Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

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NEUEBAUHAUSBOCHER

NEUEFOLGE

DER VON WALTER GROPIUS

UNO LASZLO MOHOLY-NAGY

BEGRONDETEN

>BAUHAUSBOCHER<

HERAUSGEGEBEN VON

HANS M. WINGLER

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LASZLO MOHOLY-NAGY

VON MATERIAL ZU ARCH ITE KTU R

FAKSIMILE DER 1929 ERSCHIENENEN ERSTAUSGABE

MIT EINEM AUFSATZ VON OTTO STELZER

UNO EINEM BEITRAG DES HERAUSGEBERS

BEl FLORIAN KUPFERBERG

MAINZ UNO BERLIN

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C 1968 Florl~n Kuprerberg Verl~g. Mainz Aile Redlte, ~udl d1e des Nadldrud<s in Auszugen, der lotomedl~nisdlen Wiederg~be und der Ubersetzung, vorbeh~lten. F~ksimlle·N~dldrud< nactt der Ausgabe von 1929 durctt P~ss~vi~ Drud<erei AG P~ssau Printed In Germany

Ole ~us B~nd 14 der allen Reihe der >bauhausbudler< ubernommenen Sellen des Vorworts und 7 bis 241 s1nd von l~szlo Moholy·N~gy typographisdl gestaltet worden.

Budlumsdllag und Einband von Herbert Bayer (1968)

Sto BAUBJBLIOTHEK ETH Honggerberg

;. 8. JUU 1978

Kat

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IN HALT

Vorwort

Einleitung

I. Erziehungsfragen

II. Das Material

Ill. Das Volumen (Piastik)

IV. Der Raum (Architektur) Sad1register

Namenregister

Anhang

Seite

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20 92

193 237

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Otto Stelzer: Umrisse eines schOpferischen Experiments 243

Hans M. Wingler: Vom Bauhaus zum Institute of Design 249

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vorwort

das buch macht nicht anspruch darauf , als ein handbuch der materialien, der plastik oder architektur zu gelten; es will nlcht lexikalisch alles, was innerhalb dieser gebiete erwl:ihnenswert ist. behandeln - sondern es will eine fUhrungslinie aufzeigen mit dem deutlich gesetzten ziel. den menschen zum eigenen erlebnis anzuregen.

darum bedeutet es keinerlei wertung1 wenn namen genannt oder nicht genannt werden. es werden planml:i6ig nur solche einbezogen , die zur deutlichmachung der fUhrungs­llnie notwendlg sind.

die basis des buches bilden meine vortrl:ige in der grundlehre des bauhauses (weimar - dessau) in den jahren 1923- 1928. die beispiele , die ich hier aufgenommen habe, sind zum gro6en teil arbeiten meiner schUier aus den gleichen jahren.

manuskript und korrekturen des buches wurden von meiner frau, I u cia moho I y, durch­gearbeitet, in gedanken und formulierung vielfach gekll:irt und bereichert.

kleinschreibung und andere abweichungen von der Ublichen ortografie sind in diesem buche angewandt aus grUnden der vere infachung. es ist mir bewu6t, da6 ich hier keine grundsl:itzliche, auch keine konsequente erneuerung der ortografie durchfUhren konnte. ich versuchte nur , die vorhandenen anregungen in heute Ieicht tragbarem ausmaC zu realisieren.

rapall o september 1928

m·n

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das erlebnis eines kunstwerks kann nie­mals durch schilderung zum besitz werden . beschreibungen und analysen sind besten­falls zerebrale wegbereiter und sie konnen den mut zu dem versuch geben, es durch eigene auseinandersetzung in seiner zeit­lichen und biologischen gultigkeit zu erobern.

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einleitung

jede handlung und jeder ausdruck des menschen setzt sich aus ver:: schiedenen komponenten zusammen, die im biologischen aufbau be:: grundet sind. jede seiner auBerungen ist eine auseinandersetzung mit der welt und mit sich selbst und gibt aufschluB uber seinen augen:: blicklichen zustand. fruchtbar ist dieser ausdruck nur dann, wenn er - auBer der personlichen befriedigung - auch objektive gultigkeit fur das kollektivum besitzt.

darum mi.issen heute alle bemi.ihungen, insbesondere die padagogi:: schen, darauf gerichtet sein, wieder in den besitz dieses fundus zu kommen. darum interessiert uns heute viel weniger die intensWit und qualitat der auBerungen: ,kunst", als vielmehr die elemente einer menschlichkeit, die unsere funktion und seinsform mit gesetzeskraft bestimmen.

das bedeutet nicht, daB kunst abgelehnt werden soli, bedeutet nicht, daB die groBen individuellen werte innerhalb der kunstbereiche in frage gestellt werden sollen. im gegenteil: gerade sie sind in den ele:: menten tief verankert. allerdings ist das durch die einmaligkeit und idolhaftigkeit individueller auslegung fur die meisten verschleiert.

es soll hier versucht werden, diese zusammenhange - wenigstens in den wichtigsten punkten - zu klaren, ohne angst vor umwegen, die manchmal gemacht werden mussen, urn zum wesentlichen der auf:: gabe, zur selbsterkenntnis, und von hier aus zum eigencn zeitlichen ausdruck zu gelangen.

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I. erziehungsfragen

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der sektorhafte mensch

our was sich aus dem gesamtkomplex der eigenen erlebnisse heraus kristallisiert, baut den menschen wirklich auf. demgegeniiber macht unser gegenwartiges er• ziehungssystem den fehler, vorwiegend einzelerlebnisse zu pflegen. statt die eigene mitte zu erweitern, wie ein primitiver mensch es aus lebensnot• wendigkeit tut und tun mufi, indem er in einer person jager, handwerker, bau• meister, arzt, usw. ist, beschaftigt man sich - aile andern fahigkeiten unaus• geniitzt lassend - nur mit einem bestimmten beruf.

der primitive mensch war In einer person jl!ger, handwerker, baumeister, arzl usw. , heute be­schllftlgl man slch - aile anderen Hlhlgkeilen unausgenOtzl lassend - nur mit elnem bestlmm­ten beruf.

tradition, au tori tare einstcllung schiichtern den menschen em. er wagt sich an bestimmte erlebnisgebiete nicht mehr heran. er wird fachmann. er erlebt nicht mehr urspriinglich. in dauerndem kampf mit seinen instinkten wird er von aufierlichem wissen vergewaltigt. seine innere sicherheit welkt ab. er darf nicht mehr sein eigener arzt, auch nicht sein eigenes auge sein. die spezialisten verdunkeln - wie mitglieder einer gewaltigen geheim• organisation - den weg zu allseitigen eigenen erlebnissen, die auf grund gesunder f unktionen moglich, ja vom biologischen zentrum her erforderlich sind. oft erfolgt die berufswahl auf grund aufierlicher anlasse: man wird konditor oder tischler, weil in dem beruf lehrlingsmangel herrscht; man wird rechtsanwalt oder fabrikant, weil das geschaft des vaters iibernommen werden kann. der akzent liegt auf der scharfsten herausstellung des einzelberufs, der spezia!. ausbildung; es regiert die ,nachfrage". so wird man schlosser oder rechtsanwalt oder architekt usw. (in einem ge• schlossenen sektor), und es ist noch der beste fall, wenn der berufsmensch nach

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abschlul3 seiner studien eine weiterfUhrung seines metiers anstrebt, wenn er seinen spezialsektor ins unendliche zu erweitern trachtet. hier versagte bis jetzt unsere ganze padagogik - trotz aller beratungsstellen und psychotechnischen eignungsprufungen. alles funktioniert - und funktioniert allein - auf der basis des heutigen produktionssystems, das nur auf3erliche anlasse der gutererzeugung kennt. ,beruf" ist heute alles andere als solidaritat mit zielen und bedi.irfnissen einer gemeinschaft. das eigentliche Ieben lauft neben dem ,beruf" her, der oft auf• gezwungen und gehafit ist.

die zukunft braucht den ganzen menschen

die sektorenhafte ausbildung ist heute nicht zu ubergehen. sie darf aber nicht soweit gctrieben werden, dal3 der mensch dabei verkummert - bei all seinem grof3• artig gepriesenen fachwissen. der sektorenhafte mensch mul3 wieder in dem zentralen, in der gemeinschaft organisch wachsenden menschen fundiert sein: stark, offen, begluckt, wie er in seiner kinderzeit war. ohne diese organische sicherheit sind die reichsten differenzierungen des fachstudiums - (das ,privileg" der er$ wachsenen) - blo£3er quantitativer erwerb, ohne da£3 damit die lebensintensitat gesteigert, der lebensumkreis erweitert wird. nur ein mit der klarh eit des fuh$ lenden und der nuchternheit des wissenden ausgestatteter mensch wird sich in aile noch so kompliziert erscheinenden forderungen - auch cines spezialberufes - ei narbeiten und das ganze Ieben meistern konnen. erst von dieser basis aus kann man den lebensplan finden, der den menschen innerhalb der gemeinschaft an die rechte stelle setzt.

das heutlge produktionssystem

jedes offizielle erziehungssystem ist ergebnis der jeweiligen wirtschaftsstruktur. die heutige wirtschaft ist nur an sehr wenigen stellen der entfaltung des men• schen g unstig. im heutigen lebenstempo bietet sich selten gelegenheit, zum eigentlichen wesens• kern der dinge und des eigenen ich vorzudringen. die heutige produktion wachst nicht aus innerem bediirfnis, auch nicht aus der einsicht produkte zu schaffen, urn eigenen und massenbedarf in gegenseitig sich erganzender weise zu befriedigen. die heutige produktion ist fronarbeit, hetze; planlosigkcit im sozialen, scharfste erpressung des profits ; in den meisten fallen vollige umkehrung ihres urspriing• lichen smnes.

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in diesem zustand befindet sich nicht nur der arbeiterl der proletarier; aile die innerhalb des heutigen produktionssystems arbeiten 1 sind im grunde genau so schlecht daran. hochstens gradweise untcrschieden. die hetze des geld· und machtgewinnens beeinfluBt die ganze heutige lebensform bis in die grundgefi.ihle des einzelnen: er denkt nur noch an die sicherung nach au Ben I statt sich urn seine innere sicherung zu bemuhen.

wie steht es um die technik?

Ieicht konnte daraus gefolgert werdenl daB das heutige industriellc produktions• system I insbesondere der technische fortschritt I zu verdammen sei. so ist das nicht gemeint. die technik ist ein organisch sich entwickelnder lebensfaktor. sic steht in wechselwirkung mit der vermehrung der menschheit. das ist ihrc organische berechtigung. sie ist trotz vielfacher entstellung durch profitinteressenl falsche akkumulationsbestrebungen usw. nicht mehr aus unserem Ieben fortzudenken, weder aus astetischen noch aus etischen noch aus hygienischen grunden. sie ist das unentbehrlichste hilfsmittel eines lebensstandards. sie konnte schreiende unterschiede nivellieren und zeit und raum iiberbruckend die verstandigung unter den menschen vorbereiten. die moglichkeiten der maschinenarbeit - mit ihrem reichtum, ihrer geistreichen kompliziertheit cinerseits, ihrer vereinfachung andrerseits, muBten zu einer sinn• vollen massenproduktion fUhren; und zwar immer reiner, je klarer ihre aufgabe: die befriedigung von massenbediirfnissen - im auge behalten wird. der wahre grund des konfliktes zwischen Ieben und technik liegt an dieser stelle: nicht nur das heutige produktionssystem, auch der produktionspro• ze B ist von grund auf verbesserungsbedurftig. erfindung und rationalisierung mussen in gesteigertem maf3e zur korrektur eingesetzt werden • ).

e ) dcr landlliutigc fchler ist heutel daB man sich auf fast allen gebieteo mit cincr handwcrkcr• mentalitat abqualt und mit rationalisierungsfragcn hochstcns im technischcn beschaftigt. die taylorisierung, das system des laufenden bandes u. a, sind miBverstandnhsc so lange. ab dabei der mensch =ur maschine umgewandelt wird und seine mehrfache leistung keinem andern als dem untcrnehmcr :ugutc kommt. (viellcicht noch dem verbraucher1 am allcrwenigsten aber dem arbeiter, dcm wirklichen er:euger.) es ist unmoglich die produktion verbessern, oder steigcrn zu wollen. ohne dabei da~ so=iale moment zur hebung des lebcnsstandards des arbeitenden selbst in erster linie zu beriicksichtigen.

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nicht gege n die t e chnlk , sonde rn mit ihr

die losung ist demnach nicht gegen die technik, sondern - versteht man sie nur richtig - mit ihr. durch sie kann der mensch befreit werden, wenn er endlich einmal wei6: wozu.

noch heutc glauben viele menschen, da6 die biologischen bedi.irfnisse, das trieb• hafte Ieben, auf grund der vorhandenen exakt.technischen, berechenbaren losun• gen weniger beachtet zu werden brauchen. sie glauben, da6 schlaf mit verona!, schmerzstillung mit pantopon dem organischen ablauf gleichwertig erzielt wer• den konnen. die zivilisatorischen fortschritte haben in dieser beziehung sehr vie! unklarheit und gefahr mit sich gebracht. scheinbare okonomie kann hier nati.irlich Ieicht blenden. aber erst, wenn dem menschen klar wird, da6 er auch innerhalb der produktionsgemeinschaft die lebensgemeinschaft der menschen, und innerhalb diescr sein cigenes Ieben herauskristallisieren mu6, wird er der wahren erkenntnis vom sinn des technischen fortschritts naher sein. denn nicht der form, nicht dem erstaunlichen technischen proze6 der produktion soli unser wah res interesse gel ten 1 sondern dem gesunden I eben s pI an des menschen. davon mi.i6te die jeweilige praxis abgeleitet werden.

es handelt sich heute urn nichts geringeres als urn die wiedergewinnung der biolo• gischen grundlagen. erst dann kann die maximale ausnutzung des technischen fortschritts in korper•, ernahrungs~. wohn· und arbeitskultur einsetzen. die technik darf also niemals ziel, sondern stets nur mittel sein.

man ist best rebt, dlese v e rhi ltnisse zu andern

der heutige schopferische mensch weifS darum und leidet darunter, da6 die tiefen lebenswerte unter auf3erlichem druck (geld verdienst, wettbewerb, ge• schaftsmentalitat) zerstort werden. er leidet unter der rein materiellen verwertung 1

seiner vi tali tat, unter der verflachung seiner insbnkte, unter der ni vellierung seiner biologischen spannungen. trotzdem, und obwohl der heutige soziale zustand ein durchaus ungeeigneter behalter fi.ir das g leichgewichtige tun des menschen ist, tauchen im privatleben einzelner die reinlichen funktionsbegriffe schon auf. die grof3en geistigen vorstofSe in kunst, literatur, teater. film unserer zeit, die verschiedenen erziehungs$ und jugendbewegungen haben darin sicher wichtiges geleistet. ebenso die korper• und atemgymnastiker sowie die naturheil• arzte.

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die gcsamtheit dieser versuche kundigt eine welt an, die sich schon heute an manchen stellcn in anfangen zeigt. doch kein teilchen aus diesem wachsenden darf isol iert verstanden werden. der zusammenhang der einzclglicder ( wissen• schaft, kunst, wirtschaft, technik, erziehungspraxis), ihre durchdringung muB immer wieder deutlich gemacht werden.

nicht das objekt, der mensch ist das ziel

von einer solchen grundeinstellung her wird man dazu kommcn, einen jeden lebensplan mit einer selbst•auseinandersetzung des menschen zu beginnen. nicht ein beruf, nicht ein herzustellendes objekt wird zunachst in den vordergrund zu stellen sein, sondcrn vielmehr mu.Bten die organischen funktionen des men~ schen erkannt werden. von seiner funktionsbereitschaft kann man dann zur aktion, zu einem von innen her begrundeten Ieben ubergehen. so schafft miln die organische basis Hir eine produktion, deren mittelpunkt der mensch ist und nicht profitintcressen mit mechanischem werkresultat.

eln jeder mensch ist begabt

jcder gesunde mensch hat ein tiefes vermogen, die in semem mensch•sein be• grundeten schopferischen energien zur entfaltung zu bringen, wenn er seme arbeit innerlich bcjaht. ursprunglich ist ein jeder begabt zur aufnahme und erarbcitung von sinneser• lebnissen. jcder mensch ist ton• und farben•empfindlich, tast• und raum•sicher usw. das bedeutet, daB ursprunglich ein jed e r mensch aller freud en der sinneserleb• nisse teilhaftig werden kann; das hei.Bt weiter, da.B jeder gesunde mensch auch akti v musiker, maier, bildhauer, architekt usw. sein kann, wie er. wenn er spricht - ein .,sprecher" ist. das heiBt: er kann sei nen empfi ndungen in jedem material form geben I was nicht gleichbedeutcnd mit .,kunst"' ist). die wahrheit dieser behauptung beweist das Ieben: in gefahrvoller s ituation oder in stunden des mitschwingens werden konvention un d hemmungen von dem lebcnstrieb durchbrochen und ein jeder wird zu einer - sonst nicht ,.erwarteten" - hochstleistung ernporgerissen. die arbciten dcr kinder und der primitiven beweisen das g leiche; ihre spontanen auBerungen entspringen tiefen der aufrichtigkeit, die durch aussercn zwang noch nicht verschuttet sind. sic sind beispiele eines nach inneren notwcndig• keiten ablaufenden lcbens. wenn wir also behaupten, daB ein jeder auf jed em gcbict zum ausdruck, weno auch nicht sofort zum objektiv besten, flir das kol•

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lektivum wesenhaften - gelangen kann, so behaupten wir mit noch grol3erer sicherheit, dat3 es einem jeden moglich sein mul3, bereits geschaffene werke cines jeden gebietes aufzunehmen • ). unter umsHinden geht eine solche aufnahme nur stufenweise vor sich, je nach disposition, erziehung, geistigem umfang usw. aber daB das wesentliche i.iber kurz oder lang immcr erarbeitbar ist, steht heute schon aul3er zweifel. ist erst einmal diese groGe linie cines organisch ablaufenden lebens festgelegt, so ist damit auch die richtung aller menschlichen produktion klar vorgezeichnet. dann kann keine arbeit - wie es heute in der industriellen produktion, in der ins unendliche gehenden arbeitsteilung oft der fall ist - als verzweiflungsakt eines untergehenden menschen aufgefal3t werden, sondern eine jede arbcit wird organische kdifteumsetzung.

zusammenfassung

zusammenfassend ware also zu sagen, dat3 die schaden emer technischen zivili• sation von zwei seiten bekampft werden konnen: 1. durch die konsequente beobachtung und moglichste sicherstellung der orga•

nischen, biologisch bedingten funktionen ( wissenschaft, padagogik, politik) 2. durch den - aus dem innersten kommenden - ausdruck, der auf der hochsten

stufe kunst ist ; kunst als indirektes erziehungsmittel, das die sinne des menschen scharft und sie gegen aile moglichen i.iberrumpelungen schi.itzt, und zwar mit intuitiver sic her~ heit, vorbeugend fi.ir einen noch nicht eingetroffenen aber sicher erfolgen• den zustand. (so schafft z. b. der film - das montageprinzip i.iberhaupt- eine i.ibung in blitzschneller beobachtung simultaner existenzen auf allen gestaltungs•

e) cine weitcre beweisfiihrung an dieser stelle eriibrigt sich, wenn man auf die grundlegenden schriften von heinrich jacoby hinweist, dem dieses problem lebensarbeit gewordcn bt. cr be, handclt mit bcsonderer intensitat das problem des musikalischen und unmusikalhchen. \cine schriften gehoren zu den wertvollen quellen, aus denen unsere gegenwiirtige und zukiinftige erziehungsarbeit schopfen kann. seine schriften: grundlagen eincr schopferischen musikerziehung. .,buch dcr erziehung". karbruhe, braun; .,neue crziehung", jahrg. 1921, heft 5-7, berlin, schwctschke; .,die tat" , marzhcft 1922, jcna, diedcrichs. - jenseits von .. musikalisch" und .,unmusikalisch" (bcricht des II. kongresscs fiir asthe tik und allgcm. kunstwissenschaft), ferd. enke, stuttgart 1925. - die befrciung dcr schopferischen kriifte, darge~aellt am beispiel der musik (bericht der Ill. intern. piidag. konferenz in heidelberg I, gotha 1926 - mufS es unmusikalische geben? grundsiitzliches iiber crh.1ltung und befreiung der allgem. ausdrucksfahigkeit. .,z.eitschrift fiir psychoanal. padagogik", slultgarl 1927.

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gebieten, die heutige fotografie sichten fi.ir die orientierung tm ki.inftigen flugzeugverkehr usw.).

praktisch greifen die heiden gebiete eng ineinander. teoretisch mu.B satz 1. die basis fUr satz 2. bilden.

die v e rantwortung fUr die verwirkllchung liegt beim e lnzelne n menschen

es gibt kein dringenderes problem, als diese wi.insche i.iber das maximenhafte hinaus zur verwirklichung zu fi.ihren. seit ca. 130 jahren umkreist man es mit gedanken, worten und versuchen zur tat. auch die heutige praxis ist bestenfaUs ein glaubensbekenntnis, keine erfi.illung. teillosungen konnen nicht gutgehei.Ben werden; dazu sind wir zu sehr in das industrie•kollektiv eingebettet. eine teil• auflehnung ist nur beweis fur den ungeheuren druck, symptom. wirksame hilfe liegt nur bei dem sich selbst erkennenden und sich mit andern zur gemeinschaft gro.Bten ausma.Bes zusammenschlie.Benden menschen.

materielle beweggri.inde di.irfen wohl an l a .B zu einer auflehnung, zu emer revo• lution sein; nie aber die entscheidenden ursachen. dem kampfenden muB immer bewuBt bleiben, da.B der klassenkampf letzten en des nicht urn das kapital, nicht urn d ie produktionsmittel, sondern in wahr• heit urn das recht auf eine befriedigende beschaftigung, innerlich ausfi.illende arbeit, gesunde lebensfi.ihrung und erlosende krafte•auswirkung geht.

utopie?

utopie? nein, aber eine unermi.idliche pionierarbeit. a lies einsetzen fur dils ziel - oberste pflicht fi.ir jene, die bereits zu der erkenntnis einer organischen lebens• fiihrung gekommen sind. pionierarbeit mit der zielsetzung: der mensch soil in seiner funktionsbereitschaft gepflegt - aber nicht n u r gepflegt werden, sondern zu ihrer erfi.illung mi.issen ihm auch die aul3eren bedingungen zur verfi.igung stehen. hier sto.Bt das erzieherische problem ins politische; und es wird als solches fi.ihlbar, sowie der mensch ins Ieben tritt und sich mit der bestehenden ordnung auseinander setzen mu.B.

die erziehung hat hier eine groBe aufgabe zu erfUIIe n

was wir brauchen, sind 1. reale lebensbeispiele von mensch en in geschlossenheit und konseq uenz;

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2 . konzentration geistiger leistungen in werken der politik, wissenschaft, kunst; auf allen gebieten menschlicher betatigung;

3. praktische erziehungsstatten.

wir brauchcn geniale utopisten, einen neuen jules verne: diesmal nicht, urn die gro13e perspektive einer Ieicht zu i.iberfli.igelnden technischen utopie zu zeich• nen; sondern das dasein des zukunftsmenschen, der im instinktiv einfachen wie im komplizierten lebenszusammenhang seinem grundgesetz entspricht.

unsere erzieher haben die aufgabe, die forderungen nach gesunder krafteauswir~

kung, das fundament eines gleichgewichtigen lcbens schon in die fri.ihe s te er• ziehungsarbeit einzuordnen.

die vorgiinger der he utigen erzie hungsprax is

von pestalozzi•frobel bis heute ist die erziehungsfrage ununterbrochen aktuell geblieben. das erziehungsprogramm reicht vom kindergarten bis zur hochschule, vom einzeltema zur menschenbildung. man suchte nach der befreiung dec; kin• des im zeichen• und handfertigkeitsunterricht, im sprachunterricht, im gesamtlehr• plan. czizek, montessori, lichtwarkschule, wendekreis, worpswede, lietz•ilsenburg, wyneken•wickersdorf, daltonsystem, - landerziehungsheime, arbeitsschulcn, ver• suchsschulen usw. bemi.ihten sich in den letzten jahrzehnten urn einen organischen aufbau der erziehung im kindesalter. der heranwachsende mensch ist aber auch heute noch zum gro13ten teil dem traditionellen f<~clistudium ausgeliefert, das ihm kenntnisse vermittelt, ohne seine stellung zu umwelt und mitmenschen, seine beziehung zu stoff und in halt seiner arbeit zu klaren.

da s bauhaus

diesem mangel versuchte das bauhaus abzuhelfen, indem es nicht das .,fach" an den beginn seiner lehre stellte, sondern den menschen in seiner nati.irlichen be• reitschaft, das lebensganze zu fassen. obwohl aus au13eren gri.inden eine semestereinteilung noch beibehalten wurde, sollte der alte begriff und inhalt ,schule" i.iberwunden werden und eine arbeits• gemeinschaft entstehen. die einem jeden innewohnenden krafte sollten zu einem freien kollektiv zusammcngeschlossen werden. auch die art einer studiengemein• schaft, die ,nicht fi.ir die schule, sondern fi.ir das Ieben lernt" sollte uberwunden und zu einem stuck organischen, fluktuierenden, reichen lebens werden.

1 moho l y •no gv 17

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ein solches kollektiv bedeutet lebenspraxis. seine einzelglicder miissen demnach nicht nur sich und ihre eigenen krafte, sondern auch die lebens• und arbeitsbe• dingungen der umwelt beherrschen lernen. diese beherrschung auch des aul3eren lag dem erziehungsprogramm des bauhauses oder- entsprechender gesagt - der bauhausarbeit, z.ugrunde.

das erste jahr diente der entwi,klung und reifung von sinn, gefiihl und gedan• ken - insbesondere bei jenen jungen menschen, die infolge der iiblichen kind. heitscrziehung cine unfruchtbare haufung lexikalen wissens hinter sich batten. erst nach dicsem ersten jahr der entwicklung und reifung begann die zeit der fachbildung nach freier wahl innerhalb der bauhauswerkstatten. und auch in der zeit dieser facbausbildung war das gcsamtziel: der totale mensch. der mensch, der von seiner biologischen mitte her allen dingen des lebens gegenuber wieder mit instinktiver sicherheit stellung nehmen kann; dcr sich heutc genau so wenig von industrie, eiltempo, aul3erlichkeiten eincr oft mil3vcrstandenen ,maschinen• kultur" ubcrrumpeln Hil3t, wie der mensch der antike die sicherheit hatte, sich den naturgewa lten gegeni.iber zu behaupten.

w a rum handwe rkliche e rzlehung im ba uha us?

diese einstcllung, die zu einer ganzheit hinstrebt, fi.ihrte im bauhaus zu einer handwerklichen ausbildung. der studierende konntc hier auf dem techniscb cinfachen, im einzelnen noch ubersehbaren nivo des handwerks den ganzen gegenstand, von den anfangen bis zur vollendung wachsen schen. sein blick ist dabei auf das organische ganze gerichtet. (beim heutigen fabrikprozel3 dagegen nur auf teile des ganzen. die zusammenhange sind ihm da hochstens durch be• schrcibung, darstellung. nicht durch eigenerlebnis bekannt.) bei der handwerks• arbeit ist der einzelne immer fur das gan:.e, auch fur desscn einzelfunktion, ver• antwortlich. so war der handwerkliche unterricht im bauhaus vorwiegend als erziehungs• faktor, nicht als selbstzweck anzusehen.

dicse crzichungsarbeit des bauhauses wird wahrscheinlich in zukunft auch auf der basis einer weitest entwickelten technik (maschine) weitergefi.ihrt werden konncn. wcnn dcr sinn dcr totalitat dabei erhalten bleibt, wird das ergebnis dann hochstens quantitativ, aber nicht qualitativ unterschieden sein.

sinnesubungen

aber nicht irgend ein systematisches handwerk war die erste stufe dieser bau• hausausbildung. der auf syntese gerichtete aufbau wurde eingeleitet durch das

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erlebnis des materials, das sammeln von oft zunachst unwichtig erscheinenden eindri.icken. primitive tasti.i b u ngen waren z. b. die anfange in der grundlehre, doch war dabei das weitere ziel: das erlebnishafte begreifen des materials, wie es durch das buchwissen im iiblichen schulbetrieb und in traditionellen unterrichts• stunden nie erreicbt wurde • ). die grunderlebnisse entwickelten und transformierten sich dabei geistig und wur• den spater mit allen anderen erlebnissen in beziehung gesctzt. erlebnisspriinge sind in wahrheit - auch wenn sie manchmal so scheinen - nicht moglich. aus den ersten unartikulierten urerlebnissen wachst in kontinuierlichem weiterbau das lebensganze auf. darum ist es unerlaBJich, daB der mensch auf allen gebieten seiner sinnestatigkeit aile stationen der urerlebnisse durchmacht; so kommt cr nach und nach zum eigenen ausdruck, zur findung eigener ausdrucksformen.

und wei) heute noch d ie meisten - fern von eigenen erlebnissen - ih re welt aus sekundaren guellen aufbauen, muBte die bauhauserziehung oft auf die primi• tivsten erlebnisquellen zuri.ickgreifen.

• J das in diescm buch geschildcrte ist nur ein tcil der .,bauhauscn:.ichung", \Oweit sic mir wahrend mcincr bauhausarbcit oblag. es ist auch in kcincr weise bindcnd ctwa fur cinco aodcro mit• arbcitcr des spatcren bauhausclo. bci der bcgriindung des bauhauses hat j oha nnes i tte n dcrart1ge vcrsuchc in seinen vorkursen cingcfuhrt. mcine aufgabe war es, nach scincm ausscbciden die'e lehre wcitcr aus:ubaucn, wie nach meincm ausscheiden wicdcr ein andercr an die reihe kam.

einc kurzc gcschichte des bauhauscs ist zu linden im .,haodbuch dcr arbcitswisscnschaft", hcraus• ~cber clr. fritz gicse (marbold verlagsbuchhandlung, h.1llc /s.) unter dem stichwort: .,bauhausarbcit".

