Navigationsuhren Fur Die Deutsche Luftwaffe

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1 Navigationsuhren für die deutsche Luftwaffe von Konrad Knirim Januar 2004 Einleitung Diese Darstellung hat das Ziel, die zum Teil bekannten Einzeltatsachen zusammenzu- fassen und aber auch mit neu zugänglichen Dokumenten zu ergänzen. Die Uhren sel- ber werden hier nur beispielhaft und ohne Ansicht der Werke und Böden gezeigt. Die tatsächliche Vielfalt der Uhren ist immens, und ich möchte meinem eigenen Buch Militäruhren mit seinen tausenden Abbil- dungen hier keine Konkurrenz machen (Etwas Eigenwerbung: ‘Ein imposantes Buch... Die Bilder sind von hervorragen- der Qualität...’, Klaus Schlaefer, Präsident der DGC, Deutsche Gesellschaft für Chro- nometrie). Aber sicher gilt hier wie so häu- fig mindestens das Verhältnis, dass 20% der Typen 80% der verwendeten Exempla- re ausmachen. Wichtig ist es mir, durch sys- tematische Darstellung die Struktur bei der Verwendung der Zeitmesser, wie auch die Hierarchie der Präzision bei der Verteilung der genauen Zeit darzustellen: Von der Sekundenpendeluhr der Deutschen Seewar- te über den Zeitzeichen-Sender Nauen an das Chronometer im Flugvorbereitungs- raum, vom Chronometer an die B-Uhren und von dort an die Armbanduhren sowie via Zeitübertragungsuhr durch die Bord- warte auf die Borduhren. Ein Anlass ist aber auch das Vorliegen der Dienstanweisung (Luft) 1255/2d, Leitfaden der Flugnavigation, welche den Einsatz der Navigationsuhren beschreibt. Der besondere Anlass ist jedoch der Erfahrungsbericht eines mir persönlich be- kannten Flugzeugführers einer See-Aufklä- rungs-Gruppe, ein Glücksfall für die Re- cherche.. H. Nagel mag mir nachsehen, dass ich seinen Bericht für den Leserkreis einer Uhrenzeitschrift erheblich gekürzt habe. Nur damit wird die Verwendung von Chronometer und B-Uhren auch im Zusam- menspiel mit den damals bereits vorhan- denen Funknavigationsverfahren deutlich. Dass ich die Gelegenheit bekam, seine seit damals aufbewahrte B-Uhr zusammen mit Kopien seiner persönlichen Dokumente erwerben zu können, war ein Glück für die Sammlung des Autors. In der Flug-Aufklä- rungs-Gruppe FAG 5 in Mont Marsan in Frankreich gab es ein Bodenchronometer und 45 B-Uhren für Flugzeugführer und Beobachter. Entwicklungen und Entscheidungen des Reichs-Luftfahrtministeriums in den 30- er Jahren Nach dem Niedergang der deutschen Luft- fahrt nach dem Ersten Weltkrieg durch das Verbot der Fliegerei in Deutschland auf Grund des Versailler Vertrages und durch die wirtschaftliche Rezession der 20-er Jah- re lag die Entwicklung von Luftfahrt-Tech- nik, Navigationsinstrumenten und Präzi- sionsuhren weitgehend darnieder. Erst in den 30-er Jahren wurde aus politi- schen Gründen, aber auch weil die Zeit für neue Verkehrstechniken reif war, wieder mehr Aufmerksamkeit und das heißt For- schungs- und Entwicklungsgelder in dies technische Umfeld investiert. Ja, die genaue Zeit bei der Luftfahrt beginnt bei den Präzisonspendeluhren der Deutschen Seewarte in Hamburg. Das Zeitzeichen als Funksignal: - Als Ur-Zeitnormal für alle Vorgänge von See- und Luftfahrt dienten die Sekundenpendeluhren in der Deutschen Seewarte in Hamburg. Diese war nicht mehr wie in der Weimarer Zeit dem Verkehrsministerium sondern der Kriegs- marine unterstellt, arbeitete aber in seiner Abteilung IV, Chronometerprüfungen und Zeitdienst ebenso dem Reichs-Luftfahrtministerium zu. Alle Präzisions- uhren wie Chronometer und Beobachtungsuhren von Kriegsmarine und Luft- waffe wurden hier geprüft. Die wichtigste Aufgabe des Zeitdienstes war die Auslösung und Kontrolle der funkentelegraphischen Nauener Zeitsignale (V. Pröstler). - Im Zeitdienstzimmer bzw. an Granitfundamenten im Keller gab es folgende Hauptuhren: Knoblich Nr. 2090, Strasser & Rohde (rechts) Nr. 219, Riefler (links) Nr. 223, Max Richter Nr. 101 und 102. Links im Foto die Schalttafel für die Zeitzeichenübertragung nach Nauen.

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Navigationsuhrenfür die deutsche Luftwaffe

von Konrad Knirim Januar 2004

EinleitungDiese Darstellung hat das Ziel, die zum Teilbekannten Einzeltatsachen zusammenzu-fassen und aber auch mit neu zugänglichenDokumenten zu ergänzen. Die Uhren sel-ber werden hier nur beispielhaft und ohneAnsicht der Werke und Böden gezeigt. Dietatsächliche Vielfalt der Uhren ist immens,und ich möchte meinem eigenen BuchMilitäruhren mit seinen tausenden Abbil-dungen hier keine Konkurrenz machen(Etwas Eigenwerbung: ‘Ein imposantesBuch... Die Bilder sind von hervorragen-der Qualität...’, Klaus Schlaefer, Präsidentder DGC, Deutsche Gesellschaft für Chro-nometrie). Aber sicher gilt hier wie so häu-fig mindestens das Verhältnis, dass 20%der Typen 80% der verwendeten Exempla-re ausmachen. Wichtig ist es mir, durch sys-tematische Darstellung die Struktur bei derVerwendung der Zeitmesser, wie auch dieHierarchie der Präzision bei der Verteilungder genauen Zeit darzustellen: Von derSekundenpendeluhr der Deutschen Seewar-te über den Zeitzeichen-Sender Nauen an

das Chronometer im Flugvorbereitungs-raum, vom Chronometer an die B-Uhrenund von dort an die Armbanduhren sowievia Zeitübertragungsuhr durch die Bord-warte auf die Borduhren.

