Newsletter 09/2012

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Newsletter September 2012 Serie: 60 Jahre Baden- Württemberg: Willy Stahl FDP Baden-Württemberg - Rosensteinstr. 22 - 70191 Stuttgart - Tel. (0711) 666 18-0 - Fax (0711) 666 18-12 - www.fdp-bw.de - [email protected] - Twitter @fdpbw - facebook.com/fdpbw wir hoffen, Sie alle konnten ein paar schöne, erholsame Sommertage genießen und Zeit mit Ihrer Familie verbringen. Für uns hat der politische Alltag wie- der begonnen, im Land wie im Bund stehen zur Zeit die Haushaltsbera- tungen auf der Agenda. Bereits jetzt zeigt sich: während die Bundesregie- rung in Berlin weiterhin einen strik- ten Sparkurs verfolgt, gibt die grün- rote Landesregierung das Geld mit vollen Händen aus. Trotz der spru- delnden Steuereinnahmen gelingt es ihr nicht, die Ausgaben in den Griff zu bekommen. 3,3 Mrd. mehr Schulden sollen insbesondere zur Finanzierung grün-roter Prestigepro- jekte in den nächsten 2 Jahren ge- macht werden. Mit der versproche- nen Nachhaltigkeit ist es also nicht weit her, im Gegenteil: unter Grün- Rot droht Baden-Württemberg der Abstieg in die Nehmerliga. Entspre- chend scharf fällt die Kritik am grün- roten Haushalt durch den Vorsitzen- den der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke aus. Lesen Sie dazu mehr in diesem Newsletter. Mit Spannung erwartet worden war die Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichts zum ESM. Das Gericht hat die Politik der FDP be- stätigt und insbesondere deutlich gemacht, dass ein Überschreiten der im ESM vorgesehenen 190 Mrd. Euro Haftungssumme nicht zulässig ist. Die FDP-Bundestagsfraktion wird sich weiterhin vehement gegen alle Versuche, egal woher, wehren, Euro- bonds oder einen Schuldentilgungs- fonds einzuführen. Wir stehen zu Europa und zum Euro, aber eine Haf- tungsgemeinschaft lehnen wir ab. Daher sehen wir auch die jüngsten Beschlüsse der EZB sehr kritisch. Wir erwarten von den betroffenen Staa- ten auch weiterhin, dass sie die not- wendigen Reformen durchführen. Innenpolitisch hat das Thema NSU auch in der Sommerpause die De- batte bestimmt. Die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle hat das Ver- trauen in die Funktionsfähigkeit und –weise der Sicherhheitsbehörden erschüttert, hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet wer- den. Unlängst haben der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP/ DVP Landtagsfraktion, Prof. Dr. Ul- rich Goll und der Obmann der FDP im NSU-Untersuchungsausschuss, Hartfrid Wolff, MdB ein gemeinsa- mes Eckpunktepapier unter dem Titel „Vertrauen wieder herstellen“ vorgestellt. Dazu finden Sie mehr in diesem Newsletter. Auch die Verkehrspolitik ist nach wie vor ein Zangapfel im Land. Le- sen Sie dazu den Beitrag von Wer- ner Simmling, MdB, Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages. Unmittelbar nach der Sommerpau- se hat sich der Landesvorstand zu seiner zweitägigen Klausurtagung in Metzingen getroffen. Über die Er- gebnisse dieser Sitzung können Sie sich ebenfalls in diesem Newsletter informieren. Der Landeshauptausschuss hat am 15.09.2012 in Pfinztal das Papier „Innovation braucht Freiheit“ als Grundlage einer breit angelegten Kampagne zu diesem Thema be- schlossen. Auch dazu finden Sie Nä- heres in diesem Newsletter. Gerne stehen wir beide Ihnen für Veranstal- Sehr geehrte Damen und Herren,

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FDP Baden-Württemberg Newsletter 09/2012

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Newsletter September 2012

Serie:

60 Jahre

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FDP Baden-Württemberg - Rosensteinstr. 22 - 70191 Stuttgart - Tel. (0711) 666 18-0 - Fax (0711) 666 18-12 - www.fdp-bw.de - [email protected] - Twitter @fdpbw - facebook.com/fdpbw

wir hoffen, Sie alle konnten ein paar schöne, erholsame Sommertage genießen und Zeit mit Ihrer Familie verbringen.

Für uns hat der politische Alltag wie-der begonnen, im Land wie im Bund stehen zur Zeit die Haushaltsbera-tungen auf der Agenda. Bereits jetzt zeigt sich: während die Bundesregie-rung in Berlin weiterhin einen strik-ten Sparkurs verfolgt, gibt die grün-rote Landesregierung das Geld mit vollen Händen aus. Trotz der spru-delnden Steuereinnahmen gelingt es ihr nicht, die Ausgaben in den Griff zu bekommen. 3,3 Mrd. mehr Schulden sollen insbesondere zur

Finanzierung grün-roter Prestigepro-jekte in den nächsten 2 Jahren ge-macht werden. Mit der versproche-nen Nachhaltigkeit ist es also nicht weit her, im Gegenteil: unter Grün-Rot droht Baden-Württemberg der Abstieg in die Nehmerliga. Entspre-chend scharf fällt die Kritik am grün-roten Haushalt durch den Vorsitzen-den der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke aus. Lesen Sie dazu mehr in diesem Newsletter.

Mit Spannung erwartet worden war die Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts zum ESM. Das Gericht hat die Politik der FDP be-stätigt und insbesondere deutlich gemacht, dass ein Überschreiten der im ESM vorgesehenen 190 Mrd. Euro Haftungssumme nicht zulässig ist. Die FDP-Bundestagsfraktion wird sich weiterhin vehement gegen alle Versuche, egal woher, wehren, Euro-bonds oder einen Schuldentilgungs-fonds einzuführen. Wir stehen zu Europa und zum Euro, aber eine Haf-tungsgemeinschaft lehnen wir ab. Daher sehen wir auch die jüngsten Beschlüsse der EZB sehr kritisch. Wir erwarten von den betroffenen Staa-ten auch weiterhin, dass sie die not-wendigen Reformen durchführen.

