Mitarbeiter Employer …...Employer Branding und Personalmarketing +++ Round Table: Nachfrage steigt...

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+++ Round Table: Nachfrage steigt aus allen Branchen +++ Case Studies: Kühne + Nagel & Stadtwerke München +++ Studie: Warum Mitarbeiter kündigen +++ Marktcheck: Feedback-Lösungen +++ ISSN 0341-4698 Art.-Nr. 98002462 Das Magazin für den Job HR Personalwirtschaft Special www.personalwirtschaft.de 09 2019 Mitarbeiter befragung Sie haben das Wort! WARUM DIE BETEILIGUNG ALLER BEI EINER MAB SO WICHTIG IST

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Employer Brandingund Personalmarketing

+++ Round Table: Nachfrage steigt aus allen Branchen +++ Case Studies: Kühne + Nagel & StadtwerkeMünchen +++ Studie: Warum Mitarbeiter kündigen +++ Marktcheck: Feedback-Lösungen +++

ISSN

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Art.

-Nr.

9800

2462

Das Magazin für den Job HRPersonalwirtschaft Special

www.personalwirtschaft.de

09 2019Mitarbeiterbefragung

Sie haben das Wort!WARUM DIE BETEILIGUNG ALLER BEI EINER MAB SO WICHTIG IST

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3Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

EDITORIAL

Alles digital oder was? Auch vor Mitarbeiterbefragungen (MAB) macht der technische Fortschritt nicht halt. Neue Tools sollen das Feedback der Angestellten noch präziser einholen, Algorithmen das Stimmungsbild punktgenau abbilden. Disruption und Agilität sind zwei weitere Buzzwords, die Unternehmen und Dienstleister umtreiben.

Fest steht, dass der Bedarf nach MAB ungebrochen hoch ist. Die Experten unseres Round Tables (ab Seite 6) bestätigen dies jedenfalls unisono. Offenbarwollen immer mehr Unternehmen wissen, was in ihrem Betrieb los ist. Sie tun gut daran: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die Atmosphäre innerhalbder Belegschaft von entscheidender Bedeutung. Nur wer weiß, wie seine Mitar-beiter „ticken“, kann schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren.

Bei allem Optimismus lässt sich nicht abstreiten, dass MAB noch nicht überallfester Bestandteil von Strategie und Managementsystemen sind. Viele schreckenoffenbar vor den Kosten zurück, die im Zuge einer solchen Maßnahme entste-hen. Oder, wie es ein Teilnehmer unseres Round Tables formulierte: MAB sindnoch viel zu oft eine „Schönwetter-Angelegenheit“. Dabei ist es kurzsichtig, denMitarbeitern nur in guten Zeiten eine Stimme zu geben. Gerade, wenn es Unter-nehmen nicht gut geht, sind Informationen das Kapital, das bei wichtigen Ent-scheidungen den Ausschlag geben sollte.

Neben der klassischen Mitarbeiterbefragung gibt es inzwischen zahlreiche alternative Tools, zudem macht es die Technik möglich, dass Firmen Befragungen komplett in Eigenregie organisieren können. Hier bedarf es allerdings einer umsichtigen Auswahl. Vernachlässigen darf man auch nicht den Faktor Mensch. Sowohl Führungsebene als auch Vorgesetzteund Mitarbeiter sollen und müssen sich in den MAB-Prozess einbringen, will man relevante und ehrliche Antworten erhalten.

Letztlich entscheiden Sie, lieber Leser, was sinnvoll ist und den größten Erkenntnisgewinn bringt – und damit Ihrem Unternehmen den größten Nutzen.

Sven FrostRedakteur

Mitarbeiterbefragung 4.0

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INHALT

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

MITARBEITERBEFRAGUNG 09_2019

3 EDITORIAL Mitarbeiterbefragung 4.0

6 ROUND TABLE Mehr als gute Fragen

12 CASE STUDY Organisationsentwicklung bei den Stadtwerken München

16 CASE STUDY Besseres Betriebsklima bei Kühne + Nagel

20 STUDIE Warnzeichen für Kündigungen erkennen

22 ANALYSE Agilität als Gestaltungsprinzip bei MAB

28 TOOLS Feedback-Lösungen

32 LEITFADEN Mitarbeiterbefragungen erfolgreich umsetzen

IMPRESSUM VERLAG UND REDAKTIONWolters Kluwer Deutschland GmbH, Luxemburger Straße 449, 50939 Köln, Tel.: 0221 94373-7311, Fax: 0221 94373-7292, E-Mail: [email protected], www.personalwirtschaft.de

HERAUSGEBER: Erwin Stickling

CHEFREDAKTEUR: Cliff Lehnen

REDAKTION: Sven Frost (Projektleitung))

FREIE MITARBEITER DIESER AUSGABE: Ulli Pesch, Petra Walther

ANZEIGEN:Denise Fei (Anzeigenmarketing), Telefon: 0221/94373-7323E-Mail: [email protected]örg Walter (Anzeigenverkauf), Telefon: 0931 359515-66E-Mail: [email protected] Linder (Anzeigendisposition), Telefon: 0221 94373-7338, E-Mail: [email protected]

HERSTELLUNG: Nicole Holubicka

GESTALTUNG: www.auhage-schwarz.de

FOTOS (S. 6–11): Hartmut Bühler

BILDNACHWEIS: i-stock/gettyimages

TITELFOTO: i-stock/gettyimages

Art.-Nr.: 98002462

DRUCKEREI: Williams Lea & Tag GmbH, München

COPYRIGHT: Luchterhand, eine Marke der Wolters Kluwer DeutschlandGmbH.

© 2019 Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Köln.Mit Namen gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinungder Redaktion oder des Verlages dar. Für unverlangt eingesandte Manuskrip-te übernehmen wir keine Haftung. Mit der Annahme zur Veröffentlichungerwirbt der Verlag vom Verfasser alle Rechte, einschließlich der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson-dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

WOLTERS KLUWER DEUTSCHLAND GMBHSitz der Gesellschaft: Luxemburger Straße 449, 50939 KölnTelefon +49 (0) 221 94373-7000, Fax +49 (0) 221 94373-7201E-Mail: [email protected]äftsführer: Martina Bruder, Michael Gloss, Christian Lindemann, Nick Schlattmann, Ralph Vonderstein, Stephanie WalterHandelsregister beim Amtsgericht Köln: HRB 58843Umsatzsteuer-ID-Nummer: DE 188836808

Zur außergerichtlichen Beilegung von verbraucherrechtlichen Streitigkeitenhat die Europäische Union eine Online-Plattform („OS-Plattform“) eingerich-tet, die Sie unter ec.europa.eu/consumers/odr/ erreichen.

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MITARBEITERBEFRAGUNG ROUND TABLE

u Die Themen Disruption und Agilität beschäftigen die Unter-nehmen. Inwiefern beeinflusst dies auch den Markt der Mitar-beiterbefragungen? Wie hat sich die Auftragslage hier im ver-gangenen Jahr entwickelt? Aus welchen Branchen kommen derzeitdie meisten Anfragen? Und verlagern sich im Zuge der Digitali-sierung die Schwerpunkte?

Um eine Antwort vorweg zu nehmen: Der Markt entwickeltsich gut. Die Teilnehmer berichten übereinstimmend von vielenAnfragen und laufenden Projekten, wobei sich bemerkbar macht,dass sich auch kleinere und mittelständische Unternehmen fürMitarbeiterbefragungen öffnen. Insgesamt wird das Instrumentquer durch alle Branchen nachgefragt – im ausgewogenen Verhältnis.Es sticht keine Branche hervor, die besonders viel Feedbackbenötigt.

„Von den Veränderungen sind alle Branchen betroffen –sowohl im öffentlichen als auch im privatwirtschaftlichen Sektor.Daher gibt es auch keine Unterschiede bezüglich der Nachfrage“,fasst Stefan Miklic, CEO bei der ISPA Consult GmbH, zusammen.Man könnte es auch so formulieren: Alle Unternehmen solltenwissen, was in ihrem Betrieb los ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben.Laut Michael Denzer, Leiter Marketing und Vertrieb der Geva-Institut GmbH, müssen sich die Unternehmen im Zuge des digitalenTransformationsprozesses die Frage stellen, ob sie gut aufgestelltsind für die Zukunft. Also: Sind die Mitarbeiter gut ausgebildet?

Status quo

Haben sie die Kompetenzen, die sie für die Herausforderungen derZukunft benötigen? „Die Firmen brauchen heutzutage eine großeAnpassungsfähigkeit, müssen schnell auf Entwicklungen reagieren“,erläutert Björn Matthaei als Vertreter eines Gesellschafters von ins-gesamt zwölf Mitgliedsunternehmen der Racer Benchmark Group,die als unabhängiges Konsortium für vergleichende Analysen vonMitarbeiterbefragungen, Benchmarks und Best Practices erstellt.Zudem würden die Themen Unternehmenskultur, Engagement,Arbeits- und Führungssituation immer mehr in den Fokus rücken.„Die Unternehmen stellen fest, dass sie über diese Stellschraubenfür die Disruption besser aufgestellt sind.“

Doch bei allem Reden über Kulturwandel – in vielen Unter-nehmen sind Mitarbeiterbefragungen noch nicht fester Bestandteilvon Strategie und Managementsystemen. Sobald es wirtschaftlicheEngpässe gibt, ist es mit dem Zuhören häufig schnell vorbei. Dasjedenfalls ist der Eindruck von Dr. Matthias Zimmermann, Geschäfts-führer Effectory. „Leider sind Mitarbeiterbefragungen immer nochzu oft eine Schönwetter-Angelegenheit. Wenn es Unternehmennicht gut geht und Kosten eingespart werden müssen, steht dasInstrument häufig mit als Erstes auf der Streichliste. Dabei wäre esgerade in diesen Phasen wichtig, den Mitarbeitern eine Stimme zugeben und ihnen zuzuhören“, sagt er.

Sei es, um zur Reflektion anzuregen oder bezüglich andererThemen in Sachen Einsatz und Management von Befragungen ein-zuwirken: Aufgabe der Experten ist immer mehr, die Unternehmengut zu beraten. Dies auch, weil es neben der klassischen Mitarbei-terbefragung inzwischen zahlreiche alternative Tools gibt und dieTechnologie es möglich macht, dass die Firmen Befragungen fürsich selbst organisieren können. „Vielen Unternehmen fehlt hierdie Orientierung. Aufgrund der Vielfalt ist immer schwerer zuunterscheiden, was wirklich sinnvoll und zielführend ist. Beratungist daher zunehmend erforderlich“, sagt Dr. Ingrid Feinstein,Director Employee & Organizational Research bei Ipsos. Entscheidendfür die Unternehmen sei letztlich, ein passendes Konstrukt aufzubauen,bei dem sich die Instrumente gut ergänzen und das eigentliche Zielnicht aus dem Blick gerate. p

Mehr als gute Fragen Die zunehmende Technologisierung erweitert die Möglichkeiten für Mitarbeiter-befragungen (MAB), der Anspruch auf Agilität stellt neue Herausforderungen andie Konzeption und Organisation des Instruments. Zehn Experten diskutierendie wichtigsten Entwicklungen und mögliche Lösungswege.VON PETRA WALTHER

Für ausgewählte aktuelle Themen holt sich die Perso-nalwirtschaft Experten an einen Tisch, um mit diesenTrends, den Markt und die Bedürfnisse von HR zu diskutieren. Die MAB-Expertenrunde wurde von Cliff Lehnen, Chefredakteur der Personalwirtschaft,moderiert. Die Erkenntnisse der Runde lesen Sie hier.

Info zum Round Table

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Do it yourself

uDie Digitalisierung hat dazu geführt, dass es heute eine Vielzahlan sogenannten Selfservice-Tools für Mitarbeiterbefragungengibt. Wie ist zu bewerten, wenn Unternehmen ihre Befragungenselbst organisieren?

Auch wenn nicht alle Experten am Tisch der Entwicklung aus-schließlich skeptisch gegenüberstehen, lässt sich eines dennochübereinstimmend sagen: Vorsicht ist geboten. „Falsch eingesetzt,bedeutet eine Do-it-yourself-Lösung die Chance auf eine schlankeBefragung mit dem Risiko eines dicken Endes für die Verantwortlichen“,warnt Michael Denzer vom Geva-Institut. Strategische Organisa-tionsentwicklung mittels Mitarbeiterbefragung basiere in ersterLinie auf einem fundierten Konzept und der Beratungserfahrungbezüglich der Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen undMotivation. Dies könne ein Selfservice-Tool nicht ersetzen.

Auch in der Durchführung sieht er kritische Situationenals wahrscheinlich an: „Wer garantiert etwa die Anonymität derBefragung, wenn alle Rohdaten im Unternehmen liegen? Undwer hat unternehmensintern die Expertise und das Standing,kritische Ergebnisse mit den Entscheidern konstruktiv zu erörtern?“„Man muss den Mitarbeitern vermitteln können, dass die Datensicher und anonym sind. Sobald der Eindruck entsteht, dass Per-sonen im Unternehmen wissen, wie die Befragungsteilnehmergeantwortet haben, verspielt man das Vertrauen der Mitarbeiter“,wirft Björn Matthaei ein.

Auch bräuchten die Unternehmen das entsprechende Know-how im Hause. Davon abgesehen sieht er aber auch Vorteile inDo-it-yourself-Lösungen: Es müssen keine personenbezogenenDaten an Dritte weitergegeben werden, Befragungsinhalte könnenschneller verändert, Ergebnisse selbst ausgewertet und der

Zeitpunkt hierfür eigens bestimmt werden. Daher und da siezeitgleich nicht auf Benchmarks von Befragungsdienstleisternangewiesen sind, sondern die des Konsortiums nutzen können,beobachtet er bei den Mitgliedsunternehmen der Racer BenchmarkGroup einen Trend zum Einsatz der Tools. „Mit dem ThemaDo-it-yourself-Befragungen werden wir uns auf jeden Fall inZukunft verstärkt beschäftigen müssen“, ist Matthaei überzeugt.

