Modellierung und Simulation thermomechanischer Kopplungsphänomene

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Modellierung und Simulation thermomechanischer Kopplungsph¨ anomene Dirk Helm Institut f¨ ur Mechanik, Fachbereich Maschinenbau, Universit¨ at Kassel, M ¨ onchebergstraße 7, 34109 Kassel, Deutschland Metallische Werkstoffe zeigen insbesondere bei großen Deformationen und hohen Deformationsgeschwindigkeiten stark aus- gepr¨ agte thermomechanische Kopplungsph¨ anomene. Zur Beschreibung dieser Kopplungsph¨ anomene wird ein Materialmodell der finiten Thermoviskoplastizit¨ at vorgestellt. In dem Modell wird die Annahme verwendet, dass die viskoplastischen De- formationen isochor sind. Das entwickelte Modell ist in der Lage, die wesentlichen experimentellen Beobachtungen zu be- schreiben. Zur numerischen L ¨ osung thermomechanisch gekoppelter Anfangs–Randwertaufgaben wird die Methode der finiten Elemente verwendet. Die hierbei erforderliche numerische Integration der Konstitutivgleichungen erfolgt unter Verwendung eines in [5] entwickelten Integrationsoperators: Dieser Integrationsoperator besitzt die Eigenschaft, dass die Unimodularit¨ at der Integrationsvariablen f¨ ur beliebige Zeitinkremente erhalten bleibt. 1 Einleitung Im Rahmen der Metallplastizit¨ at stellt sich seit geraumer Zeit die Frage, wieviel der investierten Arbeit in W¨ arme umgewan- delt und wieviel in der Mikrostruktur des Materials gespeichert wird. Der Grund f¨ ur diese durch plastische Deformationen induzierte Energiespeicherung beruht im Wesentlichen auf der Bewegung von Versetzungen durch das Kristallgitter, der Pro- duktion neuer Versetzungen durch Frank–Read–Quellen und dem Aufstauen von Versetzungen an Hindernissen. Durch diese Prozesse wird das Kristallgitter verzerrt und es entstehen Eigenspannungszust¨ ande, wodurch wiederum zus¨ atzliche Energie in dem Kristallgitter gespeichert wird. Im Gegensatz dazu kann es ebenfalls zu einer Annihilation von Versetzungen kommen (z.B. durch eine Lastumkehr, Erw¨ armung). Infolgedessen kann unter bestimmten Umst¨ anden die in dem Kristallgitter gespei- cherte Energie teilweise freigesetzt werden. Die ersten experimentellen Untersuchungen (z.B. [10]) f¨ uhrten zu dem Ergebnis, dass nur ein kleiner Teil (ca. 5–15%) der investierten inelastischen Arbeit in der Struktur des Materials gespeichert wird. Sp¨ ater durchgef¨ uhrte Untersuchungen (z.B. [2]) mit verbesserter Meßtechnik und der umfassenderen Ausnutzung der theo- retischen Grundlagen ergaben, dass insbesondere zu Beginn der plastischen Deformationen bis zu ca. 70% der investierten inelastischen Arbeit in der Struktur des Materials gespeichert wird. Das Fortschreiten der plastischen Deformationen f¨ uhrt dann zu einer nahezu monotonen Abnahme des Verh¨ altnisses von gespeicherter Energie zu inelastischer Arbeit. Die Abb. 1a) zeigt Messergebnisse von Chrysochoos (s. [1]) an drei verschiedenen metallischen Werkstoffen. 2 Modellierung der Thermoviskoplastizit¨ at bei finiten Deformationen Die wesentlichen experimentell beobachteten Ph¨ anomene werden mit einem einfachen Modell der finiten Thermoviskoplas- tizit¨ at (vgl. [5]) unter Einbeziehung isotroper Verfestigung modelliert. Dieses einfache Modell ohne kinematische Verfes- tigung wird gew¨ ahlt, um den in Kapitel 3 eingef¨ uhrten Integrationsoperator an einem einfachen Modell testen zu k¨ onnen. Das Modell basiert auf der multiplikativen Zerlegung des Deformationsgradienten F = ˆ F e F i in einen elastischen Anteil ˆ F e und einen inelastischen Anteil F i . Zur Darstellung der Energiespeicherung wird eine Funktion f¨ ur die Freie Energie ρ R ψ = ρ R ˆ ψ(θ, ˆ C e ,y,y e ) gew¨ ahlt, die von der absoluten thermodynamischen Temperatur θ und inneren Variablen abh¨ angig ist: Hierbei repr¨ asentiert ˆ C e = ˆ F T e ˆ F e die elastischen Verzerrungen, y stellt die akkumulierte inelastische Dehnung dar und y e = y y d wird zur Modellierung der isotropen Verfestigung ben¨ otigt. In dem verwendeten Ansatz f¨ ur die Freie Energie, ρ R ˆ ψ(θ, ˆ C e ,y,y e )= κ 2 ln det ˆ C e 1 2 2 + µ 2 Sp ¯ ˆ C e 3 3κα (θ θ 0 ) ln det ˆ C e 1 2 + ρ R c d (θ θ 0 ) ρ R c d θ ln θ θ 0 + γ 2 y 2 e + ρ R H(y), (1) ist ¯ ˆ C e = (det ˆ C e ) 1 3 ˆ C e der unimodulare Anteil von ˆ C e . Der gew¨ ahlte Ansatz enth¨ alt die Materialparameter ρ R (Massen- dichte in der Referenzkonfiguration), κ (Kompressionsmodul), µ (Schubmodul), α (linearer W¨ armeausdehnungskoeffizient), c d (spezifische W¨ armekapazit¨ at) und γ (Verfestigungsparameter der isotropen Verfestigung) sowie die Referenztemperatur θ 0 . Der letzte Term ρ R H(y) in Gl. (1) dient der verbesserten Modellierung der Energiespeicherung infolge viskoplasti- scher Deformationen. Die Auswertung der Clausius–Duhem–Ungleichung zeigt, dass die Funktion H(y) der Restriktion Corresponding author: e-mail: [email protected], Phone: +49 561 804 2824, Fax: +49 561 804 2720 © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 6, 375378 (2006) / DOI 10.1002/pamm.200610169 © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

