Folge ein detaillier-tes Verstaumlndnis der auftretenden Probleme eine systematische Loumlsungsfindung und eine langfristige Validierung der Projektergebnisse zur Gewaumlhrleistung nachhaltiger Veraumlnde-rung Durch die Einfuumlhrung von Messmechanismen stellte sich so heraus dass zahlreiche Auszligendienstmitarbeiter elektronisches Zubehoumlr verschenkten ndash kein Mitarbeiter war zu-vor aufgefallen dass dies die Ursache fuumlr einen stark defizitaumlren Bereich des Unterneh-mens war Die Methodik der Operational Excellence half Best Buy das richtige Problem zu loumlsen und keine Zeit bei der Loumlsung des falschen Problems zu verschwenden wodurch die Akzeptanz der Initiative auf breiter Basis gestaumlrkt wurde Die Bauchentscheidung tritt in den Hintergrund ndash die systematische Analyse ermoumlglicht zum einen Verbesserungs-potenziale zu heben und zum anderen die Hebelwirkung der Einsparung auch zu quanti-fizieren

451 Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquo

Ohne eindeutige Projekterfolge die sich in der Bilanz wie bei Best Buy widerspiegeln ist die erfolgreiche Umsetzung einer Initiative aussichtslos Jede Operational-Excellence-Initiative ist auf eine Wirtschaftlichkeitsrechnung angewiesen Wenn eine Initiative kein oumlkonomisches Beweismaterial (z B gegenuumlber den Mitarbeitern dem Vorstand dem Aufsichtsrat den Investoren und anderen Stakeholdergruppen) liefert wird sie sich staumln-dig fuumlr ihre Kosten rechtfertigen muumlssen und ist damit auf Dauer nicht uumlberlebensfaumlhig Konkret heiszligt dies Die Fuszligspuren der Verbesserungsaktivitaumlten muumlssen sich in der Bilanz widerspiegeln Der im Rahmen des Erfolgsfaktors Initiative mit Organisation harmonisie-ren aufgegriffene Aspekt der Kosten-Nutzen-Analyse spielt nun die entscheidende Rolle ndash im Mittelpunkt stehen die definierten KPIs Diese definieren nicht nur die Zielvorgaben oder machen eine Quantifizierung und Qualifizierung der Zwischenergebnisse moumlglich sondern garantieren auch die Erfassbarkeit des Erfolgsgrades der Implementierung Pro-

186 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

zesse mit vielen Unbekannten kann man nicht managen ndash man lernt sie kennen wenn man beginnt zu messen Uumlber diese Logik definiert sich die Implementierung der Operational Excellence und die damit einhergehende Grundidee des kontinuierlichen Zaumlhlens Mes-sens und Wiegens von Daten im Prozess

452 Kostenrechnung zweiter Art verfolgen

Neben den eher leicht quantifizierbaren bdquohard factsldquo (z B Kosteneinsparung) sind die bdquosoft factsldquo (z B Mitarbeiterzufriedenheit) nicht minder relevant Sie sind nur schwer zu ermitteln und zu bewerten Veraumlnderungsprojekte scheitern haumlufig weil das menschliche Element vor lauter technokratischem Perfektionismus vergessen wird Den Schalter einer Maschine zu veraumlndern ist leicht ndash das Verhalten die Einstellung und die Gewohnheit des Mitarbeiters zu aumlndern folgt dagegen keinem expliziten Mechanismus Wenn wie zuvor festgehalten die Veraumlnderungsbereitschaft der Belegschaft ein kritischer Erfolgsfaktor einer strategischen Initiative ist dann greift die Fortschrittskontrolle die sich auf harte Fakten beschraumlnkt zu kurz Der Mensch ist in der Regel der Meinung dass sich immer die anderen aumlndern muumlssen Wenn immer die anderen unter die Dusche gestellt werden duscht letztendlich niemand Um dieser typischen Erscheinungsform entgegenzuwirken ist eine Kostenrechnung zweiter Art notwendig Die Motivation der Mitarbeiter das Arbeitsklima die Art und Weise der Entscheidungsbildung oder des Informationsflusses und die Bereit-schaft sich fuumlr den oder die Kollegen einzusetzen sind aussagekraumlftige Kennzahlen Jede Mannschaftssportart beweist dass es nicht auf die Faumlhigkeiten des Einzelnen sondern auf das harmonische Funktionieren des Teams ankommt Lionel Messi waumlre ohne das geniale Zuspiel aus dem Mittelfeld nicht der beste Fuszligballer aller Zeiten Fuumlr die langfristige Kontrolle und Steuerung der Kostenrechnung zweiter Art ist es auch fraglich ob das her-koumlmmliche Denken der Controlling-Abteilung die passende Guidance geben kann ndash wer gut mit Zahlen umgehen kann uumlberzeugt selten beim Umgang mit Menschen Wenn die bdquosoftenldquo Faktoren den Herzschlag einer Initiative darstellen ist es womoumlglich Chefsache den Puls der unternehmerischen Zukunft zu spuumlren

453 Neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten

Zuletzt ist hervorzuheben dass jedwede Sammlung und Aufbereitung der Zahlen Daten und Fakten so objektiv wie moumlglich gestaltet werden muss Die neutrale Uumlberpruumlfung muss ein zentrales Anliegen der Initiatoren der strategischen Maszlignahmen sein Wenn sich beteiligte Personen die Ergebnisse bdquoschoumlnrechnenldquo koumlnnen um sich vor ihrem Vorgesetz-ten zu profilieren kann die Initiative schnell aus dem Ruder laufen

Pierre Vareille und Yves Merel von der FCI-Gruppe installierten ein neutrales Analy-se-Center in Indien wo die Daten unabhaumlngig von den Projektbeteiligten erfasst wurden Die konsolidierten Daten die monatlich aktualisiert wurden konnten vom CEO und In-

18746 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

itiativenverantwortlichen so genauer untersucht und hinterfragt werden Moumlgliche Maszlig-nahmen als Antwort auf die Entwicklung der Initiative waren nicht nur zeitnah moumlglich sondern basierten auch auf einer haltbaren Argumentationsgrundlage Standorte die mit Implementierungsschwierigkeiten zu kaumlmpfen hatten fielen fruumlh auf und konnten zielge-richtet unterstuumltzt werden Dieser datengetriebene Ansatz wurde um die jaumlhrlichen Besu-che der Produktionsstandorte von Vareille und Merel ergaumlnzt Diese Mischung ist wichtig denn kein Datensatz kann die persoumlnliche Interaktion mit den unmittelbar Beteiligten vor Ort ersetzen

46 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Erfolgreiche Lean-Sigma-Implementierungen werden gefeiert Der CEO verkuumlndet den ROI Master Black Belts werden befoumlrdert und Black Belts werden in der unternehmens-internen Lean-Sigma-Broschuumlre heroisch aufgefuumlhrt ndash wenn sich die Lobeshymnen uumlber-schlagen wird sogar die Oumlffentlichkeit in Kenntnis gesetzt Von weniger erfolgreichen Implementierungen erfaumlhrt die Gesellschaft nichts Personelle Rochaden machen Posi-tionen wie bdquoVice President of Six Sigmaldquo vergessen die Green Belt Zertifizierung ver-staubt im Regal und die Mitarbeiter sprechen nicht mehr stolz von bdquoAXA WAYldquo4 sondern gedenken ihrer gekuumlndigten Kollegen zynisch mit bdquoAXE AWAYldquondash die Initiative stirbt langsam aber sicher Damit hat die Unternehmensleitung nicht nur unnoumltig viel Geld aus-gegeben sondern verspielt am Ende die wichtigsten Variablen fuumlr erfolgreiche Unterneh-mensfuumlhrung das Vertrauen der Mitarbeiter und die eigene Glaubwuumlrdigkeit Tatsache ist dass eine erfolgreiche Implementierung kein Automatismus ist

Neben den aus der Praxis in Kap 3 konsolidierten und diskutierten Erfolgsfaktoren ist die Methodik der Operational Excellence auf bdquoStraszligenverkehrstauglichkeitldquo zu uumlberpruuml-fen Auch bei der Haupt- und Abgasuntersuchung des TUumlV wird kritisch untersucht ob das Fahrzeug den geltenden Sicherheitsbestimmungen des Gesetzgebers entspricht Wenn dies nicht der Fall ist werden umfassende Reparaturmaszlignahmen oder die Stilllegung des Fahrzeugs empfohlen Dieser Abschnitt folgt diesem Ansatz und uumlberpruumlft die Methodik der Operational Excellence auf Herz und Nieren Sind Maumlngel erkennbar Wo ist besonde-re Vorsicht geboten Ist Operational Excellence (k)ein Allheilmittel Welche bdquoReparatur-maszlignahmenldquo sind auf den ersten Blick empfehlenswert

4 bdquoAXA WAY ndash The Pursuit of Excellence Through Quality of Serviceldquo war der Name der Six-Sigma-Implementierung im franzoumlsischen Versicherungskonzern Axa zu Beginn des neuen Jahrtau-sends Mit lebhafter Erinnerung an vergangene Rationalisierungsprogramme tauften die Mitarbeiter die Initiative um Das Praxisbeispiel wird in Kap 5 detailliert aufgegriffen

188 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

461 Uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodik

Was genau versteht man eigentlich unter Operational Excellence Das durch uns ndash die Autoren ndash kommunizierte Verstaumlndnis Lean Management Six Sigma und Lean Sigma unter der Begrifflichkeit zusammenzufassen entspricht sicherlich nicht der Ansicht jeden Lesers Selbst wenn zwei Parteien von der Implementierung einer Lean-Sigma-Initiative berichten koumlnnen die Unterschiede in der Umsetzung groszlig sein Wo es sich bei der einen aufgrund des statistischen Schwerpunktes um Six Sigma handelt kann bei der anderen die Leistungsphilosophie des Lean Managements im Vordergrund stehen weil insbesondere die unterschiedlichen Arten der Verschwendung adressiert werden So neigen besonders Unternehmensberatungen dazu Interpretationen der Methodik nach ihrem eigenen Inter-esse auszurichten Auch wenn man diese Flexibilitaumlt sogar als Staumlrke auslegen koumlnnte so ist es fraglich ob es im Sinne der Glaubwuumlrdigkeit und des Leistungsversprechens einer Managementmethodik liegt in alle Richtungen interpretierbar zu sein Wo der eine Be-rater durch die Reduktion von Headcounts die Leistungsfaumlhigkeit des Kunden optimieren moumlchte zielt ein anderer auf das Nutzungspotenzial der eingesparten Arbeit ab und ver-folgt mit Lean Sigma eine klare Wachstumsstrategie Die Praxis dieses uneinheitlichen Verstaumlndnisses fuumlhrt im Extremfall zur Verwaumlsserung der Methodik bis zur Bedeutungs-losigkeit Dies liegt womoumlglich in der Natur einer so komplexen Managementmethodik birgt aber fuumlr den Antrieb einer Initiative innerhalb eines Unternehmens ein Risiko ndash dann wenn die eigenen Mitarbeiter nicht mehr so genau wissen was sie dort eigentlich tun und mit gefaumlhrlichem Halbwissen in Diskussionen eher Zeit vergeuden als produktiv zu arbeiten

Was ist gegen die (interne) Verwaumlsserung der Methodik zu unternehmen Es ist of-fensichtlich dass Methoden die in Operational-Excellence-Programmen zu finden sind nicht vor Fehlentscheidungen und Missinterpretationen im operativen Geschaumlft schuumltzen Wenn ein Manager eines Unternehmens das Leistungsversprechen missbraucht um radi-kalen Personalabbau zu betreiben ist dies bedauerlicherweise kaum zu verhindern Wenn ein anderer propagiert dass die Methodik jedes Problem im Unternehmen loumlsen kann ist die Begeisterung schaumltzenswert aber realitaumltsfern Aus diesem Grund beinhaltet die Ausgangsfrage den Zusatz bdquointernldquo denn schlieszliglich zaumlhlt die Performance der eigenen Organisation ndash was die Auszligenwelt betreibt sei fuumlr einen Augenblick vergessen

1 Wenn wir im Sinne der diskutierten Erfolgsfaktoren davon ausgehen dass sich das Unternehmen bewusst fuumlr eins der Operational-Excellence-Programme und gegen eine andere Vorgehensweise entschieden hat ist dies auf inhaltliche Argumente des Leis-tungsversprechens und nicht auf den Reiz von Modeerscheinungen in der Manage-mentlehre zuruumlckzufuumlhren Fuumlr eine erfolgreiche Implementierung ist der Kern der Methodik zu ergruumlnden Was ist idealer als von den Besten zu lernen Kurz nachdem Wendelin Wiedeking 1991 Vorstandvorsitzender von Porsche wurde fuhr er mit Fuumlh-rungskraumlften und Meistern aus der Fertigung nach Japan um in den bdquobesten Fabriken der Weltldquo ndash bei Toyota ndash zu lernen genauso wie Eiji Toyoda ein halbes Jahrhundert

18946 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

zuvor den Weg von Japan nach Detroit angetreten hatte Wiedeking und sein Gefolge erkannten dort dass das Zuffenhausener Unternehmen weit von der Weltklasse des Automobilbaus entfernt war und dass bdquonur eine japanischere Porsche AG eine Zukunft hatldquo (Froitzheim 2007 S 144) Legen Sie die richtige Grundlage und lernen Sie von den Besten

2 Wenn die Quintessenz der Methodik von den Initiatoren der strategischen Neuaus-richtung erforscht wurde die Qualitaumlt des Wissens im Unternehmen gewaumlhrleistet ist (durch einen Experten wie Bruce Miyashita bei Maple Leaf Foods oder die Erfahrung einer Beratung als Sparringpartner) und die Methodik an die Organisation konzeptio-nell angepasst wurde dann gilt es dieses Wissen den Menschen in der Organisation zu vermitteln Teilen Sie Ihr Wissen mit den zukuumlnftigen Treibern der Initiative so fruumlh wie moumlglich Mit einem Intranetauftritt Info-Veranstaltungen Firmen-Events interne Broschuumlren Handouts mit den wichtigsten Elementen der Methodik als Flyer oder persoumlnlichen Gespraumlche mit neuen Mitarbeitern ist nur ein Auszug der Moumlglich-keiten aufgefuumlhrt mit denen ein einheitliches Verstaumlndnis der Methodik gepraumlgt wer-den kann Dass es sich nicht nur um eine gute Methodik handelt sondern die Methodik gut fuumlr das Unternehmen ist waumlre ein sympathischer Unterton welcher der Belegschaft es einfacher macht sich fuumlr das unbekannte Etwas zu oumlffnen

462 Unvergleichbare Standards der Mitarbeiterausbildung

Genau wie nicht alles auf dem urspruumlnglichen Operational-Excellence-Konzept basiert was unter dieser Begrifflichkeit als salonfaumlhig erachtet wird ist ein Black Belt nicht gleich einem Black Belt Weder der Inhalt noch die Zertifizierung der Ausbildungsstrukturen der Six Sigma Belts sind standardisiert Gleiches gilt fuumlr die am Markt verfuumlgbaren Fortbil-dungsangebote in Lean Management Der Erfolg einer Operational-Excellence-Initiative haumlngt jedoch wie zuvor diskutiert maszliggeblich von der Qualitaumlt und Konstitution ihrer Mitstreiter ab Darunter versteht sich die zeitliche Verfuumlgbarkeit soziale Kompetenz und belastbare Projekterfahrung des Einzelnen Tatsache ist dass neben der bereits erwaumlhn-ten Diskrepanz hinsichtlich des methodischen Verstaumlndnisses auch die Ausbildung und Weiterbildungsmoumlglichkeiten inhaltlich von Institution zu Institution stark unterscheiden Welche Rolle spielen beispielsweise die essenziellen bdquosoftenldquo Faktoren bei der Ausbil-dung zum Black Belt Werden die Kandidaten darin trainiert ihr Einfuumlhlungsvermoumlgen und die Faumlhigkeit Konflikte zu loumlsen auszubauen oder Vertrauen zu schaffen Wird der Blick dafuumlr geschult den Mitarbeiter im Rahmen operativer Exzellenz nicht als Maschi-ne sondern immer noch als Mensch zu schaumltzen Wenn ja ndash was ein seltener Fall waumlre ndash wie wuumlrde das Verhalten eines solchen holistisch ausgebildeten MBB aussehen wenn er im Zuge einer beruflichen Neuorientierung auch von einer neuen Erwartungs- und Arbeitshaltung abhaumlngig waumlre Wenn der neue Arbeitgeber die nicht seltene Einstellung vertritt bdquoMitarbeiter mit einbeziehen Widerstand konstruktiv aufgreifen Bei uns wird die Initiative einfach angeordnetldquo sind persoumlnliche und erst recht inhaltliche Differenzen

190 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

eine Frage der Zeit Wirksame Zusammenarbeit als Grundlage fuumlr den Initiativenerfolg ist dann unmoumlglich Wie also kann ein Projektteam mit einer schlagkraumlftigen Mannschaft ausgestattet werden wenn die Faumlhigkeiten und Erfahrungen der Projektmitglieder nicht zu vergleichen sind

Zugegebenermaszligen ist eine hundertprozentige Standardisierung nicht moumlglich und auch nicht unbedingt gewollt Wenn man sich die mit dem Abitur endende gymnasiale Schulausbildung vor Augen fuumlhrt wird dieser Aspekt deutlich Trotz einheitlicher Richt-linien und identischer Aufgabenstellungen produziert das Zentralabitur unterschiedliche Schuumllerauspraumlgungen ndash nur der Titel ist standardisiert ndash gleiches gilt fuumlr akademische Aus-bildungsgrade Im privatwirtschaftlichen Zusammenhang der Ausbildungsmoumlglichkeiten von Six Sigma und Lean Management gibt es keinen Akteur wie den Gesetzgeber der eine aumlhnliche Ermaumlchtigung oder Zustaumlndigkeit besitzt An dieser Stelle sei aber auf die Ausbildung von Wirtschaftspruumlfern und Steuerberatern hingewiesen ndash ohne ein derarti-ges Examen was durchaus eine vergleichbare Aussagekraft des Abschlusses ermoumlglicht wird ein Black Belt demnach zu keinem Zeitpunkt gleich einem Black Belt sein Es liegt demnach in der Hand der jeweiligen Organisation durch diese Unvergleichbarkeit von Black-Belt-Ausbildungen eher die Vielfalt fuumlr sich zu nutzen

1 Um dieser fachlichen Differenz entgegenzuwirken obliegt es der Verantwortung der Initiativenleitung die entscheidenden Protagonisten einschaumltzen zu koumlnnen Lernen Sie die Akteure Ihrer Initiative kennen Nur dann wird es gelingen die wichtigen Schluumlsselpositionen in der Initiative mit den richtigen Personen zu besetzen Wenn die Ausbildungsunterschiede bekannt sind ist die Grundlage geschaffen um Projektteams heterogen zusammenzusetzen sodass sie sich wie bei Best Buy (BELBIN-Methode) ergaumlnzen Wenn sich die Langsamen zusaumltzlich von den Schnellen mitziehen lassen nennt man das den bdquoKollegeneffektldquo (Vgl Sprenger 2012 S 83 f)

2 Der naumlchste Schritt ist dafuumlr zu sorgen dass sich die Akteure der Initiative unterein-ander austauschen Sorgen Sie dafuumlr dass sich Ihre Schuumltzlinge gegenseitig ken-nenlernen Unterschiede in fachlicher und auch persoumlnlicher Hinsicht gleichen sich so eher aus Vareille und Merel organisierten im Zuge ihres bdquoLean-Learning-Konzep-tesldquo vierteljaumlhrlich stattfindende Meetings damit die FCI-Mitarbeiter voneinander ler-nen konnten Entgegen dem Zeitgeist soll angemerkt sein dass raumlumliche Naumlhe die Zusammenarbeit unterstuumltzt Wenn aber virtuelles Arbeiten und gelaumlufige Home-Of-fice-Loumlsungen unvermeidlich fuumlr den Projektverlauf sind sollten sich die Mitglieder des Projektes dennoch regelmaumlszligig zu Gesicht bekommen Teams sind zusammen pro-duktiver als wenn jedes Mitglied fuumlr sich alleine arbeitet (Vgl Sprenger 2012 S 84)

463 Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und Perspektiven der Mitarbeiter

Bekanntlich fuumlhren viele Wege nach Rom ndash dies gilt auch fuumlr die Art und Weise wie man Mitarbeiter fuumlr ein Veraumlnderungsvorhaben motiviert Welchen Vorteil zieht beispielsweise

19146 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

ein Yellow oder Green Belt aus dem bis 40 angestiegenen Arbeitsaufwand zusaumltzlich zu seiner eigentlichen Taumltigkeit im Unternehmen Wenn ein Unternehmen mit finanziellen Versprechungen Anreize setzt wird dies weder die Leistung langfristig steigern noch den Mitarbeiter gluumlcklicher macht Dies wurde bereits angemerkt Weniger Geld macht un-gluumlcklich ndash mehr Geld aber nicht gluumlcklicher Ganz abgesehen von kulturellen Unterschie-den die zu beruumlcksichtigen sind Das Thema Motivation wurde in diesem Buch schon aufgegriffen und in vielen anderen Veroumlffentlichungen am Markt ohnehin ausfuumlhrlich dis-kutiert Aus diesem Grund soll nur der wichtigste Aspekt noch einmal hervorgehoben werden Welchen Weg nach Rom gilt es einzuschlagen wenn man seine Mitarbeiter im Extremfall dazu ermuntern muss die Qualitaumlt und Geschwindigkeit ihrer Prozesse derart zu optimieren dass ihre Taumltigkeit im Unternehmen uumlberfluumlssig wird bdquoWasteldquo eliminie-ren ndash Kernstuumlck der Lean Philosophie ndash erhaumllt dann einen faden Beigeschmack und ruumlckt das wichtigste Betriebskapital in den Fokus ndash den Mitarbeiter Im Rahmen des kritischen Erfolgsfaktors Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern wurden unter der Erfolgs-bedingung Mitarbeiter fuumlr gemeinsame Herausforderungen und Ziele begeistern bereits erste eher technische Empfehlungen ausgesprochen welche Bestandteile ein Trennungs-gespraumlch zwischen Fuumlhrungskraft und Mitarbeiter beinhalten sollte Die folgenden Ge-danken sind abstrakter formuliert und als Ergaumlnzung zu verstehen

1 Widerstand gegenuumlber Veraumlnderungen ist bei strategischen Initiativen vorprogram-miert Das ist eine Tatsache Sie werden nicht jeden Mitarbeiter fuumlr die Veraumlnde-rung motivieren koumlnnen Das ist nicht immer leicht zu verstehen Selbst jemand der Unterstuumltzung auf breiter Basis im Unternehmen etablieren konnte berichtet von der einen oder anderen vergeblichen Motivationsbemuumlhung Dies gilt es ndash vorausgesetzt es handelt sich nicht um einen kritischen Akteur im Unternehmen ndash zu akzeptieren und die Energie in andere Dinge zu investieren

2 Wichtig ist Bieten Sie Ihren Mitarbeiter schnell eine Perspektive ndash in der Initiative im Unternehmen und wenn es drauf ankommt auch auszligerhalb des Unternehmens In jedem Fall muss die Phase der Ungewissheit zuumlgig uumlberwunden werden denn sonst investiert der Mitarbeiter seine ganze Energie in das Beobachten der Entwicklungen und das Absichern seiner Position Das kann den Fortschritt der Veraumlnderung teuer zu stehen kommen

Perspektive in der Initiative Zunaumlchst einmal bezieht sich dieser Punkt auf die Mitarbeiter die Sie fuumlr die Initiative begeistern konnten Diese brauchen erfolgreiche Aussichten innerhalb der Initiative Ein spannendes Projekt neue und herausfordernde Aufgabengebiete und aussichtsreiche fachliche und persoumlnliche Entwicklungsmoumlg-lichkeiten Neben einer fairen Entlohnung ist dort die strukturelle Verknuumlpfung der Initiative mit der Personalentwicklung des Unternehmens zu nennen Einsatz und Leistung im Rahmen der Initiative muumlssen sich fuumlr den sozialen Aufstieg im Unter-nehmen lohnen Wie schon gesagt nichts begeistert mehr als der eigene Fortschritt Der Karrierepfad des Mitarbeiters sollte Meilensteine des Projektes oder anderweitige Zielvereinbarungen ndash abhaumlngig von der Funktion auf dem Weg zur operativen Exzel-lenz ndash beruumlcksichtigen Es darf wie im Zusammenhang des Erfolgsfaktors Initiative mit

192 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Organisation harmonisieren ausfuumlhrlich diskutiert nicht auf der einen Seite die Logik des Unternehmens und auf der anderen Seite die Systematik der Initiative geben Das Beispiel von General Electric wo das mittlere Management nicht ohne die Six-Sig-ma-Ausbildung des BB zu erreichen ist zeigt Die Entwicklung der Mitarbeiter des Unternehmens an den Fortschritt der Initiative zu knuumlpfen ist ein wirksamer Schritt zur nachhaltigen Implementierung einer Verbesserungsphilosophie

Perspektive im Unternehmen Mitarbeiter nehmen sehr genau wahr wie mit ihren Arbeitskollegen umgegangen wird Eine Fuumlhrungskraft steht also unter dauern-der Beobachtung der Angestellten Dabei ist wichtig Vertrauen und Glaubwuumlrdigkeit nicht leichtfertig zu verspielen Mitarbeitern die nicht fuumlr das strategische Vorhaben zu gewinnen sind muss demnach sicherlich nicht umgehend gekuumlndigt werden Moumlg-licherweise gibt es andere und bessere Einsatzmoumlglichkeiten fuumlr den Mitarbeiter im Unternehmen Um diese ausfindig zu machen ist das Einfuumlhlungsvermoumlgen der Initia-tivenleitung oder der Unternehmensfuumlhrung gefragt Ein Tapetenwechsel kann manch-mal Wunder wirken

Beispiel Neuenfelder Maschinenfabrik

Mit den Veraumlnderungen im Hause der Neuenfelder Maschinenfabrik und den daraus zuuml-gig resultierenden Erfolgen uumlberzeugte Goran Curic das Gros der Belegschaft ndash bis auf einen aumllteren Mitarbeiter der sich vehement weigerte das Vorhaben zu unterstuumltzen Curic ging auf die Befuumlrchtungen und Eigenheiten des Mitarbeiters ein Gemeinsam wurde eine Loumlsung entwickelt die seine zukuumlnftigen Taumltigkeiten bis zum bevorstehen-den Ruhestand auszligerhalb der Lean-Aktivitaumlten vorsah Dieser diplomatische Erfolg war nicht nur positiv fuumlr den Mitarbeiter sondern auch foumlrderlich fuumlr die Initiative Bisweilen wird unterschaumltzt welche stoumlrende Wirkung die staumlndige Blockade eines Einzelnen im Veraumlnderungsprozess annehmen kann Einfuumlhlungsvermoumlgen zu besitzen bedeutet nicht jeden Mitarbeiter in Watte zu packen sondern jeden Mitarbeiter richtig anpacken zu koumlnnen

Perspektive auszligerhalb des Unternehmens Zuletzt gilt es auch in einem bdquoWorst-Case-Szenarioldquo wenn die Trennung im professionellen Kontext unvermeidlich geworden ist Perspektive zu bieten Es sollte das Selbstvertrauen die Integritaumlt und die Zukunft des Mitarbeiters nicht zertruumlmmert werden nur weil die Fuumlhrungskraft der Verantwortung eines ehrlichen Gespraumlchs uumlber lange Zeit aus dem Weg geht Es kann uumlberraschen wie viele Angestellte sich eine berufliche Neuorientierung vorstellen koumlnnen sofern diese Veraumlnderung rechtzeitig lanciert wird Vordergruumlndig sollten die Moumlglichkeiten des Unternehmens wie es den Trennungs- und Entscheidungsfindungsprozess des Mit-arbeiters idealerweise unterstuumltzen kann in einem engen und ehrlichen Austausch eru-iert werden

Jede der drei Moumlglichkeiten bietet dem Mitarbeiter auf sehr unterschiedliche Art und Weise eine Perspektive Allen Beteiligten muss klar sein dass eine Operational-Ex-cellence-Initiative die Redundanzen und Schwachstellen in der Aufbau- und Ablauf-

19346 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

organisation erkennt und aufloumlst immer den Fortschritt der gesamten Organisation anvisiert Die Uumlberlebensfaumlhigkeit des Unternehmens zu sichern ist das houmlchste Gebot Schmerzhafte personelle Einschnitte ndash und das auf alle Faumllle nicht nur an der Basis ndash werden unvermeidlich sein wenn in der Vergangenheit uumlber den Verhaumlltnissen gewirt-schaftet wurde

464 Anspruchsvolles Methodenset

Im Folgenden werden die als wichtig erachteten bdquoerfolgreichen Aussichtenldquo die den Mitarbeitern innerhalb der Initiative als Perspektive dienen weiter aufgegriffen Dies-bezuumlglich wurden ein spannendes Projekt neue und herausfordernde Aufgabengebiete und aussichtsreiche fachliche und persoumlnliche Entwicklungsmoumlglichkeiten genannt Im Mittelpunkt eines Operational-Excellence-Programms steht immer die systematische Um-setzung der Methodik die auf einen umfangreichen Werkzeugkasten zuruumlckgreift Die Auswahl von rund 150 Werkzeugen und der hinsichtlich der Six-Sigma-Vorgehensweise teils hohe statistisch-mathematische Anspruch stellen die Praxis haumlufig vor betraumlchtliche Probleme Liegt die methodische Messlatte vielleicht zu hoch Wenn die Anwendung nicht griffig genug ist wird zum einen Potenzial welches in der Vielfalt der Methodik liegt nicht genutzt Zum anderen wird es immer schwieriger der Versuchung wiederholt die Tools aus einem Schema F zu nutzen zu widerstehen Das sture Festhalten an in der Vergangenheit bewaumlhrten Tools ist genau so irrsinnig wie die Flucht in die vermeintlich sichere Datenflut einiger Werkzeuge bdquoWer viel misst misst viel Mistldquo (Sprenger 2012 S 16) Was ist zu empfehlen wenn diese Gefahren in der Natur der Methodik lauern

1 Wenn schon von den Besten gelernt wurde ndash um der Verwaumlsserung der Methodik ent-gegenzuwirken ndash dann sorgen Sie dafuumlr dass auch nur die Besten Ihr Vorhaben umsetzen Der Weg zur operativen Exzellenz ist mit exzellenten Mitarbeitern gepflas-tert Schlagloumlcher sind zu vermeiden Es setzt belastbare Praxiserfahrung enormes Wissen und eine ganze Bandbreite an Faumlhigkeiten voraus um eine Initiative metho-disch sicher zu manoumlvrieren Anders ist das jahrelange Zoumlgern von Michael McCain bei Maple Leaf Foods nicht zu erklaumlren Er studierte die Six-Sigma-Erfolgsgeschichte von Jack Welch bei General Electric schon einige Jahre bevor er die Methodik im eigenen Unternehmen zu implementieren begann ndash zuvor fehlte es an Expertise und Ressourcen

2 Wenn die notwendigen methodischen Faumlhigkeiten und Praxiserfahrungen personell gegeben sind etablieren Sie ein immer wieder aktualisiertes internes Wissensma-nagement Dazu koumlnnte das Dokumentieren von Erfahrungen mit der Anwendung von Werkzeugen gehoumlren ndash neue oder interessierte Mitarbeiter koumlnnen sich so zuumlgig einen repraumlsentativen Uumlberblick verschaffen Ein aumlhnlicher Gedanke versteckt sich hinter der Einrichtung des bdquoLean-Wikildquo bei der Neuenfelder Maschinenfabrik Bestimmen Sie thematische Ansprechpartner oder einen Verantwortlichen der sich die Entwicklung

194 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

und Aktualisierung des Know-how zu eigen macht Nutzen Sie die Vielfalt des Werk-zeugkastens und kombinieren Sie verschiedene Anwendungen ndash es gilt die vorhandene Flexibilitaumlt zu nutzen ohne sie auszunutzen Auf den Punkt gebracht Ermoumlglichen Sie das Voneinander-Lernen damit implizites Wissen in explizites Wissen umgesetzt wird und die auf den ersten Blick diffus wirkende Komplexitaumlt der Operational-Excellence-Methodik an Griffigkeit gewinnt

465 Spannungsverhaumlltnis Effizienz vs Innovation

In Kap 3 dieses Buches wurde von Beispielen aus der Praxis berichtet Entscheiden-de Meilensteine der Verbesserungsinitiativen wurden hervorgehoben und eroumlrtert um in diesem Kap 4 immer wiederkehrende Muster und Faktoren die in besonderem Maszlige die Wirksamkeit von Operational-Excellence-Programmen beeinflussen als kritische Er-folgsfaktoren zu diskutieren Im Zuge der Lean-Sigma-Entwicklung im Hause des ame-rikanischen Elektronikhaumlndlers Best Buy wurde auch auf die Six-Sigma-Einfuumlhrung von 3M eingegangen Das Ergebnis einer fuumlnfjaumlhrigen Regentschaft des treuen Six-Sigma-Anhaumlngers James McNerney waren nicht nur 8000 entlassene Mitarbeiter zu Beginn der Implementierung sondern auch gluumlckliche Anteilseigner an der Wall Street die von der rigorosen Einsparung an Zeit und Kosten im Wertschoumlpfungsprozess profitierten Die Ge-meinsamkeit zwischen Best Buy und 3M war nicht nur die Einfuumlhrung einer Operational-Excellence-Methodik sondern das vitalisierende Moment der beiden Organisationen die Innovationslust In beiden Faumlllen waren erhebliche Schwierigkeiten bei der nachhaltigen Einfuumlhrung der jeweiligen strategischen Erneuerung auszumachen Schlieszligen sich Effi-zienz und Innovation etwa gegenseitig aus Wie zum Ende des Kap 3 angekuumlndigt soll dieser Gedanke nun ausfuumlhrlich beleuchtet werden

Das Resuumlmee der 3M-Belegschaft war eindeutig Six Sigma erstickt Kreativitaumlt denn Optimierungsprogramme wie Six Sigma identifizieren Schwachstellen in Geschaumlftspro-zessen um auf Basis von Messungen Variation und Fehler zu eliminieren Eine Erfindung ist jedoch das Ergebnis eines ungeordneten Prozesses ndash vielleicht sogar das Ergebnis eines fehlerhaften Prozesses Der Nachfolger von McNerney das 3M-Eigengewaumlchs George Buckley war sich sicher bdquoMan kann in diesem Zusammenhang nicht Six Sigma anwen-den und sich fuumlr Mittwoch drei und fuumlr Freitag zwei gute Ideen einplanen weil man am Anfang der Woche keine hatte So funktioniert Kreativitaumlt nichtldquo Auch wenn der Six-Sigma-Profi McNerney in fuumlnf Jahren an der Spitze des Unternehmens positive Impulse in einer wirtschaftlich turbulenten Zeit geben konnte das Gros der Belegschaft fuumlhlte sich nach seinem Weggang erfrischt Der unternehmerische Schwerpunkt lag nicht mehr auf Profitabilitaumlt und Prozessdisziplin sondern wieder auf Wachstum und Innovation Ein Mitarbeiter lieszlig verlauten bdquoDank Buckley duumlrfen wir wieder traumlumenldquo

Der unternehmerische Schwerpunkt von Best Buy aumlhnelte dem von 3M andauernder Innovationsdrang und neue Ideen im Hinblick auf die Zufriedenstellung des Kunden und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter Den Grundsatz der Unternehmensfuumlhrung bildete die

19546 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Pflege von Rahmenbedingungen zur Vitalisierung von Kreativitaumlt ndash Innovation war seit je her BeBus Steckenpferd Die Mitarbeiter wurden darin unterstuumltzt eigene Arbeitsweisen und gewohnte Prozesse infrage zu stellen um unternehmerisch im eigenen Arbeitsumfeld aktiv zu werden Die Ermutigung zum Experimentieren ein Bewusstsein dass jeder Mit-arbeiter gebraucht wird systematisch gefoumlrdertes Selbstbewusstsein der Mut zu Vertrau-en und kompromisslose Unterstuumltzung auch wenn Fehler gemacht wurden charakteri-sierten das Erfolgsrezept von Best Buy ndash die Innovation Diese spiegelte sich nicht wie bei 3M primaumlr auf der Produktebene sondern auf der Ebene des Geschaumlftsmodells wider Der in der Unternehmens-DNA verankerte Innovationsdrang war nicht zuletzt auch der An-trieb einer erst nationalen und dann internationalen Erfolgsgeschichte Die Ingredienzen des Erfolges Wachstum und Innovation Als das Wachstum langsam nachlieszlig mussten sich die erfolgsverwoumlhnten Verantwortlichen unuumlbliche Fragen stellen Wer sind unsere Kunden Worauf basieren unsere Entscheidungen Wie optimieren wir unseren Ressour-ceneinsatz Wie koumlnnen wir den Erfolg unserer zahlreichen Innovationsvorhaben messen

Das Ergebnis war die Justierung des Geschaumlftsmodells weil sich das Marktumfeld des Einzelhandels stark veraumlnderte ndash neue Onlinewettbewerber die zunehmende Standardi-sierung von Produkten und gesunkenen Margen bestimmten das Geschaumlftsleben Auf der Suche nach Handlungsoptionen entschied man sich fuumlr Lean Sigma ndash Probleme sollten in Zukunft systematisch definiert gemessen analysiert verbessert und kontrolliert werden Die Transformation sollte kein leichtes Unterfangen werden da BeBu keine klassische Top-down-Organisation war sondern auf ihre experimentierfreudige und selbstbewuss-te Belegschaft baute ndash auch diese Initiative ging nicht aus Uumlberlegungen des Vorstands sondern des mittleren Managements hervor Diese Unternehmenskultur war jedoch nicht nur foumlrderlich fuumlr den amerikanischen Handelsriesen sondern fuumlhrte auch zu erheblichen Schwierigkeiten Man war generell stolz auf die Geschwindigkeit der gewohnten Arbeits-weise bdquoWir arbeiten mit Lichtgeschwindigkeit ndash wir schmeiszligen ein paar Sachen gegen die Wand und sehen sofort was funktioniertldquo (Perkins und Rao 2011) Dieser Standard stand im krassen Gegensatz zum statistikgetriebenen Six-Sigma-Ansatz der Fortschritt uumlber sorgfaumlltige Analysen von Zahlen Daten und Fakten definierte Den Mitarbeitern war der zeitliche Aufwand der fuumlr diese Disziplin und Praumlzision notwendig war anfangs fremd

Am Ende erhaumlrtete sich der Verdacht dass es BeBu vor lauter Prozessoptimierungen verschlafen hatte sich den aumluszligeren wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen (insbe-sondere hinsichtlich des E-Commerce) ndash der Innovationsdrang das Lebenselixier des Unternehmens schien abhanden gekommen Kann es moumlglicherweise sein dass die ri-gorose Lean-Sigma-Implementierung ihren Teil dazu beigetragen hat Wurde der Fokus auf den DMAIC-Zyklus zulasten des Blicks uumlber den Tellerrand geworfen Wiegt fuumlr ein Unternehmen wie Best Buy der Freiraum fuumlr Kreativitaumlt schwerer als geordnete Prozess-disziplin

Was ist die Quintessenz Welche Schluumlsse lassen sich aus der Entwicklung von Best Buy und ergaumlnzend dazu auch aus den Ausfuumlhrungen zu 3M ziehen Es muss an dieser Stelle um mehr gehen als um die bloszlige Monetisierung des technischen Umsetzungser-folges einer Optimierungsmethodik Wenn man wie McNerney die Fuumlhrung einer Or-

196 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

ganisation uumlbernimmt die ihren Mitarbeitern ungewoumlhnliche Freiheiten uumlberlieszlig um bahnbrechende Innovation moumlglich zu machen uumlberrascht es nicht dass Zeit und Kosten erheblich eingespart werden koumlnnen Kritische Gedanken muumlssen an dieser Stelle geaumlu-szligert werden Wie vertraumlgt sich das Streben nach Effizienz mit Innovation Was ist der langfristige Schaden wenn einer von Innovation getriebenen Organisation ihr vitalisie-rendes Moment beschnitten wird Erfordern Innovation und Zukunftsgestaltung nicht ein Mindestmaszlig an Reserven zum Nachdenken und Umsetzen Ist es womoumlglich der rigiden Umsetzung von Lean Sigma zuzuschreiben dass Best Buy nicht nur auf der Produkt-ebene sondern dadurch auch auf der Geschaumlftsebene an Innovationskraft verlor und in-folgedessen wettbewerbsunfaumlhig wurde Mindert operative Exzellenz die innovative und kreative Durchschlagskraft

Best Buy und auch 3M sind Organisationen die ihren Forschern und Entwicklern gro-szlige Spielwiesen zur Verfuumlgung stellen Wo am Anfang ein spontaner Einfall oder eine un-gewoumlhnliche Idee steht wird am Ende Geld verdient Unberechenbares und Unplanbares zeichnet die Wertschoumlpfung aus In beiden Faumlllen wurde der DMAIC-Zyklus zu einem essenziellen Baustein der Optimierungsbemuumlhungen ndash das Kernstuumlck von Six Sigma wur-de auch angewendet um den Erfuumlllungsgrad von innovativen Ideen zu untersuchen Das Ziel war klar Innovationen die in das Produktportfolio passten sollten beschleunigt und systematisiert werden Eine Neuerung sollte den Profit steigern ndash wenn nicht im naumlchs-ten Quartal dann besser noch im aktuellen Sicherlich beruumlcksichtigen die Fragen des DMAIC-Zyklus (Was ist wichtig Wie gut sind wir Was ist falsch Was muss getan wer-den Wie stellen wir die nachhaltige Verbesserung sicher) alles Wichtige aber sind es die richtigen Fragen fuumlr ein Geschaumlftsmodell das einfach von guten Ideen abhaumlngt Prioritaumlt hatten nicht mehr die zu entdeckende Weite der Spielwiese sondern berechenbare und disziplinierte Forschungsaktivitaumlten Auch wenn Uumlberzeugungstaumlter wie der Initiativen-leiter von Best Buy Mike Fisher postulieren dass ein systematischer Prozess zur Ein-fuumlhrung neuer Produkte die Innovation schneller in den Markt bringt wiegt die Meinung von beruumlhmt gewordenen Erfindern wie Arthur Frey (Post-it) schwer bdquoMan muss 5000 oder 6000 rohe Einfaumllle durchforsten um eine erfolgreiche Innovation fuumlr den Markt zu findenldquo Was wuumlrde die Lean Sigma Methodik davon halten Der Logik einer stringen-ten Umsetzung entsprechend Warum eliminieren wir nicht die 5000 bis 6000 nichtwert-schoumlpfenden Einfaumllle und kommen mit der richtigen Idee zum richtigen Zeitpunkt

Die Problematik einer Operational-Excellence-Initiative ausgehend vom Spannungs-verhaumlltnis zwischen Innovation und Effizienz ist nicht zu ignorieren Fuumlr sinnvolle Emp-fehlungen gilt es die verschiedenen Methoden des Leistungsversprechens der Operatio-nal-Excellence-Programme differenziert zu betrachten Im Weiteren soll zunaumlchst eine Aussage hinsichtlich Six-Sigma- und Lean-Sigma-Initiativen (mit statistisch-mathemati-schem Schwerpunkt) getroffen werden Danach wird entsprechendes fuumlr Lean- und Lean-Sigma-Initiativen (mit Fokus auf Verschwendungsvermeidung) formuliert

1 Das Kernstuumlck von Six Sigma ist die Struktur des DMAIC-Zyklus Prozesse definie-ren messen und analysieren um sie zu verbessern und im Nachgang zu kontrollieren

19746 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Das Leistungsversprechen suggeriert optimale Wirksamkeit der Qualitaumltsbemuumlhungen wenn die Initiative methodenkonform organisiert ist Die Erfolgsbeispiele von General Electric bis zu Maple Leaf Foods stuumltzen dieses Vorgehen Doch es sind maszliggebliche Unterschiede in der Art der Wertschoumlpfung der Organisationen zu unterscheiden Die Wettbewerbsfaumlhigkeit des kanadischen Lebensmittelproduzenten Maple Leaf Foods definiert sich uumlber hohe Qualitaumltsstandards die nur erreicht werden wenn die Fer-tigungsprozesse kostenguumlnstig fehlerfrei und kontrollierbar sind Zusammengefasst Operative Exzellenz entscheidet bei der industriellen Verarbeitung von Fleisch- Back- und Teigwaren uumlber Erfolg und Misserfolg Dieser Schluss ist aber nicht zu ziehen wenn das Schicksal und die Historie eines Unternehmens wie 3M in erster Linie an Erfindungen gebunden sind Wenn der methodische Leitfaden von Six Sigma zur sys-tematischen Einschraumlnkung wird und Gleichheit schwerer wiegt als Kreativitaumlt dann wird das Herzstuumlck der Unternehmung untergraben Statistische Analysen und mathe-matische Datenerhebungsverfahren zur Effizienzsteigerung sind sinnvoll wenn das Endprodukt des Produktionsprozesses bekannt ist Wenn das Unternehmen jedoch einer umfangreichen diversifizierten Patentproduktion gleicht wuumlrden bahnbrechende Inno-vationen seltener werden ndash ohne inkrementelle Innovationen gaumlnzlich auszuschlieszligen

Six Sigma bietet sich demnach fuumlr Prozessstrukturen an die auf Praumlzision Kon-sistenz und Wiederholung beruhen Wer aber Innovation als Abweichung vom Standard definiert und auf Basis seines Spuumlrsinns mit Variationen und Fehlschlauml-gen wirtschaftet wird sich mit Six Sigma eher nicht anfreunden

2 Das Kernstuumlck der Lean-Philosophie ist unter der Einbeziehung der Belegschaft die systematische Eliminierung von Verschwendung Wenn zu lange Transportzeiten zu groszlige Bestaumlnde oder hohe Nacharbeitszeiten als Verschwendung deklariert werden wie ist mit kreativitaumltsfoumlrdernden Denkpausen oder Ruhezeiten deren Ergebnis ungewiss ist umzugehen Koumlnnen eine schlanke und eine innovative Organisation miteinander auskommen

Laut Experten der Boston Consulting Group und der Wharton Universitaumlt (Pennsylva-nia) ermoumlglicht der Lean-Ansatz strukturierte und inkrementelle Innovation und wirkt forcierend auf den Prozess der Ideenentwicklung Die Gemeinsamkeit von Lean und Innovation liegt demnach in der Zielsetzung die Beduumlrfnisse des Kunden kosteneffi-zient zufriedenzustellen Bei der Betrachtung des Computeranimateurs Pixar (u a bdquoToy Storyldquo und bdquoFindet Nemoldquo) aus Kalifornien faumlllt noch ein weiterer Aspekt ins Gewicht Trotz einer unvorhersehbaren Filmindustrie war jedes Filmprojekt ein Verkaufsschla-ger ndash die Gruumlnde werden u a auf die positive Kombination von Innovation und Lean-Aktivitaumlten zuruumlckgefuumlhrt Der Fokus dabei lag auf der Etablierung von Prozessen die gruppenorientierte Zusammenarbeit und kontinuierliche Feedbackschleifen zur Uumlberwindung von Kreativitaumltsblockaden verstaumlrkten ndash unuumlblich fuumlr die Branche konnte Pixar so immer auf eigene Filmideen und Drehbuumlcher setzen Der Ansatz war erfolg-reich weil kein Kontrollmechanismus sondern die Einladung gemeinsam zu arbeiten ausschlaggebend war Mitarbeiter wurden als genauso wichtig fuumlr das Team erachtet wie das Team fuumlr den Mitarbeiter Zur Gestaltung von fruchtbaren Kooperationen im

198 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Unternehmen wurden taumlgliche Meetings institutionalisiert So berichteten Mitarbeiter ihrem Team offen was sie am Tag zuvor erreicht hatten und im Laufe Tages zu errei-chen beabsichtigten um adaumlquates Feedback von den Kollegen zu erhalten und die Heterogenitaumlt der Teamzusammensetzung zu nutzen Nicht die Kontrolle des Teams sondern die Organisation von strukturierter Kollaboration ist die Idee Was zaumlhlt ist das Kollektiv ndash ganz im Sinne der Lean-Philosophie (Vgl Wharton UniversityBoston Consulting Group 2009 S 8)

Lean Management ist mit den zentralen Schwerpunkten der Verschwendungsvermei-dung Problemorientierung und der Mitarbeiterbeteiligung eine bewegliche Methodik und keine effizienzgetriebene Dummheit Wie die Ausfuumlhrung gezeigt hat scheint eine wirksame Umsetzung in innovationsgetriebenen Branchen eher erfolgver-sprechend als die Implementierung der durchgetakteten Six-Sigma-Methodik ndash es sei darauf verwiesen dass gerade die intellektuelle Ressource des Mitarbeiters (wodurch Innovation erst entsteht) im Sinne des Lean-Gedankens nicht verschwendet werden darf Wenn das bei der Umsetzung von Lean nicht beruumlcksichtigt wird ist das kein Argument gegen die Wirksamkeit der Methodik sondern der Hinweis darauf dass die Faumlhigkeiten der Beteiligten die Methodik richtig umzusetzen besonders an Bedeu-tung gewinnen Im Kontrast zu Pixar zeugen die positiven Beispiele aus der fertigen-den Industrie (allen voran Toyota) von verheiszligungsvoller Dynamik Die Wirksamkeit von Lean Management laumlsst sich nur schwer auf spezielle Branchen Organisa-tionstypen oder Wertschoumlpfungsprozesse reduzieren Eine Methodik die auf die Zusammenarbeit der Menschen baut ist uumlberall dort anschlussfaumlhig wo Men-schen zusammen arbeiten

466 Ganzheitliche Quantifizierbarkeit der Ergebnisse

Warum es wichtig ist die Wirksamkeit einer erfolgreicher Zusammenarbeit im Rahmen einer Operational Excellence zu quantifizieren ist mit Ruumlckblick auf die Ausfuumlhrungen zu bdquoFortentwicklung messbar machenldquo bereits ausfuumlhrlich beschrieben worden Wie wird der Erfolg bzw Misserfolg gemessen Die Nutzenrealisierung ist erheblich schwieriger in der Praxis umzusetzen als es sich in Buumlchern lesen laumlsst Etliche Beispiele unterstreichen die-sen Gedanken ndash ein Vorgeschmack Wenn eine international agierende Strategieberatung die uumlber Jahre Lean-Sigma-Transformationen durchfuumlhrt den Zielerreichungsgrad uumlber die Anzahl der ausgebildeten Black Belts definiert wird die Reichweite dieses kritischen Aspektes deutlich Wie soll die Quantitaumlt der ausgebildeten Mitarbeiter eine Aussage uumlber die Qualitaumlt der Initiative ermoumlglichen Wenn es nicht moumlglich ist die Bemuumlhungen der Initiative in aussagekraumlftigen und repraumlsentativen Ergebnissen darzustellen wird der Mehrwert der strategischen Maszlignahme bis zur Bedeutungslosigkeit geschmaumllert Woran liegt das Die Uumlberpruumlfung des Erreichungsgrades steht vor der zentralen Problematik dass nicht alles was zaumlhlt gezaumlhlt werden kann und nicht alles was gezaumlhlt werden kann zaumlhlt (Vgl Sprenger 2012 S 117)

19946 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik

Wie zuvor ausfuumlhrlich anhand der Beispiele von Best Buy 3M und Pixar herausgestellt ist die Entwicklung von Innovationen auf undefinierten und unkontrollierten Freiraum an-gewiesen der nicht als bdquomudaldquo (jap nutzlose Unproduktivitaumlt) verunglimpft werden darf (vgl Moormann 2009 S 357) Auch die Steigerung der Wettbewerbsfaumlhigkeit ist nur schwer aus Renditeberechnungen und Marktanteilen abzuleiten Diese Realitaumlten ruumlcken auch den Glauben an eine kulturelle Operational-Excellence-Revolution in eine Grauzone ndash wie misst und bewertet man die veraumlnderte Unternehmenskultur Was ist zu tun damit der Anstieg der gemessenen Mitarbeiterzufriedenheit an einem erfolgreichen Roll-out der Methodik und nicht an den leckeren Sushi-Rolls des Kuumlchenchefs liegt

1 Bevor operationale Umsetzungsempfehlungen zur Nutzenrealisierung in einem spauml-teren Kapitel ausfuumlhrlich eroumlrtert werden sollen an dieser Stelle eher abstrakte Emp-fehlungen formuliert werden Sammeln Sie Informationen ndash keine Daten ndash um die Ergebniswirksamkeit der Initiative zu beurteilen Denken Sie daran Wer viel misst misst viel Mist Dies gilt es als Leitspruch zu befolgen Zahlreichen KPIs ohne weitrei-chende Bedeutung sind einige wenige KPIs mit Aussagekraft vorzuziehen Die Grund-lage fuumlr eine aussagekraumlftige Bilanzierung der Initiative wird zu Beginn im Rahmen der Durchfuumlhrung einer Kosten-Nutzen-Analyse gelegt Je sorgfaumlltiger die Struktur der Ausgangslage desto gehaltvoller das Resuumlmee Anzunehmen dass es eine allgemein-guumlltige Loumlsung gibt waumlre vermessen Heterogene Erfolgskriterien zu ermitteln objek-tiv zu messen und strategisch sinnvoll zu interpretieren ist und bleibt sowohl fuumlr eine Initiative als auch fuumlr ein Unternehmen die zentrale Herausforderung

2 Der verstorbene Management-Guru Peter Drucker hat einmal gesagt bdquoIf you canrsquot measure it ndash you canrsquot manage itldquo Das Dilemma wird deutlich denn das Sammeln von Daten zur Diagnose des Initiativenfortschritts ist nicht nur schwer sondern auch essenziell Wichtig ist dass Sie sich im Klaren sind dass jedes regelmaumlszligige Festhal-ten von Daten bereits einer Intervention gleicht Eine Intervention (Messung) weckt immer Erwartungen Es obliegt der Verantwortung der Initiativenfuumlhrung mit diesem Mechanismus hinsichtlich der Kommunikation in der Initiative behutsam umzugehen um den produzierten Erwartungen adaumlquat zu begegnen Damit dies gelingt muss die Messung von Beginn an uumlber eine klare Zielsetzung verfuumlgen Die Messung an sich ist lediglich eine Zustandsbeschreibung ndash eine Momentaufnahme Aus Sicht der Organisa-tion muss es das Ziel einer Messung sein Maszlignahmen zur Hebung von Optimierungs-potenzialen zu ermitteln Dass eine Messung in der Folge zu sowohl positiven als auch negativen Maszlignahmen oder Ergebnissen kommen kann zeigt bei der anschlieszligenden Kommunikation wie wichtig die Beruumlcksichtigung der geschuumlrten Erwartungen ist

Im Ergebnis laumlsst sich festhalten Operational Excellence ist kein Allheilmittel Die auf-gefuumlhrten kritischen Aspekte und teils unbeantworteten Fragen sind nicht zu ignorieren aber auch keineswegs als Unwaumlgbarkeit zu verstehen Die in diesem Kapitel diskutierten Erfolgsfaktoren und deren Bedingungen vergroumlszligern bei fehlerfreier Beruumlcksichtigung die Wahrscheinlichkeit die Wettbewerbsfaumlhigkeit des Unternehmens durch Effizienzsteige-

200 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

rungen zu erhoumlhen Ist auch nur ein Faktor nicht beruumlcksichtigt oder kann nicht wie geplant umgesetzt werden gefaumlhrdet dies die Durchfuumlhrung der laufenden Initiative Die Kunst ist es Zugang zu den Beteiligten auf sowohl rationaler Ebene als auch emotionaler Ebene zu finden um die Voraussetzungen fuumlr eine erfolgreiche Implementierung eher zu erfuumlllen Der abschlieszligende kritische Diskurs hebt die Bedeutung eines Bewusstseins hinsichtlich der Existenz der angesprochenen Schwachstellen hervor Dieses Bewusstsein gepaart mit der Faumlhigkeit diesen Beschwerlichkeiten besondere problemorientierte Aufmerksamkeit zu schenken ermoumlglicht schlieszliglich die volle Wirksamkeit des Leistungsversprechens

Umfassende Transformationen bergen also nicht nur groszliges Chancen- sondern auch erhebliches Risikopotenzial Die durch die konsequente Intervention des Organisations-gefuumlges verursachte Veraumlnderung muss schlussendlich nicht von den Maschinen sondern den Menschen im Unternehmen gelebt werden ndash deshalb ist die Implementierung nicht kompliziert sondern komplex Je groumlszliger die Veraumlnderung desto groumlszliger der Widerstand ndash je groumlszliger der Widerstand desto groumlszliger die Bedeutung eines entsprechenden Widerstands-managements Diese Gleichung ist nicht zu leugnen Was ist unter dem Management von Widerstaumlnden zu verstehen Auch wenn viele Unternehmen diese Einsicht nicht teilen wollen ndash der Mitarbeiter spielt die entscheidende Rolle Auftretende Probleme sind haumlu-fig nicht auf die Infrastruktur der Methodik zuruumlckzufuumlhren Es ist die Art und Weise wie Veraumlnderung gemanagt wird was regelmaumlszligiges Scheitern bei strategischen Initiati-ven verursacht Keine methodischen Missverstaumlndnisse sondern menschliche Verfehlun-gen fuumlhren haumlufig zu Irritationen und Verwerfungen Die Trennung zwischen operativem Management und Change Management ist dabei in der Praxis kuumlnstlich ndash beides muss Hand in Hand gehen Das wofuumlr es in diesem Kapitel schon an zahlreichen Stellen Anzei-chen gegeben hat wird im naumlchsten Kapitel deutlich an Kontur gewinnen Wohl dosiertes Change Management ist der wichtigste Begleiter auf der Reise zur operativen Exzellenz ndash so wie das Motoroumll die Funktionsfaumlhigkeit des Motors gewaumlhrleistet Nur die richtige Dosierung verhindert in der Mechanik des Autos einen Motorschaden aufgrund von Rei-bung und Verschleiszlig

47 Das Kapitel in aller Kuumlrze

Bei der routinemaumlszligigen Haupt- und Abgasuntersuchung des TUumlVs werden die wichtigsten Bestandteile des Fahrzeugs wie die Kraftuumlbertragung das Fahrwerk oder die Elektronik auf Herz und Nieren uumlberpruumlft Kapitel 4 stellt die Mechanik von Operational-Excellence-Initiativen umfassend auf den Pruumlfstand Das Ergebnis ist eine Checkliste ndash unter der konsequenten Missachtung nur eines Punktes leidet die Wirksamkeit der Initiative

1 Initiative mit Organisation harmonisierenminus betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereit-

schaft evaluierenminus Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen

20147 Das Kapitel in aller Kuumlrze

minus Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhrenminus Kulturkreis beachtenminus Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen unterscheidenminus Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierliche Fuumlhrungsstaumlrke zu

verlierenminus Methodik adaptieren ndash nicht kopierenminus Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzenminus Initiative an Impulse der Umwelt anpassen

2 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablierenminus Vision haben und lebenminus kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellenminus Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugenminus Stakeholder identifizieren ndash individuell kommunizierenminus Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und aus Fehlern lernen

3 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernminus bdquomenschlichenldquo Kern einer Initiative begreifenminus Fuumlhrung verstehenminus geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhrenminus betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffenminus Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquominus Widerstand entgegenwirkenminus Zusammenarbeit organisieren und belohnenminus Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivierenminus Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash Entscheidungskonflikte loumlsen

4 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machenminus Projekte mit groumlszligter Hebelwirkung priorisierenminus Quick Wins erzielen ndash Projekte stringent umsetzenminus potente Projektmitglieder engagierenminus Projektkultur aufbauenminus fuumlr das richtige und gegen das falsche Werkzeug entscheidenminus Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen

5 Fortentwicklung messbar machenminus Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquominus Kostenrechnung zweiter Art einrichtenminus neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten

Zum Abschluss des Kapitels wird zusaumltzlich die Frage geklaumlrt ob die Methodik der opera-tionalen Exzellenz noch bdquostraszligenverkehrstauglichldquo ist oder ob sie ihren Zenit schon uumlber-schritten hat Das Attribut bdquostraszligenverkehrstauglichldquo kann nur unter der Beruumlcksichtigung einer differenzierten Perspektive bescheinigt werden Die unterschiedliche Anschlussfauml-higkeit in der Praxis von Six Sigma (auch Lean Six Sigma) auf der einen und die von

202 4 Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen

Lean Management auf der anderen Seite muumlssen beachtet werden Die folgenden Aspekte werden generell als Maumlngel der Operational-Excellence-Methodologie identifiziert

bull uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodikbull unvergleichbare Standards bei der Mitarbeiterausbildungbull Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und Perspektiven der Mitarbeiterbull anspruchsvolles Methodensetbull Spannungsverhaumlltnis Effizienz vs Innovationbull ganzheitliche Quantifizierbarkeit der Ergebnisse

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203

Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_5

5

Anyone who tells you it is easy to change the way groups of people do things is either a liar a management consultant or bothThe Economist

Wie bei einem Fahrzeug im Zuge der Hauptuntersuchung des TUumlVs die Kraftuumlbertra-gung das Fahrwerk oder die Elektronik uumlberpruumlft werden stellte Kap 4 die Mechanik von Operational-Excellence-Programmen umfassend auf den Pruumlfstand Ohne sich dabei im methodischen Detail oder einem praktischen Ausnahmefall zu verlieren wurden kritische Erfolgsfaktoren identifiziert und hinsichtlich ihrer Belastbarkeit ausfuumlhrlich diskutiert Um die bdquoStraszligenverkehrstauglichkeitldquo der Methodik sicherzustellen wurden schlieszliglich auch Maumlngel offen angesprochen und mit ersten Empfehlungen adressiert

So wie der Vater fuumlr seinen Sohn die Motorhaube oumlffnet um beim Anblick der feinme-chanischen Hubbewegungen und Rotationen der zahlreichen Ventile deutlich zu machen

204 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

dass der Motor das Herzstuumlck der automobilen Fortbewegung bildet so widmet sich dieses Kapitel dem Knotenpunkt einer Operational-Excellence-Initiative Dem Menschen ndash denn wenn der Wind des Wandels weht bauen die einen Mauern die anderen Windmuumlhlen Zu-naumlchst erlaumlutert ein Ruumlckblick in die Entstehungsgeschichte des Change Managements den Sinn und Zweck veraumlnderungsbegleitender Aktivitaumlten Anschlieszligend werden fundierte Er-kenntnisse aus der Literatur und handfeste Verknuumlpfungen aus der Praxis konsolidiert um die Erfolgsfaktoren des Change Managements (oder auch Managements des Menschen) zu definieren Im letzten Abschnitt des Kapitels wird eine neue Begrifflichkeit die Bedeutung von Change Management fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative praumlgen

51 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements

Fangen wir vorne an Was ist der Ursprung des Change Managements Die Anfaumlnge der Auseinandersetzung mit Veraumlnderungen von und in Organisationen gehen auf die Pionier-generation der Unternehmensberater Ende des 19 Jahrhunderts wie Henry Gantt (Gantt-Diagramm) und AD Little (Begruumlnder der ersten Beratungsgesellschaft 1886) zuruumlck (vgl Greif et al 2004 S 55 f) Mitausloumlser fuumlr konkretere Konzepte und fundierte Or-ganisationsforschung war rund 40 Jahre spaumlter der in den USA beobachtete Hawthorne-Effekt In den 1930er-Jahren entdeckten zwei Wissenschaftler dass die Leistungsfaumlhigkeit eines Menschen nicht nur von den objektiven Arbeitsbedingungen sondern auch wesent-lich durch soziale Rahmenbedingungen beeinflusst wird Die sozialen Gruppenbeziehun-gen und die ruumlcksichtsvolle Fuumlhrung hatten demnach mehr Einfluss auf die Produktivitaumlt der Arbeiter als die Arbeitsbedingungen Diese Erkenntnisse begruumlndeten die Entstehung der Human-Relations-Bewegung die das vom Taylorismus gepraumlgte Menschenbild des Homo oeconomicus das dem social man weichen sollte infrage stellte Richtungsweisen-de Uumlberlegungen verfolgte der Soziologe Kurt Lewin (1890ndash1947) der Ende der 1940er-Jahre maszliggeblich den Grundstein fuumlr die Lehre der Veraumlnderung und damit auch fuumlr die Entstehung der Organisationsentwicklung legte Lewins (1947 S 5 ff) Beschreibungen von Veraumlnderungen in Organisationen ndash im Weiteren auch als organisationale Veraumlnderung bezeichnet ndash wurden erst 1963 durch seine Assistenten veroumlffentlicht Er schlug ein Drei-Phasen-Modell vor (vgl auch Abb 51)

1 Auftauphase (engl unfreezing) Der bestehende Zustand wird als Gleichgewicht zwi-schen Stabilitaumlts- und Veraumlnderungskraumlften in der Organisation verstanden Das Ziel

Auftauen Veraumlnderung Einfrieren

1 2 3

Abb 51 Drei-Phasen-Modell

20551 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements

dieser Phase ist es die noumltigen Kraumlfte die ein Veraumlnderungsbewusstsein kreieren auf-zubauen um den bestehenden Zustand aufzubrechen und gezielt zu verfluumlssigen

2 Bewegungsphase (engl moving oder change) In dieser Phase wird der Status quo verlassen und auf Basis groszligflaumlchiger Partizipation werden neue Loumlsungen verfolgt Die eigentliche Veraumlnderung findet in dieser Phase statt

3 Einfrierphase (engl refreezing) Zuletzt geht es um die Implementierung der neu strukturierten Loumlsungen und deren nachhaltige bdquoEinuumlbungldquo bzw Sicherung in der Unter-nehmensstruktur Die Veraumlnderungen werden wieder stabilisiert oder bdquoeingefrorenldquo

Der juumldische Sozialpsychologe ging davon aus dass Veraumlnderungsaktivitaumlten zu Wider-staumlnden fuumlhren wuumlrden weil sie bislang Stabiles oder Gewohntes stoumlren Schon Lewin verstand es als essenziell diese Widerstaumlnde zu uumlberwinden In diesem Zuge setzte er auf die Dynamik von bdquodemokratischenldquo also partizipativen Schritten Es war ihm womoumlglich bedingt durch die Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland ein An-liegen diktatorische oder autoritaumlre Machtgebilde zu verhindern (Vgl Greif et al 2004 S 58) Obwohl er davon uumlberzeugt war dass der Mensch den Wandel nicht von selbst initiieren wuumlrde sind konkret abgeleitete Maszlignahmen um den Veraumlnderungsprozess ziel-fuumlhrend zu meistern nicht sehr umfassend dokumentiert Zusaumltzlich ist die eingaumlngige Darstellungsform Lewins in ihrer Reichweite kritisch zu sehen Veraumlnderung ist wie be-reits herausgestellt nicht die Ausnahme sondern die Regel Destabilisierung Veraumlnde-rung und Restabilisierung sind volatile Mikroprozesse und nur schwer auf einen einzigen einmaligen Veraumlnderungszyklus zuruumlckzufuumlhren (Vgl Greif et al 2004 S 58) Lewins Modell bildet also bdquolediglichldquo eine Makrobeschreibung von organisationalen Veraumlnderun-gen ab Womoumlglich liegt aber gerade in der Einfachheit dieses Drei-Phasen-Modells die Staumlrke Von Kurt Lewin ist die These uumlbermittelt Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie Den Beweis liefert er selbst denn obwohl sich die Taktung von Veraumlnderungs-prozessen heute vervielfacht hat und man sicherlich auch im Rahmen einer Operational-Excellence-Initiative nicht von einem linearen Dreischritt gemaumlszlig Lewin sprechen kann sind noch nahezu alle Ansaumltze der Literatur zum organisationalen Veraumlnderungsmanage-ment an die dreiteilige Modellierung Lewins angelehnt

Zu Zeiten kollektiven Wirtschaftswachstums der 1960er-Jahre in den USA und Europa muumlndeten Lewins unkonventionelle Ideen in der sowohl begrifflichen als auch inhaltlichen Praumlgung der Organisationsentwicklung (OE engl organisational development OD) Als theoretische Grundlage dieser Beratungsform diente die interdisziplinaumlre allgemeine Sys-temtheorie die Organisationen als offene Systeme verstand Dies bedeutet dass das Han-deln von Organisationen nicht durch Beurteilung desselben sondern uumlber die Interaktion mit der jeweiligen Systemumgebung bei der die Strukturen und Prozesse der Organisation Menschen Geld und Material transformieren erklaumlrt wird (Vgl Greif et al 2004 S 59) Die OE die sich maszliggeblich durch den Diskurs engagierter Vertreter ihrer Zunft entwi-ckelte folgte einem ganzheitlichen Organisationsverstaumlndnis (gleichberechtigte Beruumlck-sichtigung von harten und weichen Faktoren) und dem Primat des Transfers ndash es ging um

206 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

die Schaffung idealer Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung der Veraumlnderung Der Mensch steht dabei im Mittelpunkt und ist fuumlr die Entwicklung der Organisation verantwortlich ndash OE versteht sich demnach als Personalentwicklung bei der die Beteiligten durch die Intervention des Beraters der sich eher als Coach oder Trainer versteht bei der Loumlsung eines konkreten Problems lernen (Vgl Walger 1995 S 15) Es etablierte sich die Begriff-lichkeit bdquolernende Organisationldquo Fuumlr die Praktiker des Organisationsentwicklungsgedan-kens verfestigte sich die Bezeichnung bdquoChange Agentsldquo Diese Rolle sah einen intensiven Austausch mit den Organisationsmitgliedern vor um die Veraumlnderung gemeinsam zu ent-wickeln zu planen und entsprechende Maszlignahmen zu erarbeiten um diese schlieszliglich zu realisieren Dieser Austausch sah idealerweise eine Zweiweg-Kommunikation vor (vgl Greif et al 2004 S 59) Der Informationsfluss wird sowohl von top-down als auch von bottom-up eingerichtet Die Gleichung war einfach denn mehr Beteiligung und houmlhere Motivation sollten zu mehr Produktivitaumlt der Organisation und Zufriedenheit der Mitarbei-ter und damit zu individuellem und organisationalem Wachstum fuumlhren Ob der Berater nun als Interventionist Prozessberater change agent Trainer oder Erkenner von Alter-nativen bezeichnet wird entscheidend ist immer das Moment der Reflexion (Vgl Walger 1995 S 9) Durch das Vorhalten des Spiegels wie in Form der Survey-Feedback-Metho-de1 initiiert der Organisationsentwickler das eigenstaumlndige Lernen aller Beteiligten

Die zuumlgig fortschreitende Evolution dieser Idee zum geplanten organisationalen Wandel stolperte Anfang der 1970er-Jahre uumlber grundsaumltzliche Selbstzweifel der Protagonisten an der Wirksamkeit des Konzepts Ernuumlchternd wurde behauptet dass das Spiegelbild der Re-flexion eher einem Trugbild glich welches nicht hinreichend die positive Entwicklung der Organisation forcierte Diese Identitaumltskrise wird bisweilen durch die fuumlr viele Unterneh-men existenzielle Wettbewerbssituation Ende der 70er-Jahre erklaumlrt Demnach gewann eine neue Wachstumsphilosophie stimuliert durch die Entwicklung auf den weltweiten Kapital-maumlrkten an Bedeutung In dieser Zeit schien organisches Wachstum finanziert aus eigenen Mitteln nicht mehr wettbewerbsadaumlquat In einem unbekannten Ausmaszlig standen Fusionen Akquisitionen und Personalkosteneinsparungen durch Programme zur betrieblichen Leis-tungssteigerung im unternehmerischen Fokus Fuumlr die Bewaumlltigung dieser Herausforderun-gen gab es kein ausreichend systematisiertes Erfahrungswissen in der noch jungen aber fuumlr die damalige Zeit mutigen Denktradition der OE Die Anschlussfaumlhigkeit fuumlr die Implemen-tierung von organisationalen Veraumlnderungen durch humanistische OE-Methoden ndash die den Mitarbeiter staumlrker beruumlcksichtigen ndash ging in Zeiten dieser neuen Wachstumsphilosophie ver-loren obwohl das Gedankengut revolutionaumlr war (Vgl Greif et al 2004 S 61) Es sei daran erinnert dass erst 1979 die Evaluation des amerikanischen Massachusetts Institute of Tech-

1 Eine durch Kurt Lewin entwickelte Methode der Organisationsentwicklung (Deutsch Erforschung-Ruumlckmeldung-Methode) die Mitarbeiterbefragungen mit Vorgesetztenbeurteilungen kombiniert Gewonnene Informationen von einer Person aus muumlndlichen und schriftlichen Befragungen oder mithilfe von Beobachtungsverfahren werden an dieselbe Person wieder zuruumlckgegeben Das Ziel besteht darin dass das Feedback die Beteiligten aktiviert und positive Veraumlnderungen ermoumlglicht

20751 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements

nology (MIT) die Erkenntnis hervorbrachte dass der Erfolg des japanischen Autoherstellers Toyota u a auf die systematische Miteinbeziehung der Mitarbeiter zuruumlckzufuumlhren sei

Der amerikanische Management-Guru und Professor fuumlr bdquoOrganizational Behaviour and Human Resource Managementldquo Noel Tichy meint dass die Wiederauferstehung der Organisationsentwicklung und ihre eigentliche Bluumltezeit auf die Bemuumlhungen von Jack Welch ab 1980 bei GE zuruumlckgehen (Vgl Greif et al 2004 S 61 Tichy und DeRose 2002) Welch befuumlrchtete dass umfassende Unternehmenstransformationen ohne eine innovati-ve Weiterbildung der Fuumlhrungskraumlfte scheitern wuumlrden Aus diesem Grund engagierte er Tichy fuumlr die Umsetzung von Fortbildungsseminaren fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte des Misch-konzerns wobei Tichy in diesem Zusammenhang maszliggeblich auf altes konzeptionelles OE-Gedankengut zuruumlckgriff Die ausgebildeten Fuumlhrungskraumlfte mussten ihr Wissen als Coach und Berater des Veraumlnderungsmanagements an andere weitergeben Damit fand eine totgeglaubte Auspraumlgung der Human-Relations-Bewegung schlieszliglich den Weg in den Ver-antwortungsbereich von Managern in der ganzen Welt Das was man heute unter Change Management (CM) versteht ist das Produkt dieser damals begonnenen Praxis von Unter-nehmen und Beratungsgesellschaften Im Geschaumlftsbetrieb scheinen sich marginale Unter-schiede zwischen der OE und dem CM mittlerweile weitestgehend zu relativieren Ein Anzeichen dafuumlr ist der Titel des Standardwerks der bekennenden Organisationsentwickler Klaus Doppler und Christoph Lauterburg Er heiszligt nicht bdquoOrganisationsentwicklungldquo son-dern bdquoChange Managementldquo ndash dies ist seit der Erstauflage 1994 als geistiger Treibstoff in die Historie der Managementliteratur eingegangen Die granulare Auseinandersetzung wird im anschlieszligenden Abschnitt dennoch einen feinen Unterschied herausarbeiten

In der OE wird der Prozess eher aus sozialpsychologischer oder gruppendynamischer Sicht bearbeitet ndash von innen nach auszligen Im Mittelpunkt steht der Mensch Das Change Management entstanden aus den Realitaumlten der Praxis postuliert dass eher der betriebli-che Erfolg zaumlhlt ndash die Sicht geht von auszligen nach innen Im Mittelpunkt steht hier die Auf-gabe wettbewerbsfaumlhig zu sein Etwas uumlberspitzt formuliert Welchen Mehrwert bringen reflektierende Mitarbeiter und ein positives Arbeitsklima wenn die Kennzahlen aus den Projekten nicht stimmen und die Funktionsfaumlhigkeit der Initiative nicht gewaumlhrleistet ist In anderen Worten Wenn die deutschen Fuszligballer bei der WM 2010 in Suumldafrika durch die Erfolge der Gruppenphase und der ersten KO-Spiele beweisen dass sie ein bis in die Haarspitzen motiviertes und harmonisierendes Team sind ist dies ein wichtiger Baustein um das Finale zu gewinnen Doch selbst wenn die internationale Presse der deutschen Nationalelf den schoumlnsten Fuszligball bescheinigt steht man nach einer 01 Niederlage im Halbfinale mit leeren Haumlnden da Spanien ndash nicht Deutschland ndash wurde Weltmeister

Organisationsentwicklung ndash Innenausrichtungbeachtet sowohl bei der Analyse als auch bei den daraus abgeleiteten Entwicklungsprozessen in Unternehmen Institutionen und Bereichen nicht nur die strukturelle betriebswirtschaftliche Dimen-sion sondern in gleicher Weise die Beduumlrfnisse der Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiter als direkt be-troffene Traumlger und Treiber von Entwicklungsprozessen in ihrem Arbeitsumfeld Im Ansatz der OE ist die Veraumlnderung zwar das Wesentliche aber nur unter der Beruumlcksichtigung dreier Praumlmissen moumlglich

208 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

1 Veraumlnderung ist integriert in laumlngerfristige uumlbergreifende und organisationsweite Entwicklungs-prozesse

2 Veraumlnderungsziele werden nicht von auszligen vorgegeben sondern von den betroffenen Menschen erlernt und entwickelt

3 Veraumlnderungen zielen sowohl auf die finanziellen Interessen der Eigentuumlmer (Shareholder) als auch auf das Wohlergehen der Mitarbeiter (Stakeholder) ab(Quelle Doppler und Lauterburg 2008 S 99 f)

Change Management ndash AuszligenausrichtungMit der Beschleunigung und Erhoumlhung der Komplexitaumlt der Maumlrkte entstanden seit den 1980er-Jah-ren neue Einflussfaktoren auf betriebswirtschaftlichen Erfolg und Misserfolg Aufbauend auf der Organisationsentwicklung griff das Change Management die aus der Praxis kommenden wesent-lichen Elemente auf1 Laumlngerfristige und meist unspezifische Entwicklungsprozesse wurden in gezielte und konkrete

Veraumlnderungsprozesse umgewandelt2 Nicht nur der Weg ist das Ziel sondern das konkrete und wahrnehmbare Endergebnis ist ent-

scheidend3 Der positive und negative Einfluss von Markt Politik und Gesellschaft sollte staumlrker beruumlcksich-

tigt werden4 Die Betroffenen auf Unsicherheit Veraumlngstigung und Schmerzen vorbereiten5 Das Prinzip Hilfe zu Selbsthilfe durch das Prinzip Selbstverantwortung ersetzen

52 Definition und Zielsetzung von Change Management

Zunaumlchst gilt es als Ausgangspunkt fuumlr weitere Uumlberlegungen die in den Mittelpunkt ge-ruumlckte Begrifflichkeit zu definieren bdquoChangeldquo ist demnach die Abaumlnderung des Status quo bdquoManagementldquo ist die entsprechende stabilisierende und konsolidierende Bewe-gung des definierten Startpunkts zu einem konkreten Zielzustand (vgl Hodge et al 2003 S 329 Harigopal 2006 S 95 Steinle 2005 S 679) Genau genommen handelt es sich bei jeder geschaumlftlichen Aktivitaumlt um eine Bewegung von A nach B ndash Veraumlnderung ist dabei stets die logische Begleiterscheinung (vgl Gray 2011 S 16 ff) Die fuumlr die inhaltliche Ausrichtung dieser Publikation stichhaltigste Definition ist die von Wolfgang Gattermey-er ndash eines ehemaligen Change Managers der in Irland ansaumlssigen Beratungsgesellschaft Accenture

bdquoUnter Change Management werden alle Maszlignahmen subsumiert die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien Strukturen Systemen und Verhaltensweisen not-wendig sind [hellip] so gesehen beschaumlftigt sich Change Management weniger mit dem de-taillierten Entwurf von Soll-Zustaumlnden es hat vielmehr die Erhoumlhung der Veraumlnderungs-bereitschaft und das Skizzieren von Visionen als Voraussetzung zum Design neuer Louml-sungen sowie deren nachfolgende Umsetzung zum Inhaltldquo (Gattermeyer 2001 S 14 f)

Konkret bedeutet dies dass Change Management den Feldkontakt mit der strategi-schen Theorie des Unternehmens herstellt ndash es schlaumlgt die Bruumlcke zwischen den strategi-schen Uumlberlegungen und der Realisierung durch die Mitarbeiter Als einzige Ergaumlnzung

20952 Definition und Zielsetzung von Change Management

zur aufgefuumlhrten Definition laumlsst sich hinzufuumlgen dass die Umsetzung neuer Loumlsungen bzw das bdquoBruumlckenschlagenldquo in jedem Fall ergebnisorientiert gefuumlhrt werden muss Das Primat des Unternehmerischen (die Mitarbeiter sollen sich nicht nur wohlfuumlhlen sondern das Ergebnis muss sich rechnen) ist also fuumlr eine heutige Organisation entscheidend ohne dabei die Rolle und Bedeutung des Menschen im Unternehmen zu vernachlaumlssigen Wir sprechen auch vom Management des Menschen

Was kennzeichnet das Ergebnis von Change Management im Kontext einer strategi-schen Initiative Was sind die erstrebenswerten Zielzustaumlnde im Sinne einer Operational-Excellence-Initiative Mithilfe welcher Change-Methoden gelangt man dorthin

Die Beantwortung dieser Fragen soll anhand eines Bildes erklaumlrt werden Change Ma-nagement bedeutet wortwoumlrtlich dass die Veraumlnderung an der Hand gefuumlhrt wird (Begriff bdquoManagementldquo aus dem Lateinischen bdquomanum agereldquo als bdquoan der Hand fuumlhrenldquo uumlber-setzt)2 Wenn man ein kleines Kind uumlber eine stark befahrene Straszlige fuumlhrt haumllt man es auch bis zum Erreichen der anderen Straszligenseite sicher an der Hand und begleitet es nicht nur bis zur Straszligenmitte Auch wenn das Kind zieht zerrt und sich weigert wird der Er-wachsene das Kind festhalten und sicher uumlber die Straszlige begleiten In diesem Bild stecken zwei wichtige Aspekte

1 Change Management soll den Wandel nicht nur begleiten sondern dafuumlr Sorge tragen dass der Wandel an sein Ziel kommt (Ergebnisorientierung)

2 Change Management muss auftretenden Widerstaumlnden entschieden entgegenwirken (Methodenorientierung)

In unserem Fall wird die Operational-Excellence-Initiative von Change Management bdquouumlber die stark befahrene Straszlige begleitetldquo Es geht demnach um die ergebnisorientierte Unterstuumltzung der Initiative (bdquodas Ergebnis muss sich auch rechnenldquo) was nur moumlglich ist wenn methodenbasierte Interventionen die Kollision mit auftretenden Widerstaumlnden (Verkehr auf der Straszlige) verhindern3 Zur Erinnerung Durch systematische Optimie-rungsmaszlignahmen der Operational Excellence sollen alle Geschaumlftsprozesse auf Kunden-beduumlrfnisse Qualitaumlt und Effizienz ausgerichtet werden Das Leistungsversprechen wel-ches sich uumlber die daraus resultierende Steigerung der Wettbewerbsfaumlhigkeit definiert unterstuumltzt die Unternehmensfuumlhrung bei der groumlszligten Herausforderung des strategischen Managements ndash die Uumlberlebensfaumlhigkeit der Organisation langfristig zu sichern Change Management aumlndert praktisch nichts an dieser Kursbestimmung Es soll vielmehr die Er-fuumlllungswahrscheinlichkeit dieses Kurses entscheidend erhoumlhen Kurzum Zur erfolgrei-

2 s Kap 123 Die Auspraumlgungen von Widerstand koumlnnen bei der Implementierung von Operational Excellence so vielfaumlltig wie die beteiligten Personen sein Mitarbeiter koumlnnten sich vermehrt krank melden in wichtigen Meetings wird stundenlang uumlber Nebensaumlchlichkeiten diskutiert Entscheidungen werden immer wieder aufs Neue vertagt Projektmitglieder streuen bewusst Geruumlchte oder schmieden Alli-anzen um die vereinbarten Ziele nicht zu erreichen

210 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

chen Umsetzung von Operational Excellence muss professionelles Change Management mit der strategischen Initiative buchstaumlblich Hand in Hand gehen denn sonst wird das Vorhaben von zwischenmenschlichen Stolpersteinen regelrecht bdquouumlberfahrenldquo

Diese noch relativ abstrakte Zielsetzung von Change Management laumlsst sich weiter he-runterbrechen So lassen sich Verhaltensziele von Sachzielen unterscheiden (vgl Steinle 2008 S 9 ff)

1 Verhaltensziele Bezogen auf die Umsetzung der Initiative lassen sich hier die Mobili-sierung der Belegschaft das Gewinnen von Promotoren fuumlr die Initiative das Bekaumlmp-fen von Widerstaumlnden oder die Uumlberzeugung von Unentschlossenen zur Veraumlnderung von gewohnten Arbeitsweisen auffuumlhren

Indirekt spielen also auch Verhaltensziele auf der Unternehmensebene eine Rolle wie das Foumlrdern von Lernprozessen durch ein etabliertes Wissensmanagement ver-besserte Kundenorientierung staumlrkere Kundenbindung und die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit

2 Sachziele Bezogen auf die Umsetzung der Initiative lassen sich hier das puumlnktliche Erreichen von Meilensteinen optimierte Ressourcennutzung Termineinhaltung das sorgfaumlltige Ausfuumlhren von Aufgaben oder effiziente Einsetzen von Tools auffuumlhren

Indirekt spielen also Sachziele auf der Unternehmensebene eine Rolle wie die Stei-gerung des EBIT oder der Produkt- bzw Servicequalitaumlt die Reduzierung von Kosten oder das Gewinnen von Marktanteilen

Ein Auszug aus einer Studie aus dem Jahre 2012 der franzoumlsischen Beratungsgesellschaft Capgemini ermoumlglicht einen ersten generellen Eindruck von der verfuumlgbaren Methoden-auswahl um die dargestellten Ziele zu erreichen (Abb 52 vgl Capgemini Consulting 2012 S 22 f) So unterscheidet die Studie in Basisausstattung (z B persoumlnliche Kom-munikation und Rollen- und Auftragsklaumlrung) erweiterte Grundausstattung (z B Stake-holder-Management und Team-Building) und Extraausstattung (z B Kulturanalysen und Change Controlling) Die Tools zur Mobilisierung der Beteiligten und Kommunikation mit den Betroffenen der Veraumlnderung fuumlhren diese Auswertung deutlich an Welche Tools besonders fuumlr die Umsetzung von Operational-Excellence-Initiative geeignet sind was ihr idealer Verwendungszeitpunkt ist und was eventuelle Alternativen sind wird in Kap 6 dieses Buches detailliert beschrieben

21153 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

53 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden etliche Buumlcher uumlber mehr oder weniger erfolg-reiche Strategien zur Umsetzung von Change-Management-Vorhaben veroumlffentlicht Die-ses Kapitel wird einen ausreichenden Abriss der literarischen Errungenschaften liefern An der einen oder anderen Stelle werden die Uumlberlegungen der Autoren um weitere Bei-spiele und tiefergehende Gedanken ergaumlnzt Zweifellos spielt in diesem Zusammenhang

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PodcastsVideocasts

Change Controlling

Konfliktmanagement

E- Learning

Kulturanalyse

Visionsentwicklung

Coaching

Umfeld-Statusanalyse

Team-Building

Fuumlhrungskraumlfteentwicklung

Stakeholder-Management

Fokus- Interviews

TrainingSchulung

Roll-Auftragsklaumlrung

Veranstaltungen

Kommunikation schriftlich

Kommunikation persoumlnlich

Workshops Basis-ausstattung

Erweiterte Grund-ausstattung

Extra-ausstattung

Nennung bdquohaumlufigldquo und bdquosehr haumlufigldquo Angaben in

Abb 52 Change Tools aus der Capgemini-Studie

212 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

das Standardwerk von Doppler und Lauterburg (2008 S 115 ff) eine wichtige Rolle ndash das Duo identifizierte erstmals 1994 einen Wirkungszusammenhang bestehend aus sechs Schluumlsselfaktoren Weil es sich bei diesem Werk nicht nur um einen strategischen Leitfaden sondern in erster Linie um eine umfassende operative Werkzeugkiste ndash mit dezidierten Maszlignahmen ndash handelt verdient es die Zuschreibung bdquoChange-Bibelldquo Keine Uumlberraschung wird der Bezug auf das mehrstufige Veraumlnderungsmodell von John Kotter (1996 2011) sein Auf eher strategischer Ebene naumlhert sich der Harvard-Professor nicht wie Lewin in drei Schritten sondern in acht Schritten der Herausforderung Veraumlnde-rungsprojekte strukturiert effizient und erfolgreich zu realisieren Abschlieszligend sollen die Erkenntnisse der 2008 durchgefuumlhrten Making-Change-Work-Studie der IBM beleuchtet werden Die Studie des IT-Service-Unternehmens setzte in diesem Rahmen den Dialog uumlber das Unternehmen der Zukunft fort der mit der IBM Global CEO Study 2008 begon-nen wurde Die CEO Study identifizierte u a den bdquoFokus auf Veraumlnderungenldquo als einen Baustein des Unternehmens der Zukunft ndash genau dies wurde durch die Change-Studie unter die Lupe genommen (Vgl Joslashrgensen 2008) Der daraus resultierende geschaumlrfte Blick soll diskutiert werden

531 Schluumlsselfaktoren nach Klaus Doppler und Christoph Lauterburg

Die Change-Experten Doppler und Lauterburg (2008) lokalisierten zunaumlchst uumlbliche Me-chanismen und vertraute Muster die in der Praxis dazu fuumlhren dass Veraumlnderungen schei-tern Dahinter steckt die Logik beim eigenen Misslingen zu beginnen sich also bdquoselbst auf die Schliche zu kommenldquo Dies soll die Hoffnung auf Erfolg ermoumlglichen Der Begriff bdquoHoffnungldquo ist demnach bewusst gewaumlhlt ndash es gibt kein Erfolgsrezept bei der Justierung der zwischenmenschlichen Feinmechanik betonen Doppler und Lauterburg (2008)

So weisen die Autoren auf die Gefahr eines Kaltstarts hin wenn Veraumlnderungsprozes-se angestoszligen werden Es ist wie mit der Fitness Vor jeder sportlichen Betaumltigung soll man sich aufwaumlrmen Dadurch wird eine verbesserte Ausgangslage fuumlr neuromuskulaumlre organische und seelisch geistige Leistung geschaffen Gleiches gilt fuumlr eine Organisation insbesondere wenn strategische Richtungswechsel durch die Implementierung des Ope-rational-Excellence-Gedankens vorgenommen werden Rechtzeitig mit den Betroffenen sprechen sie wertschaumltzen und sie an der Zukunft partizipieren lassen ist sicherlich kom-plizierter als das zehnminuumltige Aufwaumlrmen im Fitnessstudio und ungleich wichtiger

Aumlhnlich typisch sind die Selbstinszenierungen der Unternehmensfuumlhrung als elitaumlre Problemloumlser mit denen den Mitarbeitern die Zuschauerrolle oder die Rolle der Wasser-traumlger aufdraumlngt wird Das ist nicht kooperativ sondern provokativ Weiter stehen haumlufig Loumlsungen und nicht die Probleme inklusive der eigentlichen Ursachen im Vordergrund Wenn immer nur bdquoWas ist zu tunldquo und nie bdquoWas ist losldquo gefragt wird dann wird ohne zu zoumlgern zur Tat geschritten und eine Loumlsung produziert ndash leider fuumlr das falsche Prob-lem Die Autoren beanstanden zusaumltzlich dass zu viele Loumlsungen Teil des urspruumlnglichen

21353 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

Problems sind Wenn Verkehrsengpaumlsse beklagt werden und als Loumlsung mehr Straszligen ge-baut werden ist die Loumlsung Teil des Problems Die Faumlhigkeit in jeder neuen Lage neu nachzudenken ist essenziell Doppler und Lauterburg weisen darauf hin dass die Anfor-derungsprofile fuumlr die Kandidaten die den Wandlungsprozess durchfuumlhren beispiellos uumlbertrieben sind Wenn ein Black Belt kontaktfaumlhig einfuumlhlsam kreativ selbstorganisiert leistungsorientiert und letztendlich unternehmerisch hochbegabt sein muss dann wird ein bdquoFabelwesenldquo gesucht aber kein geeigneter Mitarbeiter Die Hochsprunglatte sollte so hoch gelegt werden dass man den Ehrgeiz entwickeln kann sie zu uumlberspringen und nicht vor lauter Ehrfurcht darunter herlaumluft Ferner fuumlhren u a eklatante Fehltritte beim Auf-bau von Vertrauen der Missbrauch von bdquohidden agendasldquo und die Unfaumlhigkeit offen und ehrlich miteinander zu sprechen viele Veraumlnderungsprozesse in die Irre Aus dieser Be-trachtung resultierte die Definition von sechs Schluumlsselfaktoren

1 Energie wecken und Vertrauen schaffen Die Autoren betonen die Gefahr die Betroffenen der Veraumlnderung einfach zu uumlberrumpeln und ihnen ein bdquoFertigmenuumlldquo zu servieren Stattdessen sollte man sie dort abholen wo sie sind denn jeder Mitarbeiter ist unterschiedlich weit von der Thematik entfernt So muss die Zielsetzung konkret ehrlich und klar kommuniziert werden Die Beteiligten muumlssen auf einen gemeinsamen Nenner des Informationsstandes gebracht werden damit gravierende Unterschiede in der Einstellung und in der Art und Weise wie man an das Thema Veraumlnderung her-antritt reduziert werden Weiter muss ein Problembewusstsein existieren damit der Mitarbeiter sich nicht mit der jetzigen Situation arrangiert Ohne ausreichende Glaub-wuumlrdigkeit wird es den Initiierenden nicht gelingen zu zeigen dass die strategischen Maszlignahmen keine weiteren Worthuumllsen bdquovon obenldquo oder eine Alibi-Uumlbung sind

2 Denken in Prozessen statt Strukturen Fuumlr Unternehmen bedeutet Wandel nicht die Ausnahme sondern die Regel Je flexibler sich das Unternehmen positioniert desto leichter faumlllt der in der heutigen Zeit notwendige Umgang mit bdquopanta rheildquo (griech bdquoalles flieszligtldquo) Die Autoren raten die Unberechenbarkeit der Wirtschaft zu akzeptieren und Faumlhigkeiten zu entwickeln um darin zu uumlberleben Gesucht sind bdquoChaos-Pilotenldquo Damit ist die Faumlhigkeit gemeint die Organisation in offenen Prozessen und vernetzten Systemen nicht zu steuern ndash was ohnehin unmoumlglich erscheint ndash sondern ihr zur Orien-tierung zu verhelfen Muster zu erkennen an die Umwelt anzupassen Trends intuitiv zu erspuumlren und mit kluger Dosierung des Risikos zu handeln Das Denken in offenen Prozessen und vernetzten Strukturen ist ndash inspiriert durch die Biokybernetik ndash unter anderem vom deutschen Biochemiker Frederic Vester eingehend beschrieben worden bdquoEs gilt nach dem Prinzip des Judo die vorhandenen Kraumlfte zu erkennen und umzulen-ken anstatt sie zu zerstoumlren mit der Energie zu gehen nicht gegen sieldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 119)

3 Das Unternehmen auf sein Umfeld ausrichten Die Unberechenbarkeit der Wirt-schaft zu akzeptieren geht mit dem Aspekt einher dass ein Unternehmen welches nicht so maumlchtig ist dass es seine Umwelt nach Belieben bestimmen kann sich als ein

214 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Bestandteil eines groszligen Netzwerkes sehen muss Es gilt die Umweltbedingungen zu beobachten sich mit ihnen auseinanderzusetzen und sich anzupassen um zu uumlberleben Anhand einer kleinen Uumlbung in der das Unternehmen die erfolgskritischen Umwelten (wie Maumlrkte den Wettbewerb Mitarbeitererwartungen oder gesellschaftliche Trend-entwicklungen) in einer Landkarte erfasst und aufzeichnet wie mit den einzelnen Schnittstellen in Kontakt getreten wird verdeutlichen die Autoren das Wirkungsge-fuumlge der relevanten Umwelten Werden Entwicklungen rechtzeitig registriert Ist die Kommunikation mit den Umwelten entsprechend strukturiert Diese Fragen sind zu klaumlren ndash die Antworten definieren den Qualitaumltsstandard der gelebten Auszligenausrich-tung des Unternehmens Das Internetunternehmen Yahoo ist ein Beispiel dafuumlr was fuumlr Konsequenzen es mit sich bringen kann wenn der Kontakt von Unternehmen zu Kunde uumlber lange Zeit nicht auf das Umfeld ausgerichtet ist Im Jahr 2000 war Yahoo der Weltmarktfuumlhrer bei Suchmaschinen im Internet Dann begann das Unternehmen den Kunden neben der Suchfunktion diverse andere Dienstleistungen anzubieten beispiels-weise eine E-Mail-Funktion Finanzdienstleistungen Neuigkeiten Entertainment und Celebrity-News Die Kunden waren an diesen Mehrleistungen aber kaum interessiert Dies hatte zur Folge dass 2005 Google die Nummer eins der Suchmaschinen wurde sie war sogar die Website mit den meisten Klicks uumlberhaupt Unter anderem begruumlndet sich dieser Erfolg darin dass sich Google auf sein Umfeld ndash den Wunsch des Kunden ndash konzentrierte

4 Vernetzung durch Kommunikation Den Unternehmen fehlt es nicht an Informa-tionen die das Uumlberleben des Unternehmens sichern wuumlrden Die Informationen sind jedoch isoliert oder an der falschen Stelle Kommunikation ist in diesem Fall gefragt Die Vision von einer lernenden Organisation ist anders nicht zu erfuumlllen Dies bedeutet fuumlr Fuumlhrungspersonen nicht vom Schreibtisch aus anzuordnen sondern mit den Mit-arbeitern zu sprechen ihre Probleme zur Kenntnis zu nehmen und die Hintergruumlnde zu verstehen um eine Vertrauensbasis aufzubauen Doppler und Lauterburg verglei-chen Kommunikation in einem Unternehmen mit dem hoch differenzierten System des menschlichen Organismus der bis in die letzten Adern und Nerven mit komplexen Informationen versorgt wird bdquoGenau wie im menschlichen Koumlrper geht es auch im Unternehmen um die Sicherstellung eines kontinuierlichen auf Feedback beruhenden Kreislaufsldquo (Doppler und Lauterburg 2008 S 121 f)

5 Von auszligen nach innen organisieren Doppler und Lauterburg identifizieren drei Gruppen die Anspruumlche an ein Unternehmen haben Die Kunden die Mitarbeiter und die Anteilseigner Da man allen drei nicht ebenbuumlrtig gerecht werden kann gilt es zu priorisieren Dabei wird wie bereits beschrieben der Markt in den Vordergrund gestellt Die Ausgangslage ist immer das Beduumlrfnis des Kunden In der Folge werden daraus Strategien Ziele und operative Maszlignahmen abgeleitet wobei jeder Schritt in der Pro-zesskette einen nachgewiesenen Mehrwert haben muss um ein geeignetes Produkt qualitaumltsgerecht beim Kunden zu platzieren Mitarbeitergespraumlche Feedback- oder Berichtsstrukturen haben streng genommen keine Bedeutung fuumlr den Kunden weil er sie nicht bezahlt Die Anliegen der Mitarbeiter und der Anteilseigner sind sekundaumlr

21553 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

ndash nur so kann das kollektive Interesse an einer Sicherstellung der unternehmerischen Existenz gewaumlhrleistet werden

6 Lernen sicherstellen Der letzte Aspekt stellt heraus dass es groszliger Aufmerksamkeit bedarf natuumlrlichen Tendenzen zur Traumlgheit und Erstarrung rechtzeitig entgegenzuwir-ken So sollten automatisch die Strategien und die daraus abgeleiteten operativen Maszlig-nahmen regelmaumlszligig auf ihre Aktualitaumlt gepruumlft werden auch wenn das Tagesgeschaumlft dazu verfuumlhrt solche regelmaumlszligigen und aufwaumlndigen Aktivitaumlten zu vernachlaumlssigen Die Autoren verweisen auf die selbstverstaumlndliche Wartung von Maschinen ndash diese gilt es auch innerhalb einer Organisation als verpflichtende Maszlignahme zu etablieren Wei-ter wird von einem bdquoFruumlhwarnsystemldquo und einem bdquoSensorteamldquo gesprochen welches als Taskforce Entwicklungen sowohl bei Kunden als auch bei Mitarbeitern verfolgt Missstaumlnde aufdeckt und das Management mit Schwachpunkten konfrontiert ndash ohne Ruumlcksicht auf das Ansehen von Personen Tabus oder beunruhigende Erkenntnisse Eine Feuerwehr die das Unerwartete erwartet und dem Unternehmen bei der Weiter-entwicklung entscheidend hilft

Die Bestimmung von uumlblichen Gefahrenpotenzialen und dysfunktionaler Mechanismen im Zuge von Veraumlnderungsprozessen und die Identifikation von sechs Schluumlsselelemen-ten ist ein wichtiger Baustein des Change-Standardwerks Energie wecken und Vertrauen schaffen Denken in Prozessen statt Strukturen das Unternehmen auf sein Umfeld aus-richten Vernetzung durch Kommunikation von auszligen nach innen organisieren und Ler-nen sicherstellen ndash ein ganzheitlicher Ansatz soll ganzheitliche Veraumlnderung ermoumlglichen

532 Acht Stufen der Veraumlnderung nach Kotter (1996)

Ausgehend von einem Artikel fuumlr den Harvard Business Review (HBR) im MaumlrzApril 1994 mit dem Titel bdquoLeading Change Why Transformation Efforts Failldquo begann John Kotter sich mit der Analyse zahlreicher Initiativen auseinanderzusetzen die durch Re-strukturierung Reengineering Akquisitionen Verschlankung Qualitaumltsmaszlignahmen und kulturellen Erneuerungen Veraumlnderungen in Organisationen bewirkten Er traf den Nerv der Zeit Im Ergebnis stellt der Professor fuumlr Fuumlhrungsmanagement heraus dass Ver-aumlnderungsprozesse ein langer Weg sind Eine sorgfaumlltige Planung und eine durchdach-te Struktur vereinfachen seiner Ansicht nach jedoch die Implementierung und erhoumlhen die Erfolgswahrscheinlichkeit So empfiehlt er zunaumlchst die Voraussetzungen zu schaffen (Schritte 1 bis 4) um anschlieszligend den Wandel positiv zu gestalten (Schritte 5 bis 8) da-mit eine dauerhafte Integration der Erneuerungen im Unternehmen zu realisieren ist Im Gegensatz zu Doppler und Lauterburg entwickelte Kotter einen chronologisch gepraumlgten Ansatz

1 Ein Gefuumlhl fuumlr die Dringlichkeit erzeugen Nachdem zunaumlchst ehrlich eingesehen werden muss dass es Zeit ist sich zu aumlndern ist es Aufgabe der Unternehmensfuumlh-

216 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

rung Mitarbeiter und Fuumlhrungskraumlfte hinsichtlich der Notwendigkeit eines Wandels zu sensibilisieren Es ist leichter gesagt als getan die Realitaumlten des Marktes des Wett-bewerbs und der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens entsprechend selbstkritisch einzuordnen

Kotter berichtet von einem ehemals erfolgreich global agierenden Pharmaunterneh-men welches mit Kundenbeschwerden negativen Pressemitteilungen tiefroten Zahlen und erheblichen Kursverlusten an der Boumlrse konfrontiert war Vor dem ersten Besuch Kotters beim Unternehmen erwartete er blanke Nerven oder aggressive Kommunika-tion hektische Feuerwehreinsaumltze oder Szenen die man aus Kriegsfilmen kennt ndash ein erbitterter Kampf ums Uumlberleben eben Tatsaumlchlich war sich keiner der Mitarbeiter der Notlage bewusst Stattdessen nahm Kotter an ruhigen und ziellosen Meetings teil in denen die Mitarbeiter manchmal die vergangenen Erfolge feierlich erwaumlhnten oder uumlber belanglose Dinge stundenlang diskutierten Auf jeden Fall war von dringender Veraumln-derungsbereitschaft keine Rede Die Konkurrenz wurde verschont ndash scharf geschossen wurde nur intern In Einzelgespraumlchen gestand man sich jedoch ein dass es Probleme gab doch diese Ansaumltze versickerten im Treibsand der Selbstgefaumllligkeit Der Schul-dige war immer ein anderer ndash die Industrie die andere Abteilung oder der unfaumlhige Chef

Ohne Dringlichkeit wird es keine Kooperation geben Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um reine Uumlberzeugungsarbeit da Widerstand gegen Veraumlnderung ein ganz all-taumlgliches Phaumlnomen jedes Entwicklungsprozesses ist Wenn Mitarbeiter das Veraumlnde-rungsvorhaben nicht als sinnvoll erachten werden sie immer einen Weg finden ihre Energie nicht in die Initiative zu investieren

