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Corporate Law Newsletter Neueste Rechtsprechung und aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Corporate Law 2/2014

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Corporate Law Newsletter

Neueste Rechtsprechung und aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Corporate Law

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In eigener Sache 5 EY Law baut Schiedsgerichtsbarkeit und Prozessführung aus

6 EY Law baut Energierechtspraxis aus

Brennpunkt 8 Aktuelle Rechtsprechung – die Hauptversammlung • Umfang der Auskunftspflicht des Vorstandes in der Hauptversammlung • Keine Beeinträchtigung des Teilnahmerechts des Aktionärs bei unzureichender Beschallung des Catering-Bereichs der Hauptversammlung

10 Treuepflichten der Gesellschafter in der Sanierungsphase

12 Regelung zur Auflösung von Blockaden in der zweigliedrigen Gesellschaft (Russian-Roulette-Klausel) – Wirksamkeit von Shoot-Out-Klauseln bei Personen- und Kapitalgesellschaften

16 Erleichterte Sanierungsmöglichkeiten für Unternehmen – Wir sind schon da!

18 Auch Hedging-Geschäfte genießen völkerrechtlichen Investitionsschutz (ICSID Schiedsverfahren Deutsche Bank vs. Sri Lanka)

20 Auf dem Weg zu einer gesetzlichen Frauenquote

22 EEG-Reform

Rechtsprechung aktuell 24 Korrektur einer unrichtigen Gesellschafterliste bei Teilung eines

GmbH-Geschäftsanteils

26 Auslandsbeurkundung auch nach MoMiG zulässig

28 OLG Saarbrücken zur Frage, ob § 112 AktG auf Fälle der wirtschaftlichen Identität zwischen dem Vorstandsmitglied und dem Dritten anwendbar ist

30 Lizenz ohne Vertrag – ein unterschätztes Risiko im Konzern

32 Gewinnausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen einer insolventen GmbH & Co. KG und Geschäftsführerhaftung

34 Bundesverfassungsgericht erlaubt Rechtsanwaltsgesellschaften mit berufsfremden Gesellschaftern und Geschäftsführern

Legal Compliance Ecke 36 Anforderungen an ein wirksames Compliance Management System

Aktuelle Meldungen 40 Gesellschafterdarlehen und Bankerlaubnis: Durch neues BAFIN Merkblatt entschärft 41 Anpassung von AGB aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

41 Bundessozialgericht schockiert Syndikusanwälte und deren Arbeitgeber

43 Ansprechpartner

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Zum 1. Februar 2014 ist Herr Rechtsanwalt Dr. Heiko Büsing (39) in das Hamburger Büro von EY Law gewechselt. Von dort aus verantwortet er bundesweit den Aufbau der neuen Praxis Schieds-gerichtsbarkeit und Prozessführung vor staatlichen Gerichten.

Herr Dr. Büsing ist seit dem Jahre 2004 als Rechtsanwalt tätig und verfügt über langjährige Erfahrung in der Vertretung seiner Mandanten vor staatlichen Gerichten und (internationalen) Schiedsgerichten. In den letzten Jahren ist er ferner in diversen Schiedsverfahren zum Schiedsrichter bestellt worden.

Herr Dr. Büsing ist aktives Mitglied der DIS, der GMAA, der ArbAut und des Hamburg Arbitration Circle und referiert regelmäßig zu schiedsrechtlichen Themen.

EY Law baut Schiedsgerichtsbarkeit und Prozessführung aus

Die folgenden Rechtsgebiete stehen im Fokus der Beratungspraxis:

• Schiedsverfahren nach den Verfahrensregeln der DIS, der GMAA, der SCC, der ICC, des LCIA, der Schweizer Regeln, des VIAC, der CIETAC, des SIAC, des HKIAC sowie Ad hoc-Schiedsverfahren

• Internationale Investitionsschutz-Schiedsverfahren, z. B. nach den ICSID-Regeln

• Post M&A-Streitigkeiten

• Gesellschafterkonflikte

• Aktienrechtliche Spruchverfahren

• Commercial Disputes

• Außenhandelsrecht (Akkreditive, Kreditversicherungen, Incoterms)

• Streitigkeiten mit Bezug zum Energierecht, insbesondere Erneuerbare Energien

Dr. Heiko Büsing, LL.M (University of Georgia)

Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH | HamburgTelefon + 49 40 36132 [email protected]

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Zum 1. März 2014 bzw. 1. April 2014 sind Dr. Christian Hampel und Dr. Nils Graßmann in das Berliner Büro von EY Law gewechselt und bauen von dort aus den Bereich des Energiewirtschaftsrechts bundesweit auf. Christian Hampel und Nils Graßmann werden von Rechtsanwältin Katharina Groth unterstützt.

Christian Hampel ist seit über 10 Jahren Rechtsanwalt im Bereich des Energiewirtschafts-rechts. Sein Jurastudium absolvierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin und in New York. Er promovierte 2003 zu den Regelungen der Tarifkundenversorgung im Ener-giesektor. Als Jurist und Rechtsanwalt war er zunächst bei Vattenfall und dann in der internationalen Kanzlei Linklaters LLP tätig. Dort war Christian Hampel in der energie-wirtschaftsrechtlichen Beratung über mehrere Jahre Managing Associate im Zusammen-hang mit Transaktionen im Energiesektor, wie z.B. dem Erwerb der Fernleitungsnetzbe-treiber OGE und Thyssengas, dem Erwerb der Gasspeicher von BEB, im Zusammenhang mit der Errichtung von Offshore-Netzanbindungen sowie der Beratung zu energiewirt-schaftsrechtlichen Fragen, wie z.B. der Entflechtung, Netzentgeltregulierung und bei der Ausgestaltung von energiewirtschaftsrechtlichen Verträgen in den Bereichen Strom, Gas und Fernwärme.

Mit Christian Hampel ist seine Kollegin Katharina Groth von Linklaters zu EY Law ge -wechselt. Frau Groth hat Christian Hampel bei verschiedensten Projekten unterstützt.

EY Law baut Energierechtspraxis aus

Dr. Christian Hampel

Rechtsanwalt | Attorney at Law N.Y. Ernst & Young Law GmbH | Berlin Telefon +49 30 25471 20050 [email protected]

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Nils Graßmann verfügt über 12-jährige Erfahrung in der Beratung von Unternehmen in der Energiewirtschaft. Nach seinem Jura-studium an der Georg-August-Universität Göttingen und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. und der folgenden Promotion in Freiburg war Nils Graßmann zunächst bei Sterr-Kölln & Partner mit der Projektierung und Finanzierung von Windpark- Projekten betraut und anschließend für Rechtsanwälte Gersemann & Kollegen als Berater für Unternehmen der Energie- und Versor-gungswirtschaft tätig. Seit 2009 hat er bei PwC Legal den Bereich Energiewirtschaftsrecht in der Region Süd an den Standorten Stuttgart, München und Frankfurt aufgebaut und geleitet.

Bei EY Law konzentriert sich das Team auf die Beratung im Energiewirtschaftsbereich mit folgenden Schwerpunkten:

• Begleitung von Transaktionen im Energiesektor, wie z. B. dem Verkauf von Anteilen an Transport- und Verteilnetz- sowie Kraftwerksbetreibern, Transaktionen im Zusammenhang mit der Rekommunalisierung sowie der Gründung von Gemein- schaftsunternehmen;

• Beratung zu alternativen Energieversorgungsmodellen; ins-besondere die Umsetzung von Eigenstrommodellen, die Um-strukturierung der Stromabnahme (geschlossene Verteiler-netze, Kundenanlage etc.) und die Beratung bei Kooperations - verträgen;

Dr. Nils Graßmann

Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH | Berlin Telefon +49 30 25471 20995 [email protected]

• Beratung von Kommunen und Netzbetreibern in Konzessions-vergabeverfahren und Netzübernahmeverhandlungen;

• Beratung und Prüfung von Energieliefer- und Energiespeicher-verträgen einschließlich Liefer-AGB für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme einschließlich der gerichtlichen Durchsetzung ver-traglicher Ansprüche;

• Beratung und Begleitung von Netzausbauprojekten, Kooperationen und Off-Shore-Netzanbindungen;

• Beratung von Netzbetreibern in allen Regulierungsfragen, insbesondere zu Netzentgelten, einschließlich Verfahren vor den Regulierungsbehörden und Gerichten.

• Beratung von Projektentwicklern, Sponsoren, Direktver-marktern und Banken zu allen Fragen im Zusammenhang mit der EEG-Förderung einschließlich der aus der EEG-Novelle 2014 resultierenden Änderungen.

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Im Rahmen eines solchen Verfahrens hatte der BGH abschließend über den Antrag eines Aktionärs der Deutschen Bank AG anlässlich des Erwerbs von Sal. Oppenheim zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 05.11.2013 – Az.: II ZB 28/12). Dieser Beschluss des BGH stellt eine Grundlagenentscheidung zum Auskunftsrecht der Aktio-näre in der Hauptversammlung dar:

Der BGH setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, ob die zur Vorbeugung missbräuchlich ausufernder Auskunftsverlangen vor-zunehmende Beschränkung des Anspruchs aus § 131 Abs. 1 AktG auf solche, die vom Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs als erforderlich angesehen werden, um einen Gegenstand der Tagesordnung sachgemäß beurteilen zu können, mit der Aktionärs-rechterichtlinie der EU in Einklang zu bringen ist. Der BGH bejaht dies. Zwar seien das Fragerecht der Aktionäre und die damit korres-pondierende Antwortpflicht der Gesellschaft nach Art. 9 Abs. 1 der Aktionärsrechterichtlinie nicht auf Informationen beschränkt, die zur Beurteilung der Gegenstände der Tagesordnung erforderlich sind. Allerdings sei die nationale Beschränkung des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG auf solche Auskünfte, die zur Beurteilung des Gegen-standes der Tagesordnung erforderlich sind, eine zulässige Maß-nahme der Mitgliedstaaten im Sinne der Aktionärsrechterichtlinie, um den ordnungsgemäßen Ablauf und die ordnungsgemäße Vorbe-reitung von Hauptversammlungen zu gewährleisten. Der BGH tritt damit Stimmen in der Literatur entgegen, die eine solche zulässige Maßnahme zur Beschränkung des Auskunftsrechts im Sinne der Aktionärsrechterichtlinie ausschließlich auf den äußeren Ablauf der Auskunftsgewährung beziehen wollen.

EinführungDie Hauptversammlungssaison 2014 ist im Gange. Zu den wichtigs-ten Teilnahmerechten des Aktionärs gehört das Informationsrecht. Ohne ausreichende Informationen haben die Aktionäre unter Umständen keine hinreichende Tatsachengrundlage für ihre Ent-scheidung hinsichtlich ihrer Stimmabgabe. Andererseits hat die Ver-waltung der Aktiengesellschaft für einen effizienten und reibungs-losen Ablauf der Hauptversammlung zu sorgen. Das Informations-bedürfnis der Aktionäre kann daher in ein Spannungsfeld mit einem effizienten Hauptversammlungsmanagement geraten. Der Umfang des Informationsrechts der Aktionäre ist deshalb immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

Der BGH zum Umfang der Auskunftsplicht in der Haupt­versammlungAktionäre können gegen Hauptversammlungsbeschlüsse, die unter Verletzung ihres Auskunftsrechts, das ihnen nach § 131 AktG in der Hauptversammlung zusteht, zustande gekommen sind, unter Umständen Anfechtungsklage erheben, wenn sie in der Hauptver-sammlung gegen einen Hauptversammlungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben. Im Rahmen einer solchen Anfech-tungsklage wird die Beachtung des Auskunftsrechts dann inzident geprüft, soweit sie für den Hauptversammlungsbeschluss relevant ist. Daneben steht dem Aktionär gemäß § 132 AktG aber auch die Möglichkeit offen, eine gerichtliche Entscheidung darüber zu bean-tragen, ob im Einzelfall eine in der Hauptversammlung nicht gege-bene Auskunft zu erteilen ist. Wird dem Antrag stattgegeben, ist die Auskunft dann auch außerhalb der Hauptversammlung zu geben.

BrennpunktAktuelle Rechtsprechung – die Hauptversammlung• Umfang der Auskunftspflicht des Vorstandes in der Hauptversammlung

BGH, Beschluss vom 05.11.2013 – Az.: II ZB 28/12

• Keine Beeinträchtigung des Teilnahmerechts des Aktionärs bei unzureichender Beschallung des Catering-Bereichs der Hauptversammlung BGH, Urteil vom 08.10.2013 – Az.: II ZR 329/12

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Konkret machte der Aktionär nun geltend, seine Fragen zur Sal. Oppenheim-Transaktion seien nicht hinreichend konkret beant-wortet worden, die er im Zusammenhang mit der Entlastung des Vorstands gestellt hatte. Der Aktionär hatte um einen detaillierten Überblick über den Erwerb von Sal. Oppenheim gebeten und wollte unter anderem wissen, wer mit wem welche Verträge mit welchem Inhalt geschlossen habe, sowie die wesentlichen Punkte der Due- Diligence-Prüfung, die dabei aufgedeckten Risiken und einen detail-lierten Überblick über die sonstigen Inhalte des Due-Diligence- Berichts. Der BGH stellte zunächst klar, dass der Aktionär die Auskünfte verlangen könne, die für seine Ermessensausübung bei der Abstimmung der Hauptversammlung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich seien. Dazu würden auch Auskünfte über die Sal. Oppenheim-Transaktion gehören. Allerdings seien die Fragen des Aktionärs in der Hauptversammlung beant-wortet und damit der Auskunftsanspruch erfüllt worden. Ohne weitere Rückfrage des Aktionärs hätten keine weiteren Auskünfte in der Hauptversammlung erteilt werden müssen. Denn jedenfalls dann, wenn wie im entschiedenen BGH-Fall eine Frage auf eine Viel-zahl von Informationen gerichtet ist, die zumindest teilweise nicht für die Beurteilung eines Tagesordnungspunktes relevant sind, muss der Aktionär, der auf seine Frage eine aus seiner Sicht unzu-reichende Pauschalantwort erhält, nach Ansicht des BGH durch eine präzise Nachfrage deutlich machen, dass sein Informations-interesse auf bestimmte Detailauskünfte gerichtet ist. Es gelten dabei dieselben Grundsätze wie bei einer pauschalen Frage, bei der der Aktionär ein auf detaillierte Informationen gerichtetes Aus-kunftsverlangen ebenfalls durch eine Nachfrage kundtun muss.

Weiterhin rügte der Aktionär, dass seine Fragen – welche vorlage-pflichtigen Kreditengagements im Berichtszeitraum im Risikoaus-schuss des Aufsichtsrats behandelt worden seien, bei welchen Engagements welche Beschlüsse gefasst wurden und wie sich diese Engagements seit der Beschlussfassung entwickelt hätten – zu global beantwortet worden seien. Auch hier ist der Auskunftsan-spruch des Aktionärs nach Ansicht des BGH durch die eher globale Beantwortung des Vorstands erfüllt worden. Denn der Vorstand dürfe regelmäßig die Auskunft verweigern, soweit sich das Aus-kunftsverlangen auf vertrauliche Vorgänge in den Sitzungen des Aufsichtsrats oder seiner Ausschüsse richtet. Die Diskussionen und das Abstimmungsverhalten im Aufsichtsrat seien vertraulich. Im entschiedenen Fall waren darüber hinaus nach Auffassung des BGH auch die behandelten Kreditengagements vertraulich, weil sie per-sönliche Umstände und Verhältnisse der Kunden der Gesellschaft betrafen. Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise das Recht auf Auskunftsverweigerung wegen Vertraulichkeit hinter ein vor-rangiges Aufklärungsinteresse wegen eines objektiv begründeten Verdachts schwerwiegender Pflichtverletzungen zurücktreten müsse, sah der BGH in dem entschiedenen Fall demgegenüber nicht.

Übertragung der Hauptversammlung in Nebenräume und Teilnahmerecht der AktionäreIn einem weiteren Fall hatte der BGH zu klären, ob das Teilnahme-recht der anwesenden Aktionäre rechtswidrig beschränkt wird, wenn die Hauptversammlung nicht in Nebenräume, die zum Präsenzbereich zählen sollen, übertragen wird (BGH, Beschluss vom 08.10.2013 – Az.: II ZR 329/12). Nach Auffassung des BGH wird das Teilnahmerecht der anwesenden Aktionäre selbst dann nicht beeinträchtigt, wenn die Übertragung der Hauptversammlung in den Präsenzbereich zuvor angekündigt worden ist, aber dann entgegen der Ankündigung nicht in andere Räume als den eigent-lichen Versammlungsraum übertragen wird. Denn eine Übertragung der Hauptversammlung in Vor- oder Nebenräume wie den Catering- Bereich, Raucherecken o. ä. sei aktienrechtlich nicht verlangt. Wenn dann die zugesagte Übertragung in solche Räume nicht stattfindet, könne der anwesende Aktionär dies unschwer selbst erkennen und sich dann entscheiden, ob er in den Versammlungsraum zurück-kehren will. Mit dieser Entscheidung stellt sich der BGH gegen eine Entscheidung des Landgerichts München I aus dem Jahr 2010, das die Ansicht vertreten hatte, die unzureichende Beschallung eines Präsenzbereichs verletze das Teilnahmerecht.