Ein Anlass ist aber auch das Vorliegen derDienstanweisung (Luft) 1255/2d, Leitfadender Flugnavigation, welche den Einsatz derNavigationsuhren beschreibt.

Der besondere Anlass ist jedoch derErfahrungsbericht eines mir persönlich be-kannten Flugzeugführers einer See-Aufklä-rungs-Gruppe, ein Glücksfall für die Re-cherche.. H. Nagel mag mir nachsehen,dass ich seinen Bericht für den Leserkreiseiner Uhrenzeitschrift erheblich gekürzthabe. Nur damit wird die Verwendung vonChronometer und B-Uhren auch im Zusam-menspiel mit den damals bereits vorhan-denen Funknavigationsverfahren deutlich.Dass ich die Gelegenheit bekam, seine seitdamals aufbewahrte B-Uhr zusammen mitKopien seiner persönlichen Dokumente

erwerben zu können, war ein Glück für dieSammlung des Autors. In der Flug-Aufklä-rungs-Gruppe FAG 5 in Mont Marsan inFrankreich gab es ein Bodenchronometerund 45 B-Uhren für Flugzeugführer undBeobachter.

Entwicklungen und Entscheidungen desReichs-Luftfahrtministeriums in den 30-er JahrenNach dem Niedergang der deutschen Luft-fahrt nach dem Ersten Weltkrieg durch dasVerbot der Fliegerei in Deutschland aufGrund des Versailler Vertrages und durchdie wirtschaftliche Rezession der 20-er Jah-re lag die Entwicklung von Luftfahrt-Tech-nik, Navigationsinstrumenten und Präzi-sionsuhren weitgehend darnieder.

Erst in den 30-er Jahren wurde aus politi-schen Gründen, aber auch weil die Zeit fürneue Verkehrstechniken reif war, wiedermehr Aufmerksamkeit und das heißt For-schungs- und Entwicklungsgelder in diestechnische Umfeld investiert.

Ja, die genaue Zeit bei der Luftfahrt beginnt bei den Präzisonspendeluhren derDeutschen Seewarte in Hamburg.Das Zeitzeichen als Funksignal:- Als Ur-Zeitnormal für alle Vorgänge von See- und Luftfahrt dienten dieSekundenpendeluhren in der Deutschen Seewarte in Hamburg. Diese war nichtmehr wie in der Weimarer Zeit dem Verkehrsministerium sondern der Kriegs-marine unterstellt, arbeitete aber in seiner Abteilung IV, Chronometerprüfungenund Zeitdienst ebenso dem Reichs-Luftfahrtministerium zu. Alle Präzisions-uhren wie Chronometer und Beobachtungsuhren von Kriegsmarine und Luft-waffe wurden hier geprüft. Die wichtigste Aufgabe des Zeitdienstes war dieAuslösung und Kontrolle der funkentelegraphischen Nauener Zeitsignale (V.Pröstler).- Im Zeitdienstzimmer bzw. an Granitfundamenten im Keller gab es folgendeHauptuhren: Knoblich Nr. 2090, Strasser & Rohde (rechts) Nr. 219, Riefler(links) Nr. 223, Max Richter Nr. 101 und 102. Links im Foto die Schalttafelfür die Zeitzeichenübertragung nach Nauen.

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Versuchs-Entwicklungen für die Luftwaffe: - DeutscheUhrenfabrikation Glashütte A. Lange & Söhne Nr.92665, geliefert 31.3.1936 an das RLM, vergoldetes 3/4-Platinenwerk Cal. 43, vernickeltes Taschenuhr-Gehäu-se mit 2 Scharnierdeckeln und Drahtanstößen. Bei denBestellungen in größerem Umfang für die Ausrüstungder Flieger wurde auf das Gradmaßzifferblatt verzichtetund wieder die Stunden-Indikation verwendet.

Versuchs-Entwicklungen für die Luftwaffe: - A. Lange& Söhne No. 650: Chronometrier-Instrument für diedeutsche Luftwaffe, Gradmaß-Zifferblattanzeige, exter-ne Zeigerstellvorrichtung, geliefert 1935 an das Reichs-luftfahrtamt Berlin, 4-Pfeiler-Werk. Der Sekundenzei-ger macht 1 Umdrehung in 4 Minuten (entspr. der Dre-hung der Erde um 1°), der Minutenzeiger eine Umdre-hung in 4 Stunden (entspr. 60°) und der ‘Stundenzeigereine Umdrehung in 24 Stunden (entspr. 360°). (Crott/Muser). Bei den späteren Bestellungen des RLM für dieBodenorganisationen der Luftwaffe wurden Anker-chronometer bevorzugt.

Die Luftwaffe wurde im März 1935 als ei-genständige Waffengattung gegründet.Daraufhin hat das neue Reichs-Luftfahrt-ministerium (RLM) in Zusammenarbeitmit der Deutschen Seewarte, die nach Jah-ren der Zuordnung zum Verkehrsminis-terium wieder der Kriegsmarine unterstelltwar, Entwicklungen von Präzisionsuhrenals nautische Instrumente gefordert und

schenuhren’, in dem die Eignung für ‘wis-senschaftliche Zwecke und für den Ge-brauch in der Nautik und Luftfahrt’ geprüftwird. Die Uhren sollten deutschen Ur-sprungs sein und werden nach der Prüfungin folgende Klassen eingeteilt: Sonder-klasse, I. Klasse und II. Klasse. (s. Abbil-dung)

Es sind aus dieser Zeit nicht viele Doku-mente über die Zusammenarbeit geradeauch des RLM mit der Deutschen Seewar-te sowie der Uhrenindustrie erhalten. Vie-les ist verbrannt in den Bombennächten derJahre 1942 bis 45, vieles aus den Firmen-unterlagen ist in späteren Jahren aus Un-achtsamkeit verschwunden. Hier liegt je-doch ein Dokument des RLM aus dem Jahr1935 vor, welches J. Ott im MilitärarchivFreiburg gefunden hat, eine Protokollnotizohne Kopf und Unterschrift ‘Betrifft: Uh-ren, Chronometer, Zifferblätter’ (s. Kasten).Es bezieht sich auf den Entwurf eines neuenNautischen Jahrbuchs der Luftfahrt und denenthaltenen Vorschlag zu den für Zweckeder astronomischen Navigation benötigtenUhren.