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II. das material

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tastubungen

der bauhausler befafite sich also in seinen anfangsi.ibungen mit dem material vorwiegend mittels seiner tastorgane (das tastorgan ist gleichzeitig organ fi.ir druck•, stich•, temperatur•, vibrations• usw. empfindungen• ). er holt sich die ver• schiedensten materia lien zusammen, um mit ihrer hilfe moglichst viele ver• schiedene empfindungen registrieren zu konnen. er stellt sic zu tasttafeln zu~ sam men, die teils verwandte, teils kontrastierende tastempfindungen enthalten (abb. 1- 4 ). nach kurzer oder Hingerer i.ibung ·ist er fahig, diese clemente so zusammenzustellen, dafi sie einem vorgefafiten ausdruckswunsch entsprechen (abb. 5). mit wissenschaftlichkeit oder praktischer konstruktionsabsicht haben die i.ibungen nichts zu tun. doch lehrt die erfahrung, dafi ihre erlebnishafte verarbeitung weite auslegungsmoglichkeiten, auch fi.ir die praxis, ergibt. sic ist der gute bodcn fi.ir die allseitigen konsequenzen im bereich der materialien, auf dem gebiet der technik und kunst.

e) wic die aufstellung von zwolf monaten odcr vier tcmpcramcnten, hat auch die fiinlteilung unserer sinnc ctwas mehr odcr weniger willkiirliches. man spricht oft von eincm scchsten sinn, wic ihn die naturvolker habcn, man kennl den bcsonderen orientierungssinn. cs scheint auch nach untersuchungen von frobcnius cin eigcncr ze its inn zu cxbticren. \'On allen anderen sinnen ist es wohl der tastsinn, der in cine groRe anzahl getrcnnter en scheinungen ::erlegt werden kann. wa~ wir tastsinn nenncn, ist cin gemisch von vcrschicdcnen emplindungcn: drucksinn, tcmpcratursinn, vibrationssinn . priift jemand die durch auffallen-lassen von gegcnstandcn auf cine holzstange errcgten schwin­~:ungcn, so kann cr gut die vcrschiedcnen durch ein messer, glasrohrchen, cine nadcl, cincn holzspan odcr gummiballon crzcugtcn vibrationcn unterscheiden; cr kommt bierbei zu qualitats­urtctlcn wic : tief, hoch, hell, fcin, dick, spitz, hiipfend. die eindriicke ahneln sehr dem horen, so daiS man geradezu mit den fingern zu horcn meint usw. (aus einer tageszcitung.)

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a b b. 1 otti berger (bauhaus, 2. semester 1928) tasttafcl aus f~den

dio oinfii.hrung zu dfeson aufgaben spielte sich gemeinschaftlich ab.

foto: cons~mO IIer I baunau•

wlihrend des vot•lrags Ubor dieses tema wurden die augen elnes studierendon verbunden und er muOt.e In dies~m zusland die ihm zugereichten materialien (stoffe, metallo, brolreslo, leder, papier, por2ellan, schwnnun usw.) nur durch abtasten bestimmen.

• ------~--c·­

~- :_-.

' foto: clnscn I dessau

a bb. 2 hlnrlch bredendleck (bauhaus, 2. semester 1927) tasltafol mit grafischer darslellung

vorsuch, dlo ompflndungswert.e in diagrammen festzulegen.

22

Page 23: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 3 werner Zimmermann (bauhaus, 2. semester 1927)

folo: clils~n I d~ssnu abb. 3

folo: ela•cn I deuau

a bb. 4

fiir druck- und vibratlonscmpflndungen kombinierte tasltafci aus schraubcn a bb. 4 siegfried giesenschlag (bauhaus, 2. semester 1927)

tasttafcl aus nilgcln, hergestelll fur registrierung von stlchcmpflndungen

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Page 24: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

b eispie le

die tastwertversuche koonen angeregt oder selbstgestellt sem.

beispiel:

1) gleichzeitig grei fbare zweizeilige tasttafel, von dem einen pol zum and ern !au fend: hart zu weich, glatt zu rauh, trocken zu nass (abb. 6)

2) zweizeilige tasttafel (tastbaod) mit nebeneinanderliegenden entgegengesetzt laufenden tastwerten, rytmisch gegliedert (abb. 7)

3 ) vierzeilige tasttafel, freie auslegung (abb. 8)

4 ) freie tafel (abb. 9)

5) tafel fur vibrations~ und druckempfindungen (abb. 10- 13)

die von einem ausdruckswunsch her erfolgte zusammenstcllung der tastwerte crgibt cincn ncucn ausdruckswert ebcnso wie farben oder tone nicht mehr als cinzelne farb• oder tonwirkungen da sind, wenn sic in eine bcwul3te (odcr im unbewuBten zielsichere) beziehungsgemeinschaft gesetzt werden: sie werden urn• geschaltet zu cinem sinnvollen etwas, zu einem organismus, der aus sich die kraft ausstrahlt, die ein neues lebensgefuhl auszulosen vermag.

marinctti, der fUhrer der futuristen, veroffentlichte im jahre 1921 ein manifest uber den taktilismus (tastwertgestaltung). er trat darin leidenschaftlich fur eine neue kunstgattung ein, die sich auf dem tastgefiihl aufbauen sollte. er schlug taktilische bander, teppiche, betten, raume, teater usw. vor. • )

im bauhaus diente die beschaftigung mit den tastwerten zur weckung und bes reichcrung des empfindungs• und ausdruckswunsches, nicht dem ziel, cine neue kunst•art zu lehren. das schlieBt natiirlich nicht aus, daB durch vertiefung und begeisterung auch hier kunstwerke entstehen konnen. ••)

• l manifc~t des .,tactilisme", verlag milano, corso venczia 61. ee) c' scheint ein par:~doxon zu seio, aber die praxis beweist es als w,lhr, daiS neben den direktcn t.lsterlcbnisscn das auftreten der fotografie - also cines optischcn verfahrens - die t.lstkultur gefordert hat. die dokumentarisch•exakten fotos von materi;ll. (tast•) wertcn, ihre ver• groBcrtcn bi~hcr kaum wahrgenommenen erscheinungsformen regen fast jcdcn - nicht ctwa nur den handwcrkcr - :.ur erprobung seiner tastfunktion an.

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Page 25: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 5 rudolf marwitz (bauhaus, 2. semester 1928) drehbar< tasllrommel mit vcrschiedenen in sich zeilcnwcisc abgestuflcn kontrasticrcndcn lastwcrlen

die form der tasttolel wurde bei keiner aufgabe vorgeschrieben. das einzige kt·itorium war. dafl die zur darstellung gelnngondon worte deuUich, doch in knappster weise eda.IH worden. diotoe fordorung luhrt.e bel den eln2elnen zu grundverschiedonen losungen. unter den vielon nbgelieforten arbeiten war keine einzige, di.e nicht eino individuollo el'f\ndung nufw!es. das war nlcht etwa das ergebnis emer Iangen vorbet•eitung. die arbeiten entstanden nllo nach den orsten stunden.

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!Jill I• < r._; .- •• .. ·(."_A·~ ,•~)~-:-:-- 3-~~..., _ _...-,~·.t.ll!~l'!.~ -~~..-;J

Page 26: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 6 w. zlerath (bauhaus, 2. semester 1927) foto: conscmullcr I bauhaus

zweizclllgo tasttafcl und versuch zu ihrer graflschen ubersetzung

da dJe tastwerlo ganz und gar subjektiv registriert werden, schien es wunscbenswert, eine art kontrolle der eigenen empfindungen in .,tastdJagranunen" einzu.fi.i.hren.

sie konnten immer wieder herangezogen werden, um eventuelle abweichungen in den empfindungen festzustellen.

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Page 27: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: consrmOIIcr I bauhaus

abb. 7 walter kaminski (bauhaus, 2. semester 1927)

••

zwelzelllge, drehbare tasltafel mil nebenelnander liegendcn kontrastierenden taktillschcn werten von welch zu hart, von glatt zu rauh.

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Page 28: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

roto: Clasen I dessnu

a bb. 8 tomas flake (bauhaus, 2. semester 1928) vicrzeilige lastlafel von rauhstufen und das dazugchl>rcnde d1agramm

wle vernnehHlssigt unsere lastkullur ist, wurde mir von neuem klar bel oinem gesprbcb mit der Jeiter in olnor nusbildungsstiitlo filr sozial gerichtete gesundbeitspflego, wo frauen u. a. auch massage erlernen. fur sie war de•· berlcht von den tastiibungen am bauhaus eine anregung, llhnllcbes In ihre arbeit einzufUgen, dn sie dnvon eine s teigerung der empfindsamkeit erboftte.

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Page 29: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: c tosen I dessau

a bb. 9 gerda marx (bauhaus, 2. semester 1928) tasltc.tfel aus papier mit retch ge­glledcrten taslwerten fUr druck­und vlbrationsempfindungtn (glatt, rauh, hart, weich, gerlllt, gcl'ippl, gewarzt).

die ru·beitst·esultate waren bei dieseo aut­

gabon nicbt nur die freude an den verhlllt­

nissen der tnstwerte, s ondern auch die un­

willkUrlich elnsetzende technische lertlgkeil,

die saubore ausluhrung. diese steigerto sicb

doutlicb bel den spateren, techniscb scbwio­

rigeren nufgaben, als ergebnis oiner nicbt

erzwungenen, s ondern selbStgefundenon di­

sziplin.

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Page 30: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

--foLo: clasen I dessau

a bb. 10 und 11 gustav hassenpflug (bauhaus, 2. semester 1927)

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vibrations- und druckbrucke. spiralfederkonstruktlon mil lamellen aus verschledenen materia lien. d<~runtor ein versuch zu ihrer grafischen umsetzung

Page 31: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

das erlebnis des materials

die intensive beschaftigung mit dem material starkt die sicherheit im gefi.ihls• ma£3igen. auch auf der seite des wissensrna£3igen wird dabei manchcs beleuch· tet, wenn auch die fysikalische analyse des materials dcr modernen wisscnschaft• lichen metodik uberlassen werden muf3. dafi.ir gibt es heute weitverzweigtc arbeits•disziplinen, wie die kristallochemie, metallografie u. a. obwohl sie noch ganz in der entwicklung stecken, haben sie in der werkstofforschung schon wesentliche praktische erfolge erzielt. • )

•> auf den forschungscrj:ebnisscn und deren praktischcr vcrwertung aufbiluend, ist der wissen• schaftlcr heute fahig, verandcrungcn und veredlungen an werkstoffen vorzunchmen, ~ogar auf wiinschc hcstimmtcr richtung hin werkstoffe herzustcllcn, die den gcfordcrtcn bean,pntchungcn z. b. in bezug auf fc\tigkcit, korrosionsfrciheit, temperatur, lcitcndc cigcn~chaftcn usw. '>land• halten. einc ganzc rcihc kiinstlichcr matcrialien bcgcistcrt un~ heute mit ihrcr fchlcrloscn, glattcn, dabei variablcn oberflache, mit ihrcn aul~erordentlichen cigenschaften, die uns p lotzlich die realisierung bishcr utopischcr vorstellungen versprechen. allcrdings mul~ man bci vcrwcndung kiinstlicher materialien heute noch grollc sorgf.1lt waltcn lassen. die f;ebribtion von kiinstlichcn materialicn crfolgt vorlaufig nicht scltcn ohnc bcriick• sichtigung ihrcs biologi\Ch•hygicni~chcn nutzelfekts. die priifungsergcbnissc und cmpfchlungcn, sowie laute rcklamc sind mit vorsicht :u handhaben, da die produktion sich oft nicht nach wahren bediirfnis~en richtct, sondern nur die augenblicklichc wirtschaftlichkcit bcriicksichtigt.

toto: c:tos~n I dcssou

abb. 12 sven hansen (bouhaus. 2. semesler 1928) rytmlsch gcgllcdcrtc, zwelzeillge vibrationstafel mit umkchrung.

die finger m\lsscn rnsch illier die gerillte holztalel gezogen werden.

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Page 32: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: clasen I dessau a bb. 13 mizutani (bauhaus. 2. semester 1927)

durch zwel gebogenc holzst:!be federnde kon­struktlon mit gummibespannung fUrdruckwerlo. (man tl•ommelt auf der bespannung.)

os wnr lntoressnnt, bel dlesen Ubungen die verschiedenen sinnes-kulturen zu beobnchten. die japanor z. b. hnben zweifeUos eine nktivere beziebung zu den tnstwet•ten nls die europlloz·. dns liullerte sicb aucb bei don tnstlibungon mit zugebundenen augen. gegenUber seinen knmernden, die die mnterialien moist s t roichelnd zu erfassen sucbten, tnnzte mizutani ft>rmllch mit den !lngern daran. das strelcbelnde nbtasten war fU.r ibn nicht ausreichend.

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Page 33: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

termlnologle

die terminologie fiir die verschiedenen materialgefuge ist bis heute nicht exakt genug gepragt. im allgemeinen werden vier teilbegriffe benutzt: struktur textur faktur haufung (haufwerk) diese benennungen werden im sprachgebrauch oft miteinander verwechselt, sogar fast gleicherweise definiert. doch ist es gut, ihre wesenszi.ige auseinanderzu• hal ten.

struktur

die unvedinderbare aufbauart des materialgefiiges nennt man s tru k tu r. jedes material besitzt also struktur; meta lie z. b.: kristallinische, papier: faserige struk• tur. (abb. 14- 21) usw.

textur

die organisch entstandene abschlul3flache jeder struktur nach aul3en heil3t textur (epidermis, organisch). (abb. 22- 25)

faktur

faktur ist die art und erscheinung, der sinnlich wahrnehmbare niederschlag (die einwirkung) des werkprozesses, der sich bei jeder bearbeitung am material zeigt. also die oberflache des von au Ben her veranderten materials (epidermis, kiinstlich). diese auf3ere einwirkung kann sowohl elementar (durch natureinflu£3), als auch mechanisch, z. b. durch maschine usw. erfolgen. fakturen konnen an einem objekt verschiedenerweise vorkommen. z. b. bei einer metallschale als: musteru ngen (hammerscbHige), vollkommene glatte (gedriickt und poliert), lichterscheinung (spiegelung, reflexion, fa rbbrechung) und als je nach material und kraft variierte niederschlage. (abb. 26 - 31)

5 moholy·n• gy 33

Page 34: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 14 mctallslruktur. kupferplatte foto: kniser-wilhelm-institut (metalloirafle)

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Page 35: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

das mikroskop, die mlkrofotografie erschliellen eine neue welt.. sie schenken uns - in dem zeit.alt.ar der hast und oberllllchllchkeit - das wunder kleinst.er wesonhoiton. (ein ersatz fUr die zeitspanno, die der prin>itive :rur beobacbtung nocb aurbrlngen konnle.)

foto: tcchnische rundschau

abb. 15 packpapierstruktur (mikrofotografie)

foto: kaisrr-wilhelm-lnstltut ( mrtnllogrnf1e)

abb. 16 metallslruklurcn 2 kupferstuckc zusammcngcschwcll31 (2'/z mal vergrollert)

s· 35

Page 36: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

das mikroskop, dle mikrofot.ografie erschlieOen elne neue wei~. sle schenken uns - in dem zeitalt.er der has~ und oberfillchlichkeit - das wunder klelns~er wosonheiten. (ein ersatz fUr die zeltspanne, dlo dor printitive zur beobachtung noch aufbrlngen konnte.)

5'

toto: t~chnlsch~ rundsch.lu

abb. 15 packpapierslruklur (mikrofotografie)

foto: knis~r·w•lh~lm·institut ( metnllo&rnfir)

abb. 16 melallslrukluren 2 kupferstucke tusammcngcschwclf3t (2'/~ mal vergroBert)

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Page 37: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 17 mclallslruklur. eleklrolyteisen durchgebrochen

(2 1/amal vergr<IBert)

abb. 18 struklur. salzlagersllltte. spanien

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foto: kramer

foto: kal5cr·wllllelm·instltut ( meta llografle)

Page 38: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: reichs.1rchiv

abb. 19 fhegeraufnahme mil slruklur der geb•rgsformationen

die tuegeraufnahmen sind makroaulnahmen: ,,.raurnraffer" ; eine erweiterung dar beobachtung. bier enthiUlen slcb die gro13en - wie bel don mikroau.fnahrnen die klelnsten - zusammenbange.

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Page 39: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 20 zcllenstruklur der papierwespen. (die dec:kel dor zellen s ind entfernt)

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foto: das ollustrlerle blatt

Page 40: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

toto: h.lu• und K.trten

abb. 21 holzslruklur

eine solche lotograll.e deckt den unendlichen reicbtum der materlalerscbeinungen nul. die exnkte, scbarfe fotografie ist der beste vorbereiter einer neuen materialkultur, wail sie U\ der konzentrlert­beit ibrer oiostollung ein verkurztes (wenn aucb gedantpltes) verlabren zum orlebnis des materials bietet. lur den heutlgen gohelzten menscben ein anreiz, urn Jangs:un dem objokt seiher wleder nahezukommen.

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Page 41: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: moholy-nngy

a bb. 22 texlur. das fell einer katze. (negaliv)

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Page 42: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto : weltspoegel

6 mohnly•n•gy

abb. 23 texlur ein 130 j~hr1ger amcrlkaner von minnesota

inl grunde ist dieso fotografle elne zeltra1ler­aufnahrne der epidermlswandlung: oine flug­zeugaufnahrne der zeit.

abb. 24 te,.,tur ein fauler , rnlt pllzen besetzter apfel

foto: hnue und gnrten

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Page 43: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 25 lexlur vcrschicdencr ruttcrsoidon

roto: luc:ia moholy

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Page 44: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: pes try tyden

abb. 26 faktur ulmonrlnde, durchbohrl von dem sco­lltus mulllslrialus

foto: koralle

a bb. 27 faktur von dem ,buchdrucker" zorfressene fichle

die ,kiinstliche einwlrkung" ls L hier die zerstorungsarbeit der kiifer: auch faktur.

6. 43

Page 45: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: Ia tctence el In vie

abb. 28 faktur. vorstadium olner plast1schen (rellef-)fotografle

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Page 46: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 29 fak tur gcmilhtes roggenfeld (flugzeugaufnahme)

foto: pelschow

da wir unter faktur die s puren elner elnwirkung verstehen, die nicht a us den organlschon bedingungen des material-aulbaus, der struktur, fliellt, m\issen wir auch die spuren der sense, die hAutung dar &toppeln unter ,.faktur" elnordnen.

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Page 47: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

ebb. 30 faktur carusos hohes c auf der sprcchplatle mlkroauf nahme

die cenaulgkelt des werkprozesses, (die Uherelns tlnunung der ers cheiDung mit lhrer flxlerunc) ist hier in jedem augenbUek - dureb wiederbolung -kontrolllerbar.

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foto: lettehaus

Page 48: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 31 faktur des wassers. ( .. empress of australia") zusarnmenwlrken von wind- und schiffsbewegung.

folo: w ellsptege l

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Page 49: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

hiiufung (haufwerk)

der vierte oft schwer bestimmbare materialzustand ist die regelmal3ige, rytmisch gegliederte oder unregelmaGige h auf u ng . sie ist meist Ieicht vedinderbar. organische zusammenhange sind bei haufungen schwer festzustellen; als ganzes sind sie nicht syntese, sondcrn addierung. oft sind sie mit .,faktur" verwandt, so daG an sich nichts dagegen spricht, die haufung (das haufwerk) zum zwecke einer vereinfachung dieser begriffswelt faktur zu nennen. {abb. 32- 40)

es wird nicht behauptet, daB mit der definition der struktur, textur, faktur usw. eine endgi.iltige formulierung fur diese begriffe gelungen ist. es war jedoch notig, bei einem padagogischen vorgehen den versuch dazu zu machen, da sie bisher ganzlich un fixiert waren.

abb. 32 hilufung (faktur) aile autorelfen

48

foto: weltsplegel

Page 50: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 33 organislerles haufwerk (faktur) zwirnspulen bei dcr fabrikatlon

mohoh·•n• g)'

foto: nrbeiter lllustrierlc z~itun~:

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Page 51: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 34 faktur. (h~ufung von wasserfakturen) foto: moholy·MI:Y

oin nufgobrochonor knnnl, du.rch don stromondes wasser eino schmutzkruslo vor sicb herschiobt.

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Page 52: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: relchanrchov abb. 35 haufung (faktur)

hauser bei es lemua hebron (fliegeraufnahme)

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Page 53: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 36 haufung (faktur) staubfilter In elner maschinenhalle

foto: technische rundschau

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Page 54: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

•bb. 37 geordnetes haufwerk (faktur) zusammensetzsplel elner amerikanischen truppe

foto: wettsp•ccct

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Page 55: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 38 haufung (faktur) schlammvulkan auf neuseeland

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foto: koralle

Page 56: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 39 hilufung foto: 1. uyeda 1 tokio

pctrolcumpfUtzcn auf dem wasser

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Page 57: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

daB elne jede erschelnung eine psychofysische (sinnlich-sittllche) wirkung nuszuli\>en vermng, die von manche.n mehr, von manchen weniger regls triert wu•d, beweist nuch dieses bild mit den vielen regenscbJrmen. jeder, der l.m zusrunmenhang mit den anderen nb• bildungen dieses btld aah rnullte bis jetzt Ui.cheln.

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Page 58: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto · consemOIIer 1 bauhaus a bb. 41 gerda marx (bauhaus, 2. semester 1927)

papier.fak turen (ein material, verschledone werkzeuge)

mnnche worden von der richtigkoit solcher Ubungen vielleicht erst dann dberzougt, wonn man Ihnen etwas von den praktischen anwendungstnoglichkeiten erzahlt. filr dieses beispiel: die buchbinder und packungsindustrien (schokolade, keks usw.) konnten auf diose woiso rolzvolle ,,musterungen~• erho.lton. aber darauf kommt es viel wenlger an als auf die grundsatzliche boziehung des monschen zum material, die sicb In jedem gegebenen fall von der aufgabe her frucbtbar auswirken kann.

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Page 59: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

roto: Clasen I dcssau abb. 42 lotar lang (bauhaus, 2. semester 1927)

holzfakturen In verschledenen stadlen der bearbellung (sagespanevariation bls zu zer­kleinerton holzsUlbchen)

diose libungen Iebron, dnO das an sicb wertlose material durcb in-beziebungset2ung durchaus eine wertbnre rollo bokommen kann. ob durcb oberfllicbonreh:, ob durch s trukt\irelle ilborelnstim­mungen odor kontrnste horvorgorufen, ist in dlesem zusammenhang gleich.

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Page 60: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

fakturDbungen zu p a dagogischen zwecken:

1. herstellung von papierfakturen mittels freigewahlter werkzeuge (n;~dd, :angc, sieb) in beliebiger arbeitsweise (stechen, driicken, rei ben, fc ilcn, boh ren usw.). (abb. 41 )

2. herstellung \On papierfakturen mit einem einzigen werk:cug (nadel odcr messer oder zange usw.; oder durch knickung u. dgl.).

3. herstellung von fakturen mittels farbe auf \'erschiedenen stoffarten. 4 . herstellung von fakturen auf papier mit verschiedencn werk::eugen (pinsel,

spritzapparat usw.). dasselbc auf leinwand .

5. herstellung von fakturen mit farbe und pinsel auf verschiedenen materia• lien.

6 . herstellung von beliebigen fakturen (u. a. grafit, sand, hol:faser, sagespane, hobclspane usw. auf lcim gestreut). (abb. 42)

1. herstellung von fakturen a us dem material verschiedener werkstatten ( wolle, metall, holz usw.) (abb. 43/44)

8. optischc darstcllungen (iibersctzungen) von struktur•, textur•, fakturwerten, von tauschender illusion bis zu volliger abstraktion (zeichnen, malen, foto• grafieren ). (abb. 45 46)

als weiterfiihrung:

9. praktische verwertung (spielzeug u. ahnl.) (abb. 47t48) die ins exakt•optische transformierten erlebniswerte werden dabei auf eine ganz neue art nahegebracht

die praxis

bei versuchen, st ruktur• textur• und fakturverhaltnisse zu erkennen, wird man manchmal auf schwierig keiten stoBen: falle von iiberlagerung und vcrschdinkung.

struktur und textur bestimmen im allgemeinen das werkzeug der arbeitsdurch• fiihrung; die faktur wird dagegen im allgemeinen vom werkzeug, von dcr wir• kenden auBenkraft bestimmt.

feststellungen i.iber den materialzusbnd sind keine wertung. die ausdruckswirb samkeit dieser faktoren baut s ich erst aus ihrer sinnvollen vcrwendung auf. diese ist gegeniiber zufalliger zusammenstiickelung cines der kcnnzci chen orga• nischen entstehens. sic allein vermag zur optimalen gestalt cines wcrkcs hin• zufi.ihren.

s• 59

Page 61: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

die b lotechnlk a l s metode schopferischer tiitigkeit

der naturwisscnschaftler raoul france befafit sich intensiv mit diesem problem. er nennt seine forschungsmetode und das arbeitscrgebnis ,.biotechnik". das we sen seiner lehre besteht in folgendem • ):

,.jedcr vorgang hat seine notwendige technische form. die technischen formen entstehen immer als funktionsform durch prozesse. sie folgen dem gesetz des ki.irzesten ablaufs: ki.ihlung erfolgt nur an auski.ihlenden Aachen, druck nur an druckpunkten, zug an zuglinien; bewegung schafft sich bewegungsformen. jede energie ihre energieform. es gibt keine form der technik, welche nicht aus den formen der natur ableit• bar ware. die gesetze des geringsten widerstandes und der okonomie der leistung erzwingen cs, daB gleiche tatigkeiten stets zu den gleichen formen fi.ihren. der mensch kann sich dcr natur krafte noch in ganz anderem mafic bemachtigen als er es bisher getan hat. wenn er nur aile die prinzipien anwendet, die der organismus in seinem betriebe zur anwendung gebracht hat, hat er allein auf jahrhunderte hinaus beschaftigung fi.ir aile seine kapitalien, krafte und talente. jeder busch, jeder baum kann ibn dabei belehren, ihn beraten, ihm erfindungen, apparate, technische einrichtungen sander zah I vorweisen."

schon in den fri.ihen zeiten der kulturgeschichte der menschheit finde t man arbeiten, die uns ihre in funktionellem sinn verstandenen naturvorbilder er• kennen lassen. (nicht zu verwechseln mit einer nur ornamentalen ausbeutung der naturform.) i.iber die moglichkeiten, die natur als konstruktionsvorbild fi.ir technische gestaltungen zu verwerten, hat schon galilei sich ausgesprochen.

oft ist es nati.irlich auch so gewesen, daB der mensch durch vertiefung in seine aufgabe aus der richtig erfi.ihlten und erkannten eigengesetzmaBigkeit von mate• rial (mittel) + werkzeug (maschine) + funktion auch ohne studium der natur• vorbilder richtige konstruktionen schuf, d ie man spater mit naturgebilden ahn• licher funktion ubereinstimmend fand. solche i.ibereinstimmungen sind als stich· proben wertvoll, di.irfen aber nicht zu der forderung verfi.ihrcn, cin organisch funktionierendes werk mi.isse immer zu derartigen analogien gelegcnheit geben.

e ) raoul h. france: ,.die pllanze a\s crlindcr" (kosmos, franckhsche vcrlagshandlung. ~tuttgart 1920).

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-.. ~·~~····

Page 62: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 43 klawun tb!luhous, I. semester 1924) studio tver!'lchiodcne holzarten l

bier verscbmelzen die droi begrUle: struktur, textur, faktur.

foto: closon J dcssnu

abb. 44 vera mayer-waldeck !bauhaus, 1. semester 1927) fakturstudlc. holz mil vcrschiedencn werkzeugen bcarbeitel.

(dlese aufgabe ist llhnlich gel6st wle bei abb. 4'1.)

foto: cckner I weimar

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Page 63: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: consemOIIer 1 bauhaus

abb. 45 hilde horn (bauhaus, I. semester 1924) oplische iibersellUng von materialwerten ttextur und faktur)

originalmontage und lhre darsteUW>ge ).

e ) siehc auch das buch ,.staatliches bauhaus 1919-1923" (bauhausvcrlag, mtinchen), besonders die bcispiclc aus johannes ittcn's ,naturstudium''.

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Page 64: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 46 gotthard ltting (bauhaus. 2. semester 1926) optlsche Obersetzung von materialwerten orlglnalmontage und lhre darstellung

• -

foto : conscmOI Ior f bnuhnus

dar s inn dleser Ubungen hestand in der genauesten beobacbtun&' der materialien. die naturtreuo sollte b iJI zur verwochslung goste lg ert worden. m it kuns tabs icbten sollte dies a t il.tlgkalt nicbl vermongt warden. die il.bungen sollten lodigUcb ein .,k iSnnen" verrnitteln.

