Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

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Universität Salzburg Fachbereich Kommunikationswissenschaft MS Gesellschaftliche Anwendungsperspektiven von ICTS MS-Leitung: Ass.Prof. Dr. Ursula Maier-Rabler WS 2006/07 Selbstdarstellung in deutschsprachigen Online-Freundschaftsnetzwerken am Beispiel studiVZ Im Spannungsfeld zwischen Datenschutz und social Networking --- Seminararbeit Autorin: Elke Beck, [email protected] Salzburg, 31.1.2007 Dieser Inhalt ist unter einem Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung 2.0 Österreich Lizenzvertrag lizenziert. Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte zu http://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/at/ oder schicken Sie einen Brief an Creative Commons, 559 Nathan Abbott Way, Stanford, California 94305, USA.

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Universität Salzburg

Fachbereich Kommunikationswissenschaft

MS Gesellschaftliche Anwendungsperspektiven von ICTS

MS-Leitung: Ass.Prof. Dr. Ursula Maier-Rabler

WS 2006/07

Selbstdarstellung in deutschsprachigen

Online-Freundschaftsnetzwerken

am Beispiel studiVZ

Im Spannungsfeld zwischen Datenschutz und social Networking

---

Seminararbeit

Autorin: Elke Beck, [email protected] Salzburg, 31.1.2007

Dieser Inhalt ist unter einem Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle

Nutzung 2.0 Österreich Lizenzvertrag lizenziert. Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte zu

http://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/at/ oder schicken Sie einen Brief an Creative

Commons, 559 Nathan Abbott Way, Stanford, California 94305, USA.

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Inhaltsverzeichnis

1. Abstract .............................................................................................................................4

2. Einleitung ..........................................................................................................................4

3. Theoretische Erörterungen..............................................................................................5

3.1. „Netzwerken“ in der Netzwerkgesellschaft................................................................5

3.2. Social Software und Web 2.0 .....................................................................................6

3.3. Online-Freundschaftsnetzwerke .................................................................................7

3.4. Online-Communities ..................................................................................................8

3.5. Soziale Beziehungen und Freundschaften im Internet ...............................................9

3.6. Selbstdarstellung und Impression Management im Internet ....................................10

4. Forschungsstatus-quo zur Selbstdarstellung auf Online-Freundschaftsnetzwerken...

………………………………………………………………………………………………...12

4.1. Profile auf Online-Freundschaftsnetzwerken ...........................................................12

4.2. Positive Aspekte der Selbstdarstellung auf Online-Freundschaftsnetzwerken ........14

4.3. Problematiken der Selbstdarstellung auf Online-Freundschaftsnetzwerken ............15

5. Forschungsfrage .............................................................................................................16

6. Forschungsdesign ...........................................................................................................18

7. Forschungsergebnisse.....................................................................................................19

7.1. Charakterisierung der Plattform studiVZ und ihrer NutzerInnen.............................19

7.2. Selbstdarstellung der studiVZ-NutzerInnen .............................................................20

7.2.1. Mögliche Selbstdarstellungsrequisiten .................................................................20

7.2.2. Tatsächlich genutzte Selbstdarstellungsrequisiten ...............................................23

7.2.3. Erwünschte Selbstdarstellungsrequisiten .............................................................26

7.2.4. Vergleich von genutzten und erwünschten Selbstdarstellungsrequisiten.............27

7.3. Positive Effekte in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung.................................29

7.4. Problematiken in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung und deren Lösungen .31

7.4.1. Vorhandene Problematiken auf studiVZ ..............................................................31

7.4.2. Vorgeschlagene Lösungsmöglichkeiten der Problematiken.................................33

8. Besprechung der Forschungsergebnisse und Fazit .....................................................33

9. Literaturverzeichnis .......................................................................................................35

10. Anhang.............................................................................................................................39

2

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Abbildungsverzeichnis

Grafiken

Abb.1: Common Identity Elements…………………………………………………………..12

Abb.2: Häufigkeiten der Selbstdarstellungsrequisiten in Facebook-Profilen …………….….13

Abb.4: Verwendete Darstellungsrequisiten (bei über 50% der Profile)…………………...… 24

Abb.5: Verwendete Darstellungsrequisiten (bei unter 50% der Profile)…………………….. 25

Abb.6: Selbstdarstellungsrequisiten mit mehr als 50% Zustimmung (absolut wichtig oder eher

wichtig)……………………………………………………………………………………….26

Abb.7: Selbstdarstellungsrequisiten mit 25 bis 50% Zustimmung (absolut wichtig oder eher

wichtig) ………………………………………………………………………………..…….. 27

Abb.9: Qualität der bisherigen Erlebnisse der studiVZ-NutzerInnen………………………...31

Tabellen

Abb.3: Nutzerdefinierte Selbstdarstellungsrequisiten im Profil ……………………………..21

Abb.8: Vergleich von genutzten und erwünschten Selbstdarstellungsrequisiten………….…28

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1. Abstract

In dieser Seminararbeit wird eine empirische Untersuchung des Online-Freundschafts-

netzwerks studiVZ vorgenommen. Durch eine Inhaltsanalyse der Profile und eine Online-

Befragung der studiVZ-Mitglieder wird erforscht, wie die Selbstdarstellung der NutzerInnen

auf dem deutschsprachigen Online-Freundschaftsnetzwerk studiVZ beschaffen ist und welche

Vor- und Nachteile sich daraus ergeben. Dabei wurde erkannt, dass studiVZ-NutzerInnen

dazu angeregt werden sollten, ihre Profile detaillierter und bewusster mit persönlichen

Informationen zu befüllen, um das Online-Netzwerken zu fördern.

2. Einleitung

Mit dem Auftauchen von Websites zur Netzwerk-Bildung wie Online-Freundschafts-

plattformen wurde das Internet nach und nach zum Speicher von persönlichen Informationen

von Usern solcher Sites. User-Profile und Personenbeschreibungen werden veröffentlicht, um

sich den anderen NutzerInnen transparent zu machen und so eine Vertrauensbasis für virtuelle

Beziehungen zu schaffen. Gleichzeitig werden Fragen nach dem positiven sowie

problematischen Umgang mit der Online-Selbstdarstellung relevant. Was wird in den Profilen

von Online-Freundschaftsnetzwerken anderen NutzerInnen über sich mitgeteilt? Ist die

veröffentlichte Information ausreichend für sinnvolles Netzwerken? Und wie sehen die

NutzerInnen selbst ihre Selbstdarstellungen?

Jene Fragen umreißen das Themengebiet, das diese Arbeit empirisch erforschen möchte. Ziel

ist es herauszufinden, wie die Selbstdarstellung der NutzerInnen auf dem deutschsprachigen

Online-Freundschaftsnetzwerk studiVZ beschaffen ist und welche Vor- und Nachteile sich

daraus ergeben. Gerade die Plattform studiVZ bietet hierzu viele Gelegenheiten, da sie ein

rasantes Mitgliederwachstum aufweist. Des Weiteren sind Online-Freundschaftsnetzwerke ein

noch vergleichsweise junges Phänomen des Web 2.0 und es bedarf daher noch etlicher

Beschäftigung mit dem Thema. Zudem soll die Arbeit zu einer Bewusstwerdung des eigenen

Kommunikationsverhaltens im Internet unter Mitgliedern von Online-Netzwerken führen,

sodass sie Konsequenzen ihres Kommunikationsverhaltens besser verstehen können. Und

schlussendlich soll sie Vergleichsmaterial für zukünftige Studien liefern, um Unterschiede im

Nutzerverhalten bei NutzerInnen verschiedener Online-Plattformen und Kulturen

festzustellen.

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Der Forschungsablauf dieser Arbeit lässt sich in mehrere Bereiche gliedern:

Nach einer theoretischen Erörterung von Netzwerken, sozialen Beziehungen und der

Selbstdarstellung soll zunächst in einem ersten Analyseschritt das Online-Freundschafts-

netzwerk studiVZ in seinen Userprofilen untersucht werden (Medieninhaltsanalyse). Dies

deshalb um herauszufinden, welche Art von persönlichen Informationen veröffentlicht

werden können, sowie tatsächlich veröffentlicht werden.

In einem weiteren Schritt wird mittels Online-Befragung die Bedeutung und die Bereitschaft

zur Veröffentlichung von persönlicher Information bei studiVZ-Mitgliedern erhoben. Weiters

soll abgefragt werden, inwieweit die angegebenen persönlichen Informationen der Wahrheit

entsprechen, um eine Einschätzung zur Gültigkeit der im ersten Schritt erhobenen Daten zu

ermöglichen. Die erhobenen Daten werden anschließend mit bereits vorhandenen

Forschungsergebnissen verglichen und beurteilt.

3. Theoretische Erörterungen 3.1. „Netzwerken“ in der Netzwerkgesellschaft

Das Thema Online-Freundschaftsnetzwerke soll in dieser Arbeit zunächst in Zusammenhang

mit gesellschaftlichen Veränderungen betrachtet werden: das „Netzwerken“ in Online-

Freundschaftsnetzwerken entspricht im Kleinen dem, was Castells in der

„Netzwerkgesellschaft“ als Gesamtes beschreibt. In seiner Betrachtung der gegenwärtigen

Gesellschaften wählt Castells den Bergriff des Netzwerks, um das Entstehen einer „neuen“

Art von Gesellschaft zu erklären.

Diese gesellschaftliche Transformation wird nicht durch neue Technologien determiniert,

sondern es sind die Nutzer dieser Technologien, die Veränderungen verursachen - oder wie

Castells es so treffend ausdrückt: „We are in the network society, (…)“ (Castells 2006: 16),

welche daher auch nicht erst entwickelt werden muss. Zugleich unterstützen neue

Kommunikationstechnologien Netzwerkstrukturen, sodass Netzwerke zur sozialen

Organisation auch bei größeren und komplexeren Bereichen der Gesellschaft funktionieren.

(vgl. Castells 2006: 3f)

Unter Berücksichtigung von Forschungsergebnissen zu sozialer Organisation stellt Castells

neben einer Transformation der Wirtschaft, der Arbeit, der Politik und der Staaten, auch eine

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Transformation der Geselligkeit (transformation of sociability) fest (vgl. Castells 2006: 7 –

16): Diese Veränderungen werden nicht durch neue Technologien verursacht, sondern die

Strukturen, die die neuen Technologien inne haben, passen zu den gesellschaftlichen

Veränderungen im „Sozialen“. Das heißt, dass auch die Netzstruktur der Online-

Freundschaftsnetzwerke – und im Allgemeinen jene des Internets, in dem jene Netzwerke zu

finden sind – die Individuen im Aufbau von Geselligkeit unterstützen. Castells spricht von der

Emergenz von „networked individualism“ und meint damit, dass Individuen die Basis-Einheit

in Gesellschaften darstellen und dass diese Individuen neue Kommunikationstechnologien

ihren Bedürfnissen entsprechend nutzen, um Gemeinschaft herzustellen. (vgl. Castells 2006:

11f) Betrachtet man Online-Freundschaftsnetzwerke, so sind hier ebenfalls die einzelnen

NutzerInnen die zentralen Elemente, die Verbindungen (Freundschaften) zwischen einander

herstellen.