Innenpolitisch hat das Thema NSU auch in der Sommerpause die De-batte bestimmt. Die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle hat das Ver-

trauen in die Funktionsfähigkeit und –weise der Sicherhheitsbehörden erschüttert, hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet wer-den. Unlängst haben der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP/DVP Landtagsfraktion, Prof. Dr. Ul-rich Goll und der Obmann der FDP im NSU-Untersuchungsausschuss, Hartfrid Wolff, MdB ein gemeinsa-mes Eckpunktepapier unter dem Titel „Vertrauen wieder herstellen“ vorgestellt. Dazu finden Sie mehr in diesem Newsletter.

Auch die Verkehrspolitik ist nach wie vor ein Zangapfel im Land. Le-sen Sie dazu den Beitrag von Wer-ner Simmling, MdB, Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages.

Unmittelbar nach der Sommerpau-se hat sich der Landesvorstand zu seiner zweitägigen Klausurtagung in Metzingen getroffen. Über die Er-gebnisse dieser Sitzung können Sie sich ebenfalls in diesem Newsletter informieren.

Der Landeshauptausschuss hat am 15.09.2012 in Pfinztal das Papier „Innovation braucht Freiheit“ als Grundlage einer breit angelegten Kampagne zu diesem Thema be-schlossen. Auch dazu finden Sie Nä-heres in diesem Newsletter. Gerne stehen wir beide Ihnen für Veranstal-

Sehr geehrte Damen und Herren,

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Herzlichst

Ihre

Birgit Homburger

Gaby Heise

Den Beschluss „Innovation braucht Freiheit“ finden Sie zum Download unter http://www.fdp-bw.de/docs/Innovation_braucht_Freiheit_Be-schluss.pdf

tungen vor Ort zum Thema Innovati-on oder für Besuche bei Unterneh-men, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Fachhochschulen oder dergleichen zur Verfügung.

Der langjährige Pressesprecher der Partei, Dr. Jan Havlik, hat seine Promotion über Dr. Wolfgang Hauß-mann zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen und darf seit einigen Wochen den Doktortitel führen. Dazu gratulieren wir ihm sehr herzlich. Auch in dieser Ausgabe stellt Herr Dr. Havlik in unserer Reihe „Sechs-zig Jahre Baden-Württemberg“ einen liberalen Landespolitiker vor.

Wir sind momentan beide sehr viel im Land unterwegs und führen Gesprä-che mit Unternehmen, Verbänden und Vereinigungen. Dabei stellen wir fest: Die Stimmung gegenüber der FDP dreht sich. Arbeiten wir weiter daran.

Landesvertreterversammlung 2012 am 17. November 2012 um 10.00 Uhr in Neue Tonhal-le, Bertholdstraße 7 - 78050 Villingen-Schwenningen: Auf-stellung der Landesliste der FDP Baden-Württemberg zur Bundes-tagswahl 2013

Der „Dreikönigsparteitag“ der FDP Baden-Württemberg 05.01.2013 - 10.00 Uhr - KKL Hegel-Saal, Berliner Platz 1 - 70174 Stuttgart

Dreikönigstreffen 2013: Die traditionelle „Dreikönigskund-gebung“ der FDP 06.01.2013 - 11.00 Uhr - Staats-theater, Opernhaus, Oberer Schloßgarten 6 - 70173 Stuttgart

Termine

Freie Demokratische ParteiLandesverband Baden-Württemberg

V.i.S.d.P. Gabriele Heise, Generalsekretärin Rosensteinstr. 2270191 StuttgartTel. (0711) 666 18 - 0 Fax (0711) 666 18 - 12

Postanschrift: Postfach 10 15 52 70014 Stuttgart

E-Mail: [email protected], www.fdp-bw.deTwitter: @fdpbw www.facebook.com/fdpbw Fotos: FDP-BW, FDP/DVP-Fraktion, eigene, Titelfoto: © Cult12 - Fotolia.com

Impressum

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Aus dem Landtag - Haushaltsberatungen

FrAkTIoNEN VoN GrüNEN UND SPD PräSENTIErEN JäMMErLIcHES ErGEBNISVon Dr. Hans-Ulrich rülke MdL, Fraktionsvorsitzender der FDP/DVP Landtagsfraktion

Zur Vorstellung der Haushaltseck-punkte 2013/14 durch Ministerprä-sident Kretschmann und Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid sagte der Vorsitzende der FDP-Landtags-fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke:

kein guter Auftakt für wirklich dauerhaften Schuldenabbau - Sitzmanns und Schmiedels An-kündigungen haben mit struk-tureller konsolidierung des Doppelhaushalts nichts zu tun

In ihren Etatberatungen kamen die Fraktionen von Grünen und SPD nach den Worten des Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, zu einem „jämmerli-chen Ergebnis“. Denn die Entnahme aus den kommunalen Finanzmassen und die Einstellung von Steuermehr-einnahmen sind nur kurzfristiger Na-tur und haben mit einer strukturellen Konsolidierung des Doppelhaushalts 2013/2014 nichts zu tun.