Kotter betont dass sowohl positive und negative Ereignisse als auch unternehmens-interne und -externe Gruumlnde den Anstoszlig geben koumlnnen Es geht darum die Krise sichtbar zu machen So koumlnnten finanzielle Verluste zugelassen die Zielvorgaben un-erreichbar erhoumlht oder externe Berater zur Uumlberbringung von Hiobsbotschaften genutzt werden

Im Ergebnis sollte bei rund 75 des Managements und im Grunde bei saumlmtlichen Fuumlh-rungskraumlften ein Leidensdruck spuumlrbar sein Wer bdquoChangeldquo wirklich als Chance sieht wird erkennen dass ein Veraumlnderungsprozess unumgaumlnglich ist

2 Eine Fuumlhrungskoalition aufbauen Auch wenn bekannte Unternehmenstransfor-mationen wie der Aufstieg der Supermarktkette Wal-Mart oder der Turnaround der IBM haumlufig mit einer einzigen Person in Verbindung gebracht werden (Sam Walton bzw Lou Gerstner) so waumlre es irrsinnig zu glauben dass Veraumlnderungen auf einen einzigen charismatischen Missionar an der Spitze der Organisation angewiesen sind Kotter stellt heraus dass kein Individuum in der Lage ist saumlmtliche Projekte einer Veraumlnderungsinitiative zu begleiten aufkommende Widerstaumlnde zu brechen und alle Beteiligten auf seine Vision der Zukunft einzuschwoumlren Worauf es ankommt ist eine schlagkraumlftige Mannschaft die das Moment des Wandels forciert Die Betonung liegt dabei auf bdquoschlagkraumlftigldquo denn die Empfehlungen einer nicht durchsetzungsfaumlhigen Team-Konstellation werden in jedem Fall auf taube Ohren stoszligen

21753 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

Die wesentlichen Kriterien fuumlr das die Veraumlnderung antreibende Team sind ausreichend hierarchische Bedeutung (Sind alle Personen beruumlcksichtigt die das Projekt zum Schei-tern bringen koumlnnen) hinlaumlngliche Expertise (Ist das Team fuumlr die anstehende Aufgabe angemessen kompetent und heterogen aufgestellt) genuumlgend Glaubwuumlrdigkeit (Sind die Beteiligten politisch relevant und akzeptiert) und schlieszliglich reichlich Leadership-Potenzial (Gibt es eine gesunde Mischung aus Managern die Plaumlne entwickeln und Leadern die ihre Visionen entfalten)

Kotter unterstreicht die Grundlage des Zusammenwirkens der aufgefuumlhrten Kriterien Vertrauen Mit Vertrauen kann eine Fuumlhrungskoalition funktionieren ndash ohne Vertrauen wird sie scheitern Um Vertrauen aufzubauen und ein Team zu bilden haben sich im Laufe der Jahre die sogenannten Off-Site-Veranstaltungen als wirksam herauskristalli-siert

So berichtet Kotter von einem Bereichsleiter der im Rahmen eines einwoumlchigen Tref-fens eine Gruppe von zehn Fuumlhrungskraumlften die im Zentrum des anstehenden Veraumln-derungsprozesses stehen werden zusammenschweiszligen moumlchte In den ersten 48 h lebt die Gruppe im Freien segelt oder geht beim Bergsteigen an die physischen Grenzen Nach diesem Kennenlernen verbringen sie die naumlchsten drei Tage in einem Hotel und erarbeiten in abwechselnden Gruppen Problemstellungen aus dem Arbeitsalltag Beim Abendessen tauscht man sich uumlber persoumlnliche Erfahrungen und Perspektiven aus Am Ende foumlrdert das verbesserte Beziehungsgefuumlge das auf aufgabenorientierter Zusam-menarbeit beruht den Vertrauenszuwachs und die gemeinsame Zielfindung auch im Unternehmensalltag

Die schlagkraumlftige Fuumlhrungskoalition besteht aus den richtigen Leuten wenn diese ein-ander vertrauen und auf ein gemeinsames Ziel hin arbeiten wollen

3 Vision und Strategie entwickeln Ein Beispiel aus der Publikation aus dem Jahre 1996 soll an dieser Stelle in eine Sportanalogie uumlbersetzt werden

Nehmen wir an eine Nationalmannschaft hat das Finale der Fuszligballweltmeisterschaft erreicht Es ist die Aufgabe des Kapitaumlns sein Team einzuheizen ndash er hat drei Optio-nen Erstens kann er sagen bdquoLos Jungs Lasst uns gewinnenldquo Als er die Umkleide-kabine verlaumlsst und nicht alle Mitspieler aufspringen bruumlllt er bdquoGewinnen habe ich gesagt und zwar JETZTldquo Eine zweite Variante waumlre bdquoJungs hier ist der Plan zum Sieg Wir werden unsere Stuumlrmer und unseren Zehner eng zusammen spielen lassen um die Halbraumlume offen zu lassen Um das Mittelfeldpressing des Gegners zu verhin-dern spielt unser Innenverteidiger den einlaufenden aumluszligeren Mittelfeldspieler an der von auszligen nach innen durchstartet und auf den mitlaufenden Sechser zuruumlcklegt Dann koumlnnen wir mit einem Pass in die Tiefe das Spiel aufbauen ndash wir gewinnen an Raumlumen und Ballbesitzhellipldquo Drittens koumlnnte der Kapitaumln sagen bdquoIn ein paar Minuten schaut uns die ganze Welt zu Warum Weil wir es verdient ins Finale geschafft haben Wir koumlnnen Geschichte schreiben ndash hier und jetzt Wollt ihr euren Enkelkindern spaumlter nicht stolz von heute Abend berichten Auf gehtrsquos lasst uns einfach Fuszligball spielenldquo

Kotter bezeichnet die erste und weit verbreitete Variante als autoritaumlre Fuumlhrung ndash die Zweite als Mikromanagement Diese Methoden funktionieren wenn bestehende Sys-

218 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

teme erhalten bleiben sollen Das ist nicht der Anspruch eines Veraumlnderungsprozesses Die dritte Variante dagegen entwirft ein Bild von der Zukunft ndash sie basiert auf einer Vision Dieses Vorgehen ist maumlchtig weil es Tausende einzelner Schritte in einer For-mulierung zusammenfasst weil es Menschen dazu ermutigt auch schmerzhafte Schritte zu gehen und weil das Vorgehen die Aktivitaumlten von (hier 11 Spielern) aumluszligerst effizient koordiniert

Als Charakteristika einer effektiven Vision zaumlhlt John Kotter sechs zentrale Punkte auf So muss die Vision vorstellbar erstrebenswert machbar fokussiert flexibel und kommunizierbar sein Wem es nicht gelingt seine Vision innerhalb von fuumlnf Minuten zu erklaumlren und dabei Neugier zu wecken sollte gewarnt sein

4 Die Vision des Wandels kommunizieren Die Groumlszlige dieser Aufgabe wird meist unter-schaumltzt Kotter erlaumlutert dies anhand eines simplen Rechenbeispiels

Die Intensitaumlt die einen Mitarbeiter in drei Monaten des Alltagsgeschaumlfts erreicht um-fasst 2300000 Woumlrter oder Zahlen Der typische Umfang der Kommunikation wo-durch die Vision des Wandels verbreitet werden soll belaumluft sich auf 13400 Woumlrter oder Zahlen Dies entspricht einer 30-minuumltigen Rede eines einstuumlndigen Meetings eines 600 Woumlrter umfassenden Artikels im internen Newsletter und eines 2000 Woumlrter fassenden Memorandums Damit macht die Kommunikation der Version gerade einmal 058 des Anteils der gesamten Kommunikation aus ndash zu wenig Kotter empfiehlt zur Loumlsung sieben Schluumlsselelemente zusammengesetzt aus einfacher Sprache Bild-sprache Abwechslung in der Wahl des Mediums insistierender Wiederholung der Bot-schaft Vorbildfunktion der relevanten Beteiligten Erlaumluterung von scheinbaren Un-stimmigkeiten sowie Houmlren und Zuhoumlren

Als besonders wirkungsvoll soll die Vorbildfunktion hervorgehoben werden Alfred Herrhausen ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank und Mitgruumlnder der ersten privaten Universitaumlt Deutschlands WittenHerdecke sagte einmal bdquoWir muumlssen das was wir denken sagen Wir muumlssen das was wir sagen tun Wir muumlssen das was wir tun dann auch seinldquo (Alfred Herrhausen Gesellschaft 2014) Wenn der CEO ein radikales Kostensenkungsprogramm ausruft und sein eigenes Buumlro fuumlr viel Geld reno-vieren laumlsst oder zu jedem internationalen Termin weiter First Class fliegt geht er mit keinem guten Beispiel voran ndash die Unterstuumltzung seiner Mitarbeiter ist damit verloren Wenn dagegen ein anderer CEO im Zuge einer Lean-Implementierung ein schlankes Unternehmen mit flachen Hierarchien verspricht zuallererst eine gesamte Hierarchie-ebene des mittleren Managements eliminiert und auf ein groszliges opulent ausgestattetes Buumlro verzichtet ist dies ein glaubwuumlrdiges Signal an die Basis ndash auch seine Mitarbeiter werden dann wenn es darauf ankommt bereit sein Opfer zu bringen Pragmatisch gesehen spricht man also von bdquowalk the talkldquo weil das was man macht ausschlagge-bender ist als das was man erzaumlhlt

5 Mitarbeiter auf breiter Basis befaumlhigen Veraumlnderungsprozesse muumlssen wie schon herausgestellt von mehr Personen geschultert werden als einem leidenschaftlichen und charismatischen Alphatier an der Spitze Es gilt die Belegschaft zu befaumlhigen die Vi-sion umzusetzen Kotter stellt heraus dass auch wenn ein Dringlichkeitsgefuumlhl eine

21953 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

starke Fuumlhrungskoalition und eine geeignete Vision gegeben sind es immer noch Hin-dernisse gibt So gilt es die Vision konterkarierende Strukturen zu beseitigen wie Fuumlh-rungskraumlfte die ihre Macht erhalten wollen oder siloartige Organisationsauspraumlgungen die das Leistungsvermoumlgen der Projektteams einschraumlnken Besonders bei strukturellen Barrieren liegt die Frustrationsgrenze der Mitarbeiter niedrig ndash eine kundenzentrierte Vision wird scheitern wenn die gegebene Infrastruktur der kundenunzentrierten Orga-nisation nicht geaumlndert wird

Ferner sind Defizite bei den erforderlichen Faumlhigkeiten fuumlr eine erfolgreiche Veraumlnde-rung zu kompensieren Wenn Menschen von heute auf morgen Gewohnheiten Denk-weisen und Einstellungen aumlndern sollen ist es nicht verwunderlich dass ein zweitauml-giges Training dazu nicht ausreichend ist Die neuen Strukturen leben nicht nur von technischen sondern auch sozialen Faumlhigkeiten Die Herausforderung ist es die richti-gen Lernerfahrungen im richtigen Umfang zum richtigen Zeitpunkt sicherzustellen

Weiter spricht Kotter davon die Systeme an die Vision anzupassen und versteht dar-unter in erster Linie das Personalmanagementsystem Die Leistungsbeurteilung Ent-lohnung Befoumlrderung und die Nachfolgeplanung muumlssen vollstaumlndig auf den Sinn und Zweck der Veraumlnderung ausgerichtet sein um diese wirksam zu unterstuumltzen

Schlieszliglich gilt es die Rolle der Vorgesetzten anzusprechen Wenn die Wellen des Wan-dels bis zur Tuumlr des Chefs spuumllen sich dann brechen und zuruumlck ins Meer flieszligen werden die Mitarbeiter zeitnah desillusioniert aufgeben Ein gezielter Dialog mit der-artigen blockierenden bdquoProblemfaumlllenldquo ist gemaumlszlig Kotter meist die beste Loumlsung Denn wer nichts unternimmt und versucht solche Personen mit enormem Aufwand durch die Transformation zu schleppen wird bald realisieren dass auch eine negative Vorbild-funktion enorme Strahlkraft besitzt Mitarbeiter die beobachten dass ihrem Vorgesetz-ten nicht die Stirn geboten wird sind schnell demotiviert

6 Schnelle Erfolge erzielen Veraumlnderungsprozesse sind Prozesse langfristiger Natur was unwiderruflich die Wichtigkeit von Teilerfolgen nach sich zieht Nichts motiviert mehr als der erfolgreiche Fortschritt der angestoszligenen Maszlignahmen ndash besonders zu Be-ginn Nach Kotter gilt es diese anfaumlnglichen Erfolge nicht abzuwarten sondern zu for-cieren Eine Abteilung in der die Kosten innerhalb des ersten Jahres signifikant redu-ziert werden koumlnnen oder eine Prozessoptimierung die fuumlr den Kunden zuumlgig sichtbar ist koumlnnen den Erfolg der gesamten Transformation positiv beeinflussen Diese bdquoQuick Winsldquo sollten sowohl sichtbar und eindeutig sein als auch in direktem Zusammenhang mit der Veraumlnderungsinitiative stehen und einer bestimmten Verantwortlichkeit unter-stehen Schnelle Erfolge unterliegen haumlufig dem Missverstaumlndnis dass sie nicht mit tiefgreifendem und langfristigem Wandel vereinbar sind Viele Manager befinden sich in diesem Glaubenssystem Wenn Veraumlnderungsprozesse Geduld erfordern sind kurz-fristige Erfolge problematisch Kotter widerspricht dieser weit verbreiteten Auffassung und fuumlhrt einige Gruumlnde auf warum schnelle Erfolge eine positive Rolle spielen

bdquoQuick Winsldquo beweisen zuumlgig dass es der finanzielle Aufwand und die Opfer zur Um-setzung der Veraumlnderungsmaszlignahmen wert sind ndash Kritikern wird der Wind aus den Segeln genommen Wenn sichtbare Erfolge vorliegen wird der Widerstand der Zyniker

220 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

bei der Wurzel gepackt Weiter bieten schnelle Erfolge Raum und Zeit das bisher Er-reichte zu feiern Die erfrischende Auswirkung auf Moral und Motivation der Betei-ligten ist nicht zu unterschaumltzen sondern zu nutzen Dieses positive Feedback eignet sich zusaumltzlich dafuumlr eine Feinabstimmung von Vision und Strategie vorzunehmen So koumlnnen Probleme fruumlher erkannt und die Ausrichtung der geplanten Maszlignahmen neu uumlberdacht werden Das Signal an die obersten Hierarchieebenen ist bei schnellen Er-folgen offensichtlich Es wird also nicht nur die Motivation der unmittelbar beteiligten Projektteams gestaumlrkt sondern auch die Unternehmensfuumlhrung gewinnt den Glauben an die Sache Grundsaumltzlich lassen sich nicht alle Zweifler uumlberzeugen aber echte Er-folgsgeschichten bauen das notwendige Momentum auf Die Dynamik wenn abwar-tende Beobachter des Veraumlnderungsprozesses zu uumlberzeugten Unterstuumltzern werden ist erfolgskritisch

7 Erfolge konsolidieren und weitere Veraumlnderungen einleiten Kotter argumentiert an dieser Stelle dass viele Veraumlnderungsprozesse ihre Zielvorgaben nicht erreichen da zu fruumlh vom Erfolg der Initiative gesprochen wird So fuumlhrt er das Scheitern etlicher Ver-aumlnderungsprojekte in einer amerikanischen Bank auf das zu ausgiebig gefeierte Bankett zum alljaumlhrlichen Management Meeting zuruumlck Die Top 100 Manager wurden auf-wendig geehrt es wurde heroisch von den Errungenschaften gesprochen waumlhrenddes-sen man in luxurioumlsen Raumlumlichkeiten dinierte und einem beruumlhmten Saumlnger lauschte Obwohl dem CEO sicherlich bewusst war dass viel mehr Einsatz notwendig war um die Transformation abzuschlieszligen wollte er seinen Managern aufrichtig danken und das Erreichte gebuumlhrend feiern um sie zu motivieren Die Botschaft war aber kontra-produktiv denn Erfolg macht selbstgefaumlllig und traumlge ndash erst recht wenn er ausufernd zelebriert wird In den folgenden Jahren wurden Initiativen gestoppt finale Phasen von Restrukturierungsprozessen verschoben und anstehende Aufgaben ignoriert ndash Zweifel uumlber die vereinbarte Vorgehensweise machte sich breit

Damit sich der Wandel tiefgreifend entfalten kann muumlssen in dieser Phase entschei-dende Impulse gesetzt werden Die durch die erzielten bdquoQuick Winsldquo entstandene Aufbruchsstimmung ist fuumlr den Start von groumlszligeren Veraumlnderungen zu nutzen ndash mehr Wandel nicht weniger Zusaumltzliche frische Kraumlfte sind in den Fortschritt der Prozesse zu integrieren und zu befoumlrdern sodass die Veraumlnderung auch von bdquountenldquo gefoumlrdert wird Das Topmanagement hat die Dringlichkeit zur Erreichung der ausgerufenen Ziele aufrechtzuerhalten um zu verhindern dass sich gewohnte Verhaltensweisen wieder einpendeln

8 Neue Ansaumltze in der Kultur verankern Die Kultur eines Unternehmens bestimmt die Art und Weise der Wertschoumlpfung Der Begriff Kultur fasst Verhaltensnormen ndash vorherrschende Handlungsweisen ndash und gemeinsame Werte zusammen Wenn sich die (noch jungen) Manager eines Unternehmens beim Treppenlaufen alle am Handlauf festhalten manifestiert sich die durch das Produkt gepraumlgte Kultur Seit je her stellt das Unternehmen Sprengstoff her ndash Sicherheit wurde in der hundertjaumlhrigen Geschichte zur Obsession Wenn sich Mitarbeiter in einem anderen Unternehmen welches sich als zu-kunftsorientiert und innovativ beschreibt kennenlernen und umgehend nach der Person

22153 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

erkundigen an die der andere berichtet wird die Bedeutung von Hierarchie und Macht in der Kultur deutlich ndash als Auszligenstehender erkennt man schnell dass die Organisation wie eine Armee funktioniert

Neue Arbeitsweisen und Verhaltensmuster die sich aus einer Veraumlnderungsinitiative entwickeln muumlssen in der vorhandenen Kultur verankert werden ndash sonst wird nachhal-tige Veraumlnderung unerreichbar bleiben Um diesen tiefen Eingriff zu ermoumlglichen soll-ten die meisten Umgestaltungen von Normen und Werten zum Ende des Wandlungs-prozesses stattfinden ndash ein aumlhnliches Unterfangen in Phase 1 ist nach Kotter aufgrund der Komplexitaumlt des Gegenstandes zum Scheitern verurteilt Dies liegt auch daran dass sich neue Handlungsweisen und Einstellungen vor dem Hintergrund bewaumlhrter Me-thoden im Unternehmen erst einmal beweisen muumlssen Erfolgskritisch ist schlieszliglich dass bei Befoumlrderungsmaszlignahmen und Neueinstellungen entsprechend der veraumlnderten Unternehmenskultur entschieden wird Im Ernstfall sind gewisse Schluumlsselspieler aus-zutauschen

Wandel herbeizufuumlhren ist schwer Aus diesem Grund skizziert John Kotter nicht drei oder sechs sondern acht Stufen Veraumlnderung benoumltigt viel Zeit und ist auf das Wirken vieler Menschen angewiesen Kotters zeitloser Bestseller fuumlhrt das Gefuumlhl der Dringlichkeit den Aufbau einer Fuumlhrungskoalition die Entwicklung einer Vision und Strategie die Kom-munikation der entwickelten Version die Befaumlhigung der Mitarbeiter auf breiter Basis das Erzielen von schnellen Erfolgen die Konsolidierung der Erfolge und die Verankerung des Wandels in der Kultur als acht chronologische Schritte zur erfolgreichen Veraumlnderung einer Unternehmensorganisation auf

533 Die IBM Making-Change-Work-Studie (2008)

Die Studie (MCW-Studie) ermoumlglicht sowohl einen Ruumlckblick ndash wie erfolgreich setzten Unternehmen Veraumlnderungen um ndash als auch einen Ausblick ndash wie kann die Umsetzung ver-bessert werden Im Mittelpunkt stand die quantitative und qualitative Befragung von welt-weit 1500 Praktikern ndash wie Projektleiter Change-Manager und Projektsponsoren Aus-schlaggebend fuumlr die systematische Untersuchung war die Identifizierung des bdquoChange-Gapldquo im Zuge der IBM CEO Studie (CEO-Studie) Von 2006 bis 2008 verdreifachte sich der Anteil der CEOs der umfassende Veraumlnderungen in der Zukunft erwartete sich aber aufgrund von vergangenen Misserfolgen nicht imstande sah diese Herausforderung zu meistern ndash es teilten 22 der Befragten diese Befuumlrchtung Das Ziel der MCW-Studie war die Evaluierung von Erkenntnissen und Entwicklung von Handlungsempfehlungen wie das bdquoChange-Gapldquo die Umsetzungsluumlcke bei Veraumlnderungsprojekten zu schlieszligen sei

20 der 1500 befragten Change-Praktiker konnten von uumlberdurchschnittlich guten Projektergebnissen berichteten ndash 80 der Projektaktivitaumlten waren bei diesen sogenann-ten Change-Experten von Erfolg gekroumlnt d h die Ziele wurden innerhalb der Zeit- Bud-get- und Qualitaumltsanforderungen erfuumlllt Gleichzeitig konnten aber weitere 20 ndash die so-

222 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

genannten Change-Novizen ndash eine Erfolgsquote von nur 8 aufweisen Die ermittelte Diskrepanz ist enorm Ausgangspunkt der Studie war folglich die Frage wie das Ausmaszlig dieser Divergenz zustande kommen kann

Zur Klaumlrung dieser Frage wurden die groumlszligten Herausforderungen bei der Implemen-tierung von Veraumlnderungen identifiziert Abbildung 53 dokumentiert die entsprechende Auswertung und spricht eine eindeutige Sprache Die weichen Faktoren sind hart

Obwohl die Veraumlnderung von Geschaumlftsprozessen bedingt durch die Umsetzung neuer technologischer Implikationen an sich anspruchsvoll erscheint uumlberwiegt die Schwierig-keit bei weniger greifbaren Faktoren Die Veraumlnderung von Denkweisen Einstellungen

8

12

15

16

18

20

32

33

35

49

58Veraumlndern von Denkweisenund Einstellungen

Unternehmenskultur

Unterschaumltzung der Komplexitaumlt

Ressourcenknappheit

Mangelndes Committment deshoumlheren Managements

Mangelndes Change-Management-Know-how

Mangelnde Transparenz aufgrundfehlender oder falscher Informationen

Mangelnde Motivationder betroffenen Mitarbeiter

Veraumlndern von Prozessen

Veraumlndern von IT-Systemen

Technologische Barrieren

Weiche Faktoren

Harte Faktoren

Abb 53 Herausforderungen bei der Implementierung von Veraumlnderungen

22353 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008

und der Unternehmenskultur ist demnach das Schluumlsselelement ndash dieses Ergebnis unter-streichen insbesondere die Uumlberlegungen des Kap 4

Die Quintessenz spiegelt sich auch in der Liste der kritischen Erfolgsfaktoren wider Wie in Abb 54 ersichtlich unterscheiden die Autoren der MCW-Studie wieder in har-te und weiche Faktoren Mit dem Zitat des ehemaligen IBM CEO Lou Gerstner (2003) bdquoCulture isnacutet just one aspect of the game it is the gameldquo hebt die Studie die Bedeutung von Soft Facts hervor Wenn die Unterstuumltzung durch das Topmanagement fast fuumlnf Mal wichtiger als eine finanzielle Anreizstruktur ist wird deutlich auf welche Maszlignahmen und Schritte innerhalb eines Veraumlnderungsprozesses besonders zu achten ist

Die Studie konsolidiert diese Ergebnisse und Erkenntnisse im sogenannten Change-Diamanten Darunter versteht sich die wirkungsvolle Zusammensetzung der Kernberei-che die den Change-Experten den uumlberdurchschnittlichen Erfolg mit Veraumlnderungen er-moumlglichen Diese positive Korrelation kennzeichnet vier Facetten des Diamanten Um die Umsetzungsluumlcke bei Veraumlnderungsprojekten zu schlieszligen und die Erfolgswahrscheinlich-keit zu erhoumlhen muumlssen alle vier Facetten zum Glaumlnzen gebracht werden (vgl Abb 55)

19

33

36

38

48

55

65

70

72

92Unterstuumltzung durch das Top -Management

Einbindung der Mitarbeiter

Ehrliche und rechtzeitige Kommunikation

Motivierende und veraumlnderungs-freundliche Unternehmenskultur

bdquoChange-Agentsldquo(Pioniere der Veraumlnderung)

Unterstuumltzung von Veraumlnderungen durch die Unternehmenskultur

Effiziente Schulungsprogramme

Neuausrichtung der Leistungsbewertung

Effiziente Organisationsstruktur

Finanzielle und sonstige Anreize

Weiche Faktoren

Harte Faktoren

Abb 54 Die Bedeutung von Soft Facts

224 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

1 Klares Bewusstsein ndash konkrete Maszlignahmen Es gilt sicherzustellen dass sich alle Stakeholder der anstehenden Herausforderung

bewusst sind und den damit verbundenen Aufwand anschlieszligend mit konkreten Maszlig-nahmen in Angriff nehmen

2 Standardisierte Methoden ndash solide Ergebnisse Es gilt die Veraumlnderungsmanagement-Aktivitaumlten an die Projektmanagement-Methodik

anzupassen um sie in der Organisation systematisch zu etablieren3 Konzentrierte Faumlhigkeiten ndash erfolgreiche Veraumlnderungen Es gilt Ressourcen optimal einzusetzen und Verantwortlichkeiten klar zu bestimmen

damit die jeweiligen Beteiligten Verantwortung uumlbernehmen koumlnnen um die Veraumlnde-rung aktiv zu gestalten

4 Gezielte Investitionen ndash Positive Wirkung Es gilt die ertragreichen Veraumlnderungsmanagementaktivitaumlten nicht nur grundsaumltzlich

sondern gezielt mit finanzieller Schlagkraft auszustatten

54 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

Nachdem die noch immer zeitgemaumlszligen Ansaumltze von Doppler und Lauterburg aus dem Jahr 1994 das Modell zur Darstellung sukzessiver Veraumlnderungsprozesse von Kotter (1996) und die in einer praxisnahen Studie erfasste Momentaufnahme durch die IBM (2008) einen aussagekraumlftigen Eindruck des Change Managements vermittelt haben soll im Wei-teren ein Einblick in die Praxis die praktische Tiefe dieses Kap 5 gewaumlhrleisten In diesem Zuge wird zunaumlchst die Six-Sigma-Implementierung eines franzoumlsischen Versicherungs-konzerns nachvollzogen um im Nachgang die fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative kritischen Change-Management-Faktoren zu identifizieren Es wird sich zeigen dass die

Gezielte Investitionen Positive Wirkung

Klares Bewusstsein Konkrete Maszlignahmen

Konzentrierte Faumlhigkeiten Erfolgreiche Veraumlnderungen

Standardisierte Methoden

Solide Ergebnisse

Abb 55 Der Change-Diamant

22554 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

neu gewonnen Erkenntnisse in jedem Fall sowohl inhaltlich als auch grafisch anschluss-faumlhig an die bereits ermittelten Erfolgsfaktoren aus Kap 4 sind

541 Unternehmensprofil

Die Axa SA (AXA) ist ein franzoumlsisches Unternehmen mit Hauptsitz in Paris und einer der groumlszligten internationalen Versicherungskonzerne und Kapitalverwalter fuumlr Privatper-sonen und Unternehmen der Welt4 Die Axa-Gruppe erwirtschaftet bei einem Umsatz von 901 Mrd euro einen Gewinn von 42 Mrd euro (Stand 2012) und ihre Geschaumlftstaumltig-keit beinhaltet bdquoVorsorge Vermoumlgensmanagement und Versicherungldquo der Kunden Dazu zaumlhlen Schadens- und Unfallversicherungen private Vorsorgeformen wie Lebens- und Krankenversicherungen betriebliche Altersvorsorgeloumlsungen sowie Vermoumlgensanlagen Das Portfolio richtet sich an Privatpersonen und Unternehmen Unter der Fuumlhrung des franzoumlsischen Gruumlnders Claude Beacutebeacutear reifte das Unternehmen von einer kleinen Ver-sicherung zu einem globalen Giganten mit Schwerpunkten in Westeuropa Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum Beacutebeacutears Motto kann durch bdquoThink global act localldquo kurz und buumlndig auf den Punkt gebracht werden Die Erfolgsgeschichte war gepraumlgt von Akquisitionen Im Jahr 2000 zog sich der Gruumlnder Beacutebeacutear aus der operativen Taumltigkeit zuruumlck sodass von da an Henri de Castries die Geschicke des Versicherungsunternehmens als CEO und Praumlsident leiten sollte Er initiierte die Fokussierung und geschickte Kon-solidierung der Geschaumlftstaumltigkeiten durch den Verkauf der amerikanischen Investment-bank DLJ an die Credit Suisse Weiter akquirierte er den Versicherer The Equitable und den Asset-Manager Sanford Bernstein in den USA die Versicherungskonkurrenz UAP in Frankreich die Guardian Royal Exchange in Groszligbritannien und den Lebensversicherer Nippon Dantai in Japan Des Weiteren richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Kernpro-zesse der Unternehmung ndash die strategische Planung des Unternehmens nahm einen hohen Stellenwert ein So wurde erstmals im Jahr 2000 die Kundenzufriedenheit der gesamten Unternehmensgruppe ermittelt ndash das Ergebnis war mehr als ernuumlchternd Fuumlr de Castries war klar dass sich die Wertschoumlpfung der 140000 Mitarbeiter in Zukunft grundlegend aumlndern muumlsse um wettbewerbsfaumlhig zu bleiben

542 Ausgangslage

Der aus der Automobilindustrie stammende Ford-Manager Claude Brunet wurde 2001 von de Castries in der Funktion als COO zu AXA geholt Seine Aufgabe war es die Kern-

4 Die aufgefuumlhrten Informationen gehen zu einem groszligen Teil auf die von Baillot und Weeks (2009) erstellte Fallstudie bdquoAXA WAY The Pursuit Of Excellence Through Quality Serviceldquo des Internatio-nal Institute for Management Development der IMD Business School Lausanne Schweiz zuruumlck Zielgerichtete On- und Offline-recherchen vervollstaumlndigen das Bild aus heutiger Sicht

226 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

funktionen und -prozesse quer durch die gesamte Wertschoumlpfung der Organisation auf Verbesserungspotenzial hin zu untersuchen Brunet hatte sich in seinem Berufsleben schon haumlufig gewundert wie die Produktivitaumltsunterschiede zwischen der Automobil- und der Finanzindustrie zustande kommen konnten Als ihm zu Beginn seiner Amtszeit als COO auffiel dass Prozesse mit einer Fehlerquote von 20 keine Seltenheit waren erklaumlrte sich einiges von selbst ndash das Service-Level und die Vertriebsleistung mussten schnell gestei-gert werden Brunet wies den CEO darauf hin dass wie in Abschn 2231 beschrieben die unregelmaumlszligige Performance ausschlaggebend fuumlr die Unzufriedenheit der Kunden war ndash der Kunde spuumlrt nicht den Durchschnitt der Performance sondern die Varianz Er war sich sicher dass eine systematische Prozessrestrukturierung fuumlr AXA unerlaumlsslich sei um die Zufriedenheit der Kunden so zu steigern dass sie dem Anspruch eines der groumlszligten Versicherer weltweit entspreche Zum ersten Mal fiel in diesem Zusammenhang auch das Stichwort einer bdquounternehmenskulturellen Veraumlnderungldquo

Daruumlber hinaus wurde der Beginn von de Castries Wirken als CEO erheblich durch die Vorkommnisse des 11 September 2001 in New York und Washington beeinflusst Die Erschuumltterung der globalen Wirtschaft hinterlieszlig auch im Versicherungswesen Spuren und fuumlhrte zu Zahlungsforderungen in Houmlhe von 70 Mrd US-Dollar und einem Umsatzruumlck-gang von ca 7 ndash die Axa-Gruppe sah sich einer Belastung von 550 Mio US-Dollar ausgesetzt Die gewohnte Reaktion auf dieses oumlkonomische Beben auf das niemand Ein-fluss nehmen und dessen Auspraumlgungen niemand abschaumltzen konnte war ein massives und flaumlchendeckendes Kostensenkungsprogramm nach dem bdquoRasenmaumlherprinzipldquo Das Unternehmensmotto bdquoThink global act localldquo welches sich in einer siloartigen und de-zentralisierten Organisationsstruktur manifestierte erschwerte dabei Brunets Aufgabe eine nachhaltige prozessorientierte Denk- und Arbeitsweise zu etablieren AXA funktio-nierte bis dato vertikal ndash die Zukunft lag jedoch in einer horizontalen Ausrichtung

Zuletzt ist die lange Historie an Unternehmensuumlbernahmen nicht zu vergessen De Castries Vorgaumlnger hinterlieszlig ein wild und schnell gewachsenes Alltagsgeschaumlft das durch diverse management- rechts- und integrationstechnische Probleme gepraumlgt war Die Schwierigkeit mit dieser expansiven Unternehmenspolitik und den folgenden Kon-sequenzen umzugehen wurde von Tag zu Tag kniffliger zumal das Wachstum des Unter-nehmens mittlerweile stagnierte

Unzufriedene Kunden wirtschaftliche Turbulenzen und die Tatsache dass der Konzern nicht aus einem Kollektiv bestand sondern sich uumlber die Addition von vielen kleinen Einzelteilen definierte ndash so laumlsst sich der Status quo im Jahr 2001 umreiszligen Der Konzern-umsatz belief sich auf rund 75 Mrd euro und das Unternehmen konnte einen Gewinn nach Steuern von 12 Mrd euro vorweisen Viele Topmanager der Versicherung waren zufrieden und in erster Linie stolz auf die erfolgreiche Wachstumsgeschichte und die internationale Relevanz des Unternehmens Nur wenige erkannten Defizite und waren uumlberzeugt dass wenn die Gruppe ihr globales Potenzial nicht zeitnah besser nutzte die Erfolgsgeschichte ein jaumlhes Ende finden koumlnnte

Es benoumltigte die Vision von Henri de Castries und die erfahrene Distanz zur Branche eines Claude Brunet um die aufgefuumlhrten Problemfelder im Zuge von bdquoAXA WAY ndash The

22754 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

Pursuit of Excellence Through Quality of Serviceldquo in Angriff zu nehmen ndash im Mittelpunkt stand von nun an die Kundennaumlhe und nicht wie zuvor die radikale Kostensenkung Die beiden hatten sich zum Ziel gesetzt den bdquoVirtuous Circle of Good Customer Serviceldquo mithilfe von Six Sigma zu perfektionieren Hohe Mitarbeitermotivation fuumlhrt demnach zu besserem Kundenservice und zufriedene Kunden sorgen fuumlr mehr Geschaumlfte indem sie beispielsweise AXA weiterempfehlen Erfolgreiche Geschaumlfte fuumlhren zur Optimierung des wettbewerbskritischen Jahresergebnisses wovon letztendlich der Mitarbeiter u a in Form eines sicheren Arbeitsplatzes wieder profitiert und die Motivation positiv beein-flusst wird Mit der daraus resultierenden Verbesserung des Kundenservice schlieszligt sich der Kreislauf Im Februar 2002 wurde AXA WAY im Rahmen eines Meetings der obersten 300 Manager durch Philippe Fort den Group Chief AXA WAY Officer ins Leben gerufen

543 Die Initiative

Claude Brunet war kein Novize in groszligangelegten Initiativen so eine wie sie bei AXA gestartet wurde Als er im Februar 2002 den 300 Topmanagern des Unternehmens AXA WAY praumlsentierte uumlberraschte es ihn nicht dass die meisten trotz ausfuumlhrlicher bereits bekannter Informationen keine Vorstellung davon hatten was die Substanz der Initiative ausmachen sollte Seine Rechnung fuumlr ein erfolgreiches Vorhaben war leicht nachzuvoll-ziehen

7 Unzufriedenheit + Vision + erste Erfolge gt Widerstand

Er identifizierte den konstruktiven Umgang mit Widerstaumlnden gegen die anstehende Ver-aumlnderung als seine Hauptaufgabe In anderen Worten bedeutete dies dass der Mehrwert der durch AXA WAY generiert wuumlrde die antizipierte Skepsis gegenuumlber den Neuheiten uumlberwiegen muumlsste Als Indikatoren fuumlr eine erfolgreiche Implementierung dienten

1 die Ausrichtung der Initiative an die Unternehmensstrategie2 eine heruntergebrochene und aussagekraumlftige Kosten-Nutzen-Analyse pro Projekt

(AXA Way Project Net Income ndash AWPNI)3 die Schulung von 1 der gesamten Arbeitskraumlfte zum Black Belt bis zum Jahr 20064 die Anzahl der abgeschlossenen Projekte

Es war wichtig dass AXA WAY stets ganz oben auf der Agenda stand ndash insbesondere bei den vierteljaumlhrlich stattfindenden Management-Meetings sollte der Initiativenfortschritt anhand der vier Indikatoren ermittelt werden um entsprechende strategische Maszlignahmen abzuleiten

Die Implementierung begann mit einer Pilotphase bei der sich zehn Geschaumlftseinhei-ten freiwillig fuumlr die ersten Six-Sigma-Projekte zur Verfuumlgung stellten Der Fokus lag auf der Generierung von bdquoQuick Winsldquo durch die bdquolow hanging fruitsldquo uumlberschaubarer

228 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Vorzeigeprozesse Fuumlr Fort als Initiativenleiter waren gerade in dieser Anfangsphase das Commitment des Topmanagements die Uumlbertragung von Verantwortung auf die beteilig-ten Mitarbeiter und klar definierbare und messbare Ziele wichtig Mit Beginn des Jahres 2003 wurde die Systematik auf alle Geschaumlftseinheiten ausgerollt Eine globale Entwick-lungsuumlberwachung und die Moumlglichkeit von bereits erfolgreich durchgefuumlhrten und do-kumentierten Piloten inhaltlich zu profitieren wurde etabliert

Brunet hatte die in 2001 begonnene Konstitution seines zehnkoumlpfigen Kernteams zum Beginn der Implementierung erfolgreich abgeschlossen Ausschlaggebend fuumlr die Wahl eines Kandidaten waren die Kriterien wie Six-Sigma-Erfahrung (i d R bei Ford und General Electric) Branchendistanz Lernfaumlhigkeit und eine gesunde Mischung aus In-spiration Uumlberzeugungskraft und Diplomatie ndash letztendlich suchte er nach potenziellen bdquopositive agents of changeldquo Wenn ein Top-Executive sich uumlber das strategische Vorhaben aumluszligerte wie bdquoSix Sigma kann ja gut fuumlr produzierende Unternehmen sein aber unser Ge-schaumlft ist sehr speziellldquo dann brauchte es belastbare Mitstreiter die bei der Belegschaft angehoumlrt und akzeptiert werden wuumlrden Diesen Anforderungen entsprechende Mitarbei-ter wurden als bdquoAXA WAY Leaderldquo jeder Geschaumlftseinheit zugewiesen Sie fungierten als Vermittler zwischen der Basisarbeit im Projekt und der Konzernfuumlhrung in direktem Austausch mit dem CEO de Castries

Brunet und Fort planten die Initiative in drei Phasen umzusetzen und orientierten sich dabei stark an der im Theorieteil dieses Buches beschriebenen Vorgehensweise des DMAIC-Zyklus Die zunaumlchst im Vordergrund stehende erste Phase (DMAIC Define ndash Measure ndash Analyse ndash Improve ndash Control) konzentrierte sich primaumlr auf die Verbesse-rung von bestehenden Prozessen ndash in Abb 216 wurde die Systematik bereits dargestellt Die zweite Phase legte den Schwerpunkt auf das Management von bestehenden Prozes-sen (DMO Define ndash Manage ndash Operate) Die dritte Phase legte das Augenmerk auf die Entwicklung von neuen Prozessen (DIDVO Define ndash Innovate ndash Design ndash Validate ndash Operate)

Zwischen 2003 und 2005 ndash unabhaumlngig von der jeweiligen Phase ndash wurde die interne Kommunikation umfangreich forciert Im Mittelpunkt stand die Botschaft was eine kun-denfokussierte und prozessorientierte Zukunft fuumlr die Organisation bedeutet Ausfuumlhrliche Kundenfeedbacks wurden in internen Magazinen und Newslettern prominent hervorgeho-ben Es sollte sich zeigen dass trotz des erheblichen Aufwandes das Verstaumlndnis und das Commitment der relevanten Manager stark voneinander abwich

544 Zwischenergebnis

Fort merkte fruumlh an dass etliche Manager die Dringlichkeit der Initiative nach wie vor nicht einsahen Es fehlte schlichtweg an Engagement Dies fuumlhrte dazu dass sobald der Black Belt seine Arbeit abgeschlossen hatte die Beteiligten schnell ihr Interesse an syste-matischer Prozessoptimierung verloren Selbst die zustaumlndigen Linienmanager schienen zu vergessen dass das bdquoCldquo im DMAIC-Zyklus fuumlr bdquoControlldquo steht Fuumlr viele war Six Sig-

22954 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

ma ein hochspezialisiertes Vorgehen womit sie sich nicht unbedingt auseinander setzen mussten Zuletzt haftete der Initiative die Stimmung der Kostensenkungen aus dem Kri-senjahr 2001 noch an ndash fuumlr viele war die damalige bdquoRasenmaumlheraktionldquo gleich bedeutend mit Six Sigma Aus AXA WAY wurde dann schnell bdquoAxe Awayldquo Dieses Anzeichen war eine eindeutiges Signal ndash Six Sigma war alles andere als ein Teil der Unternehmens-DNA

Bevor die Initiative in die zweite Phase uumlbergehen konnte beschaumlftigte das zentrale Team und die Personalabteilung von AXA ein anderes Problem Je mehr BBs ausgebildet wurden und kostbare praktische Erfahrung sammeln konnten desto intensiver waren die Versuche der Konkurrenz die jeweiligen aufstrebenden Projektmanager abzuwerben Um dem entgegenzuwirken wurde die bdquoAxa Way Charterldquo ein Vertrag mit starker psychologi-scher Wirkung zwischen der Versicherung und ihren BBs verfasst Der Deal war einfach Auf der einen Seite verpflichteten sich die BBs fuumlr mehr Training und langfristige Loyali-taumlt und auf der anderen Seite garantiert der Arbeitsgeber eine solide Karriereentwicklung im Unternehmen Es war also essenziell den Betroffenen nicht nur den sozialen Aufstieg im Rahmen der Initiative sondern auch eng verknuumlpft mit dem Konzern zu ermoumlglichen

Mit der Zeit wurden auch MBBs ausgebildet um umfangreichere Projekte die von mehreren BBs gesteuert wurden durchzufuumlhren CEO Henry de Castries war sich der Sym-bolik der Zertifizierungsfeiern bewusst und war stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Zum Ende des Jahres 2004 wurde die zweite Phase in sechs Pilotprojekten gestartet Der Schritt von DMAIC zu DMO fuumlhrte unweigerlich zu weniger bdquolow hanging fruitsldquo und zu mehr zeit- und lernaufwendigerem Prozessmanagement Die DMO-Phase beinhal-tete ein tieferes Verstaumlndnis in Form einer bdquoEnd-to-Endldquo-Darstellung der Geschaumlftstaumltig-keiten um die AXA-WAY-Vorgehensweise zu verankern

Ein paar Projektbeispiele die unternehmensweit kommuniziert wurden und die als Best-Practice-Beispiele dienten sollen an dieser Stelle auszugsweise aufgefuumlhrt werden

bull Die Versicherungsmakler in Frankreich profitierten von einem AXA-WAY-Projekt welches den Bearbeitungsprozess im Neukundengeschaumlft zum Inhalt hatte Nach er-folgreicher Projektdurchfuumlhrung dauerte das gesamte Prozedere nur noch 3 Tage Dar-aus resultierte eine Verbesserung der Motivation in den Maklerteams die Zufriedenheit der Makler stieg um 17 und der Auftragseingang von Neukunden um 14

bull Die Gesundheitsversicherungssparte aus Groszligbritannien meldete Probleme bei der Akquise von privaten Kunden Der bisherige Prozess bestand aus der Kontaktaufnah-me der spezifischen Datensammlung einer detaillierten Risikouumlberpruumlfung und dem Versand eines Willkommenspakets inklusive eines Angebotes welches unterschrieben zuruumlckgeschickt werden musste Zeitlicher Aufwand 40 Tage AXA WAY vereinfachte den Prozess durch die Anwendung von automatisierten IT-gestuumltzten Prozessen signi-fikant Die Dauer des Prozesses wurde um 25 reduziert und die Umsaumltze stiegen um 30 15 aller Angebote erfolgten papierlos und nahmen 8 Tage fuumlr den gesamten Prozess in Anspruch

bull Die deutsche Tochter des AXA-Konzerns war der Meinung dass die Qualitaumltsverbes-serungen fuumlr den Kunden spuumlrbar sein muumlssten Unter dieser Praumlmisse wurden rund

230 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

40 Kernprozesse des Vertriebs und Marketings auf Verbesserungspotenziale hin unter-sucht Das Ergebnis war dass ein neues Versicherungsprodukt mit dem Serviceverspre-chen dass alle Antragstellungen innerhalb von 24 h bearbeitet werden lanciert werden konnte Das Feedback des Kunden war eindeutig Die schnelle Bearbeitung war das kaufentscheidende Alleinstellungsmerkmal Schon nach einigen Monaten verdoppelte sich die Anzahl der neuen Antraumlge

Bis Mai 2005 wurden 90 des Konzernumsatzes durch Geschaumlftsbereiche generiert die AXA WAY implementiert hatten 400 Projekte wurden abgeschlossen und 400 weitere befanden sich noch mitten in der Projektarbeit Es wurden bis dahin 330 BBs (04 der Belegschaft) ausgebildet und 6000 Mitarbeiter hatten bis zu diesem Zeitpunkt an AXA-WAY-Schulungen teilgenommen 125 Mio euro an AXA WAY Project Net Income (AWPNI) waren bis dahin vorzuweisen und das Jahr 2005 sollte weitere 160 Mio euro einsparen Die Kundenzufriedenheit stieg allein zwischen 2004 und 2005 von 68 auf 76 Fuumlr die Initiatoren von Six Sigma waren diese Anzeichen eine Genugtuung Kunden nicht nur zufriedenzustellen sondern zu begeistern ndash Six Sigma konnte bis dato zumindest aus Sicht dieser Momentaufnahme das Leistungsversprechen halten

545 Fazit

Nicht zu vernachlaumlssigen ist unter dem Strich der durch die Implementierung bedingte Aufwand Auch Fort war sich sicher dass Operational-Excellence-Bemuumlhungen keine Selbstlaumlufer sind Trotz etlicher Erfolgsgeschichten aus dem Hause AXA sind zahlreiche Baustellen zu identifizieren

So wurde die Verwendung der Six-Sigma-Sprache von Anfang an intensiviert Nicht nur bei Immigranten ist die Sprache der kritischste Aspekt fuumlr eine erfolgreiche Assimi-lation an neue Kulturkreise ndash ohne eine gemeinsame Sprache kann man nicht zusammen-leben geschweige denn gemeinsam arbeiten Es stellte sich jedoch heraus dass es ein schmaler Grat war eine neue Sprachwelt zu verinnerlichen ohne von einem exzessiven Gebrauch methodisch gepraumlgter Fachbegriffe abgeschreckt zu werden ndash Feingefuumlhl in der Form und im Umfang der Kommunikation ist gefragt

Gleichzeitig taten sich hochrangige Manager mit Projekten schwer die auf eine mitt-lere bis lange Perspektive ausgelegt waren Von auf Bauchgefuumlhl und Geschaumlftsintuition beruhenden bdquoAbkuumlrzungenldquo bei der Umsetzung der DMAIC-Zyklen ist aus Six-Sigma-Sicht abzusehen ndash dies widerspricht aber haumlufig der gewohnten Entscheidungsfindung von erfahrenen Managern Besonders dann wenn das Ergebnis eines Projektes die Vermutung des jeweiligen Managers bestaumltigte wurde es fuumlr die Zukunft immer schwerer die Grund-idee von Six Sigma ndash eine auf Daten und Analysen gestuumltzte Prozessverbesserung ndash zu verinnerlichen Durchsetzungsvermoumlgen und Ausdauer waren gefragt

Auch wenn die Generierung von bdquoQuick Winsldquo erfolgreich und zeitnah erfolgte wunderten sich manche Manager dass dies nicht umgehend in Zahlen der Kundenzu-

23154 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA

friedenheit abzubilden war Brunet erlaumluterte immer wieder aufs Neue dass dies nichts Ungewoumlhnliches sei Denn entweder waren so fruumlh keine ausreichend repraumlsentativen Datensaumltze vorhanden oder die ersten Projekte loumlsten eher akute Probleme ndash in Form von bdquoFeuerwehreinsaumltzenldquo ndash als dass sie sich auf die langfristige Bindung von Kunden an das Unternehmen konzentrierten Fuumlr eine realistische Erwartungshaltung der Betroffenen zu sorgen sei wichtig

Auch wenn es sich bei diesen Baustellen um reparable Beeintraumlchtigungen handelte so fuumlhrten viele davon in der Summe irgendwann zu einem irreparablen Schaden Im Mai 2005 forcierte CEO Henri de Castries die Zielerreichung von AXA WAY bei einem Meeting der Topmanager und formulierte seine Vision bdquoAmbition 2012ldquo ndash um AXA an die Spitze der Versicherungen zu bringen Was hinsichtlich dieser Zielsetzung den Unter-schied zur Konkurrenz ausmachte war eine klare Differenzierung durch die Qualitaumlt der Kundenbeziehung Stellschrauben dafuumlr waren seiner Einschaumltzung nach eine fehlerfreie Beratung passende Loumlsungen die Faumlhigkeit auf Leistungsversprechen zuverlaumlssig Ta-ten folgen zu lassen und die Liefertreue einzuhalten Die Mitarbeiter fungierten dabei als wichtigster Treiber und sollten durch aussichtsreiche Karrierepotenziale das Uumlbernehmen von Verantwortung und ausgesprochene Anerkennung motiviert werden Durch die Schaf-fung von Transparenz sollte das Vertrauen der Aktionaumlre ausgebaut werden Trotz erfreu-licher Projektergebnisse in den ersten vier Jahren der Initiative musste die Infrastruktur der Initiative dafuumlr in Zukunft einen staumlrkeren Einfluss auf die Aufbauorganisation des Konzerns haben ndash die Silostrukturen waren nach wie vor zu stark ausgepraumlgt und der Kundenfokus ndash als houmlchstes Gebot ndash zu haumlufig nicht verinnerlicht Den Initiatoren der Six-Sigma-Implementierung war klar dass dieses Defizit die Intensivierung der Change-Management-Maszlignahmen nach sich ziehen wuumlrde

Terry Leahy der von 1997 bis 2011 CEO des britischen Einzelhaumlndlers Tesco war bezifferte den Zeitraum den das Unternehmen fuumlr die vollstaumlndige Ausrichtung auf den Kunden benoumltigten wuumlrde auf zehn Jahre British Airways benoumltigte Ende des letzten Jahrtausends einen aumlhnlichen Zeitraum um eine kundenfreundliche Service-Kultur zu eta-blieren ndash und deutlich weniger Zeit um den erarbeiteten Ruf wieder zu zerstoumlren Unter Beruumlcksichtigung dieses Zeithorizonts fuumlr eine realistische Kulturveraumlnderung befand sich AXA 2005 auf der Haumllfte der Strecke Wie sah dies im Jahr 2013 aus

Im Jahr 2012 beschaumlftigte der Konzern rund 20000 Mitarbeiter mehr (163000) er-wirtschaftete mit 102 Mio Kunden in 57 Laumlndern einen Umsatz von knapp uumlber 90 Mrd euro (im Vergleich zu 75 Mrd euro Jahr 2001) und stritt sich mit der deutschen Allianz um die Vorherrschaft am Markt Die Jahre seit 2008 haben gezeigt dass der Konzern eher Krisen-stabil aufgestellt ist Auch wenn es aufgrund von Sanierungsmaszlignahmen finanzielle Ein-schnitte gab so ist die Situation fuumlr den franzoumlsischen Konzern nie kritisch gewesen ndash an-ders ist es dagegen beispielsweise beim italienischen Konkurrenten Generali Es laumlsst sich schwer ermitteln welchen Beitrag die Six-Sigma-Methodik im Detail leistet ndash hinsichtlich des Leistungsvermoumlgens der Operational-Excellence-Bemuumlhungen bewahrt der Konzern Stillschweigen Es laumlsst sich aber festhalten dass die Implementierung von AXA WAY Spuren hinterlassen hat Die Kundennaumlhe ist heute immer noch entscheidend und opera-

232 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

tive Exzellenz und die Einbeziehung der Mitarbeiter sind nach wie vor essenziell ndash und das ganz offiziell Es spiegelt sich deutlich in der Auszligendarstellung des Konzerns wider bdquoUnsere Strategie vereinbart internes und externes Wachstum um die Herausforderung der operativen Exzellenz in folgenden Bereichen anzunehmen Produktinnovation Kern-geschaumlftsgutachten (Abschluss Schadensbearbeitung und -abwicklung) Vertrieb Dienst-leistungsqualitaumlt und Produktivitaumlt Alle Mitarbeiter der Gruppe sind Akteure der opera-tiven Exzellenz und werden in dieser Vorgehensweise von dem AXA Way Programm fuumlr staumlndige Prozessverbesserung unterstuumltzt Durch die Hebelwirkung der Zugehoumlrigkeit zu einer Gruppe setzen die 174935 Maumlnner und Frauen die AXA darstellen diese auf unse-re Werte und Verpflichtungen fundierte Strategie umldquo (Baillot und Weeks 2009)

Auch nachdem Claude Brunet aufgrund personeller Umstrukturierungen im Konzern 2010 wieder in die Automobilindustrie zuruumlckkehrte steht Henri de Castries immer noch in der ersten Reihe und predigt den Grundgedanken von Six Sigma Um in schwierigen Zeiten wettbewerbsfaumlhig zu bleiben muss sich gemaumlszlig de Castries ein Unternehmen erst recht staumlrker auf seine Kunden einstellen und transparenter werden ndash das Personalma-nagement ist der kritische Erfolgsfaktor Auch heute noch werden in Stellenausschreibun-gen angehende Black Belts gesucht die das Prozessmanagementteam dabei unterstuumltzen sollen das Zusammenspiel des bdquoAxa-Motorsldquo zu optimieren und die Aufbauorganisation unter Effizienzgesichtspunkten zu untersuchen

Wenn man in turbulenten Jahren nur uumlber finanzielle Ziele nachdenkt ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht ndash der Wettbewerbsvorteil liegt aber im Management des Menschen (vgl de Castries 2009) Seit der Ernennung Henri de Castries zum CEO im Jahr 2000 ist diese Auffassung die mitunter wichtigste Konstante in der Wertschoumlpfung des Versicherers

55 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Die Ausfuumlhrungen machen deutlich So wie Operational Excellence mehr ist als die technokratische Umsetzung einer Methodik ist auch Change Management mehr als die sorgfaumlltige Strukturierung und Abarbeitung eines Kommunikationsplans Zusaumltzlich wird unmissverstaumlndlich klar dass die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Initiative auf den Menschen als Motor von Veraumlnderungen angewiesen ist (damit kommt es auf die genaue Dosierung von Motoroumll an) Die Ursachen fuumlr einen Kolbenfresser bei einem Verbren-nungsmotor sind die uumlberhoumlhten Temperaturunterschiede zwischen Kolben und Zylinder mangelnde oder falsche Schmierung und Konstruktionsfehler bei der Herstellung oder Wartung Zur Gewaumlhrleistung eines funktionsfaumlhigen Zusammenspiels zwischen Metho-dik und Mensch ndash bzw Unternehmen und Mitarbeiter ndash ist es die Aufgabe des Change Managements Temperaturunterschiede auszugleichen die Feinmechanik zu schmieren und Konstruktionsfehler rechtzeitig zu erkennen Verschiedene Ansaumltze wie dies vonstat-tengehen soll wurden sowohl praxisorientiert als auch theoriebasiert dargestellt

23355 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Die Schlussfolgerung darf nicht lauten Auf jede strategische Initiative muss man einen Haufen Change-Berater loslassen Im Ergebnis wuumlrden sich fragmentierte Change-Ak-tivitaumlten punktuell auswirken ndash hier mal mehr und dort mal weniger Solange es auf der einen Seite das Lager der Operational-Excellence-Berater und auf der anderen Seite das der Change-Berater gibt sind Reibung und Verschleiszlig vorprogrammiert Das Stichwort an dieser Stelle ist bdquoEmbedded Changeldquo ndash die Trennung zwischen operativem Management und Change Management ist in der Praxis kuumlnstlich ndash beides muss Hand in Hand gehen Die Schlussfolgerung muss daher lauten Jede strategische Initiative sollte von Experten gefuumlhrt werden die die methodischen Anforderungen sowohl der Operational Excellence als auch des Change Managements erfuumlllen Aus diesem Grund lassen bereits die in Kap 4 diskutierten Erfolgsfaktoren der Operational Excellence zahlreiche Change-Aspekte die in Kap 5 deutlich werden durchschimmern

Wenn Doppler und Lauterburg die Bedeutung des bdquoLernen Sicherstellenldquo fuumlr einen er-folgreichen Unternehmenswandel hervorheben liegt dies in der Natur einer strategischen Initiative wie der Operational Excellence die auf den Ausbau der Mitarbeiterfaumlhigkeiten ausgelegt ist In Zusammenhang mit bdquoRichtige Projekte machen ndash Projekte richtig ma-chenldquo wurde auf die Sicherstellung des Wissenstransfers auf den Prozesseigner und auf die Relevanz des Auf- und Ausbaus der methodischen Expertise hingewiesen

Wenn CEO Henri de Castries die Vision bdquoAmbition 2012ldquo formuliert ist das nicht zwangslaumlufig auf eine Change-Management-Maszlignahme zuruumlckzufuumlhren die sich auf den dritten Schritt von Kotter (Vision und Strategie entwickeln) bezieht Schon das Leistungs-versprechen der Six-Sigma-Methodologie verlangt einen langen Atem wodurch die Ge-staltung eines langfristigen und erstrebenswerten Zielzustandes unentbehrlich ist Auch bdquoVision und Commitment leben ndash Kommunikation etablierenldquo ist ein passendes Beispiel fuumlr einen Erfolgsfaktor der Methodik von Operational Excellence der sich mit Change-Inhalten uumlberschneidet

Eine absolut trennscharfe Darstellung von Erfolgsfaktoren der Operational-Excel-lence-Methodik und der Change-Management-Logik waumlre also vermessen Uumlberschnei-dungen lassen sich nicht vermeiden Viel bedeutender ist die Integration dieser Faktoren in das Alltagsgeschaumlft einer strategischen Initiative wie Lean Management Six Sigma oder Lean Sigma ndash da kann es nicht schaden wenn die wesentlichen Stellschrauben fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung mehrmals betont werden Im Folgenden werden also die fuumlr den Lebenszyklus einer Operational-Excellence-Initiative relevanten Change-Faktoren identi-fiziert und diskutiert Abb 56

551 Reflexion ermoumlglichen

5511 Was ist die QuintessenzReflexion bedeutet immer wieder neu nachzudenken und seine eigenen Entscheidungen infrage zu stellen Kann an der urspruumlnglichen Ausrichtung der Initiative festgehalten werden Sind die fuumlr den Fortschritt der Initiative zugrunde gelegten Praumlmissen und die

234 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

daraus abgeleiteten Maszlignahmen zu modifizieren Sind der eingeschlagene Weg und die beteiligten Personen noch immer die erfolgversprechendste Kombination Was sind die bdquoLessons Learnedldquo und was bedeuten sie fuumlr die Zukunft Fuumlr die nachhaltige Umsetzung von Operational Excellence ist es unentbehrlich dass die Entscheidungstraumlger diese Maszlig-nahmen des Korrektivs begleitender Reflexion fruumlhzeitig und regelmaumlszligig wagen

5512 Warum ist das erfolgskritischIn der Informatik spricht man von Reflexion wenn eine Software so programmiert wurde dass sie die eigene Struktur erkennen und wenn noumltig variieren kann Modifikation durch Introspektion Computer arbeiten in der Regel mit Informationsspeichern ndash den sogenann-ten RAM-Modulen In diesen Speichermodulen befindet sich ein Maschinencode der als reflexiv bezeichnet werden kann Dieser Maschinencode wird von einem Mikroprozessor ausgefuumlhrt und besitzt dabei die Eigenschaft seine Anweisungen wie Daten zu behandeln So ist er in der Lage seine eigene Struktur zu analysieren und zu veraumlndern In der Psy-chologie wuumlrde man einen solchen Prozess bdquoSelbstbeobachtungldquo und in der Philosophie bdquouumlberpruumlfendes Nachdenkenldquo nennen

Reflexion im Sinne der Entwicklung einer Operational-Excellence-Initiative ist als ver-gleichender Denkvorgang zu verstehen Doppler und Lauterburg (2008) erfassten diesen Aspekt mit der Grundsatzfrage bdquoWas ist losldquo ndash es ist die Pflicht bdquoimmer wieder neu nachzudenkenldquo Erkenntnisse uumlber Vergangenes sind zu gewinnen damit das zukuumlnftige Handeln der Initiative und die anstehenden Entscheidungen des Individuums maszliggeblich beeinflusst werden koumlnnen Dies erfordert die Faumlhigkeit sich mit neuen Rahmenbedin-gungen entsprechend konstruktiv und auf kritische Distanz auseinanderzusetzen Unter-nehmensfuumlhrern geht es wohl haumlufig wie Christoph Kolumbus der auf der Suche eines Seeweges nach Indien Amerika entdeckte Vieles kommt anders als erwartet Reflexion ist also als Lernprozess zu verstehen der bewusst etabliert und aktiv gelebt werden muss damit er einem selbst produzierten Spiegel aumlhnelt Die Organisation der Initiative und die

Operational-Excellence-Initiative

ERFOLGSFAKTOREN

Reflexion ermoumlglichen

Horizontal -spannung bewirken

Mitarbeiter befaumlhigen

Musterwechselzulassen

Oumllstand uumlberpruumlfen

Abb 56 Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Initiativen

23555 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Entscheidungstraumlger betrachten sich kritisch selbst was Anlass bietet sich weiter zu ent-wickeln Dies nimmt Zeit in Anspruch ndash die haumlrteste Waumlhrung unserer Gesellschaft Dabei soll nicht nur das Ausmerzen gemachter Fehler auf der Tagesordnung stehen sondern auch das was man erfolgreich im Projektalltag umgesetzt hat Wenn man nicht weiszlig was man gut macht wird man auch nicht erfahren warum man es gut macht Diese Erkenntnis ist von enormer Bedeutung um zum einen Staumlrken auszubauen und zum anderen Schwauml-chen zu kompensieren ndash sonst gleicht ein Projekterfolg einem Lottogewinn freudenreich aber nicht wiederholbar

So wie Kolumbus die Qualitaumlt seines Kartenmaterials und die seiner Seefahrerfaumlhig-keiten womoumlglich infrage stellte sollte ein vergleichender Denkvorgang die Struktur einer Initiative sichtbar machen Kann an der urspruumlnglichen Ausrichtung der Initiative festge-halten werden Sind die Variablen der Kosten-Nutzen-Analyse noch immer zeitgemaumlszlig Sind die fuumlr den Fortschritt der Initiative zugrunde gelegten Praumlmissen und die daraus ab-geleiteten Maszlignahmen zu modifizieren Sind der eingeschlagene Weg und die beteiligten Personen noch immer die erfolgversprechendste Kombination Schlieszliglich ergaumlnzt dieser Change-Faktor den ersten identifizierten Erfolgsfaktor aus Kap 4 (Initiative mit Organi-sation harmonisieren) um ein reflexives Moment Stehen die Ziele der Organisation nach wie vor im harmonischen Einklang mit der betriebswirtschaftlichen und kulturellen An-schlussfaumlhigkeit der Methodik

Um in diesem Zusammenhang auf tragfaumlhige Ergebnisse zu bauen versteht man unter entsprechenden Reflexionsschleifen nicht das kollektive Philosophieren oder gegenseitige Schulterklopfen Das Grundgeruumlst muss auch Zahlen Daten und Fakten beinhalten ndash die Gespraumlchsgrundlage bildet also zu einen gewissen Maszlige das Initiativen-Controlling Das Ziel ist es eine notwendige kritische Distanz zum Betrachtungsgegenstand herzustellen Harte Zahlen Daten und Fakten koumlnnen bei der kritischen Objektivierbarkeit helfen Ge-nauso sollten die beteiligten Personen nicht alle Insider sein ndash Michael McCain engagierte nicht grundlos einen bdquofachfremdenldquo Vice President of Six Sigma Um die Wirksamkeit der Analyse und Interpretation zu erhoumlhen ist zusaumltzlich eine externe Unterstuumltzung sinnvoll So kann eher verhindert werden dass sich die Beteiligten in Dunstwolken von Endlos-schleifen uumlber gegenseitige Schuldzuweisungen und persoumlnliche Befindlichkeiten strei-ten Die MCW-Studie der IBM (2008) macht diesen Punkt unter bdquoKlares Bewusstseinldquo greifbar Da die Arbeit in Workshops Projektteams und Werkstattkreisen mittlerweile sehr weit verbreitet ist sollte auf professionelle Moderatoren-Expertise zuruumlckgegriffen wer-den Je groumlszliger der Kreis der Beteiligten desto dringlicher ist dieser Hinweis zu verstehen Im Idealfall werden die eigenen Mitarbeiter so berufsbegleitend zu Prozessmoderatoren ausgebildet dass man die Moderationskapazitaumlten intern zur Verfuumlgung stellen kann Das Know-how bliebe im eigenen Unternehmen Es ist jedoch zu beachten dass eine ent-sprechende Qualifikation dringend erforderlich und der damit einhergehende finanzielle zeitliche und geistige Aufwand nicht zu unterschaumltzen sind Wenn unerfahrene Mitarbeiter oder Fuumlhrungskraumlfte ihre Aufgabe als Moderator nur uumlber das Zuteilen von Wortmeldun-gen definieren kann dies die Initiative teuer zu stehen kommen

Change Management bedeutet immer erst Selbstveraumlnderung der beteiligten Entschei-dungstraumlger ndash diese Einsicht ist in der Praxis noch nicht weit verbreitet (vgl Wimmer

236 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

2004 S 36) Die Bedeutung der dazu zu erfuumlllenden Grundvoraussetzung soll dieser Teilabschnitt skizzieren Reflexion ermoumlglicht seinen blinden Fleck den der Mensch von Natur aus ignoriert wahrzunehmen Fuumlr die nachhaltige Umsetzung der Operational Ex-cellence ist es unentbehrlich diesen Schritt fruumlhzeitig und regelmaumlszligig zu wagen Ohne entsprechende Maszlignahmen des Korrektivs begleitender Reflexion steht die ergebnisorien-tierte Navigation der Initiative auf dem Spiel

552 Horizontalspannung sicherstellen

5521 Was ist die QuintessenzSeit etlichen Jahrzehnten steht die Einzelverantwortung des Mitarbeiters als Resultat der strengen Arbeitsteilung im Fokus von profitorientierten Wirtschaftsorganisationen Konkurrenz und nicht Kooperation beherrschen das Denken die Wege von bdquountenldquo nach bdquoobenldquo sind nicht nur lang sondern auch steil und die Basis der Mitarbeiter entfernt sich immer mehr vom Idealbild des unternehmerischen Arbeitsnehmers Kurz gesagt Auf-grund der funktions- also siloorientierten Arbeitsweise steht die Organisation in vertikaler Spannung Ein jeder bemuumlht sich um die Gunst des hierarchisch relevanten Vorgesetzten ndash der Blick auf die Nachbarabteilungen rechts und links wird vernachlaumlssigt Wo fruumlher und heute Arbeitsteilung Abgrenzung und Konkurrenz praumlgend waren und sind muumlssen in Zukunft Integration Kooperation und Vernetzung das Wachstum von Morgen gestal-ten ndash im Fokus dieser Horizontalspannung steht dabei immer der Kunde Es geht also um keine positionsorientierte sondern prozessorientierte Denkweise

5522 Warum ist das erfolgskritischZu Beginn des Buches wurden die sich immer staumlrker veraumlndernden Rahmenbedingungen unserer Umwelt identifiziert Gewaltige Innovationsspruumlnge in der Informationstechnolo-gie die Beschleunigung aller Geschaumlftsprozesse die finanzielle Gratwanderung mit glo-baler Dimension die Zunahme an Komplexitaumlt und schlieszliglich die Vernetzung am Markt Letzteres fasste der CEO eines indonesischen Telekommunikationsunternehmens im Unternehmensideal des bdquodigitalen Gepardsldquo (IBM CEO Study 2012 S 31) zusammen ndash schnell schlank und immer auf der Hut Doch diesem leistungsfaumlhigen Ideal entsprechen nicht viele Organisationen Um mit den zeitgenoumlssischen Treibern Schritt zu halten re-agierten viele Unternehmen zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfaumlhigkeit mit der Stei-gerung ihrer Binnenkomplexitaumlt (vgl Wimmer 2011 S 19 f) Vor lauter Internationalisie-rungsdynamiken Innovationszwaumlngen und gestiegenen internen und externen Abhaumlngig-keiten gleicht der Organisationszustand dem folgenden Bild Stellen Sie sich einen feinen Hausherren als Gastgeber vor der fuumlr seine Gaumlste ein fuumlnfgaumlngiges Dry-Aged-Beef-Menuuml vorbereitet gleichzeitig noch eine Rede schreibt um im selben Atemzug jeden einzelnen persoumlnlich mit einem Glas Champagner zu begruumlszligen Waumlhrend er mehrmals aufgeregt vor dem Spiegel die Form von Krawatte und Einstecktuch uumlberpruumlft wird der feine Haus-herr der Letzte sein der von dem Fleischverzicht seiner geladenen Gaumlste aufgrund des aktuellsten Fleischwarenskandals Wind bekommt ndash das Abstimmungsdefizit mit seiner

23755 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

Umwelt ist abenteuerlich Das Spannungsverhaumlltnis auf horizontaler Ebene wird damit zum kritischen Erfolgsfaktor Was bedeutet das

Mercedes-Benz entfernte aufgrund der sorgfaumlltigen Six-Sigma-orientierten Erhebung der Kundenwuumlnsche 600 Funktionen aus seinen Modellen weil der Kunde sie nicht brauchte oder gar nicht wusste wie er sie verwenden sollte (vgl Amman 2004 S 16) Diese Fokussierung ist notwendig da auch qualitativ perfekte Waren und Dienstleistun-gen nur dann Absatz finden wenn der Kunde sie nachfragt

Ein fundamentaler Bestandteil der Operational-Excellence-Philosophie ist die Kunden-orientierung Die hier postulierte Horizontalspannung greift dies auf und beschreibt das Spannungsverhaumlltnis von auszligen nach innen Der Kunde definiert das Auszligenverhaumlltnis und die Organisation das Innenverhaumlltnis Warum ist es die Aufgabe von Change Management diese Spannung sicherzustellen Die Antwort ist einfach Weil es den Menschen betrifft Die Problematik zahlreicher feiner Hausherren (Unternehmen) ist bedingt durch das wirt-schaftliche Wachstum der letzten 60 Jahre historisch gewachsen was die Konsequenzen aber nicht schmaumllert

1 Im Vordergrund steht die Einzelverantwortung des Mitarbeiters als Resultat der stren-gen Arbeitsteilung Wie in Kap 4 schon erlaumlutert werden in der Folge notwendige Schritte zur Kooperation durch Konkurrenzgedanken im Keim erstickt

2 Die Wege von bdquountenldquo nach bdquoobenldquo sind nicht nur lang sondern auch steil Die Dis-krepanz von Informationen und Einfluss zwischen bdquountenldquo und bdquoobenldquo fuumlhrt dazu dass das persoumlnliche Engagement ndash dadurch auch das unternehmerische Handeln ndash nach oben hin zu und nach unten hin abnimmt Die Basis also die breite Masse entfernt sich eher vom Idealbild des unternehmerischen Arbeitnehmers

3 Anknuumlpfend an den letzten Punkt wird ersichtlich dass viele Organisationen in vertika-ler Spannung zwischen bdquoobenldquo und bdquountenldquo stehen Das Denken und Handeln in dyna-mischen Ablaumlufen wird durch das Denken in Machtsystemen und Positionen ndash statt in Aufgaben und Funktionen ndash verhindert Zu viele Fuumlhrungskraumlfte die ihre Existenz im jeweiligen Stab oder der jeweiligen Linie versuchen zu sichern behindern das Wert-schoumlpfen in Prozessketten Die Entwicklung der Organisation wird entschleunigt weil man vergisst von wem man lebt ndash die horizontale Perspektive gewinnt so unter keinen Umstaumlnden an Spannung

Dies zu aumlndern ist fuumlr die Ergebniswirksamkeit von Operational Excellence erfolgskri-tisch Wo fruumlher Informationen als Machtmittel verwendet wurden soll nun fruumlhzeitige Kommunikation partnerschaftliches Arbeiten ermoumlglichen Wo es fruumlher eine klare Ord-nung gab soll es heute sinnvolle Prozesse geben Wo fruumlher Arbeitsteilung Abgrenzung und Konkurrenz praumlgend waren sollen heute Integration Kooperation und Vernetzung das Wachstum von morgen gestalten Fuumlr diesen Wandel muss sich das Verhalten des Menschen aumlndern Gewohnte Strukturen muumlssen aufgegeben und kulturelle Gewohnhei-ten losgelassen werden ndash Doppler und Lauterburg (2008) lassen diesen Schluumlsselfaktor durch die Formulierung bdquoDenken in Prozessen ndash statt Strukturenldquo Gestalt annehmen

238 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Entsprechende Change-Management-Maszlignahmen haben die Organisation und ihre Mitarbeiter in diese Richtung zu fuumlhren und alle Hebel des Unternehmens in die gleiche Position zu legen Die Einstellung und das Verhalten der Fuumlhrungspersonen Technologie-strukturen Investition in das Personal Einfluss- und Kontrollmechanismen und die Orien-tierung des Belohnungskonzeptes muumlssen alle auf die zentrale Bedeutung des Kunden horizontal ausgerichtet sein

Die Horizontalspannung hebt das Verhaumlltnis zwischen Kunde und Unternehmen hervor und greift damit die methodische DNA der Operational Excellence auf Fuumlr die meisten Organisationen ist das in dieser Dimension Neuland und erfordert deshalb ein grundsaumltz-liches Umdenken in den Koumlpfen der Betroffenen Entsprechende Change-Management-Ansaumltze helfen die Dringlichkeit dieses Aspektes aufrechtzuerhalten und akzelerieren die Wirkungsfaumlhigkeit der Initiative

553 Mitarbeiter befaumlhigen

5531 Was ist die QuintessenzOperational Excellence bricht mit der gewohnten Routine der Beteiligten Wer gestern durch Bauchentscheidungen strategische Maszlignahmen eingeleitet hat wird morgen mit einer zahlen- daten- und faktenbasierten Herangehensweise seine Probleme haben Die Veraumlnderung von Verhalten und Einstellung zu ermoumlglichen ist die mitunter groumlszligte He-rausforderung einer wirksamen Operational-Excellence-Initiative Wichtig zu verstehen ist dass Veraumlnderung eine Tuumlr ist und bleibt die nur von innen geoumlffnet werden kann Das Management der Methodik ist wichtig ndash das Management des Menschen ein Muss Um die Mitarbeiter und damit auch die Initiative nicht zu verlieren muumlssen Antworten auf die persoumlnlichen Fragen der Betroffenen gefunden werden Bin ich der neuen Arbeitssituation fachlich und persoumlnlich gewachsen Muss ich in Zukunft mit mir unsympathischen Men-schen arbeiten Welche Auswirkung hat diese Initiative auf meine Karriere Wenn dies nicht geschieht werden die Mitarbeiter nicht faumlhig sein die anstehenden Veraumlnderungen mitzutragen

5532 Warum ist das erfolgskritischVerschraumlnken Sie fuumlr einen Moment Ihre Finger ineinander als ob Sie beten Warten Sie ein paar Augenblicke ab und wechseln dann den unteren Daumen nach oben Irgendetwas fuumlhlt sich falsch an richtig

Unser Gehirn bemuumlht sich so viele Aktivitaumlten wie moumlglich in Routinen zu uumlbersetzen Fast 50 unserer Handlungen im Alltag werden unbewusst ausgefuumlhrt (vgl Hartmann-Wolff 2013) Das ist per se nicht schlecht denn so spart der Mensch Hirnkapazitaumlten und waumlhnt sich in Sicherheit Das Schwierige an diesem Energiesparprogramm ist es routi-nierte Gewohnheiten abzulegen Jeder kennt wohl die Situation im britischen Linksver-kehr wenn an Stelle des Blinkers der Scheibenwischer ausgeloumlst wird Es braucht einige Kilometer um sich an den ungewohnten Mechanismus anzupassen Warum neigt jedoch der Mensch dazu sich vehement gegen Veraumlnderungen zu wehren Der befuumlrchtete Ver-

23955 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

lust des Gewohnten wiegt schwerer als die Aussicht auf einen moumlglichen Gewinn Das ist psychologische Realitaumlt Spannend wird es aber wenn man sich erst einmal an das Neue gewoumlhnt hat Wer die positiven Konsequenzen von koumlrperlicher Ertuumlchtigung erlebt hat dem geht es moumlglicherweise aumlhnlich wie jemandem der seinen Wohnort wechseln muss-te Hat man sich an das Neue inklusive der Vorteile gewoumlhnt moumlchte man es nicht mehr hergeben ndash ein neuer Maszligstab wurde etabliert Was bedeutet dies fuumlr die Implementierung einer Operational-Excellence-Initiative

bull Operational Excellence bricht mit der gewohnten Routine der Beteiligten Wenn gestern durch Bauchentscheidungen strategische Maszlignahmen eingeleitet wurden oder der Kunde in der Vergangenheit als diffuses unkalkulierbares Etwas wahrgenommen wurde dann handelt es sich um eine grundlegende Veraumlnderung der Arbeitseinstellung um morgen operative Exzellenz erreichen zu koumlnnen Im Fokus muss dabei immer die menschliche Komponente von Veraumlnderungen stehen denn der einzelne Mitarbeiter stellt sich viel persoumlnlichere Fragen Was ist das Ziel der Initiative ndash ist das Ziel fuumlr mich plausibel Ist diese Sache wirklich wichtig ndash besteht fuumlr mich die Gefahr des Ver-lustes von Entscheidungsbefugnissen Bin ich der neuen Arbeitssituation fachlich und persoumlnlich gewachsen Muss ich in Zukunft mit besonders schwierigen oder mir un-sympathischen Menschen arbeiten Muss ich finanzielle Nachteile erwarten Welche Auswirkung hat dieses Vorhaben auf meine Karriere Ist mein Arbeitsplatz sicher Der befuumlrchtete Verlust des Gewohnten wiegt schwerer als die Aussicht auf einen moumlglichen Gewinn Um den moumlglichen Gewinn der Zukunft mit Operational Excellence hervorzu-heben muumlssen Antworten auf die persoumlnlichen Fragen der Mitarbeiter gefunden werden Es ist die Aufgabe der fuumlhrenden Kraumlfte der Initiative ihren Mitarbeitern zuzuhoumlren

bull Veraumlnderung ist und bleibt eine Tuumlr die nur von innen geoumlffnet werden kann Die Veraumlnderung von Verhalten und Einstellung zu ermoumlglichen ist die mitunter groumlszligte Herausforderung einer wirksamen Operational-Excellence-Initiative Dazu gehoumlrt zum einen die Befaumlhigung zu einer sauberen fachlichen Vorgehensweise ndash dieser Faktor wur-de bereits mehrfach beschrieben ndash und zum anderen Zeit Beispielsweise etablierte Bru-net eine explizite GB-Ausbildung fuumlr die zukuumlnftigen Prozesseigner von AXA damit sie den fachlichen Anforderungen der bdquoControl-Phaseldquo des DMAIC-Zyklus gewachsen sein wuumlrden Dies gab ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen (oder auch Routine) was sich schlieszliglich positiv auf ihr Verhalten und damit auch auf die Verankerung der Ver-aumlnderung auswirkte Gestaumlrkte Beteiligte gewoumlhnen sich schneller an das Neue und staumlrken die Initiative von innen ndash dies ist essenziell fuumlr den Antrieb von Veraumlnderungen

Umfangreiche Transformationsprogramme sind dann entindividualisierend wenn nur die Initiative und nicht auch der Mensch gemanagt wird Fuumlr die Praxis bedeutet dies dass die Fragen der Betroffenen beantwortet werden und ihr Selbstbewusstsein gestaumlrkt wird Neben vielen bereits diskutierten Faumlhigkeiten der Fuumlhrungskraumlfte soll an dieser Stelle die Begrifflichkeit des qualifizierten Leidens geschaumlrft werden Qualifiziert Leiden heiszligt offene Ohren und ehrliches Verstaumlndnis fuumlr die Situation der Betroffenen zu haben Das ist nie leicht Es gilt Geduld mit Mitarbeitern zu haben deren Lebensumstaumlnde sich ra-

240 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

dikal aumlndern Ob es sich dabei um eine neue Taumltigkeit im Unternehmen handelt ndash distan-ziert vom gewohnten Umfeld in dem Kollegen zu Freunden wurden ndash oder um den im Extremfall nicht zu verhindernden Verlust des Arbeitsplatzes Wer sich als Fuumlhrungskraft unter Zeitdruck nur mit der Einhaltung der strategischen Meilensteine der Uumlberwachung der Leistungsindikatoren und der technisch einwandfreien methodischen Umsetzung beschaumlftigt managt die Initiative vergisst aber dabei seine Mitarbeiter an das Neue zu gewoumlhnen In der Konsequenz wird er uumlber wesentliche menschliche Beduumlrfnisse stolpern (z B informiert sein Arbeitsplatz bewahren Macht erhalten Finanzierung sichern) Qua-lifiziertes Leiden ist eine Charakterfrage Fuumlr Veraumlnderungen im Sinne einer Operational-Excellence-Initiative ist diese Faumlhigkeit mitentscheidend um Mitarbeiter zu erreichen Nur dann kann die Tuumlr zur Veraumlnderung von innen geoumlffnet werden um routinierte Ver-haltensweisen abzulegen

554 Musterwechsel zulassen

5541 Was ist die QuintessenzOrganisationen geraten im hektischen Konkurrenzkampf immer schneller an die Grenzen ihrer Wettbewerbsfaumlhigkeit Wenn das Bestehende kaum noch verbessert werden kann muss es grundsaumltzlich infrage gestellt werden Operational Excellence fuumlhrt bei konse-quenter Umsetzung zu bdquoPowershiftsldquo ndash die Realitaumlt wird infrage gestellt und etablierte Konzepte werden systematisch uumlber Board geworfen Es ist die Aufgabe des Change Ma-nagements diesen Musterwechsel einzuleiten und zu begleiten um Operational Excel-lence in den Grundfesten einer Organisation zu verankern

5542 Warum ist das erfolgskritisch1968 stellte der Amerikaner Richard Fosbury einen neuen Weltrekord im Hochsprung auf Schon als pfiffiger Schuljunge hatte der Student des Bauingenieurwesens entdeckt dass er durch die Senkung des Schwerpunktes bei gleichzeitiger Streckung des Koumlrpers houmlher springen konnte Nach dieser Technik laumluft der Leichtathlet eine Kurve dreht beim Ab-sprung und in der Steigphase den Rumpf und uumlberspringt die Latte ruumlckwaumlrts Die Skep-sis an dieser neuen Sprungvariante war groszlig da sie sich grundlegend von den bis dahin genutzten Sprungarten (Scherensprung Rollsprung oder Waumllzer) unterschied Fosbury jedoch gewann 1968 in Mexico-City mit einem Sprung uumlber 224 m Gold und etablierte den Fosbury-Flop als neuen Standard in seiner Disziplin Heute liegt der Weltrekord bei 245 m ndash gesprungen mit einem Fosbury-Flop (Vgl Bormann 2006)

Aumlhnliche Situationen treten im Unternehmenskontext immer haumlufiger auf Der Mehr-wert von bisherigen Verfahren und Methoden ist gegenuumlber der Konkurrenz ausgereizt und die Steigerung der Wettbewerbsfaumlhigkeit hat im Rahmen der vorherrschenden Auf-bau- und Ablauforganisation den Zenit erreicht ndash die Organisation stoumlszligt an Grenzen um die richtigen Projekte auch richtig zu machen In einem solchen Fall ist es an der Zeit nicht nur Bestehendes zu verbessern sondern das Bestehende grundsaumltzlich infrage zu

24155 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

stellen Der Begriff Musterwechsel soll diesen Veraumlnderungsdruck mit dem Unternehmen tendenziell immer staumlrker konfrontiert sind terminologisch erfassen

Die kontinuierliche Leistungsphilosophie von Operational Excellence beruht auf bdquoPo-wershiftsldquo um die entsprechende Durchschlagskraft zu entwickeln Operational Excel-lence entspricht einem Musterwechsel weil die Realitaumlt ndash wie eine etablierte Sprung-technik ndash infrage gestellt wird und neue Loumlsungsansaumltze ndash zur Brechung des Weltrekords ndash entwickelt werden Derartige Leistungssteigerungen sind maszliggeblich auf disziplinierte und umfassende bdquoTrainingsaktivitaumltenldquo zuruumlckzufuumlhren denn weder Weltrekorde noch operative Exzellenz ergeben sich von selbst oder in kurzer Zeit Diese Logik spiegelt sich wie bereits in den letzten Kapiteln ausfuumlhrlich beschrieben in der langzeitorientierten und strukturierten Konzeption der Operational Excellence wider

Nicht jede Initiative kann aber der Konsequenz dieser Logik gerecht werden denn es gibt genuumlgend Gruumlnde warum strategische Bemuumlhungen in der Belanglosigkeit versi-ckern Wenn die Lockerung von organisationalen Selbstfestlegungen zu zoumlgerlich stattfin-det wenn mikropolitische Machtkaumlmpfe die Energie der Organisation fuumlr sich beanspru-chen wenn die Fuumlhrung und Motivation interkultureller Ungleichgewichte zu kurzsichtig ist oder wenn nur einige wenige Werkzeuge verwendet werden und die Initiative als nettes Accessoire auf Schnupperbasis nebenher laumluft dann wird das groszlige Ganze ignoriert Die Reichweite der Implementierung kann nur punktuell erahnt werden Wie kann man der-artige Fehlentwicklungen verhindern

Fuumlr Henri de Castries Claude Brunet und Philippe Fort war es von Anfang an klar dass AXA WAY mehr als nur die methodologisch gepraumlgte Implementierung einer Ver-besserungssystematik sein wuumlrde Klar war aber auch dass viele Topmanager des Ver-sicherers diese Ansicht nicht teilten Die Tatsache dass sich AXA als einer der groumlszligten Versicherungskonzerne nicht sonderlich um die Kundenzufriedenheit und die eigene Pro-zessstruktur scherte zeigte den Initiatoren dass das Unternehmen uumlber kurz oder lang an eine Grenze stoszligen wuumlrde An dieser Stelle laumlsst sich die Einleitung eines Musterwechsels erkennen denn in Zukunft stand nicht die Verbesserung des Bestehenden sondern das grundsaumltzliche Infragestellen des Bestehenden zur Disposition Uumlbersetzt Primaumlr ging es bei AXA nicht um die Einfuumlhrung von vereinzelten Qualitaumltsmechanismen sondern um die grundsaumltzliche Frage inwiefern die Wertschoumlpfung in Zukunft definiert sein muumlsse um durch Leistungssteigerungen wettbewerbsfaumlhig sein zu koumlnnen Es wurde in diesem Zuge schnell deutlich dass der Konzern zur bdquoBrechung des Weltrekordsldquo auf eine grund-legende Kulturveraumlnderung als bdquoneue Sprungtechnikldquo angewiesen sein wuumlrde Systema-tisches Change Management wurde als essenziell erachtet um den Musterwechsel ndash weg von siloartigen Strukturen hin zu prozessorientierter Denk- und Arbeitsweise und weg von den eigenen Problemen hin zu den Anliegen des Kunden ndash vorzubereiten bei den Mitarbeitern Akzeptanz finden zu lassen und im Unternehmen zu verankern

Zusammengefasst Operational Excellence ermoumlglicht bei disziplinierter und umfas-sender End-to-end-Umsetzung einen Musterwechsel ndash adaumlquates Change Management stellt sicher dass sich die Menschen im Unternehmen auf diesen bdquoBold Changeldquo ndash eine einschneidende sowohl operationale als auch kulturelle Veraumlnderung ndash einlassen koumlnnen Neben der Gewaumlhrleistung einer entsprechenden Vorbereitung und Verankerung der Ver-

242 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

aumlnderung ist mit bdquoMusterwechsel zulassenldquo die positive Einflussnahme auf die Veraumlnde-rungsbereitschaft der Mitarbeiter als vierter Erfolgsfaktor zu identifizieren

Auf das Wesentliche heruntergebrochen laumlsst sich der Bogen zum Fosbury-Flop schlieszliglich spannen Die von dem talentierten Hochspringer neu entwickelte Technik ent-spricht der korrekten Anwendung von Operational Excellence zur Erlangung eines Wett-bewerbsvorteils ndash dass der Sportler am Tag des Wettkampfes die erforderliche physische Fitness abrufen kann faumlllt in den Aufgabenbereich von Change Management Fuumlr neue Weltrekorde sind die richtige Technik und die entsprechende Fitness zwingend notwendig

555 Oumllstand uumlberpruumlfen

5551 Was ist die QuintessenzMaschinen werden regelmaumlszligig von ausgebildetem Personal gewartet Dies ist notwendig um die Nutzungsdauer zu erhoumlhen und Sicherheit zu gewaumlhrleisten Zum Teil sind derartige Maszlignahmen z B der TUumlV fuumlr Autos gesetzlich vorgeschrieben Wenn man nun Arbeits-prozesse betrachtet an denen Menschen beteiligt sind warum wird dann haumlufig verges-sen dass es auch hier einen gewissen bdquoWartungsbedarfldquo gibt Change Management setzt auf eine regelmaumlszligige Wartung um eventuellen Systemausfaumlllen (z B das Scheitern eines Projektes) vorzubeugen Zwei Aspekte sind dafuumlr notwendig Change Management muss systematisch und nicht punktuell in die Initiative integriert und nah am Geschehen sein

5552 Warum ist das erfolgskritischTechnische Systeme betriebliche Anlagen und elektronische Maschinen werden regel-maumlszligig von ausgebildetem Fachpersonal gewartet So wird Systemausfaumlllen vorgebeugt die Nutzungsdauer erhoumlht und die Betriebssicherheit verbessert sodass schlieszliglich Kosten eingespart werden koumlnnen Die Wartung eines Motors beinhaltet das Schmieren Nachstel-len und Austauschen von Einzelteilen sowie das Nachfuumlllen und Ersetzen von Verbrauchs-mitteln z B des Motoroumlls Besonders der Oumllstand eines Verbrennungsmotors ist richtig und regelmaumlszligig zu uumlberpruumlfen um einen Motorschaden zu vermeiden Eine fachgerechte Wartung ist haumlufig die Voraussetzung zur Wahrung der Gewaumlhrleistung

Was bei Maschinen selbstverstaumlndlich ist wird bei Arbeitsprozessen an denen Men-schen beteiligt sind umso haumlufiger unterschaumltzt oder gar missachtet Und das obwohl die Komplexitaumlt des Menschen die einer Maschine uumlbersteigt Auch im Zuge einer Ope-rational-Excellence-Initiative sind vorbeugende Maszlignahmen zur Gewaumlhrleistung einer ergebniswirksamen Implementierung von hoher Bedeutung Nicht jeder Konflikt und jede Stoumlrung koumlnnen dabei praumlventiv vermieden werden entscheidend ist aber dass die Motorhaube regelmaumlszligig von einem ausgewiesenen Experten zur Kontrolle geoumlffnet wird Nur jemand der sich mit der feinmechanischen Energieumwandlung auskennt wird in der Lage sein Beeintraumlchtigungen und moumlgliche Schaumlden zu beheben Im Folgenden wird die Verantwortung des Change-Agenten anhand von zwei Gesichtspunkten verdeutlicht

24355 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence

1 Change-Management-Maszlignahmen sind nicht nur punktuell sondern systematisch in das Programm einer Initiative zu integrieren Kotter (2011 S 114 f) gelingt es die-sen Aspekt sehr plastisch zu beschreiben Er vergleicht das Betreten zweier Raumlume in denen man die Anordnung der Moumlblierung veraumlndert um die Reichweite von Veraumlnde-rungen deutlich zu machen

Im ersten Raum wuumlrde man die Position des Schreibtischs verschieben die Pflanze naumlher an das Fenster stellen die Gardinen austauschen und mit Hammer und Nagel ein Bild aufhaumlngen Dies waumlre eine Angelegenheit von wenigen Minuten

Der zweite Raum ist anders konstituiert ndash die Gegenstaumlnde und das Mobiliar sind durch Stricke Gummibaumlnder und Stahlseile miteinander verbunden Allein der Gang zum Fenster wuumlrde durch die zahlreichen Querverbindungen problematisch sein Wenn nun aber das Fenster geoumlffnet wird um frische Luft hereinzulassen wird gleichzeitig eine ganze Buumlcherreihe von einem Sideboard gerissen die wiederum die Gegenstaumlnde auf dem Schreibtisch verruumlcken Wenn die Buumlcher zuruumlck auf das Sideboard gestellt wer-den bewegt sich die Couch um wenige Zentimeter und zieht eine Lampe vom Tisch mit sich Diese haumlngt nun auf halber Houmlhe ndash nur gehalten von einem duumlnnen Faden der am Buumlrostuhl befestigt und schon leicht angerissen ist

Die in diesem Buch aufgefuumlhrten neuen Herausforderungen und damit einhergehenden Abhaumlngigkeiten von Unternehmen im globalen Kontext fuumlhren zu dem Ergebnis dass der zweite Raum eher der organisatorischen Realitaumlt entspricht Wo man fruumlher Teil-systeme einfacher aumlndern konnte ist heute fast jedes Element mit anderen vernetzt Die Anwendung von Operational Excellence entspricht nicht dem Verschieben eines Buumlro-stuhls sondern eher dem Austausch der gesamten Moumlblierung ndash Change Maszlignahmen muumlssen in der Folge systematisch und eng an das Programm der Initiative gekoppelt sein um in regelmaumlszligigen Zeitabstaumlnden das Zusammenstuumlrzen des Raumes zu verhindern

2 Hochleistungssportler messen jeden Morgen ihren Ruhepuls um die Entwicklung ihrer Fitness uumlber einen gewissen Zeitraum einschaumltzen zu koumlnnen und um u a Ruumlck-schluumlsse auf die Planung ihrer Trainingseinheiten zu ziehen Wenn der morgendliche Ruhepuls ploumltzlich stark vom Normalwert abweicht kann dies ein Hinweis auf eine zu hohe Trainingsbelastung oder eine bevorstehende Krankheit sein Change-Manage-ment-Maszlignahmen muumlssen den Puls des Geschehens auf aumlhnliche Weise wahrnehmen um Stoumlrungen Schwierigen und Gefahren zu antizipieren Dies ist nur moumlglich wenn der zuvor beschriebene Aspekt der systematischen Integration bedacht wird Wie ein Herzfrequenzmessgeraumlt behaumllt dann die Systematik der Change-Aktivitaumlten die Belas-tungsgrenzen der Organisation im Auge Das Ziel dieser Steuerung ist die Entwicklung von bdquowettkampfspezifischer Ausdauerldquo um einen ausreichend langen Atem fuumlr die nachhaltige Entwicklung der Initiative zu haben

Es lassen sich die identifizierten Erfolgsfaktoren nicht nur inhaltlich sondern auch grafisch aneinander orientieren Abbildung 57 fuumlhrt die diskutierten Faktoren aus Kap 4 und 5 grafisch zusammen

Halten wir fest Nachdem in Kap 4 die kritischen Erfolgsfaktoren der Operational-Excellence-Methodik diskutiert wurden lassen sich auch hinsichtlich des entsprechenden

244 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

Change Managements wiederkehrende Erfolgsmuster ergebnisentscheidende Schluumls-selfaktoren und erforderliche Mechanismen aufdecken Auf der einen Seite stellen die Harmonisierung der Initiative mit der Organisation das Leben von Vision und Commit-ment und das Etablieren entsprechender Kommunikationsstrukturen die fordernde und foumlr-dernde Fuumlhrung der Mitarbeiter die Auswahl der richtigen Projekte sowie deren richtige Durchfuumlhrung und schlieszliglich die messbare Fortentwicklung der strategischen Initiative bdquodas Fahrwerk die Karosserie und Elektronikldquo einer Initiative dar ndash also die mechanische Ausruumlstung des Operational-Excellence-Systems Reflexion ermoumlglichen Horizontalspan-nung anstelle von Vertikalspannung bewirken Mitarbeiter befaumlhigen Musterwechsel in der Organisation zulassen und die kontinuierliche Wartung der Initiative beschreiben auf der anderen Seite die Erfolgsfaktoren hinsichtlich der in die Initiative eingebundenen bdquoMo-tor- und Getriebekonstruktionldquo ndash also die beteiligten Mitarbeiter im Unternehmen Dies fuumlhrt zu einer Erkenntnis die sich zuvor schon abzeichnete Eine erfolgreiche Implemen-tierung von Operational Excellence haumlngt stark von der ergebnisorientierten Installation initiativenspezifischer Change-Management-Maszlignahmen ab Vereinfacht gesagt Fuumlr eine stoumlrungsfreie Fahrt muss die Nutzung des Autos mit der Motorleistung im Einklang stehen ndash ein 911er kommt mit der Motorisierung eines Fiat Punto nicht weit Was bedeutet das

ERFOLGSFAKTOREN

Operational-Excellence-Initiative

ERFOLGSFAKTOREN

Initiative mit Organisation

harmonisieren

Vision und Committment

leben ndashKommunikation

etablieren

Mitarbeiter fuumlhren und

foumlrdern durch Fordern

Richtige Projekte

machen ndashProjekte richtig

machen

Fortentwicklung messbar machen

Reflexion ermoumlglichen

Horizontal -spannung bewirken

Mitarbeiter befaumlhigen

Musterwechselzulassen

Oumllstand uumlberpruumlfen

Abb 57 Initiative mit Organisation harmonisieren und Reflexion ermoumlglichen

24556 Vom Change zum Transformation Management

56 Vom Change zum Transformation Management

Die Erkenntnis dass Operational Excellence mit Change Management Hand in Hand gehen muss ist noch lange nicht etabliert In zahlreichen Unternehmen wird die Disziplin des Ver-aumlnderungsmanagements belaumlchelt Kurzsichtige Aussagen wie bdquoChange Management Bei uns werden Veraumlnderungen einfach angeordnet und umgesetztldquo oder bdquoWir brauchen kein Change Management ndash die Projektleitung hat doch schon einen sehr guten Kommunikations-plan geschriebenldquo sind keine Seltenheit Die Konsequenzen daraus dass der Mensch als Ge-wohnheitstier Veraumlnderungen eher skeptisch gegenuumlber steht weil Veraumlnderungen immer mit Unsicherheiten in der Zukunft verbunden sind werden voumlllig ignoriert Wir sind aus diesem Grund der Ansicht dass man im Kontext einer Operational-Excellence-Initiative nicht von Change Management als eine Art separates Add-on sprechen kann Wir sprechen nicht von einer Frage des willkuumlrlichen bdquoEntweder-oderldquo sondern des zwingenden bdquoSowohl-als-auchldquo

Die folgende typische Aussage zeugt von einem vorherrschenden grundlegenden Miss-verstaumlndnis bdquoBislang laumluft die Initiative bei uns im Hause sehr gut an ndash Change Ma-nagement werden wir beruumlcksichtigen wenn es zu Problemen kommen sollteldquo Diese re-aktive Herangehensweise fuumlhrt geradewegs in eine Sackgasse Vielmehr geht es darum die Systematik des Managements von Veraumlnderungen praumlventiv in die Programmatik der Operational Excellence zu integrieren um die Lebensfaumlhigkeit der Organisation sinnvoll sicherzustellen Der an dieser Stelle praumlgende Begriff des bdquoTransformation Managementsldquo vereint die Zielsetzung der Operational Excellence und die Wirksamkeit von systemati-schem Veraumlnderungsmanagement In der Theorie laumlsst sich beides getrennt voneinander betrachten ndash im Kontext einer Operational-Excellence-Implementierung wird Change Management aber zwangslaumlufig erfordert um das operative Leistungsversprechen zu er-moumlglichen Transformation Management ist ein integrativer Ansatz der sowohl auf das bdquoharteldquo Management der Methodik als auch auf das bdquoweicheldquo Management des Menschen baut Abbildung 58 illustriert den beschriebenen Wirkungszusammenhang zwischen der Operational-Excellence-Methodik und der Change-Management-Logik

Fuumlr eine strategische Initiative wie Lean Management Six Sigma oder Lean Sigma lassen sich nur in der Theorie die Erfolgsfaktoren der Optimierungsmethodik und des Change Managements losgeloumlst voneinander betrachten Um Fortschritt in der Praxis zu erzielen muss beides in Form eines Transformation Managements Hand in Hand gehen Es reicht nicht aus nur die Methodik sauber umzusetzen So koumlnnen sie auch die Kupp-lung Ihres Autos treten und in den ersten Gang schalten ndash fortbewegen werden Sie sich nur wenn Sie auch den Motor starten

Diese Darstellung ist nicht nur die konzentrierteste Zusammenfassung der bisherigen Kapitel sondern ist als Grundlage fuumlr die Entwicklung des handlungsorientierten Kap 6 zu verstehen Wie empfiehlt es sich nun unter Beruumlcksichtigung der bis hierhin formu-lierten Antworten und aufgeworfenen Fragen Operational-Excellence-Initiativen umzu-setzen An welchen Stellen spielt welcher Erfolgsfaktor welche Rolle Laumlsst sich der Ab-lauf in Form eines Leitfadens abbilden Was sind konkrete Aktivitaumlten des Transformation Managements Wie sind die identifizierten Schwachstellen der methodischen Vorgehens-weise zu adressieren Wie gelingt es nicht nur Geld auszugeben sondern von Operatio-

246 5 Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz

nal Excellence langfristig und nachhaltig zu profitieren Schlieszliglich Wie gewinnt die Organisation an Wettbewerbsfaumlhigkeit um die Uumlberlebensfaumlhigkeit durch die strategische Neuausrichtung entscheidend zu staumlrken

57 Das Kapitel in aller Kuumlrze

Kapitel 5 thematisiert die Kernproblematik und gleichzeitig Gemeinsamkeiten von Lean Management Six Sigma und Lean Sigma ndash bei der Implementierung geht es um ein Um-denken aller in der Organisation taumltigen Mitarbeiter vom obersten Chef bis zum untersten Angestellten bzw Arbeiter am Band Operative Exzellenz beruht auf einem Bewusstsein fuumlr kontinuierliche Prozessverbesserung Es geht um die Veraumlnderung von gewohnten Ver-haltensweisen und Denkmustern Damit muumlssen wir uumlber weit mehr sprechen als die An-wendung von Tools denn die Erneuerungen muumlssen nicht von den Maschinen sondern den Menschen ndash dem Motor von Veraumlnderung ndash im Unternehmen gelebt werden Wir sprechen vom Management des Menschen

Hervorzuheben sind die Errungenschaften von Kurt Lewin die Evolution der Organisa-tionsentwicklung und die Definition von Change Management die als Grundlage fuumlr die Ent-wicklung weiterer Uumlberlegungen dient Fundierte Erkenntnisse aus der Literatur bieten die bei-den bdquoChange-Klassikerldquo von Doppler und Lauterburg aus dem Jahr 1994 und Kotter (1996) Wo Kotter in Form eines achtstufigen Prozesses die Erhoumlhung der Erfolgswahrscheinlichkeit anbietet beschreiben die beiden Organisationsentwickler sechs nichtchronologische Schluumls-selfaktoren Die IBM Making-Change-Work-Studie ergaumlnzt das theoretische Fundament um

Abb 58 Wirkungs-zusammenhang zwischen der Operational-Excellence-Methodik und der Change-Management-Logik

247Literatur

einen praxisorientierten Leitfaden zur verbesserten Umsetzung von Veraumlnderungsprozessen der auf Basis der Befragung von 1500 Change-Praktikern entwickelt wurde