3.2. Social Software und Web 2.0

Social Software und Web 2.0 sind zwei Schlagworte, die nicht fehlen dürfen, wenn es um die

Untersuchung von neuen Kommunikationstechnologien geht. Dennoch können sie nicht in

aller Kürze definiert werden, wie auch Alby in seiner Publikation zu Web 2.0 festhält (vgl.

Alby 2006: 15 – 19).

Die Vergabe von Versionsnummern wird typischerweise für Software verwendet, um eine

Weiterentwicklung des Produkts zu vermitteln. Auch das Internet an sich hat sich im Laufe

seines Bestehens weiterentwickelt und gewandelt. Genauer gesagt hat sich seine

Funktionalität verfeinert und vermehrt. Zu Beginn des Internets standen den wenigen, meist

computer-versierten NutzerInnen wenige Möglichkeiten, etwa E-Mail und FTP, das Internet

zu Nutzen, zur Verfügung. Mit der Erhöhung der Nutzerzahl in den 1990ern wurde das

Internet mit dem WWW “bunter” und reicher an Kommunikationsmöglichkeiten. Dennoch

war immer noch einiges an computertechnischem Wissen erforderlich (beispielsweise

HTML), um im WWW zu publizieren. Dadurch war die Mehrheit der Nutzer eher damit

beschäftigt, Informationen zu suchen und zu konsumieren, anstatt selber Inhalte zu

produzieren. Mit dem Auftauchen von “dynamischeren” Websites (als Social Software)

begann ein Wandel, mit dem der Handlungsspielraum der User bedeutend erweitert wurde

und sich schließlich zu einer neuartigen Verwendung des Internets vollzog. (vgl. Kellner

2005, online) Einfache Publikationsmöglichkeiten im Internet, wie Wikis, Weblogs,

Fotoblogs machten es für den Durchschnittsnutzer möglich an der Wissensproduktion und -

verteilung zu partizipieren.

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3.3. Online-Freundschaftsnetzwerke

Nach Nabeth ist das Internet ein Ort, an dem soziale Aktivitäten stattfinden und er begründet

dies damit, dass das Internet ein Mediator für die Kommunikation zwischen Menschen ist.

Die Betonung liegt hier auf „Menschen“, da Menschen mit anderen Menschen interagieren

und weniger mit Maschinen. Zur Unterstützung dieser Interaktionen stehen im Internet

Umgebungen zur Verfügung – so genannte „digital social environments“ (DSEs). (vgl.

Nabeth 2005: 3f, online). Eine Untergruppe davon sind „Online Social Networks“, die ihren

Mitgliedern helfen, Sozialbeziehungen zu entwickeln und zu gestalten. (vgl. Nabeth 2005: 8,

online) Um diese Beziehungspflege zu ermöglichen, sind zwei Merkmale zentral: Zum einen

ist allen social network sites gemein, dass ihre NutzerInnen Profile zur Selbstpräsentation

anlegen, welche von anderen NutzerInnen wahrgenommen werden. (vgl. Gross/ Acquisti

2005: 71, online) Zum anderen können diese Profile ge- und durchsucht werden und per E-

Mail Freundschaftseinladungen an die im Profil dargestellte Person gesendet werden. (vgl.

Nabeth 2005: 8, online)

Um sich online zu vernetzen, stehen InternetnutzerInnen verschiedene Internetplattformen zur

Verfügung. Im deutschsprachigen Raum haben sich für den Bereich der formellen

Beziehungen Businessnetzwerke, wie Xing (www.xing.com, vormals openBC) etabliert, im

informellen Bereich können Freundschaften über allgemeine Plattformen wie dugg.de

(www.dugg.de) oder openPeople (www.openpeople.de) gepflegt werden, sowie über

Plattformen, die spezielle Gruppen ansprechen, wie Studierende bei studiVZ

(www.studiVZ.net) und SchulfreundInnen bei stayfriends (www.stayfriends.de) oder

spezielle geografische Orte, wie Lokalisten.de (www.lokalisten.de). Weltweit genutzte

vergleichbare englischsprachige Plattformen sind Friendster (www.friendster.com), MySpace

(www.myspace.com) und Orkut (www.orkut.com) für Freunde, LinkedIn

(www.linkedin.com) entspricht Xing und Facebook (www.facebook.com) ist das Pendant zu

studiVZ.

Gross und Acquisti fassen in ihrer Untersuchung einige Nutzerstatistiken zusammen, um die

gewachsene Bedeutung von Online Social Networks zu verdeutlichen. Demnach waren

bereits 2004 mehrere Millionen Nutzer in Online-Freundschaftsnetzwerken wie Friendster,

MySpace und Tickle registriert. (vgl. Gross/ Acquisti 2005: 71, online) Gegenwärtig sind

auch deutschsprachige Online-Freundschaftsnetzwerke kräftig im Wachsen begriffen: die

Plattform dugg zählt derzeit etwa 2 Millionen Nutzer (vgl. dugg, online), StudiVZ hat Anfang

November 2006 die 1-Millionen Marke erreicht (vgl. Chmielewski 2006, online) und weiters

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tummeln sich bereits 400.000 Lokalisten auf ihrer Plattform lokalisten.de (vgl. lokalisten.de,

online).

Die meisten der Plattformen sind allgemein (ab einer Altersgrenze von 14 Jahren) zugänglich

– es reicht aus sich zu Beginn für die Nutzung zu registrieren. Daneben gibt es Plattformen,

die Personen nur über Einladungen von bestehenden Mitgliedern anmelden lassen:

openPeople beispielsweise verfährt nach dieser Selektionsmethode. Weiters sind auch

Mischformen beim Zugang vorhanden: bei Lokalisten.de gibt es zwei Möglichkeiten Lokalist

zu werden – entweder durch eine Einladung eines Lokalisten oder durch eine normale

Anmeldung, wodurch man einen beschränkten Zugang zu den Funktionen der Plattform

besitzt, solange bis man durch eine Freundschaftsbildung zum vollwertigen Lokalisten wird.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit Plattformen für informelle

Beziehungen, bei denen als Zweck des Angebots die folgenden Begründungen gegeben

werden:

– Es lassen sich Freundeslisten erstellen, Freundeskreise abbilden.

– Bereits bekannte Personen können wieder gefunden werden, Freundschaften können

aufrecht erhalten werden.

– Bekannte Personen können zur Nutzung der Plattform eingeladen werden.

– Es können Freunde von Freunden kennen gelernt werden.

– Neue Online-Freundschaften können geschlossen und gepflegt werden.

– Plattformen dienen auch der Planung von Offline-Treffen mit Bekannten aus gleichen

Regionen.

(vgl. dugg.de, openPeople, studiVZ, Lokalisten.de, online)

3.4. Online-Communities

Wenngleich „online communities“ bzw. virtuelle Gruppen nicht direkt Thema dieser Arbeit

sind, so muss dennoch auf den der Unterschied dieser Begriffe zu jenem des „sozialen

Netzwerks“ aufmerksam gemacht werden.

Damit ein soziales Gebilde als „soziale Gruppe“ gilt, müssen laut Döring die folgenden vier

Komponenten – auch für Online-Communities – vorhanden sein:

• Es muss eine „fortgesetzte Interaktion“ zwischen den Mitgliedern geben, das heißt

diese Mitglieder treffen sich regelmäßig und beziehen sich aufeinander.

• Eine soziale Gruppe ist nach außen hin begrenzt, sodass klar definiert ist, wer Mitglied

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der Gruppe ist. Des Weiteren ist eine Gruppe durch verschiedene Rollen und Status

der Mitglieder klar strukturiert.

• Für soziale Gruppen ist es wesentlich, dass zwischen den Mitgliedern ein Gefühl der

Zugehörigkeit besteht.

• Und schlussendlich müssen soziale Gruppen gemeinsame Themen und Ziele

innehaben. Gruppenmitglieder kollaborieren und ihre Handlungen sind auf einen

gemeinsamen Fokus ausgerichtet.

(vgl. Döring 2006: 607f)

Wenn die zuvor genannten Komponenten nicht vorhanden sind, sondern eher Zweier-

Beziehungen zwischen den Mitgliedern bestehen, welche wiederum untereinander „lose

verknüpft“ sind, ist der Begriff des sozialen Netzwerks angebrachter. (vgl. Döring 2003: 489)

Ob auf Plattformen zur Freundschaftspflege auch „Online-Communities“ eine Rolle spielen,

muss letztlich für jede Plattform einzeln theoretisch und empirisch überprüft werden. (vgl.

Döring 2003: 504)

3.5. Soziale Beziehungen und Freundschaften im Internet

„Die Gesamtheit der sozialen Beziehungen, die eine Person (Ego, Fokalperson, Fokusperson)

mit anderen Menschen (Alteri) unterhält sowie deren Beziehungen untereinander bezeichnet

man als soziales Netzwerk dieser Person (egozentriertes Netzwerk, persönliches Netzwerk).“

(Döring 2003: 409)

Freundschaft – als eine Form der zwischenmenschlichen Beziehung – hat durch ihre

Funktionen hohen Wert für Menschen: Sie ist Ergänzung zu anderen Beziehungen, gibt

physischen und psychischen Beistand, vermittelt ein Zugehörigkeitsgefühl und ein Gefühl des

Sich-auf-den-anderen-verlassen-können (vgl. Auhagen 1993: 227), kurzum: “Freunde und

Freundinnen sind von uns erwählte Menschen, die uns idealerweise ein maximales

Wohlbefinden vermitteln.“ (Auhagen 1993: 228) Für den Freundschaftsaufbau spielen soziale

Netzwerke eine wichtige Rolle, denn laut Parks und Eggert werden neue Freunde eher über

bereits gefundene Freunde gewonnen, als über unbekannte Personen. (vgl. Fehr 1996: 48f)

Als Grund für die Entwicklung von sozialen Beziehungen im Internet wird das Interesse von

Menschen an einer Weitergabe von eigener, sowie einem Erhalt von anderer persönlicher,

„sozio-emotionaler Information“ gesehen – wie es die „Social-Information-Processing-

Theorie“ von Walther darstellt. (vgl. Paechter 2006: 613) Demnach besteht im Fall von

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Online-Freundschaftsnetzwerken ein Interesse bei den Nutzern solcher Plattformen, sich

selbst über vorhandene Darstellungsmöglichkeiten zu präsentieren und im Gegenzug „sozio-

emotionale Informationen“ anderer Nutzer einzusehen. Durch das gegenseitige Offenbaren

von persönlichen Informationen (Selbst-Offenbahrung) entsteht Nähe zwischen den sich

wahrnehmenden Personen, sodass zu einem besseren Einschätzungsvermögen des Verhaltens

auf beiden Seiten kommt. (vgl. Döring 2003: 413) Warum ein solches Interesse besteht, sein

Selbst zu offenbaren, wird im nächsten Kapitel näher erläutert.