Dass sich Do-it-yourself-Lösungen am Markt nicht durchsetzenwerden, glaubt ISPA-Chef Stefan Miklic. Seiner Einschätzungnach werden einige Unternehmen erkennen, dass das ThemaBefragungen sehr komplex ist und Erfahrung und Ressourcenbraucht. Folglich geht er davon aus, dass eine professionelleBeratung beim Thema Befragung weiterhin erfolgskritisch bleibt.Nach Meinung von Matthias Zimmermann von Effectory müssensich die Berater jedoch weiterentwickeln. „Es braucht nicht füralles einen externen Berater. Die Digitalisierung macht es möglich,unser Know-how mehr und mehr in die Systeme zu bringen.Darüber hinaus haben viele Firmen Fachkompetenz für Mitar-beiterbefragungen aufgebaut“, so seine Beobachtung. Es gehtdarum, auf Augenhöhe gemeinsam Lösungen zu entwickeln, dieden Unternehmen helfen, ihre Businessziele zu erreichen, so seinCredo. Der eigentlich kritische Punkt sei das Menschenbild, dashinter vielen Do-it-yourself-Instrumenten und den Heilsversprechenihrer Befürworter stecke: „Ich habe da eine Software, die kannalles und sagt mir per Algorithmus, welche Knöpfe ich drückenmuss, Gespräche sind nicht mehr nötig. Aber Menschen sindkeine Maschinen. Ich möchte die Personaler eindringlich auffordern,genauer hinzuschauen, was ihnen da versprochen und verkauftwird“, so Zimmermann. p

Die Experten des Round Tables

Stefan Miklic, CEO, ISPA consult

Jan Stephan Schmaderer, Geschäftsführer, JSS HR & Consulting Services

Mag. Gerd Beidernikl, Geschäftsführer, vieconsult Vienna

Corporate Research and Development

Dr. Roland Abel, Head of Growth & Strategy – EmployeeExperience Solutions – DACH,

Qualtrics

Dr. Matthias Zimmermann, Geschäftsführer, LOGIT Effectory

Matthias Diete, Vorstand, Cubia

Dr. Ingrid Feinstein, Director Employee & Organizational

Research, Ipsos

Dr. Stefan Mauersberger, Talent Practice Leader Central

Europe, Kincentric

Michael Denzer, Leiter Marketing undVertrieb, geva-institut

Dr. Björn Matthaei, Gesellschafter,

Racer Benchmark Group

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MITARBEITERBEFRAGUNG ROUND TABLE

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

uVon Skeptikern wurde die Mitarbeiterbefragung schon totgesagt– insbesondere, da Unternehmen seit geraumer Zeit auch aufPulse Surveys setzen, die in kurzen Zeitabständen durchgeführtwerden, um schnell einen Überblick über die „Gesundheit desUnternehmens“ zu geben. Aber sind die Echtzeitfeedbacks aucheine Konkurrenz für die Mitarbeiterbefragung?

„Kurzfristige agile Befragungen sind – wenn sie richtig undprofessionell eingesetzt werden – ein weiteres hilfreiches Toolfür HR und OE. Deswegen die seit Langem bewährte Mitarbei-terbefragung in Frage zu stellen, wäre jedoch, als würde man denTÜV für das eigene Auto nicht mehr machen, weil die Öltemperaturin Echtzeit digital angezeigt wird“, sagt Matthias Diete, VorstandCubia AG. Ein Entweder-oder ist demnach der falsche Ansatz.So entscheiden sich auch Organisationen in der Regel für eineKombination von klassischer Mitarbeiter- und Pulsbefragung,wie Dr. Stefan Mauersberger, Talent Practice Leader CentralEurope, Kincentric (vormals Aon Hewitt GmbH), beobachtet.Der Vorteil liegt seiner Meinung nach darin, auf diese Weise denBlick für die Gesamtorganisation zu behalten und gleichzeitigdurch Pulsbefragungen kontinuierlichen Dialog flexibel, dezentralund zu spezifischen Themen auf lokalem Level voranzutreiben.„Die Zukunft geht in Richtung Befragungslandschaft, in der ver-schiedene Befragungsinstrumente, die strategisch auf ein Zielhinarbeiten, parallel eingesetzt werden“, meint auch BjörnMatthaei. Im Kreis der Racer Benchmark Group gäbe es keinUnternehmen, das in eine andere Richtung ziele.

Wie die strategische Vorgehensweise häufig in der Praxisaussieht, erläutert Gerd Beidernikl, Geschäftsführer der VieconsultVienna Corporate Research and Development GmbH: „Instrumentewerden bei unseren Kunden zusehends verschränkt eingesetzt:Vollbefragungen widmen sich den Basisthemen und unterneh-mensweiten Leitthemen, bei denen man die Aufmerksamkeitder Belegschaft synchronisieren will. Kurzbefragungen blickenanlass- und themenbezogen tiefer und werden von Themenver-

Klassische Mitarbeiterbefragung vor dem Aus?

antwortlichen und Führungskräften selber angestoßen.“ Kurzumergänzen Pulse Surveys die klassische Mitarbeiterbefragung –oder, wie Roland Abel es sieht, machen diese erst richtig lebendig,„weil sie dazu beitragen, die Engagementbefragung zu entschla-cken“.

Wichtig bei alldem ist, in den agilen Befragungen kein Heils-versprechen zu suchen. Laut Beidernikl werden mit Feedback-portalen, die vorgeben, permanent in Echtzeit zu messen, teilweisefalsche Erwartungen geweckt.

„Der Begriff Echtzeitfeedback ist irreführend. Er meint mar-ketingtechnisch die unmittelbare Visualisierung von Daten inDashboards – meist für den Vorstand“, sagt er. Aber permanentzu messen heiße nicht, permanent die Aufmerksamkeit für dieBearbeitung zu haben. Echtzeitfeedback ist und bleibt für mich,wenn zwei Menschen direkt miteinander sprechen. Das kannund soll durch keine Technik ersetzt werden“, warnt Beidernikl.„Entscheidend ist letztlich auch immer – und das gilt bei einerPulsbefragung ebenso wie bei der klassischen Mitarbeiterbefragung–, was die Unternehmen mit den Ergebnissen machen.

„Wer ständig nur den Puls misst, aber nicht auf die Symptomeund deren Ursachen reagiert, die durch die Messung an dieOberfläche befördert werden, führt keine Veränderungen herbei“,so Stefan Miklic. Es ist daher entscheidend, immer genügendZeit einzuplanen für eine saubere Umsetzung. Folglich sei esauch sinnvoll, die Befragungszyklen nicht zu dicht aufeinanderfolgen zu lassen. „Wenn in der Zeit zwischen den Befragungennichts bewegt wird beziehungsweise bewegt werden kann, wennalso die Unternehmen ihre Versprechungen nicht einhaltenkönnen, führt das zu gar nichts – außer zu Frustration bei denMitarbeitern und in der Folge zu Demotivation“, sagt Miklic.„Die Befragungsgeschwindigkeit darf niemals größer sein alsdie Bearbeitungsgeschwindigkeit“, bringt es Gerd Beiderniklauf den Punkt. „Darauf versuchen wir alle unsere Kunden ein-zuschwören.“ p

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u Ist Mitarbeiterbefragung Chefsache? Scheinbar nicht (mehr)zwingend. Denn gerade in den größeren Unternehmen ist einegewisse Dezentralisierung von Befragungen festzustellen.

„Es gibt immer mehr Vorstände, die ihr eigenes Erkennt-nisinteresse ein Stück weit zurücknehmen, damit die sonst oftals Lehmschicht wahrgenommenen Mittelmanager in Aktiontreten können“, hat etwa Dr. Roland Abel von Qualtrics beobachtet.Die Entwicklung ist seiner Meinung nach positiv. Zentrale Fra-gebögen seien meist zu wenig relevant für die Abteilungen undTeams, weil sie oft mit allgemeinen Leadership-Themen zu tunhaben, die für sie zu weit weg seien. Daher sei früher auch häufigmit den Ergebnissen im Folgeprozess nichts passiert. „Mittelseiner dezentralen Strategie jedoch ist es möglich, in der Lehmschichteine Ownership-Kultur zu generieren“, ist Abel überzeugt. Weilman Themen abfragt, an denen die mittlere Führungsebene danndirekt arbeiten kann.

Über die Rolle der Unternehmensführung herrscht insgesamtjedoch keine wirkliche Einigkeit. So meint Matthias Diete zumBeispiel, dass jede professionelle Mitarbeiterbefragung bei Vorlageder Ergebnisse automatisch zur Chefsache wird. Seine Erfahrung:„Spätestens wenn Sie präsentieren, ist die Geschäftsführung bezie-hungsweise der Vorstand hellwach.“ Die Cubia AG rate HR daherdazu, die obere Führungsebene bereits in der Konzeptionsphasezu berücksichtigen – etwa, indem man sie vorher kurz bezüglichihrer vorherrschenden Themen befragt. Diese sollten dann indie Fragebogenentwicklung einfließen. „Das Topmanagementmuss unbedingt hinter der Mitarbeiterbefragung stehen“, schließtsich Ingrid Feinstein von Ipsos an. Dies vor allem auch wegender Verantwortungsübernahme im Folgeprozess. „Es muss klarsein, was die Befragung für die Geschäftsführung bedeutet und

Wer ist der Impulsgeber?

mit welchen Zielen und Erwartungen die Initiative verbundenist. Nur so kann eine Befragung in die Unternehmensstrategieeingebunden sein und einen unternehmensweiten, nachhaltigenEffekt haben“, führt Stefan Mauersberger von Kincentric aus.Für ihn ist klar: Jede Befragungs- und Veränderungsinitiativemuss in erster Instanz von der Geschäftsführung unterstützt undgelebt werden. HR kann hier als Prozessgestalter die richtigenRahmenbedingungen sicherstellen, ohne die Businessverantwortungzu übernehmen.

Wichtig ist aber auch, dass alle anderen Stakeholder – dieFachabteilungen und der Betriebsrat – in die Konzeption der Mit-arbeiterbefragung frühzeitig eingebunden werden. Laut IngridFeinstein können nur so auch die verschiedenen Erwartungenadressiert werden. Mit dieser Ansicht steht sie nicht alleine da: „Esgehört zum Grundkanon unserer Überzeugung und Erfahrung,dass man eine Mitarbeiterbefragung nicht über die Köpfe der Betrof-fenen hinweg durchführen sollte. Daher sind Arbeitnehmervertreterin jedem Fall möglichst zu beteiligen“, sagt Matthias Diete.

Das Thema „Einbindung des Betriebsrates“ unterliegt JanStephan Schmaderer von JSS HR & Consulting Services zufolgeeiner kollektivrechtlichen Rahmenberatung. Er betont, dass Ant-worten darauf gegeben werden müssen, ob, wann und wiebestimmte Elemente der Mitbestimmung unterliegen. Was zumBeispiel ist, wenn der Betriebsrat blockiert? „Hier gilt es, Gestal-tungsmöglichkeiten aufzeigen“, sagt er. Bezüglich einer Aufklärungsieht er die Anbieter von Mitarbeiterbefragungen in der Pflicht.„Es kann nicht sein, dass diese nicht wissen, wann eine Befragungmitbestimmungspflichtig ist und wann nicht.“ Mit einer ganz-heitlichen Beratung würden professionelle Dienstleister sich ent-sprechend hervorheben. p

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MITARBEITERBEFRAGUNG ROUND TABLE

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u Gamification und User Experience sind Trends in HumanResources. Doch ist der Spaßfaktor auch im Rahmen von Mit-arbeiterbefragungen zwingend? Um dies zu beantworten, musszunächst geklärt werden, was eigentlich konkret mit Spaß beiden Befragungen gemeint ist.

„Wenn Spieleelemente in eine fremde Landschaft eingebautwerden, was das Wort Gamification ja eigentlich bedeutet, dannist zunächst die Frage nach dem Sinn wichtig“, sagt MichaelDenzer. Auf jeden Fall zu weit gehe man, wenn der Eindruckentstehe, dass mit der Meinung der Mitarbeiter gespielt werde.Häufig aber vermischen sich unterschiedliche Begriffsdefinitionen,und Gamification wird mit Usability und ansprechendem Designgleichgesetzt. Das sind Eigenschaften, die Mitarbeiterbefragungenhaben sollten, stimmen die Experten überein – auch wenn sielaut Roland Abel von Qualtrics scheinbar nichts mit den Rück-laufquoten zu tun haben: „Studien zufolge wollen Mitarbeiteröfter befragt werden, als es momentan der Fall ist. Ein langweiliggestalteter Fragebogen wird kaum jemanden von der Teilnahme

Welche Rolle spielt der Spaßfaktor?

abhalten, wenn er als Chance angesehen wird, Feedback zuwichtigen Themen zu geben“, ist er überzeugt.

Dennoch: „Eine Befragungstechnologie muss intuitiv, nut-zerfreundlich und anregend sein“, hebt etwa Stefan Mauersbergervon Kincentric als Selbstverständlichkeit hervor. Vor allem müssesie Führungskräfte und Mitarbeiter dazu befähigen, einen kon-tinuierlichen Dialog zu leben. Nach Meinung von Abel ist besondersdarauf zu achten, dass die Folgeprozesse nicht als langweilig emp-funden werden: „Wenn man nachher vier Stunden in einemWorkshop sitzt und das Gleiche diskutiert wie das Jahr zuvor,dann frustet das die Leute enorm“, weiß er.

Gamification nein, positive User Experience sowie Leichtigkeitim Prozess ja. Dafür plädiert auch Gerd Beidernikl. „Für michsind Befragungen sowohl Mess- als auch Kommunikationsin-strumente“, führt er aus. Humor und Spaß bei den Befragungenseien dann stimmig, wenn dies mit einem seriösen Messvorhabennicht kollidiere sowie zum Befragungsvorhaben und zur bestehendenUnternehmenskultur passe. p

Eine Bilderstrecke mit den wichtigsten Zitaten der Round-Table-Teilnehmer finden Sie auf www.personalwirtschaft.dein der Rubrik Führung.

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So geht es besser

u Ohne intrinsische Motivation und Eigenverantwortung derMitarbeiter geht es nicht. Sie sind grundlegend dafür verantwortlich,dass in den Unternehmen Veränderungsbereitschaft, Agilitätund Innovation herrschen können.

So stellt sich auch die Frage, wie Unternehmen in Zukunftagieren sollten, um dieses Ziel zu erreichen, und wie die Mitar-beiterbefragung speziell dabei unterstützen kann. „Der Fokusdarf nicht auf dem Instrument an sich liegen. Er muss vielmehrdarauf gerichtet werden, den Bedürfnissen des Unternehmensund der Mitarbeiter gerecht zu werden“, fasst Jan Stephan Schma-derer von JSS HR & Consulting Services zusammen. „Es machtkeinen Sinn, die vermeintlich schicken Abwicklungslösungeneinzukaufen, nur um augenscheinlich agil zu wirken.“ „Der soge-nannte Anpassungsdruck ist ja primär das Ergebnis intensiverPR seitens ökonomisch motivierter Anbieter, was in einer freienMarktwirtschaft absolut legitim ist“, stellt Cubia-Vorstand MatthiasDiete klar. Sei der beziehungsweise die HR-Verantwortlichejedoch nicht wirklich überzeugt von den vollmundigen Versprechen,dann bleibe eine Option: nicht kaufen.

Vordringlich sei laut Schmaderer, die vorherrschende Unter-nehmensrealität zu analysieren. Daran müsse mit Lösungen ange-knüpft werden, ohne die Mitarbeiter zu überfordern und zu ver-schrecken. Zudem macht er darauf aufmerksam, dass nicht immerin allen Unternehmensbereichen Selbstorganisation auf Füh-rungskraft- oder Mitarbeiterebene gewollt ist. Ergo könne essinnvoll sein, dies zunächst abzufragen, bevor pauschal auf Selbst-organisation gesetzt werde.

Weitere Themen im Unternehmen sollten über eine Befra-gungslandschaft eingeholt werden. Dabei ist eine Orientierungam Mitarbeiter-Lebenszyklus sinnvoll: „Unternehmen solltenüberlegen, wie man in den einzelnen Phasen, die der Mitarbeiterdurchläuft – vom Onboarding bis hin zum Unternehmensaustritt– gewinnbringendes Feedback einholen kann“, sagt MatthiasZimmermann. Das müsse natürlich gemanagt werden. Ergo giltes für die Unternehmen, hier die entsprechende Kompetenz auf-zubauen oder einzukaufen.