„Das ist kein guter Auftakt für einen wirklich dauerhaften Schuldenab-bau“, so Rülke wörtlich. „Dass Grün-Rot in den Gesprächen mit den Vertretern des öffentlichen Dienstes keinen Schritt weiterkam, ist wei-ter ein schlechtes Zeichen für eine durchaus wünschenswerte Verein-barung zwischen Regierung und dem öffentlichen Dienst“, so Rülke.

rülke: Neue Schulden in Höhe

von 3,3 Milliarden Euro trotz Steuereinnahmen in rekordhöhe bedeuten Bankrotterklärung der Landesregierung

„Der Ministerpräsident und sein Fi-nanzminister versagen vor den Her-ausforderungen einer nachhaltigen und generationengerechten Haus-haltspolitik. Die Aufnahme neuer Schulden in Höhe von 3,3 Milliarden Euro bei Steuereinnahmen in Re-

kordhöhe ist eine Bankrotterklärung der Landesregierung. Grün-Rot zeigt keinerlei Ehrgeiz, die wirtschaftliche Spitzenstellung des Landes, die sich in den überschäumenden Steuerein-nahmen niederschlägt, auch in der Haushaltspolitik zur Geltung kom-men zu lassen. Der komplett falsche Weg ist es, bei den jungen Beamten zu kürzen, denn dadurch werden leis-tungsfähige Nachwuchskräfte abge-schreckt.“

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NSU-Untersuchungsausschuss

VErTrAUENSkrISE SySTEMIScHEN AUSMASSESVon Hartfrid Wolff MdB, Vorsitzender Arbeitskreis IV Innen & recht der FDP-Bundestagsfraktion, obmann der FDP im NSU-Untersuchungsausschuss und Prof. Dr. Ulrich Goll MdL, rechts- und innenpolitischer Sprecher der FDP/DVP Landtagsfraktion, Justizminister a.D.

Eckpunkte für Baden-Würt-temberg vorgelegt

Der Rechtsstaat und die ihn schüt-zenden Institutionen des Staates le-ben von dem Vertrauen, das ihnen von den Bürgerinnen und Bürgern entgegen gebracht wird. Die Mord-serie der sogenannten „Zwickauer Terrorzelle“ hat das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit und –weise der Si-cherheitsbehörden nicht unerheblich erschüttert. Die Erkenntnisse des NSU-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag sowie in den Ländern Bayern, Thüringen und Sachsen machen deutlich, dass die Sicherheitsbehörden in Deutschland vor großen Herausforderung stehen:

Einerseits besteht die Gefahr eines nachhaltigen Vertrauensverlusts in die Fähigkeiten der Sicherheitsbe-hörden selbst, ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Wie war es möglich, dass das Nazi-Trio 13 Jahre im Untergrund leben und morden konnte, ohne dass dies den Sicherheitsbehörden aufge-fallen ist? Andererseits besteht u.a. durch die Aktenvernichtung, durch fehlende Informationsweitergabe ein erheblicher Vertrauensverlust in die Rechtsstaatlichkeit und Effektivität der Arbeitsweisen der Sicherheitsbe-hörden und deren Bereitschaft, aus Fehlern lernen zu wollen. Inzwischen sind drei Präsidenten von Landesäm-tern für Verfassungsschutz in Thürin-gen, Sachsen und Sachsen-Anhalt

zurückgetreten; auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungs-schutz ging in den vorzeitigen Ruhe-stand.

Jetzt kommt heraus, dass das Lan-deskriminalamt Berlin von 2000 bis 2011 einen mutmaßlichen Helfer des Terror-Trios als V-Mann geführt hat und dieser ggf. wichtige Infor-mationen an die Ermittler weitergab, die diese nicht nutzen konnten. Der MAD hatte Uwe Mundlos, ein Mit-glied des Terror-Trios, 1995 wegen auffälliger rechtsradikaler Aktivitäten vernommen und dann, laut Presse-berichten, sogar mit einer guten Per-sonalbewertung versehen befördert; nach der Bundeswehrzeit gingen die Information über seine Gefährlichkeit im Dickicht der Behörden verloren.

Defizite und fehlende Zusammenar-beit der Behörden, die erheblichen Fehlleistungen der Ermittler und die Zögerlichkeit in der Aufarbeitung ma-chen deutlich:

Nur mit graduellen Änderungen in der Sicherheitsarchitektur kann man nicht mehr auf diese Vertrauenskri-se mit systemischen Auswirkungen reagieren. Die Beschlüsse der In-nenministerkonferenz, man wolle im Rahmen der eigenen Zuständigkei-ten enger zusammenarbeiten, sind eine pure Selbstverständlichkeit und zeigen, wie gering leider immer noch die Bereitschaft ist, sich tatsächlich mit einer Neuaufstellung der Sicher-

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heitsarchitektur zu beschäftigen. Für die FDP gibt es zwei wesentliche An-knüpfungspunkte für die dringend not-wendigen Reformen: die Sicherheitsar-chitektur bedarf einer Neuaufstellung. Die Sicherheitsbehörden brauchen eine bessere Verzahnung bis hin zu einer Verschmelzung der Tätigkeiten im rechtsstaatlichen Rahmen; die Par-lamentarische Kontrolle in den Land-tagen und im Deutschen Bundestag muss gestärkt werden, um in Zukunft schneller Defizite und Versäumnisse aufarbeiten und daraus die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

Die bisherigen Maßnahmen der Bun-desregierung, ein „gemeinsames Abwehrzentrum Rechts“ und eine „Verbunddatei Rechts“ zu schaffen, sind ein erster Schritt, reichen aber bei Weitem nicht aus. Die Länder und der Bund müssen deutlich mehr tun, um die Polizei und die Dienste rechtsstaatlich wieder aufzustellen. Der Militärische Abschirmdienst hat ausgedient! Seine Mitarbeiter soll-ten im Wesentlichen in das neu zu konzipierende Bundesamt für Ver-fassungsschutz übertragen werden, das dann auch für die Bundeswehr z.B. die Bekämpfung des Rechtsext-remismus oder die Spionageabwehr übernimmt. Eine in den letzten 20 Jahren um ¾ in der Mannstärke re-duzierte Bundeswehr braucht keinen Nachrichtendienst. Ein Auslandsge-heimdienst, der BND, und der Ver-fassungsschutz im Inland reicht. Ein-fache Strukturen lassen sich leichter kontrollieren und Informationen wer-den dadurch leichter erkannt – zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger.