Autor

Dr. Maximilian KochRechtsanwalt | Dipl.-KaufmannErnst & Young Law GmbH | DüsseldorfTelefon +49 211 9352 [email protected]

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darüber, dass die Gesellschafter jedenfalls in der Sanierungsphase vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens untereinander einer Treuepflicht unterliegen. So hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 1984 entschieden, dass das Treuegebot insbesondere dann bestehen bleibe, wenn es um die Frage der Erhaltung des Gesell-schaftsunternehmens geht, woraus sich auch die Treuepflicht eines Gesellschafters ergebe, die Gesellschaft nicht in die Zahlungsun fähigkeit zu treiben (BGH, Urteil vom 19.11.1984 – Az.: II ZR 102/84). Während im Fall Suhrkamp das Landgericht Frankfurt auf dieser Grundlage eine Pflicht des Gesellschafters zur Stundung und zur Erklärung eines Rang rücktritts hinsichtlich seiner Gewinnansprüche bejahte (Urteil vom 13.08.2013 – Az.: 3-09 O 78/13), kam das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem in dieser Sache ergangenen Beschluss zu der Feststellung, dass auch durch die Erklärung eines Rangrücktritts im konkreten Fall die Insolvenz-gründe nicht hätten beseitigt werden können (Beschluss vom 07.10.2013 – Az.: 5 U 135/13). Daraus ist abzuleiten, dass sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine Verpflichtung für den Gesellschafter zur Leistung eines Sanierungsbeitrags nur dann ergeben kann, wenn der geforderte Sanierungsbeitrag tatsächlich auch ein taugliches Sanierungs instrument darstellt.

Auf derselben Linie liegt auch eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts München. Dessen Beschluss vom 16.01.2014 (Az.: 23 AktG 3/13) lag die Frage zugrunde, ob die Aktionäre auf-grund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten im konkreten Fall ver-pflichtet waren, einer Kapitalherabsetzung zuzustimmen. In Über-einstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ging auch das Oberlandesgericht München zunächst davon aus, dass es einem Gesellschafter unter bestimmten Umständen verboten sein kann, eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung der Gesellschaft aus eigennützigen Gründen zu verhindern. Nach dem Oberlandesgericht München ist es dann jedoch Aufgabe der sanie-rungswilligen Gesellschafter bzw. der Gesellschaft darzulegen, dass die angestrebte Sanierungsmaßnahme auch tatsächlich zu einer nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft führt. Diese Vorausset-zung war nach Auffassung des Oberlandesgerichts München in dem seiner Entscheidung zugrunde liegenden Fall nicht erfüllt.

OLG München, Beschluss vom 16.01.2014 – Az.: 23 AktG 3/13

Gesellschaftsrechtliche Treuepflichten und Sanierungs­gutachtenDie wirtschaftliche Krise einer Gesellschaft kann viele Ursachen haben. Nicht selten geht der Gesellschaftskrise eine Gesellschafter-krise voraus. Umgekehrt kann aber auch die Gesellschaftskrise Aus-löser einer Gesellschafterkrise sein und zwar dann, wenn innerhalb des Gesellschafterkreises unterschiedliche Auffassungen im Hin-blick auf eine Sanierung der Gesellschaft bestehen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob und inwieweit opponierende Gesellschafter aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten verpflichtet sind, an einer Sanierung der Gesellschaft mitzuwirken.

Teil 1: Gesellschaftsrechtliche Treuepflichten in der SanierungsphaseDas Thema Treuepflichten der Gesellschafter in der Sanierungs-situation hat zuletzt insbesondere im Fall Suhrkamp für erheblichen Diskussionsstoff gesorgt. Dabei standen die Fragen einer Beschrän-kung des Gewinnbezugsrechts sowie der Stimmrechtsausübung im Insolvenzplanverfahren zwischen den beteiligten Parteien im Streit. Erstinstanzlich hat das Landgericht Frankfurt in beiden Fällen eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bejaht und eine Pflicht des Gesellschafters zur Stundung und zur Erklärung eines Rangrück-tritts hinsichtlich seiner Gewinnansprüche (Urteil vom 13.08.2013 – Az.: 3-09 O 78/13)angenommen sowie die Stimmabgabe im Insolvenzplanverfahren untersagt (Urteil vom 10.09.2013 – Az.: 3-09 O 96/13). Zwar wurden beide Entscheidungen vom Oberlandesgericht Frankfurt aufgehoben (Beschluss vom 01.10.2013 – Az.: 5 U 145/13; Beschluss vom 07.10.2013 – Az.: 5 U 135/13). Diese Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt ergingen allerdings erst nach der Eröffnung des Insolvenz- verfahrens, weshalb nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine Ver-pflichtung zur Leistung eines Sanierungsbeitrags nicht mehr be -stehen könne. Während danach der Streit darüber, inwieweit gesellschaftsrecht liche Treuepflichten im Insolvenzverfahren fortbestehen, noch in vollem Gange ist, besteht heute Einigkeit

BrennpunktTreuepflichten der Gesellschafter in der Sanierungsphase

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Als Zwischenfazit ist daher festzuhalten, dass auch sanierungs-unwillige Gesellschafter aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treue-pflichten verpflichtet sein können, einer Sanierungsmaßnahme zuzustimmen. Voraussetzung hierfür ist jedoch in jedem Fall, dass die beabsichtigte Maßnahme im Rahmen eines schlüssigen Sanie-rungskonzepts auch zu einer nachhaltigen Sanierung der Gesell-schaft führt. Dies wirft die Folgefrage auf, welche Anforderungen an derartige Sanierungskonzepte zu stellen sind.

Teil 2: Anforderungen an SanierungskonzepteZunächst ist zu dieser Frage festzuhalten, dass sich die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht umfassend zu den Anfor-derungen an ein Sanierungskonzept geäußert hat. In einer Vielzahl von Anfechtungsklagen der Konkurs- und Insolvenzverwalter wurde jedoch herausgearbeitet, aus welchen Gründen in dem jeweiligen Fall ganz offensichtlich kein schlüssiges Sanierungskonzept vorge-legen hat.

Neben der Rechtsprechung wurden aber insbesondere durch das IDW die „Anforderungen an die Erstellung von Sanierungs-konzepten“ durch den Berufsstandard IDW S6 weiterentwickelt und geprägt (IDW Fachnachrichten, Nr. 12/2012, S. 719ff). Kernbestandteile eines Sanierungskonzeptes sind demnach (vgl. IDW S6; Tz 8 mit Zitatstellen zu den korrespondierenden Anforde-rungen des BGH):

• Beschreibung von Auftragsgegenstand und –umfang;• Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangslage des Unternehmens

in seinem Umfeld, einschließlich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage;

• Analyse von Krisenursachen, -stadium und Insolvenz- gefährdung;

• Leitbild und Geschäftsmodell des sanierten Unternehmens;• Maßnahmen zur Abwendung einer Insolvenzgefahr und zur

Bewältigung der Unternehmenskrise;• Integrierter Unternehmensplan (Vermögens-, Finanz- und Er-

tragsentwicklung).

Die Kernbestandteile werden durch die zusammenfassende Ein-schätzung zur Sanierungsfähigkeit abgerundet. Sanierungsfähig ist ein erwerbswirtschaftliches Unternehmen nur dann, wenn keine rechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten der Fortführung (im Sinne des § 252 Abs. I Nr. 2 HGB) entgegenstehen und nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit und Renditefähigkeit wiederhergestellt ist (vgl. IDW S6; Tz. 11).

Ein Sanierungskonzept kann somit als ein Bündel an Maßnahmen verstanden werden, das auf einer fundierten Analyse der Ausgangs-lage basiert und dazu geeignet ist, die Insolvenz zu vermeiden und nachhaltig die Wettbewerbs- und Renditefähigkeit wiederherzu-stellen. Fast schon selbstredend dürfen die Maßnahmen nicht offen-sichtlich undurchführbar sein.

Die strategischen, operativen und finanzwirtschaftlichen Maß-nahmen sind mit ihren Effekten (inklusive Sanierungskosten) zu quantifizieren und im integrierten Unternehmensplan zu berück-sichtigen. Von der Sanierungsfähigkeit wird dann gesprochen, wenn die Sanierungsziele erfüllt werden:

• Wiedererlangung der Wettbewerbs- und Renditefähigkeit – gemessen am Erreichen der branchentypischen Profitabilität und Kapitalausstattung.

• Durchfinanzierung des Konzepts – gemessen an einer positiven freien Liquidität über den Planungszeitraum.

Die im Sanierungskonzept niederzulegenden Maßnahmen erstre-cken sich in der Regel auf eine Vielzahl von Beteiligten und deren Beiträge zur Sanierung des Unternehmens. An die zu ergreifenden Sanierungsmaßnahmen ist demnach die weitere Anforderung der nicht offensichtlichen Undurchführbarkeit zu stellen. Hierbei kommt dem Aufsteller des Sanierungskonzeptes eine besondere Aufgabe und Verantwortung zu, denn neben der „rein technischen“ Umsetzbarkeit der Maßnahmen ist insbesondere auf eine adäquate Verteilung der Sanierungsbeiträge zu achten. Eine transparente Darstellung der jeweiligen Chancen und Risiken sowie der Lastenverteilung kann die Zustimmung im außergerichtlichen Wege zumindest positiv unterstützen.

Den in diesem Fall behandelten „sanierungsunwilligen Gesell-schafter“ hätte man bei Vorliegen eines schlüssigen Konzeptes vielleicht überzeugen können.

Autoren

Dr. Nikolai Weber Rechtsanwalt | Fachanwalt für Insolvenzrecht Ernst & Young Law GmbH | StuttgartTelefon +49 711 9881 [email protected]

Michael Weimar Steuerberater Ernst & Young GmbH | StuttgartTelefon +49 711 9881 [email protected]

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Urteil des OLG Nürnberg

SachverhaltKläger und Beklagter waren vormals Gründungsgesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft (GmbH & Co. KG). In der Satzung wurde eine sog. Russian Roulette-Klausel verwendet: Danach war jeder Gesellschafter berechtigt, dem anderen Gesell-schafter seine Gesellschaftsanteile zu einem bestimmten Preis anzubieten, und der andere Gesellschafter verpflichtet, dieses Angebot entweder anzunehmen (und so Alleingesellschafter zu werden) oder bei Nichtannahme, seine eigene Gesellschaftsbeteili-gung an den Anbietenden zum gleichen Kaufpreis zu veräußern (und so aus der Gesellschaft auszuscheiden, deren Anteile dann alleine von dem Anbietenden gehalten werden). Im entschiedenen Fall regelte die Satzung ferner, dass mit Zahlung des Kaufpreises etwaige Anstellungsverhältnisse des ausscheidenden Gesellschaf-ters mit der Gesellschaft enden und der ausscheidende Gesellschaf-ter verpflichtet ist, alle Ämter (Vorstand/ Aufsichtsrat) niederzu-legen.

Der Beklagte unterbreitete dem Kläger im Februar 2011 ein An - kaufangebot im Sinne der Satzung. Nach Annahme des Angebotes im Februar 2012 schied der Beklagte durch Vollzug der Über-tragung im März 2012 aus der Gesellschaft aus und legte sein Vorstandsamt nieder.

OLG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2013 - Az.: 12 U 49/13

EinführungPattsituationen auf Gesellschafterebene können die Handlungs-fähigkeit von Personen- und Kapitalgesellschaften kurzzeitig oder für eine längere Phase beeinträchtigen und schlimmstenfalls völlig blockieren. Besonders anfällig hierfür sind zweigliedrige Gesell-schaften mit identischer Gesellschaftsbeteiligung; häufig ist diese Konstellation bei Joint-Venture-Gesellschaften anzutreffen. Im Rah-men bevorstehender Finanzierungsentscheidungen, Restrukturie-rungen, Akquisitionen oder anderer wesentlicher Entscheidungs-vorgänge kann hierdurch der Fortbestand einer Joint-Venture- Gesellschaft gefährdet werden. Aus der angloamerikanischen Ver-tragspraxis stammende Shoot-Out-Klauseln sollen eine schnelle und reibungslose Auflösung einer solchen Pattsituation (sog. deadlock) ermöglichen.

Erstmals liegt durch das Urteil des OLG Nürnberg vom 20.12.2013 (Az.: 12 U 49/13) eine obergerichtliche Stellungnahme zu einer Shoot-Out-Klausel vor (in der Spielart der Russian Roulette– Klausel), die deren Wirksamkeit bestätigt.

BrennpunktRegelung zur Auflösung von Blockaden in der zweigliedrigen Gesellschaft (Russian-Roulette-Klausel) Wirksamkeit von Shoot-Out-Klauseln bei Personen- und Kapitalgesellschaften

Deadlock Entscheidungsstillstand auf Geschäftsführungsebene aufgrund Uneinigkeit der Gesellschafter.

Shoot­Out Vereinzelt verwendet als Oberbegriff für die u. g. Verfahren zur schnellen, reibungslosen Beendigung der Zusammenarbeit von Gesellschaftern durch Übertragung der Gesellschaftsanteile eines Gesellschafters auf einen anderen.

Russian Roulette A und B sind jeweils berechtigt, dem anderen anzubieten, dessen Gesellschaftsbeteiligung zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder die eigene Beteiligung zum selben Preis an den anderen zu verkaufen. Der andere hat das Recht und die Pflicht zu entscheiden, ob er die eigene Beteiligung verkaufen oder die Beteiligung des anderen kaufen möchte.

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Im Juni 2012 bestellte der Aufsichtsrat den Beklagten erneut zum Vorstand der Gesellschaft. Der Beklagte nahm die Bestellung an.

Der Kläger begehrte die Verpflichtung des Beklagten, auch dieses Amt niederzulegen. Das Landgericht Regensburg gab der Klage statt. Der Beklagte ging in Berufung.

EntscheidungsgründeDie Berufung des Beklagten war erfolgreich. Das OLG Nürnberg urteilte, dass die von den Parteien vereinbarte Russian Roulette–Klausel grundsätzlich wirksam ist, aber dem Beklagten nicht unter-sagt, nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter eine erneute Bestellung zum Vorstand der Gesellschaft anzunehmen.

Das Gericht erkennt bei Verwendung von Russian Roulette–Klauseln eine Missbrauchsgefahr im Fall wirtschaftlich ungleicher Verhält-nisse der Gesellschafter und prüft die Rechtmäßigkeit am Maßstab der Rechtsprechung zu sog. Hinauskündigungsklauseln, die wegen Sittenwidrigkeit grundsätzlich nichtig sind. Herauskündigungsklau-seln räumen Gesellschaftern das Recht ein, Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen. Die Sitten-widrigkeit dieser Klauseln wird mit dem Beeinträchtigungspotenzial für die freie Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte und Wahr-nehmung der Gesellschafterpflichten begründet: Der von der Aus-schließung bedrohte Gesellschafter empfindet allein die Möglichkeit des Ausschlusses womöglich als so bedrohlich, dass er seine Mit-gliedschaftsrechte vorsorglich nach dem Willen der Ausschlussbe-rechtigten ausübt; hiervor muss er geschützt werden (BGH, Urteil vom 07.05.2007 – Az.: II ZR 281/05 m.w.N.).

Im Gegensatz hierzu sei die Verwendung der Russian Roulette- Klausel aber sachlich gerechtfertigt und bilde daher eine zulässige Ausnahme von den grundsätzlichen Erwägungen zur Herauskündi-gung: Der mit der Russian Roulette-Klausel verfolgte Zweck, die Auflösung einer Selbstblockade herbeizuführen, stelle zumindest bei einer Gesellschaft mit zwei identisch beteiligten Gesellschaftern eine sachliche Rechtfertigung dar. Das Gericht argumentiert unter anderem damit, dass der Preisfindungsmechanismus einer Über-vorteilung eines Gesellschafters durch den anderen entgegenwirke, da beide Gesellschafter gleichermaßen das Recht zur Abgabe eines Ausstiegsangebots haben und jeweils beide dem Anreiz unterliegen, einen möglichst fairen Angebotspreis vorzugeben, da sie sonst Gefahr laufen, selbst zu einem unangemessen hohen/niedrigen Preis (ver-)kaufen zu müssen; die Klausel habe ferner keinen Sanktionscharakter, sondern biete ein Ausstiegsverfahren im Fall des Deadlocks; zudem stehe es den Gesellschaftern jeweils frei, die Zustimmung zu der Klausel zu verweigern und sich bei Gesell-schaftsgründung nicht hierauf einzulassen. Das Gericht macht im Übrigen deutlich, dass diese Erwägungen auch für Kapitalgesell-schaften gelten.

Eine Russian Roulette-Klausel könne allerdings dann unwirksam sein, wenn einer der beiden Gesellschafter von Anfang an finanziell gar nicht in der Lage ist, ein Erwerbsangebot zu finanzieren, und daher (potentiell) von vornherein konfliktscheu agieren muss, um den für ihn nachteiligen Shoot-Out-Mechanismus zu vermeiden. Für eine solche Konstellation gab es im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte. Nicht erörtert wurde vom Gericht, ob ausnahms-weise eine nachträgliche (gerichtliche) Ausübungskontrolle am Maßstab von Treu und Glauben in Betracht komme, insbesondere wenn zwischen dem von der Ausgangspartei unterbreiteten Ange-bot und dem Verkehrswert der Anteile ein grobes Missverhältnis besteht.

Für wirksam wurde auch die ergänzende Regelung erachtet, dass mit dem Ausstieg auch der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des ausscheidenden Gesellschafters beendet wird und dieser zur Niederlegung seiner Ämter verpflichtet ist. Insbesondere liege weder ein Verstoß gegen § 84 AktG vor noch bestünde eine Pflicht zur Gewährung einer Karenzentschädigung. •

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14 | Corporate Law Newsletter 2/2014

Bedeutung für die PraxisDie gesetzlichen Regelungen für Pattsituationen zwischen Gesell-schaftern alleine sind unbefriedigend: Das GmbH-Gesetz kennt nur den Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund; daneben bestehen (unbestimmte) Treuepflichten der Gesellschafter untereinander. Ergänzend dazu enthalten GmbH-Verträge häufig Regelungen zur (Eigen-)Kündigung eines Gesellschafters (ohne wichtigen Grund) und zur Einziehung von Geschäftsanteilen (aus wichtigem Grund).

