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Redaktion: Markus Rediger (mr), Michael Wahl (mw), Jonas Ingold (ji) | [email protected] Das Dossier erscheint sechsmal pro Jahr | Online-Archiv unter www.lid.ch Nr. 460 vom 4. Dezember 2013 ZUSAMMENFASSUNG. In der Landwirtschaft gibt es viele Formen von Zusammen- arbeit. Kaum eine ist so ein- fach zu realisieren, wie die Mitgliedschaft in einem Ma- schinenring – und kaum eine ist so erfolgversprechend. Von Eveline Dudda, Agrarjournalistin, Dipl.Agr.Ing. Bauer werden ist schon schwer – Bauer bleiben ist’s noch mehr. Heute reicht es nicht mehr aus, Wetterglück zu haben und vom Pech im Stall verschont zu bleiben. Ein Bauer muss auch auf offene Märkte, sinkende Preise und die Agrar- politik reagieren können. Im Alleingang ist das schwierig, im Verbund mit ande- ren wesentlich leichter. Genau hier setzt der Maschinenring an: Der Ring hilft nicht nur, die Kosten auf dem Betrieb durch überbetriebliche Zusammenar- beit zu senken, sondern auch die vor- handene Arbeitskapazität besser auszu- lasten. Mit temporären Arbeitseinsätzen im Gewerbe lässt sich das Einkommen aufbessern, und in vielen Ringen trägt der Familien- und Betriebshelferdienst auch noch dazu bei, dass die Lebens- qualität erhöht, oder Notsituationen bewältigt werden. Dabei besitzt der Ring nichts. Sämtliche Maschinen gehören seinen Mitgliedern. Die im Ring zusammen- geschlossenen Bäuerinnen und Bauern verstehen sich als selbstständige Un- ternehmerinnen und Unternehmer. Ihr oberstes Prinzip ist die Hilfe zur Selbst- hilfe. Im Ring gibt es keinen Zwang, stattdessen macht der Ring frei. Er be- freit die Bauern vom Druck „Wachsen oder Weichen“ zu müssen. Er befreit sie aus der Arbeits- und Schuldenfalle. Und er macht frei von der Vorstellung, notgedrungen mit einem Nachbarn zusammenarbeiten zu müssen, mit dem man das Heu nicht auf der glei- chen Bühne hat. Das Angebot im Ring ist freiwillig: Niemand muss – aber jeder kann. Bauern im Ring Die Maschinenring-Idee geht auf Erich Geiersberger zurück. Der umtriebige Agrarjournalist aus Bayern erkannte das Potential der überbetrieblichen Zusammenarbeit schon früh. Bereits 1958 ahnte er, dass, ausgelöst durch die Gründung der europäischen Wirtschafts- gemeinschaft, weitreichende Verän- derungen auf die Bauern zukommen. Geiersberger sah im Maschinenring den Schlüssel zur „Dritten Bauernbe- freiung“. Das war auch der Titel des Buches, mit dem er die Maschinenring- idee auf der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Während Maschinenringe in Deutsch- land und Österreich hoch im Kurs ste- hen, führen sie in der Schweiz eher ein Schattendasein. Einige Maschinenringe sind zwar sehr erfolgreich, dennoch tauchen sie in landwirtschaftlichen Statistiken nicht auf, werden in den Agrarberichten des Bundes nicht er- wähnt und finden in Beratung und Forschung vergleichsweise wenig Be- achtung. Bundesmittel gibt es keine, ihre Verbreitung und Professionalisie- rung wird höchstens ideell unterstützt. Zu Unrecht, wie dieses Dossier zeigt. Mit geteilten Maschinen zu mehr Ökologie und Erfolg Bei Maschinen lassen sich Synergien nutzen. Entgegen des Namens sind Maschinenringe aber nicht nur im Landmaschinen-Bereich tätig. (zvg)

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Redaktion: Markus Rediger (mr), Michael Wahl (mw), Jonas Ingold (ji) | [email protected] Das Dossier erscheint sechsmal pro Jahr | Online-Archiv unter www.lid.ch

Nr. 460 vom 4. Dezember 2013

ZUSAMMENFASSUNG.In der Landwirtschaft gibt es viele Formen von Zusammen-arbeit. Kaum eine ist so ein-fach zu realisieren, wie die Mitgliedschaft in einem Ma-schinenring – und kaum eine ist so erfolgversprechend.

Von Eveline Dudda, Agrarjournalistin, Dipl.Agr.Ing.

Bauer werden ist schon schwer – Bauer

bleiben ist’s noch mehr. Heute reicht es

nicht mehr aus, Wetterglück zu haben

und vom Pech im Stall verschont zu

bleiben. Ein Bauer muss auch auf offene

Märkte, sinkende Preise und die Agrar-

politik reagieren können. Im Alleingang

ist das schwierig, im Verbund mit ande-

ren wesentlich leichter. Genau hier setzt

der Maschinenring an: Der Ring hilft

nicht nur, die Kosten auf dem Betrieb

durch überbetriebliche Zusammenar-

beit zu senken, sondern auch die vor-

handene Arbeitskapazität besser auszu-

lasten. Mit temporären Arbeitseinsätzen

im Gewerbe lässt sich das Einkommen

aufbessern, und in vielen Ringen trägt

der Familien- und Betriebshelferdienst

auch noch dazu bei, dass die Lebens-

qualität erhöht, oder Notsituationen

bewältigt werden.

Dabei besitzt der Ring nichts.

Sämtliche Maschinen gehören seinen

Mitgliedern. Die im Ring zusammen-

geschlossenen Bäuerinnen und Bauern

verstehen sich als selbstständige Un-

ternehmerinnen und Unternehmer. Ihr

oberstes Prinzip ist die Hilfe zur Selbst-

hilfe. Im Ring gibt es keinen Zwang,

stattdessen macht der Ring frei. Er be-

freit die Bauern vom Druck „Wachsen

oder Weichen“ zu müssen. Er befreit

sie aus der Arbeits- und Schuldenfalle.

Und er macht frei von der Vorstellung,

notgedrungen mit einem Nachbarn

zusammenarbeiten zu müssen, mit

dem man das Heu nicht auf der glei-

chen Bühne hat. Das Angebot im Ring

ist freiwillig: Niemand muss – aber

jeder kann.

Bauern im Ring Die Maschinenring-Idee geht auf Erich

Geiersberger zurück. Der umtriebige

Agrarjournalist aus Bayern erkannte

das Potential der überbetrieblichen

Zusammenarbeit schon früh. Bereits

1958 ahnte er, dass, ausgelöst durch die

Gründung der europäischen Wirtschafts-

gemeinschaft, weitreichende Verän-

derungen auf die Bauern zukommen.

Geiersberger sah im Maschinenring

den Schlüssel zur „Dritten Bauernbe-

freiung“. Das war auch der Titel des

Buches, mit dem er die Maschinenring-

idee auf der ganzen Welt bekannt

gemacht hat.

Während Maschinenringe in Deutsch-

land und Österreich hoch im Kurs ste-

hen, führen sie in der Schweiz eher ein

Schattendasein. Einige Maschinenringe

sind zwar sehr erfolgreich, dennoch

tauchen sie in landwirtschaftlichen

Statistiken nicht auf, werden in den

Agrarberichten des Bundes nicht er-

wähnt und finden in Beratung und

Forschung vergleichsweise wenig Be-

achtung. Bundesmittel gibt es keine,

ihre Verbreitung und Professionalisie-

rung wird höchstens ideell unterstützt.