Neben reinen Online- beziehungsweise Offline-Beziehungen, kommen hauptsächlich

„Hybrid-Beziehungen“ bei Internetnutzern vor. Solche Hybrid-Beziehungen beinhalten

Online- sowie Offline-Kontakte mit einer Person, das heißt dass Personen ihre Freunde,

Bekannte aus dem Internet auch real treffen und umgekehrt. Je nachdem an welchem Ort –

online oder offline – die Beziehung entstanden ist und wie die momentanen Kontakte –

online oder offline – zustande kommen, bestimmt, ob eine Offline- oder Online-Beziehung

mit einer Person vorherrscht. (vgl. Döring 2003: 424f)

3.6. Selbstdarstellung und Impression Management im Internet

Nach Mummendey ist unter Selbstdarstellung die Darstellung des eigenen Selbstkonzeptes,

d.h. der eigenen Person und ihrer Eigenschaften zu verstehen. Der Prozess der Darstellung der

eigenen Person wird Selbstdarstellungsverhalten (oder auch Impression Management)

genannt und hat in der Regel das Ziel, sich selbst so zu präsentieren, dass „wir bei denjenigen

Personen, die gerade anwesend sind oder denen unser aktuelles Verhalten bekannt werden

könnte, einen günstigen Eindruck hinterlassen“ (Döring 2003: 334) Unter „günstig“ ist nicht

zwangsläufig eine „positive“ Darstellung zu verstehen, denn auch eine „negative“ Darstellung

kann günstig sein, solange sie den Absichten und Darstellungszielen einer Person entspricht.

(vgl. Döring 2003: 334 und Mummendey 2006: 49)

Die Darstellung der eigenen Person ist ein Vorgang, der mit dem Verhalten eines Menschen

in seinem Alltag eng verknüpft ist. Neben dem bewussten und absichtlichen Präsentieren des

Selbst, finden Selbstdarstellungsprozesse häufig unbewusst statt, da jegliche nonverbale und

verbale Äußerungen einer Person diese charakterisieren. (vgl. Mummendey 2006: 49)

Allerdings gibt es hier einen Unterschied zwischen computervermittelter Selbstdarstellung

und jener die face-to-face erfolgt: Erstere bietet die Chance die eigene Darstellung überlegter

zu gestalten, da etwa bei der Gestaltung des eigenen Profils in Freundschaftsnetzwerken

bewusst Informationen über die eigene Person dargestellt oder verschwiegen werden können.

(vgl. Paechter 2006: 613)

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Die Selbstdarstellung erfolgt über so genannte Selbstdarstellungsrequisiten. Dies sind jene der

Person zur Verfügung stehenden Ausdrucksmöglichkeiten des Selbst, wie etwa

Personenprofile bei Online-Freundschaftsnetzwerken. Döring unterscheidet die Online-

Selbstdarstellungsrequisiten nach

• „nutzerdefinierten Angaben“: dies umfasst jene Darstellungen einer Person über sich

selbst, beispielsweise Selbstbeschreibungen in Blogeinträgen.

• „systemgenerierten Informationen“: hier generiert die Plattform/ das System Daten

über die Nutzer und macht diese für andere Nutzer sichtbar, beispielsweise

Punktestände der Nutzer bei Online-Games.

• und „mitnutzerproduzierten Informationen“, bei denen andere Nutzer das Selbst eines

Nutzers beschreiben, etwa in Form von User-Bewertungen bei Ebay.

(vgl. Döring 2003: 335 und 342)

Der Begriff der Online-Selbstdarstellung kann mit jenem der virtuellen Identität nicht

gleichgesetzt werden: bei einer Online-Selbstdarstellung erfolgt die Repräsentation einer

Person im Internet nur auf einem bestimmten Dienst und ist nicht von Dauer, bei einer

virtuellen Identität ist die Repräsentation einer Person im Internet konsistenter und dadurch

von größerem Wert für die Person. Wann eine Online-Selbstdarstellung als virtuelle Identität

gilt, muss laut Döring einerseits von den Nutzern mitgeteilt werden, und andererseits geben

die veröffentlichten persönlichen Informationen Aufschluss darüber. (vgl. Döring 2003: 341)

Inwieweit es sich bei den Profilen auf Online-Freundschaftsnetzwerken um digitale

Äquivalente zu Offline-Identitäten handelt, muss im empirischen Teil der Arbeit geklärt

werden.

Sein Selbst zu offenbaren, hat laut Frindte und Hormuth verschiedene Gründe, da

Selbstdarstellung respektive Selbsteinbringung mehrere Funktionen erfüllt:

• Die Selbstwahrnehmung wird gefördert: Durch die geäußerte Reflexion über sich

selbst lernt man sich selbst besser kennen.

• Sie dient der Gestaltung von Beziehungen zwischen Kommunikationspartnern, da

durch die eigene Darstellung die Kommunikationssituation definiert wird.

• Die Selbsteinbringung hilft Kommunikationspartnern sich selbst mit anderen zu

vergleichen, um etwa festzustellen, ob Ähnlichkeiten zwischen einem selbst und dem

Anderen vorhanden sind.

• Sobald jemand etwas über sich mitteilt, beeinflusst er das Bild, dass andere Personen

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Page 12: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

über ihn haben. Folglich wird die Selbstdarstellung auch für den sozialen Einfluss

eines Menschen genutzt.

(vgl. Frindte 2001: 66f)

4. Forschungsstatus-quo zur Selbstdarstellung auf Online-Freundschaftsnetzwerken

4.1. Profile auf Online-Freundschaftsnetzwerken

Online-Freundschaftsnetzwerke wie Facebook, MySpace und Friendster bieten ihren

Mitgliedern eine Reihe an Selbstdastellungsrequisiten an (siehe Abb.1):

Abb.1: Common Identity Elements (Stutzman 2006: 4, online)

Neben personenbezogenen Informationen wie Name und Kontaktdaten können auch

spezifische Interessen und Hobbys und – im Fall von Facebook – studienbezogene

Informationen sichtbar gemacht werden. Zusätzlich können noch der AIM Name,

Lieblingszitate, Sommerpläne und der Stundenplan auf Facebook, sowie persönliche Helden,

Religionszugehörigkeit, Vorlieben bezüglich Rauchen und Trinken, Kinder, Einkommen,

Ethnizität und Körpermaße auf MySpace angegeben werden. (vgl. Stutzman 2006: 4, online)

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Page 13: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

In manchen Online-Freundschaftsnetzwerken wie Facebook ist die Angabe des realen

Namens eines Mitglieds erwünscht, in anderen Plattformen wie Friendster hingegen werden

reale Namen nicht offen angezeigt. Ebenso ist der Zugang zu Mitgliederprofilen für diverse

Personengruppen je nach Plattform unterschiedlich: Teilweise können persönliche Daten von

jeder registrierten Person eingesehen werden, teilweise ist dies auf „Freunde“ einer Person

beschränkt. (vgl. Gross/ Acquisti 2005: 72, online)

In einer Untersuchung des Selbstdarstellungsverhaltens von 4000 Studierenden auf Facebook

durch Gross und Acquisti wurde festgestellt, dass Facebook-NutzerInnen „an astonishing

amount of information“ anderen Mitgliedern zur Verfügung stellen. (Gross/ Acquisti 2005:

75, online) Besonders beliebt ist die Angabe von persönlichen Fotos (90,8% der Profile), der

früheren High School und des Geburtsdatums (87,8% der Profile). Immerhin noch knapp 40%

der Facebook-NutzerInnen veröffentlichen auch ihre Telefonnummer. Die folgende Grafik

zeigt einen Überblick über die Häufigkeiten der Selbstdarstellungsrequisiten in Facebook-

Profilen.

Abb.2: Häufigkeiten der Selbstdarstellungsrequisiten in Facebook-Profilen (Gross/ Acquisti

2005: 75, online)

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Page 14: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Weiters überprüfte die Untersuchung die Gültigkeit der angegebenen Daten, sowie die

Identifizierbarkeit und stellte fest, dass beispielsweise fast 90% der Facebook-Mitglieder

ihren echten Namen angaben und etwa 60% der Profile ein Foto enthielten, dass einer Person

zuordenbar war. Die erhobenen demografischen Daten zeigten, dass ein Großteil der Nutzer

(95,6%) von Facebook zwischen 18 und 24 Jahre alt und männlich (60,4%) ist. (vgl. Gross/

Acquisti 2005: 74ff, online)

4.2. Positive Aspekte der Selbstdarstellung auf Online-

Freundschaftsnetzwerken

Im Folgenden werden die in Untersuchungen von Online-Freundschaftsnetzwerken – und im

Besonderen des Online-Freundschaftsnetzwerk Facebook – gefundenen positiven Aspekte der

Selbstdarstellung aufgelistet:

• Online-Freundschaftsnetzwerke stellen einen einfachen und effizienten Weg dar,

Offline-Freundschaften online zu managen und online Freundschaften aufzubauen.