Zur Herstellung konkreten Praxisbezuges wird die Implementierung von Operational Excellence ndash in Form von Six Sigma ndash bei der franzoumlsischen Versicherungsgesellschaft Axa beschrieben ndash bdquoAXA WAY ndash The Pursuit of Excellence Through Quality of Serviceldquo Das Ziel von AXA WAY war das Unternehmen nicht ziellos instand zu halten sondern konsequent aufzubauen Trotz erfreulicher Projektergebnisse in den ersten vier Jahren uumlberraschte die Initiatoren der auszligerordentlich zu betreibende Aufwand um Denk- und Verhaltensmuster zu aumlndern Die Intensivierung von Change-Management-Maszlignahmen wurde forciert Bis heute hat die Implementierung Spuren hinterlassen Dass die Kun-dennaumlhe operative Exzellenz und die Einbeziehung der Mitarbeiter nach wie vor ent-scheidend sind ist aktuellen Stellenausschreibungen zu entnehmen Der gleiche CEO fuumlhrt nach 13 Jahren den Musterwechsel durch Six Sigma unter dem folgenden Motto an bdquoWenn man in turbulenten Jahren nur uumlber finanzielle Ziele nachdenkt ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht ndash der Wettbewerbsvorteil liegt aber im Management des Menschenldquo (FAZ Online 2009)

Schlieszliglich identifiziert Kap 5 im Zuge der Konsolidierung der gewonnenen Kenntnisse die erfolgskritischen Change-Management-Faktoren Diese Erfolgsfaktoren sind an den spe-zifischen Anforderungen einer Operational-Excellence-Initiative orientiert Eine erfolgreiche Implementierung von Operational Excellence haumlngt stark von der ergebnisorientierten Instal-lation der Change-Management-Maszlignahmen ab Vereinfacht gesagt Fuumlr eine stoumlrungsfreie Fahrt muss die Nutzung des Autos mit der Motorleistung im Einklang stehen ndash ein 911er kommt mit der Motorisierung eines Fiat Punto nicht weit Aus diesem Grund erfordert eine Operational-Excellence-Implementierung die systematische Anwendung des Change Ma-nagements um das operativ Leistungsversprechen zu ermoumlglichen Im Ergebnis sprechen wir vom Transformation Management als einen integrativen Ansatz der sowohl auf das bdquohar-teldquo Management der Methodik als auch auf das bdquoweicheldquo Management des Menschen baut

Zusammenfassung der Change-Management-Erfolgsfaktoren

1 Reflexion ermoumlglichen2 Horizontalspannung bewirken3 Mitarbeiter befaumlhigen4 Musterwechsel zulassen5 Oumllstand uumlberpruumlfen

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249

Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4_6

6

Unser Dilemma ist dass wir Veraumlnderungen zugleich lieben und hassen Am allerbesten moumlchten wir dass alles beim altem bleibt sich dabei aber staumlndig bessert Es ist nicht gesagt dass es besser wird wenn es anders wird Wenn es aber besser werden soll muss es anders werden(Georg Christoph Lichtenberg Mathematiker)

Wenn der Sohn noch immer uumlber die unuumlberschaubare Vielfalt an winzigen Raumldchen ver-bundenen Kabeln silbernen Schraumlubchen und unzaumlhligen Gummiabdichtungen unter der Motorhaube staunt geht es dem einen oder anderen Leser womoumlglich aumlhnlich Eine er-folgreiche Implementierung von Operational Excellence angetrieben vom Motor der Ver-aumlnderung ist nicht kompliziert sondern komplex Derjenige der das leugnet wird schnell von der Realitaumlt eingeholt Wer schon einmal versucht hat im ersten Gang mit 190 kmh auf der Autobahn zu fahren kann bestaumltigen dass ein Motorschaden ins Geld geht Die Ruumlcksicht auf das Getriebe faumlngt beim Schalten an und houmlrt bei der richtigen Dosierung notwendiger Schmiermittel auf

250 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Dabei sind die Anforderungen an die richtige Dosierung des Motoroumlls unterschiedlich Bei einem Kettcar muss lediglich die Radaufhaumlngung regelmaumlszligig geschmiert werden da-mit sie nicht quietscht wohingegen der Vater in seinem Auto sehr wohl die Oumllstandsan-zeige beachten muss um seinen Sohn sicher zur Oma zu fahren Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel faumlhrt sogar alle paar Runden an die Box um das wettbewerbstaugliche Leistungsvermoumlgen seines Boliden sicherzustellen Nicht jede Operational-Excellence-Initiative benoumltigt die gleiche Menge an Motoroumll denn es kommt darauf an abzuwaumlgen und zu differenzieren Die Schwierigkeit fuumlr den Fahrer (Unternehmens- oder Initiativen-lenker) ist es abhaumlngig vom Verwendungszweck des Fahrzeugs (Sinn Zweck und Reich-weite der Initiative) die richtige Motorisierung zu finden (auf die richtigen Mitarbeiter zu setzen) und den vorsorglichen Pflege- und Wartungsaufwand (z B Uumlberzeugungs- oder Motivationsarbeit) in einem aufwandsentsprechenden Verhaumlltnis zu halten Was kenn-zeichnet das Erfolg versprechende Zusammenspiel zwischen dem Zweck einer Opera-tional-Excellence-Initiative dem Leistungsvermoumlgen sowie der Leistungsbereitschaft der Beteiligten und der notwendigen Intensitaumlt an unterstuumltzenden Change-Management-Ak-tivitaumlten um eine strategische Uumlberlegung zu einem langlebigen Herzstuumlck der Unterneh-mens-DNA wachsen zu lassen

Kapitel 6 beantwortet vor allem die letzte der drei Ausgangsfragen Was tun Es gibt ein breites Angebot an Literatur sowohl fuumlr strategische Managementansaumltze wie Lean und Six Sigma als auch rund um das Thema Change Management Diese Trennung ist nur in der Theorie moumlglich In der Praxis ist sie kurzsichtig und greift fernab jeglicher ra-tionaler und emotionaler Realitaumlt ins Leere Publikationen die explizit Veraumlnderungsma-nagement in Operational-Excellence-Initiativen adressieren existieren nicht Dieses Buch hat in einem vorhergegangenen Schritt u a die bedeutungsvolle Reichweite von Change-Maszlignahmen ausfuumlhrlich diskutiert und mit der Begrifflichkeit des Transformation Ma-nagements eine Antwort auf die komplexen Anforderungen einer Operational-Excellence-Initiative formuliert Zusaumltzlich werden in einem weiteren Schritt saumlmtliche gewonnene Erkenntnisse unvollendete Uumlberlegungen nicht zu vernachlaumlssigende Kritikpunkte und unbeantwortete Fragen in einem umsetzungsorientierten Leitfaden gebuumlndelt und als ein bdquoMissing Linkldquo fuumlr die Praxis anschlussfaumlhig gestaltet Mit einem modulbasierten Me-thodenset wird dieses bdquoMissing Linkldquo oder diese bdquoUumlberlieferungsluumlckeldquo in der Literatur geschlossen ndash das Transformation Management wird an Farbe gewinnen

61 Der Transformation Navigator

Als Grundlage zur Konkretisierung der weiteren Gedankengaumlnge dient das Rohgeruumlst der Abb 61 Die Logik geht auf den von Kurt Lewin entwickelten Dreischritt zuruumlck Der Organisationszustand vor der Implementierung einer der drei Operational-Excellence-Methoden wird als bdquoalte Strukturldquo bezeichnet Anschlieszligend wird der Ablauf einer Initia-tive in drei Kernphasen unterteilt Die Analyse-Phase (AP) umfasst den Zeitraum den die Initiatoren der Initiative zur sorgfaumlltigen Vorbereitung nutzen Diese Phase dauert so lange

25161 Der Transformation Navigator

an bis der offizielle Start verkuumlndet wird Ob dieser Startpunkt prominent kommuniziert wird wie der Beginn von AXA WAY vor den 300 Topmanagern des franzoumlsischen Ver-sicherungskonzerns oder eher unauffaumlllig wie die geraumluschlose Praumlsentation des Verant-wortlichen fuumlr die neu geschaffene Funktion des Vice President of Six Sigma bei Maple Leaf Foods ist zweitrangig Die folgende Transfer-Phase (TP) markiert die Umsetzung der ersten Projektwelle Hier werden der DMAIC-Zyklus aus Kap 2232 oder analog dazu die fuumlnf Prinzipien des Lean Managements aus Kap 214 in den einzelnen Projek-ten durchlaufen Diese Phase repraumlsentiert die eigentliche Projektarbeit Wann diese erste Welle abgeschlossen ist haumlngt von dem in der AP festgelegten Zeitplan fuumlr das entspre-chende Projektportfolio ab Der Zeitpunkt fuumlr den Uumlbergang in die naumlchste Phase kann sehr unterschiedlich sein ndash fruumlhestens waumlre ein Uumlbergang nach drei Monaten spaumltestens nach neun Monaten realistisch Die anschlieszligende Sustain-Phase (SP) widmet sich der Integration der bis dahin erzielten Initiativen- und Projektergebnisse in die Organisations-umgebung Die neue Struktur wird systematisch etabliert und der Ablauf der drei Kern-phasen beginnt von Neuem ndash eine weitere Projektwelle rollt an

Die Programmatik der Operational Excellence startet besitzt aber keinen Endpunkt Sie impliziert ein kontinuierliches zyklisches Durchlaufen der Analyse-Phase der Trans-fer-Phase und der Sustain-Phase solange bis diese Verbesserungssystematik zum selbst-verstaumlndlichen Repertoire der Organisation geworden ist Was die relevanten Parameter zur ergebniswirksamen Umsetzung dieser Logik sind wird in diesem Kapitel strukturiert dargelegt

Abbildung 62 stellt die zuvor formulierten Gedanken in den Gesamtkontext und dient als grafische Grundlage fuumlr den umsetzungsorientierten Leitfaden Flankiert werden die drei Kernphasen von den in Kap 4 identifizierten und diskutierten fuumlnf Erfolgsfaktoren der Operational Excellence Der aumluszligere Kreis bildet die Bedeutung der mechanischen Ausruumlstung einer Initiative ndash des Fahrwerks Fahrgestells und der Karosserie ndash ab Wie in Kap 4 bereits deutlich gemacht sind die Erfolgsfaktoren nicht chronologisch abgetragen

Abb 61 Alte und neue Struktur

252 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Sie alle tragen gleichwertig zur erfolgreichen Implementierung bei und sind wechselseitig voneinander abhaumlngig Eine Zuordnung zu den Kernphasen waumlre irrefuumlhrend und wuumlr-de den komplexen und langfristigen Anforderungen eines Operational-Excellence-Pro-gramms nicht gerecht werden Den Kern des Leitfadens bildet der Mensch ndash adressiert durch den Akkord aus bdquoSeeldquo bdquoFeelldquo und bdquoChangeldquo ndash ein Dreiklang der die expliziten Change-Faktoren repraumlsentiert (See ndash Reflexion ermoumlglichen und Oumllstand uumlberpruumlfen Feel ndash Horizontalspannung bewirken und Mitarbeiter befaumlhigen Change ndash Musterwechsel zulassen) Diese Darstellung die sich an der zeitlosen Errungenschaft Lewins orientiert bildet die Bedeutung der ausfuumlhrenden Personen einer Initiative ndash des Motors ndash ab

Diese Konzeption beansprucht nicht die Funktion einer Bedienungsanleitung sondern entspricht einem Leitfaden der den Initiatoren von Operational-Excellence-Initiativen eher als Kompass dient Ein Kompass trifft eine Aussage zur Bestimmung der Position auf einem fest vorgegebenen Kurs Zur erfolgreichen Navigation muss der Kompass jeder-zeit eine praumlzise Aussage hinsichtlich der Koordinaten des aktuellen Standpunktes treffen koumlnnen Die Moumlglichkeit den Status quo einer Operational-Excellence-Initiative valide einschaumltzen zu koumlnnen ist fuumlr die Verantwortlichen essenziell Auch im Zuge der Imple-

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Abb 62 Erfolgsfaktoren und Kernphasen der Operational Excellence

25361 Der Transformation Navigator

mentierung von den hier untersuchten strategischen Vorhaben gibt es konkrete Frage- und Problemstellungen die wichtig sind um unabhaumlngig von der jeweiligen Kernphase den Entwicklungsfortschritt im Blick zu haben und die Erfolgswahrscheinlichkeit der Maszlig-nahmen aufrecht zu halten Aussagen die der Standortbestimmung eines Kompasses aumlh-neln werden bei der folgenden Betrachtung dadurch moumlglich Zur Erlaumluterung der detail-lierten Struktur des Leitfadens sollen in der Roadmap in Abb 63 die angesprochenen konkreten Frage- und Problemstellungen identifiziert werden

Der umsetzungsorientierte Leitfaden beinhaltet demnach vier Module Im Mittelpunkt dieser vier Module steht jeweils eine Grundsatzfrage die es durch die Initiativenleitung zu beantworten gilt Beispielhaft sollen die Grundsatzfrage und tiefergehende Fragen skiz-ziert werden

1 Strategy Wohin will ich Was ist meine Mission Welche Zielvorgaben sind notwen-dig Wie kontrolliere ich den Zielerfuumlllungsgrad Steht die aktuelle Umsetzung im Einklang mit meiner Planung

2 Resources Was habe ich Auf welche Kompetenzen Expertise und Faumlhigkeiten kann ich in der Organisation zuruumlckgreifen Welche Fertigkeiten und Kenntnisse sind dar-uumlber hinaus fuumlr eine erfolgreiche Implementierung erforderlich Was kostet mich das Unterfangen Existieren genuumlgend Menschen im Unternehmen die das Vorhaben anfuumlhren und nicht nur managen koumlnnen

StrategyWohin will ich

ANALYSE TRANSFER SUSTAIN

ResourcesWas habe ich

G idGuidanceWie nutze ich das

BenefitWas bekomme ich dafuumlr

Abb 63 Roadmap

254 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Guidance Wie nutze ich das Wie kann ich den Beteiligten und Betroffenen zur Orientierung verhelfen Wie setze ich meine Ressourcen ein sodass ich die wirk-samste Veraumlnderung herbeifuumlhren kann Wie manage ich die Initiative ohne dabei das Management des Menschen zu vernachlaumlssigen

4 Benefit Was bekomme ich dafuumlr Wie wirkt sich meine strategische Bemuumlhung in der Bilanz aus Welche Veraumlnderung habe ich in der Organisationskultur erzielt Habe ich die vereinbarten Meilensteine (softe und harte Faktoren) erreicht Entsprechen die aktuellen Zwischenergebnisse der Stoszligrichtung meines urspruumlnglichen Plans Was ist der Nutzen dieser Initiative

Die Antworten sind kontinuierlich weiterzuentwickeln denn die Gleichung zur Beantwor-tung der Fragen bdquoWohin will ichldquo bdquoWas habe ichldquo bdquoWie nutze ich dasldquo und bdquoWas be-komme ich dafuumlrldquo setzt sich aus stetig veraumlndernden Parametern zusammen und verliert zu keinem Zeitpunkt an Aktualitaumlt An dieser Stelle laumlsst sich exemplarisch hervorheben Schon die kontinuierliche Erarbeitung dieser Fragen stellt mit Hinblick auf den ersten ex-pliziten Change-Faktor aus dem vorherigen Kapitel (bdquoReflexion ermoumlglichenldquo) ein erstes systematisiertes reflexives Moment dar Auf diese Art und Weise werden saumlmtliche Er-folgsfaktoren im Zusammenhang dieses Leitfadens fruumlher oder spaumlter eine entscheidende Rolle spielen

Im weiteren Verlauf wird jeder Kernphase (Analyse Transfer und Sustain) aus der Per-spektive der einzelnen Module (der Strategie Ressourcen Orientierung und des Benefits) ein bunter Blumenstrauszlig an Handlungsoptionen und neuen Denkanstoumlszligen geboten Wenn man sich die Roadmap der Abb 63 als 4 times 3-Matrix vorstellt wird das Interventionsre-pertoire der federfuumlhrenden Verantwortlichen zusaumltzlich zu dem bereits umfassenden Ins-trumentenkasten der Operational-Excellence-Methoden Lean Six Sigma und Lean Sigma mit gezielten methodischen Impulsen verstaumlrkt

62 Die Analyse-Phase

Die erste Kernphase ist eine kritische Zone weil es selten eine zweite Chance gibt Feh-ler die an dieser Stelle gemacht werden koumlnnen zu unvorhersehbaren und irreversiblen Folgeschaumlden fuumlhren ndash die Initiative bdquostuumlrztldquo ab Abbildung 64 stellt die Bedeutung der bdquorichtigen Flughoumlheldquo einer Operational-Excellence-Initiative grafisch dar Dazu wird im Folgenden dargestellt was die Wahrscheinlichkeit erhoumlhen kann die bdquorichtige Flughoumlheldquo zu Beginn oder in einer Phase in der eine neue Projektwelle lanciert wird zu erreichen

621 Strategy

Im Rahmen dieses ersten dreiteiligen Moduls geht es um eine nachhaltige strategische Neuausrichtung der Organisation durch eine sorgfaumlltige taktische Konfiguration der Ope-rational-Excellence-Initiative Die Basis bilden die Change Strategy (Was sind die Ziele

25562 Die Analyse-Phase

der Veraumlnderungsinitiative) das Portfolio-Management (Wie integriere ich diese Ziele in den unternehmerischen Gesamtkontext) und das Transformation Management (Wie ist die Initiative auf strategischer Ebene zu steuern) das entweder als vertiefende Ergaumlnzung zum Portfolio Management oder als Alternative zu nutzen ist Abbildung 65 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

Operational-Excellence-

Nutzen

AnalyseKonzept-

entwicklung und Pilotierung

TransferTransformation

derOrganisation

SustainGrundstein

einerOperational-Excellence-

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AnalyseNachhaltiger

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B

1321

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Phasen des

0

1321Transformation

Navigators

Am Ende geht es darum den Kunden zu erreichen

Eine dauerhafte Verpflichtung des Managements ist notwendigum auf der Flugbahn A zu bleiben

Die kritische Zone bei der Einfuumlhrung von Operational Excellenceliliegt am Ende des ersten Jahres

Der erste Anlauf muss erfolgreich sein Selten gibt es eine zweite Chance

KRITISCHE ZONE

A

Abb 64 Die Bedeutung der richtigen Flughoumlhe

256 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

6211 Change StrategyDas Ziel ist die eng an die Unternehmensstrategie gekoppelte Ableitung der Strategie fuumlr das Transformationsprogramm Es gilt die Frage bdquoWas wollen wir erreichenldquo zu beantwor-ten Neben der Festlegung eines solchen erwuumlnschten Zielzustandes (z B Qualitaumltsfuumlhrer innerhalb von 18 Monaten) sind die strategischen Leitlinien und Maszlignahmen zu bestim-men Die strategischen Leitlinien legen fest nach welchen Grundsaumltzen die Umsetzung der strategischen Ziele erfolgt (z B Einkaufsprozesse buumlndeln Kooperationen aufbauen) Die strategischen Maszlignahmen dienen der Umsetzung der strategischen Leitlinien und werden nach kurz- mittel- und langfristigen Gesichtspunkten aufgeteilt und priorisiert (z B kurze Frist Six Sigma Infoveranstaltung abhalten mittlere Frist Black Belts ausbilden und Pro-jekte starten lange Frist Evaluation der Kultur hinsichtlich des Qualitaumltsanspruchs in der Wertschoumlpfung) In Abb 66 ist die Wirksamkeit dieses Instruments umrissen

Im weiteren Verlauf ist das Vorgehen im Rahmen von vier Schritten zu konkretisieren

1 Herausforderung einschaumltzen Die Ausgangssituation des Unternehmens ist sorgfaumll-tig zu evaluieren Was sind demnach die aktuellen Herausforderungen des Alltagsge-schaumlftes und welche Einflussfaktoren bestimmen unsere Zukunft auf Geschaumlftsebene Was sind die Ziele des anstehenden Veraumlnderungsprogramms und welche Leitlinien unterstuumltzen den Initiativenerfolg Welchen Umfang muss die Transformation anneh-men und steht dies im Einklang zu den aktuellen Herausforderungen und Einflussfak-toren die zuvor identifiziert worden sind

ANALYSESt

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Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

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Action PlanCommunication Plan

ManagementCommunication Evaluation

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B

Abb 65 Roadmap Strategy

25762 Die Analyse-Phase

2 Vergangenheit aufarbeiten An dieser Stelle sollen vergleichbare Initiativen aus der Vergangenheit aufgearbeitet werden denn fuumlr keine Initiative gibt es eine Stunde null Was sind die bisherigen inhaltlichen Ansaumltze und zu welchen Ergebnissen haben sie gefuumlhrt Was waren die Ziele und entscheidende Schluumlsselmomente und -personen Welche Erwartungen wurden enttaumluscht und welche erfuumlllt Besitzt die Organisation eine eher veraumlnderungsaffine oder veraumlnderungsaverse Einstellung Eine systemati-sche Evaluierung solcher Fragen ermoumlglicht bei einer sorgfaumlltigen Auswertung wich-tige Implikationen fuumlr den Start einer Operational-Excellence-Initiative

Mithilfe eines anonymen bdquoChange History Assessment Surveyldquo laumlsst sich ermitteln wie erfolgreich die Organisation in der Vergangenheit Herausforderungen vergleichbarer Komplexitaumlt bewaumlltigt hat Dabei werden Personen auf unterschiedlichen Hierarchie-ebenen Fragen zum Programm- und Stakeholder-Management zur Strategieumset-zung Kommunikation und Zusammenarbeit gestellt Zusaumltzlich dient ein angemessener Rahmen fuumlr die persoumlnliche Reflexion von Erfahrungswerten der Einschaumltzung der Erwartungshaltung Wenn so aus der Vergangenheit gelernt wird ermoumlglicht dies die Identifikation von Anhaltspunkten fuumlr Chancen und Risiken und die Ermittlung von entsprechenden ersten Maszlignahmen zur Einleitung der anstehenden Initiative Damit dieser Schritt weiter an Farbe gewinnt werden im Folgenden moumlgliche Fragestellungen aufgefuumlhrt Kuumlrzungen Ergaumlnzungen oder die Betonung anderer inhaltlicher Schwer-punkte koumlnnen problemlos vorgenommen werden Die Fragen respektive Hypothesen sind auf einer Skala von 1 bis 6 zu bewerten1

1 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

StrategischeMaszlignahmenWie werdendie Leitlinienumgesetzt

StrategischeLeitlinien

Wie werdendie Ziele erreicht

StrategischeZiele

Was wollenwir erreichen

Herausforderung einschaumltzen ndash Vergangenheit aufarbeiten ndash Gegenwart analysieren ndashStrategie formulieren

Abb 66 Wirksamkeit der Change Strategy

258 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

25962 Die Analyse-Phase

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DIE MITARBEITER

Change History Assessment Survey 23

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weitreichende Veraumlnderungen umzusetzen

die Mitarbeiter von der Erfolgswahrscheinlichkeitdes Projektvorhabens zu uumlberzeugen

den Lernprozess von neuen Faumlhigkeiten und Verhaltensweisen zu etablieren

Ist es in der Vergangenheit gelungen

konstruktive Kritik von der Belegschaft an der Vorgehensweise zu gewinnen

dass sich die Manager auf gute Mitarbeiter und ihre eigenen Change-Management-Faumlhigkeiten verlassen konnten

dass die Projektverantwortlichen respektiert werden und ihnen vertraut wird

engagierte Mitarbeiter zu belohnen und fuumlr veraumlnderungsunwillige Mitarbeiter entsprechende Konsequenzen zu definieren

jeden Betroffenen auf dem aktuellsten (Veraumlnderungs-) Stand der Dinge zu halten

den Betroffenen ein realistisches Bild von dem was auf Siean Veraumlnderungen zu kommen wird zu vermitteln

durch strukturierte Kommunikation (uumlber persoumlnliche Gespraumlche oder Newsletter) die Veraumlnderung maszliggeblich

tuumlt zu stuumltzen

die interne Kommunikation stoumlrungsfrei einzurichten

das Committment der Belegschaft eher auszubauenals zu erzwingen

die Unterstuumltzung von Schluumlsselspielern zu gewinnenbevor diese aktiv in die Veraumlnderungsarbeit involviert wurden

dass die Projekt-Manager diszipliniert und ergebnisorientiert gearbeitet haben

260 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wenn Sie die letzten Veraumlnderungsprojekte Revue passieren lassen Was wuumlrden Sie anders machen Was wuumlnschen Sie sich fuumlr die Zukunft Wo sehen Sie Verbesserungsmoumlglichkeiten (offene Frage)

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Verzoumlgerungen durch fehlerhafte organisatorische Prozesse (Bestellvorgaumlnge fuumlr projektkritische Materialien Bewertungsprozesse fuumlr Projektentwicklung oder beteiligte Mitarbeiter) zu vermeiden

mit faumlhigen und fuumlr neue Ideen empfaumlngliche Mitarbeiterzu arbeiten

Prozesse Richtlinien und Vereinbarungen zu aumlndernsofern es notwendig war dass verschiedene Unternehmensbereiche erfolgreich miteinander an einem Strang ziehen Mitarbeiter so zu motivieren dass sie im Sinne des Unternehmens arbeiten und nicht im Sinne ihres eigenen Vorteils oder des ihres Vorgesetzen

dass Manager Veraumlnderungen nicht nur von ihren Mitarbeitern sondern auch von sich selbst fordern

die Projektarbeit in den einzelnen Teams effektiv zu gestalten einen strukturierten Projekt-Management-Ansatz zu nutzen Projekte abzuschlieszligen unabhaumlngig davon wie sich die Prioritaumlten des Projektes veraumlndert haben

DIE PROJEKTARBEIT Ist es in der Vergangenheit gelungen

Change History Assessment Survey 33

26162 Die Analyse-Phase

3 Gegenwart analysieren Es gilt aktuelle Problemstellungen und Entscheidungsbe-darfe auf der Geschaumlftsebene zu bestimmen um in der Folge die damit einhergehenden Chancen und Risiken des Transformationsprogramms zu erkennen Die Anhaltspunkte fuumlr Risiken aus Schritt 2 sind nun also zu konkretisieren Was sind typische Change-Management-Risiken Auszugsweise sollen ein paar genannt werden

Widerstand gegenuumlber neuen Arbeitsweisen nicht ausreichendes Engagement Angst vor Veraumlnderung kulturelle Diskrepanzen keine einheitliche Vision kein einheitliches Fuumlhrungsteam an der Spitze der Initiative die falschen Unterstuumltzer im Unternehmen keine systematische Fortschrittsmessung u v m

4 Strategie formulieren Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse und vereinbarten ersten Maszlignahmen zum Start der Initiative ist an dieser Stelle die Verknuumlpfung zwi-schen der inhaltlichen methodischen sowie technischen Strategie der Initiative und der Change-Strategie herzustellen um eine erfolgswirksame Umsetzung sicherzustellen Diese Planung und Abstimmung verlangt nach besonderer Aufmerksamkeit da beide strategische Ausrichtungen nicht voneinander zu trennen sind wie in Abb 67 Sie ergaumlnzen sich zu einer gesamthaften Transformationsstrategie

Schlieszliglich ist ein Konzept zur Erfolgsmessung und Umsetzungskontrolle zu erstel-len Darunter fallen die Determinierung notwendiger Aufgaben Verantwortlichkeiten sowie eines Zeitplans zur Erreichung von Meilensteinen Diese Informationen sind systematisch zu dokumentieren damit die Beteiligten der Initiative waumlhrend der Trans-formation auf dieses Dokument als Orientierungspunkt zuruumlckgreifen koumlnnen

6212 Portfolio-ManagementDie Umsetzung von Transformationsstrategien erfordert die parallele Durchfuumlhrung von unterschiedlichen und zum Teil komplexen Projekten um die Initiative zum Erfolg zu fuumlhren Aus diesem Grund ist der enge und stetige Austausch auf strategischer Ebene ndash Wohin will ich ndash essenziell Hoher Kosten- und Termindruck sowie begrenzte Ressour-cen erfordern im Sinne einer laufenden Optimierung ein strukturiertes und integriertes Management des Projektportfolios

Abb 67 Transformationsstrategie

262 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Das Portfolio-Management dient der optimalen Untergliederung der Initiative und der kontinuierlichen Analyse der geplanten und laufenden Projekte in der Organisation Her-vorzuheben ist dass sich der Geltungsbereich des Portfolio-Managements auf saumlmtliche Initiativen und Projekte im Unternehmen bezieht Dazu gehoumlren explizit archivierte Alt-projekte (Was waren die bdquolessons learnedldquo) kuumlrzlich abgeschlossene Projekte (Gibt es inhaltliche Aumlhnlichkeiten) laufende Projekte (Werden Probleme moumlglicherweise gerade doppelt bearbeitet) und geplante Projekte (Ist die Planung noch sinnvoll) Im Kap 4 wurde betont dass sich eine Operational-Excellence-Initiative wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma von anderen strategischen Maszlignahmen unterscheiden muss ndash dafuumlr wird hier der Grundstein gelegt

Das Portfolio-Management ist das Bindeglied zwischen der strategischen Planung des Unternehmens und der Operational-Excellence-Aktivitaumlten weil es mittels einer uumlbergrei-fenden und laufenden Planung Steuerung und Erfolgskontrolle uumlberpruumlft ob der Fort-schritt der Initiative im Einklang mit der strategischen Gesamtausrichtung der Organi-sation steht Um in der Terminologie des ersten identifizierten Erfolgsfaktors in Kap 4 (Initiative mit Organisation harmonisieren) zu bleiben Durch strukturiertes Portfolio-Ma-nagement wird die Leistungsbereitschaft der Initiative stets mit dem Leistungsvermoumlgen der Organisation harmonisiert Im Kontrast dazu finden in vielen Unternehmen Operatio-nal-Excellence-Bemuumlhungen auf Nebenkriegsschauplaumltzen statt und ziehen im Konflikt mit dem Alltagsgeschaumlft langsam aber sicher den Kuumlrzeren Das Ziel und der Nutzen des Portfolio-Managements in einer Operational-Excellence-Initiative liegen in der dauerhaf-ten strategischen Ausrichtung und der standardisierten Durchfuumlhrung aller Projekte

Wie aus Abb 68 ersichtlich wird laumlsst sich das Portfolio-Management in eine strate-gische und eine operationale Auspraumlgung differenzieren

bull Das strategische Portfolio-Management folgt einer dauerhaften Ausrichtung der ge-planten oder laufenden Initiative an den strategischen Unternehmenszielen In der Folge dieses konkreten Strategie-Konformitaumlts-Managements wird das Vorgehen auf

Abb 68 Portfolio-Management

26362 Die Analyse-Phase

Projektebene optimiert d h der Ablauf der Projekte wird im Hinblick auf die zu errei-chenden Meilensteine (bspw aus der Change Strategy) bewertet und priorisiert Dafuumlr entscheidet das strategische Portfolio-Management mehrmals im Jahr in Abstimmung mit den Initiatoren oder Sponsoren der Initiative uumlber die optimale Portfolio-Zusam-mensetzung und beauftragt im Zuge dieses Portfolio-Komitees neue Programme und Projekte Es wird hier deutlich wie wichtig das kontinuierliche Engagement des Top-managements ist Pierre Vareille und Yves Merel von der FCI-Gruppe wirkten zur Si-gnalisierung ihres Commitments jaumlhrlich an einem Lean-Projekt auf dem Shopfloor mit ndash ein Portfolio-Komitee koumlnnte dementsprechend ein passendes Projekt mit einer besonders starken Signalwirkung bestimmenndash Die Aufgabe des strategischen Portfolio-Managements ist es auch das Gesamtbud-

get und die anfallenden Kosten im Blick zu behalten und die Projektergebnisse in die Organisationsumgebung zu integrieren Wichtig ist die Initiative stets an die Impulse der Umwelt anzupassen ndash wenn sich die Rahmenbedingungen im Wett-bewerb aumlndern beeinflusst dies die Unternehmensstrategie was sich wiederum auf das Portfolio-Management und das Projektmanagement entsprechend durchschla-gen sollte

bull Das operationale Portfolio-Management verantwortet die Steuerung und Kontrolle al-ler geplanten und laufenden Operational-Excellence-Projekte Die Etablierung eines regelmaumlszligigen Status-Reporting und belastbaren Risikomanagements ist in diesem Zuge elementar Es soll dafuumlr Sorge tragen dass das Management der einzelnen Projek-te sorgfaumlltig und standardisiert durchgefuumlhrt wird Erfolgsfaktoren aus Kap 4 (Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen) finden hier ihre Beruumlcksichtigung denn die Auswahl von Projekten mit der groumlszligten Hebelwirkung oder die stetige Sondierung des Projektverlaufs sind Teile des Aufgabenbereichs des operationalen Portfolio-Manage-ments Durch die laufende Konsolidierung der Projekte sollen auch entscheidungsrele-vante Informationen (wie das Erreichen von bdquoQuick Winsldquo oder bdquokriselndeldquo Projekte) fuumlr das Benefit-Management (ROI) der Unternehmensleitung aufbereitet werden

Zum Abschluss sind vier erfolgskritische Faktoren aufzufuumlhren die ein professionelles Portfolio-Management kennzeichnen Wenn alle vier dieser Faktoren gegeben sind ver-staumlrkt dieses Instrument die Transparenz innerhalb der Infrastruktur einer Initiative und ermoumlglicht eine saubere und substanzielle Umsetzung der einzelnen Projekte

1 Umfassende Planung einheitliche und verbindliche Prozesse und Methoden im Hin-blick auf das Zusammenwirken zwischen Unternehmensstrategie Portfoliomanage-ment und Projektmanagement etablieren

2 Kontinuierliche Aufsicht klare und trennscharfe Messkriterien fuumlr ein disziplinier-tes Controlling bilden welches verschiedene Perspektiven beruumlcksichtigt (Strategie Finanzen Kunden Mitarbeiter usw) um zusaumltzlich potenzielle Risiken fruumlhzeitig zu erkennen

264 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Ergebnisorientierte Steuerung belastbare Portfolio-Management-Organisation installieren mit verbindlichen Eskalationsprozeduren die schnelle Entscheidungen ermoumlglichen

4 Leistungsfaumlhige Ressourcen Verfuumlgbarkeit von finanziellen Investitionen und ent-sprechender Budgetplanung klaumlren und klares Bekenntnis zur Involvierung von poten-ten Mitarbeitern zeigen

6213 Initiative-Management-OfficeDas Initiative-Management-Office ist eine organisatorische Einheit zur Steuerung einer Operational-Excellence-Initiative und der damit einhergehenden zielkonformen Umset-zung der einzelnen Projekte Strategische Neuausrichtungen wie die Transformation durch Lean Sigma Lean Management oder Six Sigma sind komplexe Vorhaben die ein solches strukturiertes und integriertes Vorgehen mit einer zentralen Steuerung erfordern Das In-itiative-Management-Office ist entweder als vertiefende Ergaumlnzung zum Portfolio-Ma-nagement oder als Alternative zu nutzen Dies kommt wie im Folgenden erlaumlutert auf die Struktur und Groumlszlige der Organisation an

Das Office widmet sich ausschlieszliglich der Steuerung der Initiative und weniger dem Austausch auf unternehmensweiter Strategieebene Der aufmerksame Leser wird nun ein-wenden dass dies dem zuvor aufgegriffenen Erfolgsfaktor wonach eine Initiative in die Gesamtstrategie eingebettet sein muss widerspricht Das ist genau genommen richtig doch in speziellen Faumlllen ist eine (umfangreichere) Komplexitaumlt nach dem Prinzip des Portfolio-Managements nicht notwendig Dies ist besonders dann der Fall wenn die fuumlr die Operational-Excellence-Implementierung verantwortliche Person entweder ohnehin schon Teil der Unternehmensfuumlhrung ist oder dieser sehr nahe steht Dieser Fall wird wie in Abb 69 dargestellt bei kleineren Organisationen wie mittelstaumlndischen Unterneh-men eintreten was den Charme dieses Initiative-Management-Offices (oder bdquoPortfolio-Management-lightldquo) deutlich macht So ist im Hause der Neuenfelder Maschinenfabrik der COO Goran Curic gleichzeitig Teil der Geschaumlftsfuumlhrung und Initiator und Antreiber der Lean-Initiative Bei Unternehmen in dieser Groumlszligenordnung und mit dieser Organisa-tionsstruktur kann angenommen werden dass es eher wenige gleichzeitig zu beachtende Projektaktivitaumlten und Initiativen gibt Beim boumlrsennotierten Versicherungsriesen AXA wird das anders aussehen ndash eine explizite Verantwortlichkeit fuumlr die Gesamtsteuerung der strategischen Bemuumlhungen ist dann relevant Dieser Fall wird aus Abb 610 ersichtlich

Die Implementierung eines Initiative-Management-Offices ist die Grundlage fuumlr die Definition und Einfuumlhrung standardisierter Ablaumlufe die effizienter und kostenguumlnstiger durchgefuumlhrt werden sowie leicht erlernbar und ohne weitere Probleme auf Projekte in der Zukunft uumlbertragbar sind Das Rahmenwerk dieser Einheit ermoumlglicht die zentrale Ver-fuumlgbarkeit aller initiativerelevanter Informationen sodass die Unternehmensfuumlhrung auf diese zeitnah und mit geringem Aufwand als Entscheidungsgrundlage zuruumlckgreifen kann (in Form von Meilensteinplaumlnen und Statusreports) Die zentrale Leitung der Transfor-mation kann durch eine effiziente Steuerung der kritischen Ressourcen im Unternehmen Engpaumlsse fruumlhzeitig erkennen und abfedern (in Form von systematischer Risikobewer-

26562 Die Analyse-Phase

tung und Problem-Logbuumlchern) Die klar definierte Verteilung und Kommunikation von Verantwortung hilft Missverstaumlndnisse zu vermeiden und eine disziplinierte Umsetzung der Einzelprojekte sicherzustellen (in Form von Verantwortlichkeitsmatrizen) Schlieszliglich reduzieren effiziente Prozesse systematisierte Transparenz eine uumlbergeordnete Steuerung von Ressourcen und eine solide Kompetenzregelung die Transaktionskosten im Zuge einer Operational-Excellence-Implementierung

Fuumlr die erfolgreiche Etablierung eines solchen Initiativen-Cockpits sind ein Sponsor und die dementsprechende Unterstuumltzung notwendig Yves Merel dessen Funktion als Lean-Direktor der FCI-Gruppe dem Initiativenmanager aumlhnelte konnte sich jederzeit auf die Ruumlckendeckung des CEO Pierre Vareille verlassen und wurde stets sowohl in finan-zieller als auch personeller Hinsicht unterstuumltzt Im Hinblick auf die Sensibilitaumlt der intia-tiverelevanten Informationen die an dieser Stelle konsolidiert werden sollte der zentrale Lenkungsausschuss so neutral und unabhaumlngig wie moumlglich konstituiert sein Das Ein-setzen eines Branchenfremden (wie es Yves Merel bei der FCI-Gruppe und auch Bruce Miyashita bei MLF waren) kann dafuumlr ein wichtiger Schachzug sein Ferner ist es elemen-tar dass der Kontakt zu einer uumlbergeordneten Eskalationsinstanz (wie der Sponsor) und eine robuste offene und zuverlaumlssige Kommunikation zwischen der Linienorganisation den Projektverantwortlichen und dem Initiative-Management-Office gegeben sind Aus

Unternehmensstrategie Projektmanagement

Portfolio-Management

Initiative-Mgmt-Office

Abb 610 Transformation Management als Ergaumlnzung zum Portfolio-Management bei groumlszligeren Organisationen

Abb 69 Transformation Management als Ersatz des Portfolio-Managements bei kleineren Organisationen

266 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Kap 4 bekannte Erfolgsfaktoren wie das Schaffen von Lernsituationen das Sicherstellen eines Wissensmanagements und die Kommunikation von erfolgreich durchgefuumlhrten Pro-jekten fallen ebenfalls in die Verantwortung dieser zentralen Funktion und machen deut-lich dass die Hebelwirkung eines sorgfaumlltig aufgesetzten Initiative-Management-Office fuumlr die Etablierung einer kontinuierlichen Leistungsphilosophie nicht zu unterschaumltzen ist

622 Resources

Dieses Modul ist in zwei Teile aufgeteilt die das Unternehmen auf essenzielle Ressour-cen abklopfen Die Offenheit fuumlr Neues und weitere kulturelle Faktoren die den in der Organisation verbreiteten bdquogesunde Menschenverstandldquo beeinflussen Die Basis bilden der Change Readiness Survey (Ist der Umgang mit Veraumlnderungen eine Kompetenz meiner Organisation) und die Ist-Kulturanalyse (Welche Auspraumlgungen der Unterneh-menskultur definieren die Veraumlnderungsbereitschaft ndash positiv oder negativ ndash konkret) Abbildung 611 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

ANALYSE

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Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

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esn c

e Stakeholder StrategyCommunication

StakeholderAction Plan

Stakeholder Management

Change Readiness Survey Organisationskulturanalyse(ua Denison-Organisationskulturmodell)

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Strategy Communication Plan Communication Evaluation

Kennzahlengrundgeruumlst Change-Impact-Assessment

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Abb 611 Roadmap Resources

26762 Die Analyse-Phase

6221 Change Readiness SurveySinn und Zweck dieses formalisierten Vorgehens ist die Beurteilung der in der Beleg-schaft verbreiteten Veraumlnderungskompetenz sich auf die anstehende Implementierung einer Operational-Excellence-Methodik wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma einzulas-sen Das Assessment welches einen der ersten Erfolgsfaktoren aus Kap 4 (Veraumlnderungs-bereitschaft der Organisation evaluieren) aufgreift kann am Anfang des Transformations-programms durchgefuumlhrt werden um eine Baseline zu erstellen und spaumlter in Interval-len z B vor groszligen Meilensteinen den Ablauf zu wiederholen Durch die Befragung der entscheidenden Ressource fuumlr Veraumlnderungsvorhaben ndash der Mitarbeiter ndash lassen sich Ruumlckschluumlsse auf das Transformationsvorhaben ziehen So gewinnen die Initiatoren ein Gefuumlhl fuumlr die geeignete Geschwindigkeit der Veraumlnderung Durch die Identifizierung von uumlbergreifenden Gedanken Einstellungen und Verhaltensweisen der Betroffenen und Beteiligten lassen sich noumltige Kommunikations- und Interventionsmaszlignahmen ableiten Schlieszliglich laumlsst sich eine erste Vorhersage hinsichtlich der Erfolgsrate der Implementie-rung treffen

Zunaumlchst werden also die entsprechenden Zielgruppen der Befragung definiert Wich-tig ist dass man den Zeitpunkt und die Gruppen sorgfaumlltig waumlhlt Dieses fruumlhzeitige In-volvieren der Mitarbeiter kann sowohl positiv (Mitarbeiter fuumlhlen sich miteinbezogen) als auch negativ (Mitarbeiter koumlnnen Sinn und Zweck nicht einschaumltzen weil sie das Gesamt-bild noch nicht erkennen und produzieren Geruumlchte) wirken Diese Angelegenheit liegt im individuellen Ermessen der Initiatoren des Vorhabens ndash es existiert kein Best-Practice-Modell Festzuhalten ist dass auch vor der offiziellen Verkuumlndigung einer Operational-Excellence-Initiative zum Beginn der Transfer-Phase eine kritische Stichprobenmenge an Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen in den Entstehungsprozess dieser ersten Kernphase miteingebunden werden sollte Nach der Definition der Zielgruppen werden der Erhebungsbogen ermittelt und die Medien zur Datenerfassung bestimmt Die Daten koumlnnen durch Face-to-Face-Gespraumlche Workshops oder eine elektronische Umfrage wie im folgenden Beispiel erhoben werden

Die Evaluation durch eine elektronische Umfrage sollte anonym erfolgen und der Um-fang der Erhebung sollte houmlchstens eine gute Viertelstunde zum Ausfuumlllen in Anspruch nehmen Erfahrungsgemaumlszlig hat sich bei der Bearbeitung der zu bewertenden Thesen eine Skala von 1 bis 6 in der Praxis bewaumlhrt2 Das folgende Beispiel ist lediglich eine Moumlglich-keit ndash es lassen sich beliebig viele Fragen und Themenschwerpunkte (Zielverstaumlndnis Sponsoring und Fuumlhrung Veraumlnderungskultur Unternehmenskultur Wahrnehmung des Projektes Kommunikation Mitarbeiterbeteiligung Veraumlnderungseinfluss Wissen und Faumlhigkeiten) entsprechend der individuellen Situation modifizieren bdquoOperational Excel-lenceldquo fungiert nur als Platzhalter fuumlr eine der drei Verbesserungsmethoden

2 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

268 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Es ist die richtige Entscheidung Operational Excellencezu implementieren Ich glaube dass die Initiative das Unternehmenin die richtige Richtung fuumlhrt Grundsaumltzlich erwarte ich dass die Unternehmensfuumlhrung und das nominierte Team die Initiative erfolgreich implementiert Ich glaube dass sich das Top Management zum Erfolgder Initiative verpflichtet hat

Ich bin uumlberzeugt dass sich das mittlere Managementzum Erfolg der Initiative verpflichtet hat

Ich glaube dass sich mein Geschaumlftsbereich zum Erfolgder Initiative verpflichtet hat

Ich persoumlnlich verpflichte mich fuumlr eine erfolgreiche Implementierung

Ich denke dass die durch die Initiative hervorgerufenen Veraumlnderungen eine Verbesserung fuumlr unseren Geschaumlftsablauf sein werden

Change Readiness Survey 13

Initiative und Unterstuumltzung

Unsere Unternehmenskultur ist empfaumlnglich fuumlr Veraumlnderungen Die Arbeitskultur in unserem Geschaumlftsbereichist veraumlnderungsaffin Die Veraumlnderungen der letzten Jahre fuumlhren uns in die richtige Richtung In der Organisation treten momentan genuumlgend Veraumlnderungen auf die unsere Wettbewerbsfaumlhigkeit aufrechterhalten

Wir erkennen das gemeinsam Erreichte an und feiern unsere Erfolge

Uumlber Fehler und Misserfolge sprechen wir offen sodass wir daraus lernen

Normalerweise werden die richtigen Leute fuumlr die richtigen internen Projekte eingesetzt

Kultur (12)

26962 Die Analyse-Phase

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Change Readiness Survey 33

Kultur (22)

Ich habe ein solides Verstaumlndnis davon wie mein Geschaumlftsbereich funktioniert und organisiert ist

Ich verstehe wie sich meine Taumltigkeit auf andere

Verantwortlichkeiten und Arbeitsbereiche

Prozessschritte auswirkt

Ich verstehe wie sich meine Arbeit auf andere in meinem eigenen Geschaumlftsbereich auswirkt

Ich erwarte dass sich die Implementierung der Initiativeauf mein operatives Geschaumlft auswirkt

Generell blicken wir der Implementierung von Operational Excellence optimistisch entgegen

Grundsaumltzlich blickt mein Geschaumlftsbereich der Initiative positiv entgegen

Es besteht eine generelle Bereitschaft die Initiative erfolgreich umzusetzen

Mein Geschaumlftsbereich ist vor lauter Veraumlnderungen ermuumldet

Der Arbeitsaufwand ist fuumlr mich momentan machbar

Die UnternehmensfuumlhrungInitiativenleitung hat die Visionund Strategie der Initiative klar kommuniziert

Die UnternehmensfuumlhrungInitiativenleitung hat meinemGeschaumlftsbereich realistische Ziele gesetzt

Das Top Management meines Geschaumlftsbereiches kann die anstehenden Veraumlnderungen zur Implementierung von Operational Excellence realistisch einschaumltzen

Das Top Management meines Geschaumlftsbereiches beherrscht die Implementierung von weitreichenden Veraumlnderungen

Das Management meines Geschaumlftsbereiches ist fuumlr Fragen und Diskussionen hinsichtlich der Initiative offen und verfuumlgbar

270 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Bislang fuumlhle ich mich ausreichend uumlber die bevorstehende Initiative informiert Bislang bin ich damit zufrieden wie oft und zu welchem Zeitpunkt mich Informationen erreichen Ich wuumlrde im Hinblick auf die Initiativegerne besser informiert werden

Ich bin mit der Qualitaumlt der Informationen zufrieden

Mein Vorgesetzter informiert mich ausreichend uumlber den aktuellen Entwicklungstand der Initiative und die moumlglichen Auswirkungen auf meine Geschaumlftstaumltigkeit

Ich kann Kollegen aus dem Team das die Initiative steuert jederzeit mit Fragen ansprechen

Ich wuumlrde die Moumlglichkeit anonymes Feedback und Verbesserungsvorschlaumlge bezuumlglich der Initiative abgebenzu koumlnnen wahrnehmen

Mitarbeiter die von der Initiative direkt betroffen sindwerden ausreichend involviert

Vertreter meines Geschaumlftsbereiches sind in dem Teamder Initiative aktiv vertreten

Ich wuumlrde in die Operational-Excellence-Initiativegerne staumlrker involviert sein

Change Readiness Survey 33

Kommunikation und Beteiligung

27162 Die Analyse-Phase

Bedeutung der Initiative

Was sind Ihrer Meinung nach die zehn wichtigsten Benefitsder Operational-Excellence-Initiative Bitte sortieren Sie die zehn aufgefuumlhrten Erfolgskriterien nach 1 = Wichtigstebis 10 = Unwichtigste

Was empfinden Sie als das Positivste und Negativste im Hinblick auf die Initiativewenn Sie von Ihrem Wissen heute ausgehen (offene Frage)

Erhoumlhung der Profitabilitaumlt

Verbesserung des Unternehmensimages

Steigerung der Mitarbeiter-Zufriedenheit

Veraumlnderung der Unternehmenskultur

Verbesserte Wettbewerbsposition

Steigerung der Kundenzufriedenheit

Steigerung der Arbeitsproduktivitaumlt

Verbesserung der Liefertermintreue

Reduzierung von Reklamationen

Steigerung des Marktanteils

272 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Fuumlr die Auswertung der Erhebung relevante demographische Daten

Fuumlr eine differenzierte Auswertung bitten wir Sie den Geschaumlftsbereich anzukreuzen der Ihrer Taumltigkeit am naumlchsten kommt Wir weisen darauf hin dass wir den jeweiligen Geschaumlftsbereich besser verstehen wollen und nicht an den Meinungen Einzelner interessiert sind

Einkauf

Vertrieb Marketing Forschung amp Entwicklung Logistik Controlling

Bitte kreuzen Sie an welche der folgenden Rollen Ihrer Taumltigkeitin der Initiative am naumlchsten kommt

Endkunde

Geschaumlftsbereich Management Lenkungsausschuss Mittleres bis hohes Management Teammitglied in der Initiative Fuumlhrungskraft in der Initiative

27362 Die Analyse-Phase

Persoumlnliche Kommentare

Was sind Ihrer Einschaumltzung nach die groumlszligten Hindernisse bei der erfolgreichen Umsetzungder Operational -Excellence-Initiative

Was wuumlrden Sie empfehlen um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Initiative zu erhoumlhen

Was beschaumlftigt Sie wenn Sie an die Zeit nach der Implementierung denken

Bei der Auswertung der Daten werden kritische Faktoren und Risikopotenziale umgehend identifiziert und auffallende Diskrepanzen in der Veraumlnderungsbereitschaft dokumentiert Moumlgliche Ergebnisse koumlnnten sein

1 Fuumlr die Mitarbeiter ist weder ein starker interner noch ein ausgepraumlgter externer Fokus zu erkennen Es gibt weder eine erkennbare langfristige Ausrichtung noch den Rahmen fuumlr Entscheidungen und Handlungen

2 Eine Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen ist so gut wie nicht vor-handen Eine bereichsuumlbergreifende Zusammenarbeit Teamwork scheint nicht zu funktionieren

274 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Es existiert eine hohe Lernfaumlhigkeit und ein Lernwille jedoch fehlen Mechanismen um die noumltigen Veraumlnderungen der Initiative auch zu realisieren

4 Es fehlt an einer gezielten Integration sowohl durch ein akzeptiertes Wertesystem als auch durch eine gelebte Vorbildfunktion des Managements

5 Die Mitarbeiter erwarten durch die Operational-Excellence-Initiative groszlige Veraumlnde-rungen ihrer persoumlnlichen Arbeitsweisen und Arbeitsinhalten wissen aber nicht wohin die Reise geht

6 Die Mitarbeiter und Fuumlhrungskraumlfte sind hoch motiviert diese Veraumlnderungsinitiative einzufuumlhren und umzusetzen Diese Motivation sinkt aber stetig durch die fehlenden Informationen hinsichtlich zukuumlnftiger Prozesse Strukturen und Ziele

7 Die Mitarbeiter und Fuumlhrungskraumlfte sehen durch die Veraumlnderung eine Chance ihre persoumlnlichen und beruflichen Ziele besser erreichen zu koumlnnen

Die Ergebnisse werden in Form von Handlungsempfehlungen in einem Aktionsplan ver-wertet Moumlgliche Aktivitaumlten ndash die nicht als Pendant zu den gerade aufgefuumlhrten Punkten zu verstehen sind ndash koumlnnten sein

1 Im Rahmen eines Management-Workshops wird die zukuumlnftige Mission und Vision der Operational-Excellence-Initiative definiert sowie anschlieszligend kommuniziert

2 Eine Roadshow des Managements als Kick-off der neuen Organisation gibt den Mit-arbeitern einen Uumlberblick

3 Kaskadierende Workshops beginnend beim Management bis zum Mitarbeiter beschrei-ben die zukuumlnftige Ausrichtung bis hin zum individuellen Aufgabengebiet eines Mitarbeiters

4 Das Integrationsprojekt wird durch explizit benannte Kommunikationsverantwortliche unterstuumltzt

5 Es wird eine Zwei-Wege-Kommunikation3 aufgebaut Die dabei erhaltenen Anfragen werden zeitnah und offen beantwortet

6 Ausgewaumlhlte Change Agents unterstuumltzen die Mitarbeiter bei der Integration und geben zeitnah Feedback an das Projektteam um antizipierende Maszlignahmen zeitnah aufzusetzen

Diese Empfehlungen des Aktionsplans dienen als Grundlage weiterer Instrumente wie dem Stakeholder-Management und Kommunikationsplan auf die im anschlieszligenden Mo-dul bdquoGuidanceldquo noch naumlher eingegangen wird

3 Eine Ein-Wege-Kommunikation ist das Senden einer E-Mail oder das Besprechen eines Anrufbe-antworters Zwei-Wege-Kommunikation bedeutet dass eine Nachricht nicht nur vom Sender zum Empfaumlnger uumlbertragen wird sondern auch eine Botschaft vom Empfaumlnger zum Sender vermittelt wird Typisches Beispiel ist das Telefon ndash auf die Botschaft gibt es vom Empfaumlnger unmittelbar Antwort Eine Zwei-Wege-Kommunikationskultur ist demnach von konstruktiver Diskussion und Feedback gepraumlgt

27562 Die Analyse-Phase

6222 Analyse der OrganisationskulturIm Zuge der Darstellung der IBM-Making-Change-Work-Studie wurde in Kap 5 die Re-levanz von weichen Faktoren bei Veraumlnderungsprozessen aufgezeigt Schluumlsselfaktoren waren demnach das Veraumlndern von Denkweisen und Einstellungen die Auspraumlgungen der Unternehmenskultur und das Unterschaumltzen der zu bewaumlltigenden Komplexitaumlt Ka-pitel 4 stellte zuvor heraus dass die kulturelle Anschlussfaumlhigkeit zwischen Organisation und Methodik sichergestellt sein muss Diese Faktoren sind von Natur aus schwer zu messen ndash was ihre Bedeutung jedoch keineswegs mindert Wer kulturelle Realitaumlten4 ig-noriert vernachlaumlssigt eine elementare Ressource der Organisation und wird die Initiative zwangslaumlufig in ein von Konflikten gepraumlgtes unruhiges Fahrwasser steuern ndash der Erfolg wird leichtsinnig aufs Spiel gesetzt Abbildung 612 hebt die Bedeutung der kulturellen Dimension bei Veraumlnderungsprozessen entsprechend hervor

Kulturelle Eigenheiten verstecken sich hinter gewohnten und weniger spruchreifen Geschaumlftspraktiken Diese Geschaumlftspraktiken sind bdquothe way we do things around hereldquo und der bdquocommon senseldquo also der in der Organisation etablierte bdquogesunde Menschen-

4 In diesem Abschnitt ist ausschlieszliglich die Unternehmenskultur relevant Uumlberlegungen zur Be-ruumlcksichtigung von nationalen Kulturunterschieden werden in der Transfer-Phase in Kap 6322 diskutiert

Veraumlnderung OHNEVerhaltensveraumlnderungen wird zu keinen und houmlchstens kurzlebigen Leistungsverbesserungen fuumlhren

Wenn Verhalten nicht durch die Kultur gestuumltzt ist werden gewohnte Verhaltensweisen wieder einkehren ndash die Veraumlnderung ist gescheitert

Verhaltensveraumlnderungen die durch kulturelle Veraumlnderungen unterstuumltzt werden fuumlhren zu nachhaltigen Leistungs-verbesserungen

1 2 3

euro Initiative gestuumltzt durch kulturelle Veraumlnderungen

3

t

Initiative ohne kulturelle Unterstuumltzung und ohne Verhaltensveraumlnderungen

Initiative ohne kulturelle Unter-stuumltzung und nur verstaumlrktdurch Verhaltensaumlnderungen

1 2

Abb 612 Veraumlnderung mit und ohne kulturelle Unterstuumltzung

276 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

verstandldquo Wir sprechen von dem schwer zu greifenden WIE welches das WAS die Men-schen im Unternehmen tun maszliggeblich beeinflusst Die ungeschriebenen Gesetze die neuen Mitarbeiter erklaumlrt werden ohne dass jemand ihre Entstehungsgeschichte konkret erlaumlutern kann existieren ausnahmslos uumlberall und praumlgen die Einzigartigkeit eines Unter-nehmens wesentlich Organisationsintern gewachsene individuelle Wertvorstellungen und beobachtbare Verhaltensweisen spiegeln die Unternehmenskultur wider Abbildung 613 stellt einen Auszug aus Beispielen dar worin sich Organisationen kulturell differenzieren koumlnnen

Zuvor wurde im Kontext flaumlchendeckender Operational-Excellence-Initiativen von einem bdquoPowershiftldquo gesprochen ndash bei den aus der Praxis aufgegriffenen Beispielen wurde des Oumlfteren von einer kulturellen Transformation (MLF) oder sogar kulturelle Revolution (AXA) gesprochen Tatsaumlchlich koumlnnen bei einer Initiative dieser Dimension Welten auf-einander prallen die aufgrund von unterschiedlichen Wertegeruumlsten Arbeitsweisen und Prioritaumlten zunaumlchst die Produktivitaumlt einschraumlnken Es ist sinnvoll sich dieser struktu-rellen Verschiebung rechtzeitig zu widmen sodass die jetzige Unternehmenskultur an den richtigen Stellen fuumlr die zukuumlnftigen Herausforderungen geschliffen wird Ein ge-steigertes Bewusstsein fuumlr kulturelle Diskrepanzen zwischen dem Ist- und dem Soll-Or-ganisationskulturzustand hilft die zukuumlnftige Leistungsphilosophie unternehmensweit zu adaptieren

Ein erster Schritt dafuumlr ist das Assessment von Geschaumlftspraktiken der bestehenden Unternehmenskultur Im Folgenden werden auszugsweise Fragen formuliert die sich ex-emplarisch fuumlr die strukturierte Erarbeitung von kulturellen Eigenheiten anbieten

Abb 613 Unterschiede bei Unternehmenskulturen

27762 Die Analyse-Phase

Fragen zur strukturierten Erarbeitung von kulturellen Eigenheiten

Unternehmenssteuerung und Entscheidungsprozesse

12

Wie wird mit Erwartungen umgegangenWenn es Alternativen bei der Problemloumlsung gibt ist es besser auf alleoder nur die besten Vorschlaumlge einzugehenWer sollte in welche Problemloumlsungsprozesse involviert seinWie viel Planung ist von Noumlten bevor es an die Umsetzung gehtInwiefern gelingt es dem Management Konflikte zu loumlsen

Problemloumlsung

Folgen Mitarbeiter eher definierten Prozessen oder ihrer IntuitionWelche Personen verfuumlgen uumlber groszligzuumlgigen HandlungsspielraumWerden manche Prozesse oder Geschehnisse anderes gemanagt als zuvor definiert ndashwenn ja warum und wer entscheidet daruumlberWer sollte in welche Prozesse involviert sein damit sie erfolgreich umgesetzt werden

Prozesse

Wie werden Messgroumlszligen und Kennzahlen unternehmensweit gebrauchtWelches Belohnungskonzept ist etabliert wenn bestimmte Kennzahlen erreichtoder deutlich uumlberschritten werdenWas geschieht wenn den Mitarbeitern die Zielerreichung nicht gelingt

Kontrollsystem

Wer sind die zentralen Entscheidungstraumlger und welche Arten von Entscheidungentreffen sieWelche Rolle spielen die Mitarbeiter in diesen EntscheidungsprozessenWerden Konsensentscheidungen bevorzugt ndash wenn ja zwischen welchen PersonenFunktionenAbteilungen muss Konsens bestehenWelche Entscheidungen werden zentral getroffen ndash welche lokal

278 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Fragen zur strukturierten Erarbeitung von kulturellen Eigenheiten 22

Welche Einstellungen der Mitarbeiter werden hinsichtlich des Kunden des Wettbewerbsoder der Unternehmensstrategie erwartetErweisen sich bei globalen Problemfragen eher lokale oder globale Antworten als wirksamWie werden Prioritaumlten festgelegtIst bei der Priorisierung eher eine langfristige oder kurzfristige Orientierung sinnvoll

Priorisierung

Wie wichtig sind zwischenmenschliche Beziehungen und wie sollten sie gepflegt werdenWie wichtig ist die Hierarchie und wie sollten Mitarbeiter uumlber Organisationsebenen hinweg miteinander umgehenWie sollten Teamwork und Einzelarbeit angewendet werdenWelche Orientierung und Erwartung gilt fuumlr die Mitarbeiter die Beziehungen zu externen Stakeholdern aufgebaut haben

Beziehungen

Wie wird die Arbeit verteilt Wer verfuumlgt uumlber die EntscheidungsgewaltWas kennzeichnet die PersonalentwicklungsstrategieWie koumlnnen sich Mitarbeiter intern weiter entwickeln

Personalentscheidungen

Inwiefern muumlssen Mitarbeiter fixierten Regeln folgen Oder koumlnnen sie Arbeitssituationen selbst beurteilenWer kann was und wann beurteilenWann gelten vereinbarte Richtlinien nicht und wer entscheidet das

Richtlinien

Delegieren die Fuumlhrungskraumlfte eher Aufgaben an die Mitarbeiter oder engagierensie sich auch selbstWie sollten die Fuumlhrungskraumlfte mit Untergeordneten und Vorgesetzen umgehenWelche Kommunikation erwartet man von den FuumlhrungskraumlftenWie oft sollte dies der Fall sein und mithilfe welches MediumsWie viel Offenheit von Seiten der Vorgesetzten kann man erwarten

Fuumlhrung

27962 Die Analyse-Phase

Eine umfassende Erhebung und anschlieszligende sorgfaumlltige Analyse des Ist-Zustandes ist wichtig weil das Ausmaszlig von kulturell bedingten Einflussfaktoren haumlufig unterschaumltzt wird Ein in die unternehmensweite Lean-Sigma-Implementierung involvierter Black Belt einer schweizerischen Bank erinnerte sich an folgende Situation

Bei einem der ersten Workshops in der Zentrale der Bank wollten die Berater einer externen Beratungsgesellschaft die Anordnung der Stuumlhle und Tische so veraumlndern dass jeder Teilnehmer alle anderen sehen und problemlos mit den Kollegen kommunizieren wuumlrde koumlnnen ndash nichts Ungewoumlhnliches um einen Workshop ergebnisorientiert zu mode-rieren Umso uumlberraschender war die deutliche Aussage eines Mitarbeiters aus dem mitt-leren Management des Bankhauses dass das Arrangement der Sitzordnung in keinem Fall geaumlndert werden darf Gewisse Personen haumltten einen zugewiesenen Platz und das sollte so bleiben Obwohl die Implementierung von Lean Sigma noch nicht richtig begonnen hatte eckte sie bereits an Ein bdquocultural clashldquo war nur noch Formsache

Diese Anekdote zeigt dass informelle Strukturen wie Tabus Vorurteile oder unge-schriebene Gesetze (es wird sicherlich keine dokumentierte Richtlinie fuumlr die Sitzordnung gegeben haben) die eigentliche Groumlszlige des Eisberges (unter Wasser) definieren Weil diese bdquoKleinigkeitenldquo nicht sofort ersichtlich sind werden sie in der Praxis haumlufig vernachlaumls-sigt Festzuhalten ist um es in den Worten des ehemaligen CEO der IBM Lou Gerstner (2003 S 51) zu sagen bdquoI came to see in my decade at IBM that culture isnrsquot just one aspect of the game ndash it is the gameldquo Uumlbrigens Nach einigen Jahren redlicher Bemuumlhung um den Leitgedanken von Lean Sigma in der Organisation der schweizerischen Bank zu konstituieren laumlsst sich heute nicht mehr leugnen dass die groszligangelegte und kosten-intensive Initiative im Sand verlaufen ist ndash wenn schon eine Sitzordnung nicht veraumlndert werden darf wie sollen die Denkweise und das Verhalten von einigen Tausend Mitarbei-tern rund um den Globus umgewandelt werden

Um eine sorgfaumlltige Analyse der Organisationskultur vornehmen zu koumlnnen kann bei-spielhaft an den Ansatz der in uumlber 6000 verschiedenen Organisationen unterschiedlicher Branchen Groumlszligen Laumlnder und in verschiedenen Sprachen angewandt wurde angeknuumlpft werden Auch wenn es viele andere Moumlglichkeiten gibt ein auf den letzten Seiten auf-gefuumlhrtes Assessment auszuwerten so erweist sich das auf langjaumlhrige Forschungsarbeit gestuumltzte Vorgehen des Professors fuumlr Management und Organisation Daniel Denison (2006 S 14 ff) als sehr geeignet

Er differenziert die Organisationskultur in vier Merkmale die als Einflussfaktoren fuumlr den Geschaumlftserfolg identifiziert wurden Anpassungsfaumlhigkeit Mission Kontinuitaumlt und Mitwirkung Jedes dieser Kulturmerkmale wird durch drei Komponentenindizes ge-messen (Mitwirkung z B durch Unternehmertum Teamorientierung und Faumlhigkeitsent-wicklung) und jeder dieser Indizes wird durch fuumlnf Hypothesen konkreter evaluiert Das Modell ist in Abb 614 dargestellt

Insgesamt sind also 60 Hypothesen zu bewerten (bspw durch die Top-Fuumlhrungskraumlfte des Unternehmens) deren Ergebnisse in statistisch erhobenen Perzentilwerten abgebildet werden um durch Messungen in regelmaumlszligigen Abstaumlnden eine Aussage hinsichtlich des Entwicklungsverlaufes zu treffen Die Aussagekraft der Ergebnisse hinsichtlich horizon-

280 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

externer Fokus

Das eingesetzte Unternehmenskulturmodell basiert auf vier Kultureigenschaftendie sich in 12 Kulturelemente mit jeweils 5 Hypothesen gliedern

flexibel stabilWerte ampVerhalten

interner Fokus

Kulturelemente

AVeraumlnderungsbereitschaft

Mstrategische AusrichtungZiele amp VereinbarungenVision

Kulturdimensionen

externer Fokusinterner Fokusflexibelstabil

KWerteIdentifikation

VUnternehmertumTeam-OrientierungFaumlhigkeitsentwicklung

A Kundenorientierungorganisatorisches Lernen

Koordination amp Integration

Abb 614 Organisationskultur nach Denison

28162 Die Analyse-Phase

taler (Verhaumlltnis Stabilitaumlt und Flexibilitaumlt) vertikaler (externer vs interner Fokus) und diagonaler (interne Konsistenz vs externe Anpassungsfaumlhigkeit) Spannungen und Wider-spruumlche ist essenziell um die Logik der bestehenden Organisationskultur verstehen zu koumlnnen Abbildung 615 und 616 zeigen die konsolidierten Ergebnisse von Unternehmen und machen deutlich dass die Organisationskultur und der unternehmerische Erfolg eng miteinander verknuumlpft sind

Das Denison-Organisationskulturmodell eignet sich fuumlr die fruumlhzeitige Definition von kritischen Baustellen mit der sich eine Operational-Excellence-Initiative eher fruumlher als spaumlter konfrontiert sieht So sind nach der Ist-Erhebung und der anschlieszligenden Analyse die richtigen Hebel ndash basierend auf der Denison-Modellierung ndash fuumlr eine wirksame Kul-turveraumlnderung zu identifizieren

Forschungsergebnisse belegen dass nach innen ausgerichtete Organisationen nicht wachsen Ein Unternehmen welches sich nur mit sich selbst beschaumlftigt koumlnnte so an den schwachen Auspraumlgungen der Kundenorientierung und des organisationalen Lernens und der gleichzeitig starken Auspraumlgung von Werten und Faumlhigkeitsentwicklung er-kannt werden Ein schleichender Verlust der Wettbewerbsfaumlhigkeit waumlre in der Folge kei-ne Uumlberraschung Unter dem Schlaglicht Horizontalspannung bewirken wurde bereits in Kap 5 die Schwierigkeit wenn ein Unternehmen ausschlieszliglich von innen nach auszligen argumentiert herausgestellt Irgendwann sollte man sich nicht mehr wundern dass die Kunden die Produkte nicht mehr nachfragen Durch das anschauliche Modell von Denison kann man den Fuumlhrungskraumlften zu dieser Erkenntnis verhelfen ndash eine groszlige Hebelwirkung haumltten in dem Beispiel eine auf den Kunden ausgerichtete Vision und daraus konsequent abgeleitete strategische Maszlignahmen Eine Maszlignahme koumlnnte ein entsprechendes Beloh-nungssystem sein ndash wobei der feine Unterschied zwischen Belohnung (Erkenntlichkeit) und Entlohnung (Entgelt) beruumlcksichtigt sei ndash welches diese kulturelle Veraumlnderung einer Kundenorientierung zusaumltzlich unterstuumltzt Bei der Bank of America wurden im Zuge der Six-Sigma-Implementierung die Auszligendienstmitarbeiter nicht abhaumlngig von der Anzahl der Neukunden sondern von der Dauer der bestehenden Kundenbeziehung in Form von Award-Verleihungen honoriert Weil die Qualitaumlt der Kundenbeziehung in der Folge be-merkenswerte Fortschritte machte zahlte diese kulturelle Veraumlnderung sich auch finan-ziell fuumlr die Organisation aus

Zusammenfassend identifiziert die Organisationskulturanalyse Handlungsnotwen-digkeiten und entwickelt wertvollen Input fuumlr die weitere Infrastruktur der Operational-Excellence-Initiative Die Differenzierung in einen Ist- und Soll-Zustand dient als Ba-sis um Maszlignahmen zu erarbeiten umzusetzen und aktiv aus kultureller Perspektive zu unterstuumltzen da die Unternehmenskultur als Ressource betrachtet und auf Potenziale und Schwachstellen hin untersucht wird Die zwoumllf Dimensionen des Denison-Organisations-kulturmodells eignen sich als Kriterien und Referenzpunkte fuumlr die Steuerung eines Ent-wicklungsprozesses wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma

282 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

externer Fokus

Das eingesetzte Unternehmenskulturmodell basiert auf vier Kultureigenschaften die sich in 12 Kulturelemente mit jeweils 5 Hypothesen gliedern

flexibel stabil

interner Fokus

Kulturelemente

VeraumlnderungsbereitschaftK d i ti

strategische AusrichtungZiele amp VereinbarungenVision

Kulturdimensionen

externer Fokusinterner FokusFlexibelstabil

KWerteIdentifikationKoordination amp Integration

UnternehmertumTeam-OrientierungFaumlhigkeitsentwicklung

un enor en erungorganisatorisches Lernen

Werte amp Verhalten

A

M

V

A

Abb 615 Konsolidierte Ergebnisse von Unternehmen 1

28362 Die Analyse-Phase

externer Fokus

Das eingesetzte Unternehmenskulturmodell basiert auf vier Kultureigenschaften die sich in 12 Kulturelemente mit jeweils 5 Hypothesen gliedern

flexibel stabilWerte amp Verhalten

interner Fokus

Kulturelemente

AVeraumlnderungsbereitschaft

Mstrategische AusrichtungZiele amp VereinbarungenVision

Kulturdimensionen

externer Fokusinterner FokusFlexibelstabil

KWerteIdentifikationKoordination amp Integration

VUnternehmertumTeam-OrientierungFaumlhigkeitsentwicklung

A Kundenorientierungorganisatorisches Lernen

Abb 616 Konsolidierte Ergebnisse von Unternehmen 2

284 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die 60 Hypothesen der Denison-Erhebung auf einen Blick 1 Die meisten Mitarbeiter-innen werden in die Gestaltung ihrer Arbeit stark einbezogen 2 Entscheidungen werden auf der Ebene getroffen auf der die Information vorhanden ist 3 Informationen werden bereitgestellt sodass auch jede(r) die Informationen erhaumllt die ersie

benoumltigt 4 Jede(r) ist uumlberzeugt dass er oder sie Positives bewirken kann 5 Aufgabenplanung wird laufend durchgefuumlhrt sie bezieht alle nach der Notwendigkeit ein 6 Die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen und Teams wird stark gefoumlrdert 7 Die Mitarbeiter-innen verstehen sich als Mitglieder eines Teams 8 Aufgaben werden in Teamarbeit erledigt ndash nicht in Hierarchiestufen 9 Teams sind die primaumlren Fundamente unseres Unternehmens10 Jede(r) Mitarbeiter-in kennt die Beziehung zwischen den Aufgaben und den Unternehmens-

zielen11 Befugnisse und Vollmachten sind nach unten delegiert damit selbststaumlndig gearbeitet werden

kann12 Die Faumlhigkeiten der Mitarbeiter-innen verbessern sich staumlndig13 Es wird regelmaumlszligig in die Faumlhigkeitendas Wissen der Mitarbeiter-innen investiert14 Die Faumlhigkeiten der Mitarbeiter-innen werden als bedeutende Quelle fuumlr Wettbewerbsvorteile

gesehen15 Probleme entstehen oftmals weil wir nicht die richtigen Faumlhigkeiten fuumlr die anstehenden Auf-

gaben haben16 Das Management bdquopraktiziert was es predigtldquo17 Es gibt einen charakteristischen Managementstil und individuelle Managementpraktiken18 Es gibt klare und bestaumlndige Werte die die Art und Weise wie wir unser Geschaumlft verrichten

bestimmen19 Ignorieren der Kernwerte hat negative Konsequenzen fuumlr die entsprechend handelnde Person20 Es gibt einen ethischen Code der unser Verhalten leitet und uns richtig und falsch unterscheiden

laumlsst21 Bei Meinungsverschiedenheiten arbeiten wir hart um eine Win-win-Loumlsung zu erzielen22 Es existiert eine bdquostarkeldquo Kultur23 Auch in schwierigen Problemfaumlllen ist es relativ einfach eine Uumlbereinstimmung zu erreichen24 Wir haben oft Schwierigkeiten in Kernpunkten Uumlbereinstimmung zu erzielen25 Wir stimmen uumlber den richtigen und den falschen Weg um Aufgaben zu erledigen uumlberein26 Der Ansatz wie wir unser Geschaumlft betreiben ist gleichbleibend und vorhersehbar27 Mitarbeiter-innen aus den verschiedenen Bereichen haben eine gemeinsame Perspektive28 Es ist leicht verschiedene Bereiche fuumlr ein bestimmtes Projekt zu koordinieren29 Die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern-innen aus anderen Bereichen aumlhnelt der mit Externen30 Es existiert eine gute Ausrichtung der Ziele uumlber alle Ebenen hinweg31 Aufgaben werden auf eine sehr flexible Art und Weise erledigt und sind einfach zu aumlndern32 Wir reagieren schnell und gut auf Veraumlnderungen in der Geschaumlftsumgebung33 Permanent werden neue und verbesserte Wege angenommen unsere Aufgaben zu erledigen34 Versuche Veraumlnderungen durchzusetzen stoszligen gewoumlhnlich auf Widerstand35 Verschiedene Bereiche kooperieren um Veraumlnderungen voranzutreiben36 Kommentare und Vorschlaumlge unserer Kunden (Fachbereiche) fuumlhren oft zu Veraumlnderungen37 Hinweise unserer Kunden (Fachbereiche) haben direkten Einfluss auf unsere Entscheidungen38 Wir kennen die Wuumlnsche und Beduumlrfnisse unserer Kunden (Fachbereiche) genau39 Kunden-(Fachbereichs-)Interessen werden in unseren Entscheidungen oft nicht beruumlcksichtigt40 Wir ermutigen unsere Mitarbeiter-innen zu direktem Kontakt mit den Kunden (Fachbereiche)41 Wir sehen Fehler als Chance zum Lernen und zur Verbesserung42 Innovation sowie Risikobereitschaft werden ermutigt und belohnt

28562 Die Analyse-Phase

43 In diesem Unternehmen faumlllt vieles unter den Tisch44 Bei unserer taumlglichen Arbeit ist Lernen ein wichtiger Bestandteil45 Wir stellen sicher dass die rechte Hand weiszlig was die linke Hand tut46 Dieses Unternehmen verfolgt nachvollziehbar und transparent langfristige Ziele47 Das Vorgehen unseres Unternehmens bewirkt Veraumlnderungen bei unseren Wettbewerbern48 Es gibt eine klare Mission die uns eine Bedeutung und eine Richtung fuumlr unsere Arbeit gibt49 Es existiert eine klare Strategie fuumlr die Zukunft50 Unsere strategische Ausrichtung ist mir nicht ganz klar51 Es existiert eine breite Uumlbereinstimmung der Ziele zwischen Fachbereichen und Management52 Die Fuumlhrungskraumlfte setzen ehrgeizige und realistische Ziele53 Die Fuumlhrungskraumlfte dokumentieren die Ziele die wir erreichen wollen54 Jeder Fortschritt in Richtung der dokumentierten Ziele wird kontinuierlich verfolgt55 Die Mitarbeiter-innen verstehen was fuumlr den Erfolg langfristig getan werden muss56 Wir haben eine gemeinsame Vision wie die Organisation in der Zukunft aussehen wird57 Die Sicht unserer Fuumlhrungskraumlfte auf die Ausrichtung der Organisation ist langfristig bestimmt58 Kurzfristiges Denken erzwingt oft Kompromisse in Bezug auf unsere langfristige Vision59 Unsere Vision begeistert und motiviert unsere Mitarbeiter-innen60 Wir sind in der Lage die an uns gerichteten kurzfristigen Anforderungen zu befriedigen

623 Guidance

Dieses in drei Phasen differenzierte Modul widmet sich der Herausforderung die vorhan-denen Ressourcen so einzusetzen dass die Veraumlnderung wirksam herbeigefuumlhrt werden kann Gemeinsam bilden die drei Phasen einen der Hauptmechanismen der zunaumlchst vor einer Implementierung die Aufmerksamkeit auf die Initiative lenkt und die Erwartungen der Mitarbeiter evaluiert und gezielt weckt Waumlhrend der Umsetzung dienen die iterativen Mechanismen zur Aufrechterhaltung der Unterstuumltzung und des Engagements der rele-vanten Stakeholder ndash Schluumlsselelement ist immer ein wirkungsvoller Dialog zur Abstim-mung der Interessen Die Basis des Moduls bilden die Stakeholder Strategy (bdquoWen betrifft die Initiative und wer davon ist fuumlr eine erfolgreiche Implementierung erfolgskritischldquo) Communication Strategy (bdquoWie wurden diese Stakeholder in der Vergangenheit angespro-chen und wie soll dies in Zukunft aussehenldquo) der Stakeholder-Action-Plan (bdquoWelche Kommunikations-Aktivitaumlten werden lanciert um die Stakeholder von der Veraumlnderung zu uumlberzeugenldquo) der Communication-Plan (bdquoWie wird all das mit der richtigen Bot-schaft uumlber den richtigen Kommunikationskanal zum richtigen Zeitpunkt vermitteltldquo) die Stakeholder Mobilisation Map (bdquoWie uumlberblicke ich den Zustand der einzelnen Unter-stuumltzungslevel der Stakeholderldquo) und die Communication-Evaluation (bdquoWie erfolgreich ist die Infrastruktur meiner Kommunikation und wo bestehen Verbesserungspotenzialeldquo) Abbildung 617 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

6231 Stakeholder und Kommunikation definierenDa es sich beim Modul Guidance in der Analyse-Phase um den komplexesten Wirkungs-zusammenhang verschiedener Tools handelt wird eine detailliertere Grafik abgebildet In Abb 618 wird deutlich inwiefern die drei Phasen aufeinander aufbauen In einer Opera-

286 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

tional-Excellence-Initiative wie Lean Six Sigma oder Lean Sigma geht der Umgang mit den identifizierten Stakeholdern und der entsprechend systematisierten Kommunikation Hand in Hand Aber fangen wir vorne an Die erste Phase des Moduls besteht aus zwei Instrumentenpaketen die zeitversetzt erarbeitet werden sollen Prioritaumlt hat die Erhebung und Positionierung der Stakeholder

ANALYSESt

rate

gy

Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

Res

ourc

esnc

e Stakeholder StrategyCommunication

Stakeholder Stakeholder Management

Change Readiness Survey Organisationskulturanalyse(ua Denison-Organisationskulturmodell)

Gui

dan

Ben

efit

CommunicationStrategy Communication Plan

ManagementCommunication Evaluation

Kennzahlengrundgeruumlst Change-Impact-Assessment

B

Action Plan

Abb 617 Roadmap Guidance

Stakeholder StrategyStakeholder AnalysisStakeholder Map

Stakeholder Action Plan

Stakeholder Management

StakeholderMobilisation Map

Stakeholder amp Kommunikationdefinieren

Handlungsnotwendig-keiten entwickeln

Wirksamkeitermoumlglichen

ANC

E

1 2 3

CommunicationStrategy

CommunicationAssessmentStrategy Guide

Communication Plan CommunicationEvaluation

EffectivenessSurveyNeeds Survey

GU

IDA

Abb 618 Modul Guidance

28762 Die Analyse-Phase

62311 Stakeholder StrategyAusgehend von den Erkenntnissen des Change Readiness Survey entwickelt dieses erste Instrument Strategien fuumlr die unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen um systematisiert Erwartungen einzubeziehen Widerstaumlnde einzudaumlmmen und um die Betroffenen auf die Veraumlnderung vorzubereiten Dies impliziert eine Informationsansammlung (Wer sind mei-ne Stakeholder) eine Positions- und Herausforderungsanalyse (Wie sieht die aktuelle und die erforderliche Unterstuumltzung jeweils aus) und die Formulierung eines Leitfadens (Was muss ich erreichen um die Unterstuumltzung des Stakeholders sicherzustellen)

Wer sind meine StakeholderEs gilt alle internen und externen Interessensgruppen und Schluumlsselspieler der Initiative zu identifizieren Diese sind unterschiedlich von dem strategischen Vorhaben betroffen und haben folglich auch andere Interessen Diese divergierende Wahrnehmung der Ver-aumlnderung hat verschiedene Ursachen So unterscheiden sich bei den Stakeholdern die Er-fahrungen aus anderen Veraumlnderungsprojekten die individuellen Interessen die persoumlnli-chen Charakteristika und die sogenannten Hidden Agendas Die Segmentierung kann von der Rolle der jeweiligen Gruppe in der Initiative der Einstellung zur Veraumlnderung ihrem Entscheidungspotenzial (finanzieller und politischer Natur) oder von ihrem Einfluss auf andere Stakeholder abhaumlngig sein Es ist empfehlenswert die Stakeholder durch formelle Workshops zu fuumlhren oder in Einzelgespraumlchen zu interviewen um ihre Interessen auszu-machen und um gleichzeitig zu ermitteln wo der Einzelne Nachteile durch den Wandel erfahren kann Auf informellen Wegen also durch eine aufmerksame Beobachtung der Schluumlsselspieler koumlnnen weitere sensible Informationen an das Tageslicht befoumlrdert wer-den Die gesammelten Informationen sind uumlbersichtlich zu dokumentieren In Abb 619 und 620 ist jeweils eine Moumlglichkeit dargestellt die durchgefuumlhrte Stakeholder-Analyse abzubilden

Wie sieht die aktuelle und erforderliche Unterstuumltzung der relevanten Stakeholder ausDie Stakeholder Map ermoumlglicht einen uumlbersichtlichen und leicht verstaumlndlichen Uumlber-blick aller erfolgsentscheidenden Anspruchsgruppen einer Operational-Excellence-Initia-tive Sie validiert die relevanten Beduumlrfnisse und die Kommunikation und Kooperation der Beteiligten hinsichtlich des Wirkungsgrades und Unterstuumltzungslevels auf die Ver-aumlnderungsinitiative ndash aufgrund der Sensibilitaumlt mancher Informationen Einschaumltzungen und Bewertungen sollte die Stakeholder Map vertraulich sein Wichtig ist dass man sich auf die kulturellen Nuancen der Stakeholder einlaumlsst ndash wenn der eine gerne in Form eins regelmaumlszligigen persoumlnlichen Gespraumlches informiert wird muss das nicht auch fuumlr einen anderen gelten Von besonderer Bedeutung sind Anspruchsgruppen mit Interesse an ent-scheidender Einflussnahme auf die Initiative Aus der grafischen Uumlbersicht lassen sich im Hinblick auf die Einbeziehung der Stakeholder Handlungsfelder und kritische Erfolgsfak-toren initiativenspezifisch ableiten Abbildung 621 zeigt eine moumlgliche Darstellungsform einer Stakeholder Map Abbildung 622 stellt den Zielzustand des erforderlichen Maszliges an Unterstuumltzung fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung der Initiative dar

288 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wie gelingt es den Level an Unterstuumltzung zu erhoumlhenHaumlufig bestehen zwischen den Interessen der Stakeholder und den Zielen der Initiative Differenzen Diese koumlnnen sich zu schwer uumlberwindbaren Barrieren entwickeln die das ganze Vorhaben zum Scheitern bringen Mit der folgenden Vorgehensweise wird dieser Gefahr entgegengewirkt Es werden strategische Maszlignahmen entwickelt die beschreiben wie jede Stakeholder-Gruppe den Zielzustand erreichen soll Dafuumlr werden Stufen be-stimmt die diesen Entwicklungsprozess differenzieren So kann man die folgenden fuumlnf Schritte wie in Abb 623 abgebildet als Leitfaden nutzen

Zur Formulierung der jeweiligen Unterstuumltzungsstrategien sollte zusaumltzlich aus Sicht der einzelnen Stakeholder festgelegt werden bis wann welche Stufe erreicht werden muss Die nicht zu unterschaumltzende Entwicklung dieser Einzelstrategien ist von enormer Bedeu-

Abb 619 Stakeholder-Analyse ndash intern

28962 Die Analyse-Phase

tung um eine aktive allgemeine Unterstuumltzung fuumlr den Wandel zu erreichen Zu beachten ist auch dass je gruumlndlicher diese Stakeholder-Strategie vorbereitet wird desto einfacher lassen sich die spaumlteren Inhalte des Kommunikationsplans fuumlllen

Zusammenfassend stellt das erste Instrument das Grundgeruumlst fuumlr die weiteren Uumlber-legungen dar Durch ein sorgfaumlltiges Anwenden dieser ersten drei Instrumente koumlnnen im weiteren Verlauf die zentralen Interessen der Stakeholder adressiert werden was das Risiko einer nicht wahrgenommenen Topmanagement-Unterstuumltzung oder der unzurei-chenden Einbeziehung der Mitarbeiterinteressen in einem ersten Schritt minimiert Ohne diese solide Basis kann das Stakeholder-Management in der dritten Phase (Wirksamkeit ermoumlglichen) seinen zentralen Nutzen als Fruumlhwarnsystem fuumlr Stakeholderprobleme und damit verbundene Widerstaumlnde zu fungieren nicht erfuumlllen

62312 Communication StrategyDie analytische Vorarbeit der Stakeholder-Strategie liefert eine belastbare Informations-basis fuumlr eine effektive Kommunikationsstrategie und den daraus abgeleiteten Kommuni-

Abb 620 Stakeholder-Analyse ndash extern

290 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

kationsplan Dieses Instrument leitet eine Kommunikation ein die im Dialog Interessen abstimmt Klarheit und Verstaumlndnis schafft Verpflichtungen und Botschaften des Senders uumlbermittelt die Akzeptanz der Stakeholder ermoumlglicht und den Weg zu einer nachhaltigen Verhaltensaumlnderung im Zuge der Operational-Excellence-Initiative ebnet Dies impliziert die Erhebung des Status quo (Welche Kommunikationskanaumlle werden momentan wie ge-nutzt) und die Entwicklung einer von den Stakeholdern abhaumlngigen Strategie (Welche Kommunikationsstrategie ist fuumlr die Initiative und die Organisation geeignet)

Welche Kommunikationskanaumlle werden momentan wie genutztEs empfiehlt sich zunaumlchst einen Uumlberblick uumlber den aktuellen Aufbau und Ablauf der Kommunikation im Unternehmen zu gewinnen Dies ist die Grundlage um die richtigen Botschaften im Verlauf der Initiative zum richtigen Zeitpunkt und auch auf die richtige Art und Weise zu vermitteln Ferner wird ermittelt wer wie und wodurch mit Informationen

sehr groszlig

raumlnd

erun

g

groszlig

Produktionsleiter Vorstand

12W

irkun

g au

f Ver

mittel

gering

GraueEminenzen

1

3

starkdagegen

dagegen

Level der Unterstuumltzung

Unterstuumltzer

Vertrieb

1 Stakeholder Unterstuumltzung ist essentiell

2 Stakeholder Unterstuumltzung ist wuumlnschenswert

3 Stakeholder Unterstuumltzung ist nicht wichtig

viel Macht und Einfluss

etwas Macht und Einfluss

wenig Macht und Einfluss

Mitarbeiter

1

MittleresManagement

2

Betriebsrat

2

neutral Enthusiast

Abb 621 Darstellungsform einer Stakeholder Map

29162 Die Analyse-Phase

Produktionsleiter Vorstand

12

graueEminenzengraue

Eminenzen

Mitarbeiter

1

12

3Vertrieb

1

2

3

MittleresManagement

2

mittleresManagement

2

Mitarbeiter

1

Betriebsrat

2

Betriebsrat

1

Produktions-leiter

2

sehr groszlig

groszlig

Wirk

ung

auf V

eraumln

deru

ng

mittel

gering

starkdagegen

dagegen

Level der Unterstuumltzung

Unterstuumltzer

g

Stakeholder Unterstuumltzung ist essentiell

Stakeholder Unterstuumltzung ist wuumlnschenswert

Stakeholder Unterstuumltzung ist nicht wichtig

viel Macht und Einfluss

etwas Macht und Einfluss

wenig Macht und Einfluss

Enthusiastneutral

Abb 622 Zielzustand des erforderlichen Maszliges an Unterstuumltzung fuumlr eine erfolgreiche Umsetzung der Initiative

Gehoumlrt

STAKEHOLDERhat Informationen erhalten

Verstanden Akzeptiert Angewendet Verinnerlicht

STAKEHOLDERversteht die wichtigen Punkte (Erfolgsfaktoren und Vorteile der Initiative) und die

STAKEHOLDERakzeptiertVorgehen und Zeitplan und stellt seine Ressourcen zur Verfuumlgung ndash

STAKEHOLDERfoumlrdert den Wandel aktiv und multipliziert sein Engagement auf andere

STAKEHOLDERfoumlrdert den Wandel nachhaltig ndash verinnerlicht die neue Kultur und faumlllt nicht mehr in )

eigene Rolle er hat keine Vorbehalte mehr

Stakeholdermusteralte Verhaltens-

Abb 623 Leitfaden zur Erreichung des Zielzustands

292 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

versorgt werden kann sodass das Risiko einer Geruumlchtekuumlche aufgrund von Desinforma-tion reduziert werden kann

Ein Negativbeispiel Bruce Miyashita von Maple Leaf Foods musste mitten in der Six-Sigma-Implementierung feststellen dass seine Hochglanzbroschuumlre zum Fortschritt der Initiative nicht einmal von den Black Belts gelesen wurde (wo man doch davon ausgehen sollte dass bei ihnen ein gewisses Interesse besteht) Miyashitas Absicht mithilfe der Bro-schuumlre die Uumlberzeugung in der Belegschaft zu vertiefen schlug fehl weil er das falsche Medium auswaumlhlte Als Reaktion wurden daraufhin gezielt Workshops und Einzelgesprauml-che organisiert Eine Broschuumlre hat eher einen informativen Charakter ndash Face-to-Face-Ge-spraumlche eher einen uumlberzeugenden Ein fruumlhzeitiges Kommunikations-Assessment wirkt praumlventiv weil es solche Situationen a priori beruumlcksichtigt Das Assessment sollte die folgenden Bausteine beinhalten und kann beliebig ergaumlnzt werden

1 KanalMedium Welche Kommunikationskanaumlle a) wurden in der Vergangenheit genutzt b) erreichen Sie momentan (z B Intranet und Informationsveranstaltungen in der Vergangenheit Newsletter heute)

2 Beschreibung Koumlnnen Sie das Medium konkreter beschreiben (z B bdquoEs handelt sich um den monatlichen Newsletter des Unternehmens und nicht um einen Newsletter der Initiativeldquo)

3 Zielgruppe Was ist die jeweilige Zielgruppe (z B alle Mitarbeiter oder nur der Geschaumlftsbereich Strategische Entwicklung)

4 Rhythmus Wie haumlufig wird das Medium benutzt (z B woumlchentlich monatlich)5 Kommentar Gibt es uumlbergreifende Kommentare die fuumlr die weitere Verwertung rele-

vant sind (z B Mitarbeiter bdquoDer neue youtube-Channel ist besser als ein Newsletter per E-Mail um uns auf den aktuellsten Stand des Projektes zu bringenldquo)

6 Kontakt Wer ist fuumlr das Kommunikationsmedium verantwortlich (z B Max Muster-mann Black Belt)

Welche Kommunikationsstrategie ist fuumlr die Initiative und die Organisation geeignetZur Entwicklung einer wirksamen und umsetzbaren Kommunikationsstrategie durch die Verantwortlichen der Initiative sollten verschiedene Aspekte beachtet werden Die fol-gende Vorgehensweise ist als Orientierung gebende Checkliste zu verstehen und bean-sprucht keine Vollstaumlndigkeit Die Beispielfragen sind individuell zu modifizieren um auf die Erfordernisse der jeweiligen Initiative unternehmensspezifisch einzugehen Das Endprodukt sollte in Form eines Strategiepapiers von den Initiatoren oder Sponsoren des Operational-Excellence-Vorhabens freigegeben werden ndash eine kritische Wuumlrdigung durch eine Auswahl besonders relevanter Stakeholder kann in Erwaumlgung gezogen werden damit das Ergebnis bdquowasserdichtldquo wird1 Hintergrund Was ist der Name der Initiative Um welche Art von Veraumlnderung han-

delt es sich Was ist die Vision Welche Rolle spielt die Initiative im Vergleich zu anderen strategischen Vorhaben im Unternehmen

29362 Die Analyse-Phase

7 Tipp Stellen Sie sicher dass eine griffige und visuelle Identitaumlt der Initiative besteht Dies hilft dabei dass die Adressaten der Kommunikation die Botschaf-ten unverzuumlglich mit der Initiative assoziieren Bekannte Beispiele fuumlr kurze und praumlgnante Visionen sind Bill Gates (Jeder Haushalt soll bis 2010 uumlber einen Computer verfuumlgen) und John F Kennedy (Einen Mann auf den Mond bringen bis Ende des Jahrzehnts)

Stellen Sie sicher dass die Initiative in allen relevanten Kommunikationska-naumllen uumlber eine bdquoCorporate Identityldquo verfuumlgt sodass die Adressaten ein konsis-tentes Bild der Initiative wiedererkennen

2 Sinn und Zweck der Strategie Was ist der Grund fuumlr die Entwicklung dieser Kom-munikationsstrategie Existiert bereits eine aumlhnliche Kommunikationsstrategie ndash wenn ja warum wird eine weitere Strategie entwickelt

7 Tipp Bereits bestehende Kommunikationsstrategien liegen meistens in der Verantwortung der Kommunikationsabteilung Stellen Sie sicher dass Sie Ihre neue Strategie anschlussfaumlhig und konsistent gestalten ndash im Idealfall wird sie bei groszligangelegten Operational-Excellence-Initiativen in die Unternehmens-kommunikation eingebettet

3 Ziele Was sind die Zielsetzungen der Strategie Wie wird ermittelt ob die Strategie erfolgreich war

7 Tipp Seien Sie so konkret wie moumlglich bei Ihrer Formulierung und stellen Sie die Messbarkeit der Strategie sicher Das Ziel der Kommunikation ist es ein einheitliches Verstaumlndnis von Qualitaumlt (auf Six-Sigma-Niveau) zu verbrei-ten (Erfolgsmessung durch stichprobenartige Mitarbeiterbefragung) Oder Das Ziel der Kommunikation ist es die Initiative unterstuumltzend zu begleiten damit der Kunde eine positive Auffassung von den durch die Operational-Excellence-Initiative bedingten Veraumlnderungen hat (Erfolgsmessung durch Kundenbefragung)

4 Grundsaumltze Was sind die grundsaumltzlichen Prinzipien der Strategie hinsichtlich der Kommunikation mit den Stakeholdern

7 Tipp Achten Sie darauf dass bei wichtigen Schluumlsselpersonen Einzelgesprauml-che zwangslaumlufig durchzufuumlhren sind Ferner sollten Sie darauf achten dass jede Neuigkeit zuerst an die internen Stakeholder und danach erst an die Exter-nen kommuniziert wird

5 Kernbotschaft Was sind die festen Bestandteile der Kernbotschaft die waumlhrend der ganzen Implementierung von Operational Excellence kommuniziert werden

294 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Stellen Sie in einem bdquoElevator Pitchldquo der Initiative sicher dass die folgen-den Fragen klar und deutlich beantwortet werden Worum geht es uns hier Wo kommen wir her Wo moumlchten wir hin Was wurde schon erreicht Was muss noch gemacht werden Was ist die Vision

Wenn Sie ein Gefuumlhl von Dringlichkeit erzeugen wollen muumlssen Sie die Schluumlsselbotschaft in einer einfachen Sprache immer wiederholen und durch ansprechende Geschichten und Bilder Emotionen ermoumlglichen So wird Ihre Botschaft bedeutungsvoll Achten Sie darauf dass Sie eine passende Ebene waumlhlen damit sich die Botschaft waumlhrend der Implementierung nicht stark veraumlndert bdquoWir wollen das gemeinsame Arbeiten erleichternldquo vs bdquoWir wollen durch die Optimierung von Schnittstellen die Dokumentenfluumlsse reibungsloser gestalten und Zeit sparenldquo

6 KanalMedium Welche Kommunikationskanaumlle sind verfuumlgbar Welche Medien bieten sich in der Organisation an Welche Kanaumlle haben in der Vergangenheit wich-tige Botschaften am wirksamsten vermittelt Welche Kommunikationskanaumlle haben Prioritaumlt

7 Tipp Stellen Sie sicher dass die Erkenntnisse aus der Erhebung des Status quo der Kommunikation (Communication Assessment) ihre Beruumlcksichtigung in der Strategie finden Ziehen Sie alle Moumlglichkeiten in Erwaumlgung und uumlberpruuml-fen Sie diese auf Ihre auf die Operational-Excellence-Initiative zugeschnittene Wirksamkeit

Einzelgespraumlche Unternehmensnewsletter Schwarzes Brett E-Marketing Informationsbroschuumlren Flyer Videobotschaften (Podcasts) Intranet Internet persoumlnliche Briefe Praumlsentationen Team-Meetings Team-Building-Aktivitaumlten Workshops Voicemail Pressemitteilungen Mitarbeiter-Radio Poster u v m

7 Stakeholder Wer sind die wichtigsten Adressaten (Key-Stakeholder) der Kommuni-kation Sind diese intern oder extern Welche Praumlferenzen der Stakeholder gibt es im Hinblick auf das Medium und die Haumlufigkeit der Kommunikation zu beachten

7 Tipp Stellen Sie sicher dass die Erkenntnisse aus der umfangreichen Stakehol-der-Analyse und der dokumentierten Stakeholder Map an dieser Stelle richtig interpretiert werden

8 Verantwortlichkeiten Welche Personen oder Personengruppen sind in die Umsetzung der Kommunikationsstrategie involviert

7 Tipp Ermitteln Sie wer fuumlr die Freigabe von Kommunikationsmaterialien zustaumlndig ist bevor Unterlagen veroumlffentlicht werden

29562 Die Analyse-Phase

9 Erfolgsmessung Wie werden Informationen gesammelt die die Effektivitaumlt der Stra-tegie beurteilen lassen Welche Kanaumlle werden fuumlr Feedbackstrukturen genutzt Wie werden die durch das Feedback gewonnenen Erkenntnisse in Zukunft verwertet

7 Tipp Stellen Sie sicher dass das Feedback hinsichtlich der Qualitaumlt der Kom-munikation (Verstaumlndlichkeit der Botschaften) aussagekraumlftig ist Gewaumlhr-leisten Sie die Moumlglichkeit Ruumlckschluumlsse auf strategische Fragestellungen zu ziehen ndash stellen Sie den Link zwischen der Kommunikationsstrategie und der Change-Strategie her

10 Erfolgsfaktoren Was sind die kritischen Faktoren welche die Kommunikationsstra-tegie zum Scheitern bringen koumlnnen

Beispiele

Schluumlsselinformationen werden zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Menschen geliefert Die Beteiligten der Initiative (Master Black Belts oder Black Belts) haben ihre Rolle und Verantwortlichkeit im Rahmen der Kommunikationsstrategie verinner-licht Die Kommunikation ist grafisch und inhaltlich konsistent Die Kommunikation der Initiative kreiert Aufmerksamkeit Engagement und Verstaumlndnis in der Belegschaft Die Strategie ermoumlglicht ein Forum wo Stakeholder ihre Befuumlrchtungen hinsichtlich der bevorstehenden Veraumlnderung kommunizieren koumlnnen Die Dokumentation wurde von den Verantwortlichen der Initiative freigegeben

6232 Handlungsnotwendigkeiten entwickelnDiese zweite Phase besteht im Wesentlichen aus zwei Instrumenten Mit dem Stakeholder-Action-Plan zu beginnen ist sinnvoll

62321 Stakeholder-Action-PlanAufbauend auf dem 7 Punkt des Kommunikationsstrategie-Papiers soll dieses Instrument die erforderlichen Aktionen um die Stakeholder von der Veraumlnderung zu uumlberzeugen bestimmen und die erwarteten Reaktionen einschaumltzen Der Stakeholder-Action-Plan re-agiert auf das Feedback der Anspruchsgruppen und ist ein weiterer Baustein um in an-gemessener Form eine breite Basis an Unterstuumltzung fuumlr das Momentum des Wandels zu bewirken

Wie werden Stakeholder im Feedback-Prozess erfolgreich aktiviertNachdem zuvor die relevanten Stakeholder und Schluumlsselspieler bestimmt und ihre In-teressen und Erwartungen zusammengetragen worden sind sollten nun die Stakeholder-spezifischen Feedbackmechanismen konkretisiert werden Abhaumlngig vom bisherigen Um-gang mit den Betroffenen der Initiative sollte spaumltestens zu diesem Zeitpunkt das persoumln-liche Gespraumlch mit den Key-Stakeholdern gesucht werden ndash die Operational-Excellence-Initiative aus ihrer persoumlnlichen Perspektive nachzuvollziehen ist ein elementarer Aspekt

296 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

um im weiteren Verlauf das Risiko von Uumlberreaktionen bedingt durch Missverstaumlndnisse zu minimieren Dazu gehoumlrt auch die Uumlberpruumlfung von negativen Effekten des Wandels fuumlr die Stakeholder (vgl Tab 61)

7 Tipp Sehen Sie jeden Kontakt zu den Anspruchsgruppen im Zuge dieser ers-ten Kernphase einer Implementierung als wertvolle Gelegenheit um Informa-tionen zu sammeln und die jeweiligen Personen von der Neuausrichtung zu uumlberzeugen