Mit der Entscheidung des OLG Nürnberg besteht nun größere Rechtssicherheit hinsichtlich der grundsätzlichen Wirksamkeit von Shoot-Out-Klauseln. Diese bewirken eine schnelle, „lautlose“ Auf-lösung eines Deadlocks und bieten auf Grundlage eines streng formalisierten Preisfindungsverfahrens eine gewisse Gewähr für Preisgerechtigkeit; sie sind zwar nicht perfekte, aber durchaus geeignete Gestaltungsvarianten, dem wirtschaftlichen Risiko mög-licher Selbstblockaden in zweigliedrigen Gesellschaften zu begeg-nen. Erfahrungsgemäß erhöht die Gefahr, kurzfristig aus der Ge -sellschaft auszuscheiden, zudem die Einigungsbereitschaft der Parteien: Rational handelnde Parteien dürften zur Verhandlung neigen und gegebenenfalls Kompromissbereitschaft zeigen, um die Ungewissheit des Shoot-Out-Verfahrens zu vermeiden.

Bemerkenswert ist, dass das Gericht weder die Eingrenzung des Shoot-Out-Mechanismus auf vordefinierte „Auslösungstatbestände“ (trigger oder deadlock event) noch die Notwendigkeit vorge-schalteter Streitschlichtungsverfahren anspricht. In der vertrags-gestaltenden Praxis ist demgegenüber verbreitet, den Shoot-Out- Mechanismus auf vorbestimmte Fälle zu beschränken, also bei-spielsweise Schwellenwerte vorzusehen bzw. nur bestimmte Ge-schäfte als zum Shoot-Out berechtigende „Auslösungstatbestände“ zu qualifizieren. Ebenso wird ein dem Shoot-Out vorgeschaltetes externes oder internes Streitschlichtungsverfahren (etwa Befas-sung der Konzernobergesellschaften/des Aufsichtsrats/Beirats mit

Texan Shoot­Out/Shoot­Out A und B sind jeweils berechtigt, dem anderen Teil den Ankauf von dessen Gesellschaftsbeteiligung zu einem bestimmten Preis anzubieten; Angebotsempfänger ist verpflichtet, bei Nichtan-nahme des Angebots seinerseits ein Gegenangebot für den An-kauf der Beteiligung des zuvor Anbietenden zu einem höheren Kaufpreis zu unterbreiten, das dieser wiederum nur bei Abgabe eines wiederum höheren Kaufangebots ablehnen darf, usw. Hinterlegen beide Gesellschafter innerhalb einer bestimmten Frist ein (verdecktes) Angebot für die Beteiligung des jeweils anderen Gesellschafters (z. B. bei einem Notar) und erhält das höchste Angebot den Zuschlag (verdeckte Auktion) wird von der „sizilianischen Eröffnung“ gesprochen.

Brennpunkt Regelung zur Auflösung von Blockaden in der zweigliedrigen Gesellschaft (Russian-Roulette-Klausel)

• Fortsetzung

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15Corporate Law Newsletter 2/2014 |

Fazit Wichtig ist vor allem, schon bei Gründung eines Joint Venture die Möglichkeit des Deadlock zu bedenken und so konfliktver-meidende bzw. –auflösende Regelungen in der vertraglichen Ausgestaltung treffen zu können. Bei zweigliedrigen Joint Ventures gehört hierzu auch die Erörterung eines radikalen Trennungsmechanismus als ultima ratio.

Autoren

Matthias Winter Rechtsanwalt | Fachanwalt Handels- und Gesellschaftsrecht Fachanwalt SteuerrechtErnst & Young Law GmbH | Frankfurt a. M. Telefon +49 6196 996 [email protected]

Maria­Franziska Jüling Rechtsanwältin | Handels- und GesellschaftsrechtErnst & Young Law GmbH | Frankfurt a. M.Telefon +49 6196 996 [email protected]

der Streitfrage, die schlichtend auf beide Joint Venture-Partner ein-wirken können) befürwortet. Beides scheint uns geeignet, sowohl die Radikalität des Trennungsmechanismus als auch die nach wie vor be stehende Gefahr des Missbrauchseinwands zu entschärfen.

Nicht unterschätzt werden sollten die Anforderungen an das vertraglich im Vorhinein zu regelnde Verfahren des Shoot-Out- Mechanismus: Diese sind hoch und entsprechend fehler- und streit-anfällig. Neben der Preisfindung sind weitere relevante Fragen vorab zu bedenken, etwa zur Fälligkeit, zum Gewinnbezugsrecht, zur Gewährleistung, zu Wettbewerbsverboten, zum Kartellrecht, zum Schicksal von Gesellschafterdarlehen/Sicherheiten und zur Kostentragung.

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16 | Corporate Law Newsletter 2/2014

BrennpunktErleichterte Sanierungsmöglichkeiten für Unternehmen – Wir sind schon da!

Erleichterungen der Sanierung durch das ESUGZwar enthält das deutsche Insolvenzrecht auch nach seinen Ände-rungen durch das ESUG keine Regelungen, die speziell auf eine Umstrukturierung außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfahrens abzielen. Dafür ist aber das Insolvenzverfahren seit der Geltung des ESUG deutlich sanierungsfreundlicher ausgestaltet. Die jetzt von der EU-Kommission aufgestellte Forderung nach einer vereinfach-ten Umstrukturierung außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfah-rens wurde allerdings auch im Gesetzgebungsverfahren zum ESUG diskutiert. Es ist jedoch widersprüchlich, wenn man – wie jetzt die EU-Kommission – einerseits eine Sanierung außerhalb eines förmli-chen Insolvenzverfahrens vor Gericht, andererseits gleichzeitig aber Maßnahmen des Gläubigerschutzes fordert, die nur von einem Gericht angeordnet werden könnten. Abgesehen davon war und ist die Umstrukturierung selbstverständlich auch außerhalb eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens erlaubt. Dies jedenfalls solange keine Insolvenzantragspflicht besteht. Die Insolvenzantragspflicht abzumildern oder gar ganz abzuschaffen, wäre jedoch mit dem Gläubigerschutz unvereinbar. Das gesetzgeberische Ziel des ESUG lautete daher, die Sanierung innerhalb eines Insolvenzverfahrens zu erleichtern. Um dieses Ziel, die Erleichterung der Sanierung von Unternehmen zu erreichen, wurden durch das ESUG insbesondere folgende Maßnahmen ergriffen:

• Stärkung der Eigenverwaltung• Einführung der Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Aus-

wahl der Person des Insolvenzverwalters/Sachwalters für die Gläubiger und den Schuldner

• Beschneidung der Rechtsmittel im Insolvenzplanverfahren• Ausweitung der Regelungsmöglichkeiten im Insolvenzplan

Im Gegensatz zum „normalen“ Insolvenzverfahren, behält der Schuldner in der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungs- befugnis über sein Vermögen. Anstatt eines Insolvenzverwalters wird ihm ein Sachwalter zur Seite gestellt, der im Wesentlichen lediglich Überwachungsfunktionen wahrzunehmen hat.

Die Eigenverwaltung war bereits mit Inkrafttreten der Insolvenz-ordnung zum 01.01.1999 eingeführt worden. Praktisch jedoch war

In ihrer Pressemittelung vom 12.03.2014 (IP/14/254 12/03/2014) hat die EU-Kommission eine Reihe von Grundsätzen für die nationalen Insolvenzverfahren vorgestellt, mit denen der Schwerpunkt von der Abwicklung auf die frühzeitige Umstruktu-rierung finanziell angeschlagener aber potenziell rentabler Unter-nehmen verlegt werden soll. Im Einzelnen lauten die Forderungen der EU-Kommission wie folgt:

• Finanziell angeschlagenen Unternehmen soll die frühzeitige, rasche und kostengünstige Umstrukturierung vor Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens erleichtert werden, um eine Abwicklung zu vermeiden.

• Schuldnern soll die Umstrukturierung ihres Unternehmens ohne die Eröffnung eines förmlichen Insolvenzverfahrens vor Gericht erlaubt werden.

• Finanziell angeschlagene Unternehmen sollen die Möglichkeit eines Antrags auf befristeten Gläubigerschutz von bis zu vier Monaten (maximal verlängerbar auf zwölf Monate) erhalten, um einen Umstrukturierungsplan anzunehmen.

• Die Annahme eines Umstrukturierungsplans soll unter Berück-sichtigung der Interessen sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger erleichtert werden, um die Chancen zur Rettung lebensfähiger Unternehmen zu verbessern.

• Für redliche Unternehmer soll eine Entschuldung binnen eines Zeitraums von maximal drei Jahren ermöglicht werden, um diesen die Chance zur Gründung eines neuen Unternehmens zu erleichtern.

Der Gesetzgeber in Deutschland kann diesen Forderungskatalog allerdings weitestgehend gelassen zur Kenntnis nehmen, hat er doch bereits mit den seit dem 01.03.2012 in Kraft getretenen Änderungen der Insolvenzordnung durch das Gesetz zur weiteren Er leichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 07.12.2011 den Fokus des Insolvenzverfahrens verstärkt auf die Restrukturierung sanierungsfähiger Unternehmen gerichtet. Zudem treten am 01.07.2014 die wesentlichen Teile des Gesetzes zur Verkürzung der Restschuldbefreiung und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 in Kraft. Das deutsche Insolvenz-recht erfüllt daher schon heute im Wesentlichen die in der aktuellen Pressemitteilung der EU-Kommission aufgestellten Forderungen.

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17Corporate Law Newsletter 2/2014 |

Autor

Dr. Nikolai Weber Rechtsanwalt | Fachanwalt für Insolvenzrecht Ernst & Young Law GmbH | StuttgartTelefon +49 711 9881 [email protected]

sie kaum von Bedeutung, da die Eigenverwaltung nur zur An - wendung kam, wenn dargelegt werden konnte, dass durch ihre Anordnung ausnahmsweise keine Nachteile für die Gläubiger zu befürchten waren. Nach dem heutigen § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO setzt die Anordnung der Eigenverwaltung nunmehr lediglich vor - aus, dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Mit dem ESUG hat der Gesetzgeber das Regel-/Ausnahmeverhältnis bezüg-lich der An ordnung der Eigenverwaltung also umgekehrt. Zudem wurde mit § 270a InsO eine Regelung über die vorläufige Eigen-verwaltung in das Gesetz aufgenommen und mit § 270b InsO wurde das Schutzschirmverfahren, quasi eine Art Unterfall der vorläufigen Eigenverwaltung, eingeführt.

Das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO bringt für den Schuldner unter anderem die Möglichkeit mit sich, die Person des vorläufigen Sachwalters selbst vorzuschlagen. Von diesem Vor-schlag kann das Insolvenzgericht nur abweichen, wenn die vorge-schlagene Person für die Übernahme des Amts offensichtlich unge-eignet ist. Für die Gläubiger besteht im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung ebenso wie im „normalen“ Verfahren über die Ein-richtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ein Vorschlags-recht bezüglich der Person des (vorläufigen) Sachwalters/Insolven-zverwalters. Auch wenn auf den ersten Blick die Vorschlagsrechte für die Person des (vorläufigen) Sachwalters/Insolvenzverwalters damit je nach Verfahrensart bei gegensätzlichen Lagern liegen, so hat es sich in der bisherigen Praxis doch bewährt, dass sich beide Lager im Vorfeld eines Insolvenzantrags abstimmen. Denn nur dann, wenn alle Beteiligten der Person des (vorläufigen) Sach-walters/Insolvenzverwalters Vertrauen entgegenbringen, können die Chancen auf eine rasche Sanierung bestmöglich gewahrt wer-den. Auf diese Weise ist die Sanierung durch ein Insolvenzverfahren für alle Beteiligte nunmehr wesentlich berechenbarer geworden. Voraussetzung hierfür ist aber stets, dass der Schuldner über das erforderliche insolvenzrechtliche Know-how verfügt bzw. entspre-chend beraten und der Insolvenzantrag professionell vorbereitet ist.

Das Sanierungsinstrument des Insolvenzplans wurde im Rahmen des ESUG in zweierlei Hinsicht gestärkt. Zum einen wurden die Möglichkeiten, Rechtsmittel gegen einen Insolvenzplan einzulegen, deutlich eingeschränkt. Damit soll insbesondere verhindert werden, dass querulatorische Gläubiger den in derartigen Fällen regelmäßig gegebenen Zeitdruck beim Schuldner für sich ausnutzen, indem sie versuchen, über die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Insolvenzplan Sondervorteile für sich zu erlangen. Zum anderen wurden die inhaltlichen Regelungsmöglichkeiten im Insolvenzplan ausgeweitet. Hier ist insbesondere die Einbeziehung gesellschafts-rechtlicher Maßnahmen in den Regelungsbereich eines Insolvenz-plans zu erwähnen. Auf diese Weise können bereits direkt in einem Insolvenzplan Sanierungsmaßnahmen im Gesellschafterbereich umgesetzt werden. Hierzu gehören etwa die Durchführung von Kapitalmaßnahmen, die Aufnahme neuer Gesellschafter oder auch eine Umwandlung der schuldnerischen Gesellschaft.

Verkürzung der RestschuldbefreiungAuch die Forderung der EU-Kommission nach einem maximal drei-jährigen Zeitraum für eine Entschuldung redlicher Unternehmer wird in Deutschland in Kürze unter bestimmten Voraussetzungen zur Realität werden. Nach den zum 01.07.2014 in Kraft tretenden Änderungen durch das Gesetz zur Verkürzung der Restschuldbe-freiung und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 kann der Schuldner – anstatt des regelmäßigen sechsjährigen Zeit-raums – bereits nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erlangen, wenn er die Kosten des Verfahrens berichtigt hat und darüber hin-aus den Insolvenzgläubigern eine Quote von mindestens 35 % auf ihre Insolvenzforderungen bezahlt werden kann. Dass diese Rege-lung größere praktische Bedeutung erlangen wird, darf jedoch bezweifelt werden. Denn in den Fällen, in denen den Gläubigern einer natürlichen Person eine Quote in dieser Höhe angeboten werden kann, konnte schon in der Vergangenheit in der Regel eine Schuldenbereinigung entweder bereits durch einen außergericht-lichen Vergleich oder in relativ kurzer Zeit – also ca. innerhalb eines halben Jahres – durch ein Insolvenzplanverfahren erreicht werden. Diese Möglichkeiten stehen einem Schuldner selbstverständlich nach wie vor zur Verfügung. Allerdings dürfte sich die Neuregelung hier insofern auswirken, als die in außergerichtlichen Vergleichen oder in Insolvenzplänen für natürliche Personen angebotenen Quoten künftig kaum über 35% liegen werden.

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18 | Corporate Law Newsletter 2/2014

BrennpunktAuch Hedging-Geschäfte genießen völkerrechtlichen Investitionsschutz (ICSID Schiedsverfahren Deutsche Bank vs. Sri Lanka)

Gaststaat gibt. Der Investor kann sich vielmehr unmittelbar auf die Schutzmechanismen eines völkerrechtlichen Vertrages berufen.

Welche Investments werden durch Investitionsschutzverträge geschützt?In den bilateralen oder multilateralen Investitionsschutzabkommen wird üblicherweise bestimmt, dass „Kapitalanlagen“ („Investments“) deutscher Investoren im Gaststaat geschützt sind. Der Begriff der Kapitalanlage umfasst nach dem Wortlaut der Verträge regelmäßig Vermögenswerte jeder Art, insbesondere, aber nicht ausschließlich das Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Vermögens- werten, sonstige dingliche Rechte wie Hypotheken und Pfand-rechte, Anteilsrechte an Unternehmen und andere Arten von Be - teiligungen an Unternehmen, Ansprüche auf Geld, das verwendet wurde, um einen wirtschaftlichen Wert zu schaffen, oder Ansprüche auf Leistungen, die einen wirtschaftlichen Wert haben, Rechte des geistigen Eigentums, wie insbesondere Urheberrechte, Patente, Gebrauchsmuster, gewerbliche Muster und Modelle, Marken, Handelsnamen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, technische Verfahren, Know-how und Goodwill sowie Konzessionen einschließ-lich Aufsuchungs- und Gewinnungskonzessionen.

Erweitertes Verständnis des Investment­Begriffes: Der Fall Deutsche Bank AG vs. Demokratische Sozialistische Republik Sri LankaDer sachliche Schutzbereich von Investitionsschutzverträgen wurde in den letzten Jahren im Wege der Auslegung durch internationale Schiedsgerichte konkretisiert und erweitert. Unter bestimmten Vor-aussetzungen können nunmehr auch internationale Handelsge-schäfte in den Schutzbereich eines völkerrechtlichen Investitions-schutzvertrages gelangen.

In dem Fall Deutsche Bank AG vs. Demokratische Sozialistische Republik Sri Lanka ging es unter andrem um die Frage, ob ein Hedging-Geschäft der Deutschen Bank mit Sri Lankas staatlicher Mineralölgesellschaft CPC die Kriterien eines geschützten Invest-ments erfüllt (Deutsche Bank AG v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka, ICSID Case No. ARB/09/02, Award dated 31 October 2012).

EinführungIn den letzten Jahrzehnten ist es zu einer zunehmenden Globalisie-rung der wirtschaftlichen Aktivitäten gekommen. Deutsche Unter-nehmen sind weltweit erfolgreich als Produzenten, Lieferanten, Händler und Investoren aktiv. Gelegentlich verschlechtern sich aber die Investitionsbedingungen in einem Land infolge politischer Ent-scheidungen. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die Nationalisie-rungsbestrebungen südamerikanischer Staaten wie etwa Venezuela und Bolivien verwiesen, die im letzten Jahrzehnt westliche Rohstoff - unternehmen signifikant betroffen haben.