63

Page 65: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

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ei.n sc:bdnes ergobnis dieser materialiibungen im bauhaus war die begeisterung, mit der die euuelnen z. b. aus einetn stuck unbeachteten brennholzes durch intensive manueUe bearbeitung verschledene kleine gegenstlinde hervorbrachten. manchmal r1eb und olte und polierte man an einem kleinen s tuck bolz tagelang, bis run ende dies er arbeit elne bleibende beziebung zu dem material in dlesem falle: bolz gewonnen war.

a bb. 4 7 brauneck (bauhaus, 1. semester 1924) fakturstudie. spielzeug aus genormten holzstUcken

foto: ~ckn~r/welmnr

Page 66: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: eckner wt•mnr

abb. 48 brauneck (bauhaus, 1.semester1924) fakturstudle. spielzeug aus glelchcn holzstucken wle In abb. 47

die bescbilftigW>g mit den tastwerten, mit dem wesen von sh•uklur, textur und faktur wirkte slch bel dom elnen baubiiusler aktiv: auf ein bestim=tes ziol gerlcblet, bei dem and ern t•ezepliv aus. dor eine verfertlgte aus selnen holzsllicken spielzeug. det· andere l!eB sie unverwendot al s boarbellotes material nur zurn ans chauen, abtasten bestehen. (slehe abb. ,.3)

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a bb. 49 faklur (hau fung)

abb. 51 kombirratlon von fakturen

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0000 0000 0000 2500 7500 abb . 5 0 faktur (haufung)

ein einbliek in die vorgft nce heutoger geslaltungs­

prohlemalik: nbb. 49 52

abb. 49, 50 zoigen einfacho, unkomplizierto falcturen, die auf einen monschon, der die fak­turon kennengelernt hat, nicht Uborraschend wirken worden. n.bb. 61 ist die freie komhina­Uon zweier vers ohiedener fakturen, was ohne s chwierigkelt, aber auch ohno gt·oBere emo­tion zu konstatloren i s t. komplh:iert wird os fUr die moisten mens chon ers t , wonn llhn­Uche kombinatlonen von fakturworLon pHStz­lich als kon>pos iUon auftroten, wle z .b. n.bb. 52

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9'

abb. 52 kurt schwitters 1922 rnerzbild 435

lm grunde lflt dleses merzbUd nichts anderes als dle int11ltiv sichere nus­wor tung der strulttur-, toxtur- und fakturwirkungen. der unterschied lst nur der, <laB, was In die son' work bei seinem entstehen noch von porsllnllchstor intensiUit golnden und •·evolutionar war, inzwischen zu bewullt verwortbaren praktlscbon rosultaten zu dor lehre von fakturen - , zum ptidngogischon hUismittel geworden !st. (wertloses verwandelt sich in wert: mull i n kunst­seide, Jumpen in bestes papier. ein roerzbild beginnt bel gefundenem al>fall­material und f(ibrt Qbor das kunstwerk zu objektiv verwertbaren erkonntnissen.)

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a bb. 53 r. t. marinetti 1919 fakturgedicht. (eine buchseite aus marlnetti: les mots en liberte)

die struktur-, faktur- und texturwerte spielten erst bel don kublsten (picasso, braque) oine groJ3e roUe sie wurden spdter von den futurishn und nocb spiller von allen anderen isten ii.bel'­nommen und In dar verschledensten weise ver­wertet. sle wurden :z. b . anreger einer neuen typografl.scben ordnung, sle befruchteten foto­graflo, reklama, film, teater, - in vieler be­zlebung das ganze vlelJIUtlge beuUge Ieben.

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das grundgesetz

auf allen gebieten des schaffens bemiiht man sich heute, reine funktionelle losun• gen technisch•biologischer art zu find en; ein jedes werkstiick eindeutig a us den elementcn aufzubauen, die zu seiner funktion erforderlich sind.

die verantwortung

die technik hat in dieser hinsicht eine wesentlicbe lehrarbeit geleistet. sie ist auf dem wege, eine wirk liche verantwortung fur ihre produkte auf sich zu nehmen. in die hand des ingenieurs ist oft das Ieben von tausenden und hunderttausenden gegeben. die konstruktion einer maschine, eines flugzeugs, einer briicke kann niemals diese tatsache umgehen. warum die verantwortung fi.ir produkte, deren !?ebrauch mit geringerer lebens• gefahr verbunden ist, h.ir minder angebracht halten? warum laBt man z. b. bei dem bau von mobeln oder haushaltsgeraten heute noch personliche ,auffassung" . .,kunstgewerbe", gel ten? meist ist das nur deckmantel eines erfindungsarmen zustandes in bezug auf eine organische, funktionelle losung. man argumentiert dabei oft mit dem begriff: ,ausleben der fantasie" u. a. schopfl!rische krafte konnen aber anders als etwa in ornament umgesetzt werden; - organischer, fys iologisch richtiger.

unsere gebrauchsgegenstande sind weder kultgerate noch konzentrationszentren. sic brauchen nur ihre funktion zu erfiillen und sich der umgebung sinn voll ei nzu· ordnen.

die frelheit des gestalters

es gibt nati.irlich unzahlige falle, wo sich die exakte berechnung aller funktions• clemente noch nicht (bei manchen vielleicht nie) ausfi.ihren Hifk bei allen schop• fungen gibt es eine sHire, wo dem gestalter freiheit gegeben ist. das gestalterische problem setzt erst da ein, wo die freiheit beginnt, wo die von uns i.ibersehbare funktion nicht mehr oder noch nicht restlos die gestalt be• stimmt. in solchen fallen mul3 eine gefi.ihlsmaflige sicherheit helfen, die nichts anderes ist als das resultat komplizierter, im unterbewuBtsein sich abspielender, letzten endes bio logisch bestimmter vorgange. der anstrich einer wand z. b. bleibt so lange subjektiven wi.inschen oder gestalte• rischen instinkten iiberlassen, bis cines tages die funktionsforschung auch auf diesem gebiete dahin kommen wird, gemal3 den lichttechnischen, hygienischen, psychofysischen bedingungen an bestimmten stellen bestimmter raume nur ganz

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bestimmte farbtone zuzulassen. ( vorlaufig versagen unsere kenntnisse auf diesem gebiete. wir haben in diesen und ahnlichen dingen noch kaum ansatze von teorien, geschweige denn praxis.) man muB sich aber huten, objektiv bedingte clemente subjektiv wertend zu ver• andern, urn sic .,schoner", kunstlerisch .,wertvoller" zu machen. was wurde man z. b dazu sagen, wenn einer eine grammofonplatte (abb. 30) verzieren wollte?

ornament

cine richtige und schopferische verwendung des materials klart die fragen uber funktionclle und ornamentale form. vergleichend mit der erkenntnis organischer zusammenhange erscheint die gestrige - noch heute zum tei.l aktuelle - diskus• sion uber .,zweckform" und .,ornament" unwesentlich. wie naiv ist die furcht vor dem .,ki.ihlen intellektualismus" der bloBen zweckform, wenn man die sinn• vollen natur•zweckformen erst einmal beach ten lernte l aber die mehrzahl der men• schen ist noch heute unsicher in der beurteilung der ornamentfrage. die kllirung wird Ieichter, sobald man versucht, das wesentliche eines organischen aufbaus, seine funktion, zu fassen. wo cine restlose erfUIIung des funktionellen gefunden ist, hat das ornament nichts mehr zu tun. denn das ornament steht fast immer jenseits des funktionellen. meist war es ein senkundarer, dem hauptwerk hinzu• gefi.igter schmuck. das werk, das nicht aus eigener gesetzmaBigkeit alle forde• rungen an vollkommenheit erfullen konnte, sollte dadurch im wert steigen. die scheinbare wertsteigerung war meist blol3e nachahmung einer einmal gefundenen ordnung, (die dadurch ihre funktionellen ::usammenhange verlor); oft mecha• nische wiederholung einer und derselben form, ( womit eine scheinbare - wei! aul3erliche - ordnung vorgetauscht wird). • ) aber nicht aile wiederholung braucht ornament zu sein . zu der heutigen technik gehort die wiederholung. in diesen erscheinungen erkennt der heutige mensch - oft noch mit vorbehalt - das was wir heute .,schonheit der technik" nennen. (der vorbehalt lautet etwa: schonheit obwohl technik.)

in der frUhzeit waren ornamente oft der funktlon untergeordnet

die betonung der funktion finden wir schon irn historischen. sogar das orna• ment wurde zuzeitcn in den dienst der funktion gestellt. es gab z. b. eine

e ) cine :lndcrc auffa~sung k.1nn besagen, daiS die cntstchung dcr ornamcntc in anderen als schmuckbcdiirfnissen allein ihren ursprung hat. ornamente mogcn manchmal auf kult• und ~tandcszcichen, symbolc usw. zuriickgehen. solchc fur uns leer gcwordcnen formcln als ver• zicrung zu verwenden ist aber gleicherweisc sinnlos.

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art pdiventiv•ornament: bei der schmiickung des holzes. dicke bohlcn, bci denen die moglichkeit dcr langsrisse hestand, wei! holz unaufhorlich arbeitet, wurden mit Lings laufenden ornamenten versehen. zweck dieser ornamentc war nicht nur das schmiicken, sondcrn zugleich das verdecken moglicherweise entstehender risse.

eine heutige analogie dafiir ist das sperrholz, wo die ornamental wirkende faktur (nicht ,.ornament") - die gegen das arbeiten des holzes erfundcne schichtung einzelner platten - aus einer verhiitungstendenz - (nicht verdeckungstendenz) -hervorging.

flachengliederung

zu dem kapitel ,ornament" gehort auch der begriff der ,.fHichengliederung". ihre verwendung z. b. in der architektur laf3t eine wand durch aufteilung grof3er, kleiner, schmaler usw. erscheinen, als sie es in der wirklichkeit ist.

in den verschiedenen proportionslehren der kunst finden sich eine groBe anzahl astetischer regeln. durchaus verstandlich fur vergangene pcrioden' den en das entdecken dieser wirkungen ein erlebnis bedeutet hat. heute sind sie unauf• richtige mittel einer epigonenhaften ,kunstproduktion", die wiederholung einer vergangenen, fiir uns heute leer gewordenen forme!. formeln konnen niemals basis des schaffens sein. schaffen braucht intuition einerscits, bewufite analyse, umsichtigkeit und beriicksichtigung vielartiger beziehungen andererscits. das kriterium darf· nie sein: ,kunst" oder ,.nicht•kunst", sondcrn gestaltung dcr notwendigen funktionsablaufe. ob das heute oder morgen ,kunst" genannt wird, muf3 fur den arbeitenden nebensachlich sem.

komposition, konstruktion

zu demselben fragenkomplex gehoren komposition und konstruktion. unter k om position verstand man die hochste ausponderierung von elementen und ihren beziehungen. diese ausponderierung konnte oft noch im laufe der arbeit durch cinschieben von neu hinzutretenden elementen, durch anderung der gesamtkomposition erreicht werden. eine konstruktion dagegen miif3te als idealfall in allen punkten ihrer tech• nischen und geistigen relationen von vornherein bestimmt sein . eine anderung in der durchfi.ihrung wurde die gesamte vorgesehene krafteverteilung zunichte machen. darum erfordert die konstruktion - im verhaltnis zur komposition -ein plus des wissensmaf3igen, was nicht zu bedeuten braucht, dafi dabei die intui• tive schwungkraft feh len darf.

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tradition

es ist tragisch, wie oft tradition, auf inhalt und giiltigkeit hin ungep1 ufte iiber­lieferung, als unverruckbare richtlinien des schonen oder richtigen geehrt werden. einer nachemp6ndenden periode gegenuber wird man davon nicht viel aufs hebens machen, es gehort zu ihrer karakteristik. fur sic hat d ie tradition die sicherhcit der uberzeugung 1 sic ist auf einen gewissen beengten gesichtskreis angewiesen. aber es ist unverzeihlich, wenn das gleiche ohne diese note geschieht, nicht aus gebundenheit, sondern aus gedankenlosigkeit, aus miBverstandener ehrfurcht vor vergangenem. diese gedankenlosigkeit auBert sich heute Ieider ebenso in der handwerklichen wie in der maschinellen produktion. immerhin ist ~ie beim handwerk weniger gefahrli ch. die zahl der hergestellten objekte ist verhaltnismaBig beschrankt. abcr die maschine ist in ihrer unbegrenztheit von grausamer aufrichtigkeit. sie speit - urn den alltag damit zu ,verschonern" - ihre schablonenverzierungen zehntausendweise auf die handelsublichen gebrauchsgegcnstande.

das ingenieurwissen, die technik, hat sich heute von formalism us im groBen ganzen befreit. ihre produkte werden - nach vorher bestimmten aufgaben auf grund von funktionsforschungen -a us elementaren mitteln hergestellt. noch wird diese tatsache jedesmal konstatiert. einfach darum, wei! das axiom von der unverruckbaren ,klassischen" schonheit selbst in den kopfen der maschinenbau• ingenieure lange festgesessen hat. das zeigen maschinen aus dem vorigen jahr• hundert, die mit dorischen saulen, kapitalen und barocken ornamenten ge• schmiickt sind. das ideal von gcstern und die erlebrusguelle zugleich war eine astetische forme!, nicht das lebendige, pulsierende, nicht das erlebnishafte. die verantwortung dafiir trugen die of6ziellen kunststellen: akademicn und erziehungsprogramme, die am hartnackigsten daran festhielten. (aber sie sind selbst immer nur pro• dukt dcr zeitlichen gesamtverhaltnisse.)

kunst baut auf

auch heute ist das eigene Ieben noch zu sehr belastet gegcnuber dem neuen lebensplan, den aile neuen schopfungen aus sich strahlen. noch kann nicht ein jeder sich ihnen hingeben.

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doch kann das erlebnis cines kunstwerkes - aber nicht einer ,kunstformel" -ungemein befruchtend SC!in, ja, fur die gesellschaft unentbehrlich. es ist die ge• bundenste sprache der sinne, cine unmittelbare verbindung von mensch zu mensch. wer die wirkliche lesart der kunst beherrscht, kann keinen zweifel an ihrer be­rechtigung haben. kunst baut auf.

wir haben allerdings vor einigen jahren leidenschaftlich proklamiert, daB die .,kunst" tot sei. es ging damals immer um den landesublichen begriff, der samt seinem inhalt .. sterben" so lite. wir diirfen aber nicht die kunst zum siindenbock dafiir machen, daB wir das Ieben, das eigene und das gesamte, heute noch nicht meistern.

kunst - wie wir sie verstehen - stirbt nicht, sie ist wirklich .,ewig", wei! sie energicform, wei) sie mit den sinnen faf3bare ord n u ng ist und dadurch - durch unterbewuBte analogien - cine an der gemeinschaft bauende arbeit verrichten kann. hinzu kommt, daf3 diese arbeit nicht nur zur erfi.illung cines bestimmten zwecks gelcistet wird, sie geht zugleich aus dem konzentriertesten Ieben hervor und wird sie so zum konzentrierten Ieben.

die ,kunst" der akademien ist tot. aber es lebt die kunst des lebcndigen, deren formen ohne analogien, aus den actuellen (wenn auch nicht immer mit worten formulierbaren) bcdurfnissen des menschen entstehen.

die , isme n"

das arbeitsproblem des heutigen schopferischen menschen besteht darin, daB er als sammelbecken zeitlicher regungen und wi.insche seinen ausdruck mit heutigen mitteln formen muB. das ist im grunde der generalnenner der vielen kunst• ismen, die in den lctzten hundert jahren auftauchten.

fiir d ie meisten ist es heute kaum moglich, das durcheinander, die dutzende von kunst•ismen - selbst im sinne klassifizierender, rationalisierter kunstgeschichtc - auseinanderzuhalten, wei! man ihren generalnenner nicht kennt. es sind ihrer zuviele geworden. so scheint es manchen, daB jedes bild, musiksti.ick, gedicht heute zum verstaqdnis einen tief fundierten filosofischen unterbau er• fordert ; mehr kopfzerbrechen als unmittelbare hingabe. die wenigsten merken aber, daB sich hier - wie an vielen andcren stell en - ein fehler in der lebenseinstellung zeigt: man will, obwohl man mit tausend hemmungen, falschem wissen verschi.ittet ist, sofort al les ,.verstehcn", anstatt erst die wege des erlebnisses zu befreien. ein

JO mohoh • n.JJ.:\ 73

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jeder so lite zunachst lernen. in seinem eigenen Ieben das i.iberall herrschende gesetz zu erkennen, und bemi.iht sein. es trotz sozialer gebundenheiten zur auswirkung kommen zu lassen. so kann er fahig werden. dassel be gesetz in den verschiedenartigsten erscheinungsformen und variationen wiederzufinden. es wird ihm dann ein leichtes, auch die schritte zur kunst selbst zu tun, und die anfangs kompliziert erscheinenden kunstformen und kunstismen ordnen sich zum organischen zusammenhang.

abb. 54 pablo picasso 1909 nus raynal: picano

fabrik, horta de ebro {()lbild)

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eln beispiel

die urwi.ichsige starke das erlebnishafte - ungebunden von irgendwelchen for. malen gesetzen - kann an dem beispiel eines von innen herstromenden ausdrucks im lebenswerk eines ki.inst1ers demonstriert werden.

auf grund der materialerlebnisse, die durch den ersten teil dieses buches vor• bereitet wurden, wird eine solche demonstration anregung, urn dem Ieser z. b. die werke des kubismus naher zu bringen.

die zusamme nhiinge des kubismus mit dem erlebnis des mate rials

picassos werk ist geeigneter als aile and ern, an dieser stelle eingeschaltet zu werden, weil - bcsonders im anfang der kubistischen periode - die verbunde1v heit mit den clementaren crlebnissen des materials, mit den tastwcrten und der faktur bei ihm besonders deutlich ,greifbar" ist. die intuitive fassung dieser gebiete im optischcn bereich - wenn auch heute schon historisch - ist bci ihm so voll von ubcrraschung, frische und lebendigem gesetz, dal3 ihr erlebnis, in das erkenntnismal3ige, bewul3te umgesetzt, ein aufbaufaktor der neuen erziehung geworden ist. was an ihm noch gestern den menschen bizarr und sinnlos schien, enthi.illt sich heute als ein teil des weges zu den grol3en zusammenhangen unse• rer in wandlung begriffenen lebensform.

vom kubismus ( pica sso)

folgende darstellung kann n•cht da• werk d~r kub11tcn en~hopf~n. in der arbeit de:r kubisten sind auBer den hier erwahnten problemen noch

unz.-.h••ge andere enthalten. die teils •n wettonsd,:\uunc. teits •m mate· nal, te•ls sn der gelshgk eit der zetl wurzeln, und deren erfn,ssung bis tns letz.te mit worten nicht notig, vielfe1cht auch nrc:ht mO&Iich 1st. e)

.,kubismus" ist ursprunglich ein spottnamc gewesen, mit dem man picasso und seine kameraden diskreditieren wollte. das bild (abb. 54), das diese bezeichnung herausforderte, enthalt tatsachlich kubische figuren. komplizierte, in ihrer er• scheinung reiche gegenstande waren auf ihre stereometrischen urelemente redu• ziert. aber in seiner spateren entwicklung hatte picasso nicht das geringste mit kuben zu tun. seine arbeitsweise ist besser karakterisiert als: zerlegung der gegen$ standlichen welt in ihrc elemente.

I ) fritz. burger gibt in scincm buch: ,.cezanne und hodler" cine weltanschaulichc zusammcn• fassung des wcrkcs von picasso.

siehe auch das fiir die gcschichtc des kubismus schr wichtige buch von glci:o:.cs: ,.kubismus" (bauhausbiichcr band 13).

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a us rAynal: picasso

a bb. 55 pablo picasso 1910 der IIsch (ble•stiftzelchnung)

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die erste fase des kubismus

es ist hochst wahrscheinlich, daB neben vielen andern gri.inden sozial•wirt• schaftlicher herkunft. analytisch nach selbsterkenntnis ringender einstellung, die bewuBten anfange des kubismus eingeleitet waren durch die auBerung cezannes:

»tout dans Ia nature se modele selon le sphere, lc cone, et le cyli nd re; il faut s'apprendre a peindre ces figures simples, on pourra ensuite faire tout ce qu' on voudra«: aile naturformen gehen auf kugel, kegel und zylinder zuri.ick; man mu6 diese einfachen ftguren malen lernen, dann beherrscht man a lies.

picasso hielt sich daran - samt seinen kameraden: braque, gleizes, juan gris, metzinger, Ieger usw. sie erlebten die welt ,stereometrisch". doch bald trat eine merkwi.irdige wandlung ein, die der freude an dem stereometrischen zu wider• sprechen schien. es entstanden bilder, in welchen selbst die in der stereometric g~bundenen gegenstande verzerrt dargestellt waren. (abb. 55)

was ging da vor? die gepriesene ordnung kehrte sich in ihr gegenteil um.

aber nur scheinbar. die schonheit und richtigkeit dcr kristallinisch sauberen welt mu3tc durch diese umkehrung nur noch deutlicher werden.

riickblickcnd ist man versucht anzunehmen, da6 diesem ausdruck etwa folgende gefi.ihlsmafiige einsicht zugrunde lag: in unserer umgebung befinden sich stereo• metrisch, exakte gegenstande: flaschen, bee her, m usikinstrumente usw. da sie aber i.iberall herumliegen, erlebt keiner mehr ihre schonheit. man muB diese schonheit des exakten also durch cine ki.instliche verzerrung auf dem wege einer provozierten opposition deutlich machen.

aber picasso ist nicht nur ausiibender einer padagogischen funktion. er ist auch - und vor allem - gestalter organischcr werkprozesse. die form seiner bilder ist gleicherweise von der verwendung des materials wie der werkzeuge ab• hangig. so z. b. die arbeit ,Ia table" (abb. 55). cine bleistiftzeichnung auf pa• pier mit klar ablesbaren strichwerten des bleistifts. man fUhlt deutlich nach, wie der bleistift alles hergeben muf3te, was zur notierung notwendig war. sogar dari.iber hinaus: ein spiel des werkzeugs, von dem man fast sagen mochte, daB es alles aus eigenem antrieb schuf, was ihm kraft seiner eigentiimlichkeit mog• lich war. das resultat ist weder olanstrich• noch aquarell, ahnlich, es ist eine deutliche blcistiftzeichnung.

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(ahnl. beschreibungen konnte man grundsatzlich von allen kubistischen bildern geben, ob sie mit tusche, aquarell, ol oder anderem material durchgefiihrt sind.) (zur kontrolle s. abb. 56.)

das ist es, was man o b j e k ti v e faktur nennen kann: die wiederentdeckten eigenwerte von material und werkzeug, die im spateren kubismus - von dar• stellungsabsichten losgelost - auch in sich, fur sich wirken.

faktur in d e r male re i

die fakturfrage in der malerei ist alten datums. in fri.iherer zeit unterdriickte man nach moglichkeit die material• und werkzeugwerte zugunsten der illusio• nistisch vollkommenen darstelJung. das wesentliche, was man durch das bild lebendig machen wollte, war nicht das ereignis, da13 farbe und urnrill, £Iache und linie, ihr richtungs• und lagewert imstande sind, einen nur diesen elementen eigenen gefi.ihlszusammenhang auszulosen, sondern es war die mit far be urn• schriebene erzahlung, die illusionistische kopie der durch gegenstandliche rela• tionen faBbaren welt. erst die impressionisten entdeckten wieder als wesentliches aufbaumittel der malerei die farbe, das farbig schillernde Iicht.

ihr technisches kernproblem war: die farben zu ihrer elementaren intensitat, zum Ieuchten, zu bringen.

das kann geschehen entweder durch nebeneinandersetzung von homogenen, reinen farbwerten (gelb, rot, blau), oder durch brechung (niiancierung) der tone. (z. b. rot mit verschiedenem rosa - wei.Bgebrochenes rot -, und mit verschiedenem braun - schwarzgebrochenes rot.)

die impressionisten verwendeten aile beide arten, meist kamen sie aber bei der zweiten art an. sie behaupteten, daB die atmosfare tri.ibend oder aufhellend auf die farben wirke, so daB das Iicht mit wechselnder intensitat vibrierend auf den bildern dt~rgestellt werden mi.isse. daher malten sie keine homogenen flachen, sondern eine jede flache wurde in kleinste teile gegliedert, in verschiedene ton• und helligkeitswerte aufgelost. bald kam es zu versuchen reliefartiger auftragung des pigments, die im auffallenden Licht eine selbsttatige brechung der farbtone ergab (durch die glanzlichter und schatten der pinselstriche). das ergebnis war eme intensivierung, eine gesteigerte lebendigkeit der farben.

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abb. 56 llnlenfak­lur

diose fnktur ist im grund.e nur IUu­sionistiscbe darstel­lung des begrlffes .,faktur.,, weU bel der herstellung die­sea gebUdes das ma­terial gegonilber abb. 55 - 8tark zu­rUckgedrlingt wurde. es konunt bier nicbt so sebr nut cUe ma­terinlwirkung, nicht auf cUe mnterielle substanz an, sondern vielmebr auf die ver­hllltnlsse dos hoU­dunkels, dor linintur. mit diesor gegen­Uborst~llung orbellt slch dasproblem und der grundlogondo un­terschied zwischen ltubismus und spllte­rer abstrakter mn­lereL (siebe seite 87)

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abb. 57

abb. 59 vrr5chl~d~ne f~kturen desselben o lpigments nuf ~:teichem grund in d em selben Iicht f otogrofl ert .

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abb. 58

die <h·ei belspielo s ind ein doutlichor bowels dafil.r, daB durch die art des farb-auHrags, durch die bewegung des plnsels, verscbiedeno louchtwirkungen dor fa.rbe ont.stehen kllnnon.

~····· ·

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a us royna1: ptc:asso

• bb. 6 0 pablo picasso 1913 stilleben (ze1chnung mit geklebten papierslreifen)

so entstanden die vcrschiedenen fakturen aus der bestrebung, das vibrierende, strahlende Iicht auf die £Iache zu zaubern. da das aber niemals das Iicht selbst, sondern immer nur eine transposition sein konnte, ftelen die bemi.ihungen der einzelnen sehr personlich aus (abb. 57- 59). diese fakturen waren ein notwendiges ,iibel", das man beherrschen mul3te, wenn man das Iicht auf die leinwand bannen woiJte. pinsel und fli.issige farbe, spachtel und zahe pigmentmasse kamen hier nicht klar ZU ihrer eigenwirkung. SIC waren

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abb, 61 pablo picasso 1913 st•l lcben (rcllcf l

nus raynnt: ptc:nsso

nur hilfsmittel bei der wiedergabe der ,atmosfi:irischen" wirkungen und muf3ten noch i..iberwundcn werden. die fakturerflndungcn entstandcn also fast zufallig a us dcr absicht dcr besten farben•(licht. )darstcll ung. sic gal ten in hochstem maGe als person lie her, sozusagcn geschi..itztcr besitz, ohnc dal3 man ihren objektiven wert fi..ir den optischen aufbau erkannt hatte. sclbst die futuristcn kleideten den neuen inhalt - bcwegungs•absichten, simul• tanitat der ereignisse - in die alte (zum teil pointillistische) technik (severini). in dcrselben z.eit trat picasso mit einer volligen umwertung der objektiven faktur ::~uf den plan. er erfuhr in sei ner arbeit, was es bedeutct, den wi..inschen des mate•

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rials nachzugehen, statt es zu vergewaltigen. er merkte, wie verschieden tusche mit pinsel, oder tusche mit feder, wie aquarell, tempera, ol mit verschiedenen werk. zeugen verschieden behandelt werden mi.issen, ungeachtet des sujethaften. trotz• dem verlor er das sujethafte noch lange nicht aus den augen. cine verein• fachung, stereometrisierung entditselte ihm das objekt nicht geni.igend. es kam ihm auf eine wesenhaftere darstellung seines vieWiltigen erlebnisses an. er be• gann also, das objekt abzuschalen, auseinanderzulegen, urn es in seiner eigenart, in seinen aufbauelementen vollig kennenzulernen. gitarre, pfeife, flasche, glas liegen auf dem tisch (abb. 60). picasso beobachtet sie einzeln, vorlaufig ohne ihre zusammenhange. er hat keine kiinstlerische for~ mel, um sein erleben festzuhalten. er zerschneidet sie, schaut in ihr inneres und legt sie zergliedert nebeneinander. dem tisch dreht er das bein aus und klappt es in die hohe, damit alles zusammen - kein teil wichtiger als der andere -nebeneinanderliegt, sein wesen unvcrhi.illt zeigt. die wand des zimmers, in dem der tisch steht, ist mit tapete bcdeckt. auf das bild wird ein entsprechendes tapetensti.ick geklebt. cine handgreiflichere quelle der erinnerung existiert nicht. auf dem tisch liegt cine zeitung. es ware eine iiberfli.issige bemi.ihung, ebenso exakte buchstaben malen zu wollen wie die gedruckten. ein stuck zeitung wird auf das bild geklebt. schatten kann man nicht kleben; aber da die in jener zeit noch vorhandenen reste naturalistischer wiinsche und das eben falls nocb lebendige imprcssionistische prinzip, das keine tonglatte flachendarstellung erlaubte, sein noch nicht i.iberwundener akadc• mischer bcsitz waren, wurdcn die aufgeklebten papiersti.icke mit kohle verschmiert.

aus den bemiihungen zur pdizisen wiedergabe des gegenstandserlebnisses wuchsen die raumlichen analysen. das sezierte wird hintereinandergeschichtet bis in un• endliche tiefen, manchmal wiederum ineinandergewoben, durchdrungen, immer in der mannigfaltigkeit optischer ordnungstendenzen.

der nachste schritt: auch der schatten entsteht durch kleben. das objekt m u !3 mit allen attributen erfa.Bt werden: so entsteht das rei ief 1913, (abb. 61), gitarre und andere gegenstande a us aufgenagelten brettersti.ickchen, die nicht nur ihr Iicht, sondern auch ihre schatten - die von den impressionisten geforderte, Iicht• und schattenerfi.illte verlebendigung der flache also die .,malerische wirkung" selbst liefern konnten ohne hilfsmittel der farbstofibrechungen.

hier ist der scheideweg. ein schritt weiter, und das bild und damit die bemi.i • hungen, das wesen des objekts auf malerischen wegen zu ergri.inden, sind ge•

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a bb. 62 pablo picasso 1913. portrat (olbild)

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abb. 63 pablo picasso 1917 stilleben (olbild, mit verschiedenen fakturwerlen)

scheitert. die nachste hand lung mul3te sein: das objekt selbst, im ganzen oder zerschlagen, in originalgroBe auf ein brett zu montieren. d. h. in der wirklichkeit: alles auf dem tisch stehen zu lassen.

picasso besinnt sich auf die ,malerischen" ausdrucksmoglichkeiten und kehrt zur flache zuruck. nun schwelgt cr formlich darin. auf der flache mit der olfarbe das moglichste auszurichten. obwohl er weiter objekte, stilleben, portdits malt, wird ihm das tematischc immcr mehr nebensache. (abb. 62)

die fakturerfindungen ubersteigern sich. er pinselt, spachtelt, kammt, kratzt das pigment; er mischt es mit sand, zement, grafit. alles, urn das schillernd farbige erlebnis der inneren und aul3eren lichterscheinungen - und nicht mehr die gegensHinde - festzuhalten. (abb. 63)

irrefuhrend sind in diesem stadium des kubismus oft die bildertitel, die den betrachter verleiten, den sinn der arbeit in ihrem ausgangspunkt zu suchen, der wahrend des gestaltu ngsprozesses meist uberwunden wurde.