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Modellierung und Simulation thermomechanischer Kopplungsphanomene

Dirk Helm∗

Institut fur Mechanik, Fachbereich Maschinenbau, Universitat Kassel, Monchebergstraße 7, 34109 Kassel, Deutschland

Metallische Werkstoffe zeigen insbesondere bei großen Deformationen und hohen Deformationsgeschwindigkeiten stark aus-gepragte thermomechanische Kopplungsphanomene. Zur Beschreibung dieser Kopplungsphanomene wird ein Materialmodellder finiten Thermoviskoplastizitat vorgestellt. In dem Modell wird die Annahme verwendet, dass die viskoplastischen De-formationen isochor sind. Das entwickelte Modell ist in der Lage, die wesentlichen experimentellen Beobachtungen zu be-schreiben. Zur numerischen Losung thermomechanisch gekoppelter Anfangs–Randwertaufgaben wird die Methode der finitenElemente verwendet. Die hierbei erforderliche numerische Integration der Konstitutivgleichungen erfolgt unter Verwendungeines in [5] entwickelten Integrationsoperators: Dieser Integrationsoperator besitzt die Eigenschaft, dass die Unimodularitatder Integrationsvariablen fur beliebige Zeitinkremente erhalten bleibt.

1 Einleitung

Im Rahmen der Metallplastizitat stellt sich seit geraumer Zeit die Frage, wieviel der investierten Arbeit in Warme umgewan-delt und wieviel in der Mikrostruktur des Materials gespeichert wird. Der Grund fur diese durch plastische Deformationeninduzierte Energiespeicherung beruht im Wesentlichen auf der Bewegung von Versetzungen durch das Kristallgitter, der Pro-duktion neuer Versetzungen durch Frank–Read–Quellen und dem Aufstauen von Versetzungen an Hindernissen. Durch dieseProzesse wird das Kristallgitter verzerrt und es entstehen Eigenspannungszustande, wodurch wiederum zusatzliche Energiein dem Kristallgitter gespeichert wird. Im Gegensatz dazu kann es ebenfalls zu einer Annihilation von Versetzungen kommen(z.B. durch eine Lastumkehr, Erwarmung). Infolgedessen kann unter bestimmten Umstanden die in dem Kristallgitter gespei-cherte Energie teilweise freigesetzt werden. Die ersten experimentellen Untersuchungen (z.B. [10]) fuhrten zu dem Ergebnis,dass nur ein kleiner Teil (ca. 5–15%) der investierten inelastischen Arbeit in der Struktur des Materials gespeichert wird.Spater durchgefuhrte Untersuchungen (z.B. [2]) mit verbesserter Meßtechnik und der umfassenderen Ausnutzung der theo-retischen Grundlagen ergaben, dass insbesondere zu Beginn der plastischen Deformationen bis zu ca. 70% der investierteninelastischen Arbeit in der Struktur des Materials gespeichert wird. Das Fortschreiten der plastischen Deformationen fuhrtdann zu einer nahezu monotonen Abnahme des Verhaltnisses von gespeicherter Energie zu inelastischer Arbeit. Die Abb. 1a)zeigt Messergebnisse von Chrysochoos (s. [1]) an drei verschiedenen metallischen Werkstoffen.