Man kann diese dahinter stehenden Vor-schläge und Entscheidungen als dieGeburtsstunde der speziell entwickeltenLuftwaffenuhren ansehen. Folgende Vor-schläge werden gemacht:1. Die Uhren sollen an Stelle der Stunden-teilung mit entsprechender Gradteilungversehen sein.Die Gründe hierfür und weshalb man sichletztlich nicht dafür entschieden hat, hatH. Prof. Dittrich in seinem Artikel ‘Deut-sche Chronometer und B-Uhren mit Grad-

Erste Seite der Ausschreibung einer Wettbewerbsprüfungvon Präzisions-Taschenuhren von Januar 1935. DieEignung der Uhren für Nautik und auch Luftfahrt wirdausdrücklich gefordert (Bundesarchiv Freiburg, Re-cherche Jens Ott)

gefördert.

Die Förderung der Entwicklung von Navi-gationsinstrumenten für die Marine gingdem voraus. Anschaulich wird dies in ei-nem Dokument der Deutschen Seewarte(Dr. F. Spiess) vom 5. Januar 1935, einer‘Aufforderung zur Beteiligung an der 5.Wettbewerbsprüfung von Präzisions-Ta-

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Erste Versuchs-Entwicklungen von Chronometern für dieLuftwaffe:- A. Lange & Söhne Luftwaffen-Chronometer Nr. 659,geliefert am 24. 6. 1936 an den Reichsminister der Luft-fahrt: Chronometerhemmung, Auf und Ab-Anzeige 56h,2-teiliger Nussbaumholz-Kasten mit Holzschiebefenster,planverglaster Schraublunette, Aufhängung ohne Kar-danik um die 6-12-Achse drehbar.- Aus der Luftwaffen-Dienstvorschrift 268/1 Boden-chronometer BC 1010: Verwendungszweck: Das Boden-chronometer ist eine Feinmessuhr, aus deren Anzeige einemöglichst genaue Zeitangabe abgeleitet werden soll. Esdient besonders zum Vergleich von Gebrauchsuhren, z.B. Beobachtungsuhren u. ä. Hersteller: A. Lange & Söh-ne (L.Dv. 268/1 von 1935) und Hamburger Chro-nometerwerke AG (Ergänzung 1940)

Serienproduktion und LieferantenIm wesentlichen lassen sich die Uhren derLuftwaffe als noch vorhandene Exemplareeinordnen, nur in wenigen Fällen sind nochVorgaben und Bestell- und Liefer-Unterla-gen zur Analyse vorhanden. Von Lange undSöhne sind glücklicherweise die Verkaufs-unterlagen erhalten, bei Wempe, Junghansund anderen nicht. Die Nummern derChronometer von Wempe hat Manfred Luxtabelliert, aber die Lieferungen im zweitenWeltkrieg z. B. von Ankerchronometern andie Luftwaffe sind nicht ermittelbar.Waldemar Becker hat die Stückzahlen derB-Uhren von Lange untersucht, Jens Ottdie Nummern der Dienstarmbanduhren derWehrmacht, Ulric of England hat zu allenWehrmachtsuhren vorhandene Nummerngesammelt, doch ist die Anzahl zu gering,um wirklich auf Lieferzahlen zu kommen.Außerdem mögen die Nummernsystemeder Hersteller auch die verschiedenen zivi-len Uhrentypen einschließen.

maßzifferblatt in Uhren I, 1992’ ausführ-lich dargestellt.2. Forderungen an das Zifferblatt einer B-Uhr oder eines bodenständigen Chronome-ters: deutliche Bezifferung, eindeutige undleichte Ablesbarkeit.Aus diesem Grunde wurde eine Auslegungwie die Longines Lindbergh, die geprüftwurde (Fl. 22604) mit der Doppelbezif-ferung von Stunde und Grad oder garVerstellbarkeit abgelehnt.3. B-Uhren sollten nach Prüfung Zeigers-toppvorrichtungen erhalten, um sie sekun-dengenau auf MGZ einregulieren zu kön-nen.Hier wird abweichend von den Marine-B-Uhren die Sekunden-Stoppvorrichtung ge-fordert.4 Als bodenständige Chronometer findenzweckmäßig nur Chronometer mit Anker-

gang und Stoppvorrichtung Verwendung.Hier wird das Bodenchronometer der Luft-waffe definiert.5. Anforderungen an die B-Uhren: Wider-stand gegen Erschütterungen, Zuverlässig-keit bei niedrigen Temperaturen (-20°) undgleichmäßige Gangeigenschaften. In deräußeren Form müssen alle B-Uhren alsArmbanduhren ausgeführt sein.Hier wird die Luftwaffen-B-Uhr vielleichterstmalig definiert.

Noch also sind nicht alle Anforderungenfestgeschrieben, siehe Gradmaßzifferblattund die noch nicht abgeschlossene Prüfungder Sternzeituhren, aber die inzwischen sobegehrten weil seltenen Sammlerstücke vonGradmaß-Chronometern und B-Uhren sindin dem Umfeld entstanden.