(vgl. O’Murchu et al. 2004: 7, online) Neben ausschließlich online vorhandenen

Bekanntschaften, nutzt ein beachtlichter Anteil an Online-Freundschaftsnetzwerk-

nutzerInnen das Netzwerk zur Unterstützung der Kommunikation in Offline-

Freundschaften. (vgl. Ellison et al. 2006: 4, online)

• Online Social Networks werden auch als Lösung für Probleme mit der Privatsphäre im

Internet gesehen: Nach Pincus können jene Netzwerke gezielt dazu genutzt werden,

sich online zu präsentieren und die Menge an veröffentlichten persönlichen Daten zu

steuern, sowie die Kontrolle über die Kontaktmöglichkeiten zu einem selbst zu

besitzen. (vgl. Gross/ Acquisti 2005: 73, online)

• Nach einer Studie von Ellison et al. zu Facebook, dem englischsprachigen Pendant zu

studiVZ besteht „a positive relationship between certain kinds of Facebook use and

the maintenance and creation of social capital.” (Ellison et al. 2006: 26, online)

• Online-Netzwerk-NutzerInnen profitieren vom „High School Social Capital“: Beim

Ausscheiden einer Person aus einer örtlich definierten Offline-Gemeinschaft (etwa

eine High School Klasse) wird über das Online-Freundschaftsnetzwerk Facebook

Kontakt zu „ehemaligen“ Gemeinschaftsmitgliedern gehalten. (vgl. Ellison et al. 2006:

27 und 32, online)

• Online-Netzwerk-NutzerInnen profitieren vom „bonding Social Capital“: Facebook

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ermöglicht NutzerInnen Zugang zu anderen NutzerInnen, welche emotionale

Unterstützung geben können und es wird eine enge Freundschaft zwischen

NutzerInnen unterstützt. (vgl. Ellison et al. 2006: 28, online)

• Online-Netzwerk-NutzerInnen profitieren vom „bridging Social Capital“: Facebook

ermöglicht einen Zusammenhalt innerhalb der Studentengemeinschaft der gleichen

Universität. (vgl. Ellison et al. 2006: 29, online)

• Facebook hilft Studierenden mit schwachem Selbstbewusstsein an der

Studentengemeinschaft zu partizipieren. (vgl. Ellison et al. 2006: 31, online)

4.3. Problematiken der Selbstdarstellung auf Online-

Freundschaftsnetzwerken

Gerade weil – laut Fehr – Vertrauen und sich-auf-jemanden-verlassen-können innerhalb von

Freundschaften eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Fehr 1996: 12), so sollte auch die

Umgebung – in diesem Fall die Plattform des Online-Freundschaftsnetzwerkes –

vertrauenswürdig sein.

Aus bereits erfolgter Forschung lassen sich die folgenden Problematiken zusammenfassen,

die in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung in Freundschaftsnetzwerken vorhanden sind:

• Fehlende Kenntnisse unter den NutzerInnen, sowie fehlender Zugang zu derartigen

Informationen – etwa bei der Menge an sichtbaren persönlichen Daten, wer Zugang zu

und Interesse an diesen Daten hat, wozu diese Daten verwendet werden können (vgl.

Nabeth 2005: 2, online und Gross/ Acquisti 2005: 73, online)

• Fehlende Kompetenzen unter den NutzerInnen: Trügerisches Sicherheitsgefühl

bezüglich Datensicherheit. (vgl. Nabeth 2005: 2, online und O’Murchu et al. 2004: 17,

online)

• Dauerhaftigkeit bei der Sichtbarkeit der Daten: Einmal veröffentlichte Daten sind über

lange Zeit und für viele Personen verfügbar, daher können sie auch später noch

problematische Konsequenzen haben, beispielsweise wenn sich daraus negative

Konsequenzen für das gegenwärtige und zukünftige Arbeitsleben ergeben. (vgl.

Nabeth 2005: 2 und 5, online) Damit in Zusammenhang steht die Frage nach der

Kontrollmöglichkeit der eigenen Online-Selbstdarstellung. (vgl. Döring 2003: 343)

• Unterstützung von unerwünschten Handlungen bezüglich Datenmissbrauch: Spam an

die veröffentlichte E-Mailadresse (vgl. Nabeth 2005: 2, online), online- und offline

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Stalking (vgl. O’Murchu et al. 2004: 17ff, online und Gross/ Acquisti 2005: 78,

online), Identitätsdiebstahl, wenn sich in Netzwerken jemand als jemand anderer

ausgibt (O’Murchu et al. 2004: 18, online und Stutzman 2006: 2, online).

• Bildung von falschen Identitäten (Fake-Identitäten, Fakesters, Pseudo-

Identifizierbarkeit): Die angegebenen Daten in den Nutzerprofilen entsprechen nicht

(immer) den realen Personen dahinter. (O’Murchu et al. 2004: 18, online)

• Rückschlüsse auf die Identität einer Person durch spezifische Kombination aus

Profildaten: Auch wenn beispielsweise der Name nicht öffentlich aufscheint, so

könnte bei einer amerikanischen Person durch die gleichzeitige Veröffentlichung von

Geburtsdatum, Heimatstadt, gegenwärtiger Wohnort und gegenwärtiger

Telefonnummer auf die Sozialversicherungsnummer jener Person geschlossen werden.

(vgl. Gross/ Acquisti 2005: 78, online)

5. Forschungsfrage

Im Zentrum des Interesses steht die Selbstdarstellung der NutzerInnen auf dem

deutschsprachigen Online-Freundschaftsnetzwerk studiVZ. Es wurde bewusst die Plattform

studiVZ für die Untersuchung ausgewählt, da sie im letzten Halbjahr 2006 für negative

Schlagzeilen bezüglich Datensicherheit sorgte und zugleich als stetig wachsende Web 2.0-

Anwendung Online-Netzwerken ermöglicht. Gerade diese spannende Mischung aus

Datenschutzbedenken und Gemeinschaftsförderung lohnt eine Untersuchung der Plattform.

Das Forschungsinteresse dieser Arbeit lässt sich in vier Bereiche gliedern:

Charakterisierung der Plattform studiVZ

Um die Ergebnisse der nachfolgenden Forschungsfragen besser einordnen und verstehen zu

können, werden zunächst allgemeine Informationen über die Plattform studiVZ

zusammengefasst. Folgende Bereiche sollen behandelt werden: Dauer des Bestehens der

Plattform, Gründer und Besitzer der Plattform, Nutzerzahlen und Nutzercharakteristiken,

definierter Zweck der Plattform.

Selbstdarstellung der studiVZ-NutzerInnen

Weiters werden die Selbstdarstellungsrequisiten – im Besonderen die nutzerdefinierten

Angaben, sowie die systemgenerierten Informationen – in der Plattform studiVZ untersucht.

Dabei wird analysiert, welche Selbstdarstellungsmöglichkeiten dem/der NutzerIn zur

16

Page 17: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Verfügung stehen, welche dieser Möglichkeiten von den NutzerInnen wie stark genutzt

werden und welche dieser Möglichkeiten genutzt werden sollten, damit sich die anderen

NutzerInnen die Person dahinter vorstellen können.

Relevante Forschungsfragen für diesen Bereich sind:

• Welche der angebotenen Selbstdarstellungsrequisiten werden auch tatsächlich

genutzt?

• Werden die angebotenen Selbstdarstellungsrequisiten gewinnbringend eingesetzt,

sodass sie eine Repräsentation der NutzerInnen ermöglichen? Das heißt: Stimmt die

Menge an genutzten Selbstdarstellungsrequisiten mit jener für das Netzwerken

notwendigen Selbstdarstellungsrequisiten überein?

Positive Effekte in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung

Studien über das englischsprachige Online-Freundschaftsnetzwerk „Facebook“ haben eine

Reihe an positiven Effekten und Vorteilen durch das Netzwerken auf Internetplattformen

erkannt. Ob diese auch von den NutzerInnen von studiVZ festgestellt werden, soll in dem

zweiten Teil der Arbeit geklärt werden.

Relevante Forschungsfragen für diesen Bereich sind:

• Werden die in der Literatur genannten Vorteile auch von studiVZ-NutzerInnen

festgestellt?

• Welche bisherigen Erfahrungen haben die studiVZ-NutzerInnen mit ihrer

Selbstdarstellung gemacht?

Problematiken in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung und deren Lösungen

Eine große Anzahl von Studien beschäftigt sich mit Risiken für den/die Nutzerin, die durch

die Selbstdarstellung in Online-Freundschaftsnetzwerken entstehen. Es stellt sich nun die

Frage, ob diese Probleme auch bei studiVZ vorkommen, wenn ja, welche

Lösungsmöglichkeiten vorhanden sind und ob die NutzerInnen ein Problembewusstsein

besitzen.

Relevante Forschungsfragen für diesen Bereich sind:

• Sind die Problematiken auch bei studiVZ gegeben?

• Was unternehmen die Anbieter der Plattform um die Problematiken für die

NutzerInnen möglichst gering zu halten? Was können die NutzerInnen tun?

• Besitzen die NutzerInnen ein Risikobewusstsein, beziehungsweise ausreichend

Kompetenzen für eine verantwortungsvolle Veröffentlichung von persönlichen Daten?

• Werden die in der Literatur genannten Nachteile auch von studiVZ-NutzerInnen

festgestellt?

17

Page 18: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

6. Forschungsdesign

Die Untersuchung von studiVZ bestand aus drei Teilen: zunächst eine allgemeine Recherche

zur Plattform studiVZ bezüglich Nutzerzahlen, definiertem Zweck der Plattform und

Datensicherheit, im Folgenden eine Inhaltsanalyse der Profile von studiVZ-NutzerInnen und

im Anschluss daran eine Online-Befragung von studiVZ-NutzerInnen.

Um zu allgemeinen Informationen zur Plattform studiVZ zu kommen, wurden die

Beschreibungen von studiVZ auf der eigenen Plattform gesichtet, die Einträges des studiVZ-

Blogs durchgesehen, sowie Presseartikel über studiVZ und der Pressemitteilungen von

studiVZ betrachtet. Eine Analyse der möglichen Selbstdarstellungsrequisiten auf studiVZ

schuf die Basis für die Inhaltsanalyse der Profile, das heißt es wurde analysiert, welche Profil-

gestaltungsmöglichkeiten den NutzerInnen zur Verfügung stehen.

Um herauszufinden, welche Selbstdarstellungsrequisiten in Online-Freundschaftsnetzwerken

tatsächlich verwendet werden, wurde eine Inhaltsanalyse der Profile auf studiVZ

vorgenommen. Die Analyse war quantitativer Natur, folglich wurden Häufigkeiten der

Zähleinheiten – respektive Selbstdarstellungsrequisiten – erhoben.

Im Anschluss an die Inhaltsanalyse erfolgte eine Online-Befragung der studiVZ-NutzerInnen.

Zum einen, um eine Einschätzung der in der Inhaltsanalyse erhobenen Daten zu ermöglichen

und zum anderen, um die Einschätzungen und Einstellungen der studiVZ-NutzerInnen zu

ihrer Nutzung der Profilen und dem Dienst generell zu erforschen.