2 Modellierung der Thermoviskoplastizitat bei finiten Deformationen

Die wesentlichen experimentell beobachteten Phanomene werden mit einem einfachen Modell der finiten Thermoviskoplas-tizitat (vgl. [5]) unter Einbeziehung isotroper Verfestigung modelliert. Dieses einfache Modell ohne kinematische Verfes-tigung wird gewahlt, um den in Kapitel 3 eingefuhrten Integrationsoperator an einem einfachen Modell testen zu konnen.Das Modell basiert auf der multiplikativen Zerlegung des Deformationsgradienten F = FeFi in einen elastischen AnteilFe und einen inelastischen Anteil Fi. Zur Darstellung der Energiespeicherung wird eine Funktion fur die Freie EnergieρRψ = ρRψ(θ, Ce, y, ye) gewahlt, die von der absoluten thermodynamischen Temperatur θ und inneren Variablen abhangigist: Hierbei reprasentiert Ce = FT

e Fe die elastischen Verzerrungen, y stellt die akkumulierte inelastische Dehnung dar undye = y − yd wird zur Modellierung der isotropen Verfestigung benotigt. In dem verwendeten Ansatz fur die Freie Energie,

ρRψ(θ, Ce, y, ye) =κ

2

(ln

[(det Ce

) 12])2

2

(Sp ¯Ce − 3

)− 3κα (θ − θ0) ln

[(det Ce

) 12]

+ ρRcd(θ − θ0) − ρRcdθ lnθ

θ0+

γ

2y2e + ρRH(y),

(1)

ist ¯Ce = (det Ce)−13 Ce der unimodulare Anteil von Ce. Der gewahlte Ansatz enthalt die Materialparameter ρR (Massen-

dichte in der Referenzkonfiguration), κ (Kompressionsmodul), µ (Schubmodul), α (linearer Warmeausdehnungskoeffizient),cd (spezifische Warmekapazitat) und γ (Verfestigungsparameter der isotropen Verfestigung) sowie die Referenztemperaturθ0. Der letzte Term ρRH(y) in Gl. (1) dient der verbesserten Modellierung der Energiespeicherung infolge viskoplasti-scher Deformationen. Die Auswertung der Clausius–Duhem–Ungleichung zeigt, dass die Funktion H(y) der Restriktion

∗ Corresponding author: e-mail: [email protected], Phone: +49 561 804 2824, Fax: +49 561 804 2720

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∂H/∂y ≤ k0 +√

3/2f + (β/γ)R2 unterliegt (R ist die isotrope Verfestigung; s. Gl. (3) und Gl. (7)). Ein erster Ansatzfur die zusatzliche Energiespeicherung wurde von Tsakmakis (vgl. [4]) vorgeschlagen: ρRH(y) = φk0y. Darin ist k0 derFließradius bei R = 0 und fur den Materialparameter φ gilt φ ∈ [0, 1]. Durch den Anteil H(y) kann der Mangel vielerModelle zur Beschreibung der Plastizitat behoben werden, die im Allgemeinen die Energiespeicherung stark unterschatzen.