Auszug aus einem Dokument des RLM von 1935

Betrifft: Uhren, Chronometer, ZiffernblätterWie auf S. 3 des Entwurfs für ein neues Naut. Jahrbuch der Luftfahrt berichtet wurde, wird in Vorschlag gebracht, die für die Zwecke der astronom. Navigationbenötigten Uhren und Chronometer anstelle der Stundeneinteilung mit entsprechender Grad-Teilung zu versehen. Die Gründe, die für diese Bezifferung sprechen, sind indem Entwurf bereits aufgezeichnet. Die Herstellung solcher Uhren dürfe keine Schwierigkeiten bereiten. Eine Rücksprache bei einer maßgebenden deutschen Uhren-firma ist bereits in die Wege geleitet. Bezüglich der Einrichtung des Ziffernblatts lassen sich Vorschläge zur Ausführung bringen, von welchen einige im Anhang zurDarstellung gebracht worden sind. Der gangbarste Vorschlag ist m. E. der Vorschlag, der von Reg.Rat Dr. Rapsold von der Deutschen Seewarte gemacht worden ist.Die Forderungen, die an das Ziffernblatt einer Uhr, sei es B-Uhr oder bodenständiger Chronometer, zu stellen sind, sind:Deutliche Bezifferung;Eindeutige und leichte Möglichkeit, die richtige Zeit abzulesen.Um diesen Gesichtspunkten gerecht werden zu können, muss zunächst einmal auf jede Doppelbezifferung, woran z. B. bezüglich der Verwendung der Uhr sowohl fürZwecke astron. Ortung als auch als gewöhnliche Zeituhr gedacht werden könnte, verzichtet werden. (Lindberg Longines Uhr)Ferner muss verzichtet werden auf jede Art von verstellbaren Ziffernblättern, um z. B. Stand, Länge usw. berichtigen zu können, dies auch aus Gründen, um bei denverschiedenartigen Vorzeichen Irrtümer bei der Einstellung zu vermeiden.Zu prüfen ist die Frage, ob B-Uhren Zeigerstoppvorrichtungen erhalten sollen, um die Möglichkeit zu schaffen, die Uhren nach der M.G.Z. einregulieren zu können. DieSeewarte ist der Ansicht, dass der Gang guter B-Uhren nicht beeinflusst würde. Über diese Frage wird sofort ein weiteres Gutachten der Firma Lange & Söhne eingeholt...Bezüglich der Eigenschaften der B-Uhren sind an diese folgende Allgemeinforderungen zu Stellen:1.) großer Widerstand gegenüber Erschütterungen,2.) absolute Zuverlässigkeit bei niedrigen Temperaturen bis -20°C3.) gleichmäßige und kontrollierte Gangeigenschaften auch in den unter 1) und 2) genannten Fällen.In der äußeren Form müssen alle B-Uhren als Armbanduhren ausgeführt sein. Was die unter 1) und 2) aufgeführten Forderungen betrifft, so liegen über diese Punkte vondeutschen Uhren bisher noch keine Erfahrungen vor, so dass Allgemeingültiges, insbesondere über den Gütegrad deutscher Uhren bei niedrigen Temperaturen nochnichts gesagt werden kann.Es befindet sich jedoch 1 B-Uhr einer namhaften deutschen Fabrikation z. Zt. bei der Chronometerstelle der Deutschen Seewarte zur Prüfung. Uhren anderer deutscherFabrikate sollen zu diesen Prüfungen ebenfalls eingefordert werden und wird über den Ausfall der Prüfung zur gegebenen Zeit berichtet werden.Dasselbe gilt für Sternzeituhren, von denen 1 deutschen Fabrikats (Junghans) und eine Schweizer (Zenith) ebenfalls z.Zt. noch geprüft werden. Zu beobachten ist beiallen Uhrenprüfungen bei niederen Temperaturen, dass die Uhren mit ausgefrorenem Öl versehen sind. Die Sternzeituhren würden bei Einführung der ‘Teilung entspre-chend den anderen astronomischen Uhren dieselbe Bezifferung erhalten. Dasselbe gilt für die Bezifferung der Zeitzeichenschemata.’ (Bundesarchiv Freiburg, Recherche Jens Ott)

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Chronometer und B-UhrenAls Lieferanten von Präzisionsuhren ka-men zunächst nur Glashütter Hersteller inFrage allen voran Lange & Söhne für Chro-nometer und Beobachtungsuhren. In gerin-gem Umfang war auch Junghans als einerder Hersteller im Schwarzwald einbezogen.B-Uhren als Testexemplare kamen auch ausder Schweiz von Zenith oder Longines. DieChronometerwerke in Hamburg konntensich erst nach der Übernahme durchGerhard Wempe im Jahr 1938 wirtschaft-lich neu formieren, so dass sie sowohl beiden Chronometern als auch in der B-Uh-ren-Fertigung dann aber massiv einbezo-gen wurden.

Da bei den Wempe Chronometerwerken dieFertigungsunterlagen im wesentlichen imKrieg verbrannt sind, lässt sich bei einemEinzelstück weder das Lieferjahr noch der

Empfänger nachvollziehen. Aber wohlnoch 1938 wurde mit der Nr. 2074 einFederchronometer ohne Kardan sondernmit einer Aufhängung in Gummi-Metall,um den Erschütterungen des Transportsbzw. den Vibrationen im Flugzeug stand-zuhalten, gebaut. Erst danach wurde auchmit Unterstützung der Deutschen Uhr-macherschule in Glashütte ein eigenesAnkerchronometer entwickelt. Dieses wur-de in dem gleichen Kasten mit Gummi-Metall-Aufhängung an die Luftwaffe aus-geliefert. Die Nr. 2385 ist in dem Leitfa-den der Flugnavigation von 1942 abgebil-det (s. Kasten), Nr. 2389 ist im Besitz desAutors.

Die Luftwaffen-Dienstvorschrift 268/1 überdas Bodenchronometer BC 1010 von 1935und 1937 nennt als Hersteller nur Lange& Söhne erst 1940 werden die ‘Hambur-

ger Chronometerwerke AG’ hinzugefügt.

Von Lange & Söhne sind die Verkaufsunter-lagen erhalten geblieben und die Stückzahlder insgesamt an die Luftwaffe geliefertenFeder- und Anker-Chronometer ist ab-zählbar. ..

Ein Rundschreiben des ArbeitsausschussesSeechronometer und B-Uhren der Deut-schen Seewarte vom 31.8.1942 listet diemonatlich geplanten Gesamt-Lieferungenan Chronometern auf, Wempe plant danach40 Chronometer pro Monat davon 25 andie Kriegsmarine und 15 an die Luftwaffe.