Die Landesämter für Verfassungs-schutz brauchen dringend eine Re-vision, einige sollten abgeschafft, andere durch Spezialisierungen und

Aufgabenteilungen über Ländergren-zen hinweg effektiver werden. Ge-meinsame rechtliche Standards zu V-Mann-Einsätzen, zur Ausbildung, zur Aufbewahrung und Löschung von Daten sowie zur Koordination von länderübergreifenden Maßnahmen sind dringend geboten.

Die Parlamentarische Kontrolle ist dabei der Eckpfeiler einer zukunfts-fähigen Sicherheitsarchitektur. Nur wer eine funktionsfähige Instanz zur Kontrolle hat, kann eher Abläufe und Vorgehensweisen rechtsstaatlich gewährleisten. Volle Akteneinsicht, vollständige Unterrichtungspflichten inklusive der Androhung dienstrecht-licher Maßnahmen bei Verletzung dieser Pflichten und die Möglichkeit, nicht nur mit Behördenchefs zu reden, sind dabei wesentliche Forderungen der FDP. Ein ständiger Ermittlungs-beauftragter für den entsprechenden Ausschuss im Deutschen Bundestag

und die stärkere Koordinierung der Kontrollorgane in Bund und Ländern ist mitentscheidend um wieder mehr Vertrauen in unsere Staat und unse-re Sicherheitsorgane zu schaffen.

Im Moment scheinen die Innenmi-nister in der aktuellen Diskussion im Bremserhäuschen zu sitzen und aufgrund von Ressortegoismen und Zuständigkeitsdenken sich notwendi-gen Reformen zu verweigern. Konse-quenzen aber müssen folgen, sonst riskieren die Innenminister, spätes-tens dann noch unangenehmere Fra-gen beantworten zu müssen, sollten wieder derart schreckliche Taten so lange verborgen bleiben – was es aber bestmöglich zu verhindern gilt.

Die Langfassung des Eckpunktepa-piers finden Sie auf der Homepage der FDP/DVP-Landtagsfraktion unter http://www.fdp-dvp.de/aktuelles/pressemitteilung.php?id=1803

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Aus dem Bundestag

DIE FoLGEN GrüNEr VErkEHrSPoLITIkVon Werner Simmling MdB, Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages und im Eisenbahninfrastrukturbeirat der Bundesnetzagentur

Das Kapitel Verkehr im Koalitionsver-trag der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg liest sich wie ein Artikel zum Naturschutz einer Nichtregierungsorganisation. Was in der Verkehrsökonomik der Verkehrs-träger Schiene ist, ist den Grünen liebevoll die „umweltfreundliche Ver-kehrsart“, die mit Achtsamkeit geför-dert werden muss, als handelte es sich um den bedrohten Borkenkäfer. Die negativen Folgen von Verkehr für Mensch und Umwelt will das Land für immer überwinden. So schlimm soll es nie wieder sein – das Land wähnt sich als Pionier für nachhaltige Mo-bilität. Alle ziehen an einem Strang, die Menschen passen sich der Infra-struktur an und nicht mehr die Infra-struktur den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen. Und die Vögel zwit-schern, wo sonst Autos lärmten - als Baden-Württemberg noch ein wichti-ger deutscher Industriestandort war.

Diese fünf Jahre grün-rote Landesre-gierung werden für Baden-Württem-berg verlorene Jahre sein. Tatsache

ist, dass es kein reelles verkehrspo-litisches Konzept gibt. Industriepoli-tisch ist das zum Schaden des Lan-des. Neu- und Ausbau von Straßen gibt es nur noch in begründeten Ein-zelfällen. Tarnte sich Verkehrsminis-ter Hermann im Juni noch mit einer angeblichen Priorisierung der baufä-higen Projekte im Land und machte er derzeit noch den vom Lärm betrof-fenen Gemeinden Hoffnung, kommt nun die Realität ans Licht: Still und heimlich hat der Landesverkehrsmi-nister die mittelfristigen Bundesmit-tel zugunsten des Erhalts verscho-ben. Und zwar dramatisch! Ist das Verhältnis von Erhalt und Neu-/Ausbau dieses Jahr noch fast aus-geglichen, so wird es im Jahr 2016 bei 14 % für den Neu-/Ausbau und bei 86 % für den Erhalt liegen. Das heißt im Klartext: Eine Verbesserung des Verkehrsträgers Straße wird un-ter Grün-Rot nicht stattfinden. Da-mit die Baden-Württemberger dies nicht merken, schiebt die grün-rote Landesregierung die Schuld auf den Bund. Nur leider hat Verkehrsminis-

ter Hermann übersehen, dass für die Jahre 2012 und 2013 eine Milliarde mehr vom Bundesverkehrsminister zur Verfügung gestellt wurde.

Erst will die Landesregierung – allen voran die Grünen - die Automobilindu-strie deckeln. Nun hat wenigstens bei Ministerpräsident Kretschmann ein Umdenken eingesetzt. Wie der Pres-se zu entnehmen war, will er Frieden mit der Automobilindustrie schließen. Hoffentlich hat er das auch seinem grünen Parteikollegen und Landes-verkehrsminister Hermann mitgeteilt. Dieser attestiert der Fahrzeugindust-rie zwar eine überragende Bedeutung, möchte aber gleichzeitig den motori-sierten Individualverkehr – geschäftli-che Grundlage der Industrie – massiv einschränken. Die Schieneninfrastruk-tur soll modernisiert werden, die öf-fentlichen Verkehrsmittel ausgebaut werden, der Schienennahverkehr ver-bessert werden, ein extra Radwege-Budget ist geschaffen worden, Infra-struktur soll modernisiert, Aus- und Neubau voran getrieben werden. Alles auf die Schiene! Nur Stuttgart 21 will man nicht bauen!