Zu Unrecht, wie dieses Dossier zeigt.

Mit geteilten Maschinen zu mehr Ökologie und Erfolg

Bei Maschinen lassen sich Synergien nutzen. Entgegen des Namens sind Maschinenringe aber nicht nur im Landmaschinen-Bereich tätig. (zvg)

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MASchINENRING

LID Dossier Nr. 460 vom 4. Dezember 2013

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Mit geteilten Maschinen zu mehr Ökologie und Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1. Die Maschinenring-Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.1 Maschine ist nur der Vorname... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2 Gemeinsam stark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.2.1 Kooperationsformen in der Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2. Maschinenring-Agrar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.1 Moderne Maschinen = gut für die Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2 Weniger Motor-, aber mehr Arbeitskarren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.3 Betriebs- und Familienhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.3.1 Energie tanken – dank Betriebshelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.4 Im Dutzend billiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3. Maschinenring-Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3.1 Im Ring der Mitbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4. Maschinenring-Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4.1 Haushaltsservice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4.2 Optimale Arbeitsauslastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

5. Die Schaltzentrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

5.1 Interview: „Über eine Rega-Mitgliedschaft diskutiert auch niemand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

6. Unerschlosssenes Potential in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

6.1 Fehlende Professionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

6.2 Knackpunkt Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

6.2.1 Ueli Maurer‘s unerhörte Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

7. Die Welt der Maschinenringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

7.1 Vorreiter Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

7.1.1 MR-Consult: Verbund-Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

7.2 Profis in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

7.2.1 Weiterbildung für MR-Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

8. Literatur / Quellen / Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Inhalt

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Maschinen statt Menschen. Als Ende der

fünfziger Jahre die Arbeitskräfte fehlten

oder zu teuer wurden, ersetzten die Bauern

sie durch Maschinen. Der Agrarjournalist

Dr. Erich Geiersberger erkannte bald, dass

die landwirtschaftlichen Betriebe den Wett-

lauf mit der technischen Entwicklung nicht

gewinnen können. Er wusste, dass ihnen

dazu die notwendigen finanziellen Mittel

fehlen. Mit dem Aufbau eines Maschinen-

rings wollte er eine moderne, internationa-

le und konkurrenzfähige Landwirtschaft er-

möglichen, die nicht dem Prinzip „Wachse

oder Weiche“ folgt. Geiersberger schrieb:

„Der Maschinenring [...] ist eine organi-

sierte Partnerschaft zur Verhinderung von

Investitionen. Er ist ein freiwilliger Zusam-

menschluss von Voll-, Zu- und Nebener-

werbslandwirten zur besseren Auslastung

der Privatmaschinen und der Arbeitskraft

jedes einzelnen Mitgliedes über eine

Telefonvermittlungszentrale.

Die Antriebskraft im MR ist ein haupt-

beruflich tätiger Manager (= Geschäfts-

führer), der am Erfolg der Arbeit (= ver-

mittelte Einsätze) durch Umsatzprovision

oder Leistungsprämie beteiligt sein muss!

Die Basis seines Wirkens bieten unabhän-

gige landwirtschaftliche Unternehmer, die

sich im MR einen wirtschaftlichen, sozia-

len oder humanen Vorteil verschaffen, da-

bei aber frei in ihren Entschlüssen bleiben

wollen.

[...] es gibt auch keine Arbeitsver-

pflichtung für das Mitglied, [...]. Die

Bezahlung der Dienstleistungen erfolgt

entsprechend den Arbeitsbelegen und Be-

rechnungen des Managers bargeldlos von

Konto zu Konto der Beteiligten.

Da es im MR keine Investitions-, Ver-

mögens-, Einkommens- und Leistungsver-

flechtungen gibt, kann jedes Mitglied je-

derzeit wieder austreten ohne Verluste zu

erleiden oder die Partnerschaft zu schädi-

gen oder zu gefährden.

‚Jeder kann – keiner muss‘ ist somit

der unumstössliche Grundsatz eines Ma-

schinenrings.“

Bereits 1958 gründete Geiersberger in

Deutschland die ersten Maschinenringe.

Er stellte gleichzeitig ein Ausbildungs-

konzept für den Geschäftsführer, den

„Agrarmanager“ zusammen. Bis das

Modell in der Schweiz ankam dauerte es

dreissig Jahre. Im Jahr 1989 wurden in der

Ost- und Zentralschweiz die ersten Maschi-

nenringe nach dem „Modell Geiersberger“

gegründet.

1.1 Maschine ist nur der Vorname...

Der Name täuscht: Bei Maschinenringen

dreht sich zwar vieles, aber längst nicht al-

les um Maschinen. Wichtiger als das Wort

„Maschine“ ist eigentlich das Wort „Ring“.

Denn Maschinenringe sind regional organi-

sierte Selbsthilfevereinigungen von Bauern

mit dem Ziel die Kosten zu senken, das Ein-

kommen zu verbessern und die Lebensqua-

lität zu steigern. Dabei ist manches anders,

als man im ersten Moment denkt:

• Der Maschinenring vermittelt nicht nur

Landwirtschaftsmaschinen – sondern

auch Aufträge im Kommunalbereich,

temporäre Arbeitseinsätze im Gewer-

be, Familien- und Betriebshelfer, Haus-

haltsservice, günstige Mobilfunk-Abos,

exklusive Konditionen beim Einkauf in

diversen Einkaufsgemeinschaften und

vieles mehr.

• Der Ring macht lediglich Preis-

empfehlungen. Er stellt deshalb

jährlich ein Verzeichnis mit Regie-

ansätzen zur Verfügung.

1. Die Maschinenring-Idee

Auch die Vermittlung von temporären Arbeitseinsätzen wird von Maschinenringen angeboten. (Jan van t‘ Zelfde/landwirtschaft.ch)

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MASchINENRING

LID Dossier Nr. 460 vom 4. Dezember 2013

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• Ein Maschinenring ist ein Verein – keine

Genossenschaft. Der Ring besitzt des-

halb in der Regel keine eigenen Maschi-

nen, sondern die gehören weiterhin den

Mitgliedern.

• Ein Ring ist eine private, unabhängige

Selbsthilfeorganisation – keine staatli-

che Institution. Mit dem Nachteil, dass

er seine Geschäftstätigkeit selbststän-

dig finanzieren muss.

• Die Mitglieder sind zwar zentral – doch

ohne Geschäftsstelle läuft wenig: Sie

ist Dreh- und Angelpunkt des ganzen

Systems.

• Der Ring engt nicht ein – sondern

er macht frei. Zum Beispiel frei vom

Zwang, mit einem Nachbarn kooperie-

ren zu müssen, wenn man nicht dieselbe

Wellenlänge hat. Denn die Auswahl an

Gleichgesinnten im Ring ist grösser.

• Im Ring gibt es kein Pflichtprogramm.

Jede und jeder kann frei entscheiden,

ob und falls ja, welche Dienstleistung

und welches Angebot er oder sie in

Anspruch nehmen will.

• Der Ring ist zwar vor allem für die

Mitglieder da – er erledigt aber manch-

mal auch andere Aufgaben. Im Kan-

ton Thurgau prüft er zum Beispiel im

Auftrag des Kantons die Dichtigkeit

der Güllekästen. Die Verwaltung hat

offenbar auch gemerkt, dass es mit

dem Ring „ringer“ geht.