Eine weitere Kompetenz, die in den Unternehmen benötigtwird: die Fähigkeit, Dialog zu ermöglichen. Nach Ansicht vonIngrid Feinstein von Ipsos ist der Dialog mit den MitarbeiternHauptzweck eines Feedbackprozesses. Wichtig sei hier, einenParadigmenwechsel zu vollziehen und einen anderen Blick aufdie Mitarbeiterbefragung einzunehmen. „Wir müssen weg vondem Ansatz „Messung – Problemanalyse – Lösung und Maß-nahmen“, sagt sie. Dieser passe nicht mehr zur heutigen Unter-nehmensrealität, wo alles in ständiger Veränderung sei. Feed-backprozesse sollten den permanenten Flow im Unternehmenbegleiten. „Der kontinuierliche und übergreifende Austausch imUnternehmen über die anliegenden Themen und Herausforde-rungen ist stärker in den Vordergrund zu rücken. Damit wirdzunächst ein gemeinsames Verständnis geschaffen. Und dieses

wiederum ist eine notwendige Grundlage für kreative Lösungenund Bewältigung der Themen.“ Letztlich heißt es damit back tothe roots: die Mitarbeiterbefragung als Partizipationsinstrument– Betroffene zu Beteiligten machen, sie einbinden, mit Befragungenden Dialog stärken, kurz: eine Rückbesinnung auf den ursprüng-lichen Ansatz. Nimmt man die Themen Holokratie, Agilität undHierarchiefreiheit ernst, ist nach Ansicht von Zimmermanngenau dieses Paradigma das, was heute angesagt ist. Entscheidendsei nicht die Anzahl der abgeleiteten Verbesserungsmaßnahmen.Es sei viel wichtiger zu schauen, ob die Organisation in Bewegungkommt: Hat die Befragung dazu geführt, dass ein besseres Ver-ständnis für die Ziele der Organisation und die Kollegen herrscht?Hat sie zur Selbstreflexion angeregt? Hält man sich offen denSpiegel vor? Tritt man in konstruktiven Dialog?

Im Prinzip ist dies dann die Agilität im Folgeprozess, dieauch Jan Stephan Schmaderer fordert: ein Lösen von klassischenMustern und vom Silodenken. Um den Folgeprozess wiederumeffektiv managen zu können, kann die Ausbildung und der Einsatzvon Change Agents oder Innovationsbotschaftern zielführendsein. Warum? Es gibt Themenkomplexe, bei denen es per se nichtsinnvoll ist, dass die Führungskräfte die Hauptverantwortungtragen. p

1 Strategische HerangehensweiseMitarbeiterbefragungen sind Instrumente einer strategischen Orga-nisationsentwicklung. Entscheidend ist, was mit der Befragung erreichtwerden soll. Daher kommt es auch ganz wesentlich darauf an, Ziele zu defi-nieren.

2 Stakeholder einbeziehen Um die verschiedenen Interessen und Erwartungen zu berücksichtigen,

tun die Unternehmen gut daran, die Fachabteilungen und den Betriebs-rat in die Konzeption der Mitarbeiterbefragung einzubinden – unddas frühzeitig.

3 Gute Ergänzung der Instrumente Immer mehr Tools für Mitarbeiterbefragungen kommen auf den Markt.

Die Herausforderung besteht darin, eine Befragungslandschaft zu kreieren, bei der die klassische Mitarbeiterbefragung die Basis bildet beziehungsweise die Gesamtorganisation im Blick hat und durch anlass- oder themenbezogene Pulsbefragungen ergänzt wird.

4 Sinnvolle Folgeprozesse Wichtig ist, dass Mitarbeiterbefragungen etwas anstoßen. Das Ableiten

zahlreicher Verbesserungsmaßnahmen ist dabei nicht das, auf was es inerster Linie ankommt. Wichtiger ist, dass ein Dialog mit den Mitarbei-tern erfolgt und man sichergeht, dass ein gemeinsames Verständnishinsichtlich der Ziele im Unternehmen herrscht.

Kompakt: Die vier wichtigsten Erkenntnisse des Round Tables

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1 Der Hintergrund

CO2-Reduktion, Digitalisierung oder neue Mobilitäts-konzepte: Energie- und Infrastrukturdienstleister befin-den sich mitten im Umbruch. Die einst überschaubareWertschöpfungskette aus Erzeugung und Vertrieb vonStrom und Wärme wird zunehmend vertikal und hori-zontal fragmentiert. Zwischen etablierten und neuenMarktteilnehmern ist ein heftiger Wettbewerb entbrannt. Auch die Stadtwerke München (SWM) haben den Ernst

der Lage erkannt. Dabei kann das Unternehmen einbeträchtliches Potenzial in die Waagschale legen: NebenTrinkwasser werden die Kunden des mit 9000 Mitar-beitern größten deutschen Stadtwerks mit Strom undWärme versorgt – zunehmend aus erneuerbarer Energie.Ferner unterhalten die SWM ein Nahverkehrssystemund eine Bäderlandschaft. Zur Lebensqualität trägt auchein Glasfasernetz bei, dessen Länge quasi neunmal dieErde umspannt.Doch die wirtschaftlichen Herausforderungen habenes in sich: Trotz sinkender Margen im Energiebereichbesteht ein hoher Investitionsbedarf, etwa für die sub-stanzielle Modernisierung des Verkehrssystems. Ebensoalternativlos ist die Finanzierung der Strom- und Wär-meversorgung. Bis 2025 wollen die SWM so viel Ökostromin eigenen Anlagen produzieren, wie München ver-braucht, und bis 2040 den städtischen Bedarf an Fern-wärme überwiegend durch Wärme aus GeothermieCO2-neutral decken. Bald soll auch der lückenloseZugang zum Internet in Hochgeschwindigkeit möglichsein.

Veränderung durch FeedbackOrientierungshilfe in Zeiten des Umbruchs: Die Stadtwerke München (SWM) nutzen die Rückmeldungen ihrer Beschäftigten für die Einführung eines neuen Führungsleitbildes.

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MITARBEITERBEFRAGUNG CASE STUDY

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

Die Stadtwerke München (SWM) sind als kommunaler Energieexperte der Landeshauptstadt München eines der größten Energie- und Infrastrukturunternehmen Deutschlands mit mehr als 9000 Beschäftigten. Sie versorgen die Stadt mit Energie und Trinkwasser. Ferner betreibendie SWM 18 Hallen- und Sommerbäder. Ihre Verkehrstochter MVG verantwortet die umwelt- und stadtverträgliche Mobilität mit U-Bahn, Bus und Tram.

CASE STUDY Stadtwerke München (SWM)

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2 Die Strategie: SWM beschließen tiefgreifende Veränderungen

Jegliche Investition in Ökostromanlagen, die Verkehrs-erneuerung oder ein schlagkräftiges Personal hängenuntrennbar davon ab, ob die SWM sich dynamisch undwettbewerbsfähig aufstellen können. Grund genug,einen tiefgreifenden Veränderungsprozess einzuleiten.Nachdem die bevorstehenden Korrekturen entwickelt,angekündigt und breit diskutiert wurden, traten sie zuBeginn des Jahres 2018 in Kraft. Gründlich umgekrempeltwurden die Organisationsstruktur sowie zahlreiche Pro-zesse, viele Leitungsfunktionen neu besetzt.Gleichzeitig kam auch der kulturelle Veränderungsprozessvoran, und zwar flankiert von der Einführung einesneuen Führungsleitbildes. Innerhalb und außerhalbihres jeweiligen Bereichs sollen Mitarbeiter sich demnachstärker vernetzen und miteinander kooperieren. Dertiefe Eingriff in die Unternehmensstruktur hatte zurFolge, dass viele Beschäftigte in andere Teams wechseltenund sich zügig in neue Aufgaben einarbeiten mussten.Parallel änderten sich Führungsstrukturen; über Jahregewachsene Beziehungen zwischen Vorgesetzten undMitarbeitern wurden durch gänzlich neue Konstellationenersetzt.

3 Das Konzept: Feedback von Mitarbeiternverdeutlicht Steuerungsbedarf

Die SWM stehen vor einer Herkulesaufgabe: Auch wennder umfassende Wandel Widerstände und Unsicherheithervorruft, ist er alternativlos. Unterstützt durch aktivesChange Management seitens HR sollen die Beschäftigtendem Wandel mit Zuversicht begegnen und eigeninitiativ

zum Gelingen beitragen, so das Ziel. Nur so verläuftder Prozess erfolgreich. Wie aber stellen die SWM sicher,diesen Prozess zielgenau zu steuern? Wichtig ist deshalbzu evaluieren, wie die Beschäftigten den Veränderungs-prozess akzeptieren, unterstützen und ihm Impulse ver-leihen. So kann das Management bei Bedarf gezieltEinfluss nehmen. Hierzu bieten sich verschiedene Instru-mente an, etwa die bereits seit 2001 favorisierte allgemeineMitarbeiterbefragung (MAB). Das Instrument zur Orga-nisationsentwicklung (OE) dient dazu, möglichst vielefür Zufriedenheit und Motivation relevante Aspekte zuerfassen und sie mit mittel- und langfristigen Maßnahmenzur Organisationsentwicklung zu verschränken.Für die konkrete Umbruchsituation war eine MABjedoch kaum geeignet. Zu aufwendig gestalten sich Vor-arbeiten und Auswertungen, um zeitnah und präziseden Veränderungsprozess zu erfassen. Gefragt war viel-mehr ein Instrument, das punktgenau und zügig Einblickin die aktuelle Situation gewährleistet und dem Manage-ment kurzfristig Anhaltspunkte liefert, um steuerndeinzugreifen. Ein solches Instrument ist der sogenannte„Puls-Check“. Wie ein Blitzlicht fokussiert er auf einige wenige Aspekte.An die Beschäftigten richteten die SWM daher nur vierFragen, die den Veränderungsprozess beleuchten: Wieinformiert fühlen sie sich; wird die Notwendigkeit derVeränderungen geteilt; wie hoch ist deren Einfluss aufdie Arbeit; sind sie zufrieden mit den eingeleiteten Kor-rekturen? Geplant war, die Puls-Checks in regelmäßigenAbständen zu wiederholen, um Trends zu erkennenund den Change-Prozess gezielt zu steuern.Nach der ersten Befragungswelle stellte sich heraus,dass die Kommunikation über die Notwendigkeit undstrategische Ausrichtung unbedingt intensiviert werden

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Phasenmodell der Veränderung nach Schmidt-Tanger Abbildung 1

Zeit= Stand heute

Im Phasenmodell wird der Einsatz der Befragungsinstrumentebei den SWM während des Veränderungsprozesses verdeutlicht.

Wahrgenommene eigene Kompetenz

Verneinung

AusprobierenErkenntnis

Integration

Emotionale Akzeptanz

Rationale EinsichtSchock/Überraschnung

1. Puls-Check

2. Puls-Check

1. Stimmungsbarometer

2. Stimmungsbarometer

MAB 2020

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MITARBEITERBEFRAGUNG CASE STUDY

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

musste. Die Projektkommunikation erwies sich als zuinformations- und kaum dialogorientiert. WeitereAnsatzpunkte zur Steuerung ergaben sich kaum. Zudemfiel die Beteiligungsquote gering aus. Als flankierendesElement etablierte HR deshalb sogenannte „Resonanz-gruppen“. Das beteiligungsorientierte Instrument siehtvor, dass die Beschäftigten Gruppen bilden, um sichdort zu veränderungsbezogenen Problemen auszutau-schen. Aktiv wirkten etwa 500 Beschäftigte mit. Bei einem zweiten Puls-Check, sechs Monate später,ergaben sich weitere Hinweise auf die Akzeptanz derVeränderungen. Die Stimmung blieb im Keller, nochimmer war vielen Mitarbeitern die Notwendigkeit derVeränderung nicht klar. Ein weiterer Umstand beun-

ruhigte HR: Gegenüber der ersten Welle nahm die Betei-ligungsquote so stark ab, dass die Ergebnisse größtenteilsnicht mehr aussagekräftig waren. Ein klares Handlungs-signal für die Akteure. Auch die Methodik rückte aufden Prüfstand.

4 Kurswechsel: Spezialisierter Dienstleisterentwickelt neues Befragungsformat

Ende 2017 entschieden sich die SWM deshalb, einenDienstleister hinzuziehen, der auf das gesamte Befra-gungsspektrum spezialisiert ist. Mit der Cubia AG, diein den Projekten wissenschaftliche Berater einsetzt, ver-ständigte man sich schnell auf ein „Stimmungsbarometer“als Zwischenschritt zwischen dem Ad-hoc-Format desPuls-Checks und der hinsichtlich ihrer Befragungsinhaltewesentlich umfangreicheren MAB, die auf das Jahr 2020verschoben wurde. Das Team entwickelte einen Fragebogen mit insgesamt23 Fragen. Sie zielten nicht allein auf die laufenden Ver-änderungen ab, sondern sollten auch ermitteln, ob sichbereits positive Entwicklungen abzeichnen und dieergriffenen Maßnahmen auch zu Effekten führen.Deshalb berücksichtigten sie auch kulturbezogeneAspekte. Um Unterschiede in einzelnen Bereichen zuidentifizieren, entschied sich das Team zudem für einetiefere Auswertung. Im Interesse einer weit höherenTeilnahme als zuvor investierte das HR-Team erheblichin Kommunikation und Marketing. Weil ein nennens-werter Teil der Belegschaft online nicht erreichbar ist,dienten eigens entwickelte Plakate und Anschreibender Information. Eindringlich warben Vorgesetzte inihren Teams um Teilnahme.Zudem bot Cubia zur Befragung ein spezielles Einla-dungsverfahren an. Weil es absolute Anonymität gewähr-leistet und weder Mailadressen noch sonstige Daten

• Puls-Checks motivierten nur wenige Beschäftigte zu einer Teilnahme.• Auch kleine Befragungsformate verursachen einen hohen Aufwand. Deshalb benötigen sie

einen großen zeitlichen Vorlauf, insbesondere wenn viele Mitarbeiter online nicht erreichbar sind.

STOLPERSTEINE Wo hat es im Projekt gehakt?

• Puls-Checks ließen erkennen, dass das Management die Notwendigkeit von Veränderungennicht hinreichend kommunizierte.

• Das alternative Feedback-Instrument „Stimmungsbarometer“ stellte sich hinsichtlich Aufwand und Aussagekraft als wertvolles Befragungsinstrument für die zweite Phase des Veränderungs-prozesses heraus.

• Die Ergebnisse liefern deutliche Hinweise, wo die SWM nachjustieren müssen, um den Veränderungsprozess erfolgreich abzuschließen.

UNTERM STRICH Was hat das Projekt gebracht?

Befragungen im Veränderungsprozess Abbildung 2

Die Abbildung stellt im zeitlichenVerlauf die Befragungen während des Umstrukturierungs-projektes bei SWM dar.