Mit dieser Verkehrspolitik der Landes-regierung wird Baden-Württemberg den in den kommenden Jahren so wichtigen Ausbau der Infrastruktur nicht schaffen. Umso wichtiger ist es, dass wir in der christlich-liberalen Koa-lition im Bund für einen effektiven und an den Bedürfnissen orientierten Ein-satz der Straßenbau-Mittel eintreten.

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Am 07. und 08.09.12 hat sich der Lan-desvorstand zu seiner jährlichen Klau-surtagung in Metzingen getroffen.

Im Mittelpunkt stand die Vorberei-tung des Landeshauptausschusses am 15.09.12 unter dem Motto „Inno-vation braucht Freiheit“. Der Landes-vorstand hat sehr ausführlich noch-mals den unter dem gleichen Titel vorgelegten Antrag, den eine Arbeits-gruppe unter meiner Leitung ausge-arbeitet hatte, durchgesprochen und einige Änderungen (insbesondere zu den Kapiteln Biotechnologie, Verkehr und Lebensmitteltechnik) beschlos-sen.

Das Papier „Innovation braucht Frei-heit“ soll als Grundlage dienen für eine breit angelegte Innovations-kampagne des Landesverbandes. In den kommenden drei Jahren bis zur nächsten Landtagswahl wollen wir das Thema Innovation als Schwer-punktthema voranbringen und dazu

BErIcHT LANDESVorSTANDSkLAUSUr METzINGENVon: Gabriele Heise, Generalsekretärin

landesweit Veranstaltungen anbie-ten und Gespräche u.a. mit Unter-nehmen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Fachhochschulen etc. führen. Dabei soll jeweils für sechs Monate ein Baustein des Innovati-onspapiers im Mittelpunkt stehen. Zu Beginn werden wir, nicht zuletzt auch aufgrund der aktuellen landes-politischen Diskussion über die Zu-kunft des ländlichen Raums, mit dem Baustein Agrartechnik beginnen. An-ders als die Landesregierung sind wir Liberale der Meinung, dass der länd-liche Raum durchaus Vieles zu bieten hat und maßgeblich zum Wohlstand in Baden-Württemberg beiträgt.

Ausführlich hat sich der Landesvor-stand auch mit der europäischen Staatsschuldenkrise befasst und intensiv über die Frage diskutiert, ob der von der EZB eingeschlagene Weg, Staatsanleihen überschuldeter Staaten anzukaufen richtig ist. Wir meinen: Nein. Der Einführung von

Eurobonds oder einem Schulden-tilgungsfonds wurde eine deutliche Absage erteilt. Auf Antrag der Jungen Liberalen hat der Vorstand folgenden Beschluss mit großer Mehrheit ge-fasst:

„Keine Eurobonds durch die Hinter-tür – europäischen Schuldentilgungs-fonds verhindern!

Die FDP Baden-Württemberg lehnt eine gemeinsame Finanzierung von Schulden der Mitgliedsstaaten der Eu-ropäischen Union ab. Das Prinzip von Verantwortung und Haftung darf nicht durch eine Erleichterung der Verschul-dung für krisenbehaftete Mitglieds-staaten mittels Eurobonds umgangen werden. Auch eine Teilfinanzierung von Schulden durch einen gemeinsamen, gesamtschuldnerischen europäischen Schuldentilgungsfondes lehnt die FDP Baden-Württemberg ab.“

Schließlich hat der Landesvorstand beschlossen, die Mitglieder über das Thema des Leitantrages zum Lan-desparteitag an Dreikönig mitent-scheiden zu lassen. Auf folgende drei Themenkomplexe, die zur Auswahl gestellt werden, hat sich der Landes-vorstand verständigt: 1. Bildung2. Haushalt3. Verkehr

Die Mitglieder werden zeitnah per Email zur Abstimmung über diese

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Themen aufgefordert werden. In der Aussprache zur aktuellen politischen Lage standen neben der euopäi-schen Schuldenkrise die Themen Zuschussrente, Datenhehlerei und Energiewende im Vordergrund.

Der Landesvorstand hat sich mehr-heitlich gegen die von der Arbeitsmi-nisterin vorgeschlagene Zuschuss-rente ausgesprochen. Weitgehend Einigkeit herrschte darüber, dass die Einführung eines Straftatbestandes „Datenhehlerei“ sinnvoll sei. Kritisiert wurde allerdings ebenso einhellig das unabgestimmte Vorgehen der Partei-führung im Bund, das wieder einmal zu einer Kommunikationspanne ge-führt hat. Einig war sich der Landes-vorstand auch in der Frage der Erfor-derlichkeit der Neufassung des EEG und der Absenkung der EEG-Umlage, um die Strompreise für die Verbrau-cher und die Unternehmen, die nicht von der Umlage befreit sind, nicht noch weiter steigen zu lassen. Dar-über hinaus ist der Landesvorstand der Ansicht, dass die energetische Sanierung von Gebäuden steuerlich gefördert werden muss. Die grün-rote Landesregierung muss endlich ihren Widerstand im Bundesrat aufgeben.

Der Landesschatzmeister, Micha-el Link, gab einen kurzen Überblick über die Finanzsituation der Gesamt-partei. Aufgrund des deutlich zurück-gegangenen Spendenaufkommens ist die finanzielle Lage angespannt.