Die Auswertung der Clausius–Duhem–Ungleichung fuhrt auf Potenzialbeziehungen fur den Spannungstensor S der Zwi-schenkonfiguration,

S = 2ρR∂ψe

∂Ce

= κ ln[(

det Ce

) 12]C−1

e + µ(det Ce

)− 13

[1 − 1

3

(SpCe

)C−1

e

]− 3α κ (θ − θ0) C−1

e , (2)

und die Entropie η = −∂ψ/∂θ (vgl. [5]). Daruber hinaus wird die isotrope Verfestigung R definiert:

R = ρR∂ψs

∂ye= γ ye = γ (y − yd). (3)

Neben der in Gl. (1) eingefuhrten Funktion fur die Freie Energie enthalt das Modell Evolutionsgleichungen fur die innerenVariablen Γi = (1 − B−1

i )/2 (mit Bi = FiFTi ), y und yd:

• Zunachst wird eine von Mises Fließfunktion in Abhangigkeit des Mandelschen Spannungstensors P = CeS gewahlt:

f = ‖PD‖ −√

23

[k0 + R] . (4)

Fur die Entwicklung der inelastischen Verzerrungen wird eine assoziierte Fließregel angenommen:

Γi = λi PN mit PN =∂f

∂P=

PD

‖PD‖ und der Definition�

Γi = ˙Γi + LTi Γi + ΓiLi (Li = FiF−1

i ). (5)

Aufgrund der Eigenschaft Sp�

Γi = 0 gilt detFi = 1. In der Evolutionsgleichung (5) ist λi der inelastische Multiplikator,der wie folgt definiert wird: λi = (1/ηi) 〈f/ri〉mi (mit 〈x〉 = (|x| + x)/2). Die Materialparameter ηi und mi dienender Modellierung geschwindigkeitsabhangiger Materialeigenschaften. Im Gegensatz dazu wird ri verwendet, um denAusdruck f/ri in eine dimensionslose Form zu bringen.

• Fur die Entwicklung der akkumulierten inelastischen Dehnung wird der folgende Ansatz gewahlt:

y =

√23‖

Γi‖ =

√23λi. (6)

• Zur Darstellung der isotropen Verfestigung wird die Evolutionsgleichung

yd =β

γyR. (7)

verwendet, in der der Materialparameter β das Sattigungsverhalten der Differenzialgleichung R = (γ − βR)y (Gl. (3)mit Gl. (7)) beeinflusst.

Das vorgestellte Modell ist thermodynamisch konsistent und weist aufgrund des in dem Modell enthaltenen Parameters φ dieEigenschaft auf, dass der Anteil an Energiespeicherung direkt beeinflusst werden kann. Der Vorteil der Modellstruktur liegtdarin, dass der Parameter φ im Fall eines isothermen Prozesses keine Auswirkung auf das mechanische Materialverhaltenbesitzt. In Abb. 1b) ist das Verhaltnis von gespeicherter Energie Es zu inelastischer Arbeit Wi im Fall einer monotonenBelastung fur die Materialparameter k0 = 350MPa, γ = 10000MPa und β = 25[–] aufgetragen. Hierbei ist deutlich zuerkennen, dass der Parameter φ einen signifikanten Einfluss auf das Verhaltnis Es/Wi besitzt (vgl. [5]).

3 Simulation thermomechanischer Kopplungsphanomene

Das entwickelte Modell soll zur numerischen Losung thermomechanisch gekoppelter Anfangs–Randwertaufgaben unter Ver-wendung der Methode der finiten Elemente eingesetzt werden, da es insbesondere in der Lage ist, die experimentell beob-achteten Energiespeicherungsphanomene adaquat abzubilden. Hierfur ist die numerische Integration der Konstitutivgleichun-gen erforderlich. Im Fall der skalarwertigen Evolutionsgleichungen fur die inneren Variablen y und yd wird ein implizites

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WE φ=0.9

φ=0.5

φ=0.1

EW

i

s

a) b)

0 0.2 0.4 0.6 0.8 10

0.2

0.4

0.6

0.8

1

[−]y

[−]

s

i

ε [−]0 0.02 0.04 0.06 0.08

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

[−]

0.1

stainless steel 316L

aluminium alloy 2024−T4

XC 38 steel

Abb. 1 Verhaltnis von gespeicherter Energie Es zu inelastischer Arbeit Wi: a) Messergebnisse von Chrysochoos aus [1],b) Modellergebnisse fur unterschiedliche Werte von φ.