Häufig machen Investoren die Erfahrung, dass sie sich gegen eine Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen vor inner-staatlichen Gerichten mehr schlecht als recht verteidigen können. Nicht in allen Staaten sind Gerichte wirklich unabhängig, sondern immer wieder der politischen Einflussnahme ausgesetzt.

Einen wirksamen Schutz von Auslandsinvestitionen vermitteln auf internationaler Ebene Bilaterale Investitionsschutzverträge („BIT“) und multilaterale Abkommen wie z. B. der Energy Charta Vertrag oder das Nordamerikanische Freihandelsabkommen („NAFTA“). Deutschland hat mehr als 130 völkerrechtliche Investitionsschutzab- kommen abgeschlossen, die im Hinblick auf ein Auslandsinvestment die Einhaltung gewisser Mindeststandards im Gastland garantieren.

Der völkerrechtliche Investitionsschutz verbietet unrechtmäßige Enteignungen. Darüber hinaus verpflichten Investitionsschutzab-kommen den Gaststaat dazu, ausländische Investments nicht zu diskriminieren (Prinzipien der Inländergleichbehandlung und Meist-begünstigung). Von zentraler Bedeutung ist ferner der Grundsatz der „gerechten und billigen Behandlung“ („fair and equitable treatment“) der getätigten Investition. Im Falle der Verletzung der vorgenannten völkerrechtlichen Pflichten besteht für den geschä-digten Investor die Möglichkeit, ein internationales Schiedsverfahren gegen den ausländischen Staat einzuleiten. Auf diese Weise können Schadensersatzansprüche in einem neutralen Forum wirksam gel-tend gemacht werden, und zwar auch und gerade dann, wenn es keinen direkten Investitionsvertrag zwischen dem Investor und dem

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19Corporate Law Newsletter 2/2014 |

Sri Lanka war infolge des kontinuierlichen Anstieges des Ölpreises insbesondere in den Jahren von 2003 bis 2008 zu dem Ergebnis gelangt, sich gegen künftige Preissteigerungen durch den Abschluss von Hedging-Agreements abzusichern. Am 8. Juli 2008 schloss die staatliche Mineralölgesellschaft CPC daher ein entspre-chendes Hedging-Geschäft mit der Deutschen Bank ab. An diesem Tag lag der Ölpreis bei USD 137,52 pro Barrel.

In dem Hedging-Geschäft wurde ein Basispreis („strike price“) von USD 112,50 pro Barrel vereinbart. Für den Fall, dass der Ölpreis künftig höher als der Basispreis sein würde, war die Deutsche Bank zu vertraglich definierten (monatlichen) Ausgleichszahlungen gegenüber der staatlichen Mineralölgesellschaft verpflichtet. Sollte der Ölpreis allerdings unter den Basispreis fallen, war hingegen die staatliche Mineralölgesellschaft Sri Lankas in der Pflicht, ihrerseits an die Deutsche Bank Zahlungen zu leisten.

Am 15. Juli 2008 erreichte der Ölpreis einen Höchststand von USD 140,24 pro Barrel. Am 19. September 2008 zahlte die Deut-sche Bank daher in Anwendung der vertraglich definierten Formel USD 35.523,81 an die Mineralölgesellschaft CPC. Sodann kam es zu einem deutlichen Verfall des Ölpreises, was dazu führte, dass CPC ihrerseits im Oktober und November 2009 Zahlungen in Höhe von ca. USD 6,2 Mio. an die Deutsche Bank leisten musste. Angesichts des fallenden Ölpreises wurde zwischen den Parteien über eine Restrukturierung des Hedging-Agreements verhandelt, allerdings ohne Erfolg. Die staatliche Mineralölgesellschaft CPC stellte sodann die vertraglich geschuldeten Zahlungen ein und weigerte sich im Verlauf des Jahres 2008 auch, den (ursprünglich vereinbarten) ISDA-Rahmenvertrag auszufertigen. Die Deutsche Bank entschied sich infolgedessen zu einer Kündigung des Hedging- Agreements und verlangte von CPC Zahlung von ca. USD 60,4 Mio. Der Fall wurde von der Deutschen Bank vor ein internationales ICSID-Schiedsgericht gebracht, und zwar mit der Begründung, dass Sri Lanka seine völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem „Ver -trag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ceylon über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen“ verletzt habe.

Sri Lanka vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem in Rede ste-henden Hedging-Agreement der Deutschen Bank um ein gewöhn-liches Handelsgeschäft handeln würde, das im Übrigen auch keinen spezifischen territorialen Bezug zu Sri Lanka aufweise. Daher sei, so die Rechtsposition Sri Lankas, kein Investment im Sinne des völkerrechtlichen Investitionsschutzabkommens gegeben.

Das Schiedsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Hedging-Agreement um einen Vermögenswert für die Deutsche Bank handeln würde. Es sei ein „Anspruch auf Geld, das verwendet wurde, um einen wirtschaftlichen Wert zu schaffen“. Das Schieds-gericht befürwortete eine weite Auslegung des Begriffes „Invest-ment“, verlangte aber gleichwohl ausdrücklich einen „territorialen Nexus“ des Investments mit Sri Lanka.

Dass in dem Hedging-Agreement englisches Recht und der Gerichts-stand London vereinbart war und ferner diverse Niederlassungen der Deutschen Bank, unter anderem in Singapur, in die Transaktion involviert waren, änderte nach Auffassung des Schiedsgerichts nichts an dem vorhandenen Bezug zu Sri Lanka. Entscheidend war für das Schiedsgericht, dass die Deutsche Bank nach dem Hedging-

Agreement verpflichtet war, Zahlungen an die staatliche Mineralöl-gesellschaft CPC (s. o.) in Sri Lanka zu leisten. Das Schiedsgericht stellte darauf ab zu wessen Vorteil letztendlich Zahlungen der Deut-schen Bank erfolgen sollten. Der Ort, von dem aus die Zahlung aus-geführt wird, sei dagegen nicht entscheidend. Da die Zahlungen der Deutschen Bank Sri Lanka erreicht und dem Ziel gedient hätten, dessen ölabhängige Wirtschaft zu unterstützen, sei ein Investment der Deutschen Bank in Sri Lanka zu bejahen.

Das Schiedsgericht setzte sich des Weiteren auch mit dem Argu-ment Sri Lankas auseinander, dass ein gewöhnliches Handelsge-schäft keineswegs die Schwelle einer völkerrechtlich geschützten Kapitalanlage überschreiten könne. Das Schiedsgericht führte in diesem Zusammenhang aus, dass der Verkauf eines Produktes einerseits ein gewöhnliches Handelsgeschäft, andererseits aber auch unter bestimmten Voraussetzungen ein geschütztes Invest-ment darstellen könne. Das entscheidende Kriterium sei, ob es sich um einen Vertrag handele, der „kundenspezifisch bzw. maßge-schneidert“ sei und „spezifische Besonderheiten“ aufweise.

In dem zu entscheidenden Fall stellte das Schiedsgericht darauf ab, dass das Hedging-Agreement über einen längeren Zeitraum mit Entscheidungsträgern Sri Lankas verhandelt und von den höchsten politischen Institutionen dieses Landes gebilligt worden sei. Daher sei ein gewöhnliches Handelsgeschäft auszuschließen.

Sri Lanka wurde von dem Schiedsgericht zur Zahlung von USD 60.368.993 zzgl. Zinsen und zur Tragung der Verfahrens- und Anwaltskosten verurteilt.

Autor

Dr. Heiko Büsing Rechtsanwalt | LL.M (Ga.)Ernst & Young Law GmbH | HamburgTelefon +49 40 36132 20585 [email protected]

Relevanz für die Praxis Maßgeschneiderte Hedging-Geschäfte mit staatlichen Unter-nehmen fallen in den Anwendungsbereich der völkerrechtlichen Investitionsschutzabkommen, wenn die geschuldeten Zahlun-gen dem staatlichen Unternehmen als Hedger zugute kommen sollen. Damit eröffnet sich in Abhängigkeit von dem jeweiligen Einzelfall für im Rohstoffhandel tätige Unternehmen ein wirk-sames Instrument zur Durchsetzung von Zahlungsansprüchen, wenn zu befürchten ist, dass der innerstaatliche Rechtsweg wenig Aussicht auf Erfolg bietet.

Aber auch andere Außenhandelsgeschäfte mit staatlichen Unternehmen können in Weiterentwicklung der dargestellten Entscheidung des ICSID-Schiedsgerichts durchaus im Einzelfall von den Bestimmungen eines Investitionsschutzabkommens erfasst werden. Kaufverträge über spezifisch für ein staatliches Unternehmen entwickelte Produkte werden ausdrücklich als ein Fall anerkannt, der Investitionsschutz genießen kann.

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20 | Corporate Law Newsletter 2/2014

BrennpunktAuf dem Weg zu einer gesetzlichen Frauenquote

Doch die ersten Wirkungen der freiwilligen Selbstverpflichtung, die sich anhand des von der Bundesregierung geförderten Women-on-Board-Index (WOB) zeigen, scheinen nicht ausgereicht zu haben. Ende November 2013 hat die gesetzliche Geschlechterquote schließlich Eingang in den Koalitionsvertrag der neuen Bundes-regierung gefunden. Ende März 2014 wurden die Vorgaben des Koalitionsvertrages anhand der, von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und Bundesjustizminister Heiko Maas gemein-sam vorgestellten Leitlinien für das Gesetzesvorhaben konkretisiert. Demnach würde ab dem 1. Januar 2016 eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für neu zu besetzende Aufsichtsrats-posten in „paritätisch mitbestimmten und börsennotierten Unter-nehmen“ gelten. Bei Nichterfüllung der – von Arbeitnehmer- und Anteilseignerseite jeweils gesondert einzuhaltenden – Quote blieben quotierte Sitze bei Nichterfüllung rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“). Denn die Wahl bzw. die Entsendung von Kandidaten, welche die Mindestquote verletzen, soll nichtig sein; die Feststellung der Nichtigkeit ist einer gerichtlichen Entscheidung vor behalten. Daneben wird geplant „börsennotierte oder mitbestimmungspflich-tige“ Unternehmen ab 2015 zu einer transparenten Berichter-stattung über selbstgesteckte Quotenziele für den Aufsichtsrat, den Vorstand und die Führungsebenen unterhalb des Vorstands – im Sinne des alten „Flexi-Modells“ – zu verpflichten. Bei fehlerhafter bzw. mangelhafter Berichterstattung soll Vorstands- und Aufsichts-ratsmitgliedern die Entlastung verweigert werden können. Daneben sind Regelungen im Einflussbereich des Bundes, der Bundesver-waltung und für das Wissenschaftssystem ange kündigt worden.

Weiterhin Bestrebungen auf EU­EbeneNach ihrem langen Zögern könnte die Bundesregierung den laufen-den EU-Bestrebungen sogar noch vorgreifen. Bereits Ende 2012 hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Einführung einer europaweiten Frauenquote vorgestellt. Im Mittelpunkt der Initiative steht ein Mindestanteil von 40 Prozent des „unter-repräsentierten Geschlechts“ in den Aufsichtsräten börsennotierter

Beharrlich verfolgt Brüssel das Ziel, den Frauenanteil in Aufsichtsratspositionen zu erhöhen. Nach langem Zögern, sorgt der Koalitionskompromiss auch in Deutschland für frischen Wind in der viel diskutierten Quotenfrage. Beide Gesetzes initiativen könnten noch in diesem Jahr zum Abschluss kommen.

Nun auch der Vorstoß in DeutschlandUngeachtet der fortschreitenden Regulierung in den anderen europäischen Mitgliedsstaaten – allen voran Norwegen – schienen Bestrebungen für eine gesetzliche Frauenquote in Deutschland lange Zeit aussichtlos. Die Bundesregierung setzte mit der soge-nannten „Flexi-Quote“ – in Anlehnung an die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) – eisern auf den Grundsatz der Selbstregulierung. Damit scheiterten Mitte April letzten Jahres schlussendlich auch die zentralen Gesetzesentwürfe der Oppositionsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

Anwendbarkeit und Umsetzungszeitraum der EU­Quote (gem. legislativer Entschließung des EU­Parlaments vom 20.11.2013) • Zielerreichung für börsennotierte europäische Unternehmen bis 2020 • Umsetzung für öffentliche Unternehmen bereits bis 2018

Ausnahmen

• nicht börsennotierte Gesellschaften• kleine und mittlere Unternehmen (d. h. weniger als 250 Beschäftigte und Jahresumsatz bis zu 50 Mio. Euro oder Jahresbilanzsumme bis zu 43 Mio. Euro)

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21Corporate Law Newsletter 2/2014 |

europäischer Unternehmen bis zum Jahr 2020. Analog zum deutschen Vorstoß sollen sich die Unternehmen ergänzend zu individuellen Gleichstellungszielen für ihre Leitungsebene verpflich-ten, die innerhalb des gleichen Zeitraums zu erfüllen wären. Über die Fortschritte zur Erreichung der Zielquoten wäre dann jährlich Bericht zu erstatten. Für den Fall, dass die vorgegebene Quote für Aufsichtsratspositionen nicht erreicht wird, sollen die Mitglied-staaten verhältnismäßige, aber abschreckende Sanktionen fest-legen (Art. 6 des Richtlinienvorschlags).

Das deutsche Gesetzesvorhaben soll noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden, damit es 2015 in Kraft treten kann. Auf EU-Ebene hat die „Reding-Initiative“ mit der überraschend klaren Zustimmung des EU-Parlaments (66,7 Prozent) im November 2013 bereits eine wichtige Hürde im Gesetzgebungsprozess ge- nommen. Ihr Schicksal hängt nun von der Zustimmung des Minister - rats ab. Sollten die EU-Regeln strenger ausfallen – was sich zumin-dest bezüglich der Höhe der Quote abzuzeichnen scheint –, müsste der deutsche Gesetzgeber ggf. nachbessern.

Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex „Der Vorstand soll bei der Besetzung von Führungsfunktionen im Unternehmen auf Vielfalt (Diversity) achten und dabei insbe- sondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen anstreben.“ Tz. 4.1.5

„Der Aufsichtsrat soll für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen, die unter Beachtung der unternehmensspezifischen Situation die […] Vielfalt (Diversity) berücksichtigen. Diese konkreten Ziele sollen insbesondere eine angemessene Beteiligung von Frauen vorsehen.“ Tz. 5.4.1 S. 2

„Vorschläge des Aufsichtsrats an die zuständigen Wahlgremien sollen diese Ziele berücksichtigen. Die Zielsetzung des Aufsichtsrats und der Stand der Umsetzung sollen im Corporate Governance Bericht veröffentlicht werden.“ Tz. 5.4.1 S. 3

Lesen Sie mehr … • Frauen in die Aufsichtsräte e. V.: Women-on-Board-Index: Transparente und aktuelle Doku mentation zum Anteil von Frauen im Aufsichtsrat und Vor- stand der im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierten Unter- nehmen, Januar 2014, abrufbar unter: www.fidar.de

• Europäische Kommission: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammen- hängende Maßnahmen (COM(2012) 614 final), November 2012

• Bundesregierung: Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, Leitlinien für das Gesetzgebungsver- fahren, März 2014, abrufbar unter: www.bmjv.de

Autoren

Daniela Mattheus Corporate Governance Services | AssuranceErnst & Young GmbH | BerlinTelefon +49 30 25471 [email protected]

Karen Svenja Ditschke Corporate Governance Services | AssuranceErnst & Young GmbH | MünchenTelefon +49 89 14331 [email protected]

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22 | Corporate Law Newsletter 2/2014

BrennpunktEEG-Reform

2014 in Betrieb genommen werden, sind von der Pflicht zur Direkt-vermarktung ausgenommen. Diese de-minimis-Schwelle wird schritt-weise bis auf 100 kW (bei Inbetriebnahme ab dem 1. Januar 2017) abgesenkt.

Für Wind-Offshore, Wind-Onshore, Biomasse gibt es – wie bisher schon für die Photovoltaik („PV“) – zukünftig Ausbaukorridore. Danach wird die Degression der gesetzlichen Mindestvergütung an einen festgelegten Ausbaupfad geknüpft. Stärkerer Zubau von Anlagen führt zu einer höheren Degression der Vergütungssätze. Der gesetzlich gewünschte Zubau liegt bei 2.400–2.500 MW pro Jahr jeweils für Windenergie Onshore und PV bzw. 100 MW pro Jahr für Biomasse.

Ab 2017 tritt anstelle der gesetzlich garantierten Mindestvergütung ein technologiespezifischer Auktionsmechanismus. Dessen genaue Funktionsweise bleibt späterer Gesetzgebung vorbehalten.

Befreiungen für stromintensive UnternehmenAm 7. Mai 2014 brachte die Bundesregierung nachträglich die Vorschriften zur Befreiung für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen durch das Gesetz zur Besonderen Ausgleichsrege-lung in das Gesetzgebungsverfahren ein. Diese Regelungen konnten nicht gemeinsam mit den übrigen Teilen des EEG-Entwurfes 2014 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, da die Bundes-regierung die Verabschiedung der EU Leitlinien für Beihilfen im Umwelt- und Energierecht abwarten wollte.