Abschließend waren sich die Vor-standsmitglieder einig darin, dass mit der Planung des Bundestags-wahlkampfes und der Unterstützung der Kandidaten vor Ort noch in die-sem Jahr begonnen werden muss. Die nächste Sitzung des Landesvor-standes findet am 20.10.12 statt.

Mitgliederbefragung zum Thema des Leitantrags des Dreikönigsparteitags 2013Als Mitglied der baden-württembergischen FDP haben Sie in den nächs-ten Wochen die Möglichkeit, die Auswahl des Themas des Leitantrags des Dreikönigsparteitags zu bestimmen.

Auf folgende drei Themenkomplexe, die zur Auswahl gestellt werden, hat sich der Landesvorstand verständigt: 1. Bildung2. Haushalt3. Verkehr

Wenn Sie schon an unserer ersten Mitgliederbefragung teilgenommen haben, loggen Sie sich mit Ihrem Benutzernamen oder Ihrer Email und Ihrem Passwort unter https://www.fdp-bw.de/login ein und stim-men unter „Mitgliederbefragung“ ab.

Wenn sie noch nicht an unserer Mitgliederbefragung teilgenommen ha-ben, können Sie sich unter https://www.fdp-bw.de/mitliederbe-fragung einmalig für die Nutzung des internen Bereiches registrieren. Hierfür benötigen Sie, zusätzlich zum Internet-Anschluss, eine gültige E-Mail-Adresse und Ihre Mitgliedsnummer.

Nach erfolgter Registrierung können Sie an den Online-Aktivitäten der FDP Baden-Württemberg teilnehmen. Schon heute finden Sie dort ein Wiki, ein internes Forum, das organisationsverzeichnis und in-terne Dokumente als Argumentationshilfen. Desweiteren testet der Landesverband zurzeit das Tool „New Democracy“.

Sollten Sie nicht über eine Möglichkeit verfügen, an dieser Abstimung online teilzunehmen, können Sie bei der Landes-geschäftstelle, Tel. (0711) 666 18-0, (Anschrift rosensteinstr. 22, 70191 Stuttgart) auch schriftliche Abstimmungsunterlagen anfordern.

Bei Fragen rund um die Mitgliederbefragung sind wir Ihnen gerne behilflich: Organisation: [email protected], Technik: [email protected]

Neues aus dem Internet - online Mitgliederbefragung

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Die 100 Delegierten der FDP trafen sich am 15.09. zum zweiten Landes-hauptausschuss in diesem Jahr. Nach-dem der 1. Landeshauptausschuss am 14.07. zum Thema „Leben in der digitalen Welt“ in den Räumen von SAP in Walldorf stattgefunden hatte, hat uns diesmal das Fraunhofer Insti-tut für Chemische Technologie (ICT) seine Räume zur Verfügung gestellt.

In seinem Grußwort stellte der Lei-ter des Instituts, Herr Prof. Dr.-Ing. Peter Elsner das ICT mit seinen be-eindruckenden Forschungsleistungen vor. Am Schluss seiner Ausführungen stand das Plädoyer für mehr Freiheit und vor allem weniger Bürokratie in der Forschung.

Dem stimmte auch Frau Prof. Dr.-Ing. Gisela Lanza, Leiterin des Instituts für Produktionstechnik am Karlsruher Insti-tut für Technologie zu. In ihrem Vortrag machte sie sehr deutlich: die internati-onalen Wettbewerber schlafen nicht. Wenn Deutschland seine führende Po-sition, insbesondere im Maschinenbau erhalten will, müssen wir schnell sein. Sie appellierte an die Politik, die Rah-menbedingungen so zu setzen, dass freie Forschung möglich ist und bleibt. Zudem sprach sie sich für eine stärke-re Vernetzung von angewandter For-schung mit der Industrie aus.

Birgit Homburger griff in ihrer Rede die grün-rote Landesregierung scharf an. Sie verhindere Innovation statt sie voranzutreiben. Insbesondere der grüne Teil der Regierung frage mehr nach den Risiken als nach den Chan-cen. Die Rede von Birgit Homburger, die sich nicht nur auf die Landespo-

„INNoVATIoN BrAUcHT FrEIHEIT“Landeshauptausschuss am 15.09. im Fraunhofer Institut für Chemische Technolgie (ICT) in Pfinztal

litik beschränkte, finden Sie auf der Homepage des FDP-Landesverban-des unter www.fdp-bw.de

Generalsekretärin Gabriele Heise brachte schließlich den Leitantrag des Landesvorstandes „Innovation braucht Freiheit“ ein. Sie betonte, dass jeder Stillstand ein Rückschritt sei. Baden-Württemberg befinde sich im Wettstreit um die besten Köpfe, die besten Stand-orte und die besten Rahmenbedingun-gen. Innovation brauche gute Bildung und Ausbildung, eine gute Infrastruktur und Mut zum Risiko. Nach ausführli-cher Beratung wurde der Antrag mit einigen Änderungen und Ergänzungen mit großer Mehrheit verabschiedet. Das Papier „Innovation braucht Freit-heit“ ist in seiner Langfassung auf der Homepage des Landesverbandes un-ter www.fdp-bw.de abrufbar.