Die Produktion dieser klassischen 4-Pfei-ler-Chronometer endete mit dem Befehl desOberkommandos der Wehrmacht und desReichs-Luftfahrtministeriums Ende 1942,der eine weitgehende Normung und ge-meinsame Fertigung von Chronometerndurch mehrere Hersteller beinhaltete.

Dieses Einheits-Chronometer entstand un-ter der Führung der Firmen Lange & Söh-ne und Wempe Chronometerwerke. Wempeallein stellte für die Luftwaffe das Einheits-Ankerchronometer mit Stahlband und

- A. Lange & Söhne Luftwaffen-Chronometer Nr. 1102,geliefert am 19. Januar 1939 entspr. einem Auftrag vom21.4.37 an den Reichsminister der Luftfahrt, Erpro-bungsstelle Rechlin. Ankerhemmung, Sekundenkontakt-vorrichtung, externe Zeigerverstellung, Auf und Ab-An-zeige 32h, Aufhängung in federnder Gummi-Metall-Lochscheibe, Arretierung über Federhalter bei der ‘5’,Metallgehäuse im ‘Anthrazitgrau der Luftwaffe (RAL7019’ lackiert.

- Luftwaffenpiloten stellen ihre B-Uhren vor dem Ein-satz nach dem Zeitnormal des Bodenchronometers BC1010, hier ein Wempe 4-Pfeiler-Ankerchronometer.(Bundesarchiv)- Eintragung der Navigationsdaten mit Uhrzeit in dasLogbuch. (Bundesarchiv)

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Schnecke, mit externer Zeigerverstellungund Unruh-Arretierung, geschwärztemLeichtmetall-Glasring und -Topf imMetallgummi-Ring drehbar um eine Ach-se (‘3-9’) und Arretierungsvorrichtung her.

Dieses Luftwaffen-Einheits-Chronometermit Ankergang wurde nach dem Krieg Ba-sis auch für das Kirow Chronometer dersowjetischen Luftflotte.

Wempe hat eine sehr große Zahl an B-Uh-ren (Fl.23883) geliefert und zwar mit Wer-ken zunächst aus Glashütte (Cal 43.1 Prä-zisionsuhren e.G.m.b.H.), genannt BL (B-Uhr Luft) dann aus der Schweiz (Cal. 31von Thommen) genannt BLT. Wempe

nannte die B-Uhren für die Marine BM(Cal. 43) und BMT (Cal 31). Es ist sichereine eigene Darstellung wert, die Parallel-entwicklungen für Marine und Luftfahrtdieser Zeit zu vergleichen. Wempe hatebenfalls Lange und Laco-Durowe B-Uh-ren in unbekannter Zahl montiert und fein-gestellt.

Ein weiterer B-Uhren-Typ wurde einge-setzt, markiert auf dem Boden des genorm-ten 55 mm B-Uhrengehäuses ‘RLM Nav.B-Uhr’ sowie einer Nr. Der Nummernkreisgeht bis etwa 2000, was auf die Stückzahlschließen lässt. Als Werke wurden Schwei-zer Taschenchronographenwerke im we-sentlichen Valjoux Cal 61 und Minerva Cal

- Chronometerwerke Wempe G.m.b.H. Hamburg: Luft-waffen-Bodenchronometer BC1010 Fl 23881 mit Über-kasten. Nr. 3509, Gerät-Nr. 127 556 A1. Im 2-teiligenverglasten Eichenholzkasten mit Tragekasten BCK1, Fl.23882.- Einbauvorschrift Bodenchronometer des RLM vomDez. 1942, Ankerchronometer auf Basis des Einheits-chronometers mit Stahlband und Schnecke, mit exter-ner Zeigerverstellung und Unruh-Arretierung, ge-schwärzter Leichtmetall-Glasring und -Topf im Metall-gummi-Ring drehbar um eine Achse (‘3-9’).

- links: Wempe, Chronometerwerke Hamburg, No. 2389, ca. 1940: Luftwaffen-Ankerchronometer, Gummiaufhängung, Unruhanhaltvorrichtung, Zeigerstellvorrichtung, 2-Punkt aufgehängtes, geschwärztes Messinggehäuse, 89 mm 4-Pfeilerwerk, Zahnfederhaus, Konstruktion nach Alfred Hellweg Deutsche Uhrmacherschule Glashütte, Alumi-nium-Bronze-Anker, Griesbach Unruh. Die Dienstvorschrift Luft 1255/2d zeigt das gleichartige Chronometer Wempe Nr. 2385.- Das Dokumemt, ein Rundschreiben von 1942 zeigt, dass von monatlich 40 Wempe Chronometern 15 für das RLM bestimmt waren.

19-9 H so umgebaut, dass die Chrono-graphensekunde als laufende Zentral-sekunde fungiert. Das waren keine Präzi-sionsuhren mehr, konnten anscheinendaber den Navigationsbedarf bei dem ge-schrumpften Aktionsradius der Luftwaffein den späten Kriegsjahren genügen. EinDokument hierzu ist nicht bekannt.

Bei den B-Uhren gab es die ersten Ver-suchsmuster als Gradmaßuhren aber auchStunden-Uhren im mit eingelöteten Draht-anstößen umgebauten Taschenuhrge-häusen. Dokumente über Gestaltungsvor-gaben des endgültigen Armband-B-Uhren-Gehäuses, der beiden verschiedenenschwarzen Stundenzifferblätter (äußerer

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- Die fünf Flieger-B-Uhren entsprechend Fl. 23883 mit 55 mm Durchmesser und Unruh-Stoppvorrichtung zur zeitzeichengenauen Einstellung. Es gab jeweils außer bei IWCzwei Zifferblatt-Varianten. - Stowa: Cal. Unitas 2812, - Laco: Cal. Durowe D5, - Wempe: Cal Thommen 31, - IWC: Cal. 52 SC, - Lange & Söhne: Cal 48/1. Lange und Wempemit dem späteren Zifferblatt, IWC mit der kegelförmigen Krone und Werk-Nr. auf dem Boden, geliefert am 30 9.1940 an Siegfried Heindorf /Berlin.- Die Bauanweisung Fl. 23883 des RLM für den Lieferer Wempe vom Dez. 1942 nennt die Geräte Nr. 127-560A Bauart Lange und Nr. 127-560 B Bauart Durowe. Die LacoDurowe ist durch ihre 1mm größere Gehäusedicke leicht erkennbar. Das Dokument zeigt dass Wempe neben seiner eigenen B-Uhr mit Thommen Werk sowohl Lange als auchDurowe Uhren montiert hat.