Wie sind diese Aktivitaumlten zu dokumentierenDer Stakeholder-Action-Plan ist ein wichtiger Bestandteil des im naumlchsten Schritt zu entwickelnden Kommunikationsplans Es gilt ein Dokument zu entwerfen welches das systematische Sammeln und Evaluieren des Feedbacks der Stakeholder sowie eine aktu-elle Einschaumltzung zum Status der Interessen und Aktivitaumlten der Beteiligten ermoumlglicht Bestenfalls ordnet man die gesamte Liste nach der Prioritaumlt der einzelnen Stakeholder Der Action-Plan registriert die Aktivitaumlten die unternommen werden um die Position des Stakeholders auf der Stakeholder Map in Richtung der fuumlr die Initiative idealen bdquoKo-ordinateldquo zu bewegen Dies impliziert auch die Zuordnung von Verantwortlichkeiten ndash die sogenannten Stakeholder-Manager Wichtig ist dass der Stakeholder-Action-Plan ein beweglicher Bestandteil des kontinuierlichen Austauschs zwischen Initiativenleitung und Projektleitung ist Dies bedeutet dass die Inhalte jederzeit infrage zu stellen sind um sich den volatilen Rahmenbedingungen einer Operational-Excellence-Initiative ndash und damit auch den Fragestellung an welchen Stakeholder man wie warum und wann herantritt ndash anzupassen (vgl Tab 62)

Tab 61 Bisheriges Ergebnis aus Instrumentenpaket Stakeholder StrategyStakeholder Supporta

aktuell vs noumltig

Was man braucht

Seine Bedenken

Aktivitaumlt Verant-wortlich

Status

Max Mus-termann (Bereichslei-ter IT)

2 4 Updates bzgl IT-Sup-port zur Umset-zung des Projekts

bdquoProjekt gab es schonldquo ndash sein Bereich wird doppelt belastet

Mit in Ent-scheidungs-prozesse (Strategie-Workshop) einbeziehen und aufneh-men in den Fortschritts-newsletter

Maria Musterfrau

Noch nicht am Workshop teilgenom-men ndash Info-material uumlber Fortschritte durch News-letter erhalten

a 1 = gehoumlrt 2 = verstanden 3 = akzeptiert 4 = angewendet 5 = verinnerlicht

29762 Die Analyse-Phase

62322 Communication-PlanDer Zweck dieses Werkzeugs ist die Entwicklung eines Plans zur Umsetzung des bis zu diesem Zeitpunkt entwickelten Handlungsansatzes Uumlberlegungen zur Stakeholder Strate-gy sowie zur Ausrichtung der Kommunikation und die identifizierten Handlungsnotwen-digkeiten des Stakeholder-Action-Plans finden ihre Ausfuumlhrung im Kommunikationsplan Der Benefit eines wirkungsvollen und umfassenden Kommunikationsplans liegt darin dass er Verstaumlndnis fuumlr die bevorstehenden Veraumlnderungen schafft und Verhaltensweisen und Einstellungen entsprechend des Grundgedankens der operativen Exzellenz foumlrdert Wenn der Plan in die Tat umgesetzt wird fokussiert sich die Kommunikation auf die fuumlr den Erfolg der Initiative relevanten Einflussfaktoren wie die angemessene Beruumlcksichti-gung von Aumlngsten und das Bearbeiten von Widerstaumlnden Ob sich der Verlauf einer Initia-tive an einer brodelnden Geruumlchtekuumlche verbrennt liegt wesentlich in der Verantwortung eines Kommunikationsplans ndash der wiederum zum Aufgabenbereich der Initiativenleitung gehoumlrt Schlieszliglich ist er auf dem Weg zur Operational Excellence ein entscheidender Hebel um im Sinne des Erfolgsfaktors bdquoMitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernldquo nicht nur die Initiative sondern auch die beteiligten Menschen zu managen ndash fuumlr eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist eine transparente ehrliche und kon-sistente Kommunikation das A und O

Das Rahmenwerk des Communication-Plans in Abb 624 ermoumlglicht dies wenn die zuvor diskutierten Module erfuumlllt sind und die folgenden Aspekte entsprechend struktu-riert zielgerichtet und iterativ verwertet werden

1 Zielgruppe Die Adressaten der mit der Initiative verbundenen Kommunikation sind bereits ermittelt und analysiert worden Die Stakeholder-Analyse (Wer kommt alles infrage) und die Stakeholder Map (Wer ist wichtig) weisen die hier relevanten Ergeb-nisse auf

2 Zielsetzung Auch die eindeutig zu formulierenden Ziele sind bereits erarbeitet worden Die Stakeholder-Strategie (Was ist mein Ziel) hat zuvor klare Aussagen entwickelt was mit der Kommunikation bezweckt werden soll um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Initiative zu erhoumlhen

Tab 62 Beispiel Auszug aus Action PlanStakeholderPrioritaumlt Feedback Seine Bedenken ActionMax Mustermann (Bereichsleiter IT) hohe Prioritaumlt

Einzelgespraumlch Absage Teilnahme Workshop

bdquoProjekt gab es schonldquo ndash sein Bereich wird doppelt belastet

Stakeholder-Managerin Musterfrau involviert den IT-Vorstand Muster-muumlller zur Absprache von entsprechenden Maszlignah-men (z B Vorstand fuumlhrt persoumlnliches Gespraumlch mit Bereichsleiter)

298 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Botschaft Es gilt auf die in der Stakeholder-Strategie und Kommunikationsstrategie erarbeitete(n) Kernbotschaft(en) zuruumlckzugreifen In der Regel lassen sich die Bot-schaften auf vier Auspraumlgungen reduzieren

Interesse wecken In dieser informativen (tendenziell einseitigen) Kommunikation soll-ten die Gruumlnde fuumlr die Veraumlnderung verdeutlicht werden Der Zeitplan der Namen und der Umfang der Initiative legen das Grundgeruumlst fuumlr die Vision ndash die darauf aufbauende bdquocompelling storyldquo also eine fesselnde Story Line zur Uumlberzeugung der Mitarbeiter ist an dieser Stelle von herausragender Bedeutung

Verstaumlndnis schaffen Hier nimmt die Kommunikation schon eher die Form eines Dia-logs an Um nachhaltiges Verstaumlndnis fuumlr die Veraumlnderungen zu ermoumlglichen gilt es den Befuumlrchtungen und Sorgen der Zielgruppe zuzuhoumlren ndash als Reaktion sollte die Bot-schaft motivieren und detailliertere Informationen hinsichtlich des Fortschritts der Ini-tiative transportieren

Unterstuumltzung aktivieren An dieser Stelle sollten die gegenseitigen Erwartungen klar werden und die durch die Initiative hervorgerufenen Vorteile klar sein Die Kommuni-kation sollte die Dramaturgie erhoumlhen sodass sich die Aufregung vor der anstehenden

7 2

1Zielgruppe

7Feedback

2Zielsetzung

6Rollen

3Botschaft

5Zeitplan

4Kanal

Abb 624 Rahmenwerk des Communication-Plans

29962 Die Analyse-Phase

Veraumlnderung positiv auf die Art und Weise auswirkt wie die Beteiligten die neuen Arbeitsweisen aufnehmen

Engagement forcieren Um die Veraumlnderung zu verankern gilt es vor allem das Erreichte zu feiern Dies basiert auf einem intensiven Austausch wobei Feedback nicht nur ermoumlglicht wird sondern aktiv eingefordert werden muss

4 Kommunikationskanal Auch dieser Teil greift auf wertvolle Arbeit aus der Commu-nication Strategy zuruumlck Mit der Analyse des Status quo (Welche Kommunikations-kanaumlle stehen aktuell in der Organisation zur Verfuumlgung) und der Entwicklung einer Strategie (Welche Kanaumlle sind fuumlr die Initiative und die Organisation geeignet) sind die relevanten Medien bereits bestimmt Analog zum vorherigen Punkt variieren die Medien aber abhaumlngig von der zu vermittelnden Botschaft Ein Auszug

Interesse wecken Intro-Workshop virale Teaser-Kampagne Pressemitteilung Top-Down Briefing Struktur

Verstaumlndnis schaffen Praumlsentation der Vision symbolische Aktionen Intranetauftritt Poster Broschuumlren Pamphlete

Unterstuumltzung aktivieren Einzelgespraumlche Coaching Action Newsletters persoumlnli-cher Brief vom Vorgesetzten Veroumlffentlichung einer Mitarbeiterbefragung

Engagement forcieren Fortschritts-Newsletter Internetauftritt Platzierungen in der Unternehmenskommunikation Videobotschaften der Topmanager

5 Zeitpunkt und Regelmaumlszligigkeit Die richtige Botschaft muss auch zum richtigen Zeit-punkt vermittelt werden Dafuumlr sind folgende Aspekte grundsaumltzlich zu beachten Die Hierarchie in der Organisation verschiedene Zeitzonen die definierten Meilensteine der Initiative und die Tatsache dass auch Desinformation eine Art Kommunikation ist sind bei der Wahl des Zeitpunktes zu beruumlcksichtigen

Beispiel

Bruce Miyashita und Michael McCain vom kanadischen Lebensmittelhersteller warte-ten mit Absicht bis sie der Belegschaft den Sinn und Zweck von Six Sigma erlaumluterten ndash bis dahin stand das Mysterium im Raum was die Mitarbeiter so neugierig machte dass sie von sich aus Erkundigungen anstellten Die ersten Informationen von Miyas-hita trafen in der Folge auf offene Ohren

Ferner sind die verfuumlgbaren Kanaumlle und der organisationsspezifische Kommunikations-puls (welcher Newsletter ist der eine zu viel) zu spuumlren um die geeignete Regelmaumlszligig-keit sicherzustellen

Beispiel

Bevor Mike Fisher die Lean-Sigma-Initiative bei Best Buy verantwortete gab es eine regelrechte Uumlberschwemmung mit Informationsveranstaltungen Die sogenannten White Belts wurden auf die Initiative vorbereitet und dann in der Luft haumlngen gelassen weil etliche Monate vergingen um fuumlr die groszlige Anzahl an bereits informierten Mit-arbeitern Taumltigkeiten in der Initiative zu definieren

300 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Enttaumluschen Sie nicht geschuumlrte Erwartungen ndash das fuumlhrt zur bitteren Frustration Spuumlren Sie den Puls der Organisation um eine wirkungsvolle Kom-munikation waumlhrend der Implementierung zu ermoumlglichen

6 Rollen Fuumlr die Umsetzung sind fachlich versierte Spezialisten noumltig In diesem Zuge gibt es mindestens drei Rollen zu belegen Der Entwickler (Wer entwirft und gestaltet saumlmtliche Kommunikationsunterlagen) der Kommunikator (Wer uumlbernimmt die Ver-antwortung die Botschaften an die entsprechenden Zielgruppen zu vermitteln) und der Entscheider (Wer verfuumlgt uumlber die Entscheidungshoheit die Inhalte und die Ver-oumlffentlichungen freizugeben)

7 Tipp Stellen Sie sicher dass dieser Autorisierungsprozess von Beginn an von allen Beteiligten verbindlich vereinbart ist

7 Feedback Es ist wichtig dass der Kommunikationsprozess waumlhrend der Implemen-tierungsphasen beobachtet wird Nur so koumlnnen die Botschaften die Medien die Ziel-gruppen oder der Zeitplan wirksam an die Rahmenbedingungen der Initiative angepasst werden So wie die Fluumlgel eines Flugzeuges extrem beweglich sind und sich den Luft-bedingungen anpassen damit die Passagiere einen ruhigen Flug genieszligen koumlnnen ndash so sensibel muss in diesem Kontext auch ein wirksamer Kommunikationsplan auf Ver-aumlnderungen Feedback oder anderweitige bdquoLuftloumlcherldquo reagieren Die zentralen Vor-gehensweisen um Feedback zu generieren lassen sich kurz umreiszligen

Stichprobenartige Telefon-Interviews von zufaumlllig ausgewaumlhlten Betroffenen der Ini-tiative ermoumlglichen praumlzise Antworten im Hinblick auf das was in der Kommunikation funktioniert oder auch nicht funktioniert Die Ergebnisse muumlssen aber nicht zwangs-laumlufig repraumlsentativ und verlaumlsslich (sehr subjektiv) sein

Fokus Gruppen 90-minuumltige Mini-Workshops in denen die Erfolgsfaktoren der Kom-munikationsstrategie uumlberpruumlft werden ermoumlglichen eine respektable Fuumllle an Antwor-ten die aber dazu neigen eher die Meinungen der extrovertierten Teilnehmer einzufangen

7 Tipp Die disziplinierte Organisation von Meetings bei der Neuenfelder Maschi-nenfabrik soll hier ein Vorbild sein Jeder Mitarbeiter muss zu Wort kommen und verfuumlgt nur uumlber eine gewisse Anzahl an Redeminuten ndash wenn einer spricht schweigen alle anderen

Umfragen Ein zehn Fragen umfassender bdquoQuick Queckldquo durch eine repraumlsentative Stichprobengroumlszlige ermoumlglicht ein aussagekraumlftiges und tendenziell zuumlgig zu analysie-rendes Meinungsbild dem es aber an qualitativem Tiefgang mangelt weil die wenigen ndash aber umso wichtigeren ndash kritischen Stimmen in der Menge eher untergehen

Kontaktmoumlglichkeit (online) Den Mitarbeitern steht ein Ansprechpartner zur Verfuuml-gung (wie ein Servicemitarbeiter eines Unternehmens der im Live-Chat Fragen der Kunden beantwortet) Dies ist ein institutionalisierter Push-Mechanismus der den

30162 Die Analyse-Phase

Bedenken und Sorgen der Mitarbeiter eine Stimme verleiht sich aber zu sehr auf die Aktivitaumlt der Mitarbeiter verlaumlsst (vgl Tab 63)

7 Tipp Gehen sie nicht davon aus sondern stellen sie systematisch sicher dass vertrauliche Informationen vertraulich gehandhabt werden Die Auffassung wie mit vertraulichen Daten umgegangen werden soll unterscheidet sich von Mitarbeiter zu Mitarbeiter und von Geschaumlftsbereich zu Geschaumlftsbereich

Trauen Sie den Stakeholdern auch schlechte Nachrichten zu ndash die Empfaumln-ger koumlnnen mit einer direkten Konfrontation in der Regel besser umgehen als wenn sie es auf Umwegen erfahren

Gewaumlhrleisten Sie ein ausgewogenes Verhaumlltnis zwischen dem zu vermit-telnden Inhalt (Was wird kommuniziert) und den Hintergruumlnden (Wieso wird das kommuniziert)

Stellen Sie eine kritische Wuumlrdigung der gewaumlhlten Kommunikationskanaumlle kontinuierlich sicher

Verlassen Sie sich nicht zu sehr auf einzelne MedienDefinieren Sie klare und verbindliche Verantwortlichkeiten sodass die

Gesundheit der Kommunikation in pflichtbewussten Haumlnden liegt ndash Vorurteile Missverstaumlndnisse und Intrigen fuumlhren zu unkalkulierbaren Folgeschaumlden sind aber haumlufig vermeidbar

Zu guter Letzt Stimmen Sie sich mit anderen Kommunikationsinitiativen ab

6233 Wirksamkeit ermoumlglichenDiese dritte Phase deren Startpunkt stark mit der Phase bdquoHandlungsnotwendigkeiten ent-wickelnldquo verschwimmt beinhaltet im Wesentlichen zwei Instrumente Es handelt sich

Tab 63 Beispiel Kommunikationsplan (Auszug)Zielgruppe Ziel Botschaft Kanal Zeitplan Entwickler Kommu-

nikatorFeedback

Unterneh-men

Interesse wecken

Vorteile fuumlr die Organisa-tion

Videobot-schaft

Einmalig Initiati-venlei-tung

Vorstand Frage-bogen Intranet

Alle Belts Interesse vertiefen

Vorteile fuumlr die berufliche Karriere

Hoch-glanzbro-schuumlre

Halbjaumlhr-lich

MBBPR-Abteilung

MBB Stichpro-beninter-views

BB-Kan-didaten

Recht-zeitige Anmel-dung zur Schulung

Verbind-liche Anmel-dung bis xxyyzzzz

E-Mail Newsletter

Monatlich waumlhrend Transfer-Phase

Initiati-ven-Ma-nagement-Office

BBs Kon-takt auf Webseite

302 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

dabei um ein strukturiertes Management der Anspruchsgruppen und die Evaluation des Erfolgsgrads der Kommunikation

62331 Stakeholder-ManagementDieser Schritt leitet ndash waumlhrend des flieszligenden Uumlbergangs von der Analyse in die Trans-fer-Phase ndash die nachhaltige Implementierung der identifizierten Aktivitaumlten und Hand-lungsnotwendigkeiten ein Es gilt zu gewaumlhrleisten dass die wesentlichen Stakeholder und Schluumlsselspieler die Veraumlnderungsinitiative unterstuumltzen Dafuumlr gilt es den aus der Stakeholder Strategy definierten Leitfaden in Abb 623 zur Beschreibung des Unterstuumlt-zungsstatus des Stakeholders aufzugreifen Dort wurde der Entwicklungsprozess in

1 Gehoumlrt (Informationen erhalten)2 Verstanden (wichtigen Punkte und eigene Rolle verstanden)3 Akzeptiert (hat keine Vorbehalte mehr weil er eine persoumlnliche Perspektive sieht)4 Angewendet (foumlrdert die Veraumlnderung aktiv) und5 Verinnerlicht (forciert den Wandel nachhaltig)

differenziertIn diesem Zuge wurde auch festgelegt zu welchem Zeitpunkt welcher Stakeholder

welche Entwicklungsstufe erreicht haben muss ndash die Aufgabe des Stakeholder-Manage-ments ist es diesen Mobilisierungsprozess der Key Stakeholder im Auge zu behalten und Abweichungen vom geplanten Vorgehen zeitnah zu eskalieren Dafuumlr ist es notwendig die Kriterien der Entwicklungsstufen naumlher zu konkretisieren damit jeder Stakeholder eindeutig zugeordnet werden kann

Beispiel

In Abb 625 ist eine Stakeholder Mobilisation-Map abgebildet Exemplarisch wird hier schnell ersichtlich dass der Unterstuumltzungsprozess hinsichtlich des mittleren Ma-nagements nicht ideal verlaufen ist Im Juli als man festgestellt hat dass die mittleren Manager ihre Position in der Operational-Excellence-Initiative immer noch nicht ge-funden hatten sollte man deren Feedback (im Stakeholder-Action-Plan) untersuchen und uumlberpruumlfen ob die daraus abgeleiteten Maszlignahmen (im Kommunikationsplan) umgesetzt worden sind An der uumlberdurchschnittlich langen Phase (Juli bis Dezem-ber) laumlsst sich erkennen dass auch die Justierung dieser Kommunikationsmaszlignahmen nicht wirksam geworden ist Das mittlere Management ist fuumlr die erfolgreiche Imple-mentierung zu wichtig als dass man es sich leisten kann uumlber acht Monate auf das unterstuumltzende bdquoVerstaumlndnisldquo zu warten So ist nach fast einem Jahr immer noch keine entscheidende Verbesserung zu verzeichnen ndash spaumltestens Anfang des neuen Jahres haumltte man die urspruumlngliche Strategie (Stakeholder Strategy und Communication Strategy) auf Schwachstellen durchleuchten muumlssen Eine entsprechende Aktualisierung des Sta-keholder-Action-Plans und des Kommunikationsplans wirken sich schlieszliglich in der Stakeholder Mobilisation-Map aus In der Praxis ist dieser iterative Prozess in deutlich

30362 Die Analyse-Phase

kuumlrzeren Abstaumlnden zu durchlaufen Wichtig zu betonen ist dass das Stakeholder-Ma-nagement nur dann erfolgreich ist wenn die Key Stakeholder den Wandel wirklich verinnerlicht haben ndash das gruumlne Feld ist ausschlaggebend

7 Tipp Versuchen Sie nicht jeden einzelnen Stakeholder zu uumlberzeugen Unab-haumlngig von dem Ziel alle Key Stakeholder von rot in gruumln zu verwandeln ist es im Kontext aller Anspruchsgruppen einer flaumlchendeckenden strategischen Neu-ausrichtung eine Tatsache dass man niemals jeden einzelnen von der Veraumlnde-rung uumlberzeugen kann Die Faustregel besagt dass sich 20 der Veraumlnderung verschlieszligen 20 die Initiative aktiv unterstuumltzen und 60 ndash die sogenannten bdquoFence Sittersldquo ndash dem Wandel als Zaungaumlste neutral gegenuumlberstehen Wenn es Ihnen gelingt diese 60 zu uumlberzeugen zu bewegen zu mobilisieren ein-zubinden und zu unterstuumltzen wird Ihre Operational-Excellence-Initiative an Fahrt aufnehmen

Seien Sie aufmerksam ndash Widerstaumlnde sind haumlufig gut versteckt Sie erkennen sie beispiels-weise an einem hohen Krankenstand hohen Fehlzeiten Verspaumltungen bei Terminen Ge-ruumlchten Intrigen sinnlosem Debattieren starker Cliquenbildung und offen Drohungen

Jan Feb Maumlr Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Maumlr

Sponsor

Stakeholder

4

1 2 3 4 5

5

Gehoumlrt Einverstanden Angewendet hhaltig

Veraumlnderungs-zyklus

Top Mgmt

mittleres Mgmt

unteres Mgmt

1 2 3 4 5

1 2 1 2

1 2 3 4

Mitarbeiter

Betriebsrat

1 2 3

1 2 3 4 5

Verstanden Nac

Abb 625 Stakeholder Mobilisation-Map

304 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

und Vorwuumlrfen Entwickeln Sie ein Gefuumlhl dafuumlr in diesen Auspraumlgungen sich wieder-holende Muster und verschluumlsselte Botschaften zu finden um Widerstaumlnde aufzugreifen ndash Widerstand ist nichts Ungewoumlhnliches und per se nichts Schlechtes Immerhin zwingt die Auseinandersetzung mit dem Diskussionsgegenstand alle Parteien zum kritischen Dis-kurs ndash im Sinne des Erfolgsfaktors bdquoReflexion ermoumlglichenldquo ist das nur von Vorteil Erst die Nichtbeachtung des Widerstands fuumlhrt zur Blockade

62332 Communication CheckZum Abschluss sollte ein reflexives Korrektiv in die Prozedur der Kommunikation in-tegriert werden Im Zuge der Tipps fuumlr einen erfolgreichen Kommunikationsplan wurde bereits hervorgehoben dass die kritische Wuumlrdigung der gewaumlhlten Kommunikation kon-tinuierlich zu realisieren ist Die Anwendungsmoumlglichkeiten des Communication Check sind vielfaumlltig ob zu Beginn einer Initiative ndash zur Ermittlung des Bedarfs und der Prauml-ferenzen ob inmitten der Transfer-Phase ndash zur Uumlberpruumlfung des Wirksamkeitsgrads der Maszlignahmen oder zum Ende einer Projektwelle in der Sustain-Phase ndash zur Definition der Erfolgsfaktoren und Bestimmung der bdquolessons learnedldquo Es kommt darauf an wie oft die Leitung der Operational-Excellence-Initiative Feedback benoumltigt und welche Bereitschaft die Befragten zeigen Frageboumlgen auszufuumlllen und an Fokusgruppen aktiv teilzunehmen

In diesem Kontext sollen zwei Varianten vorgestellt werden die fuumlr die Verantwortli-chen aussagekraumlftige Ergebnisse generieren koumlnnen Das eine Instrument ndash der Effizienz-Check ndash richtet den Blick eher ex post auf die Vergangenheit und uumlberpruumlft die Erfolgs-wirksamkeit der Kommunikationsstrategie Das zweite Instrument ndash der Anforderungs-Check ndash richtet den Blick eher auf die Zukunft und ermittelt ex ante Bedarfs- und Verbes-serungspotenziale Beide Instrumente ermoumlglichen anschlussfaumlhige Interpretationen im Hinblick auf eine Entscheidungsgrundlage zur Anpassung der Kommunikationsstrategie

Die Daten koumlnnen bei beiden Erhebungen durch persoumlnliche Gespraumlche Fokusgruppen oder eine Umfrage wie im folgenden Beispiel erhoben werden Die Evaluation durch eine Umfrage sollte anonym erfolgen und die Ausfuumlllzeit sollte houmlchstens zehn Minuten in An-spruch nehmen Es gibt unterschiedliche Arten von Fragen Erfahrungsgemaumlszlig hat sich bei der Bearbeitung der zu bewertenden Hypothesen (in diesem Fall die Fragen 4 bis 14 des Effizienz-Checks) eine Skala von 1 bis 6 in der Praxis bewaumlhrt5 Das folgende Beispiel ist lediglich eine Moumlglichkeit ndash es laumlsst sich beliebig modifizieren

5 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

30562 Die Analyse-Phase

Welche der folgenden Kommunikationskanaumlle hat Sie persoumlnlich bislang erreicht

Effizienz-Check

Mitarbeiterbefragung zur Strategieentwicklung

Team Building Aktion Intranet ProjektpublikationInitiativen-Newsletter Roadshow Townhall Meeting Soziale Netzwerke (digital) UnternehmensTV Videos E-Mail Ankuumlndigung

WorkshopsArbeitsgruppen Unternehmenspublikation (Print) Sonstige

Welche der von Ihnen angekreuzten Kanaumlle empfinden Sie als besonders nuumltzlich Warum

Welche der Kanaumlle empfinden Sie als besonders unbrauchbar Warum

12

306 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Die Kommunikationskanaumlle stellen die wichtigstenInformationen zur Verfuumlgung Die Gruumlnde fuumlr die Initiative wurden klar und deutlich kommuniziert Entscheidungen und andere relevante Vorkommnisse hinsichtlich der Entwicklung der Operational-Excellence-Initiative werden rechtzeitig verkuumlndet

Ich habe eine klare Vorstellung davon wie die Initiative unsere strategische Unternehmensausrichtung unterstuumltzt

Die Kommunikation erfuumlllt meinen Informationsbedarf Ich erhalte ausreichende Informationen die meine Rollebzw Position unterstuumltzen Meine Befuumlrchtungen und Sorgen werden unter den aktuellen Umstaumlnden gehoumlrt und ernst genommen

Sensible Neuigkeiten werden ehrlich und offen kommuniziert Mein Feedback wird sichtbar in der Initiative verwertet Mitarbeitern duumlrfen im Hinblick auf die anstehenden Veraumlnderungen kritische Meinungen aumluszligern und ihrer Unzufriedenheit Raum geben

Ich verfuumlge uumlber ausreichende Informationen um mit meinen Vorgesetzten uumlber die Entwicklung der Initiative zu sprechen

Effizienz-Check 22

Bitte bewerten Sie die folgenden Hypothesen

Bitte markieren Sie Ihren Geschaumlftsbereich

Einkauf

Vertrieb

Marketing

Forschung amp Entwicklung

Logistik

Controlling

Sonstiges

Haben Sie weitere Gedanken Kommentare oder Fragen

30762 Die Analyse-Phase

Wie gut sind Sie uumlber den Zustand der Operational -Excellence-Initiative informiert

Anforderungs-Check

Welche Information fehlt Ihnen Was wuumlrden Sie gerne wissen

Sehr gut Gut Weniger gut

Wie gut wissen Sie uumlber den Sinn und Zweck der Initiative Bescheid

In Ihren eigenen Worten Worum geht es in der Initiative

Sehr gut Gut Weniger gut

Wie gut sind Sie mit den Gruumlndenfuumlr die Implementierung vertraut

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigen Gruumlnde

Sehr gut Gut Weniger gut

Wie stark ist Ihnen die Auswirkung der Initiative auf Sie persoumlnlich bewusst

Welche Auswirkung hat die Implementierung bislang auf Sie gehabt und von welchen Veraumlnderungen gehen Sie in der Zukunft aus

Sehr gut Gut Weniger gut

14

308 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wie stark unterstuumltzen Sie die Operational-Excellence-Initiative

Koumlnnen Sie das naumlher erlaumlutern

Sehr stark Gut Weniger stark

Wie stark sind Sie bislang in die Initiative involviert worden

Inwiefern sind Sie beteiligt

Sehr stark Gut Weniger stark

Wie gut konnten Sie bislang Ihr Feedback hinsichtlich der Initiative kommunizieren

Inwiefern wurde Ihr Feedback bislang wahrgenommen

Sehr gut Gut Weniger gut

Was sind die aus Ihrer Perspektive wichtigen Mechanismen fuumlr Feedback

Wie wuumlrden Sie der Initiativenleitung gerne Feedback geben

Anforderungs-Check 24

30962 Die Analyse-Phase

Anforderungs-Check 34

Welche Information uumlber die Operational-Excellence-Initiative fehlt Ihnen momentan

Was ist Ihr bevorzugtes Medium um Informationen zu bekommen

Team Briefings

Newsletter Manager Briefings

Workshops

Hotline Intranet

E-Mail

Video Botschaft Sonstiges

Gibt es weitere Kommunikationskanaumlle die Sie fuumlr die Initiative als sinnvoll erachtenWelches Format (zB schriftlich Video) welche Haumlufigkeit amp welchen Inhalt schlagen Sie vor

Was ist Ihrer Einschaumltzung nach der effizienteste Weg Informationen an die Beteiligten der Initiative zu kommunizieren Bitte bewerten Sie die folgenden Beispiele von 1 = sehr sinnvollbis 10 = gar nicht sinnvoll

Newsletter

Briefe an diePrivatadresse

Praumlsentationen speziellfuumlr betroffene Gruppen

Mails

Video Praumlsentationen

Intranet Sonstiges

Welche Kanaumlle wuumlrden in keinem Fall die Initiative unterstuumltzen

310 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Anforderungs-Check 44

Welche Information wuumlrden Sie gerne regelmaumlszligig erhalten

Was koumlnnte daruumlber hinaus getan werden um Ihrem Informationsbeduumlrfnis gerecht zu werden Haben Sie weitere Gedanken Kommentare oder Fragen

Bitte markieren Sie Ihren Geschaumlftsbereich

Einkauf

Vertrieb

Marketing

Forschung amp Entwicklung

Logistik

Controlling Sonstiges

Welche Art von Kommunikationskanaumllen wuumlrden Sie fuumlr eine groumlszligere Zielgruppe als sinnvoll erachten Bitte bewerten Sie die folgenden Beispiele von 1 = sehr sinnvoll bis 10 = gar nicht sinnvoll

Newsletter

Briefe an diePrivatadresse

Praumlsentationen speziellfuumlr betroffene Gruppen

Mails

Video Praumlsentationen

Intranet Sonstiges

Welche Hindernisse sehen Sie fuumlr eine effektive Kommunikation in der Organisation

7 Tipp Die bis hier vorgestellte Vorgehensweise des Moduls Guidance in der Analyse-Phase bestehend aus dem Dreischritt bdquoStakeholder amp Kommunikation definierenldquo bdquoHandlungsnotwendigkeiten entwickelnldquo und bdquoWirksamkeit ermoumlg-lichenldquo ist nicht nur fuumlr die umfassende Infrastruktur einer Operational-Excel-lence-Initiative elementar sondern kann in reduzierter Komplexitaumlt auch in Form einer bdquoLight-Versionldquo auf Projektbasis genutzt werden Name Zweck und Methode der Instrumente bleiben gleich ndash nur die formulierte Reichweite der Fragestellungen passt sich an

31162 Die Analyse-Phase

Die Basis des Moduls bilden nach wie vor die Stakeholder Strategy (Wen betrifft das Projekt und wer ist davon fuumlr eine erfolgreiche Durchfuumlhrung erfolgskritisch) Communication Strategy (Wie wurden diese Stakeholder in der Vergangenheit angesprochen und wie soll dies im Rahmen dieses Projektes aussehen) der Stakeholder-Action-Plan (Welche Kommunikationsaktivitaumlten werden lanciert um die Stakeholder fuumlr eine erfolgreiche Projektumsetzung zu gewinnen) der Communication Plan (Wie wird all das im Projektalltag mit der richtigen Botschaft uumlber den richtigen Kommunikationskanal zum richti-gen Zeitpunkt vermittelt) die Stakeholder Mobilisation Map (Wie uumlberblicke ich den Zustand der einzelnen Unterstuumltzungslevel der Stakeholder) und die Communication Evaluation (Wie erfolgreich ist meine Kommunikationsstrate-gie und wo bestehen fuumlr das naumlchste Projekt Verbesserungspotenziale)

624 Benefit

Das dreiteilige Modul konzentriert sich auf den Mehrwert der durch die Operational-Ex-cellence-Initiative generiert werden soll Wie wirkt sich meine strategische Bemuumlhung in der Bilanz aus In diesem Kontext ist es kritisch ein solides Mengengeruumlst an Kennzah-len zu definieren (Kennzahlengrundgeruumlst) welches den Fortschritt der Initiative greifbar macht Zusaumltzlich gilt es in der Analyse-Phase die Frage zu beantworten welche Veraumlnde-rungen auf wen in der Organisation zukommen (Change Impact Assessment) Dieses Ins-trument dient langfristig auch der Ex-post-Ermittlung des Veraumlnderungserfolges Zuletzt wird eine Vorgehensweise praumlsentiert die den Status der Initiative oder einzelner Projekte (abhaumlngig von der Anwendung) darstellt (Status Review) Habe ich die vereinbarten Mei-lensteine (softe und harte Faktoren) erreicht Entsprechen die aktuellen Zwischenergeb-nisse der Stoszligrichtung meines urspruumlnglichen Plans Was ist der Nutzen dieser Initiative Diese und aumlhnliche Fragen werden beantwortet Abbildung 626 zeigt wo in der Analyse-Phase wir uns befinden

6241 KennzahlengrundgeruumlstDas Ziel von Leistungskennzahlen den sogenannten Key Performance Indicators (KPI) ist die Uumlberpruumlfung und Quantifizierung des Zwischenstandes und Erfuumlllungsgrades einer Operational-Excellence-Initiative Die Bedeutung einer oumlkonomischen Rechtfertigung von strategischen Transformationen gegenuumlber den Stakeholdern wurde zuvor diskutiert Zunaumlchst geht es dabei um systematisch erhobene Messungen Dieser Abschnitt ist dabei nicht als Instrument zu verstehen sondern dient eher der Vermittlung eines Kennzahlen-geruumlsts welches individuell zu modifizieren ist KPIs haben nicht den Anspruch exakte Koordinaten des Zustands einer Initiative darzustellen sondern liefern eher eine auf Daten basierte und konkretisierte Tendenz hinsichtlich des Status quo Unerlaumlsslich ist dabei das fruumlhzeitige Entwickeln solcher Leistungsindikatoren sonst ist sowohl eine aussage-kraumlftige Fortschrittskontrolle als auch eine umfassende Verifikation der Initiativenergeb-

312 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

nisse in der Unternehmensbilanz nicht realisierbar Ferner geht es um die entsprechende Interpretation der gemessenen und verifizierten Kennzahlen Wenn in regelmaumlszligigen Zeit-abstaumlnden Zwischenergebnisse erhoben werden ist anschlieszligend auch die Ableitung von Maszlignahmen die in das operative Geschaumlft der Initiative integriert werden essenziell Es gilt aus den gesammelten Informationen die richtigen Schluumlsse zu ziehen Belastbare KPIs sollten in diesem Zusammenhang die folgenden Eigenschaften aufweisen

bull Kennzahlen muumlssen qualitativ oder quantitativ messbar und interpretierbar seinbull Kennzahlen muumlssen aus aggregierten Einzeldaten bestehen und auf gesicherten

Grunddaten basierenbull Kennzahlen sollten voneinander zu trennen seinbull Kennzahlen koumlnnen mathematischer Art sein oder bestimmte Auspraumlgungen wider-

gebenbull Kennzahlen koumlnnen in einem hierarchischen Verhaumlltnis zueinander stehenbull Kennzahlen muumlssen interpretierbar sein

Abbildung 627 und Tab 64 bieten einen Uumlberblick uumlber die gelaumlufigsten Kennzahlen Die Darstellung die in vier Dimensionen differenziert beansprucht keine Vollstaumlndig-keit denn es soll noch einmal darauf hingewiesen sein Fuumlr jede Organisation eignen

ANALYSESt

rate

gy

Change Strategy(ua Change History Assessment)

Portfoliomanagement undoderInitiative-Management-Office

Res

ourc

esnc

e Stakeholder StrategyCommunication

Stakeholder Stakeholder

Change Readiness Survey Organisationskulturanalyse(ua Denison-Organisationskulturmodell)

Gui

dan

Ben

efit

StrategyAction PlanCommunication Plan

ManagementCommunication Evaluation

Kennzahlengrundgeruumlst Change-Impact-Assessment

B

Abb 626 Roadmap Benefit

31362 Die Analyse-Phase

sich andere Leistungsindikatoren um den Zustand und die Auswirkung einer Operatio-nal-Excellence-Initiative sinnvoll abzubilden Es ist zusaumltzlich empfehlenswert nicht alle Geschaumlftsbereiche uumlber einen Kamm zu scheren ndash die Verbesserung der Kundenbeziehung spielt als KPI beispielsweise fuumlr Vertriebseinheiten eine wesentlich wichtigere Rolle als fuumlr Produktionseinheiten

7 Tipp Stellen Sie sicher dass die kritischen Steuerungsgroumlszligen regelmaumlszligig auf ihre Relevanz uumlberpruumlft werden Die entsprechende Anpassung unterstuumltzt die wirksame Durchfuumlhrung von Operational-Excellence-Initiativen wie Lean Six Sigma oder Lean Management Zusaumltzlich sollten Sie sich uumlberlegen wie die Entwicklung von weichen Kennzahlen (z B Lerneffekte) in dieser Betrachtung gewichtet werden kann

Der Vollstaumlndigkeit halber soll an dieser Stelle aber auch auf die Besonderheiten von Leistungskennzahlen hingewiesen sein Es wurde im Zuge des kritischen Diskurses in Abschn 46 bereits thematisiert dass die repraumlsentative Quantifizierung des Erfolges schwer zu realisieren ist und es diesbezuumlglich auch keine Best-Practice-Loumlsung gibt Dies liegt primaumlr an der Schwierigkeit die stark diversifizierten Kennzahlen so zu erheben dass sie verwert- vergleich- trenn- und zuteilbar sind Die Qualitaumlt der Interpretations-notwendigkeiten und die damit einhergehende Dokumentation muumlssen sich haumlufig der Wirklichkeit unterordnen Schlieszliglich steht ein KPI immer vor der Herausforderung der unvollkommenen Korrelation

Der KPI der die Anzahl der Fehlarbeiten in einem Produktionsschritt misst kann durch eine zu hohe Belastung des Mitarbeiters (aus Zeitdruck resultierende Ungenauigkeit) oder durch eine zu niedrige Belastung (aus Konzentrationsmangel resultierende Ungenauig-keit) entstehen Im ersten Schritt ist eine messbare Bewertung ohne Probleme moumlglich doch Leistungskennzahlen werden erhoben um anschlieszligend ergebnisorientierte Maszlig-nahmen abzuleiten Waumlre in diesem Fall eine Veraumlnderung des Produktionsschritt mit dem Ziel einer Arbeitserleichterung (Reduzierung des Zeitdrucks) oder eher eine motivations-

Abb 627 Die gelaumlufigsten Kennzahlen

314 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Produktivitaumltsorientierung Mitarbeiterorientierung Kundenorientierung QualitaumltsorientierungSteigerung des Marktanteils

Verbesserung der Mit-arbeiter-Produktivitaumlt

Steigerung der Kun-denakquisitionen

Verringerung der Reparaturquote

Steigerung der Kapitalrendite

Erhoumlhung der Mitarbeitertreue

Verbesserung der Kundenloyalitaumlt

Reduzierung von Nacharbeit

Realisierung von Umsatzwachstum

Reduzierung personel-ler Fluktuation

Erhoumlhung der Kundenrentabilitaumlt

Steigerung der Produktlebensdauer

Erhoumlhung des Economic Value added

Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit

Ausbau der Kundentreue

Reduzierung der Servicefehlerquote

Steigerung des Auftragseingangs

Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation

Steigerung des Kundennutzens

Beschleunigung der Reaktionszeit

Anstieg der Angebote Quantitativer und quali-tativer Anstieg der Ver-besserungsvorschlaumlge von Mitarbeitern

Erhoumlhung der Kundenzufriedenheit

Erhoumlhung der Lieferqualitaumlt

Erhoumlhung des Deckungsbeitrags

Verbesserte Erfuumlllung des Informationsbeduumlrf-nisses der Belegschaft

Verbesserung der Liefertermintreue

Verbesserung der Sigma Werte

Verbesserung der Liquiditaumlt

Verringerung des Krankenstands

Erhoumlhung der Pro-duktspezifikations-einhaltung

Verbesserung hin-sichtlich Zertifikaten und Rankings

Verringerung der Durchlaufzeit

Verbesserung der NutzenAufwand Ratio von Schulungen (Schulungskosten vs Net-Benefit pro Black Belt)

Steigerung der Ausfallsicherheit

Reduzierung des Bestands

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Ausbau von Produktinnovationen

Steigerung der Arbeitsproduktivitaumlt

Anstieg der Prauml-mien aufgrund guter Leistungen

Verringerung der Prozesskosten

Reduzierung von Uumlberstunden

Erhoumlhung der Ressourcenauslastung

strategiekonforme Regulierung der Arbeitszeit

Reduzierung der Beschaffungszeiten

Reduzierung der Kuumlndigungsrate

Reduzierung der Entwicklungszeiten

Verringerung der Entlassungsrate

Reduzierung der Ruumlstkosten

Verbesserung der Stimmung in der Belegschaft

Tab 64 Die gelaumlufigsten Kennzahlen

31562 Die Analyse-Phase

technische Intervention (Steigerung der Konzentration) die richtige Maszlignahme Ver-ursachte Kosten durch falsch abgeleitete Maszlignahmen auf Basis gering aussagekraumlftiger KPIs stehen keinem Mehrwert gegenuumlber

7 Tipp Achten Sie darauf dass die Leistungskennzahlen Ihrer Initiative auf Basis eines durch die richtigen Beteiligten versierten heterogenen und erfahrenen Meinungsbildes entwickelt und verifiziert werden ndash auch hier bietet sich die Chance entsprechende Stakeholder in den Entwicklungsprozess der Operatio-nal Excellence fruumlhzeitig mit einzubinden

Vergessen Sie nicht dass die definierten Kennzahlen nicht in Stein gemei-szligelt sein duumlrfen Wenn sich eine Initiative in einem stetig volatilen Umfeld fort-bewegt muss sich diese Bewegung auch in der Art und Weise wie Fortschritt und Erfolg festgehalten werden widerspiegeln

Weniger ist haumlufiger mehr ndash Qualitaumlt vor Quantitaumlt ist die Devise Die richtige Mischung aus KPIs gepaart mit einem adaumlquaten interdisziplinaumlren Interpre-tationsbewusstsein aus der Organisation wird zu validen Ergebnissen fuumlhren

Produktivitaumltsorientierung Mitarbeiterorientierung Kundenorientierung QualitaumltsorientierungReduzierung von RessourcenverbrauchVerringerung von WartezeitenReduzierung des AusschussesErhoumlhung des Zielerrei-chungsgrads des einzel-nen ProjektesVerbesserung der Nut-zenAufwand Ratio (Net-Benefit der Projekte)Verbesserung des UnternehmensimagesStrategiekonforme Veraumlnderung der UnternehmenskulturVerbesserte WettbewerbssituationErhoumlhung der aus-gebrachten MengenStuumlckzahlSteigerung des Umsatzes aus neuen ProduktenAnzahl der Operational-Excellence-Projekte

Tab 64 (Fortsetzung)

316 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

6242 ChangendashImpact-AssessmentEin weiteres Instrument zur Identifizierung Verfolgung und Bewaumlltigung von Auswir-kungen und Risiken einer Operational-Excellence-Initiative ist das Change-Impact-As-sessment Sinn und Zweck ist das verbesserte Verstaumlndnis von dem was auf wen an Herausforderungen zukommt um die Reaktionsfaumlhigkeit wesentlich zu verbessern Ein zentraler Fertigungsbereich der durch die grundlegende Reorganisation der Prozessab-laumlufe verschlankt werden soll wird einen staumlrkeren Bedarf an begleitenden Change-Maszlig-nahmen aufweisen als die Restrukturierung des Mahnwesens Genauso ist es durch das iterative Change-Impact-Assessment in der Analyse-Phase der drei Kernphasen moumlglich uumlber einen laumlngeren Zeitlauf zu rekonstruieren welche Veraumlnderungen wie schnell erzielt worden sind Es geht um die Fragestellungen bdquoWas wird sich aumlndernldquo bdquoWie signifikant sind diese Veraumlnderungenldquo bdquoWer ist davon alles und inwiefern betroffenldquo und bdquoWelche Maszlignahmen sind fuumlr einen sauberen Ablauf der Initiative (oder auch des einzelnen Projek-tes) notwendigldquo Die gewonnenen Erkenntnisse koumlnnen abhaumlngig von der Anwendung anderer Instrumente Aufschluss hinsichtlich des Change Readiness Survey der Change Strategy und des Stakeholder-Managements geben

Fuumlr gewoumlhnlich werden die zu evaluierenden Fragestellungen in einer Tabelle hori-zontal abgetragen die leicht zu aktualisieren ist So lassen sich die Bereiche bdquoChange Impactldquo bdquoStakeholder Impactldquo und bdquoAction Planldquo differenzieren

62421 Change ImpactWas ist die Veraumlnderung Datieren und beziffern Sie die Veraumlnderung um Dopplungen zu vermeiden Um das Bild von der bevorstehenden Veraumlnderung immer staumlrker zu kon-kretisieren gibt es verschiedene Moumlglichkeiten zur Gewinnung der relevanten Informa-tionen

bull Austausch mit zukuumlnftigen Projektmitgliedern und Experten die den jeweiligen Unter-suchungsgegenstand gut kennen und die Konsequenzen der Veraumlnderung einschaumltzen koumlnnen

bull Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Change-Experten die bei der Erarbeitung des zu-vor aufgefuumlhrten Punktes auf Feinheiten achten

bull Zugriff auf bereits dokumentierte Ablaumlufe Rollenbeschreibungen oder technische An-forderungen des Prozesses nutzen

Welche Art von Veraumlnderung ist es Auf Basis der Wahlmoumlglichkeiten (Prozess Ver-antwortlichkeit Verhalten WerkzeugMethode Sonstige) lassen sich fuumlr jede Auspraumlgung die Intensitaumlten (Hoch Mittel Niedrig) einschaumltzen (vgl Tab 65)

Wie dringend ist die Veraumlnderung Die Dringlichkeit der Veraumlnderung laumlsst sich an-hand der Merkmale bdquoHochldquo (bedarf unverzuumlglicher Aufmerksamkeit um Risikopotenzial zu reduzieren) bdquoMittelldquo (bedarf zeitnaher Aufmerksamkeit damit die Veraumlnderung nicht ins Stocken geraumlt) und bdquoNiedrigldquo (bedarf Aufmerksamkeit wenn die priorisierten Veraumln-derungen adressiert sind) bewerten

31762 Die Analyse-Phase

Wie wird die Veraumlnderung (von den Betroffenen) wahrgenommen werden Auf Basis der Einteilung in bdquoPositivldquo bdquoNeutralldquo und bdquoNegativldquo laumlsst sich ableiten ob bei den jeweiligen Betroffenen potenzieller Widerstand oder potenzielle Unterstuumltzung zu erwar-ten sein wird Dies ist ein wichtiger Indikator fuumlr den spaumlter folgenden Aktionsplan

Ist die Veraumlnderung erfolgskritisch fuumlr die gesamte Initiative Diese Frage gilt es mit bdquoJaldquo oder bdquoNeinldquo zu beantworten Wenn es sich um eine erfolgskritische Veraumlnderung handelt dann sollte diese Veraumlnderung auf houmlchster Ebene (wie im Rahmen der kontinu-ierlichen Auseinandersetzung mit der Change Strategy) beruumlcksichtigt werden

62422 Stakeholder ImpactIn welchem Geschaumlftsbereich wird die Veraumlnderung auftreten Die von der Veraumln-derung betroffenen Bereiche und Funktionen des Unternehmens sind an dieser Stelle zu identifizieren (z B After-Sales-Service oder Produktentwicklung) So laumlsst sich schlieszlig-lich auch erfassen welche Bereiche im Rahmen der gesamten Operational-Excellence-In-itiative akut betroffen sind Daraus sind moumlglicherweise auch Personalentscheidungen fuumlr die Initiativenleitung bei der Besetzung von Black-Belt-Positionen abzuleiten da sowohl eine fachliche Naumlhe als auch eine fachliche Distanz sinnvoll sein koumlnnen

Welche Standorte sind betroffen Es gilt aufzuzeigen welche Lokationen von der Initiative beruumlhrt werden Die Handhabung eines Standorts ist in der Regel leichter als das Management einer Initiative in mehreren und moumlglichweise zeitversetzten Standorten Dieser Aspekt ist bei der Formulierung von Aktivitaumlten im Aktionsplan zu beruumlcksichti-gen um die geplanten Maszlignahmen umsetzbar zu gestalten

Tab 65 VeraumlnderungsartenArt Hoch (H) Mittel (M) Niedrig (N)Prozess Neuer Prozess oder

signifikante Veraumlnde-rung eines bestehenden Prozesses

Bereits bestehender Prozess wird veraumlndert

Geringe Veraumlnderung von bestehenden Prozessen

Verantwortlichkeit Neue oder signifikant andere Rollenverteilung in einer Gruppe oder bei einem Einzelnen

Vereinzelte Ver-aumlnderung der Verantwortlichkeiten

Geringe Ver-aumlnderung bei der Rollenverteilung

Verhalten Signifikante Veraumlnde-rung in der gewohnten Arbeitsweise

Vereinzelte Veraumlnde-rung der gewohnten Arbeitsweise

Geringe Veraumlnderung von der gewohnten Arbeitsweise

WerkzeugMethode Anwendung eines neuen WerkzeugsMethode oder eine signifikante Veraumlnderung von bereits genutzten Werkzeugen oder Methoden

Vereinzelte Modifika-tion von bereits etab-lierten WerkzeugenMethoden

Geringfuumlgige Veraumln-derung von etab-lierten WerkzeugenMethoden

318 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wie viele Mitarbeiter werden von der Veraumlnderung ungefaumlhr betroffen sein Die-se Fragestellung steht in engem Zusammenhang mit der Identifikation der relevanten Sta-keholder und der daraus abgeleiteten Kommunikationsmaszlignahmen Die eine oder andere Implikation wird nun schon hinfaumlllig denn z B bei 90000 betroffenen Mitarbeitern sind flaumlchendeckende persoumlnliche Interviews nur zu auszligerordentlich hohen Kosten realisier-bar

Welche Gruppen von Mitarbeitern zaumlhlen dazu Die Beantwortung dieser Frage ist die Konkretisierung der ersten Frage in diesem Abschnitt (Geschaumlftsbereich Service Gruppe Beschwerde-Hotline) Welche Personengruppen betroffen sind kann Aufschluss daruumlber geben bei welcher Gruppe am ehesten mit Widerstaumlnden zu rechnen ist

62423 AktionsplanWas ist zu tun Hier werden die abgeleiteten Maszlignahmen grob beschrieben und tief-ergehende Details zur weiteren Verwertung (z B in der Stakeholder-Mobilisation-Map oder im Communication-Plan) erarbeitet So koumlnnten die Maszlignahmen bdquoabteilungsuumlber-greifendes Event zum Kennenlernen und Commitment entwickelnldquo oder bdquoErstellung eines vertriebsmitarbeiterinternen sozialen Netzwerks zum Austausch von Verbesserungsvor-schlaumlgen im To-be-Prozessldquo formuliert werden

Wo wird der Fortschritt der Maszlignahme konkret verfolgt Es gilt abschlieszligend zu definieren in welchem Dokument die bestimmten Aktionen ihre Beruumlcksichtigung finden Was wird in den Communication-Plan Stakeholder-Action-Plan oder die Mobilisation-Map der Stakeholder integriert

625 Tipps und Tricks

Verhindern Sie einen Super-GAU Wie gehen Sie als Leiter einer Operational-Excel-lence-Initiative damit um wenn der Sponsor der Initiative (CEO oder Unternehmensin-haber) ploumltzlich das Interesse an der gemeinsam vereinbarten Vision verliert Was wenn er die Ziele des Vorhabens haumlufig aumlndert sodass bereits Erarbeitetes nutzlos wird Wie ist zu handeln wenn der Betriebsrat nicht aufhoumlrt gegen den Projektfortschritt zu schie-szligen Man wird sich nicht voumlllig vor derartigen Worst-Case-Szenarien schuumltzen koumlnnen Es kann zahlreiche Probleme und Barrieren geben die zu einem Initiativen-GAU fuumlhren koumlnnen ndash eine saubere Auftragsklaumlrung ist haumlufig der Grundstein fuumlr den Erfolg

Was ist das Ziel der Initiative Was genau soll durch die einzelnen Projekte erreicht werden Welche Veraumlnderungen sollen bewirkt werden Um welche organisatorischen und kulturellen Veraumlnderungen handelt es sich

Woran machen Sie fest ob die Initiative oder ein einzelnen Projekt erfolgreich war Wie gewaumlhrleisten Sie die maximale Objektivitaumlt bei Erfolgsgradmessungen Ab wann ist die Initiative oder ein einzelnes Projekt gescheitert

Was sollte auf keinen Fall passieren Welche Veraumlnderungen sind in jedem Fall zu vermeiden Welche Risiken sind erfolgskritisch fuumlr den gesamten Erfolg der Initiative

31962 Die Analyse-Phase

Mit welchen Nebenwirkungen der Veraumlnderungen gilt es zu rechnen Was soll sich nicht veraumlndern und warum nicht

Fassen Sie Veraumlnderung von unterschiedlichen Perspektiven auf Trotz der staumln-digen Betonung der Notwendigkeit sich zu veraumlndern und sich an veraumlnderte Rahmenbe-dingungen anzupassen muss hervorgehoben werden dass die Frage bdquoWas soll sich nicht veraumlndernldquo elementar ist Veraumlnderungen sind per se weder positiv noch ausschlieszliglich negativ

Sprechen Sie miteinander Ein sorgfaumlltiger Umgang mit Erwartungen ist die effizien-teste Form von Konfliktpraumlvention Stellen Sie sicher dass Sie besonders zu Beginn die verschiedenen Erwartungspositionen Ihrer wichtigsten Stakeholder wahrnehmen heraus-arbeiten und mit Ihrer eigenen abgleichen Dafuumlr muumlssen Sie sich der Herausforderung stellen trotz menschlicher Harmoniebeduumlrfnisse klare und eindeutige Aussagen der Be-troffen einzuholen um unrealistische Erwartungen von Beginn an im Keim zu ersticken Falls sich gewisse Erwartungen verschiedener Stakeholder nicht miteinander vereinbaren lassen kommt es haumlufig zur Umgehung von Auseinandersetzungen Dieser Entwicklung ist entschieden entgegenzuwirken denn eine fruumlhe Auseinandersetzung fuumlhrt zu weniger Schaden als eine Konflikteskalation mitten in der Implementierungsphase Sehen Sie Er-wartungen nicht als Verpflichtungen an und entwickeln Sie ausreichend viele Gespraumlchs-angebote Ein ausfuumlhrliches Gespraumlch zu Beginn ist guumlnstiger als aufwendige Uumlberzeu-gungsaktivitaumlten im weiteren Verlauf der Initiative ndash der immaterielle Mehrwert durch die Vermeidung von enttaumluschten Erwartungen ist nicht in Zahlen auszudruumlcken

Setzen Sie nicht nur auf die impulsive Begeisterungsfaumlhigkeit einiger weniger Mit-arbeiter sondern auf die starke Uumlberzeugungskraft des nachhaltigen strategischen Nutzens der Operational-Excellence-Initiative Wenn man sich vor Augen fuumlhrt dass wie aus der Bibel uumlberliefert die Israeliten 40 Jahre durch die Wuumlste wanderten bis sie das verheiszligene Land erreichten wird eines deutlich Nicht die Begeisterung am ersten Tag sondern der strategische Nutzen des Landes wo Milch und Honig flieszligt war aus-schlaggebend fuumlr diese Ausdauerleistung Operational-Excellence-Initiatoren sollten sich demnach ein Stuumlck vom bdquobiblischenldquo Change Management abschneiden Fuumlr die Entwick-lung einer soliden Energiequelle die auch in schweren Zeiten motiviert sind auszugswei-se folgende Fragen zu klaumlren

Welchen langfristigen Nutzen bringt die Initiative Inwiefern staumlrkt das Vorhaben den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens am Markt Laumlsst sich der Nutzen quantifizieren oder qualifizieren In welcher internen Konkurrenz zu anderen Initiativen steht die Opera-tional-Excellence-Initiative Was waumlre die negative Konsequenz wenn die Initiative nicht durchgefuumlhrt wuumlrde Was waumlre die positive Konsequenz wenn die Initiative durchgefuumlhrt wuumlrde Was ist uns die erfolgreiche Umsetzung des strategischen Vorhabens wert Be-steht in den wichtigen Gremien Konsens uumlber die gemeinsame Marschrichtung im Sinne von John Kotters bdquoGuiding Coalitionldquo Wenn nicht liegt dies womoumlglich an unterschied-lichen Problem- und Loumlsungsverstaumlndnissen

Machen Sie Veraumlnderung zum Normalfall Winfried Berner (2003) ein versierter Change-Experte stellt heraus dass Mitarbeiter noch nie begeistert in die Haumlnde geklatscht

320 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

haben wenn Veraumlnderungen bevorstanden Doch fruumlher ging es in erster Linie darum die Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Veraumlnderung zu uumlberzeugen ndash heute geht es vor allem darum gegen Veraumlnderungsmuumldigkeit anzukaumlmpfen bdquoEs geht nicht mehr (allein) darum ob die Leute wollen sondern es geht zunehmend darum ob sie noch koumlnnenldquo In Richtung eines Ziels zu sprinten ist einfach Wenn man aber immer wieder fuumlr kurze Zeit einem greifbaren Ziel hinterhersprintet wird man sich irgendwann fragen wann das Ganze ein Ende hat Die entmutigenden Altlasten an verbrannter Erde sind zum Teil ge-waltig Winfried Berner fordert deswegen den kontinuierlichen Wandel in den Strukturen und Prozessen von Organisationen abzubilden ndash denn nach wie vor sehen viele Unterneh-men groszlige Veraumlnderungen als Ausnahme an Als Vorbild fuumlhrt er die Automobilindustrie an Wo man fruumlher ein neues Modell erst entwickelte wenn sich das aktuelle nicht mehr gut genug verkaufte haben die Automobilhersteller heutzutage festgelegte Produktions-entwicklungszyklen weil sie realisiert haben dass das Aktualisieren ihres Produktes zum Geschaumlft gehoumlrt Die staumlndige Veraumlnderung wurde zur professionalisierten Routine Diese Rahmenbedingung unterscheidet sich nicht von anderen Industriezweigen oder Produkt-entwicklungen Erfolgskritisch fuumlr die Integration des kontinuierlichen Wandels sind die Freistellung von Ressourcen (personell finanziell zeitlich) die eine ausreichende Distanz zum Tagesgeschaumlft haben muumlssen damit sie nicht bdquomissbrauchtldquo werden und die Integ-ration des Veraumlnderungsdrucks in die Fuumlhrungs- und Planungsprozesse Wenn man diese Integration weiter denkt wird deutlich dass der Anspruch an die wettbewerbsfaumlhige Orga-nisation einem Paradoxon gleicht Auf der einen Seite beruht das Leistungsvermoumlgen eines Unternehmens auf stabilen Strukturen und Prozessen sodass effiziente Routine ermoumlglicht wird Auf der anderen Seite wird erwartet dass keine Routine aufkommt sodass Struktu-ren und Prozesse flexibel gestaltet werden koumlnnen und die Selbstdynamisierung den Alltag bestimmt (Vgl Wimmer 2011 S 16 f) Der Gleichschritt zwischen effizienzsteigernder Routinisierung und der Permanenz organisatorischen Umbaus ist die zentrale Herausfor-derung fuumlr Unternehmen im 21 Jahrhundert (vgl Wimmer 2011 S 19) Loumlsungen finden sich wohl nur im Einzelfall ndash ein allgemeinguumlltiger Ansatz existiert (noch) nicht

Geben Sie der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat eine Chance Richtig ist dass das Arbeiten mit dem Betriebsrat nicht immer einfach ist Richtig ist dass nicht jeder Be-triebsrat fuumlr eine erfolgreiche Gemeinsamkeit geschaffen ist Richtig ist aber auch dass die Mitbestimmung dieser internen Institution einfach dazu gehoumlrt Es gebietet sich also einen Konfrontationskurs von Beginn an zu vermeiden Dies beinhaltet zunaumlchst einmal die arbeitsrechtlichen und tarifrechtlichen Vorschriften in diesem Kontext zu beruumlcksichtigen Daruumlber hinaus sollte der Betriebsrat als Stakeholder mit entscheidender Hebelwirkung fuumlr den Erfolg einer Operational-Excellence-Initiative gesehen werden und fruumlhzeitig von der Veraumlnderung uumlberzeugt werden Kooperation ist viel guumlnstiger als Konfrontation

Vermeiden Sie einen Fehlstart Wie Beginnen Sie eine Initiative nur dann wenn Sie zu 100 bereit sind Alles andere wird unangenehm und kostspielig Der Nutzen muss greifbar sein die Ressourcen muumlssen vorhanden sein der Wille muss gegeben sein und die Marschrichtung muss klar sein Wenn Sie nun Ihre Mitarbeiter noch in den Ent-wicklungsprozess der ersten Schritte integrieren ist zumindest eine solide Basis fuumlr eine

32162 Die Analyse-Phase

erfolgreiche Implementierung gelegt Change-Management-Maszlignahmen muumlssen nicht immer unter sperrigen und moumlglichst englischen Begriffen laufen ndash haumlufig loumlst die ehr-liche Antwort auf die Frage bdquoWas wuumlrde ich vom Management erwarten wenn ich der Mitarbeiter waumlreldquo das Problem Auszugsweise werden im Folgenden bereits erwaumlhnte Punkte konkretisiert und weitere typische Fehler zu Beginn einer strategischen Initiative aufgezaumlhlt (vgl Berner 2001)

bull Leichtfertig gestartete Projekte mit kurzer Halbwertszeit Ergebnis Initiative wird nicht ernst genommen und verlaumluft im Sand Maszlignahme Konkrete bdquoQuick Winsldquo zur Aufmerksamkeitssteigerung und eher wenige aber dafuumlr umso wichtigere Unter-suchungsgegenstaumlnde in den Projekten Wenn Projekte oder gar eine ganze Initiative ihrem Schicksal uumlberlassen werden ist das haumlufig ein klares Indiz fuumlr fehlende Ruuml-ckendeckung des Topmanagements Dabei ist der Schaden der dadurch entsteht dass die gewuumlnschten Zielzustaumlnde nicht erreicht werden bereits hoch ndash unterschaumltzt wird grundsaumltzlich die Schwere der Enttaumluschung unter den Mitarbeitern Wird ein vom Ma-nagement im Stich gelassener Projektmitarbeiter bei der naumlchsten Verkuumlndung einer Veraumlnderungsinitiative vor Freude in die Luft springen

bull Blitzstart ohne Leidensdruck Ergebnis Handlungsmuumldigkeit des Managements uumlber-traumlgt sich blitzschnell auf die Mitarbeiter Maszlignahme Fuumlhrung bedeutet als erster zu handeln Das ist am Anfang wichtig denn eine Operational-Excellence-Initiative laumlsst sich nicht bdquorunterdelegierenldquo Gleichzeitig laumlsst sich eine Initiative nicht nur uumlber Newsletter und aufwendig gestaltete Power-Point-Praumlsentationen fuumlhren ndash unterneh-men Sie etwas in der Initiative Seien Sie kreativ in der Form wie Sie Ihren Mitarbeiter Ihr Anliegen verdeutlichen wollen Nicht umsonst ist Wendelin Wiedeking mit einer ganzen Gruppe von Managern nach Japan geflogen bevor er Porsche auf eine Lean Production ausrichtete Wichtig ist zu beachten dass der Mensch sich selten ausschlieszlig-lich auf rationaler Ebene uumlberzeugen laumlsst Wenn Wendelin Wiedeking in Zuffenhausen auf Hunderten von Charts die wichtigsten Kennzahlen Verschwendungsursachen und Grundsaumlulen der Verbesserungsphilosophie vom Vorbild Toyota praumlsentiert haumltte waumlre Porsche heute nicht da wo sie sind Stattdessen waumlhlte er die Uumlberzeugungskraft von Emotionen Seine Manager erlebten Toyota live

bull Die Hoffnung auf (Kommunikations-)bdquoWunderwaffenldquo als Antrieb der Veraumlnderung (z B eine aufwendig produzierte Hochglanzbroschuumlre gespickt mit hohlen Phrasen) Ergebnis Hoher Kostenfaktor fuumlr Agenturen ndash geringer Mehrwert fuumlr die Initiative Maszlignahme Erhoumlhen Sie die Qualitaumlt der sachlichen und persoumlnlichen Gruumlnde fuumlr eine breite Unterstuumltzerbasis in der Organisation und nicht die Qualitaumlt der Art und Weise wie diese Gruumlnde vermittelt werden Beruumlcksichtigen Sie in Ihren Botschaften in jedem Fall die Altlasten von vergangenen Initiativen oder strategischen Bemuumlhungen Wenn Newsletter mit dem Aufruf zu Feedback unverzuumlglich im Muumlll landen weil das fruumlher auch schon immer als die bdquoPropaganda von obenldquo wahrgenommen wurde sollten Sie womoumlglich auf Zusammenkuumlnfte mit einer staumlrker ausgepraumlgten persoumlnlichen Interak-tion zuruumlckgreifen

322 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Bereichern Sie Ihre Anfangsphase mit ausreichend Dramaturgie In dem einen oder an-deren anspruchsvollen Kinofilm gibt es bisweilen kurze Szenen die viel uumlber die bdquoMoralldquo am Ende der Geschichte aussagen Wer einen Augenblick unaufmerksam ist hat manchmal Schwierigkeiten der restlichen Geschichte zu folgen Als Initiator oder Leiter der Ope-rational-Excellence-Initiative ist es Ihr Job die Aufmerksamkeit der Zuschauer ganz am Anfang zu gewinnen Die bdquoerste Szene des Filmesldquo muss so spannend sein dass die Auf-merksamkeit aller Zuschauer fuumlr eine ganze Weile auf das richtige Thema Projekt oder Problem gelenkt ist Im Anschluss gilt es bei Operational-Excellence-Initiativen die kol-lektive Konzentration hochzuhalten Wenn Mitarbeiter ihre Kollegen die am Anfang nicht aufmerksam waren staumlndig vom Verbesserungskonzept und der geplanten Vorgehensweise uumlberzeugen muumlssen kostet das Kraft Nerven Zeit und damit Geld Zusaumltzlich werden sich Gruppen bilden und die Fronten verhaumlrten sich Eine Moumlglichkeit die Aufmerksamkeit zu Beginn sinnvoll zu buumlndeln ist die Mitarbeiterbefragung (z B mit dem Titel bdquoStrategy 2020 Warum Process Excellenceldquo) Die Mitarbeiter werden daruumlber diskutieren warum die Befragung durchgefuumlhrt wird welche Fragen sie als sinnvoll erachten und welche nicht und was sie fuumlr eine Meinung zu den ausgewerteten und veroumlffentlichten Ergebnissen ha-ben Dieser Prozess der eine Zeit dauert wird die Spannung durch dieses bdquokleine Eventldquo hoch halten Wichtig ist dass grundsaumltzlich nach jeder Maszlignahme zur Steigerung der Auf-merksamkeit handfeste Umsetzungsschritte folgen muumlssen ndash sonst handelt es sich auch bei einer sorgfaumlltig konstituierten Mitarbeiterbefragung um vergebliche Liebesmuumlhe

63 Die Transfer-Phase

Die Transfer-Phase von Operational Excellence beginnt mit der Veroumlffentlichung der Ini-tiative Ob dies in Form eines globalen Meetings der Top 300 Fuumlhrungskraumlfte wie bei der Axa-Versicherung oder im Rahmen eines bdquoTown Hall Meetingldquo fuumlr die ganze Mitarbeiter-schaft im Fall von Maple Leaf Foods stattfindet ist abhaumlngig von den organisationalen Rahmenbedingungen individuell zu entscheiden und eher unerheblich Ausschlaggebend ist dass die Umsetzung gut vorbereitet wird Ein fester Bestandteil dieser Phase ist der DMAIC-Zyklus (bei Six- und Lean-Sigma-Initiativen) Es wird definiert welche Prozes-se wichtig sind gemessen wie hoch die aktuelle Prozessgenauigkeit ist analysiert was falsch laumluft verbessert wo es moumlglich ist und kontrolliert um die Verbesserung nachhal-tig zu gestalten Fuumlr Lean-Initiativen geht es in die Projektarbeit gemaumlszlig der fuumlnf in Kap 2 beschriebenen Lean Prinzipien Es werden die Kundenwerte und Wertstroumlme spezifiziert nichtwertschoumlpfende Aktivitaumlten eliminiert die Kundennachfrage und das Produktange-bot in Einklang gebracht (Pull) und die Arbeitsschritte als Grundlage fuumlr die kontinuierli-che Verbesserung standardisiert Im Folgenden wird diskutiert wie die Wirksamkeit einer Operational-Excellence-Initiative in der Transfer-Phase verbessert werden kann Auch hier sollen Tools Denkanstoumlszlige und Tipps der vier Module Strategy Resources Guidan-ce und Benefit dafuumlr Sorge tragen dass der Transformation Navigator als Kompass der Verbesserungsinitiative in eine erfolgversprechende Richtung ausschlaumlgt Abbildung 628 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

32363 Die Transfer-Phase

631 Strategy

Im Rahmen dieses ersten Moduls geht es darum die Mitarbeiter auf das gemeinsame Ziel einzuschwoumlren ndash unabhaumlngig davon in welchem Kontext und Umfang die Operational-Excellence-Initiative gestartet wird (Mitarbeiterversammlung Videobotschaft vom Vor-stand Meeting der Topmanager) Welches Medium der Kommunikation dafuumlr gewaumlhlt wird und wie viele Mitarbeiter in Kenntnis gesetzt werden muumlssen laumlsst sich nicht ver-allgemeinern und ist von Organisation zu Organisation unterschiedlich Was vielen Unter-nehmen aber gemein ist Nachdem die strategische Schwerstarbeit aus der Analyse-Phase abgeschlossen ist gehen viele Fuumlhrungsriegen davon aus dass nun bdquonurldquo noch die Um-setzung ansteht welche bekanntlich schlichtweg angeordnet werden kann Dies ist ein fataler Irrtum denn wer am Ende tatsaumlchlich fuumlr die Implementierung der strategischen Initiative zustaumlndig ist wird schnell vergessen Auch wenn die Weichen hauptsaumlchlich in der Analyse-Phase gestellt werden so gilt es an dieser Stelle die Vision der Operational Excellence entlang der Hierarchieebenen der Organisation zu kaskadieren Im Mittelpunkt der Transfer-Phase steht damit in erster Linie immer das Initiativen-Umsetzungsteam

6311 Change DistributionDie Change Distribution ist die Fortsetzung der Change Strategy (Abschn 6211) und der Communication Strategy (Abschn 6231) Hier werden die bislang entwickelten In-

Change Distribution

TRANSFERSt

rate

gyR

esou

rces Workforce

(ua Change Network)Culture(ua Kulturkreis-analyse)

Change Education(ua Trainingsplan)

Kommunikation Zusammenarbeit

Gui

danc

eB

enef

it

(ua Umgang mit Tele-Arbeitvirtuellen Teams und Widerstand)

(ua Effektivitaumlt undProblemverhalten im Team Meetings stringent durchfuumlhren)

Project Review

Abb 628 Roadmap Strategy

324 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

halte an eine bdquobreitere Oumlffentlichkeitldquo im Unternehmen kommuniziert Dabei handelt es sich meistens um die einzelnen Projektteams die in der Gesamtinitiative arbeiten und die in den naumlchsten Wochen und Monaten mit der Umsetzung von Operational Excellence vertraut gemacht werden Der entscheidende Punkt ist dass die Vision der Operational-Excellence-Initiative systematisch und einheitlich die Organisation durchdringt Dafuumlr gilt es gewisse Leitplanken zu beruumlcksichtigen Jeder Mitarbeiter trifft sehr fruumlh die Ent-scheidung mit wie viel Engagement er sich an dem Projekt beteiligen wird Der Kick-Off eines Projektes ist also eine kritische Weichenstellung Wir sehen das folgende Vorgehen als sinnvoll an um eine einheitliche Marschroute eines Projektteams mit zehn bis 15 Teil-nehmern zu ermoumlglichen

bull Initialzuumlndung (vormittags)bull Ein neues Projekt sollte nachdem die Zusammenstellung des Projektteams abgeschlos-

sen ist mit einem gemeinsamen ein- bis zweitaumlgigen Workshop starten Das Intro uumlber-nimmt im Idealfall ein Mitglied der Initiativenleitung ndash der CEO als Sponsor beispiels-weise Nach dieser Einfuumlhrung steht das Kennenlernen im Vordergrund Abhaumlngig von der Wichtigkeit des Projektes gilt es das Team zusammenzuschweiszligen Denken Sie daran wie Sie Ihren potenziellen Partner oder die zukuumlnftige Partnerin beim ersten Date beeindrucken wollten ndash eine aumlhnliche positive Energie soll hier eingebracht wer-den Lassen Sie sich etwas einfallen und unternehmen Sie etwas mit Ihrem Team Die Erstsemester des Bachelor-Studiengangs der Wirtschaftswissenschaften an der Univer-sitaumlt Witten-Herdecke lernen sich auf einer siebentaumlgigen Wanderung kennen Abseits von Internet Mobilfunknetz und warmem Wasser lernen die Studierenden sich spiele-risch kennen kochen gemeinsam und erfahren die ersten positiven wie auch negativen Erlebnisse Das mag fuumlr viele Unternehmen sicherlich nicht passend und realistisch sein Dennoch gibt es zahlreiche alternative Taumltigkeiten mit einem aumlhnlichen Hinter-gedanken Suchen Sie also die erste Herausforderung ndash die findet man meistens nicht bei einem Team-Dinner und schon gar nicht beim gemeinsamen Opernbesuch Ob Sie klettern oder Gokart fahren durchs Watt oder auf die Berge wandern Bogen schieszligen oder ein Floszlig bauen ndash lernen Sie miteinander zu sprechen und aufeinander einzugehen

bull Projektinhalte spielerisch kennenlernen (mittags nachmittags abends) Bestandteil dieses Workshops sollten auch inhaltliche Elemente der bevorstehenden Pro-

jektarbeit sein Integrieren Sie den Spaszligfaktor in die Arbeit Spaumlter im Projekt koumlnnen Sie problemlos auf Situationen der Workshop-Tage zuruumlckgreifen Wenn Sie Ihr Projektteam in zwei Gruppen eingeteilt haben die beim Floszligbauen gegeneinander antreten dann geben Sie das andere Ufer als Ziel aus (strategische Zielsetzung der Initiative erlaumlutern) legen Sie Fristen bis zur Fertigstellung des Floszliges fest (Zeitplan und Meilensteine des Projektes definieren) fordern Sie die Teams nach der Uumlberquerung des Flusses auf uumlber Schwach-stellen und Verbesserungspotenziale nachzudenken (Reflexion uumlber Arbeitsschritte als Grundlage kontinuierlicher Verbesserung ermoumlglichen) Am Abend koumlnnen Sie schlieszliglich das Projektteam eine eigens entwickelte Change Vision und Kernbotschaft (compelling

32563 Die Transfer-Phase

story) in Ruhe erarbeiten lassen Die inhaltliche Anpassung an die aus der Analyse-Phase stammende Vision der Initiativenleitung liegt in der Hand des Projektleiters

bull Projekt starten (vormittags mittags) Die Grundlage fuumlr eine wirksame Zusammenarbeit ist gelegt wenn die gemeinsame

Zeit und entwickelte Zielsetzung hinsichtlich der bevorstehenden Herausforderungen reflektiert werden die Projektleitung einen guten Eindruck von den Teammitgliedern und ihren Erwartungen erhalten hat und die naumlchsten Schritte vereinbart wurden Struk-turieren Sie die Kernbotschaft als Ergebnis des Workshops so dass die Botschaft pro-blemlos an spaumlter zustoszligende weitere Teammitglieder kommuniziert werden kann Es geht darum dass jeder die Initiative in den Kontext der Historie des Unternehmens des Status quo und der strategischen Zielsetzung einzuordnen vermagminus Worum geht es in der Initiativedem Projektminus Was ist der Grund fuumlr die Initiativedas Projektminus Was ist das Ziel der Initiativedes Projektesminus Was haben wir bislang erreichtminus Was muumlssen wir noch erreichenminus Was bedeutet das fuumlr mich jetzt

7 Tipp Unterschaumltzen Sie den Aufwand aber auch den Nutzen eines solchen Kick-off-Workshops nicht Ein solches Event mit einem Projektteam bedarf viel Vorarbeit und Vorbereitung Auch wenn es nicht immer eine Outdoor-Ex-pedition sein muss so muss sich die Initiativenleitung uumlber die zu erreichenden Ziele im Klaren sein Die Korrektur eines Projektes welches auf den falschen Gleisen gestartet ist kostet viel Zeit und damit Geld Welchen Schaden kann eine Fortbildung fuumlr das harmonische Miteinander im Projekt schon anrichten

7 Tipp Schweiszligen Sie das Team mit einem gemeinsamen Ziel zusammen Machen Sie sich daruumlber Gedanken welche Hebel Sie in Bewegung setzen muumlssen damit das Team uumlber sich hinauswaumlchst In der Regel reichen dafuumlr ver-sprochene Einzelpraumlmien nicht aus ndash die Verweildauer dieses Anschubs ist kurz und kann die Mitarbeiter gegeneinander aufbringen Kollektive Begeisterung und Aufopferung fuumlr ein gemeinsames Ziel aber sticht als sozialer Synergie-effekt jeglichen monetaumlren Anreiz aus Sobald Teammitglieder ihre eigenen Interessen verfolgen leidet der Teamgeist Laumlsst sich also vielleicht ein gemein-sames Feindbild identifizieren um das Wir-Gefuumlhl zu steigern Woran laumlsst sich ein gemeinsamer Vorteil oder eine gemeinsame Notlage verdeutlichen Wor-uumlber kann sich die gemeinsame Freude definieren Sie und Ihre Mitarbeiter sitzen nicht nur metaphorisch in ein und demselben Boot Dies gilt es so fruumlh wie moumlglich zu erkennen und zu adressieren damit der Wind des Wandels die Organisation durchdringen kann

326 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

632 Resources

Dieses Modul der Transfer-Phase behandelt drei wesentliche Bausteine Workforce (Wie erreiche ich ausgehend vom Topmanagement-Commitment eine breite Unterstuumltzerba-sis in der Organisation) Culture (Welche spezifischen Eigenheiten muss ich ausgehend von der Unternehmenskultur beruumlcksichtigen) Change Education (Wie gewaumlhrleiste ich eine entsprechende Know-how-Basis um die Uumlberlebenschance der Veraumlnderung zu er-houmlhen) Ein aktives Bearbeiten dieser drei Bausteine bildet die Grundlage fuumlr eine gute Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Ressourcen und der gegebenen Rahmenbedingun-gen Abbildung 629 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

6321 WorkforceDamit eine Operational-Excellence-Initiative ins Rollen kommt ist das haumlufig betonte Top-management-Commitment die Voraussetzung Dennoch sind weitere Schritte notwendig So gilt es die Energie und das Engagement der oberen Fuumlhrungsebene uumlber die darunter liegenden Ebenen der Organisation hinweg zu kaskadieren und in der Flaumlche zu verbreiten

7 Tipp Uumlberschaumltzen Sie nicht die Wirksamkeit von Informationsveranstaltun-gen und unternehmensweiten Newslettern Auch wenn es zeitaufwendig ist gewaumlhrleisten Sie eine hohe Intensitaumlt an der Informationsverbreitung aus ers-

Change Distribution

TRANSFERSt

rate

gyR

esou

rces Workforce

(ua Change Network)Culture(ua Kulturkreis-analyse)

Change Education(ua Trainingsplan)

Kommunikation Zusammenarbeit

Gui

danc

eB

enef

it

virtuellen Teams und Widerstand) Problemverhalten im Team Meetings stringent durchfuumlhren)

Project Review

(ua Umgang mit Tele-Arbeit (ua Effektivitaumlt und

Abb 629 Roadmap Resources

32763 Die Transfer-Phase

ter Hand Denken Sie an sich selbst Wirkt eher ein Newsletter via E-Mail oder ein Gespraumlch mit Ihrem Vorgesetzten staumlrker Da man ein persoumlnliches Gespraumlch nicht einfach bdquowegklickenldquo kann beachten Sie die folgenden Ausfuumlhrungen

63211 Change-Netzwerk konstituieren1 Change Champions und Multiplikatoren definieren Bei den Change Champions handelt es sich um Personen aus einem weitergefassten

Fuumlhrungskreis der Initiative (z B Leiter von einzelnen Projekten) oder von Mitglie-dern der Projektteams Diese schwaumlrmen als Botschafter der Initiative in Abteilungs-besprechungen und sonstige Team-Meetings aus und informieren uumlber den aktuellen Stand der Operational-Excellence-Initiative Ausreichend dafuumlr ist eine Stunde Im direkten Gespraumlch muss genuumlgend Zeit fuumlr Fragen und Antworten bleiben Wichtig ist dass die Change Champions auch als Stimmungskatalysator fungieren Sorgen Aumlngste und Anregungen der Arbeitskollegen gilt es aufzugreifen und z B an Projektleiter Stakeholder-Manager oder die Leitung der Initiative weiterzuleiten

Bei den Multiplikatoren handelt es sich um Schluumlsselpersonen deren Einfluss an forma-len Positionen in der internen Hierarchie nicht festzumachen ist Ihre Meinung verfuumlgt uumlber eine hohe Akzeptanz in der restlichen Belegschaft Die Wirksamkeit unterscheidet sich zu den Change Champions dadurch dass die Meinungsfuumlhrerschaft der Multipli-katoren eher indirekt wirkt Sie treten nicht in die Rolle eines Botschafters der aktiv an Meetings von anderen Geschaumlftsbereichen teilnimmt denn schon ein gut vernetzter und beliebter oder einfach langjaumlhriger Mitarbeiter kann als Multiplikator fungieren Es ist also ratsam diese Meinungsfuumlhrer die haumlufig auch eine Taumltigkeit im Betriebsrat ausuumlben von der Initiative zu uumlberzeugen und ihr Vertrauen zu gewinnen Wenn ein Multiplikator gleichzeitig auch als Change Champion aktiv wird ist dies sicherlich der Idealfall

2 Change Kompetenz sicherstellen In diesem Change-Netzwerk werden Mitarbeiter benoumltigt die von der Vision der Ini-

tiative inspiriert sind Es bietet sich an Mitarbeiter in diese Funktion zu berufen die schon fruumlhzeitig mit der Initiative in Beruumlhrung gekommen sind Ein Projektleiter der auch schon in der Analyse-Phase in den Entwicklungsprozess der Change-Strategie involviert war kann womoumlglich mehr Energie und Leidenschaft fuumlr das Vorhaben auf-bringen als ein neues Projektmitglied das nur mitarbeitet weil der Vorgesetzte aus der Linie es so moumlchte Wichtig ist dass die Beteiligten uumlber ein gewisses Maszlig an Change-Erfahrung verfuumlgen Wer sein Leben lang nur mit Maschinen gearbeitet hat wird es von heute auf morgen schwer haben anderen Menschen bei der zukuumlnftigen Veraumlnderung zu helfen und ihnen auf einer emotionalen Ebene den Sinn und Zweck naumlherzubringen

3 Change Netzwerk ausbauen Gewaumlhrleisten Sie dass sich das Netzwerkteam kennenlernt und sich regelmaumlszligig

austauscht So kann die Initiativenleitung nicht nur die Aktivitaumlten beobachten die Ergebnisse bewerten und das Vorgehen entsprechend adjustieren sondern unerfahrene Teilnehmer koumlnnen von den erfahreneren Mitarbeitern lernen Stellen Sie zusaumltzlich sicher dass das Netzwerk mit wirksamen Tools und ausreichend Wissen ausgestattet ist (Wie erkenne ich Widerstand und wie gehe ich damit um Was sind haumlufige Fragen

328 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

der Betroffenen Wie uumlberzeuge ich im Gespraumlch Wie kommuniziere ich die Kernbot-schaft der Initiative) Involvieren Sie angemessen viele Mitarbeiter damit nicht nur einige wenige von einem Meeting zum anderen hetzen

7 Tipp Seien Sie vorsichtig bei der Verwendung eines solchen Netzwerkes wenn die Initiative bzw die einzelnen Projekte in besonders arbeitsintensive Phasen gehen wenn noch erhebliche Vorbehalte gegenuumlber dem Projekt bestehen oder wenn radikale Maszlignahmen (z B personelle Reduktionsmaszlignahmen) kommuniziert werden muumlssen Das Netzwerk darf nicht als Hintertuumlr der Initia-tivenleitung verwendet werden in das die Kommunikation von unbequemen Wahrheiten delegiert wird

63212 Change-Netzwerk sicherstellenDie Verantwortung dieses Change-Netzwerkes ist groszlig Der einmalige Aufbau eines Change-Netzwerkes reicht nicht aus um die Operational-Excellence-Initiative nachhaltig zu staumlrken Wie kann also die Leitung der Initiative oder der Change-Verantwortliche des strategischen Vorhabens sofern es einen solchen geben sollte die Stoszligkraft des Change-Netzwerkes gewaumlhrleisten

Stellen Sie fruumlhzeitig die richtigen Fragen In Form von drei Abschnitten lassen sich relevante Fragen in Form einer Change-Checkliste auszugsweise auffuumlhren Die Fragen sind einfach mit bdquoJaldquo oder bdquoNeinldquo zu beantworten

1 Vor der Veraumlnderung durch das Projektminus Sind genuumlgend und passende Change Champions und Multiplikatoren uumlber alle Hie-

rarchieebenen hinweg identifiziertminus Sind alle Beteiligten uumlber die Vision der Initiative ausreichend informiertminus Sind sich alle Beteiligten der bevorstehenden Aufgaben bewusstminus Werden die Change Champions zu den wichtigsten Meetings der Initiative eingela-

den und sind sie anwesendminus Sind alle Change Champions in der Lage einen 90-sekuumlndigen bdquoElevator Pitchldquo uumlber

Sinn und Zweck des Projektes uumlberzeugend zu kommunizierenminus Verfuumlgen die Champions uumlber ausreichend unterstuumltzendes Material (Praumlsentations-

folien Handouts Frage-und-Antworten-Papier) um in anderen Arbeitskreisen oder Team-Meetings uumlber die Initiative zu berichten

2 Waumlhrend der Umsetzung des Projektesminus Uumlberzeugen die nominierten Change Champions mit Engagement und Commitmentminus Stellen die Champions sicher dass die Informationen im Rahmen von gut besuchten

Besprechungen und Sitzungen kommuniziert werdenminus Staumlrken die Champions die Unterstuumltzung durch die restliche Belegschaft aktiv

Erkennen Sie Widerstaumlnde rechtzeitig und adressieren Sie diese umfassendminus Koumlnnen die Change Champions von genuumlgend Erfolgen und Fortschritten berichten

32963 Die Transfer-Phase

minus Wird die Zielgruppe aufgefordert Anregungen und Feedback mitzuteilenminus Ist sichergestellt dass die Aktivitaumlten der Champions auf ihren Erfolgsgrad hin

beobachtet werden3 Nach Abschluss des Projektes

minus Werden die Faumlhigkeiten der Champions kontinuierlich verbessertminus Haben die Champions die Ergebnisse und Erfolge der Veraumlnderung verbreitet

Um die Aktivitaumlten der Change Champions zu steuern laumlsst sich ein Aktionsplan anlegen Dieser richtet sich nach den Verantwortungsbereichen aus So lassen sich sieben Kriterien des Verantwortungsbereiches eines Champions identifizieren Aktivitaumlten zuordnen den Verantwortlichen benennen und eine grobe Zeitplanung festhalten In Tab 66 ist der Auf-bau eines solchen Dokumentes beispielhaft dargestellt Das Format kann man auch fuumlr jeden einzelnen Change Champion erstellen und so die individuelle Entwicklung noch staumlrker forcieren

6322 CultureIn der Analyse-Phase in Abschn 2343 fand im Rahmen der Ist-Kulturanalyse eine aus-fuumlhrliche Auseinandersetzung mit den Eigenheiten von Unternehmenskulturen statt Das Ergebnis Eine umfassende Erhebung und anschlieszligende sorgfaumlltige Analyse des Ist-Zu-

Tab 66 Aufbau eines AktionsplansAufgabenbereich Aktivitaumlt Verantwortlicher ZeitplanVision verstehen Eine Unterlage erstellen die

dem Verstaumlndnis der Kern-botschaft der Initiative durch emotionale Bildsprache dient

Max Mustermann Innerhalb von zwei Wochen

Vorbild fuumlr Veraumlnde-rung sein und andere inspirieren

Eine symbolische Handlung durchfuumlhren

Commitment in der Organisation etablieren

Weitere Change Champions nominieren

Andere beim Umgang mit Veraumlnderungen unterstuumltzen

Schulungstermine fuumlr Ausbildungen rechtzeitig kommunizieren

Erfolge kommunizie-ren und aus Fehlern lernen

Mitarbeiter fuumlr die Teilnahme an Events der Initiative wertschaumltzen

Veraumlnderungen durch die Initiative mit dem Alltagsgeschaumlft verzahnen

Uumlbernahme von Aufgaben die sich aus dem Change Impact Assessment ableiten

Eigene Change-Kom-petenz ausbauen

Teilnahme an einem Change Leadership Self Assessment

330 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

standes ist wichtig weil das Ausmaszlig von kulturell bedingten Einflussfaktoren fuumlr die Inf-rastruktur einer Operational-Excellence-Initiative haumlufig unterschaumltzt wird Es sei an den Mitarbeiter der Schweizer Bank erinnert der das Arrangement der Sitzordnung bei einem der ersten Workshops in keinem Fall aumlndern wollte ndash obwohl die Lean-Sigma-Initiative noch nicht begonnen hatte eckte sie bereits an Derartige sensible Situationen gibt es nicht nur innerhalb eines Unternehmens sondern selbstverstaumlndlich auch im Zusammenhang von nationalen Kulturunterschieden Ein paar Beispiele Als General Motors den Chev-rolet Nova in Suumldamerika verkaufen wollte war niemandem bewusst dass bdquono valdquo im Spanischen bdquoes funktioniert nichtldquo bedeutet Als Pepsi nach China expandierte wurde der Slogan bdquoPepsi brings you back to lifeldquo sehr wortwoumlrtlich in bdquoPepsi brings your ancestors back from the graveldquo ins Chinesische uumlbersetzt Der schwedische Kuumlchengeraumltehersteller Electrolux nutze das folgende Verkaufsargument beim Markteintritt in die USA bdquoNot-hing sucks like an Electroluxldquo ndash auf Deutsch bdquoNichts nervt so sehr wie ein Electroluxldquo Der Koumlrperpflegeprodukthersteller Clairol (mittlerweile PampG) fuumlhrte in Deutschland das bdquoMist Stickldquo ein ndash ein Glaumltteisen fuumlr die Haare ndash um in der Folge festzustellen was bdquoMistldquo tatsaumlchlich im Deutschen bedeutet Was haben diese peinlichen Missverstaumlndnisse nun mit einer Operational-Excellence-Initiative zu tun

63221 KulturkreisanalyseBis zum Ende des letzten Jahrtausends waren die groszligen Organisationen vielfach multi-nationale Konzerne bei denen jedes Land sein eigenes Koumlnigreich war Jede Auslands-gesellschaft verfuumlgte uumlber eine eigene Buchhaltung eine eigene Personalentwicklung und eigene Logistik Heute spricht man vom bdquoGlobally Integrated Enterpriseldquo also global in-tegrierten Unternehmen die horizontal organisiert sind

Die IBM verfuumlgt beispielsweise nur noch uumlber einen zentralisierten Einkauf fuumlr alle IBM-Niederlassungen weltweit ndash in China Die Konsequenz daraus Es gibt immer multi-kulturelle Mitarbeiterkonstellationen Die Anekdoten sind in der Folge vielfaumlltig Denn dass Inder selten nein sagen Kopfwackeln ja heiszligt und direkte Kritik verpoumlnt ist muss ein Deutscher erst lernen und bedeutet im ersten Moment haumlufig einen Kulturschock Tech-nisch ist die virtuelle Zusammenarbeit problemlos moumlglich doch die Realitaumlt hat es in sich Wussten Sie dass das Netzwerk persoumlnlicher Beziehungen und die damit einher-gehenden gegenseitigen Gefaumllligkeiten in China (bdquoGuanxildquo) schwerer wiegen als vertrag-liche Vereinbarungen Der Vertrag ist eine Richtschnur von der man abweichen darf Es geht also nicht darum was man weiszlig sondern wen man kennt Wer eine Gefaumllligkeit erbit-tet wird fruumlher oder spaumlter eine Gegenleistung erbringen muumlssen Auf diese Art und Weise wird das Guanxi-Netzwerk gepflegt Einen Gefallen abzuschlagen wird als unverzeihlich angesehen Guanxi wird damit zu einem endlosen Zyklus an Gefaumllligkeiten

Derartige Gepflogenheiten und kulturelle Eichungen gibt es zudem nicht nur beim offensichtlichen Unterschied zwischen Europa und Fernost Auch die Arbeitsweise von Englaumlndern und Franzosen unterscheidet sich von derjenigen von Deutschen ndash spaumltestens wenn unter Zeitdruck Ergebnisse geliefert werden muumlssen Auf die Forschungsergebnis-se von Geert Hofstede wurde bereits in Abschn 414 eingegangen Konkret lassen sich

33163 Die Transfer-Phase

verschiedene Aspekte eines bdquoCulture Awareness Assessmentsldquo das fuumlr den Erfolg einer globalen Operational-Excellence-Initiative relevant sein kann diskutieren

7 Stellen Sie heraus warum das Bewusstsein fuumlr Kulturunterschiede wichtig ist

Besonders fuumlr Menschen die in ihrem beruflichen Alltag selten in Kontakt mit anderen Kulturen gekommen sind wird sich die Bedeutung dieser Thematik nicht sofort erschlie-szligen Fuumlhren Sie zu Beginn ein paar griffige und vielleicht auch amuumlsante Beispiele an wodurch die Beschaffenheit des Themas verstaumlrkt wird Gehen Sie auf wissenschaftliche Erkenntnisse ein ndash Geert Hofstede mag der bekannteste Vertreter sein ndash dennoch ist das Literaturangebot und die Verfuumlgbarkeit von wissenschaftlichen Studien vielfaumlltig Ver-anschaulichen Sie dass die Produktivitaumlt sinkt Widerstaumlnde steigen und Potenziale ver-schenkt werden wenn interkulturelle Missverstaumlndnisse den Projektfluss behindern

7 Machen Sie deutlich was alles unter Kultur zu verstehen ist

Nutzen Sie eine Darstellung wie in Kap 6222 um die Reichweite von kulturellen Aus-praumlgungen zu verdeutlichen Die Sprache die Kleidung und die Essgewohnheiten sind nur die Spitze des Eisberges Stereotypen Motive Tabus Glaubensrichtungen und Sorgen liegen meist tief verborgen in der zwischenmenschlichen Interaktion und machen aber haumlufig den feinen Unterschied aus Bestaumlrken Sie Ihr Team darin diese Differenzen zu erkennen

7 Gehen Sie auf die bevorstehende Teamkonstellation ein

Fuumlhren Sie die praumlgendsten Charakteristika der beteiligten Nationen zusammen Wie ist die polnische Wirtschaft strukturiert Wer sind bekannte Persoumlnlichkeiten der Tschechi-schen Republik Wer sind die wichtigsten politischen Player der Slowakei Welche Rol-le spielt Ungarn in der EU Wie ist es um die deutsch-rumaumlnische Beziehung bestellt Welche Rolle spielt die Religion in China Was gibt es Wissenswertes uumlber die deutsche Bevoumllkerung

Erkunden Sie in diesem Kontext die jeweils gesammelten Erfahrungen Was hat bei vergangenen Projekten aus Ihrer Sicht hinsichtlich kultureller Besonderheiten besonders gutuumlberhaupt nicht funktioniert Welche Erfahrungen die fuumlr unser Projekt relevant sein koumlnnten haben Sie im Ausland sammeln koumlnnen Was wissen Sie uumlber die beteiligten Nationen Welche Schwierigkeiten sehen Sie auf das Projektteam zukommen und wie koumlnnen wir gemeinsam dafuumlr Loumlsungen finden Was sind aus Ihrer Sicht absolute No-Gos in Ihrem Land Welche Maszlignahmen koumlnnen das Teamgefuumlge unterstuumltzen was wuumlrde das Zusammenwirken direkt zerstoumlren

7 Erlaumlutern Sie den Zusammenhang von Kultur und Verhalten im Alltag

332 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die sechs Kulturdimensionen von Hofstede (2001) bieten hier einen entsprechenden Leit-faden Zeigen Sie auf wie vielfaumlltig sich die Dimensionen (Machtdistanz Individualismus vs Kollektivismus Maskulinitaumlt vs Femininitaumlt Ungewissheitsvermeidung lang- vs kurzfristige Ausrichtung und Nachgiebigkeit vs Beherrschung) im Alltag manifestieren koumlnnen Aufgrund der ausgepraumlgten Ungewissheitsvermeidung in Indien und in Deutsch-land ist es hier beispielsweise eher schwierig bahnbrechend neue Konzepte und Ideen zuumlgig zu etablieren bzw umzusetzen Im Gegensatz dazu neigen US-Amerikaner und Ka-nadier eher dazu Grenzen auszutesten

7 Skizzieren Sie die Vorteile der Beruumlcksichtigung kultureller Differenzen

Ihrem Team muss deutlich werden dass eine saubere Integration aller Beteiligten das Ge-samtergebnis entscheidend verbessern wird Wenn man die anderen versteht und sich auf fremde Perspektiven einlassen kann sinken die Reibungsverluste und damit verbundenen Kosten im Team erheblich Wenn die Zusammenarbeit funktioniert ist der Grundstein fuumlr die Einhaltung der Meilensteine und die Erreichung der Projektergebnisse gelegt Er-moumlglichen Sie dass sich Ihr Team regelmaumlszligig persoumlnlich sieht und die Zusammenarbeit gemeinsam reflektiert denn nur so kann Vertrauen wachsen Wenn das gelingt steht nicht nur das Projekt gut dar sondern jeder Einzelne hat wertvolle Lernerfahrungen sammeln koumlnnen

7 Geben Sie Ihrem Team zum Schluss praktische Tipps an die Hand

Wie schon betont Am Ende entscheidet der feine Unterschied Ein Missverstaumlndnis oder eine Unhoumlflichkeit zu Beginn der gemeinsamen Projektarbeit kann zu irreversiblen Folge-schaumlden fuumlhren Die folgenden Tipps erscheinen auf den ersten Blick selbstverstaumlndlich Zudem sind es Kleinigkeiten doch wenn man ganz ehrlich ist Wie oft beruumlcksichtigen Sie diese vermeintlichen Kleinigkeiten

bull Oumlffnen Sie Ihre Augen ndash vermuten Sie nicht sondern fragen Sie nachbull Erst uumlberlegen dann sprechen ndash versetzen Sie sich in die Lage Ihres Gespraumlchspartnersbull Respektieren und akzeptieren Sie Differenzen ndash nehmen Sie sich Zeit andere kennen-

zulernenbull Seien Sie ehrlich wenn Sie etwas nicht moumlchten ndash achten Sie auf Ihre nonverbale Kom-

munikationbull Halten Sie sich an Vereinbarungenbull Vermeiden Sie Gruppenbildungen ndash es gilt Probleme und nicht die Diversitaumlt zu mini-

mierenbull Haken Sie nach wenn etwas unklar ist ndash klaumlren Sie Ihre Erwartungen an das Teambull Last but not least Ein Laumlcheln sagt mehr als tausend Worte

33363 Die Transfer-Phase

7 Tipp Erkundigen Sie sich nach den aktuellen Spielregeln vor Ort Wer andere kulturelle Eichungen ignoriert wird unweigerlich mit Missverstaumlndnissen Misstrauen und Interessenkonflikten konfrontiert sein Wenn Sie als Projektlei-ter erstmals international eingesetzt werden arbeiten Sie mit lokalen Insidern zusammen Diese kulturellen Berater sollten das Land und die jeweilige Orga-nisation kennen

6323 Change EducationIm Folgenden wird deutlich dass sich der Wirkungszusammenhang der Kernphasen Ana-lyse und Transfer zwar grafisch aber nicht immer inhaltlich trennen laumlsst Das Change-Impact-Assessment aus der Analyse-Phase in Abschn 2343 stellte die folgenden Fra-gen Was wird sich aumlndern Wie signifikant sind diese Veraumlnderungen Wer ist davon alles und inwiefern betroffen Welche Maszlignahmen sind fuumlr einen sauberen Ablauf der Initiative (oder auch des einzelnen Projektes) notwendig In der Transfer-Phase geht es nun um die Anwendung der zuvor gewonnenen Erkenntnisse Mitarbeiter werden mit dem Start der einzelnen Projekte zu Belts ausgebildet Verantwortlichkeiten und Arbeitsablaumlufe veraumlndern sich Im Mittelpunkt steht der bdquoSchulungsstromldquo der Operational Excellence Die Aus- und Weiterbildung des Change-Know-hows ist aber in der Folge unerlaumlsslich Das Problem In der Praxis wird entweder die Bedeutung von Change-Management-Skills nicht wahrgenommen weil der einer Reizuumlberflutung nahekommende Schwerpunkt auf den statistisch-mathematischen Herausforderungen liegt oder es fehlt an einer zeitnahen Umsetzung der Theorie weil viele Change-Aspekte angesprochen aber nicht entspre-chend vertieft werden Das Konzept der Change Education (CE) als zweiten bdquoSchulungs-stromldquo ist eine Maszlignahme um den Anforderungen Fragestellungen und Implikationen des Change-Impact-Assessments gerecht zu werden

Tatsache ist dass Veraumlnderungsprogramme im Unternehmen meist auch Veraumlnderun-gen an der Organisationsstruktur an Prozessen Software-Anwendungen und Arbeitswei-sen bedeuten Elementar ist dass diese Veraumlnderungen strukturiert und systematisch an die betroffenen Mitarbeiter vermittelt werden um den Erfolg der Veraumlnderungsinitiative sicherzustellen Ziel ist dass die Mitarbeiter dadurch befaumlhigt werden nahtlos in einer veraumlnderten Organisationslandschaft erfolgreich mit neuen Prozessen und Anwendungen wertschoumlpfend zu arbeiten Vereinfacht Die Schulung der Operational Excellence lehrt den Mitarbeiter den Handgriff nicht mehr mit der linken sondern der rechten Hand zu taumltigen Eine Fortbildung im Change Management hilft dabei dass der Mitarbeiter sich auf diese Veraumlnderungen einlassen kann sie fuumlr sich annimmt und nicht in alte Verhaltens-muster zuruumlckfaumlllt Wie kann dies gelingen

63231 Change-Education-Strategie formulierenDie strategische Ausrichtung ist die Grundlage fuumlr die nachfolgende Planung von Change-Education-Aktivitaumlten im Rahmen von Veraumlnderungsprojekten Zu Beginn muss ein Fahr-plan festgelegt werden der zur Umsetzung der Initiative notwendig ist (Was Wann Wie und in welchem Umfang) An dieser Stelle ist die Abstimmung mit der strategischen Aus-

334 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

richtung der Initiative der Operational-Excellence-Schulungsinfrastruktur sowie anderen Tools wie dem bereits erwaumlhnten Change-Impact-Assessment wichtig Nur so koumlnnen eine geeignete Basis fuumlr eine reibungslose Uumlberfuumlhrung der Veraumlnderungen in den opera-tiven Betrieb der Organisation gelegt und die geeigneten Mitarbeiter fuumlr Verpflichtungen der Initiative hinzugezogen werden Die folgenden Fragestellungen sollten rechtzeitig be-antwortet werden

bull Wie erreiche ich eine gewisse bdquoChange Awarenessldquo unter meinen Mitarbeiternbull Welche Methoden und Tools sind notwendig und sollen fuumlr den Aufbau von Change

Skills und Knowledge im Rahmen der Projektinitiative zum Einsatz kommenbull Wie werden die CE-Aktivitaumlten in den Projektablauf eingeplantbull Wie wird das Commitment des Managements zu CE-Aktivitaumlten sichergestelltbull Wie soll der Erfolg von CE-Aktivitaumlten anhand von Messkriterien bestimmt werdenbull Wie integrieren sich projektspezifische CE-Aktivitaumlten in die bestehende hauseigene