Euler–Verfahren verwendet. Im Gegensatz dazu fuhrt die Evolutionsgleichung (5) fur die innere Variable Γi auf das folgendeProblem: Die Darstellung der Evolutionsgleichung (5) in Großen der Referenzkonfiguration (Ci = FT

i Fi),

Ci = 2FTi

ΓiFi = 2λiCiPNCi, mit PN = F−1i PNF−T

i , (8)

fuhrt auf eine Differenzialgleichung, bei der die Integrationsvariable Ci die Eigenschaft detCi = 1 besitzt. D.h., Ci ist einunimodularer Tensor. Die Unimodularitat der Integrationsvariablen sollte bei der Anwendung eines numerischen Integrations-verfahrens erhalten bleiben, um die physikalischen Eigenschaften des Modells nicht zu verandern.

Tabelle 1 Numerische Behandlung von Y(t) = A(Y(t), t) Y(t) mit Y(t) ∈ M = {Y(t) ∈ Lin(V)| detY(t) = 1}

geometrische Integratoren Projektionsmethoden

• Exponentialalgorithmus (vgl. [11] ):

n+1Y = exp[∆t n+1A

]nY

• Vorgestelltes Verfahren (vgl. [5]):

n+1Y = n+1I nY

mit n+1I =

[1 − ∆t n+1A

]−1

[det (1 − ∆t n+1A)]−13

• Standard Projektionsmethoden (vgl. [3])

1. Schritt: Berechne n+1Y /∈ M mit einem beliebigenEinschrittverfahren.2. Schritt: Berechne n+1Y ∈ M durch Projektion vonn+1Y auf M

• Additive Korrektur (vgl. [9], [6], [3])n+1Y = n+1Y + ω1 mit det( n+1Y + ω1) = 1

• Multiplikative Korrektur (vgl. [7], [8], [3])

n+1Y = ω n+1Y mit ω = (det n+1Y)−13

Allgemein kann das Problem in der Form

Y(t) = A(Y(t), t) Y(t) mit Y(t) ∈ M = {Y(t) ∈ Lin(V)|detY(t) = 1} (9)

formuliert werden. Der Operator A(Y(t), t) besitzt dabei die Eigenschaft SpA(Y(t), t) = 0 (s. [3], [5]). In der Literaturfinden sich verschiedene Verfahren, die die Unimodularitat der Integrationsvariablen gewahrleisten (siehe Tabelle 1). Diebekannten Verfahren konnen grundsatzlich in zwei Klassen unterteilt werden: Als geometrische Integratoren werden Integra-tionsoperatoren verstanden, die die geforderte Nebenbedingung stets einhalten: n+1Y ∈ M falls nY ∈ M. Dagegen wirdbei den so genannten Projektionsmethoden zunachst eine numerische Losung n+1Y mit einem beliebigen Einschrittverfah-ren berechnet, so dass im Allgemeinen n+1Y /∈ M gilt. Im zweiten Schritt erfolgt dann die Projektion von n+1Y auf dieMenge M, so dass die so berechnete numerische Losung n+1Y die Eigenschaft n+1Y ∈ M besitzt. Das in [5] vorgestellteund in dieser Arbeit verwendete Integrationsverfahren zahlt, wie z.B. auch der Exponentialalgorithmus, zu der Klasse dergeometrischen Integratoren: Das entwickelte Verfahren basiert auf einem impliziten Euler–Verfahren, welches in der Form

n+1Y = n+1I nY =[1 − ∆t n+1A

]−1 nY (10)

dargestellt werden kann und fur endliche Schrittweiten nicht in der Lage ist, die Unimodularitat der Integrationsvariableneinzuhalten. Eine einfache Modifikation des impliziten Euler–Verfahrens, deren Herleitung in [5] ausfuhrlich erlautert wird,

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fuhrt auf die Rekursionsformel

n+1Y = n+1I nY =(det

[1 − ∆t n+1A

]) 13

[1 − ∆t n+1A

]−1 nY, (11)

bei der die Unimodularitat der Integrationsvariablen exakt eingehalten wird. Infolgedessen kann der Integrationsoperatorn+1I fur das gegebene Problem als ein geometrischer Integrator angesehen werden. Der Integrationsoperator des modifizier-ten Integrationsverfahrens n+1I ist dabei der unimodulare Anteil des Integrationsoperators n+1I , der durch das impliziteEuler–Verfahren gegeben ist.