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der Beschäftigten benötigt, fand es bei Datenschutzbe-auftragten und Mitarbeitern hohen Zuspruch. Der Auf-wand zahlte sich aus. Massiv zog die Beteiligungsquoteder im Sommer 2018 durchgeführten Befragung an.Gewiss trug dazu bei, dass jene Beschäftigten, die bishernur in Papierform teilnehmen konnten, erstmals dieGelegenheit erhielten, den Fragebogen auf eigenenDevices und somit auch zu Hause auszufüllen. Zwarreflektierten die Ergebnisse unverändert einen großenMissmut, der jedoch erste Züge einer „konstruktivenUnzufriedenheit“ erkennen ließ. Zumindest teilweiseschöpften Mitarbeiter wieder Hoffnung, mit ihremFeedback zu einer positiven Veränderung beitragen zukönnen. Die Talsohle der Veränderungskurve war somitdurchschritten (siehe Abbildung 1, Seite 13). Das zweite Stimmungsbarometer im Frühjahr 2019zielte ebenfalls darauf ab, neben dem Stand des Ver-änderungsprozesses auch die Effizienz der ergriffenenMaßnahmen zu erfassen. Einige der nunmehr 26Fragen drehten sich erstmals um die Zufriedenheitmit der Geschäftsführung und den oberen Führungs-ebenen. Zudem konnten Mitarbeiter Lob und Kritikin sogenannten Freitextfeldern äußern. Tatsächlichstieg die Beteiligungsquote noch einmal beträchtlichan, und zwar auf das Niveau der letzten MAB. Nochwichtiger: Gegenüber der Vorbefragung erzielte auchdie Zufriedenheit im Gesamtunternehmen höhereWerte. Deutlich war zu erkennen, dass die Maßnahmen fruchtenund sich erste Schritte hin zu einer neuen Unterneh-menskultur abzeichnen. Dabei zeigten sich große Unter-schiede zwischen den von der Umstrukturierung stark

betroffenen Bereichen. Hatte die Zufriedenheit in einigenBereichen wieder ein hohes Niveau erreicht, war sie inanderen sogar weiter gesunken. Ein Fingerzeig für dieVerantwortlichen: Mit einigen „offenen Baustellen“identifizierte die Befragung konkreten Handlungsbedarf,der seither entschlossen abgearbeitet wird.

5 Das Fazit: Der Stand des Prozesses istentscheidend

Aus den Befragungen lassen sich zentrale Erkenntnisseableiten. Zunächst sollte das Format unbedingt zurjeweiligen Phase des Veränderungsprozesses passen.Beispiel Puls-Check: Bei niedrigem Aufwand wirkt erzwar wie ein Schlaglicht, bleibt jedoch in seiner Aussa-gekraft auf wenige Aspekte beschränkt. Nicht zu unter-schätzen ist dafür der Aufwand für umfangreichereBefragungsformate mit höherer Auswertungstiefe. Den-noch zahlt er sich aus. Auch das gehört zur Bilanz: Wersich eine hohe Beteiligung erhofft, muss intensiv kom-munizieren. Damit sind die Ergebnisse ein klares Signal, den Prozesskonsequent fortzusetzen, jedoch noch aufmerksamerauf die Entwicklungen in einzelnen Bereichen zu schauen.In welchem Umfang es SWM gelingt, die Motivationslagein den eigenen Reihen weiter in die gewünschte Richtungzu lenken, wird sich spätestens in der 2020 anstehendenMAB niederschlagen (siehe Abbildung 2, Seite 14).Geplant ist, die anstehende MAB auch zu nutzen, umeine flächendeckende Datengrundlage für die Gefähr-dungsbeurteilung psychischer Belastung entstehen zulassen. p

Karin Kahlen, Leiterin Personalentwicklung, Stadtwerke München GmbH,[email protected]

Marija Petricevic, Referentin Personalentwicklung, Stadtwerke München GmbH,[email protected]

Prof. Dr. Roland Hormel, Arbeits-und Organisationspsychologe,München, wissenschaftlicher Berater der Cubia AG, [email protected]

AUTOREN

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MITARBEITERBEFRAGUNG CASE STUDY

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

1 Der Hintergrund

Wie in fast allen Branchen in Deutschland ist das ThemaFachkräftemangel auch in der Logistikbranche hochaktuell.Laut einer Befragung der Bundesvereinigung Logistik(BVL) fürchten 82 Prozent der befragten Mitglieder bedingtdurch den Fachkräftemangel in den nächsten zehn Jahrennegative bis stark negative Auswirkungen auf den Unter-nehmenserfolg. Qualifizierte Fachkräfte sind für Unter-nehmen in der Logistikbranche also ein wertvolles Gutund deren Bindung hat höchste Priorität. Wie erreichenUnternehmen, dass Mitarbeiter gern bleiben? Sie sorgenfür ein gutes Betriebsklima. Denn das ist Mitarbeiternnoch vor Bezahlung und Sicherheit am Arbeitsplatz amwichtigsten, wie auch Studien immer wieder beweisen. Was ein gutes Arbeitsklima konkret bedeutet, kann variieren.

Kommunikation ist der SchlüsselWie können Unternehmen das Betriebsklima verbessern? Durch die Möglichkeit für Mitarbeiter,offen und anonym Feedback zu geben. Dem Logistikunternehmen Kühne + Nagel ist dies durchregelmäßige Mitarbeiterbefragungen gelungen.

Im Kern stehen jedoch oft Werte wie Transparenz, Fairness,Wertschätzung und ein kollegialer Umgang miteinandersowie das Gefühl, sich einbringen zu können. Der Schlüssel,um diese Werte in der Unternehmenskultur zu verankernund damit das Betriebsklima dauerhaft auf einem gutenLevel zu halten: Kommunikation. Und genau an diesemPunkt wollte auch das weltweit tätige LogistikunternehmenKühne + Nagel ansetzen – durch die Etablierung von kon-tinuierlichen Feedbackprozessen.

2 Die Ausgangslage

Kühne + Nagel ist eines der größten Unternehmen in derLogistikbranche weltweit. Die Unternehmenskultur istgeprägt von teils komplexen und vielschichtigen Projekten,schnelllebigen Prozessen und einer starken „Hands-on“-Mentalität. Da gerät das Thema Mitarbeiterfeedback schnellaus dem Fokus. Und auch die Mitarbeiterstruktur ist sehrheterogen. Neben Mitarbeitern in der Spedition und imLagerbereich arbeiten bei Kühne + Nagel unter anderemMitarbeiter im Vertrieb oder im Personalbereich. DenBedürfnissen aller Mitarbeiter gerecht zu werden und inManagement und HR den Überblick zu behalten, ist alsonicht immer einfach. Am Standort München mit 250 Mit-arbeitern aus allen Bereichen und Hierarchiestufen wardas nicht anders. Deshalb entschloss sich die Führungsebenein München dazu, diesen Zustand zu ändern und mit derImplementierung eines regelmäßigen Feedback-prozessesneue Wege zu gehen.

Kühne + Nagel zählt mit mehr als 1300 Niederlassungen in über 100 Ländern und rund 82000 spezialisierten Mitarbeitern zu den erfolgreichsten Unternehmen der Logistikbranche.Das Unternehmen ist weltweit größter Seefrachtspediteur im Full-Container-Load-(FCL)- und Less-than-Container-Load-(LCL)-Bereich sowie zweitgrößter Luftfracht-Logistikanbieter. Im europäischen Overland-Sektor zählt Kühne + Nagel zu den fünf führenden Anbietern. Weltweit verfügt das Unternehmen über 10,6 Millionen Quadratmeter eigene Lagerfläche und ist damit die Nummer zwei in der Kontraktlogistik. Kühne + Nagel Deutschland beschäftigt rund 15 000 Mitarbeiteran mehr als 130 Standorten.

CASE STUDY Kühne + Nagel

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In München ermöglichte jeder Abteilungsleiter bis zudiesem Zeitpunkt seinen Mitarbeitern individuell, Feedbackzu geben. Das konnte in Meetings genauso wie in Einzel-gesprächen sein, geschah meist aber in unregelmäßigenZeitabständen und nach keinem vorgegebenen Prozess.Und auch wenn das Thema Feedback in einem regelmäßigenTurnus behandelt wurde, konnte es zu Schwierigkeitenkommen: In einer Abteilung wurden beispielsweise jährlichMitarbeiterbefragungen durchgeführt. Dabei wollte dieLeitung vor allem die Stimmung in der Abteilung erfassen,um bei Bedarf entsprechende Maßnahmen einleiten zukönnen. Das Ergebnis war jedoch stark situationsabhängig.Fiel die Befragung in eine stressreiche Phase, wirkte sichdas meist auch negativ auf die Stimmung aus. Für dieLeitung waren die Ergebnisse daher nur sehr bedingt ver-wertbar, da das reale Stimmungsbild oft abwich.

3 Das Ziel und die Anforderungen

Kühne + Nagel wollte in München eine flächendeckendeMöglichkeit schaffen, die jedem Mitarbeiter aber auchden Führungskräften Gelegenheit gibt, offenes Feedbackzu geben und Verbesserungsvorschläge zu machen. Umein wirklich offenes Feedback zu ermöglichen, sollten dieBeteiligten ihre Kritik und ihre Wünsche auch anonymäußern können. Gewünscht war außerdem ein kontinu-ierliches und regelmäßiges Feedbackformat, um immerdie aktuelle Stimmung am Standort abbilden und daraufreagieren zu können. Klassische Befragungen im Jahresturnushatten sich in der Vergangenheit, wie schon beschrieben,dafür als wenig sinnvoll erwiesen. Einen weiteren Vorteil von kontinuierlichem und regel-mäßigem Feedback versprach sich das Unternehmen

außerdem dadurch, dass die Mitarbeiter in Folge derhöheren Frequenz der Befragungen viel eher das Gefühlbekommen, sich einbringen zu können und für die Füh-rungsebene von echtem Interesse zu sein. Kann das erreichtwerden, wirkt es sich wiederum positiv auf das Betriebsklimaaus, was ein maßgebliches Ziel war. Ein weiterer wichtigerPunkt war Flexibilität. Aufgrund der heterogenen Belegschaftbrauchte es auch die Möglichkeit für unterschiedlicheFormate und Konzepte von Feedback. All diese Anforde-rungen und Wünsche sollten in Form einer offiziellenPlattform praktisch umgesetzt werden, über die die jeweiligeFührungskraft auch direkt adressiert werden kann. ZurUmsetzung dieser Vision wandte sich Kühne + Nagel anTeambay, ein HR-Tech-Unternehmen aus Berlin.

4 Die Lösung

Teambay bietet mit seinem Softwaretool eine Plattform,mit deren Hilfe flexibel und anonym regelmäßige Mitar-beiterbefragungen durchgeführt werden können. Ano-nymität wird dabei durch einen speziellen Mechanismusgewährleistet: Ergebnisse werden sowohl für das gesamteUnternehmen als auch für jede gefilterte Ansicht erst ange-zeigt, wenn mindestens fünf Antworten vorhanden sind.Auf der Basis der Befragungen kann die Führungsebenevon Kühne + Nagel die Bedürfnisse verschiedener Teamsabfragen, analysieren und alle Mitarbeiter aktiv einbin-den.Bevor die Mitarbeiterbefragungen über die Plattform star-teten, führte die Personalabteilung zunächst Gesprächemit allen Abteilungsleitern und dem Betriebsrat. Dabeitauschten sich alle Parteien über Konzepte und Ideen zurEinführung des Feedbacks aus. Im ersten Schritt wurde

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MITARBEITERBEFRAGUNG CASE STUDY

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

ein gemeinsamer Fragebogen für die geplanten Mitarbei-terbefragungen entwickelt. Die Fragen orientierten sichan den fünf Hauptkategorien von Teambay: Wohlbefinden,persönliche Entwicklung, Identifikation mit dem Unter-nehmen, Wertschätzung und Arbeitsbeziehungen. Danachinformierten die Abteilungsleiter die Belegschaft über dasweitere Vorgehen. Dann starteten die Befragungen.Wöchentlich erhielten alle Mitarbeiter die jeweils eingestelltenFragen.

5 Die Umsetzung

Der entwickelte Prozess wurde für alle Abteilungenzunächst einheitlich eingeführt, jede Führungskraftarbeitete mit den Ergebnissen der Befragung jedoch

eigenverantwortlich und entschied selbst, welche Maß-nahmen eingeleitet wurden. Im Laufe des ersten Jahreswar die Beteiligungsquote allerdings eher niedrig. Deshalbüberarbeitete Kühne + Nagel das Konzept zusammenmit Teambay noch einmal. Gemeinsam mit der Füh-rungsebene führte Teambay einen Workshop durch, beidem Ziel und Mission zusammen besprochen wurden.Als besonders wichtige Punkte stellten sich dabei dieEinbindung individueller Themen der Abteilungen sowiedie Abstimmung zwischen den Führungskräften undder Umgang mit schwierigerem Feedback heraus. Daraufaufbauend entwickelte Teambay zusammen mit Kühne+ Nagel den Plan für das weitere Vorgehen. Anstatt einheitliche Fragen an alle zu verschicken, entwickeltejede Abteilung nun selbst individuell angepasste Fragen.Diese erhalten die Mitarbeiter nun nicht mehr wöchentlich,sondern in einem Rhythmus von 14 Tagen. Jede Füh-rungskraft entscheidet dabei immer noch selbst, wie eroder sie mit dem Feedback umgeht. In einigen Abteilungenbesprechen Führungskräfte und Mitarbeiter relevanteThemen in anonymen Chats über die Plattform, in anderenAbteilungen persönlich in Team-Meetings. Die Abteilungenlegen das Vorgehen hierfür individuell fest. Das HR-Teambegleitet den kompletten Prozess nun zusätzlich als über-geordnete Stelle. Bei der Vielzahl an Abteilungen hilft dievisuelle Aufbereitung der Befragungsergebnisse auf demDashboard, den Überblick zu behalten. Die HR-Abteilunghat durch Administratorenrechte Zugriff auf die Datenaller Abteilungen, die Abteilungsleiter sehen hingegennur die Ergebnisse der eigenen Abteilung. Stechen Kom-mentare oder Umfrageergebnisse besonders heraus, kon-taktiert die Personalabteilung direkt die entsprechendeFührungskraft, um den jeweiligen Fall zu diskutieren.Durch diesen Mechanismus stellt Kühne + Nagel sicher,dass besonders alarmierende Bewertungen die nötige Auf-merksamkeit erhalten und gehandelt werden kann.

6 Die Bilanz

Die überarbeitete Feedbackmaßnahme zeigte Wirkung:Die Beteiligten berichteten bald, dass mit dem Einsatz derPlattform und den regelmäßigen Befragungen nun auchThemen zur Sprache kommen, die vorher nicht kommu-niziert wurden. Dazu gehört vor allem Feedback zur Opti-mierung von Prozessen und zur Stimmung im Team, aberauch Hinweise auf unfaires Verhalten von Führungskräftenoder Kollegen. Einen besonderen Fokus legt Kühne + Nagel außerdemdarauf, wirklich jedes einzelne Feedback zu erfassen undzu analysieren. Das liegt in der Verantwortung von Per-sonalabteilung und Führungskräften und ist durch dasPrinzip der zwei Distanzen doppelt abgesichert. Damitstellt Kühne + Nagel sicher, dass sich Mitarbeiter wertge-schätzt fühlen und einbringen wollen.

Eine positive Einstellung zur Arbeit stellte sich als das wichtigste Kriterium für die Mitarbeiter heraus.

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• Anonyme Befragungen wie bei Teambay haben den Vorteil, dass Mitarbeiter ehrlicher auf Fragen antworten. Allerdings wird die anonyme Feedbackmöglichkeit auch dazu genutzt,stellenweise unqualifizierte und zum Teil unfaire Kommentare abzugeben. In solchen Fällen nutzen Führungskräfte über die Plattform anonyme Chats, um mit den jeweiligen Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Hierbei werden die Führungskräfte vom Personalbereichunterstützt und auch Teambay hilft durch weitere Beratung.