Es ist Grundlage der Innovations-kampagne des Landesvorstandes, die in den kommenden drei Jahren Schritt für Schritt die einzelnen Bau-steine für Innovation in den Focus rücken wird. Den Anstoß zu dieser Kampagne hat die Landesvorsitzende, Birgit Homburger gegeben. Unter der Leitung der Generalsekretärin hat eine

Arbeitsgruppe, bestehend aus den Landesvorstandsmitgliedern Andreas Knapp, Pascal Kober, Dr. Mechthild Wolber und Jürgen Wieshoff als Vor-sitzendem des Landesfachausschus-ses Forschung und Technik, sowie aus weiteren Vertretern einzelner Fach-ausschüsse das Papier erarbeitet. Den Mitgliedern der Arbeitsgruppe ebenso wie Dietmar Schöning, Berater der Landtagsfraktion, und Dr. Horst Mehr-länder, Staatssekretär a.D., die die Ar-beitsgruppe tatkräftig unterstützt und wertvolle Hinweise gegeben haben, gebührt ein herzliches Dankeschön. Das gilt insbesondere Andreas Knapp, der zusammen mit Gabriele Heise für die Ausformulierung verantwortlich war. Auch die JuLis und viele weitere Delegierte haben in gewohnt guter Qualität zahlreiche Änderungsanträge gestellt und damit wichtige Anregun-gen gegeben.

Nun liegt es an uns allen, das Papier mit Leben zu füllen und unsere Ideen nach draußen zu tragen. Für Veran-staltungen vor Ort einschließlich Ge-sprächen mit Unternehmen und For-schungseinrichtungen, Schulen etc. stehen Birgit Homburger und Gabriele Heise gerne zur Verfügung.

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Ein Begriff wie „politisches Urgestein“ mag heute schon abgedroschen klin-gen, aber es zeigt in dieser Bezeich-nung auch immer den Respekt vor dem politischen Lebenswerk, das in den Verhältnissen vor Ort seinen Ursprung hat. Die Liberalen in Ba-den und Württemberg sind reich an solchen Charakterköpfen und es gilt, immer wieder an diese Menschen und ihr Lebenswerk zu erinnern.

Ein herausragender Vertreter dieser Politiker, die das 20. Jahrhundert mit-geprägt haben, sehr bewusst miter-lebt haben und teilweise auch miter-leiden musste, war Wilhelm Stahl, der als langjähriger Bürgermeister der Schwarzwaldgemeinde Titisee und langjähriger Abgeordneter auf Landes- und Bundesebene vielen Parteimitgliedern vor allem in Südba-den noch gut bekannt ist.

1903 in Neustadt im Schwarzwald geboren, entstammte Wilhelm Jakob Heinrich Karl Stahl einer angesehenen Familie. Sein Vater war als angesehe-ner Landarzt und überzeugter Natio-nalliberaler in der Gemeinde geachtet und im Gemeinderat von allen respek-tiert. Die Gegend des Schwarzwalds und auf der Baar war Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts von großen ökonomischen Umstellungen geprägt. Baden erlebte – wie die meis-ten Teile Deutschlands auch – eine ra-pide Industrialisierung, die sich im süd-westlichen Teil Deutschlands jedoch stärker in der Rheinebene abspielte. Für die Landbevölkerung im Schwarz-

wald bedeutete dies – bei gerade erst allmählich entstehendem Tourismus –, dass die Land- und Forstwirtschaft in der Bedeutung abnahm und die Ab-satzmärkte schwanden. Gravierend war dies für allem für den Rückgang der Heimfertigung im Bereich Uhren und Feinmechanik, bei der die entste-henden großen Fabriken den Bauern diesen Zusatzverdienst zusehends be-schnitten.

Wilhelm Stahl selbst machte eine Ausbildung zum Forstwirt, die er je-doch aufgrund gesundheitlicher und finanzieller Schwierigkeiten mit sei-nem Elternhaus nicht beenden konn-te. Ob er als Forstwirt wirklich glück-lich gewesen wäre, darf bezweifelt werden. Er machte eine Ausbildung zum Buchhalter bei einer Papierfab-rik im Schwarzwald und verstärkte sein Engagement in der Politik.

Die politischen Verhältnisse in Baden nach dem Ersten Weltkrieg formier-ten sich in den Nachkriegsjahren erst allmählich. Es gelang jedoch er-folgreich, die Liberalen zu vereinigen und diese zum Bestandteil der von Friedrich Naumann initiierten Deut-schen Demokratischen Partei zu ma-chen. In der Jugendorganisation der DDP wirkte der junge Wilhelm Stahl erfolgreich mit und wurde schließlich 1927 zum Vorsitzenden der badi-schen Jungdemokraten gewählt. Aus den Reihen der erfahrenen Parteimit-glieder wurde er respektiert und auf ihn wurden viele Hoffnungen gelegt. Die DDP wurde jedoch – wie alle Par-

teien der demokratischen Mitte- ge-gen Ende der Weimarer Republik im-mer mehr zwischen den politischen Extremen aufgerieben. Ein letzter Versuch, mit dem „Jungdeutschen Orden“ gemeinsam als „Deutsche Staatspartei“ zu überleben, muss-te scheitern. Am 15. Oktober 1933 war es Willy Stahl, der als vorläufiges Schlusswort der nun aufgelösten und verbotenen Liberalen „Fine!“ als letz-ten Eintrag in das Kassenbuch der badischen DStP schrieb.

Während des Nationalsozialismus war an eine Weiterarbeit der politi-schen Liberalen nicht zu denken. Der nationalsozialistische Gewaltstaat konnte zwar die offizielle Parteiar-beit verhindern, die Einstellung von Willy Stahl änderte er jedoch nicht. Er lehnte eine Mitgliedschaft in der NSDAP mehrfach – schriftlich und mündlich – ab und war Gegenstand der permanenten Beargwöhnung lokaler Nazi-Größen. In seiner Stel-lung als Buchhalter in einem Hotel im Schwarzwald war er jedoch vor Übergriffen geschützt.