Für die Inhaltsanalyse und die Online-Befragung wurde aus der Grundgesamtheit aller

NutzerInnen der deutschsprachigen studiVZ-Website (etwa eine Million Personen) aus

Gründen der Untersuchungsdauer und Verfügbarkeit der Profile der Klumpen „studiVZ-

NutzerInnen der Uni Salzburg“ (über 300 Personen) ausgewählt. Aus diesem Klumpen

wurden per Zufall für die Inhaltsanalyse über die Suchfunktion 100 Profile ausgewählt und

für die Online-Befragung 300 Personen per E-Mail-Einladung zur Teilnahme gebeten.

Folglich wurden beide Stichproben aus dem gleichen Personenkreis gezogen, um eine

Vergleichbarkeit der Ergebnisse beider Analysen zu gewährleisten. Von den 300 Personen

füllten innerhalb von 4 Tagen 120 Personen den Fragebogen aus, was einer Rücklaufquote

von 40% entspricht. Die gesamte Untersuchung wurde im Jänner 2007 durchgeführt. Die

Datenauswertung erfolgte mittels SPSS.

18

Page 19: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

7. Forschungsergebnisse

7.1. Charakterisierung der Plattform studiVZ und ihrer NutzerInnen

StudiVZ ist eine Plattform zur Vernetzung von Studierenden an Hochschulen in Deutschland,

Schweiz, Österreich und weiteren europäischen Ländern und sie besteht seit Oktober 2005.

(vgl. studiVZ 20063, online) Gegründet wurde sie von drei Studierenden aus Deutschland und

der Schweiz und Anfang Jänner 2007 wurde die Plattform vom Holtzbrinck Verlag

übernommen. (vgl. Stöcker 2007, online)

Der Dienst studiVZ definiert seinen Zweck selbst wie folgt:

• Grundsätzlich soll durch studiVZ „eine Netzwerkkultur an europäischen

Hochschulen“ geschaffen werden, die „Anonymität an den Hochschulen“ soll gesenkt

werden und den Studierenden die Möglichkeit geboten werden, sich über lokale

studentische Initiativen und Themen auszutauschen. (vgl. studiVZ 20063, online) Als

Beispiele werden das Finden von Partnern für Sport, Lernen und Freizeit angegeben,

sowie Herauszufinden welche Mitstudierenden in den gleichen Lehrveranstaltungen

sitzen. (vgl. studiVZ 20064, online)

• Weiters soll der Dienst über Suchfunktionen dabei helfen, bereits bekannte Personen

aus Hochschule, früheren Schulen, etc. (wieder) zu finden, um so seinen aktuellen,

offline-vorhandenen Freundeskreis abzubilden. (vgl. studiVZ 20064, online und

studiVZ 20063, online)

• Zentraler Zweck ist zudem die Pflege von Freundschaften, beispielsweise durch die

Möglichkeit sich auf verschiedene Arten zu kontaktieren, durch die Erinnerung an

bevorstehende Geburtstage und vieles mehr. (vgl. studiVZ 20065, online)

• Durch die Sichtbarkeit der Freundschaftsverbindungen können die Interessen von

Freunde von Freunden in Erfahrung gebracht werden (vgl. studiVZ 20063, online),

was dem Freundschaftsaufbau dienlich ist, da laut Fehr neue Freunde besonders über

bereits vorhandene Freunde kennen gelernt werden. (vgl. Fehr 1996: 48f)

• Die Plattform studiVZ bieten ihren Mitgliedern die Möglichkeit sich in

Interessensgruppen zusammenzufinden und die Plattform als PR-Instrument für

Events und dergleichen zu nutzen. (vgl. studiVZ 20065, online)

19

Page 20: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Die Plattform studiVZ gibt an, derzeit etwa eine Million Mitglieder zu besitzen. (vgl. studiVZ

20063, online) Im Rahmen der Inhaltsanalyse und der Online-Befragung wurden Alter und

Geschlecht der studiVZ-Mitglieder der Universität Salzburg miterhoben – mit dem Ergebnis,

dass ein Großteil der Mitglieder weiblich (Inhaltsanalyse: 67% weiblich, Online-Befragung:

70% weiblich) und zwischen 20 und 23 Jahre alt (72,5% der NutzerInnen laut Online-

Befragung) ist. Die befragten NutzerInnen haben durchschnittlich 33 Freunde

(Standardabweichung 32,7), darunter durchschnittlich 11 Freunde (Standardabweichung 11,2)

an der gleichen Hochschule (Uni Salzburg) und 22 Freunde (Standardabweichung 26,4) an

anderen Hochschulen. Die Nutzungshäufigkeit der befragten Personen ist sehr hoch: 80%

nutzen die Plattform täglich oder zumindest mehrmals die Woche.

7.2. Selbstdarstellung der studiVZ-NutzerInnen

7.2.1. Mögliche Selbstdarstellungsrequisiten

Die Ergebnisse der Analyse der Plattform im Hinblick auf die möglichen

Selbstdarstellungsrequisiten werden nach der von Döring vorgenommenen Einteilung der

Selbstdarstellungsrequisiten (Nutzerdefinierte Angaben im Profil, systemgenerierte und

mitnutzergenerierte Informationen im Profil) aufgelistet.

Nutzerdefinierte Angaben im Profil

Die unten dargestellte Tabelle enthält jene Darstellungsrequisiten, die der/die Nutzer/in selbst

mit persönlichen Informationen befüllen kann, beziehungsweise solche, deren Inhalte er/sie

in Drop-Down-Menüs auswählen kann. Die Rubriken entsprechen den von studiVZ

definierten Kategorien bei der Gestaltung des Profils und geben einen Überblick über die

angebotenen Themenbereiche. Die humorvollen Auswahlmöglichkeiten mancher Drop-

Downmenüs (beispielsweise „Art des Jobs“) betonen den informellen Charakter der

Selbstdarstellung.

20

Page 21: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Rubrik Darstellungsrequisiten

Allgemeines - Name der Hochschule

- Status des Nutzers (Student(in), Mitarbeiter, Alumnus/ Alumna,

Abiturient(in) / Maturand(in) (sic))

- Geschlecht

- An der Hochschule seit

- Studienrichtung, 2. Studienrichtung, 3. Studienrichtung, Studiengang

- Ort und Name des Wohnheims

- Zimmernummer des Wohnheims

- Geburtstag

- Heimatland

- Heimatort

- Postleitzahl des Heimatorts

- letzte Schule

Persönliches - Auf der Suche nach (netten Leuten, Sprachpartnern, Parties, Lern-

/Übungsgruppen, Dating, was sich eben ergibt)

- Beziehung (solo, vergeben, offene Beziehung, verheiratet, Romanze)

- Politisch (unpolitisch, Kommunist, sehr links, links, Mitte links, liberal,

Mitte rechts, rechts, konservativ, kronloyal, grün)

- Interessen

- Clubs, Vereine

- Musikrichtung, Bands

- Lieblingsbücher

- Lieblingsfilme

- Lieblingszitat

- Über mich

Arbeit - Art des Jobs (Praktikant(in), Hilfskraft, Zeittotschläger(in),

Sündenbock, Untertan(in), Dumpinglohn-Empfänger(in), Diener(in),

Fleißige(r) Arbeiter(in), Bürostuhlakrobat(in), Held(in) der Arbeit,

08/15 Jobber, Papierschieber(in), Workaholic, Zukünftiger Star,

Bürokrat(in), Politiker(in), vorbildliche(r) Angestellte(r), Furchtlose(r)

Söldner(in), Troubleshooter(in))

- Firma

- Job-Bezeichnung

- Was ich da mache

- Bisherige Karriere

Lehrveranstaltungen - Nachname des Dozenten

- Name der Lehrveranstaltung

Abb.3: Nutzerdefinierte Selbstarstellungsrequisiten im Profil

21

Page 22: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Weitere Darstellungsrequisiten

Persönliches Photo

Meine Fotos (Fotoalben der NutzerInnen)

Gruppenmitgliedschaften

Der/die Nutzer/in von studiVZ hat die Möglichkeit, ein Foto von sich in das eigene Profil zu

integrieren, sowie weitere Fotos in „Meine Fotos“ abzulegen. Neben sozialen Netzwerken

bilden sich auch „virtuelle Gruppen“ auf studiVZ. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit selbst

eine Gruppe zu gründen oder einer bereits bestehenden Gruppe beizutreten. Da die

Gruppenmitgliedschaften eines Nutzers auf der persönlichen Seite jenes Nutzers sichtbar

sind, dienen auch sie zur Selbstdarstellung einer Person. Der Name einer Gruppe drückt meist

den Zweck oder das Ziel der Gruppe aus und ist die primäre Information über eine Gruppe,

und sagt zugleich auch etwas über die Person aus, die Gruppenmitglied ist.

Systemgenerierte Informationen im Profil

Darstellungsrequisiten

Anzahl der Freunde und Links auf Freunde

Mitglied seit

Letztes Update

Neben der Selbstdarstellung durch Profileinträge, wird das Selbstkonzept auch durch die

Darstellung von Freundschaftsbeziehungen vermittelt. Die persönliche Seite eines Nutzers/

einer Nutzerin enthält dazu Informationen über die Anzahl an Freunden an der gleichen und

an anderen Hochschulen, sowie Links auf die Profile der Freunde.

Laut Döring ist es für das Gelingen von persönlichen Beziehungen relevant, dass sich die

beteiligten Personen nahe und verbunden fühlen (vgl. Döring 2003: 413) Eben dieses

Verbundenheitsgefühl wird unter anderem durch die Darstellung der Verknüpfungen zu

Freunden hergestellt: Jede/r Nutzer/in auf studiVZ sieht auf seiner/ ihrer Profilseite, jene

Personen, die zu seinem/ ihrem Freundeskreis zählen.

Freundschaften in studiVZ sind „definierte, festgelegte“ Freundschaften: nach dem Ablauf

des Vorgangs „Freunde hinzufügen“, bei dem einem Nutzer per E-Mail mitgeteilt wird, dass

ein anderer Nutzer ihn zum Freund haben möchte und dieser die Anfrage bestätigt, gelten die

betreffenden Personen als „Freunde“ auf studiVZ.

22

Page 23: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Zu den von der Plattform erzeugten Informationen über eine Person zählt ebenso die Angabe

der Mitgliedsdauer einer Person bei studiVZ, sowie das Datum der letzten Aktualisierung

des Profils.

Mitnutzergenerierte Informationen im Profil

Darstellungsrequisit

Pinnwandeinträge

Zu den mitnutzergenerierten Informationen über das Selbst einer Person zählen die

Pinnwandeinträge durch andere Nutzer im Profil einer Person. Diese Einträge werden aber für

die Analyse von studiVZ nicht weiter berücksichtigt, da der Fokus der Arbeit auf der eigenen

Selbstdarstellung liegt.