Schulungsinfrastruktur und Unternehmenskultur

In diesem ersten Schritt sollte der strategische Ansatz dokumentiert werden Die Leitung der Initiative sollte nicht nur eine klare Zieldefinition sondern auch die ersten zu vermittelnden Inhalte vor Augen haben Damit die Faumlhigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter wirksam geschult werden koumlnnen sollten die entsprechenden Systeme Tools oder Dokumentations-unterlagen zur Verfuumlgung stehen Schlieszliglich geht es an die Ressourcenplanung ndash Wer und wie groszlig ist meine Zielgruppe Wie viel Budget benoumltige ich ndash und um die Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten fuumlr den Ablauf der initiativenweiten CE-Organisation

7 Tipp Knuumlpfen Sie an eine bereits etablierte Schulungsstruktur und ein Wissens-managementsystem der jeweiligen Organisation an Wenn der bdquoGewoumlhnungs-aufwandldquo der betroffenen Mitarbeiter reduziert wird kann die Integration von Change-Management-Inhalten sehr viel einfacher vonstatten gehen Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen Die Mitarbeiter spuumlren den groumlszligeren Schulungsaufwand durch die Integration mit anderen Lerninhalten kaum und die Leitung der Initiative kann Synergieeffekte zwischen den Schu-lungsstroumlmen nutzen

Beachten Sie dabei dass wenn Sie auf eine Veraumlnderung von innen setzen die weniger durch externe Beratung gestemmt wird der Aufwand erheblich steigt Was dann entschei-det sind nicht Schulungen (bei denen der externe Partner der Organisation erklaumlrt wie die Veraumlnderung umzusetzen ist) sondern Coachings (bei denen ein externer Partner das Know-how der Organisation staumlrkt um Veraumlnderungen eigenstaumlndig umzusetzen) Schon bei den Begriffen Schulung und Coaching wird der Unterschied deutlich Die Anfangsinvestition (umfangreiche fachliche und methodische Change-Kompetenz aufbauen) kann sich spaumlter dadurch auszahlen dass die Veraumlnderungen der Operational-Excellence-Initiative besser angenommen werden weil die Mitarbeiter ihre eigene Zukunft gestalten konnten

33563 Die Transfer-Phase

63232 Change-Education-Bedarf bewertenEs geht nicht nur um die Ermittlung der Zielgruppen und notwendigen Lerninhalte son-dern auch um eine Bestandsaufnahme des bestehenden Change-Wissens und -Know-hows in der Organisation Die Wissens- und Umsetzungsluumlcken der Organisation muumlssen inhalt-lich ndash noch nicht dezidiert auf Personenebene ndash so praumlzise wie moumlglich bestimmt werden Nur so kann eine geeignete Basis fuumlr einen zielgruppenorientierten Trainingsplan gelegt werden Die folgenden Fragestellungen sollten rechtzeitig beantwortet werden

bull Welche Lerninhalte muumlssen weitergegeben werdenbull Inwieweit sind identifizierte Lernzielgruppen bereits mit Lerninhalten vertrautbull Welche Luumlcken bestehen im aktuellen Wissensstand der Lernzielgruppen und der not-

wendigen Lerninhaltebull Warum bestehen die jeweiligen Wissensluumlckenbull Wie kann ich vorhandenes Change-Wissen in der Organisation ermittelnbull Wie kombiniere ich die Schulungsstroumlme (Operational Excellence und Change Educa-

tion) sodass sie als eine zusammenhaumlngende Thematik wahrgenommen werdenbull Wo sind in der Organisation und im Ablauf der Initiative die groumlszligten Hebel um CE

wirkungsvoll zu platzierenbull Inwiefern lassen sich die Wissensluumlcken priorisieren

7 Tipp Seien Sie sich der Relevanz eines passenden Personalentwicklungskon-zeptes bewusst Was Mitarbeiter prinzipiell erlernen koumlnnen ist die eine Sache Was Ihren Mitarbeitern an Faumlhigkeiten tatsaumlchlich vermittelt werden kann ist eine ganz andere Sache Das haumlngt von der verfuumlgbaren Zeit den investierten Ressourcen und weiteren Rahmenbedingungen ab All die Eigenschaften Faumlhig-keiten und Merkmale die dadurch in der Realitaumlt nur beschraumlnkt entwickelt werden koumlnnen werden schlieszliglich in erster Linie durch die Mitarbeiteraus-wahl beeinflusst Etablieren Sie bei der Personalentwicklung Auswahlkriterien wie die Change Readiness oder die Change Capability ndash die Hebelwirkung ist hier am deutlichsten spuumlrbar

63233 Change Education Knowledge managen und weitergebenDurch den bis hierhin festgelegten Fahrplan die Evaluierung der vorhandenen Change-Kenntnisse und die anstehende Projektarbeit wird neues Wissen generiert Das sollte do-kumentiert werden An dieser Stelle sollte ein Modul oder Tool genutzt werden welches neues Wissen und Lernmaterial strukturiert ablegt und ziel- und zeitgerecht verfuumlgbar ma-chen kann Es sei an die Verschwendungsarten des Lean Managements erinnert ndash als achte Art wurde die ungenutzte geistige Kapazitaumlt der Mitarbeiter gefuumlhrt In diesem Kontext ist auch die bdquoAufbewahrungldquo dieser geistigen Faumlhigkeiten zu den wertschoumlpfenden Taumltigkeiten zu zaumlhlen Eventuell besteht bereits ein aumlhnliches Wissensmanagementsystem in der Organi-sation ndash an dieses gilt es anzuknuumlpfen Insbesondere in groszligangelegten Operational-Excel-lence-Initiativen fehlt es haumlufig an einer strukturierten Erfassung von Wissen Die Folge ist

336 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

dass das Rad immer wieder neu erfunden wird Gerade bei der iterativen Systematik der drei Kernphasen des Transformation Navigators ist der Mehrwert besonders groszlig wenn dies ver-hindert wird Die folgenden Fragestellungen sollten daher rechtzeitig beantwortet werden

bull Wie werden Expertise Know-how und Wissen im Unternehmen bislang dokumentiert und verfuumlgbar gemacht Kann diese Struktur fuumlr die Initiative genutzt werden

bull Wie soll neues Wissen im Rahmen der Initiative strukturiert dokumentiert und abge-legt werden Welches Wissen ist relevant

bull Wer stellt sicher dass dokumentiertes Wissen immer aktuell gehalten wirdbull Wie gelingt es Mitarbeitern moumlglichst einfach auf dieses Wissen zuzugreifen und sich

Wissen ggf selber aneignenbull Wo finden Mitarbeiter Hilfe von Experten

7 Tipp Lernen Sie von anderen Der Versicherungskonzern AXA setzte auf einen Baustein der uumlber lokale Seminar- und Qualifizierungsangebote hinausging Die AXA University bot globale Weiterbildungsprogramme die abhaumlngig von den spezifischen Erfordernissen verschiedener Unternehmensbereichen und Mitarbeitergruppen entwickelt wurden Dieses Konzept basiert auf einem Kooperationsnetzwerk mit renommierten Universitaumlten wie der IMD Business School in Lausanne (Schweiz) oder der Wharton Universitaumlt in Philadelphia (USA) Wissen wird hier nicht nur entwickelt und vermittelt sondern auch bdquogela-gertldquo Die AXA University ist eine Plattform auf der Manager jederzeit auf AXA Projekte (Best-Practice-Beispiele Tools und Methoden) oder Managementprin-zipien (Werte und Normen der Organisation Aktuelles aus der Wissenschaft) zuruumlckgreifen koumlnnen Wenn die AXA im Hinblick auf die hier angesprochene bdquoChange Educationldquo durchgefuumlhrte Veraumlnderungsmaszlignahmen regelmaumlszligig dokumentiert analysiert und als Lernmaterial aufbereitet kann diese Art der Kompetenz zum selbstverstaumlndlichen Repertoire der Organisation werden Auch wenn AXA als globaler Versicherungskonzern sich in einer anderen Dimension von Schulungsmaszlignahmen bewegt kann dieses Konzept auf das Wesentliche und fuumlr kleinere Unternehmen Realisierbare reduziert werden

63234 Change Education umsetzenDieser letzte Schritt beschaumlftigt sich mit der konkreten Umsetzung der Schulungen und des Wissenstransfers auf Personenebene Die identifizierten Zielgruppen werden nun de-zidiert beschrieben Es geht im Weiteren darum die Lerninhalte zu erstellen abhaumlngig von den zuvor identifizierten Wissensluumlcken Daraus werden anschlieszligend die Lernme-dien abgeleitet Zusaumltzlich sollte sich ein faumlhiges Team fuumlr das Management der Change Education verpflichten die gesamte Lernlogistik und die Erfolgskontrolle der Schulungs-aktivitaumlten im Auge zu behalten All das bildet den Kern von Operational Excellence Ver-aumlnderungen werden in der Ablauf- und Aufbauorganisation systematisch und nachhaltig verankert Die folgenden Fragestellungen sollten rechtzeitig beantwortet werden

33763 Die Transfer-Phase

bull Welche Kurse gibt esbull Was sind die Lernformenbull Wie wird das Wissen uumlberpruumlftbull Setzt man auf E-Learning eher auf einen klassischen bdquoKlassenraumldquo oder doch auf

individuelles Coachingbull Wie stelle ich sicher dass sich alle notwendigen Mitarbeiter das entsprechende Wissen

auch aneignen konntenbull Wie plane ich Schulungen fuumlr eine Vielzahl von Mitarbeitern an unterschiedlichen

Standorten

Ein nachhaltiges Set-up von Trainingsaktivitaumlten ist sehr vielschichtig und weitreichend Nach der strategischen Ausrichtung werden der Trainingsbedarf bestimmt ein entspre-chendes Programm entwickelt eine passende Trainingsorganisation aufgebaut die Res-sourcen mobilisiert Trainingsmaterial erstellt die Trainingslogistik festgelegt und die Schulungen umgesetzt

7 Tipp Entscheidend ist die Integrationsfaumlhigkeit des Change-Trainingsplans in den Schulungsstrom der Operational Excellence So wird in vielen Black-Belt-Ausbildungen zwar von Change-Management-Inhalten gesprochen aber sich in Wirklichkeit nur begrenzt mit der entsprechenden thematischen Reich-weite auseinandergesetzt Haumlufig wird Change-Management in der Folge auf Kommunikationsmaszlignahmen reduziert Wirksames Change-Management ist jedoch deutlich mehr als das Als standardisierter integrierter und intensiver Lernblock ist die Ausbildung von wichtigen Faumlhigkeiten ndash wie in Kap 4 disku-tiert ndash fuumlr den Erfolg einer Operational-Excellence-Initiative von wesentlicher Bedeutung Die Erfahrung zeigt auch dass es sinnvoll sein kann nicht explizit von Change-Management zu sprechen Moumlglicherweise gab es in der Orga-nisation schon viele vergleichbare und unvollendete Change-Initiativen die mittlerweile zu viel Frust gefuumlhrt haben Wenn die Mitarbeiter dann lernen mit Widerstaumlnden umzugehen ohne zu wissen dass dies ein elementarer Change Management Skill ist spielt der Name des Ausbildungsblocks keine Rolle mehr

Change-Management-Bachelor-Zertifikat bei der IBMDie Strategieberatung der IBM (Global Business Services Strategy amp Transformation) bietet ein gu-tes Beispiel dafuumlr wie veraumlnderungsrelevante Lerninhalte strukturiert erfasst und ein zielgerichtetes Lernprogramm aufgesetzt werden koumlnnen Das Leistungsversprechen bdquoWerden Sie professioneller Change Manager und fuumlhren Sie Veraumlnderungen in Ihrem Unternehmen zum Erfolgldquo basiert auf der bereits diskutierten IBM Making-Change-Work-Studie aus dem Jahr 2008 und der Erfahrung beim Management komplexer Transformationsprojekte bei Kunden Die Studie belegte dass in Zukunft die Bedeutung von erfolgreichem Change Management immer groumlszliger wird Im Durchschnitt wer-den bei ca 60 der Transformationsprojekte die angestrebten Zeit- Budget- undoder Qualitaumltszie-le nicht vollstaumlndig erreicht oder der geplante geschaumlftliche Nutzen nicht erbracht Professionelles Change Management soll somit den Projekterfolg nachhaltig steigern und gleichzeitig Mehrkosten fuumlr Veraumlnderungsinitiativen in Schieflage vermeiden Ungleich dem Projektmanagement bei dem

338 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

formale Methoden uumlberwiegend konsequent angewendet werden hat sich fuumlr das Change Manage-ment bisher kein anerkannter Standard etabliert Dort setzt die IBM an Das Unternehmen der Zu-kunft benoumltigt also Change-Management-Expertise sowie standardisierte und professionelle Metho-den um die vielfaumlltigen Transformationsprojekte erfolgreich zu meistern

Die Entwicklung einer Change-Management-Bachelor-Zertifizierung ist die Antwort der IBM auf das Beduumlrfnis am Markt nach einem einheitlichen Verstaumlndnis von Change Management Sie basiert auf der IBM Better-Change-Methodik die aus sieben Bausteinen besteht

1 Transformation Strategy amp Management ndash strategische Ausrichtung Analyse und Bewertung der Veraumlnderungskompetenz des Unternehmens sowie Steuerung und Kontrolle der Transformation

2 Change Leadership ndash Schaffung einer einheitlichen Vision sowie Sicherstellung der Unterstuumlt-zung durch Sponsoren Fuumlhrungskraumlften sowie Stakeholdern auf allen Ebenen

3 Organization Design ndash Umsetzung strategischer Vorgaben zu realistischen Geschaumlftsmodellen und Strukturloumlsungen

4 Stakeholder-Engagement amp Communications ndash Einbeziehung und Aktivierung von Key Stake-holdern durch effektive Stakeholder- und Kommunikationsstrategien

5 Skills amp Knowledge ndash Planung und Durchfuumlhrung von Schulungsmaszlignahmen6 Culture-Transformation ndash Analyse der Unternehmenskultur sowie Schaffung einheitlicher Unter-

nehmenswerte und organisatorischen kulturellen Bewusstseins7 Value Realization ndash systematische Identifikation Quantifizierung und Realisierung von wirt-

schaftlichen Nutzungspotenzialen

Im Rahmen eines intensiven praxisorientierten fuumlnftaumlgigen Seminars mit schriftlichem Abschluss-test lernen die Teilnehmer die sieben Enabler der Better-Change-Methodik vertiefend kennen Grup-penarbeit im Rahmen einer Case Study sowie eine Vielzahl praktischer Tools und Projektbeispiele von fruumlheren IBM-Engagements verbinden Theorie und Praxis Zum Ende des Seminars erhalten die Teilnehmer ein Abschlusszertifikat mit oder ohne Auszeichnung unter Beruumlcksichtigung ver-schiedener BewertungselementeWas ist der Nutzen

1 Festigung und Ausbau der eigenen Change-Management-Kompetenz (z B im Hinblick auf Schnittstellen zum Projektmanagement)

2 Erweiterung des individuellen Methoden- und Toolportfolios3 bessere Positionierung der Mitarbeiter in unternehmensinternen Veraumlnderungsprozessen4 fachlicher Austausch mit anderen Change-Experten5 offizieller Nachweis von Change-Management-Expertise durch ein Abschlusszertifikat von IBM

33963 Die Transfer-Phase

Warum die IBMNicht nur die Rolle als weltweit fuumlhrendes Innovations- und Beratungsunternehmen mit weitrei-chender Branchenexpertise sowie Thought Leadership aus der bdquoGlobal-Making-Change-Workldquo-Studie machen IBM zum idealen Anbieter einer solchen Zertifizierung Vor allem die eigene Change-Management-Kompetenz mit uumlber 700 Change-Beratern weltweit und die bewaumlhrte IBM Better-Change-Methodik bilden ein solides Fundament fuumlr einen Change-Management-Standard

633 Guidance

Dieses Modul beleuchtet wichtige Faktoren der eigentlichen Projektarbeit Das Thema Kommunikation wird aufgegriffen (z B Was muss ich beruumlcksichtigen wenn mein Team in verschiedenen Kultur- und Zeitzonen arbeitet Wie gehe ich mit Widerstaumlnden um) und Hygienefaktoren fuumlr funktionierende Teamarbeit werden diskutiert (z B Wie gehe ich mit typischen Problemen im Projektteam um Wie finde ich heraus ob mein Team gut zusammen arbeitet) Dieser Perspektivenwechsel ndash von technokratischem Projekt-management zu mitarbeiterorientiertem Change-Management ndash wird aufzeigen dass es gerade die zwischenmenschlichen Kleinigkeiten sind die ein Projektteam scheitern lassen koumlnnen Abbildung 630 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

Abb 630 Roadmap Guidance

340 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

6331 KommunikationVermutlich ist die Erklaumlrung dafuumlr dass Change Management haumlufig auf die Planung der Kommunikation reduziert wird in der unbestrittenen Wichtigkeit von Kommunikations-aspekten bei Veraumlnderungsprojekten zu finden Nicht umsonst spricht man von internem Marketing und PR wenn es darum geht die Aufmerksamkeit fuumlr eine Operational-Ex-cellence-Initiative zu gewinnen Der Informationsfluss und die Organisation saumlmtlicher Aktivitaumlten werden durch entsprechende Medien und Inhalte ermoumlglicht Nicht zuletzt werden Mitarbeiter nur uumlberzeugt wenn man mit ihnen in Kontakt tritt und Feedback nur dann generiert wenn die richtigen Mechanismen aufeinander abgestimmt sind Neben der Notwendigkeit die Kommunikationsstrategie in Form eines Kommunikationsplans in der Transfer-Phase umzusetzen sollen im Folgenden weitere Aspekte aufgefuumlhrt werden die eine entscheidende Rolle bei strategischen Initiativen spielen

63311 Das richtige Medium waumlhlenDas richtige Medium zu waumlhlen ist nicht immer einfach Zu haumlufig entscheidet man nach dem eigenen Geschmack ndash vergisst dass der adressierte Stakeholder vielleicht ein Telefo-nat einer E-Mail vorziehen wuumlrde ndash oder vernachlaumlssigt die Relevanz der Botschaft ndash um Feedback zu generieren kommuniziert man anders als wenn man informiert Auch die zeitlichen finanziellen und personellen Ressourcen beeinflussen die Medienwahl erheb-lich Grundsaumltzlich sollte man sich im Klaren daruumlber sein welcher Kanal welche Wirkung hervorruft Ein Gespraumlch unter vier Augen eignet sich fuumlr die Loumlsung eines Konfliktes weil sowohl verbale als auch nonverbale Botschaften gesendet bzw empfangen werden koumlnnen Einseitige Informationsvermittlung wie ein Statusbericht oder Ja-Nein-Entschei-dungsfragen koumlnnen dagegen effektiv uumlber E-Mail-Verkehr geregelt werden Weil viele Unternehmen heutzutage auf die Wertschoumlpfung in virtuellen Teams setzen und gerade Home-Office-Loumlsungen zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags geworden sind wird diesem Aspekt im Verlauf des Abschn 633 besondere Aufmerksamkeit gewidmet Bis dahin soll in diesem Kontext eine tabellarische Uumlbersicht der relevanten Kommunika-tionskanaumlle weiterhelfen (vgl Tab 67)

Zwei wichtige Stellgroumlszligen in der Kommunikation im Rahmen einer Operational-Ex-cellence-Initiative sind die erzielte Erreichbarkeit der Stakeholder und die Einbindung durch Feedbackmoumlglichkeiten Abbildung 631 stellt diesen Wirkungszusammenhang dar und greift die Kommunikationskanaumlle aus der Tabelle auf

Typische Kommunikationsfehler unter denen der Erfolgsgrad der Initiative erheblich leidet gibt es viele Wenn die adressierten Stakeholder nicht klar identifiziert sind wenn Feedback nicht ernst genommen wird wenn inoffizielle Informationen im Vertrauen wei-tergegeben werden und schlieszliglich alle im Vertrauen Bescheid wissen wenn Stakeholdern nicht zugetraut wird mit schlechten Nachrichten konstruktiv umzugehen wenn sich zu sehr um den Inhalt und weniger um die Form der Kommunikation gesorgt wird wenn die Effektivitaumlt von Kommunikationskanaumllen nicht auf ihre Funktionsfaumlhigkeit uumlberpruumlft wird wenn etablierten Medien zu stark vertraut wird wenn es keine Kommunikationsver-antwortlichkeit gibt und wenn sich nur auf die Informationen zu Beginn und zum Schluss

34163 Die Transfer-Phase

Kanal Die Zielgruppe ist hellip Die Botschaft ist hellip Es ist notwendig hellipNewsletter Groszlig und extern Bekraumlftigend Allgemeine unsen-

sible Nachrichten zu verbreiten

Poster Groszlig und extern Bekraumlftigend Bewusstsein durch Vermarktung zu wecken

Anschreiben Klein und extern Spezifisch Formale Mechanis-men zu verwenden

Pressemitteilung Groszlig und extern Allgemein Zu vermarkten Bewusstsein zu wecken und Interesse zu forcieren

Webbasiertes Praumlsentationstool

Groszlig und extern oder intern

Unterrichtend mithilfe einer Vorfuumlhrung

Personen aus ver-schiedenen Lokatio-nen und Zeitzonen zu koordinieren

Telefonkonferenz Klein und intern Spezifisch Einen Konsens von Leuten aus unter-schiedlichen Lokatio-nen zu finden

Hotline Groszlig und extern Informativ Information bereitzu-stellen und Fragen zu ermoumlglichen

Praumlsentation Groszlig und extern Komplex und einflussreich

Sponsorship zu zeigen

Video Groszlig und extern Sehr einflussreich Sponsorship zu zeigen jedoch ist die Verfuumlgbarkeit des Sponsors limitiert

E-Mail Beliebige Groumlszlige extern oder intern

Kurz und einfach Glaubwuumlrdigkeit eines anderen Sprechers herzustellen

Meeting Klein extern oder intern

Spezifisch Einen Konsens zu finden und persoumln-liche Kommunikation zu foumlrdern

Web-Page Groszlig und extern Informativ und bekraumlftigend

Die Zielgruppe in Echtzeit informiert zu halten

Einzelgespraumlch (F2F) Klein und intern oder extern

Einfuumlhlsam vertrau-lich und persoumlnlich richtungsweisend

Individuelle Beduumlrf-nisse und Bedenken zu adressieren

Tab 67 Relevante Kommunikationskanaumlle

342 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Kanal Die Zielgruppe ist hellip Die Botschaft ist hellip Es ist notwendig hellipCoaching Klein und extern oder

internMotivierend Die Zielgruppe dazu

zu motivieren etwas zu machen

Broschuumlre Groszlig und extern Bekraumlftigend Eine bestimmte Nach-richt zu verbreiten und Fragen zu beantworten

Brown Bag Session Klein und intern oder extern

Unterrichtend mithilfe einer Vorfuumlhrung

QampAs und F2F Kommunikation zu ermoumlglichen

Podiumsdiskussion Groszlig und intern oder extern

Richtungsweisend spezifisch

Einen Dialog und QampAs zu ermoumlglichen

Workshops Klein und intern oder extern

Unterrichtend und fokussiert

Diskussionsbedarf zu klaumlren und Loumlsungen zu entwickeln

Werbemittel Groszlig und intern oder extern

Sichtbar Bewusstsein zu wecken und in Erinne-rung zu bleiben

Info-VeranstaltungTown Hall Meeting

Groszlig und intern oder extern

Informativ und bekraumlftigend

Die Chance zum Dia-log zu ermoumlglichen

Tab 67 (Fortsetzung)

Abb 631 Relevante Kommunikationskanaumlle

34363 Die Transfer-Phase

einer Initiative konzentriert wird dann sinkt die Wahrscheinlichkeit dass das Momentum der Operational-Excellence-Initiative aufrecht erhalten bleibt Sicherlich werden Fehler gemacht umso staumlrker gilt es die iterative Infrastruktur des Transformation Navigators zu nutzen Wenn aussagekraumlftiges Feedback von den Stakeholdern in der ersten Projektwelle eingeholt werden konnte muss es fuumlr die zweite Projektwelle verwertet werden Dann wird man viele Fehler vermeiden koumlnnen Einige Aussagen eines solchen Stakeholder-Feedbacks sollen exemplarisch aufgegriffen werden

bdquoPauschale Kommunikation wird nichts bringen weil die Organisation von den Ver-aumlnderungen und Konsequenzen unterschiedlich betroffen istldquo ndash Kontrollieren Sie ob die Erkenntnisse des Stakeholder-Managements im Kommunikationsplan verarbeitet werden Stellen Sie sicher dass es keine pauschale Schema-F-Loumlsung gibt Nichtsdestotrotz sollten Sie auf ein gesundes Maszlig an pauschaler Kommunikation setzen Warum Die Kerngedanken oder Grundwerte der Initiative muumlssen zwangslaumlufig wiederholt kommuniziert werden um sie in der Kultur zu verankern An dieser Stelle ist das Fingerspitzengefuumlhl fuumlr eine Hybridlouml-sung gefragt Wie viel pauschale Kommunikation ist notwendig Wann und vor allem welcher Stakeholder muss mit spezifischen Kommunikationsformen und -inhalten adressiert werden

bdquoManche Veraumlnderungen fuumlhren kurzfristig zu keiner Verbesserung ndash die Mit-arbeiter werten das als Ruumlckschritt und nicht als Fortschrittldquo ndash Differenzieren Sie klar in bdquoQuick Winsldquo mittelfristigen und langfristigen Nutzen der Initiative oder jewei-ligen Projektarbeit Versprechen Sie in keinem Fall mehr als das geplante Vorhaben an Verbesserungspotenzial hergibt

bdquoMitarbeiter erzaumlhlen widerspruumlchliche Dinge ndash die Glaubwuumlrdigkeit der Initiati-ve geht verloren und verstaumlrkt Vorurteile gegenuumlber der Initiativenleitungldquo ndash Bilden Sie die Projektmitarbeiter im Hinblick auf die Kommunikationsstrategie und den Inhalt des Kommunikationsplans aus Der Projektleiter muss sich der Wichtigkeit dass jedes Team mit bdquoeiner Stimmeldquo spricht bewusst sein Fuumlr die naumlchste Projektwelle sollte im Rahmen eines Initiativen-Updates kontrolliert werden ob alle uumlber die gleichen Materia-lien und Inhalte verfuumlgen

bdquoDie adressierten Personen vertrauen den kommunizierten Botschaften nichtldquo ndash Suchen Sie in den betroffenen Bereichen nach Vertrauenspersonen die Sie als Kommu-nikationsanker einbinden koumlnnen oder verbreiten Sie ihre Botschaften top-down

7 Tipp Beachten Sie etablierte unternehmens- oder mitarbeiterspezifische Kom-munikationsstrukturen Auf die betroffenen Mitarbeiter der Initiative kommen schon ausreichend viele Veraumlnderungen zu Auf die Umgewoumlhnung und die damit einhergehenden Probleme eines neuen Kommunikationskanals laumlsst sich gut verzichten Aus einem etablierten und beliebten Team-Dinner sollte man keine Skype-Videokonferenz machen

Je sorgfaumlltiger die Arbeit zu Beginn ausgefuumlhrt wird desto geringfuumlgiger sind die Probleme hinterher Besonders wichtig ist es herauszufinden welche anderen Projekte Initiativen und Aktivitaumlten die betroffenen Mitarbeiter in

344 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Anspruch nehmen werden Eine ungebrochene Informationsflut fuumlhrt nur zu Ignoranz und damit Widerstand

Versuchen Sie die Effektivitaumlt der Kommunikation nicht nur in Form von Quantitaumlten auszudruumlcken Entwickeln Sie eine qualitative Vorgehensweise um herauszufiltern ob die Kommunikationskanaumlle ansprechend sind Eine Befragung mit offenen Fragen oder gezielte Einzelinterviews sind besonders erfolgversprechend

Pro und Kontra von Telearbeit

Moderne Kommunikationsmedien und -plattformen wie VOIP-Telefonie Mobiltelefonie Intranet Web- und Videokonferenzen Instant-Messenger-Systeme und E-Mail sowie eine Breitband-DSL-Vernetzung stehen als technische Voraussetzung fuumlr Telearbeit zur Verfuuml-gung Mittels Smartphone koumlnnen Nachrichten nicht nur innerhalb von Sekunden an das andere Ende der Welt geschickt werden sondern dies auch zu jeder Zeit und von jedem beliebigen Ort aus Durch diesen Fortschritt in der Informations- und Kommunikations-technologie ist es moumlglich einen ortsungebundenen Austausch von Informationen und Daten vorzunehmen

Doch haben die Arbeitgeber das noumltige Vertrauen in die mehr oder weniger kontroll-freie Bearbeitung der Aufgaben durch ihre Mitarbeiter Und ist es moumlglich die Mitarbei-ter in den unternehmensinternen Informationsfluss trotz physischer Abwesenheit einzu-binden Im Mittelpunkt stehen im Folgenden die Chancen und Vorteile fuumlr die beteiligten Interessensgruppen als auch die Risiken und Bedrohungen die diese Arbeitsform mit sich bringt Wir die Autoren zeigen zunaumlchst einmal grundsaumltzlich auf welche Moumlglich-keiten bestehen Einfluss auf die Risiken zu nehmen Im Anschluss an diese allgemeine Auseinandersetzung uumlber das Pro und Kontra gehen wir in das Detail Was bedeutet das Arbeiten in virtuellen Teams fuumlr die Kommunikation im Rahmen der Projektarbeit einer Operational-Excellence-Initiative

Was ist unter Telearbeit zu verstehen und welche Varianten gibt esDer in der wissenschaftlichen Literatur gegenwaumlrtig verwendete Terminus bdquoTelearbeitldquo ist nicht hinreichend praumlzise definiert Fuumlr den in diesem Abschnitt sachdienlichen Ver-wendungszweck des Begriffs bdquoTelearbeitldquo bietet sich die Definition der Bundesministe-rien fuumlr Arbeit und Soziales Wirtschaft und Technologie und Bildung und Forschung an bdquoTelearbeit ist jede auf Informations- und Kommunikationstechnik gestuumltzte Taumltigkeit die ausschlieszliglich oder zeitweise an einem auszligerhalb der zentralen Betriebsstaumltte liegen-den Arbeitsplatz verrichtet wird Dieser Arbeitsplatz ist mit der zentralen Betriebsstaumltte durch elektronische Kommunikationsmittel verbundenldquo (Bundesministerien fuumlr Arbeit und Sozialordnung Wirtschaft und Technologie und Bildung und Forschung 2001 Abs 21 S 9)

Telearbeit hat im deutschen Sprachraum eine vielfaumlltige Namensgebung Begriffe der Fernarbeit des Remote- oder Home-Office der Teleheimarbeit des Satellitenbuumlros des Telecomputings und aumlhnliche beschreiben alle mehr oder weniger genau diese ausgeuumlbte

34563 Die Transfer-Phase

Taumltigkeit Bei der Telearbeit wird dem Mitarbeiter also die Moumlglichkeit gegeben die be-triebliche Taumltigkeit raumlumlich auszligerhalb des herkoumlmmlichen Buumlros sprich der Betriebs-staumltte zu verrichten Es koumlnnen die folgenden Unterformen unterschieden werden (vgl Handelsblatt Wirtschaftslexikon 2006 sowie Abb 632)

bull Teleheimarbeit (isolierte Heimarbeit) Bei dieser Form der Telearbeit erledigt der Arbeitnehmer seine Aufgaben vollstaumlndig von zu Hause aus unter primaumlrer Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien

bull Alternierende Telearbeit Diese Variante der Telearbeit sieht vor dass der Arbeitneh-mer seiner Arbeit sowohl im eigenen Zuhause als auch in den Buumlroraumlumen des Unterneh-mens nachkommt Die Buumlrotage koumlnnen variieren z B ein Buumlrotag vier Tage zu Hause

bull Mobile Telearbeit Durch Notebook Mobiltelefon tragbaren Drucker und Scanner arbeitet der Arbeitnehmer ortsunabhaumlngig d h er kann jederzeit und uumlberall mit der Firma und Geschaumlftspartnern verbunden sein Diese Form der Telearbeit eignet sich insbesondere fuumlr Mitarbeiter im Auszligendienst Wartungstechniker Handelsvertreter und Unternehmensberater

Raumlumliche Gestaltung zu Hause Gemeinschaftsbuumlro unterwegs

Teleheimarbeitalternierende

kollektive Telearbeit alternierende mobile Telearbeit

Telearbeit Telearbeit

ZeitlicheGestaltung Permanent Alternierend

Teleheimarbeitkollektive Telearbeit

alternierende Telearbeit kollektive Telearbeit

Vertragliche Arbeitnehmer- Heimarbeits- Dienst- oder selbst-VertraglicheGestaltung status gesetz

oderWerkvertrag staumlndig

alleFormen

Tele-heimarbeit

alleFormen

Teleheim-arbeit mobile Telearbeit kollektiveTelearbeit

TechnischeTechnischeGestaltung online offline

alleFormen

Teleheimarbeit alternierende Telearbeit mobile Telearbeit

Abb 632 Telearbeitsformen und ihre raumlumliche zeitliche vertragliche und technische Gestal-tung (Quelle In Anlehnung an Buumlssing und Hegendoumlrfer 2001 Bundesministerium fuumlr Arbeit und Sozialordnung 2001)

346 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Vorteile der Heimarbeit fuumlr Arbeitnehmer und ArbeitgeberFuumlr den Arbeitnehmer sind flexible Arbeitseinteilung angenehme Arbeitsatmosphaumlre kei-ne An- und Abfahrtszeiten groumlszligere Zufriedenheit bessere Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf und bessere Konzentration auf die Arbeitsaufgabe klare Vorteile Waumlhrend fuumlr den Arbeitgeber die geringere Ausfallquote durch Krankheit bessere Wettbewerbschan-cen durch flexiblen Arbeitseinsatz der Mitarbeiter houmlhere Produktivitaumlt und die Reduzie-rung von Kosten wichtige Vorteile darstellen

Die Vorteile fuumlr den Arbeitnehmer lassen sich teilweise geschlechterspezifisch trennen Fuumlr Frauen ist die Telearbeit als Weg aus der Arbeitslosigkeit oder als Erhalt der Erwerbs-taumltigkeit waumlhrend der Kindererziehungszeiten zu sehen Ferner ist die bessere Verbindung von Beruf und Familie ausschlaggebend Bei einem Arbeitsplatz der sich in groumlszligerer raumlumlicher Entfernung zur haumluslichen Umgebung befindet sind das Abholen der Kinder aus dem Kindergarten oder eine Betreuung nach der Schule aufgrund des hohen Zeitauf-wandes nicht ohne Weiteres moumlglich Telearbeit dagegen gibt durch die flexible Arbeits-zeitgestaltung und den Wegfall der Pendelzeiten dem Arbeitnehmer die noumltige Freiheit um das Berufsleben mit dem Familienleben zu kombinieren

Maumlnner hingegen sehen eher arbeitsbezogene Vorteile wie z B die bessere Konzent-ration oder weniger Ablenkung da Stoumlrungen durch Kollegen ausbleiben Die Vereinbar-keit von Privat- und Arbeitsleben spielt eine eher zweitrangige Rolle auch wenn Studien ergeben haben dass viele Maumlnner die Beziehungen zu ihren Kindern durch die Arbeit von zu Hause aus verbessern konnten

Die freie Arbeitszeitgestaltung und das Wegfallen des Arbeitsweges werden sowohl von Maumlnnern als auch von Frauen als weitere Vorteile gewertet

Besonders houmlherqualifizierten Telearbeitern bieten sich erweiterte Entscheidungsspiel-raumlume als bei der Taumltigkeit im Buumlro die flexible Arbeitsgestaltung fuumlhrt zu einem staumlr-ker ergebnisorientierten Arbeiten bdquoKlassische Arbeitnehmerldquo die in den Raumlumlichkeiten einer Unternehmung arbeiten koumlnnen im Rahmen von bestehenden Gleitzeitvereinbarun-gen lediglich ihre Anfangs- und Endzeit des Arbeitstages variabel gestalten Telearbeit jedoch ermoumlglicht erst die Gestaltung von individuellen Arbeitsrhythmen So besteht die Moumlglichkeit die Arbeit auch waumlhrend des Tages zu unterbrechen um persoumlnliche oder fa-miliaumlre Belange zu erledigen Das zu bewaumlltigende Arbeitspensum wird auf einen anderen Zeitpunkt wie beispielsweise die Abendstunden verschoben

Die Unternehmen die Telearbeit anbieten koumlnnen daraus spezifische Wettbewerbsvor-teile ziehen Umfragen der CompTIA (Computing Technology Industry Association) unter 212 Unternehmen verschiedener Groumlszlige haben folgende Vorteile aus Sicht der Arbeitgeber ergeben

bull erhoumlhte Produktivitaumlt der Arbeitnehmer (67 )bull Kosteneinsparungen (59 )bull qualifiziertere Mitarbeiter (39 )bull verbesserte Personalbindung (37 )bull gesuumlndere Mitarbeiter (25 )

34763 Die Transfer-Phase

Die erhoumlhte Produktivitaumlt steht an erster Stelle Telearbeiter die nicht mehr losgeloumlst aus ihrem familiaumlren Umfeld ihrer Beschaumlftigung nachgehen tendieren zu houmlherer Kreativitaumlt und Produktivitaumlt als innerbetrieblich Beschaumlftigte Einer betriebsblinden Wahrnehmung von Prozessen wird durch die raumlumliche Trennung entgegengewirkt Eine durch die Ab-wechslung von beruflichen und privaten haumluslichen Taumltigkeiten flexible Einteilung der taumlglichen Work Load fuumlhrt dazu dass die Arbeit nicht monoton sondern kreativer ver-richtet wird Ebenso laumlsst sich eine Qualitaumltssteigerung feststellen Telearbeiter arbeiten aufgrund ihrer houmlheren Motivation und Selbstdisziplin kritischer und detaillierter Der Uumlbertragung der selbststaumlndigen Aufgabenerledigung folgt ein houmlherer Leistungsanspruch des Telearbeiters wovon das Unternehmen direkt profitiert (Vgl Kugelmass 1995 S 33)

Eine Kostenreduzierung tritt dann ein wenn durch Telearbeit die betriebliche Buumlro-flaumlche reduziert wird Neben geringeren Mietkosten fallen geringere Energie- und sonstige Nebenkosten an Zudem wird der Bedarf an Buumlroausstattung gesenkt Bei alternierender Heimarbeit wird durch Desk-Sharing-Modelle z B zehn Mitarbeiter teilen sich einen Schreibtisch die Buumlroinfrastruktur effizient genutzt Kosteneinsparungen sind auch dadurch bedingt dass unter Telearbeitern ein geringerer Krankenstand festgestellt werden kann

Wichtig ist ferner fuumlr global agierende Unternehmen Durch Telearbeit koumlnnen Zeit-zonen uumlberbruumlckt werden und virtuelle Teams auf verschiedenen Kontinenten zusammen-arbeiten So koumlnnen Mitarbeiter ihre Arbeitszeit den Arbeitszeiten ihres Geschaumlftspartners oder Kollegen aus einer anderen Zeitzone anpassen Barrieren aufgrund von Zeitunter-schieden zwischen verschiedensten Laumlndern werden damit minimiert

Nicht vergessen werden sollte auch der folgende immaterielle Gesichtspunkt Ein Unternehmen das erfolgreich Telearbeitsmodelle konzeptioniert und realisiert erfaumlhrt eine Imageaufwertung in der Oumlffentlichkeit Solche Unternehmen gelten als zukunftsorientiert innovativ und modern Dabei spielt die derzeitig gefuumlhrte Diskussion um die Reduktion von CO2-Ausstoszlig aufgrund entfallender Fahrtwege nur eine untergeordnete Rolle

Nachteile der Heimarbeit fuumlr Arbeitnehmer und ArbeitgeberArbeitnehmer koumlnnen schnell privates und berufliches vermengen Vereinsamung durch Kommunikationsdefizite erleben keinen ausreichenden Informationsfluss zur Erledigung der Aufgabe haben bei fehlender Disziplin Selbstmotivation und fehlendem Zeitmanage-ment schlechte Arbeitsergebnisse erzielen und geringen bzw fehlenden Erfahrungsaus-tausch erleben und damit einer Isolationsgefahr ausgesetzt sein

Ferner entsprechen Telearbeitsplaumltze haumlufig nicht den Aspekten der Arbeits- und Ge-sundheitssicherheit die in Buumlros verpflichtend vorgeschrieben sind So obliegt die Beschaf-fung der Buumlromoumlbel meist dem Mitarbeiter selbst Der Arbeitgeber kontrolliert in der Regel nicht ob der Arbeitsplatz mit genuumlgend Licht ausgestattet ist genuumlgend Frischluftzufuhr gewaumlhrleistet wird und ob Schreibtisch und Buumlrostuhl den ergonomischen Anforderungen entsprechen Verspannungen Kopfschmerzen Ruumlckenprobleme koumlnnen so die Folge sein

Der vom Arbeitgeber als Vorteil empfundene geringe Krankenstand ist haumlufig dadurch bedingt dass der Arbeitnehmer zu Hause arbeitet obwohl er eigentlich krank ist Neben den Gefahren fuumlr die physische Gesundheit kann die Telearbeit bei den Betroffenen auch

348 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

zu psychischen Schaumlden fuumlhren Die erhoumlhte Bereitschaft Uumlberstunden zu leisten und Tauml-tigkeiten zu verrichten die der Arbeitnehmer selber nicht der Erwerbstaumltigkeit zuschreibt und die in den meisten Faumlllen gar nicht oder nicht entsprechend entlohnt werden wie z B bdquokurz noch eine Mail schreibenldquo oder bdquokurz noch ein Telefonat fuumlhrenldquo birgt die Gefahr der Selbstausbeutung in sich Der Abstand zwischen Privatleben und Arbeitsleben ist in solchen Faumlllen nur sehr gering Folglich sind Arbeitstage von mehr als zehn Stunden an der Tagesordnung und auch Wochenendarbeit kann nicht ausgeschlossen werden

Gerade bei hochqualifizierten Arbeitnehmern ist die Tendenz zum Workaholic ausge-praumlgt und kann als psychologische Dimension hinsichtlich der Grenzziehung zwischen Erwerbsarbeit einerseits und familiaumlren bzw privaten Belangen andererseits gelten (vgl Winker 2001 S 20) Bei Frauen wirkt das familiaumlre Umfeld insbesondere bei Muumlttern als Doppelbelastung Ohne Unterstuumltzung des Partners und der Familie sind viele Frauen dieser Doppelbelastung oftmals nicht gewachsen

Die soziale Isolation im heimischen Buumlro kann sich direkt auf die Fachkompetenz aus-wirken da kein oder nur eingeschraumlnkter Wissens- und Erfahrungsaustausch mit den Kol-legen stattfindet Der Transfer von Wissen und Erfahrung in funktionalen Randgebiete der oft von mittelbarer Bedeutung fuumlr die Erledigung einer Aufgabe ist findet haumlufig im direkten Gespraumlch statt oder hat eher zufaumllligen Charakter Gespraumlche die man mit Kol-legen auf dem Flur fuumlhrt bleiben aus und wichtige Informationen koumlnnen verloren gehen oder aus Unwissenheit nicht genutzt werden Auch wird in dieser Isolation die Bewertung der eigenen Arbeit und Leistung erschwert da soziale Vergleiche fehlen und Anerkennung vonseiten des Arbeitgebers wegen fehlender Face-to-Face-Kommunikation durch die elektronische Kommunikation schwer ersetzbar ist Dieser Effekt wird vermutlich noch verstaumlrkt wenn der Arbeitnehmer mit Telearbeit in die berufliche Laufbahn einsteigt und im Rahmen einer sozial isolierten Arbeit sein berufliches Selbstverstaumlndnis entwickelt Ersten Studien zufolge fuumlhrt der elektronische Austausch zu veraumlndertem Sozialverhalten z B zu einer reduzierten Emotionalitaumlt

Auch gesellschaftlich haben Telearbeiter mit mangelnder Anerkennung zu kaumlmpfen Arbeit wird haumlufig nur als vollwertig betrachtet wenn sie im bdquoNormalarbeitsverhaumlltnisldquo ausgeuumlbt wird Telearbeitern wird oftmals unterstellt sich waumlhrend der Geschaumlftszeiten mit Freizeitaktivitaumlten zu beschaumlftigen Haumlufig fuumlhrt diese Ansicht zu einer Dequalifizie-rung des im Home Office arbeitenden Mitarbeiters insbesondere bei einfachen Arbeiten wie z B Texterfassung oder Aumlhnlichem Houmlherqualifizierte Mitarbeiter laufen Gefahr aufgrund der fehlenden Praumlsenz bei Aufstiegsmoumlglichkeiten uumlbersehen zu werden

Die Abgrenzung des Arbeitsplatzes in Form eines separaten Arbeitszimmers ist we-sentlich fuumlr den Telearbeiter Dies ist aber in vielen Faumlllen nur bei besserverdienenden Arbeitnehmern der Fall Gerade bei Familien fuumlhrt die Vermischung der Arbeits- und Pri-vatumgebung zu Konflikten z B wenn die Familie klare Abgrenzungen der Arbeitszeit nicht akzeptiert Stoumlrungen und Konzentrationsschwierigkeiten sind die Folge oftmals verbunden mit Auseinandersetzungen innerhalb der Familie

Natuumlrlich lassen sich auch Nachteile fuumlr den Arbeitgeber nicht von der Hand weisen Die Nachteile fuumlr den Arbeitgeber sind keine direkte Kontrolle uumlber die Arbeitsleistung da Arbeitsergebnisse nur uumlber Informationsmedien abrufbar sind geringe Steuerungsmoumlglich-

34963 Die Transfer-Phase

keit des Arbeitnehmers Befuumlrchtung von opportunistischem Verhalten des Arbeitnehmers und keinen unmittelbaren Zugriff auf die Arbeitsleistung bei Ad-hoc-Aufgaben Diese Re-duktion von Kontrollmoumlglichkeiten fuumlhrt letztendlich zu einem Machtverlust uumlber den Mit-arbeiter Aus Sicht des Vorgesetzten nicht immer wuumlnschenswert Das Unternehmen muss dem Telearbeiter vertrauen koumlnnen Eine Uumlberpruumlfung der Arbeitszeiten ist nur durch tech-nischen Aufwand z B durch Kontrolle der Einwahlzeiten ins Firmennetzwerk moumlglich was wiederum mit Kosten verbunden ist und nicht notwendigerweise den tatsaumlchlichen Arbeitstag des Arbeitnehmers widerspiegelt wenn dieser beispielsweise viel auf Geschaumlfts-terminen ist

Durch die Selbststaumlndigkeit des Telearbeiters kann es zu Konflikten mit der Corporate Identity kommen In dem Sinne dass sich der Mitarbeiter zunehmend weniger mit dem Unternehmen identifiziert oder aber die Interessen und das Image des Unternehmens nach auszligen nicht adaumlquat vertritt

Ferner ist es oftmals so dass trotz der Telearbeit Buumlros vorgehalten werden was insbe-sondere auf die alternierende Variante zutrifft wodurch dem Unternehmen Kosten durch ungenutzte Buumlroflaumlche entstehen koumlnnen Diese Kosten beziehen sich nicht allein auf die Raummiete sondern auch auf Ausstattung Telekommunikation und Strom was leicht bis zu einem Drei- bis Vierfachen der eigentlichen Raummiete ausmachen kann Desk-Sha-ring-Modelle koumlnnen dem jedoch entgegenwirken

Die Sicherung und die Sicherheit der uumlber elektronische Netze uumlbermittelten Daten sind ein weiterer Aspekt So sollte bereits bei der Einfuumlhrung von Telearbeit und der Aus-wahl der technischen Infrastruktur Wert auf die Datensicherheit gelegt werden Schlieszlig-lich muumlssen im Geschaumlftsverkehr Datenlecks uumlber die unkontrolliert Betriebs-Know-how abflieszligt verhindert werden

Wie kann den Nachteilen begegnet werdenMit der Heimarbeit sind nicht nur organisatorische Herausforderungen verbunden son-dern auch die Gewaumlhrleistung eines reibungslosen Informationsflusses und die Erhaltung der Bindung des Heimarbeitnehmers zum Unternehmen Der Kommunikations- und In-formationsaustausch stellt den wichtigsten Aspekt dar Ohne einen funktionierenden und regelmaumlszligigen Austausch ist eine gute Arbeitsleistung des Heimarbeiters nicht erreichbar Damit es nicht zur Isolation des Arbeitnehmers kommt muss dieser Austausch uumlber per-soumlnliche Gespraumlche Besprechungen Telefonate E-Mails Internet Intranet und Web-Videokonferenzen mit Kollegen undoder Kunden realisiert werden

Die folgenden Empfehlungen koumlnnen helfen

bull Der Heimarbeitnehmer sollte einen Teil seiner woumlchentlichen Arbeitszeit im Unter-nehmen verrichten Damit haumllt er Kontakt zu anderen Arbeitnehmern und Vorgesetzten tauscht sich aus und bleibt im betrieblichen Geschehen integriert

bull Falls der Arbeitnehmer ausschlieszliglich auszligerhalb des Unternehmens arbeitet muumlssen feste BesuchszeitenJour fixe (mindestens zwei Tage pro Monat) vereinbart werden an denen er den Betrieb aufsucht

350 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Es sollten bestimmte Zeiten fuumlr eine telefonische Kommunikation vereinbart werden an denen der Heimarbeiter erreichbar ist aber auch ihm im Unternehmen ein Ansprech-partner zur Verfuumlgung steht

bull Ziele Erwartungen und Anforderungen muumlssen klar und eindeutig formuliert werden damit Ruumlckfragen vermieden werden

bull Es sollte eine Teilnahmepflicht an betrieblichen Besprechungen auch fuumlr Heimarbeit-nehmer geben

Voraussetzungen fuumlr Heimarbeit ndash Anforderungen an den ArbeitnehmerNicht jede Taumltigkeit und jeder Angestellte ist fuumlr Telearbeit gleichermaszligen geeignet Als entscheidend gelten die Motivation des jeweilig betroffenen Beschaumlftigten sowie der As-pekt der Freiwilligkeit bei der Wahl der Telearbeit als Beschaumlftigungsform Die Telearbeit stellt hohe Anforderungen an Selbstdisziplin Eigenmotivation Kommunikationsfaumlhig-keit Selbstorganisation und persoumlnliches Zeitmanagement des Betroffenen Gerade die beiden letztgenannten Faktoren sind besonders relevant wenn verhaumlltnismaumlszligig viel im heimischen Buumlro gearbeitet wird Regelmaumlszligige Telefon- Video- oder Webkonferenzen haben als wichtige Voraussetzung sich selbst zeitlich zu organisieren und Taumltigkeiten mit den Kollegen zu koordinieren

Die soziale Kompetenz des Mitarbeiters ist in hohem Maszlige gefordert wenn dieser nicht auf eine Auszligenseiterposition im Unternehmen abdriften will Trotz der raumlumlichen Tren-nung von den Kollegen in der zentralen Betriebsstaumltte muss der Mitarbeiter in der Lage sein soziale Bindungen und Zugehoumlrigkeit zu seinem Team zu erhalten und zu pflegen

Das persoumlnliche und soziale Umfeld des Arbeitnehmers sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden So muumlssen Familie Freunde oder auch Nachbarn dem betroffenen Tele-arbeiter die notwendige Akzeptanz fuumlr die ausgefuumlhrte Taumltigkeit entgegenbringen und hel-fen Unsicherheiten und Ablenkungsfaktoren zu minimieren Ein koordinierter Tagesab-lauf z B durch schulpflichtige Kinder schafft Zeitrahmen in die die betriebliche Arbeit eingebunden werden kann

Um konzentriertes Arbeiten sicherzustellen ist es sinnvoll den Arbeitsbereich in einem fuumlr sich abgeschlossenen Raum der Wohnung einzurichten Diese Aufteilung hat zum Vor-teil dass die Arbeit in Ruhe erledigt und ein bdquopsychologischer Schalterldquo im Kopf beim Betreten und Verlassen der Raumlumlichkeit umgelegt werden kann Eine solche Raumauf-teilung sorgt auch fuumlr Klarheit bei den Familienmitgliedern Der Raum ist Arbeitszone in der nicht gestoumlrt werden soll Der Arbeitende wiederum kann beim Verlassen des Raumes direkt in seine Privatsphaumlre eintreten und die Arbeit damit sinngemaumlszlig hinter sich zuruumlck-lassen

Die in Abb 633 dargestellten Voraussetzungen beziehen sich ausschlieszliglich auf per-soumlnliche und soziale Kompetenzen Damit nicht nur der Arbeitnehmer langfristige Zufrie-denheit erreicht sondern auch der Arbeitgeber eine houmlchstmoumlgliche Produktivitaumlt erzielt muumlssen die folgenden Voraussetzungen vom Arbeitnehmer erfuumlllt werden

35163 Die Transfer-Phase

Voraussetzungen fuumlr Heimarbeit ndash Anforderungen an den Arbeitgeber und die VorgesetztensichtDie raumlumliche Distanz zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter schafft ein veraumlndertes Kommunikations- und Autoritaumltsumfeld Besonders bei isolierter Teleheimarbeit verliert der Vorgesetzte die direkte Einflussnahme auf den Untergebenen Gefordert ist hier ein ergebnisorientierter Fuumlhrungsstil sprich Management by Objectives Dem Vorgesetzten kommt die Kontroll- und Motivationsfunktion zu Zum einen muss er die Zielerreichung regelmaumlszligig uumlberpruumlfen und zum anderen durch Motivation des Telearbeiters eine produk-tive Zielerreichung foumlrdern

Bei der Telearbeit steigt der Koordinationsbedarf Der Vorgesetzte nimmt die Schnitt-stellenfunktion ein Er kommuniziert aus dem Unternehmen nach auszligen ndash zum Telearbei-ter ndash und nimmt dessen Eindruumlcke und Sichtweisen auf um sie nach innen weiterzutragen

Die nachfolgenden Voraussetzungen beziehen sich ausschlieszliglich auf persoumlnliche und soziale Kompetenzen Vorgesetzte muumlssen sich an die geaumlnderten Fuumlhrungsanforderungen anpassen und bisherige Fuumlhrungseigenschaften uumlberdenken bzw aumlndern Telearbeit setzt ein hohes Maszlig an Vertrauen voraus was dem jeweiligen Mitarbeiter entgegengebracht werden muss Die folgenden Voraussetzungen muss die Fuumlhrungskraft erfuumlllen damit ein positives Arbeitsergebnis durch den Arbeitnehmer im Heimarbeitsplatz erzielt werden kann Abb 634

Abb 633 Kriterienkatalog fuumlr den Mitarbeiter (Quelle In Anlehnung an Bundesministerium fuumlr Arbeit und Sozialordnung 2001)

352 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Zusammenfassung und Fazit zur TelearbeitSeit einigen Jahren bieten die Technik mit Internettelefonie leistungsstarken Endgeraumlten sowie ein flaumlchendeckendes Netz zur Datenuumlbertragung zu erschwinglichen Preisen viel-faumlltige Moumlglichkeiten Die Telearbeit hat so weltweit an Bedeutung gewonnen und ist aus dem Wirtschaftsleben kaum mehr wegzudenken Es ermoumlglicht dem Arbeitnehmer seinen Alltag flexibler zu gestalten und eine Work Life Balance zu schaffen So ist es heutzu-tage auch vielen Muumlttern moumlglich neben der Kindererziehung einer eigenen beruflichen Taumltigkeit nachzugehen Aber auch fuumlr Maumlnner und Familienvaumlter ist diese Arbeitsform von Vorteil und eine Bereicherung fuumlr das persoumlnliche Leben Wissenschaftliche Studien-ergebnisse belegen die gesellschaftliche und arbeitstechnische Bedeutung von Telearbeit und deren steigende Verbreitung als Beschaumlftigungsform Die Telearbeit bietet viele Vor-teile fuumlr den Arbeitnehmer gerade in Bezug auf die freie Zeiteinteilung und -gestaltung Der Mensch darf dabei jedoch nicht auszliger Acht gelassen werden Jeder geht anders mit der Isolation waumlhrend der Arbeit um und nicht jeder ist fuumlr die Arbeit im Home Office ge-eignet Klar definierte Regeln z B fuumlr die Arbeitszeiten und Disziplin sind gefordert um im Home Office effektiv arbeiten zu koumlnnen

Ebenso wie fuumlr den Arbeitnehmer bietet die Telearbeit auch dem Arbeitgeber verschie-dene Vorteile Er kann durch effizienteren Einsatz seiner Mitarbeiter und durch die Ein-sparungen aufgrund des Wegfalls von Buumlroraumlumen seine eigene Produktivitaumlt erhoumlhen und so wesentlich flexibler am Markt agieren

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Telearbeit fuumlr Arbeitgeber und Arbeitneh-mer ein hohes Chancenpotenzial bietet So lassen sich mit erfolgreicher Umsetzung von Telearbeit Kosten sparen motivierte Mitarbeiter gewinnen und erhalten und das Qualitaumlts-

Kriterienkatalog fuumlr den Vorgesetzten

Organisationstalent

Die Anforderung ist

nicht erfuumlllt

ausgepraumlgte Kommunikationsfaumlhigkeit

Vertrauen in den Mitarbeiter

ergebnisorientierte Fuumlhrung

Flexibilitaumlt

Soziale Kompetenzen

Informationsaustausch

Motivationsfaumlhigkeit

nicht erfuumlllt voll erfuumlllt

voll erfuumllltPersoumlnliche Kompetenzen

Abb 634 Kriterienkatalog fuumlr den Vorgesetzten (In Anlehnung an Bundesministerium fuumlr Arbeit und Sozialordnung 2001)

35363 Die Transfer-Phase

niveau der erbrachten Leistungen steigern Die durch eingesparte Fahrtwege hinzugewon-nene Zeit und geringere Stressbelastung foumlrdern die Leistungsbereitschaft und Motivation des Telearbeiters Die Auspraumlgungsform der bdquoisolierten Teleheimarbeitldquo birgt jedoch ho-hes Risikopotenzial die soziale Isolation und psychische Schaumldigung Die fuumlr Unterneh-men daraus entstehenden Folgen wie verminderte Leistungsfaumlhigkeit des Mitarbeiters sowie soziale Folgen fuumlr die Gesellschaft lassen diese Form nicht als geeignet erscheinen Falls uumlberhaupt laumlsst sich dieses Beschaumlftigungsmodell nur zur Integration von koumlrperlich schwerbehinderten Menschen realisieren

Die alternierende Telearbeit kann als beste Form der Telearbeit angesehen werden Sie erlaubt durch den Wechsel zwischen heimischem Umfeld und dem Betrieb den Erhalt der Familiennaumlhe und der individuellen Praumlferenzen der Telearbeiter Gleichzeitig gewaumlhr-leisten festgelegte Arbeitszeiten und regelmaumlszligiges Erscheinen im Betrieb den wichtigen Informationsaustausch mit Vorgesetzten und Kollegen und den Anschluss im Unterneh-men Risiken der sozialen Isolation werden minimiert das Betriebszugehoumlrigkeitsgefuumlhl bleibt erhalten

63312 Der Umgang mit virtuellen TeamsNachdem im ersten Schritt die Vor- und Nachteile der Telearbeit grundsaumltzlich diskutiert wurden soll im naumlchsten Schritt vertieft auf die konkrete Situation in der Projektarbeit eingegangen werden Welche Implikationen lassen sich fuumlr die Kommunikation im Rah-men einer Operational-Excellence-Initiative ableiten Nur durch die Beantwortung dieser Frage wird man der Komplexitaumlt und Relevanz dieses Themas gerecht

Virtuelle Teams sind dadurch gekennzeichnet dass verschiedene Zeitzonen unter-schiedliche ethnische und regionale Kulturen und die raumlumliche Trennung den Komplexi-taumltsgrad der Projektarbeit verschaumlrfen Es gibt mehr sichtbare und unsichtbare Grenzen zu beachten Wie vielschichtig die Kommunikation ist merkt man haumlufig erst dann wenn es zu Problemen die jedem bekannt sind gekommen ist Hier wird eine E-Mail unterschied-lich interpretiert und dort ist der Absender sich unsicher ob seine Aussage richtig verstan-den worden ist ndash die Reaktion des Empfaumlngers kann er ohnehin nicht sehen Die fehlende Emotionalitaumlt bei distanzierteren Kommunikationsformen fuumlhrt dazu dass persoumlnliche Aspekte (kultureller Hintergrund) in den Hintergrund treten Damit bringt der Empfaumlnger tendenziell weniger Verstaumlndnis fuumlr seinen Kommunikationspartner auf Schlimmer noch Die eigene raumlumliche und zeitliche Umgebung wird staumlrker wahrgenommen sodass die Moumlglichkeit einer gemeinsamen Interpretation gegenuumlber vorprogrammierten Missver-staumlndnissen das Nachsehen hat Voumlllig auszligen vorgelassen ist dabei die Wahl der Sprache Wenn ein Inder Chinese Amerikaner und Deutscher in einer Telefonkonferenz mitein-ander sprechen wird Kommunikation erst recht zu einem kritischen Erfolgsfaktor der Teamarbeit Dann wird der eine ungeduldig weil ihn keiner versteht oder der andere wird schuumlchtern weil er die Sprache nicht perfekt beherrscht Kulturellen Differenzen (z B dass Inder selten Nein sagen) laumlsst sich uumlber elektronische Medien noch schwerer begeg-nen als dies im persoumlnlichen Diskurs schon der Fall ist

354 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Zahlreiche Kommunikationsmodelle haben bereits gezeigt dass die Qualitaumlt der uumlber-mittelten Nachrichten nicht nur vom Inhalt sondern auch von der Qualitaumlt des Kanals abhaumlngt Koumlrperhaltung Mimik Gestik und die leisen Zwischentoumlne in der Sprache die den betraumlchtlichen Teil unserer Interaktion ausmachen gehen bei elektronischen Medien wie einem Telefonat verloren6 Selbst bei Videokonferenzen sind schlechte Verbindungen und laute Umgebungen der Normalfall Nicht zuletzt unterscheidet sich die Logik der Schriftsprache wie z B in einem unternehmensinternen Chat gravierend von der des ge-sprochenen Wortes

7 Tipp Gehen Sie auf Dinge ein die sich im persoumlnlichen Austausch von alleine ergeben wuumlrden Dazu gehoumlren ein persoumlnlicher Kontext (Wer sind Sie wo genau arbeiten Sie und mit wem) und ein zeitlicher Kontext (Was ist der Grund fuumlr das Gespraumlch Was ist vorher passiert) Stellen Sie Fragen wiederholen Sie was Sie verstanden haben und finden Sie Gemeinsamkeiten damit der soziale Kontext der Kommunikation an Farbe gewinnen kann Bei elektronischen Medien faumlllt einem der Qualitaumltsverlust haumlufig gar nicht auf weil wir so kom-munizieren wie wir es gewohnt sind Paul Watzlawick ein renommierter oumlster-reichischer Kommunikationswissenschaftler Philosoph und Psychotherapeut stellte fest dass wir mit jeder Nachricht etwas auf zwei Ebenen uumlbermitteln (vgl Bohinc 2011) Eine Sachinformation (Inhaltsebene) und einen Hinweis wie die Beziehung des Senders zum Empfaumlnger aussieht (Beziehungsebene) Kom-munikation funktioniert nur dann wenn beide Ebenen bedient werden Die Beziehungsebene muss bei elektronischer Kommunikation wo sie automatisch weitestgehend wegfaumlllt aktiv betrieben werden So macht es einen betraumlcht-lichen Unterschied aus ob man eine E-Mail mit einem stumpfen bdquoGruszligldquo oder bdquoLieben und sonnigen Gruumlszligen aus Koumllnldquo beendet Hilfreich ist daruumlber hinaus zu schildern wie es einem geht (bdquoIch habe einen richtig stressigen Vormittag gehabt und das Bistro fuumlr meinen Kaffee hatte auch noch zuldquo) Seien Sie nicht verlegen Chat-Emoticons zu nutzen um Ihre Gefuumlhlswelt mitzuteilen

Investieren Sie als Projektleiter eines virtuellen Teams mindestens doppelt so viel Zeit fuumlr die Kommunikation wie Sie es bisher gewohnt sind Es beginnt mit dem Kick-off Auch wenn es bisweilen schwierig ist alle Teammitglieder an einen Tisch zu bekommen so sollte wenigstens der Projektleiter jedes Projekt-mitglied was dauerhaft im Projekt aktiv sein wird persoumlnlich kennenlernen Wir empfehlen in diesem Kontext die inspirierende Lektuumlre der bdquo100 golde-nen Regeln des Projekt-Managementsldquo der Raumfahrtbehoumlrde NASA (Mad-den 2013) Eine der Regeln die uumlber Jahrzehnte zusammengetragen wurden

6 Entscheidend fuumlr die Wahrnehmung der Kommunikation ist 10 Worte 35 Klang (Geschwin-digkeit Pausen Intonation Rhythmus Timing etc) 55 Bewegung (Gestik Mimik Beruumlhrungen Gebrauch von Raumlumlichkeiten Naumlhe zum Gespraumlchspartner Augenkontakt etc)

35563 Die Transfer-Phase

besagt dass der Projektleiter jeden der etwas zu dem Projekt beitraumlgt mindes-tens einmal besucht Im Mittelpunkt steht das Zeigen von Interesse wofuumlr ein persoumlnlicher Besuch der beste Beweis ist

63313 Mit Widerstand umgehenJede Veraumlnderung sei sie noch so positiv wird im gewissen Grad Widerstaumlnde hervor-rufen Das ist voumlllig normal denn der Mensch fuumlhlt sich mit dem bekannten Status quo eher wohl als mit etwas Unbekanntem Dies gilt auch fuumlr den Fall wenn der jetzige Sta-tus ineffizient ist Wichtig ist dass Widerstand in welcher Form auch immer er auftritt nicht unter den Teppich gekehrt wird Wie schon mehrfach in diesem Buch betont werden der Umgang und das konstruktive Management von derartigen ablehnenden Reaktionen zu einem Erfolgsfaktor von Operational-Excellence-Initiativen die haumlufig zu erheblichen Veraumlnderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation fuumlhren Change Management hilft der Organisation dabei das Unbekannte kennenzulernen und sich auf ungewohnte Wege einzulassen Viele Veraumlnderungsvorhaben scheitern nicht weil Widerstaumlnde auftreten sondern weil mit ihnen falsch umgegangen wird

Widerstaumlnde treten erst recht auf wenn die Mitarbeiter zu wenige Informationen uumlber die Veraumlnderung haben und vor vollendete Tatsachen gestellt werden wenn die Belegschaft nicht uumlber die entsprechenden Faumlhigkeiten fuumlr die zukuumlnftigen Rahmenbedingungen ver-fuumlgt oder wenn es sich einfach um eine veraumlnderungsunwillige Organisation handelt Angst vor Kompetenzverlusten Machtverschiebungen durch Positionswechsel uumlberforderndem Leistungsdruck oder vor der Bedrohung von Eigeninteressen steht dann auf der Tagesord-nung und blockiert eine reibungslose Wertschoumlpfung Die Schwierigkeit ist dass man die Reaktionen auf Veraumlnderungen nicht pauschalisieren kann und es somit auch kein Koch-rezept gibt um diesen negativen Kraumlften entgegenzuwirken Was fuumlr den einen negativ ist kann fuumlr den anderen positiv sein Jeder nimmt Veraumlnderungen anders auf und passt sich neuen Rahmenbedingungen unterschiedlich schnell an Die eine Gruppe von Mitarbeitern benoumltigt moumlglicherweise umfassende Unterstuumltzung durch Coaching wohingegen eine an-dere Gruppe sich mit grundsaumltzlichen Informationen zufrieden gibt um im Anschluss der Meinungsfuumlhrerschaft in der Organisation zu folgen Was die ganze Angelegenheit erheb-lich erschwert ist die Tatsache dass die betroffenen Menschen ihre Motive in der Regel nicht offenlegen In diesem Zusammenhang ist es elementar in verschiedene Arten von Wi-derstand und deren Ursachen zu differenzieren Es gilt das Verhalten der Betroffenen ge-nau zu beobachten Die Spitze eines Mitarbeiters in einer Konferenzschaltung im Hinblick auf das anstehende Projekt kann weit mehr Aussagekraft uumlber seine innere Haltung haben als ein ausgefuumllltes Change Readiness Assessment in dem sich der Mitarbeiter selbstbe-wusst als veraumlnderungsaffin beschreibt Wo ein solches Assessment sinnvollerweise in der Analyse-Phase einen ersten Eindruck der kollektiven Stimmung gibt entscheidet in der Transfer-Phase und waumlhrend der Durchfuumlhrung der einzelnen Projekte das Detail Abbil-dung 635 zeigt wie man die Einstellungen der Betroffenen gruppieren kann

356 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Unterscheiden Sie zwischen Sachargumenten und Widerstaumlnden Wenn Mitarbeiter ihre wahren Motive haumlufig nicht offenlegen dann werden die Aumlngste und Eigeninteressen gerne in Sachargumenten versteckt Zu Beginn eines Projektes sollten Sie auf diese Einwaumlnde Ruumlcksicht nehmen (Waumlhrend der arbeitsintensiven Projektphasen sollten Sie dagegen nicht staumlndig alles neu diskutieren) Wenn Sie auf das Sachargument eingehen sich mit ihm auseinan-dersetzen und moumlglicherweise weitere Analysen betreiben um es zu entkraumlf-ten werden Sie den Unterschied zwischen einem echten und vorgeschobenen Sachargument identifizieren koumlnnen Mit einem echten Sachargument kann man arbeiten es wird entweder staumlrker ndash wenn es belegt wird ndash oder schwauml-cher ndash wenn man das Gegenteil beweist Widerstand im Kleid eines vorgescho-benen Sachargumentes hat nur das Ziel zu behindern Es geht dabei nicht um die inhaltliche Klaumlrung sondern ausschlieszliglich um das Blockieren indem das Argument immer einen neuen Schwerpunkt und eine neue Form annimmt

Waumlhrend die beiden rechten und linken Gruppen in Abb 635 erfahrungsgemaumlszlig jeweils 20 der betroffenen Mitarbeiter ausmachen haumllt sich der Groszligteil zunaumlchst eher bedeckt 60 machen die sogenannten Zaungaumlste (bdquoFence Sittersldquo) aus An dieser Stelle gilt es nach Beweggruumlnden zu suchen die die Mitarbeiter von einem aktiven Engagement bis-lang zuruumlckhalten Natuumlrlich gilt es die Unterstuumltzer der Veraumlnderung durch die Initiative darin zu bestaumlrken Uumlberzeugungsarbeit bei ihren Kollegen zu leisten Gehen Sie aber

3 Implizites gene orische 2 Vorsichtiger1 Aktive

Die Innovation ist notwendig wir muumlssen sie jetzt implemen-tieren

DieseVeraumlnderungist richtig

Ich bin fuumlr die alten Zeiten Ich werde den Wandel verhindern

Ich sehe keine Gruumlnde fuumlr den Wandel er bringt uns keinen Vorteil

Ich warte es mal ab

kommuni-zieren und einbindenmobilisieren undinspirierenAktivitaumlten

uumlberzeugenGruumlnde in Erfahrung bringenzur Unter-stuumltzungbewegen

konfron-tierennachGruumlnden fragenversuchenihn zu

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5 KategAblehnung

aktiveEinbindungdiesePersonunterstuumltzen

gEnthusiasmus

als aktiven UnterstuumltzerIntegrierenalsldquoVerkaumluferrdquodes Wandelsintegrieren

Unterstuumltzung

fuumlr aktiveEinbindungdelegieren

bewegenbetreuen

gals Betreuerintegrieren

4 Verbor

Abb 635 Einstellungen gegenuumlber Veraumlnderungen

35763 Die Transfer-Phase

nicht davon aus dass Sie jeden einzelnen Mitarbeiter von Ihrem strategischen Vorhaben uumlberzeugen koumlnnen Wie sich die Wege trennen koumlnnen wenn es fuumlr den Erfolg der Initia-tive unvermeidlich ist wird im Rahmen der Sustain-Phase ausfuumlhrlich erlaumlutert

7 Tipp Uumlberzeugen Sie das mittlere Management Nicht selten ist in der Praxis zu beobachten dass sowohl das Topmanagement als auch die Basis der Mitarbeiter ein groszliges Interesse an Verbesserungsmaszlignahmen haben Besonders beim mitt-leren Management ndash auch bdquoLehmschichtldquo genannt ndash uumlberwiegt jedoch die Angst vor neuen Arbeitsweisen uumlberraschendem Machtverlust oder Personalabbau Das Gros der sogenannten Zaungaumlste kommt aus den mittleren Hierarchieebenen

Eine weitere Form der Systematisierung von Widerstaumlnden ist die Gegenuumlberstellung von Veraumlnderungsbereitschaft (Motivation fuumlr die Umsetzung von Veraumlnderung) und Veraumln-derungsvermoumlgen (Faumlhigkeiten fuumlr Umsetzung von Veraumlnderung) Demnach laumlsst sich ein Mitarbeiter einem der vier folgenden Quadranten aus Abb 636 und 637 zuordnen wor-aus sich wiederum verschiedene Handlungsoptionen ableiten lassen Betroffene aus dem eben angesprochenen mittleren Management sind z B haumlufig dem Quadranten bdquoCAN amp WONrsquoTldquo zuzuordnen

Abb 636 Veraumlnderungsbereitschaft und Veraumlnderungsvermoumlgen 1

358 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die Umsetzung dieser Handlungsoptionen wird durch die Verwertung im Kommu-nikationsplan und Stakeholder-Management (Stakeholder-Action-Plan und Stakeholder Mobilisation Map) realisiert Diese Tools sind in keinem Fall statisch So kann man in Form der Stakeholder Mobilisation Map die natuumlrlichen emotionalen Houmlhen und Tiefen eines Stakeholders im Zuge einer Initiative mitverfolgen und im Stakeholder-Action-Plan entsprechend dynamisch darauf reagieren So koumlnnen zu hohe Erwartungen am Anfang und zu starke Enttaumluschungen waumlhrend der Projektdurchfuumlhrung gezielt abgedaumlmpft wer-den Der Kommunikationsplan ermoumlglicht eine Zwei-Wege-Kommunikation indem die Reaktion der Stakeholder wahrgenommen und verarbeitet wird Dies ist ein kritischer Erfolgsmoment um an die tieferliegenden Gruumlnde fuumlr Widerstaumlnde zu gelangen Nur dann koumlnnen sie erfolgversprechend adressiert werden

7 Tipp Lassen Sie den Betroffenen fuumlr die Involvierung in den Veraumlnderungs-prozess Zeit um nachhaltiges Commitment auf emotionaler und intellektuel-ler Basis zu ermoumlglichen Damit staumlrken Sie die Resilienz (Faumlhigkeit mit Wandel umzugehen) Ihres Teams Dafuumlr sollten Sie Ihren Mitarbeitern ein Stuumlck weit Kontrolle uumlber das was auf sie in der Initiative zukommt uumlberlassen Wichtige Mitarbeiter sollten sich auch mit wichtigen Aufgaben beschaumlftigen Der Beifah-

Abb 637 Veraumlnderungsbereitschaft und Veraumlnderungsvermoumlgen 2

35963 Die Transfer-Phase

rer sitzt haumlufig nur deswegen unruhig im Auto weil das was passiert auszligerhalb seines Kontrollbereichs liegt ndash das verunsichert Menschen Teilen Sie Ihren Mit-arbeitern mit dass das normal ist Und vergessen Sie nicht dass offener Wider-stand nuumltzlicher ist als versteckter Widerstand

6332 ProjektarbeitDie Anforderungen an die Projektteams sind bei einer Operational-Excellence-Initiative hoch Selbst wenn Initiativen sorgfaumlltig vorbereitet werden sind die Mitarbeiter schlieszlig-lich mit der Realitaumlt konfrontiert Workshops Fortbildungen Zeit- und Erfolgsdruck und das nach wie vor relevante Alltagsgeschaumlft stellen eine auszligerordentliche Belastung dar Es die Aufgabe der Projektleiter die Handhabbarkeit zu gewaumlhrleisten Zu dieser Fuumlhrungs-aufgabe gehoumlrt Fingerspitzengefuumlhl und viel Erfahrung Die wichtigsten Stellgroumlszligen sol-len in den naumlchsten Abschnitten diskutiert werden Dazu gehoumlrt die Erhebung wie effektiv das Team arbeitet welche Probleme bei der Projektarbeit typischerweise auftreten und wie man mit ihnen umgehen sollte was es heiszligt Meetings stringent durchzufuumlhren und schlieszliglich wie das Miteinander des Teams gestaumlrkt werden kann

63321 Die Effektivitaumlt des Projektteams ermittelnDie folgende Erhebung laumlsst sich monatlich durchfuumlhren Den Befragten steht eine Skala von 1 bis 6 zur Verfuumlgung7 Das Ausfuumlllen sollte nicht laumlnger als 20 min dauern Die Er-gebnisse sind zwingend anonym zu verwenden Diese Vorgehensweise ist fuumlr den Projekt-leiter ein sinnvoller Gradmesser ob die Konstellation seiner Mitstreiter im Team funk-tionsfaumlhig ist Wenn im Rahmen der Erhebung Schwierigkeiten und negative Umstaumlnde identifiziert werden gilt es zeitnah zu handeln Eventuell sollte auch die Leitung der Ini-tiative eine solche Erhebung als Steuerungstool der einzelnen Teams verwenden

7 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

360 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Ich habe eine klare Vorstellung von den Zielen der Operational-Excellence-Initiative und inwiefern meine Aufgabe im Team einen Beitrag dazu leistet

Ich verstehe die Ziele und Inhalte des Projektes undweiszligwas das Team zu tun hat

Ich gehe mit den Inhalten und Zielen des Projekteskonform

Ich bin mir daruumlber im Klaren was von mir erwartetwird(Ergebnisse Qualitaumlt und Produktivitaumlt) und bin mir selten unsicher was zu tunist

Ich kenne meine Rolle im Team Diese Rolle stimmt mit meinen Faumlhigkeiten Aufgaben und der Art und Weise wie ich andere Team-Mitglieder unterstuumltze uumlberein

Wir arbeiten kontinuierlich an unseren Leitsaumltzenund verbessern die Arbeitsweise im Team

Die Aufgabe Diskussionen wirksam zu leiten verstehenwir als Teamaufgabe Wir sind dabei nicht nur von einer Person abhaumlngig

Unsere vereinbarten Arbeitsweisen helfen uns wirksame Entscheidungen zu treffen Individuelle Kreativitaumlt geht dabei nicht verloren

Wir verfolgen den Fortschritt des Projektes unduumlberpruumlfendie Wirksamkeit unserer Ergebnisse

Als Team beobachten wir die Effektivitaumlt unserer Taumltigkeiten und definieren Verbesserungen sofern es sinnvollist

Die von uns benutzten Leistungsindikatoren bilden die Bedeutung unseres Projektes auf Unternehmensebeneab

Checkliste zur Erhebung der Effektivitaumlt des Projekt-Teams 13

Inhalte

Rollen und Verantwortlichkeiten

Arbeitsweise

Leistungsindikatoren

36163 Die Transfer-Phase

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Ich fuumlhle mich integriert in das Projekt-Team und bin involviert in Entscheidungsfragen und Problemloumlsungsprozesse

Ich bin immer auf dem aktuellsten Stand der Dinge

Die Integration von neuen Team-Mitgliedern gelingt sehr gut weil wir das als Team-Aufgabe verstehen

Andere Mitglieder fragen mich nach meiner Meinung und wissen diese zu schaumltzen

Einfluss im Team wird nicht durch Positionen oder Titel ermoumlglicht sondern durch Glaubwuumlrdigkeit besondere Kompetenzen und zwischenmenschliche Faumlhigkeiten

Als Team sehen wir uns fuumlr einander als verantwortlich an

Als Team houmlren wir einander zu und geben konstruktives Feedback Die Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Vertrauen

Wir bestaumlrken uns gegenseitig darin Konflikte offen zu diskutieren und zu loumlsen

Wir nehmen die Ideen der anderen Team-Mitglieder ernst und vertrauen ihren Faumlhigkeiten Wir houmlren nicht nur auf den Projektleiter

Uns ist es als Team wichtig einen guten Kontaktzu den Stakeholdern der Initiative zu halten

Nuumltzliches Arbeitsmaterial ist dem Team in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung gestellt worden

Unsere Zwischenergebnisse kommunizieren wir regelmaumlszligig und oft

Checkliste zur Erhebung der Effektivitaumlt des Projekt-Teams 23

Integration

Einfluss

Beziehungen

Sponsorship

362 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Uns gelingt es die Projekterfolge an die relevanten Stakeholder und Entscheidungstraumlger zukommunizieren

Den Adressaten dieser Kommunikation ist klar welche Rolle unser Projekt in der Operational-Excellence-Initiative spielt

Wir teilen anderen Teams unsere Lernerfahrungen(zB Best-Practice-Beispiele) mit

Unser Projekt verlaumluft ohne Widerstaumlnde oder sonstige Behinderungen und orientiert sich an den unveraumlnderten Zielvorgaben vom Projektstart

Wir sehen Schwierigkeiten rechtzeitig auf uns zukommen und verhindern mit entsprechenden Maszlignahmen Widerstaumlnde

Uns gelingt es Widerstaumlnde sichtbar zu machen und konstruktiv mit ihnen umzugehen Wir laufen nicht Gefahr vom vereinbarten Zeit- oder Budgetplan abzuweichen

Uns gelingt es abgesehen von der Projektarbeit weitere Potenziale fuumlr die InitiativeOrganisation aufzudecken

Checkliste zur Erhebung der Effektivitaumlt des Projekt-Teams 33

Marketing

Widerstand

Potenziale

Sonstige Bemerkungen(Offen fuumlr Freitext)

36363 Die Transfer-Phase

63322 Mit problematischen Teamverhalten umgehenDa sehr unterschiedliche Persoumlnlichkeiten in einem Team aufeinandertreffen sind die moumlglichen Problemzonen vielschichtig Obwohl es nicht moumlglich ist das perfekte Team-mitglied auf eine bestimmte Konstellation von Eigenschaften zu reduzieren lassen sich die charakteristischsten Auspraumlgungen von problematischem Teamverhalten an dieser Stelle kurz auffuumlhren Kurze Empfehlungen wie ein Projektleiter sich verhalten kann er-gaumlnzen die unterschiedlichen Szenarien Eine kurze Exkursion in die Theorie von Daniel Golemans (1997) bdquoEmotionaler Intelligenzldquo vervollstaumlndigt den Kapitelabschnitt

Zoumlgerliche TeammitgliederEs kommt nicht selten vor dass ein Projektteam Schwierigkeiten hat mit der Arbeit durch-zustarten oder nach mehreren Projektphasen die Arbeit zu beenden Auch die Schnittstel-len zwischen den einzelnen Projektphasen sind haumlufig holprig Dem Projektleiter faumlllt es womoumlglich nicht leicht die Arbeitsintensitaumlt und die Dringlichkeit des Projektes aufrecht-zuerhalten und das Team weiszlig nicht welche Schritte als naumlchstes kommen Im Ergebnis zoumlgern das Team oder einzelne Mitglieder Symptome koumlnnen lang andauernde Diskussio-nen um sinnlose Zusammenhaumlnge sein vereinzelte Widerstaumlnde von Mitgliedern die Pro-jektphasen nicht beginnen oder beenden wollen und unnoumltiges Infragestellen der Arbeits-weise zum Abschluss des Projektes (bdquoWir haumltten doch andere Tools waumlhlen sollenldquo)

7 Tipp Halten Sie die Betriebstemperatur des Projektes hoch Erstellen Sie einen Fortschrittsplan um abzubilden welche wichtigen Schritte das Team gemein-sam geht bzw bereits gegangen ist Es schadet nicht sich das gemeinsam Erarbeitete in Erinnerung zu rufen um gleichzeitig immer wieder aufs Neue das eigentliche Ziel des Projektes zu erwaumlhnen Planen Sie fuumlr die wichtigen Team-Meetings Zeit fuumlr Diskussionen ein Jeder sollte die fuumlr ihn wichtigen Fragen an dieser Stelle vorbereiten Wenn das Team sich unsicher uumlber die naumlchsten Schritte ist involvieren Sie es mit in Ihre Vorgehensweise denn moumlglicherweise waren die anstehenden Schritte nur in Ihrem Kopf vorhanden Fragen Sie Was muumlssen wir als naumlchstes tun um weiter zu kommen Was haumllt uns davon ab

Uumlberhebliche TeammitgliederSchluumlsselspieler also Mitarbeiter mit besonderer Erfahrung Expertise Autoritaumlt oder Position sind fuumlr den Projekterfolg unerlaumlsslich Wie schon mehrfach beschrieben gilt es die Meinungsfuumlhrerschaft dieser Personen fuumlr die Vermarktung des Projektes zu nutzen Problematisch wird es aber wenn diese Schluumlsselspieler sich schuumltzend vor ihren eigenen Geschaumlftsbereich stellen (Stichwort bdquohidden agendaldquo) Diskussionen uumlber Grundsaumltzlich-keiten im Keim ersticken (bdquoHerr Schmidt war fuumlr die Bedienung der Maschine schon immer der Beste ndash das wird auch so bleibenldquo) oder Vorschlaumlge von anderen Teammitglie-dern von vorneherein ablehnen (bdquoDaruumlber haben wir uns im Arbeitskreis mit dem Vorstand die letzten Jahre auch schon den Kopf zerbrochen Das funktioniert nichtldquo)

364 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

7 Tipp Investieren Sie besonders viel Zeit darin die Schluumlsselspieler ins Boot zu holen Stellen Sie den Umfang und die inhaltliche Reichweite des Projektes am Anfang heraus und machen Sie deutlich dass Grundsatzfragen jeden betreffen koumlnnen Suchen Sie in einem separaten Gespraumlch nach Anknuumlpfungspunkten fuumlr Kooperation und Partizipation Lassen Sie den Experten ein Meeting durch-fuumlhren (Wertschaumltzung) aber nur wenn ihm bewusst ist dass das Wissen aller Teammitglieder essenziell fuumlr den Projekterfolg ist

Dominante TeammitgliederManche Mitglieder des Teams beanspruchen unabhaumlngig von ihrer Position oder Experti-se einen uumlberdimensional groszligen Redeanteil an Diskussionen Gelegentliche Gespraumlchs-pausen werden dazu genutzt die eigene Perspektive oder Meinung kundzutun ndash nicht weil man etwas Wichtiges zu sagen hat sondern weil man sich gerne reden houmlrt Dies fuumlhrt zu gefrusteten und genervten Kollegen die derartige Ein-Mann-Shows als Zeitverschwen-dung empfinden und nach Gruumlnden suchen um den naumlchsten Meetings fernzubleiben

7 Tipp Ermoumlglichen Sie Feedback und einen strukturierten Zeitablauf von Pro-jekt-Meetings Sammeln Sie die Anliegen von den Teammitgliedern anonym und besprechen Sie diese gemeinsam Achten Sie daruumlber hinaus darauf dass die Redezeit ausgeglichen ist (bdquoWir haben deine Ansicht gehoumlrt Julius Ich wuumlrde gerne wissen was die anderen davon haltenldquo) Lassen Sie das Team erleben welche Vorteile ausgeglichene Redeanteile und praumlzise Diskussionen haben Entweder wird die positive Umstellung bereits im Feedback an Sie deut-lich (Kommunizieren Sie die positive Veraumlnderung proaktiv) oder laden Sie einen Referenten ein der das Team bei dieser Erfahrung professionell begleitet

Schuumlchterne TeammitgliederGenauso wie es in jedem Team ein dominantes Mitglied gibt so gibt es garantiert auch ein sehr zuruumlckhaltendes Wenn man diese schuumlchternen Zeitgenossen auffordert an einer Diskussion teilzunehmen wird einem womoumlglich geantwortet bdquoIch houmlre aufmerksam zu und folge der Diskussion Wenn ich etwas Wichtiges zu sagen habe werde ich es sagenldquo Mitglieder dieser Natur werden erst recht still wenn es ein dominantes Mitglied mit aus-gepraumlgtem Redebedarf gibt Das verlorene Potenzial ist immens

7 Tipp Stellen Sie die Bedeutung eines jeden Mitglieds des Teams heraus Uumlber-legen Sie sich Aufgaben und Verantwortlichkeiten die ein solches Mitglied uumlbernehmen kann um in eine aktivere Rolle zu schluumlpfen um sich dort even-tuell gar nicht so unwohl zu fuumlhlen Sprechen Sie abseits der Projektarbeit mit der Person und machen Sie deutlich welchen wertvollen Beitrag sie imstande ist zu leisten Scheuen Sie sich nicht davor die Person in einer Diskussion direkt anzusprechen bdquoPhilip was ist an dieser Stelle deine Erfahrungldquo

36563 Die Transfer-Phase

Meinung vs FaktenManche Menschen koumlnnen ihre eigenen Ansichten so selbstbewusst und wirksam ver-kaufen dass die Zuhoumlrer sie als Fakten aufgreifen Dies birgt Risiko denn mit subjektiven Behauptungen baut man kein solides Fundament fuumlr eine strategische Initiative die zu einem groszligen Teil auf Daten und Fakten beruht

7 Tipp Haken Sie nach Stellen Sie sicher dass es sich nicht um eine haltlose Behauptung handelt bdquoIst das Ihre Meinung oder ist es eine Tatsache Koumlnnen Sie das mit Daten belegen Woher wissen Sie dass das richtig ist Ich vertraue Ihrer Erfahrung vielleicht lassen sich ja noch Daten finden die Ihre Aussage untermauernldquo Zu Beginn der Projektarbeit sollte insbesondere bei Operatio-nal-Excellence-Initiativen die Bedeutung von Zahlen Daten und Fakten her-vorgehoben werden Das Team sollte sich darauf einigen dass datenbasiertes Vorgehen Vorrang gegenuumlber intuitivem Handeln hat Erinnern Sie das Projekt-Team im richtigen Augenblick an diese Uumlbereinkunft vom Projektanfang

Ungeduldige TeammitgliederIn vielen Teams finden sich ein oder zwei Charaktere die uumlberaus eifrig in ihren Aktivi-taumlten sind Diese bdquoirgendetwas tun ist besser als nichts tun-Einstellungldquo liegt entweder an ihrer natuumlrlichen Ungeduld oder an dem Druck der auf sie von dritter Seite ausgeuumlbt wird Diese Personen neigen dazu Entscheidungen zu treffen und vermeintliche Loumlsungen zu finden bevor alternative Optionen uumlberhaupt in Erwaumlgung gezogen wurden Die Intuition eines Einzelnen verdraumlngt die differenzierte Ergebnisqualitaumlt eines ganzen Teams An Ent-scheidungsfreude ist normalerweise nichts Schlechtes auszumachen aber wenn tieferge-hende Analysen oder ergebnisoffene Diskussionen in diesem Zuge den Kuumlrzeren ziehen geht erhebliches Potenzial des Teams verloren

7 Tipp Erinnern Sie das Team an das Leistungsvermoumlgen von Operational Excel-lence Das Leistungsvermoumlgen beruht nicht auf Annehmen Raten und Deuten sondern auf Zahlen Daten und Fakten Fuumlhren Sie Praxisbeispiele zur Erlaumlute-rung an sodass allen Beteiligten der Unterschied zwischen Symptombekaumlmp-fung und Ursachenforschung deutlich wird Dazu sollte das Team so bdquodruckfreildquo arbeiten wie moumlglich Wenn Stakeholder aus verschiedensten Gruumlnden (Projekt ist ihnen ein Dorn im Auge oder sie benoumltigen das Projektergebnis fuumlr persoumln-liche Anliegen) erheblichen Druck auf das Team ausuumlben muumlssen Sie dem ent-schieden entgegenwirken Suchen Sie das persoumlnliche Gespraumlch (sowohl mit den Teammitgliedern als auch mit der Person die den Druck ausuumlbt) und ver-anschaulichen Sie die negativen Konsequenzen die ein Arbeiten unter unnoumlti-gem Druck nach sich ziehen kann

366 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Konflikte zwischen TeammitgliedernEin jeder von uns hat Ansichten oder Wertvorstellungen die fuumlr die eigene Identitaumlt einen hohen Stellenwert haben Wenn jemand damit in einer fuumlr uns relevanten Gruppenkons-tellation aneckt das Team demjenigen womoumlglich durch zwischenmenschliche Querelen sein Zugehoumlrigkeitsgefuumlhl nimmt fuumlhrt dies zu Feindseligkeiten Wenn sich die Fron-ten dann verhaumlrten ist das Gift fuumlr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit Das Ergebnis gleicht einem Kampfplatz Konflikte sind dabei genauso wie Widerstaumlnde eine normale Begleiterscheinung von Veraumlnderungsprozessen Change ohne Konflikt ist eine Illusion ndash Change ohne kraumlnkende und boumlsartige Auseinandersetzungen jedoch nicht

7 Tipp Sitzen Sie Konflikte nicht aus sondern erarbeiten Sie mit den Beteilig-ten Loumlsungen Deeskalieren Sie indem Sie dabei die ausgeschlossene Person unterstuumltzen bdquoSylvia mir faumlllt auf dass dir diese Situation wirklich wichtig ist und dass das Team es nicht ernst genug nimmt Lass uns das aumlndernldquo bdquoIch glaube dass das was Simon sagt sehr wertvoll ist Wir sollten uns damit aus-einandersetzen bevor wir weitermachenldquo Es ist sinnvoll eine solche Situation bdquoofflineldquo anzugehen also abseits der Projektarbeit Orientieren Sie sich an der folgenden Struktur

1 Definieren Sie die Problematik der im Zwist liegenden Parteien2 Fordern Sie die Personen auf Ihre Beweggruumlnde Gedanken Gefuumlhle Erwar-

tungen und Interessen mitzuteilen3 Sorgen Sie dafuumlr dass sich die Beteiligten in die Position des anderen und in

die der anderen Teammitglieder versetzen4 Entwickeln Sie gemeinsam eine zukunftsfaumlhige bdquoWin-win-Situationldquo5 Treffen Sie gemeinsam eine Entscheidung und halten Sie die Vereinbarung

fest

Die wirksamste Vorgehensweise Konflikte zu vermeiden ist eine sorgfaumlltige und behut-same Auswahl der Projektmitglieder Wenn zwei eventuelle bdquoGegnerldquo dennoch aufeinan-dertreffen dann gehen Sie praumlventiv in ein deeskalierendes Gespraumlch mit beiden Parteien gemeinsam Eine Garantie fuumlr konfliktfreie Projektarbeit werden Sie nie erhalten wohl aber eine gestiegene Erfolgswahrscheinlichkeit auf konstruktives und gleichwertiges Mit-einander

63323 Emotionale Intelligenz ndash und wie sie Fuumlhrungskraumlften hilftDer Begriff der emotionalen Intelligenz wurde von dem Psychologen Daniel Goleman aus der Kritik an den in der Psychologie vorherrschenden kognitiv orientierten Konzepten der Intelligenz heraus bekannt gemacht Ausgangspunkt seiner Uumlberlegungen ist die Uumlber-zeugung dass rationales Handeln und das Vermoumlgen sich seiner kognitiven Faumlhigkeiten bedienen zu koumlnnen von emotionalem Erleben beeinflusst wenn nicht gar bedingt wird (vgl Goleman 1997 2000)

36763 Die Transfer-Phase

Heute wird emotionale Intelligenz stark mit beruflichem und privatem Erfolg in Zu-sammenhang gebracht Jeder von uns kennt die Geschichte eines hoch intelligenten und fachlich starken Mitarbeiters der in einer Fuumlhrungsposition scheitert waumlhrend jemand mit soliden intellektuellen Faumlhigkeiten in einer solchen Position erfolgreich ist

Ausgezeichnete geistige Faumlhigkeiten und uumlberragendes technisches Koumlnnen reichen fuumlr den beruflichen Erfolg nicht mehr aus Innere Qualitaumlten wie Belastbarkeit Initiative Optimismus und Anpassungsfaumlhigkeit erfahren eine neue Wertschaumltzung Dass man aus-reichende intellektuelle Faumlhigkeiten und technisches Wissen bereits mitbringt wird in der heutigen Arbeitswelt als selbstverstaumlndlich vorausgesetzt Von dem geschickten Umgang mit unseren eigenen Emotionen und den Emotionen anderer haumlngt es jedoch letztendlich ab wer fuumlr einen bestimmten Job geeignet ist oder eben nicht

Ohne emotionale Intelligenz kann ein Mensch die beste Ausbildung einen messer-scharfen analytischen Verstand und das vielfaumlltigste Repertoire an innovativen Ideen ha-ben dennoch wird er keine uumlberragende Fuumlhrungspersoumlnlichkeit sein koumlnnen Vier Kom-ponenten emotionaler Intelligenz und Kompetenzen die diesen zugeordnet werden geben Aufschluss daruumlber wie emotionale Intelligenz bei sich und anderen erfasst werden kann

Die vier Dimensionen emotionaler IntelligenzEmotionale Intelligenz beruht nach Goleman auf vier Dimensionen ndash Selbstwahrneh-mung Selbstmanagement Social Awareness Relationship-Management Diesen Dimen-sionen werden insgesamt 18 Kompetenzen zugeordnet die in der folgenden Aufzaumlhlung zusammengefasst sind

So wie der IQ die Basis fuumlr fachliche Kompetenz bildet stellt die emotionale Intel-ligenz die Grundlage fuumlr die emotionale Kompetenz dar Emotionale Kompetenzen sind daher wie die fachlichen auch erlernbar

Keine exzellente Fuumlhrungskraft hat in allen diesen Kompetenzen gleich starke Ausprauml-gungen ndash in der Regel sollten hohe Werte in mindestens sechs der beschriebenen Kompe-tenzen erzielt werden die sich auf alle vier Bereiche der emotionalen Intelligenz verteilen Im Folgenden werden die wichtigsten erlaumlutert

1 Selbstwahrnehmung ndash Sich selbst kennenminus die eigenen Emotionen erkennen und verstehenminus eine zutreffende Selbsteinschaumltzungminus Selbstvertrauen der Einklang von Selbstwert und Faumlhigkeiten

2 Selbstmanagement ndash Der Umgang mit eigenen Gefuumlhlenminus emotionale Selbstkontrolleminus Vertrauenswuumlrdigkeit und Gewissenhaftigkeitminus Anpassungsfaumlhigkeitminus Zielstrebigkeitminus Initiativeminus Optimismus und eine positive Grundhaltung

368 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Social Awareness ndash Die Gefuumlhle der anderen besser verstehenminus Empathieminus Organizational Awarenessminus Service

4 Relationship Management ndash Den Emotionen der anderen mit Intelligenz begegnenminus inspirative Fuumlhrungminus Einflussminus Entwicklung anderer voranbringenminus Katalysator des Wandels seinminus Konfliktmanagementminus Kollaboration

Selbstwahrnehmung ndash Sich selbst kennenSelbstwahrnehmung bedeutet ein tieferes Verstaumlndnis von seinen Emotionen zu haben so-wie seiner Staumlrken und Grenzen seiner Werte und Motive Erfolgreiche Menschen gehen mit ihren Empfindungen bewusst um Sie achten auf ihre Stimmungen und sind ehrlich zu sich selbst und zu anderen Sie wissen was fuumlr sie selbst das Beste ist Beispielsweise koumln-nen sie ein finanziell verlockendes Jobangebot ablehnen wenn es nicht mit ihren individu-ellen Werten in Einklang zu bringen ist bzw langfristig geplanten Zielen im Weg steht Im Gegensatz dazu laumluft ein Mensch mit geringer Selbsterkenntnis Gefahr Entscheidungen zu treffen die eine innere Unstimmigkeit verursachen

Die eigenen Emotionen erkennen und verstehenMenschen mit dieser Kompetenz wissen welche Emotionen sie empfinden und erkennen die Zusammenhaumlnge zwischen ihren Gefuumlhlen und dem was sie denken tun und sagen Sie erkennen wie ihre Gefuumlhle ihre Leistung beeinflussen

Auf den ersten Blick scheinen unsere Gefuumlhle etwas Offenkundiges zu sein aber wenn wir es uns genauer uumlberlegen faumlllt uns ein dass wir manchmal gar nicht bemerken was wir wirklich empfinden oder wir nehmen diese Gefuumlhle erst nachtraumlglich wahr Die eige-nen Emotionen zu erkennen meint seine eigenen Gefuumlhle absichtlich wahrzunehmen nicht wertend und genau in dem Moment in dem sie aufkommen

Das Erkennen der eigenen Emotionen beginnt damit dass wir auf den Gefuumlhlsstrom houmlren der in uns allen staumlndig da ist und dass wir erkennen wie diese Emotionen praumlgen was wir wahrnehmen denken und tun Normalerweise lernt jeder Mensch im Laufe sei-nes Lebens Empfindungen voneinander zu unterscheiden Wer unfaumlhig ist seine eigenen Gefuumlhle zu erkennen ist benachteiligt Er ist sozusagen blind fuumlr einen Bereich der Wirk-lichkeit der fuumlr alle Lebensbereiche von entscheidender Bedeutung ist Wem es schwer faumlllt seine Gefuumlhle zu erkennen oder sie in Worte zu fassen dem bleiben Zusammenhaumlnge zwischen Denken Fuumlhlen und Handeln verborgen Wer jedoch lernt sich selbst besser wahrzunehmen der erkennt dass eine Entscheidung nicht nur von seinen Gedanken son-dern ganz wesentlich auch von seinen Gefuumlhlen bestimmt wird

36963 Die Transfer-Phase

Ein hohes Maszlig an Selbstwahrnehmung spiegelt sich in der Faumlhigkeit zur Selbstrefle-xion und Nachdenklichkeit wider Fuumlhrungspersoumlnlichkeiten mit dieser Faumlhigkeit finden eher Zeit zur Reflexion was dazu fuumlhrt dass sie Sachen uumlberdenken anstatt impulsiv zu reagieren und in der Lage sind mit Uumlberzeugung und Authentizitaumlt zu handeln

Zutreffende SelbsteinschaumltzungMenschen mit dieser Kompetenz sind sich ihrer Staumlrken und Schwaumlchen bewusst lernen aus Erfahrung und sind offen fuumlr neue Perspektiven Sie sind auch faumlhig sich selbst mit Humor und Abstand zu sehen

Menschen die die Faumlhigkeit haben sich selbst zutreffend einzuschaumltzen sind sich so-wohl der eigenen Emotionen wie auch der eigenen Staumlrken Werte und Motive bewusst Sie haben erkannt welchen Weg sie warum gehen wollen und welches Ziel sie damit ver-folgen Sie suchen gezielt Feedback und wollen houmlren wie andere sie wahrnehmen denn sie koumlnnen mit diesen Informationen etwas anfangen

Die Faumlhigkeit seine Emotionen ehrlich einzuschaumltzen unterstuumltzt Veraumlnderungen be-sonders dann wenn diese mit den Zielen dem Sendungsbewusstsein oder den grundle-genden Wertvorstellungen des Betreffenden im Einklang stehen

SelbstvertrauenMenschen mit dieser Kompetenz treten selbstsicher auf und haben bdquoAusstrahlungldquo Sie koumlnnen unpopulaumlre Ansichten aussprechen und trotz Ungewissheit und Stress vernuumlnfti-ge Entscheidungen treffen

Sich selbst sehen Menschen mit Selbstvertrauen in der Regel als faumlhig Herausforde-rungen anzunehmen und neue Aufgaben oder Faumlhigkeiten zu meistern Sie halten sich fuumlr Katalysatoren treibende Kraumlfte und Initiatoren und sie glauben dass ihre Faumlhigkeiten sich im Vergleich zu anderen vorteilhaft ausnehmen Von einer solchen Position der inneren Staumlrke aus koumlnnen sie ihre Entscheidungen besser begruumlnden und Widerspruch bringt sie nicht von ihrem Ziel ab Wirtschaftspruumlfer mit herausragenden Leistungen in dieser Kom-petenz zeichnen sich z B dadurch aus dass sie sich nicht leicht einschuumlchtern oder unter Druck setzen lassen

Selbstvertrauen gibt einem die Staumlrke eine unangenehme Entscheidung zu treffen oder einen Kurs zu verfolgen von dem man uumlberzeugt ist trotz Widerspruch Ablehnung oder gar ausgesprochener Missbilligung durch Vorgesetzte Menschen mit Selbstvertrauen sind ent-schlossen ohne arrogant oder abweisend zu sein und halten an ihren Entscheidungen fest