Innerhalb des Rings gibt es eine Aufteilung

in die Bereiche MR-Agrar (landwirtschaft-

liche Tätigkeiten), MR-Service (Dienstleis-

tungen ausserhalb der Landwirtschaft) und

MR-Personal (Personalvereih ans Gewer-

be). In der Schweiz bieten nicht alle Ma-

schinenringe alle drei Bereiche an.

1.2 Gemeinsam stark

Die Bauern kennen viele Möglichkeiten

der Zusammenarbeit. Manche sind eta-

bliert, wie zum Beispiel die Bestossung

von Gemeinschaftsalpen. Andere werden

erst seit einigen Jahren umgesetzt, wie

zum Beispiel Betriebsgemeinschaften. Der

Maschinenring zeichnet sich dadurch aus,

dass er viel bietet, aber wenig verpflichtet.

Er bindet die Bauern nicht so eng aneinan-

der wie in einer Betriebsgemeinschaft. Und

er begrenzt sich nicht nur auf den Bereich

Landwirtschaft, sondern hält auch Mög-

lichkeiten im Gewerbe feil. Er bietet nicht

nur Betriebsleitern Chancen, sondern auch

jungen Nachwuchskräften. Zentral dabei:

Es gibt keinen Zwang, kein Mindestmass,

keine obligaten Tätigkeiten, kein Gemein-

werk. Die Bauern und Bäuerinnen sind frei

von Verpflichtungen.

1.2.1 Kooperationsformen in der Landwirtschaft

Die Möglichkeiten zusammenzuarbeiten sind vielfältig. Am einfachsten ist eine Mitglied-

schaft in einem Maschinenring, am aufwändigsten ist die Betriebsgemeinschaft. Die

Betriebsgemeinschaft wird von der landwirtschaftlichen Beratung und den Schulen am

meisten gefördert, während der Maschinenring gesamtschweizerisch gesehen relativ

wenig Unterstützung bekommt.

Überbetriebliche Arbeitsteilung z.B. Nachbarschaftshilfe, Gülleab- nahmevertrag, Aufzuchtvertrag, Anbau- und Bewirtschaftungsvertrag

Gemeinschaftliche Nutzung z.B. Maschinenmiete, Maschinenge-meinschaft, Maschinengenossenschaft, Maschinenring, Gemeinschaftsalp, ÖLN-Gemeinschaft

Teilzusammenschluss von Betrieben Betriebszweiggemeinschaft, Fruchtfolge-Gemeinschaft, Silogemeinschaft, Vermarktungs-Gemeinschaft

Vollzusammenschluss von Betrieben Betriebsgemeinschaft

Quelle: Ueli Straub, Agridea, 2011

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2. Maschinenring-AgrarMaschinen machen frei. Sie befreien die

Bauern, Bäuerinnen und Bauernkinder von

vielen körperlichen Strapazen. Mit Hilfe

von Maschinen lassen sich grosse Flächen

effizienter bewirtschaften und damit die

Folgen des Strukturwandels verkraften.

Mit schlagkräftigen Maschinen kann man

Schönwetter-Fenster besser ausnutzen und

leichter den optimalen Erntezeitpunkt wäh-

len, was sich positiv auf die Produktqualität

auswirkt. Leistungsstarke Zugmaschinen

verringern die Anzahl Fahrten, Spezialma-

schinen helfen manche Arbeitsgänge ein-

sparen. Maschinen sind gut, sie sind aber

auch teuer. Zu teuer in Anbetracht dessen,

dass sie auf vielen kleinen bis mittelgros-

sen Betrieben kaum je richtig ausgelastet

sind. Und wenn jemand eine Maschine

kauft, um Arbeitszeit auf dem Hof zu spa-

ren, dann aber auswärts arbeiten muss, um

die Maschinen abzuzahlen, geht die Rech-

nung nicht mehr auf.

Technischer Fortschritt ohne Investitionen

Hier setzt der Maschinenring an: Er besitzt

zwar keine Maschinen, aber er vermittelt

sie. Dank dem überbetrieblichen Maschi-

neneinsatz werden die Maschinen besser

ausgelastet, es kommt mehr modernste

Technik zum Einsatz. Die Teilnahme am

technischen Fortschritt ist so möglich, ohne

dass unrentable Investitionen getätigt wer-

den. Das Spektrum der über den MR ver-

mittelten Maschinen ist in aller Regel gross,

es reicht vom Rucksackbläser über den

Pflanzlochbohrer bis zum Viehtranspor-

ter, Schneepflug oder Gülleseparator. Die

Geschäftsstelle des Maschinenrings stellt

das Angebot zusammen und übernimmt

die Abrechnung zwischen den beteiligten

Betrieben.

Nichts ist umsonst. Damit sind jetzt

weniger die Maschinenkosten gemeint,

denn die sind in der Regel im überbe-

trieblichen Einsatz tiefer, als wenn die

Maschinen einzelbetrieblich angeschafft

werden. Nein, der „Preis“ für den über-

betrieblichen Maschineneinsatz liegt

woanders: Wer Maschinenarbeiten aus-

lagert muss mehr organisieren. Ein Berg-

bauer, der keinen eigenen Ladewagen

mehr hat, kann nicht mehr einfach mit

dem Motormäher losziehen, wann er Lust

hat. Sondern er muss vorher das Handy

zücken und einen Ladewagen organisieren.

Oder er muss das Ausbringen der Gülle von

der Verfügbarkeit des Schleppschlauchs

abhängig machen. Oder die Maisernte mit

dem Silo-Ring koordinieren. Organisieren

ist das A und O der Maschinenring-

Mitglieder.

Manche mögen das als Einschränkung

der unternehmerischen Freiheit ansehen,

anderen erkennen dagegen den unterneh-

merischen Gewinn darin.

Und dieser Gewinn ist gross: Denn die

Bauern gewinnen auf diese Art oft Zeit für

Dinge, die nur schlecht auslagert werden

können. Zum Beispiel für die Tierbetreuung

oder die handarbeitsintensive Räumung

von Alpweiden. Oder für die Hofverarbei-

tung, die Direktvermarktung, den Aufbau

von Agrotourismus oder für Arbeit in einem

Neben- oder Zuerwerb. Wer mit überbe-

trieblichen Maschinen arbeitet kann mit-

unter eine Fremdarbeitskraft sparen und

trotzdem die betriebliche Spitzenbelastung

brechen. Sogar die Umwelt profitiert: Weil

die Maschinen in der Regel besser ausge-

lastet werden, braucht es weniger davon.

Dafür kommt öfter die neueste Technologie

zum Einsatz. Und die ist fast immer weni-

ger umweltbelastend.

Die Landwirtschaft ist für rund 20% des Dieselrusses in der Schweiz verantwortlich.

Ein Grossteil davon ist den vielen alten Traktoren zuzuschreiben. Denn jeder zweite in

der Schweiz zugelassene Traktor ist älter als 20 Jahre. Während die modernen Traktoren

mit Abgasreinigung und sparsamem Treibstoffverbrauch aufwarten, sind alte Traktoren

noch nicht mit diesen Technologien ausgerüstet. Die Zahlen, die die landwirtschaftliche

Forschungsanstalt Agroscope hierzu präsentiert fallen eindeutig zu Gunsten der Moder-

nisierung aus: Ein Traktor mit Baujahr 2000 produziert beispielsweise rund 56 Mal (!)

so viel Feinstaub wie derselbe Traktor mit Baujahr 2012.