Willy Stahl wurde zum Kriegseinsatz herangezogen. An der Ostfront erlitt er eine schwere Splitterverletzung und kam in ein Lazarett. Im Lazarett-dienst verblieb er und kam schließlich als Sanitätsunteroffizier in ein Laza-rett nach Titisee, das jedoch nach Luftangriffen nach Überlingen verlegt werden musste. Hier geriet Stahl in französische Kriegsgefangenschaft, die er jedoch als politisch Unbelas-

Liberale und Demokraten der Ersten Stunde, Folge 8

Wilhelm „Willy“ Stahl Von Dr. Jan Havlik

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FDP Baden-Württemberg Newsletter

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teter bald wieder verlassen konnte. Das Interesse an einer Wiedergrün-dung der liberalen Partei in Baden war bei Willy Stahl bereits in den ers-ten Wochen nach Kriegsende wieder erwacht. Dies war jedoch vor einige Probleme gestellt, von dem das größ-te sicherlich die Reduzierung Badens auf ein halbes „Rumpf-Baden“, also dem französisch besetzten südlichen Teil mit Freiburg als Hauptstadt war. Dazu kamen weitere Probleme, wie die mühsame Genehmigung von Par-teigründungen durch die Franzosen gesamt sowie die Bestrebungen, eine Christlich-Soziale-Liberale Partei als Gegengewicht zu Kommunisten und Sozialdemokraten zu bilden.

In dieser schwierigen Zeit war es Män-nern wie Willy Stahl zu verdanken, dass vor Ort alte Parteistrukturen wieder erwachten und sich bekannte Liberale aus der Zeit vor 1933 wieder zusam-menfanden. Es gelang ihm und einigen anderen schließlich, im Mai 1946 die Demokratische Partei (DP) Süd- und Mittelbadens zu gründen, die aus vie-len Ortsvereinen bestand und landes-politisch ein Nachzügler war.

Willy Stahl wurde von den Franzosen in Titisee zum Bürgermeister ernannt und belebte die Partei vor Ort wieder. Versammlungen fanden bevorzugt nach den Sonntagsgottesdiensten statt, um möglichst viele Interes-senten zu erreichen. Bei den ersten Landtagswahlen gewann die Badi-sche Christlich-Soziale Volkspartei (BCSV), die Vorgängerin der CDU, die absolute Mehrheit. Gemeinsam mit den Sozialdemokraten der SP bil-dete diese eine große Koalition, die DP bildete die Opposition. Willy Stahl zog als Abgeordneter der liberalen DP für den Wahlkreis Donaueschin-gen in den Freiburger Landtag ein.

Die Arbeit des badischen Landtags beschäftigte sich mit vielen dringen-den Fragen. Ein Thema zeichnete sich jedoch bald überragend ab: Die Bildung eines gemeinsamen Süd-weststaates. Hier war es Willy Stahl, der überzeugend und pragmatisch argumentierte: Größere Bundeslän-der wären effizienter und würden damit den Föderalismus stärken. Ob-wohl diese Meinung im Bundesland Baden die Minderheit darstellte, soll-te er Recht behalten.

In seiner Amtszeit als Bundestags-abgeordneter ab 1949 war Willy Stahl dennoch oder vielleicht gerade deshalb ein unbeugsamer Vertre-ter badischer Interessen. In seinem Wahlkreis Donaueschingen-Neustadt hatte die FDP bei der ersten Bun-destagswahl das beste Wahlergebnis Badens errungen. Dies war sicher-lich auch seiner bleibenden Popula-rität im Amt als Bürgermeister der Gemeinde Titisee zu verdanken, das er bis 1968 hoch geschätzt ausübte. Dort verstarb er 1989.

Willy Stahl war mit Sicherheit das, was man als echten „Graswurzeldemokra-ten“ bezeichnete. Dies zeichnet sich nicht nur in seinem unermüdlichen kommunalpolitischen Engagement ab, sondern war in seiner Biographie verankert: Ein Mann, der mit unbeug-samer Vernunft und praktischer Po-litik die Interessen der Menschen vor Ort auf allen politischen Ebenen wirksam vertrat. Dies machte ihn zu einem der führenden Köpfe der Li-beralen im deutschen Südwesten.

(Von Willy Stahl war leider kein Foto zu finden.

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Archiv: Email an [email protected]. Danke!)

Im Jahr 2012 feiert unser Bundesland Baden-Württemberg seinen 60. Ge-burtstag. Anlässlich dieses Jubiläums veröffentlicht die FDP Baden-Würt-temberg eine Serie von Artikeln, in denen die herausragende Funktion der Südwest-Liberalen in der ersten Stunde des Staates nach 1945 erzählt wird. Geschrieben vom ehemaligen Sprecher des Landesverbandes und fachkundigen Landeshistoriker Dr. Jan Havlik bietet die Serie einen kurzweiligen Einblick in die Anfänge des erfolgreichsten Bundes-landes der Republik.

Bislang in der Serie erschienen sind:

Januar 2012: Theodor Heuss • Februar 2012: Reinhold Maier• März 2012: Elly Heuss-Knapp• April 2012: Wolfgang Haussmann• Mai 2012: Theodor Eschenburg• Juni 2012: Hermann Müller• August 2012: Emmy Diemer-Nicolaus• September 2012: Willy Stahl•

Sie finden die Beiträge auch auf: http://www.fdp-bw.de/60jahrebw/

Quiz zur LandeskundeAuf unserer Website finden Sie weiterhin ein lustiges, kurzweiliges aber durch-aus auch kniffliges Quiz mit 60 Fragen zu 60 Jahren Baden-Württemberg. Testen Sie Ihre Kenntnisse in Sachen Baden-Württemberg - und Sie werden überrascht sein! http://www.fdp-bw.de/60jahrequiz.php

Tipp: Sie können das Quiz auch mit Ihrem Mobiltelefon unter www.fdp-bw.de/60jahrebw/quiz/mobil/ und auf unserer Facebookseite www.facebook.com/fdpbw spielen. (Markus Lochmann)

Serie: 60 Jahre Baden- Württemberg