Das Ausdruumlcken unserer Emotionen geht uumlber das Erkennen hinaus Es geht dabei so-wohl um den Gesichtsausdruck die Koumlrperhaltung die Stimmlage die unsere Gefuumlhle erkennen lassen als auch um das Aussprechen Viele Menschen sind es nicht gewohnt ihre Empfindungen in Worte zu fassen Ihr Tonfall begleitet von entsprechender Mimik ersetzt die Gefuumlhlswoumlrter und soll vermitteln wie ihnen zumute ist Der Gespraumlchspartner muss raten welches Gefuumlhl zugrunde liegt

Vielleicht kennen Sie Situationen in denen es Ihnen schwer faumlllt Ihre Gefuumlhle in Worte zu fassen In solchen Situationen neigt man dazu seine Empfindungen hinter allgemeinen

370 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

und indirekten Formulierungen zu verstecken Nicht jeder Satz der mit bdquoich fuumlhleldquo beginnt enthaumllt eine Empfindung Die Aussage bdquoIch fuumlhle dass es keinen interessiert ob ich da bin oder nichtldquo druumlckt lediglich Vermutungen aus die derjenige uumlber die anderen hat und laumlsst den anderen gleichzeitig viel Spielraum fuumlr Interpretationen Sagt man hingegen bdquoIch fuumlhle mich einsam und isoliertldquo so druumlckt man direkt aus wie man sich fuumlhlt Erst wenn man seine Gefuumlhle beschreibt gibt man dem anderen auch die Gelegenheit darauf zu reagieren

Worte koumlnnen Distanz schaffen zu den eigenen Emotionen Je mehr Worte Sie zur Verfuumlgung haben um Ihren Gefuumlhlszustand zu beschreiben umso mehr steigt Ihre Selbst-wahrnehmung und Ihre Sensibilitaumlt fuumlr sich und fuumlr andere Emotional intelligente Men-schen koumlnnen ihre Gefuumlhle beeinflussen Statt sich impulsiv ihren Stimmungen hinzuge-ben kleiden sie das was sie spuumlren in Worte und gewinnen so Kontrolle daruumlber Diese Distanz ist notwendig um die eigenen Gefuumlhle ernst zu nehmen ohne ihnen gleichzeitig ausgeliefert zu sein

Es gibt viele Moumlglichkeiten seine Gefuumlhle zur Sprache zu bringen Unsere Sinnes-wahrnehmungen druumlcken sich in der Sprache aus wenn wir beispielsweise sagen dass wir jemanden bdquonicht riechenldquo koumlnnen Kritik als bdquoherbldquo erleben oder wenn wir jemanden als bdquogeschmacklosldquo bezeichnen Ereignisse uns bdquohartldquo treffen oder wir uns bdquogrob angepacktldquo fuumlhlen Empfindungen lassen sich ebenso in Bildern ausdruumlcken ndash bdquoIch fuumlhle mich wie eine zerquetschte Zitronewie im Maumlrchenwie geraumldert hellipldquo

7 Tipp Zur Steigerung der Selbstwahrnehmung versuchen Sie einmal moumlglichst viele Woumlrter zu finden die folgende Gefuumlhlszustaumlnde beschreiben koumlnnen Mit-leid Genuss Sympathie Kraumlnkung Eifersucht Enttaumluschung Unsicherheit

So koumlnnte jemand z B seinen Gefuumlhlszustand beschreiben wenn er sich aumlrgert bdquoMein Puls geht schneller das Blut schieszligt mir ins Gesicht mir wird heiszlig ich runzle die Stirn mein Kopf senkt sich leicht nach vorn und ich beiszlige die Zaumlhne zusammen meine Haumlnde umklammern die Stuhllehne und die Muskelspannung im ganzen Koumlrper erhoumlht sich mei-ne Stimme wird lauter und schneller Ich fuumlhle mich nicht akzeptiert und bin angriffslustig meine Gedanken uumlberschlagen sich ich nehme meine Umgebung nur noch schwach wahr meine Aufmerksamkeit konzentriert sich ganz auf mein Gegenuumlber hellipldquo

Selbstmanagement ndash Der Umgang mit den eigenen GefuumlhlenMit seinen Gefuumlhlen umgehen zu koumlnnen heiszligt nicht diese zu unterdruumlcken Der Situa-tion angemessen zu reagieren bedeutet dass man seine stoumlrenden Gefuumlhle unter Kontrolle behaumllt und sich trotzdem offen ehrlich integer und vertrauenswuumlrdig zeigt

Eine Fuumlhrungskraft die nach der Praumlsentation einer zusammengepfuschten Analyse ihrer Mitarbeiter nach bedruumlckendem Schweigen mit der Faust auf den Tisch haut auf-springt die Gruppe anschreit und den Raum verlaumlsst bietet mit dieser Reaktion ihren Mitarbeitern Spielraum fuumlr Interpretationen Eine Fuumlhrungskraft die ihre Gefuumlhle unter Kontrolle hat geht anderes vor Mit sorgfaumlltig abgewogenen Worten druumlckt sie aus dass die Leistung des Teams schlecht war ohne dabei jedoch vorschnell Schuldzuweisungen zu machen Sie haumllt erstmal inne und fragt sich nach den Ursachen des Scheiterns

37163 Die Transfer-Phase

Emotionale SelbstkontrolleMenschen mit dieser Kompetenz kommen mit ihren impulsiven Gefuumlhlen gut zurecht und bleiben auch in kritischen Situationen gelassen positiv und unerschuumltterlich Sie behalten unter Druck einen klaren Verstand und lassen sich nicht irritieren

Bei dem Umgang mit den eigenen Gefuumlhlen geht es darum dass man sich selbst beru-higen kann und Angst Schwermut und Gereiztheit abschuumltteln kann Menschen die dies koumlnnen erholen sich viel schneller von Ruumlckschlaumlgen und Aufregungen sei es im beruf-lichen oder auch im privaten Bereich Sie sind in der Lage ihre Gefuumlhle zu kontrollieren und der Situation angemessen einzubringen

Die Hirnforschung hat in den vergangenen Jahren entschluumlsselt welcher Prozess in Gang kommt wenn sich Gefuumlhle Bahnen brechen An einem Beispiel laumlsst sich dies ver-deutlichen

bull Etwas erregt unsere Aufmerksamkeit Waumlhrend wir im Stadtverkehr uumlberholen betaumltigt ein Autofahrer hinter uns seine Lichthupe

bull Kaum haben unsere Sinnesorgane wahrgenommen was geschieht fangen wir an die Situation zu bewerten bdquoSo ein Idiot Mache ich etwas falsch Bin ich zu langsam Der will mich hier weghaben Dem gehoumlrt wohl die ganze Straszligeldquo

bull Diese Gedanken loumlsen chemische Reaktionen im Gehirn aus Es werden Hormone und Botenstoffe ausgeschuumlttet

bull Diese chemischen Stoffe rufen Gefuumlhle hervor Wir empfinden die Situation Wir fuumlh-len uns bedraumlngt und genoumltigt

bull Die aufgetretenen Gefuumlhle rufen wieder Gedanken hervor die zu weiteren Reaktionen fuumlhren bdquoSo ein Draumlngler Na warte dir zeig ichrsquosldquo

bull Daraus entstehen weitere Empfindungen Waren wir anfangs nur gereizt spuumlren wir ploumltzlich Erregung sind empoumlrt oder geraten in Wut Wenn wir uns jetzt nicht stoppen geraten unsere Gefuumlhle auszliger Kontrolle Rachegeluumlste machen sich breit

Diese Art von Kettenreaktionen im hormonellen Kreislauf spielen sich in Sekundenschnel-le ab Bei der Faumlhigkeit der emotionalen Selbstkontrolle geht es darum zu lernen unsere Gedanken uumlber eine Situation in den Griff zu bekommen Keiner kann uns zwingen un-angenehme Gedanken zu hegen Wenn jemand jedoch sagt bdquoImmer wenn ich daran denke koumlnnte ich platzenldquo haumllt er damit schon seinen Aumlrger am koumlcheln Genauso gut koumlnnte er sich auch entscheiden an etwas anderes zu denken Das Denken bestimmt die Beziehun-gen zu anderen Menschen den beruflichen Erfolg und das Selbstvertrauen ndash kurz unsere Gedanken entscheiden ob wir gluumlcklich oder ungluumlcklich sind

bull Vertrauenswuumlrdigkeit und Gewissenhaftigkeit Menschen mit dieser Kompetenz handeln ethisch und verhalten sich vorbildlich sie bilden Vertrauen durch ihre Zu-verlaumlssigkeit und Ehrlichkeit und raumlumen eigene Fehler ein und wenden sich gegen unethisches Handeln bei anderen

372 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Anpassungsfaumlhigkeit Menschen mit dieser Kompetenz koumlnnen sich in ihren Reaktio-nen und Taktiken geschickt auf vielfaumlltige Anforderungen veraumlnderte Prioritaumlten und raschen Wandel einstellen

bull Zielstrebigkeit Menschen mit dieser Kompetenz sind ergebnisorientiert und haben einen starken Drang ihren Zielen und Maszligstaumlben gerecht zu werden

bull Initiative Menschen mit dieser Kompetenz richten sich beim Treffen von Entschei-dungen und der Abklaumlrung von Optionen an den zentralen Werten der Gruppe aus und suchen von sich aus nach Moumlglichkeiten um den Auftrag der Gruppe zu erfuumlllen

bull Optimismus Menschen mit dieser Kompetenz streben trotz Hindernissen und Ruumlck-schlaumlgen beharrlich ihre Ziele an und gehen von Erfolgserwartung und nicht von Ver-sagensangst aus Sie sehen Ruumlckschlaumlge als Folge von beeinflussbaren Umstaumlnden und nicht als persoumlnlichen Makel

Fuumlhrungspersoumlnlichkeiten die auch unter Druck optimistisch bleiben koumlnnen schaffen in-folge ihrer bestaumlndigen positiven Ausstrahlung Harmonie im Team Durch die Kontrolle der eigenen Gefuumlhle koumlnnen Fuumlhrungskraumlfte eine Umgebung schaffen die von Vertrauen und Fairness gepraumlgt ist Wenn der Chef ruhig und besonnen agiert werden die Mitarbei-ter versuchen ebenfalls in dieser Art und Weise zu handeln Dies setzt naumlmlich Akzeptanz des Managers und seitens des Teams voraus Selbstmanagement kann also eine bdquoTop-down-Wirkungldquo innerhalb eines Unternehmens haben

Bei jemandem der unter Druck geraumlt wenn er z B auf dem Weg zu einem wichtigen Termin in einen Stau kommt liegt es nahe dass er anfaumlngt nervoumls zu werden Doch statt aufs Lenkrad zu trommeln verzweifelt daran zu denken welche wichtigen Termine jetzt zu platzen drohen und das Inferno eines Weltuntergangs am Horizont heraufdaumlmmern zu se-hen koumlnnen wir die Moumlglichkeit eines Perspektivenwechsels nutzen indem wir uns fragen

bull Welchen Nutzen bringt mir diese Situationbull Welche bislang unentdeckten Chancen kann ich jetzt wahrnehmenbull Was kann ich daraus lernen

Die meisten Menschen neigen in widrigen Situationen eher dazu aus der Haut zu fahren als dem Geschehen eine positive Wendung zu geben Doch wer mit seinen Gefuumlhlen um-gehen kann schafft es in kritischen Situationen Abstand von seinen Befuumlrchtungen zu nehmen und stattdessen zu entdecken dass sich diese Zeit auch konstruktiv nutzen laumlsst Beispielsweise koumlnnen Sie den Stau dazu nutzen um

bull sich auf den bevorstehenden Termin zu konzentrierenbull eine Entspannungsuumlbung durchzufuumlhrenbull wichtige Argumente zu wiederholen oder uumlber die Absichten Ihres Gespraumlchspartners

nachzudenkenbull festzustellen dass die Zeitplanung zu knapp war und in Zukunft ein Stau beruumlcksichtigt

werden muss

37363 Die Transfer-Phase

Waumlhrend der gestresste Zeitgenosse dann am Stauende versucht durch uumlberhoumlhte Ge-schwindigkeit und riskante Uumlberholmanoumlver die fehlende Zeit wieder hereinzuholen stoppt der emotional intelligente an der naumlchsten Raststaumltte und informiert seinen Ge-spraumlchspartner uumlber die Verzoumlgerung und pruumlft ob der Termin verschoben werden kann

Tipps zur Verbesserung des SelbstmanagementsPhase 1 Ist-Zustand ndash machen Sie eine Bilanz des derzeitigen Standes

bull Wie fuumlhle ich mich im Moment Was macht mich zufrieden oder unzufriedenbull Wie viel Zeit und Energie habe ich geradebull Was ist die Aufgabe Was muss ich tun

Phase 2 Wunsch-Zustand ndash Stellen Sie sich das ideale Ergebnis vor

bull Malen Sie sich in Bildern und Worten aus was Ihr Traumergebnis waumlrebull Vergessen Sie alle Objektivitaumlt und zaumlhlen Sie all Ihre Begabungen und Faumlhigkeiten

auf Bescheidenheit ist im Moment nicht gefragt Druumlcken Sie ganz energisch aus was Sie haben wollen

Phase 3 Soll-Zustand ndash definieren Sie das Ziel

bull Wie soll das Ergebnis realistischerweise aussehenbull Was kann den Spaszlig an dieser Aufgabe foumlrdernbull Woran erkenne ich dass ich mein Ziel erreicht habe

Social Awareness ndash Die Gefuumlhle der anderen besser verstehenIm Fokus dieser Dimension emotionaler Intelligenz ist die Empathie Die Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung Je besser und differenzierter ich mich wahrnehme umso besser kann ich auch die Gefuumlhle anderer deuten

Das deutsche Wort fuumlr Empathie ist bdquoEinfuumlhlungsvermoumlgenldquo und wird vom Duden als bdquoDie Bereitschaft und Faumlhigkeit sich in die Einstellung anderer Menschen einzufuumlhlenldquo definiert Ist Empathie nun die Faumlhigkeit des Fuumlhlens oder des Denkens Wir sagen so-wohl bdquosich in jemanden hineinfuumlhlenldquo als auch bdquosich in jemanden hineindenkenldquo Wer aber das Fuumlhlen im Wort bdquoEinfuumlhlungsvermoumlgenldquo zu sehr betont laumluft Gefahr die eigenen Gefuumlhle auf die der anderen zu uumlbertragen oder sich zu sehr mit den Gefuumlhlen der anderen zu identifizieren Wer sich umgekehrt nur mit dem Verstand in einen anderen hineinver-setzt analysiert ihn und bleibt gefuumlhlsmaumlszligig auf Abstand Zum Einfuumlhlungsvermoumlgen ge-houmlrt also beides Sie erfassen die Situation des anderen seine Rahmenbedingungen und Einzigartigkeit und erkennen wie ihm gerade zumute ist Sie bleiben dabei aber auf Dis-tanz damit sie sich nicht in der Situation des anderen verlieren und zwischen den eigenen und den Gefuumlhlen der anderen unterscheiden koumlnnen

Empathie bedeutet fuumlr Fuumlhrungskraumlfte also nicht sich stets mit den Gefuumlhlen anderer zu identifizieren oder alle Mitarbeiter zufriedenstellen zu wollen Die Einbeziehung der

374 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Gefuumlhle anderer ist vielmehr das was bei der Suche nach vernuumlnftigen Entscheidungen zu beruumlcksichtigen ist Fuumlhrungspersoumlnlichkeiten mit geringer Empathie neigen dazu Ent-scheidungen zu treffen die Dissonanzen im Team verursachen koumlnnen

Zur Empathie gehoumlrt den anderen zu verstehen und dem anderen richtig zu zuhoumlren Aktives Zuhoumlren bedeutet nicht schweigend dabei zu sitzen waumlhrend der andere erzaumlhlt sondern sich aktiv am Gespraumlch zu beteiligen Es bedeutet darauf zu achten was der an-dere sagt und wie er es sagt Um ihm zu zeigen dass sie wirklich bei ihm sind koumlnnen sie dann in eigene Worte fassen was gefuumlhlsmaumlszligig mitschwingt Sie houmlren also nicht nur auf das Gesagte sondern nehmen die ganze Person wahr indem Sie die Gefuumlhle des anderen ansprechen in eigene Worte zusammenfassen was Sie beim Gespraumlchspartner zu spuumlren glauben

Genauso wie Sie auf Ihre Gefuumlhle einwirken koumlnnen koumlnnen Sie auch auf die Gefuumlhle Ihres Gespraumlchspartners einwirken Wenn Sie sich in den anderen einfuumlhlen koumlnnen Sie beschreiben welche Empfindungen Sie bei ihm wahrnehmen oder vermuten Dadurch erreichen Sie dass ihm seine Gefuumlhle bewusst werden dass er sie erkennt und gegebenen-falls aumlndern kann

Waumlhrend sich das denkende Hirn durch Worte ausdruumlckt ist die Sprache der Emotio-nen nonverbal Spuumlren was andere empfinden ohne dass sie es sagen ist das Wesen der Empathie Wenn die Worte eines Menschen nicht mit dem Klang seiner Stimme seiner Koumlrperhaltung oder anderen nonverbalen Aumluszligerungen uumlbereinstimmen liegt die emotio-nale Wahrheit in dem wie er es sagt und nicht in dem was er sagt ndash bdquoDer Ton macht die Musikldquo

Empathische Manager koumlnnen gut zuhoumlren und verstehen es zwischen den Zeilen zu lesen Wer dieses Empfinden nicht besitzt und kein Gespuumlr fuumlr emotionale Zwischentoumlne hat dem kann es passieren dass er in peinliche Situationen geraumlt weil er Gefuumlhle miss-deutet

bull Organizational Awareness Menschen mit dieser Kompetenz schaumltzen wichtige Machtbeziehungen richtig ein und erkennen bedeutsame soziale Beziehungsgeflechte In jeder Organisation gibt es ein Geflecht von Beziehungen und Einfluumlssen Manche ahnen nichts von dieser Welt waumlhrend andere sie voll auf dem Bildschirm haben Um die Tendenzen erfassen zu koumlnnen von denen die wirklichen Entscheidungstraumlger sich leiten lassen muss man sein Einfuumlhlungsvermoumlgen nicht nur auf der zwischenmensch-lichen Ebene sondern auch auf der Ebene der Organisation spielen lassen

bull Service Menschen mit dieser Kompetenz verstehen die Beduumlrfnisse der Kunden und Geschaumlftspartner und bemuumlhen sich die Zufriedenheit und Loyalitaumlt dieser zu steigern

Relationship-Management ndash den Emotionen der anderen mit Intelligenz begegnenDie Faumlhigkeit andere zu verstehen und ihnen dies auch mitteilen zu koumlnnen kann auch dazu genutzt werden aktiv auf die Gefuumlhle seiner Gespraumlchspartner einzuwirken Erst wenn man mit den Empfindungen anderer umgehen kann ist man in der Lage private und berufliche Beziehungen ganz bewusst zu gestalten

37563 Die Transfer-Phase

Die Kunst befriedigende Beziehungen zu anderen zu unterhalten liegt zum groszligen Teil in der Kunst mit ihren Emotionen umgehen zu koumlnnen Wir haben im Umgang mit anderen Menschen unterschiedliche Beziehungen mit unterschiedlichen Aufgaben In einer Paarbeziehung ist partnerschaftliches Verhalten erwuumlnscht in der Erziehung von Kindern eher Lenkung Im Beruf verlangt man Teamfaumlhigkeit oder Fuumlhrungsqualitaumlt von Ihnen und im Alltag mit anderen Menschen einfach Houmlflichkeit

bull Inspirative Fuumlhrung Menschen mit dieser Kompetenz artikulieren und wecken En-thusiasmus fuumlr eine gemeinsame Vision und Aufgabe Sie treten ungeachtet ihrer Posi-tion vor um die Fuumlhrung zu uumlbernehmen

bull Einfluss Menschen mit dieser Kompetenz verstehen sich darauf andere fuumlr sich zu gewinnen und gestalten z B ihre Vortraumlge so dass sie den Houmlrer mitreiszligen

bull Die Entwicklung anderer voranbringen Menschen mit dieser Kompetenz anerken-nen und belohnen die Staumlrken und Leistungen anderer und liefern hilfreiches Feedback

bull Katalysator des Wandels sein Menschen mit dieser Kompetenz erkennen die Not-wendigkeit des Wandels stellen den Status quo infrage treten fuumlr Wandel ein und ge-winnen andere dafuumlr

bull Konfliktmanagement Menschen mit dieser Kompetenz gehen mit schwierigen Men-schen und kritischen Situationen auf diplomatische und taktvolle Weise um Sie spre-chen Meinungsverschiedenheiten offen an und tragen zur Deeskalation bei Sie fuumlhren Loumlsungen herbei bei denen beide Seiten gewinnen

bull Kollaboration Menschen mit dieser Kompetenz behalten neben ihrer Aufgabe auch die Beziehungen im Auge Sie kooperieren und beziehen andere in ihre Plaumlne und In-formationen ein Sie foumlrdern ein freundliches kooperatives Klima und zeigen vorbild-haft Teamqualitaumlten wie Respekt und Hilfsbereitschaft

63324 Meetings effektiv durchfuumlhrenKernstuumlck von erfolgreichen Operational-Excellence-Initiativen sind stringente Projekt-Meetings oder Workshops Entscheidend ist dabei nicht nur die Leistung des Projektleiters und der Teammitglieder waumlhrend der tatsaumlchlichen Anwesenheit aller Beteiligten son-dern besonders die Vorbereitungszeit (50 ) und die Nachbearbeitung (30 ) nehmen viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch Der Zeitaufwand des eigentlichen Meetings oder Workshops beansprucht mit rund 20 den geringsten Zeitanteil Um diese drei Kom-ponenten eines Meetings zu bedienen muss sich der Projektleiter die folgenden Fragen stellen Was ist das Ziel des Meetings Was habe ich zu erwarten Wie habe ich mich dementsprechend darauf vorzubereiten

7 Tipp Benutzen Sie zur sorgfaumlltigen Vorbereitung eine Checkliste die Sie an den Anforderungen des jeweiligen Projektes ausrichten koumlnnen Als Denkan-stoszlig dient Abb 638

376 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Besonders wichtig sind die Dokumentation der Ergebnisse und die anschlieszligende Kom-munikation an alle Beteiligten Man unterschaumltzt wie haumlufig man bei spaumlteren kontrover-sen Diskussionen auf bereits Vereinbartes zuruumlckgreifen wird Abbildung 639 stellt eine Darstellungsvariante fuumlr die Zusammenfassung eines Meetings vor Abbildung 640 bildet eine Vorlage fuumlr einen Statusreport (z B an den Lenkungsausschuss) ab

Meeting-Zweck bekannt Themen definiert Jeder verfuumlgt uumlber dengleichen Informationsstand Agenda strukturiert

1 Inhalt

A PREPARATION

ungestoumlrter Konferenzraum Telefonkonferenz moumlglich Diktiergeraumlt Tischordnung angepasst zusaumltzliche IT-Ausstattung

3 Ausstattung

Teilnehmer definiert Entscheidungstraumlger zugesagt entsprechende Raumlumlichkeit Datum vereinbart Moderator bestimmt Protokollverantwortlicher

2 Teilnehmer

gVersorgung organisiert Namenskarten vorbereitet

FlipchartStifte Brown PaperKarten etc Overhead-Projektor OHP Folien

Praumlsentation

Teilnehmer mit Beitrag Einladung versandt mit

Ort DatumZeit Agenda Inhalt ZeitplanPausen

Dokumente verschickt

VideorecorderMonitor Beamer PC mit Bildschirm Equipment funktioniert Back-up Equipment vorhanden

Begruumlszligungspraumlsent Vorstellung der Teilnehmer Agenda vorstellen

B PERFORMANCE

Ergebnisse zusammengetragen Ergebnisprotokoll erstelltund an alle relevanten Parteien

C WRAP UP

Zeitplan einhalten Diskussionen ermoumlglicht Evaluation der Ergebnisse

Stimmung Zusammenarbeit Benefit

Meeting sauber beendet naumlchsten Schritte vereinbart

kommuniziert

Abb 638 Checkliste zur effektiven Durchfuumlhrung von Meetings

37763 Die Transfer-Phase

Abb 639 Zusammenfassung eines Meetings

378 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

634 Benefit

Die Taumltigkeiten die fuumlr das letzte Modul in der Transfer-Phase anfallen sind uumlberschau-bar Hier gilt das gleiche wie fuumlr das Modul Strategy Besonders umfangreich sind die Analyse- und Sustain-Phase Die zuvor definierten und geschaumltzten Kennzahlen werden waumlhrend der Umsetzungsphase der Operational-Excellence-Projekte zwar uumlberwacht aber ein aussagekraumlftiger Schlussstrich in Bezug auf die Entwicklung der gesamten Initia-

Projekt Management Keys Erledigt

Umfang

Projekt Zeitplan

Team (Ressourcen)

Datum Freitag 17122013

Stakeholders

XXXXXXXXX

Kommentar

Projekt definiert und Zeitplan erstelltTeam Governance und Mitglieder definiertRelevante Geschaumlftsprozesse fuumlr Pilotprojekt identifiziertKick-off Meeting geplant

Ergebnisse der letzten zwei Wochen

relevante Prozessdaten sammeln und Ablaumlufe modellierenVorbereitung der Interviewphase im Geschaumlftsbereich Einkauf

Plaumlne fuumlr die naumlchste Woche

Erreichte Meilensteine Anstehende Meilensteine

Projektdefinition abgestimmt

XXX

Risiken

Team vollstaumlndig besetzt

XXX

Counter measures

In Arbeit Offen

Abb 640 Vorlage fuumlr einen Statusreport

37963 Die Transfer-Phase

tive wird erst in der naumlchsten Phase gezogen Die Uumlberwachung eines einzelnen Projekt-verlaufs wird in Form eines Project Reviews durchgefuumlhrt (Wo steht das Projekt Gibt es Risiken oder Handlungsbedarfe die zeitnah zu beruumlcksichtigen sind) Abbildung 641 zeigt wo in der Transfer-Phase wir uns befinden

6341 Project Review ndash Sechs Schluumlssel zum ErfolgMithilfe dieses Tools wird in objektiver Weise der Zwischenstand der Operational-Excel-lence-Initiativ uumlberpruumlft indem in den einzelnen Operational-Excellence-Projekten Risi-kopotenziale aufgezeigt und Handlungsbedarfe formuliert werden Reviews sind kein Kos-tenfaktor sondern die wertvolle Gelegenheit den Projekterfolg fruumlhzeitig zu sichern Das Review durch Dritte stellt immer die Chance dar eine bdquoinitiativenfremdeldquo Sicht auf den Status quo zu erhalten Als sinnvollen Review-Ablauf schlagen wir den Folgenden vor

1 Vorbereitungminus Planung des Reviews und Kommunikation an die Beteiligtenminus Bereitstellung der relevanten Informationen und Daten

2 Analyseminus Analyse der Erfolgskennzahlen hinsichtlich des Projektportfoliosminus Interview mit einer angemessen Anzahl an Projektbeteiligten

Abb 641 Roadmap Benefit

380 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

3 Bewertung und Risikoeinschaumltzungminus Bewertung der Schluumlsselfaktoren von erfolgreichen Initiativen (vgl Abb 642)minus Identifikation der daraus abgeleiteten Risikopotenziale

4 Planung anschlieszligender Aktivitaumltenminus Erarbeitung von praumlventiven Maszlignahmenminus Erarbeitung von korrektiven Maszlignahmen

5 Praumlsentationminus Praumlsentation der Review-Ergebnisseminus Umsetzung der Maszlignahmen im Initiativen- bzw Projektteam

Erfolgreiche Initiativen und Projekte zeichnen sich dadurch aus dass zu jedem Zeitpunkt der Status transparent ist und erforderliche Entscheidungen und Maszlignahmen getroffen und eingeleitet werden (Gruumln kein Handlungsbedarf Gelb baldiger Handlungsbedarf Rot sofortiger Handlungsbedarf) Nur so koumlnnen Abweichungen von der Initiativenpla-nung vermieden und Ziele erreicht werden

Ein Status-Review mithilfe der 6 Schluumlssel zum Erfolg schafft Transparenz zeigt den Status in finanzieller und qualitativer Hinsicht Risiken und Handlungsbedarfe auf schlaumlgt Maszlignahmen zur Risikovermeidung vor und dient dazu das Management der Initiative und des damit einhergehenden Projektportfolios kontinuierlich zu verbessern Projekte zeich-nen sich durch ihre Einmaligkeit aus Ein Review durch einen erfahrenen Projektmanager bietet eine hervorragende Moumlglichkeit zum Erfahrungsaustausch und Lernen Ferner wer-den Verzoumlgerungen und Projektabbruumlche vermieden da Missstaumlnde fruumlher aufgedeckt wer-den Die Kosten werden dadurch erheblich gesenkt Besonders wichtig ist die Beachtung von divergierenden Projekt- und Geschaumlftszielen Die 6 Schluumlssel zum Erfolg erkennen

Abb 642 Schluumlsselfaktoren von erfolgreichen Initiativen

38163 Die Transfer-Phase

veraumlnderte Rahmenbedingungen und behalten so die Ergebnisorientierung der Initiative aber auch die Leistungsfaumlhigkeit des zu untersuchenden Teams im Blick Letztendlich wer-den so auch Fehler oder unguumlnstige Entscheidungen durch die Leitung der Initiative aufge-deckt Projektreviews erlauben die Bewertung eines Projekts durch eine bdquoneutraleldquo Instanz ndash naumlmlich einen externen Berater Die Ergebnisse schaffen die Grundlage fuumlr Entschei-dungen auf allen Ebenen angefangen vom Projektmanager bis zum Sponsor der Initiative

Der Nutzen und Erfolg von einem Status-Review haumlngen wesentlich von den folgen-den zehn Faktoren ab

1 Nur erfahrene Projektmanager koumlnnen aussagekraumlftige Reviews durchfuumlhren2 Sensibilitaumlt fuumlr die aktuelle Projektsituation und das Umfeld ist notwendig3 Ergebnisse aus Reviews sind die Wahrnehmung und Erkenntnis auszligenstehender Perso-

nen ndash diese sollten nicht als persoumlnliche Kritik verstanden werden4 Rechtzeitiges Ansprechen von Problemen und Risiken reduziert Kosten5 Einfach zu bedienende und leicht verstaumlndliche Projekt-Programm-Management-Re-

view Tools und Reports zur Unterstuumltzung aller Beteiligten6 Reviewer sind auf den Zugang zu allen Unterlagen angewiesen 7 Offene Gespraumlche mit Projektmitarbeitern muumlssen in einer bdquosicheren Umgebungldquo

moumlglich sein 8 Die Autoritaumlt des Reviewers ist notwendig damit die Ergebnisse akzeptiert werden ndash

auch wenn es unangenehm wird 9 Realisierbarkeit der Maszlignahmen zur Bereinigung eines Projektschiefstandes und der

Wille zur Umsetzung muumlssen im Team gegeben sein10 Vorgeschlagene Maszlignahmen muumlssen in das bestehende Initiativen- bzw Projektma-

nagement integriert werden

7 Tipp Es wird wohl kaum ein Projekt geben bei dem alle sechs Erfolgsfaktoren immer auf bdquoGruumlnldquo stehen In erfolgreichen Projekten wird allerdings ein gelbes oder rotes Ampelsignal immer nur fuumlr kurze Zeit auftauchen um dann durch entsprechende Maszlignahmen behandelt zu werden Nutzen Sie als Leiter einer Initiative eine laumlngerfristige Betrachtung um Aufschluss uumlber die Manage-mentqualitaumlten Ihrer jeweiligen Projektleiter zu bekommen

Wenden Sie als Leitung der Initiative die Struktur der 6 Schluumlssel zum Erfolg als Agenda fuumlr wichtige Status-Meetings oder als Reporting-Vorlage Ihrer Projektleiter an

635 Tipps und Tricks

Sorgen Sie dafuumlr dass weder die Projektarbeit noch das Alltagsgeschaumlft vernachlaumls-sigt werden Natuumlrlich wird die Umsetzung zahlreicher Projekte im Rahmen einer Ope-rational-Excellence-Initiative uumlberdurchschnittlich viele Ressourcen in der Organisation binden Aus diesem Grund wurden im Rahmen der kritischen Erfolgsfaktoren in Kap 4

382 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

besonders die Konsolidierung bereits laufender Initiativen oder Projekte und die Priorisie-rung der Operational-Excellence-Initiative hervorgehoben Im Anschluss sind moumlgliche Widerstaumlnde und fehlende Motivation nicht misszuverstehen denn wenn die Mitarbei-ter mit Projektverbindlichkeiten (Teilnahme an Workshops Bearbeitung von Aufgaben und Schulungen) uumlberlastet sind fuumlhrt dies zu aumlhnlichen Symptomen Wenn es zu einem solchen Ressourcenproblem kommen sollte also dass nicht genuumlgend Projektmitglieder in Workshops anwesend sind und wenn die verteilten Aufgaben an Prioritaumlt gegenuumlber dem Druck aus dem Alltagsgeschaumlft verlieren dann gilt es sich auf das Wesentliche zu fokussieren Verkuumlrzen Sie die geplante Projektdauer fuumlhren Sie Crash-Kurse als Alter-native von umfangreichen Schulungen durch und steigern Sie die Abwechslung in der Projektarbeit Scheuen Sie zusaumltzlich nicht davor das Projektportfolio anzupassen Die Mitarbeiter bevorzugen ehrliche Worte bdquoWir muumlssen uns momentan auf andere Themen konzentrieren und sind gezwungen das Projekt erst einmal ruhen zu lassen Die Initiati-venleitung moumlchte keine halben Sachenldquo Alles andere waumlre unter den zuvor geschilderten extremen Bedingungen ein Tropfen auf den heiszligen Stein bdquoWir wissen dass momentan alles ein bisschen viel ist Aber reiszligen Sie sich zusammen Das Projekt ist von enormer Bedeutung fuumlr die Initiativeldquo Dass das Projekt zu einem bdquoWelthunger-Projektldquo verkommt ist hiermit garantiert Wichtig ist also dass die Projektleiter bzw die Initiativenleitung einen gewissen Puffer in ihre Planung einbauen was die Kapazitaumlten angeht Besonders wichtig ist es in diesem Kontext schnelle Erfolge zu erzielen und moumlglicherweise fehlen-de interne Ressourcen mit externen Kapazitaumlten zu kompensieren

Erarbeiten Sie schnelle Erfolgserlebnisse (Quick Wins) und kommunizieren (fei-ern) Sie diese entsprechend bdquoQuick Winsldquo haben vielfaumlltige Vorteile Sie erhoumlhen die Akzeptanz des Projektes in einer der kritischsten Phasen (ganz am Anfang) und sie sparen Kraft und Kosten weil die Initiative schneller ins Rollen kommt Diesen psychologischen und betriebswirtschaftlichen Benefit gilt es aktiv zu suchen bdquoQuick Winsldquo ermutigen und uumlberzeugen Wichtig ist dabei dass die Projekte konsequent durchgefuumlhrt werden damit ein Quick Win nicht zu einem Groszligprojekt wird Der pragmatische Ansatz muss im Vor-dergrund stehen

Anschlieszligend ist die Kommunikation dieser Erfolge von enormer Bedeutung Wollen Sie sich noch leblose Newsletter durchlesen worin gebetsmuumlhlenartig die erreichten Er-gebnisse aufgezaumlhlt werden Lassen Sie Ihre Kommunikation an Farbe gewinnen Erstel-len Sie eine Videobotschaft mit dem gesamten Team fuumlgen Sie dem Newsletter zumindest ein Gewinnspiel bei oder laden Sie zu Kaffee und Kuchen in Ihren Projektraum ein der mit den Ergebnissen auf Flipcharts und Swim-Lanes auf Metaplanwaumlnden bdquodekoriertldquo ist Ausschlaggebend kann auch eine Feier des bisher Erreichten im richtigen Moment sein Dies entspraumlche eher einer auf Mund-zu-Mund-Kommunikation basierenden Verbreitung der ersten Erfolge durch das Team Wie an vielen anderen Stellen lohnt es sich in dieser Situation kreativ zu sein Ein gemeinsames Abendessen im Standardrestaurant ist nett aber wenn alle Beteiligten nur daruumlber nachdenken wie lange sie anstandshalber bleiben muumlssen ist es auch nicht mehr als das Sie werden unter normalen Umstaumlnden nur schwer

38363 Die Transfer-Phase

etwas organisieren koumlnnen was noch nie jemand erlebt hat ob in dem Event jedoch Herz-blut steckt oder nicht ist entscheidend und bemerken die Mitarbeiter sehr wohl Besuchen Sie abhaumlngig von den Beteiligten ein Sport- Musik- oder Kulturereignis in Ihrer Naumlhe kopieren Sie das VOX-Konzept des bdquoperfekten Promi Dinnersldquo8 oder machen Sie eine Schiffsfahrt mit anschlieszligender Weinprobe

Ermitteln Sie den Bedarf an externer Beratungsleistung und nutzen Sie die Pers-pektive eines nicht betriebsblinden Partners Fuumlr viele Unternehmen wird es im Zuge einer Operational-Excellence-Initiative unausweichlich sein auf externe Unterstuumltzung zuruumlckzugreifen In dieser notwendigen Unterstuumltzung durch eine Berufsgruppe die nicht immer ndash und das zu Recht ndash beliebt ist liegt jedoch groszliges Potenzial Die seltenen Be-ratungsgesellschaften die nicht nur mit vorgefertigten Konzepten und Tools aufschlagen sondern ihren Auftrag als Sparringspartnerschaft und Perspektivenwechsel verstehen koumlnnen ein entscheidender Vorteil bei groszligen Veraumlnderungsinitiativen sein Sie kompen-sieren die eventuelle Kompetenzluumlcke sie staumlrken die notwendigen personellen Kapazi-taumlten sie gehen mit neuer Energie an die bevorstehende Herausforderung sie erarbeiten weitestgehend frei von eigenen Interessen an Loumlsungen und sie garantieren den neuesten Wissensstand im Projektmanagement Insbesondere bei hier relevanten strategischen In-itiativen die zu radikalen Veraumlnderungen fuumlhren koumlnnen ist die gezielt eingesetzte Rolle des Beraters wertvoll So koumlnnen Sie einen anderen Hebel bei der Kommunikation hin-sichtlich der Dringlichkeit von Veraumlnderungen nutzen indem Sie den Berater besonders schlechte Nachrichten erarbeiten bzw mitteilen lassen (Ohne in erster Linie darauf fixiert zu sein unbequeme Themen zu delegieren denn letztendlich ist und bleibt das Chefsa-che) Die bereits angesprochene Dramaturgie zur Uumlberzeugung der Belegschaft von der Vision des Wandels gewinnt so einen weiteren Baustein Zu beachten ist aber dass die Arbeit des Beraters die Mitarbeiter der Organisation nicht entmuumlndigen darf Damit Sie also ein wirkungsvolles und auf Ihre Beduumlrfnisse ausgerichtetes Beraterteam bekommen und Sie Ihren Mitarbeitern nicht das Gefuumlhl vermitteln unfaumlhig zu sein sollten Sie zum einen nicht fuumlr jedes Problem auf externe Unterstuumltzung zuruumlckgreifen und zum anderen das externe Team vorher kennenlernen Es reicht nicht aus nur den Partner der Beratungs-gesellschaft der moumlglicherweise einmal die Woche vor Ort ist zu sprechen Achten Sie auf die Fertigkeiten der Ihnen angebotenen Berater Die richtige Person verfuumlgt uumlber Er-fahrungen im Hinblick auf die spezielle Herausforderung die Sie angehen wollen Wenn Ihnen Ihr Geschaumlft also Ihre Mitarbeiter lieb sind setzen Sie auf sowohl in Operational Excellence als auch Change Management fachlich und methodisch versierte Begleiter die Ihnen sympathisch sind

8 Ein Gastgeber einer Gruppe laumldt zu einem exakt drei Gaumlnge umfassenden Menuuml ein welches vor der Kamera zubereitet werden muss Im Anschluss bewerten die Gaumlste die Qualitaumlt des Essens und des Ambientes Dies hat jeder Teilnehmer zu bewaumlltigen bevor am Ende ein Sieger feststeht und eine Geldpraumlmie gewinnt Fuumlr den hier relevanten Kontext koumlnnte man Zweier- oder Dreierteams bilden die reihum das Projektteam bekochen Die Suche nach dem besten Koch im Team wird so zu einem geselligen Miteinander

384 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter nicht kurzfristig sondern langfristig Je houmlher das Gehalt desto besser die Arbeitsergebnisse Studien zeigen dass der Zusammenhang zwi-schen Kompensation Motivation und Leistung vielschichtiger ist Selbst wenn Mitarbeiter uumlber Ihr eigenes Gehalt bestimmen duumlrften waumlren sie mit ihrer Arbeit nicht gluumlcklicher Eine Meta-Analyse hat ergeben dass die Verlinkung zwischen Gehalt und Zufriedenheit sehr schwach ist Dieses Ergebnis welches 120 Jahre Forschung und 92 quantitative Stu-dien mit einem Datensatz uumlber 15000 Personen und 115 Korrelationskoeffizienten ausge-wertet hat ist fuumlr saumlmtliche Kulturkreise und Einkommensschichten guumlltig Engagement ist demnach nicht kaumluflich Es schlieszligt sich aber eine weitere Frage an Wirken monetaumlre Anreize gar demotivierend Tatsaumlchlich gibt es Studien die konsistente negative Effekte von Belohnungen ndash sei es Suumlszliges oder Geld ndash auf die intrinsische Motivation belegen Fuumlr jede Einheit Belohnung sinkt die intrinsische Motivation um 25 ndash das Gleichgewicht zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation wird demnach durch die belohnen-de Intervention gekippt Im Falle der Credit Suisse die ihren Lean Sigma Black Belts 1000 Schweizer Franken mehr zahlte reduziert sich die intrinsische Motivation gemaumlszlig der Forschung sogar um 36 weil das Individuum die Belohnung kalkulieren kann (Vgl Chamorro-Premuzic 2013)

Geld ist also kein Schluumlssel zum Erfolg Eine Studie aus dem Jahr 2010 betont dass wenn die grundlegenden Beduumlrfnisse des Menschen finanziell abgedeckt sind der Vorteil von einer houmlheren Bezahlung nachlaumlsst (vgl Judge et al 2010 Srivastava et al 2001) So korrelierte das houmlhere Einkommen mit positivem Wohlbefinden bis zu einem Jahressalaumlr von 75000 US-$ Arnold Schwarzenegger soll einmal gesagt haben bdquoGeld macht nicht gluumlcklich Ich besitze nun 50 Mio $ aber ich war genauso gluumlcklich als ich 48 Mio hatteldquo Doch wie motiviert ein Unternehmen nun seine Mitarbeiter zu besonderem Enga-gement im Rahmen einer Operational-Excellence-Initiative

Die Loumlsung ist genauso vielfaumlltig wie die Unterschiedlichkeiten die die beteiligten Mitarbeiter ausmachen Es lohnt bei jedem Mitarbeiter genauer hinzuschauen (Vgl Kah-nemann und Deaton 2010) Studien zeigen dass sich die Wertvorstellungen des Men-schen auf unterschiedliche Arten auswirken So ist das Erreichen von einem bestimmten Einkommen motiviert durch Machtstreben oder Narzissmus weniger befriedigend als ein Bestreben nach mehr Einkommen welches durch Sicherheit und die Unterstuumltzung der Familie motiviert ist Tomas Chamorro-Premuzic (2013) ein anerkannter Experte fuumlr Persoumlnlichkeitsprofile und Psychometrie empfiehlt deshalb bdquoVielleicht ist es an der Zeit Menschen nicht dafuumlr zu bezahlen was sie wissen oder tun Sondern so wie sie es wollenldquo Vorrausetzung dafuumlr ist dass Vorgesetzte mehr Zeit und Commitment fuumlr die Betreuung ihrer Mitarbeiter aufbringen Und genau dort ist der Knackpunkt Dieses Problem wurde unter dem kritischen Erfolgsfaktor bdquoMitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordernldquo bereits in Kap 4 aufgegriffen Haumlufig fehlt es genau an der Pflege dieser Beziehung die sich da-durch ergebende Luumlcke in der Interaktion behindert das Engagement des Mitarbeiters Die Folge Wer den Mitarbeiter verliert verliert auch die Initiative Eine Studie von McKinsey (Dewhurst et al 2009) aus dem Sommer 2009 stellt heraus dass nichtmonetaumlren Anreizen wie das Lob des Vorgesetzten die Wertschaumltzung von Fuumlhrungskraumlften und die Moumlglich-

38563 Die Transfer-Phase

keit Projekte eigenstaumlndig voranzutreiben eine houmlhere Effektivitaumlt zugeschrieben wird als den klassischen Anreizen wie leistungsabhaumlngiger Bezahlung Steigerung des Grund-gehaltes und Entlohnung in Form von Aktien Unsinnigerweise wird in der Praxis jedoch genau auf die Steigerung des Gehaltes und der Bonuszahlungen vertraut

Als positives Beispiel wird ein globales Pharmaunternehmen hervorgehoben welches systematisch eruierte was die Mitarbeiter antreibt Die Befragung ergab dass in manchen Laumlndern der Fuumlhrungsstil des Topmanagements und in anderen Laumlndern die soziale Ver-antwortung des Einzelnen ausschlaggebend ist Daraufhin uumlberarbeite das Unternehmen die Metrik des Entlohnungssystem und integrierte neue Indikatoren und Gewichtungen die den jeweiligen Organisationen eher entgegenkommen als eine pauschalisierte Verguuml-tung Ein interessantes Detail zum Schluss In Zukunft soll von bdquoAnerkennungldquo und nicht mehr von bdquoVerguumltungldquo gesprochen werden

Fuumlr den Erfolg einer strategischen Initiative wie Operational Excellence gilt es also den Mitarbeitern Aufmerksamkeit zu schenken leistungsstarke Mitarbeiter zu befoumlrdern und so vielen wie moumlglich Verantwortung uumlber Projekte und Teilprojekte zu uumlberlassen

636 Value Based Leadership ndash mit Vertrauen den Erfolg steigern

Begriffe wie Geburtenruumlckgang demographischer Wandel Fach- und Fuumlhrungskraumlfte-mangel oder War for Talents sind in den vergangenen zehn Jahren immer haumlufiger auf-getaucht Sie beschreiben die sich wandelnde Altersstruktur in unserer Gesellschaft und die damit verbunden veraumlnderten Anforderungen an das Personalmanagement von Unter-nehmen

Die Unternehmen werden mit einem Arbeitsmarkt der begrenzten Ressourcen insbe-sondere der qualifizierten Fach- und Fuumlhrungskraumlfte konfrontiert Eine der wichtigsten unternehmerischen Fragen lautet deshalb Wie baue ich einen qualifizierten loyalen und motivierten Mitarbeiterstamm auf Um potenzielle Mitarbeiter zu gewinnen und die be-stehende Belegschaft zu begeistern muumlssen sich die Unternehmenslenker mit den Werten und Erwartungen der Fach- und Fuumlhrungskraumlfte auseinandersetzen

6361 Was zeichnet das Konzept bdquoWertebasierte Fuumlhrungldquo ausWertebasierte Unternehmensfuumlhrung richtet jegliches Handeln an den Werten der Or-ganisation aus Diese Werte definieren die individuelle Persoumlnlichkeit des Unterneh-mens In der heutigen Zeit der nahezu unendlichen Produktvielfalt ist Individualitaumlt ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor im Wettbewerb Ein Unternehmen kann sich nicht mehr ausschlieszliglich durch seine Produkte Vertriebswege oder IT-Infrastruk-tur differenzieren denn diese Faktoren sind leicht kopierbar Um einzigartig zu sein und einen wirklichen Mehrwert fuumlr die Kunden und Mitarbeiter darzustellen muumlssen die Merkmale der Firma uumlber materielle Dinge hinausgehen Eines der entscheiden-den Merkmale ist die Vertrauenswuumlrdigkeit der Organisation Werden die Werte in dem Unternehmen tatsaumlchlich gelebt so kommuniziert jedes Mitglied die Grundsaumltze einer

386 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

potenziellen Zusammenarbeit nach auszligen Dies vermittelt den Stakeholdern die Ver-bindlichkeit der Firma sodass eine solide und vertrauensvolle Grundlage fuumlr Geschaumlfts-beziehungen besteht

Vor dem Hintergrund der zahlreichen schwerwiegenden Unternehmensskandale des letzten Jahrzehnts waumlchst die Bedeutung des Wortes Vertrauen Die negativen Schlag-zeilen beispielsweise zu dem sozialen Skandal des Drogeriemarktes Schlecker (z B o V 2010) oder die wiederkehrend erschreckenden Berichte uumlber die Produktionsbedingungen in asiatischen Textilfabriken haben einen groszligen Teil des Vertrauens in das Verantwor-tungsbewusstsein der Unternehmen zerstoumlrt Eine Unternehmensfuumlhrung die auf Werten basiert wird genau dieser sozialen Verantwortung gerecht

Die Mitarbeiter sind die wichtigste Gruppe der Stakeholder im Hinblick auf die Be-deutung der Unternehmenswerte Sie muumlssen die Werte verstehen sie muumlssen spuumlren dass die Werte von der Geschaumlftsfuumlhrung und dem Management gelebt werden und sie muumlssen sich mit ihnen identifizieren koumlnnen So bilden sich langfristig motivierte Mit-arbeiter heraus

6362 Intrinsische und extrinsische MotivationEs stellt sich nun die Frage Wie motiviert man Mitarbeiter Ein immer noch sehr popu-laumlrer Ansatz ist die leistungsabhaumlngige Verguumltung Bei diesem System ist ein Teil des Ein-kommens flexibel Die Auszahlung dieses Teils ist an die Erreichung einer bestimmten Leistung geknuumlpft (Vgl Stock-Homburg 2008 S 333) Es wird versucht die Leistung des Mitarbeiters mithilfe von monetaumlren Anreizen zu steigern Die langfristige Wirkung der leistungsabhaumlngigen Verguumltung muss jedoch infrage gestellt werden Die Arten der Moti-vation der Mitarbeiter sind ein entscheidender Erklaumlrungsansatz fuumlr die fehlende Wirkung des Systems

Es wird unterschieden zwischen der extrinsischen und der intrinsischen Motivation Wenn ein Mensch extrinsisch motiviert ist so treibt nicht die Handlung selbst diese Person an sondern ist vielmehr bdquoMittel zum Zweckldquo Intrinsisch motivierte Menschen hingegen haben groszliges Interesse an der Taumltigkeit ihr Antrieb kommt von innen (Vgl Frey und Os-terloh 2002 S 24) Uumlbertragen auf die Arbeitswelt heiszligt das

bull Extrinsisch motivierte Mitarbeiter interessieren sich in erster Linie fuumlr die Houmlhe ihres Einkommens und ihren persoumlnlichen Status

bull Intrinsisch motivierte Mitarbeiter interessieren sich fuumlr die Inhalte ihrer Taumltigkeit und ihr Fokus liegt darin einen moumlglichst guten Job zu machen

Mitarbeiter die sich fuumlr ihren Job interessieren und sich mit ihrer Aufgabe identifizieren koumlnnen sind sehr wertvoll fuumlr das Unternehmen Diese Mitglieder der Organisation han-deln nach ihrem besten Wissen und Gewissen im Sinne des Unternehmens und zeigen durch ihren inneren Antrieb ein hohes Engagement Sie haben das Beduumlrfnis erfolgreich zu sein und Erfolg bedeutet fuumlr sie das Unternehmen nachhaltig voranzubringen Die Auf-gabe der Unternehmensfuumlhrung sollte es sein diese Menschen fuumlr sich zu begeistern und sie langfristig zu binden

38763 Die Transfer-Phase

Selbstverstaumlndlich muumlssen alle Arbeitnehmer eine angemessene Entlohnung fuumlr Ihre Arbeit erhalten Kritisch ist es jedoch wenn einzelne Aspekte der Taumltigkeit extra verguumltet werden Zum einen ziehen diese finanziellen Anreize extrinsisch motivierte Menschen an und somit werden die falschen Mitarbeiter geworben (Vgl Sprenger 2002 S 95) Zum anderen findet eine Verschiebung von der Ganzheitlichkeit der Taumltigkeit auf die quanti-fizierbaren Faktoren statt Dies bedeutet dass der Mitarbeiter dazu motiviert wird sich auf die Facette des Jobs zu konzentrieren die extra verguumltet wird beispielsweise die Umsatz-erhoumlhung (Vgl Sprenger 2002 S 105)

6363 Die wahren MotivationsfaktorenGeld ist nicht der entscheidende Faktor fuumlr die Zufriedenheit am Arbeitsplatz Eben zu diesem Ergebnis kam die Studie Unternehmenswerte und Motivationsfaktoren die im Maumlrz 2010 an der Hochschule fuumlr Oekonomie und Management durchgefuumlhrt wurde Die im Berufsleben stehenden Teilnehmer der Studie im Alter von 25 bis 40 Jahren wurden gebeten die Motivationsfaktoren gemaumlszlig ihrer Bedeutung beginnend mit dem wichtigsten Faktor zu sortieren ndash mit folgendem Ergebnis9

1 Lust und Spaszlig an der Arbeit 1952 neue Herausforderungen 3743 uumlberdurchschnittliches Einkommen 3934 groszliger Handlungsspielraum 4205 positive Unternehmenskultur 4356 Weiterbildungsmoumlglichkeiten 4457 Leistungsboni 535

Studie Unternehmenswerte und Motivationsfaktoren (CVMF-Studie)Die Studie Unternehmenswerte und Motivationsfaktoren (CVMF-Studie) wurde an der Hochschule fuumlr Oekonomie und Management (bietet Studium fuumlr Berufstaumltige) durchgefuumlhrt Studenten dieser Universitaumlt qualifizieren sich neben ihrem Beruf weiter um sich beruflich weiterzuentwickeln Sie repraumlsentieren damit einen wichtigen Teil der Fach- und Fuumlhrungskraumlfte der Zukunft Knapp 400 Teilnehmer von denen 83 30 Jahre oder juumlnger waren haben durch die Beantwortung von ins-gesamt 28 Fragen ein realistisches Bild von der Situation in deutschen Unternehmen vermittelt Ziel der Studie war die Klaumlrung der folgenden zwei Fragestellungen

1 Welche Bedeutung haben Werte fuumlr die Arbeitnehmer und wie charakterisieren die Angestellten die Kultur in ihren Unternehmen

2 Welches sind die Motivationsfaktoren der neuen Generation der Fach- und Fuumlhrungskraumlfte Kon-zentrieren sich diese auf monetaumlre oder nichtmonetaumlre Faktoren

Der erstgenannte Faktor zeigt deutlich was fuumlr die neue Generation an Fach- und Fuumlh-rungskraumlften von Bedeutung ist Sie wollen ein interessantes Umfeld haben mit Lust und Spaszlig an der Arbeit Die Mitarbeiter wollen einen Sinn in ihrem Tun erkennen koumlnnen Das

9 Die Werte geben den Durchschnittsrang des jeweiligen Faktors an

388 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Verstehen des bdquoWarumsldquo ist ein essenzielles Beduumlrfnis im Leben des Menschen und auch im Buumlro muss es moumlglich sein ein Leben zu leben (Vgl Sprenger 2002 S 38)

An dritter Stelle steht ein uumlberdurchschnittlich hohes Einkommen Diese Aussage soll-te differenziert betrachtet werden In erster Linie druumlcken die Befragten hier ihren Wunsch nach einer fairen und guten Bezahlung aus Waumlhrend der Wirtschaftskrise waren die Ge-haumllter fuumlr die Mitarbeiten in vielen Unternehmen eher gering So ergab die Studie dass sich 55 der Befragten unterbezahlt fuumlhlen

Platz vier und fuumlnf der Rangliste spiegeln die hohe Bedeutung der liberalen Arbeits-atmosphaumlre und der Unternehmenskultur wider Um die zum Teil komplexen und an-spruchsvollen Aufgaben in Unternehmen bewaumlltigen zu koumlnnen brauchen die Mitarbeiter eine ungezwungene Atmosphaumlre die es Ihnen erlaubt kreativ und selbststaumlndig zu arbei-ten Diesen Freiraum finden Sie nur in einer Unternehmenskultur die den Mitgliedern der Organisation vermittelt dass ihnen vertraut wird Arbeitnehmer werden nicht auf Schritt und Tritt durch Ihren Vorgesetzten kontrolliert

An letzter Stelle stehen die Leistungsboni Dadurch bestaumltigt sich die Aussage dass leistungsabhaumlngige Verguumltung kein adaumlquater Motivationsfaktor fuumlr interessierte und en-gagierte Mitarbeiter ist

6364 Eine Unternehmenskultur basierend auf WertenUm das Ziel zu erreichen intrinsisch motivierte Mitarbeiter zu begeistern und langfristig an das eigene Unternehmen zu binden muumlssen die Arbeitgeber in die Entstehung einer positiven auf gemeinsamen Werten basierenden Unternehmenskultur investieren Auch die Teilnehmer der CVMF-Studie bestaumltigen die Wichtigkeit von Unternehmenswerten 76 bewerten die Bedeutung einer auf Werten basierenden Unternehmenskultur als sehr hochhoch fuumlr den zukuumlnftigen Erfolg der Unternehmen

Gemeinsame Werte schaffen ein Klima des Vertrauens und der Verbindlichkeit Wenn sich jeder Mitarbeiter darauf verlassen kann dass auch die Kollegen Vorgesetzten und die Unternehmensleitung im Sinne der Unternehmenswerte handeln stellt dies den idealen Rahmen fuumlr eine freie Arbeitsatmosphaumlre dar Werte wie Respekt soziale Verantwortung und Kundenzufriedenheit geben jedem Mitglied einen gewissen Grad an Sicherheit in ihrem taumlglichen Handeln Diese Werte verstehen sich als Handlungsrichtlinien und geben vor welches Verhalten gewuumlnscht bzw abgelehnt wird Die Notwendigkeit eines komple-xen Regelwerks und staumlndiger Kontrollen durch den Vorgesetzten entfaumlllt Dies gibt den Mitarbeitern den benoumltigten Handlungsfreiraum ohne auf gewisse Rahmenbedingungen zu verzichten Das Vertrauen haumllt die Organisation zusammen und hat einen viel staumlrkeren Effekt als ein striktes Regelwerk

Werden die Werte innerhalb der Organisation gelebt und das Vertrauen in die Unter-nehmensleitung und Vorgesetzten nicht enttaumluscht so entwickelt sich eine Dynamik von innen nach auszligen Nicht nur die Mitglieder untereinander handeln gemaumlszlig des Werteko-dexes auch nach auszligen hin z B den Kunden oder Lieferanten gegenuumlber gelten diese Grundsaumltze Wenn die Kunden und Lieferanten merken dass sie sich auf das Unterneh-men verlassen koumlnnen werden sie diese positiven Erfahrungen kommunizieren So wird

38963 Die Transfer-Phase

der Kreis derer die dem Unternehmen Vertrauen schenken groumlszliger Im Idealfall ist das Resultat eine durchweg positive Reputation der Organisation am Markt

6365 Die Schluumlsselfunktion der FuumlhrungskraumlfteDer erfolgreiche Prozess zu einer derartigen Vertrauensorganisation haumlngt in erster Linie von den Mitgliedern der Organisation ab die eine leitende Funktion haben Die Fuumlhrungs-kraumlfte haben einen groszligen Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeiter denn sie sind die Vorbilder Hat ein Mitarbeiter das Gefuumlhl dass der Vorgesetzte nicht gemaumlszlig den Unterneh-menswerten handelt so wird auch er die Werte nicht ernst nehmen Durch das Auftreten der Fuumlhrungskraft erfahren die Teammitglieder welchen Stellenwert die Werte im Unter-nehmen haben Die Vorbildfunktion der Leitenden muss weitergehen als nach den Werten zu handeln Der entscheidende Faktor ist Authentizitaumlt Demnach kann sich die Dynamik der Werte hin zu einer Organisation des Vertrauens nur entfalten wenn das Management und die Fuumlhrungskraumlfte authentisch auftreten Wenn die Mitarbeiter ihre Fuumlhrungskraft als natuumlrlichen und verbindlichen Charakter erleben kann sich ein vertrauensvolles und ko-operatives Verhaumlltnis zwischen Ihnen entwickeln

6366 HandlungsempfehlungenIn den folgenden Handlungsempfehlungen werden den Fuumlhrungskraumlften konkrete An-haltspunkte fuumlr die Umsetzung des Value-based Leadership gegeben

bull Die ganze Persoumlnlichkeit des Mitarbeiters sehen Die Fuumlhrungskraft muss den Mit-arbeiter mit seiner ganzen Persoumlnlichkeit sehen Er fuumlhrt sowohl ein berufliches als auch ein privates Leben Beeintraumlchtigungen im Privatleben wie beispielsweise Ehe-probleme koumlnnen Auswirkungen auf die Leistung im Job haben Durch Nachfragen lernt die Fuumlhrungskraft ihren Mitarbeiter kennen und kann in problematischen Situa-tionen wenn z B die Leistung nachlaumlsst oder auffaumlllig viele Krankheitstage auftreten besser auf ihn eingehen Das Wahrnehmen einer gewissen Fuumlrsorge hat positiven Ein-fluss auf das Verhaumlltnis zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter

bull An Diskussionen unter Kollegen partizipieren Waumlhrend der informellen Konversa-tionen und Diskussionen unter den Kollegen werden wichtige Informationen ausge-tauscht Die Fuumlhrungskraft sollte wann immer moumlglich an solchen Diskussionen teil-nehmen und sich nicht selbst abgrenzen Auf diesem Wege werden Barrieren abgebaut und wird das Verhaumlltnis positiv beeinflusst Die Fuumlhrungskraft demonstriert einer von ihnen zu sein und stellt sich nicht konsequent uumlber ihre Mitarbeiter

bull Die Mitarbeiter einbeziehen Entscheidungen die gemeinsam im Team beschlossen wurden sind nachhaltiger Die Fuumlhrungskraft muss den Mitarbeitern so viele Infor-mationen wie moumlglich zukommen lassen damit diese in der Lage sind ganzheitliche Entscheidungen zu treffen Fuumlr wichtige Entscheidungen und umfangreiche Aufgaben-stellungen koumlnnen Projektteams zusammengestellt werden Auf diesem Wege wird das Arbeitsumfeld interessanter gestaltet und die Mitarbeiter kommen zu gemeinschaftlich erarbeiteten Loumlsungen

390 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Schaffen einer positiven Fehlerkultur Kein Mensch ist vollkommen und somit muumlssen Fehler erlaubt sein Wenn ein Fehler passiert muss die Fuumlhrungskraft die Hintergruumln-de erfragen anstatt den Mitarbeiter ohne Hinterfragen zu kritisieren Die Behebung eines Fehlers muss als Moumlglichkeit des gemeinsamen Lernens gesehen werden Ganz wichtig Auch die Fuumlhrungskraft ist fehlbar Die Loumlsungsvorschlaumlge des Chefs sollten kritisch hinterfragt und diskutiert werden duumlrfen

bull Authentisch Handeln und Sprechen Das gesprochen Wort der Fuumlhrungskraft muss mit dem Handeln uumlbereinstimmen Wenn der Vorgesetzte seinem Mitarbeiter am ersten Arbeitstag zusichert seine Tuumlr stehe immer offen dann muss dies auch der Realitaumlt ent-sprechen Wendet sich der Mitarbeiter mit einem Anliegen an seinen Chef und dieser vertroumlstet ihn mehrmals er habe gerade jetzt keine Zeit wird das Verhaumlltnis zwischen den beiden negativ beeinflusst Das Verhalten der Fuumlhrungskraft muss die Unterneh-menswerte reflektieren Mitarbeiter sind in der Lage unwahre Aussage der Fuumlhrungs-kraft sehr schnell zu entlarven

Je weiter der Fach- und Fuumlhrungskraumlftemangel voranschreitet desto groumlszliger wird die Ver-handlungsstaumlrke der Arbeitnehmer Eine der groumlszligten unternehmerischen Herausforderun-gen wird es sein ausreichend qualifiziertes Personal langfristig an das Unternehmen zu binden Um im War for Talent zu bestehen muumlssen sich die Arbeitgeber intensiv mit den Motivationsfaktoren der neuen Generation von Fach- und Fuumlhrungskraumlften auseinander-setzen Geld ist in diesem Fall nicht die Antwort auf die Frage Wie motiviere ich meine Mitarbeiter Die Fach- und Fuumlhrungskraumlfte von heute und von morgen wollen anspruchs-volle Aufgaben Entwicklungsmoumlglichkeiten und sie wollen ernst genommen werden Die Antwort lautet deshalb Es muss eine Kultur geschaffen werden die auf gemeinsamen Werten beruht die es ermoumlglicht den Sinn der Organisation zu entdecken und die auf einem Klima des gegenseitigen Vertrauens beruht Eine besondere Rolle in der werteba-sierten Unternehmenskultur tragen die Unternehmensleitung und die Fuumlhrungskraumlfte der mittleren Ebene denn sie sind die Vorbilder der Mitarbeiter Ihr authentisches Auftreten und Handeln ist der entscheidende Erfolgsfaktor Die Schlagworte der Mitarbeiterfuumlhrung sind Fuumlrsorge Partizipation Kooperation positive Fehlerkultur und Authentizitaumlt

64 Die Sustain-Phase

Wie endet eine Operational-Excellence-Initiative Wie wird ein Schlussstrich unter die strategischen Bemuumlhungen und prozessualen Verbesserungen gezogen Wie wird bei naumlchsten Schritten vorgegangen Woran erkennt man eine erfolgreich durchgefuumlhrte Ini-tiative Wir wollen uns der Beantwortung dieser Fragestellungen anders naumlhern Wer ver-kuumlndet eigentlich eine gescheiterte Operational-Excellence-Initiative Richtig ndash niemand Zumindest ist uns kein einziger Fall bekannt wo derartiges geschehen ist Gescheiterte Initiativen werden einfach nicht beendet und verlaufen totgeschwiegen langsam aber si-cher im Sand Erfolgreiche Projekte werden verkuumlndet presse- und marketingtechnisch

39164 Die Sustain-Phase

ausgeschlachtet und intern gefeiert Wenn die Initiative missgluumlckt wird das Thema da-gegen gerne tabuisiert Abgesehen davon Widerspricht das Beenden einer Initiative nicht der Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung Sprach nicht auch der Vice President of Six Sigma bei Maple Leaf Foods Bruce Miyashita von einer nicht endenden Leistungs-philosophie anstatt eines Programms mit einem Start- und Endpunkt Genau aus diesem Grund lautet der Name der letzten Phase nicht Finish- sondern Sustain-Phase

Es geht also darum die Veraumlnderung in der Organisation zu verankern und den quan-titativen und qualitativen Mehrwert der Initiative zu uumlberpruumlfen Der Uumlbergang von der Transfer- zur Sustain-Phase ist wie beim ersten Phasenuumlbergang nicht abzugrenzen oder an einem bestimmten Event festzumachen Vielleicht ist das eine oder andere Projekt noch nicht abgeschlossen und die Initiativenleitung beginnt dennoch sich Gedanken uumlber den generierten Benefit zu machen Das Ziel muss immer die Vorbereitung einer neu begin-nenden Analyse-Phase sein Dieser iterative Prozess in der dritten Phase des Transforma-tion Navigators hat demnach nichts mit bdquoControlldquo des DMAIC-Zyklus gemeinsam Wo bei dem einen das Ergebnis eines einzelnen Projektes untersucht wird wird hier eine gan-ze Vielzahl von Projekten konsolidiert und auf einer strategisch houmlheren Ebene diskutiert und ausgewertet Damit das moumlglich wird gilt es Projekte in keinem Fall uumlberhastet zu beenden (vgl Abb 643)

Abb 643 Die Sustain-Phase

392 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

641 Strategy

Das erste Modul der Sustain-Phase erlaumlutert den Kern des Transformation Navigators wie kein anderes Ruumlckblickend auf Abb 61 zu Beginn des Kap 6 ist es eine strategische Fra-gestellung die Uumlberlebensfaumlhigkeit der Initiative langfristig zu gewaumlhrleisten Die Pro-grammatik der Operational Excellence startet besitzt aber keinen Endpunkt Sie impliziert ein kontinuierliches zyklisches Durchlaufen der Analyse-Phase der Transfer-Phase und der Sustain-Phase solange bis diese Verbesserungssystematik zum selbstverstaumlndlichen Repertoire der Organisation geworden ist Dieses Modul verdeutlicht die oumlkonomische Notwendigkeit Projektwellen kontinuierlich durchzufuumlhren ohne dabei das Luftholen zu vergessen Abbildung 644 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

6411 Die Superkompensation der Operational ExcellenceDie methodischen Aktivitaumlten die die ganze Organisation betreffen duumlrfen das Leis-tungsvermoumlgen des Unternehmens nicht uumlberstrapazieren Ob nur mit einem Pilotprojekt oder mit zahlreichen Testprojekten in verschiedenen Tochtergesellschaften gleichzeitig begonnen wird liegt im Ermessen des Initiators bzw der Geschaumlftsleitung Dafuumlr gibt es keine pauschale Vorgehensweise Tatsache ist aber dass die Ressourcen fuumlr eine ergeb-

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

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rces Operational

Excellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

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Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

Abb 644 Roadmap Strategy

39364 Die Sustain-Phase

niswirksame Initiative endlich sind Zu dem Zeitpunkt der Sustain-Phase steht deshalb die Konsolidierung und Analyse des bisher Erreichten an Fuumlr eine nachhaltige strategische Navigation durch den Transformation Navigator muss auch Raum und Zeit geschaffen werden um die eingeschlagene Marschrichtung zu uumlberpruumlfen eventuell neu zu justieren und die Initiativenplanung daran auszurichten Im Anschluss beginnt die Systematik des Transformation Navigators wieder von vorne

Diese Chronologie stellt einen kontinuierlichen Ablauf von Projektwellen dar so wird die Handhabbarkeit der Initiative gewaumlhrleistet Diese Logik entspricht dem aus dem Leis-tungssport bekannten Prinzip der Superkompensation Diese bdquouumlberschieszligende Wiederher-stellungldquo besagt dass der Koumlrper nach einer Trainingsbelastung nicht nur die Bereitschaft zur Erreichung des gleichen Leistungsniveaus wiederherstellt sondern im Verlaufe der Regeneration die Leistungsfaumlhigkeit uumlber das urspruumlngliche Niveau hinaus steigert und haumllt In die hier behandelnde Thematik dieses Buches uumlbersetzt koumlnnte man es das Prin-zip der Superkompensation der Operational Excellence nennen Dieses besagt dass das Unternehmen welches Operational Excellence inklusive der entsprechenden Beruumlcksich-tigung der diskutierten kritischen Erfolgsfaktoren aus Kap 4 und 5 implementiert nicht nur das gleiche oumlkonomische Leistungsniveau wiederherstellt sondern im Verlaufe der Operational-Excellence-Initiative die oumlkonomische Leistungsfaumlhigkeit uumlber das urspruumlng-liche Niveau hinaus steigert und zusaumltzlich die Philosophie von operativer Exzellenz nach-haltig im Unternehmen verankert Eine Umdrehung des Transformation Navigators (von der Analyse- bis zur Sustain-Phase) steht fuumlr eine Projektwelle und entspricht dem immer wiederkehrenden Trainingsanreiz in der Analogie des Leistungssportes Abbildung 645 illustriert die beschriebene Logik der Superkompensation

Ziel muss es sein waumlhrend der Phase des houmlheren Leistungsniveaus (Superkompensa-tion) den neuen Trainingsanreiz (Projektwelle) zu setzen Dann kommt es zu einer konti-nuierlichen (oumlkonomischen) Leistungssteigerung wie in Abb 646 abgebildet Wenn die Regenerationszeit (Sustain-Phase) zu kurz ist geht der Effekt durch Muumldigkeitserschei-

Trainingsreiz

Leistungsfaumlhigkeit

Phase der Superkompensation

Zeit

Abb 645 Logik der Superkompensation

394 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

nungen aufgrund von Uumlbertraining verloren (Mitarbeiter sind mit Tempo und Anzahl der Projekte uumlberfordert und verweigern ihr Engagement) und das Leistungsniveau wird sogar unter das urspruumlngliche Niveau sinken Richtig zu trainieren ist nicht nur fuumlr einen Sportler wichtig sondern auch fuumlr eine Organisation ndash die Relevanz der identifizierten kritischen Erfolgsfaktoren wird in diesem Zusammenhang besonders deutlich Gleichwohl darf die Regenerationszeit (Sustain-Phase) nicht zu lang sein sonst verpufft der Trainingseffekt durch den Belastungsanreiz (Mitarbeiter bekommen das Gefuumlhl dass die Geschaumlftsleitung es mit der Initiative nicht ernst meint und fallen wieder in alte Verhaltensmuster zuruumlck) Ziel ist es durch die sinnvolle Abstimmung von unterschiedlichen Projektwellen und Konsolidierungsphasen die oumlkonomische Leistungsfaumlhigkeit der Organisation nachhaltig zu steigern ohne eine Uumlberlastung zu verursachen

642 Resources

Das Modul richtet seinen Schwerpunkt auf die Frage wie Veraumlnderungen aus den zwei vorhergegangenen Phasen in der Organisation umgesetzt werden Konkret Wie koumlnnen Mitarbeiter dabei unterstuumltzt werden gewohnte Verhaltens- und Arbeitsweisen abzule-gen Mithilfe welcher Methoden stellt man sicher dass keiner in alte Verhaltensmuster zuruumlckfaumlllt Zunaumlchst wird diskutiert wie ein Black Belt Fortschritt bei der Auswahl und Anwendung von Operational-Excellence-Tools erreicht wovon die gesamte Ausbil-dung und Projektumsetzung der Organisation profitiert (Operational-Excellence-Erfolgs-baum) bevor auf eine neu entwickelte Methode zum Erlernen von ungewohnten Inhalten Ablaumlufen und Prozessen eingegangen wird (CRAFT) Schlieszliglich wird erlaumlutert inwie-fern ein aus dem Werbe- und Unterhaltungsbereich stammendes Prinzip zur Motivations-steigerung anschlussfaumlhig fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative ist (Gamification) Abbildung 647 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

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neuer Reiz

neuer Reiz

neuer Reiz

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Abb 646 Kontinuierliche (oumlkonomische) Leistungssteigerung

39564 Die Sustain-Phase

6421 Der Operational-Excellence-Erfolgsbaum64211 Die ProblemstellungDie Umsetzung von Operational-Excellence-Initiativen erfordert eine mehrjaumlhrige Kraft-anstrengung von Mitarbeitern und Fuumlhrungskraumlften aller beteiligten Unternehmensein-heiten Es bedarf ndash neben Eingriffen in die Ablaumlufe und IT-Systeme ndash einer einschnei-denden Neuorientierung bei allen handelnden Personen Operational Excellence tangiert jahrelang praktizierte und entsprechend eingeschliffene Handlungsgewohnheiten welche nun veraumlndert oder durch neue ersetzt werden sollen damit aumlndert sich langfristig die Unternehmenskultur

Was passierte in der Transfer-Phase Kurze inkrementelle Projekte in denen eine Viel-zahl von Werkzeugen eingesetzt wird waren die Besonderheit Die Methodik musste auf-waumlndig erlernt werden und die ausgebildeten Operational-Excellence-Projektleiter (Black Belts) mussten im Verlauf der Projektarbeit dauerhaft durch Methoden-Profis (Master Black Belts) begleitet und gecoacht werden Mit der Zeit verbreitet sich so die Arbeitswei-se der Operational-Excellence-Projektleiter und damit die Methodik im Unternehmen Sie setzt sich ndash im besten Fall ndash als Standardmethode fuumlr die Abwicklung von Projekten durch Immer mehr wandelt sich das Unternehmen zu einer prozessorientierten Organisation Mit Arbeitsablaumlufen die uumlber die Geschaumlftsbereichsgrenzen hinausgehen und speziell auf die Kunden als Abnehmer der Leistung ausgerichtet sind

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

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OperationalExcellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

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Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

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Abb 647 Roadmap Resources

396 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Ein Wandel dieses Ausmaszliges braucht neben den als Fundament dienenden formulierten Zielen fuumlr die Veraumlnderung auch kontrolliert koordiniert und nachhaltig wirkende Kraumlfte Diese selbst muumlssen staumlndig uumlberwacht und gesteuert werden Zusaumltzlich ist sicherzustel-len dass die Veraumlnderung in die gewuumlnschte Richtung geht ndash statt richtungslos eigene Bahnen zu suchen Im Fall von Operational Excellence heiszligt das Es muss dafuumlr Sorge ge-tragen werden dass die Methodik jederzeit professionell und einheitlich angewendet wird

Basierend auf der langjaumlhrigen Operational-Excellence-Erfahrung der Autoren wurde ein methodisches Vorgehen entwickelt das die professionelle und adaumlquate Anwendung der Werkzeuge auf einfache Art dauerhaft foumlrdert und damit die nachhaltige Verankerung der Methodik im Unternehmen unterstuumltzt

Das methodische Vorgehen dient dabei einerseits als Lern- und Orientierungshilfe fuumlr die in den einzelnen Projekten (Dauer drei bis sechs Monate) beteiligten BBs MBBs oder sonstigen Lean-Experten Andererseits beguumlnstigt es infolge seiner reflexiven und trans-parenten Anlage ein Anwendungsmonitoring von Instrumenten und Werkzeugen uumlber alle Operational-Excellence-Projekte im Unternehmen Daraus kann ein effektiver orga-nisationaler Lernprozess in Gang gesetzt werden Dieser umfasst neben den Belts auch andere Akteure in der Organisation wie z B die Personalentwicklung ndash beispielsweise die interne Schulungsabteilung oder die interne Kommunikation welche ebenfalls einen groszligen Einfluss auf die Operational-Excellence-Initiative haben Tatsache ist dass der BB im Rahmen seiner Grundausbildung sehr viele Informationen erhaumllt die er aber nur zu einem geringen Teil in praktischen Uumlbungen vertieft Die Lerninhalte sind je nach Phase und Werkzeug zwar relativ eingaumlngig wie etwa das Erstellen einer FMEA-Tabelle (vgl Abschn 2343) Zum Teil sind sie jedoch auch komplex wie etwa in der Measure- und Analyse-Phase wo es ohne mathematisches und statistisches Vorwissen und ohne eine gewisse Affinitaumlt zu quantitativen Fragestellungen sehr schwer wird Die Quantitaumlt der Lerninhalte ndash wir reden von etwa drei dicken Aktenordnern an Material ndash macht es jedoch unmoumlglich den Stoff in einem Durchgang luumlckenlos zu verstehen geschweige anwenden zu koumlnnen

Folglich schlieszligt sich die Frage an Kann ein BB Methode und Tools genuumlgend beherr-schen um aus dem Werkzeugkoffer die jeweils passenden Instrumente herauszunehmen ndash und sie auch noch richtig anzuwenden Um von Beherrschung sprechen zu koumlnnen muumlssen zwei Anforderungen erfuumlllt sein10

bull Die Grundkonzepte und Werkzeuge muumlssen als explizites Wissen11 memorisiert wer-den und als solches explizit abrufbar sein

bull Die Werkzeuge muumlssen mehrmals richtig und erfolgreich angewendet worden sein

10 Wissen entsteht durch individuelles Vernetzen von DatenInformationen Wissen ist die Voraus-setzung fuumlr Koumlnnen Wenn Koumlnnen durch Anwendung zur Kompetenz wird dann reden wir von Beherrschen Dazu im Detail Pfeifer et al (2007 S 290 f) Hier wird besonders Wert darauf gelegt dass das Wissen auf welchem das Individuum das Koumlnnen aufbaut eine bestimmte Qualitaumlt hat naumlmlich explizites Wissen ist11 Explizites Wissen ist reproduzierbar und kann in Worte gefasst werden Es wird auch als bdquoKno-wing whatldquo bezeichnet Dagegen kann implizites Wissen vom Individuum nicht oder nur teilweise

39764 Die Sustain-Phase

Die Antwort auf die Frage ist deshalb klar Nach Abschluss der Ausbildung beherrscht der BB die zahlreichen Operational-Excellence-Werkzeuge in der Gesamtheit noch nicht Der BB wird in seinen Projekten deshalb durch einen MBB unterstuumltzt Das geschieht im Rahmen von regelmaumlszligigen Coaching-Gespraumlchen die uumlblicherweise im Wochenrhythmus stattfinden und ein bis zwei Stunden in Anspruch nehmen Ein MBB ist ein erfahrener BB welcher zusaumltzlich eine vertiefende Ausbildung in verschiedenen Werkzeugen absolviert und jahrelang als BB Erfahrung aufgebaut hat Ein MBB kann einen BB daher wirksam unterstuumltzen

Erfahrungsgemaumlszlig wird die Werkzeugauswahl waumlhrend der Coaching-Gespraumlche durch den MBB vorgegeben Bei der Anwendung wird der BB durch den MBB beobachtet der im Bedarfsfalle korrigierend eingreift Der BB entwickelt im Rahmen der aufeinander folgenden Projekte sukzessive ein wachsendes Anwendungskoumlnnen fuumlr die durch ihn be-nutzten Werkzeuge Er verfuumlgt uumlber dieses Koumlnnen vielfach hauptsaumlchlich in Form von Tacit Knowledge12

Der MBB der eine Gruppe von BBs coacht wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit bei bdquoseinenldquo BB auf aumlhnliche Anwendungsfehler fuumlr bestimmte Tools stoszligen Das laumlsst sich als Fehlermuster gezielt bearbeiten Wenn z B das Ausfuumlllen des Projektsteckbriefes (vgl Abschn 2341) im BB-Team generell Schwierigkeiten bereitet kann der MBB als Schlussfolgerung eine Anleitung uumlber das richtige Verfassen solcher Steckbriefe erstellen Der Leitfaden wird anschlieszligend auf einer Intranetseite abgelegt und so allen BB zugaumlng-lich gemacht

In der Praxis wird deutlich dass auch die MBB Werkzeuge und deren Anwendung kaum in gleichem Maszlige beherrschen Da gibt es individuelle Unterschiede die sich aus der beruf-lichen Erfahrung herleiten lassen Sodann sind etliche Werkzeuge mit Ausnahme der sta-tistischen13 von der Methode her nicht so eng definiert und voneinander abweichende Ein-satzformen sind deshalb nicht auszuschlieszligen Unterschiedliche Einsatzformen von Werk-zeugen beeinflussen jedoch die Art wie ein Projekt verlaumluft Wenn ein Unternehmen also sicherstellen will dass Operational Excellence in standardisierter Form durchgefuumlhrt wird muss es auch dafuumlr Sorge tragen die Einsatzformen der Werkzeuge zu vereinheitlichen

Vielfach kommen die MBB in der Anfangsphase einer Operational-Excellence-Ini-tiative von auszligen ins Unternehmen Bei groumlszligeren Initiativen wenn mehrere MBB mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund aus verschiedenen Firmen ins Unternehmen kommen ist daher erst recht Vorsicht geboten Ein unternehmensspezifischer Werkzeug-Anwendungsstandard wird sich kaum automatisch herausbilden

in Worte gefasst werden Es gilt bdquoWe know more than we can tellldquo Das Begriffspaar wurde 1966 von Michel Polanyi eingfuumlhrt Dazu im Detail Schreyoumlgg (2006 S 551)12 Tacit Knowledge oder bdquoimplizites Wissenldquo bedeutet bdquodass zahlreiche Aspekte des Verstehens und Koumlnnens des Individuums nicht in Worte gefasst sind und von ihrer Qualitaumlt her auch gar nicht ndash oder jedenfalls nur sehr unvollstaumlndig ndash in Worte gefasst werden koumlnnenldquo (Schreyoumlgg 2006 S 551)13 z B Hypothesentests ein- oder zweifaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) Korrelationskoeffi-zient einfache und multiple lineare Regression

398 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Zwei Dinge sind von daher erforderlich 1) die Wahl einer geeigneten Einsatzform fuumlr Operational-Excellence-Werkzeuge und in der Folge 2) das Sicherstellen dass die ge-waumlhlte Einsatzform als Unternehmensstandard bdquogelebtldquo wird Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik

Der Projektsteckbrief aus der Define-Phase in Kap 2341 laumlsst bei der Anwendung viel Freiraum wie hier in Abb 648 anhand des Beispiels eines Finanzdienstleisters er-sichtlich wird Ob bei den Projektzielen im bdquoGoal Statementldquo immer und ausschlieszliglich primaumlre und sekundaumlre Messziele verwendet werden oder aber hier lediglich die all-gemeinen Zielformulierungen fuumlr das Projekt niedergelegt werden macht einen groszligen Unterschied Die Konsequenz mit der in die Ausgangssituation im sogenannten bdquoOp-portunity Statementldquo die Problemorientierung eingearbeitet wird kann ebenfalls unter-schiedlich sein Entweder wird bei den Problemformulierungen bereits in Messgroumlszligen gesprochen oder es werden lediglich allgemein gehaltene Schwachstellen geschildert Im Projektumfang koumlnnen entweder die organisatorischen Einheiten welche betroffen sind von denen die nicht betroffen sind abgegrenzt werden oder aber es wird vermehrt Wert darauf gelegt die jeweiligen Prozessgrenzen zu benennen die den Umfang des Projektes begrenzen sollen Unterschiedliche Gestaltungsmoumlglichkeiten solcher Art lassen sich ge-maumlszlig der grundsaumltzlichen Methodik ohne Weiteres vertreten Es macht aber einen Anwen-dungsunterschied und beeinflusst den spaumlteren Projektverlauf

Wie kommt ein Unternehmen moumlglichst effizient und effektiv zu einer standardisierten Anwendung der Werkzeuge Es ist offensichtlich dass sich trotz regelmaumlszligig stattfinden-dem Coaching durch die MBB kaum bdquoautomatischldquo eine Standardanwendung herausbil-det Ein Meta-Tool im Rahmen des Coachings kann hier eine Loumlsung bieten Meta-Tools sind Werkzeuge mithilfe derer die Anwendung von anderen Werkzeugen systematisch reflektiert werden kann und die deren Funktionsweise und Anwendungsbedingungen ex-plizit machen Die Anwendung des Meta-Tools bei Operational-Excellence-Projekten be-absichtigt dass

bull ein BB mit jeder Werkzeuganwendung neben Anwendungskoumlnnen (Tacit Knowledge) mehr explizites Wissen aufbaut

bull der Lernerfolg des BB messbar und steuerbar wirdbull jede einzelne Methodenanwendung bewertbar wirdbull mit jeder Werkzeuganwendung auch ein zunehmendes standardisiertes explizites Wis-

sen uumlber die Werkzeuganwendung in der Organisation gebildet wird undbull dabei Muster von Anwendungsschwierigkeiten durch die MBB systematisch erho-

ben und einer gezielten Bearbeitung im Rahmen von korrigierenden Maszlignahmen auf Unternehmensebene zugefuumlhrt werden

Angestrebt wird hierbei der in Abb 649 gezeigte Lernkreislauf in dem das individuelle Lernen des BB und das kollektive Lernen der Unternehmung sich zu einem produktiven Feedback-Kreislauf verbinden

39964 Die Sustain-Phase

Seit 2006 laumlsst sich ein steigendes Investoreninteresse am Handel mit Fixed Income Derivaten erkennen Rekord-volumen gehen einher mit der Erholungder koreanischen Wirtschaft

Opportunity Statement

Reduktion von Uumlberstunden sowie der Erstellungszeit (Cycle Time) der Aufsichtsbehoumlrden-BerichteSteigerung der Kundenzufriedenheit

Business Case (inkl Nutzenberechnung)

Die Beispiel-Bank handelte bisher reaktiv gegenuumlber Individualgeschaumlft und Anforderungen von Kunden und Behoumlrden Das fuumlhrte im Berichtswesen der Betriebsabteilung zu einem Flickwerk von 94 Anwendungen Daten muumlssen manuell aus dem zentralen Handelssystem extrahiert werden Etwa 8 Anwendungen werden fuumlr die Aufsichtsbehoumlrden-Berichte

Zurzeit besteht eine Personenabhaumlngigkeitbei der Berichterstellung weil das erforder-liche Wissen in den Koumlpfen der Mitarbeiter aber nicht im Prozess vorhanden ist

benutztStaumlndige Kontrollen und manuelle Korrek-turen sind bei Erzeugung der Daten noumltig um die erforderliche Datenqualitaumlt zu erreichen

Primaumlres Messziel

Goal Statement

Projektumfang betriebliche Berichte zur

Projektumfang

erhoumlhen der Arbeitsleistung der bestehenden Gruppe welche fuumlr das Erstellen der Aufsichtsbehoumlrden-Berichte zustaumlndig ist um 40 um damit der Wachstumsprognose fuumlr April 2014 Rechnung zu tragen

Sekundaumlres MesszielBisherige Fehlerfreiheit der Berichtemuss bestehen bleiben

entsprechenden Aufsichtsbehoumlrde ProdukteWertschriften und Fixed Income DerivateAbteilungen Front Midoffice BackOffice inkl ControllingStandort BeispielstadtKunden Aufsichtsbehoumlrdender BeispielstadtPmuss bestehen bleiben

Bisherige Puumlnktlichkeit der Berichtemuss bestehen bleiben

Prozess von der Datensammlung bis zum Berichte-Versand zur AufsichtsbehoumlrdeAbgrenzung interne Berichte nicht mit eingeschlossen

Projekt Plan

Projekt Sponsor hellip

Projekt Team

JanProjekt Verantwortlicher hellipProzess Verantwortlicher hellipMaster Black BelthellipBlack Belt hellipYellow Belt(s) hellip

Define

Measure

Analyze

Engineer

Control

Kick-off TollgateKick off Tollgate

JunMayAprMarFeb

Abb 648 Projektsteckbrief bdquoBerichte fuumlr Aufsichtsbehoumlrdenldquo

400 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bdquoKldquo steht fuumlr den kollektiven Lernprozess und bdquoIldquo fuumlr den individuellen Lernprozess In der Abbildung sind die beiden uumlber Vektoren miteinander verbunden Sie formen da-durch einen produktiven Feedback-Kreislauf d h das individuelle Lernen nuumltzt hier dem Kollektiven und zehrt gleichzeitig vom kollektiven Lernen Mit dem Beispiel des Projekt-steckbriefes laumlsst sich das so verknuumlpfen

Nehmen wir an der BB lernt in der Grundausbildung (kollektives Lernen) dass bei den Projektzielen in dem Projektsteckbrief immer primaumlre und sekundaumlre Messzielgroumlszligen ver-wendet werden muumlssen Er hat bei der Anwendung dieser Regel schon waumlhrend seines ers-ten Projektes groszlige Schwierigkeiten da er die beiden Kategorien von Messgroumlszligen nicht genuumlgend unterscheiden kann Er wird daher vom MBB (= Agent des kollektiven Lernens) unterstuumltzt Nehmen wir nun weiter an er kann ab dem 3 Projekt die Regel ohne Unter-stuumltzung anwenden (individuelles Lernen) Dem MBB wird klar dass mehrere seiner BBs bei der Anwendung dieser Regel die gleichen Schwierigkeiten haben Er analysiert diese Schwierigkeiten und schreibt einen Leitfaden zur Regelanwendung welchen er allen an-deren MBBs und BBs zur Verfuumlgung stellt In der Diskussion mit den anderen MBBs wird klar dass auch deren BBs teilweise die gleichen Schwierigkeiten haben Der Leitfaden wird nun in die Grundausbildung der kuumlnftigen BBs integriert Es zeigt sich dass ab die-sem Zeitpunkt die BB mit der Anwendung der Regel bedeutend weniger Schwierigkeiten haben (kollektives Lernen)

Im folgenden Abschnitt wird dieser produktive Feedback-Kreislauf in den Kontext einer Operational-Excellence-Einfuumlhrung eingebettet und detailliert beschrieben Das eigentliche Meta-Werkzeug wird daran anschlieszligend erlaumlutert

64212 Der Operational-Excellence-ErfolgsbaumBei dem entwickelten Operational-Excellence-Erfolgsbaum in Abb 650 handelt es sich um das erweiterte Konzept des produktiven Feedback-Kreislaufes Dabei werden die Ebe-nen des individuellen Lernens der einzelnen Rollentraumlger (Kennung bdquoIldquo fuumlr individuell) in den produktiven Zusammenhang zum organisationalen Lernen und zum Erfolg der Ope-rational-Excellence-Initiative gebracht (Kennung bdquoKldquo fuumlr kollektiv) Die Produktivitaumlt der wirkenden Kraumlfte ist dabei durch die Pfeile angedeutet

Kollektives Lernen Firma

K

IIndividuelles Lernen BB

Abb 649 Lernkreislauf

40164 Die Sustain-Phase

Abb 650 Operational-Excellence-Erfolgsbaum

402 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bdquoGute Operational-Excellence-Projektvorlagenldquo sind die erste Voraussetzung die er-fuumlllt sein muss Als bdquogute Projektvorlagenldquo gelten solche deren Projektinhalte einen di-rekten Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie haben Man spricht von bdquostrategic alignmentldquo der Projekte Ferner muss der Gegenstand des Projektes ein Prozess sein und ein Kundenbeduumlrfnis betreffen Zudem muss der Business Case sich rechnen Werden gute Operational-Excellence-Projektvorlagen mit optimaler Werkzeugauswahl sowie deren richtiger Anwendung durch den BB kombiniert fuumlhrt das zu guten Operational-Excellence-Projekten Gut sind diese Projekte weil sie methodisch korrekt durchgefuumlhrt worden sind und betrieblich den erwarteten Nutzen erbringen Projektvorlagen Werk-zeugauswahl und -anwendung bilden Wurzel und Stamm des Erfolgsbaumes BB-Wissen -Koumlnnen und -Erfahrung sind die Blaumltter des Baumes Sie wachsen mit jedem durchlau-fenen Projekt Der Erfolg der Initiative ist die durch die guten Projekte hervorgebrachte Frucht Effektives Coaching und effektive Ausbildung bilden den Naumlhrboden auf wel-chem der Baum gedeiht

Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die bdquooptimale Werkzeugauswahlldquo und die bdquorichtige Werkzeuganwendungldquo Beides sind sehr anspruchsvolle Aufgaben des Projekt-leiters bdquoOptimale Werkzeugauswahlldquo heiszligt Aus der umfangreichen Werkzeugkiste wer-den genau diejenigen Instrumente ausgewaumlhlt die auf die konkrete Projektsituation am besten passen bdquoRichtige Werkzeuganwendungldquo bedeutet eine methodisch konsistente An-wendung im Rahmen der unternehmensspezifischen Anwendungsform

Der BB steuert Werkzeugauswahl und -anwendung uumlber sein aktuelles Wissen und sein Koumlnnen welche mit jedem durchlaufenen Projekt (= Erfahrung) wachsen Dieses Wachs-tum findet einerseits auf dem Naumlhrboden von effektivem projektbezogenem Coaching durch den MBB statt und andererseits auf der Basis von effektiver und methodenbezoge-ner Ausbildung

Wissen Koumlnnen und Erfahrung sind zunaumlchst als dynamische und gleichzeitig perso-nenbezogene Groumlszligen zu sehen Sie integrieren sich zum individuellen Lernen des BB und wachsen mit jedem Projekt Angesichts der Methodenmaumlchtigkeit und der Werkzeugfuumllle kann nicht davon ausgegangen werden dass ein BB zu jedem Zeitpunkt die Werkzeug-auswahl und Werkzeuganwendung beherrscht (fuumlr einen MBB kann dabei ein etwas wei-tergehendes Beherrschen vorausgesetzt werden wobei allerdings die Restriktionen wie oben beschrieben gelten) Deshalb muss das aktuelle bdquoBeherrschenldquo jeweils als kollektive Leistung von BBs und MBBs erzeugt werden Die MBBs agieren dabei als Aktoren des kollektiven Lernens Sie steigern durch effektive Ausbildung und effektives Coaching Wissen und Koumlnnen der BBs Gleichzeitig stellen sie so sicher dass gute BBs selbst zu MBBs werden14

14 Eines der moumlglichen Karriereziele von BBs kann es sein ein MBB zu werden Die MBBs werden aus den Reihen der BBs diejenigen BBs vorschlagen welche dies wollen und aus ihrer Sicht ge-eignet sind den Nachwuchs an kuumlnftigen MBBs zu bilden Danach muss der kandidierende BB eine weitere Ausbildung durchlaufen welche ihn zum MBB befaumlhigt

40364 Die Sustain-Phase

Aus Unternehmenssicht ist es erforderlich dass die Inhalte des individuellen Lernens der BBs so personenneutral wie moumlglich ausfallen Anders gesagt Die individuellen Lern-schritte der BBs sollen sich aumlhneln Damit soll durch eine unternehmensweite Standardi-sierung von Werkzeugauswahl und Werkzeuganwendung eine starke Lean- Lean-Sigma oder Six-Sigma-Methodentreue erreicht werden

Beispiel Qualitaumltsproblem

In dem Unternehmen X gibt es ein ungeloumlstes Qualitaumltsproblem mit den Projektsteck-briefen Diese sind in den meisten Faumlllen unpraumlzise formuliert und widersprechen auch teilweise den Anforderungen an gute Projektvorlagen Zwar aumluszligerten die interviewten BBs hinter vorgehaltener Hand diesbezuumlgliche Kritik Andererseits fand man heraus dass selbst die MBBs im Unternehmen sich uneins waren wie denn ein guter Projekt-Charter aussehen muumlsste In diesem Unternehmen fehlte offensichtlich eine Verknuumlp-fung zwischen individuellem und organisationalem Lernen in Form eines produktiven Feedback-Kreislaufes Es war daher auch nicht moumlglich gezielt und kontrolliert Ab-hilfe zu schaffen Die Folge war dass die einzelnen BBs ihren persoumlnlichen Stil im Aufbau der Projektsteckbriefe herausbildeten beeinflusst durch die persoumlnlichen Stile der verschiedenen MBBs (= Coaches) Dabei hatten sich die Projektsteckbriefe in ihrer Aussagekraft nachteilig entwickelt Ihr Aufbau und ihr Inhalt hatten sich vom metho-dischen Vorbild entfernt

Der individuelle Lernvorgang der BBs muss erst in diese Richtung gesteuert werden z B durch laufendes Besprechen Dokumentieren und Bewerten Wird dies im ganzen Unter-nehmen in standardisierter Form gemacht kann daraus auch die Organisation lernen Dann sind die verschiedenen individuellen Lernergebnisse der BBs vergleichbar So kann ein Aumlnderungsbedarf beispielsweise bezuumlglich der Ausbildung abgeleitet werden und es koumlnnen entsprechend wirkende Maszlignahmen etwa gezielte Erweiterungen oder Kuumlrzun-gen des Lernangebots aufgesetzt werden Ein bislang nie in Projekten verwendetes Werk-zeug braucht nicht mehr geschult zu werden oder der weiter oben erwaumlhnte Leitfaden fuumlr das methodengerechte Verfassen von Projektsteckbriefen wird in die Grundschulung aufgenommen

Wie und wann soll die Besprechung Dokumentation und Bewertung der individuellen Lernvorgaumlnge der BBs nun erfolgen Wir schlagen vor dass dies wie in Abb 651 als fester Bestandteil der woumlchentlichen Coaching-Gespraumlche zwischen BB und MBB ein-gefuumlhrt wird Das individuelle Lernen der BBs wird ndash wie im Operational-Excellence-Er-folgsbaum dargestellt ndash uumlber das Coaching des MBBs gesteuert Als Grundlage dient das Meta-Tool Wenn dieses in der ganzen Unternehmung angewandt wird kann festgestellt werden welche Werkzeuge in welcher Projektsituation angewandt worden sind und wel-che Anwendungsfehler dabei von BBs gemacht worden sind Damit sind Lernprotokol-le der BBs nicht nur Protokolle des individuellen Lernfortschritts sondern koumlnnen uumlber ihre Vergleichbarkeit auch als objektiver Ausgangspunkt fuumlr kollektives Lernen genutzt werden Die MBBs haben damit ein Instrument in der Hand mit welchem sie aus sich

404 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

wiederholenden gleichartigen Defiziten bei Werkzeugauswahl oder Werkzeuganwendung Muster erkennen koumlnnen In der gleichen Art koumlnnen auch positive Anwendungsmuster erkannt und verbreitet werden

Das Coaching wird im produktiven Feedback-Kreislauf als entscheidende Schnittstelle zwischen individuellem und kollektivem Lernen gedeutet Das Ziel ist die Kreislaumlufe des individuellen und kollektiven Lernens an dieser Schnittstelle miteinander zu verknuumlpfen und beide im Sinne des Unternehmens zu gestalten BB und MBB muumlssen dazu verpflich-tet werden waumlhrend der Coachings in standardisierter Weise uumlber die Lerninhalte in den Dialog zu treten und Auswahl und Anwendung von Werkzeugen im einzelnen Projekt sys-tematisch zu dokumentieren Sodann muumlssen sie gemeinsam Bewertungen uumlber Auswahl und Anwendung von Werkzeugen vornehmen Weiter gehoumlrt dazu das gemeinsame Defi-nieren von Maszlignahmen fuumlr das individuelle Lernen und ggf das Ableiten von Maszlignah-men fuumlr das kollektive Lernen sowie eine Erfolgskontrolle der getroffenen Maszlignahmen

Die MBBs muumlssen ihrerseits dazu angehalten werden Zeit fuumlr eine systematische Mus-tererkennung aufzuwenden um daraus effektive Maszlignahmen fuumlr das kollektive Lernen abzuleiten Um diese Standardisierung von Vorgaumlngen zu erreichen bedarf es des Meta-Tools Das fuumlhrt eine einheitliche Reflexionsebene in die bereits laufenden Vorgaumlnge des Erfolgsbaumes ein

Das im Folgenden vorgestellte Meta-Tool ist darauf zugeschnitten Auswahl und An-wendung von Werkzeugen im Rahmen der Operational-Excellence-Methodik waumlhrend des Coachings an der Schnittstelle zwischen individuellem und kollektivem Lernen sys-tematisch zu erfassen zu bewerten sowie die geplanten und ausgefuumlhrten Maszlignahmen zu reflektieren Bei konsequenter Anwendung wirkt es wie ein Verstaumlrker fuumlr individuelles und organisationales Lernen und ermoumlglicht zudem eine systematische Praumlvention bei Fehlentwicklungen Daran sollten alle Lean Sigma anwendenden Unternehmen interes-siert sein

Abb 651 Meta-Tool zum individuellen Lernen

40564 Die Sustain-Phase

64213 Das Coaching mit dem Meta-ToolDie beiden entscheidenden Ziele beim Coaching sind das individuelle Lernen des BB im Operational-Excellence-Methodengebrauch zu foumlrdern und den Methodengebrauch in der Unternehmung zu standardisieren Beim woumlchentlichen Coaching muss dabei auf houmlchstmoumlgliche Eigenleistung des BBs geachtet werden So muss der BB zu Beginn jeder Projektphase aus allen Werkzeugen diejenigen vorschlagen welche aus seiner Sicht am sinnvollsten fuumlr die konkrete Situation sind Dazu uumlbergibt der MBB dem BB zu Beginn des Projektes ein Template mit den verfuumlgbaren Werkzeugen pro Phase Der BB mar-kiert bis zur naumlchsten Coaching-Sitzung auf dem Template alle Werkzeuge welche er in der Phase benutzen moumlchte In der Coaching-Sitzung muss der BB seine Werkzeugwahl explizit begruumlnden und dem MBB auch verstaumlndlich machen in welchen Schritten die Anwendung der einzelnen Werkzeug in der konkreten Situation geplant ist Durch diese Eigenleistung des BBs werden seine Gedankengaumlnge transparent gemacht und koumlnnen do-kumentiert werden Werkzeugauswahl und -anwendung werden fuumlr den MBB als Agenten des kollektiven Lernens in der Coaching-Sitzung explizit beurteilbar und steuerbar

Der MBB lenkt die Aufmerksamkeit des BBs in der Coaching-Sitzung auf die Werk-zeuge die in der Projektsituation am besten geeignet sind Trifft der MBB auf Argumenta-tionsschwaumlchen ist es wichtig diese zu hinterfragen Konzeptionelle Staumlrken und Schwauml-chen werden im Template vermerkt Individuell vereinbarte Maszlignahmen werden ebenfalls auf dem Template vermerkt

Die vereinbarten Maszlignahmen beschraumlnken sich keinesfalls auf den individuellen Lern-horizont des BBs Falls sich bei der Beurteilung der Argumentation beispielsweise das zugrunde liegende Ausbildungsmaterial als fehlerhaft erweist gehen entsprechende Auf-traumlge an die Ausbildungsverantwortlichen Solche Auftraumlge werden ebenfalls auf der Vor-lage vermerkt und anschlieszligend der Fortschritt kontrolliert