Beobachtungs- und Vermessungsgerät der Luftwaffe,Geräte-Nummern-Liste Ziffer 127 Blatt 18, StandSept.1941. (Bundesarchiv Freiburg, J. Ott)

und später innerer Stundenkreis) und desextra langen Lederarmbandes scheinennicht mehr zu existieren, jedenfalls sind siedem Autor nie zu Gesicht gekommen.

Insgesamt wurden von Lange & Söhne 189Fliegeruhren mit dem aus dem Savo-nettewerk entwickelten ¾-Platinenwerk mitZentralsekunde Cal. 43 (.1) und 45 (.1) so-wie dem Cal. 45 von Union/Glashütte ge-baut. Ab 1937 wurde bei Lange Glashütteintensiv an einer großen BeobachtungsuhrKaliber 48 gearbeitet. Die Produktion derLuftwaffen-Armbanduhr Cal. 48/1 mit deranhaltbaren Zentralsekunde für sekun-dengenaues Einstellen begann im Herbst1940 einen Monat bevor die ersten B-Uh-ren Cal. 48 für die Marine ausgeliefertwurden. Insgesamt wurden bis Kriegende6904 LW-Uhren Cal. 48.1 gebaut (W.Becker).

Zu den Herstellern Lange und Wempe ka-men dann noch die Schwarzwälder Lacher& Co. mit dem Werk D5 der DeutschenRohwerke GmbH in Pforzheim und WalterStorz mit dem Unitas Cal. 2812 hinzu. VonIWC in der Schweiz wurden 1940 1000Stück 55 mm Fliegeruhren Kaliber 52 S.C.in zwei Versionen mit zylindrischer, bzw.kegelförmiger Krone an Siegfried HeindorfBerlin geliefert.

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Mit dem Libellenoktanten und der Beobachtungs-Uhrwird auf einem Langstreckenflug die Position bestimmt.(Bundesarchiv)

Darstellung der ‘Verteilung’ der genauen Zeit bei derLuftwaffe vom Zeitnormal der Deutschen Seewarte biszur Borduhr oder Armbanduhr des fliegenden Personals.Diese Darstellung gibt im rechten Teil auch die Hierar-chie der Präzision wieder.

Vorgang einer astronomischenStandortbestimmung mittels B-Uhrund Oktant während eines Lang-

strecken-Seeaufklärungsfluges überdem Atlantik.

An Bord einer JU 290 der FAG 5 waren zu diesemVorgang der Kommandant als Träger der B-Uhr undder Beobachter, der den Sold-Libellen-Oktant bedien-te, beteiligt.

Auf dem Rumpfrücken der JU 290 war zwischen denbeiden schwenkbaren Bordschützenständen etwa aufHöhe Flügelmitte eine sich vom Flugzeugrumpf kaumabsetzende flache Klarsichtabdeckung, die frei warvon jeglichen optischen Verzerrungen. Darunter imFlugzeugrumpf befand sich eine im Rumpfbodendreh-und dadurch heb- bzw. senkbare runde Plattform(ca. 1 m d). Der die Winkelmessung vornehmendeBeobachter stand darauf mit seinem vorbereiteten undeingeschalteten Oktanten und neben ihm stehend derjeweilige Träger der B-Uhr. Beide durch Eigen-Sprechverkehr verbunden.

Wenn der Beobachter Optik, Libelle, Fadenkreuz-Viereck und zu beobachtenden Stern (tagsüber auchdie Sonne) im entsprechenden Visier hatte, sagte er:‘Achtung Null’ und schaltete seinen Oktanten zur ent-sprechenden Beobachtungszeit von 40, 60, oder 90sec. ein. Bem Stichwort ‘Null’ wird vom B-Uhr-Trä-ger die Stunde, Minute und Sekunde des Beginns derBeobachtungszeit für die weitere Berechnung abge-lesen. Die B-Uhren wurden übrigens vor jedem Ein-satz nach einem Chronometer, der im Gefechtsstandaufbewahrt wurde, eingestellt.

Die abgelesenen Messwerte am Oktanten: Zehner-gradeinstellung, Gradtrommel, Gradscheibe im Inte-grator und Minutentrommel, daraus beobachteteSternhöhe, halbe Laufzeit des Oktanten hinzuzählenund Uhrzeit. Dies in ein von Astronomen schon imvoraus erstellten Rechenformular eingetragen ergibtdie Standortlinie, diese schneidet den jeweiligen ge-flogenen Kurs, wenn der gemessene Stern voraus stehtund läuft parallel zum jeweilig geflogenen Kurs, wennder Stern querab zum augenblicklichen Kurs steht.H. Nagel Juni 2003

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Betriebsuhren und BorduhrenBetriebsuhren als Tageszeitanzeiger inFunkräumen und -Wagen, Schreibstuben,Gefechtsständen mit 8-Tage Werk wurdenschon zur Reichswehrzeit 1934 vonJunghans und Kienzle geliefert. Anfäng-lich vernickelt und montiert im gebeiztenHolzgehäuse, später aus Druckguss imluftwaffengrau lackierten Gehäuse. Kleine-re Stückzahlen kamen von Bäuerle undKöhler. Der Bedarf war sehr groß und dieNummernkreise umfassen jeweils mehre-re 10.000, jedoch ist eine Zuordnung auf

- Zeitübertragungsuhr FL.23884 mit Einbauzeichnung, eine Junghans Taschenuhr mit Sekundenstoppeinrichtung im aufklappbaren Holzkästchen.Verwendungszweck: ‘Die Zeitübertragungsuhr ZÜU dient der Übertragung der absoluten Tageszeit von der zeitbewahrenden Mutteruhr (Bodenchromometer) zu den Uhrender einzelnen Flugzeuge. Sie ist sekundengenau einstellbar. Hersteller: Firma Junghans A.G. Schramberg/Schwarzwald’ (L.Dv. 253/6 von 1939).Stationsuhren für den Dienstraum oder Funkerplatz: - Junghans J30D, Fl. 25591 im Holzgehäuse z., späte Version in Druckguss und im lackierten Holzgehäuse.