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der vorwurf des bildes beugt sich namlich hier den gcsetzen einer bildordnung, die sich aus den beziehungen der farbe, des hell.dunkcls, der lagen, richtungen, proportionen von linien und flachen und der faktur kristallisiert.

jetzt beginnt der bildraum, die flache selbst, gegenstand der analyse zu sein. er wird gegliedert. er wird als ein starrer korper angenommen, dessen geheimnis man nahezutreten versu cht mit schnitten und durchdringungen, mit umsti.ilpen und fellabziehen (was die eigentliche technik des films ist). sogar die reliefartigen fakturcnwerte werden aufgegeben, die durch schatten und glanzlichter die farbe selbsWitig intensivierten. sie weichen einer illusionistischen faktur, einer flachenmusterung, die aus der feinsten verteilung der verschieden• farbigen, hell en und dunklen fleck en und lineamenten besteht. (abb. 6 4 ; siehe auch abb. 56.) die reliefartige faktur wurde damit in die flache transponiert. e)

die praktischen konsequenzen des picassoschen vorgehens konntcn zunachst nicht abgcschatzt werden. heute sehen wir, daB durch ihn material und faktur cine vcrlcbendigung erfahren haben, die in ihren umsetzungen in unser tagliches Ieben, wenn auch vielfach mi13verstanden und auBerlich, doch aufri.ittelnd eingreift.

kurze zusamme nfassung d e r gege nwartige n optischen gestaltungsproble­m atik

die entwicklungsgeschichte der verschiedenen werkstoffe und der ihnen - in verbindung mit den werkzeugen - innewohnenden fakturbildenden fahigkeiten kann nati.irlich in ganz ahnlicher weise fur die spateren maier dargestellt werden, die picassos werk fortgesetzt und, von farbe, figur, I age und richtungseigenart aus gesehen, ausgebaut haben. insbesondere in der umsetzung der autonomen, suveranen, von allen au13eren anlassen und assoziationen unabhangigen farbform.

a bstrakte malerei

das problem farbe, als ausdrucksmittel - rein, ohne bzw. mit reduzierten gegen• stands• und fakturverbindungen - wurde von den .,abstrakten" malern (kandinsky) eingelcitet. fur sie war die malerei nicht i.iberwiegend ein problem des materials - sondern der psychofysischen wirkungen. diese malerci ist die beweisfuhrung dafi.ir, daB die farbe neben der materiellen greifbarkeit cine eigene und wirksame existenz besitzt, mit z. t. me13baren fysischen und psychischen energien ( warme, kalte, nah• und fernwirkung, Ieicht und schwer der farben, luxwert usw.).

e ) in Jicscm augenblick mi.indet picasso von dem bi~her konscqucnt vorstoBenden weg in den des iiblichcn .,malcrs". das wirklichc problem bog cr dadurch urn. (cs wurdc spatcr von den konstruktivistcn - ncopla~ti:.isten und suprematisten - wicdcr aufgcnommcn. (siche ss. 87- 9 1.)

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abb. 64 pablo picasso 1924 harlekin mil gultar re t_olbild)

neoplastizlsmus (mondrian, doesburg) suprematismus (malewitsch) konstruktlvismus (tatlin, rodtschenko, lissitzky, moholy-nagy)

neoplastizismus, suprematismus und konstruktivismus habcn dies klar erk;mnt und proklamiert. sie haben die tradition in bezug auf die darstellung - spiegelung

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Page 89: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a b b. 65 moholy-nagy 1926, faktur mit spritz­apparal hergestellt

starke lihnllchkeit mit der fotografischen faktur in den OieBenden zwischanwarten. (siaha abb. 66)

der natur - aufgegeben. ihre bemiihung war darauf gerichtet, die gefundenen op• tischen ausdrucksmittel rein zu verwenden, ohne die verbiegung ihres sinnes, die unausbleiblich ist, wenn sie mit assoziationen von naturobjekten i.iberdeckt werden. damit war der erneuerungsakt in der optischen gestaltung entschieden. aile farbigkeit und aile beziehungen des optischen konnen nun aus der inneren vor• stellungswelt herausgehoben werden. neben der hochst gesteigerten subjektiven autonomic ist hier gleichzei tig ein wun• derbarer gradmesser fi.ir das verhaltnis des individuellcn und kollektivcn, des privaten und sozialen entstanden. der personlichste ausdruck mun auf objektiver grundlage des biologisch beding. ten erlebnisses aufgebaut werden, wenn er n.icht in einer isolierung eingehen soli. eine wirkliche grundlage zur gemeinschaftsbindung ist hier entstanden.

statt farbe : IIcht

heutige bemi.ihungen zieten dahin, selbst den farbstoff (das pigment) zu i.iber• winden oder ihn wenigstens soweit wie moglich zu sublimieren , urn aus dem

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Page 90: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

folo~tramm: moholy·n<I&Y

• bb. 66 fotograf1sche faktur Uotogramm' kameraloses folo) 1925

his heute dJo voUkommensto wnsotzung des flieOenden lichtes auf einen projektionsschJrm, bier: auJ die llchtompfindllche schicbt des fotograf'lschen papiers. e )

elementaren material der optischen gestaltung, aus dem direktcn Iicht, den aus$ druck zu realisieren. das war intuitiv die zielsetzung des konstruktivismus, wenn auch seine praxis hochstens bis zu einer technischen vorstufe, zu der spritztechnik gelangte. (abb. 65)

auf polierte flachen, metall, kunstliche materialien usw. werden mit hilfe von spritzapparaten dunnste, iri sierende, fliel3ende farbschichten aufgetragen, die durch den reflektierenden spiegelnden untergrund aufgelockert, fluktuierend erscheinen.

8 ) iibcr das vcrfahrcn selb)t (iche moholy•nagy: malcrci, fotograHc, film (bd. 8 dcr bauhausbiichcr).

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Page 91: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

durch spiegelung und reflexe dringt die umgebung in die bildebenc ein - die seit dem impressionismus erstrebte £Hichenhaftigkeit wird aufgelost. die flache wird zu einem teil der atmosfare, des atmosfarischen grundes, indem sic die auGer ihr cxistierenden lichterscheinungen aufsaugt; sehr im gegensatz zu friiher, als das bild nur ein zur landschaft hin geschnittencs loch, cine illusio• nistische fensteroffnung war. dieses stadium ist gewissermafien der abschluf3 des impressionismus: die iiber• windung der flache nicht zur plastik, sondern zum raum hin.

die letzte vereinfachung des bildes: der projektionsschlrm

hier ergibt sich die ausdeutung des letzten bildes von malewitsch: die plane weif3c flachc. • ) man geht kaum fehl mit der behauptung. daf3 hier der ideale schirm geschaffen war fur die licht• und schatten•effckte, die - aus der umge• bung stammend - darauf geworfen werden konncn. das g leiche, was der grof3e bruder des kleinen manuellen bildes: die filmleinwand - verwirklicht. wenn die projcktion auf einer lichtempfindlichen sch icht fixiert wird, entsteht die fotografie oder das fotogramm. (abb. 66)

es scheint, daf3- entwicklungstechnisch- das manuell e bild von den reineren .,malerischen" lichtgestaltungsmog}ichkeiteR der projektion uberhoJt wird. seit dcr erfindung des films beschaftjgen sich viele manucllc maier mit diesem problem: projektion, licht, bewegung, durchdringung. (die fotografic ist zweifel• los auch eine briicke dazu.) ••)

e ) malewitsch, der groBe supremallstische maier hatte als abschlul~ seiner expcrimentcllen male• rischcn arbeit cin bild gemalt: cine weiBe, quadratische ldnwand, mit eincr gleichwohl weiBen, kleinen quadratiscben ftiche darauf. ••> man kann darin so weit geben, daB man den zunachst unverstandlachcn schritt picassos: seine ncoklassizistische periode - im groBen ganzen unter dicsem aspckt ~icht: als bemiihung urn cine andere scite der fotografiscben problematik (verzeichnung. vcrzcrrung. wie der kubismus iiberhaupt in vielem - besonders in der behandlung der fakturwcrtc - cin ausgesprochen fotografisches problem (s. abb. 21 und 63) vorwcgnimmt, wei I die fotografie erst - nach cinem jahrzchnt der kubistischen arbeit -die durchfiihrung ihrer cigcnen moglich• kciten in angriff nahm. das ist derselbe fall wie bei der simultancn sichtproblcmatik des film~. die im kubismus auch enthalten ist. (allerdings als nebencin;~ndcr, gegcniiber dem oach• cinandcr dcr kinetischcn projcktion.) die simultanitat wird im kubismus durch die mctodc dcr glcichzeitigcn .lllfsicht, schragsicht, z.erlegung usw. erziclt , sozusagcn als raumliche .,iiber• blcndung". auch der futurismus bchandeltc filmische probleme, lange bcvor dcr film zur ausniitzung seiner urcigcncn problematik kam. man konnte den futurismus in seiner essentiellen problematik als zcitlichc , iiberblcndung" karakterisicren.

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diese auffassung lauft nicht sturm gegen die verwendung manueller techniken, soweit sie individuelle oder padagogische aufgaben erfiillen. sic stehen aller• dings auf einer weniger aktuellen ebene innerhalb der heute wahlbaren mechanischen mittel.

reflektorische lichtspie le

in der wciterfiihrung dieser arbeit wird man zweifellos zu der bcweglichen reflektorischen lich t.(farben•) gestaltung kommen miissen: an stclle von farbs to ff mit direktem Iicht, mit flieBendem, oszillierendem, farbigem Iicht ,.malen". die heute cxistierenden optischen instrumente, die regulierbaren kiinstlichen (elektrischen) lichtquellen bieten eine nicht zu unterschatzende handhabc dafiir, auch wenn sie vorlaufig nur durch zufall oder auf umwegen - meist als Iicht• reklame oder teatcrrequ isit - in die hande des gestaltcrs fallen.• )

e ) dic~cr d,ustcllung dcr orti~chen gestaltungsproblcmatik wird m.1n Ieicht cinscitigkcit vorwcrfcn, wcil daraus gcistcsgcschichtlich wesentliche kunstismen - dadaismu~. purismus, surrcaJi,mu~ -fehlcn . doch ich sehc das problem der ,.malcrei" als ein problem dcr autonomcn optischen gestaltung an. so mul\tc ich mich auf solche beispiele bcschriinken, die dic~cs problem kliircn.

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Ill. der weitere weg des materials: das volumen (plastik)

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bezlehung zur plastlk (die allgemeine tage)

wahrend viele menschen zur malerei Iangsam eine beziehung zu bekommen pfle. gen, ist die plastische gestaltung in einer merkwiirdig isolierten stellung. die meisten menschen stehen ihr fremd gegeniiber und wissen nicht, wie sie ihnen zum erlebnis werden konnte. sehr vie! tragen zu dieser haltung die letzten jahre bei, die eindeutig plastik• und tafelbildfeindlich waren. soweit tafelbild und plastik als dekoration, als schmiickendes element verwendet wurden, war diese haltung begriindet. wenn aber bild und plastik - auch in ihren zu• kiinftigen erscheinungsformen, in ihren zukiinftigen wandlungsmoglichkeiten -generell zum sterben verurteilt werden, so liegt dahinter meist nicht mehr als eine erstarrte losung, die auf mi.Bverstandene - wenn auch einmal notwendig ge• wesene - abwehr zuri.ickgeht.

bild und plastik waren in der gestern gut biirgerlichcn wohnung vcrpflichtende zeichen der vornehmen ,gesinnung", die bilder vergro.Berte ornamente, die pia• stiken seit jahrzehnten entweder billige stukkatorarbeit oder tafelaufsatze, ehren• preise fi.ir sportliche leistungen.

denkmalkultur? aufstellungsort und plastische form - das spiel politischer parteien.

der tiefe sinn bildnerischer werke, die moglichkeiten reicher erlebniskondensation, ihre biologischen und sozialen zusammenhange sind der vorigen periode unerlebt geblieben, obwohl - eben in der vorigen periode eine wahre verhimmelung der .,kunst" mode war . .. kunst" wurde ganz au.Berlich als spitze aller menschlichen leistungen angcsehen (nicht anders als heute von vielen die technik). dahinter stand aber oft nichts als kultursnobistische riihrigkeit. der bedarf an ,kunst"- gleich dem anekdotischen seifenverbrauch - wurdc zum gradmesser fiir den bildungswert des volkes. dieser tatbestand reizte zur auflehnung. das war der grund, da.B unsere genera• tion (siehe und lies die futuristischen manifeste) scharfste worte gegen jede art oder schaustellung fand. in der i.iberstiirzung richtete sich diese ablehnung gegen die berechtigung des bildnerischen ausdrucks iiberhaupt. bald ~etztc cine korrcktur ein, nachdem man erkannt batte, da.B eine verlogene haltung gegeniiber schopferischem tun das eigentliche ziel des angriffs gewesen war; da.B diese haltung die existenz des schopferischen selbst aber nicht in frage stellen konnte; daB weder die alten formen der malerei noch die der plastik

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Page 95: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

\

maBgebend fi.ir die neue gestal tung sind und daB dcr sinn nicht im zeitlich und tcchnisch bcdingten formalen, sondern in der offenbarung der formungskrafte des menschen liegt. mit dieser erkenntnis war der weg einer neuen entwicklung geebnet, die eine radikale anderung der malerischen und plastischen gestaltung mit sich brachte. die alten begriffe ,,maier" oder ,bildhauer" bersten, weil sie plotzlich viet mehr enthalten, als aus ihnen - nach bisherigem sprachs und sinngebrauch - heraus• zulesen ist. der neue maier wird gestalter von lichtrelationen und der neue plastiker gestalter von volumen• und bewegungsbeziehungen. beide werden recht wenig mehr mit den bisherigen erscheinungsformen der malerei bzw. plastik zu tun haben, wenn auch heute noch - i.iblich und ungewollt - aile vorstellungen von der alten basis abgcleitet werden.

grundhaltungen b e i de r bearbeitung von materia lie n

gibt man einzelnen mensch en gelegenheit, sich mit cinem material b lock, z. b. einem holzstamm, zu beschaftigen, ohne dal3 sic jemals bildhauerische absichten gehabt haben, wird sich bei allen eine grundtendenz zeigen in der art, wie sie das material behandeln.

zunachst respektiert der mensch die homogenitat des blocks. er geht damit i.iber• aus behutsam, fast ehrfurchtsvoll urn. er besieht, betastet ihn von allen seiten, wagt seine schwere, schatzt seine beschaffenheit, ausdehnung vorsichtig ab und findet ihn in seinem lebendigen umfang, schon im urzustand ausdrucksvoll.

dann Hingt er an - je nach neigung: beschaulich•passiv oder experimentativ.aktiv - den block mit einem werkzeug zu bearbeiten, zunachst mit unmerklicher, spatcr mit deutlicherer planmaBigkeit.

nach ki.irzerer oder langerer zeit steigert sich d er mensch mit i.iberraschender lebendigkeit in die rolle cines leidenschaftlichen bastlers. er merkt die bezieh un• gen zwischen masse und figur, zwischen rund und eckig, stumpf und spitz, klein und gro£3, gewolbt und vertieft. Iangsam lernt er material und werkzeug besser kennen. er erfindet metod en, findet neue werkzeuge; wagt fester zuzu• g reifen; Iocher, hohlungen zu machen; dringt immer ticfcr in den block ein. auf dicsc weise entstehen - teils zufallig, teils durchaus bewul3t - auch negative volumen ( dafi.ir oft der unprazise ausdruck: ,,hohlraume'').

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<10~. 11 111

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je nach technischer fertigkeit und temperament proklamiert er dann den mehr oder weniger grob modellierten block als fertig bearbeitet.

schlieGlich ist der block durchbohrt. die dunkle hohlung reizt zu weitereo einschnitten. ein labyrint von lochern und gangen entstcht, bis zur vol ligen perforation, die verastelungen der wan• dung zeigen noch die urspri.ingliche form in urnrissen an, die jetzt als ausge• hohlte. aufgelockerte masse, fast schwerelos dasteht.

aktiver und vegetativer typ

dieses beispiel ist wei t gefi.ihrt. in den meisten fallen kommt es praktisch nicht bis zur perforation. dazu gehort, i.iber die notwendige beherrschung der arbeits~ technik hinaus, noch ein gewisser mut, vorwartsdringende aktivitat, die selbst vor zerstorung nicht zuri.ickschreckt, wenn nur eine geringe hoffnung zu positiver krafteauswirkung vorhanden ist. • )

I J diescr mut de~ ;:erstorcns ist wahrscheinlich cine transformierte art dcr selbstsichcrung durch wcgraumcn .1llcr hinderni)SC. er ist nicht jcdem menschen ;:ugehorig. cs gibt menschcn, die passiv- vcgetativ die dinge der welt auf sich wirkcn lassen; die dcm material block gegeniibcr kdne andere emstellung linden als die des schauens, der begegnung mit dem ihm eigcnen wcsen, das auch •m ,ungeformtcn" block wirksam ist. diese vegctativ reagicrenden, wenig agierenden, nicht ,aktiven" menschen wcrdcn oft - besO'Tlders bci unserem heutigen tempo - ,,Js wcnig lebenstiichtig erachtct vicle meinen sogar, daiS sic die aktiven hemmen. bci naherer prufung crweist sich das als irrtum ohne die beschaulichkeit, konzentration dicser menschen wiirden die aktiven sehr Ieicht der gefahr cines leerlaufs, einer crstarrtcn, wcnn noch so aktiv sich gebardcnden tcchnHiz.ierung ausgesetz.t sein.

bei den kindcrn ist dcr mut des z.crstorcns in reinster form vorhandcn. puppc und maschinc, aile arlen von spiclz.cugen werden untersucht, z.erlegt. wieweit es sich fur das kind darum llandelt, ein feld Hir die entfaltung seiner kraftc zu finden (die es ,,m fertigcn ~piclz.cug nicht anders betatigen kann), wicweit um ein forschungsinteresse , wieweit urn rcincn zcrstorungstrieb, i~t noch wcnig untcrsucht. tcort:tisch wird es nicht zu finden sein. vicle beobachtungen miissen fc~tgchaltcn wcrdcn, bcvor wir ri.ickschliisse auf ahnliche triebc bci erwachsenen machcn diirfcn.

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Page 97: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

plastlk ist volume ngestaltung

so steht der mensch erlebend und (oder) prufend dem material gegenuber und es wird ihm zur handgreiflichen erkenntnis, daB eines der wesentlichsten aus• drucksmomente der materialien ihre masse, ihr volumen ist.

die plastik ist die beste form - die urform - fiir die besitznahme des vo• lumens. alles andere: gewicht, struktur, konsistenz, farbe usw. gehort daneben mehr in die bereiche der technischen beherrschung, ohne in erster linie fur das essentielle der volumenerfassung, mithin fiir die plastischen ausdruckswerte be• stimmend zu sein. (der beweis dafiir wird ausfuhrlicher bci der behandlung der kinetischen plastik, bei dem entstehen des virtuellen volumens erbracht.)

allerdings muB man bemerken. daB die intensivste art der volumenerfassung die handgreifliche formung - die urrolle der plastik - im laufe der kult ur• gcschichte immer mehr einer intellektuellen erkenntnis uberlassen worden ist. gedankl iches drangte sich vor bi ldnerisches, weltbeschreibung vor welterfassung.

die filnf entwicklungsstadien der plastik von der materialbehandlung her

bei der bezwingung des materials und in der entdeckung der immer durch• sichtigeren klaren volumenbeziehungen (s. seite 94) konnen wir - nicht nur bei dem einzelnen, sondern in der ganzen kulturgeschichte - verschiedene stadien der plastischen ent wick lung feststellen. • ) der ablesbare sinn die.;er entwicklung kann zusammengefaBt werden: von masse zu bewegung.

die fiinf stadicn sind: 1 . die blockhaftc

2 . die modellierte (ausgehohlte) 3. die pcrforierte (durchlocherte) 4 . die schwebende 5. die kinetische (bewegliche)

plastik.

e ) dicsc ausfiihrungen bczichen sich im allgcmeincn nur auf rundplastikcn. die auch ohnc archi• tcktonischcn zusammenhang - wic die tafelbilder - in sich. in dcr crfUllung ihrcr cigencn ge• sctzc cxisticrcn.

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Page 98: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

1. stadium: der block

roto: kora lie

•bb. 67 dio pyramide des mykerinos - um 3250 v. chr. - von der spitzo der chephrenpyra­mide gesehcn

{as kann primitiv scheinen, das ontsteben eines solchen gebildes darauf zurUckzuftihren, daB es nur die intuitive volumenorfassung t•eprascntiert. wegen der voreinfachung der begriffo In den plasUschen entwlcklungsstndion tnuli man aber auf eine analyse der moglioben anderon kompo­nenton vorlliuflg vorzlcbton.)

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Page 99: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: pestry tyden

abb. 68 din .,kaaba" in mekka

ein herobgosturzter meteor eino exokt·e stereometriscbe flgur von rie­sigen djmens•onen - wird zum gegenstand der anbetung, zur kultstlltte.

das erste stadium : 1. die

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b lockhafte plastik: der materialblock, der seine masse im klaren, unangetasteten volumen zeigt (dolmen in karnak), pyramiden (abb. 67) ; ferner: naturmonu• mente ; meteoriten: kaaba in mekka (abb. 68); kristallinische blocke (abb. 69 71 ).

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foto: herbert bnye r

abb. 69 sturcornelrische figuren, die urelemcnte der plastischen der volumengest.altung

abb. 70 Constantin brancusi 1926 pl.asli~ fOr blmde

ein volumen In organiscb - leben­dig er realitat. eber eln obs trak­tum als dns el cines lehendigon vogols. (nlcbt nn­ders als nrcbl­penkos frauen­torso [abb. 79] mit de>' li.ufle•·st fein gewell ten linio der htifton.)

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Page 101: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 71 constantin brancusi 1926 dcr ftsch (pohcrte bronze)

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2. stadium: der modellierte block

a bb. 72 vorgcsch'chtliches idol aus mentone

das typlsche des :~:WOiten stadiums in der plastisc.hen entwicklung: der block wlrd vorslchtig modellle•·t nlc:ht hn slnno einor naturtrouen darstellung, sondern im slnne des werkzeugs, mate­rials und der ahstrnhlorenden idee.

os wlire verloblt - w1o das noc:h bners geschieht -, di~se plastik als unbohotreno nrhelt hlnzu­stellen. im gogentell, es liuBert sicb bier eine hobo intuitive begahung, das weson t hcbo go is tiger rela tlonen zu orfl\sson.

das zwelte stadium: der modellierte (ausgchohlte) block, 2.

kleine und groBe massen ( volumen) ·beziehungen von· crhoht und tieft. rund und eckig, spitz und stumpf. (abb. 72- 91).

ver•

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Page 103: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 73 muttarschilft

nrgcrplast1k von den phil1ppinen

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Page 104: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 74 a. archlpenko 1909 traurigkeit

elne plastik die ganz aus dem materialblock geschaflen Is~ ala ob man ibn nur ehvas abgescha lt, von unnl!tlgem belwerk befreit hatte.

abb. 75 ewald malare 1926 kuh (holz}

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Page 105: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 76 constantin brancusi 1923 leda (polierte bronze)

bsl aU en entwicklungsslacUen kommt. es aul die int.ensitat. des ausdruckes an, mit watcher dJe pln<rllscbe form gescbaflen worden ist. es kann sein, daD das orkenntnisnivo ejnes bildbauers his ztUD fiinften stadium reicht, trotzdem k6nnen seine arbelten von viel geringerer intensitat sein als cUe arbeiten oines plasHkers auf der ersten stufe. natUrlich wllro es wiinschenswert, daD ein heutiger mensch mit heutlgen mitteln das goistige und t.echnischo gleichzeitig meist.ert. brancusi's boarbeitungswelse von materialien - bosonders von metaU wurde zweifellos durcb seln grollstadtorlebnls (paris) beeinflu!H. sio zeigt eine deutllche kreuzung zwischen .. hnndwork­lichol"'' und industrloller mentalitat.

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Page 106: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 77 mittelrhelnisch um IA30 heillger petrus von elncm Cilberg 1on mit alter bcmalung

abb. 78 ernst barlach 1925 moses fplastik, holz)

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Page 107: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 79 alexander archlpenko 1920 torso

abb. 80 a. archipenko 1922 metallrellef welbliche flgur

ob naturalistisch, ob stlllalert, ob vor 500 jahre.n , ob heute: es gibt In bezug auf die mnterinlbohnnd­lung. auf die orfassung des volumens nur dieselben stadien.

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Page 108: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 8 2 rudolf belling 1923

kopf CJUS rn.:Jhd!JOnr

abb. 81 pevsner 1922

abstraktos portrat des malcrs rn,1rcel duchamp.

beide plastiken beruhen auf der wlrksamkeit der negat iven volumenwerte.

innerhalb eines systems hllngt aUos von der be­zogenheit der einzelelemente aufe•nnndor nb.

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Page 109: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

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Page 110: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

toto: luc•..t nlolloly

abb. 84 oskar schlemmer 1923 rei <>f

abb. 85 csaky: kompOSitiOn 1924

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Page 111: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 86 pablo picasso t91J

das abs~n tg l as

abb. 87 otto gutfreund 1925 plasllk

es lst glelcbgillt!g, Wl\8 zwn vorwand dar plastik genommen wird. die entwicklungsstadlen d er material- bzw. volumenbeborrschung sind Uberall klar ablesbar. hie•• dio zw oite stule: der b lock wird modollicrt, nusgehiShlt. in diesem vorgang liegt die orkenntnisst.u!o, nicht in dom darstellungs­wuns cb dor Ln dOl' plns lis chon ges tnllung bis jetzt ungewohnteu objekto.

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Page 112: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb, 88 georges vantongerloo 1924 konstruklion von volumenverhaltnlssen ilUf grund cines um em quadrat und eines in ein quadrat gryschr•ebenen kreises

trotz der w eitg ehenden nbs trakUon, die durcb die verwendung von nur prismatis cben figuren er­reicht wil·d , gebort d•es e plas tik In das zweite stadium der plastischen entwicklung, weil s ie noch nicht m den zus tnnd dor dua·chlocberung gelnngte. (s. abb. 105)

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Page 113: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 89 constantln brancusi 1914-23 plastik 1holz)

abb. 90 victor servranckx 1921 plaslik

vorh ltltnis des positiven und negativen.

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foto: eckner weim~r

a bb. 91 gerhard spitzer I bauhaus, 1924, erstes semester) durchdrlngungcn plasllk (hoi?)

Page 114: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 92 augusta rod in: lm fcgefeuer

3. stadium: der perforlerte (durchlocherte) block

man klinnte bei den moisten plnstik-beispielen eine analyse dar materialbebandlung, dor pro­portion en , des psycbiscbon, des kompositoriscben usw. durcbfilhren. man begnUgt slcb aber bier - vorlliufig mit der foststoUung des jeweiligen grades dar volumenerfassu~.

das dritte stadium:

der pe rforiertc (durc hlocherte) block: 3. mit den beherrschten beziehungen aller grade des positiven und negativen volumens: intensives eindringen in das material und heraus• holen polarer kontraste.

die vollig pcrforierte plastik: eine bis an die grenzen des materials reichende steigerung in der durchdringung von leere und fiille. (abb. 92 133)

IS moho I y• n•IP 113

Page 115: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 94 negerplastik

holzgeschnitzte schussel aus hawai

abb. 93 negerplastik

Page 116: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a b b . 95 leonardo da vinci foto : al~xandcr budapest

sl.izze zum grabmal tr1vulsio 's

ein gleicbgewichtsproblom: die grollo masse ohne fixierung (verschraubung) in sich auszubalanc:leren.

was i.iber die vollkommene perforation hinausgeht, ist ein traum, den wir, noch tief im gestrigen wurzelnd, kaum fassen konnen; cine kuhne vergeistigung des materials, triumf der nur•beziehungen:

4 5 das vierte und fiinfte stadium: • und • die bewegl iche (k i netisc h e) .,plastik". hier wird das material nicht allein

IS'

aufgclockcrt: es wird beinahe uberwunden, indem es als trager von bewegungen, der durch diese bewegungen zu schaffenden virtuellen (volumen•) beziehungen verwendet wird. zu den drei dimensionen des volumens kornmt hier als vierte die bewegung hinzu.

115

Page 117: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a b b . 97 j. b. carpeaux die vier welllel le

116

abb. 96 giovanni da bologna herkul s und an taus

Page 118: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

ebb, 98 alexander archipenko 1916 terrakottaplastlk

die erste bewuJlte verwendung von ausboblungen - an stella von erbohungen ist archipenkos ver­dlenst. er glng dabei von der beknnnten optiscben tliuschung a us, die sich bei der relief-mater zeigt: die vertieften (negatlven) stellen des guBmodells erscheinen je nach beleucbtung erhoht (pos1Uv). seln versuch fUhrt den betrachter durch die deutliohe abweichung von der gewohnten naturallstiscben fnssung zu don elementaren moglichkeiten dor positiv-negativen beziehungen.