Bei (Waumlhrend) der bdquoReiseldquo durch die DMAIC-Projektphasen entsteht so eine fuumlr BB und MBB nutzbare Geschichte uumlber die Anwendung von Tools Eine Geschichte der uumlber-wundenen Schwaumlchen und eine Analyse der Gruumlnde fuumlr diese Schwaumlchen Es entsteht ein Verzeichnis der getroffenen Maszlignahmen Kurz ein individuelles Lern- und Anwendungs-protokoll fuumlr den BB Auftraumlge an kollektive Aktoren wie etwa im Beispiel an die Ausbil-dungsverantwortlichen bereichern dieses individuelle Lern- und Anwendungsprotokoll um Aspekte des kollektiven Lernens

Die ebenfalls durchzufuumlhrende Bewertung nach erfolgter Anwendung fuumlhrt zudem zu Anreizen fuumlr den BB sich die Methodik gruumlndlich anzueignen Es kann davon ausgegan-gen werden dass bei folgenden Projekten die gleichen Fehler nicht mehr gemacht werden Uumlber alle Projekte die ein BB in seiner Operational-Excellence-Karriere durchlaumluft ent-steht so uumlber das individuelle Lernprotokoll hinaus auch eine individuelle Landkarte der angewendeten Werkzeuge

Nutzen alle BBs und MBBs eines Unternehmens das Meta-Tool wird mit der Zeit ein auswertbarer Daten-Pool geschaffen Mittels der auf Mikroebene generierten Daten ist es in transparenter und durchgaumlngiger Weise moumlglich auf der Makroebene des Unterneh-mens Muster von methodischen Abweichungen zu erkennen Darauf basierend koumlnnen gezielte Korrekturmaszlignahmen eingeleitet werden

406 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die Ausbildung von zukuumlnftigen BBs wird auf die Anwendungsschwierigkeiten zu-geschnitten Refresher-Kurse werden angeboten oder bestimmte Tools werden aus dem Werkzeugkasten des Unternehmens gestrichen Anhand der individuellen Lernprotokolle kann schlieszliglich uumlberpruumlft werden ob die eingeleiteten Aumlnderungen der Ausbildung ins-gesamt erfolgreich waren Die bdquoneuldquo geschulten BBs sollten ja nicht vor den gleichen Schwierigkeiten stehen wie die vorher geschulten

64214 Der Benefit durch den Operational-Excellence-ErfolgsbaumDurch das Meta-Werkzeug wird auf verschiedenen Ebenen ein kontrollierter Fortschritt bei der Auswahl und Anwendung von Operational-Excellence-Werkzeugen erreicht In dem Werkzeugauswahlprozess ist sichergestellt dass der BB die Auswahl mit Blick auf alle verfuumlgbaren Werkzeuge trifft Die Auswahl eines Werkzeuges erfolgt ebenso begruumln-det wie die Nichtauswahl Das erweitert den expliziten Methodenhorizont des BBs

Bei der Werkzeuganwendung werden Fehler praumlventiv vermieden Das Coaching-Ver-fahren beguumlnstigt eine standardisierte Methodentreue aller BBs und unterstuumltzt damit die nachhaltige Wirkung der Lean-Sigma-Initiative

Dadurch dass der BB dem Coach die Werkzeugauswahl begruumlnden und die Anwen-dung erklaumlren muss werden seine konzeptionellen Gedanken sichtbar und damit im Sinne einer professionellen Anwendung steuerbar Sein Methodenwissen wird explizit gemacht und geht mit der richtigen professionellen Anwendung des Werkzeuges in ein bdquoKoumlnnenldquo uumlber Dadurch wird eine Beherrschung der Methode durch die BBs gefoumlrdert

Durch Integration der Anwendungsmuster zu einem firmenspezifischen Gesamtbild er-geben sich uumlberindividuelle Interpretationsmoumlglichkeiten woraus Maszlignahmen mit Blick auf die Gesamtorganisation abgeleitet werden koumlnnen

Der Lernerfolg der Organisation wird so steuerbar und uumlberpruumlfbar Ausbildung und Coaching werden immer fokussierter effektiver und effizienter

Um das zu erreichen sind neben dem Meta-Tool auch Disziplin und eine Stunde Zeit pro Woche notwendig Zeit fuumlr den BB sich sein Vorgehen explizit zurechtzulegen und ggf seine Gedanken anzupassen Zeit um das Template des Meta-Tools auszufuumlllen Zeit fuumlr die MBBs die Vorlagen individuell waumlhrend des Coachings zu besprechen und nach-zubearbeiten Ferner benoumltigt der MBB Zeit dafuumlr Auswertungen uumlber das ganze Unter-nehmen aus den Daten zu ziehen und Maszlignahmen umzusetzen Ein Investment das sich in jedem Fall lohnt

6422 CRAFT (Continuous Rollout Assistance amp Feedback Technology)Vielen strategischen Initiativen fehlt die Durchsetzungskraft wenn der Alltag nach heiszligen Projektphasen wieder eingekehrt ist Hier wird eine erarbeite Vertriebsstrategie im Feld nicht umgesetzt und dort wird eine fuumlr viel Geld entwickelte Software nicht genutzt Die zwei Gruumlnder der Meilenstein Gesellschaft aus Koumlln haben etliche Erfahrungen dieser Natur waumlhrend ihrer Beratungstaumltigkeit im Bereich Vertrieb Pricing und Change sam-meln duumlrfen und im Gegenzug eine Methode entwickelt mit deren Hilfe der Roll-Out

40764 Die Sustain-Phase

von unternehmensweiten Initiativen effizienter gestaltet wird Angetrieben von der Frage warum das Gros der strategischen Aktivitaumlten in den seltensten Faumlllen wie geplant um-gesetzt wird stellten die zwei fest dass die Mitarbeiter haumlufig vor vollendete Tatsachen gestellt werden worunter die Akzeptanz der Veraumlnderung entscheidend leidet und dass die betroffenen Personen beim Erlernen der neuen Inhalte Ablaumlufe und Methoden alleine gelassen werden Um genau diesen beiden Faktoren entgegenzuwirken wird eine inten-sive Begleitung des Umsetzungsprozesses benoumltigt Die Meilenstein Gesellschaft baut im Folgenden auf vier Lernprinzipien damit Akzeptanz der Veraumlnderung geschaffen wird und die strategische Planung treffsicher umgesetzt werden kann

1 bdquoPower Law of Practiceldquo Je haumlufiger Inhalte und Anwendungen wiederholt werden desto weniger wird vergessen Das klingt einfach und ist auch nicht neu Doch auch die Anzahl der Wiederholungen die bei den verschiedenen Mitarbeitern notwendig sind um ein bestimmtes Level an Wissen sicherzustellen variieren stark Waumlhrend der Mitarbeiter Muumlller einen bestimmten Inhalt nur dreimal wiederholen muss um ihn anwenden zu koumlnnen benoumltigt Mitarbeiter Schmidt sieben Lerneinheiten Trainings-programme und Schulungen muumlssen dies beruumlcksichtigen damit der jeweilige Lern-inhalt im Rahmen einer Veraumlnderung anschlussfaumlhig bleibt

2 bdquoSpacing Effectldquo Auch hier ist der Grundgedanke simpel und bereits bekannt Zum Erlernen von Neuem benoumltigt es einen bestimmten Abstand zwischen den Lernein-heiten um das Neue gewissermaszligen zu bdquoverdauenldquo Ist der zeitliche Abstand zwischen den Einheiten zu kurz verlieren die Einheiten an Effizienz ist er jedoch zu lang wurde bereits wieder zu viel vergessen Es kommt die Tatsache erschwerend hinzu dass auch dieser optimale Zeitabstand zwischen Einheiten von Mitarbeiter Muumlller zu Mitarbeiter Schmidt variiert Mit denen in der Praxis weit verbreiteten Gruppenschulungen wird man diesen ersten beiden Lernprinzipien nicht mehr gerecht

3 bdquo70-20-10 Modelldquo Verschiedene Untersuchungen haben ergeben dass ein Groszligteil des Lernerfolgs eben nicht durch Schulungen Seminare und Handbuumlcher erreicht wer-den kann In Zahlen ausgedruumlckt bedeutet dies Lediglich 10 machen Schulungen und Co aus 20 bilden das Lernen von Anderen ab und 70 werden durch Taumltig-keiten bdquoon-the-jobldquo erreicht Die Herausforderung ist es den Umsetzungsprozess von strategischen Vorhaben so zu gestalten dass es den Mitarbeitern ermoumlglicht wird bdquoon-the-jobldquo moumlglichst effizient und im Idealfall gesteuert zu lernen Dieser Aspekt wird bei den meisten Organisationen die Veraumlnderungsinitiativen anstoszligen ausgeblendet Das Scheitern von strategischen Vorhaben hat demnach eine einfache Erklaumlrung

4 bdquoValue of Feedbackldquo Das letzte verarbeitete Lernprinzip sagt aus dass Feedback und insbesondere unmittelbares Feedback (sogenannte Ad-hoc-Hinweise) mit Abstand der effizienteste Weg sind neue Inhalte zu erlernen Dem gegenuumlber steht besonders das gaumlngige bdquoincentivierte Lernenldquo oder ausschlieszliglich uumlber motivierende Faktoren funk-tionierende Lernen Studien zeigen dass systematische Feedback-Strukturen und die Ad-hoc-Hinweise 24-mal so effizient sind

408 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Wenn man sich diese in Abb 652 653 654 und 655 dargestellten vier Lernprinzipi-en vor Augen fuumlhrt wird klar warum viele Veraumlnderungsinitiativen scheitern Alle vier in einem Trainingsprozess zu beruumlcksichtigen bedarf eines enormen Zeitaufwandes wie eine einfache Rechnung zeigt

Durchschnittlich sind nach Erfahrung der Meilenstein Gesellschaft zehn Trainings-einheiten (Einzeltraining) agrave 30 min uumlber einen Zeitraum von acht Wochen noumltig damit ein Mitarbeiter ein neues Programm nicht nur befuumlrwortet sondern dessen Inhalte auch treffsicher bei der taumlglichen Arbeit anwendet Dies ergibt fuumlnf Stunden Einzeltraining pro Mitarbeiter bei einem Team von 100 Mitarbeitern dementsprechend 500 h Noch nicht eingerechnet ist hier die Zeit fuumlr die Vor- und Nachbereitung der Einzeltrainings die durchschnittlich noch einmal 500 h in Anspruch nimmt Doch keine Top-Fuumlhrungskraft oder Geschaumlftsleitung kann nur fuumlr diesen Lernprozess 1000 h uumlber einen Zeitraum von zwei bis drei Monate in einen Mitarbeiter investieren Die Realitaumlt in der Praxis ist aber ernuumlchternd Nicht einmal 120 dieser Zeit (50 h) wird in die Mitarbeiter investiert Kein Wunder dass die meisten Veraumlnderungsinitiativen scheitern wenn die im Stich gelassenen Mitarbeiter das neue Programm weder gutheiszligen noch richtig verstanden haben

Abb 652 Power Law of Practice 1

40964 Die Sustain-Phase

Die Kernfrage besteht darin wie diese Lernprinzipien und die damit verbundene zeit-liche Investition in einen wirtschaftlich abbildbaren Prozess gegossen werden koumlnnen Das Ergebnis ist die Methode CRAFT (Continuous Rollout Assistance amp Feedback Tech-nology) Deren Kernelement ist dass die Mitarbeiter der Kunden auf ihre individuellen und spezifischen Anforderungen ausgerichtete Einzelminitrainings erhalten Zu diesem Zweck wird der Lerninhalt in Module eingeteilt und mit spezifischen Lernzielen versehen Die Feedback-Spezialisten von Meilenstein die aufgrund ihrer Spezialisierung deutlich effizienter werden begleiten dann fuumlr einen Zeitraum von sechs bis 16 Wochen (abhaumlngig vom Umfang der Lerninhalte) die Mitarbeiter Dabei entwickeln Sie individuelle Lern-plaumlne und fuumlhren die telefonischen Einzeltrainings durch So gelingt es den Mitarbeitern ein Training in Form eines Feedbacks zu Ihrer tatsaumlchlichen Taumltigkeit zu geben und das zu dem fuumlr sie optimalen Zeitpunkt Die Tatsache dass diese Trainings telefonisch durch-gefuumlhrt werden hat sich im Laufe der Zeit als weiterer Vorteil erwiesen Durch die Distanz wird das Feedback der Meilenstein Spezialisten gut angenommen die Mitarbeiter sind offen fuumlr die Empfehlungen die sie erhalten

rdquoSpacing Effectrdquo2

1 Einheit

1 Einheit

2 Einheit

2 Einheit

3 Einheit

3 Einheit

t

t

t

1 Einheit 2 Einheit 3 Einheit

Abb 653 Power Law of Practice 2

410 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Bei der Entwicklung dieser Methode wurde stets unter der Praumlmisse gearbeitet dass der Prozess fuumlr den Kunden bezahlbar bleiben muss sprich ein positiver ROI schon kurzfristig zu erzielen ist Durch den Einsatz von selbst gut geschulten Spezialisten einer lerneffizi-enten Arbeitsorganisation sowie von technologisch hochwertiger Unterstuumltzung wird man diesem Anspruch gerecht Die Resonanz aus der Praxis ist durch die Bank weg positiv

Wissen vermitteln und Muster erkennen ndash dieser Nutzen den die Meilenstein Gesell-schaft ihren Kunden bietet ist dabei sehr vielschichtig

Unter bdquoWissen vermittelnldquo beschreibt die Meilenstein Gesellschaft die Inhaltsvermitt-lung die durch Ihre Unterstuumltzungsprogramme gelingt Dadurch dass den ausfuumlhrenden Mitarbeitern ein Sparringpartner zur Seite gestellt wird ist es moumlglich neue Inhalte und Prozesse zielgerichtet schnell und dabei nachhaltig in der Organisation zu verankern Dies nimmt nicht nur der einzelne Mitarbeiter positiv auf sondern dem Unternehmen wird es ermoumlglicht das Potenzial der strategischen Aktivitaumlt zeitnah zu heben Durch die-se intensive Begleitung der Mitarbeiter gelingt es auszligerdem auch die Mitarbeiter fuumlr ein Programm zu gewinnen die als resistent gegenuumlber Veraumlnderungen beschrieben werden koumlnnen (i d R 20 aller Betroffenen)

Abb 654 70-20-10 Model

41164 Die Sustain-Phase

Unter dem Stichwort bdquoMuster erkennenldquo fasst die Meilenstein Gesellschaft drei nicht minder zu bewertende Nutzenaspekte der Programme zusammen Erstens gelingt eine Be-wertung und Anpassung der Initiative und deren Inhalte auf taumlglicher Basis Dadurch dass die Meilenstein Spezialisten mit all den Mitarbeitern des Unternehmens in Kontakt stehen koumlnnen sie erkennen wo die Staumlrken und wo die Schwaumlchen des Programms liegen Zu dieser Erkenntnis gelangt man bei den uumlblichen Umsetzungsprozessen haumlufig erst nach Monaten wenn dies uumlberhaupt gelingt Eine solche qualitative Bewertung des Programms erweist sich vor allem im Nachhinein von enormem Wert da strategische Anpassungen zeitnah vorgenommen werden koumlnnen Zweitens besteht ein weiterer Nutzen darin dass es durch die Methodik gelingt das Wissen des gesamten Teams zu sammeln aufzubereiten in das Schulungsmaterial einzuarbeiten und dann zielgerichtet an die richtigen Stellen und Mitarbeiter weiterzuleiten Diese Kanalisierung des unternehmensinternen Wissens findet in der Praxis trotz aller Wissensmanagementsysteme meist nur unzureichend statt Drittens gelingt es dank des staumlndigen Kontaktes mit allen Mitarbeitern des Kunden versteckte aber relevante Themen Erkenntnisse und Muster in der Arbeit zu erkennen Diese bleiben in der Regel verborgen bzw koumlnnen nicht in einen Zusammenhang gesetzt werden

Abb 655 Value of Feedback

412 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Die Benefits eines durch die Unterstuumltzungsmethodik der Meilenstein Gesellschaft be-gleiteten Kunden lassen sich auch auf die standardisierte Programmatik einer Operational-Excellence-Initiative beziehen So bieten die Ausbildungswege der Six-Sigma-Belt-Struk-tur die Benutzung von neuen Werkzeugen oder Softwareloumlsungen oder die Erfolgskont-rolle nach Projektende genuumlgend Anknuumlpfungspunkte um durch die inhaltlich richtigen und zeitlich sorgfaumlltig platzierten Fragen den Mitarbeitern die Umsetzung der kontinuier-lichen Verbesserungsphilosophie zu vereinfachen Abb 656

6423 GamificationEin weiteres Schluumlsselkonzept zur besseren Nutzung der Ressourcen eines Unternehmens fuumlr die Durchfuumlhrung einer Operational-Excellence-Initiative ist das aus dem Werbe- und Unterhaltungsbereich stammende Prinzip der Gamification Dieses handelt von der An-wendung spieltypischer Attribute in einem spielfremden Kontext um eine Motivations-steigerung zu erzielen Spieltypische Attribute beziehen sich auf das Design die Mecha-nismen die Psychologie und die Herausforderung von Spielen Ziel ist es mit typischen Verhaltenserscheinungen aus Spielen wie Engagement Interaktion Wettbewerb Koope-ration Bereitschaft und Lernen eine scheinbar eintoumlnige Taumltigkeit spannend zu gestal-ten Dieser Ansatz kann demnach in den unterschiedlichsten Bereichen ndash sowohl privat

Unternehmensinitiative

Korrektur

Rollout-Ziele

Rollout Vorbereitung

Erfolgs-kontrolle

Anpassung

Formales Trainingfuumlr Mitarbeiter

Ziele erreicht CRAFTcopy

Ad-hoc-FeedbackSpezialisten

Verbesserung

fuumlr

On-the-Job-Lernphase

durch Modul-

Abb 656 Die CRAFTcopy-Methode zum effizienten Rollout einer Unternehmensinitiative (Quelle Bilstein und Muumlller 2012)

41364 Die Sustain-Phase

als auch beruflich ndash genutzt werden Ob es um die Steigerung von Kundenbindung das schnellere Lernen in Fortbildungsseminaren das Ausfuumlllen der Steuererklaumlrung oder das Aufraffen zum Sport treiben geht Gamifizierte Anwendungen foumlrdern die Entscheidungs-freiheit den Spaszlig und die Selbststaumlndigkeit des Benutzers und verstaumlrken dadurch die Bindung zwischen Anwendung und Benutzer

Die Liste von positiven Beispielen ist lang (vgl Chou 2013 Herger 2011) Unternehmen wie Verizon Spotify Nike oder Deloitte konnten belastbare Ergebnisse durch die Anwen-dung von Gamification erzielen Bei Deloitte wurden Trainingsprogramme um 50 schnel-ler abgeschlossen Nike brachte uumlber 5 Mio Kunden dazu ihre Fitnessziele zu verbessern Spotify ersetzte das Erstellen eines Jahresberichtes durch eine Spielversion was zu einer Mitarbeiterbeteiligung von uumlber 90 fuumlhrte und Verizon konnte seine Kunden auf einer gamifizierten Homepage 30 laumlnger halten als auf der gewoumlhnlichen Webpage Auch im nichtindustriellen Sektor sprechen zahlreiche Beispiele fuumlr sich So wurde durch die Zusam-menarbeit des Center fuumlr Spielewissenschaften und des Department fuumlr Biochemie an der Universitaumlt Washington ein Protein-Puzzle (Foldit) entwickelt welches sich mit der Loumlsung eines fuumlr AIDS verantwortlichen Virus beschaumlftigt Mitspieler auf der ganzen Welt (uumlber 240000) standen somit im Wettbewerb wer zuerst eine passende Proteinstruktur finden wuumlrde Was hochrangige Wissenschaftler in 15 Jahren nicht loumlsen konnten gelang Foldit in 10 Tagen Eine weitere Organisation schrieb sich die Reduzierung von Energie auf die Fahnen und entwickelte ein Spiel in dem der Stromverbrauch des eigenen Haushaltes mit dem der Nachbarn direkt verglichen wurde Im Durchschnitt verbrauchten die Benutzer 2 weniger Strom (vgl Chou 2013 und Herger 2011) Das machte in 2012 eine Ersparnis von uumlber 1 Terrawatt aus ndash das entspricht 100000 Autos die aus dem Verkehr gezogen werden

Gamification hat also wenig mit dem tatsaumlchlichen Spielen zu tun sondern integriert Me-chanismen die den Spaszligfaktor eines Spiels ausmachen in spielfremde Zusammenhaumlnge um Engagement und Teilnahmebereitschaft zu steigern Das Prinzip kann aber nicht auf saumlmt-liche Problemstellungen angewendet werden Wenn Mitarbeiter die Anwendung einer Soft-ware nicht verstehen sollte der Zugang erleichtert werden Wenn Mitarbeiter an Meetings nur unregelmaumlszligig teilnehmen weil sie mit Arbeit uumlberlastet sind dann sollte man diese Be-lastung reduzieren Gamification kommt immer erst dann ins Spiel wenn Mitarbeiter nicht ausreichend motiviert sind Bieten die haumlufig zaumlhen und statistisch-mathematisch gepraumlgten Trockenuumlbungen einer Black-Belt-Ausbildung nicht Motivationspotenzial Die Installation eines auf monetaumlren Mitteln beruhenden Bestechungssystems ist damit nicht gemeint Wenn die Credit Suisse ihren Lean-Sigma-Black-Belts 1000 Schweizer Franken im Monat mehr zahlt koumlnnen Sie sicher sein dass bei der naumlchsten strategischen Initiative bei der kein Geld fuumlr die Fortbildung gezahlt wird die Anzahl der freiwilligen Teilnehmer rapide sinkt Ziel muss immer die intrinsische Motivation des Mitarbeiters sein welche mit der Foumlrderung von Faumlhigkeiten der Ausweitung von Autonomie und der Sinnstiftung der Taumltigkeiten adressiert wird Es sollte jeder Fuumlhrungskraft ein Anliegen sein die folgenden Elemente von Gamifica-tion sowohl im Alltagsgeschaumlft als auch in Projektaktivitaumlten zu beruumlcksichtigen

414 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

1 Gruppenarbeit Das Knuumlpfen von Kontakten und erstellen von Netzwerken steigert die Erfolgswahrscheinlichkeit beim Loumlsen von Problemen

2 Ruumlckmeldung Alle Aktivitaumlten fuumlhren zu einem sichtbaren Feedback (z B Highscore oder Erhalt von virtuellen Guumltern)

3 Gefilterte Informationen Der Anwender sollte beim Loumlsen eines Problems nicht mit unnoumltigen Informationen beladen werden Gerade Lernspiele bauen kontinuierlich auf-einander auf und nehmen dabei keine wichtige Information vorweg

4 Rangliste Sobald der Benutzer den Status und Fortschritt anderer Benutzer sieht ent-steht eine Art Wettbewerb der houmlhere Leistungsbereitschaft ermoumlglichen kann

5 Transparenz Der Anwender sollte das Ergebnis einer Aktivitaumlt kennen (z B Erhalt von Status-punkten) Dies hilft dem Anwender dabei die Bedeutung seiner Aktivitaumlten bes-ser einschaumltzen zu koumlnnen Dies wirkt sich positiv auf das Streben nach einem tieferen Sinn in der Taumltigkeit aus Gleichzeitig sollte der Anwender klar erkennen koumlnnen wo er gerade beim Erfuumlllen einer Aufgabe steht (z B durch eine Prozentanzeige) Transparenz hinsichtlich des persoumlnlichen Fortschritts ist ein wichtiges Element von Motivation

6 Status Quest Dies beschreibt eine Taumltigkeit die in einem bestimmten Zeithorizont zu erledigen ist Durch das stetige Wiederholen (z B durch Raumltsel) koumlnnen Erfahrungen und Qualifikationen trainiert werden Wenn das zusaumltzlich in einer Gruppenkonstella-tion stattfindet wird gleichzeitig die Teamfaumlhigkeit gestaumlrkt

Moumlgliche Anknuumlpfungspunkte fuumlr das Prinzip der Gamifizierung lassen sich auch im Rah-men einer Operational-Excellence-Initiative finden Die folgenden Punkte sollen Denk-anstoumlszlige sein um in Zukunft in der einen oder anderen Situation den Blick uumlber den Teller-rand zu wagen Seien Sie kreativ

bull Warum bringen Sie die Mitglieder Ihres Projektteams nicht miteinander in Kontakt Dieser Kontakt sollte nicht nur einen informativen sondern vor allem Feedback-Cha-rakter haben So kann beispielsweise die Problemstellung eines Mitgliedes im Rahmen eines Projektplenums gleich von anderen Projektbeteiligten eingeschaumltzt werden

bull Warum rotiert das eine oder andere Projektmitglied nicht In der Tat kann dies bei inter-national verflochtenen Initiativen schwieriger sein als wenn eine gewisse Anzahl von Operational-Excellence-Projekten raumlumlich nah beieinander liegt Einzelne Mitglieder bauen sich so schnell ihre Problemloumlsungskompetenz aus und forcieren den Wissens-austausch in der Organisation

bull Warum gibt es keine Highscores fuumlr die Projekte Wenn in einem Unternehmen 15 Operational-Excellence-Projekte durchgefuumlhrt werden kann die Haumllfte in Form einer bdquoBundesligaldquo dargestellt werden (die Rolle der bdquoroten Laterneldquo als Tabellenletzter soll-te aus stimmungshygienischen Gruumlnden niemand einnehmen) In welchem Team sind die wenigsten Mitarbeiter krank Welches Team weist den groumlszligten Nettobeitrag auf Welches Projekt konnte die Kundenzufriedenheit am meisten steigern

bull Warum wird nach einer Projektwelle das beste Team nicht praumlmiert Man kann die Teams mit virtuellen Guumltern auszeichnen die sich ab einer gewissen Menge in reale

41564 Die Sustain-Phase

Guumlter umwandeln(z B Gewinn einer Staumldtereise fuumlr das Team) Warum wird nach der Ausbildungszeit nicht der beste Black Belt auf aumlhnliche Art und Weise praumlmiert

bull Warum wird nicht darauf geachtet dass die Belt-Auszubildenden keine Schema-F-Schulung erhalten Man kann die Schulungen spezifizieren ndash abhaumlngig von der Bran-che der Unternehmensstrategie oder des Projektinhaltes So werden die Mitarbeiter nicht mit unnoumltigen Werkzeugschulungen beladen

bull Warum laumlsst man waumlhrend Meetings nicht einen Meeting-Ticker laufen und praumlmiert das Team mit den kostenguumlnstigsten Meetings (vgl Tripp et al 2013) So gibt es eine webbasierte Loumlsung fuumlr die Ermittlung der Kosten eines Projekt-Meetings indem man die Anzahl der Teilnehmer deren durchschnittlichen Stundenlohn und die Dauer des Meetings beruumlcksichtigt

bull Warum gibt es nicht eine allgemein zugaumlngliche bdquoRaumltsel-Datenbankldquo in der alle aktu-ellen Probleme und Stoumlrungen in Prozessen dokumentiert und visualisiert sind Jeder Mitarbeiter kann so seinen persoumlnlichen Highscore im Raumltsel- bzw Problemloumlsen stei-gern und gleichzeitig seine Erfahrung und Qualifikation verbessern Eventuell kann derjenige der die meisten Probleme in einem Monat geloumlst hat mit Sonderkonditionen in der Kantine belohnt werden

6424 Professionelle TrennungDie Trennung von Mitarbeitern ist haumlufig das (hoffentlich) letzte Mittel um mit oumlkonomischen Realitaumlten umzugehen Dass allein mit einem Stellenabbau nur kurzfristige Profitabilitaumlts-spruumlnge erreicht werden beweisen Studien schon lange aumlndert aber nichts daran dass diese Erkenntnis haumlufig (auch unter dem Deckmantel von Kostenreduzierungen durch Operational Excellence) ignoriert wird Es gibt zahlreiche verstaumlndliche (Insolvenzvermeidung) und we-niger nachvollziehbare (ungeschickte Kommunikation) Gruumlnde fuumlr einen Personalabbau Wir konzentrieren uns auf folgende Konstellation Eine Gruppe von Mitarbeitern weigert sich ve-hement die strategische Bemuumlhung von Operational Excellence zu akzeptieren und mitzutra-gen und blockiert nicht nur die Arbeit im Projekt sondern verbreitet auch schlechte Stimmung und Geruumlchte Wer es mit einer kulturellen Transformation ernst meint wird ein konsequentes Durchgreifen nicht vermeiden koumlnnen Warum es lohnt Mitarbeiter nicht bdquoeiskalt zu exeku-tierenldquo soll naumlher beleuchtet werden Konkrete Handlungsanweisungen um eine Kuumlndigung professionell handzuhaben stehen dabei im Vordergrund Grundsaumltzlich kann man sagen Je fruumlher sich die Unternehmensleitung mit konkreten Maszlignahmen beschaumlftigt desto sozial-vertraumlglicher laumlsst sich das Ergebnis gestalten ndash fuumlr das Ziel einer einvernehmlichen Loumlsung braucht es einen gewissen Vorlauf Schwerwiegende emotionale und betriebswirtschaftliche Nebenwirkungen von Personalveraumlnderungen sind dabei zu vermeiden

64241 Warum lohnt sich ein bdquoprofessionelles Trennungsmanagementldquo ohne Nebenwirkungen

Ohne eine gesunde Portion an Sensibilitaumlt werden Sie fuumlr unkontrollierbare Unruhe im eigenen Haus sorgen Moumlgliche Folgeschaumlden bei den anderen Mitarbeitern (Produk-tivitaumlt und Arbeitsmoral sinken Vertrauen in Fuumlhrungsebene schwindet) oder bei sich

416 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

selbst (Ablenkung vom notwendigen Tagesgeschaumlft) muumlssen vermieden werden Wenn die Trennung von einem Mitarbeiter nicht wertschaumltzend durchgefuumlhrt wird sehen und spuumlren das auch die anderen Mitarbeiter Schlieszliglich koumlnnte auch mit ihnen mal so umgegangen werden ndash in der Folge verlassen haumlufig die Besten das bdquosinkendeldquo Schiff zuerst

Durch unprofessionelle Trennungsgespraumlche werden Kosten verursacht Dabei spielen gerade nicht die offensichtlichen Kosten (Abfindungen Vorruhestandsregelungen etc) die entscheidende Rolle sondern die verdeckten Kosten (Imageverlust beim Kunden geringe Attraktivitaumlt auf dem Arbeitsmarkt Abfluss von Wissen Loyalitaumltsverlust Verbreitung von Krisendenken in der Belegschaft) Wer gegenuumlber diesen Faktoren ignorant ist kuumlm-mert sich nicht um das Wohl der Organisation

64242 Warum ist ein Trennungsgespraumlch so schwierigJedes Trennungsgespraumlch ist einzigartig ndash dementsprechend viel feinmechanische Erfah-rung wird beim Umgang mit diesen kritischen Situationen benoumltigt Bin ich souveraumln genug Habe ich mich auf die moumlglichen Reaktionen vorbereitet Besitze ich die ent-sprechenden kommunikativen Faumlhigkeiten Habe ich das Gespraumlch gut vorbereitet Wer nicht sicher in seinem Verhalten ist wird zwangslaumlufig erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit dem Betroffenen bekommen Ferner wird der Kontext durch die eigene Be-troffenheit beim Zerstoumlren einer Existenz stark beeinflusst Letztendlich ist ein derartiger Trennungsprozess eine sehr persoumlnliche Angelegenheit die nicht nur den Mitarbeiter und den Vorgesetzen angeht Die direkten Kollegen weitere Mitarbeiter der Betriebsrat die Geschaumlftsfuumlhrung die Eigentuumlmer der Partner die Familie und das soziale Umfeld des Betroffenen oder auch Lieferanten und Kunden sind Bestandteil dieser personellen Ver-aumlnderung Personalabbaumaszlignahmen neigen demnach dazu kulturelle und emotionale Bruumlche in der gesamten Organisation hervorzurufen

64243 Wie bereite ich mich auf das Gespraumlch vorAbgesehen davon dass vorweg alle Alternativen mit anderen Geschaumlftsbereichen oder Tochtergesellschaften abgeklaumlrt sein muumlssen gibt es acht Basisfragen zu beantworten

1 Wer fuumlhrt das Gespraumlch Das Gespraumlch hat der direkte Vorgesetzte unter vier Augen zu fuumlhren Das Gespraumlch

darf nicht delegiert werden Moumlglicherweise bietet ein Erst- und Zweitgespraumlch Raum und Zeit konstruktiv mit der Situation umzugehen

2 Wo findet das Gespraumlch statt Das Gespraumlch findet dort statt wo sonst auch Gespraumlche uumlblicherweise stattfinden Das

gewohnte Ambiente sollte ein geschlossener (kein verglaster) Raum sein Bieten Sie Getraumlnke an und halten Sie Taschentuumlcher parat

3 Wann findet das Gespraumlch statt Das Gespraumlch sollte nach guter Vorbereitung ohne groszlige Vorankuumlndigung tagsuumlber

zur Wochenmitte an keinem Festtag und so fruumlh wie moumlglich stattfinden

41764 Die Sustain-Phase

4 Wie lange dauert das Gespraumlch Uumlbermitteln Sie die Trennungsbotschaft in den ersten drei bis fuumlnf Saumltzen Das Gespraumlch

sollte 30 min nicht uumlberschreiten (15 min Botschaft und Erlaumluterung des Vorgesetzten 15 min fuumlr Aumluszligerungen des Mitarbeiters) Schauen Sie nicht staumlndig auf die Uhr

5 Was ist der Inhalt des Gespraumlchs Eine schlechte Nachricht bleibt eine schlechte Nachricht ndash auch wenn Sie eine Vier-

telstunde um den heiszligen Brei herumreden Die Trennung muss klar und unmissver-staumlndlich ausgesprochen werden und erklaumlren Sie wie die Entscheidung mit dem Management der Rechtsabteilung oder dem Betriebsrat abgestimmt ist Wenn Sie zwei Gespraumlche fuumlhren gehen Sie nicht direkt auf jede Einzelheit ein seien Sie aber auf alles vorbereitet (BegruumlndungAuswahlentscheidung Kernbotschaft Trennungs-konditionen Transferhilfen Sicherheitsaspekte Informationspolitik weiteres Proce-dere etc)

6 Wie beginne ich das Gespraumlch Wenden Sie sich dem Mitarbeiter sofort zu und erledigen Sie nicht erst noch andere

Taumltigkeiten Bieten Sie einen Platz an und ergreifen Sie die Initiative Bauen Sie die anfaumlngliche Spannung ab indem Sie beginnen zu reden

7 Wie fuumlhre ich das Gespraumlch Seien Sie verbindlich im Ton und korrekt in der Sprache Bleiben Sie ruhig behalten

Sie die Kontrolle und lassen Sie sich nicht provozieren Ihre Kernbotschaft muss in den ersten fuumlnf Saumltzen platziert werden Erlaumlutern Sie die Notwendigkeit dieser Maszlignahme so dass dem Mitarbeiter die endguumlltige Trennung klar wird Seien Sie sich Ihrer eige-nen emotionalen Reaktion bewusst und sorgen Sie fuumlr einen weitestgehend neutralen Gespraumlchsverlauf Lassen Sie dem Mitarbeiter Raum sich zu aumluszligern ndash vermeiden Sie aber eine Diskussion uumlber die Gruumlnde fuumlr die Trennung Emotional aufgeladene und rechthaberische Diskussionen fuumlhren nur zu Verhaumlrtung Houmlren Sie gut zu und halten Sie Pausen aus Vermeiden Sie trostreiche Worte ndash ein Hinweis dass dem Mitarbeiter professionelle Hilfe bei der Jobvermittlung angeboten wird kann mehr wert sein

8 Wie beende ich das Gespraumlch Beschraumlnken Sie das Gespraumlch auf 30 min In dieser Zeit muss der Mitarbeiter rea-

lisieren woran er ist Wiederholen Sie die getroffenen Vereinbarungen um Missver-staumlndnisse zu vermeiden Gestehen Sie Ihre eigene Betroffenheit ehrlich ein und gehen Sie nicht im Streit auseinander Vermeiden Sie Zugestaumlndnisse die Sie spaumlter nicht einhalten koumlnnen Wenn ein weiterer Termin folgen sollte gilt es diesen sehr zeitnah wahrzunehmen Haben Sie aber auch den Mut ein Gespraumlch abzubrechen wenn eine Fortfuumlhrung aussichtslos erscheint

Suchen Sie im Anschluss das Gespraumlch mit den anderen Kollegen um Transparenz und Nachvollziehbarkeit fuumlr die personelle Veraumlnderung zu schaffen Seien Sie ansprechbar fuumlr die Mitarbeiter (bdquoIch koumlnnte der Naumlchste seinldquo) und passen Sie die Organisation des Teams an die neue Situation an Sorgen Sie fuumlr eine gemeinsame Verarbeitung der Ereig-nisse um das Vertrauen der restlichen Mitarbeiter nicht zu verlieren

418 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

643 Guidance

Dieses Modul soll Aufschluss uumlber den Status einer Initiative oder einer durchgefuumlhrten Projektwelle geben Dafuumlr werden zwei Schnellverfahren beleuchtet Zum einen geht es darum eine belastbare Aussage hinsichtlich des bdquoFitnesszustandesldquo der gesamten Initiati-ve zu treffen Ein darauf ausgelegter Fragebogen ermoumlglicht eine entsprechende Evalua-tion und erlaubt bei objektiver Umsetzung Einblicke in das Innenleben einer Operational-Excellence-Initiative Zum anderen geht es um einen Quick Check der Implikationen hinsichtlich des Umgangs mit typischen Herausforderungen des Change Managements zulaumlsst Beide Tools sind von Entscheidungstraumlgern der Initiative selbstkritisch zu bearbei-ten denn nur dann koumlnnen die Ergebnisse in anstehenden strategischen Uumlberlegungen beruumlcksichtigt werden Abbildung 657 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

6431 Fitness-TestIn der Sustain-Phase gilt es den aktuellen Reifegrad der Operational-Excellence-Initiative konkreter zu untersuchen Wie bdquofitldquo ist die Initiative wie kann ich das bereits Erreichte fuumlr die naumlchsten Aktivitaumlten nutzen und wo liegen elementare Schwachstellen Diese Fragen koumln-nen im Sinne einer zuumlgig durchzufuumlhrenden Evaluation beantwortet werden (vgl Abb 658)

So beleuchten die vier Dimensionen Fuumlhrungsstaumlrke Kultur Expertise und Integration den Reifegrad einer Operational-Excellence-Initiative aus unterschiedlichen Perspekti-

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

rate

gyR

esou

rces

nce

OperationalExcellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

Gui

dan

Ben

efit

Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

B

Abb 657 Roadmap Guidance

41964 Die Sustain-Phase

ven Fuumlr eine entsprechende Auswertung muumlssen weitere Attribute der vier Dimensionen auf einer Skala von 1 bis 6 von der Initiativenleitung eingeschaumltzt werden15 Es ist zu empfehlen dass die Evaluation von mehreren Personen durchgefuumlhrt wird um einen aus-sagekraumlftigen und objektiven Durchschnitt zu erhalten

64311 Fuumlhrungsstaumlrkebull Bewusstsein Das Fuumlhrungsteam des Unternehmens und der Initiative ist sich der Dring-

lichkeit einer Verbesserung der operativen Performance bewusst und sehen die Initiative nicht als punktuelles Projekt sondern als einen notwendigen Bewusstseinswandel

15 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

Bewusstsein fuumlr Veraumlnderung

1ng

sstauml

rke

2 3 4 5 6

kein Bewusstseinfuumlr Veraumlnderung

Fitness-Test

Ausrichtung auf Prozesse

keine Ausrichtung auf Prozesse

itit ki

Fuumlhr

u prozessorientiertesVerhalten

kein prozess-orientiertes Verhalten

bottom-up top-Down

Zusammenarbeit keineZusammenarbeit

Kundenorientierung keineKundenorientierung

Verantwortung keineVerantwortung

Veraumlnderungs-bereitschaft

keine Veraumlnderungs-bereitschaft

Kul

tur

Prozessexperten keineProzessexperten

methodischeFaumlhigkeiten

keine methodischen FaumlhigkeitenEx

pert

ise

Prozessorientierung keineProzessorientierung

klare Zustaumlndigkeiten keine klaren Zustaumlndigkeiten

Inte

grat

ion

Einbindungder Initiative

keine Einbindungder Initiative

Abb 658 Fitness-Test

420 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

bull Ausrichtung Fuumlhrungskraumlfte auf allen Hierarchieebenen engagieren sich fuumlr eine pro-zessorientierte Wertschoumlpfung und uumlbernehmen Verantwortung in Projektaktivitaumlten

bull Verhalten Die Fuumlhrungskraumlfte des Unternehmens leiten ihre Aufgabenbereiche pro-zessbasiert und leben den Ansatz von kontinuierlicher Verbesserung vor

bull Stil Der Fuumlhrungsstil ist durch die Vision der Initiative beeinflusst sodass Verantwor-tung und Kontrolle eher abgeben werden als dass die Mitarbeiter bdquotop-downldquo gefuumlhrt werden

64312 Kulturbull Zusammenarbeit Die Projektarbeit basiert auf konstruktivem Teamwork uumlber alle

Funktionen und Linienbereiche hinwegbull Kunden Die Mitarbeiter realisieren dass es Kern ihrer Aufgabe ist fuumlr den Kunden

auszligergewoumlhnlichen Mehrwert zu schaffenbull Verantwortung Die Mitarbeiter fuumlhlen sich verantwortlich fuumlr die Projektergebnisse

und entwickeln den Ehrgeiz das Leistungsvermoumlgen der Organisation fuumlr den Kunden stetig zu verbessern

bull Veraumlnderungsbereitschaft Die Belegschaft sieht Veraumlnderung als unvermeidlich an und integriert den offenen Umgang mit der Zukunft in ihren Alltag

64313 Expertisebull Mitarbeiter Ein wesentlicher Anteil der Mitarbeiter verfuumlgt uumlber ausgewiesene Ex-

pertise in den Bereichen Prozessoptimierung Projektmanagement und Change Ma-nagement ndash eine solide Ausbildungs- und Weiterbildungsstruktur stellt diese Faumlhigkei-ten auch in Zukunft sicher

bull Methode Operational Excellence hat sich als eine Kernkompetenz der Organisation etabliert und wird stetig weiter entwickelt

64314 Integrationbull Prozessorientierung Die Bedeutung einer prozessorientierten Wertschoumlpfungskette

wirkt sich positiv auf die Beziehung zu Kunden und Zulieferern aus und flieszligt auch in die Strategieentwicklung des Unternehmens ein

bull Zustaumlndigkeit Es gibt Prozessverantwortliche fuumlr abgeschlossene Projekte die in einem engen Austausch mit der Leitung der Initiative stehen sodass der Fortschritt durch Operational Excellence den Prozessverantwortlichen stetig bewusst ist

bull Einbindung Die Leitung der Initiative und das entsprechende Projektmanagement-Of-fice16 sind feste Bestandteile im bdquoOrganigrammldquo der Unternehmung und forcieren die nach-haltige Integration der Operational-Excellence-Organisation in die Aufbauorganisation

16 Zusaumltzlich zu den klassischen Aufgaben eines Projektbuumlros (Fokus administrative Abwicklung des Projektes) beinhaltet die Verantwortung eines Projektmanagement-Offices (PMO) weitere Auf-gaben z B Priorisierung von Aufgaben Durchfuumlhrung von Audits Training von Projektmitglie-dern oder Wissensmanagement des Projektes

42164 Die Sustain-Phase

6432 Change CheckDurch einen weiteren schnell durchfuumlhrbaren Quick Check kann die Leitung der Initiati-ve ableiten wie sie bislang mit typischen Herausforderungen des Change-Managements umgegangen ist Je selbstkritischer die Fragen beantwortet werden desto eher lassen sich Verbesserungspotenziale erkennen Wenn Sie die zur Bewertung zugrunde gelegte Skala auf 1 bis 4 beschraumlnken17 vermeiden Sie wie bei einer Skala von 1 bis 5 die neutrale Mit-te und reduzieren im Vergleich mit einer Skala von 1 bis 6 gleichzeitig die Komplexitaumlt fuumlr den Befragten Dies bietet sich besonders bei so knappen Befragungen an (vgl Abb 659)

17 1 = Ja 2 = Eher ja 3 = Eher nein 4 = Nein

Frage 2

Frage 1

JaB

ewus

stse

inChange Check

Frage 2

Eher Ja Eher Nein NeinB

Frage 3

Frage 1

Met

hode

Frage 2

M

Frage 3

Frage 1

pete

nzK

omp

Frage 3

Frage 1

etB

udge Frage 2

Frage 3

Abb 659 Change Check

422 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Ja Eher

Ja

Eher

Nei

n

Nei

n

Haben die Fuumlhrungskraumlfte verstanden warum in der Vergangenheit InitiativenProjekte gescheitert bzw erfolgreich gewesen sind

Werden Veraumlnderungen bei soften Faktoren (Mitarbeitermotivation Arbeitsatmosphaumlre) die gleiche Bedeutung beigemessen wie bei der Veraumlnderung von harten Faktoren (Durchlaufzeit Deckungsbeitrag)

Wird die Veraumlnderung durch die Operational-Excellence-Initiative als kontinuierliche Reise wahrgenommen oder als einmaliges Projekt welches zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet ist

Besteht in Bezug auf das Know-how im Change Management ein erprobtes und etabliertes Methodenset welches regelmaumlszligig zur Anwendung kommt

Werden Kosten und Nutzen eines einzelnen Projektes dezidiert kalkuliert und der Benefit vergleichbar gemessen

Werden Change-Management-Tools wie selbstverstaumlndlich in die Projektarbeit integriert

Investieren Sie systematisch in eine ganzheitliche Operational-Excellence-Ausbildung (datenbasiert und menschenorientiert)

Sind die Rollen und Verantwortlichkeiten klar definiert Ist insbesondere der Projektsponsor committetund fest in die Kommunikation integriert (zB zum Abschluss einer jeden Ausbildung oder eines jeden Projektes)

Setzen Sie auf Prozesse und Technologien die es jedem Mitarbeiter ermoumlglichen informiert zu sein und Feedback geben zu koumlnnen

Planen Sie fuumlr jedes Projekt ein gewisses Budget fuumlr Change-Management-Aktivitaumlten ein

Machen Sie die Houmlhe des Budget von Komplexitaumlt und Potenzial des einzelnen Projektes abhaumlngig Belaumluft sich die investierte Summe auf uumlber 10 des Projektbudgets

Wir das Investment besonders fuumlr die ganzheitliche Ausbildung der Mitarbeiter und die Weiterentwicklung von methodischen Fertigkeiten genutzt

Fragebogen Change Check

Bewusstsein

Methode

Kompetenz

Budget

42364 Die Sustain-Phase

Im Ergebnis erhaumllt man schnell ein Abbild des Reifegrades der Change-Aktivitaumlten Die Verantwortlichen werden im Anschluss einschaumltzen koumlnnen ob die Operational-Excel-lence-Initiative eher von einer improvisierten Vorgehensweise beim Change Management gepraumlgt ist oder ob man von einem integrierten und systematisierten Ansatz sprechen kann Organisationen werden diesen Wendepunkt im Change Management (den Weg von einer Kunst zur Profession) meistern muumlssen um strategische Initiativen wie die der Ope-rational Excellence ergebniswirksam umzusetzen

644 Benefit

Im Leistungssport ist es nicht das Training was einen leistungsfaumlhiger macht sondern die Pause danach Auf den ersten Blick klingt das bedenklich aumlndert aber nichts am Wahrheits-gehalt dieser These Gleiches kann man auch fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative formulieren denn gerade die Konsolidierungs- und Findungszeit in der Sustain-Phase ent-scheidet letztendlich uumlber Erfolg und Misserfolg einer ganzen Initiative Warum ist das so

Erstens zeigen Studien dass nur bei einem Drittel aller Organisationen im Rahmen von Transformationsaktivitaumlten der Benefit uumlberhaupt gemessen wird und nur bei einem Bruchteil dieses Drittels belastbare und quantifizierbare Ergebnisse festgehalten werden koumlnnen (vgl Swanton 2010) Was bringt die Implementierung von Operational Excel-lence wenn man am Ende den Benefit nicht einschaumltzen kann geschweige denn dass sich die Initiative positiv in der Bilanz widerspiegelt Zweitens wird die Herausforderung den Fokus weniger auf die Aktivitaumlten in den Projekten sondern auf das was dabei herum-kommt zu legen um die Benefits gezielt auszuweisen unterschaumltzt (vgl Aron und Smith 2011) Differenziertes und aussagekraumlftiges bdquoValue Monitoringldquo geschieht nicht uumlber Nacht und soll im Folgenden diskutiert werden Im Anschluss wird ein Value-Readiness-Assessment daruumlber Aufschluss geben in welchem Reifestadium sich die Organisation hinsichtlich der Faumlhigkeit Benefits konkret und langfristig zu ermitteln befindet Der Zeit-punkt der Anwendung dieses Tools ist variabel ndash sollte aber in jedem Fall vor Abschluss der ersten Projekte geklaumlrt sein Das Tool des Value-Readiness-Assessments kann damit den Uumlbergang von der Transfer-Phase in die Sustain-Phase markieren Abbildung 660 zeigt wo in der Sustain-Phase wir uns befinden

6441 Value MonitoringIm Mittelpunkt stehen dabei die vier Benefit-Dimensionen Finanzen Prozesse Technolo-gie und Mitarbeiter aus Abb 661 Wo die bdquoGrundmauerldquo des Hauses aus den Mitarbeitern besteht entscheidet schlieszliglich die sich im bdquoDachldquo des Hauses zu findende Business-Ca-se-Rechnung uumlber Erfolg und Misserfolg einer Operational-Excellence-Initiative Das auf den naumlchsten Seiten abgebildete Vorgehen ist eine Empfehlung um die Benefits einer Ini-tiative bzw der einzelnen Projekte zu erfassen und aufrechtzuerhalten Die Initialzuumlndung findet dafuumlr bei der Planung der Initiative statt (Analyse- und Transfer-Phase) bevor die erzielten Ergebnisse konsolidiert werden koumlnnen (Sustain-Phase)

424 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Eine klare Verteilung der Verantwortlichkeiten unterstuumltzt ein ergebnisorientiertes Va-lue Monitoring Konkret bedeutet dies dass eine Taskforce fuumlr die im Folgenden beschrie-benen Taumltigkeiten einzurichten ist Organisatorisch sollte diese Einheit in einem direkten objektiven und kennzahlengestuumltzten Austausch mit der Initiativenleitung stehen Die Ini-tiativenleitung hat wiederum dafuumlr Sorge zu tragen dass auch dieser Abschnitt einer Ope-rational-Excellence-Initiative mit ausreichend Commitment auf breiter Basis durchgefuumlhrt werden kann Wenn ein Linienmanager nach der Umsetzung eines Projektes also der Mei-nung ist dass die Arbeit getan sei und man sich getrost wieder alten Problemen widmen koumlnne ohne die Werterstellung zu messen und dabei die Veraumlnderungen nachhaltig auf ihre Wirksamkeit zu uumlberpruumlfen hat die Taskforce dies umgehend an die Projekt- oder In-itiativenleitung zu eskalieren Aufgrund der hierarchischen Machtfuumllle der Initiativenlei-tung koumlnnen Gegenmaszlignahmen mit den richtigen Argumenten oder auch entsprechenden politischen Uumlberzeugungsmitteln manchmal Wunder wirken Diese Taskforce kann man sich also als eine nach bdquoobenldquo und bdquountenldquo gut vernetzte und einsatzbereite interne Feuer-wehrtruppe vorstellen die eine Vielzahl von Operational-Excellence-Projekten parallel begleitet und darauf achtet dass die Projektarbeit wie vereinbart durchgefuumlhrt wird und Nutzen stiftet Fuumlr die jeweiligen Black Belts bzw Projektleiter wird so der Kontakt zu einem Sparringspartner ermoumlglicht der ndash im Unterschied zur Initiativenleitung ndash naumlher am eigentlichen Geschehen ist Abbildung 662 skizziert eine moumlgliche Organisationsstruktur fuumlr die Installation einer Value Monitoring Taskforce

SuperkompensationOperational Excellence

SUSTAINSt

rate

gyR

esou

rces

nce

OperationalExcellence Erfolgsbaum

CRAFT Gamification

Fitnesstest Change Check

Gui

dan

Ben

efit

Value Monitoring Value-Readiness-Assessment

B

Abb 660 Roadmap Benefit

42564 Die Sustain-Phase

Der Grundstein fuumlr ein erfolgreiches Value Monitoring wird bereits bei der Planung der Initiative in der Analyse-Phase gelegt Der Fokus des Topmanagement-Commitments und der Vision der Operational-Excellence-Initiative muss so von Beginn an auf einer er-gebnisorientierten Transformation liegen Dies bedeutet dass auch die Berechnungen von Business Cases und die Einschaumltzung von Business Impacts in ein jedes Projekt integriert werden Die Relevanz von vereinbarten aussagekraumlftigen und uumlbersichtlichen Kennzah-

4| Finanzen|

2| Prozesse 3| Technologie

1| Mitarbeiter

1| Mitarbeiter|

Aus- und Weiterbildung von Faumlhigkeiten Wissensmanagementund Verbesserung von ArbeitsbedingungenBessere Kommunikation mit internen und externen StakeholdernErzielung von Effizienz beim Ressourceneinsatz

2| Prozesse

Serviceverbesserungen und Steigerung der operativen Leistungsfaumlhigkeit durch optimalen Ressourceneinsatz Erreichung von operativer Exzellenz und organisationsweiter Effektivitaumlt

3| Technologie

Erreichung von operationaler Effektivitaumlt und IT-Kostenersparnissen Harmonisierung von System- und Softwareloumlsungen

4| Finanzen

KostenersparnisUmsatzsteigerung

MarkenwertGeistiges KapitalImage+

Abb 661 Vier Benefit-Dimensionen des Value Monitorings

426 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

len wurde bereits in Kap 4 deutlich gemacht und gewinnt insbesondere im Kontext der Nutzenermittlung einer Initiative an Bedeutung Zusaumltzlich ist die reibungslose Verlin-kung zwischen der Taskforce des Value Monitoring und der Leitung der Initiative inkl der sich darunter kaskadierenden Projektmanagement-Offices als kritischer Erfolgsfaktor zu nennen Welche Rolle der Umgang mit den den Projekten zugrunde gelegten Business Ca-ses hat wird in Kuumlrze deutlich Ein Operational-Excellence-Projekt muss sich zu Beginn nicht nur durch einen belastbaren Business Case rechnen sondern dieser muss auch stetig an den sich veraumlndernden Rahmenbedingungen der Initiative ausgerichtet werden um die entsprechenden Verbesserungspotenziale zu heben

64411 Nutzenpotenziale ermittelnBevor die zustaumlndige Taskforce den Nutzen der einzelnen Projekte konkret benennen und beziffern kann gilt es die moumlglichen Nutzenpotenziale grob zu ermitteln Dies geschieht bei der Planung des Projektportfolios zum Ende der Analyse- oder zu Be-ginn der Transfer-Phase Es gilt dafuumlr die Veraumlnderungen welche die zukuumlnftigen Ge-schaumlftstaumltigkeiten bestimmen werden zu ermitteln Es sollte an dieser Stelle auf die bereits erarbeiteten Erkenntnisse eines Change-Impact-Assessments zuruumlckgegriffen werden Welche Veraumlnderungen werden anfallen um die Organisation vom Ist-Zustand in den Soll-Zustand zu transformieren Konkret Welche neuen Prozesse werden im-

Abb 662 Organisationsstruktur fuumlr die Installation einer Value Monitoring Taskforce

42764 Die Sustain-Phase

plementiert Welche neuen Technologien werden verwendet Welche organisationalen Veraumlnderungen also Rollen Verantwortlichkeiten und Arbeitsweisen stehen an Es wird keine mehrwertschaffende Operational-Excellence-Initiative geben ohne dass sich Strukturen der Aufbau- und Ablauforganisation grundlegend veraumlndern Wo Ver-aumlnderungen auftreten ergibt sich Potenzial Diese Veraumlnderungspotenziale (auch die damit einhergehenden Risiken) gilt es hier auf einem eher abstrakten Level fruumlhzeitig zu ermitteln

Beispiel Veraumlnderungspotenziale fruumlhzeitig ermitteln bei einem Automobilzulieferer

Die Geschaumlftsfuumlhrung eines mittelstaumlndischen Automobilzulieferers bereitet die Durchfuumlhrung einer Lean-Sigma-Initiative vor Die Initiativenleitung wird ein erfah-rener Master Black Belt und gleichzeitiges Mitglied der Geschaumlftsleitung uumlbernehmen Nach dem Startschuss und den ersten entsprechenden Ausbildungen beginnt die Arbeit in zwei Pilotprojekten in einer von zwei Tochtergesellschaften Ziel ist es in beiden Tochtergesellschaften jeweils rund zehn bis zwoumllf Lean-Sigma-Projekte zu starten Das eingerichtete Projektmanagement-Office uumlbernimmt unter der Regie eines ehemaligen Six-Sigma-Beraters zu Beginn der Initiative die Koordination der zwei Piloten Neben administrativen Aufgaben ist dieser auch fuumlr die Ausbildung der Projektmitarbeiter und das Wissensmanagement zustaumlndig Den Initiatoren der strategischen Initiative ist be-wusst dass sich das Vorhaben aufgrund des erheblichen Kostendrucks der Branche zuumlgig rechnen muss Ein externer Dienstleister fuumlr die Umsetzung von Lean-Sigma-Initiativen flankiert aus diesem Grund das Projektmanagement Office nicht nur mit ausgewiesener Change-Management-Expertise Als sogenanntes Value-Management-Team fungieren zwei eingesetzte Berater zur objektiven Begleitung der einzelnen Pi-lotprojekte Im Fokus stehen fuumlr die zwei Berater von Beginn an die Nutzengenerie-rung (anfangs durch schnelle bdquoQuick Winsldquo) die Entwicklung und Priorisierung des Projektportfolios und die Durchfuumlhrung von Projekt-Audits und Reviews Dabei steht das Value-Management-Team im direkten Austausch mit dem die Initiative leitenden MBB aus der Geschaumlftsleitung Besonders durch die externe und kritische Perspektive konnten zu Beginn der noch jungen Lean-Sigma-Initiative im Rahmen eines Business-Impact-Assessment (1 Workshop) die relevanten Nutzenpotenziale ermittelt werden Weiter wurden die ergiebigsten Nutzenpotenziale zeitnah priorisiert (2 Workshop mit-hilfe von Impact Cards aus Abb 663) und die Planung der naumlchsten Projekte in einer Lean-Sigma-Roadmap gestartet

64412 Nutzenpotenziale priorisierenIm anschlieszligenden Schritt muumlssen die ermittelten Nutzenpotenziale konkretisiert und priorisiert werden Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Diskussion wie die Aufbau- und Ablauforganisation in einer bdquoperfekten Weltldquo aussehen wuumlrden Unter der Voraussetzung dass alle Beteiligten und die relevanten betroffenen Mitarbeiter einver-standen mit dem bdquoperfektenldquo Soll-Zustand sind gilt es die relevanten Treiber fuumlr die-se geplante Entwicklung zu finden Welche technologischen Neuerungen (effizientere

428 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

ltteamgt

ltTo be inserted by the Team Lead gt

Short Description

Basic explanation of the Business Impact putting complex changes into a few words(can also be used as the elevator speech)

Business Impact Key Stakeholder Groups What it means to the organization

Key messages are visionelements which serve asbuilding blocks for supporting the overallclientrsquos vision

Key Stakeholder groups are groupsof people who are needed to implement the Business Impact ndash orit can be groups or individuals whocan effectively block the change

PromoterltName and positiongtKey Stakeholder Groups

ltName of the groupgtltName of the groupgtltName of the groupgtltName of the groupgt

Key Messages for Businesshelliphellip

Relevant Business Objectives

Low Medium High

Significance of the change that the country BU will experience

Additional countryBU viewdescribes more detailed

Alignment withClient Teams Action requiredImplications

specifics and impactsderived from countryBU feedback and proves in many cases that Business Impact contributes to countryBU targets

High interaction withltteamgtltteamgtltteamgt

Medium interaction with

helliphelliphellip

ltPeoplegtltOrganizationgtltProcessgtltTechnologygt

Listing of the 2 ndash 3 maintasks required to make the change happenAlignment with teams lists

program teams and groups

Implications list the effectsof this change on people organization processes and

who need to coordinate theireffort to deliver the overallsolution ndash typically from a process perspective This awareness is needed to complete the To-Be construct and test the solution train people for their new jobs

system The consequencesare what the program has to operationally plan around

j

Abb 663 Workshop mithilfe von Impact Cards

42964 Die Sustain-Phase

Maschinen) angepassten Prozesse (reibungsloser Dokumentationsaustausch) oder Ver-antwortlichkeiten (unternehmensweite anstatt regionale Verantwortlichkeit) sind fuumlr das Heben der ermittelten Nutzenpotenziale in einer bdquoperfekte Weltldquo essenziell Das grafische Darstellen zur anschlieszligenden Priorisierung ist hilfreich um eine solide Basis fuumlr die fol-gende Kalkulation eines Business Cases zu legen

Beispiel Nutzenpotenziale priorisieren bei einem Automobilzulieferer

Eine erarbeitete Impact Card im Hause des Automobilzulieferers geht auf das Potenzial ein welches sich durch das Zusammenlegen zweier Einkaufsabteilungen ergeben wuumlr-de Zur Festlegung der naumlchsten Projektwelle werden die in den Workshops erarbeite-ten Impact Cards mit den dazugehoumlrigen Nutzenpotenzialen vom Value-Management-Team und der Initiativenleitung priorisiert Eine grafische Moumlglichkeit zur Darstellung zeigt die Value Map (vgl Abb 664) Die Zentralisierung von Einkaufsprozessen stellt fuumlr den mittelstaumlndischen Automobilzulieferer eines der naumlchsten Projekte auf der Lean Sigma Roadmap dar

64413 Business Case entwickelnAls ein naumlchster Schritt muss das identifizierte Nutzenpotenzial in einem Business Case auf seinen Mehrwert getestet werden So werden die Potenziale nicht nur priorisiert son-dern von wirtschaftlichen und organisatorischen Gesichtspunkten her auch verstaumlndlich und erreichbar Es geht um die grundsaumltzliche Analyse wie viel das einzelne Projekt zur Hebung des identifizierten Potenzials kosten wuumlrde wie es um die Durchfuumlhrbarkeit und die Ausgangslage bestellt ist wie risikoreich das Unterfangen ist welche Vorteile sich dadurch ergeben und welchen finanziellen Benefit es verspricht Es gilt in diesem Kontext nicht nur auf quantitative sondern auch qualitative Kennzahlen und Daten zu-ruumlckzugreifen um eine differenzierte und sorgfaumlltige Begruumlndung fuumlr das Investment in das Projekt-Team dokumentieren und kommunizieren zu koumlnnen Viele Operational-Excellence-Initiativen werden unter der Anleitung des CFO durchgefuumlhrt ndash der Gefahr ausschlieszliglich die finanziellen Benefits eines Projektes zu sehen sind sich viele nicht bewusst Insbesondere der Fortschritt durch kulturelle Veraumlnderungen ist nicht nur an-fangs schwer in Zahlen auszudruumlcken Es ist wichtig dass sich alle federfuumlhrend be-teiligten Mitarbeiter im Klaren daruumlber sind dass ein einzelnes Projekt nur uumlber eine solide oumlkonomische Rechtfertigung und belastbare Analysen gestartet werden kann Die Intuition welches Problem das Wichtigste ist ndash auch wenn es sich um das Gespuumlr eines bdquoalten Hasenldquo im Unternehmen handelt ndash tritt in den Hintergrund Schlieszliglich ist die Kal-kulation eines Business Case ein wichtiger Bestandteil der Entscheidungsgrundlage fuumlr strategische Fragestellungen Welche Benefits eines Projektes sind nicht mehr lukrativ genug (Konsolidierung des Projektportfolios) Welche Mitarbeiter muumlssen zu welchem Zeitpunkt ausgebildet sein (Verteilung und Zeitplan von Projekt- und Ausbildungsbud-gets) Was bringt die Operational-Excellence-Initiative und lohnt es sich sie fortzusetzen (Strategieentwicklung der Organisation)

430 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

alPriorisierung der Nutzenpotentiale

High

56

116

1210

Um

fang

Nut

zenp

oten

tia

L

8

14

4 3

1511

16

Dringlichkeit HighLow

Low 14

2

9

Identifizierte Potentiale

Kosten gt10 Mio euro gt5 Mio euro

Xxx

Xxx

Xxx

Zentralisierung Einkauf

Xxx

Xxx

Xxx

Xxx

4

3

2

1

11

12

10

9

Xxx

Xxx

Xxx

Xxx

Xxx

Xxx

Xxx

8

7

5

6

13

14

15

Xxx16

7

13

Abb 664 Value Map

43164 Die Sustain-Phase

Beispiel Business Case entwickeln bei einem Automobilzulieferer

Fuumlr den MBB den Leiter der Lean-Sigma-Initiative im Hause des Automobilzuliefe-rers sind eine ergebnisorientierte Projektplanung und das Commitment der Geschaumlfts-fuumlhrung von enormer Bedeutung Dafuumlr liegt ihm insbesondere die detaillierte Doku-mentation von Business Cases am Herzen um zum einen die Entscheidungsgrundlage fuumlr die richtigen Projekte zu unterstuumltzen und zum anderen eine die Geschaumlftsfuumlhrung uumlberzeugende Unterlage an der Hand zu haben Die Dokumentation eines Business Case sollte sich seiner Meinung nach nicht nur auf die Rechtfertigung der gesamten Initiative beschraumlnken Er sieht jedes Lean-Sigma-Projekt als Mini-Initiative ndash das fuumlr sich genommen oumlkonomisch uumlberzeugen muss Der Aufbau der Business-Case-Doku-mentation sollte sich wie folgt gestalten1 Executive Summary2 Einfuumlhrung generelle Informationen uumlber die strategische Initiative3 Zielsetzung Offenlegung von Informationen (z B aus Business Impact und Change

Impact Assessment) die fuumlr die Initiierung des betrachteten Projektes relevant sind4 Vorgehensweise Beantwortung der Fragen warum wie und womit das Projekt eine

gewisse Problematik langfristig adressiert (der Automobilzulieferer waumlhlte fuumlr die Neugestaltung von Geschaumlftsprozessen der zwei Einkaufsabteilungen den DMADV-Zyklus von Six Sigma)

5 Umsetzung Darstellung des Projektplans (Meilensteine Risiken etc)6 Ressourcen Identifizierung aller relevanten Beteiligten die fuumlr den Projekterfolg

verantwortlich sein werden (z B Kurzbeschreibung des Ausbildungsplans)7 Kalkulation Quantifizierung und Qualifizierung des Benefits und der Kosten an-

hand von belastbaren Kennzahlen8 Gesamtzusammenhang Dokumentation der Bedeutung des Projektes im Kontext

der gesamten Initiative

64414 Nutzenverantwortlichkeiten bestimmenDamit sich der Business Case wirksam entfalten kann muumlssen bdquoNutzenverantwortlicheldquo definiert werden Im Idealfall wird die fuumlr den zukuumlnftigen Prozess verantwortliche Per-son (der sogenannte Process Owner) schon fruumlh in die Projektaktivitaumlten miteingespannt damit die erarbeiteten Verbesserungen sich langfristig durchsetzen koumlnnen Dieser Process Owner hat fuumlr Transparenz und die Aufrechterhaltung von Veraumlnderungen zu sorgen erst recht wenn das Projekt abgeschlossen worden ist Wenn die richtigen Mitarbeiter von Beginn an mit in die Projektarbeit involviert worden sind wird sich das in Form von besonderer Motivation (der Mitarbeiter hat auf die Verbesserung seines eigenen Arbeits-platzes Einfluss) und geeigneten Faumlhigkeiten (der Mitarbeiter kennt den Geschaumlftsprozess am besten) zeigen Das Ergebnis dieses Abschnittes sollte die Ergaumlnzung der zuvor dar-gestellten Value Map sein Fuumlr jedes Nutzenpotenzial wird ein entsprechender Value-Ver-antwortlicher bestimmt

432 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Beispiel Nutzenverantwortlichkeiten bestimmen bei einem Automobilzulieferer

Auch im Rahmen der Lean-Sigma-Initiative des Automobilzulieferers wurden fuumlr die bereits gestarteten sowie die geplanten Projekte Business Cases kalkuliert Der erfahre-ne Initiativenleiter weiszlig dass es sich nicht lohnt sich an den Zahlen eines kalkulierten Cases bdquofestzubeiszligenldquo ndash fuumlr ihn stellt der geschaumltzte Benefit eher einen Leitfaden dar von dem man in bestimmten Situationen abweichen muss Fuumlr sein engagiertes Value-Management-Team bildet der jeweilige Business Case aber eine zwingend erforderliche Grundlage zur Generierung der identifizierten Nutzenpotenziale Besonders wichtig ist die anschlieszligende Nominierung der Prozessverantwortlichen um die Nutzengenerie-rung auch nach Abschluss des Projektes sicherzustellen Die Repositionierung dieser ausgebildeten Experten zuruumlck in ihre alte Linientaumltigkeit ist von enormer Bedeutung um die installierte Lean-Sigma-Organisation langfristig in den Aufbau der Unterneh-mensorganisation zu integrieren Die Geschaumlftsfuumlhrung hat diesen Aspekt bereits in ihrer Personalplanung beruumlcksichtigt denn nur so kann das Leistungsversprechen von Operational Excellence vitalisiert werden Aus Abb 665 wird exemplarisch deutlich wie man die Kennzahlen des zuvor erstellten Business Cases auf eine Mitarbeiterebe-ne herunterbrechen kann Eine solide und aktualisierte Datenbasis vervollstaumlndigt mit einer klaren Reporting-Struktur (hier direkt an den Leiter der Initiative) das Vorgehen

64415 Nutzen messen berichten und aufrecht erhaltenIm naumlchsten Schritt ist das Vorgehen in einer Reporting-Struktur mit Leben zu fuumlllen Was wird gemessen Welche Informationen werden berichtet Wer kommuniziert mit wem uumlber die Nutzenrealisierung Jedes definierte Nutzenpotenzial welches in der Value Map abgebildet ist wird in eine Value Scorecard bdquouumlbersetztldquo bestehend aus den vier eingangs beschriebenen Benefit-Dimensionen (Finanzen Mitarbeiter Prozesse Technologie) Wichtig ist dass auch bei langfristigen Nutzenermittlungen eine differenzierte Datenerhe-bung stattfindet ndash auch fuumlr den Abschlussbericht eines Projektes sind nicht nur die finan-ziellen Kennzahlen relevant

Beispiel Nutzen messen berichten und aufrecht erhalten bei einem Automobilzulieferer

Gemeinsam mit den jeweiligen Projektteams und dem Value-Management-Team ent-wickelte die Leitung der Initiative zum Abschluss der ersten fuumlnf abgeschlossenen Pro-jekte entsprechende Value Scorecards Dafuumlr wurde das Leitmotiv einer klassischen Balanced Scorecard nach nuumltzlichen Modifizierungspotenzialen untersucht um die jeweilige Projektproblematik -anforderung und -moumlglichkeit zu beruumlcksichtigen (z B Potenzialperspektive wird ersetzt durch Mitarbeiterperspektive) Die bdquoTiefeldquo der Value Scorecard wird durch das Value-Management-Team bestimmt Wie sieht die Berichts-struktur des Value Monitoring beim Automobilzulieferer anschlieszligend konkret aus da-mit die Veraumlnderungen nicht in Vergessenheit geraten1 Alle drei Monate fragt das Value-Management-Team eine aktuelle Value Scorecard

bei den Prozessverantwortlichen an

43364 Die Sustain-Phase

Werttreiber amp Metriken keiten

Unternehmens-BU Strategie amp Ziele

C t

Anteiliger Umsatz aus Up-Selling

VP Sales

Umsatzsteigern

CustomerExperience

CustomerPurchases

Verhaumlltnisder erfuumlllten Beschwerden

Umsatzje Kunde

VP Customer Service

VP Sales

Gewinn je Kundesteigern

CustomerInsight

Marktanteilsteigern VP Marketing

ErfolgsrateneuerProdukte

VP Marketing amp VP ProductDevelopment

Kostensenken

ProduktivitaumltderBelegschaft

Verhaumlltnis der benoumltigten Eskalationen

VP Customer Service

p

Nutzen MetrikBase-line Ziel

Ziel-datum Inhaber

Verant-wortlich

Daten-quelle

gesteigertesUp-Selling

Up-sell calls Up-sell Umsatz

50000$50 Mio

1510

Q1 2011 VP Sales Call CenterSales Rep

SalesDash-board

Ownership amp Verantwortlichkeiten ndash Market amp Sales

verbesserte Produktivitaumltder Call-center

Beschwerden Follow-up eskaliert

10510

151015

Q1 2011 VP Cus-tomerService

Call Center Supervisor

CallCenterMetriken

Zustaumlndig-

Abb 665 Kennzahlen fuumlr die Mitarbeiterebene

434 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

2 Ein Prozessverantwortlicher stellt die fuumlr seinen Bereich erforderlichen Unterlagen (z B letzte Kundenbefragung) zusammen und bespricht diese mit dem Value-Ma-nagement-Team

3 Die Taskforce des Value-Management-Teams analysiert die aktuellen Daten und de-finiert den Fortschritt

4 Anschlieszligend diskutiert die Geschaumlftsfuumlhrung uumlber die Validitaumlt des aktuellen und von den beteiligten Einheiten konsolidierten Status quo sammelt die sogenannten bdquoLessons Learnedldquo und bestimmt weitere Aktivitaumlten (z B Veraumlnderung der Kenn-zahlen der Scorecard eingehende Untersuchung der Gruumlnde bei schlechter Perfor-mance Definition von weiteren profitablen Projektinhalten)

5 Das Value-Management-Team setzt mit dem Prozessverantwortlichen die entspre-chenden Aktivitaumlten um

6442 Value Readiness AssessmentDer Aufbau dieses Tools ist in die Bereiche Ausgangslage Aufbauorganisation Mess-basis Zielsetzung Business Case Umsetzung Fortschrittskontrolle und Reporting auf-geteilt und besteht aus 39 Aussagen die von den Initiatoren der Initiative zu Beginn der Sustain-Phase bewertet werden muumlssen Fuumlr die Bewertung steht eine Skala von 1 bis 6 zur Verfuumlgung18 Zusaumltzlich kann neben dem Status quo (Ist-Zustand) auch das Ideal (Soll-Zustand) bewertet werden So lassen sich die vorhandenen Maumlngel und Veraumlnde-rungsbedarfe fuumlr ein aussagekraumlftiges Value Monitoring zuumlgig identifizieren Da diese Differenzierung zwischen Ist und Soll sehr stark von objektiven und kritischen Ansichten abhaumlngt ist das Einbeziehen von externer Expertise ernsthaft in Erwaumlgung zu ziehen Der Zeitpunkt zur Beantwortung dieser Fragen ist variabel ndash in jedem Fall sollten diese The-men vor Abschluss der ersten Projekte geklaumlrt sein Die Anwendung des Tools kann damit den Uumlbergang von der Transfer-Phase in die Sustain-Phase markieren

18 1 = stimme uumlberhaupt nicht zu 2 = stimme nicht zu 3 = stimme eher nicht zu 4 = stimme eher zu 5 = stimme zu 6 = stimme auf jeden Fall zu

43564 Die Sustain-Phase

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Entsprechende Gremien fuumlr die Messung Managementund Monitoring von Verbesserungen sind vorhanden

Es wurde ausreichend eingeschaumltzt (quantitativ und qualitativ) wie viel und welchen Benefit die Initiative bringen wird

Die Implikationen anderer strategischer Aktivitaumlten sind klarund potenzielle Abhaumlngigkeiten werden beruumlcksichtigt

Die Stakeholder wurden fuumlr ein langfristiges Engagementin der Initiative begeistert

Es besteht eine klare Strategie wie die durch die Projekte generierten Veraumlnderungen aufrechterhalten werden

Die Nutzenpotenziale des Projektportfolios sind konsolidiertund priorisiert

Die ermittelten Nutzenpotenziale werden kontinuierlich den aktuellen Rahmenbedingungen angepasst damit sie realistisch bleiben

Die Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche zur Generierung der Nutzenpotenziale sind an zuverlaumlssige Mitarbeiter vergeben und allen Beteiligten klar

Es gibt auf jeder Hierarchieebene explizite Benefits durch die Initiative ndash so wird Committment auf breiter Basis etabliert

Das Value Monitoring ist ein fester Bestandteil zur Bestimmung von Verguumltungsbestandteilen der houmlheren Hierarchieebenen und wird auch in den Zielgespraumlchen der Mitarbeiter beruumlcksichtigt

Fragebogen zum Value Readiness Assessment 14

AUSGANGSLAGEZentrale FragestellungInwieweit sind Komponenten einesbelastbarenValue Monitorings in die Organisation der Operational-Excellence-Initiative integriert

AUFBAUORGANISATIONZentrale FragestellungProfitiert die Organisation uumlber die obersten Hierarchie-ebenen hinweg von der Initiative und sind klare Verant-wortlichkeiten fuumlr ein Value Monitoring definiert

436 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Die Nutzenpotenziale des Projektportfolios sind konsolidiertund priorisiert

Die ermittelten Nutzenpotenziale werden kontinuierlich den aktuellen Rahmenbedingungen angepasst damit sie realistisch bleiben

Die Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche zur Generierung der Nutzenpotenziale sind an zuverlaumlssige Mitarbeiter vergeben und allen Beteiligten klar

Es gibt auf jeder Hierarchieebene explizite Benefits durch die Initiative ndash so wird Committment auf breiter Basis etabliert

Das Value Monitoring ist ein fester Bestandteil zur Bestimmung von Verguumltungsbestandteilen der houmlheren Hierarchieebenen und wird auch in den Zielgespraumlchen der Mitarbeiter beruumlcksichtigt

Genuumlgend Kennzahlen die den Business Case eines Projektes beschreiben sind identifiziert

Fuumlr die Formulierung von messbaren Zielgroumlszligen werdenua Benchmarks aktuelle Leistungskennzahlen und Kostenstrukturen beruumlcksichtigt

In den Findungsprozess von messbaren Zielgroumlszligensind die relevanten Beteiligten miteinbezogen(zB in Form eines Workshops)

Die Zielgroumlszligen wurden diskutiert und alle relevanten Stakeholder sind mit den Vorgaben einverstanden

Die Zielvorgaben sind verstaumlndlich kommuniziert ndashMissverstaumlndnisse sind beseitigt worden

Fragebogen zum Value Readiness Assessment 24

MESSBASISZentrale FragestellungSind die aktuellen Leistungskennzahlen strukturiert dokumentiert damit im Laufe der Initiative entsprechende Vorher-Nachher-Vergleiche ermittelt werden koumlnnen

ZIELSETZUNGZentrale FragestellungKoumlnnen die Nutzenpotenziale der einzelnen Projekte in messbare und von allen Stakeholdern unterstuumltzte Zielvorgaben uumlbersetzt werden

43764 Die Sustain-Phase

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Der Umfang des Business Case fuumlr die einzelnen Projekteist definiert

Ausreichend viele Kennzahlen sind fuumlr die jeweiligen Nutzenpotenziale identifiziert

Die Messbasis ist definiert

Es werden harte und weiche Faktoren der Nutzenpotenziale beruumlcksichtigt

Eine Finanzplanung ist etabliert und antizipiert auchdas Auftreten von schwer vorhersehbaren Kosten

Verantwortliche Personen oder Teams sind mit dem Verfolgen eines langfristigen Value Monitoring beauftragt

Die Verantwortlichen haben fuumlr das Value Monitoring eine stichhaltige Strategie mit konkreten Handlungsschritten formuliert (zB im Rahmen eines gemeinsamen Workshops)

Fuumlr die Planung der Umsetzung ist die Bedeutung von weiteren Erkenntnissen (zB aus dem Change Readiness Assessment der Stakeholder Strategy oder der Kulturanalysen) eroumlrtert worden

Die geplanten Umsetzungsschritte des Value Monitoringsind mit den entsprechenden Stakeholdern und Prozess-verantwortlichen abgestimmt

Die Prozessverantwortlichen berichten den Fortschritt regel-maumlszligig in einer mit allen Beteiligten vereinbarten Form an die Leitung der Initiative

Fragebogen zum Value ReadinessAssessment 34

BUSINESS CASEZentrale FragestellungSind die Benefits Kosten Zeitplaumlne und Annahmen zur Rechtfertigung der Initiative auf die einzelnen Projekte heruntergebrochen dokumentiert und messbar

UMSETZUNGZentrale FragestellungWie wird die Umsetzung des Value Monitoring gewaumlhrleistet

438 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Die Bedeutung des Value Monitoring ist als Kernelement einer Operational-Excellence-Initiative allen Beteiligten bewusst

Die gesetzten Ziele sind konkret und realistisch ndash wenn das nicht der Fall sein sollte werden die betroffenen Kennzahlen und Zielvorgaben gemeinsam angepasst

Es ist eindeutig definiert wer welche Daten wo erhebt und in welchem Rhythmus an die Leitung der Initiative berichtet wird

Die beteiligten Stakeholder bringen sich engagiertbei der Fortschrittskontrolle ein

Das Setup der Fortschrittskontrolle ist uumlbersichtlichund die Ergebnisse aussagekraumlftig

Ein differenzierter Reporting-Prozess der sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren beruumlcksichtigt ist etabliert

Die Menge an Daten ist uumlberschaubar (fuumlr jede Dimension der Value Scorecarddrei bis fuumlnf KPIs) aber zur gleichen Zeit aussagekraumlftig

Das Projekt Management die Initiativenleitungund die Prozessverantwortlichen sehen die Anwendung einer Value Scorecard zur Messung des Fortschritts als essenziell an

Es gibt eine institutionalisierte Verantwortlichkeit (zB die Leitung der Initiative oder ein Value Management Team) die im Zuge des Reporting die Daten analysiert Verbesserungen fuumlr die Fortschrittskontrolle erarbeitet und Problemen auf den Grund geht

Das Reporting wird regelmaumlszligig und konsistent durchgefuumlhrt ndashdie Erkenntnisse werden systematisch dokumentiert

44

FORTSCHRITTSKONTROLLEZentrale FragestellungWie wird kontinuierlich gemessen ob das Investment des jeweiligen Projektes die geplanten Benefits generiert

REPORTINGZentrale FragestellungWie wird der Fortschritt des Value Monitoring nach Ablaufder Projekte an die Leitung der Initiative berichtet

Fragebogen zum Value Readiness Assessment

43964 Die Sustain-Phase

Fragebogen

Was ist es fuumlr Sie das die groumlszligte positive Wirkung auf das Unternehmenauf seinem weiteren Weg hat

Bitte nutzen Sie die folgenden Zeilen um Kommentare zu den Fragen zu ergaumlnzen bei denenSie ldquoIch stimme vollstaumlndig zurdquo angekreuzt haben oder andere Aspekte hervorzuheben die Sieals positive in Ihrem Unternehmen empfinden

Bitte nutzen Sie die folgenden Zeilen um Kommentare zu den Fragen zu ergaumlnzen bei denenSie ldquoIch stimme uumlberhaupt nicht zurdquo angekreuzt haben oder weitere Anmerkungen hinzuzufuumlgen

Haben Sie weitere Ergaumlnzungen oder Anmerkungen

WIR DANKEN IHNEN HERZLICH FUumlR IHRE TEILNAHMEDie Summe Ihrer wertvollen Ruumlckmeldungen und Impulsewird uns in die Lage versetzen die Kultur dieses Unternehmensbesser zu verstehen und das Positive weiter zu verstaumlrken

440 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Durch das grafische Abbilden der Bewertungen (Ist- vs Soll-Zustand) ergibt sich eine kla-re Aussage ob die Organisation fuumlr ein belastbares Value Monitoring auf strategischer und operativer Ebene bereit ist Spezifische Notwendigkeiten oder kritische Schwachstellen werden so identifiziert Abbildung 666 stellt in Form eines Spinnennetzes ein moumlgliches Ergebnis dar ndash die Handlungsnotwendigkeiten in den Bereichen Fortschrittskontrolle und Aufbauorganisation werden deutlich

Das Value Monitoring und damit auch eine praumlventive Analyse wie das Value-Readi-ness-Assessment erhoumlhen die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Operational-Excellence-In-itiative indem sie folgende haumlufig auftretende Barrieren verhindern

bull unrealistische und von Selbstinteressen gepraumlgte und kalkulierte Business Casesbull Die Aktivitaumlten in der Transfer- und Sustain-Phase haben nichts mehr mit den in der

Analyse-Phase erarbeiteten Zielen zu tunbull Uumlberholte Kennzahlen bestimmen das Tagesgeschaumlft der Operational-Excellence-Ini-

tiativebull Es herrscht wenig Transparenz und Uumlbersicht hinsichtlich der erreichten Benefitsbull Es existiert eine schlechte Entscheidungsgrundlage der Initiativenleitung fuumlr das weite-

re Vorgehen nach der ersten Projektwellebull Es wird naives Vertrauen darauf gesetzt dass sich die Verbesserungen nach der Imple-

mentierung der Methodik von selbst erhaltenbull Es gibt niemanden der sich fuumlr das Fortleben der Projektergebnisse verantwortlich

fuumlhlt

Reporting

Fort-schritts-kontrolle

Umsetzung

Business Case Zielsetzung

Messbasis

Aufbau-organi-sation

Ausgangslage

100150200250350300350400450500

Abb 666 Ist- vs Soll-Zustand

44164 Die Sustain-Phase

645 Tipps und Tricks

Stellen Sie sicher dass Ihre Fuumlhrungskraumlfte einen langen Atem haben um die ge-planten Veraumlnderungen durchzusetzen und in der Organisation zu verankern Es wird nicht reichen wenn die Schluumlsselspieler der Initiative die Veraumlnderung vorleben Sicherlich muss eine gewisse Konsistenz in Worten und Taten gegeben sein denn wenn in Krisenzeiten die Mitarbeiter darum bemuumlht sind in jeder Abteilung kostenverursachen-de Verschwendung aufzudecken sollte die Unternehmensleitung nicht mit einem Hub-schrauber von Termin zu Termin fliegen Fuumlr eine kulturelle Veraumlnderung wird zum einen entscheidend sein dass die Erwartungen an die Mitarbeiter klar und deutlich kommu-niziert sind Das impliziert die konkrete Erlaumluterung von Hintergrundinformationen und Motivationen Wenn die Leitung der Initiative transparent ehrlich und nachvollziehbar erklaumlrt was es mit den Verhaltensaumlnderungen durch Operational Excellence auf sich hat werden sich die Widerstaumlnde reduzieren Zum anderen werden die Fuumlhrungskraumlfte viel Zeit in das Eliminieren von Widerstaumlnden investieren muumlssen Hier wird ein langer Atem benoumltigt denn es geht nicht nur um das konsequente Durchgreifen (Stichwort Trennungs-gespraumlch) sondern auch um konfliktbereite Bestaumlndigkeit damit Ruumlckfaumllle in alte Ver-haltensmuster vermieden werden Akzeptieren Sie die Existenz von Widerstaumlnden aber unterschaumltzen Sie die Ausdauer von diesen Abwehrreaktionen nicht ndash geben Sie Ihren Mitarbeitern Zeit sich an neue Arbeitsweisen und Verhaltensformen zu gewoumlhnen aber werden Sie nie muumlde offenem und verdeckten Widerstand energisch entgegenzutreten

Vermeiden Sie Altlasten ndash verhindern Sie das Einschlafen von kriselnden Pro-jekten Wenn ergebnisorientierte Arbeit zwischen den Teammitgliedern nicht mehr moumlg-lich ist wenn die Kosten in keinem Verhaumlltnis mehr zum Nutzen des Projektes stehen oder wenn verdeckte Widerstaumlnde jeglichen Projektfortschritt verhindern ndash es gibt viele Gruumlnde ein Projekt im Sande verlaufen zu lassen Vergessen werden dabei haumlufig die ver-ursachten Nebenwirkungen Mitarbeiter (insbesondere die Projektleitung) sind entmutigt und spuumlren dass sie gescheitert sind Diese negativen Erfahrungen wiegen spaumlter schwer wenn z B nicht ausreichend qualifizierte Fachkraumlfte und Experten fuumlr das naumlchste Projekt begeistert werden koumlnnen Es gilt in extremen Faumlllen (wenn ein Projektneustart absolut aussichtslos ist) einen expliziten Projektabbruch durchzufuumlhren Sprechen Sie dafuumlr zu al-lererst mit der Projektleitung eruieren Sie die Gruumlnde und naumlchsten Schritte und uumlberpruuml-fen Sie ob alle Alternativen ausgeschoumlpft sind Sprechen Sie danach mit dem Projektteam Grundsaumltzlich gilt hier das gleiche wie fuumlr die Projektleitung Machen Sie keine Vorwuumlrfe sondern geben Sie den Mitarbeitern eine inhaltliche Perspektive Formulieren und kom-munizieren Sie im Anschluss eine offizielle Mitteilung die alle relevanten Schnittstellen des Projektes im Unternehmen in Kenntnis des Projektabbruchs setzt So vermeiden Sie aushungernde Projekte und betreiben konstruktive Schadensbegrenzung

Es reicht nicht aus die Benefits nur zu messen Richtig ist Was man nicht messen kann laumlsst sich nur schwer managen Diese These trifft vor allem auf das langfristige Va-lue Monitoring zu Doch mit der Implementierung einer Value Scorecard ist einem noch nicht geholfen Nur weil Sie sich jeden Morgen wiegen nehmen Sie auch nicht gleich an

442 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

Gewicht ab Erst wenn Sie die Waage dazu nutzen sich ein Ziel zu setzen den Fortschritt zu verfolgen und daraus Implikationen fuumlr Ihre Strategie zur Gewichtsreduzierung ablei-ten wird das taumlgliche Wiegen sinnvoll Gleiches gilt fuumlr das Value Monitoring Die Pro-jektplanung auf Basis eines Business Case und die kontinuierliche Fortschrittsmessung helfen dabei die Zielorientierung der gesamten Initiative zu verbessern Warum Eine vielzitierte These erklaumlrt diesen Aspekt bdquoEin Plan ist nicht die Beschreibung kuumlnftiger Realitaumlt sondern ein Instrument zur Beschleunigung einer Entwicklungldquo (Berner 2005) Messen Sie die Benefits aber schaffen Sie im Anschluss Klarheit welche Zielsetzungen auf welche Art und Weise erreicht werden muumlssen Nutzen Sie das Value Monitoring um zusaumltzlich Erwartungsdruck zu schuumlren ndash die Beteiligten muumlssen vom Ehrgeiz angesta-chelt werden das Geplante und Vereinbarte auch umzusetzen Zeigen Sie mit intensivem Benefit Tracking dass Sie es mit der Operational Excellence ernst meinen ndash gerade bei der Verankerung der Veraumlnderung in der Sustain-Phase kommt es darauf an einen langen Atem zu beweisen Uumlberlassen Sie das Messen der Benefits zudem nicht der Projektlei-tung ndash ein Rollenkonflikt ist vorprogrammiert

Seien Sie kreativ um das Verhalten von Mitarbeitern zu beeinflussen Fragen Sie sich wie Sie das Verhalten Ihrer Mitarbeiter wirksam aumlndern koumlnnen Haben Sie das Ge-fuumlhl dass nur das Gespraumlch unter vier Augen wirkt Sie aber nicht uumlber ausreichend Zeit dafuumlr verfuumlgen Betrachten Sie das Gesamtbild ndash eventuell finden Sie Anknuumlpfungspunk-te um das Leistungsversprechen der Operational Excellence noch tiefer kulturell zu ver-ankern und die Verbindlichkeit Ihrer Mitarbeiter gegenuumlber der Umsetzung der Initiative zu steigern

1 Welche Zielvorgaben erhalten meine Mitarbeiter und wie werden diese erreicht2 Wie belohne ich meine Mitarbeiter Wie werden sie sanktioniert3 Wie werden meine Mitarbeiter ausgebildet4 Wie kommuniziere ich mit meinen Mitarbeitern5 Wie nimmt die Belegschaft wahr welche Mitarbeiter gefoumlrdert werden6 Wie ist die Rolle und Berichtsstruktur des einzelnen Mitarbeiters definiert7 Wie verhalten sich die Vorbilder des Unternehmens (Fuumlhrungskraumlfte und

Schluumlsselspieler)8 Nach welchen Systemen Prozessen und Grundsaumltzen arbeitet die Belegschaft9 Wie beeinflusst die physische und sichtbare Umgebung des Arbeitsplatzes die Inter-

aktion der Mitarbeiter

65 Das Kapitel in aller Kuumlrze

Kapitel 6 beantwortet vor allem die letzte der drei Ausgangsfragen Was tun Es gibt ein breites Angebot an Literatur sowohl fuumlr strategische Managementansaumltze wie Lean und Six Sigma als auch rund um das Thema Change-Management Doch diese Trennung ist nur in der Theorie moumlglich ndash eine Synthese dieser Themenfelder existiert nicht Nun

44365 Das Kapitel in aller Kuumlrze

werden in einem weiteren Schritt saumlmtliche Erkenntnisse Kritikpunkte und offene Fra-gen in einem umsetzungsorientierten methodenorientierten Leitfaden gebuumlndelt um diese bdquoUumlberlieferungsluumlckeldquo zu schlieszligen Die Antwort auf die Ausgangsfrage bdquoWas tunldquo ist der Transformation Navigator der mit einem umfassenden Interventionsrepertoire das Management von Transformationen ermoumlglicht

Das Transformationsmanagement basiert auf der zeitlosen Errungenschaft von Kurt Le-wins Dreischritt Der Ablauf einer Initiative wird in drei Kernphasen unterteilt Die Ana-lyse-Phase umfasst den Zeitraum den die Initiatoren der Initiative zur sorgfaumlltigen Vorbe-reitung nutzen Diese Phase dauert so lange an bis der offizielle Start verkuumlndet wird Die folgende Transfer-Phase markiert die Umsetzung der ersten Projektwelle Hier werden der DMAIC-Zyklus oder analog dazu die fuumlnf Prinzipien des Lean Managements in den einzel-nen Projekten durchlaufen Die anschlieszligende Sustain-Phase widmet sich der Integration der bis dahin erzielten Initiativen- und Projektergebnisse in die Organisationsumgebung Im Anschluss wird der Ablauf der drei Kernphasen von Neuem begonnen ndash eine weitere Pro-jektwelle startet Der Mechanismus des Navigators startet besitzt aber keinen Endpunkt Er impliziert ein kontinuierliches zyklisches Durchlaufen der drei Phasen solange bis die Ver-besserungssystematik zum selbstverstaumlndlichen Repertoire der Organisation geworden ist

Das Transformationsmanagement verknuumlpft Operational Excellence und Change Ma-nagement Flankiert werden die drei Kernphasen zum einen von den fuumlnf identifizierten Erfolgsfaktoren der Operational Excellence ndash diese bilden die mechanische Ausruumlstung einer Initiative wie ein Fahrwerk Fahrgestell oder eine Karosserie beim Auto Zum ande-ren bilden die fuumlnf diskutierten Change-Faktoren den Kern des Navigators ndash diese stellen den Antrieb der Initiative dar wie der Motor im Auto

Der Transformation Navigator ist keine Bedienungsanleitung sondern entspricht einem methodenorientierten Leitfaden der den Initiatoren von Initiativen als Kompass dient Ein Kompass trifft eine Aussage zur Bestimmung der Position auf einem fest vorgegebenen Kurs Zur erfolgreichen Navigation muss der Kompass jederzeit eine praumlzise Aussage hin-sichtlich der Koordinaten des aktuellen Standpunktes treffen koumlnnen Die Koordinaten werden von den folgenden Fragestellungen bestimmt

1 Strategy Wohin will ich2 Resources Was habe ich3 Guidance Wie nutze ich das4 Benefit Was bekomme ich dafuumlr

Jede Fragestellung ist das Fundament eines Moduls welches in jeder Kernphase neu be-antwortet wird denn die Gleichung zur Beantwortung der Fragen bdquoWohin will ichldquo bdquoWas habe ichldquo bdquoWie nutze ich dasldquo und bdquoWas bekomme ich dafuumlrldquo setzt sich aus stetig veraumln-dernden Parametern zusammen Im Ergebnis wird das Interventionsrepertoire der federfuumlh-renden Verantwortlichen durch 3 times 4 Module zusaumltzlich zu dem bereits umfassenden Inst-rumentenkasten der Operational-Excellence-Methoden mit gezielten Impulsen verstaumlrkt

444 6 Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen

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Ausblick

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7

Blick ich zuruumlck sag ich dankeldquo blick ich nach vorn sag ich jaldquo(Rainer Kaune Autor)

Der Sohn hat die Kernbotschaft die der Vater auf dem Weg zuruumlck ins Haus wiederholt verstanden Die Konstruktion des Wagens verstehen von den Erfahrungen des Vaters ler-nen die wichtigsten Bestandteile und das Herzstuumlck des Autos schaumltzen lernen und sich einen ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Fahrstil aneignen Wie kann es fuumlr

448 7 Ausblick

den Jungen nun weitergehen Auch wenn er bereits von einem Formel-1-Boliden traumlumt Eine Gokart-Stunde wird fuumlr das erste Experimentieren die richtige Motorisierung sein

Kapitel 7 fasst die Quintessenz des Buches in einem Ruumlckblick zusammen Das theo-retische Grundgeruumlst verstehen (Kap 2) aus den Fehlern anderer Unternehmen lernen (Kap 3) die Erfolgsfaktoren aus methodologischer (Kap 4) sowie Change-Management-Sicht (Kap 5) verinnerlichen und den Transformation Navigator zur richtigen Umset-zung der den Herausforderungen der Initiative entsprechenden Tools als Leitfaden nutzen (Kap 6) Wie geht es weiter Auf Basis unserer theoretischen und praktischen Erfahrungen moumlchten wir im letzten Kapitel des Buches eine Hypothese formulieren die besonders fuumlr den Wirtschaftsstandort Deutschland von Bedeutung ist So gibt es eine Unternehmens-art die fuumlr die Implementierung von Operational-Excellence-Initiativen moumlglicherweise praumldestiniert ist Fuumlr das erste Experimentieren mit dieser neugeborenen These werden wir mit der Diskussion eines Praxisbeispiels eine entsprechende und praxisnahe Grundlage schaffen

71 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

Auch fuumlr die Methodik hinter Operational Excellence gilt der Grundsatz Veraumlnderung ist nicht die Ausnahme sondern der Regelfall Ein im letzten Jahrtausend konstituiertes Methodenset wird sich demnach auch aktuellen Rahmenbedingungen anpassen muumlssen Dieser Kapitelabschnitt wird Schlaglichter in verschiedene Richtungen werfen ohne da-bei die aufgeworfenen Fragen abschlieszligend beantworten zu koumlnnen Der Abschluss dieses Buches dient insbesondere der Foumlrderung einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Themenschwerpunkt der Operational Excellence Die richtige Frage zu stellen ist moumlg-licherweise kluumlger als eine vorschnelle Antwort zu geben

711 Eine besondere Anschlussfaumlhigkeit von Operational Excellence

Wir haben uns im Zuge dieser Publikation dem Thema Operational Excellence aus unter-schiedlichen Perspektiven genaumlhert Die theoretischen Bausteine schaumlrften zu Beginn das Verstaumlndnis der Methodik Die Praxisbeispiele ergaumlnzten den eigenen Erfahrungsschatz und die Identifikation der Erfolgsfaktoren verdeutlichte die Herausforderung an eine er-gebnisorientierte Durchfuumlhrung von einer Operational-Excellence-Initiative Uns umtrieb die Fragestellung wer oder was fuumlr eine derartige Implementierung besonders praumldesti-niert ist Ist es eine bestimmte Branche Unternehmensgroumlszlige oder ein spezifischer Kultur-kreis

Die Historie zeigt dass die Erfolgsgeschichten mit Six Sigma oder Lean Management (auch wenn der Ursprung jeweils das produzierende Gewerbe war) branchenuumlbergreifend und produktunabhaumlngig geschrieben werden Damit einher geht die Schwierigkeit den Erfolgsgrad einer Initiative in Abhaumlngigkeit von der Groumlszlige des Unternehmens zu setzen

44971 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

Eine solche Kausalitaumlt scheint auf den ersten Blick nicht haltbar ndash die Erfolge der Neuen-felder Maschinenfabrik stehen denen des franzoumlsischen Versicherungskonzerns AXA in keiner Weise nach Auch die Unterscheidung des Kulturkreises bietet keine belastbaren Differenzierungsmerkmale Eins gilt es jedoch zu beachten In Kap 4 halten wir fest dass sich die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Umsetzung des Methodensets von Kultur zu Kultur unterscheiden kann Um die Zustimmung der Belegschaft zu gewinnen sollte in einem russischen Unternehmen die methodische Werkzeugkiste besser kompromisslos top-down angeordnet werden wo in Deutschland eher ein Bottom-up-Ansatz zu waumlh-len ist damit die Initiative an Eigendynamik gewinnt Um ergebniswirksame Resultate zu erzielen sind in einer amerikanischen Organisation moumlglicherweise besonders starke extrinsische Anreize zur Motivation zu positionieren wohingegen in einer chinesischen Umgebung vielmehr ein charismatischer Fuumlhrer vonnoumlten ist um Vertrauen zu schaffen und die Mitarbeiter von der Veraumlnderung zu uumlberzeugen Dieser Gedanke der sicherlich nur fuumlr Unternehmen ab einer gewissen internationalen Positionierung relevant ist bietet jedoch nicht ausreichend Soliditaumlt um eine repraumlsentative Aussage (wie z B Lean Ma-nagement eignet sich besonders in asiatischen Organisationen) abschlieszligend zu treffen Doch was passiert wenn wir nicht die nationalen Kulturunterschiede sondern die unter-nehmenskulturellen Differenzen genauer betrachten Worin unterscheiden sich die uumlber Jahre gepraumlgten Organisationskulturen Tickt beispielsweise ein deutsches Familienunter-nehmen anders als ein boumlrsennotierter Weltkonzern

Wohlwissend dass die Besonderheiten von Familienunternehmen (FU) eine eigene akademische Forschungsdisziplin sind soll im Folgenden eine praxisrelevante Hypothese aufgestellt werden Vorab dient ein kurzer Exkurs in das Themenfeld von Familienunter-nehmen zum besseren Verstaumlndnis Dabei liegt der thematische Fokus auf Deutschland auch wenn Familienorganisationen international die Wirtschaftsordnung zahlreicher Laumln-der praumlgen

Unternehmen wie Dr Oetker Merck die Otto-Group Aldi BMW Bertelsmann und VW machen einen nicht zu uumlbersehenden Teil der Wirtschaftskraft aus und sind weltbe-ruumlhmt Das Gros der Organisationen jedoch ist weitestgehend unbekannt Eine Analyse der Stiftung Familienunternehmen (2013) ergab dass rund 90 aller Unternehmen in Deutschland familienkontrolliert oder eigentuumlmergefuumlhrt sind die Haumllfte der Umsaumltze in unserer Volkswirtschaft erzielen und bis zu 60 aller sozialversicherungspflichtigen Be-schaumlftigungsverhaumlltnisse stellen Besonders innovative Loumlsungen stammen haumlufig nicht von Konzernen oder dem Staat sondern entstammen der unternehmerischen Initiative von Privaten (vgl May 2001 S 15) Fast unmoumlglich ist es eine einheitliche Definition fuumlr Familienunternehmen zu finden Das Wittener Institut fuumlr Familienunternehmen (vgl WIFU 2013) welches seit der Gruumlndung 1998 Pionier der akademischen Forschung und Lehre zu Besonderheiten von Familienunternehmen ist spricht immer dann von einem FU wenn

1 das Unternehmen sich bdquoganz oder teilweise im Eigentum einer Familie oder mehrerer Familien bzw Familienverbaumlnden befindet und wenn diese aus einer unternehmerischen Verantwortung heraus die Entwicklung des Unternehmens maszliggeblich bestimmen

450 7 Ausblick

2 Diese Verantwortung der Unternehmerfamilie(n)1 wird entweder aus einer Fuumlhrungs - oder Aufsichtsfunktion bzw aus beiden Funktionen heraus wahrgenommen