Baujahr 2000 Baujahr 2012

Leistung Traktor: 70 kW, keine Abgasstufe

Traktor: 70 kW, Abgasstufe III B

Feinstaub-Emissionen (Pm) 1,26 g/kWh 0,0225 g/kWh

Quelle: Marco Landis, Agroscope ART, Feldkirchtagung Landtechnik, 2012

2.1 Moderne Maschinen = gut für die Umwelt

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2.3 Betriebs- und Familienhilfe

Die Betriebs- und Familienhelferinnen sind

weder Engel noch Supermänner. Trotzdem

befreien sie manchen Bauern und manche

Bäuerinnen aus eine Notlage. Zum Beispiel

wenn Krankheit oder Unfall den Bauern

oder die Bäuerin trifft. Oder wenn ausser

ordentliche Ereignisse anstehen: Vom Stall-

umbau bis zum Kinder kriegen gibt es

zahlreiche Situationen in denen helfende

Hände auf dem Hof erwünscht sind. Aber

auch wenn eine Bauernfamilie ein paar

freie Tage braucht um Energie zu tanken,

ist dieser Dienst gefragt. Zwar sind nicht in

allen Kantonen die Betriebs- und Familien-

hilfsdienste im Maschinenring organisiert.

Doch dort wo sie es sind, ergeben sich

häufig Synergien mit anderen Einsatzberei-

chen des MR.

Der Einsatz der Betriebs- und Familien-

helfer dauert mal kürzer, mal länger. Je

nachdem ob es nur darum geht, eine kurz-

fristige Abwesenheit zu überbrücken oder

eine unfallbedingte Situation zu mildern.

Als Betriebshelfer arbeiten junge Men-

schen, die noch nicht standortgebunden

und deshalb flexibel sind. Der Maschinen-

ring ist eine Chance verschiedene Betriebe

kennen zu lernen. Nicht nur von aussen,

sondern von innen. Aber auch ältere Bau-

ern, die jung geblieben sind und z.B. den

eigenen Hof bereits der nächsten Genera-

tion übergeben haben. Sie lassen sich ver-

mitteln, wenn sie Lust haben, etwas Neues

kennen zu lernen, oder Laune haben, ihre

Lebenserfahrung an einem anderen Ort

einzubringen. Arbeit hat es eigentlich im-

mer, einzig im Winter gibt es da und dort

einmal eine Flaute.

Das grösste Problem beim Betriebs-

helferdienst und der Familienhilfe ist oft

die Finanzierung. Einerseits darf der Dienst

die Bauernfamilien nicht zu viel kosten,

weil sie ihn sonst nicht in Anspruch neh-

men. Andererseits darf der Maschinenring

den Mitarbeitern nicht zu wenig zahlen,

weil er sonst die gut ausgebildeten und für

den Einsatz geeigneten Leute auf Dauer

nicht halten kann.

2.2 Weniger Motor-, aber mehr Arbeitskarren Pro Jahr werden rund 4‘000 landwirtschaftliche Fahrzeuge neu zugelassen. An dieser Zahl hat sich seit 1990 kaum etwas geändert.

Dafür ist die Zusammensetzung heute anders als früher: Statt der kleinen landwirtschaftlichen Motorkarren werden vermehrt grosse

Arbeitskarren in Verkehr gesetzt. Darunter versteht man selbstfahrende Spezialfahrzeuge wie z. B. Mähdrescher, Spritzen, Zuckerrüben-

und andere Erntemaschinen, die auf der Strasse nur Werkzeuge und Betriebsstoffe, nicht aber Erntegüter transportieren dürfen. Die

Zahl der Traktoren ist ebenfalls gestiegen.

Quelle: BFS 2012

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2.4 Im Dutzend billigerDie meisten Maschinenring-Mitglieder

profitieren auch noch von diversen Einkaufs-

vergünstigungen. Die Kraft der Masse lässt

sich vielfältig nutzen. Die Maschinenringe

haben mit ihr Einfluss auf die Preisgestal-

tung bei z.B. Mobilfunknetzbetreibern und

können ihren Mitgliedern deshalb Handya-

bos zu Vorzugskonditionen anbieten. Oder

Einkaufsvergünstigungen bei regionalen

Handwerker-Geschäften aushandeln. Oder

Mengenrabatte beim Bezug von Futter- und

Düngemitteln geltend machen. Wer rechnet

stellt oft fest: Bereits diese Möglichkeiten

machen den Mitgliedsbeitrag wett.

Das zahlt sich z.B. auch aus, wenn

ein Betrieb auf Photovoltaik setzt. Durch

gemeinsamen Einkauf von Material und

Eigenleistungen bei der Installation auf

dem Dach, lässt sich die Rendite einer sol-

chen Anlage massgeblich verbessern. Der

Maschinen- und Betriebshelferring Thurgau

hat z.B. viel Erfahrung in diesem Bereich. Er

hilft bei der Planung und Realisierung von

Anlagen, damit nicht nur das grüne Gewis-

sen beruhigt ist, sondern auch gewinnbrin-

gend Strom erzeugt wird.

Sieben Monate Winterfütterung, drei Monate Zeit, um das Futter zu konservieren,

1‘940 Meter über Meer: Die Crasta-Farm im Fextal (GR) liegt höher als manche Alp und

wird doch ganzjährig bewirtschaftet. Die Nähe zu den Berggipfeln bietet Thomas und

Katja Zellweger nicht nur eine tolle Aussicht, sondern auch enorme Arbeitsspitzen.

Und das gleich zweimal: Im Sommer beim Heuen und im Winter, wenn Schnee liegt.

Denn dann betätigt sich Thomas als Privat-Skilehrer. Seit er auch noch ganzjährig einen

Kompostservice anbietet, gibt es zwischen Arbeitsspitze und Arbeitsspitze eigentlich

keine flauen Zeiten mehr.

„Latzhosen runter und Skihosen rauf – das ist rein betriebswirtschaftlich super“,

sagt Thomas. Doch die Sache hat einen Haken: „Die eigenen Batterien leeren sich

dabei.“ Für Thomas und Katja steht deshalb fest, dass sie regelmässig Ferien machen

müssen, um nicht auszubrennen. Die Frage ist nur: Wer führt den Hof in dieser Zeit?

Die Antwort kam in Form eines Betriebshelfers. Er wurde vom Maschinenring vermittelt.

Quelle: Bauern im Ring, Broschüre Maschinenring Graubünden, 2013

2.3.1 Energie tanken – dank Betriebshelfer

Gemeinsamer Einkauf von Material und Eigenleistungen bei der Installation verbessern die Wirtschaftlichkeit bei Photovoltaik-Anlagen. (ji)

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MASchINENRING

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Maschinenringe machen am Hoftor nicht

Halt. Sie bieten auch kommunale Dienst-

leistungen an und übernehmen Aufträge

von Privatpersonen und Unternehmen.

Dazu gehört z.B. an vielen Orten der

Winterdienst, die Kompostierung von

Grünabfällen oder Arbeiten im Bereich

der Landschaftspflege. Manchmal – aber

längst nicht überall – konkurrenzieren sie

mit ihrem Angebot Lohnunternehmen oder

gewerbliche Dienstleistungsanbieter.

Wie umfangreich diese Service-

Leistungen sind, hängt mehrheitlich von

der Aktivität der Geschäftsstellen der

Maschinenringe ab. Denn sie sind die An-

sprechpartner, nehmen Anfragen entgegen,

arbeiten Offerten aus und koordinieren

Arbeitseinsätze. In erster Linie profitieren

die bäuerlichen Ringmitglieder davon.