• Am Anfang schwankten die Beteiligungsquoten der Befragungen stark. Dadurch war es schwierig, ein umfassendes Stimmungsbild zu erhalten. Deshalb wurde das gesamteKonzept in Zusammenarbeit mit Teambay nochmals überarbeitet, und es wurden individuelleFragen für die einzelnen Abteilungen erstellt. Dadurch verbesserte sich die Beteiligungsquotegrundlegend. Flexible und angepasste Möglichkeiten gewährleisten, dass die Teams auf ihre Art und Weise Feedback geben können.

STOLPERSTEINE Wo hat es im Projekt gehakt?

Wohlfühl-Kriterien Abbildung

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Darüber hinaus hilft das Tool der Personalabteilung, Schwächen in der Führungsebene vonKühne + Nagel aufzudecken. Diese Schwächen reichen von ineffizienter Kommunikation bishin zu persönlichen Themen in Teams und können kritisch und lösungsorientiert in Angriffgenommen werden.

Wertschätzende Atmosphäre im Unternehmen

Als besonders hilfreich im Arbeitsalltag erweisen sich nach Erfahrung der Führungskräfte undHR-Abteilung das Stimmungsbarometer und die Dankeschön-Nachrichten. Beide Funktionensind in den allgemeinen Fragebogen integriert und werden im Zuge der regelmäßigen Befragungzur Verfügung gestellt. Mithilfe des Stimmungsbarometers lässt sich für die Prozessverantwortlichenschnell und unkompliziert ablesen, in welcher Abteilung Handlungsbedarf besteht und woMaßnahmen Wirkung zeigen. Die Dankeschön-Nachrichten unterstützen dabei, eine grundlegendwertschätzende Atmosphäre im Unternehmen aufzubauen. Sie können individuell vonMitarbeitern untereinander verschickt werden oder über Hierarchieebenen hinweg. Dabeikann der Sender selbst entscheiden, ob er oder sie anonym bleiben oder mit Klarnamenerscheinen möchte. Die positive Entwicklung der Unternehmenskultur zeigt sich auch klar im Verlauf der Befra-gungsergebnisse. Die wichtigsten Werte, die ein positives Betriebsklima stützen, konnteninnerhalb eines Jahres durchweg gesteigert werden. Bei den Fragen aus dem regulärenFragenkatalog verbesserten sich die Ergebnisse zur Informationstransparenz um zehn Prozent,die Ergebnisse zur wahrgenommenen Fairness um 16 Prozent, bei der konstruktiven Rückmeldungzur eigenen Arbeit stieg der Wert um 14 Prozent und das Gefühl der Unterstützung durchKollegen verbesserte sich um zehn Prozent. Die Mitarbeiter fühlen sich außerdem ernstgenommen und wertgeschätzt, was die Ergebnisse zur Wertschätzung der eigenen Arbeit(Steigerung um sechs Prozent), zum positiven Umgang mit Vorschlägen der Mitarbeiter(Steigerung um acht Prozent) und der vertrauensvollen Beziehung zum Vorgesetzten (Steigerungum neun Prozent) zeigen. Das generelle Ergebnis zur Arbeitseinstellung verbesserte sich um17 Prozent. Die Einführung einer regelmäßigen Feedbackkultur hat also einen wertvollenBeitrag geleistet, um das Arbeitsklima bei Kühne + Nagel durch eine offene Feedbackkulturnachhaltig zu verbessern. p

Sarah-Kristin Bohlmeier, Gründerinund Geschäftsführerin, teambay,Berlin, [email protected]

AUTORIN

• Verbesserung des Betriebsklimas: Die Ergebnisse zur Arbeitseinstellung verbesserten sich innerhalb eines Jahres um17 Prozent, die Ergebnisse zur wahrgenommenen Fairness um 16 Prozent und die Ergebnisse zur Informationstranspa-renz um zehn Prozent.

• Überblick für die HR-Abteilung: Die HR-Abteilung ist als übergeordnete Stelle in den gesamten Prozess involviertund hat über die visuell aufbereiteten Ergebnisse auf dem Dashboard der Plattform immer Einblick in die Stimmungs-lage der jeweiligen Teams. Dadurch kann die HR-Abteilung ihre Personalverantwortung nicht nur in den Teams wahr-nehmen, sondern auch teamübergreifende Maßnahmen planen.

• Diskussion tiefgreifender Themen: Durch regelmäßige Befragungen auf anonymer Basis sprechen Mitarbeiter auchfür sie unangenehme Themen an, die dann diskutiert und gelöst werden können. Damit kann nachhaltig das Betriebs-klima verbessert werden.

• Weiterentwicklung für Führungskräfte: Da Führungskräfte ehrliches Feedback bekommen, können sie an ihrenSchwächen arbeiten und sich auch auf persönlicher Basis weiterentwickeln.

Was hat das Projekt gebracht? UNTERM STRICH

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MITARBEITERBEFRAGUNG STUDIE

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

uEin Horrorszenario für viele Unternehmer: Einer derbesten Mitarbeiter kündigt ohne Vorwarnung. UndChefs und Personaler bleiben zurück mit der Frage:Hätte ich das verhindern können? Vermutlich ja, wieein Blick in unsere Datenbank zeigt. Das Ergebnis: Mit-arbeiter, die ihren Job kündigen, haben meist schonetwa neun Monate vorher damit begonnen, zunehmendunzufrieden mit ihrer Arbeit zu werden. Daneben iden-tifizieren sie sich immer weniger mit ihrem Arbeitgeber.Die häufigsten Gründe für eine Kündigung: anspruchsloseAufgaben, schlechte Führungskräfte, keine offenenGespräche über das Gehalt und keine Möglichkeit aufHomeoffice (siehe Abbildung 1, Seite 22). Das sind die Ergebnisse aus der Analyse von mehr als 32Millionen Antworten von Arbeitnehmern aus 125 Ländern

Wenn die Unzufriedenheit zu groß wird Wenn Topmitarbeiter kündigen, ist das für Unternehmen ein herber Verlust. Dabei ließen sich einige Kündigungen durch gutes Feedback vorsorglich vermeiden. Eine aktuelle Studiezeigt, wie sich bereits Monate vorher erste Warnzeichen erkennen lassen.

auf Fragen zu Themen wie Manager-Support, Entlohnungoder Remote-Arbeit – sowohl hinsichtlich Arbeitsort(Homeoffice) als auch Zeit (flexible Arbeitszeit).

Exit-Interviews versus kontinuierlichesZuhören

Um Kündigungsgründe verstehen zu können, greifenPersonaler häufig zu Exit-Interviews oder -Umfragen.Solche Interviews können tatsächlich Informationenliefern, warum jemand das Unternehmen freiwillig ver-lassen hat. Der größte Haken ist aber: Das Kind ist dannschon in den Brunnen gefallen.Für viele Mitarbeiter, die ihr Unternehmen verlassen,ist die Exit-Umfrage eine Formalie, die gleichgültig

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abgearbeitet wird. Andere nutzen sie, um richtig Dampfabzulassen. Daneben besagt die sogenannte „Peak-End-Rule“, dass für eine rückblickende Bewertung vor allemzwei Aspekte wichtig sind: der intensivste Moment unddas Ende. Das heißt, dass unsere Erinnerung keinenMittelwert aus den unterschiedlichen Gründen bildet,die zu einer Kündigung führen. Stattdessen wird dieBewertung primär auf Grundlage des intensivstenMoments und des Endes getroffen – also der Gefühle,die wir haben, wenn wir eine Kündigung einreichen.Selbst wenn Umfragen und Interviews also häufig durch-geführt werden, um Kündigungen zu verstehen, erkennenviele Personalverantwortliche die Schwächen dieserMethoden.Eine Feedbackkultur, die regelmäßig die Stimmung imUnternehmen und in den einzelnen Teams abtastet, isthier deutlich wirksamer und verlässlicher, weil die Wün-sche und Gefühle der Mitarbeiter häufiger und damitgenauer abgebildet werden können. Mittlerweile gibtes eine Vielzahl von Tools, die die klassische Mitarbei-terbefragung neu denken und Unternehmen dabeiunterstützen, eine kontinuierliche Dialogkultur umzu-setzen.

Wie loyal sind Ihre Mitarbeiter?

Eine wichtige Kennzahl, die sich frühzeitig in Mitar-beiterbefragungen erheben lässt, ist der sogenannteENPS-Wert (Employee Net Promoter Score). Für denENPS werden Mitarbeiter des Unternehmens anonymbefragt. Diese geben auf einer Skala von null (sehrunwahrscheinlich) bis zehn (sehr wahrscheinlich) an,ob sie ihr Unternehmen an Freunde und Bekannte alsArbeitgeber weiterempfehlen würden – was als Indikatorfür Loyalität, Zufriedenheit und der emotionalen Bindungzum Arbeitgeber dient. In den Antworten auf die Frage „Wie wahrscheinlichist es, dass du deinen Arbeitgeber weiterempfehlen wür-den?“ spiegelt sich in unseren Daten eine deutliche Nei-gung zur Kündigung schon neun Monate vor der eigent-lichen Kündigung wider. Die Wahrscheinlichkeit vonKündigungen bei Mitarbeitern, die die ENPS-Fragezwischen null bis sechs bewerten, ist dreimal höher alsvon Mitarbeitern, die mit neun bis zehn antworten.Um allerdings zur Wurzel der Probleme zu gelangen,muss näher betrachtet werden, was zur Unzufriedenheitführt und sich schließlich in einer Kündigung entlädt

1. Welche Kultur möchten wir langfristig etablieren?2. Wie können wir eine transparente Feedback-Kultur

leben?3. Wer übernimmt die Verantwortung für Mitarbei-

terdialog und wie werden Maßnahmen in die Orga-nisation getragen?

Die eX Pulse Befragungstechnologie von Kincentricbegleitet Sie und Ihre Führungskräfte auf dem Weg zueiner transparenten Dialog-Kultur. eX Pulse ermöglichtEchtzeit-Einblicke in Ihre Mitarbeitererfahrung undmacht jeden Nutzer zum Befragungsprofi durch integrierteInhalte und kontinuierliche Befähigung. Mit über 15 Mio.Mitarbeiterdaten aus mehr als 160 Ländern ist Kincentricder ideale Partner für die Entwicklung nachhaltiger kul-tureller Veränderung in Ihrem Unternehmen.

Über zwei Drittel deutscher Unternehmen stimmenzu, dass eine positive Employee Experience (eX) ent-scheidend für den Unternehmenserfolg ist. Das ergabeine der weltweit größten Benchmark-Studien zumThema eX von Kincentric (ehemals Teil von Aon). Nach Benchmarkdaten von über 12.500 Organisationenerhöht eine positive eX die Wahrscheinlichkeit, dassMitarbeiter motiviert, produktiv und engagiert sind.Doch wie können sich Unternehmen an die wachsendenAnsprüche vor allem junger Arbeitnehmer anpassen? Es gilt: Um eine positive eX zu entwickeln, braucht esmehr als eine gut durchdachte Strategie. Es brauchteinen datenbasierten und integrierten HR-Ansatz, einklares Verständnis über die Wahrnehmung der Mit-arbeiter und die kontinuierliche Befähigung von Füh-rungskräften. Folgende Fragestellungen sollten im Vor-feld geklärt werden:

Employee Experience in Deutschland – Die TrendstudieADVERTORIAL

25 %der befragten Organisationenhaben eine Employee Experience Strategie.

29 %der befragten Organisationenhaben eine kontinuierlicheBefragungs- und Feedback Strategie.

31 %der befragten Organisationenbieten ihren Mitarbeitern die Employee Experience, die sie versprechen.

Für mehr Informationen besuchen Sie unsere Website: https://www.kincentric.com

Die komplette Studie in englischer Sprache können Sieunter pwgo.de/peakon-studiedownloaden.

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MITARBEITERBEFRAGUNG STUDIE

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

unterstützen. Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit,Empathie und Wertschätzung werden für Führungs-positionen also immer wichtiger. Denn damit steht undfällt das Führungsverhalten.

Kein Homeoffice kann ein Grund für Kündigungen sein

Ein Blick in unsere Datenbank verdeutlicht auch, dasskeine offenen Gespräche über das Gehalt und die fehlendeMöglichkeit zu Homeoffice wichtige Aspekte sind, diedarüber entscheiden, ob Angestellte im Unternehmenbleiben. Beim Umgang mit dem Thema Entlohnungzeigt sich, dass nicht nur die Angemessenheit der Ver-gütung eine Rolle spielt: Selbst wenn sich Mitarbeiterangemessen entlohnt fühlen, kündigen sie eher, wennsie nicht offen über ihre Bezahlung sprechen könnenoder ein Gefühl von Unfairness herrscht. Ein konkretes Beispiel dafür lässt sich in unserem eigenenUnternehmen finden. Nach der ersten Finanzierungsrundeim Jahr 2016 hatte viele Angestellte das Gefühl, für ihreArbeit nicht fair entlohnt zu werden. Sie forderten zuRecht mehr Geld ein. Deswegen führten unsere Gründerein transparentes Gehaltsmodell ein. Sie erklärten unsauch ausführlich, welche Variablen zur Zusammensetzungdes Gehalts führen, darunter Standort, Führungsaufgabenund Risiko (siehe Abbildung 2, Seite 23). In vielen Start-ups ist diese Art von Transparenz mitt-lerweile verbreitet, in anderen Unternehmen hingegenist das Thema gänzlich tabu. Über Gehalt spricht maneinfach nicht – was oftmals sogar direkt in den Arbeits-verträgen verankert ist. Unsere Daten zeigen aber, dasswird sehr wohl über Geld sprechen sollten, und zwarkonstruktiv und offen. Und das wir erklären sollten,wie Gehälter zustande kommen und welche Entwick-lungsmöglichkeiten sich dadurch bieten. Daneben wird Homeoffice zunehmend wichtiger fürdie Mitarbeiterzufriedenheit. So hat die SPD Anfangdes Jahres das „Recht auf Homeoffice“ auf die politischeAgenda der Bundesrepublik gebracht. Dass der Rufnach mehr Homeoffice mehr als nur politisches Kalkülist, verdeutlichen unsere Daten. Vor allem der Durch-schnittswert zur Frage „Bist du mit der Homeoffice-Regelung deines Unternehmens zufrieden?“ verzeichneteinen starken Rückgang im Zeitverlauf bis zur tatsäch-lichen Kündigung. Einen ähnlichen, allerdings nichtso extremen Rückgang sehen wir bei der Frage nachder Flexibilität („Meine Arbeitszeiten sind flexibel genug,um mich dem Familienleben oder persönlichen Dingenzu widmen“). Das deutet stark darauf hin, dass fehlende Rahmenbe-dingungen wie Homeoffice und flexible Arbeitszeitenmittlerweile ein wesentlicher Kündigungsgrund seinkönnen. Unternehmen sollten einer Flexibilisierung

Kündigungsneigung Abbildung 1

In den Daten spiegelt sich eine deutliche Neigung zur Kündigung schon neun Monate vor dereigentlichen Kündigung wider.

Engagement„Wie wahrscheinlich ist es, dass du (Unternehmensname) als Arbeitgeber empfhelen würdest?“

Loyalität„Falls dir der gleiche Job bei einem anderen Unternehmen angeboten werden würde: Wie wahrscheinlich wäre es, dass du bei (Unternehmensname) bleibst?“

0,25

0,00

-0,25

-0,5

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-300Tage

-200Tage

-100Tage

–Kündigung

Quell

e: Pe

akon

– egal, ob es sich dabei um eine „innere“ oder tatsächlicheKündigung handelt.