Die Vorschriften zur Befreiung für stromintensive Unternehmen werden grundlegend umgestaltet. Künftig sollen nur noch Unter-nehmen der 219 gesetzlich gelisteten Branchen von der Be - freiung profitieren, sofern sie • an der betreffenden Abnahmestelle mindestens 1 GWh Strom

verbrauchen,• die erforderliche Stromintensität erreichen (Unternehmen der

Liste 1 16 % bzw. ab Begrenzungsjahr 2016 17 %, für Unter-nehmen der Liste 2 20 %) und

• ein zertifiziertes Energie- und Umweltmanagementsystem betreiben.

Anders als nach den bisherigen Vorschriften werden stromintensive Unternehmen nicht vollumfänglich von der Pflicht zur Zahlung der

Die Bundesregierung verabschiedet den Entwurf zum EEG 2014 einschließlich der Besonderen AusgleichsregelungNach intensiven Abstimmungen mit den Bundesländern und der EU-Kommission hat die Bundesregierung am 8. April 2014 die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und am 7. Mai den Gesetzentwurf zur Besonderen Ausgleichsregelung verab-schiedet. Das EEG 2014 soll noch vor der Sommerpause beschlos-sen werden und am 1. August 2014 in Kraft treten.

HintergrundDie Reform des EEG – zeitlich im Jahr 2014 – stellt einen zentralen Punkt des Koalitionsvertrags vom 16. Dezember 2013 dar. Die Dringlichkeit hat sich noch durch das von der EU-Kommission am 18. Dezember 2013 eröffnete Beihilfeverfahren gegen die Bundes-republik (SA.33995 (2013/C)) erhöht. Laut Eröffnungsbeschluss qualifiziert die EU-Kommission die Förderung von erneuerbaren Energien mittels EEG-Umlage und auch die teilweise Befreiung von der EEG-Umlage im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung als Beihilfe. Die EEG-Reform soll unter anderem ermöglichen, dass für die stromintensiven Unternehmen in Deutschland eine Befrei-ung von der EEG-Umlage weiterhin und nahtlos möglich bleibt. Dar-über hinaus sollen mit dem Gesetz die Voraussetzungen geschaffen werden, dass der Zubau von Erneuerbaren Energien in Zukunft stärker gesteuert wird und eine stufenweise Direktvermarktungs-pflicht eingeführt wird.

Änderungen bei der Förderung von erneuerbaren EnergienanlagenFür die Betreiber von erneuerbaren Energienanlagen bleiben zent-rale Privilegien des EEG, wie z. B. Einspeisevorrang in die Netze und Verpflichtung der Netzbetreiber zum Netzausbau, wenn diese für die vorgesehene Einspeisung zu schwach sind.

Allerdings wird für neue EEG-Anlagen, d. h. alle die nach dem 31. Juli 2014 in Betrieb genommen werden, vorgeschrieben, dass der Strom direkt vermarktet werden muss. Die Vergütung wird in diesem Fall nur noch teilweise vom Netzbetreiber an den Anlagen-betreiber in Form der sog. Marktprämie gezahlt, der andere Teil der Erlöse ergibt sich aus der Vermarktung des Stromes. Dabei ver-bessert der Gesetzgeber die Bedingungen der Direktvermarktung. Kleine Anlagen bis 500 kW Leistung, die nach Inkrafttreten des EEG

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EEG-Umlage befreit. Vielmehr wird die erste GWh voll mit der EEG- Umlage belastet. Für die darüber hinausgehenden Verbrauchs-mengen wird eine EEG-Umlage in Höhe von 15 % der eigentlichen EEG-Umlage angesetzt, wobei auch hier Obergrenzen eingezogen wurden, um eine zu hohe Belastung der Unternehmen zu ver-hindern (Obergrenze von 4 % der Bruttowertschöpfung des Unter-nehmens bzw. Obergrenze von 0,5 % der Bruttowertschöpfungs-grenze für besonders stromintensive Unternehmen).

Für Unternehmen, die nach den neuen Regelungen nicht mehr oder nicht in demselben Umfang wie zuvor befreit werden, sind Über-gangsvorschriften vorgesehen. Der Antrag auf Begrenzung der EEG-Umlage ist bis zum 30. Juni zu stellen. Für das Antragsjahr 2014 ist ausnahmsweise eine Frist bis zum 30. September 2014 vorgesehen. Da das Gesetz zur Besonderen Ausgleichsregelung allerdings erst nach Ablauf der aktuell geltenden Frist (30. Juni 2014) in Kraft treten soll, hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in dem am 9. Mai 2014 veröffentlichten Hinweisblatt zur Besonderen Ausgleichsregelung für das Begren-zungsjahr 2015 die Verlängerung der Ausschlussfrist bis zum 30. September 2014, 24:00 Uhr, im Wege der „vorweggenommenen Nachsichtgewährung“ bekannt gemacht. Nach Informationen des BAFA wird zudem das Antragsportal der BAFA ab dem 12. Mai wieder geöffnet. Wie hinsichtlich der Antragsfrist im Einzelnen vorzugehen ist, muss sorgfältig erwogen werden. Das Eigenstromprivileg nach dem EEG­E 2014Die Regelungen zum Eigenverbrauch sollen nach dem EEG 2014 stark verändert werden. Bisher sind Strommengen, die von einem Letztverbraucher selbst erzeugt werden, weitgehend von der EEG-Umlage befreit. Die im EEG 2014 vorgesehenen gesetzlichen Änderungen können für bestehende und zukünftige Eigenstrom-modelle eine unmittelbare Bedeutung mit erheblichen finanziellen Auswirkungen haben.

Grundsätzlich sollen nach § 58 Abs. 1 EEG-E - im Gegensatz zur der- zeitigen Regelung des § 37 Abs. 3 EEG 2012 - auch mittels Eigen-erzeugung bereitgestellte Strommengen EEG-umlagepflichtig sein.

Von diesem Grundsatz macht der Gesetzesentwurf einige Ausnahmen:• Eigenstrommodelle, die vor September 2011 etabliert worden

sind, genießen vollumfänglich Bestandsschutz (§ 58 Abs. 2 Nr. 1 EEG-E). Die entsprechenden Strommengen sind von der EEG-Umlage freigestellt.

• Auch Eigenstrommodelle, die vor dem 1. August 2014 umge-setzt worden sind oder umgesetzt werden und Eigenstrom-modelle, die vor dem 1. Januar 2015 umgesetzt werden und vor dem 23. Januar 2014 eine Genehmigung nach dem BImSchG erhalten haben, genießen unter folgenden Voraus-setzungen Bestandsschutz (§ 58 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 EEG-E): Der Eigenversorger muss die Anlage als Eigenerzeuger betrei-ben, den erzeugten Strom selbst verbrauchen und der erzeugte Strom darf nicht durch ein Netz der allgemeinen Versorgung geleitet werden, es sei denn der Strom wird in räumlichem Zu-sammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht.

• Erneuerungen, Erweiterungen oder die Ersetzung von Bestands-anlagen nach den beiden zuletzt genannten Konstellationen, auch bei einer Erhöhung der Leistung bis zu 30%, sind auch in Zukunft unschädlich für das Eigenstromprivileg (§ 58 Abs. 3 Nr. 3 EEG-E).

• Der Kraftwerkseigenverbrauch, Inselmodelle und Eigenstrom-modelle auf EEG-Basis ohne EEG-Förderung sind auch in Zukunft

Autoren

Dr. Christian Hampel Rechtsanwalt | Attorney at Law N.Y.Ernst & Young Law GmbH | BerlinTelefon +49 30 25471 [email protected] Dr. Nils Graßmann RechtsanwaltErnst & Young Law GmbH | BerlinTelefon +49 30 25471 [email protected]

von der Zahlung der EEG-Umlage befreit, sofern der Eigenver-sorger die Erzeugungsanlage selbst betreibt, den Strom in räum-lichem Zusammenhang mit der Erzeugungsanlage selbst ver-braucht und der Strom nicht durch das Netz der allgemeinen Versorgung durchgeleitet wird (§ 58 Abs. 2 Nr. 3-5 EEG-E).

• Gleiches gilt für kleine Anlagen mit einer Leistung von bis zu 10 kW für die darin über eine Dauer von 20 Jahren eigenver-brauchte Strommenge bis zu 10 MWh jährlich, sofern der Strom nicht über das Netz der allgemeinen Versorgung transportiert wird (§ 58 Abs. 2 Nr. 6 EEG-E).

• Eigenstrommodelle, die erst nach den genannten Stichtagen umgesetzt werden, können unter bestimmten Voraussetzungen anteilige Begrenzungen der EEG-Umlage in Anspruch nehmen, so wird z. B. bei hocheffizienten KWK-Anlagen oder EEG-Anlagen eine Reduktion um 50 % und bestimmten Unternehmen des pro-duzierenden Gewerbes eine Reduktion von 85 % gewährt, wenn der Strom nicht über das Netz der allgemeinen Versorgung transportiert und in unmittelbarer räumlicher Nähe verbraucht wird (§ 58 Abs. 6 EEG-E).

Generell stellt der Gesetzgeber die Nutzung des Eigenstromprivilegs unter den Vorbehalt, dass der Verbraucher die Erzeugungsanlage selbst betreibt (bzw. betrieben hat).

Folgen für die PraxisBefreiungen von der EEG-Umlagepflicht für Letztverbraucher sind weiterhin möglich, zum einen für stromintensive Unternehmen nach den Befreiungstatbeständen der §§ 60 ff. EEG-E, zum anderen nach den Regelungen des EEG-Eigenstromprivilegs.

Die Vorgaben für stromintensive Unternehmen sind bisher nicht in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, werden sich aber an den EU-Leitlinien für Beihilfen im Energie- und Umweltbereich orientieren.

Nach den neuen Regelungen des Eigenstromprivilegs gilt für die Beteiligten das Folgende: • Bei bestehender Eigenstromerzeugung sollte kritisch überprüft

werden, ob diese unter die Bestandsschutzregelungen fällt und die Strommengen auch weiterhin von der EEG-Umlage befreit sind.

• Bisher noch nicht umgesetzte Pläne zur Eigenstromerzeugung können noch bis zum 31. Juli 2014 unter vereinfachten An-forderungen umgesetzt werden, um eine EEG-Umlagebefreiung zu erreichen. Es empfiehlt sich daher, schnell zu agieren.

• Die Eigenstromerzeugung im Wege von Pachtmodellen sollte bei konsequenter Ausgestaltung auch nach der Neuregelung des EEG 2014 weiterhin zulässig sein; entscheidend ist die Betreiber-stellung des Letztverbrauchers.

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Hiergegen wandte die Klägerin unter anderem ein, der Geschäfts-führer der Beklagten sei hierzu nicht befugt, da die (zuletzt im Rahmen des Erwerbs des streitbefangenen Geschäftsanteils durch die Klägerin geänderte) Gesellschafterliste im Hinblick auf § 40 Abs. 2 GmbHG nur durch den die Übertragung beurkundenden Notar, nicht aber durch den Geschäftsführer korrigiert werden könne.

Entscheidung der InstanzgerichteSowohl das Landgericht Mannheim (Entscheidung vom 1.03.2010 – Az.: 24 O 110/09) wie auch das in der Berufungsinstanz hiermit befasste OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 30.12.2011 – Az.: 7 U 95/10) erachteten den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten, mit welcher der Geschäftsführer zur Korrektur der Gesellschafterliste angewiesen wurde, wegen Verstoßes gegen die Vorschrift aus § 40 Abs. 2 GmbHG für nichtig. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Vorschrift des § 40 Abs. 2 GmbHG sehe für den dort geregelten Fall eine Alleinzuständigkeit des Notars vor. Der Geschäftsführer sei daher nicht berechtigt, die Liste zu erstellen und einzureichen. Entsprechendes gelte auch für die Korrektur der Gesellschafterliste, auch die Zuständigkeit hierfür liege alleine beim Notar.

Entscheidung des BGHDer Bundesgerichtshof hat aus formalen Gründen (in dem Be -rufungsurteil waren die Berufungsanträge entgegen den Anforde-rungen aus § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht mitgeteilt; es war von daher aufzuheben) die Sache an das OLG zurückverwiesen. Im Rahmen der Urteilsbegründung hat der BGH jedoch – obiter dictum – für das weitere Verfahren ausführlich auf Folgendes hin-gewiesen:

Nach Auffassung des BGH war der damalige Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter der Beklagten betreffend die Übertragung der Geschäftsanteile nicht deshalb ungeeignet, weil er hinsichtlich der Bezugnahme auf den Übertragungs- und Abtretungsvertrag nicht dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot entsprochen habe.

BGH, Urteil vom 17.12.2013 – Az.: II ZR 21/12

Der Geschäftsführer ist zu einer Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG eingereichten Gesell­schafterliste befugt.

Einführung Im Dezember 2013 hatte der BGH im Rahmen eines bei ihm an -hängigen Revisionsverfahrens die Gelegenheit, zu der in der Kom-mentarliteratur kontrovers diskutierten Frage, ob die durch einen Notar nach § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichte geänderte Gesell-schafterliste durch den Geschäftsführer oder aber den Notar korri-giert werden kann, Stellung zu nehmen.

SachverhaltDer Entscheidung lag der folgende, vereinfacht dargestellte Sach-verhalt zugrunde:

Die Klägerin ist Gesellschafterin der Beklagten, einer GmbH. Zwischen den Parteien stand in Streit, ob im Zusammenhang mit der Teilung und anschließenden Übertragung von vinkulierten Ge-schäftsanteilen an der Beklagten auf die Klägerin die übrigen Ge-sellschafter einen wirksamen Zustimmungsbeschluss gefasst und auf ihr gesellschaftsvertraglich vorgesehenes Vorkaufsrecht ver-zichtet hatten, indem sie im Rahmen des Beschlusses weitgehend auf den zwischen veräußernden Gesellschaftern und der Klägerin geschlossenen Übertragungs- und Abtretungsvertrag Bezug genommen hatten. Die übrigen Gesellschafter der Beklagten waren hierzu der Ansicht, der seinerzeit gefasste Beschluss entspreche im Hinblick auf die Bezugnahme auf den Übertragungs- und Ab -tretungsvertrag nicht dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot und sei daher nichtig und infolgedessen die Übertragung der (vinkulierten) Geschäftsanteile unwirksam. Die übrigen Gesell-schafter der Beklagten übten vor diesem Hintergrund ein Vorkaufs-recht an dem streitbefangenen Gesellschaftsanteil aus und wiesen den Geschäftsführer der Beklagten an, eine dementsprechend korrigierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen.

Rechtsprechung aktuellKorrektur einer unrichtigen Gesellschafterliste bei Teilung eines GmbH-Geschäftsanteils

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Dem Bestimmtheitserfordernis werde auch im Fall der Inbezug-nahme von Übertragungsverträgen Genüge getan, wenn im Ver-äußerungsvertrag die Geschäftsanteile hinreichend bestimmt bezeichnet sind und dessen Teilung von der Einwilligung der Gesell-schafter erfasst wird.

Weitergehend stellt der BGH klar, dass zu einer Korrektur einer vom Notar eingereichten Gesellschafterliste auch der Geschäftsführer befugt ist. Die Vorschrift aus § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG setze zwar den Notar an die Stelle des nach § 40 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich zuständigen Geschäftsführers, regele aber nicht den Fall der Kor-rektur. Dass der Geschäftsführer zur Korrektur befugt sein soll, entspräche auch dem Willen des Gesetzgebers. So ergäbe sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs, dass § 40 GmbHG keine ausdrückliche Regelung für den Fall enthalte, dass ein Geschäfts-führer eine Änderung der Liste vornehmen möchte, weil er der Ansicht ist, eine Eintragung sei zu Unrecht erfolgt. Dem stehe, so der BGH weiter, auch nicht entgegen, dass die Einreichung der Liste durch den Notar eine höhere Richtigkeitsgewähr der Gesellschafter-liste beinhaltet. Der Einbeziehung des Notars in das Verfahren lägen, so der BGH, verfahrensökonomische Erwägungen zugrunde. Dadurch, dass der eine Abtretung eines Geschäftsanteils beurkun-dende Notar zugleich dafür Sorge trägt, dass die Einreichung einer neuen Liste vollzogen wird, werde das Verfahren besonders einfach und unbürokratisch.

Auch für eine Analogie zu § 67 Abs. 5 AktG sei nach Auffassung des BGH kein Raum, da es insofern an einer Vergleichbarkeit zur Löschung des zu Unrecht eingetragenen Aktionärs fehle. Bei der Aktiengesellschaft könne bereits die Eintragung in das Aktienregis-ter vom Vorstand kontrolliert werden, so dass die Korrektur sich regelmäßig auf nachträglich als fehlerhaft erkannte Übertragungs-vorgänge beschränke. Dagegen sei die Geschäftsführung bei der GmbH an der Einreichung der Gesellschafterliste nicht beteiligt, so dass der Korrekturbedarf vornehmlich bei anfänglich als unrichtig erkannten Übertragungsvorgängen liege.

Praxishinweise Im Rahmen seiner Entscheidung hat der BGH darauf hinge-wiesen, dass der Geschäftsführer den Betroffenen vor Ein-reichung der korrigierten Gesellschafterliste Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss. Der Geschäftsführer sollte dabei aus Haftungsgründen für die Stellungnahme dem bzw. den Betroffenen eine ausreichende Frist einräumen. In dem vor-liegenden Fall hatte der BGH die dort eingeräumte Monatsfrist unbeanstandet gelassen, sodass diese als Richtwert herange-zogen werden kann.

Dem eine korrigierte Gesellschafterliste einreichenden Geschäfts- führer ist anzuempfehlen, bei Einreichung der korrigierten Liste dem Handelsregister nachzuweisen, dass den Betroffenen aus-reichend Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden ist. Als Betroffener wird dabei jeder anzusehen sein, wer durch die Korrektur mit einer geringeren Beteiligung oder aber überhaupt nicht mehr als Gesellschafter eingetragen wird.