7.2.2. Tatsächlich genutzte Selbstdarstellungsrequisiten

Da bei studiVZ die Ansicht der eigenen Seite für andere Personen unterbunden werden kann,

können nur jene Profildaten untersucht werden, die einem registrierten Benutzer - wenn er

kein definierter Freund des Nutzers ist - zur Ansicht zur Verfügung stehen. Die Kontaktdaten

im Profil sind nur für definierte Freunde sichtbar und werden daher nicht untersucht.

Die Ergebnisse aus der Inhaltsanalyse der Profile zeigen, dass nicht alles was angeboten wird,

auch von der Mehrheit der NutzerInnen genutzt wird. Dennoch gibt es Requisiten, die bei den

NutzerInnen sehr beliebt sind. Die folgende Grafik zeigt jene Selbstdarstellungsrequisiten,

welche von mehr als 50% der NutzerInnen verwendet werden.

23

Page 24: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Vorname

Hochschule

Nachname

Geschlecht

StatusGeburtstag

Studienrichtung/en

Heimatland

Heimatort

An der Hochschule seit

Auf der Suche nach

letzte Schule

0

20

40

60

80

100

Anz

ahl

100 99100

81

93

66697268 66

5156

Abb.4: Verwendete Darstellungsrequisiten (bei über 50% der Profile)

Vorname, Nachname und Hochschule sind automatisch für alle Mitglieder sichtbar und

erreichen daher auch (teilweise) die maximal möglichen Werte. Ausnahmen bilden

NutzerInnen, welche falsche Angaben zu diesen Daten machen, wenn beispielsweise wie bei

einem Nutzer „Nachname“ als Nachname angegeben wird.

Beliebt bei über 50% der NutzerInnen sind Angaben zu studienbezogenen Informationen wie

der Status an der Universität (bei 81% der Profile vorhanden), die Studienrichtung (69% der

Profile) oder seit wann man an der Hochschule ist (66% der Profile). Auch ortsbezogene

Information wie Heimatland und –ort wird gerne angegeben.

Zudem wurde von der Analyse erfasst, wie viele Profile ein Foto enthalten und von welcher

Qualität das Foto ist. 87% der NutzerInnen haben ein persönliches Foto hochgeladen, wobei

bei 8% davon die Person am Foto nicht erkennbar ist. Gründe dafür liegen in der

absichtlichen Verfremdung des Bildes, in mangelnder Bildqualität oder zu kleiner Darstellung

des Gesichts.

24

Page 25: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Die nächste Grafik zeigt jene Selbstdarstellungsrequisiten, welche von weniger als 50% der

NutzerInnen verwendet werden.

Musikrichtung, Bands

PLZBeziehung

Interessen

Lieblingsbücher

Lieblingsfilme

Studiengang

Lieblingszitat

Art des Jobs

Name der LV

Nachname des Dozenten

FirmaÜber mich

Clubs, Vereine

was ich da mache

Jobbezeichnung

politisch

bisherige Karriere

Wohnheim - Ort

Wohnheim - Name

Zimmernummer

0

20

40

60

80

100

Anz

ahl

35

1 1 0

49 46

19

44

22

4943 42

34

2329

242020

12

2525

Abb.5: Verwendete Darstellungsrequisiten (bei unter 50% der Profile)

Detaillierte Angaben zur Person, in deren Eingabefeldern selber (viel) Text hineingeschrieben

werden muss – wie etwa Interessen (44% der Profile) –, werden schon seltener gemacht als

kurze, schnelle Angaben – wie beispielsweise dem Geburtsdatum (72% der Profile). Ebenso

berufliche Informationen (Arbeitsort, Tätigkeiten, etc.) kommen seltener vor: Für das

Netzwerken durch Profilinformation zu beruflichen Themen stehen nur 20%

(Jobbezeichnung) bis 29% (Art des Jobs) der Profile zur Verfügung. Anscheinend besteht nur

bei einem Viertel der NutzerInnen das Interesse aktuelle, studienbezogene Tätigkeiten

anzugeben – nur 25% der Profile enthalten Informationen über die besuchten

Lehrveranstaltungen. 19% der studiVZ-NutzerInnen outen sich politisch und ziemlich selten

bis nie vorhanden sind genauere Wohnangaben wie Heimname und Zimmernummer.

Weitere Selbstdarstellungsrequisiten des Profils wie Fotoalben und Gruppenmitgliedschaften

werden mittelmäßig genutzt: Mehr als die Hälfte der NutzerInnen verwendet die Möglichkeit

weitere Fotos hoch zuladen nicht. Weitere 31 % der Profile besitzen ein oder zwei Fotoalben.

25

Page 26: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Fast ein Viertel (23,%) der NutzerInnen hat sich keiner Gruppe angeschlossen und die Hälfte

der NutzerInnen ist in drei oder weniger Gruppen Mitglied.

7.2.3. Erwünschte Selbstdarstellungsrequisiten

Um herauszufinden ob die Verwendung der Selbstdarstellungsrequisiten durch die studiVZ-

NutzerInnen adäquat ist, wurden die Teilnehmer an der Online-Befragung nach dem

Bedeutungsgehalt der vorhandenen Selbstdarstellungsrequisiten gefragt: Konkret wurde die

Frage gestellt, was an Profildaten eines/einer studiVZ-Nutzers/ -Nutzerin sichtbar sein muss,

sodass man sich die Person dahinter vorstellen kann.

Die nächsten beiden Grafiken fassen die Ergebnisse pro Selbstdarstellungrequisit zusammen,

indem jeweils die Häufigkeiten der beiden „positiven“ Antworten „absolut wichtig“ und „eher

wichtig“ zusammengenommen werden. Die erste Grafik zeigt jene Requisiten mit mehr als

50% Zustimmung, die zweite Grafik jene zwischen 20 bis 25% Zustimmung.

Geschlecht Vorname Foto der Person Hochschule0

20

40

60

80

100

N <

2

72,0%

83,0%

56,0%

88,0%

Abb.6: Selbstdarstellungsrequisiten mit mehr als 50% Zustimmung (absolut wichtig oder eher

wichtig)

26

Page 27: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Studienrichtung, Studiengang

Nachname

Über mich

Interessen

Status an der Hochschule

Heimatland

Geburtsdatum

0

20

40

60

80

100

N <

2

42,0%35,0%

45,0%

26,0%34,0%

41,0%42,0%

Abb.7: Selbstdarstellungsrequisiten mit 25 bis 50% Zustimmung (absolut wichtig oder eher

wichtig)

Um sich andere Personen über Profilinformationen vorstellen zu können, ist für einen

Großteil der befragten Personen wichtig, das Geschlecht (88% der befragten Personen) und

den Vornamen (83% der Personen) zu kennen, sowie visuelle Informationen in Form eines

persönlichen Fotos (72% der Personen) zu erhalten. Vermutlich bedingt durch den Status

eines Studierenden erachten es die befragten Personen als wichtig, den Studienort, die

Studienrichtung/ den Studiengang und den Status an der Hochschule von Personen zu kennen.

Besondere Beachtung finden auch die Profildaten zu den individuellen Beschreibungen einer

Person („Über mich“ – 42% der Personen) und ihren Interessen (41% der Personen).

7.2.4. Vergleich von genutzten und erwünschten Selbstdarstellungsrequisiten

Eine Gegenüberstellung von tatsächlich verwendeten und als sichtbar erwünschten

Selbstdarstellungsrequisiten zeigt die vorhandenen Darstellungsdefizite auf: Je dunkler die

Färbung der Tabelleneinträge, desto höher ist die Diskrepanz. Es werden aber nur die

negativen“ Unterschiede betrachtet, da ein „zuviel“ an dargestellten Daten – weil der Wunsch

nicht so intensiv war – hier nicht als problematisch erachtet wird.

27

Page 28: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Darstellungsrequisiten Verwendete Erwünschte

(„absolut wichtig“

oder „eher wichtig“)

Unterschied von

Verwendeten zu

Erwünschten

Vorname 100,0% 92,5% 7,5%

Nachname 99,0% 56,7% 42,3%

Name der Hochschule 100,0% 87,5% 12,5%

Status des Nutzers 81,0% 70,8% 10,2%

Geschlecht 93,0% 91,7% 1,3%

An der Hochschule seit 66,0% 34,2% 31,8%

Studienrichtungen 69,0% 90,8% - 21,8%

Studiengang 35,0% 90,8% - 55,8%

Ort des Wohnheims 1,0% 18,3% - 17,3%

Name des Wohnheims 1,0% 51,7% - 50,7%

Zimmernummer des Wohnheims 0,0% 20,0% - 20,0%

Geburtstag 72,0% 71,7% 0,3%

Heimatland 68,0% 75,8% - 7,8%

Heimatort 66,0% 60,8% 5,2%

Postleitzahl des Heimatorts 49,0% 7,5% 41,5%

letzte Schule 51,0% 47,5% 3,5%

Auf der Suche nach 56,0% 40,8% 15,2%

Beziehung 46,0% 38,3% 7,7%

Politisch 19,0% 25,8% - 6,8%

Interessen 44,0% 84,2% - 40,2%

Clubs, Vereine 22,0% 41,7% - 19,7%

Musikrichtung, Bands 49,0% 69,2% - 20,2%

Lieblingsbücher 43,0% 56,7% - 13,7%

Lieblingsfilme 42,0% 56,7% - 14,7%

Lieblingszitat 34,0% 42,5% - 8,5%

Über mich 23,0% 75,8% - 52,8%

Art des Jobs 29,0% 40,8% - 11,8%

Firma 24,0% 21,7% 2,3%

Job-Bezeichnung 20,0% 28,3% - 8,3%

Was ich da mache 20,0% 34,2% - 14,2%

Bisherige Karriere 12,0% 25,8% - 13,8%

Nachname des Dozenten 25,0% --- ---

Name der Lehrveranstaltung 25,0% 45,8% - 20,8%

Foto 87,0% 94,2% - 7,2%

Gruppenmitgliedschaften 94,0% 57,5% 36,6%

Anzahl der Freunde 93,0% 37,5% 55,2%

Unteschied: -0,1% bis -10,0% -10,1% bis -20,0% -20,1% bis -30,0% -30,1% bis -40,0% Über -40,1%

Abb.8: Vergleich von genutzten und erwünschten Selbstdarstellungsrequisiten

28

Page 29: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Wie die Tabelle verdeutlicht, zeigt sich in gewissen Bereichen ein Mangel an dargestellter

Information über eine Person: Besonders im Bereich der studienbezogenen Information

(Studienrichtung, Studiengang) besteht höherer Mitteilungsbedarf. Ebenso werden die Profile

mit noch zu wenig Informationen bezüglich besuchter Lehrveranstaltungen gefüllt, obwohl in

dieser Hinsicht Bedarf bestehen würde, mehr dazu zu erfahren. Gerade die „Über mich“-

Informationen, die eher selten eingegeben werden, sowie die „Interessen“ einer Person im

Detail (Musik, Filme, Bücher) würden die Nutzer als wichtig erachten, um sich die Person

hinter dem Profil vorstellen zu können. Interessanterweise wird auch zu wenig exakte

ortsbezogene Information angegeben, da Kenntnis von Ort und Name des Wohnheims als

wichtig erachtet werden. Ebenso kommen auch Informationen über die berufliche Situation

einer Person zu kurz.