Borduhren der Luftwaffe: links Askania LO1r, Fl. 22601, Werk Omega Nr. 592721, vom 9.9.1936, Auftzug über Krone, Stellen aus der Mitte.Junghans Blindfluguhr mit Chronograph J30 BZ - Bo UK 1, Fl. 23885, J30 BZ mit 15 min-Zähler, Original Lieferkarton. Einbauzeichnung der Blindfluguhr mit Chrono-graph, Bo-Uk 1, Anf.-Nr. Fl. 23885. Verwendungszweck: ‘Die Blindfluguhr Bo-Uk1 dient, außer der Tageszeitangabe und Zeitpunktmarkierung, zur Ermittlung vonsekundengenauen Zwischenzeiten, z.B. Anflugzeiten bei Blindlandungen. Hersteller: Firma Junghans A.G. Schramberg/Schwarzwald’ (L.Dv.253/2 von 1939).

Uhrentyp und Verwendung bei der Luftwaf-fe nicht erkennbar. (Ulric)

Die Vielzahl der Flugzeug-Borduhren der30-er Jahre u. a. auch von Askania Fl.22601(Werk von Omega, Cal. 59 D8 mit zweiFederhäusern) wurden normiert und auf ei-nige wenige Modelle reduziert. Junghansund Kienzle bekamen 1938 Aufträge zurProduktion von Borduhren nach festgeleg-ten Spezifikationen (Junghans Blindflug-uhr BoUk1, Fl. 23885), (Kienzle 8 TageBorduhr BoUk2, Fl. 23886-1). Schlenker

& Grusen mit der Fertigung bei Köhler inLaufamholz (BoUk 3 und BoUk 4) scheintzahlenmäßig keine große Rolle gespielt zuhaben. Unterlagen über diese Stückzahlengibt es anscheinend nicht, allein die nochauftauchenden Sammlerexemplare lassenSchlüsse zu. Eine späte Junghans J30BzTyp BoUk1 mit codierter Hersteller-kennung ‘nas’ für Junghans hat die Werk-Nr. 646192, die vermutlich dahinter ste-hende Stückzahl spiegelt sicher den Bedarfin der gesamten Wehrmacht wieder.

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Armband-Chronographen und -Dienst-uhrenBis in den Kriegsbeginn hinein wurden fürdie Piloten und Versuchsflieger z. B. desTestzentrums Rechlin nur Schweizer Arm-band-Chronographen z. T. mit Tachymeter-scala importiert (Deckel-Markierung‘RLM-Nav. und 4-stellige Nr.), HerstellerLemania, Leonidas, Minerva und Univer-sal. Wann und wie und mit welchen Vor-gaben die Fliegerchronographen vonHanhart und Tutima entwickelt wurden istweitgehend unbekannt. Es finden sich ein-fach fast keine Unterlagen mehr. (Vielleichtist ja noch etwas im Panzerschrank einesnamhaften Mainzer Uhrmachers versteckt.)Spätestens ab 1941 wurden die Flugzeug-führer mit den Chronographen ausgestat-tet. (z. B hatten in der Ju88 von Leutn.Nagel in Russland alle an Bord, der Flug-zeugführer, sein Copilot, der Beobachter

- Luftwaffen-Armbanduhren mit dem ‘Urofa Raumnutz-werk’ Cal. 85 und Cal. 581, Schraubenunruh, Flach-spirale, kleine Sekunde, ohne Stoßsicherung: -Aeschbach Pforzheim, signiert ‘RLM 705573’. EineBauanweisung Flieg und eine Fl.-Nr. zu diesen Uhrenist nicht bekannt.- Foto: Piloten vor dem Einsatz beim Zeitvergleich ihrerUhren: Die Armbanduhren der Besatzung werden nachder B-Uhr des Beobachters gestellt.. (Bundesarchiv)

- Flieger-Chronographen gab es aus deutscher Entwick-lung von Hanhart und Tutima (Ufag/Urofa), Hanhartmit einem oder zwei Drückern, mit und ohne Lunette,Beide Zweidrücker-Uhren hatten Flyback-Funktion,deren Funktion für den Piloten unklar ist. Eine Bauan-weisung Flieg und eine Fl.-Nr. zu diesen Uhren ist nichtbekannt. Die Uhren wurden im Wesentlichen an Jagd-flieger ausgegeben.- Tutima: Eine frühe Uhr mit dem Markierungspfeil ander Lunette, Werk- und Gehäuse-Nr. 200555, gegosse-nes Gehäuse, Stahlboden mit Nuten zum Öffnen, ver-goldetes Werk mit Stoßsicherung.- Foto: Jagdflieger berichten über einen Luftkampf, miteinem Tutima Cal 59 Chronographen am Handgelenk(Bundesarchiv).

und der Funker einen Armbandchrono-graphen, in der Ju290 beide Flugzeugfüh-rer, der Beobachter sowie beide Funker.)

Zur Verwendung gilt dasselbe wie für denBordchronographen: ‘Die Blindfluguhrdient, außer der Tageszeitangabe undZeitpunktmarkierung, zur Ermittlung vonsekundengenauen Zwischenzeiten, z. B.Anflugzeiten bei Blindlandungen’. DieAusstattung mit Drehlunette und Stopp-zeigern war entsprechend. Der Eindrücker-Chronograph von Hanhart wurde zunächstmehr bei der Kriegsmarine verwendet. DieFlyback-Funktion der Zweidrücker-Chro-nographen wird wohl verwendet, wenn einFlugmanöver abgebrochen und unmittelbarein neues gestartet wird.