Das ist gut so, denn dank der grossen Zahl

von Mitgliedern kommt in einem Maschi-

nenring ein beachtliches Know-how und

Technik zusammen.

3. Maschinenring-Service

Lohnunternehmer oder Maschinenring? Diese Frage stellt sich für Pio Marco Schnider

aus Surcuolm nicht: Er ist beides. Als Maschinenringler der ersten Stunde lässt er schon

seit Jahren über den Ring Rundballen wickeln und Kompostieren. Seine Rundballen-

presse bietet er dagegen als selbstständiger Lohnunternehmer an. Er macht deswegen

jedoch “kein Büro auf“, sondern rechnet über den Maschinenring ab. Während sich der

Maschinenring darum kümmert, dass das Geld aufs Konto kommt, kann sich Pio Marco

voll auf die technischen und organisatorischen Belange konzentrieren.

Dass Pio Marco über den Maschinenring abrechnet, hat mehrere Vorteile: Erstens

ist damit der Tarif klar, ein Feilschen um den Preis erübrigt sich. Und zweitens muss Pio

Marco weder Rechnungen schreiben, noch Mahnungen verschicken. Wer nicht über den

Maschinenring abrechnen will, weil er z.B. nicht Mitglied ist, muss ihm das Geld bar in

die Hand drücken. „Ich habe weder Zeit noch Nerven dem Geld nachzuspringen.“ Viel

lieber zahlt er dem Maschinenring einen kleinen Beitrag fürs Inkasso, weil er weiss, dass

das Geld so pünktlich auf seinem Konto landet.

Quelle: Bauern im Ring, Broschüre Maschinenring Graubünden, 2013

3.1 Im Ring der Mitbewerber

Viele Maschinenringe betreiben auch einen

Personalverleih. Das ist vor allem für Ge-

werbetreibende attraktiv: Denn so kommen

sie unkompliziert und zuverlässig zu einem

oder mehreren temporären Mitarbeitern.

So kann selbst eine kleinere Firma grosse

Aufträge speditiv erledigen – ohne Mitar-

beiter anstellen und später womöglich wie-

der entlassen zu müssen. Arbeitskräfte aus

der Landwirtschaft zeichnen sich dadurch

aus, dass sie arbeiten gewohnt sind. Sie

haben handwerkliches Geschick und orga-

nisieren sich meistens selbst; das zeichnet

sie gegenüber vielen anderen temporären

Arbeitskräften aus. Ein weiterer Pluspunkt

ist, dass sie dieselbe Sprache sprechen

und aus demselben Kulturkreis wie ihre

Auftraggeber kommen, was die Kommu-

nikation natürlich erleichtert. Oft findet

eine Zusammenarbeit zudem über mehre-

re Jahre hinweg statt. Das ermöglicht es

manchen Maschinenringmitgliedern sogar,

sich fachlich zu qualifizieren.

Der Arbeitsvertrag wird dabei zwischen

dem Maschinenring und dem Gewerbetrei-

benden abgeschlossen. Das hat den Vorteil,

dass das Gewerbe auch dann nicht leer

ausgeht, wenn ein Bauer einmal keine Zeit

hat. Denn dann bietet der Maschinenring

einen anderen Helfer auf. Ohnehin ist die

Rekrutierung von Arbeitskräften über den

Maschinenring für die Gewerbetreibenden

oft erfolgreicher als über ein Temporärbüro.

Und weil sich der Maschinenring auch um

AHV, Unfallversicherung, die Auszahlung

und alle anderen administrativen Arbeiten

kümmert, entlastet er die Gewerbetreiben-

den bei der Büroarbeit.

4. Maschinenring-Personal

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Der Maschinenring wiederum hat dank

dem Personalverleih mehr Möglichkeiten,

um seine Betriebshelfer oder Familienhelfe-

rinnen mehr oder weniger über das ganze

Jahr hindurch mit Arbeit zu versorgen. Tut

er das nicht, dann sind die Betriebshelfer

womöglich in einer Firma angestellt, wenn

sie dringend benötigt werden.

4.1 haushaltsserviceAuch im Haushalt bietet der Maschinenring

kompetente Hilfe an. Der Haushaltservice

übernimmt zum Beispiel die Reinigung

und Wäschepflege, Garten- und Balko-

narbeiten. Oder er tritt als Einkaufshilfe

auf den Plan, kocht für Familienmitglieder

oder betreut Kinder und Betagte in ihrem

gewohnten Hause. Ob einmalig oder wie-

derkehrend ist Verhandlungssache.

Der Vorteil ist auch hier: Die über den Haus-

haltsservice vermittelten Bäuerinnen und

Landfrauen stammen aus der Region. Bei

wiederkehrenden Aufträgen steht oft die

gleiche Person im Einsatz. Die Auftragge-

ber und -geberinnen müssen sich nicht um

eine gesetzeskonforme Anstellung, eine

faire Entlöhnung und die korrekte Versiche-

rung kümmern, weil der Maschinenring die

ganze Personaladministration übernimmt.

Es genügt, den Arbeitsrapport zu visieren.

4.2 Optimale Arbeitsauslastung

Für viele Bauern und Bäuerinnen sind diese

Art Einsätze ideal: Sie können tageweise

zu – verglichen mit der Landwirtschaft –

guten Stundenlöhnen einem Nebenver-

dienst nachgehen, ohne sich für ein fixes

Arbeitspensum verpflichten zu müssen.

Damit lässt sich das Einkommen ergänzen

ohne dass der Hof darunter leidet. Das gilt

auch für jene Bauern und Bäuerinnen, die

z.B. einen Hof in Generationengemein-

schaft bewirtschaften. Sie können ihre Ar-

beitskraft besser auslasten und trotzdem

immer dann zuhause auf dem Hof sein,

wenn Not am Mann (oder der Frau) ist.

Junge, angehenden Bauern können die Zeit

bis zur Hofübernahme mit ausserbetriebli-

chen Einsätzen überbrücken und nebenbei

auch noch Erfahrungen im Gewerbe sam-

meln. Und Älpler und Älplerinnen können

in der Zeit bis zur nächsten Alpsaison eben-

falls einen Verdienst erzielen.

Das Herzstück eines jeden Maschinenrings

ist die Geschäftsstelle. Sie erbringt je nach

Grösse und Aufbau eines Maschinenring

u. a. folgende Dienstleistungen:

• Herausgabe eines Anbieterverzeichnis-

ses mit transparent dargestellten Ange-

boten an Maschinen und Preisen

• Papierlose und effiziente Abrechnung

der Einsätze dank Verrechnung im Last-

schriftverfahren

• elektronische Abrechnung, Bestellung,

Rapport, etc.

• Controlling der Auftragsausführung,

Nachbearbeitung von Aufträgen, etc.

• Vermittlung von Arbeitseinsätzen zwi-

schen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

• Aushandeln von Rabattkonditionen für

den gemeinsamen Einkauf von Agrar-

gütern

• Organisation und Vermittlung von Not-

hilfe und Sozialeinsätzen (Betriebshelfer

und Haushaltshilfe)

• Beratung bei Neuanschaffungen bezüg-

lich Kostenanalysen, überbetriebliche

Einsatzmöglichkeiten, usw.