Angestellte verlassen schlechte Chefs, nicht ihre Kollegen

In den meisten Fällen verlassen Angestellte schlechteFührungskräfte – nicht ihre Kollegen oder die Unter-nehmenskultur. Das lässt sich leicht dahersagen. Inunseren Daten sehen wir aber: Bereits Monate im Vorausist ein stetiger Rückgang beim Faktor „Management-unterstützung“ zu sehen – nicht aber bei „kollegialenBeziehungen“. Das zeigt vor allem, dass die unmittelbareFührungskraft für viele Angestellte die wichtigste Personim Berufsleben ist. Wegen ihr bleibt oder geht man. In vielen Unternehmen werden aber Führungspositionenmit Kandidaten besetzt, die entweder fachlich besondersgeeignet oder am längsten im Unternehmen sind. Daslässt aber noch nicht darauf schließen, ob diese Personauch in der Lage ist, ein Team oder gar eine Abteilungzu führen und zu motivieren. In erster Linie sollte sicheine Führungskraft als Teil des Teams begreifen. Dazugehört auch, jeden Mitarbeiter nach Herzenskraft zu

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der Arbeitszeiten also mehr Aufmerksamkeit schenken.Umgekehrt haben Firmen, die hier bereits gut aufgestelltsind, einen klaren Wettbewerbsvorteil im Kampf umdie besten Talente und deren (emotionale) Bindung andas Unternehmen.

Eine offene Feedbackkultur fördern

Natürlich kann kein Chef verhindern, dass Mitarbeiterirgendwann gehen. Eine natürliche Fluktuation istnormal. Denn manchmal brauchen Menschen einenOrtswechsel oder suchen neue Herausforderungen ineiner anderen Branche. Oder die familiäre Situationführt dazu, sich neu umzuschauen. Wie aber verhindern,dass Mitarbeiter wegen ihrer Aufgaben, fehlender Kom-munikation über das Gehalt oder wegen des Vorgesetztenkündigen? Die Antwort: eine offene Feedbackkulturfördern, die jeden Mitarbeiter berücksichtigt.Aktuell ist es in Deutschland leider noch vorwiegendso, dass Mitarbeiter nur bei der jährlichen Mitarbeiter-befragung die Möglichkeit haben, anonym Problemeanzusprechen. Über die Wirksamkeit von Mitarbeiter-jahresgesprächen wird trefflich gestritten. Denn siebilden nur Gefühlsausschnitte ab, die nicht dabei helfen,geeignete Maßnahmen einzuleiten. Deswegen müssensich Mitarbeiterbefragungen dem echten Leben anpassen.Denn da ändern sich Gefühle und Meinungen schließlichdeutlich häufiger als nur einmal im Jahr.Eine offene Unternehmenskultur geht mit Transparenzeinher. Transparenz ist nicht nur entscheidend für Ver-trauen und erfolgreiche Zusammenarbeit, sondern auchdie Grundlage für Sympathie. Wer offen mit seinenAngestellten spricht, wird als besserer Chef wahrge-nommen. Wie das konkret aussieht, ist von Firma zuFirma verschieden. Das Wichtigste aber ist, dass amEnde Taten folgen. Denn wenn Mitarbeiter offen überWünsche, Probleme oder Sorgen sprechen sollen, müssen

aus dem Mitarbeiterfeedback auch geeignete Maßnahmenabgeleitet werden. Sonst werden Mitarbeiter schnellfrustriert, weil sie das Gefühl haben, dass sich ohnehinnichts ändert. Wenn die Mitarbeiterbefragung beispiels-weise zutage fördert, dass Mitarbeiter kaum Erfolgsgefühlehaben, können neue Zielsetzungsmethoden wie OKRs(Objectives and Key Results) helfen. Denn dadurch lässtsich nicht nur der eigene Fortschritt verfolgen. MitOKRs versteht auch jeder Mitarbeiter, wie seine eigeneTätigkeit dem Erfolg des Unternehmens dient.

Intelligente Tools zur Unterstützung

Eine gute Feedback- und somit Führungskultur beeinflusstKrankheitstage, die Anzahl der Kündigungen, die Kostenfür Neueinstellungen und die Attraktivität von Arbeit-gebern. Arbeitnehmer, die jahrelang keine Wertschätzungund Feedback erfahren, resignieren und nehmen imschlimmsten Fall einen Zustand der inneren Kündigungan, der vermutlich noch gravierender ist als eine echteKündigung. Denn Mitarbeiter, die keine emotionaleBindung an das Unternehmen haben und sich nichtmit der Firma identifizieren, machen nur Dienst nachVorschrift und zeigen kaum Eigeninitiative und Leis-tungsbereitschaft. Sie melden sich häufiger krank alsmotivierte Arbeitnehmer und allein diese Fehltagekosten der deutschen Wirtschaft jährlich mehrere Mil-liarden Euro. Unternehmen tun also gut daran, eine funktionierendeFeedbackarchitektur zu etablieren und dadurch eineoffene Unternehmens- und Dialogkultur zu ermöglichen.Dabei ist gutes Feedback keine Frage der Unterneh-mensgröße, sondern des Mindsets. Und intelligenteHR-Tools zur Mitarbeiterbefragung können eine Unter-stützung bieten. Denn sie erleichtern den Feedbackprozessund helfen dabei, aus den Daten die Maßnahmen abzu-leiten, die jeden Mitarbeiter berücksichtigen. p

Martin Daniel, Community ManagerDACH, Peakon, Berlin,[email protected]

AUTOR

Transparentes Gehaltsmodell wirkt positiv Abbildung 2Qu

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Bei Peakon zeigte das offene Gehaltsmodell eine unmittelbar positive Wirkung.

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24

MITARBEITERBEFRAGUNG AGILITÄT

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

u Agilität ist zunächst kein Modell oder keine Methode,Agilität ist vielmehr eine Verhaltensweise oder ein Ver-haltensprinzip. Sie ist eine Reaktion auf eine Umwelt, inder nur wenig konstant bleibt und Veränderung zunehmendbeschleunigt geschieht. Agil handeln bedeutet, wendig zusein, in der Lage zu sein, das eigene Verhalten stetig zuhinterfragen und rasch an die sich verändernden Umge-bungsbedingungen anzupassen. Sie ist somit das Merkmaleiner Organisation, flexibel, proaktiv, antizipativ undinitiativ zu agieren. Oder um es mit Joachim Ringelnatzzu formulieren: „Sicher ist, dass nichts sicher ist, auch dasnicht!“ Willkommen in der agilen Welt!

Mitarbeiterbefragungen – noch zeitgemäß?

Mitarbeiterbefragungen sind klassische Instrumente derPersonalarbeit, die seit den 80er-Jahren in vielen Unter-nehmen Einzug gehalten haben. Auch wenn diese sichinhaltlich von der „Arbeitszufriedenheitserhebung“ hinzum „Engagement Survey“ gewandelt haben, sind sie von Prozess und Struktur her sehr „klassisch“ geblieben.Sind sie in einer agilen Welt noch zeitgemäß oder ergehtes Mitarbeiterbefragungen wie den Dinosauriern: Siesterben aus? Aus unserer Sicht muss – agil denkend undarbeitend –Agilität in Mitarbeiterbefragungen auf zumindestdrei Ebenen Einzug halten, um Zukunftsanforderungengerecht zu bleiben.1 Mitarbeiterbefragungen müssen als Instrument

selbst agiler werden.2 Die Inhalte von Mitarbeiterbefragungen müssen

Agilität besser abdecken.3 Der Aufarbeitungsprozess von Mitarbeiterbefragun-

gen sollte nach agilen Prinzipien gestaltet werden.

Sportboot statt Supertanker Wie kann man „Agilität“ als Thema und Gestaltungsprinzip in Mitarbeiterbefragungen aufgreifen?Einige Vorschläge, wie man das Buzzword mit Leben füllt.

Mitarbeiterbefragungen agiler gestalten

Das Bild klassischer Mitarbeiterbefragungen ist häufig,dass Befragungen alle ein bis drei Jahre durchgeführtwerden – in Großunternehmen jeweils mit einer Durch-laufzeit von Wochen, wenn nicht sogar Monaten. DasBild, das man hier von einer Mitarbeiterbefragung zeichnenkönnte, ist jenes eines Tankschiffes, das Daten aufnimmt,transportiert und dann wieder ablässt. Und agile Supertankergibt es nun mal keine. Der Trend und Zeitgeist wird demgegenüber sehr häufig in permanent verfügbaren Feed-backplattformen gesehen, die marketingtechnisch gepolt„Echtzeitstatistiken“ und „Instant Feedback“ versprechen.Das Bild einer „Pipeline“, durch die Meinungen in Formvon Daten fließen, liegt nahe. Der Trend zu Online-Systemen, die den Zeitaufwandfür Befragungen massiv verkürzen, ist evident und nichtzu leugnen. Vor allem die Auswertung von Umfragenwird dadurch verkürzt. Die Heilssuche in permanentverfügbaren Feedbackapplikationen ist aber eine trüge-rische. Denn technisch verfügbare Feedbacktools machennoch keine positive Feedbackkultur aus. Permanent zumessen bedeutet nicht, adäquat und zeitnah zu reagieren.Und die Möglichkeit, alles und jedes jederzeit abfragenzu können, kann auch zu inflationärem Befragungsdi-lettantismus führen. Als Institut, das seit zehn Jahren Feedbacksysteme fürden Mittelstand und internationale Konzerne konzipiert,sehen wir die Entwicklung vielmehr in einer Verschrän-kung von umfassenden unternehmensweiten Befragungenmit themen- oder zielgruppenspezifischen Kurzbefra-gungen. Es ist kein Entweder-oder, es ist ein Sowohl-als-auch.

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Mitarbeiterbefragungen modern zu denken, bedeutet,dass eine Verschränkung unterschiedlicher Befragungs-typen erfolgt. Zeit- und Durchführungsintervalle müssenaufgebrochen werden, Themen flexibler gewählt werden.Bestimmte Themen und Zielgruppen sollten stärkerindividualisiert werden, zudem sollte eine stärkereSelbstbestimmung bei einzelnen Organisationseinheitenoder Führungskräften liegen.Es entstehen integrierte Feedbacklandschaften, die Mes-sung, Intervention und Evaluierung nahtlos ineinanderübergehen lassen. Bedarfsorientiert, dezentralisiert undmeist durch technische Lösungen effizient unterstützt.

Haben klassische Vollbefragungen der gesamten Belegschaftdamit ausgedient? Nein. Denn täglich den Reifendruckzu prüfen, wöchentlich den Ölstand zu messen und hinund wieder die Passagiere zu fragen, ob sie bequem sitzen,kann eine regelmäßige TÜV-Kontrolle des Fahrzeugsnicht ersetzen.

Agilität als Thema von Mitarbeiterbefragungen

Der breite Einzug des Themas „Agilität“ zwingt dazu, ingewissen Aspekten auch bestehende Fragebogeninstrumentezu betrachten und diese kritisch zu analysieren. Viele Fra-

Agilität versus klassische Denkweise Abbildung 1

Klassische Denkweise

Eine Befragung aller Mitarbeiterwird alle zwei Jahre durchgeführt.

Jede Führungskraft muss alle zwei Jahre ein 360-Grad-Feedbackdurchlaufen. Die Feedbackgeber-Struktur folgt der Hierarchie ausder Personaldatenbank.

Befragungen mit agilerem Mindset

• Die Vollbefragung findet alle zwei Jahre statt. In der Vollbefragung gibt es rund 50 Prozent fixe Fragen und 50 Prozent Schwerpunktfragen für die jeweilige Periode.

• Abteilungen/Teams haben die Möglichkeit unterjährig jederzeit eine Teamfeedback-Befragung zu machen, angestoßen durch die Führungskräfte oder Hr Business Partner. Eine Themenbibliothek steht zur Auswahl.

• Gesetzte Maßnahmen werden im Unternehmen durch ein abschließendes Resümee der betroffenen Mitarbeiter evaluiert.• Die Geschäftsführung hat die Möglichkeit, jederzeit ein Stimmungsbild der Belegschaft einzuholen – zum Beispiel

vor Mitarbeiterveranstaltungen.• Veränderungsprojekte im Unternehmen werden in gewissen Intervallen mit einem Change-Barometer befragt.

• Führungskräfte müssen in Eigenregie alle zwei Jahre ein 360-Grad-Feedback durchlaufen – der Zeitpunkt bleibt ihnen überlassen.• Bestimmte Zielgruppen werden zentral angestoßen (beispielsweise Talente im Rahmen von Entwicklungsprogrammen,

neue Führungskräfte nach sechs Monaten).• Jede Führungskraft hat unterjährig die Möglichkeit, aus einer Fragenbibliothek Führungsthemen für eine Leadership-

Pulse-Survey zu nutzen.• Das Set an Feedbackgebern wird in Eigenregie bestimmt und bietet die Möglichkeit, Projektzusammenhänge,

Matrixbeziehungen et cetera abzubilden.

Quell

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cons

ult

Messen Sie noch oder verstehen Sie schon?

Wir unterstützen Ihre Organisation dabei, die wirklich wichtigen

Themen von „nice to have“ zu unterscheiden. Denn wer handelt,

handelt nicht immer richtig.

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MITARBEITERBEFRAGUNG AGILITÄT

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

gebögen haben ein klassisches Bild von hierarchischerFührung. Passt dieses in einen Fragebogen gegossene Bildvon Führungs- und Kommunikationsstrukturen auch zuzunehmend agileren Organisationsformen? Passt ein hie-rarchisches Bild einer Organisation noch zu Veränderungenin Richtung Selbstorganisation und Eigenverantwortung?Dies muss jede Organisation für sich selber beantworten.Wir meinen: Diese klassischen Bilder passen vielerortsnur noch bedingt. Es gilt damit auch klassische Befra-gungskonzepte auf den Prüfstand zu stellen und im Lichteagiler Prinzipien zu betrachten. Nachfolgend finden Siedazu einige Beispiele wie klassische Fragen einer Mitar-beiterbefragung agile Impulse erfahren könnten.Dies betrifft folgerichtig natürlich auch die Abbildung derOrganisationsstruktur und Zuordnung zu Teams undAbteilungen. Was bisher als Fixzuordnung galt, muss jenach Unternehmen auch parallelen oder multiplen Team-zuordnungen weichen.