Bei Hanhart gehen die Nummern aller Mo-delle von ca. 100.000 bis 125.000, bei

Tutima von 200.000 bis 218.000 (Ulric).Die Uhren sind unverständlicherweisenicht markiert mit z. B. RLM und es gibtwohl auch keine Fl.-Nr. oder ein Bauan-weisungs-Dokument ‘Flieg’.

Erst nachdem nicht mehr genügend Wehr-machts-Dienstuhren aus der Schweiz im-portiert werden konnten, z. T. aus Devi-senmangel, hat die Luftwaffe in PforzheimArmbanduhren herstellen lassen. In einrundes Gehäuse mit dem den B-Uhren ähn-lichen schwarzen Zifferblatt wird dasUROFA Formwerk Cal. 58 (Raumnutz-werk), z. T. auch das weniger robuste Cal.500 von PUW eingebaut, Pforzheimer Her-steller Aeschbach, Aristo, Bauer, Berg,Exita, Nila, Para, Wagner und andere. DasGehäuse stammt von Kutter Pforzheim, dasZifferblatt von Weber und Baral oder ei-nem Hersteller ‘W C’ (?).

Eine Bauanweisung oder Vorgaben für diePräzision sind nicht verfügbar. Viele sindauf dem Deckel markiert mit ‘RLM’ undeiner Nummer zwischen 600.000 und800.000, der Nummernkreis deckt aberauch Kriegsmarine Uhren mit weißem Zif-ferblatt ab (J. Ott)

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Stoppuhren und InstrumentenuhrenAußer zum Test und in der Schulung wur-den Stoppuhren im Wesentlichen zum Ein-bau in Mess-, Richt- und Bombenzielgeräteverwendet, ebenso in den in der gezeigtenGeräteliste eigens erwähnten HanhartStoppautomaten Fl. 23890. Genutzt wur-den auch 8-Tage-Einbauwerke für Sonnen-kompass, Tast- und Einbauuhren in Funk-geräten auf Basis von Borduhren etc.

Diese vielfältige Verwendung soll hiernochmal beispielhaft aufgelistet werden:- Zeitgeber des Libellenoktanten undKreiselsextanten- Stoppuhr im Bombenzielgerät und Visier- X-Uhr für das Funkleitverfahren (Wotan)- Stoppuhr im Grundgeschwindigkeits-Messer PC1

- links ein Beispiel für Instrumentenuhren: Der Sonnen-kompass C. Plath Hamburg: Eingebaute Uhr mit dem24h-Zifferblatt, Junghans J30E, 8-Tage-Werk. Gerät-Nr.127-1676A-1, Werk-Nr. 510, Hersteller: ‘gtl’. Ausge-hend davon, dass die Sonne nach wahrer Ortszeit um 12Uhr im Süden steht, führt die 24h Uhr den Lauf der Son-ne so nach, dass eine Richtungsbestimmung möglich ist.- rechts: - Funkfeuer-Geberuhr der Luftwaffe: Herstel-ler Pintsch Berlin. Diese gewaltige Uhr (52 cm Höhedes Gestells) wird im Morsezeichergeber der Fa. ‘Tele-funken Ges. für drahtlose Telegraphie m.b.H.’ bei derLuftnachrichtentruppe genutzt.. ‘Die Schaltuhr fürMorsezeichengeber ermöglicht die Einschaltung desMZG2 zu bestimmten Zeiten jeder Stunde. Die Schalt-uhr besitzt hierzu besondere Kontaktsätze, die die No-cken der Schalträder schließen bzw. öffnen. Sie schaltendamit den Betriebsmotor des MZG2 ein bzw. aus.’ (Tele-funken-Bericht 20 Jg. Nr. 82 Dez. 1939)

- Tastuhr im Entfernungsmessgerät EMEG- Geberuhr im Funkfeuergerät- Schaltuhr SU7 im FuGe VII- Zeitauslöser in Lastenfallschirmen- Zeitgeber in Funkboje- 24h-Zeituhr im Sonnenkompass- Wochenumlaufuhr in Barographen undHöhenschreibern..... (Weiteres im Buch ‘Militäruhren’)

Literatur:Herbert Dittrich, Deutsche Chronometerund B-Uhren mit Gradmaß-Zifferblatt,Uhren 1/92

Manfred Lux, Wempe ChronometerwerkeHamburg, Uhren 6/90

Geräte mit Uhren für die Luftfahrt:- ‘ZHG’ = Zielhilfsgerät mit 2 Junghans-Stoppuhren in Spezial-Ausführung, Gravur Rückseite: Rechlin Nr. 850656 und 850657. Dieses ist ein Lerngerät für angehendePiloten der Luftwaffe für Zielflugübungen mit dem Linktrainer in Flugschulen.- Messen der Zeit zwischen dem Durchfliegen zweier Peilstrahlen und zum Anzeigen des Bomben-Auslöse-Zeitpunktes (X-Verfahren). Der Aufbau der immerhin 17 cm großenUhr ist sehr komplex mit zwei Kegelradverstellern für Fallzeit und Abdrift der Bomben.- X-Uhr von Bäuerle & S. Schwenningen, Stempel BAL, Pr. U.2, Gerät Nr. 00147,Werk Nr. 147, Anforderz. Ln 200018. Einbauzeichnung in der Mappe 637 ‘Flieg’ des RLM vom 9.8.41.

Waldemar Becker, A. Lange & SöhneBeobachtungsuhren, Klassik Uhren 4/1998und 5/2000

Viktor Pröstler, Zeitsignale für die Seefahrt,Klassik Uhren 2/98

Ulric of England, German Military Time-pieces of WWII Vol. 2, 1999, UlricPublishing P-O.-Box 285 Epsom, SurreyKT17 2YJ England

Jens Ott, Deutsche Militärarmbanduhren,Dienstuhren 1935-1945, 2003 Eigenverlag91154 Roth, www.military-timepieces.de

Konrad Knirim, Militäruhren 2. Aufl.2002, Pomp Bottrop, www.knirim.de