Widerspricht der Betroffene der Korrektur, ändere dies – so der BGH weiter – an der Berechtigung des Geschäftsführers, die korrigierte Gesellschafterliste einzureichen, indes nichts. Der Betroffene kann sich dadurch schützen, dass er gegen weitere Verfügungen des erneut eingetragenen Gesellschafters einen Widerspruch nach § 16 Abs. 3 Satz 3 bis 5 GmbHG vornehmen lässt. Überdies kann der betroffene Gesellschafter im Wege einer einstweiligen Verfügung erreichen, dass dem Geschäfts-führer die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste vor-läufig untersagt wird, wenn die Voraussetzungen dafür vor- liegen, insbesondere neben dem wirksamen Erwerb des Ge-schäftsanteils ein Verfügungsgrund gegeben ist.

Autor

Christian Normann Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Ernst & Young Law GmbH | EssenTelefon +49 201 2421 24167christian.normann @de.ey.com

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Rechtsprechung aktuellAuslandsbeurkundung auch nach MoMiG zulässig

Entscheidung der VorinstanzDas Amtsgericht München (Registergericht) hatte nun mit Be-schluss vom 6. November 2012 die Aufnahme einer von einem schweizerischen Notar mit Amtssitz in Basel erstellten und einge-reichten Gesellschafterliste einer im Handelsregister des Amts-gerichts München eingetragenen GmbH in den elektronischen Registerordner abgelehnt. Eine gegen diesen Beschluss des Regis-tergerichts eingelegte Beschwerde hatte das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 6. Februar 2013 (Az.: 31 Wx 8/13) zurückgewiesen.

Nach Auffassung des OLG München sei bei einer Auslandsbeur-kundung ausschließlich der Geschäftsführer der GmbH zur Erstel-lung, Unterzeichnung und Einreichung der Gesellschafterliste befugt, nicht jedoch der ausländische Notar. Der ausländische Notar könne durch ein deutsches Gesetz nicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste verpflichtet werden; eine Berechtigung des ausländischen Notars ohne korrespondierende Verpflichtung sei jedoch nicht denkbar, weil § 40 GmbHG die Zuständigkeit von Geschäftsführer und Notar alternativ regele.

Die Entscheidung des OLG München wurde in der Literatur kontro-vers diskutiert, nicht zuletzt deshalb, weil sich das OLG München mit seiner Entscheidung in Widerspruch zu einer Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 2. März 2011 (Az.: I-3 Wx 236/10) gesetzt hat, die dem ausländischen Notar eine solche Befugnis zur Ein-reichung der Gesellschafterliste ausdrücklich zugestanden und dabei auch die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung selbst be - stätigt hatte.

BGH, Beschluss vom 17.12.2013 – Az.: II ZB 6/13

Der Bundesgerichtshof hat sich in dem Beschluss vom 17. Dezember 2013 (Az.: II ZB 6/13) mit der umstrittenen Frage beschäftigt, ob ein ausländischer Notar zur Einreichung einer Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG berechtigt ist. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof auch zu der Frage Stellung genommen, ob und unter welchen Voraus­setzungen eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH­Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden kann.

HintergrundEs war in der Vergangenheit bei der Übertragung von Geschäfts-anteilen an einer deutschen GmbH gängige Praxis, die erforder -liche notarielle Beurkundung in der Schweiz vornehmen zu lassen. Grund hierfür waren in erster Linie die in der Regel geringeren Notarkosten, da diese in der Schweiz – anders als in Deutschland – frei verhandelbar sind. Diese Praxis der Auslandsbeurkundung ist seit Inkrafttreten des MoMiG zum 1.November 2008 jedoch zuneh-mend in Zweifel gezogen worden, insbesondere aufgrund der durch das MoMiG eingeführten zusätzlichen Verpflichtungen des Notars im Rahmen eines solchen Beurkundungsvorgangs. Hinzu kam, dass auch das Schweizer Obligationenrecht Anfang 2008 reformiert wurde und seitdem die Abtretung von Anteilen an einer schweizeri-schen GmbH nicht mehr beurkundungspflichtig ist. Beide Reformen ließen Zweifel an der bislang anerkannten Zulässigkeit des Beur-kundungsvorgangs in der Schweiz aufkommen, was zu einem merk-lichen Rückgang solcher Auslandsbeurkundungen führte.

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Entscheidung des BundesgerichtshofsDie gegen die Entscheidung des OLG München eingelegten Rechts-beschwerden, mit denen weiterhin die Aufnahme der Gesellschafter- liste in den elektronischen Registerordner begehrt wurde, hatten Erfolg. In den amtlichen Leitsätzen seines Beschlusses vom 17. Dezember 2013 stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich fest,

• dass ein Registergericht eine zum Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste nicht schon deshalb zurückweisen darf, weil sie von einem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eingereicht worden ist;

• und, dass eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung auch nach dem Inkrafttreten des MoMiG durch einen ausländi-schen Notar vorgenommen werden kann, sofern die ausländi-sche Beurkundung der deutschen gleichwertig ist (Fortführung von BGH, Beschluss vom 16.02.1981 – Az.: II ZB 8/80).

Nach der Begründung des Bundesgerichtshofs darf ein Register-gericht lediglich prüfen, ob die Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht, insbesondere, ob es sich bei der Person, die eine Gesellschafterliste eingereicht hat, um eine der in § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG genannten Personen, d. h. um einen Geschäftsführer oder einen Notar, der an den Verände-rungen mitgewirkt hat, handelt.

Der Bundesgerichtshof widerspricht ausdrücklich der in der Vor-instanz geäußerten Rechtsauffassung, wonach zur Einreichung der Liste nur berechtigt sein könne, wer dazu auch verpflichtet sei. Die Zuständigkeiten des Geschäftsführers und des Notars schließen sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofes keinesfalls gegenseitig aus. Die Einreichungskompetenz des ausländischen Notars ergebe sich als Annex zu seiner Beurkundungskompetenz. An der vor Inkrafttreten des MoMiG anerkannten Rechtsauffassung, dass eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung durch einen ausländi-schen Notar vorgenommen werden kann, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist, habe sich auch durch das MoMiG nichts geändert.

Ob eine solche Gleichwertigkeit des Beurkundungsvorgangs im konkreten Fall gegeben war, musste der Bundesgerichtshof mangels Entscheidungserheblichkeit nicht abschließend klären. Er stellte ganz am Ende seiner Entscheidung unter Verweis auf seine frühere

Autor

Dr. Björn Weng RechtsanwaltErnst & Young Law GmbH | StuttgartTelefon +49 711 9881 [email protected]

Fazit Der Bundesgerichtshof schafft mit seiner Entscheidung erfreu-licherweise weitestgehend Rechtsklarheit in einer für die gesell-schaftsrechtliche Beratungspraxis höchst relevanten Recht- frage. Es ist davon auszugehen, dass in Folge der Entscheidung künftig wieder verstärkt Auslandsbeurkundungen in der Schweiz durchgeführt werden, auch wenn der Bundesgerichtshof die Frage der Gleichwertigkeit des Beurkundungsvorgangs in der Schweiz (noch) nicht abschließend geklärt hat. Dies dürfte nicht nur die schweizerischen Notare freuen, sondern auch die Mandanten, die an einer kostengünstigen Beurkundung von Anteilsabtretungen interessiert sind.

Rechtsprechung lediglich fest, dass eine Gleichwertigkeit der Be - urkundung bei einem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz „jedenfalls bis zum Inkrafttreten des MoMiG und der Reform des Schweizer Obligationenrechts von 2008 anerkannt war“; somit sei die vom schweizerischen Notar eingereichte Gesellschafterliste jedenfalls nicht „offensichtlich“ unrichtig und hätte vom Registergericht auf-grund von dessen (auf die formalen Anforderungen des § 40 GmbHG) beschränkter Prüfungskompetenz auch nicht zurückge-wiesen werden dürfen. Die Frage, ob eine Gleichwertigkeit des Be - urkundungsvorgangs in der Schweiz auch heute noch gegeben ist, ist mithin nicht abschließend geklärt. Es verbleibt somit eine ge- wisse Restunsicherheit.

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wirtschaftlich identisch ist. Wann eine solche relevante wirtschaft-liche Identität anzunehmen ist, ist demgegenüber umstritten. Das OLG München hatte im Jahr 2009 in einem Urteil ausgeführt, dass § 112 AktG auf die Kündigung eines Vertrages mit einer Drittge-sellschaft, deren Anteile treuhänderisch für ein Vorstandsmitglied gehalten werden, nicht anwendbar sei (OLG München, Urteil vom 09.02.2009 – Az.: 21 U 4853/08). Wichtig war dem Gericht dabei auch der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit, wonach Umfang und Grenzen der Vertretungsmacht der Verwaltungsorgane einer Aktiengesellschaft für diese klar sein müssten; Nachforschungen, wer hinter einer Gesellschaft stehe, seien nicht zu verlangen. Demgegenüber hält das OLG Saarbrücken eine wirtschaftliche Identität zwischen einem Vorstandsmitglied und einer Ein-Mann- Gesellschaft des betreffenden Vorstandsmitglieds jedenfalls für gegeben. In einer solchen Konstellation bestehe die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision, der durch § 112 AktG begegnet werden soll, in gleichem Maße wie bei einem Vertragsschluss mit dem Vorstandsmitglied selbst. § 112 AktG sei deshalb auch auf Verträge zwischen der Aktiengesellschaft und einer Gesellschaft anwendbar, an der ein Vorstandsmitglied als Alleingesellschafter beteiligt sei.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.01.2014 – Az.: 2 U 69/13

EinführungGemäß § 112 AktG vertritt der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern. Wenn daher ein Vorstands-mitglied mit der Gesellschaft einen Vertrag schließen möchte, muss der Aufsichtsrat als Vertretungsorgan involviert werden. Ein anderes Vorstandsmitglied kann einen solchen Vertrag demgegen-über nicht rechtswirksam für die Gesellschaft abschließen. Die Vertretungskompetenz des Aufsichtsrats gemäß § 112 AktG gilt nach herrschender Meinung auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern. Ob anstelle des Vorstands der Aufsichtsrat demgegenüber analog § 112 AktG auch dann zur Vertretung der Gesellschaft berufen ist, wenn diese zwar keinen Vertrag mit einem Vorstandsmitglied, dafür aber mit einer Gesellschaft abschließt, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft ist, hatte Anfang 2014 das OLG Saarbrücken in einem Fall zu entscheiden (OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.01.2014 – Az.: 2 U 69/13).

Der juristische Meinungsstand und die Entscheidung des OLG SaarbrückenDie überwiegende Meinung in Literatur und Rechtsprechung bejaht eine entsprechende Anwendung des § 112 AktG jedenfalls in Fällen, in denen eine Gesellschaft mit einem Vorstandsmitglied

Rechtsprechung aktuellOLG Saarbrücken zur Frage, ob § 112 AktG auf Fälle der wirtschaftlichen Identität zwischen dem Vorstandsmitglied und dem Dritten anwendbar ist

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Nach einer Literaturansicht soll es für die entsprechende Anwend-barkeit des § 112 AktG bereits genügen, wenn das betreffende Vorstandsmitglied maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft hat, mit der die Aktiengesellschaft einen Vertrag abschließen möchte. Einen solchen Einfluss hatte der BGH in einer neueren Entscheidung aber bei einer Minderheitsbeteiligung an einer Familien-GmbH verneint, bei der auch sonst keine rechtlich ver-mittelte Möglichkeit einer maßgeblichen Einflussnahme auf die Gesellschaft bestand. Eine mögliche soziale Beherrschung der Gesellschaft durch ein Familienoberhaupt, das zugleich Vorstands-mitglied der Aktiengesellschaft ist, hielt der BGH demgegenüber nicht für ausreichend, um § 112 AktG auch auf Geschäfte zwischen der Aktiengesellschaft und der Familien-GmbH zu erstrecken (BGH Urteil vom 12. 03. 2013 – Az.: II ZR 179/12).

Autor

Dr. Maximilian KochRechtsanwalt | Dipl.-KaufmannErnst & Young Law GmbH | DüsseldorfTelefon +49 211 9352 [email protected]

Hinweise für die Praxis Für die Praxis bedeutet dies, dass beim Abschluss von Ver-trägen zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Gesell-schaft, auf die ein Vorstandsmitglied etwa aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung oder aufgrund anderer rechtlicher Mög-lichkeiten maßgeblichen Einfluss ausüben kann, aus Gründen rechtlicher Vorsicht neben dem Vorstand auch der Aufsichtsrat als Vertretungsorgan involviert werden und entscheiden sollte. Wird dies versäumt, besteht hinterher unter Umständen die Gefahr, dass der Vertrag mangels Vertretungsmacht des Vor-stands als nichtig angesehen werden könnte. Denn nach einer Ansicht sind Verträge, die unter Verstoß gegen § 112 AktG durch den Vorstand abgeschlossen wurden, nichtig und können nicht durch den Aufsichtsrat genehmigt werden.

Allgemein ist zu raten, Verträge zwischen Aktiengesellschaften und ihren Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern oder Aktio-nären bzw. mit deren nahestehenden Personen zuvor sorg fältig, unvoreingenommen und umfassend, insbesondere auch hin-sichtlich der Kompetenz der zu befassenden Organe rechtlich prüfen zu lassen. Ansonsten können entsprechende Schaden-ersatzpflichten drohen, wie auch im Fall des OLG Saarbrücken. Dieses stellte fest, dass das betreffende Vorstandsmitglied eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen hat, weil es nicht dar-auf hingewirkt habe, dass die Kompetenz des Aufsichtsrats beachtet wird und deshalb für den Schaden haftbar ist, den die Aktiengesellschaft aufgrund des nichtigen Vertrages mit seiner Ein-Personen-Gesellschaft möglicherweise erlitten hat.

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Rechtsprechung aktuellLizenz ohne Vertrag – ein unterschätztes Risiko im Konzern

Kennzeichenrechte an dem lizenzierten Zeichen erwerben (BGH, Urteil vom 27.02.1963 – Az.: Ib ZR 180/61 – Micky-Maus-Orangen (GRUR 1963, 485)).

Mit der neuen Entscheidung erklärt der BGH aber eine wichtige Einschränkung: Eine informelle Gestattung genügt nicht, um die Entstehung eines eigenen Rechts zugunsten des Nutzers aus-zuschließen (BGH, Urteil vom 27.03.2013 – Az.: I ZR 93/12 – Baumann (GRUR 2013, 1150)).

Der prozessuale Nachweis, dass ein Vertrag vorliegt – und nicht bloß eine informelle Gestattung –, obliegt der IP-Gesellschaft (Darlegungs- und Beweislast). An den Nachweis sind erhöhte Anforderungen zu stellen. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr – so der BGH – sei der Vertragsschluss im Regelfall dokumentiert. Fehlt es an einer entsprechenden Dokumentation, so sei in der Regel davon auszugehen, dass kein über eine informelle Gestat-tung hinausgehender Abschluss eines (Gestattungs- oder Lizenz-) Vertrages vorliegt.

Fazit zum LizenzrechtIn seiner Entscheidung „Baumann“ differenziert der BGH zwischen dem echten Lizenzvertrag und der konkludenten, einseitigen Ge - stattung. Gegenüber Dritten ist die kennzeichenrechtliche Position des Lizenznehmers während der Laufzeit des Lizenzvertrages grundsätzlich besser, als diejenige des Empfängers einer lediglich informellen Gestattung (etwa im Aktivprozess). In vorliegendem Szenario jedoch – nämlich nach Beendigung des Lizenzvertrages – ist die Stellung des Lizenznehmers schlechter, als diejenige des Gestattungsempfängers. Der Gestattungsempfänger erwirbt mit Benutzungsaufnahme ohne Weiteres ungeschmälert eigene Rechte und kann diese dem Rechteinhaber ggf. entgegenhalten. Der Lizenznehmer hingegen könnte das nicht. Die informelle Gestattung der Nutzung von Marken oder sonstigen Kennzeichen ohne Lizenzvertrag kann somit zum nachteilhaften Rechtsverlust des Konzerns führen.

BGH, Urteil vom 27.03.2013 – Az.: I ZR 93/12

EinführungIm Rahmen der steueroptimierten Strukturierung innerhalb des Konzerns werden häufig IP-Gesellschaften genutzt (bspw. da Einkommen aus „IP“, – immateriellen Wirtschaftsgütern, etwa in Luxemburg – einem besonders günstigen Steuerstatut unterlie-gen). Die IP-Gesellschaft hält und bündelt das IP und überlässt es den operativen Gesellschaften innerhalb des Konzerns zur Nut-zung.

Bei solchen Strukturen wird besonderes Augenmerk auf ange-messene Verrechnungspreise gelegt. Jedoch wird eine rechtliche Ausgestaltung einer Lizenzierung teilweise für nicht erforderlich gehalten, denn Rechteinhaber (IP-Gesellschaft) und Nutzer (operative Gesellschaft) gehören ohnehin zum selben Konzern.Tatsächlich birgt es aber erhebliche Risiken, auf Lizenzverträge innerhalb des Konzerns zu verzichten. Das zeigt eine Entscheidung des BGH zum Markenrecht.