7.3. Positive Effekte in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung

Die im Theorieteil besprochenen Vorteile von Online-Freundschaftsnetzwerken werden an

dieser Stelle auf ihre Bedeutung für studiVZ-NutzerInnen überprüft. Es stellt sich die Frage,

inwieweit die Vorteile von studiVZ-NutzerInnen erkannt und genutzt werden.

Vorteil 1: Online-Freundschaftsnetzwerke sind ein einfacher und effizienter Weg

Offline-Freundschaften online zu managen und online Freundschaften aufzubauen.

Die Online-Befragung zeigte, dass der erste Vorteil teilweise auf studiVZ zutrifft: Wie bereits

andere Studien zu englischsprachigen Online-Freundschaftsnetzwerken festgestellt haben,

werden solche Netzwerke hauptsächlich dazu verwendet Offline-Freundschaften zu managen.

Auf die Frage ob sie studiVZ zur Pflege von Offline-Freundschaften nutzen, stimmen 71%

der befragten Personen absolut beziehungsweise eher zu. Dieses Ergebnis wird auch von der

Frage nach dem Anteil an Offline-Bekanntschaften gestützt: Demnach haben fast 70% der

befragten Personen haben alle ihre Freunde auf studiVZ zuvor offline kennen gelernt, das

heißt noch nie Freude direkt über studiVZ gewonnen. Online Freunde zu gewinnen kommt

selten vor: Im Durchschnitt wurden nur 2,66% der Freundschaften auf studiVZ online

geschlossen (Standardabweichung 6,5).

Vorteil 2: Netzwerke werden gezielt dazu genutzt, sich online zu präsentieren.

Durch die längerfristige Sichtbarkeit der persönlichen Informationen wären Online-

Freundschaftsnetzwerke eine Möglichkeit, sich eine Online-Identität gezielt zu erstellen, aber

29

Page 30: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

die Plattform studiVZ wird hierfür von vielen ihrer Mitglieder nicht genutzt: 87,5% der

befragten Personen teilten mit, dass sie dem eher nicht (40,0%) oder überhaupt nicht (47,5%)

zustimmen.

Vorteil 3: Über das Online-Freundschaftsnetzwerk wird Kontakt zu „ehemaligen“

Gemeinschaftsmitgliedern gehalten.

Dieser Vorteil wurde von den Mitgliedern von studiVZ klar erkannt: Etwas mehr als die

Hälfte der befragten Personen (53,3% der Personen) stimmt dem absolut zu, dass sie durch

studiVZ in Kontakt mit Freunden bleibt, die sie nicht mehr persönlich trifft. Immerhin noch

26,7% der Personen stimmen dem eher zu.

Vorteil 4: Es wird eine enge Freundschaft zwischen NutzerInnen unterstützt.

Die Pflege von starken, engen Freundschaften scheint auf studiVZ weniger Relevanz zu

besitzen: Auf die Frage, ob sie dort ihre starken, engen Freundschaften zu pflegen, stimmen

etwas mehr als 70% der befragten Personen nicht zu. 41,7% der Personen können dem sogar

absolut nicht zustimmen.

Vorteil 5: Ein Zusammenhalt innerhalb der Studentengemeinschaft der gleichen

Universität wird ermöglicht.

Dieser Vorteil wird von den studiVZ-Mitgliedern insgesamt betrachtet zwar eher verneint –

etwa zwei Drittel der befragten Personen antworten mit „stimme überhaupt nicht zu“ oder

„stimme eher nicht zu“. Dennoch fühlen sich 26,7% der Personen eher schon mit allen

Studierenden der Uni Salzburg verbunden.

Vorteil 6: Studierenden mit schwachem Selbstbewusstsein wird geholfen, an der

Studentengemeinschaft zu partizipieren.

Die Befragung zeigt hier ein eindeutiges Ergebnis: sudiVZ-NuterzInnen stimmen dem

größtenteils (91,7%) nicht zu, dass es in studiVZ viel einfacher ist, zu zeigen wie und was

man ist, als in Freundeskreisen außerhalb des Internets. Fast 60% der befragten Personen

stimmen dem sogar absolut nicht zu. Grundsätzlich ist zu sagen, dass ein Großteil der studiVZ-Mitglieder bisher hauptsächlich

positive Erfahrungen mit der Selbstdarstellung gemacht hat, wie die folgende Grafik zeigt.

Ausschließlich negative oder überwiegend negative Erlebnisse gemacht zu haben, trifft auf

keine der befragten Person zu.

30

Page 31: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Ausschließlich positive Erlebnisse

Überwiegend positive Erlebnisse

Gleich viele positive wie

negative Erlebnisse

Wie waren deine Erlebnisse zu deiner Selbstdarstellung in deinem Profil?

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

Perc

ent

43,33% 45,0%

11,67%

Abb.9: Qualität der bisherigen Erlebnisse der studiVZ-NutzerInnen

7.4. Problematiken in Zusammenhang mit der Selbstdarstellung und

deren Lösungen

7.4.1. Vorhandene Problematiken auf studiVZ

Zunächst stellt sich die Frage: Wer sieht was an persönlichen Informationen auf studiVZ?

Ohne Registrierung sind keine persönlichen Daten sichtbar, nach der Registrierung kann jedes

studiVZ-Mitglied die angegebenen Profilinformationen eines jeden Nutzers/ einer jeden

Nutzerin einsehen, sofern die betreffende Person ihre Profilansicht für „fremde“ Mitglieder

nicht unterbindet. Die Inhaltsanalyse hat gezeigt, dass sieben von 100 Personen diese

Einstellung vornehmen und nur ihren Vor- und Nachnamen und ihre Uni-Zugehörigkeit

sichtbar machen – sie vermeiden zwar dadurch den Missbrauch ihrer Daten, behindern aber

gleichzeitig ihre Teilhabe am Netzwerken. Sobald jemand jemandes Freund geworden ist,

sehen die beteiligten Personen alle Profilinformationen.

Ein in der Literatur erwähntes Problem betrifft die Dauerhaftigkeit der Sichtbarkeit der Daten.

In studiVZ ist dies weniger problematisch, da die Anzeige von Daten von dem Nutzer/ der

31

Page 32: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Nutzerin selbst bestimmt werden: Je nachdem welche persönlichen Informationen gerade

sichtbar sein sollen, können die Einträge im Profil modifiziert und/ oder gelöscht werden.

Zudem können Mitglieder ihre Mitgliedschaft jederzeit beenden, wodurch alle persönlichen

Daten aus der studiVZ-Datenbank gelöscht werden.

Wieweit Rückschlüsse auf die Identität einer Person durch spezifische Kombination aus

Profildaten auf studiVZ gemacht werden können, konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht

näher erforscht werden. Jedoch besteht ein Sicherheitsproblem, wenn Matrikelnummer und

Geburtsdatum einer studierenden Person am gleichen Ort sichtbar gemacht werden

beziehungsweise wenn eine Zuordnung jener Daten zu einer bestimmten Person an

verschiedenen Orten mit möglich ist: Der Zugang zum Bibliothekssystem stünde dann jeder

beliebigen Person offen.

Die Bildung von falschen Identitäten (Fake-Identitäten, Fakesters) ist auf studiVZ theoretisch

möglich. Im Zuge der Profilanalyse wurde jedoch kein „offensichtlich“ falsches Profil

entdeckt, daher dürfte sich dieses Problem in Grenzen halten. Zwar gaben 15% der befragten

Personen an, dass ihre Profildaten nicht zu 100% korrekt sind. Dennoch versichern die

meisten der befragten Personen, dass ihre persönlichen Angaben zumindest zu 80% stimmen.

Wie bereits erwähnt fiel studiVZ 2006 negativ in den Nachrichten auf, da Sicherheitsmängel

der Plattform und weitere Probleme bekannt wurden. (vgl. Meusers 2006, online) Sogar Fälle

von Online-Stalking kamen in studiVZ vor: In einer Pressemitteilung wird von den Betreibern

von studiVZ bestätigt, dass es durch illegale „Miss-Wahlen“ in einem Forum zu

Belästigungen von NutzerInnen gekommen ist. (vgl. studiVZ 20061: 1f, online)

An dieser Stelle stellt sich die Frage inwieweit die sudiVZ-NutzerInnen Kenntnisse über die

Geschehnisse besitzen und sich informieren. Da mehr als zwei Drittel der befragten

Mitglieder angibt, keine Nachrichtenartikel, Blogbeiträge oder Kommentare über studiVZ

(außerhalb von studiVZ) gelesen zu haben, ist anzunehmen, dass das Wissen über die

Plattform eher gering ist. Zudem bekennen 65% der befragten Personen, dass sie die

Datenschutzinformationen und AGBs von studiVZ nicht kennen.

StudiVZ-NutzerInnen haben – insgesamt gesehen – eher Vertrauen als Misstrauen bezüglich

der Datensichterheit bei studiVZ. Knapp 60% der befragten Personen stimmen der Aussage

zu, dass Daten auf studiVZ vor Missbrauch sicher sind. Zugleich beurteilen sich 72% der

befragten studiVZ-NutzerInnen als sehr vorsichtig, welche Daten sie veröffentlichen – etwa

ein Viertel der Personen stimmt dem eher nicht zu.