• Akquirierung von Aufträgen bei exter-

nen Auftraggebern, Koordination und

Offertenwesen

• Entwicklung neuer, innovativer Dienstleis-

tungen in landwirtschaftlichen Nischen

• Aufbau und Vertretung der Marke

„Maschinenring“

5. Die Schaltzentrale

Abgerechnet wird über die Geschäfts-stelle, die auch ein Anbieterverzeichnis führt. (ji)

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5.1 „Über eine Rega-Mitgliedschaft diskutiert auch niemand“

Interview mit Claudio Müller,

Geschäftsführer des Maschinenrings

Graubünden

Herr Müller, sind Maschinenring-Mitglieder

erfolgreicher als andere Bauern?

Claudio Müller: Der Maschinenring ist

sicher nicht „das“ alleinige Heilmittel zum

Erfolg. Aber ganz grundsätzlich haben Ko-

operationen grosses Potential, in welcher

Form auch immer. Die Stärke vom Ring ist

sicher, dass er nicht so sehr verpflichtet wie

beispielsweise eine Betriebsgemeinschaft.

Funktioniert die Vermittlung von Maschi-

nen und Arbeitskräften wirklich immer?

Müller: Eine totale Garantie gibt es nicht.

Es stehen schliesslich Menschen dahinter.

Und die müssen bereit sein eine Dienstleis-

tung zu erbringen. Weil es bei uns keinen

Zwang gibt muss man sich absprechen,

muss planen und vorausschauen. Man

kann nicht einfach morgens aufstehen,

zum Himmel hochschauen und sich fragen:

Was mach ich heute. Es braucht schon eine

andere Organisation.

Der Maschinenring vermittelt nicht nur

Maschinen, sondern ist auch im Gewerbe

aktiv. Gibt es da keine Konkurrenz?

Müller: Überall wo es Geld zu verdienen

gibt, besteht eine gewisse Konkurrenz, das

lässt sich nicht vermeiden. Vor allem wenn

wir noch mehr in den Kommunalbereich

vorstossen wollen. Aber man kann von den

Bauern nicht immer verlangen, sie müssten

Unternehmer sein und sie dann wieder

ausbremsen. Fest steht allerdings, dass wir

mit gleich langen Spiessen kämpfen müs-

sen. Es darf nicht sein, dass ein Bauer im

Winterdienst mit der grünen Nummer un-

terwegs ist, während man vom Gwerbler

verlangt, dass er eine weisse Nummer hat.

Aber dass der Bauer den Treibstoff billiger

bekommt finden sie okay?

Müller: Der vergünstigte Treibstoff ist

limitiert und ohnehin bezogen auf die

Betriebsfläche. Es ist also keineswegs so,

dass der Bauer zuhause eine Tankstelle hat

und dann uneingeschränkt mit günstigem

Sprit herumfahren kann.

Der Ring betreibt einen Betriebshelfer-

dienst für Notfälle und Arbeitsentlastung.

Können sie diese Mitarbeiter konstant be-

schäftigen?

Müller: Das ist eine enorme Herausforde-

rung. Die saisonalen Schwankungen kennt

man zwar mit der Zeit, trotzdem ist es

schwierig die Balance zu halten zwischen

Angebot und Nachfrage. Also einerseits die

richtigen Arbeitskräfte zu haben und ande-

rerseits die Arbeitskräfte, die man hat, auch

so auszulasten, dass sie auf ihre Rechnung

kommen...

...und bleiben...

Müller: Das ist die Schwierigkeit bei un-

serem Modell. Wir haben ja keine Festan-

gestellten. Das wissen zwar alle, aber sie

sagen trotzdem ab und zu mal: „Also jetzt

hätte ich gerne wieder mehr Arbeit“ oder

auch mal „Jetzt kann ich gerade nicht“.

Vielleicht ist der Lohn nicht attraktiv genug

oder die Vermittlungsgebühr zu hoch?

Müller: Zurzeit zahlen wir 200 Franken

Bruttolohn am Tag für einen Betriebshelfer

und verrechnen dem Betrieb 230 Franken.

Nach Abzug aller Nebenkosten bleiben uns

noch rund siebzig Rappen pro Stunde für

die Vermittlung. Das ist ein Defizitgeschäft.

Aber wenn wir die Tarife erhöhen, dann

können sich viele Bauernbetriebe unseren

Dienst nicht mehr leisten. Und wenn wir

die Löhne senken, dann haben wir schnell

keine qualifizierten Arbeitskräfte mehr.

Deshalb müssen wir quersubventionieren.

Zum Beispiel mit den Mitgliedsbeiträgen?

Müller: Aktuell haben wir 840 Mitglieder.

Bei rund 2‘300 Bündner Bauernbetrieben

ist das aber noch viel zu wenig. Ich finde

es verrückt, dass über eine Rega-Mit-

gliedschaft eigentlich niemand diskutiert.

Da machen einfach alle mit, obwohl man

hofft, dass man das Angebot nie in An-

spruch nehmen muss. Dabei hat man bei

der Rega auch keine hundertprozentige

Garantie, dass gerade dann geflogen wird,

wenn man es braucht. Schliesslich kann

gerade das Wetter schlecht sei oder ein

anderer Notfall Vorrang haben. Aber wenn

es um den Ring geht, dann sind viele Land-

wirte offenbar skeptischer eingestellt.

Man könnte den Mitgliedsbeitrag als

„Solidaritätsbeitrag“ deklarieren.

Müller: Genau. Jemand sollte auch dann

Mitglied werden, wenn er denkt, er habe

ja Nachbauern, die ihm jederzeit helfen

können. Die neunzig Franken Jahresbeitrag

kann man über die Vorteile der Einkaufs-

gemeinschaft sowieso wieder herausholen.

Denn damit lassen sich bei Einkäufen zehn,

zwanzig oder mehr Prozent einsparen.

Aber warum sind dann nicht längst alle

Bauern Mitglied?

Müller: Das frage ich mich auch. In

Deutschland und Österreich hat der Ma-

schinenring ein viel höheres Gewicht als

bei uns. Vielleicht haben sich einige noch

nicht so richtig mit der Idee auseinander-

gesetzt.

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Im Gegensatz zu Deutschland und

Österreich gibt es in der Schweiz kein sehr

dichtes Netz an Maschinenringen. In der

Ost- und Zentralschweiz konnten sich zwar

einige Ringe etablieren, doch in der west-

lichen Deutschschweiz, der Westschweiz

und dem Tessin spielen die Maschinen-

ringe eher eine kleine oder gar keine

Rolle. Somit haben nicht alle Schweizer

Landwirte Zugang zu dieser Selbsthilfe-

möglichkeit.

Die verschiedenen Maschinenringe in

der Schweiz haben zusammen rund 5'500

Mitglieder, das sind etwa 10% der direktzah-

lungsberechtigten Bauern. Im Jahr 2002

haben sich mehrere grössere Maschinen-

ringe zum Dachverband der schweizeri-

schen Maschinen- und Betriebshelferringe

zusammengeschlossen. Die Geschäftsstelle

ist derzeit beim Maschinenring des Zu-

ger Berggebiets angesiedelt. Geschäfts-

führer ist Fredy Abächerli. Im Jahr 2007

hat sogar Ueli Maurer für kurze Zeit den

Dachverband präsidiert. Nach seiner Wahl

in den Bundesrat (2008) gab er dieses

Amt ab und der damalige Nationalrat

Markus Zemp trat an seine Stelle.