Tatsächlicher HintergrundDie operative Gesellschaft nutzte ein Unternehmenskennzeichen (hier: „Baumann S.r.l.“). Nachdem sie aus dem Konzern ausge-schieden war, berief sie sich darauf, dass sie durch Nutzung des Unternehmenskennzeichens eigene Rechte erworben habe und über prioritätsältere Rechte gegenüber der gleichlautenden, aber zeitlich später angemeldeten Marke der früheren Konzernmutter (hier: Marke „Baumann“) verfüge. Entsprechend dürfe sie, die operative Gesellschaft, das Unternehmenskennzeichen weiterhin führen. Darüber hinaus sei es der früheren Konzernmutter nicht gestattet, die eigene Marke weiter zu verwenden und sie sei scha-densersatzpflichtig.

Rechtliche EinordnungBeruht die Nutzung von Marken oder anderen Kennzeichenrechten auf einem (Lizenz- oder Gestattungs-) Vertrag, so kann der Lizenznehmer während der Laufzeit des Vertrages keine eigenen

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Weitere Risiken der informellen GestattungNeben den vom BGH aufgezeigten Risiken der informellen Ge - stattung, ist der Verzicht auf Verträge zudem problematisch im Hinblick auf die Kalkulation angemessener Verrechnungspreise sowie auf eine mögliche Vermögensverlagerung als verdeckte Gewinnausschüttung.

• OECD Verrechnungspreisleitlinien 2010 Bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf kon-zerninterne Geschäftsvorfälle mit immateriellen Wirtschaftsgü-tern sind auch rechtliche Faktoren zu berücksichtigen. Nach den OECD Verrechnungspreisleitlinien 2010 (S. 225) gehören dazu beispielsweise: geografische Beschränkungen für die Ausübung der Rechte, der ausschließliche oder nichtausschließliche Cha-rakter der überlassenen Rechte sowie die Möglichkeit der Ver-gabe von Sublizenzen. Somit erfordert bereits die Preisberech-nung eine Festlegung detaillierter Vertragsbestimmungen. Ohne einen konkret ausdefinierten Lizenzvertrag sind diese Faktoren jedoch nicht nachzuweisen.

• Verdeckte Gewinnausschüttung? Die finanzgerichtliche Rechtsprechung geht von einer verdeck-ten Gewinnausschüttung (vGA) aus, wenn die Kapitalgesell-schaft Leistungen an einen beherrschenden Gesellschafter er-bringt, ohne dass im Voraus getroffene und klare Vereinbarun- gen vorliegen. Dies wäre etwa bei der Lizenz der Tochtergesell-schaft an die Muttergesellschaft der Fall. Gemäß den Hinweisen zu den Richtlinien der Finanzverwaltung (H 36 KStR) kann eine Gegenleistung ohne eine klare und eindeutige Vereinbarung nicht als schuldrechtlich begründet angesehen werden. Im Grundsatz gilt somit auch im Steuerrecht: Wer sich auf die Existenz eines mündlich abgeschlossenen Vertrages beruft (bspw. zur Begründung des Betriebsausgabenabzugs), einen entsprechenden Nachweis aber nicht führen kann, hat den Nach-teil des fehlenden Nachweises zu tragen. Ist ein Vertrag nicht nachweisbar, kann es zu zusätzlicher Besteuerung kommen.

Autor

Daniel Kaiser RechtsanwaltErnst & Young Law GmbH | MünchenTel +49 89 14331 [email protected]

Zusammenfassung Informelle Gestattungen zur Nutzung immaterieller Wirtschafts-güter, wie sie in Konzernen oft vorkommen, bergen lizenzrecht-liche und steuerrechtliche Risiken. Diese Risiken lassen sich nur durch eine sorgfältige Vertragsdokumentation vermeiden. Die Annahme, dass für die Lizenzierung innerhalb des Konzerns lediglich die Zahlen relevant seien, ist somit unzutreffend.

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die GmbH & Co. KG Insolvenzantrag und im September 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Insolvenz- verwalter bestellt. Vor dem Landgericht wurde in erster Instanz die im Wesentlichen auf Rückzahlung der an den drei Stichtagen ausgezahlten Beträge gerichtete Klage zurückgewiesen. Mit der Be rufung vor dem OLG München verfolgte der Kläger sein Zah-lungsbegehren fort.

Entscheidung Das OLG München sah einen Rückzahlungsanspruch für die Ge-winnausschüttung an den Stichtagen 2 und 3 für gegeben an. Einen Anspruch auf Rückzahlung betreffend die Zahlung zum Stichtag 1 lehnte es dagegen ab. Anspruchsgrundlagen stellten dabei im Wesentlichen die §§ 177a, 130a Abs. 2, 3 HGB a.F. sowie die §§ 172a HGB, 32a, 32b GmbHG a.F. dar. Die §§ 177a, 130a Abs. 2, 3 HGB a.F. richteten sich gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Mitgeschäftsführer der Komplementärin der GmbH & Co. KG. Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Über-schuldung durften danach durch die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter grundsätzlich keine Zahlungen mehr geleistet werden, es sei denn, dies war mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.

Die §§ 172a HGB, 32a, 32b GmbHG a.F. richteten sich gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als darlehensgebenden Gesell -

OLG München, Urteil vom 18.12.2013 – Az.: 7 U 2900/09

EinführungDas OLG München hatte sich vorliegend mit einem Fall betreffend die etwaigen Schadensersatz- und Rückzahlungsansprüche einer zwischenzeitlich insolventen GmbH & Co. KG gegen ihren Ge-schäftsführer und Kommanditisten zu beschäftigen. Es beleuchtet in dem Urteil, unter welchen Voraussetzungen die Gewinnaus-schüttung bei einer GmbH & Co. KG in der Krise aus Sicht der Ge-schäftsführung als auch des Gesellschafters risikobehaftet sein kann und Schadensersatz- bzw. Rückzahlungsansprüche auslöst. Dem Urteil liegt eine veraltete Rechtslage vor der GmbH-Reform (MoMiG ) aus dem Jahr 2008 zugrunde. Es gibt Anlass erneut auf die praxisrelevanten Änderungen der Rechtslage in diesem Zu-sammenhang hinzuweisen.

Sachverhalt Kläger war der Insolvenzverwalter einer insolventen GmbH & Co. KG. Der Beklagte war alleiniger Kommanditist der GmbH & Co. KG und einer der Geschäftsführer der Komplementärin. Auf Basis eines Gesellschafterbeschlusses der GmbH & Co. KG sollte der Jahresüberschuss aus dem Geschäftsjahr 1999 an den Beklagten ausgezahlt werden. Zwei Jahre später wurden zum Stichtag 1 (September 2001), zum Stichtag 2 (November 2001) und zum Stichtag 3 (Februar 2002) daraufhin jeweils Gewinnaus- schüt tungen an den Beklagten ausgekehrt. Im Juni 2002 stellte

Rechtsprechung aktuellGewinnausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen einer insolventenGmbH & Co. KG und Geschäftsführerhaftung

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schafter der GmbH & Co. KG. Im Hinblick auf § 32a Abs. 3 GmbHG a.F. wurde die zeitweise Nichtgeltendmachung eines bestehenden Gewinnauszahlungsanspruchs durch das OLG München einer Dar-lehensgewährung gleichgesetzt. Zur Begründung eines Rück-zahlungsanspruchs der GmbH & Co. KG war danach gem. § 32a GmbHG a.F. unter anderem erforderlich, dass sie sich bei Rückge-währung des Darlehens in einer Situation befunden hat, in der ihr Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft).

Maßgeblich für eine Herleitung beider Ansprüche war demnach im konkreten Fall insbesondere, ob zum jeweiligen Auszahlungszeit-punkt eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§ 130a Abs. 2, 3 HGB a.F.) bzw. Krise der Gesellschaft (§ 32a Abs. 1 GmbHG a.F.) vorgelegen hat. Das OLG München ging davon aus, dass – unter Berücksichtigung eines Sachverständigengutachtens – eine Überschuldung der GmbH & Co. KG zum Zeitpunkt der Aus-zahlungen zum Stichtag 2 und 3 gegeben war. Dies lag nach der Überzeugung des Gerichtes daran, dass die GmbH & Co. KG zu den Stichtagen 2 und 3 verpflichtet gewesen wäre, Drohverlust- rückstellungen zu bilden. Zum Stichtag 1 wurde dies – ebenso wie eine Kreditunwürdigkeit oder Zahlungsunfähigkeit – verneint. Etwaige Gewinnentnahmerechte nach § 169 HGB standen dieser Wertung nicht entgegen.

Autor

Andreas Gerards RechtsanwaltErnst & Young Law GmbH | DüsseldorfTelefon +49 211 9352 [email protected]

Praxistipps Für den Kommanditisten als auch den Geschäftsführer bei der GmbH & Co. KG ergeben sich bei der Gewinnausschüttung unmittelbar vor bzw. in der Krise auch nach Inkrafttreten des MoMiGs Risiken, die Schadensersatz- bzw. Rückzahlungsan-sprüche aus lösen können. Der Geschäftsführer muss auch nach der aktuellen Rechtslage (§§ 177a, 130a HGB) darauf achten, dass keine Zahlungen zu einem Zeitpunkt getätigt werden, in dem Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gesellschaft vorgelegen haben. Besonderheiten gelten bei Zahlungen an Gesellschafter (§ 130a Abs. 1 S. 3 HGB). Eine Nichteröffnung bzw. Nichtbeantragung eines Insolvenzverfahrens und/oder die nichtsdestotrotz getätigte Zahlung durch die Geschäftsführer kann zu Schadens ersatzforderungen führen (§ 130a Abs. 2 HGB).

Aus Sicht der Kommanditisten besteht auch weiterhin die Gefahr, dass nicht unmittelbar geltend gemachte Gewinnaus-schüttungsansprüche als Gesellschafterdarlehen oder gleich-gestellte Forderungen angesehen werden (Wicke, GmbHG, 2. Auflage 2011, Anhang § 30, Rn. 9). Bei deren Auskehrung steht dem Insolvenzverwalter im Insolvenzfall ein Anfechtungs-recht zu, soweit die Rückzahlung nicht früher als ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgt ist (§§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 143 InsO). Es spielt dabei nunmehr keine Rolle mehr, ob das Darlehen in einer Krise gewährt oder zurückgewährt wurde – maßgeblich ist allein der durch die Jahresfrist abgesteckte zeit-liche Zusammenhang zwischen Rückzahlung und Insolvenz. Dies kann zu gewissen Härten für den Fall führen, dass eine GmbH & Co. KG unmittelbar nach Rückzahlung eines Gesell-schafterdarlehens plötzlich in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Kommt es vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zur Rückgewähr des Gesellschafter darlehens, wird die ent-sprechende Forderung des Gesellschafters nur nachrangig befriedigt (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO).

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Rechtsprechung aktuellBundesverfassungsgericht erlaubt Rechtsanwaltsgesellschaften mit berufsfremden Gesellschaftern und Geschäftsführern

Der BeschlussGeklagt hatten ein Rechtsanwalt und ein Patentanwalt, die zur gemeinschaftlichen Berufsausübung eine GmbH gründen wollten. Jeder der beiden sollte die Hälfte der Anteile halten und Geschäfts- führer der GmbH werden. Das widerspricht sowohl §§ 59e und 59f BRAO als auch den entsprechenden Normen der Patent anwalts-ordnung. Beide Anwaltskammern lehnten den Antrag auf Zulas-sung der Anwaltschaft in Form der Anwaltsgesellschaft deshalb ab. Zur Vereinfachung werde ich hier nur den weiteren Weg des klagenden Rechtsanwalts und der für ihn relevanten Normen der BRAO erörtern. Der Rechtsanwalt klagte gegen die Ablehnung durch die Instanzen und blieb auch beim Bundesgerichtshof erfolg-los.

Auf seine Verfassungsbeschwerde hin erklärte nun das Bundes-verfassungsgericht die Regelungen des §§ 59e Abs. 2 S. 1 und 59f Abs. 1 BRAO für verfassungswidrig. § 59f Abs. 1 BRAO regelt, dass die Rechtsanwaltsgesellschaft verantwortlich von Rechtsan-wälten geführt werden muss (Satz 1) und dass die Geschäfts-führer mehrheitlich Rechtsanwälte sein müssen (Satz 2). § 59e BRAO erlaubt zwar in seinem Absatz 1 immerhin, dass neben Rechtsanwälten auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und eben auch Patentanwälte Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesell-schaft sein dürfen. Aber Abs. 2 Satz 1 verlangt, dass die Mehrheit der Geschäftsanteile stets bei den Anwälten bleiben muss.

Das Gericht führt zunächst aus, dass die mit diesen Regelungen verfolgten Ziele, nämlich (1) die Sicherung der beruflichen Un - abhängigkeit und (2) berufsrechtliche Qualitätsanforderungen, verfassungsrechtlich legitim und daher grundsätzlich zur Ein-schränkung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG geeignet seien. Es konzediert auch, dass berufsfremde Kapitalgeber versuchen könnten, ihren gesellschaftsrechtlichen Einfluss dazu zu benutzen, Anwälte abhängig zu machen, ihnen Weisungen zu erteilen und sie zu fachlich minder qualitätsvoller Arbeit zu verleiten.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.01.2014 – 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12

EinführungSlater & Gordon, eine australische Rechtsanwaltskanzlei, machte 2007 den Anfang. Sie wechselte in die Rechtsform der Aktien-gesellschaft und ließ die Aktien an der Börse in Sydney und Melbourne notieren. Andere australische Kanzleien folgten; im Jahr 2010 öffnete sich auch der Anwaltsmarkt des Vereinigten Königreichs für berufsfremde Eigenkapitalgeber.

Die große Welle von Eigenkapitalfinanzierungen in Anwaltskanz-leien blieb aber aus. Mit 1200 Anwälten ist Slater & Gordon weiter-hin das größte der börsennotierten Rechtsberatungsunternehmen. Ihr Börsengang war ein Erfolg. Der Börsenkurs ist stabil und seit 2007 um ca. 27 % gestiegen. Die Marktkapitalisierung beträgt über 550 Millionen Euro (ca. 844 Mio. australische Dollar).

Anders als die großen Kanzleien in Deutschland verdient Slater & Gordon sein und das Geld seiner Aktionäre nicht mit großen Unter-nehmenskäufen, syndizierten Krediten oder gesellschaftsrecht-lichen Restrukturierungen, sondern mit Schadensersatzforderun-gen, Scheidungen, Grundstückskäufen und Erbangelegenheiten von Verbrauchern und Privatpersonen.

Wäre eine Kanzlei wie Slater & Gordon künftig auch in Deutschland möglich? Das Bundesverfassungsgericht hat zumindest einen großen Schritt in diese Richtung getan. Es hat entschieden, dass das bisherige Verbot der Eigenkapitalbeteiligung von Nicht-An-wälten in § 59e der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) gegen die in Art. 12 GG verankerte Berufsfreiheit verstoße. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sich künftig nur die in § 59a BRAO genann-ten Kammerberufe (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Patent-anwälte) oder auch völlig außenstehende Berufsfremde an Rechts anwaltskanzleien beteiligen können.

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Allerdings seien die zur Verfolgung dieser gesetzgeberischen Ziele verwendeten Verbote in §§ 59e Abs. 2 S. 1 und 59f Abs. 1 BRAO weder erforderlich noch die mildesten Mittel. Das mildere und ebenso geeignete Mittel zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele sieht das Gericht in den standesrechtlichen Ge- und Verboten der beteiligten Berufsträger. Sie seien strafbewehrt oder doch der-art mit Disziplinarmaßnahmen bewehrt, dass von deren Wirksam-keit auszugehen sei.

Das Verfassungsgericht stellt entscheidend darauf ab, dass jeder Anwalt schon persönlich berufsrechtlichen Regeln unterworfen sei, die auf wirksame Weise eine unabhängige und qualitätsvolle Rechtsberatung sicherstellen könnten. Dies gelte auch für die weiteren Berufsgruppen, die mit Anwälten interprofessionelle Sozietäten bilden können. Angesichts dieses Arguments, das auf das Standesrecht der weiteren sozietätsfähigen Berufsgruppen abstellt, lässt sich nicht sicher vorhersagen, ob das Gericht auch die Eigenkapitalbeteiligung von vollkommen fremden, nicht frei-beruflich arbeitenden Kapitalgebern zulassen würde. Meines Erachtens spricht vieles dafür. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater sowie Rechts- und Patentanwälte sind jeweils nur auf ihre eigene Unabhängigkeit verpflichtet. Grundsätzlich spricht nichts dafür, dass sie eher als fremde Kapitalgeber motiviert sein sollten, die Unabhängigkeit einer anderen freiberuflichen, aber ihnen doch fremden Berufsgruppe zu beachten.

Autor

Dr. Oliver Hein Rechtsanwalt | SolicitorErnst & Young Law GmbH | Frankfurt am MainTelefon +49 6196 996 [email protected]

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Legal Compliance EckeAnforderungen an ein wirksames Compliance Management System

„[…] Zum anderen muss ein Vorstandsmitglied aber auch dafür Sorge tragen, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsich-tigt wird, dass keine derartigen Gesetzesverletzungen stattfinden. Diese Überwachungspflicht wird namentlich durch § 91 Abs. 2 AktG dadurch konkretisiert, dass ein Überwachungssystem instal-liert wird, das geeignet ist, bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, wovon auch Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften umfasst sind […]. Einer derartigen Vorschrift genügt der Vorstand bei einer entsprechenden Gefährdungslage nur dann, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle an - gelegte Compliance-Organisation einrichtet […]. Entscheidend für den Umfang im Einzelnen sind dabei Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften, die geografische Präsenz wie auch die Verdachtsfälle aus der Ver gangenheit […].“ (LG München, Urteil vom 01.12.2013 – Az.: 5 HK O 1387/10 – I.1.a(1))

In der Urteilsbegründung wird weiter ausgeführt, dass die Einrich-tung eines Compliance Management Systems strengen Sorgfalts-maßstäben genügen muss – insbesondere dann, wenn das Unter-nehmen geschäftliche Aktivitäten in Ländern entfaltet, die als besonders korruptionsanfällig gelten.