117

Page 119: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

118

a b b. 99 constanti n brancusi 1918 dte chtmare •1--olzl

a bb. 100 constantin brancusi 1915 der verlorcne sohn (holz)

Page 120: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb . 101 rudolf belling 1922 drelklang

ein rein orhnlteno•·· wenn nucb perlorierter block.

der schwere materialblock, das undurchdringliche volumen, wandelt sich zu sfarischer ausdehnung, wird vollkommen massen• und gcwichtslos, schwcreloses schwingen von volumenbeziehungen und •durchdringungen. 5 das ist das kunftigc stadium der plastischen entwicklung, die kinetische • plastik - 4 ihr vorstadium: die sc hwebende plastik. (siehe seite 152) •

119

Page 121: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

scbon dio romi&cbo plnsUk zeigt.e die ver­wendung von melalleo , mit verscbieden­lnrbil:'em mnrmor kombintorl. dtese pln­sU.ken (louvre) wlrken boule recbt kunsl­f:'OWOrblich. arcbiponkos vorstoB mit der montier­len plnsllk wnr elne absage an die lcunst.­gewerbhcbe verwertung des materials. or wollle mit den materiallen nlcbt ober­fllicbonwtrkungen (selde, haul usw.) vor­Uiuscben. sein bolz t>olHe fur bolz, sein metall 1\l.r :melall usw. stebon und mit oigenom wert wlrken.

(ubrigens Ubt das montageprin:dp auf allen gebleten dos schaifons olne befrucbtende wirkung nus.)

abb. 102 alexander archipenko 1914 .,medrano" aus glas, holz und metall montier!

120

Page 122: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 103 das ncrippe cines lurtschiffes <lie lechnische montage nJs llkooomlsches nrbeitspriozip beeio1luJ3te grundlegend die noue plastlsche gestaltung.

121

t I l

Page 123: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

122

abb . 104 rodschenko moskau 1920 konstruklion (S. auch abb. 97)

die vollig perforiorte, vbllig durchbrochene plastik fordert einerseHs oin entwickeltes, tech­nisches konnen, nndorersoits olne ahstrahierende geistigkeit: dio bofroiung von der schwere des materials, das ilberwie~ten der augdrucksabsicht.

Page 124: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: qucl"$chnltt

abb. 105 jean cocteau 1927 badendo sich frlsierend

16.

ebb. 106 foto: eckncr I weimar

leo grewenig (bauhaus, erstes semc· ster 1924) plastik aus furnlerholz

123

Page 125: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 107 moholy ·nagy 1920 reltef s

ursprunglic:h waren dJese arbeit.en aus interesse fiir Uelen- und bobenwirkungen in der zustUJUnen­lugung von versc:biedenen :mat.erialien entstanden. die hohen- und tiefenwirkungen waren - wenn :man sie :mit heutigem bewulltsein siebt - mittel zur erzielung von IIcht- und sc:batt.enwirkungen. erst dann war ein solc:bes relief in seiner art wirklic:h faJlbar, wenn die vorspringenden (bier u. and. ein auf einem metaUstnbskelett montlerter, mebrere zentlmeter vorspringender glasstreifen) in scbarfer beleuc:btun&- vieUiiltige scbatten auf dem grund erzeugten.

124

Page 126: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 108 I. moholy-nagy 1921 montierte plaslik (aus maschlner~bear­beitetem holz 1

von dem t•ennissnnco-bildbBuot• ot•zlihlt mBn, daO or seine plnstiken so klar lm mBtoriBl z, b. im marmorblock oingefBngon sah, daB or diose daraus mit einigen schlligen .,befrolen" konnto. die beutige metode ist dam entgegengesetzt: materialien worden zu einem plasUschon gelugo zu­sammenmontiert. die organiscbe wlrkung wachst aus den zusanunenbiingen dar einzeltollo.

125

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Page 127: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 109 I moholy-nagy 1921 22 zwoi konstruktionssysteme zusammengefugt 1aus verschiedenen metallen : stahl, kupfer nickel. aluminium, zink und kristallglas montier!)

ein versuch, zwei selbsUindige, auch an sich bestehende plastiken durch kornb•nnllon zu e&ner einhelt werden zu lassen. mehrfncbe spiegelung soUte die illusion des schwebens vermilteln. das ganze 1st sowelt es die dreidimensionalit.at betrifft - auf ein grundmaO gestellt dleser versuch dernonstrlert gleichzeltig das ganze gebiet zwischen architektur und plnstik (s. s eite 200). wenn der versuch so weltergefUhrt wird, da.O zu den vorhandenen zwel elnzelplastiken iJnmer neue In bezlebung gesetzt warden, entstehen riiwnliche ord.nungen. (s. seite 195.)

126

Page 128: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 110 I. moholy-nagy 1921 nlckelplastlk

---

127

Page 129: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 111 I. moholy-nagy 1923 konstr ukt10n a us opak-. ma ll- und kris tallspiegolglas. melall und vulkanfiber)

oin neuer Ink tor trHt zu den bisherigon hinzu: die bemUhung , von dom s ockel los zukommen. (siohe abb. 95, 112, 117, 125. 126, 133.)

128

Page 130: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 112 pablo picasso 1928 pl.tslik

kllschcc: c~hlcrs d 'nrt

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Page 131: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 113 joost schmidt 1928 vergleichsstudie. posil1ves und negalives kegel­volumen (konvex und konkavkorper, vollkegel und hohlkegelstumpfl

die eroborung des gan~en reicblums plastiscbor ausdrucksweise gebt Iangsam vor sicb. die gultigkeit dar alten gesetze erloscb, die neuen m\issen erst gefunden worden. eine laborntorhunsarbeil setzt ein: die fast wissenscbaftliche untersucbung dar einzelelemenle.

das nac:helnande r

in der cntwicklungsgeschichte der plastik (skulptur) treten die verschiedenen stadien dcr plastischen entwicklung nacheinander auf. ein jeder in sich ge' sch1ossene kulturkreis (agyptisch, griechisch) zeigt im anfang seiner kulturent• wicklung den ka um modellierten block und als weiterfUhrung den minder oder mehr sorgfaltig modellierten, mit weniger oder mehr tiefgehenden einschnitten. die vollige perforation scheint eine spatgriechisc he cntdeckung zu sein. doch findet sic sich aufier in europa auch bei einigen primitiv •genannten volkern ( neger, si.idsee), wo das skulpturschaffen auf uralte tradition zuri.ickgeht und der i.ibl iche werkstoff - holz, lehm - nicht schwer zu bearbciten ist.

130

Page 132: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

ebb. 114 georges vantongerloo 1917 konstruktion in elner kugel (die kugelschale 1st abgeiOst)

ein neuer vors toJl: die boweg ungsmllglichkeiten innerhalb einer kugel sind lm material erstnrrt, In die stat!sche form p r oji:dert gozoigt.

17 . 131

I It 1 " .~ ·-· •,•;~~.

Page 133: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

...A·-- ·z

abb. 115 d1e ausstellung der russischen konstruktivisten in moskau 1921

die schulbegrifle der mechanik, dynanllk, statik, kinetik, die problema der stnbilitat, des gleich­gewichls wurden durch die plastische form erortert; die materialzusammenhllnge, konstruktion, montage ausproblert. die konstruktlvlsten schwelglen in industrieformen. eino tochnischo monomania boherrschto sle. als ilbergangsstadium sicher gesund, da die dumpfen, verschimmelton anschauu11gen von .,kunst" dndurch aucb von einer ander en seite her einen neuen maOstnb bekarnen.

132

Page 134: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

•bb. 116 johansen, moskau 1921 gleichgewichtskonstruklion (zieht man an dem faden, ger~t

die plasltk in erne andere, gleich wie die orste, ausbalancierte stellungl.

der houtigo plastiker weiO kaum etwas von dem neuen aufgabenkreis des ingenieurs. komposition, goldener schnltt und iihnUches werden an akademien wohl gelohrt, aber nichts von statik, obwohl lhre kenntnls mehr aJs die astetischen regeln zu einer okonomlsohen arbeitsweise filhren konnte. dio konstruktlvlsten versucllten die resseln zu sprengen. sie sagten, um von einem falschen etos, von einer Ubertriebenen verehrung verkalkter werte loszukonunen: die kunst ist tot. es lebo das leMn !

133

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Page 135: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: ec kener weimar

a bb. 117 johannes zabel (bauhaus, erstes semester 1923) gleichgewichtskonstruktion (auf einer kleinen fliiche ausbalancicrt)

der gestrige kiinBtler ldl.Jnmerte sich wenig z. b. UlTl exakte gewichtsberechnung seiner arbeH. auJ einige kilogramm, oder gar zentner gewicht kan:1 es bei einer iUteren plastik gar nicht nn. itn bau­haus lernto man auch aut dieso komponente achten und jedes granun erspnrnis - bel gleich-blelbonder wirkung bedeutete oft einen kleinen sieg des erflnderischen.

134

Page 136: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: ecl<ner I weomar

abb. 118 hermann roseler (bauhaus, erstes semester 1924) gleichgewlch tskonslruktlon (mil elnem locker aufgehangten pen­del)

die n ouen k\lnsUichen m nlorinllon troten nul.

abb. 119 n. gabo 1926. konstruktlon In holz. metall und zelluloid

135

Page 137: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

khchet:: "1 10''

a bb. 120 n gabo l<l2 l pi<Jslih

136

~-.--;a. .. ~ ... ~~~~JIIii: ·,· ...... - •••••...•

Page 138: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

•bb. 121 n. gabo 1925 entwurr fur cin denkmal vor elnem observalo· rlum 17cllulo•dl

dio elgenschnften de!l materials. soin verhalten auf zug und druck worden viellolcht ohne deul-liohe ahslohl durch vlolliUtige beanspruchung geprlift. die Bnnlyse solchor werke kann nacht.raglich durchgoftlhrl worden und dor gonialo griff dos schllpferlsohen menschen - neben der reichen geistigen, sinnlich-slttlichen verarbeltung der ge­samterschelnung - knnn sicb zu aktueUer piidngogischer anregung transformieren.

137

Page 139: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

•bb. 122 pablo picasso 1928

138

entwurf zu einer plastik In eisendraht

kl,.chct:. cahicrs d'art

Page 140: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

18"

foto: ccknor I weimar

a bb. 123 anni wildberg (bauhaus, erstes semester 1924) konstruklion (metall und glas)

139

Page 141: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: ~ckn~r w ei mor

a bb. 124 johannes zabel (bauhaus, erstes semester 1923) glelchgewichlssludie

bei diesen und folgenden beispielen ist auffallend die immer deutllcher werdende auflockerungs­tenderu: des blocks, die slch bis zur volllgen durcbsichtigkeit steigert. (s. abb. 139)

140

Page 142: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

loto: ~ckntr/ weim<>r a bb. 125 gerhard spitzer t bauhaus, erstes semester 19251

durchdringungen !holz, glas)

fo to: cckncr I wetmnr

abb. 126 heinz tinzmann (bauhaus, erstes semester 1923) konstruktion (hol7, glas)

141

'Itt• ·--, •. •~ •

Page 143: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

e bb. 127 georg gross

142

tbauhaus. zweites semester 1928) gleichgewlchtsstudie

a bb. 128 rodschenko, moskau 1921 konstruktion

Page 144: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 129 paul reichle !bauhaus. erstes semester 1924)

konslruktlon der rlchtungsber echnungen glelchgewichtssludic lauf 3 punklen balancierl)

versucb , die schwet·o b as i'! (den s ocket) aufzubeben.

foto : eekner I weimar

143

Page 145: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 130 fllipp tolziner

144

(bauhaus, zweites semester 1928) gleichgewichtsstudie (glas und holz}

Page 146: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 131

19 moholv· n•gl

'1'1 .··~·; ••. ~.,._

gerda marx (bauhaus, zweites semester 1928) gleichgewichtsstudie (glas und metall)

145

Page 147: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 132 suse becken (bauhaus, erstes semester 1924) entwurf fOr elne plastik glelchgewlchtsstudle (glas, metal! und holz)

CJ

foto ' consemilller bauhaus

die abb. 130 133 zeigen, dall den gleichgewichts- u.nd durchdringungsproblemen ein gesetz­m!Ullger vorgang in dem menschen selbst zugrunde liegen mull. cUe bersteller dieser vier arbelten wullton vonoinancler nichts, doch haben sie die gestellte au1gabe plastik auf einer basis mil labilem gloicbgewicht - gleicherweise gelllst.

146

Page 148: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: eckner J weimar

abb. 133 toma grote (bauhaus, crslcs semester 1924) gleichgewichtsstudle, aufgebaut auf den speziflschen gewlchten verschledener holzarten

die recbte hll.lfte 1st aus schwerem holz, un> die groJ3e ausladung dea linken toiles balancieren zu k6nnen, der aus leicbtem holz angefertlgt fst. (die plasUk stand auf elnorn punkt viSlllg aus­balanclert.)

19" 147

., . -~·~- -

Page 149: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 134 joost schmidt 1928 elnige primilre plastische gestaltungselemente (figuren)

Dber die plastische , form"

der wirkliche formbegriff der plastik ergibt sich aus der analyse der plastischen entwicklungsstadien - nicht aber aus der verwendung von stereometrischen oder biotechnischen konstruktionselementen (figuren). was man heute noch im all• gemeinen unter .. plastische form" versteht.

stereometrische und biotechnische konstruktionselemente der plastik

bis vor kurzem wurden i.iberwiegend die stereometrischen elemente wie kugel, kegcl, zylinder, kubus, prisma, pyramide als grundlage der plastik angenornmen (abb. 134 ). heute ware als neue gruppe die verwendung biotechnischer clemente hinzuzufi.igen.

die biotcchn ischen clemente traten bisher insbesondere in der tcchnik auf, wo durch den fu nktionsbegriff die grol3tmogliche okonomie angestrebt wird. (s. 60) der biologe raoul france unterscheidet sieben biotechn ische konstruktionsele• mente: kristall, kugel, kegel. p latte (Wiehe), band, stab, spirale (schraube) und sagt, dal3 sie die grundlegenden technischen clemente der ganzen welt seien. sie geniigen samtlichen vorgangen des gesamten weltprozesses, urn sie zu ihrem optimum zu bringen.

148

Page 150: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

ebb. 135 zlrkustraining foto: pes try tydcn

die spirals: das biotechniscbe konstruktionselement kann vlelfiUtlg an­gewandt werden.

die konstruktive verwendung dieser elemente, ganz besonders der spirale (schraube) - fuhrte zu i.iberraschenden losungen gegeni.iber den fri.iheren (barocken) aste• tischen. (abb. 135, 136)

so gelangte man zu der bewuf3ten auswertung des ganzen vorrats techn isch· biotech .. nischer konstruktionselemente. das ergab zugleich einen neuen schonheitsbegriff.

149

Page 151: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

roto: berllner lllustrierte zeilung

abb. 136 der funkturm In kl>nigswusterhausen (293m hoch)

150

Page 152: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 137 korona krause (bauhaus. erstes se­mester 1924) schwebende plastlk (JIIusionlstlsch)

ein versucb, die spirale kon­st.ruktiv zu verwenden. sie t.rAct don ganzen aufbau.

't••r ..:~

folo: eckncr I weimar

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Page 153: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

der iibergang zur kinetischen plastik

wahrend drei stadien der plastibentwicklung durch bildcrbeispiele geni.igend erkllirt sind, wird man bei dem fi.inften stadium - bei der bewcglichen plastik - schwerlich ohne erlauterungen der idee und des weges auskommen.

die kinetische plastik: hochste sublimierung der volumeninhalte. bildung von virtuellen, doch mit auGersten spannungen erfi.illten volumenbeziehungen. (abb. 141) eine vorstufc dazu bildet das problem der ,schwebenden plastik", die in der verwirk• lichung gleichzeitig eine kinetische plastik sein mi.iGte, da sie nur durch die wirkung entgegengerichteter krafte zum stillstand des schwebens gebracht werden kann.

die schwebende plastik

wah rend die statischen, auf einer unterlage ruhenden plastiken in bezug auf ihre umgebung eine bestimmte lage einnehmen und innerhalb dieser lage richtungs• beziehungen zur erde: horizontal, vertikal, schrag - cnthalt die schwcbende plastik, zunachst teorctisch, die material• bzw. volumenbeziehungen und alle zu• gehorigen attribute nur in bezug auf das eigene system. (dieses problem ist glcich• zeitig die hochste stufe des gleichgewichtsproblems, das einen wichtigen teil in dem problemkomplex der plastischen gestaltung bildet.) die bcziehungslosigkeit nach auGen muG in der materialisation vorlaufig meist durchbrochen werden.

so ergibt sich, daG die schwebende plastik ein gestaltetes, aber nahezu beziehungs• loses volumen, ein volumen an sich ist.

der erste zustand eines solchen schwebens wurde manchmal illusionistisch so gelost, daB die plastik, statt auf massive basis gestellt - was noch den zustand cines etwas erhohten reliefs ergab -, auf wenigen sti.itzpunkten aufgerichtet war. durch die verbindung dieser sti.itzpunkte war die alte breite basis aber doch noch gegeben. (abb. 89- 95, 100, 101, 111, 112, 117, 123 133)

eine spatere stufe steigerte die illusion durch verwendung von glas oder kaum sichtbaren drahten, woran die materialien befestigt waren (abb. 104, 137 139).

beispiclc dcr schwebenden plastik, die ohne diese ill usion auskommen, sind vor• H.iufig schr selten: ball on, flugzeug, spielzeug. diese a lie sind wiederum beengt durch uni.iberwindbare, zwangslaufige form en der krafteerzeugung, die die gravitation i.iberwinden mi.issen. eine von dieser zwangslaufigkeit unabhangige vcrwirklichung von projekten der schwebenden plastik wird erst bei verwendung von magnetischen bzw. fernelektrischen kraften moglich sein.

152

Page 154: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

4. stadium: schwebende plastlk

foto: eckner weimlr

a bb. 138 lrmgard sorensen-popltz (bauhaus, er stes semester 1924) sc.hwebende pfastik (ifluslonistlsch)

ella materialwerte, biegsamkeit, debnungsgrenze, elastizitiit usw. w e rden bel diesen arbeiten hln­elnkalkullert. die untere glasplatte trligt z. b . ein maximal-gewicht.

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Page 155: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

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abb. 139 hinrich bredendieck (bauhaus. zwe1tes semester 1928) schwebendc plastik (lllusionistischl

glasrobren sind mil dllnnem stahldrnht in ein federn­des system gefa13t.

Page 156: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 140 joost schmidt 1928 raumplastische elemente (darslellungen von virtu­ellen volumen) o ben: vom zyllnder zum elnschaligen hyperboloid u n len: von gerador und kreis (stab und ring) durch rotation zum hyperboloid, kugel usw.

die klnetlsche (bewegliche) plastlk

in dcr auflockerung des massiven um einen schritt wciter ware die kinetische, bzw. die schwebende und zugleich kinetische plastik, bci der die volumen• beziehungen virtuell sind; d. h. sie entstehen durch bewegung von meist linienhaften materialumfangen, ringen, staben und anderen objekten (abb. 140, 141, 149, 152).

dam it wechselt das urspri.ingliche fa nomen: von der plastik = material + massen• beziehungen zur aufgelockerten, im hochsten maGe vergeistigten form: plastik = volumenbeziehungen.e )

e ) ob bci den betrachtungcn Ubcr die kinetische und schwcbcndc plastik kosmiscbc vcrknUp• fungcn mit der entstehung dcr hirnrnelskorpcr als rotation~masscn moglicb sind, muB einer urn• f.lSSendcren biologischcn forschung Ubcrlasscn bleiben. hier ware auch die stelle zu cincr auseinandersctzung mit dem wescn des radios und andcrn heute noch wenig behcrrschten kraftc.auswirkungen dcnkbar. das ko nnte jcdoch Ieicht cine spren~ung dcr begriffe zur folgc habcn.

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Page 157: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 141 n.gabo1922 klnetische plastlk (pendel)

ein stlel aus drnht, oben mit einem ge­wicbt. wlrd durcb e1ne ubrfeder in scbwin­gung gebrncbt. die unscbnrfe fotografie zeigt mebrere ln­einandergewischte bewegungsfasen. (was sons t allJ fehlaufnahme gnlt, ist bier gute demonstration des bewogungsvor gnnges, des entstandenen virtuellen volumens.)

156 klischec: • i 1 ou

Page 158: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 142 joost schmidt 1928 stud1e

die untors uchung der elemente Uber­Uutet den s ubjekllven ausdruck. b o­vor man etwas von sich s elbst aus­s agen will , muB man die mittel ken­nen, die daftir verwendbnr s ind.

abb. 143 joost schmidt 1928 parabolo1de plastlk

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Page 159: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 144 Joost schmidt 1928 hyperboloide plastik

dar drang, das volumen in seiner sublimiert.esten erscbeinung in besitz zu nel:unen, bringt bei dem technlsch ungenllgend ausgerusteten heutigen plastlker illuslonlstlscbe klnetik hervor. ahb. 14-3 145 sind- ungeachlet lbrer benennung- darslellungsformen von torslonsbewegungen. sie sind nicht wesentlich anders als eine fotografierte kinetlsche plastik (ahb. 141).

(us ist moglich, dn3 der heutige bildhauer sich selbst ebensowenig Qber seine bemllbungen im klaren ist wie sein publiku.m. doch orzieht er durch seine werke das auge mit dom erfolg, daJl das, was ohne seine arbeit in der nachsten peri ode abgelehnt worden W\lrde, plotzllcb durch sie eine selbstversUindllche erscbeinungsform wird.)

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Page 160: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 145 joost schmid t 1928

pal'aboloide plast1k

. . . . ... c.-·· ~r-:-;;.~~

159

Page 161: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

Iota: cc kner /weimar a bb. 146 fritz kuh1· (bauhaus. erstes seme&ler 1924)

eine ,.vicrdimcnsionale" plaslik aus glas, metall und holz

das kinotischo problem wird manchmal in ergreifenden losungen des unbowuBton wollens dargeboten. nbb. 146 is t ein versuch, statt einer bewegung wenigstens eine vorberecbnote bewegungsbahn in die plastische gestaltung oinzuboziehen: auf anstoO bescbreabt obige plastik eine bewegungsbabn, wobe! ibre volwnenbe:dehungen, material­und mallvorhtlltn!sse run deullicbsten zur wirkung kommen. man kann sagen, daB eine solcbe plas tik eine vollwertage .,rundplastik" ist.

160

Page 162: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb, 147 franz ehrlich (bauhaus, zwe,tes scrncstor 1928) entwurf zu elnern mechanisch bewegten schaufcnstcr

abb. 148 franz ehrlich (bauhaus, zwcl tes semester 19281 studle zu elnor rnochanischon schau­fensterplastik

der wert dlesor vers ucho bO'>lobl dnr­in, daO aus ibnen verschledono g lolch­zeitige bowegungon ablosbnt· s ind. s io sind s ozusagon ,.nugen\lbunc".

161

Page 163: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

zur geschichte der kine tischen plastlk

im jahre 1922 wurde (im sturm•berlin, heft 12) ein diesbezi.igliches manifest ver• offentl icht, das ich mit alfred kemeny verfaBt hatte. diesem manifest ist- wic aus dem aufsatz von ernst kallai (,i 10", heft 7, amsterdam 1927) ersichtlich ist - das ,,realistische manifest" von gabo und pevsner, moskau 1920, vorans gegangen. aus gri.inden dokumentarischen interesses bringe ich hier teile aus beiden veroffcntlichungen.

aus dem realistischen manifest von gabo und pevsner: ,die grundsteine der kunst mi.issen auf dem harten boden der gesetze des re• a len lebens ruhen." ,.nun sind raum und zeit die heiden ausschlieBiichen formen der lebenserfi.illung. also hat auch die kunst sich nach dicsen beiden grundformen zu richten, wenn sie das wahrc Ieben erfassen will." ,unser wclterlebcn in den form en von raum und zeit zu verwirklichen: das ist das einzigc zicl unserer schopferischen kunst." ,wir hal ten das senkblei in der hand, unsere augen sehen gradlinig wie ein lineal, unser geist spannt sich gleich einem zirkel, und wir gestalten unsere werke wie die welt ihre geschopfe, wie der ingenieur eine bri.icke, wie der matematiker die formeln einer planetenbahn." ,wir wissen, daB jeder gcgenstand eine besondere eigen heit besitzt. tisch, stuhl, lampe, buch, telefon , haus, ein jedes bildet eine welt fi.ir sich, eine welt von eigener rytmik und planeten bahn ... " , wir verneinen das volumen als raumlichc ausdrucksform; der r;~um kann eben• sowenig mit einem volumen gemessen werden wie eine fli.issigkeit mit dem metermaB. was konnte der raum denn noch sein auBer einer undurchdring• baren tiefe? die ticfe ist die einzige ausdrucksform des raumes." ,wir schalten in der plastik die (fysische) masse als plastisches element aus. jeder ingenieur weiB, daB statik und widerstandskraft cines gegenstandes nicht von der masse abhangen. ein beispiel geni.igt: die eisenbahngleise. trotzdem Ieben die plastiker in dem vorurteil, daB masse und umfang unzertrennlich seien." ,.wir befreien uns von dem tausendjahrigen, a us agypten stammenden irrtum der kunst, daB nur statische rytmen ihre elemente sein konnten. wir ver• ki.indcn, daB als grundform unseres zeitempfindens die wichtigsten clemente der kunst die kinctischen rytmen sind."

aus dcm manifest: ,dynamisch•konstruktives• ) kraftsystem" von kemeny und moholy•nagy:

e ) rich tiger: .,kinetisch•konstruktives kr:~ftsystem"

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I

,.die vitale konstruktivitat ist die erscheinungsform des lebens und das pnn:z.1p aller menschlichen und kosmischcn entfaltungen. in die kunst umgesetzt bedeutet sie heute die aktivmachung des raumes mittels dynamisch•konstruktiver kraftsystemc, d. h. die ineinander$konstruierung der in dem fysischen raume sich real gcgencinander spannenden krafte und ihre hinein• konstruierung in den gleichfalls als kraft (spannung) wirkenden raum."

,die konstrukti vi tat als organisationsprinzip der menschlichen bestrebungcn fiihrte in der kunst der letzten zeit von der technik aus zu einer solchen statischen gestaltungsform, welche entweder zu einem technischen naturalismus ausartete, oder zu solchen formvereinfachungen. die in der beschrankung auf die hori• zontale, vertikale und diagonale stecken geblieben sind. der beste fall war eine offene, exzentrische konstruktion, die wohl auf die spannungsverhaltnisse der formcn und des raumes hingewiesen hat, ohne aber die losung zu finden. dcshalb miissen wir an die stelle des statischen prinzips der klassischen kunst das dynamische des universellen lebens se t zen. praktisch: statt der sta• tischen material.konstruktion (material• und form•vcrhaltnisse) muB die dyna• mise he konstruktion (vi tale konstruktivitat, krafteverhaltnisse) organisiert wcrden, wo das material nur als krafttrager verwendet wird."

,.die dynamische einzelkonstruktion weitergefiihrt, ergibt das dynamisch•konstruk. tive kraftsystem, wobei der in der betrachtung bisheriger kunstwerke rezeptive mensch in allen seinen potenzen mehr als je gestcigert, selbst zum aktiven faktor der sich entfaltendcn krafte wird."

.,die ersten entwiirfe zu dem dynamisch.konstruktiven kraftsystem konnen nur experimentelle und demonstrations•apparate sein zur priifung des zusammenhangs zwischen mensch, m<ltcrial, kraft, raum. danach fo lgt die benutzung der experi• mente lien resultate zur gestaltung freier - (von maschinen•technischer bewegung freier) - sich bewegenden kunstwerke."

zu den anfangen der kinetischen plastik kann man bewegliches spielzeug, reklame, springbrunnen, feuerwcrk (abb. 14 7 - 152) und dgl. zahlcn. diese dinge enthalten oft i.iberaus interessante versuche.

21• 163

I I • I. ~;;;,;:.:=e~ :. - ,.

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a bb. 149 SpiOilcug folo : moholy-nogy

durch die bewegung erzcugtes, vir tuelles volumen - optischo aurltlsung des festen ma terials

dl\8 untere blld zeigt douUicb , da.B die beschaffenhait des materials, s eino s truktur , textur und faktur bel dor bildung des virtuollon volumens vernacblliiligbaro gril.Bon sind.

s piel.zeugo s ind in violon fiiUen die zeitgemliJ'len plas tikan. sie enthalten oft gols treiche Uber­s atzungen technls cber ideen, die moist mohr von dem wes~>n techniscber vorglln g e ver miUeln als gelebrta vortrliga.

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foto: moholy-nagy

abb. 150 feuerwerk

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foto: J)estry Iyden abb . 15 1 feuerwerk

leuerwerk 1st spiel und wlssenschaft zugleich. es erhringt auch den bowels dahir , daB vor­borecbnete w lrkungen (rich tung, bewegung, far be usw.) eine wesentllcho s teigerung erzielen konnen. dagegen f\lrcbtet man slcb beute bei einem ,.kun':ltwerk" noch immer vor ,.absicbtUch­kelten" , obwobl die gelstige reichweite und wirkung eines kunstwerks nsch der bebauptung der .,sacbverstAndigen" unvergleicbUcb grol3er sein milllte als eln .,spiel".

das IIcht

das Iicht ist tn diesem zusammenhang - als raumliche projektion - ein hervor• ragendes mittel zur erzeugung von virtuellen volumen. (abb. 150- 157) seit der vcrwcndung hochwertiger, intensiver kunstlicher lichtguellen ist das Iicht cin clemcntarer gestaltungsfaktor geworden. allerdings noch nicht legitim. doch ist das grofisHidtische nachtleben ohne das vielfaltige spiel dcr lichtreklame, der niichtliche flugzeugverkehr ohne die scharfen lichtzeichen der funkturme nicht mehr vorstellbar. die reflektoren und neonrohren der reklamebeleuchtungen, die s ich drchenden lcuchtbuchstaben der firmenschi lder, die rotierenden mecha• nismen aus farbigen gluhbirnen, das breite band der lichtwanderschrift sind clemente cines neuen ausdrucksgebietes, das auf seinen gestalter wahrscheinl ich nicht mchr lange zu warten braucht. (abb. 157- 16 5 )

166

--·- --.------ ,.,.,.-~__. --~.....,......_ v,,_.., ,_.._~~ _,. .. ~ )>~.7~.a5'L-J... , • ,-,I I I II I

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abb. 152 das vlrtuelle volumen foto: illuatr~erte zeotung

ein beleuchtetes und sich drehendes karussell in blackpool !england)

die klaro orscbeinu.ng oines virtuellen, docb sicbtbaren (bewegu.ngs-) volumens.

zweierlel des volumens?

auf grund dieses vorstoBes wird man unter .,volumen" unter uml>tanden zweierlei verstehen, (was im grunde doch wieder ei ne einheit ist). wir bestimmten als volumen: 1. den im gewicht meBbaren und durch die drei dimensionsrichtungen abtast•

baren massenumfang. 2 .· den nur visucll erlebbaren, durch bewegung entstehenden virtuellen umfang,

der - obwohl korperlos - doch in dreidimensionaler ausdehnung erken n­bar, ausgesprochen plastisches gestaltungselement ist. (zumeist entstanden mittels eindimensionaler linienhafter ausdehnungen [korper].)

daher ist - in en tsprechung des friiher gesagten - plastik g leich der weg vo m material•volumen zum virtuellen vo lum en; von der tasterfassung zur visuellen, beziehungsmaBigen erfassung.

plastik = der weg zur sublimierung des materials, von masse zu bewegung.