Der Maschinenring Schweiz versteht

sich als Informationsdrehscheibe und Im-

pulsgeber. Er versucht ein schweizweites

Maschinenring-Netzwerk aufzubauen, was

angesichts des Schweizerischen Gärtchen-

denkens gar nicht so einfach ist, zumal

der Dachverband Maschinenring Schweiz

kaum finanzielle Ressourcen hat.

6.1 Fehlende Professionalisierung

Geld ist auch bei vielen kleineren Ma-

schinenringen ein Problem. Während die

grösseren Ringe alle drei strategischen

Geschäftsfelder erschlossen haben (MR-

Agrar, MR-Service, MR-Personal) bieten

viele kleinere Ringe nur das Geschäftsfeld

MR-Agrar an. Denn allein für die Gründung

einer GmbH, die für die Ausübung von

MR-Service und MR-Personal nötig ist,

ist ein Stammkapital von 20’000 Fr. nötig.

Und wer im Personalverleih tätig sein will,

muss meistens zuvor eine Kaution von

50’000 bis 100’000 Fr. beim Kanton hin-

terlegen. Die wenigstens Maschinenringe

sind gross und finanzkräftig genug, um

sich einen professionellen, vollamtlichen

Geschäftsführer zu leisten.

Auf Initiative des Maschinenrings

Schweiz beauftragte das Bundesamt für

Landwirtschaft die landwirtschaftliche Be-

ratung Agridea im Jahr 2010 damit, eine

„Projektssteuerungsgruppe Kooperation in

der Landwirtschaft“ (PSG) ins Leben zu

rufen. Diese PSG soll wichtige Akteure zu-

sammenführen – Forschung, Beratung und

Praktiker aus den Maschinenringen, Loh-

nunternehmer, Landtechniker, Betriebsge-

meinschaften usw. – die sich mit Koopera-

tionsformen beschäftigen. Die Leitung der

Gruppe liegt bei Ueli Straub von der Ag-

ridea. Die PSG tagt durchschnittlich zwei-

mal im Jahr. Grosse Projekte liegen derzeit

nicht drin.

6.2 Knackpunkt Mensch Im Vergleich zum Ausland sind überbe-

triebliche Kooperationen in der Schweizer

Landwirtschaft weniger verbreitet. Dabei

dürften vor allem „Softfaktoren“ eine Rolle

spielen: Die Eigenmechanisierung gehört

für viele Bauern zum Selbstverständnis.

Im Berggebiet ist aufgrund der kurzen

Vegetationsperiode der Spielraum kleiner,

wenn es um den Maschineneinsatz für

die Grasernte geht. Und je grösser die Be-

triebe werden, desto extremer werden die

Arbeitsspitzen im Sommer. Genau hier

könnte der Maschinenring helfen, zumal

6. Unerschlossenes Potential in der Schweiz

Rund zehn Prozent der Schweizer Landwirtschaftsbetriebe sind Mitglied eines Maschinenrings. (Dafrosa Kälin-Gwerder/landwirtschaft.ch)

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er auch Lösungen zur Arbeitsauslastung

im Winter anbieten kann. Das setzt aber

voraus, dass die Möglichkeiten von Arbeits-

einsätzen im Gewerbe weiter verbreitet

werden, und das ist längst nicht überall

der Fall.

Da und dort ist zudem das Verhältnis

zwischen Maschinenringen und Lohnun-

ternehmern getrübt. Und weil manche

Maschinenringe gesamtschweizerisch tätig

sind, kommt es sogar vor, dass sich manche

Maschinenringe gegenseitig konkurrenzie-

ren. In den Landwirtschaftsschulen kommt

das Thema Kooperation auch nicht gut an.

Es wird von vielen jungen (und älteren)

Bauern mit dem Verlust der Selbststän-

digkeit gleichgesetzt und mit einer Ein-

schränkung der Handlungsfähigkeit. Dabei

hat der MR-Gründer Geiersberger genau

das Gegenteil im Sinn gehabt: Er wollte

den Bauern helfen sich zu befreien. In der

Schweiz ist das noch nicht gelungen.

Der heutige Bundesrat und ehemalige Präsident des Dachverbandes Maschinenringe

Schweiz forderte bereits vor vier Jahren: „Die Maschinenringe müssen noch profes-

sioneller werden. Eine straffe und kostengünstige Organisation, unkomplizierte und

direkte Wege sowie ein hohe Flexibilität sind Vorteile gegenüber Dritten und senken

die innerlandwirtschaftliche Hemmschwelle. Neben gut verankerten Maschinenringen

in den Regionen braucht es einen schlanken Dachverband, damit nicht überall in der

Schweiz das Rad neu erfunden werden muss.“ Dieses Ziel ist bis heute nicht in Sicht, es

hat grosse regionale Unterschiede und auf politischer Ebene fehlt die Unterstützung um

effizientere Strukturen zu etablieren.

Quelle: Businessplan Dachverband Maschinenringe Schweiz, 2009

6.2.1 Ueli Maurers ungehörte Forderung

Maschinenringe gibt es nicht nur in

der Schweiz, sondern auch in Deutsch-

land, Frankreich, England, Luxemburg,

Österreich, Ungarn, Mazedonien,

Norwegen, Schweden, Slowenien, Italien,

Finnland, Lettland und Japan. Selbst in

Afrika ist das Modell inzwischen bekannt:

Rund 30 Teilnehmer aus Südafrika, Ghana,

Namibia, Uganda, Niger, Tansania, Nami-

bia, Angola, Kenia und Äthiopien haben

sich letztes Jahr fünf Tage lang mit der

Maschinenring-Idee auseinandergesetzt.

Denn die funktioniert überall auf der Welt.

Auf europäischer Ebene gibt es den Eu-

ropäischen Maschinenring, die Association

of the European National MR-Federations

(EMR e.V.), welcher derzeit von Leonhard Ost

präsidiert wird. Ost ist zugleich Präsident des

Bundesverbands der deutschen Maschinen-

ringe. Die Ringe in den jeweiligen Ländern

sind unterschiedlich organisiert und haben

auch unterschiedliches Gewicht. Deutsch-

land und Österreich gehören ganz klar zu

den Spitzenreitern. Die Verbreitung wurde in

diesen Ländern mit staatlichen Mitteln un-

terstützt, so dass die Maschinenringe immer

professioneller werden. Österreich hält z.B.

ein umfangreiches Aus- und Weiterbildungs-

angebot für die MR-Mitarbeiter bereit, und

Deutschland bietet mit „MR-Consult“ für

ganze Regionen Verbundberatung an. In der

Schweiz sucht man ein auch nur annähernd

vergleichbares Angebot vergebens.

7. Die Welt der Maschinenringe

Bayern nimmt bei den Maschinenringen eine Vorreiterrolle ein. (J. Mauerer/cc by-nc-nd 2.0)

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7.1 Vorreiter DeutschlandDeutschland, speziell Bayern, hat wohl die

grösste Maschinenring-Dichte weltweit. Das

ist auch dem Gründer der Maschinenringe,

Erich Geiersberger, zu verdanken, der aus

Bayern stammt. Aktuell gibt es in Deutsch-

land 258 Maschinenringe mit rund 193‘000

Mitgliedern. Somit ist mehr als die Hälfte der

deutschen Bauern Mitglied in einem Maschi-

nenring, wobei die Dichte der Mitgliedschaf-

ten im Süden Deutschlands am stärksten

ist. Die Maschinenringe in Deutschland sind

grundsätzlich als Verein organisiert, in den

jeweiligen Bundesländern gibt es dann noch

Landesverbände und auf Bundesebene den

Bundesverband der Maschinenringe (BMR)

e.V. als Dachorganisation.