RisikoanalyseDaraus lässt sich ableiten, dass sich die Ausrichtung und die Aus-prägung des Compliance Management Systems eines Unterneh-mens nach Auffassung des Landgerichts München im Einzelnen nach dessen Gefährdungslage bzw. der Risikosituation richten sollte.

Diese hängt wiederum ab von der Art, Größe und Organisation des Unternehmens. Zu berücksichtigen sind beispielsweise die gesell-schaftsrechtliche Unternehmensform (Rechtsform: Personen- oder Kapitalgesellschaft), das Betätigungsfeld des Unternehmens (Wirtschaftszweig/Sektor), die Anzahl der Mitarbeiter, die Stand-orte sowie die Aufbau- und Ablauforganisation.

SachverhaltMit Urteil des Landgerichts München vom 1. Dezember 2013 (5 HK O 1387/10) wurde der ehemalige Finanzvorstand der Siemens AG, Heinz-Joachim Neubürger, zur Zahlung von EUR 15 Mio. an seinen ehemaligen Dienstherren verurteilt. Aus der kürzlich veröffentlichten Urteilsbegründung geht hervor, dass erstmals ein deutsches Zivilgericht einen Vorstand zum Schadens-ersatz verurteilt hat, weil er es im Rahmen seiner Organisations-pflicht unterlassen hat, ein auf Schadensprävention und Risiko-kontrolle ausgelegtes Compliance Management System zur Ver-meidung von Gesetzesverstößen (hier: Schmiergeldzahlungen an Amtsträger eines ausländischen Staates) einzurichten und dieses hinreichend zu überwachen.

Das gegen den Manager eingeleitete strafrechtliche Ermittlungs-verfahren war zuvor gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Zudem wollte der ehemalige Finanzvorstand – anders als die anderen beschuldigten ehemaligen Manager des Unter-nehmens – sich nicht auf eine außergerichtliche Einigung mit seinem ehemaligen Dienstherren verständigen. Obgleich das Urteil des Landgerichts München noch nicht rechtskräftig ist, hat es den ehemaligen Finanzvorstand nun umso härter getroffen, wenn man bedenkt, dass die höchste in diesem Fall bisher außergerichtlich vereinbarte Zahlung eines ehemaligen Managers an die Siemens AG nur ein Drittel der jetzt verhängten Schadensersatzzahlung von EUR 15 Mio. beträgt.

Neben den Hinweisen auf die rechtlichen Grundlagen der Verant-wortung von Vorständen und Geschäftsführern, dass Unternehmen so zu organisieren und zu beaufsichtigen sind, dass keine Gesetzes-verstöße stattfinden, enthält die Urteilsbegründung erstmals auch Hinweise auf die Anforderungen an ein wirksames Compliance Management System:

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Aus der Art, Größe und Organisation des Unternehmens ergeben sich die jeweils zu beachtenden Gesetze und Vorschriften (z. B. Branchenkodizes), deren Einhaltung durch die Einrichtung eines wirksamen Compliance Management Systems erreicht werden soll. Bei international agierenden Unternehmen spielt die geografische Präsenz eine wesentliche Rolle, da beispielsweise die lokale Ge- setzgebung, der ausländische Tochtergesellschaften unterliegen, nicht zwangsläufig mit dem regulatorischen Umfeld der Mutter-gesellschaft deckungsgleich sein muss. Als Beispiel kann das seit dem 29. Januar 2014 in Brasilien in Kraft getretene Anti-Korrup-tionsgesetz herangezogen werden, nach dem – ähnlich wie bei dem im Jahr 2011 im Vereinigten Königreich eingeführten UK- Bribery Act oder dem US Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) – Strafen wegen Korruption nicht nur gegen natürliche, sondern auch gegen juristische Personen verhängt werden können. Be - troffen sind Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform und unabhängig davon, ob es sich um brasilianische oder ausländische Unternehmen handelt. Neben der Haftung des Unternehmens bleibt zudem die persönliche Haftung derjenigen Person, die die Bestechung vorgenommen hat, bestehen. Darüber hinaus haftet ein Unter nehmen als neuer shareholder nach einer Übernahme oder Fusion für Handlungen, die in der Vergangenheit vorgenom-men wurden.

Die Gefährdungslage eines Unternehmens sollte demnach auf Grundlage einer umfassenden, weltweiten und sich regelmäßig wiederholenden Analyse der bestehenden Risiken für Verletzun-gen von Gesetzen und anderen für das Unternehmen einschlägi-gen Vorschriften abgeleitet werden. Erst mit der detaillierten Kenntnis über die unternehmensspezifische Risikosituation ist ein Vorstand oder Geschäftsführer in der Lage festzulegen, welche Maßnahmen zur Schadensprävention und Risikokontrolle als Bestandteil eines wirksamen Compliance Management Systems notwendig sind.

Lernen aus Verdachtsfällen und Verstößen in der VergangenheitWesentlich erscheint es nach Auffassung des Landgerichts München zu sein, dass Unternehmen aus Verdachtsfällen und Verstößen aus der Vergangenheit lernen. Aus diesem Grund soll-ten Verdachtsmomente möglichst umfassend und sachgerecht aufgeklärt und Verstöße gegen Gesetze oder Richtlinien unab-hängig und vollumfänglich untersucht werden. Die Erkenntnisse aus den internen Untersuchungen sollten genutzt werden, um das Compliance Management System zu optimieren und damit effi zienter und wirksamer zu machen (sogenannter „remediation process“, engl. – Anmerkung des Verfassers). Auch in den sich regelmäßig wiederholenden Risikoanalysen sollten die Erkennt-nisse aus internen Unter suchungen berücksichtigt werden.

In der Urteilsbegründung des Landgerichts München heißt es dazu unter anderem wie folgt:

„Gerade weil dem Vorstand und dem Beklagten immer wieder verdächtige Fälle von Bestechungszahlungen geschildert wurden, hätte es einer Überprüfung der Effizienz des bestehenden Compli-ance-Systems bedurft.“ (LG München, Urteil vom 01.12.2013 – Az.: 5 HK O 1387/10 – I.1.a.(2)(b))

„So bestand für den Beklagten [ehemaliger Finanzvorstand] vor allem auch die Verpflichtung, sich in regelmäßigen Abständen darüber in Kenntnis setzen zu lassen, welche Ergebnisse interne Ermittlungen brachten, ob personelle Konsequenzen gezogen wurden und vor allem ob und wie ein dahinter stehendes System bekämpft wird.“ (LG München, Urteil vom 01.12.2013 – Az.: 5 HK O 1387/10 – I.1.a.(2)(b)(dd)) •

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FazitIm Prüfungsstandard 980 (Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance Management Systemen) des Instituts der Wirt-schaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) (nachfolgend „IDW PS 980“) wird ein Compliance Management System wie folgt beschrieben:

„Ein Compliance Management System umfasst alle Grundsätze und Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Sicherstellung eines regelkonformen Verhaltens der gesetzlichen Vertreter und der Mitarbeiter des Unternehmens sowie gegebenenfalls von Dritten abzielen […]“ (IDW PS 980, Anlage 2.1. (A.)).

Die Wirksamkeit eines Compliance Management Systems ist gemäß IDW PS 980 dann gegeben, wenn die o. g. Grundsätze und Maßnahmen in den laufenden Geschäftsprozessen des Unterneh-mens implementiert und von den hiervon Betroffenen (Mitarbeiter und ggf. Dritte) nach Maßgabe ihrer Verantwortung zur Kenntnis genommen und beachtet werden. Anders ausgedrückt: Ein Com-pliance Management System kann dann als wirksam bezeichnet werden, wenn die obersten Compliance-Ziele – die Vermeidung und die Aufdeckung von Gesetzesverstößen durch gesetzliche Vertreter, Mitarbeiter und gegebenenfalls Dritte – mit den imple-mentierten Grundsätzen und Maßnahmen mit hinreichender Sicherheit er -reicht werden.

Wesentlich für die Frage der Wirksamkeit ist demnach, ob die unternehmensspezifischen Compliance-Grundsätze und Compliance-Maßnahmen auf die unternehmensindividuelle Risikosituation bzw. die Gefährdungslage abgestimmt und so - mit geeignet sind, mögliche Gesetzesverstöße zu verhindern bzw. aufzudecken.

Insofern muss der Vorstand bzw. die Geschäftsführung das be - stehende Compliance Management System hinsichtlich Ange-messenheit und Wirksamkeit regelmäßig überprüfen und bei identifizierten Schwachstellen und Verstößen entsprechende Verbesserungen einleiten bzw. umsetzen.

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39Corporate Law Newsletter 2/2014 |

Autor

Tobias W. Schumacher Fraud Investigation & Compliance Management Services |Assurance Ernst & Young GmbH | StuttgartTelefon +49 711 9881 [email protected]

Dementsprechend sollte sich der Vorstand bzw. die Geschäftsführung regelmäßig die folgenden Fragen stellen: • Sind die Grundsätze und Maßnahmen des Compliance Management Systems in allen wesentlichen Belangen zutreffend beschrieben und für die Art, Größe und Organisation des Unternehmens angemessen?

• Adressieren die Grundsätze und Maßnahmen die unternehmensindividuelle Risikosituation?

• Sind die Grundsätze und Maßnahmen in den laufenden Geschäftsprozessen des Unternehmens implementiert und sind sie geeignet, mögliche Gesetzesverstöße durch gesetzliche Vertreter, Mitarbeiter und gegebenenfalls weitere Dritte zu verhindern bzw. aufzudecken? • Ist der Vorstand bzw. die Geschäftsführung in der Lage, Schwachstellen des Compliance Management Systems zu erkennen und gegebenenfalls erforderliche Anpassungen vorzunehmen, um der gesetzlichen Organisations- und Kontrollpflicht gerecht zu werden?

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40 | Corporate Law Newsletter 2/2014

Aktuelle Meldungen

Gesellschafterdarlehen und Bankerlaubnis: Durch neues BAFIN Merkblatt entschärft

Personenhandelsgesellschaften, bei denen Gesellschafter Guthaben auf Privat- und Verrechnungskonten in nicht unerheblichem Um-fang unterhalten, können nach bisheriger Auffassung der BAFIN Einlagengeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG be - treiben, die einer Erlaubnispflicht nach § 32 KWG unterliegen (vgl. hierzu unser Beitrag im letzten Newsletter 1/2014, Seite 8ff.). Dieser Zustand war für die Praxis extrem problematisch.

Die BAFIN hat die über dieses Thema geführte Diskussion zum Anlass genommen, am 11. März 2014 ein neu gefasstes Merkblatt zu veröffentlichen, in dem der Anwendungsbereich des Einlagenge-schäfts im Zusammenhang mit Geldern, die Gesellschaften von ihren Gesellschaftern zur Verfügung gestellt werden, stark begrenzt wurde (BAFIN Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Einlagen-geschäfts, Stand: März 2014). Damit besteht nun für eine in der Praxis üblichen Form der Gesellschafterfinanzierung Rechtssicher-heit.

Nach Ansicht der BAFIN sind dagegen auch künftig Gelder, die eine auf den Beitritt einer unbestimmten Vielzahl von Kapitalanlegern ausgerichtete und kapitalistisch strukturierte Kommanditgesell-schaft (sog. Publikums­KG) und Kapitalgesellschaften von ihren Gesellschaftern direkt oder indirekt, z. B. über eine Treuhandkom-manditistin, als Darlehen angenommen werden, in der Regel bank-aufsichtsrechtlich als unbedingt rückzahlbare Gelder einzuordnen (vgl. BAFIN Merkblatt vom 11. März 2014 Ziffer 5 b)). Dies soll

Vgl. hierzu www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_140311_tatbestand_einlagengeschaeft.html?nn=2818474

insbesondere dann gelten, wenn das der Publikums-KG gewährte Darlehen zu der unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Einlage des Gesellschafters außer Verhältnis steht. Bei solchen Gesellschaften besteht daher die konkrete Gefahr, in den Bereich des erlaubnis-pflichtigen Einlagengeschäfts zu kommen.

Für Darlehen innerhalb eines Konzerns gilt generell eine gesetzliche Ausnahmeregelung, so dass bei Darlehen von verbundenen Unter-nehmen keine unerlaubten Bankgeschäfte vorliegen können. Ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft liegt auch bei Publikums-KGs jedenfalls nicht vor, wenn die Gesellschafter bezüglich ihrer Forde-rungen entsprechend §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 der InsO einen Nachrang hinter die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO genannten Forderungen vereinbart haben. Dieser Rangrücktritt muss auch für den Zeitraum außerhalb einer Insolvenz vereinbart sein. Andere denkbare Gestaltungsmöglichkeiten wie Sicherheitenstellung oder das Führen der Konten über ein Kreditinstitut dürften in der Praxis keinen gangbaren Weg zur Vermeidung der Erlaubnispflicht darstel-len. Die Beantragung einer Erlaubnis nach § 32 KWG scheidet in aller Regel ebenfalls aus.

In der Praxis sollten daher bei Publikums-KGs und vergleichbaren Gesellschaften Guthaben auf Privat- und Verrechnungskonten über-prüft werden. Bei nicht kapitalistisch strukturierten Gesellschaften kann dagegen aufgrund des jüngst veröffentlichten Merkblatts der BAFIN Entwarnung gegeben werden.

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41Corporate Law Newsletter 2/2014 |

Bundessozialgericht schockiert Syndikusanwälte und deren Arbeitgeber

In mehreren Verfahren hat das BSG am 3. März 2014 grundsätzlich über die Frage der Befreiung von Syndikusanwälten von der gesetz-lichen Rentenversicherung entschieden. Das Gericht befand, dass angestellte Rechtsanwälte grundsätzlich in der gesetzlichen Renten-versicherung pflichtversichert sind, da diese abhängig beschäftigt werden. Eine Befreiung zugunsten des berufsständischen Versor-gungswerks für Anwälte ist nach ihrer Meinung nicht mehr zulässig. Wer eine weisungsgebundene Tätigkeit ausübt, die seine ganze Arbeitskraft beansprucht, kann demnach keine Befreiung erlangen. Einen Bestandsschutz für bereits gewährte Befreiungen soll aber

voraussichtlich gewährt werden. Bei angestellten Anwälten in Kanz-leien hielt das Gericht eine Befreiung von der Versicherungspflicht weiterhin für möglich. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Regelungen im Arbeitsvertrag eine entsprechende Unabhängigkeit gewährleisten. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat bereits angekündigt zu prüfen, welche konkreten Auswirkungen die Ent-scheidung des Bundessozialgerichts auf ihre Befreiungspraxis hat. Hierzu werden die Entscheidungsgründe abgewartet. Diese Ent-scheidung wird für den Anwaltsmarkt erhebliche Auswirkungen haben.

Anpassung von AGB aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Das Bundeskabinett hat am 25. März 2014 den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr beschlossen. Nach dem Entwurf sollen Vereinbarungen, in denen sich Unternehmen oder die öffentliche Hand Zahlungsfristen oder Überprüfungs- oder Abnahmefristen einräumen lassen, künftig einer verschärften Wirksamkeitskontrolle unterworfen werden, falls die vereinbarten Fristen eine bestimmte Länge überschreiten.Außerdem müssen säumige Unternehmen und öffentliche Auftrag-geber einen höheren Verzugszins sowie eine Pauschale von 40 Euro zahlen.

Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Verschärft werden die Folgen des Zahlungsverzugs, indem der gesetzliche Ver-

zugszins um einen Prozenktpunkt von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz angehoben wird.

Darüber hinaus schränkt der Gesetzentwurf die Möglichkeit ein, durch eine Vereinbarung von Zahlungs-, Abnahme- oder Über-prüfungsfristen die an sich bestehende Pflicht zur sofortigen Be gleichung einer Forderung beliebig hinauszuschieben. Diese Regelungen sollen flankiert werden durch eine Erweiterung der Klagemöglichkeiten von Unternehmensverbänden bei Abweichun-gen von Vertragsbestimmungen von den gesetzlichen Regelungen über die Zahlungsbestimmungen.

Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen; Unter-nehmen sollten sich aber darauf einrichten, dass eine Überprüfung der bestehenden AGBs erforderlich sein wird.

Vgl. hierzu

BR Drucksache 154/14 vom 11.4.2014 www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2014/0101-0200/154-14.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Vgl. hierzu

u. a. Verfahren B 5 RE 9/14 R (Entscheidungsgründe werden ca. Mitte bis Ende Mai 2014 erwartet) www.deutsche-rentenversicherung.de/Bund/de/Inhalt/4_Presse/medieninformationen/2014_4_4_syndikusanwaelte.html

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Die Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerbe-ratungs gesellschaft (EY Law) berät als Full Service-Kanzlei in allen wirt-schaftsrechtlichen Fragestellungen. Inter disziplinäres Arbeiten ist auf- grund der Zugehörigkeit zur EY-Gruppe eine Selbstverständlichkeit. Sie arbeitet eng mit anderen Spezialisten aus den Bereichen Corporate Finance, Steuer beratung, Transaction Ser vices und Wirtschaftsprüfung zusammen. Durch die Präsenz an elf deutschen Standorten gewähr leistet sie Mandantennähe, denn kurze und direkte Wege können für eine zeit-nahe und effiziente Umsetzung von Projekten entscheidend sein. In Deutschland finden Sie sie daher in allen großen Ballungsräumen, um Sie bei Bedarf schnell und un kompliziert unterstützen zu können. Zugleich steht den Mandanten für jedes konkrete Mandat das spezialisierte Know-how der entsprechenden Praxisgruppen standortübergreifend zur Ver-fügung.

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