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abb. 153 dcr sternenhm1mcl

Iicht isl grenzgebiel: es bildol volumon und raum.

abb. 154 rtlntgcnblld

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(ungekl~r\e sltlrung bel metallografischer unter­suchung)

foto: weltspicgcl

foto: kalscr-wl lhclm·lnstltut (metnl l ografi ~)

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abb. 155 a, b a us dem him sauvage: .paris·

licht erzeugt bier raumwlrkung. In einen unterirdischen kanal fallen durch die reinigungslocher paraUele lichls lrahlan.

parallelerscheinungen

zu den auflockcrungstendenzen des materials in der plastischen entwicklung gesellen sich als parallelerscheinungen andere gebiete mit auffallender deutlichs keit. u. a. sind cs auch naturvorgange, die uns das glciche zeigen.

geht man z. b. den wandlungen des wassers nach, so ergibt sich ein i.iber• raschender tatbestand; i.iberraschend - nicht m semer besonderheit, sondern gerade in seiner all taglichkeit. man kennt das wasser in ruhe, m bewegung, gasform ig, fliissig, fest. man

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abb. 156 eino schatlenloso lampe fUr opera­llonszwecke

eingeblasener zignrettenrauch zeigt deuUicb kegelformlgen s trahlenvorlauf

foto: pestry Iyden

folo: pes tr y Iyden

abb. 15 7 oin diagramm der lichtbewegungen , herrGhrend von licht­reklamen, straBenlaternen und vorbeifahrenden wagen.

die neue s chr•ft der groOs tadt.

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a bb. 158 nikolaus braun 1923 lichtplastik

was fur erlebniS!>o konnton mit kU.nstlicbem, regulierbarem, vorborecbnetom Ucbt borvorgoruion warden gegenuber den blsberlgen plastiken, die sozusagon .,tagesplastiken" waren borecbnet auf das von oben berunterflutonde licbt. aber wenn ein rnaler-plastiker etwas Abnlicbes wle .,licbtplastlk" versucbt, muO sein wollen bald an grenzen stollen. die privaten mittel reichen filr elne umfassende versucbsorganisation nicbt mohr aus.

kennt es als kugeliges tropfchen kleinsten formats, als g lattc spiegelnde fl;iche bis zu grof3tcr ausdchnung. man kennt cs als ruhig oder bewegt flief3endes band des baches; als wogendes mcer; als niederprasselnden regen, spri.ihenden wasserfall, schwebende dampf• wolke. man kennt es gefroren: als schnee, kristall, reif, eiszapfen. seine gestalt• veranderungen flie6en a us einem au6erordentlichen anpassungsvermogen, der funktion entsprechend.

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a bb. 159 ein ~ebaude in new york 1928 t1mes square, ausge­stattct mit unzahligen sche1nwerfern fur re­klarnebelcuchtung

foto: cyllax f zurich

nicb~ elne kUnstleris cbe zielsetzung, die industrie ist der anreger llhnJicber einricbtungen. der beutlge kllns tler erstrebt elne unabh!ingige arbeit mit neuzeitllcben apparaturen, kann aber nur durcb eine nbhllngige rekla.rnearbeit dazu gelangen. die reklamearbolt bloibt aber rur den s cbopferiscben menscben eine sackgasse , wenn er vergiBt , daO s ie rur ibn nur oin weg ist, in dar banclhnbung der zoi tgomliBen technischen xnittel, die or nus elgenem gold nicbt bes cbaften kann, urn zu einer wirklicben produktion zu kom.men.

Ieicht wird man von dem wunsch ergriffen, s1e als mittel des ausdrucks zu verwenden. in fri.iheren perioden hat man das tatsachlich getan. das wasser m semer ge•

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a bb. 160

reklame-kanone

eln scheinwerfer, ml~ dom man jede be­llebige schrlfl und jedes belieblge blld gegen nntilrl!che oder kilnstliche wolken werfen knnn.

a b b . 16 1

foto: pes try lyd~n

roto: p~~lry tydrn

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fo to: wells~legel

a bb. 162 rieslger amerikanischer reklame-scheinwerfer, in new york, auf dem dach des capilol lealers

die grollo dor projizierl.on buchstahen betragt etwa 50 meter.

schmeidigkcit war als wesentliches gestaltungsmittel crkannt und innerhalb seiner naturgcgebenen moglichkeiten, je nach ausdruckswunsch, variiert worden. es wandeltc seine gestalt von schwarz•ruhiger masse zu volliger auflockerung einer fast schwereloscn gesta lt; von den platten schwarzen seen der groi3en barock•parbnlagen zu springenden fontanen, schaumenden wasserkulissen. aile derartigen bcmlihungen waren auf moglichste vielfalt gerichtet I wobei die entmaterialisierung des stoffes eine groi3e rolle spielte.

ein solches suchcn nach ausdruck mittels des zu i.iberwindenden bzw. zu sub• limiercndcn mate1 ials findet sich auf allen gestaltungsgebicten. so geht der weg

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m der malerei: vom farbigen pigment zum Iicht (farben li chtspiel). m der musik: vom instrumententon zum sfarenton (atrrwellenmusik). tn dcr dichtung: vo n der national.gebundenen 1 von d er geschchnis•gebun•

dcnen sprache 1 von gedanken• bau und gefi.ihl s• bilu zu ungebundenerl absolutcr dichtung.

m dcr a1chitcktur: vom geschlossenen zum offenen raum 1 vom gebundenen inncnraum zum absoluten raum.

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abb. 172 jacques lipchitz 1927 plast1k (bronze)

abb. 173 jacques llpchltz 1927 plastik (b ronze)

dor perforierte block: ein system von rippon begrenzt das luftvolwnen.

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wie sehr das blockhalte bel lipchltz noch maJlgebend ist, zoigen nbb. 173 und 17~. lipchitz vers!cbert dem besucher , dall die plastik nicbt montiert, sondern nus einem stilck ,gezogen " !st.

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a bb. 174 jacques llpchitz 1928 plastik (bronze)

2t moholy.n • gy 185

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das e rke nne n elne r plastlschen entwicklungsstufe 1st noch keln erle bnis de r plastlk

das problem der plastischen gestaltung ist mit einer solchen behandlung bei weitem nicht erschopfend dargestellt. zum wirklich durchdringenden erlebnis sind damit nur die ersten schritte getan. die fi.inf stadien der plastischen ent• wicklung bieten nur die ersten groben unterscheidungen der technisch•auGeren erfassung, eine einleitung zum ersten erkennen des groilen gejstigen umkreises, zum agnoszieren der plastischen form. das totale erlebnis cines plastischen werkes setzt - neben der intuitiven grunderfassung - auch kenntnisse von anderen elcmentwirkungen voraus. solche clemente - wiederum nur als erste grundlage zu verstehen - sind die stereometrischcn und biotechnischen konstruktionselementc , Iicht•, bewegungs•, mail• (proportions•) gesetze, struktur•, textur•, fakturbeziehungen.

wie i.iberall, gilt auch hier, daG nicht das umfangreiche, sehr weite wi ssen von merkmalen und elementen fur cine gestaltungsarbeit wichtig ist, sondern die fahigkeit und der mut, unter den vorhandenen ausdruckselementen neue rela• tionen aufzurichten, ihnen i.iber das alltagliche binaus durch beziehungsschaltung einen ncuen sinn zu geben. das geschieht am erfolgreichsten von einer zentralen sichcrheit des aktiven menschen her, dessen existenz und verantwortung in dem lebendigen, in dem Ieben wurzelt. ohne cine solche sicherheit werden die an sich harmonisch befundenen clemente nicmals zu einem organismus wachsen konnen. sic bleiben cine reihung von elementen, vielleicht cine reiche - aber im sinne des aufbaus, der biologischen ,ernahrung" des menschen belanglose - arabeske.

eln nebenweg

vor der behandlung einer solchen zusammenstellung, eines solchen kompendiums von elementen der plastischen gestaltung, muG noch von der darstellungsabsicht und der damit zusammenhangenden frage des psychischen ausdrucks, sei ner wirkungsintensitat, gesprochen werden. diese faktoren werden noch heute als die wesentlichsten der plastik beurteilt, obwohl sic grundsatzlich nicht zu den elemen• ten gehoren, aus denen sich die plastische gestalt in ihrer reinsten form aufbaut.

darstellung

fur den primitiven war die darstellung hochstwahrscheinlich gleichbedeutend mit greifbarkeit, besitzergreifung. er stellte die ihn bewegende oder ihn i.iber• waltigende realitat sozuzagen in menschenma~en vor sich hin. zuweilen wollte er sic auf diesem wege in seinen dienst stellen.

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in der totenmaske wird die unbegreifliche tatsache des sterbens prtmttlv greif• bar. hier ist zugleich der anfang des portrats. durch die mumifizierung ver• wandelt sich der mensch in eine puppe: der gestorbene ahnherr, die wurzel der familie, bleibt als mumie in deren realem besitz.

em spateres stadium sublimiert diese vorgange.

die besitzcrgreifung wird auf wesenheiten ausgedehnt, die nur in der vorstellungs• welt Ieben. es treten personlich nicht bekannte ahnherren: gotter auf, personi• fiziertc gewalten einer reichen natursichtigkeit. in eine form gebannt werden sie - wenn auch angebetet - zu dienern des menschen.

lchm, holz, stein werden unter den handen lebendig. der mensch merkt das und versucht nun, das ibn bewegende in seinen nach auGen projizierbaren, er• fahrcnen oder vorgestellten form en zu fassen. er erschaut das typische; und das den erscheinungen und emotionen gemeinsame lebt in parallelen zi.igen der nach• bildung auf. eincs tages werden die kleinsten abweichungen vom typischen bemcrkt. zu den crstcn beobachtungen der typischen ziige kommen die indi• viduellen merkmale. die leisesten zuckungen der gesichts• und korpermuskulatur werden als aus~

druck gewertet. die ganze darstellung wird auf imponderable grof3en gestellt: der weg vom typischen zum individuellen. und als dieses nicht mehr steiger• bar ist, als die darstellung wieder maskenahnliche mechanische vollkommen• heit erreicht hat, kommt der riickschlag. statt vibrierender, ablesbarer wirklich• keit - neutralisierende ruhe, stilisierung, starre, verdrangung des individuellen, streben nach gleichgiiltigkeit gegeniiber dem psychischen. in der nachsten stufe fiihrt das zur heraushebung der psychofysischen (sinnlich• sittlichen) wirkung der volumen• , figur~ , verhaltnis• und materialexistenzen. das ist eine grol3e entdeckung: eine bildnerische formsprache fur den ausdruck. in der iibergangs• zeit werden dafiir belanglose objekte verwendet, wobei auf cine ahnlichkeit kaum, auf die darstellung der psychischen momente gar kein wert gelcgt zu werden braucht: absintglas, geige (picasso, boccioni abb. 86, 8 7 ) usw. noch spater verschwinden auch diese objekte ganz. das ,.seelische" liegt nun nicht mehr in der abbild ung der mit ,leben" erfiillten ziige, sondern in der wirkung der beziehungen von elementen. nicht die darstellung des objekts, auch nicht eines gefiihls ist dabei die wirk•

24. 187

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liche aufgabe, sondern die souverane gestaltung von verhaltnissen der volumen, des materials, der ma!3e, der figur, richtung, lage und des lichts. daraus cntsteht die neue realitat.

zur frage der h a rmonielehren

seit uraltcn zeiten ist man bemiiht, gesetzesformeln ausfindig zu machen, die das intuitive des menschlichen ausdrucks in wissensma!3ige handhabung von e I em en ten zcrlcgen. wiederholt versuchte man kanons aufzustellen, die mit sicherhcit zu einer harmonischen leistung in einem gewahlten gestaltungsgebiete fi.ihren konnen.

wir sind gegen die so gearteten harmonielehren skeptisch geworden. wir glau• ben nicht an mechanisch herstellbare kunstwerke. wir wissen hcute, daB die harmonic nicht in einer astetischen formel, sondern in der organischen, un• gcstort ablaufenden funktion einer jeden existenz ruht. demnach sind die kennt• nisse irgcndwelchcr kanons weit weniger wichtig als das vorhandensei n cines richtigen menschlicben gleichgewichts. einer arbeit von diescr seite her nahe• zukommen bedeutct beinahe schon, sie in gleichgewichtiger harmonischer form losen, ihr ihren wahren sinn geben. das gesetzma!3ige der arbeit stellt sich in solchem fallc \"On selbst, organisch, ein. an dieser stelle und nicht in den kanons liegen die ,geheimnisvollen" krafte, die dem ausdruck - in einem spezifischen material form geworden - seine ein• deutige richtigkeit und bcrechtigung geben konnen.

funktlonslehre?

der biologische autbau des menschen ist die eigentliche queUe jedes organischen ausdrucks. von dieser einsicht her konnte man versuchen, die beweggriinde eines solchcn ausdrucks in einer funktionslehre zu erfassen.• ) \"On da aus ware eher eine ,.gebrauchsanweisung" - fur die organische - nicht ,harmonische" - verwendung der clemente moglich. die aufgabe ist schon einmal in angriff genommen worden. alte proportions• lehrcn arbciten mit biologischen voraussetzungen. sie behandeln die maBe des menschenaufbaus in den verhaltnissen des goldenen schnitts, im hexagramm,

e ) in dcr holliindi\Chcn ::citschrift .,i IO'· bat heinrich jacoby eincn arlikel iiber .,die gemein• same biolugi\Che grundla/:e aller gestaltungsarbcit" angeki.indigt. die formulicrung ist z.weifeJs, ohnc durch jacoby\ bhhcrigc .ubciten gercchtfertigt.

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und in anderen (gotischen) proportionsgesetzen. i.iber diese matematischen und geometrischen ordnungen hinaus fehlte aber noch ein erschopfender zusammen• hang mit den weltregelnden gesetzen, denen der mensch untergeordnet ist, wo• von sein biologischer aufbau abhangt. die deutliche vorstellung dieser gesetzma13igkeit ware wichtig als grundlage zur funktionellen realisierung des ausdrucks. sie konnte den schli.issel zu allen als harmonisch empfundenen erscheinungen liefern. aber wer ist fahig, dieses gesetzbuch der menschlichen funktionen in worte zu fassen?

cine mehr auf das fundamentale gerichtete anschauungsweisc mi.il3te uns er• kennen lassen, dal3 die biologischen funktionen des menschcn nicht nur von unerhorter lebcndigkeit, sondcrn auch von aul3erordentlicher vie If a It sind, und dal3 zwischen ihren grcnzwerten eine unzahl von moglichkeitcn, je nach den auslosungsfaktoren, lagern. einer jcdcn menschlichen bewegungsfase entspricht z. b. einc haltung ; und die einzelnen haltungcn sind immer ausgewogene gleichgewichtslagen, die reflektiv von innen her geregelt werden. daher kann der mcnschliche organismus selbst in unvorhergesehenen, verwickelten situationen geistig und korpcrlich, innerlich und aul3erlich, eine beispiellose ,.geschicklichheit" entwickeln. die unaufhorliche funktionsbereitschaft seiner einzelorgane, sich gemal3 den gegebenheiten in den gesamtbau einzuordnen, erzielt seine nach allen seiten ausponderierte fahigkeit zu organisch ausklingenden funktionsablaufen. das und nichts anderes ist die basis der .,harmonic". man beobachte nur, wie ein plotzlich angegriffener mensch sich zur wehr setzt: wie ein mensch e'in stolpern, ein rutschen ausbalanciert. • )

elementenlehre?

wtr konnen uns dem problem auch von emer anderen seitc nahern.

ein jeder ausdruck kann in eine reihe von elementen zcrlegt werden. jedes element wird von uns fysiologisch registriert. jedes fysiologischc crlcbnis wirkt

e) oft gchcn die bewcgungcn zu schnell vor sich, urn in ihrem ablauf bcob;~chtet werden zu konnen. die zei tlupc kommt uns dabei zu hilfc. cin sturz bcim ski•lauf ::. b ., mit zcitlupc aufgcnommcn, vcrlicrt jcdes grotcskc moment, wirkt glcichgewichtig, harmonisch.

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sich gleichzeitig auch psychisch aus. die ,.sinnlich$sittliche" (goethe) - psycho• fysische wirkung der sinnlich faBbaren clemente (farbe, ton usw.) ist die grund. !age unserer beziehungen zu gegenstand und ausdruck. sie ist auch die materielle grundlage der kunst.

fUr die sinnlich.sittliche (psycho•fysische) wirkung der clemente besitzen w1r noch keine eindeutigen feststellungen, abgesehcn von einigen in der volks• sprache gebdiuchlichen ausdri.icken. z. b. gelb = farbe des neides,

gri.in = hoffnung, rot = Iiebe.

stiere konnen mit rot gereizt werden. wirkung der glasorgel: der mensch weint. bei primitiven volkern existiert noch die kenntnis von der (psycho•fysischen) wirkung der speisen und getranke. man behauptet z. b., daB die beherrschung der ki.ichc dort der frau - mehr als anderswo - die herrschaft i.iber den mann sichert.

auf einem einzigen gebiet, dem der farbe, sind anfangsschritte zur kHirung ge• macht worden. goethe hat versucht, die sinnlich•sittliche wirkung der einzelnen farben, auch farbenpaare zu bestimmen; aber fi.ir kompliziertere gebilde war auch seine spracbe nicht differenziert genug.

in einer lehre von den psycho•fysischen wirkungen der farben mi.iBten unzahlige i.iberschneidungen vorkommen. die zahl der praktisch auftretenden falle von beziehungen ist so groG, daB ein jedes beispiel in den fcin sten sprachni.iancen ausgedri.ickt werden muB, wenn es nicht in bl!zug auf die anderen zusammen• sctzungen zu falschen resultaten fi.ihren soli. im laufe der zeit kann sich auch die bedeutung der elcmente andern. (durch haufigc anwendung entsteht oft cine deutliche abstumpfung; was in einer periodc noch hochspannung anzeigte, kann in eincr nachsten als ausgeleiert in das gegenteil verkchrt werden.) und sclbst die menschliche disposition zu gewissen reaktionserscheinungen kann sich andern. so wird man verstehen, daB die wirkung von reicheren farbcnkomplexen, wic ein bild sic z. b. enthalt, i.iberhaupt nicht mehr mit den logischen bindungen einer bewuBt werdenden gehirnarbeit zu fassen sind, sondern daB wir sie, bei entsprechcnder bereitschaft, in zentralen gebieten unseres lebendigen seins,

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groBtenteils unabhangig von intellektarbeit (mehr oder weniger auch unbewu!3t), aufnehmen.

wenn diese meinung bejaht wird, so mu!3 man sich klarmachen, daB exakte formulierungcn our dort - und sogar da nicht mit sicherheit - moglich sind, wo es sich urn die psychosfysische wirkung der einze l•elemente handelt. sobald diese einzelelemente miteinander kombiniert werden, hort die moglichkeit cxakt beschreibender feststellungen auf. die kombination der clemente kann in einer bewu!3ten handlung erfolgen; und doch entsteht zugleich, unabhangig von der kontrollc des bewuBtseins, ein anderer vollig neuer organismus.

ohne also behaupten zu wollen, daB die totalitat eines ausdrucks durch cine addierung der teile zustande kommt, mu!3 doch gesagt werden, daB die be• , kanntschaft mit den elementen eine wertvolle unterstutzung in aufbau und er• lebnis von ausdruckswerten sein kann. diese clemente k on n en bei ihrer ge• legentlichen verwendung zu einer neuen ganzheit zusammengeschwei!3t werden, wenn ein organischer ausd1 uckswunsch den anstoB dazu gibt. damit ist zwar nicht die existenzberechtigung einer harmonielehre - wohl aber einer elementen• lehre gegeben. die aufgabe einer solchen elementenlehre ist die i.ibersicht und ordnung der verwendbaren gestaltungselemente. die elementenlehre kann die aufgabe cines wohlorganisierten werkzeugkastens, einer enzyklopadie erfi.illen, aber nicht die grundlagen der gestaltung geben.

mitunter geni.igt es, einem menschen die ganze fi.ille des elementenreichtums aufzuzeigcn, und seine innere sicherheit wird ihn zur wahl in der richtung seines ausdruckswunsches ddingen. der aufbau organischer beziehungen zu gleichgcwichtigcr einheit muf3 dann ibm selbst i.iberlassen werden, denn die benutzung dcr clemente darf nicht anders als von der biologischen notwendig• keit her reguliert werden.

ein versuch

im folgenden ist das skelett einer allgemeinen elementenlehre der bildnerischen gestaltung gegeben. • ) sie enthalt begriffe in abstracto, die in einem bestimmten material ( werkstoff) zu en de gedacht werden konnen.

e ) wahrcnd dcr reinschrift des buches habe ich auf die ausfiihrliche behandlung sowie auf die zugchorigcn hildcrbci,piele - ein stattliches material - zu den einzelnen punktcn verzichten miisscn.

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etne solche lchre bietet zunachst our eine wissensbereicherung, eine hilfe zur steigerung dcr seh• bzw. sinneskultur. auf diesem wege kann sie zum anreger einer aktivcn gestaltungsarbeit werden. die ihren sinn aber - wie schon ofter in diesem buch ausgcsprochcn - von tnnen, von dcm biologischen her erhalten muG.

z u elner a llgem eine n e le m entenlehre

eine allgemeine elementenlehre wird aufgebaut auf den beziehungen der I vorhandenen formen:

matematisch • geometrische form en biotechnische formen;

II neu erzcugten formen und formkomplexe: freie formen.

die erzeugung neuer formen ka~n fundiert sein auf: 1. verhaltnissen dcr maf3e (goldener schnitt und andere proportionen),

lagc (abmeBbar in winkeln), bcwegung (geschwindigkeit, richtung, verschicbung, durchdringung,

krcuzung); 2. matcrialwerte

struktur tcxtur faktur (haufung);

3. Iicht (farbe, optische tauschungen).

die beziehungen der formen konnen wirksam werden als:

192

1. kontraste; 2 . abweichungen; 3. variationen:

a) schiebung (reihung) b) drchung c:) spiegelung.

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"'. ·~

IV. der raum (architektur)

193

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definition de s ra umes?

bei dcr definition des raumes herrscht hcute eine gro.Be unsichcrheit. schon an unscrem sprachgebrauch wird diese unsicherheit deutlich, und eben dieser sprach•

gebrauch vergro.Bert sie noch. was man im allgemeinen vom .,raum" wei.B, ist wenig geeignet, ihm eine reale

fagbarkeit, einc handgreifliche existenz ::u geben.

die ve rschiedenen arten von , raum" •> man spricht heute von dem:

matematischen projektiven

fysischen metrischen

geometrischen isotropen euklidischen topologischen

nichteuklidischen homogenen

architektonischen absolutcn

tanzerischen rclativen malerischen fiktiven szenischen abstrakten

filmischen real en

sfarischen imaginaren krista II in ischen endlichen

raum.

kubischen uncndlichen hyperbol ischen grenzenlosen parabolischen universalcn ell i ptischen ater-korper$ mncn• flachen• au .Ben• linearen bewegungs•

d'"'l hohl·

z~ei• stufigen luftlceren

Ctn< formalen usw.

• > sic he .1uch: dr. rudolf carnap: der raum / kantstudicn, berlin 1922, und dcr Jogischc aufbau dcr wcltf wcltkrcJsvcrlag, bcrlin.schlachtensee 1928

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raum 1st realitat

trotz dieser verwirrenden aufzahlung miissen wir uns jeden augenblick dazu bekennen, daB der raum eine realitat unserer sinncserfahrungen ist. eme mcnschliche erfahrung wie andere, ein mittel zum ausdruck wie andere. w1c

andere realitaten, andere materialien.

raum ist eine realitat, nach eigcnen gesetzcn faBbar, nach cigcnen gesetzen glieder• bar, er muB nur in seiner fundamentalen substanz erfaBt werden. tatsachlich hat der mensch es im laufe der zeit dauernd versucht, auch diese realitat (dieses material) in den dienst seiner ausdruckstriebe ::u stellen. nicht weniger als andere realitaten, die ihrn begcgnet sind.

raum 1st lagebeziehung von korpern

cine raumdefinition, die - wenn sic auch nicht erschopfend ist- mindestens zum ausgangspunkt fi.ir die wciterbehandlung genommen werden kann, findet man in der fysik: .,raum ist lagebeziehung von korpern". demnach: raumgestaltung ist die gestaltung von l<tgebe::iehungen dcr korper (volumen).

diese definition mi.issen wtr mit dem organmaBigen erie ben konfrontieren, urn sie richtig fassen zu konncn.

das organische raumerlebnis

dem menschen wird der raum - die lagebeziehungen der korper - zuerst mittcls seines gesichtssinnes bewuBt. dieses erlebnis der sichtbaren lagebeziehungen kann durch bewegung: veranderung der eigenen lage - und mittels des tast• sinnes parallel erlebt, kontrolliert werden.• ) weiterc raumerlebnis•moglichkeiten liegen im akustischen und gleichgewichts•

e) von dcr scite des s u bj c k ts a us ist also raum am unmittelbar~tcn crlcbbar durch bewegun,::, auf cincr hohcfen stufe durch den Ian:. dcr tanz ist gleichzeitig cin elcmcntares mittel zur crfi.illung raumgestalterischcr wiinschc er kann den raum vcrdichtcn, ihn glicdcrn: dcr raum dehnt sich, sinkt und schwebt - lluk• tuiercnd in allen richtungen.

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organ; • ) ferner in anderen raumerlebend funktionierenden empfindsamkeiten unseres korpers, deren lokal isier ung nach heutigem wissen noch sehr ungewil3 ist. sie gehoren wahrscheinlich in die gruppe jener sinnestatigkeiten, die atmo• sfarisches und tclepatisches aufnehmen und wciterleiten. d ie bewul3tmachung d ieser bereiche wird u. a. auch der architek tur gro!3e d ienste leisten.

primitiv formuliert erfa!3t der mensch also den raum: von seinem gesichtssinn aus in erscheinungen wie: weite persp.ektiven (abb. 182),

sich treffende, schneidende £lachen, ecken, klare durchsichten (abb. 183), durchdringungen (abb. 186, 201 - 208), mal3verhaltnisse, Iicht.

von seinem gehorsinn aus: durch akustische erscheinungen; von der bewegung aus: in verschiedenen raumrichtungen, durch kommuni•

kation (abb. 179, 183) - horizontal, vcrtikal, diagonal, kreuzungen, sprungc usw. (abb. 180);

von seinem gleichgewichtssinn aus: durch kurvcn, drehungen ( wendeltreppen), (abb. 135, 136, 199, 201).

raumerlebnis ist kein privileg begabter menschen, sondern biologische funktion

die biologischen grundlagen des raumerlebnisses sind einem jeden gegeben, so wie das erlebnis der farben oder der tone. durch . i.ibung und geeignete beispiele kann ein jeder diese fahigkeit aus sich herausschalen. wohl werden zahlreiche unterschiede in der erlebnisfahigkeit vorkommen, genau wie das bei and ern erlcbnisgebieten der fa ll sein mag - grundsatzlich aber ist das raumerlebnis einem jeden zuganglich, selbst in seiner reichen, komplizierten form.

praxis

die zur erfUllung der funktion eines bauwerks notigen clemente fi.igen sich zu einem raumgebilde, das uns zum raumerlebnis werden kann. das raumgebilde ist in diesem fall nichts anderes als der okonomischste zusammenhang von grund• ril3organisation und mensch. das jeweilige lebensprogramm spielt darin eine be• deutende roll e. die art der raumg es ta It u ng ist dam it allerdin gs noch nicht gegeben.

e ) in clem ,buch dcr 1000 wundcr" von fiirst unci moszkowski {46.- 48. tausend, albert Iangen verlag miinchen) sind cinigc interes~antc diesbeziiglichc cxpcrimentc bcschriebcn. ,.das wirbclndc mccrschweinchen" (s. 106) bchandelt die lokalisierung des glcichgewichtssinnes; ,.cin schritt vom wcge" (<o. 60) die raumoricnticrung; ,.bienc und geometric" (s. 83) dassclbc . •. da~ formhoren" (s. 57 ) berichtet iiber die akustischen bestimmungsmoglichkciten clcr formcn und des raumes ; ahnlichc~ dcr auf,at:: ,.augenersat: fur blindc".