Der entwickelte geometrische Integrator n+1I (Gl. (11)) kann direkt auf die Evolutionsgleichung (8) fur die innere Va-riable Ci angewendet werden. Im Anschluss daran wird das Ergebnis auf die Momentankonfiguration transformiert. Dadurchentsteht eine Rekursionsformel, bei der die Invertierung eines Tensors zweiter Stufe entfallt. Im Rahmen der verwendetenFinite–Elemente–Strategie wird der Algorithmus in einen elastischen Pradiktorschritt und einen viskoplastischen Korrektor-schritt aufgeteilt (siehe [5]).

[mm]ξ

isotherm

φ = 0.5

φ = 0.1

φ = 0.9[K]

θ

isotherm

φ = 0.9φ = 0.5φ = 0.1

F[kN]

5 4 3 2 1 0

0

8

16

24

32

40

48

56

u [mm]

20 15 10 5 0 290

300

310

320

330

340

350

360

Abb. 2 Simulation einer zylindrischen Probe unter Zugbelastung bis zur Einschnurung fur unterschiedliche Werte von φ.

Der entwickelte Algorithmus wurde in das Finite–Elemente–Programm ABAQUS/Explicit implementiert und zur Losungthermomechanisch gekoppelter Anfangs–Randwertaufgaben verwendet. In Abb. 2 ist das Ergebnis einer zylindrischen Probeunter Zugbelastung aufgetragen (vgl. [5]). Die Probe wurde bis zur Einschnurung belastet. Das linke Bild in Abb. 2 zeigt denVerlauf der Reaktionskraft uber der aufgebrachten Verschiebung und das rechte Diagramm stellt den Temperaturverlauf uberder Koordinate ξ am Ende der Belastung dar. Die Koordinate ξ befindet sich am außeren Rand des Zylinders und verlauftvon der Einspannung (konstante Temperatur) bis zur Probenmitte. Das vorgegebene Anfangs–Randwertproblem wurde furverschiedene Werte des Materialparameters φ gelost. Die in Abb. 2 dargestellte Temperaturentwicklung zeigt deutlich, dassfur große Werte von φ mehr Energie gespeichert wird und somit eine niedrigere Temperatur am Ende der Belastung erreichtwird. In den Verlaufen der Kraft ist deutlich der Beginn der Einschnurung erkennbar. Aufgrund der geringen Temperatu-rabhangigkeit in dem Modell, ist der Einfluss der Temperaturentwicklung auf den Verlauf der Reaktionskraft gering.

Danksagung Der Autor dankt der Deutschen Forschungsgemeinschaft fur ihre Unterstutzung.

Literatur

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[2] A. Chrysochoos, O. Maisonneuve, G. Martin, H. Caumon, and J.C. Chezeaux. Plastic and Dissipated Work and Stored Energy. NuclearEngineering and Design, 114, 323–333, (1989).

[3] E. Hairer, C. Lubich, and G. Wanner. Geometric Numerical Integration. Springer, (2002).[4] P. Haupt, D. Helm, and Ch. Tsakmakis. Stored Energy and Dissipation in Thermoviscoplasticity. ZAMM, 77, S119–S120, (1997).[5] D. Helm. Stress computation in finite thermoviscoplasticity. International Journal of Plasticity, 22, 1699–1727, (2006).[6] G. Luhrs, St. Hartmann, and P. Haupt. On the numerical treatment of finite deformations in elastoviscoplasticity. Comp. Methods in

Applied Mechanics and Engineering, 144, 1–21, (1997).[7] C. Miehe, J. Schroder, and J. Schotte. Computational homogenization analysis in finite plasticity Simulation of texture development

in polycrystalline materials. Comp. Methods in Applied Mechanics and Engineering, 171, 387–418, (1999).[8] G. Sarma and T. Zacharia. Integration algorithm for modeling the elastoviscoplastic response of polycrystalline materials. Journal of

the Mechanics and Physics of Solids, 47, 1219–1238, (1999).[9] J.C. Simo and C. Miehe. Associative coupled thermoplasticity at finite strains formulation, numerical analysis and implementation.

Comp. Methods in Applied Mechanics and Engineering, 98, 41–104, (1992).[10] G.I. Taylor and M.A. Quinney. The latent energy remaining in a metal after cold working. Proc. R. Soc. London, A143, 307, (1934).[11] G. Weber and L. Anand. Finite Deformation Constitutive Equations and a Time Integration Procedure for Isotropic, Hyperelastic–

Viscoplastic Solids. Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering, 79, 173–202, (1990).

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