Dabei spielen die Rechtsform und Groumlszlige des Unternehmens keine Rolleldquo

Weiter wird betont bdquoDas transgenerationale Moment ist fuumlr Familienunternehmen essen-tiell Bei einem Unternehmen kann also streng genommen erst dann von einem Familien-unternehmen gesprochen werden wenn in der Familie geplant wird das Unternehmen in die naumlchste Familiengeneration weiterzugeben Start-ups oder eigentuumlmergefuumlhrte Unter-nehmen sind in diesem Sinn allein noch keine Familienunternehmenldquo (Wittener Insti-tut fuumlr Familienunternehmen 2013) Schwierig wird es vor allem dann wenn in diesem Zusammenhang auch die Begriffe bdquoMittelstandldquo oder der Ausdruck bdquoKleine und mittlere Unternehmen (KMU)ldquo2 verwendet werden Diese Abgrenzung basiert lediglich auf der Groumlszligenordnung des Unternehmens und ignoriert die Besonderheit der Eigentuumlmerstruktur von Familienunternehmen Bei FU koumlnnen wesentliche Fuumlhrungsentscheidungen (Inves-titionsentscheidungen Umgang mit Kunden Lieferanten und Mitarbeitern) eher durch die Verknuumlpfung von Familien- und Unternehmenslogik erklaumlrt werden als durch die Be-ruumlcksichtigung von groumlszligenbezogenen Vor- bzw Nachteilen Unternehmen die auf eine Enkelfaumlhigkeit ausgerichtet sind unterscheiden sich bei ihren Spielregeln also von Pu-blikumsgesellschaften bei denen die Eigentuumlmerstruktur anonym ist Tabelle 71 greift auszugsweise einige wenige Beispiele auf um die Differenz zwischen der Logik einer Familie und der eines Unternehmens (ohne Familieneinfluss) zu verdeutlichen ndash Kollisio-nen sind vorprogrammiert

7 Definition Kleinstunternehmen der Europaumlischen Kommission bdquoGemaumlszlig der Kommis-sionsempfehlung vom 6 Mai 2003 (Empfehlung 2003361EG) die seit dem 1 Januar 2005 die bis dahin geltende Empfehlung (96280EG) ersetzt sind Unternehmen mit bis zu

1 Von einer Unternehmerfamilie sprechen wir wenn eine Gruppe von Menschen in einem verwandt-schaftlichen Verhaumlltnis zueinander steht und in ihrer Entwicklung durch ein im Eigentum einzel-ner oder mehrerer Familienmitglieder befindliches Unternehmen bzw einen Unternehmensverband gepraumlgt wird und wenn diese Gruppe oder Teile davon sich mit der Frage beschaumlftigt wie dieses Eigentum innerhalb des Familienverbandes weitergegeben wird Dabei ist die Form der ggf jeweils gefundenen Loumlsung (Stammesverband sogenannte Kronprinzenregelung Groszligfamilienorganisa-tion) nicht bedeutsam2 KMU-Definition des IfM Bonn (2013b)Der Begriff bdquowirtschaftlicher Mittelstandrdquo ist ausschlieszliglich in Deutschland gebraumluchlich In allen uumlbrigen Laumlndern spricht man von kleinen und mittleren Unternehmen ndash und meint damit einen rein statistisch definierten Teil der Gesamtwirtschaft Auf dieser Basis definiert das IfM Bonn seit 112002 Unternehmen mit bis zu 9 Beschaumlftigten und weniger als 1 Mio euro Jahresumsatz als kleine Unternehmen und mit bis zu 499 Beschaumlftigten und einem Jahresumsatz von unter 50 Mio euro als mittlere Unternehmen

45171 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

bull 9 Beschaumlftigten und bis zu 2 Mio euro Jahresumsatz oder einer entsprechenden Bilanz-summe Kleinstunternehmen

bull 49 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von bis zu 10 Mio euro kleine Unternehmen

bull 249 Beschaumlftigten und einem Jahresumsatz von bis zu 50 Mio euro oder einer Jahresbi-lanzsumme von houmlchstens 43 Mio euro mittlere Unternehmen

Daruumlber hinaus wird eine weitgehende Unabhaumlngigkeit der Unternehmen verlangt So zaumlhlen Unternehmen die zu mehr als 25 zu einer Unternehmensgruppe gehoumlren nicht zu den KMUldquo

Quelle IfM Bonn 2013a

7 Definition KMU des IfM Bonn bdquoDer Begriff sbquowirtschaftlicher Mittelstandlsquo ist aus-schlieszliglich in Deutschland gebraumluchlich In allen uumlbrigen Laumlndern spricht man von klei-nen und mittleren Unternehmen ndash und meint damit einen rein statistisch definierten Teil der Gesamtwirtschaft [hellip] Auf dieser Basis definiert das IfM Bonn seit 112002 Unter-nehmen mit bis zu

bull 9 Beschaumlftigten und weniger als 1 Mio euro Jahresumsatz als kleine Unternehmenbull 499 Beschaumlftigten und einem Jahresumsatz von unter 50 Mio euro als mittlere Unter-

nehmen

(Quelle IfM Bonn 2013b)

Die Forschung laumlsst weitere Aussagen zu Im Vergleich zu DAX-Unternehmen3 (2 ) weisen FU ein Beschaumlftigungswachstum von 11 auf Auch in Krisenzeiten ist zu beob-achten dass FU auf Beschaumlftigungsabbau verzichten Ein Umsatzeinbruch im Krisenjahr 2009 um 10 konnte im darauffolgenden Jahr wieder aufgeholt werden Ferner unter-scheiden sich FU von Nicht-Familienunternehmen (NFU) im Kontext ihrer Kapitalstruk-tur denn sie sind weniger verschuldet und weisen mit 50 eine houmlhere Eigenkapitalquote

3 DAX-26 da ohne die Familienunternehmen im DAX

Tab 71 Beispiele zur Verdeutlichung der Differenz zwischen der Logik einer Familie und der eines UnternehmensFamilie UnternehmenKommunikation ist personenorientiert Kommunikation ist sachorientiertAnerkennung aufgrund der Person und Foumlrde-rung aufgrund von Beduumlrfnissen

sowohl Anerkennung als auch Foumlrderung auf-grund von Leistung

Emotionalitaumlt ist vorherrschend Marktmechanismus ist vorherrschendZugehoumlrigkeit durch Geburt ndash man kann sie sich nicht aussuchen und sie ist lebenslang

Zugehoumlrigkeit durch freiwillige Entscheidung ndash Anfang Ende und Zeitraum sind terminierbar

Liebe Fuumlrsorge und Loyalitaumlt im Mittelpunkt Umsatz Gewinn und Kosten im Mittelpunkt

452 7 Ausblick

auf als NFU mit 36 Zusaumltzlich sind FU bezogen auf ihre Bilanz- und Umsatzsumme deutlich kleiner als NFU was sich auch auf die Groumlszlige der Belegschaft auswirkt Aber FU weisen keine schlechtere Performance auf Im Gegenteil Es ist sogar eine positive ndash wenn auch geringe ndash Korrelation zwischen dem Einfluss der Familie und den KPIs der ope-rativen Performance zu erkennen Wenn im Ergebnis die volkswirtschaftliche Relevanz von FU nicht zu leugnen ist was sind dann die typischen Charakteristika die ein FU so besonders machen und moumlglicherweise auch erfolgsentscheidend sind (Vgl PriceWater-HouseCoopers 2012 S 21 ff)

bull Familienruumlckhalt als WettbewerbsvorteilVertrauen Bindung Engagement und Loyalitaumlt bieten einen Vorteil gegenuumlber der Konkurrenz sofern die Familyness als Ressource im Dienste des Unternehmens genutzt wird Durch diese Personalunion ndash Familie und Unternehmen sind praktisch dasselbe ndash kann das Unternehmen profitieren

bull Unternehmertum als Wettbewerbsvorteil Besonderer Gestaltungswille und das Streben etwas Dauerhaftes zu schaffen kennzeichnen das strategische Alltagsgeschaumlft Studien wie die von PriceWaterhouseCoopers bescheinigen Familienunternehmern unternehmerisches Denken ihre Risikobereitschaft und den Mut Neues auszuprobieren als Vorteil Motivationskraft und Leidenschaft ermoumlglichen nachhaltige Innovation

bull Langfristigkeit als Wettbewerbsvorteil FU ziehen nachhaltige Geschaumlftsstrategien die auf extremer personeller Kontinuitaumlt aufbauen der schaumldlichen Logik von kurz-fristiger Gewinnmaximierung vor Wo ein Manager in Quartalsergebnissen denkt han-delt ein Familienunternehmer generationsuumlbergreifend Sie halten laumlnger an bewaumlhrten Geschaumlftsprinzipien fest und koumlnnen ihr Produktportfolio breiter diversifizieren ndash ein Konzern wuumlrde dafuumlr einen Kursabschlag erhalten obwohl es die Uumlberlebenswahr-scheinlichkeit erhoumlht

bull Finanzierung als Wettbewerbsvorteil Familienunternehmen agieren bei der Aufnah-me von Fremdkapital bedachter und bevorzugen ihre finanzielle Eigenstaumlndigkeit Wer sein eigenes Geld investiert wird zwangslaumlufig auch anders wirtschaften

bull Beziehungen als Wettbewerbsvorteil Die Beziehung zu den Mitarbeitern Kunden und Lieferanten ist durch die familiaumlren Beziehungsmuster stark beeinflusst Insbeson-dere die Mitarbeiter werden nicht wie eine Nummer behandelt Die Wertschaumltzung und das Verantwortungsbewusstsein gegenuumlber den Mitarbeitern wurde vor allem in Zeiten der Finanzkrise unter Beweis gestellt Sie hielten an der Belegschaft nicht nur fest sondern erhoumlhten in der Folge die Mitarbeiterzahl Die Taumltigkeit des einzelnen erfaumlhrt durch den Familienfaktor eine houmlhere Sinnstiftung In der Folge steigt die Identifika-tion mit der Organisation ndash davon profitieren alle Beteiligten

bull Flexibilitaumlt als Wettbewerbsvorteil Familienunternehmen punkten durch Flexibilitaumlt bei gleichzeitiger Standhaftigkeit Eine schnelle und unkomplizierte Entscheidungs-findung bei erfolgskritischen Fragestellungen bieten einen entscheidenden Vorteil im Markt Erfolgreiche FU haben nicht nur einen Macher an der Spitze sondern einen maumlchtigen Macher ndash Kapital und Fuumlhrungsmacht liegen in einer Hand

45371 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

bull Werteverstaumlndnis als Wettbewerbsvorteil Das Pflichtbewusstsein gegenuumlber Mit-arbeitern Kunden und Lieferanten bezieht sich auch auf das gesellschaftliche Engage-ment der FU Aufgrund der starken kulturellen Verankerung halten sie an Traditionen und Wertmaszligstaumlben fest was sich in der Steuerung des Unternehmens widerspiegelt

Wichtig zu beachten ist dass es auch eine Kehrseite der Medaille gibt Das Spannungs-verhaumlltnis zwischen Unternehmen Eigentum und Familie und die damit verbundenen Er-wartungshaltungen und Interessen stellen nicht nur die groumlszligte Kraftquelle sondern auch die groumlszligte Herausforderung einer Familienorganisation dar Woran koumlnnen Familienunter-nehmen am ehesten scheitern

bull Familienruumlckhalt als Wettbewerbsnachteil Durch den Einfluss der Familie wachsen die Eigenarten von FU Wie soll man im Falle von Familienstreitigkeiten beim Fruumlh-stuumlckstisch zum Vater Papa sagen und eine Stunde spaumlter in ihm den Chef sehen Der Verlust von Vertrauen die Enttaumluschung von Gefuumlhlen und das Verraten von Loyalitaumlt koumlnnen das Alltagsgeschaumlft des Unternehmens beherrschen Nicht selten wird eine Fa-milienorganisation Opfer eines Stammeskrieges

bull Unternehmertum als Wettbewerbsnachteil Je kleiner das FU ist desto eher haumlngt die Geschaumlftsentwicklung von den Faumlhigkeiten einer einzelnen Person ab Die unter-nehmerische Weitsicht Fuumlhrungsstaumlrke und Innovationskraft des Patriarchen entschei-den uumlber Erfolg und Misserfolg Was passiert im Falle eines ploumltzlichen Todes

bull Langfristigkeit als Wettbewerbsnachteil Wenn FU laumlnger an Gruumlndungsmythen und gewachsenen Beziehungen festhalten kann dies das Anpassen an neue Anforderungen erschweren Im Mittelpunkt des Spannungsverhaumlltnisses aus Familie Unternehmen und Eigentum steht wie in einer Monarchie die Nachfolge Nicht jedes Kind ist ge-schaffen fuumlr die Position des CEOs nur weil es Familienmitglied ist Die Nachfolge ist ein fortwaumlhrender Prozess der mit der Geburt eines Kindes beginnt und mit dem Tod des Seniors endet Das Wittener Institut fuumlr Familienunternehmen hat diese spielent-scheidende Thematik in einem Leitfaden zur Gestaltung der Nachfolge auf Seite des Unternehmens und des Gesellschafterkreises diskutiert und neun relevante Phasen des Nachfolgeprozesses identifiziert4

bull Finanzierung als Wettbewerbsnachteil Trotz solider Eigenkapitalstrukturen faumlllt es FU schwer im Bedarfsfall Fremdkapital zu generieren Das Vertrauen der Banken muss sich uumlber Jahre hart erarbeitet werden Ohne entsprechende Beziehungen zu Kredit-gebern kann dies in ploumltzlichen Krisenzeiten verheerende Konsequenzen haben Der Vollstaumlndigkeit halber muss erwaumlhnt werden dass FU zu Verschwiegenheit neigen insbesondere was operative Kennzahlen betrifft Dies erschwert den Umgang und das

4 Erziehung zur Nachfolge Unsicherheiten bei den Nachfolgern Ausbildung zur moumlglichen Nach-folge Vorbereitung des Unternehmens Auswahl des Nachfolgers Einstieg ins Unternehmen Ver-antwortungsuumlbergang Alleinverantwortung und Ausstieg der Seniorengeneration Neuorientierung in der postaktiven Phase Fuumlr weitere Informationen hinsichtlich Tipps und eines idealtypischen Nachfolgeprozesses wwwwifude

454 7 Ausblick

Einhalten von Finanzierungsbedingungen von Banken erheblich und kann ein klarer Nachteil gegenuumlber Konzernen sein

bull Beziehungen als Wettbewerbsnachteil Auch wenn FU mit dem emotionalen Faktor einer Familie punkten so faumlllt es ihnen schwer fuumlr genuumlgend Nachwuchskraft auszligerhalb der Familie im Unternehmen zu sorgen Schwierigkeiten bei der Suche nach gutem und qualifiziertem Personal zu haben liegt im Trend Doch viele Schulabgaumlnger wollen nicht fuumlr ein kleines bis mittelgroszliges Familienunternehmen mit Nischenprodukten arbeiten erst recht nicht wenn es sich um einen unattraktiven und schwer erreichbaren Standort handelt

bull Flexibilitaumlt als Wettbewerbsnachteil Trotz zahlreicher Vorteile durch kurzfristigen Handlungsspielraum sind sich FU ihren Grenzen bewusst So wie sich Familienunter-nehmer im Privatbereich ungern oumlffnen (Inhaber von weltbekannten FU sind in der Oumlffentlichkeit haumlufig unbekannt) sind sie auch im Kontext des Unternehmens der An-sicht keine Hilfe von auszligen zu benoumltigen Diese Beratungsresistenz kann Nebenwir-kungen haben wenn die betriebs- und familienfremde Perspektive neue Entwicklungs-potenziale aufdecken koumlnnte

bull Werteverstaumlndnis als Wettbewerbsnachteil Das bedingungslose Festhalten an Ent-scheidungen oder Personen kann als konsequentes und fuumlrsorgliches Traditionsbewusst-sein ausgelegt werden Doch wenn der ausgeschiedene Senior wettbewerbsbedingte Realitaumlten nicht wahrhaben wollte und der Junior beim Amtsantritt erst einmal aufraumlu-men muss kann die Hygiene in der Organisation schwere Langzeitschaumlden erleiden

Es wird deutlich dass das Spannungsverhaumlltnis zwischen emotionaler Bindung und Marktanforderungen nicht immer leicht zu handhaben ist Die volkswirtschaftliche Reali-taumlt gibt dem Modell des Familienunternehmens aber recht Grundsaumltzlich gilt Solange eine Familienorganisation in der Lage ist die sich ergebenden Paradoxien aus Familie und Unternehmen zu managen und eine Balance aus Familien- und Unternehmensinteressen auszutarieren kommen die einzigartigen Ressourcen dieses Erfolgsmodells zum Tragen

Unter Beruumlcksichtigung der skizzierten Exkursion moumlchten wir die folgende Hypo-these in den Raum stellen Ist ein Familienunternehmen aufgrund des einzigartigen und belastbaren Wirkungszusammenhangs von Unternehmen Eigentum und Fami-lie nicht praumldestiniert fuumlr eine anspruchsvolle und ergebnisorientierte Operational-Excellence-Strategie Sicherlich ist jedes FU einzigartig ndash was bei dem einen erfolgreich ist kann dem anderen die Existenzgrundlage nehmen Eine Standardloumlsung wird es fuumlr FU nicht geben koumlnnen Doch entsprechen die kritischen Erfolgsfaktoren der Operatio-nal Excellence wie die Bedeutung einer klaren Vision eines absoluten Commitments einer langfristigen Ausrichtung und konsequenter Mitarbeiterorientierung nicht gerade den besonderen Faumlhigkeiten einer Familienorganisation wie die Vertrauenswuumlrdigkeit ua gegenuumlber Mitarbeitern die Langzeitorientierung von strategischen und personellen Entscheidungen und die familiaumlren Beziehungsmuster

Das Lebenswerk von Heinrich Voumllker ndash Lean Production bei der Voumllker AGDie Familie spielte im Hause Voumllker seit je her eine entscheidende Rolle 1912 gruumlndete Heinrich Voumllker I eine Moumlbelmanufaktur die sich auf die Ausstattung von Sozialeinrichtungen spezialisier-

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te Sein Sohn Heinrich Voumllker II fuumlhrte ab 1939 den Betrieb weiter und baute die Fertigung auf die umfassende Moumlblierung von Hotels Krankenhaumlusern Pflegeheimen sowie Schwesternwohnheimen aus Der viel zu fruumlhe Tod seines Vaters war der Grund fuumlr Heinrich Voumllker III ab 1967 das unter-nehmerische Erbe als Enkel des Firmengruumlnders zu uumlbernehmen Die Tradition wurde fortgesetzt und aus der Moumlbeltischlerei des Groszligvaters wird in der dritten Generation einer der groszligen Her-steller fuumlr technische Pflegemoumlbel Die Produkte von Voumllker werden als bdquoMercedes Benzldquo unter den Pflege- und spaumlter auch Krankenhausbetten schnell mit Innovation und Qualitaumlt assoziiert So ist das 1991 eingefuumlhrte elektrisch betriebene Pflegebett 2080E ein Modell welches die herkoumlmm-lichen technischen Konventionen in den Schatten stellt Das Erfolgsrezept von Heinrich Voumllker ist Die Schwachstellen von etablierten Produkten am Markt identifizieren und mit innovativen Konst-ruktionen in Wettbewerbsvorteile umwandeln Entscheidend ist dass das Bett den Erwartungen der Pflegeheimbewohner den Anforderungen der Pflegekraumlfte und den Anspruumlchen der Heimleitung gerecht wird und dabei den Charme eines wirklichen Moumlbelstuumlcks nicht verliert Mit diesem ganz-heitlichen Ansatz wurde der Aufstieg einer Moumlbeltischlerei zu einem Marktfuumlhrer moumlglich

Wenn Heinrich Voumllker heute auf sein Lebenswerk zuruumlckblickt spielen vor allem die Jahre 1998 und 1999 eine bedeutende Rolle Als begeisterter Porsche-Fahrer interessierte er sich schon immer fuumlr die technischen Fortschritte am Produkt und im Fertigungsprozess des Sportwagenherstellers Durch einen persoumlnlichen Kontakt beim Autobauer kam er zudem erstmals in Beruumlhrung mit der japanischen Lean-Philosophie die zu Beginn der 1990er-Jahre getrieben durch Wendelin Wiede-king den radikalen Umdenk- und Sanierungsprozess des Fahrzeugbauers ermoumlglichte Der Beginn der Zusammenarbeit mit den Experten des Sportwagenbauers im Jahr 1999 stellt einen Meilenstein in der Historie von Voumllker dar ndash das Ergebnis war eine 13-jaumlhrige erfolgreiche Geschaumlftsbezie-hung Auch wenn Heinrich Voumllker als Inhaber zunaumlchst skeptisch war uumlberzeugten ihn die schnell erzielten und greifbaren Erfolge in seiner Wertschoumlpfungskette Wo fruumlher Holzstaub die bis an die Decke gestapelten Materialien und voneinander abgetrennten Fertigungseinheiten das Bild der Produktionshalle bestimmten war schon ein paar Jahre spaumlter der Anblick einer hochmodernen Pro-duktionshalle mit optimaler Flaumlchennutzung (Flaumlchenbedarf um 50 sowie Bestandswert um 80 gesenkt) und flieszligender Produktion (Montagezeit um 60 reduziert) beeindruckend Auch wenn spaumlter alle vier Minuten ein Pflegebett vom Band laufen sollte war die Atmosphaumlre von Ruhe und Ordnung gepraumlgt Kaizen Poka Yoke Kanban und viele andere japanische Schlagwoumlrter wurden zur Normalitaumlt der Umsatz stieg von rund 25 Mio euro (1999) auf knapp 80 Mio euro (2011) und die Beleg-schaft vergroumlszligerte sich von 120 auf uumlber 350 Mitarbeiter Im Weiteren sollen Auszuumlge aus einem mit Heinrich Voumllker gefuumlhrten Interview helfen die wesentlichen Meilensteine und Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von Lean Management an Farbe gewinnen zu lassen

Autoren (A) Welche Rolle spielten bei der Lean-Implementierung in Ihrem Unterneh-men die Mitarbeiter

Heinrich Voumllker (HV) Die Mitarbeiter entscheiden uumlber Erfolg und Misserfolg Es gilt die Mit-arbeiter in den Prozess von Anfang an miteinzubeziehen Wenn die Beleg-schaft dann am eigenen Leib spuumlrt was Lean im Alltag bringt ist eine der groumlszligten Huumlrden genommen Der einzelne Mitarbeiter muss fuumlr sich persoumlnlich eigenstaumlndig entdecken was sich hinter der Lean-Philosophie wirklich verbirgt

A Wie haben Sie die Mitarbeiter miteinbezogen und motiviertHV Die externen Lean-Berater haben viel mit Workshops gearbeitet Der

Berater hat also die Rolle des Moderators uumlbernommen ndash die Problem-loumlsung und auch die anschlieszligende Praumlsentation der Ergebnisse war aber ausschlieszliglich Aufgabe der Mitarbeiter So spuumlrt der Mitarbeiter nicht nur hinterher die positive Veraumlnderung in der Montagehalle sondern hat die Moumlglichkeit von Beginn an mitzuwirken Die Uumlberzeugungsarbeit beginnt sehr fruumlh

456 7 Ausblick

A Was hat denn der Mitarbeiter davon dass er sich mit Lean auseinandersetztHV Abgesehen davon dass ein gesunder betriebswirtschaftlicher Zustand der Organisation im

Interesse des Mitarbeiters liegt profitiert er von angenehmen Arbeitsinhalten und wohl durchdachten Arbeitsablaumlufen ndash das wirkt sich automatisch und vor allem positiv auf das Gemuumlt und damit die Arbeitseinstellung aus Wenn Sie unsere Produktionshalle von fruumlher mit der verschlankten einige Jahre spaumlter vergleichen wuumlrden Sie sofort erkennen dass dort Welten dazwischen liegen Obwohl wir die Montagezeit erheblich reduzieren und die Aus-bringungsmenge deutlich steigern konnten gingen die Mitarbeiter ihren Taumltigkeiten mit viel mehr Ruhe nach und waren zufriedener mit ihrem Arbeitsplatz

A Haben Sie diese Veraumlnderungen hinsichtlich der Mitarbeiterzufriedenheit gemessenHV Nein Das war nicht notwendig denn Sie koumlnnen mir glauben dass man das als Unterneh-

menschef spuumlrtA Wenn die Fertigung ausschlieszliglich aus standardisierten Arbeitsablaumlufen und Produktions-

schritten besteht uumlbt der Einzelne dann nicht immer die gleiche Arbeit ausHV Das zu verhindern ist Aufgabe der Unternehmensleitung bzw der Produktionsleitung Wir

haben immer darauf geachtet dass es Abwechslungen bei den Taumltigkeiten gibt Gleichzeitig wussten wir dass uns dieses Rotieren taumlglich eine halbe Stunde kostet ndash doch die positive Auswirkung der wechselnden Arbeitsinhalte auf die Mitarbeiterzufriedenheit wiegt schwerer als eine halbe Stunde flieszligende Produktion

A Wie sah Ihre Rolle waumlhrend der Einfuumlhrung der Lean-Philosophie ausHV Als Unternehmenschef werden Sie nicht in jedem Detail stecken koumlnnen ndash das funktioniert

nicht Ich habe an den meisten Workshops teilgenommen und bin taumlglich einige Male durch die Produktion gegangen Mir war es immer wichtig im direkten Austausch mit meinen Mit-arbeitern zu stehen Dabei ist es unerheblich ob Sie mit einem Ingenieur oder einer Putzkraft sprechen ndash jeder ist Teil der schlanken Produktion und damit mitverantwortlich fuumlr den unter-nehmerischen Erfolg Als Chef musste ich die Richtung vorgeben und immer wieder zeigen dass die Lean Production richtig fuumlr uns ist Ich wuumlrde mich sogar als richtiger Fan von Lean bezeichnen

A Die Implementierung des Kaizen-Gedanken verspricht kontinuierliche Verbesserung In wel-cher Form manifestierte sich dieser sukzessive Fortschritt in Ihrem Unternehmen

HV Als Unternehmer sind Sie absolut abhaumlngig von der Zusammenarbeit Ihrer Mitarbeiter ndash das ist als positive Herausforderung aufzugreifen Wenn die Mitarbeiter merken dass es sinnvoll ist Verschwendung zu vermeiden dann geben Sie gerne ihr Wissen weiter Waumlhrend der Workshops aber auch abseits dieser moderierten Veranstaltungen wurden zahlreiche Ver-besserungsvorschlaumlge entwickelt

A Wurden diese Vorschlaumlge systematisch dokumentiertHV Nein das bedeutet zu viel Aufwand Und Sie muumlssen auch beachten dass nicht jeder Vor-

schlag richtig ist oder zum richtigen Zeitpunkt kommt Wenn Sie diese Vorschlaumlge dann links liegen lassen kann dies zu Ungeduld und Frust fuumlhren Wichtig ist also nicht die Dokumenta-tion sondern die richtige Haltung gegenuumlber den Mitarbeitern dann kommen die Leute von sich aus auf Sie zu

A An welche Haltung denken Sie daHV Sie muumlssen den Mitarbeitern offen gegenuumlber treten und ihnen damit die Chance geben

Gedanken und Meinungen mitzuteilen Ganz wesentlich ist die Achtung vor dem Mitarbeiter ndash vor jedem Einzelnen Houmlflichkeit und Wertschaumltzung ndash Tugenden die eigentlich selbstver-staumlndlich sein sollten sind wichtige aber haumlufig vernachlaumlssigte Bausteine fuumlr die Unterneh-mensfuumlhrung und die Umsetzung von Veraumlnderungen

A Lean beschreibt die Philosophie der Verschwendungsvermeidung Denkpausen und Raum fuumlr kreative Ideen werden in diesem Zusammenhang haumlufig auch als Verschwendung bezeichnet Hat im Hause Voumllker der betriebswirtschaftliche Imperativ der Effizienz dem Treiber Ihrer Wettbewerbsfaumlhigkeit ndash der Innovation ndash widersprochen

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HV Im Gegenteil Effizienz und Innovation verbinden sich im Kontext mit Lean Management Den Beweis dafuumlr sehen Sie in unseren Produkten 2003 haben wir das Micro-Stimulations-System fuumlr die professionelle Pflege weiterentwickelt (als Unterstuumltzung zur Dekubitusthera-pie zur Mobilisierung Schmerzlinderung und Wahrnehmungsfoumlrderung Anm der Autoren) 2005 wurde das gleiche System um einen elektromotorischen Antrieb ergaumlnzt und verbessert 2006 haben wir die Voumllker-Schiene eingefuumlhrt (ein Versorgungs- und Ablagesystem welches alle Kommunikations- und Elektroanschluumlsse Licht und Rufanlagen in unmittelbarer Reich-weite des Pflegeheimbewohners integriert und sich harmonisch in die Gesamteinrichtung des Pflegezimmers einfuumlgt Anm der Autoren) 2007 praumlsentierten wir das Niedrigst-Pflegebett (die bodennahe Positionierung erhoumlht das Sicherheitsgefuumlhl sturzgefaumlhrdeter Bewohner wie Untersuchungen ermittelten Anm der Autoren) 2008 erschien der erste Prototyp des High-End-Bett Vis-a-Vis5 (ein Bett zum Liegen Sitzen Stehen Gehen das den Bewohner nicht nur mobilisiert sondern auf Basis neuer Funktionalitaumlten auch aktiviert Anm der Autoren) und 2009 begannen wir in Zusammenarbeit mit Porsche Engineering Voumllker-eigene Motoren und Antriebe ndash effizient und wartungsleicht ndash zu fertigen

A Die innovative Familientradition konnten Sie erfolgreich fortsetzen Was war ausschlagge-bend dabei

HV Der staumlndige Austausch mit den Mitarbeitern und den Kunden In die Produktentwicklung wurden die Lean-Experten aus der Produktion hinzugezogen um die Realisierbarkeit von Ideen umgehend zu verifizieren Mit den Kunden haben wir regelmaumlszligig auf Messen gespro-chen ndash doch von Ihrem Kunden koumlnnen Sie keine technische Loumlsung erwarten Das ist und bleibt Ihr Job als Unternehmer

A Sie haben keine Lean-Projekte im Geschaumlftsbereich der Forschung und Entwicklung umge-setzt Gerade dort wird in der Regel vermutet dass Effizienz eher stoumlrt als von Vorteil zu sein

HV In unserem Fall ist das richtig Doch das bedeutet nach wie vor nicht dass die Lean-Philoso-phie Innovationen behindert Denken Sie an Porsche ndash das ganze Unternehmen ist lean Auch im Bereich der Forschung und Entwicklung Empfinden Sie Porsche als nicht innovativ

A Sicherlich nicht Sehen Sie denn Unterschiede zwischen produzierenden und dienstleisten-den Unternehmen um Lean wirksam zu implementieren

HV Nein Verschwendung ist Verschwendung und laumlsst sich uumlberall identifizieren Der Wirkungs-zusammenhang bleibt derselbe

A Im Jahr 2010 ist Voumllker Consulting entstanden Was hatte es damit auf sichHV Wir haben bei unseren Kunden gemerkt dass haumlufig nicht ausreichend Zeit fuumlr menschen-

wuumlrdige Pflege und Betreuung bleibt Es wird sich ja gewoumlhnlich viel in Pflegeheimen und Krankenhaumlusern beschwert ndash was vielen nicht bewusst ist dass die Arbeitsablaumlufe ineffizient sind Das Gute bei hausgemachten Problemen ist aber dass man sie eigenstaumlndig loumlsen kann Also zielten wir mit unserem Beratungsangebot auf eine Aufloumlsung des Spannungsfeldes zwischen den sozialen und oumlkonomischen Aspekten der jeweiligen Einrichtungen durch die Uumlbertragung des Voumllker-Verbesserungs-Prozesses ab So bleibt mehr Zeit fuumlr Pflege und Betreuung stressreduzierte und strukturierte Tagesablaumlufe transparente und gleich verteilte Arbeitsinhalte bestimmen den Alltag Kosten werden reduziert die Zufriedenheit der Mit-arbeiter und Patienten bzw Bewohner wird erhoumlht und die Pflege- und Betreuungsqualitaumlt wird verbessert

5 Das Bett bdquoVis-a-Visldquo wird durch Aufstellen des Ruumlckenteils und Wegschieben des Fuszligteils zu einem gesunden Sessel es erleichtert das Sitzen und Aufstehen sowie die Mobilitaumlt des Patienten Neben dem voumlllig neuen Komfort fuumlr Patienten spart man nach Voumllkers Rechnung mit diesem Bett taumlglich mindestens zehn Pflegeminuten ndash und die kosten heute etwa 70 Cent pro Minute

458 7 Ausblick

A Wenn Sie die letzten Jahre Revue passieren lassen Was waren zusammenfassend die kriti-schen Erfolgsfaktoren fuumlr ergebniswirksames Lean Management bei der Voumllker AG

HV Erstens Bei solch einem Vorhaben veraumlndert sich die ganze Firma Sie muumlssen also als Chef den Kompass in der Hand halten und die eingeschlagene Richtung auch bei schlechtem Wet-ter vertreten Zweitens Sie benoumltigen eine langfristige Perspektive Raten Sie mal warum Wendelin Wiedeking auf Quartalsberichte verzichtet hat Davon profitieren nur die Boumlrse und die Banken Drittens Die Mitarbeiter muumlssen die Fortentwicklung selbst erarbeiten damit man den Grundstein fuumlr eine Lean-Kultur legt Viertens Es kann von groszligem Vorteil sein auf einen externen und nicht betriebsblinden Sparringspartner zuruumlckzugreifen ndash diese Art von Input sollte man nicht unterschaumltzen Als deutsches mittelstaumlndisches Unternehmen haben Sie im immer staumlrker umkaumlmpften Wettbewerb nur eine Chance wenn Sie mit Inno-vation und Qualitaumlt vorneweg gehen ndash die Verinnerlichung der Lean-Philosophie hat uns entscheidend dabei geholfen

Zum Ende des Jahres 2011 zeichnete sich endguumlltig ab dass die Unternehmensnachfolge nicht im Familienkreis realisiert werden konnte Heinrich Voumllkers Toumlchter verfolgten andere Interessen und seine Enkel waren noch zu jung sodass in erster Linie Finanz- und strategische Investoren Interes-se bekundeten Schlieszliglich einigte man sich mit dem Konzern Hill-Rom ndash einem amerikanischen Krankenhausbettspezialisten Ab Maumlrz 2012 ordnete sich die Voumllker AG offiziell in die Konzern-struktur ein Von Beginn an stand fest dass man eine Zwei-Marken-Strategie fahren wird da der Name bdquoVoumllkerldquo im Markt sehr positiv besetzt ist

Das ehemalige Familienunternehmen Hill-Rom (welches uumlbrigens 1929 auch als Tischlerei star-tete) praumlsentierte sich anfangs als bdquosympathischerldquo Kaumlufer der groszliges Interesse daran hatte die Lean-Aktivitaumlten die frisch ausgebauten Consulting-Kompetenzen und saumlmtliche Mitarbeiter und Stand-orte in gleicher Form zu uumlbernehmen Heinrich Voumllker war sich sicher dass die unternehmerische Qualitaumlt seiner Organisation beibehalten werden wuumlrde Heute muss er sich jedoch eingestehen dass er sich geirrt hat Mittlerweile entpuppte sich der Kaumlufer naumlmlich als quartalsgetriebener und rein vertriebslastiger Groszligkonzern der wenig Interesse an schlanken Fertigungshallen und innovativen Erfindungen hat Im Mittelpunkt stehen weder der Mitarbeiter noch die Qualitaumlt sondern ledig-lich die Anzahl an verkauften Betten Die Lean-Initiative wird langsam aber sicher in der Bedeu-tungslosigkeit versickern Schweren Herzens verweist Heinrich Voumllker auf die Autobiografie von Apple-Visionaumlr Steve Jobs Denn dieser hebt zum Schluss seines Buches hervor dass ausschlieszliglich vertriebsorientierten Konzernen (wozu Jobs auch Microsoft zaumlhlt) keine rosige Zukunft bevorsteht Entscheidend sei die Innovationskraft einer Unternehmung ndash nur so laumlsst sich im Uumlbrigen der Erfolg von Volkswagen bzw Porsche und auch Toyota erklaumlren

712 Operational Excellence in Familienunternehmen

Dieses Praxisbeispiel der ehemaligen Voumllker AG bietet zahlreiche Anknuumlpfungspunkte um in einem ersten Schritt die potenzielle Synergie zwischen Familienorganisationen und Operational-Excellence-Initiativen zu sondieren Es soll anhand der in diesem Buch de-finierten Erfolgsfaktoren uumlberpruumlft werden ob die Ingredienzen dieser Erfolgsgeschichte auch auf andere Familienorganisationen uumlbertragbar sind

Initiative mit Organisation harmonisieren amp Reflexion ermoumlglichenDer Nutzen der Lean-Initiative im Falle der Voumllker AG wurde gewiss nicht auf exakt 13 Jahre kalkuliert Doch unter diesem Erfolgsfaktor faumlllt besonders die reflektierte Einschaumltzung ob die Methodik sinnstiftend fuumlr die Staumlrkung der Uumlberlebensfaumlhigkeit der Organisation ist Wer

45971 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

kann das besser einschaumltzen als derjenige der die Organisation sein Zuhause nennt Auch wenn Heinrich Voumllker zu Beginn selbst skeptisch war wurde er durch die schnellen Ver-besserungen uumlberzeugt Er wendete diesen Motivationsmechanismus im Anschluss bei seiner Belegschaft an Seine Mitarbeiter sollten die Verbesserungen durch Lean am eigenen Koumlrper erfahren ndash durch diesen ungefilterten Uumlberzeugungsmoment stieszlig die Initiative auf Akzeptanz

Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren amp Horizontalspannung bewirkenHeinrich Voumllker bezeichnet sich selbst als Fan von schlanken Produktionsprozessen Wenn Leidenschaft fuumlr ein Thema und das Charisma eines erfahrenen Unternehmers auf-einandertreffen kann man sich gut vorstellen welche Wirkung ein mehrmaliger Gang durch die Produktionshallen bei den Mitarbeitern ausloumlst Wenn der Kapitaumln den Kom-pass in der Hand haumllt und die Richtung vorgibt sind Vision und entsprechendes Commit-ment gegeben Besonders wichtig fuumlr den Erfolg von Lean bei der Voumllker AG war die Konsistenz von Vision Commitment und Kommunikation im Alltag Bedingt durch die Personalunion von Familie und Unternehmen wirken strategische Entscheidungen uumlber-zeugend ndash Lean war fuumlr Heinrich Voumllker keine persoumlnliche Profilierung um seine Position zu rechtfertigen sondern eine Lebensentscheidung die mit Herz und Seele umgesetzt wurde Wenn dann sowohl die Putzkraft als auch der Produktionsleiter ihre funktionsuumlber-greifende Rolle bei dieser Lebensentscheidung nachvollziehen koumlnnen und fuumlr die Vision begeistert werden kann man ohne Einschraumlnkung von Horizontalspannung sprechen

Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern amp Mitarbeiter befaumlhigenWelcher Manager kann ernsthaft behaupten dass Wertschaumltzung und Houmlflichkeit gegen-uumlber jeder Arbeitskraft im Unternehmen entscheidend fuumlr den Unternehmenserfolg sind Jeder Wem wuumlrden Sie das aber eher glauben Dem Manager in einer hierarchisch kom-plexen Matrixorganisation oder dem Familienunternehmer der weiszlig wo die Kinder sei-ner Mitarbeiter zur Schule gehen Es ist eine Frage der Haltung welche Bedeutung der einzelne Mitarbeiter einnimmt Wenn Mitarbeitern bei der Voumllker AG auf Unternehmens-kosten Arbeitsveraumlnderungen ermoumlglicht werden um die Taumltigkeit abwechslungsreicher zu gestalten heiszligt das dass das Wohl des Mitarbeiters schwerer wiegt als die Effizienz Sicherlich ist dies ein schmaler Grat denn am Ende zaumlhlt das operative Geschaumlft Doch der Unternehmer ist durch sein Gespuumlr fuumlr die eigene Organisation in der Lage die richti-ge Erwartungshaltung einzuschaumltzen

Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen amp Musterwechsel zulassenFuumlr Heinrich Voumllker war es entscheidend dass seine Mitarbeiter und nicht die externen Berater die Veraumlnderungen umsetzten Das Erschaffen von Lernsituationen in Workshops mithilfe der externen Expertise war eine schlagkraumlftige Kombination Durch den engen Kontakt zur Belegschaft war es auch keine groszlige Herausforderung die richtigen Mitarbei-ter als Lean-Experten fuumlr den anstehenden Musterwechsel auszubilden Heinrich Voumllker auch wenn er nicht in jedem Detail involviert sein konnte sorgte dafuumlr dass jegliche Ak-tivitaumlt unter dem Primat der Nachhaltigkeit durchgefuumlhrt wurde

460 7 Ausblick

Fortentwicklung messbar machen amp Oumllstand uumlberpruumlfenFuumlr einen Unternehmer wie Heinrich Voumllker ist es nicht schwer das Stimmungsbild in seiner Organisation zu spuumlren Dabei wurde er immer wieder aufs Neue von der Richtig-keit seiner Entscheidung bestaumltigt Die Implementierung von Lean Management bei der Voumllker AG ist eine Erfolgsgeschichte Die Wachstumszahlen von Umsatz und Mitarbei-tern sprechen eine eigene Sprache Dies war moumlglich da die gesamte Entwicklung einem langfristig ausgerichteten Kompass folgte den Heinrich Voumllker fest in den Haumlnden hielt Bei wie vielen Unternehmen verlaufen strategische Bemuumlhungen im Sand wenn es einen personellen Wechsel an der Unternehmensspitze gab Der erste Mann in der Organisation braucht den laumlngsten Atem ndash die Lufthansa AG die seit 2013 das Effizienzprogramm SCOR mit 2500 Projekten umsetzt wird den Verlust von CEO Franz auch erst einmal kompensieren muumlssen

Es wird an dieser Stelle wie bereits erwaumlhnt nicht moumlglich sein den eventuellen positiven Wirkungszusammenhang zwischen einer Familienorganisation und einer Ope-rational-Excellence-Initiative abschlieszligend und empirisch fundiert zu bewerten Doch es erhaumlrtet sich der Verdacht dass auf beiden Seiten positiv korrelierende Mechanismen existieren Insbesondere die in diesem Buch erlaumluterten Praxisbeispiele befeuern die Dis-kussion

So entspricht Michael McCain den Anforderungen eines Familienunternehmers und weist bis heute durch Six Sigma generierte Erfolge auf die durch seine Lebensentschei-dung fuumlr die strategische Qualitaumltsinitiative moumlglich wurden Wie waumlre Six Sigma bei der Bank of America fortgesetzt worden wenn nach dem Ausscheiden von CEO Lewis sein Sohn und nicht Brian Moynihan das Steuer der durch die Finanzkrise gebeutelten Bank uumlbernommen haumltte Haumltte Lewis in diesem hypothetischen Szenario einer familiengefuumlhr-ten Bank of America womoumlglich gar nicht das Steuer abgeben muumlssen weil die Gesell-schafter ausreichend Vertrauen in den Mann hatten der die Bank uumlber Jahre erfolgreich gefuumlhrt hat Entspricht der leidenschaftliche Einsatz von Goran Curic nicht dem Herzblut eines Familienunternehmers Ein Geschaumlftsfuumlhrer der sich entgegen des Widerstandes seiner eigenen Mitarbeiter konsequent fuumlr mehr Sicherheit am Arbeitsplatz einsetzt Ist die FCI-Gruppe nicht ein Paradebeispiel dafuumlr was fuumlr drastische Konsequenzen es fuumlr eine Operational-Excellence-Initiative haben kann wenn Entscheidungen ausschlieszliglich im Sinne des Shareholder Value und nicht im Sinne der Zukunftsfaumlhigkeit der Organisa-tion getroffen werden Der FCI-Fuumlhrung von Pierre Vareille wurde durch die Zersplitte-rung des Konzerns ein spielentscheidender Faktor zur erfolgreichen Implementierung von Operational Excellence geraubt ndash organisatorische Bestaumlndigkeit bei der Integration der Initiative in die Unternehmenskultur Wuumlrde die Unternehmensleitung von Best Buy das Scheitern von Lean Sigma einsehen um das Ruder noch rechtzeitig herumzureiszligen wenn die Beteiligten alleinige Gesellschafter des Unternehmens waumlren Schlieszliglich ist AXA ein weiteres Beispiel fuumlr die Wichtigkeit von personeller Kontinuitaumlt an der Spitze ndash wenn jemand in Krisenzeiten das Management des Menschen als wichtiger erachtet als die Verfolgung von finanziellen Zielgroumlszligen entspricht er bdquofamilienunternehmertypischenldquo Attributen

46171 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence

Sicherlich ist auf den letzten Seiten das eine oder andere bewusst uumlberspitzt formu-liert worden Ziel ist es gewesen eine inhaltliche Trennschaumlrfe zwischen FU und NFU zu erhalten Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik wird dann schwer wenn die Erfolgsgeheimnisse von Familienunternehmen oder Operational-Excellence-Initiativen im unscharfen Sowohl-als-auch verschwimmen Konzernen die Faumlhigkeit eines erfolg-reichen Umgangs mit strategischen Initiativen wie Operational Excellence abzusprechen ist genauso kurzsichtig wie Familienunternehmen eine Erfolgsgarantie als Persilschein auszustellen ndash fuumlr polarisierende Blockbildung besteht kein Anlass Dennoch ist es im Sinne einer methodischen Weiterentwicklung empfehlenswert eine entsprechend praxis-orientierte aber auch empirisch fundierte Forschung in diesem Bereich zu betreiben Das Unterscheidungskriterium der Familie ist in diesem Kontext gerade fuumlr den Wirtschafts-standort Deutschland vitalisiert durch den unternehmerischen Spuumlrsinn familiengepraumlgter Organisationen fuumlr derartige Forschungsaktivitaumlten repraumlsentativ

Auch wenn wir eine noch zugegebenermaszligen unscharfe Tendenz ausmachen koumlnnen gilt es abseits dieses Buches einige Fragen im Hinblick auf die besonderen Unterschiede zwischen einer Familienorganisation und einem kapitalmarktorientierten Unternehmen zu klaumlren

Welche Rolle spielt die Unternehmensgroumlszlige bei Operational-Excellence-Initiativen tatsaumlchlich wenn wir bei mittelstaumlndischen Unternehmen an den Vorteil von kurzen Ent-scheidungs- und Kommunikationswegen denken

Wenn gerade der bdquomaumlchtige Macherldquo so ausschlaggebend fuumlr die Wertschoumlpfung eines FU ist uumlbersteigt die Komplexitaumlt der Unternehmensnachfolge durch einen Junior dann nicht die eines CEO-Wechsels in einem NFU

Wie meistert ein FU den schmalen Grat aus personenunabhaumlngiger Initiative (damit sie selbststaumlndig lebensfaumlhig ist) bei gleichzeitiger Kontinuitaumlt an der Fuumlhrungsspitze (die familienbedingt gegeben ist)

Neigen Manager vielleicht eher dazu eine strategische Initiative zur Profilierung und als Karriereboost zu missbrauchen als ein geschaumlftsfuumlhrender Gesellschafter einer Unter-nehmung

Wuumlrde es gelingen den anspruchsvollen und meist internationalorientierten Jargon der Operational Excellence fuumlr ein typisch deutsches Familienunternehmen zu uumlbersetzen

Sind die meist personenorientierten FU uumlberhaupt anschlussfaumlhig fuumlr eine prozess-orientierte Denkweise Dazu Der unternehmerische Spuumlrsinn von FU lebt meist von Schumpeters schoumlpferischer Zerstoumlrung und laumlsst die Organisationsstrukturen wild (und haumlufig hoch profitabel) wachsen ndash gibt es moumlglicherweise einen Zeitpunkt im Lebens-zyklus eines FU wo eine intuitive bdquoTrial-and-Error-Kulturldquo durch einen systematischen bdquoPlan-Do-Act-Check-Ansatzldquo abgeloumlst werden muss

Die Aufgaben in Familienunternehmen bilden sich klassischerweise um Personen und nicht um Funktionen oder Prozesse herum Dieses organisch gewachsene Netzwerk an Buumlndelungen ist fuumlr Auszligenstehende haumlufig kaum zu durchschauen Wie kann es in diesem Kontext gelingen eine Verbindlichkeit fuumlr prozessorientiertes und nicht mehr personen-orientiertes Wirtschaften zu erzeugen

462 7 Ausblick

713 Weitere Denkanstoumlszlige

Abseits der moumlglichen Entwicklungspotenziale fuumlr Operational Excellence in Familien-organisationen sollen noch weitere Themen kurz angerissen werden

So zeigt die Praxis dass sich gerade in administrativen Geschaumlftsbereichen erhebliche Potenziale fuumlr Verschwendungsvermeidung und Qualitaumltsverbesserung verstecken Auch in bundesdeutschen Aumlmtern und Behoumlrden kann Operational Excellence fuumlr eine Verbesse-rung der Serviceleistung mehr Kundenorientierung und fuumlr deutliche Einsparungen sorgen Analog zu den staatlichen Institutionen in den USA wo Lean Sigma fuumlr die US-Army kein Fremdwort ist (Vgl Dahm und Haindl 2011 S 162) Gerade der Grundsatz der Miteinbe-ziehung der Mitarbeiter mit allen Faumlhigkeiten und Talenten sollte im oumlffentlichen Sektor viel staumlrker in den Fokus ruumlcken Greift man beispielsweise die Praxis der stetigen Meinungsum-fragen in der Politik auf dann bietet das Leistungsversprechen der Operational Excellence hier einen Ansatz Wuumlrde man die befragten Buumlrger als Kunden betrachten und aus den Um-frageergebnissen deren wahre Wuumlnsche an die Regierung und Verwaltung herausarbeiten waumlre dann nicht ein erster echter Schritt gemacht Durch die Anwendung des DMAIC-Zy-klus mit anschlieszligendem Uumlbergang in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess koumlnn-ten die ermittelten Critical-to-Quality-Faktoren in der Arbeit der Behoumlrden manifestiert werden Betrachtet man die Ausgabenhoumlhe der Regierung fuumlr Beratungsleistung im den letzten Jahrzehnten sind die Preise fuumlr die Ausbildung eigener bdquoBeltsldquo zu vernachlaumlssigen

Roland Berger spricht in einer Studie von einer Vertrauensorganisation als Fuumlhrungs-modell fuumlr den Doppelkurs bdquoRestrukturieren und Wachsenldquo (Vgl Roland Berger Strategy Consultants 2005 S 2) Zum Hintergrund Die Beratungsgesellschaft entwickelte einen Wachstumsalgorithmus der sich als Kreislauf darstellt weil richtig gemangtes Wachstum sich selbst antreibt Ausgangspunkt ist eine exzellente operative Performance welche zu houmlheren Cashflows fuumlhrt die in Wachstum investiert werden koumlnnen Daraus entstehen Groumlszligen- und Verbundvorteile die wiederum die operative Leistungsfaumlhigkeit verbes-sern Es stellte sich anschlieszligend die Frage wie Unternehmen gefuumlhrt werden muumlssen wenn sie wachstumsstark sein wollen Die Antwort ist ein Zusammenspiel aus Kosten- bzw Prozessoptimierung und Wachstumsstimulierung Diese Taumltigkeiten muumlssen heute parallel betrieben werden Zwingend erforderlich sind dafuumlr die Eigenschaften der Wachs-tumsfaumlhigkeit und Wachstumsbereitschaft Dafuumlr muumlssen Mitarbeiter anspruchsvolle Ziele verfolgen Spaszlig am Wettbewerb haben und echtes Commitment zeigen Dies entsteht in einem kulturellen Unternehmensumfeld nur dann wenn die Mitarbeiter die Unternehmens-fuumlhrung als vorbildlich erkennen ndash und ihr vertrauen Der magnetische Nordpol von wachs-tumsstarken Unternehmen muss eine Vertrauensorganisation sein6 Vertrauen ist die Basis fuumlr houmlheres Engagement der Mitarbeiter durch staumlrkere Bindung fuumlr bessere Produkt- und

6 Vertrauen ist eine hochemotionale Angelegenheit Emotionale Aspekte ruumlcken nicht nur durch das Change Management sondern auch durch viele andere Bereiche der Wirtschaft in den Mittelpunkt Neue Forschungsfelder wie Neurooumlkonomik Fairness- oder Kooperationsforschung sowie Beha-vioral Economics fuumlhren zur Neubewertung des gewohnten Wirtschaftsalltages und belegen diese Entwicklung

46372 Blick in den Ruumlckspiegel

Servicequalitaumlt durch motivierte Mitarbeiter fuumlr Stimulierung der Kreativitaumlt durch offenen Austausch untereinander und fuumlr niedrigere Transaktionskosten durch geringen Uumlberwa-chungsaufwand Dadurch werden die Wachstums- und Innovationskraumlfte einer Organisa-tion freigesetzt Die Studie kommt u a zu dem Ergebnis dass leistungsorientierte Fuumlhrung Freiraumlume fuumlr Innovation Transparenz und auch eine dezentrale Organisation fuumlr den Auf-bau einer Vertrauensorganisation als Modell der Zukunft entscheidend sind So stellt sich schlieszliglich die Frage Wie passt sich das Leistungssystem einer Operational-Excellence-Initiative welches von zentralisierten Strukturen profitiert an diesen Organisationszustand an Lean Management weist durch das systematische Uumlbertragen von Verantwortung und damit auch Vertrauen durchaus Anknuumlpfungspunkte auf (Stichwort Poka Yoke Jeder Mit-arbeiter kann den Produktionsfluss stoppen wenn er einen Fehler bemerkt) Aber beson-ders die durchgetaktete Programmatik einer Six-Sigma-Initiative beruht auf zentralisierten Monitor- Informations- und Berichtsstrukturen ndash wird auf diese Art und Weise nicht eher Misstrauen systematisch in die Organisation integriert Wie kann der Aufbau von Vertrau-en als fester Bestandteil in eine Operational-Excellence-Initiative integriert werden

Die Beratungsgesellschaft Capgemini hebt in ihrer Change-Studie aus dem Jahr 2012 hervor dass 78 der Senior Executives die Bedeutung von Social Media fuumlr den zu-kuumlnftigen Geschaumlftserfolg erkennen Jedoch landet nur bei 27 das Thema auf der Liste mit den strategischen Topthemen Dessen ungeachtet wird die digitale Transformation in Zukunft die Bewegungskraft von Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend beeinflus-sen Beim Umgang mit dieser rudimentaumlren Veraumlnderung reichen bewaumlhrte Methoden und Prozesse nicht mehr aus Was bedeutet es fuumlr die Zukunft von Operational Excellence wenn traditionelle Denkweisen infrage gestellt werden Konkret Wie geht man damit um wenn top-down gesteuerte und hierarchisch orientierte Kommunikationsstrategien ihre Relevanz verlieren weil sie das Nachsehen gegenuumlber der Verfuumlgbarkeit von Echtzeit-Informationen haben Mit Tablet-PCs und Smartphones kann Wissen einfacher geteilt gespeichert verbreitet und neu miteinander kombiniert werden Houmlhere Transparenz un-mittelbares Feedback einfache Verbreitung von Ideen und die Moumlglichkeit von externen Perspektivenwechseln sind Potenziale aus der vernetzten Welt Braucht der Black Belt von morgen digitale Skills und mehr Verstaumlndnis fuumlr die entstehende Arbeitskultur im Enterprise 20 Hat das Streben von einer vertikal zu einer horizontal orientierten Organi-sationsstruktur seine Zukunft vielleicht schon hinter sich Muumlssen wir uns nicht vielmehr fragen wie wir den Sprung aus vertikalen hin zu virtuellen Organisationszustaumlnden meis-tern Wuumlrde es ausreichen das Interventionsrepertoire der Operational Excellence mit kollaborativer Technologie einfach zu bdquodigitalisierenldquo Was waumlre die Alternative

72 Blick in den Ruumlckspiegel

Veraumlnderung liegt sowohl in der Natur des Menschen als auch in der Natur der Umwelt die ihn umgibt ndash das war immer schon der Fall Die Einfuumlhrung zu diesem Buch hebt aber hervor dass die Geschwindigkeit und das Ausmaszlig von Veraumlnderungen eine bislang

464 7 Ausblick

unbekannte Intensitaumlt aus Sicht von Unternehmen angenommen haben Die Hyper-Dyna-mik der sozialen Netzwerke ist nur ein Beispiel fuumlr die gewaltigen Innovationsspruumlnge in der Informationstechnologie Dass die digitalisierte Vernetzung am Markt die Internatio-nalisierungsdynamik beschleunigt ist ein weiteres Beispiel Veraumlnderungsaverse Organi-sationen werden immer schneller von der Bildflaumlche verschwinden

Die wirtschaftlichen Erfolgsmuster haben sich seit den 1950er-Jahren dramatisch veraumln-dert Die Formel zur Erreichung von Wettbewerbsfaumlhigkeit besteht heute mehr denn je aus sich veraumlndernden und schwer abschaumltzbaren Variablen Kennzahlen wie Produktivitaumlt und Qualitaumlt sowie damit verbundene Kosten und Kundenzufriedenheit ruumlcken in den Fokus je-der Unternehmensfuumlhrung Fuumlr einen wirksamen Umgang mit den neuen wirtschaftlichen Er-folgsmustern gibt es unterschiedliche Ansaumltze des strategischen Management ndash einer davon wird in Kap 2 erlaumlutert Die innerbetriebliche Programmatik der Operational Excellence Folgende Fragen werden beantwortet Wie erreicht Lean Management aufbauend auf den Faumlhigkeiten der Mitarbeiter Kundenorientierung Dezentralisierung Verschwendungsver-meidung Simultanisierung und Schnelligkeit Wie ermittelt Six Sigma statistikbasiert zum einen den Wunsch des Kunden und zum anderen die tatsaumlchliche Ursache dafuumlr dass dieser Wunsch unerfuumlllt bleibt Wie kombiniert eine Lean-Sigma-Initiative die Leistungsverspre-chen dieser weit verbreiteten Ansaumltze und ermoumlglicht nachhaltige Wettbewerbssteigerungen

Durch den Feldkontakt in Kap 3 gewinnt das architektonische Theoriegeruumlst aus Kap 2 an Farbe Die heterogene Auswahl der Praxisbeispiele zeigt mit voller Absicht das breite Anwendungsspektrum der Operational-Excellence-Methodologie Es wird deutlich dass Six Sigma ohne das Commitment des Topmanagements nicht erfolgreich sein kann (Maple Leaf Foods) und dass das Qualitaumltsverbesserungsprogramm aber auch nicht vor strategi-schen Fehlentscheidungen schuumltzt (Bank of America) Unverkennbar wird das Leistungs-vermoumlgen von Lean Management wenn der Mitarbeiter im Mittelpunkt steht (Neuenfelder Maschinenfabrik) und wenn die Organisation auf eine gemeinsame Vision eingestimmt wird (FCI-Gruppe) Abschlieszligend stellt das letzte Praxisbeispiel unverschleiert das Spannungs-verhaumlltnis der betriebswirtschaftlichen Imperative Effizienz und Innovation dar (Best Buy)

Allen drei prozessorientierten Ansaumltzen gemeinsam ist die klare strategische Ziel-setzung die Wettbewerbsfaumlhigkeit der Organisation entscheidend sowie nachhaltig zu steigern und operative Exzellenz nicht nur als Momentaufnahme zu erreichen sondern mithilfe der Infrastruktur eines kulturellen Transformationsprozesses langfristig als fe-sten Bestandteil der DNA in das Unternehmen zu integrieren Kapitel 4 konsolidiert die kritischen Erfolgsfaktoren der Operational Excellence umfassend Wie integriere ich die Initiative in die Organisation Wie stelle ich eine uumlberzeugende Vision ein kompromiss-loses Commitment und belastbare Kommunikationsstrukturen sicher Welche Rolle spielt der Mitarbeiter Wie setze ich die Projekte richtig um und wie verfolge ich den entspre-chenden Initiativenfortschritt Im Anschluss werden zusaumltzlich methodische Maumlngel of-fen angesprochen ndash um Operational Excellence besser umsetzen zu koumlnnen muss das Leistungsversprechen auf den Pruumlfstand gehoben werden

46573 Zehn Thesen zur Operational Excellence

Auch wenn es keine abschlieszligende Antwort auf die Frage gibt wie viel Prozent von strategischen Initiativen scheitern so steht doch eines fest Veraumlnderung fuumlhrt zu Wider-stand und Widerstand schmaumllert die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Operational-Excel-lence-Initiative Kapitel 5 diskutiert die im vorhergehenden Kapitel angerissene psycho-logische Komponente von Veraumlnderungsprogrammen Es werden aus dieser Perspektive weitere kritische Erfolgsfaktoren identifiziert Wie kann ich das was ich tue in gesunden Abstaumlnden infrage stellen Wie koumlnnen heute Integration Kooperation und Vernetzung das Wachstum gestalten wo gestern Arbeitsteilung Abgrenzung und Konkurrenz die Or-ganisationsstruktur praumlgten Wie unterstuumltze ich meine Mitarbeiter bei der Veraumlnderung von Einstellung und Verhalten Wie kann ich disruptive Veraumlnderungen die sogenannten Musterwechsel zulassen und fuumlr mich nutzen Change Management ist der wichtigste Hebel im Kontext einer Operational-Excellence-Initiative um die Uumlberlebensfaumlhigkeit eines Unternehmens entscheidend zu verbessern

Kapitel 6 beantwortet die Frage Was tun Es gibt ein breites Angebot an Literatur sowohl fuumlr strategische Managementansaumltze wie Lean und Six Sigma als auch rund um das Thema Change Management Diese Trennung ist nur in der Theorie moumlglich ndash in der Praxis ist sie unter Beruumlcksichtigung rationaler und emotionaler Realitaumlten kurzsichtig und greift ins Leere Publikationen die explizit Veraumlnderungsmanagement in Operational-Excellence-Initiativen adressieren existieren nicht Diese als bdquomissing linkldquo zu bezeich-nende Uumlberlieferungsluumlcke wird mit den Erkenntnissen Uumlberlegungen und Denkanstoumlszligen des Kap 6 geschlossen Der Transformationnavigator fuumlhrt mit einem umfassenden Inter-ventionsrepertoire als Leitfaden durch die Systematik einer Operational-Excellence-Ini-tiative und ermoumlglicht das Management einer Transformation

Zum Abschluss werden Schlaglichter in verschiedene Richtungen geworfen So ent-sprechen die kritischen Erfolgsfaktoren der Operational Excellence moumlglicherweise den Faumlhigkeiten von Familienorganisationen die insbesondere die exponierte Position des deutschen Wirtschaftsstandortes auszeichnen Ist ein Familienunternehmen aufgrund des einzigartigen und belastbaren Wirkungszusammenhangs von Unternehmen Eigentum und Familie nicht praumldestiniert fuumlr eine anspruchsvolle und ergebnisorientierte Operational-Excellence-Strategie Diese Fragestellung wird nicht abschlieszligend und empirisch fun-diert beantwortet werden koumlnnen doch die Intention des letzten Kapitels ist die Foumlrderung der Auseinandersetzung mit dem Themenschwerpunkt der Operational Excellence Denn auch fuumlr ein Methodenset gilt Veraumlnderung ist nicht die Ausnahme sondern der Regelfall

73 Zehn Thesen zur Operational Excellence

Der Uumlbersicht halber werden als Schlussakkord die zehn unserer Erfahrung nach am meis-ten verbreiteten Vorurteile gegenuumlber Operational Excellence als Missverstaumlndnisse ent-larvt Durch kurze Erlaumluterungen wird die Quintessenz des Buches dann in Thesenform zusammengefasst

466 7 Ausblick

1 bdquoDer Umgang mit Veraumlnderungen ist vor allem fuumlr stark wachsende Unternehmen oder Organisationen in volatilen Branchen wichtigldquo

Nein denn fuumlr jedes Unternehmen ist der Umgang mit disruptiven Veraumlnderungen zum kritischen Erfolgsfaktor geworden ndash wer das ignoriert setzt entweder auf sehr viel Gluumlck oder ist sehr dumm

2 bdquoOperational Excellence ist heute die einzige Antwort auf die operationalen und organisationalen Anforderungen von Unternehmenldquo

Das ist falsch denn fuumlr das strategische Management ist der Ansatz der Operational Excellence bei dem alle Geschaumlftsprozesse auf Kundenbeduumlrfnisse Qualitaumlt und Effi-zienz ausgerichtet werden nur eine von vielen moumlglichen aber eine der gut erprobten Optionen um die sich stetig veraumlndernde Formel zur Erreichung von Wettbewerbs-faumlhigkeit greifbar zu machen Grundsaumltzlich gilt Operational Excellence ist kein Allheilmittel

3 bdquoLean Management bedeutet Verschwendung zu eliminieren ndash am Ende fuumlhrt kein Weg an Personalabbau vorbeildquo

Das ist nicht richtig auch wenn Lean haumlufig faumllschlicherweise als Deckmantel von Mitarbeiterreduktionsprogrammen missbraucht wurde Im Gegenteil Der Mitarbei-ter ist gemaumlszlig des Produktionssystems von Toyota als Teil der bdquoUnternehmensfamilieldquo zu sehen Freigesetzte Kapazitaumlten dazu zaumlhlen auch die Mitarbeiter sind an anderer Stelle in der Organisation wertschoumlpfend zu integrieren

4 bdquoSix Sigma ist Krieg gegen Kosten ndash am Ende zaumlhlt nur die Houmlhe der Einsparungldquo Nein Six Sigma ist kein Synonym fuumlr Kostensenkungsmaszlignahmen ndash im Gegenteil

Durch den ausschlieszliglichen Fokus auf die Erfuumlllung des Kundenwunsches steht eher die durch Qualitaumltssteigerungen verbesserte Ertragslage des Unternehmens im Vorder-grund Nennen wir es eher Krieg gegen Fehler

5 bdquoLean Sigma ist die effizienteste Form von Rationalisierung ndash in nur wenigen Monaten wird eine Organisation bis auf den letzten Euro ausgequetschtldquo

Falsch denn der zu erzielende finanzielle Benefit ist nicht nur auf eine strategische Ini-tiative zur Gewinnmaximierung zu reduzieren ndash im Gegenteil Durch die Kombination der Leistungsversprechen steht die (problemorientierte) Fragestellung im Mittelpunkt welche Probleme geloumlst werden muumlssen um den Kunden schneller und uumlberzeugender zufriedenzustellen Die Herausforderung ist nicht die kurzfristige Einsparung sondern der langfristige Musterwechsel im Denken und Handeln der Mitarbeiter

6 bdquoWelche Methode der Operational Excellence implementiert wird ist unerheblich ndash sie fuumlhren alle zum gleichen Ergebnisldquo

Nein es gilt zu differenzieren Six Sigma bietet sich fuumlr durchgetaktete Prozessstruktu-ren an die auf Praumlzision Konsistenz und hohe Wiederholung beruhen Die Wirksam-keit von Lean Management laumlsst sich kaum auf spezielle Branchen Organisationstypen oder Wertschoumlpfungsprozesse beschraumlnken ndash eine Methodik die auf die Zusammen-arbeit der Menschen baut ist uumlberall dort anschlussfaumlhig wo Menschen zusammen arbeiten Lean Sigma eroumlffnet zusaumltzlich die Moumlglichkeit bdquodas Beste aus beiden Wel-tenldquo variabel zu kombinieren

467Literatur

7 bdquoDie Mitarbeiter werden von selbst bemerken wie wichtig eine Operational-Ex-cellence-Initiative ist wenn das Topmanagement die Richtung vorgibtldquo

Das ist zu kurz gedacht denn ein Fuumlhrer ohne Gefolgschaft ist nur ein Mann der spa-zieren geht Wer nicht imstande ist seine Mitarbeiter fuumlr die Veraumlnderung zu begeis-tern wird an der Natur des Menschen scheitern der Angst vor Veraumlnderung

8 bdquoUmfangreiche Operational-Excellence-Initiativen benoumltigen die temporaumlre Unterstuumltzung von Change-Beratern wenn die Projekte umgesetzt werdenldquo

Falsch denn die Trennung von Operational Excellence und Change Management ist nur in der Theorie moumlglich ndash ein ganzheitliches Transformationsmanagement muss beide Disziplinen von Beginn an vereinen Operational Excellence erfordert Change Management welches wiederum operative Exzellenz erst ermoumlglicht

9 bdquoOperational Excellence ist ein Programm welches nach ein paar Jahren been-det werden kann ndash vorausgesetzt die gesetzten Ziele wurden erreichtldquo

Das ist nicht richtig es gibt zwar einen Startschuss aber keinen Zieleinlauf Der Trans-formation Navigator plant und steuert kontinuierlich die Projektwellen einer Initiative ndash das umfassende Interventionsrepertoire verfuumlgt uumlber ausreichend Bewegungskraft um nachhaltige Wirksamkeit zu ermoumlglichen Wenn die prozessorientierte Denkweise so selbstverstaumlndlich geworden ist wie das Mittagessen in der Kantine kann man von einer erfolgreichen Implementierung sprechen

10 bdquoOperational Excellence verbindet die zwei erfolgreichsten Ansaumltze des strategi-schen Managements und verfuumlgt damit uumlber ein zeitloses Leistungsversprechenldquo

Nein denn auch der Ansatz der Operational Excellence muss sich veraumlnderten Rah-menbedingungen anpassen ndash Change in Excellence Die Methodologie muss eventu-ell fuumlr bestimmte Organisationsformen geschaumlrft werden die Leistungsfaumlhigkeit muss sich am globalen Digitalisierungstrend ausrichten und das Transformationsmanage-ment muss den Aufbau von Vertrauensorganisationen forcieren

Literatur

Dahm M amp Haindl C (2011) Lean Management und Six Sigma Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit in der Wettbewerbsstrategie Berlin Erich Schmidt

IfM Bonn (2013a) KMU-Definition der Europaumlischen Kommission httpwwwifm-bonnorgmit-telstandsdefinitiondefinition-kmu-der-eu-kommission Zugegriffen 29 Jan 2014

IfM Bonn (2013b) KMU-Definition des IfM Bonn httpwwwifm-bonnorgmittelstandsdefini-tiondefinition-kmu-des-ifm-bonn Zugegriffen 29 Jan 2014

May P (2001) Lernen von den Champions Fuumlnf Bausteine fuumlr unternehmerischen Erfolg Frank-furt a M Frankfurter Allgemeine Buch

PriceWaterHouseCoopers (2012) Die Zukunft von Familienunternehmen ndash der Kern der WirtschaftRoland Berger Strategy Consultants (2005) Studie ndash Wachsen durch VertrauenStiftung Familienunternehmen (2013) httpwwwfamilienunternehmende Zugegriffen 1 Feb

2014Wittener Institut fuumlr Familienunternehmen (WIFU) (2013) httpwwwwifude

469

Glossar

As-is-Prozess (Process Map) Darstellung des Ist-ProzessesAverage DurchschnittMittelwert Punkt an dem alle Abweichungen zusammen null er-

geben Berechnung Summe aller WerteAnzahl aller WerteBalanced Scorecard Die Balanced Scorecard geht auf die Arbeiten von Robert S Kap-

lan und David P Norton Anfang der 1990er-Jahre zuruumlck Sie ist eine Managementme-thode die auf der Basis von Kennzahlen sowohl die Vision und Strategie eines Unter-nehmens oder Unternehmensteils als auch relevante interne und externe Aspekte und deren Wechselwirkungen betrachtet Es werden innerhalb einer Strategie die Belange der Stakeholder und der restlichen Umwelt beachtet Die kritischen Erfolgsfaktoren (KEF) werden miteinbezogen und in ein Kennzahlensystem uumlberfuumlhrt Mit den Kenn-zahlen (bdquoScorecardsldquo) wird der Grad der Zielerreichung der Strategie ermittelt und uumlberpruumlft

Benchmarking1 Eine Technik um die eigenen Unternehmenspraktiken Prozesse und Produkte mit

denen der Weltbesten zu vergleichen einschlieszliglich denen anderer Branchen2 Eine Technik die eingesetzt wird um eine Basislinie der bestehenden Leistungsfaumlhig-

keit eines Prozesses festzulegenBest Practice Derzeit beste im eigenen oder in fremden Unternehmen angewendete Me-

thode Werkzeug oder ProzessBlack Belt Vollzeitmitarbeiter in der Six Sigma-Organisation Projektleiter fuumlr Six-Sig-

ma-Projekte Experte in der Anwendung von Six-Sigma-Methodiken und WerkzeugenBaseline Null-Linie Dokumentierter d h gemessener Ausgangspunkt fuumlr Prozessver-

besserungenBenefit Siehe Net BenefitBusiness Case Beschreibung zur oumlkonomischen Rechtfertigung eines Projektes oder

einer ganzen InitiativeBusiness Process Reengineering (BPR) Dieser Ansatz basiert im Wesentlichen auf vier

Kernaussagen1 Die Orientierung erfolgt an den kritischen Geschaumlftsprozessen2 Diese Prozesse werden auf die Kunden ausgerichtet

copy Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 M H Dahm A D Bruumlckner Operational Excellence mittels Transformation Management FOM-Edition DOI 101007978-3-658-05092-4

470 Glossar

3 Entscheidungen fallen zugunsten der Konzentration auf die Kernkompetenzen des Unternehmens

4 Die Moumlglichkeiten der Informationstechnologie werden zur Prozessunterstuumltzung intensiv genutzt

Grundsaumltze des BPR sind das Uumlberdenken und bdquoInfragestellenldquo von Arbeitsweisen und Methoden eines Unternehmens und die weitgehende Neugestaltung der wesentlichen Arbeitsprozesse Die Methodik hat durchaus bereits einige Anleihen bei den Ansaumltzen Toyotas genommen Ziel ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsgroumlszligen bei-spielsweise in den Bereichen Kosten und Personalmanagement Im Mittelpunkt der Vor-gehensweise steht zunaumlchst die Veraumlnderung der Prozesse nicht aber der funktionalen StrukturenBrainstorming Ein Prozess zur Erzeugung von vielen (neuen) Ideen in einer GruppeCause And EffectCause And Effect Diagram Ursache und WirkungUrsache-und-Wir-

kungs-Diagramm auch bdquoFischgraumlt-Diagrammldquo genanntChampionProject Champion oder Projekt Sponsor Auftraggeber fuumlr ein Six-Sigma-

Projekt Diese Person muss in der Lage sein bereichsuumlbergreifende Entscheidungen zu treffen oder Mitarbeiter und Mittel fuumlr das Projekt zur Verfuumlgung zu stellen Es handelt sich dabei meist um einen Geschaumlftsfuumlhrer oder Bereichs- bzw Ressortleiter

Change Management Management des Wandels Als Teilbereich des strategischen Ma-nagements soll das Change Management dazu dienen die Probleme bei Veraumlnderun-gen der Organisationsformen und Strategien zu ergruumlnden und Moumlglichkeiten zu deren Loumlsung anzubieten

Common Causes of Variation Allgemeine Ursachen fuumlr Streuung in ProzessenControl Chart Regelkarte die zeigt ob ein Prozess unter statistischer Kontrolle istControl Plan Plan zur Uumlberwachung und Steuerung des Prozesses nach der Umsetzung

der Verbesserungen aus einem Six-Sigma-ProjektCost-Benefit-Analysis Analyse von Kosten im Vergleich zu dem erwarteten Nutzen (ins-

besondere von Verbesserungen)Could-be-Process-Map Darstellung des Idealprozesses (Gruumlne-Wiese-Ansatz) frei von

RestriktionenCTE (Critical to Efficiency) Fuumlr den (internen) Kunden erfolgskritisches Qualitaumlts- und

Serviceniveau welches die Kundenzufriedenheit bestimmt Manchmal auch CTP (Cri-tical to Process) genannt

CTP (Critical to Process) Siehe CTECTQ (Critical To Quality) Qualitaumltskritische Anforderung des Kunden welche erfuumlllt

werden muss Sie bestimmt die KundenzufriedenheitCustomer Kunde sowohl externe Kunden als auch interne Kunden (z B andere Unter-

nehmensbereiche)Dashboard Werkzeug fuumlr die uumlbersichtliche Uumlberwachung und Messung von ProzessenData Collection Plan Plan zur Datenerfassung standardisiertes FormularDefect Fehler d h der Fall wenn die durch den Kunden gestellte Anforderung (CTQ)

nicht erfuumlllt ist wichtige Groumlszlige fuumlr Sigma-Wert-Berechnung

471Glossar

Defect Opportunities Fehlermoumlglichkeiten jede Moumlglichkeit einen Fehler (siehe De-fect) zu machen und dadurch die Kundenanforderungen nicht zu erfuumlllen wichtig fuumlr die Sigma-Wert-Berechnung

Deliverable Dokumentiertes Ergebnis eines Teilschrittes in Six-Sigma-ProjektenDesign for Six Sigma (DfSS) Ansatz um einen Prozess mit Six Sigma komplett neu zu

gestalten dabei wird der DMADV-Zyklus verwendetDMADV-Zyklus Ansatz fuumlr das Neudesign eines Prozesses In diesem Fall kommt diese

abgewandelte Form des DMAIC-Zyklus zum Einsatz der DMADV-Zyklus (Akronym fuumlr Define Measure Analyse Design und Verify) Der Prozess wird durch ein opti-males Six-Sigma-gemaumlszliges Design gaumlnzlich neu auf den Kunden ausgerichtet

DMAIC-Zyklus Eines der zentralen Werkzeuge innerhalb eines Six-Sigma-Projektes Akronym fuumlr Define Measure Analyse Improve und Control Dieser stellt das Pro-jektmanagementtool dar Jedes Six-Sigma-Projekt laumluft nach diesem Zyklus ab Durch dieses Vorgehen wird sichergestellt dass der zu verbessernde Prozess genauestens de-finiert analysiert gemessen kontrolliert und verbessert wird

DPMO (Defect per Million Opportunities) Fehler pro eine Mio(Fehler-)Moumlglichkei-ten wird zur Berechnung der Prozessleistungsfaumlhigkeit verwendet

Fishbone-Diagramm Standardwerkzeug zur Darstellung von Fehlerursachen auch als Ishikawa-Diagramm bekannt

Five Forces Basieren auf den Theorien des Harvard Oumlkonomen Michael E Porter Er de-finierte 1980 fuumlnf Kraumlfte (bdquoFive Forcesldquo) die aumluszligerlich auf ein Unternehmen im Wett-bewerb einwirken

1 Rivalitaumlt unter den bestehenden Unternehmen einer Branche der Wettbewerb der auf dem Ausgangsmarkt bereits besteht und in dem sich ein Unternehmen taumlglich behaup-ten muss

2 Lieferanten Die Verhandlungsstaumlrke der Lieferanten kann die Kostenstruktur des Unternehmens beeinflussen

3 Ersatzprodukte Ersatzprodukte oder Substitute koumlnnen den Marktanteil eines Unter-nehmens verringern

4 Abnehmer die Abnehmer oder Kunden die uumlber die Marktmacht verfuumlgen5 Potenzielle neue Konkurrenten die die bestehende Marktposition attackieren koumlnntenFlowchart Ablaufdiagramm zur standardisierten Darstellung von ProzessenGreen Belt Teilzeitmitarbeiter in der Six-Sigma-Organisation verwendet zwischen

einem und zwei Tagen pro Woche fuumlr Six Sigma-Projekte Experte in der Anwendung von Six-Sigma-Methodiken und Werkzeugen

Head of Process Excellence Gesamtverantwortlicher fuumlr die Umsetzung von Six bzw Lean Sigma im Unternehmen

Histogramm Diagrammform zur Darstellung einer Haumlufigkeitsverteilung Nuumltzlich um mehrere Einfluumlsse und Effekte zu Priorisieren und die wichtigen von den weniger wichtigen zu unterscheiden

Improvement Team Bezeichnung fuumlr das VerbesserungsteamProjektteam in Lean-Sig-ma-Projekten

472

Improvements VerbesserungenKaizen Prinzip der staumlndigen Verbesserung Der Weg zum Erfolg ist keine sprunghafte

Innovation sondern die schrittweise Optimierung und Perfektionierung des Prozesses und damit letztendlich des Produktes

Knowledge Based View Durch den Knowledge Based View wurde Wissen als Schluumlssel-faktor erkannt Eine neue Richtung in der strategischen Unternehmensfuumlhrung wurde geschaffen deren Mittelpunkt die Generierung neuen Wissens ist

Lean Management Das Lean Management oder die Lean Production entwickelte sich aus Beobachtungen der japanischen Automobilindustrie Das Massachusetts Institute of Technology stellte diese Untersuchungen uumlber die Lage der weltweiten Automobil-industrie unter dem Titel bdquoInternational Motor Vehicle Programldquo an Aus den dabei be-obachteten Unterschieden entwickelte sich der Managementansatz Nach diesem sollen durch die Grundprinzipien Dezentralisierung und Simultanisierung ndash verbunden mit kooperativen Verhaltensweisen ndash die Ziele Kundenorientierung und Kostensenkung fuumlr die gesamte Unternehmensfuumlhrung realisiert werden Die Grundprinzipien beziehen sich sowohl auf unternehmensinterne als auch auf unternehmensuumlbergreifende Struk-turen Neben der Vermeidung von Verschwendung sind die bekanntesten Bestandteile justintime Kaizen Jidoka und Poka Yoke

Lean Sigma Lean Sigma ist eine Evolution von Six Sigma Es ist die Kombination aus den Verbesserungsansaumltzen Lean Management und Six Sigma Damit ist es ein Beispiel fuumlr einen Hybridansatz aus asiatischen bzw japanischen und westlichen Management-tools Es verbindet den statistischen zahlenorientierten und faktenbasierten Ansatz Six Sigma mit der japanischen Philosophien des Lean Managements die auf die Einbezie-hung der Mitarbeiter und eine staumlndige Verbesserung und Optimierung der Ablaumlufe und Prozesse im Unternehmen setzt

Lessons Learned Lernerfahrungen (aus Six-Sigma-Aktivitaumlten) die in kuumlnftigen Projek-ten genutzt werden sollen Grundlage fuumlr einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess

Market Based View Diesem Ansatz liegt die Annahme zugrunde dass der Marktzugang die Quelle fuumlr Wettbewerbsvorteile sei Diese marktbasierte Sicht ndash der sogenannte bdquoMarket Based Viewldquo ndash sieht die Herkunft von Wettbewerbsvorteilen darin dass es einem Unternehmen gelingt Marktbarrieren gegen potenzielle Konkurrenten aufzu-bauen

Master Black Belt Vollzeitiger Six-Sigma-Berater und Coach Unterstuumltzt Champions und Black Belts bei der Durchfuumlhrung von Six-Sigma-Projekten

Measures Messgroumlszligen Basis fuumlr die Analyse von ProzessenMedian Zentralwert d h 50 aller gemessenen Daten sind groumlszliger und 50 aller Daten

sind kleiner als dieser WertMINITAB Eine Software mit umfangreichen Statistikfunktionen die zur Datenanalyse

verwendet wirdMoment Of Truth Moment der Wahrheit Zeitpunkt eines Prozesses in dem direkter

Kundenkontakt besteht

Glossar

473

Net Benefit In Geld messbarer Erfolg von Six- bzw Lean-Sigma-Projekten Positiv zaumlh-len Erfolge aus zusaumltzlichem Umsatz Produktivitaumltssteigerungen und Kostensenkun-gen negativ zaumlhlen die Kosten der Umsetzung

Non Value-Added Work Schritte die nicht fuumlr die Erstellung eines Produktes oder Ser-vice erforderlich sind und fuumlr die der Kunde des Prozesses nicht bereit ist zu bezahlen z B Pruumlfschritte oder Ablage von Dokumenten ohne die das Produkt oder der Service auch erstellt werden kann siehe auch Value Added Work Value Enabling Work

Normalverteilung Idealisierte Form einer Haumlufigkeitsverteilung Auch als Glockenkur-ve oder Gauszligrsquosche Kurve bekannt Grafische Darstellung von Messwerten bei der die mittleren Werte haumlufiger vorkommen als die aumluszligeren Werte

Onepager Projektkurzbeschreibung auf einem einseitigen StandardformularOperatives Management Auf dieser Ebene erfolgen die Fuumlhrung der Mitarbeiter die

Bereitstellung der Ressourcen die Planung die Steuerung und die Uumlberwachung der Geschaumlftsprozesse Die operative Planung setzt bestimmte Vorgaben um Sie ist kurz-fristig angelegt in der Regel auf etwa ein Jahr Das operative Management setzt die bdquoVorgabenldquo des strategischen Managements um

OpportunityDefect Opportunity (Fehler-)Moumlglichkeit Jeder Fall der auftreten koumlnn-te der messbar ist und eine Kundenanforderung nicht erfuumlllt

Pareto-Prinzip Bezogen auf Operationel Excellence 80 der Probleme entstehen durch 20 der Ursachen

Process Eine Reihe von miteinander verbundenen Aktivitaumlten die einen Wert fuumlr den Empfaumlnger (Kunden) erbringen

Process Capability Faumlhigkeit eines Prozesses ein Produkt oder eine Dienstleistung in einer konstanten Weise zu liefern (wenig Variation)

Process-Management-System Managementsystem zur Steuerung von Prozessen mit dem Ziel den Prozess mit hoher Zuverlaumlssigkeit und Fehlerfreiheit zu betreiben

Process Map ProzesskarteAblaufdiagrammProcess Owner Mitarbeiter der fuumlr einen ProzessTeilprozess und dessen Leistungsfauml-

higkeit verantwortlich istProcess Variation Streuung in den uumlber die Zeit gemessenen Ergebnissen eines Prozes-

ses Die Variation kann aufgrund bdquonatuumlrlicherldquo (Common Cause) oder bdquobesondererldquo (Special Cause) Ursachen hervorgerufen werden

Profitcenter-Management Die Grundidee des Profitcenter-Konzeptes ist dass ein Unternehmensteil wie ein selbststaumlndiges Unternehmen agieren kann und seine Kosten und Erloumlse gegeneinander aufrechnet

Project Contract Kurze Uumlbersicht uumlber ein Six-Sigma-Projekt Enthaumllt Angaben zu bdquoBusiness Caseldquo bdquoProblembeschreibungldquo bdquoZielbeschreibungldquo bdquoProjektumfang und -abgrenzungldquo bdquoProjektteam und Projektmeilensteineldquo Auch Projektsteckbrief oder Projekt-Charter genannt

Quality 1 bdquoQualitaumltldquo Die vom Kunden bewerteten Eigenschaften eines Produktes Quality kann

Faktoren beinhalten wie Puumlnktlichkeit Groumlszlige Zeit Zuverlaumlssigkeit

Glossar

474

2 Der Fachbereich bdquoQualityldquo im Unternehmen ein interner Dienstleister fuumlr die anderen Bereiche

Range Spannweite z B bei der Streuung von ProzessenRequirements Kundenanforderungen relevant fuumlr die Zufriedenheit des Kunden

(Kundenbdquoanforderungenldquo sind wichtiger als Kundenbdquowuumlnscheldquo)Resource Based View Dieser sieht die Grundlage der Wettbewerbsvorteile in dem Zu-

gang eines Unternehmens zu bestimmten Ressourcen Im Gegensatz zum market-ba-sed-view werden Ressourcen als immobil und heterogen angesehen Diese Ressourcen muumlssen folgende Kriterien erfuumlllen um nachhaltige Wettbewerbsvorteile generieren zu koumlnnen

bull sie muumlssen strategisch wertvoll seinbullensp enspenspenspsieenspmuumlssenenspeinzigartigenspbzwenspknappenspseinensp(undenspdasenspaufenspDauer)enspdasenspfordertenspvonenspdenenspRes-

sourcen weiterbullensp enspenspenspdassenspsieenspmoumlglichstenspimmobilbullensp enspenspenspnichtenspsubstituierbarbullensp enspenspenspundenspschwerenspoderenspgarenspnichtenspimitierbarenspsindRework Handlungen die erforderlich sind um durch einen Arbeitsprozess entstandene

Fehler zu beseitigenRoot Cause Analysis Analyse von Ablaumlufen (process door) und der gemessenen Daten

(data door) um Fehlerursachen zu erkennen und zu bewertenRun Chart Verlaufsdiagramm Darstellung von Messwerten uumlber die ZeitSample Stichprobe Untersuchte Teilmenge einer Grundgesamtheit Die Stichprobe soll

repraumlsentativ sein fuumlr die GrundgesamtheitScatter Diagram Streudiagramm zur Darstellung von Abhaumlngigkeiten zwischen zwei

Variablen (z B einer Eingangs- und einer Ausgangsgroumlszlige)Scope Umfang des (Six-Sigma-)Projektes bdquoIn scopeldquo ist alles was im Projekt betrachtet

wird bdquoOut of scopeldquo ist alles was nicht betrachtet wirdScorecard Instrument fuumlr die subjektive Bewertung von Produkten durch den Kunden

Sieheauch bdquoVoice of the Customerldquo (VoC) und Balanced ScorecardShareholder Aktionaumlr Eigner des Kapitals des UnternehmensSigma 1 Mathematischer Begriff fuumlr die Standardabweichung einer Verteilung2 Maszlig fuumlr die Leistungsfaumlhigkeit von ProzessenSIPOC Six-Sigma-Werkzeug Standardisierte Darstellung eines Prozesses mit dessen

Start- und Endpunkt den Eingangs- und Ausgangsinformationen sowie Kunden und Lieferanten

Six Sigma Der Definition nach beschreibt Sigma die Standardabweichung einer Gauszliglsquoschen Normalverteilung Im produktionstechnischen Zusammenhang beschreibt Sigma die Anzahl der Fehler in einem Prozess Das Sigma-Niveau beschreibt die gemachten Fehler pro einer Million Fehlermoumlglichkeiten Ein Niveau von drei Sigma bedeutet demnach 66807 Fehler bei einer Million Fehlermoumlglichkeiten (nicht Produkten) Ein Niveau von sechs Sigma hingegen bedeutet lediglich 34 Fehler pro einer Million Fehlermoumlglich-keiten also praktisch null Fehler Daneben ist Six Sigma ebenfalls als Instrument des

Glossar

475

strategischen Managements bekannt Zu Beginn des Vorgehens steht eine differenzier-te Ist-Analyse der Unternehmensprozesse die auf statistischer Datenerhebung basiert Durch ein standardisiertes Vorgehen werden Maszlignahmen identifiziert und umgesetzt die die Prozesse auf ein houmlheres Sigma-Niveau bringen

SLA (Service Level Agreements) Schriftliche Vereinbarung von definierten Leistungen zwischen bdquoLieferantldquo und bdquoKundeldquo

Soft Sigma Zusammenfassung wichtiger Soft-Skills wie Veraumlnderungsmanagement Teambuilding Konfliktmanagement

Special Cause of Variation Spezielle Ursache der Streuung in ProzessenSpan Differenz zwischen Kundenerwartung und Kundenwunscherfuumlllung z B Zeitdif-

ferenz zwischen dem vom Kunden gewuumlnschten Liefertermin und dem tatsaumlchlichen Liefertermin

Sponsor Siehe ChampionStakeholder Personen und Mitarbeiter welche in einem Prozess involviert sind oder In-

teresse daran haben dass der Prozess reibungsfrei laumluftStandard Deviation Standardabweichung (Streuung der Daten um den Mittelwert)Strategisches Management Auf der Ebene des strategischen Managements entwickelt

eine Organisation Vorgehensweisen um die vom normativen Management definierten Leitsaumltze zu verfolgen und deren Ziele zu erreichen Im Fokus steht die Sicherung der Uumlberlebensfaumlhigkeit der gesamten Organisation

Survey Systematische Umfrage oder InterviewsSWOT-Analyse Mit der SWOT-Analyse lassen sich die internen Staumlrken und Schwauml-

chen eines Unternehmens analysieren Ebenfalls lassen sich die Chancen und Risiken also die externen Einfluumlsse die auf dem Markt wirken ermitteln Die externe Analyse gewinnt erst durch ein Benchmarking gegen Wettbewerber ihre Relevanz da Chancen und Risiken auf Maumlrkten immer als relativ zu betrachten sind

Taylorismus Der Taylorsimus basierte auf den Uumlberlegungen des US-amerikanischen Oumlkonomen Frederick Winslow Taylor (1856ndash1915) Er bot erstmals eine umfaumlngliche theoretische Loumlsung fuumlr die strategische Ausrichtung eines Unternehmens an Taylor wollte durch das scientific management erstmals Management Arbeit und Unter-nehmen streng wissenschaftlich optimieren Diese Uumlberlegungen vertraten einen rein mechanistischen Ansatz der den einzelnen Arbeiter als Teil eines maschinellen Pro-duktionsprozesses sah Am konsequentesten und erfolgreichsten wurde der Tayloris-mus bei der Ford Motor Company umgesetzt Henry Ford (1863ndash1947) fuumlhrte dort die Flieszligbandproduktion ein

Total-Quality-Management Das Total-Quality-Management (TQM) wurde als umfas-sendes Qualitaumltsmanagement entwickelt Es bezeichnet die durchgaumlngige und alle Be-reiche eines Unternehmens erfassende aufzeichnende sichtende organisierende und kontrollierende Taumltigkeit Diese dient dazu die Qualitaumlt als Systemziel einzufuumlhren und dauerhaft zu garantieren Um zum Erfolg zu fuumlhren benoumltigt das TQM die volle Unterstuumltzung aller Mitarbeiter

Glossar

476

Tracking Nachverfolgung des tatsaumlchlichen Projektnutzens (Net Benefit) eines Six- bzw Lean-Sigma-Projektes

Unit Einheit Gegenstand oder Information derdie den Prozess durchlaumluft Wichtig fuumlr die Sigma-Wert-Berechnung

Value-Added Work Schritte die essenziell fuumlr die Erstellung eines Produktes oder Ser-vice sind die den Kundenwuumlnschen und Anforderungen entsprechen Der Kunde muss bereit sein dafuumlr zu zahlen Siehe auch Non Value-Added Work Value-Enabling Work

Value-Enabling Work Schritte fuumlr die der Kunde nicht bezahlt die aber unerlaumlsslich fuumlr die Bearbeitung des Prozesses sind Beispielsweise Import von Daten in eine Daten-bank siehe auch Value-Added Work Non Value-Added Work

VarianzVariation Streuung (siehe Process Variation)Vital Few Die bdquowenigen Wichtigenldquo zumeist im Zusammenhang mit Einflussfaktoren

bzw Fehlerursachen verwendetVoB (Voice of the Business) Sammlung von Aussagen zur Qualitaumlt der Produkte oder

Dienstleistungen aus dem Unternehmen Aus diesen oft pauschalen undifferenzierten und unzureichend spezifizierten Aussagen werden die rarrCTQs definiert Siehe auch VoC

VoC (Voice of the Customer) Sammlung von Kundenaussagen zur Qualitaumlt der erhalte-nen Produkte oder Dienstleistungen Diese werden direkt beim Kunden erhoben Aus diesen oft pauschalen undifferenzierten und unzureichend spezifizierten Aussagen werden die rarrCTQs definiert und daraus Messgroumlszligen fuumlr die Kundenzufriedenheit ab-geleitet Siehe auch VoB

WorkbookProject Workbook Projektdokumentation fuumlr Six- bzw Lean-Sigma-Projekte

Glossar

  • Widmung
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Uumlber die Autoren
  • Abkuumlrzungsverzeichnis
  • Kapitel 1
    • Einleitung
      • 11 Vorspann
      • 12 Begriffsbestimmung
      • 13 Aufbau und Inhalt
        • 131 Kapitel 2
        • 132 Kapitel 3
        • 133 Kapitel 4
        • 134 Kapitel 5
        • 135 Kapitel 6
        • 136 Kapitel 7
          • Literatur
              • Kapitel 2
                • Theoretischer Uumlberblick zu Operational Excellence
                  • 21 Lean Management
                    • 211 Einfuumlhrung
                    • 212 Die Entstehung japanischer Ansaumltze
                    • 213 Das Toyota Produktionssystem
                    • 214 Die Weiterentwicklung zu Lean Management
                      • 22 Six Sigma
                        • 221 Einfuumlhrung
                        • 222 Von der Messmethode bdquo6σldquo zum Konzept bdquoSix Sigmaldquo
                        • 223 Die Konzeption einer Six-Sigma-Initiative
                          • 23 Lean (Six) Sigma
                            • 231 Einfuumlhrung
                            • 232 Das methodische Grundgeruumlst
                            • 233 Rahmenbedingungen der Implementierung
                            • 234 Der Werkzeugkasten von Lean Sigma
                              • 24 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                              • Literatur
                                  • Kapitel 3
                                    • Praxiserfahrung mit Operational Excellence
                                      • 31 Lean Management bei der Neuenfelder Maschinenfabrik
                                        • 311 Unternehmensprofil
                                        • 312 Ausgangslage
                                        • 313 Die Initiative
                                        • 314 Zwischenergebnis
                                        • 315 Fazit
                                          • 32 Lean Management bei der FCI-Gruppe
                                            • 321 Unternehmensprofil
                                            • 322 Ausgangslage
                                            • 323 Die Initiative
                                            • 324 Zwischenergebnis
                                            • 325 Fazit
                                              • 33 Six Sigma bei Maple Leaf Foods
                                                • 331 Unternehmensprofil
                                                • 332 Ausgangslage
                                                • 333 Die Initiative
                                                • 334 Zwischenergebnis
                                                • 335 Fazit
                                                  • 34 Six Sigma bei der Bank of America
                                                    • 341 Unternehmensprofil
                                                    • 342 Die Ausgangslage
                                                    • 343 Die Initiative
                                                    • 344 Zwischenergebnis
                                                    • 345 Fazit
                                                      • 35 Lean Sigma bei der Best Buy Inc
                                                        • 351 Unternehmensprofil
                                                        • 352 Ausgangslage
                                                        • 353 Die Initiative
                                                        • 354 Zwischenergebnis
                                                        • 355 Fazit
                                                          • 36 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                          • Literatur
                                                              • Kapitel 4
                                                                • Die Erfolgsfaktoren von Operational-Excellence-Programmen
                                                                  • 41 Initiative und Organisation harmonisieren
                                                                    • 411 Betriebswirtschaftliche Anschlussfaumlhigkeit gewaumlhrleisten ndash Veraumlnderungsbereitschaft evaluieren
                                                                    • 412 Initiative sorgfaumlltig vorbereiten ndash Momentum des Startschusses nutzen
                                                                    • 413 Kosten-Nutzen-Analyse durchfuumlhren
                                                                    • 414 Kulturkreis beachten
                                                                    • 415 Initiative von fruumlheren strategischen Maszlignahmen abgrenzen
                                                                    • 416 Initiative personenunabhaumlngig gestalten ohne kontinuierlich Fuumlhrungsstaumlrke zu verlieren
                                                                    • 417 Methodik adaptieren ndash nicht kopieren
                                                                    • 418 Bewegungskraft der Initiative organisationsweit freisetzen
                                                                    • 419 Initiative an Impulse der Umwelt anpassen
                                                                      • 42 Vision und Commitment leben ndash Kommunikation etablieren
                                                                        • 421 Vision haben und leben
                                                                        • 422 Kompromissloses Topmanagement Commitment sicherstellen
                                                                        • 423 Empfinden fuumlr Veraumlnderungsbedarf erzeugen
                                                                        • 424 Stakeholder definieren ndash individuell kommunizieren
                                                                        • 425 Erfolgsgeschichten verbreiten ndash uumlber Misserfolge sprechen und aus Fehlern lernen
                                                                          • 43 Mitarbeiter fuumlhren und foumlrdern durch Fordern
                                                                            • 431 bdquoMenschlichenldquo Kern der Initiative begreifen
                                                                            • 432 Fuumlhrung verstehen
                                                                            • 433 Geeignete Mitarbeiter mit klaren Zielen fuumlhren
                                                                            • 434 Betroffene foumlrdern ndash Beteiligte fordern ndash Vertrauen schaffen
                                                                            • 435 Initiative zur Unabhaumlngigkeit bdquoerziehenldquo
                                                                            • 436 Widerstand entgegenwirken
                                                                            • 437 Zusammenarbeit organisieren und belohnen
                                                                            • 438 Mitarbeiter kennenlernen und nachhaltig motivieren
                                                                            • 439 Mitarbeitern Aufmerksamkeit schenken ndash Entscheidungskonflikte loumlsen
                                                                              • 44 Richtige Projekte machen ndash Projekte richtig machen
                                                                                • 441 Projekte mit groszliger Hebelwirkung priorisieren
                                                                                • 442 Quick Wins erzielen ndash Projekt stringent umsetzen
                                                                                • 443 Potente Projektmitglieder engagieren
                                                                                • 444 Projektkultur aufbauen
                                                                                • 445 Fuumlr und gegen das richtige Werkzeug entscheiden
                                                                                • 446 Lernsituationen schaffen ndash Wissen managen
                                                                                  • 45 Fortentwicklung messbar machen
                                                                                    • 451 Mehrwert der Initiative in der Bilanz bdquobeweisenldquo
                                                                                    • 452 Kostenrechnung zweiter Art verfolgen
                                                                                    • 453 Neutrale Uumlberpruumlfung gewaumlhrleisten
                                                                                      • 46 Kritische Betrachtung der Operational-Excellence-Methodik
                                                                                        • 461 Uneinheitliches Verstaumlndnis der Methodik
                                                                                        • 462 Unvergleichbare Standards der Mitarbeiterausbildung
                                                                                        • 463 Zielkonflikt zwischen Konsequenzen der Initiative und Perspektiven der Mitarbeiter
                                                                                        • 464 Anspruchsvolles Methodenset
                                                                                        • 465 Spannungsverhaumlltnis Effizienz vs Innovation
                                                                                        • 466 Ganzheitliche Quantifizierbarkeit der Ergebnisse
                                                                                          • 47 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                                                          • Literatur
                                                                                              • Kapitel 5
                                                                                                • Change Management ndash das Motoroumll der operativen Exzellenz
                                                                                                  • 51 Historische Einordnung und Entstehungsgeschichte des Change Managements
                                                                                                  • 52 Definition und Zielsetzung von Change Management
                                                                                                  • 53 Erfolgsfaktoren des Change Managements 1994 bis 2008
                                                                                                    • 531 Schluumlsselfaktoren nach Klaus Doppler und Christoph Lauterburg
                                                                                                    • 532 Acht Stufen der Veraumlnderung nach Kotter (1996)
                                                                                                    • 533 Die IBM Making-Change-Work-Studie (2008)
                                                                                                      • 54 Blick in die Praxis ndash Beispiel AXA SA
                                                                                                        • 541 Unternehmensprofil
                                                                                                        • 542 Ausgangslage
                                                                                                        • 543 Die Initiative
                                                                                                        • 544 Zwischenergebnis
                                                                                                        • 545 Fazit
                                                                                                          • 55 Erfolgsfaktoren von Change Management in Operational Excellence
                                                                                                            • 551 Reflexion ermoumlglichen
                                                                                                            • 552 Horizontalspannung sicherstellen
                                                                                                            • 553 Mitarbeiter befaumlhigen
                                                                                                            • 554 Musterwechsel zulassen
                                                                                                            • 555 Oumllstand uumlberpruumlfen
                                                                                                              • 56 Vom Change zum Transformation Management
                                                                                                              • 57 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                                                                              • Literatur
                                                                                                                  • Kapitel 6
                                                                                                                    • Transformation Management ndash Antworten und Handlungsempfehlungen
                                                                                                                      • 61 Der Transformation Navigator
                                                                                                                      • 62 Die Analyse-Phase
                                                                                                                        • 621 Strategy
                                                                                                                        • 622 Resources
                                                                                                                        • 623 Guidance
                                                                                                                        • 624 Benefit
                                                                                                                        • 625 Tipps und Tricks
                                                                                                                          • 63 Die Transfer-Phase
                                                                                                                            • 631 Strategy
                                                                                                                            • 632 Resources
                                                                                                                            • 633 Guidance
                                                                                                                            • 634 Benefit
                                                                                                                            • 635 Tipps und Tricks
                                                                                                                            • 636 Value Based Leadership ndash mit Vertrauen den Erfolg steigern
                                                                                                                              • 64 Die Sustain-Phase
                                                                                                                                • 641 Strategy
                                                                                                                                • 642 Resources
                                                                                                                                • 643 Guidance
                                                                                                                                • 644 Benefit
                                                                                                                                • 645 Tipps und Tricks
                                                                                                                                  • 65 Das Kapitel in aller Kuumlrze
                                                                                                                                  • Literatur
                                                                                                                                      • Kapitel 7
                                                                                                                                        • Ausblick
                                                                                                                                          • 71 Entwicklungsperspektiven der Operational Excellence
                                                                                                                                            • 711 Eine besondere Anschlussfaumlhigkeit von Operational Excellence
                                                                                                                                            • 712 Operational Excellence in Familienunternehmen
                                                                                                                                            • 713 Weitere Denkanstoumlszlige
                                                                                                                                              • 72 Blick in den Ruumlckspiegel
                                                                                                                                              • 73 Zehn Thesen zur Operational Excellence
                                                                                                                                              • Literatur
                                                                                                                                                  • Glossar
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