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erst wcnn vcrkchr, bewegung, hor• und sichtbarkeiten in dauernder spannung ihrer diumlichen beziehungen erfaf3t sind , wird von einer raumgestaltung ge" sprochen werden konnen.

architektonische grundfragen

bei der organisation cines baues tauchen die mannigfaltigsten sozialcn, wirt• schaftlichen, technischen, hygienischen probleme auf. in der losung dieser probleme steckt hochstwahrscheinlich ein wesentliches stuck schicksal unserer und der nachsten generation. • )

trotz der dringlichkeit dieser probleme und der damit verbundenen auf3erordent• lichen vcrantwortung werden sie noch selten an der richtigen stelle angepackt. die wenigen menschcn, die auf grund ihrer erkenntnissc seit langem zur durch• denkung und aktivierung neuer moglichkeiten drangen, werden zur praktischen arbeit selten herangezogen. das erste und letzte wort hat hcutc im allgemcinen der bauunternehmer.

dazu kommt, daf3 mit der i.iblichen nennung der sozialen, wirtschaftlichen, tech• nischen und hygienischen probleme der erkenntnis• und verantwortungskreis noch nicht geschlossen ist. zwar ist es scbon ein grof3es plus, wenn neben der finanztechnischen bchandlung auf kurze sicht die probleme der konstruktion und volkswirtschaft, der technik und okonomie ernst genug genommen werden. aber die eigentliche uber die allseitige zweckerfi.illung hinausgehende achitek• tonische konzeption, die gestaltung des raumes wird meist nicht diskutiert, vielleicht, wei! ihr inhalt den wenigsten gelaufig ist.

iiber die erfiillung leiblicher elementarer bediirfnisse hinaus soli der mensch in seiner wohnung auch die tatsache des raumes crlebcn konnen. nicht ein. zu• riickweichen vor dem raum soli die wohnung sein, sondern ein Ieben im raum, in offenem zusammenhang mit ihm. das bedeutet, daf3 eine wohnung nicht nur durch preisfragen und bautempo, nicht aile in durch mehr oder weniger auf3erlich gesehene relationen von verwendungszweck, material, kon• struktion und wirtschaftlichkeit bestimmt werdcn kann. es gehort dazu

e) adolf behnc hat als motto seines volkstiimlichen, sehr menschlichen buchcs ,neues wohncn - ncucs baucn" (verlag hesse 0. becker. leipzig) den grausamswahrcn spruch heinrich ;:illcs gc• wah It : , man kann mit einer wohnung einen menschen genau ~o toten wie mit einer axt."

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das r au merle b n is als grundlage fur das psychologische wohlbefinden der ein• wohner. • )

diese forderung ist nicht als verschwommene frase eines mystischen bekennt• nisses aufzufassen; es wird gar nicht lange dauern, und man wird darin cine exakt umschreibbare notwendigkeit der architektonischen konzeption erkennen, d. h. architektur nicht als komplex von innenrliumen, nicht nur als schutz vor wetter und gefahren, nicht als starre urnhullung, als unveranderbare raum• situation verstehen, sondern als bewegliches gebilde zur meisterung des lebens, als organischen bcstandteil des lebens selbst. die neue architektur auf ihrem hochstnivo wird berufen sein, den bisherigen gegensatz zwischen organisch und kunstlich, zwischen offen und geschlosscn, zwischen land und stadt aufzuheben. wir sind zu sehr gewohnt , die architek• tonischen gestaltungsfragen beim wohnungsbau zu iibersehen, weil dcr nutzeffekt im vordcrgrund steht: ort der entspannung und regeneration. cine zukunftige konzcption der architektur mu.B die gesamtkonstellation erdenken und reali• sieren: den einzelnen als teil eines biologisch vcrnunftig aufgcbautcn ganzen soil sie nicht nur zur entspannung und regeneration, sondern auch zur stcige• rung und zur harmonischen auswirkung der krafte bringen. die wege dazu mogen vielartig sein. cines tages wird man doch bei dieser elementaren forde• rung des gestalteten raumes, insbesondere des wohnraumes, Ianden mussen. dann kann fur den architekten nicht mchr das individuelle wohnbedi.irfnis des einzelnen, cines berufes, einer reichtumsstufe der ma.Bstab sein, sondern es geht urn die allgemeine basis, urn die zu fordernde biologisch entwickeltc wohn• form des menschen. dicse gemeinsame grundlage kann dann variiert werden, wenn berechtigte einze). bedurfnisse vorliegen.

• ) cincn sehr wertvollen tcorctischen beitrag, vielleicht den wertvollstcn der let::ten jahre zur architckturfr.1gc, gibt c.las buch von s giedion ,bauen in frankrcich, bauen in ebenbeton, bauen in ci~cn" (verlag klinkhardt 6- biermann, leipzig). giedion vcrsucht dilrin zu zcigcn, wic heutc die konstruktion, die folgcrichtlge verwendung der matcri<llicn und okonomischen prinzipien zur architcktoni~chen gcstilltung werden. doch sagt auch cr, dal~ baumatcrial und konstruktion nur mittel zur crfullung cincr architcktonischcn vision sind. cs mul~ sc!bstl•crstandlich scin, daiS diese wichtigkeit raumgestalterischcr absicht nicmals a us• ge~piclt wcrdcn d.1rf gcgcn cine im augcnblick viellcicht hochst aktucllc tcilproblcmatik, tages• forderung so ~tcht e~ z. b. aufSer diskus~ion, daB hcute die errichtung von wohnhausern fiir das ex hit nzminimum dringendste notweodigkcit und nach~tliegcndc aufgabc ist. doch selbst bci ciner so bcgrcnzt gcstcllten aufgabe wird man die gcsetze, die in den grofScn biologischen zu~ammcnh,1ng gchoren, nicht vergessen diirfen.

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pos1hve vorschHige fl1r die architektur der zukunft zu machen ist naturlich kaum moglich. jede zeit hat ihre eigene arckitektur. fur unsere zeit miil3ten :unachst tauscnd einzelheiten technischer und menschlicher bereiche untersucht, gesaubcrt, bewul3t gcmacht werden. gleichzeitig ware der inc;tinkt des menschen, besonders des jungen menschen, =u pflegen, urn der bewul3tmachung der eim:el$ heiten gegenuber cine starke basis zu halten.

auf \'erschiedenen lebensgebietcn werden heute von jungen menschen unter• suchungcn der biologischen grundlagen und forderungen durchgefiihrt. die umwalzcndcn tesen dieser disziplinen scheinen ubcrall fruchtbringend und untercinandcr korrcspondierend zu sein. die versuche eincr neuen raumerfassung und raumgestaltung durfen also -wcnn noch so wichtig - aus diesem grunde nur als cine komponente in dieser ncuorientierung verstanden werden. die primarsten raumerlebnisquellcn sind heute noch mit technischen schlagworten verschtittet; auf diescr grundlagc kann die zukunftsarchitektur, die gestaltung des neuen lebensraumes fUr den menschcn nicht entstehcn.

die architcktur wird einer losung erst nahe gebracht durch die ticfst~n erkennt• nisse vom menschlichen Ieben als gesamterscheinung im biologischen ganzen. eine der wichtigsten komponenten in diesem zusammenhange ist die einordnung des mcnschen in den raum, die fal3barmachung des raumes, architektur als gliedcrung des universcllen raumes.

die wurzcl der architektur liegt in der beherrschung der raum• problematik, die praxis im konstruktionsproblem.

i.iber das erlebnis von architektur

der wcg zum erlebnis der architektur geht also uber ein bestimmtes biologisch• funktionelles erfassungsvcrmogen. der bildungshungrige geht trotzdem noch meist den weg der stilmerkmalc, insbesondere der stilmerkmale der sogenannten kulturdenkmaler:

dorische saule, korintisches kapital, romanischer bogen, gotische rosette usw.

nur selten erfal3t er den gestaltungsanfang dieser raumglicderungen, den kern dieser architekturen. die historische metode tauscht haufig ein wissen urn die architektur vor, obwohl cine iibung - auf grund von stilmerkmalen das alter

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cines bau werkes bestimmen zu konnen - etwas ganz periferisches sein kann. nur wcnige konnen noch die wunder des gestalteten raumes erleben.

der ,.gcbildcte" mensch besitzt im allgemeinen heute weder ein bewuBtsein noch cine gefi.ihlssicherheit zur beurteilung architektonischer werke als raum• gcstaltung. er kann sie viellcicht nach alter bestimmen, aber nichts wesentliches darin erfi.ihlen. die eigentliche wirkung der raumgestaltung, das unbeschreibbare gleichgcwicht gebundener spannungen, das fluktuieren einander durchdringender raumcncrgicn g leitet unbemerkt an ihm vorbei. Ieider kommt das selbst bei architekten vor, die auf grund einer fatalen er• zichung das wesen der architektur an fal scher stelle suchen. so konnte es vor• kommen, daB manche ,modernen" architekten aus der wirklich revolutionaren architektur nur stilmerkmale iibernahmen, wie z. b. die miBverstandene .,kubische" form des auBeren aufbaus. dazu kommt, daB ihr ausgangspunkt eine neben• einanderrcihung von innendiumen ist, von wo sie wohl zu einer art funktions• losung kommen konnen, die architektur aber als erlebbare raumbeziehung nie fassen. architcktur muB - auf aile funktionsteile bezogen - im ganzen, als ganzes konzipicrt sein. ohne dies bleibt ein jedes gebaude zusammensti.ickelung von hohlkorpern, die tcchnisch baufahig, niemals aber zur raumgestaltung, mithin zum sublimierten raumlichen crlcbnis werden konnen.

die gre nze zwische n archltektur und plastik

obwohl architektur und plastik zwei ganz getrennte gebiete sind, konnen -insbesondere in der anfangsentwicklung einer kulturperiode - faktoren wirksam werden, die in der auBeren erscheinung eine raumgestaltung einer volumenge• staltung ahnlich machen. mit anderen worten: dem im sehen ungei.ibten konnen plastikcn einer gewissen periode als verkleinerte architektur, und architekturen als vergroBerte plastiken erscheinen. der irrtum liH3t sich vermeiden, indem man sich das wesenhafte der bctreffenden gcstaltungsformen vergegenwartigt.

plastik 1st imme r gestaltung von volumen

die gebicte sind klar geschieden und deutlich begrenzt. der ursprung: die streng umrissenen blockhaften materialmassen werden - wenn noch so auf• gclockert - ( eiffelturm, abb. 175) - als grundform immer ablesbar bleiben. plastik ist immer geschlossen. (selbst bei dem virtuellen volumen ·der kine• tischen plastik.) (abb. 176 - 178)

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foto: sl,wb.l abb. 175 dcr eiffelturm

der eiflelturm isl gren~ebiet zwischen arcbitektur und pla&tik. nncb der beweisfuhrung vor­Uegenden bucbes 1st er eine plastik: volumengestaltung. er ist e1n durcbbrocbonor, vollig per-forlerter (wenn aucb montlerter) ,.block".

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abb. 176 charlotte victoria (bauhaus, erstes semeste r 1923) volumen· und raumstudie (glas und kaliko)

eine analogle

foto: eckner I we1m.u

die tatsache einer kinctischen plastischen ausdrucksform fiihrt zu der anerkennung cines raumzustandes, der nicht das ergebnis der lagebcziehungen von starren volumen ist, sondern von sichtbaren und unsichtbaren wirksamkeiten der be• wegungstatsachen und bewegungsformationen, unter umstanden also aus be• zichungcn von kraftfeldern besteht. diese auslegung von ,.lagebeziehungen der korper" (gleich raum) fi.ir die schaffung neucr raumrelationen ist durch die heutigen wissenschaftlichen er­kenntnisse wie ,stoff gleich kraft" durchaus gegeben. ihre bedeutung fi.ir reale architektur: beziehung statt masse- wird sich voraussichtlich erst bei der kommenden generation auswirken.

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toto! consemlillttr bauhaus

a bb. 177 berenbrock (bauhaus zwe1tes semester 1926) studie fUr durchdnngungen zur raumbildung

statt statik: kIn et i k

was wir davon heute fassen konnen - selbst in einer utopischen vorstellungs• welt - ist noch gering (abb. 178). die uns zur vcrfi.igung stehenden baumate• rialien erlauben auBerordentliche leistungen, aber sic kornmen der fantast ik ciner solchen raumgestaltung (architektur) kaum nahe. was wir uns, fUr unsere raumlich sich aufiernden funktionsablaufe, bis heute erobert haben, steht in engem kontakt mit den auBerungsformcn auch auf ande• ren gebietcn (abb. 179, 180). dcr generalnenner ist die erfassung des dyna• mischen (kinetischen) in der gleichwertigen verwendung aller beziehungs~

clemente - im gegensatz zu statischen, hierarchischen fixierungen friiherer perioden. friiher schuf man aus sichtbaren, mefSbaren, wohlproportionierten baumassen geschlossene korper, d ie man raumgcstaltung nannte; heutige raumerlebnissc be• ruhen auf dem ein• und ausstromen raumlicher beziehungen in gleichzeitiger durchdringung von inn en und auGen, oben und unten, auf der oft unsicht• baren auswirkung von krafteverhaltnissen, die in den materialien gegeben sind. (abb. 181- 183)

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abb. 178 moholy-nagy 1922

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kinetisches konstruktives system. bau mit bewegungsbahnen fOr spiel und beforderung (durchkonstruiert von dipl.-ing. stefan sebok 1928)

Page 197: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 178a moholy-nagy 1922 die erste fassung des kine­lischen konstrukt1ven systems von s 204e )

der bau ontblUt elno auP.oro bahn mit spiralor steigung zur befordorung des publikuzns, dahor mtt gelandor. statt s tufon •·olh·ampo. abschlu.O obon und zugleich verbindung zur nu.Ooren spiral­rampo: eine horizon tale balbrlngplatUortn , der ein fahrstuhlscbacht angegliedert 1st. ihr oboros endo ist golenkig. das untere ende li•uft in eine horizonlale ringplattfonn aus, die mit einem roll­band das publlkurn durch e tno rutsche herausschleudert.

die horizonlale rlngplatlform schleudorl in verbindung tnit dam fahrstuhJ und durch die drohung des ganzen bauos alios nbwlirts. die bewegungsbnhn dafilr ist die innersto spirale {publlkurn­beforderung, daber geUinder). parallel zu der au.Oeren bnhn eine weitere spirale mit grlSOtmlSg­lichster steigung zur beflSrderung der leistungsfahigeren aktore. kein gellinder sonst wlo die liuOore hahn.

Uber der oberon plattforrn flir das publikum eine horizontal& dreiviertel kreisringfliicho, die abschlu.O der bahn dor aktlSre 1st, <euglolch verbindung mit einer rutschstnngo parallel zu dem publlkUJD­befordernden fahrstuhischacht. die rutschstange hat durch ihre gelenkigen anschlu.Ostellon zutritt zu jeder stelle dor oberon krelsrlngfliiche, wie auch austritt auf jeden punkt det· grundebeno des gesnmten bnues.

figuren geben maBstab, pfeilo bowegungs t•icbtungen an.

e ) siehe auch den cntwurf zur mcchani~chcn exz:entrik im b and 4 dcr hauh.;au~bi.ichrr.

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Page 198: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 179 wettkampf (hUrdenrennen) foto: berllner lllu&trlcrte zcitung

stntL sich zu verblingon, einzuschliefien, offnet sicb der heutige mensch. alles strebt nach licht und luft, nach be{reiendor weite.

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Page 199: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 180 autorennen auf dem n{irburgnng J028 toto: ,ttlant•c

ein kondensiertes raumerlebnis, das sich aus weit.er sicbt und vielgeschichteten bewegungen zu­sammenset.,t.

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Page 200: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: w elt spoegel

abb. 181 luflsch1ffverankcrung auf einem mu1terschiff

in abb. 181 und 182 entstehen die raurnlichen beziehungen groOtenteils durch gespannte drahte.

l!olnngo zwil!chen zwel o>dstenzen eine beziehung zn konstatieren ist, bestebt aucb die mOglicb­keit oinot· spnnnung (blo logische, psychische, raurnlicbe usw.). zum beispiel: wenn man je eine flnge•·spltzo dor rechton und der linken hand einandor gegonuberstollt und sie sehr lnngsam ans­einnndorzioht. immor weitor, his sie hoi ansgestreckten armen nuswlirts zeigen, wird man viel­loicbt oino nhnung bokommon, wieweit snbjektive und ohjektivo l<ontrolle libe r beziehungen mOglich ist.

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Page 201: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 182 foto: krlltall·tplecelalas

sicht von e1nem stellwerk aus

27 moholy·n~gy 209

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ebb. 183 ubereinander gelagerter verkehr (san diego I kalifornien) roto: weltspicgel

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raumge staltung ist nicht I n e rster linie eine frage des baumaterials

somit besteht eine heutige raumgestaltung nicht in der zusammenfiigung schwes rer baumassen, nicht in der schaffung von hohlkorpern, nicht in den I age• beziehungen reichgegliederter volumen. auch nicht in der nebeneinanderreihung von cinzelzellen gleichen oder verschiedenen volumeninhalts. raumgestaltung ist heute vielmchr ein verwobensein von raumteilen, die meist in unsichtbaren, aber deutlich spi.irbaren bewegungsbeziehungen aller dimensions• richtungcn und in fluktuierendcn kdifteverhaltnissen verankert sind.

die gliederung dieser raumgestaltung wird vollzogen: im meBbaren durch korperliche begrenzungen, im nichtmeBbaren durch stromende kraftfelder. so wird raumgestaltung zum knotenpunkt ewig flutender raumlicher existenzen: direktc glicderung des raumcs, herausgerissen und hineingesetzt in den grol3en behalter aller existenzen - raumgestaltung, nicht baumaterialgestaltung. baumaterial ist nur hilfsmittel , soweit es als trager von raumschaffenden und raumteilcnden beziehungen verwendet werden kann. hauptgestaltungsmittel ist 1mmer nur der ra u m, von dessen gesetzen ausgehend d ie gestaltung zu cr• folgen hat.

stufenweise e ntfaltung

in den ersten versuchen zur gestaltung des raumes ist es nati.irlich nur in sehr beschdinktem mal3e gelungcn, das spezifische mittel der raumgestaltung, den raum selbst, zu beherrschen.

der mensch konnte in den verschiedenen kulturperioden meist nur einzelheiten seiner raumerfassenden Hihigkeiten benutzen. der ganze beziehungsreichtum zeigt sich erst in den spateren vorstof3en. das gesamtproblem ist erst heute - nach stufenweiser entfaltung - zu i.ibersehen.

die hlstorische folge

die historische folge einer raumgestalterischen entwicklung kann nati.irlich genau so gut, wie bei der plastik, gegeben werden. doch soli das hier nur skizzen• weise geschehen. die fi.illung mit inhalt, das auffinden zugehoriger beispiele muf3 vom einzelnen besorgt werden.

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Page 204: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: lufthansa

abb. 184 badeanstalt halensee (berlin)

dazu genugt die fixierung, daB die entwicklung vom geschlossenen zum offe• nen raum lief:

1. einzellig, gesch\ossen (hoh\korper), ze\t 2. einzellig, eine seite offen 3. mehrzeUig, geschlossen, durch ungebrochene

wande verbunden

reiche p\astische au~en•J gliederung, zur fa.Bbar• machung der beziehungen trotz starrer korperhaftig·l keit 4. geometrische formung dcr zellendurchdringung

5. offen, fluktuierend, in der horizontale (wright, abb. 184)

plastik ausgeschaltet zu• 6. dassel be auch nach der vertikale hin (geoffnet); gunsten raumgestalterischer l typ: schiffsbrucke. die durchdringung erfolgt fassung nicht nur seitlich, sondern auch nach oben und

unten (abb. 185). der deckengrundriB ist an• ders als der bodengrundriB (abb. 186).

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Page 205: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 185 kommandobrlicke eines ozeandampfers fo to: mohofy.nogy

cUe seit den neunzlger jnbren erbnuton UberseeschiHo sind die vorlilufor der boutigen archltoktur. die notwendlgkoil, mit gerlngstem g~wicht gr0l3ten rauminhalt und vollkomrnene stebUitllt zu er­zielen, zwang den scblffs baulngenieur wie den beutigen arcbitekten der funktlons begrlff zu libnlicben lbsungen.

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Page 206: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

folo: uhu

a bb. 186 treppenschacht des maschinenraumes auf dem hapagdampfer ,albert ballin" (von unten hinauHotografiert)

nlle gl\nge des treppenschachts, der zum maschinenraum hinahf\llirt, llegen auf rosten, damit dle hei.Be luft aua den kesseln ungehindert ahziehen kann. die eriUllun~r der funkUon schafH glelchzeltl~t harmonfsche form.

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Page 207: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: ufa

abb. 187 filmbau

film und teater ermoglicben freie raw:ngestnltung. docb wir sind In der prnxls vorlAuflg ziem­licb entfernt von einer nlcbtilluslonistischen, selbstgesetzllchen l iSsung.

raumgestaltung auf der buhne und lm film

raumgestaltung als ausdrucksform des menschen, aus innerem tricb - wie malerei, plastik, musik, dichtung - gibt es nach landlaufigt!n begriffen nicht. doch ware erst eine solchc konzeption die richtige umkreisung des raumlichen gestal· tungsproblems.

damit die konstituierung dieser moglichkeit nicht leere gedankenbildung bleibe, sei gleich darauf hingewiesen, da.B das teater, und auch der film - manchmal sogar ausstcllungsbauten - gelegenheit genug zur realisierung dieses wunsches bieten. (abb. 187- 192)

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Page 208: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: cmelka

abb. 188 eane rilmlreppe

aber i.ibcr dicse moglichkeitcn hinaus ist eine eingehendc bcschaftigung mit diesem vorstellungskreis wichtig, weil sich hier neue sfaren der befreiung fi.ir den heuti• gen mcnschen auftun und von der befreiung dieser menschlichen energien her auch der zweckverkoppelten architektur hilfe kommen kann; d. h. letzten endes dem menschen, der in seinem alltag dieser zweckverkoppelten architektur eingeNdnet ist.

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Page 209: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

•bb, 189 gabo und pevsner 1927 bOhnenaufbau fOr das djaghileff-ballett ,le. chat"

hier ware die stelle, wo man die frage nach der sinnlich•sittlichen wirkung der raumlichen werte, ja des raumerlebnisses stellen konnte, obwohl eine exakte festlegung heute noch ebensowenig durchfi.ihrbar scheint. wie cine ahnliche festlegung goethe und scinen nachfolgern - in bezug auf die farbe - versagt blieb. die sprache reicht zur formulierung des reichtums innerhalb der empfindungs• ni.iancen nicht aus. trotzdem braucht eine teoretische beschaftigung mit den problemen einer absoluten raumgestaltung keineswegs als ein unfruchtbares aste• tisieren gestempelt zu werdcn .

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Page 210: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: wcdeklnd 1 dessau abb. 190 walter gropius 1927

Mlwurf zum teater der totalitat ( fOr die piscatorbOhne)

a us dem kosmiscben raum wird ein .,stllck rawn" durcb eln - mancbmal kompllzlert erscheinendes -gewebe von begrenzungen und durchdringungen, blndern, drti.hten, glisern herausgeschnitten, wie wenn der rawn ein teilbares, kompaktes objekt ware. so entsteht die neue architektur in vlllliger durchdrin,gung mit dem au.Benraum.

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Page 211: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 19 1 moholy·nagy 1928 foto: lucia moholy

buhnenbau (,hoffmanns erzahlungen" 1 staatsoper, berlin)

ein versucb: a us licbl und scbaUen raum entsleben zu lassen. u. a. wandoln sicb hi or die kulls­sen zu roquisiten filr schatlenerzeugung wn. alles ist durchsichtlg , und alle durchsichtigkeiten f\lgen sich zu einer !l.berreichen, doch noch faDbaren raumgliederung.

es scheint, dt\0 nus all diesen erkenntnissen des Inalerials, volumens und raumes von allen aus­drucksgebieten dRS melste In der nlichslen zukun1t das tenter gewinnen wird. nach einer sack­gBSSe des rein bterarischen wie in der oper nach doun priDlat des akustischen wird die koordination aller elemente einen entscheidenden ruck vorwiirts geben. e )

e ) siehe den aufsatz: moholy •nagy: .,teatcr, zirkus, varietc" (im band .J. der bauhausblicher: , die blihne im bauhaus").

2S• 219

Page 212: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 192 , hag ausstellung en zehlendorr i928 rch1lektur waller gropius

ausstcllungseinrichtung moholy-nagy

fo to: lucia moholy

durcbsicbton und durchdri.ngungen. jede spiegelschritt steigert - obwobl sle flli.che 1st - durch die a ssozlntive tntlgkeit unseres gehlrns das vorne und hlnten , das boch und tlef: die rlhunlicbo wirkung.

220

Page 213: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 193 walter groplus 1926

das bauhaus in dessau

foto: lux feononger

lnnen und auBen durcbch·lngen einander In d.er spiegelung der fenster. das ausoinanderbalten der belden ist nicht mehr moglich. die masse der wand, wornn nlles ,.nuBen" bishet• zorbrach, hat sicb aufgelost und laBt die umgebung in das gebaude flietlen.

221

Page 214: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

das biologische a ls re gulator schlechthin

die letzte und hochste stufe der raumgestaltung ist offensichtlich ihre erfassung vom biologisch moglichen her. in der praktischen auswertung: es kommt nicht auf eine ,plastische". bewegte auGengcstaltung an, sondern nur auf die raumvcrhaltnisse, die die fur einen gestaltungsplan notigen erlebnis• inhalte festlegcn. dabei kann nach auGen unter umstanden einc strenge gro13-flachige begrenzung geschaffen werden, da bei der architektur nicht plastische, bewcgtc figurationen. sondern die raumlichen lagerungen das bauelement sind. so wird das innere des baus durch seine raumliche gliederung in sich und mit dem auGen verbunden.

die aufgabe endet nicht beim einzelbau. schon heute zeigt sich die nachste stufe: raum in allen dimcnsionen, raum ohne begrenzung.

die grenzen werden flussig, der raum wird im fluge gefaGt: gewaltige zahl von beziehungen. das flugzcug hat in diesem zusammenhang cine besondere aufgabe: vom aeroplan aus tun sich neue sichten auf. (abb. 194- 19 8) ebenso von dcr tiefe in die hohe. (abb. 199)

aber das wesentlichste fur uns ist die flugzeugsicht, das vollerc raumerlebnis, weil es aile gestrige architekturvorstellung vcrandert.

sogar die bcschranktere raumgestaltung des industrie- und wohnbaus macht vorstoGe, die das fruher erlebte rasch uberfluten. (abb. 200 208)

ahnliches kann von der verwendung kunstlichen lichtes gesagt werden. das ist schon heutc bei reklamebeleuchtungen bemerkbar. starkes Iicht zerstort das detail, zcrfriGt unnotiges beiwerk und zeigt - wcnn es mit dieser absicht, also richtig verwendet wird - nicht die fassade, sondern nur raumbeziehungen.

von hier aus bahnt sich auch ein weg fur die zukunftige architektur: das inncn und das auGen, das oben und das unten vcrschmelzen zu emer einheit. (abb. 209)

offnungcn und begrenzungen, durchlocherungen und bewegliche fliichen reiGen die perifcrie zur mitte und stoGen die mitte nach aul3en. ein stetes fluktuieren, seitwarts und aufwarts, strahlenhaft, allseitig, meldct dem menschcn, daG er den unwagbaren, unsichtbaren und doch allgegenwartigen raum - soweit seine mensch• lichen beziehungen und heutigen vorstellungen reichen - in besitz genommen hat.

222

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abb. 194 new yorker stra6enkreuzung folo: wcllspiegel

fUr den flugzouttfUhrer 1st houte die vogelperspektive der landschaft oine orlentlerung5moglichkeit. In der nilchsten zukunft worden die sichten von oben in darstellung und natur elnem jeden gellluflg sein mil.ssen.

223

Page 216: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

rotc: atlantic obb . 195 vorspringendes dach als sonnenbad

der begrUJ ,.fassade" verschwand bereits in der architektur. an dem gebaude bleibt keine stelle, die nlcht als trager einer funktion ausgeniitzt wilrde. so kom.rnt jolzt zu der frontnlon ausbildung (balkone, Uchlreklaxno) auch die ausbildung der obersichten (dachgarten, Uugzeugstationen).

224

Page 217: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: cyll:uc zuroch

abb. 196 dm.ngo blick aur cinen neubau von der chicago tribune aus 1928

~·) mohol,·•n.tt:\· 225

Page 218: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: lillie review

•bb, 197 generator in konslruktlon

226

Page 219: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

29'

abb.198 zschornewitz-golpa kOhltorme des gro6kraftwerks

foto p~ttchow

227

Page 220: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

a bb. 199 o. firle 1928 fahrstuhlschachl

228

foto: l<rajewsky

Page 221: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb.200 untergrund­bahn

fo to: pes try tydrn

abb. 201 bohallor in Ctner chomischen fabrik

10 10: k oralle

229

Page 222: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 202 abzugsschlote einer fabrik in ohio foto: wellspie&et

230

Page 223: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 2 0 3 fordfabrik in dotroll (u.s.a.)

231

Page 224: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

toto: t~chni•chc rundschou abb. 204 freiluflschallanlage etnes bahnunterwerks

232

. . • . ' . tl "\. . .. • ••. ~ l . . ·.. ··:· 1.~ ! :'I ~ I:- ~' ~ ·- ' \ ' ' • I ' ' ,.. •

Page 225: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 205 le corbusier : wohnhaus 1925 foto. knotalt-spie~el~la<

abb. 206 fabrikraum

JO mohol)' • n • sn 233

Page 226: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 207 walter groplus 1926 das bauhaus m dessau

234

roto: ltlln& 1 bnullnus

Page 227: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

abb. 208 b,,u des skeletts rur ein planetarium der zeisswerke foto: aenottwerke jenn

eine neue fnso der bes itznahme von raum: eine menschenst.affel in schwebend durchsichtlgem netz, wie e ine flugzeugstaflel im Mer .

30 235

Page 228: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

foto: J"" k ammnn scho~dam abb. 209 .,arcl11tek lur"

nus zwei Uboreinnndorkopierlen folos (negaliv) enl'>lebl die ollus ion •·numlichot• durcbdringung, wie dlo nlichs le generation s ie ers t als glasa•·chitekluo· in der wlrkllchkeil vlelloicbl erleben wh·d.