32

Page 33: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

7.4.2. Vorgeschlagene Lösungsmöglichkeiten der Problematiken

Neben technischen Lösungsmöglichkeiten der Datenschutz-Probleme (beispielsweise dem

Ausbessern von Sicherheitslücken im System), sind vor allem die studiVZ-NutzerInnen selbst

gefordert, verantwortungsvoll bei der Nutzung der Plattform zu sein. Zum einen wurden die

NutzerInnen Ende November 2006 aufgefordert, sich an der Erarbeitung eines

Verhaltenscodex zu beteiligen, sodass diese einen bewussteren Umgang mit eigenen und

fremden persönlichen Daten entwickeln. Zudem besteht für jedes studiVZ-Mitglied die

Möglichkeit ein anderes Mitglied oder eine Gruppe zu „melden“, wenn dessen Profil oder

Handeln „fragwürdig“ ist. (vgl. studiVZ 20062, online)

8. Besprechung der Forschungsergebnisse und Fazit

Die Untersuchung der Online-Selbstdarstellung auf studiVZ hat gezeigt, dass einige

Parallelen als auch Unterschiede zu anderen studentischen Online-Freundschaftsnetzwerken

wie Facebook bestehen. Zum einen sind viele Selbstdarstellungsmöglichkeiten auf studiVZ

und Facebook ähnlich gegeben: Viele der einzelnen Selbstdarstellungsrequisiten – von Fotos

bis Interessenseinträgen – finden sich auf beiden Plattformen.

Zum anderen werden diese aber je nach Plattform unterschiedlich stark verwendet: Vergleicht

man die Anzahl der Profile pro Selbstdarstellungrequisit so sind auf Facebook deutlich mehr

Bereiche der NutzerInnnen-Profile mit persönlichen Informationen gefüllt als bei studiVZ.

Auch bei den Nutzercharakteristiken gibt es Unterschiede zwischen Facebook und studiVZ:

In Facebook sind etwa 60% der Mitglieder männlich, auf studiVZ sind zwei Drittel weiblich.

Hier wir dort sind Datensicherheitsbedenken gerechtfertigt, da bei beiden Plattformen

derartige Probleme aufgetreten sind. Dennoch bedarf es für adäquates Netzwerken

ausreichend persönliche Informationen über Mitglieder der Netzwerke, wie der Vergleich der

Menge von verwendeten und erwünschten Selbstdarstellungsrequisiten auf studiVZ gezeigt

hat: Vor allem im Bereich der studiumsbezogenen Informationen wie gewählte

Studienrichtung und besuchte Lehrveranstaltungen, als auch bei der individuellen

Beschreibung der eigenen Person und den Interessen sollte von den studiVZ-Mitgliedern

mehr Information veröffentlicht werden, um die Bildung von Online-Freundschaften zu

33

Page 34: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

fördern. Zudem wird derzeit auf studiVZ eine Verbundenheit zwischen den Studierenden

noch nicht so wahrgenommen als unter den Mitgliedern von Facebook, und dass obwohl

„eine Netzwerkkultur an europäischen Hochschulen“ ja erklärtes Ziel des Dienstes studiVZ

ist.

Die Untersuchung von studiVZ hat bestätigt, dass hauptsächlich Hybrid-Beziehungen bei

Online-Freundschaftsnetzwerkmitgliedern vorkommen. StudiVZ-Mitglieder nutzen die

Plattform sehr stark um ihre Offline-Freundschaften zu pflegen.

Durch ihre Dauerhaftigkeit sind Online-Freundschaftsnetzwerk-Profile durchaus geeignet,

eine virtuelle Identität darzustellen. NutzerInnen von studiVZ sollten ermutigt werden, sich

seine/ ihre Online-Identität gezielt zu gestalten, um diese dann zum eigenen Vorteil für

Studium und Berufsleben nützen zu können. Derzeit wird es noch nicht als so wichtig

erachtet, eine virtuelle Repräsentation zu besitzen, dabei bieten sich gerade Online-

Freundschaftsnetzwerke dafür an, da dort die Selbstdarstellung bewusster weil überlegter

gestaltet werden kann. Datenmissbrauch kann nie ganz ausgeschlossen werden, daher ist ein

verantwortungsvoller Umgang mit persönlichen Daten nötig.

34

Page 35: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

9. Literaturverzeichnis

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http://www.empulse.de/archives/2005/08/was_ist_eigentl_1.html, aufgerufen am

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portal.deri.org/papers/deliverables/Community%20Portal%20Survey.pdf, aufgerufen

am 7.1.2007

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PAECHTER, Manuela (2006): Soziale Beziehungen im Internet. In: Bierhoff, Hans Werner

(Hrsg.): Handbuch für Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie.

Göttingen, Wien, u.a.: Hofgrefe Verlag, S. 610 – 616.

STÖCKER, Christian (2007): Holtzbrinck schnappt sich StudiVZ. In: Spiegel Online. URL:

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,457536,00.html, aufgerufen am 25.1.2007

studiVZ (20061): Fragen und Antworten. Pressemitteilung. URL:

http://www.studyvz.net/presse/news/studiVZ-Fragen_und_Antworten.pdf, aufgerufen

am 28.12.2006

studiVZ (20062): studiVZ erstellt mit Mitgliedern Verhaltenscodex für Nutzung der Plattform.

Pressemitteilung. URL: http://www.studiVZ.net/press_news.php?news=15, aufgerufen

am 28.12.2006

studiVZ (20063): Faktenblatt: URL: http://www.studiVZ.net/presse/news/studiVZ-

Faktenblatt.pdf, aufgerufen am 28.12.2006

studiVZ (20064): Bist Du schon drin? URL: http://www.studiVZ.net, aufgerufen am

28.12.2006

studiVZ (20065): Was bringt mir das? URL: http://www.studiVZ.net/nutzen.php, aufgerufen

am 28.12.2006

STUTZMAN, Frederic (2006): An Evaluation of Identity-Sharing Behaviour in Social

Network Communities. In: Proceedings of the 2006 iDMAa and IMS Code

Conference, 2006. URL:

http://www.units.muohio.edu/codeconference/papers/papers/stutzman_track5.pdf,

aufgerufen am 8.1.2007

37

Page 38: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Als Beispiele genannte Online Social Networks:

dugg.de URL: http://www.dugg.de

Facebook URL: http://www.facebook.com

Friendster URL: http://www.friendster.com

LinkedIn URL: http://www.linkedin.com

Lokalisten.de URL: http://www.lokalisten.de

MySpace URL: http://www.myspace.com

openPeople URL: http://www.openpeople.de

Orkut URL: http://www.orkut.com

stayfriends URL: http://www.stayfriends.de

studiVZ URL: http://www.studivz.net

Xing URL: http://www.xing.com

38

Page 39: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

10. Anhang

Inhaltsanalyse

1. Welche Profilbereiche (auf „meine Seite“) sind vom studiVZ-Mitglied mit persönlicher

Information gefüllt?

2. Hat das studiVZ-Mitglied ein Foto hochgeladen und wenn ja, von welcher Qualität

(Person (nicht) erkennbar) ist es?

3. Wie viele Fotoalben hat das studiVZ-Mitglied auf seiner/ihrer Seite?

4. In wie vielen Gruppen ist die Person Mitglied?

5. Wurde die Profilansicht für „Nicht-Freunde“ unterbunden?

6. Wie viele Online-Freunde hat das studiVZ-Mitglied (von der eigenen Hochschule/ von

anderen Hochschulen)?

7. Welches Geschlecht hat das studiVZ-Mitglied?

8. Welches Alter hat das studiVZ-Mitglied?

Online-Fragebogen

Fragen Antwortkategorien

1. Wie alt bis du? (Alter in Jahren)

2. Dein Geschlecht? Männlich / Weiblich

3. Seit wann bist du Mitglied bei studiVZ? (Datum)

4. Wie oft besuchst du studiVZ? täglich

mehrmals pro Woche

einmal pro Woche

mehrmals pro Monat

einmal pro Monat

seltener als einmal pro Monat

5. Kennst du Nachrichtenartikel,

Blogbeiträge, Kommentare (die außerhalb

StudiVZ.net stehen), welche die Plattform

StudiVZ zum Thema haben?

Nein

Ja, habe welche gelesen

Ja, habe welche verfasst

6. Kennst du die AGBs und

Datenschutzinformationen von studiVZ?

Ja, kenne ich.

Nein, kenne ich nicht.

7. Wie waren deine Erlebnisse zu deiner

Selbstdarstellung in deinem Profil?

Ausschließlich positive Erlebnisse

Überwiegend positive Erlebnisse

Gleich positive wie negative Erlebnisse

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Page 40: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Überwiegend negative Erlebnisse

Ausschließlich negative Erlebnisse

8. Wie viel Prozent deiner Angaben in

deinem Profil sind korrekt? ;-)

(Prozentzahl)

9. Was sollte deiner Meinung nach an

Profildaten eines studiVZ-Mitglieds sichtbar

sein, sodass man sich die Person dahinter

vorstellen kann?

Foto der Person, Vorname, Nachname,

Hochschule, Status an der Hochschule

(Student,...), Geschlecht, an der Hochschule

seit, Studienrichtung/ Studiengang, Ort des

Wohnheims, Name des Wohnheims,

Zimmernummer, Geburtsdatum, Heimatland,

Heimatort, Postleitzahl des Heimatorts, letzte

Schule, auf der Suche nach (netten

Leuten,...), Beziehungsstatus, politische

Haltung, Interessen, Clubs/ Vereine,

Musikrichtung/ Bands, Lieblingsbücher,

Lieblingsfilme, Lieblingszitat, über mich, Art

des Jobs, Firma, Job-Bezeichnung, was ich

da mache, bisherige Karriere, besuchte

Lehrveranstaltungen,

Gruppenmitgliedschaften der Person, Anzahl

der Freunde einer Person

absolut wichtig

eher wichtig

eher nicht wichtig

überhaupt nicht wichtig

10. Wieviel Prozent deiner Freunde in

studiVZ hast du über StudiVZ kennen

gelernt?

(Prozentzahl)

11. Wieviel Prozent deiner Freunde in

studiVZ hast du zuvor offline (außerhalb des

Internets) kennen gelernt?

(Prozentzahl)

11. Gib bitte an wie viel du den folgenden Aussagen zustimmst:

Ich finde, dass meine Profil-Daten auf

studiVZ vor Missbrauch sicher sind.

stimme absolut zu

stimme eher zu

stimme eher nicht zu

stimme überhaupt nicht zu

40

Page 41: Online Freundschaftsnetzwerke StudiVZ

Ich bis sehr vorsichtig, welche Daten ich in

meinem Profil angebe.

Ich nutze mein studiVZ-Profil gezielt, um

mir eine Online-Identität zu erstellen.

Ich pflege mit studiVZ meine Offline-

Freundschaften (außerhalb des Internets).

Mithilfe von studiVZ bleibe ich in Kontakt

mit Freunden, die ich nicht mehr persönlich

treffe.

Mithilfe von studiVZ fühle ich mich mit

allen Studierenden an der Uni Salzburg

verbunden.

Mithilfe von studiVZ pflege ich meine

engen, starken Freundschaften.

In studiVZ ist es viel einfacher zu zeigen wie

und was man ist, als in Freundeskreisen

außerhalb des Internets.

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