Im letzten Jahr erwirtschafteten die

deutschen Maschinenringe mit ihren Toch-

tergesellschaften einen Gesamtumsatz von

über einer Milliarde Euro, genau genom-

men waren es 1‘029‘704‘470 Euro. Eine

stolze Zahl. Neben der Betriebshilfe und

der Vermittlung von überbetrieblich einge-

setzter Landtechnik lagen die Schwerpunk-

te letztes Jahr vor allem in den Bereichen

Effizienzsteigerung und der Verwertung der

eigenen Arbeitszeit in- und ausserhalb der

Landwirtschaft.

Land Bauern Davon MR-Mitglieder Mitglieder in %

Deutschland 300'600 193'000 64.0%

England/Wales 198'000 5'000 2.5%

Finnland 54'000 1000 1.8%

Frankreich 500'000 1'300 0.3%

Mazedonien 162'000 470 0.3%

Norwegen 45'500 17'500 38.4%

Österreich 173'000 77'000 44.5%

Schweden 90'000 5'500 6.1%

Schweiz 55'000 5'500 10.0%

Slowenien 74'700 6'200 8.3%

Ungarn 169'500 1'700 1.0%

Bayern ist nicht nur die Keimzelle der Maschinenringe weltweit, die bayerischen

Maschinenringe sind den anderen auch oft einen Schritt voraus. Seit vier Jahren sind

zum Beispiel die 73 Maschinenringe in Bayern offiziell als Beratungspartner der Land-

wirtschaftsämter anerkannt. Die MR-Betriebsberater arbeiten überregional. Sie führen

z.B. Orientierungs- und Strategieseminare in kleinen Gruppen durch, in denen sie den

Bauern die Möglichkeiten unterschiedlicher Kooperationsformen näher bringen.

Johann Habermeyer, der Leiter Beratung des Kuratoriums der bayerischen Maschi-

nen- und Betriebshilfsringe, weiss genau wo das Problem liegt: „Viele Betriebe sehen

aufgrund historisch gewachsener Wertvorstellungen den selbständigen Landwirt mit

eigener Technik als Ziel ihrer betrieblichen Entwicklungsstrategie. Das führt häufig zu

unsozialen Arbeitsbedingungen und hohen Kosten bei zu geringen Betriebsgewinnen.“

Weil die Fläche knapp ist, betrachten viele bayerische Betriebe ihre Berufskollegen

als Konkurrenten, was die Zusammenarbeit zusätzlich erschwert. Damit die Bauern

in ihren Berufskollegen Partner sehen, werden in Seminaren zahlreiche Möglichkeiten

aufgezeigt, die die Grenzen des Einzelbetriebes sprengen.

Zahlen kommen dabei nicht zu kurz. Wenn Betriebe zusammenspannen und z.B.

für 300 bis 500 ha Land die Maschinen gemeinsam nutzen schlägt sich das im Porte-

monnaie nieder. Habermeyer sagt: „Kostenersparnis in einer Grössenordnung von 200

bis 300 Euro pro Hektar sind die Regel. Dazu kommt eingespartes Investitionskapital in

Höhe von 2‘000 bis 4‘000 Euro pro Hektar, welches dann für andere Betriebsentwick-

lungen, wie zum Beispiel Stallbau, Biogas, oder Diversifizierung zur Verfügung steht.“

Quelle: Maschinen- und Betriebshelferringe, methodische Herausforderungen zum Erreichen von Veränderungen

7.1.1 MR-consult: Verbund-Beratung

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7.2 Profis in ÖsterreichIn Österreich traten 1961 die ersten re-

gionalen Maschinenringe als bäuerliche

Selbsthilfevereine auf den Plan. Die ge-

nossenschaftlich organisierten Einzelver-

bände sind über Landesverbände im Bun-

desverband „Maschinenring Österreich“

als Dachverband zusammengeschlossen,

welcher 1976 gegründet wurde. 2012

zählte der Maschinenring österreichweit

77‘000 Mitglieder. Und obwohl die Zahl

der Bauern in Österreich weiterhin sank

(aktuell hat es noch 170‘000), gelang es

dem Maschinenring, seine Mitgliederzahl

im letzten Jahr nochmals leicht zu steigern

(+ 0,17 Prozent).

Die grössten Umsätze (etwa 80 %) werden

nach wie vor über den Maschinenverleih

erzielt. Daneben werden auch Serviceleis-

tungen angeboten, wie die Grünlandpflege

oder Winterdienste. Vermehrt kommt auch

der Betrieb von Bio-Energieanlagen dazu.

2012 erwirtschafteten die österreichi-

schen Maschinenringe in den drei Haupt-

geschäftsfeldern MR-Agrar, MR-Service

und MR-Personal einen Rekordumsatz von

315 Millionen Euro. Ein Teil davon ist dem

schneereichen Winter zu verdanken. Er

trieb den Umsatz im Bereich Winterdienst

auf einen Spitzenwert von 63 Millionen

Euro.

Die Mitarbeiter der Maschinenringe Österreichs profitieren von einem umfangreichen,

staatlich unterstützten Aus- und Weiterbildungsangebot. Das Angebot reicht von

Basisschulungen (um den Aufbau und die Organisation des Maschinenrings zu ver-

stehen), über Verhandlungstechniken (speziell abgestimmt auf die Dienstleistungen

des Maschinenrings), Möglichkeiten der Mitgliederwerbung, Maschinenkosten-

kalkulationen, Sekretariatsführung und rechtlichen Fragen bis hin zu einer modular auf-

gebauten Ausbildung als „Agrarkundenbetreuer“ oder als Geschäftsführer MR.

Das Angebot wird rege benutzt: Letztes Jahr nahmen die rund 800 Mitarbeiterin-

nen und Mitarbeiter der österreichischen Maschinenringe an rund 900 Kursen aus dem

Bildungsprogramm teil.

Quelle: Weiterbildungsprogramm MR Österreich 2013/14

7.2.1 Weiterbildung für MR-Mitarbeiter

Ein schneereicher Winter bescherte den österreichischen Maschinenringen 2012 Rekordumsätze. Grund dafür sind die angebotenen Winterdienste. (if)

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8. Literatur / Quellen / LinksErich Geiersberger: Die dritte Bauernbefreiung durch den Maschinenring, Olzog-Verlag München, 1974

„Bauern mit Erfolg – Erfolg mit Bauern“ Businessplan Dachverband Maschinenring Schweiz, Rüti 20093

Maschinen- und Betriebshelferringe, methodische herausforderungen zum Erreichen von Veränderungen Habermeyer, IALB-Tagung, Besançon 2010

Agrartechnik Tage 2011: Überbetriebliche Zusammenarbeit Ueli Straub, Agridea, 2011

Bauern im Ring Broschüre des Maschinenrings Graubünden, Cazis, 2013

Weiterbildungsprogramm 2013/14 Maschinenring Österreich, Wien, 2013

Dachverband Maschinenringe Schweiz www.maschinenring.ch

Bundesverband der Maschinenringe Deutschland www.maschinenringe.de

Maschinenringe Österreich www.maschinenring.at

Europäische Maschinenringe: Association of the European National MR-Federations (EMR e.V.) www.emr.maschinenringe.com