236

• ~ - ......... , ... I~ • - ......... ·~ ' I .,.,., • r.. . ~ ·~ T~""; • , •. -:",. :· ,. .. ~·_: ..... • I • 1 • • -.-. I r "'

Page 229: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

sachregister du." zahlt-n bf'Zit-hf"n sich :~u f dif! buch~e•ten

a abstrakte malerei 86 akademie 72, 73 aktiv 321 95 arbei tsschule 17 architektur 174, 193, 200 astetisch 71, 72, 217 ausdruck 8, 14, 21, 31 1 177, 191

b bauhaus 17 bau unternehmer 197 begabung 14 berufswahl 10, 11 beschaulichkeit 95 biologlsch 7, 10, 13, 15, 18, 188, 189, 196,

222 biotechnik 60, 149, 192

d dadaismus 91 daltonsystem 17 darstellung 78, 110, 186, 187 dokumentarisch 24 durchdringung 112, 141, 1461 181

1196, 220,

221, 236

e eiffelturm 200, 201 element 1481 157, 186 elementenlehre 189, 192 erlebnls 7, 8, 10, 19, 73 erziehung 10, 11, 16, 17

f fachstudium 11

faktur 33, 45, 59, 78, 79, 81, 90, 192 fantasie 69

farbe 78, 88, 91 fehlaufnahme 156 feuerwerk 163, 1651 166 film 15, 68, 90, 176, 215 flachengliederung 71 for m 60, 148 fotografie 16, 24, 39, 68 fotogramm 89 freiheit 69

funk tionsbegriff 13, 14, 60, 69, 196, 2131

214 funktionsbereitschaft 14, 16 funktionslehre 188 futurismus 82, 90, 93

g gemeinschaft 11, 131 16, 73, 88 geschaftsmentalitat 13 gleichgewicht 115, 1341 135, 140,142- 14 7,

goldener schnitt 188 grundlehre 5 grundri6 212

h handwerk 181 94, 104 harmonielehre 188 haufung 48 hemmung 14, 73 hexagramm 188

idol 101 impressionlsmus 78, 90 industrie 12, 132 ismus 73, 74, 87

j jugendbewegung 13

152, 191, 196

237

Page 230: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

k kinetlk 203 kinetlsche plastlk 96, 152 klassenkampf 16 kollektlvum 8 , 14, 17, 18 komposition 71 konstruktion 71, 111, 148, 151 konstruktivismus 87, 89, 132 kontrast 25, 27, 113, 192 konvention 14 kristallochemle 31 kubismus 74- 77 kultgedH 69 kunst 8, 14, 24, 71, 74, 93, 132,133,188 kunstgewerbe 69 kOnstliches material 31, 89

landerziehungsheim 17 lebensplan 13 IIcht 78-82, 90, 91,166- 177,192, 222 lichtreklame 91 luxwert 86

m manuelles bild 90, 91 maschine 12, 18, 69 maschinenkultur 18 material 20, 60, 74, 96, 191, 192 merzblld 67 metallografie 31 mlkrofotografie 35, 46 montageprlnzlp 15, 119, 121

n negerplastlk 102, 114 neoplastlzismus 87

0

optlsches instrument 91 optlsche tauschungen 192 ornament 60, 70, 93

238

p passiv 95 pigment 80, 81, 85, 88, 174 plastik 90, 92, 200, 201 pointillismus 82 politisch 16 praxis 59 produktionsproze6 12 produktionssystem 11, 12 profit 11, 14 proportion 1131 186, 188, 192 psychofysisch (sinnllch·sittllch) 56, 86, 187,

psychotechnlk 11 purismus 91

r

rationallslerung 12 raum 90, 193 raumraffer 37 reallsmus 162 reflektorische lichtspiele 91

190, 191

reklame 68, 91, 161, 163, 170- 175, 222 relief 82, 83, 106, 109, 117, 151 revolution 16, 67 rundplastik 96, 108, 160

s schwebende plastlk 120, 151, 154 simultan 15, 90, 175 sinnesObungen 18 sinnlich·sittllch (psychofysisch) 187, 190 sockel 128, 143, 152 solidar ltat 11 spielzeug 64, 65, 95, 152, 163, 164 sprilzapparat 88, 89 statik 203 struktur 33, 192 suprematlsmus 87 surrealismus 91

Page 231: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

t taktilismus 24 tanz 195 tasttrommel 25 tastObungen 19, 21, 24 tastdiagramm 22, 26, 28, 29 teater 91, 176, 215, 219 lechnik 12, 13, 60, 72 textur 33, 192 totenmaske 187 tradition 7 2 typografie 68

u ilberblendung 90

y

vegetativer typ 95 verantwortung 69, 186

versuchsschule 17 verzerrung 90 vogelperspektive 223 volumen 92, 155, 167 volumengestaltung 96

w wendekreis 17 werkstofforschung 31, 191 werkprozel3 33, 46 worpswede 17

z

zeitlupe 189 zeit raffer 41 zerstorungstrieb 95 zivilisation 13

239

Page 232: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

namenregister dH~ zahl~n bezoehen tich auf die buchseiten

a archipenko, alexander 103, 106, 117, 120,

178

b barlach, ernst 105 behne, adolf 197 belling, r udolf 107, 119 boccionl 187 bologna, giovanni da 116 brancusi, constanti n 99, 100, 104, 112, 118,

178 b1•aque 681 77 braun, nikolaus 171 burger, fritz 77

c carnap, rudolf 194 carpeaux, j. b. 116 caruso 46 cezanne 77 cocteau, jean 123 corbusier, le 233 csaky 109 czizek 17

d doesburg , teo van 87

f france , raoul h. 60 frobel 17

g gabo, n. 135- 137, 156, 162 galllei 60 giedion, sigfried 198

240

giese, fritz 19 gleizes, albert 77 goethe 190, 217 gris, juan 77 gropius, walter 2181 220, 221, 234 gutfreund, otto 110

h hodler 77

itten , johannes 19, 62

j jacoby, heinrich 15, 188 johansen 133

k kandinsky, wassily 86 kemeny, alfred 162

I Ieger, fernand 77 lichtwark 17 Iietz 17 lipchitz, jacques 178, 180- 185 l issitzky, el 87

m malewitsch, kaslmir 87, 90 marinetti, f. t. 241 68 matare, ewald 103 metzinger 77 moholy-nagy 87- 89, 124 128, 204, 205,

219, 220 mondrian 87 montessori, maria 17

Page 233: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

p pestalozzi 17 pevsner 107, 162 picasso 68, 74-87 , 90, 110, 129, 138,

187

r rodin, augusta 113 rodschenko 8 7 , 122, 142

s sauvage 169 sch1emmer, oskar 108, 109 schmidt, joost 130, 148, 155- 159 schwitters, kurt 6 7 sebCik, stefan 204 servranckx 112 severlni 82

31 mohuh • n•IIY

t tatlin 87

v

vantongerloo, georges 111, 131, 178 verne, jules 17 vinci , lionardo da 115

w wyneken 17

z

zadkine 178 zille, heinrich 19 7

241

Page 234: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

• • ;.i'io"- ,'-' .a,,"('~ •' ~.~ ·'.'"'·"·" •'r' • .l\1•"7 ,··'.,'' ·.. ''\' '.lttr

Page 235: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

AN HANG

OTTO STELZER

UMRISSE EINES SCHOPFERISCHEN EXPERIMENTS

Moholy-Nagys Bauhausbuch >Von Material zu Architektur< liegt seit seinem Er­scheinen im Jahre 1929 nunmehr zum ersten Mal in der deutschen Sprache des Originals als Neudruck vor. Eine englische Ubersetzung unter dem Titel >The New Vision< war etwa gleichzeitig mit der deutschen Originalfassung erschie­nen und erhielt seitdem in Amerika bis 1947 vier weitere Auflagen. Die vierte Edition wurde 1955, 1961 und 1964 im Offset-Verfahren repetiert. Au!3erdem erschien die Schrift, erweitert und bereichert, 1938 als Nr. 1 einer geplanten Reihe des New Bauhaus Chicago. Weiterer Nachweise bedarf es nicht, um zu­mindest fUr die amerikanische Kunsterziehung das Werk als die >Standard­Grammatik moderner Gestaltung< zu begreifen, wie Walter Gropius als Mit­herausgeber formulierte. Eine genaue Textkritik der Ausgaben mit ihren Zusatzen, ein Vergleich der Vor­worte und Anmerkungen wi.irde ergeben, daB >Von Material zu Architektur<, auch wenn es als letztes der alten Bauhausbi.icher erschien, kein Abgesang war, sondern eher Auftakt. Zwar ein Schwanken in der Tendenz, ein Abweichen vom eingeschlagenen Wege ist nirgends zu sehen; aber eine Ieise Wandlung im Ton, eine allmahliche Umbetonung der Werte ist unverkennbar. Diese An­derungen feinsten Grades lieBen sich mit dem Titel der deutschen Urausgabe umschreiben: Moholys Weg tuhrt von der starkeren Betonung des Erprobens und Machens (Material) zu einer starker reflektierten Gestaltung (Architektur), ja in seinem letzten Buch >Vision in Motion< (1947) geradewegs ins Philosophi­sche und Spirituelle. Urn die sachtiche Funktion seines Buches keinem Mi13verstandnins auszusetzen -an solchen hatte es nicht gefehlt -, betonte Mohoty im Vorwort zur zweiten (amerikanischen) Aullage 1938: >Das Buch enthalt einen Auszug der Vorkurs­arbeiten des Bauhauses, wie sie sich von Tag zu Tag zur Praxis hin entwickeln.< Das klingt angesichts der Fi.ille des Gebotenen fast zu bescheiden, doch 1st der lnhalt in der Tat eine Kompilation dessen, was Mohoty seinen Schi.ilern im Vor-

243

Page 236: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

- ---·~------

kurs vermittelte, den er allerdings tor das >Ri.ickgrat der Bauhauserziehung• hielt -mit Recht, denn der Zweifel an der Bedeutung der Vorklasse innerhalb des Bauhauses selbst und der Beginn seines Zusammenbruchs fallen zeitlich zusammen. Walter Gropius nannte Moholy im RUckblick auf dessen Wirksamkeit im Bau­haus >a happy child at play •. Moholys Frau Sibyl nannte ihn einen >berufs­maBigen Traumerc. Manche seiner Bauhauskollegen miBverstanden ihn da­gegen als Rationalisten und Materialisten. Moholy selbst konstatierte in jener

zweiten Auflage, es sei das Ziel seiner Lehre, >die GefUhlsechtheit des Kindes, seine unbestechliche Beobachtungskraft, seine Phantasie und sein Schopfer­

tum im Erwachsenen lebendig zu halten•. So ahnlich sagte es sein Vorganger Johannes ltten auch. Man hat in den Bau­hausjahren zu scharf und zu grundsatzlich Moholys Lehrmethode von der lttens abgegrenzt und tut dies noch heute. Es ist wahr, Moholy ha13te lttens beson­dere Weise des Uberschwangs und dessen Beschworung der >seelischen Werle<. Moholy sah die GefUhlszone nur als >biologische Komponente< und zeigt darin wohl mehr die Scheu vor pathetischen Worten als den ihm vor­geworfenen Materialismus. Doch gerade solche Vorwi.irfe machen es notwen­dig, die Zusatze spaterer Auflagen heranzuziehen, urn zwischen den Zeilen der ersten Auflage desto besser lesen zu lernen. So schreibt Moholy spater vom >Emotionellen• (ein Wort, das er fri.iher haBte oder doch jedenfalls mied) als von dem >gro!3en verbindenden Band< und von >Warmestrahlen, die uns er­haltenc1. In >Abstraction o f an Artist<, 1944 der amerikanischen Ausgabe als An­hang beigegeben, redet er stets von >Wissen, Erfahrung u n d Intuition•, vom >emotional en u n d intellektuellen Interesse•. Probleme zu stellen und zu losen, enthalte keinerlei Gefahr fUr die >emotionale Ursprunglichkeitc. >Verstandes­maBige BewuBtheitc sei >nur eine kleine Komponente, gemessen an der ko­ordinierenden Kraft des lntuitiven•. Das Intuitive aber sei die fUr jede Gestal­tung notige >UnterbewuBte Logikc (Moholys Terminus fUr Goethes >anschau­ende Urteilskraftc). Diskursiv sei das Intuitive gar nicht beschreibbar. Aber das Unbeschreibl iche sei erfal3bar im Bereich der sinnlichen Erfahrung, etwa nach dem Grundsatz: feinfi.ihllg wird,wer otters Feines zu fi.ih len bekommt. Hier liegt von Anfang an die Basis fUr Moholys Vorkurs.

1 Sibyl Moholy-Nogy, >t.joholy-Nogy, Experiment in lotololyc. New York 1950, S. 236.

244

Page 237: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

Aber hier lag sie auch fUr ltten. Auch ltten will die Gefi.ihlsechtheit des Kindes im Erwachsenen erhalten und organisch entwickeln. Jedoch lttens Ziel war Stei­gerung des lndividuellen mit der Blickrichtung auf reine Kunst, besonders Ma­lerei. Moholy dagegen steht am Anfang des heute so verbreiteten Trends zur >Depersonalisierung<, sein Erziehungsprinzip strebt, in seinen Worten, >nach engster Verbindung zwischen Kunst, Wissenschaft und Technik<. Die Berufung eines solchen Mannes ans Bauhaus erfolgte (1923) zu einem eminent wich­tigen Zeitpunkt. Gropius hat im Sommer jenes Jahres seine Konzeption vor­getragen: >Kunst und Technik- eine neue Einheit.< ltten hatte sich einer sol­chen Wendung stets widersetzt, und nicht er allein. Es gab damals am Bauhaus eine >Solidaritat der Maier< (Hans M. Wingler), deren vermutbare Meinung Feininger in einem Briefe an seine Frau ausdrUckte: •Gegen die Parole ,Kunst und Technik, die neue Einheit' Iehne ich mich mit ganzer Uberzeugung auf.<l ltten ging, Moholy kam. ltten, der BegrUnder der Vorkursidee, war durch Vermittlung von Alma Mah­ler, der Gattin Gropius', zum Bauhaus gesto!3en. Es war ltten, der die Berufung von Klee, Schlemmer und Muche anregte. Moholy, damals ein unbekannter aus­landischer KUnstler, der in Berlin und anderenorts Erstlingsausstellungen hatte, war die personliche Entdeckung von Walter Gropius. Seine Berufung zeitigte lange Gesichter. Doch mit ihr erst beginnt die >Ara GropiuS<, nicht etwa bereits mit dem GrUndungstage des Bauhauses 1919. Damals hatte Gropius taktisch vorzugehen, und er war der Mann dazu. Aile Welt redete von Handwerk und BauhUttengeist, das war geradezu Mode und besonders den konservativen Kreisen der finanzierenden Behorden angenehm. Gerade die konservative Welt applaudierte dem Satz im GrUndungsaufruf des Bauhauses: >Architekten, Bildhauer, Maier, wir aile mUssen zum Handwerk zurUck.< Der Nachweis, daB in diesem >ZurUck< das Ziel eines Gropius nie lag, ist Ieicht, denn es existiert ein Programmentwurf bereits aus dem Jahre 1916, und dieser geht keines­wegs auf eine Belebung des Handwerks aus. Er fordert die Einwirkung kUnst­lerischer Gestaltung auf die modernen industriellen Produktionsprozesse. Hier lag Gropius' Vision eines neuen lnstituts fUr Gestaltung, und Moholy-Nagy war ihr Prophet. Folgerichtig schlie!3t die Ara Gropius 1928 mit dem Weggang be ide r.

1 Hans M. Wingler, •Das Bauhaus 1919- 1933<. Bramsdle und KOin 1962, S. 83.

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Page 238: Moholy-Nagy Laszlo Von Material Zu Architektur

Beide zeichneten gemeinsam als Schriftleiter der BauhausbUcher vom ersten

bis zum letzten Titel. Zwei der Bande verfal3te Moholy, darunter den hier vor­liegenden vierzehnten und letzten - eine Heimbringung der Ernte aus ent­scheidenden Jahren. Eine Interpretation des Textes selbst erUbrigt sich, Mo­holys padagogischer Ernst lal3t keine Unklarheiten zu. Seinen Vorkurs sieht er als eine Erziehung zur feineren Wahrnehmung der Sinne, spater sogar unter EinschluB des Gehors und Geruchssinnes (in Chicago lal3t er Palmstroms Ge­ruchsorgel konstruieren, und Musik wird Pfl ichtfach). Sein Zauberwort fUr pad­agogische Erfolge heil3t: >Jedermann ist begabt.< Ausgangspunkt fUr Moholy war der Kubismus, besonders dessen spatere Stufe der Collagen und plans superposes. Bereits der Kubismus erlaubt eine neue Definition des Raum­lichen, und Moholys neues Konzept, >The New Vision<, bezieht sich auf Raum­gestaltung. Diese ist >nicht in erster Linie eine Frage des Baumaterials. Somit besteht eine heutige Raumgestaltung nicht in der Zusammenfassung schwerer Baumassen, nicht in der Schaffung von Hohlkorpern, nicht in der lagebeziehung reichgegliederter Volumen ... Hauptgestaltungsmittel ist immer nur der Raum (selbst)<. >Raum< laf3t sich zwanzigfach definieren (vgl. S. 194). lhn zu erfassen, mul3 eine Mehrzahl unserer Sinne kollaborieren, das Auge reicht nicht aus. Zwar hatte Konrad Fiedler schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts erkannt : >Die Kunst verdankt ihr Dasein eben nicht mehr nur dem Auge, und darum ist es eben mit dem bloBen Sehen der Kunst gegenUber nicht getanc1 - aber wo war zu dieser Philosophie die Praxis? Hier setzte Moholy ein. In seinem Vorkurs warder Primal des blol3en Sehens gebrochen - eine Haresie fUr eine Epoche, in der der lmpressionismus soeben erst allgemein gesellschaftsfahig gewor­den war. Welchen Raum nehmen in Moholys lehre allein die Tastobjekte ein! Moholy ist selig, als er in seinem Chicagoer Bauhaus Blinde einladen kann, die die Tastobjekte seiner SchUler >mit Behagen< wie Bilder lesen. Getast und Ge­sicht wirken zusammen in der Plastik, die Moholy darum in einem in jeder Be­ziehung starken Abschnitt behandelt. Wo gibt es um 1929 ein Buch Uber Skulp­tur, das die Akzente so sicher und bis heute gUitig zu setzen vermochte, wie Moholy-Nagy es in dem seinigen tat? Heute, da aile Welt von kinetischer Kunst redet, ist mit ganz besonderem Nachdruck auf Moholys Vorkurs zu verwei­sen. Noch nie hat es einen gestalterischen Elementarunterricht gegeben, in

1 Konrad Fledlors Scllrlllen Uber Kunsl. herausgegeben von Hermann Konnenh. Muncllon 1913. Bd I, S. 331 .

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dem so vieles entstand, das drehbar, verschiebbar, veranderlich, beweglich war. Das alles wollte nicht >Kunst< sein, aber hatte doch stilbringende Kraft: so manches preiswOrdige Kunstwerk der Gegenwart hat hier seine Wurzeln. 1937 wird Moholy in Chicago zwei valle Stunden lang dem GrOnderauditorium des New Bauhaus seine padagogischen Grundsatze erlautern, die auch dem Verstandnis des vorliegenden Buches nutzlich sind: >Die aile akademische Kunstausbildung deprimiert den Studierenden, noch ehe er Gelegenheit hat, zu scheitern. Man ist kein Michelangelo, nicht einmal Whistler. Aber wenn es gelingt, jene sinnliche Unmittelbarkeit zu erweitern, die wir als kleine Kinder an­gesichts unserer bunten Spielsachen hatten, sie zu steigern im schopferischen Umgang mit den Materialien und ihren Eigenschaften, dann fOhlen wir uns zum ersten Mal als hohere Wesen.• >Wir haben keine Lust das Kunstlerproletariat von heute noch zu vergrol3ern. Wir lehren nicht ,reine Kunst', wir bilden aus, was man KOnstler-lngenieure nennen konnte. Wir reformieren den Kunst­begriff.< Das war sein personliches Vorhaben, seit Bauhauszeiten, es war auch seine Bescheidung. Er leugnet gar nicht, daB es andere Ziele gibt: >Wenn un­sere Studenten Kunstler werden wollen, so ist das ihre Sache. Aber sie wer­den bessere KOnstler werden, wenn sie gelernt haben, Materialerfahrungen, Raumerfahrungen, Farberfahrungen zu kultivieren, einerlei, wieweit sie spater glauben, sich vom praktisch-materiellen Produzieren entfernt zu haben.•1

Es geht die Rede von Moho/ys >Einseltlgkell•, nicht ganz zu Unrecht. Als man ihn in einem Fragebogen, wie sie in Amerika Oblich sind, fragte, was er fOr eine seiner unangenehmen Eigenschaften halte, antwortete er: >meinen Fanatis­mus•. Stellen wir fest, daB seln Fanatismus notwendig war, um elnen neuen schopferischen Typus hervorzubringen, dessen Dringlichkeit in unserer Epoche jenseits jeder Debatte steht. Stellen wir weiter fest, dal3 eine n i c h t auf Zwecke gerichtete, durchaus individuelle Kunst deswegen nicht· Oberflussig geworden ist, denn wir haben, mit Herbert Read zu reden, eine >Doppel­decker-Kultur• zu bewaltigen: das Miteinander einer funktionellen, auf tech­nische Prozesse gerichteten Kunst einerseits - und einer personlich sinnen­haften, spontanen Kunst andererseits. Wir brauchen, in anderen Worten, einen Moholy-Nagy u n d einen ltten, und es ist anzumerken, dal3 gegenwartig par-

1 Sibyl Moholy·Nogy, 11 . 11. o., S. 148 ff., enlh~ lt Auszilge der In Engllseh gehal!enen, noeh unverl:lllentliehlen Chicagoer Rede.

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allel zu Moholys Erfolgen auch der Einflul3 lttens standig wachst, besonders in den USA. Moholys Bauhauskollege Kandinsky hatte 1928 eine )padagogische Regel< gepragt, die gehort werden so lite: >Die Jugend mul3 die starr gewor­dene Atmosphare des Entweder-Oder verlassen und sich in die biegsame Atmosphare des Und begeben.< Eine darauf gerichtete Lehre ware in der Tat eine Lehre der Humanitat.

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VOM BAUHAUS ZUM INSTITUTE OF DESIGN

Mit diesem Buch sind nun aile publizistischen Beitrage Moholys zur allen Reihe der >BauhausbUcher< auch in dieser neuen Serie berUcksichtigt. Das letzte seiner theoretischen Hauptwerke, >Vision in Motion<, das erst in Amerika als Fazit der dort geleisteten padagogischen Arbeit entstand, soli in Ubersetzung ebenfalls in die Reihe >Neue Bauhausbi.icher< aufgenommen werden. Deside­rat bleibt eine Moholy-Biographie in deutscher Sprache; denn die von Sibyl Moholy-Nagy bereits 1950 veroffentlichte Lebensbeschreibung, >Moholy-Nagy -Experiment in Totality•, die in fast zwei Jahrzehnten jeder Kritik standgehal­

ten hat, liegt in Deutsch noch nicht vor. Eine Edition ist beabsichtigt. Das in >Von Material zu Architektur< dargelegte Gedankengut bildete die geistlge Ausgangsbasis fUr Moholys Tatigkeit in Amerika, die auf das engste verknUpft war mit dem >New Bauhaus• und dessen Nachfolge-lnstitutionen, der >School of Design in Chicago. und dem >Institute of Design•, das nodl besteht. Die Geschichte dieser Institute ist in wesentlichen ZUgen auch die Geschichte von Moholys Wirken, von seinen Wirkungen und von der allmahlichen Anver­wandlung seiner Hinterlassenschaft im Werk einer ji.ingeren Generation. >The New Bauhaus. ist in Chicago auf Initiative einer >Association of Arts and Industries< 1937 gegrUndet worden. Gropius hatte fUr den Direktorposten Moholy empfohlen, den vertrautesten Weggenossen von einst, der damals in London lebte. Zwar hat dem >New Bauhaus. die Engstirnigkeit der Finanziers nach noch nicht einmal einjahriger Anlaufzeit ein Ende gesetzt, doch gelang es

der opfermUtigen Risikofreude Moholys, seiner Frau Sibyl und seiner Kollegen, aus eigener Kraft eine >School of Design• zustande zu bringen, in der sie ihre Arbeit unabhangig- und freilich auch ungesichert- fortsetzen konnten. Nach­dem die Bewahrungsprobe bestanden war, trug denn auch ein wahrer Mazen, der lndustrielle Walter Paepcke, zur wirtschaftlidlen Konsolidierung bei. Die Umbenennung in >Institute of Design•, 1944, unterstrich einen durchaus be­grUndeten Anspruch auf College-Rang. Wahrend dieser Zeit bis zu seinem

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Tode im November 1946 hat Moholy seine reifsten Leistu~gen als Padagoge, Kunsttheoretiker und Kiinstler vollbracht. Die wichtigsten Daten zur au!3eren Geschichte des Institutes nach Moholys Tod sind schnell notiert. Um das >Institute of Design< endgiiltig der pekuniaren Sor­gen zu entheben und ihm die Verleihung akademischer Grade als Studien­abschlu!3 zu ermoglichen, wurde es unter dem Moholy-Nachfolger Serge Cher­mayeff 1949 dem >Illinois Institute of Technology<, einer Technischen Hoch­schule also, angegliedert. Hier leitete Mies van der Rohe seit rund einem Jahr­zehnt bereits die Architektur-Abteilung, und neben ihm wirkten die ehemaligen Bauhaus-Meister Hilberseimer und Peterhans. 1955 wurde das >Institute of Design< auf dem Campus des >Illinois Institute of Technology< in der von Mies van der Rohe entworfenen >Crown Hall< unter einem und demselben Dach mit seiner Abteilung und jener Hilberseimers untergebracht, und an die Spitze des

Design-Institutes kam - nach vierjahrigem Interregnum, das viel geschadet hatte- mit Jay Doblin ein anpassungsfahiger Praktiker. Er behielt die Leitung seither, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, und brachte in die pad­agogische Planung und in das Leistungsniveau eine bemerkenswerte Konstanz; zugleich zeichnete es sich aber auch immer deullicher ab, worin die Einzig­artigkeit der Konzeption Moholys gelegen hatte. Gegeniiber dem Lehrprogramm des allen Bauhauses war das Moholys auf

eine noch breitere, noch differenziertere geisteswissenschaftliche Basis ge­stellt. Den Gestaltungsunterricht erganzten regelma!3ig Vorlesungen von Uni­versitatsprofessoren iiber physiologisch-anthropologische und naturwissen­schaftliche Themen und - womit das Ideal einer zur Ganzheit fiihrenden Er­ziehung anvisiert war - iiber >intellektuelle Integration<. Moholy stimmte die

Vorkursmethoden auf das spezifisch Amerikanische des Denkens und Reagie­rens ab, indem er sich die Gedanken des Philosophen John Dewey anver­wandelte; als Experimentierfeld und als Ouelle visueller Erfahrungen wurde der Vorkurs bereichert durch elementare Gestaltungsversuche mit der Maschine und durch Einbeziehung der Fotografie als Mittel zur Untersuchung und Darstellung des Lichtphanomens. Wie im Bauhaus folgte auf den obliga­torischen Vorkurs die Ausbildung in einer Spezialabteilung. Solange Moholy lebte, blieb die Entwicklung des Lehrplans stark in Flul3. Unter Chermayeff, Ende der vierziger Jahre, waren die speziellen Abteilungen aufgebaut nach den Gesichtspunkten >Visual Design< (>Visual Communication<), ·Product

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Design<, >Architecture< (mit >Building Research<) und >Photography<; diese organisatorische und begriftliche Einteilung ist von einigen anderen Entwerfer­schulen- bis hin nach Ulm- mehr oder weniger getreu ubernommen worden. Spater kam am >Institute of Design< als Fachrichtung noch Kunsterziehung hinzu, andererseits mul3te mit der Aufnahme in die >Crown Hall<, wo ja gleichzeitig Mies van der Rohe seinen Einzug hielt, die eigene Architektur-Abteilung auf­gegeben werden. Sie hatte durch die Konstruktionen und die methodische Bauforschung Konrad Wachsmanns am Beginn der fi.infziger Jahre in die Zu­kunft weisende Leistungen gezeitigt; weltweite Anerkennung war nicht aus­geblieben. Fast stets, insbesondere bis zum Abgang Chermayeffs, haben dem lnstitut kunstlerisch und padagogisch hochbedeutende Krafte als Fakultatsmitglieder oder Gastdozenten angehort. Hier sind Archipenko und Johannes Molzahn zu nennen, Hin Bredendieck und Gyorgy Kepes, Buckminster Fuller und George Fred Keck. Aus den Reihen der eigenen Schuler gingen so profilierte Gestalter

und Erzieher wie Nathan Lerner, Arthur Siegel, Frank Levstik, Richard Koppe und Elmer Ray Pearson hervor- urn ganz willkurlich nur einige wenige Namen festzuhalten. Schnell verbreitern und verzweigen sich die Ausstrahlungen. So ist heute die Kunst-Fakultat der >University of Illinois<, beispielsweise, zum uberwiegenden Teil mit einstigen Absolventen des Moholy-lnstitutes besetzt. Man ist sich der geistigen Herkunft bewuBt. Aber: Man weiB auch, dal3 Moholy ein StUck Amerika in sich hineingenommen hatte. War die theoretische Voraus­setzung des Chicagoer lnstituts, >Von Material zu Architektur< (oder, urn den englischen Titel zu gebrauchen, >The New Vision<) ein durchaus europaisches Buch, so war >Vision in Motion< ein partiell, wenn nicht sogar essentiell ameri­kanisches. Fur die junge Generation bedeutet das Gedankengut des Bau­hauses nun nicht mehr einen von auBen kommenden lmpuls. U:ingst ist das bauhauslerische Element des Denkens im amerikanischen Denken aufgegan­gen und in ihm fruchtbar geworden. Es ist zu einem Bestandteil einer auto­nomen Entwicklung geworden, die weitergeht. Hans M. Wingler

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