Follow-up einer Mitarbeiterbefragung

Die Aufarbeitung der Befragungsergebnisse bildet letztlichdas Herzstück einer Mitarbeiterbefragung. Hier sollte ammeisten Zeit und Energie hineinfließen! Entsprechend istauch hier Agilität gefragt. Und das auch in Unternehmenmit Hunderten oder Tausenden von Beschäftigten. Wiesoll dies gehen? Indem man den Prozess in seinen Elementenflexibel gestaltet und die Akteure ermutigt, proaktiv, anti-zipativ und initiativ zu agieren. Man könnte hier gegebe-nenfalls sogar eine Analogie zum „agilen Manifest“ derSoftwareentwicklung herstellen, das vier Prinzipien insZentrum stellt:l Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen

und Werkzeugen.Dies heißt für Mitarbeiterbefragungen,dass der Dialog und das partizipative Arbeiten von Füh-rungskräften und Mitarbeitern ins Zentrum rücken

sollte und nicht komplexe Statistiken und hochaggregierteKennzahlen. Keine Analysis Paralysis, sondern das dia-logische Erschließen der Bedeutung. Nicht zwangsläufigein Top-down/Bottom-up-Ansatz, sondern Veränderungim Gegenstromprinzip.

l Funktionierende Software steht über einer umfassendenDokumentation. Dies heißt für eine Mitarbeiterbefragung,dass es wichtiger ist, für Teams und Abteilungen lokal-funktionierende Ideen, Maßnahmen und Veränderungenzu entwickeln, als Follow-up-Tracker zu befüllen undMaßnahmenpläne bottom-up für das Topmanagementzu aggregieren.

l Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Ver-tragsverhandlung: Dies heißt für eine Mitarbeiterbe-fragung, dass die Interaktion zwischen den unmittelbarenBetroffenen Freiräume braucht und nicht Ideen an lang-wierige Freigaben gebunden sein sollten. Es brauchtwechselseitiges Vertrauen und Mittel, dieses Vertrauenin Aktion zu setzen.

l Reagieren auf Veränderung steht über dem Befolgeneines Plans: Dies heißt für eine Mitarbeiterbefragung,dass es nicht um ein „unfreeze – move – freeze“-Bildder Organisationsentwicklung und die Wasserfallplanungvon Maßnahmen geht. Es geht vielmehr um einen per-manenten Lern- und Anpassungsprozess. Egal was dieursprüngliche Maßnahmenidee gewesen ist, sie kannsich jederzeit verändern.

Um diese Agilität zu erreichen, muss die kleinste arbeitendeEinheit – das Team – aktiviert werden. Es geht darum,Verantwortung zu übertragen und Freiräume zu geben.Machen Sie Befragte zu Beteiligten, aber Beteiligte auchzu Begeisterten! Mitarbeitern in diesem Prozess Verant-wortung zu übertragen, sagt damit „Wir glauben an Euch,ihr schafft das!“. Beispiele: Großgruppen könnten nachdem „Open Space“-Konzept Befragungsergebnisse eigen-verantwortlich bearbeiten, Freiwillige beziehungsweise

Unterschiede des agilen Mindsets Abbildung 2

Klassische Items

Ich erhalte die Informationen, die ich brauche, um meine Arbeit gut zu erle-digen.

Meine direkte Führungskraft macht ihre Erwartungen an mich klar unddeutlich.

Meine direkte Führungskraft ermutigt Mitarbeiter, Ideen und Anregungeneinzubringen.

Meine direkte Führungskraft zeigt Anerkennung für gute Arbeit und außer-gewöhnliche Leistung.

Meine direkte Führungskraft sorgt für ausreichend Wissensaustausch imeigenen Verantwortungsbereich.

Quell

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cons

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Items mit agilerem Mindset

Ich habe Zugriff auf die Informationen, die ich brauche, um meine Arbeitgut zu erledigen.

Aufgaben und Verantwortlichkeiten sind in unserem Team wechselseitigklar verteilt.

Ich kann Ideen und Anregungen jederzeit ins Team einbringen und offendiskutieren.

Wir zeigen im Team wechselseitig Anerkennung für gute Arbeit und außer-gewöhnliche Leistung.

Wir nehmen uns im Team ausreichend Zeit für Wissens- und Erfahrungsaus-tausch.

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Interessierte an übergreifenden Schlüsselthemen arbeiten.Zudem könnte das reine Top-down/Bottom-up-Prinzipum Skip-Level-Ansätze erweitert oder in ein Gegenstrom-prinzip umgewidmet werden. Es wird ein aktiver Austausch zu Fehlern und Misserfolgengeführt. Diese werden sichtbar gemacht, um daraus zulernen und das Schaulaufen um die beste Maßnahme zuvermeiden. Kollegiale Fallberatung und Peer-Workshopswerden als zentrale Elemente zur Kulturgestaltung gesehenund ersetzen reine Trainingsansätze. Statt der „perfektenMaßnahme“ strebt man nach Prototyping und iterativenVerbesserungen, anstelle einer erschöpfenden Maßnah-menliste greift man auf ein lebendiges „Survey Backlog“zurück, aus dem Arbeitsteams Themen herausgreifen undin iterativen Sprints bearbeiten. Die dem Thema zugeordneten Mitarbeiter erhalten dieAufgabe, in drei bis fünf iterativen Sprints von je 14 Tagenan dem Thema zu arbeiten und jeweils ein „auslieferbaresProdukt“ zu haben, das in der Organisation getestet werdenkann. Das Team wählt selbst, was es aus dem Backlog inden jeweiligen Sprint übernimmt, um das Thema weiterzu bearbeiten. Für jedes Leitthema der Befragung wirdein „Topic Owner“ definiert, der die Rolle des „Product

Owners“ im Scrum-Denken übernimmt. Dies kann einerfahrener Mitarbeiter aus der Zielgruppe der Maßnahmesein oder ein Mitglied des Topmanagements.Doch die Realität zeigt auch, dass nicht jede Führungskraftund nicht jedes Team in der Lage ist, anhand von Befra-gungsergebnissen wirksame Veränderungsmaßnahmenabzuleiten. Entsprechend braucht es auch hier Qualifizierungund den Prozess unterstützende Facilitatoren. So wie esin der agilen Welt beispielsweise „Scrum Master“ braucht,um den Prozess ins Laufen zu bringen, macht es Sinn,auch über „Follow-up-Master“ nachzudenken, die dieBefragung als Prozess in die Aufarbeitung führen.

Lasst Daten Taten folgen

Wenn Agilität im Kern bedeutet, proaktiv, antizipativ undinitiativ zu sein, dann können Mitarbeiterbefragungen inihrer modernen Spielart in jedem Fall ein wertvolles Instrumentsein, um relevante Entwicklungsthemen kollektiv zu erhebenund in einem Prozess besprech- und bearbeitbar zu machen.Mitarbeiterbefragungen wird damit auch ihre ursprünglicheKernbedeutung als Organisationsentwicklungsinstrument(gegenüber der Messfunktion) zurückgegeben. p

Victoria Grothe, Projektmanagerin,vieconsult GmbH,[email protected]

Gerd Beidernikl, Geschäftsführer,vieconsult GmbH, [email protected]

AUTOREN

l umfangreicher Wissens- und Erfahrungsschatz l Wissenschaftliche Begleitungl Sicherheit und Vertraulichkeit l Networking

Das Fundament – unser RACER-Modell: Um die Benchmarkpontiale aller Mitgliedsunternehmenvoll ausschöpfen zu können, hat die RACER Groupgemeinsam mit ihren wissenschaftlichen Kooperations-partnern kürzlich ihr grundlegendes Framework revi-diert:l verbessertes Rahmenmodell zur Erfassung der Kern-

dimensionen der Arbeit l Im Mittelpunkt stehen die erfolgsrelevanten Zielgrößen

Engagement, Wohlbefinden sowie Mitarbeiterbindungund Leistung

l Erste Validierung durch empirische Panelstudiel Framework mit wissenschaftlich fundierten Orien-

tierungshilfen zur Fragenformulierung in 24 Bereichen l Zielgerichtete Weiterentwicklung des Models in

Abgleich mit aktuellen Bedarfen und der Forschung

Die 2013 gegründete RACER Benchmark Group ist mitderzeit 13 Mitgliedern und über 1,5 Mio. Datensätzendas größte MAB-Benchmark-Konsortium Europas. DerFokus liegt auf der vergleichenden Analyse von Mitar-beiterbefragungen. Es geht um mehr als Zahlen undBenchmarks: Im Mittelpunkt steht auch der persönlicheAustausch der Mitglieder über Wege zu einer qualitativhochwertigen und erfolgreichen MAB, Best Practicesund wissenschaftliche Grundlagen. Aber auch die wich-tigen Elemente des MAB-Folgeprozesses werden ana-lysiert.So wird vertrauliche Kommunikation unter Wettbewer-bern gepflegt und gefördert. Darüber hinaus steht mitder Uni Osnabrück einer der führenden Lehrstühle fürOrganisationspsychologie beratend zur Seite.

Benefits und Outcomes:systematischer, methodisch abgesicherter und wissen-schaftlich elaborierter Ansatz zur Interpretation der kom-plexen MAB-Daten für Management und Führungskräftein Konzernen und mittelständischen Unternehmen

ADVERTORIAL

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MITARBEITERBEFRAGUNG FEEDBACK-TOOLS

Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

Kleine Helfer, große WirkungFeedback-Tools werden als eine Art eierlegende Wollmilchsau im Ringen um motivierte Mitarbeiter gesehen. Wir stellen eine Auswahl der in Deutschland erhältlichen Lösungen vor.VON ULLI PESCH

uDass es zur Motivation und Bindung von Mitarbeiternmehr braucht als nur Softwarewerkzeuge ist bekannt(lesen Sie dazu auch den Artikel „Die Unerhörten“ inder Juli-Ausgabe der Personalwirtschaft). Trotzdemhoffen viele, dass diese kleinen Helfer sie dabei unter-stützen, sowohl die Stimmung als auch die Bindungder Mitarbeiter zu heben. Nicht zuletzt, um die gestecktenZiele besser zu erreichen. Je größer das Unternehmen,umso größer das Interesse an Employee Experience.Selbst wenn Feedbacklösungen, auch als Employee-Engagement oder Employee-Experience-Tools bezeichnet,hierzulande noch nicht der Renner sind (nach Schät-zungen setzen etwa fünf Prozent der Unternehmen inDeutschland diese bereits ein), wird ihnen eine rosigeZukunft vorhergesagt. Auch der international renom-mierte HR-Experte Josh Bersin ist sich sicher, dass dieseLösungen die neuen „Killer-Apps“ werden.Ähnlich scheint das auch SAP zu sehen: Erst kürzlichkaufte der Softwareriese für acht Milliarden US-Dollarden Experience-Feedbacktool-Anbieter Qualtrics. SimonWerther, Gründer der HRinstruments GmbH und Pro-fessor für Innovationsmanagement an der Hochschuleder Medien Stuttgart, der mit seinem Unternehmenselbst eine solche Feedbacklösung anbietet, ist sichsicher: „Der Markt entwickelt sich auf anhaltend dyna-mischem Niveau. Es zeigt sich allerdings, dass Nischen-lösungen immer weniger nachgefragt sind, sonderndass der Trend zu umfassenden Feedbacklösungen geht,die direkt an zentrale HR-Systeme angebunden sind.Darüber hinaus gewinnen vollständig selbstgesteuerteFeedbackformate in Form von Apps immer mehr anBedeutung.“Mitarbeiter mit einer solchen Feedback-App sind nichtmehr an den Arbeitsplatz und an einen Rechnerzuganggebunden, sondern können jederzeit von einem beliebigenOrt aus Feedback geben und empfangen. Allerdingswarnt Frank Gierschmann, Partner der HKP Groupund Experte für Talent und Performance Management,vor zu vielen Vorschusslorbeeren. Er meint, Feedback-Apps bräuchten eine gute Integration in das Performance

Management eines Unternehmens. Denkbar sei auchdie Anbindung an Wertschätzungsinstrumente, mitdenen zum Beispiel kleine Geschenke überreicht werdenkönnten. Allerdings, so Gierschmann, ohne diese Inte-gration machten viele Unternehmen die Erfahrung,dass Feedback-Apps nach einem ersten Hype nichtmehr genutzt würden.

Hohe funktionale Diversität

Mit Unterstützung der Tools geht es darum, unteranderem die Befindlichkeiten der Mitarbeiter durchden kontinuierlichen Dialog, über Umfragen, allerleiFeedbackwerkzeuge und zum Teil mit KI-gesteuertenAnalysen unterschiedlichster Art zu durchleuchten.Ziel: Motivation, Leistungsbereitschaft und Qualifikationder Mitarbeiter sollen gestärkt werden und das Arbeits-klima im Unternehmen, in Teams und beim einzelnenMitarbeiter soll neue Höhen erklimmen. Immerhinsollen laut einer aktuellen Aon-Studie Mitarbeiter, dieselbst entscheiden können, wo und wie sie arbeiten,einen um 88 Prozent höheren Arbeitseinsatz an ihremArbeitsplatz zeigen.Neben den traditionellen HCM- oder Talent-Manage-ment-Suiten, die ebenfalls ihre Lösungen durch unter-schiedlichste Feedback- und Umfragetools erweitern,verfügen die meisten speziellen Feedbackplattformenüber Kombinationen unterschiedlichster Funktionen. Nach Aussagen von Kincentric (vormals Aon Hewitt)gibt es zwei Arten von Anbietern auf dem Markt.Einerseits sind dies die reinen Technologieanbieter zurBefragung von Mitarbeitern, die wenig in Strategie oderden ganzheitlichen Veränderungsprozess eingebundensind und nur begrenzte Kapazitäten und Erfahrung imUmgang mit großen, komplexen Organisationen haben.Alternativ dazu sieht sich Kincentric in einer Phalanxvon Anbietern, die Werkzeuge mit integrierteren Befra-gungstechnologien anbieten, die in ein ganzheitlichesKonzept zur kulturellen Veränderung und Befähigungder Organisation eingebunden sind. p

Page 29: Mitarbeiter Employer …...Employer Branding und Personalmarketing +++ Round Table: Nachfrage steigt aus allen Branchen +++ Case Studies: Kühne + Nagel & Stadtwerke München +++ Studie:

Die Produkte im ÜberblickProduktname: EffectoryAnbieter: LOGIT Effectory GmbH (Zentrale in den Nieder-

landen)Webadresse: www.effectory.deSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaSZielgruppe: Mittelstand, GroßunternehmenTools: Plattform für den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus, mitOnboarding-, Mitarbeiter-, Puls-, Exit-Befragung sowie mit themen-zentrierter Mitarbeiterbefragung, Teamie (Online-Tool für Teamsfür Teamdynamiken, Tipps, Hinweise zur nachhaltigen und gezieltenVerbesserung), ISO-27001-zertifiziertFunktionen: interaktives Reporting und Smart Analytics (Messungvon Engagement, Führung, Kundenfokus, Produktivität, Mitarbei-terbindung, Arbeitsatmosphäre, Effizienz, Autonomie, Loyalität,Zufriedenheit, psychologische Sicherheit und mehr)Preis: auf Anfrage

Produktname: eX Pulse (modularer Bestandteil der KincentricPlattform)

Anbieter: Kincentric (vormals Aon Hewitt)Webadresse: www.kincentric.com/culture-and-engagement System-/Lizenzbasis: Cloud, SaaSZielgruppe: Mittelstand, GroßunternehmenTools: Engagement, Agility, Onboarding, 360-Grad-Feedback,Bindung, Leistungsmanagement, Bewertung des Unternehmensrisikos,Talent AnalyticsFunktionen: unter anderem Textanalyse (mittels NLP, NaturalLanguage Processing), Reports (auch automatisiert für jeden Mitar-beiter)Preis: auf Anfrage

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Page 30: Mitarbeiter Employer …...Employer Branding und Personalmarketing +++ Round Table: Nachfrage steigt aus allen Branchen +++ Case Studies: Kühne + Nagel & Stadtwerke München +++ Studie:

30 Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

MITARBEITERBEFRAGUNG FEEDBACK-TOOLS

Produktname: HRinstrumentsAnbieter: HRinstruments GmbHWebadresse: www.hr-instruments.comSystem-/Lizenzbasis: SaaS, Cloud und On-PremiseZielgruppe: mittelständische Unternehmen und weltweit tätige GroßkonzerneFunktionen: Sign-on On, Instant Feedback (Zugang auf verschiedenenEbenen), Integration auch von gewerblichen Mitarbeitern möglich,Pulse- und Mitarbeiterbefragung, Taskmanager, DashboardsTools: Feedback-Toolbox, Feedback für Führungskräfte, 360-Grad-Feedback, Teamfeedback, Gefährdungsbeurteilung, PerformanceManagement, Peer-Feedback, Feedback-AppPreis: individuelle Preise, Kalkulationsmodul auf der Webseite

Produktname: GlintAnbieter: Glint Deutschland (Zentrale in USA)Webadresse: www.glintinc.com/deSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaSZielgruppe: alle Branchen, alle UnternehmensgrößenTools: Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterlebenszyklus, Manager-effektivität, Teameffektivität, Organisationsentwicklung, Funktionen: Messung des Miarbeiterengagements, Verknüpfung zuGeschäftskennzahlen, Maßnahmen zur Personalentwicklung und mehrPreis: auf Anfrage

Produktname: PeakonAnbieter: Peakon IncorporatedWebadresse: peakon.com/deSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaSZielgruppe: Finanzdienstleister, Fertigung, Bauwesen, Technologie& Start-ups, Einzelhandel & Gastronomie, Dienstleister, Wohltätig-keits- & Non-Profit-Unternehmen, öffentlicher SektorTools: Manager-Dashboards, Umfragerotation, Förderung erwünschterVerhaltensweisenFunktionen: Echtzeitanalysen, Schnittstellen zu verschiedenen Platt-formen, Benchmarking, anonyme Dialoge und mehrPreis: Essential 3 Euro/Person/Monat, Business 6 Euro/Person/Monat, Premium 10 Euro/Person/Monat, Mindeststartpreis ab 5000 Euro/Jahr

Produktname: Qualtrics XMAnbieter: Qualtrics (SAP)Webadresse: www.qualtrics.com/de/employee-experience und

www.qualtrics.com/de/erlebnismanagement/mitarbeiterSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaSZielgruppe: alle Unternehmen und OrganisationenTools: Umfragen zum Mitarbeiterengagement, Pulsumfragen, Pro-gramme für Lebenszyklus und Mitarbeiterleistungsmanagement,kontinuierliches Feedback, Ad-hoc-UmfragenFunktionen: Mitarbeiterzufriedenheit, Stimmungsbarometer, auto-matisierte Reports, Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen,Feedback-Chat, Integration in Slack, Office 365, Event-Pins, Themenund Kommentare, Mitteilungsbox, umsetzbare Erkenntnisse, umfas-sende, dokumentierte API (Programmierschnittstelle)Preis: 3 Euro/Person/Monat, alternativ 5 Euro/Person/Monat inklusivebetreuter Kontoeinrichtung, Rollout-Support, Company Mood API,Premiumsupport, 30 Tage kostenloser Test

Produktname: QuiplyAnbieter: Quiply Technologies GmbHWebadresse: www.quiply.comSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaS, AES256-, TLS-, REST-, Transit-Verschlüsselung, ISO-27001-zertifiziertes RechenzentrumZielgruppe: Stadtwerke & kommunale Unternehmen, Pflege &Gesundheit, Einzelhandel, Tourismus, Bauwesen & Ingenieurbüros,Transport & Logistik, Handwerk & Dienstleistungsbranche, ab 25MitarbeiterTools: Mitarbeiteranerkennung, Krisenkommunikation, MerkblätterFormulare und Richtlinien, offene Stellen & Jobs, schwarzes Brett,Schulungen, Mitarbeiterumfragen, Ideenmanagement, Urlaubsanträge,Krankmeldungen, Mitarbeiterverzeichnis, Unternehmensnachrichten,Fahrgemeinschaften, Geschäftsleitungs-Blog, Azubi-BlogFunktionen: eigenes Branding möglich, Schulungen, Support/Wartung,wird als internes Kommunikationswerkzeug angeboten.Preis: auf Anfrage

Produktname: Smart FedAnbieter: smart-fed AGWebadresse: https://smart-fed.com/de/smart-fed-appSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaS, auf Servern in der Schweiz(DSGVO- konform)Zielgruppe: sehr kleine, kleine und mittlere Unternehmen, in Abstu-fungen bis 5000 MitarbeiterTools:Mitarbeiterumfragen, Mitarbeiterzufriedenheit, HR-Management-Tool, Feedback zu FeedbackFunktionen: 360-Grad-Feedback, Managementcockpit mit anony-misierten Feedbacks (mit Anonymitätsregel – mindestens drei Mit-arbeiter zur Aufhebung der Anonymität) und zeitlicher, thematischerund organisatorischer Übersicht; kein klassischer Fragenkatalog:„Was wird geschätzt?“ versus „Was ist zu verbessern?“ sind diezentralen Fragen.Preis: von 0,79 Euro bis 0,61 Euro je Mitarbeiter und Monat, je mehrMitarbeiter, umso preisgünstiger; zuzüglich Basislizenz in Höhe von199 bis 1459 Euro, je nach Anzahl der unterstützten Nutzer

Produktname: ZestAnbieter: p-manent Consulting (Zest-Zentrale in den USA)Webadresse: https://zestmeup.com/deSystem-/Lizenzbasis: Cloud, SaaS LizenzmodellZielgruppe: mittlere und große UnternehmenFunktionen: 360-Grad-Teamengagementlösung mit den Modulen/The-men Zuhören, Leisten, Teilen. Integration in Slack, Single Sign-on;Integration auch in HRIS bei VollversionTools: Stimmung, Umfragen/Anonymität, Engagement Meter, Moti-vatoren, Smartorg, Analysen, Anpassungsfähigkeit an CorporateDesignPreis: Start 3 Euro/Nutzer/Monat, ein Thema; Standard 5 Euro/Nut-zer/Monat, zwei Themen, Vollversion 7 Euro/Nutzer/Monat, jeweilsbei jährlicher Zahlung, monatliche Zahlung ist etwas teurer; spezielleStart-up-Vollversion 4 Euro/Nutzer/monatliche Abrechnung, Schnell-startpaket für 1500 Euro inklusive Standardeinrichtung, für gemein-nützige Organisationen 50 Prozent Nachlass; inklusive Online-Ein-weisung, Premiumkundensupport bei Vollversion und anders mehr

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32 Personalwirtschaft Sonderheft 09_2019

MITARBEITERBEFRAGUNG BETEILIGUNG

uWenn es eine Firma auf lange Sicht versäumt, mit den Mitarbeiternzu kommunizieren und auf ihr Feedback einzugehen, kann dieskontraproduktiv sein. Dann tritt das Unternehmen nicht nurauf der Stelle, sondern muss mit einem Betriebsklima rechnen,in dem die Mitarbeiter Unternehmensumfragen skeptisch gegen-überstehen, da sie den Eindruck gewinnen, diese würden nurpro forma durchgeführt. Auch kann es sein, dass die Angestelltennur ungern offen und ehrlich Feedback geben und Mitarbeiter-befragungen im schlimmsten Fall allmählich aussterben.Wenn ein Mitarbeiter-Experience-Programm etwas bringen soll,müssen Sie mit Ihren Mitarbeitern im Gespräch bleiben und inForm von Maßnahmenplänen auf ihr Feedback reagieren.

Eigenschaften handlungsrelevanter Daten

Sobald Sie verinnerlicht haben, dass sich Feedback nur lohnt,wenn man danach auch handelt, stellt sich die Frage: Wie lassensich Rückmeldungen möglichst relevant umsetzen? Währendder Zusammenarbeit mit Unternehmen, dem Entwerfen vonProgrammen und Umfragen sowie der Auswertung von Ergebnissenkönnen verschiedene Eigenschaften handlungsrelevanter Feedbacksidentifiziert werden:l Das Feedback ist ehrlich.l Es ist für das Personal repräsentativ.l Die Umfragepunkte beziehungsweise Fragen sind zielgerichtet

und direkt.l Offene Fragen sind konkret formuliert.l Die Rückmeldungskanäle erlauben (soweit möglich) eine Beant-

wortung in Echtzeit.

Wie aus Worten Tatenwerden Ein Unternehmen kann so viel Mitarbeiterfeedbacksammeln, wie es will. Wenn es keine Konsequenzenaus den gewonnenen Erkenntnissen zieht, bleiben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Ein Leitfaden, wie man es besser macht.

l Entscheidungsträger erhalten einen adäquaten Zugriff auf dieDaten.

l Die Daten können für Analysen sowohl zusammengefasst alsauch aufgeschlüsselt werden.

Eine gute Formulierung und ein übersichtlicher Aufbau derUmfrage allein reichen nicht. Achten Sie auf eine klare Fragestellung.Am besten lesen Sie sich die einzelnen Punkte laut vor. Seien Siesich bewusst, dass jedes Thema ein Problem aufwerfen könnteund fragen Sie sich: „Würden wir tatsächlich etwas ändern könnenoder wollen?“ Scheuen Sie nicht vor offenen Fragen zurück.Wenn sie konkret gestellt werden, gehören sie zu den wertvollstenInformationsquellen einer Umfrage. Vertrauen Ihnen Ihre Mit-arbeiter beispielsweise an, dass es ihnen in bestimmten Bereichenan Kompetenz fehlt, fragen Sie nach, welche Schulung sie genaubenötigen. Wichtig ist, die Daten so rasch wie möglich zu erfassenund zu analysieren. Die Wahrnehmung und Einstellung der Mit-arbeiter kann sich schnell ändern, gerade in Branchen mit hoherFluktuation. Zudem sollten Sie sicherstellen, dass die gewonnenenDaten und Erkenntnisse an die richtigen Ansprechpartner wei-tergeleitet werden – nämlich diejenigen im Unternehmen, dietatsächlich tätig werden können.

Wer ist für die Maßnahmenplanung zuständig?

Nachdem Sie die gewünschten Daten beisammen haben, stelltsich die Frage, wer für die Umsetzung der entsprechenden Maß-nahmen verantwortlich ist. Vereinfacht gesagt lautet die Antwort:jeder. Je nach Rückmeldungskanal haben nur bestimmte Mitarbeiteraus dem Personalwesen und der Führungsebene Zugriff auf

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Umfrageergebnisse. So werden etwa Umfragedaten zu Kündigungendem Vorgesetzten nicht in jedem Fall weitergeleitet. Doch wennes um die Mitarbeiterzufriedenheit geht, sollte jeder VorgesetzteEinblick in Echtzeitdaten haben, um rasch auf Feedback reagierenzu können. Die Maßnahmenplanung sollte auf allen Unterneh-mensebenen stattfinden. Wie oben erwähnt, sind Aktionsplänenicht nur Sache der Personalabteilung. Zwar finden Vorgesetztehier Unterstützung für ihre Programme – für Planung und Aus-führung sind sie jedoch selbst zuständig. Lokale Führungskräftestoßen möglicherweise auf Probleme, die auf anderen Unterneh-mensebenen nicht bestehen. Daher benötigen sie die entsprechendenDaten und Befugnisse, um Änderungen auf lokaler Ebene vorzu-nehmen.

Verantwortungsgefühl und Engagement schaffen

In der Theorie lässt sich leicht behaupten, wie wichtig die Reaktionauf Mitarbeiterfeedback ist. Doch wie kann man Führungskräftemotivieren, tatsächlich Maßnahmen zu ergreifen? Leistungsstarke,mitarbeiterorientierte Unternehmen haben hier einen ganz klarenFokus. So ist es entscheidend, dass Führungskräfte mit gutemBeispiel vorangehen – Vorgesetzte nehmen an der Entscheidungüber Aktionspläne aktiv teil. Die Mitarbeiter, auch solche, die

mit ihrer Meinung allein stehen, werden ermuntert, ihren per-sönlichen Maßnahmenplan zu erstellen. Einflussreiche Prota-gonisten werden auf unterschiedlichen Ebenen gehört und stelleninterne Fallstudien vor. Wichtig zudem: Ergebnisse von Akti-onsplänen werden unternehmensweit kommuniziert und pro-pagiert, außerdem finden Nachfassaktionen statt (etwa in Formregelmäßiger Pulsbefragungen).l Die Teilnahme an der Maß-nahmenplanung wird in die Mitarbeiterbewertung aufgenommen.Vorgesetzte, die Wert auf Kommunikation und Maßnahmenum-setzung legen, sind dabei wahrscheinlich besonders gut zur natür-lichen Führungskraft geeignet.Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Wenn der Chef keinenEinsatz zeigt, warum sollten es dann seine Mitarbeiter tun? StellenSie sicher, dass Vorgesetzte in die Planung mit einbezogen werden.Nur wer selbst am Entscheidungsprozess beteiligt ist, steht wirklichhinter einer Maßnahme. Das Coaching von Vorgesetzten kanneine lohnende Investition sein, um sie zu motivieren und fürbedeutsame Maßnahmen zu begeistern. Jeder Mitarbeiter kannnur so gut sein, wie es sein Vorgesetzter zulässt.Selbstverständlich ist es essenziell, dass die Mitarbeiter den Grundfür getroffene Maßnahmen kennen. Stellen Sie daher bei der Ein-führung eines Aktionsplans sicher, dass der Zusammenhang zwi-schen Umfrageergebnis und Maßnahme klar wird. Nur so werden

Ihr Unternehmen Ihre Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter

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Instrumente

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MITARBEITERBEFRAGUNG BETEILIGUNG

die Mitarbeiter sich über ihren Einfluss auf das Unternehmenbewusst und ermutigt, weiterhin Feedback zu geben. Gleichzeitigmotiviert sie dies, die daraus resultierenden Ziele und Änderungenzu unterstützen.

Häufige Fehler bei der Maßnahmenplanung

Wie sehen die potenziellen Stolperfallen bei der Planung vonMaßnahmen beziehungsweise der Gewinnung und Analyse vonMitarbeiterdaten aus? Hier sind die häufigsten Fehler:1 Punktejagd: Dies betrifft die gängige Praxis, Vorgesetzte im

Rahmen von Mitarbeiterumfragen zu belohnen oder ihnenformelle Ziele zu setzen. Diese Vorgehensweise birgt verschie-dene Risiken: Auch wenn Vorgesetzte angespornt werden,der erreichten Punktzahl Aufmerksamkeit zu schenken, kanndies zu unbeabsichtigtem Verhalten führen, wodurch Datenverfälscht und Mitarbeiter misstrauisch werden. Im Extremfallwird die Mitarbeiter-Experience sogar beeinträchtigt.

2 Ausschließliche Konzentration auf Themen mit geringerPunktzahl bei der Priorisierung von Maßnahmen: Natürlichist es wichtig, wie positiv oder negativ Mitarbeiter bestimmteBereiche bewerten. Doch dies sollte nicht der einzige Faktorbei der Entscheidung sein, in welchem Bereich als erstes Maß-nahmen durchgeführt werden. So ist etwa in Umfragen zurMitarbeiterzufriedenheit das Gehalt oft der Bereich mit derschlechtesten Bewertung. Es ist jedoch offenkundig, dass Fak-toren wie Karrierechancen, Entscheidungsautonomie,Abwechslungsreichtum und soziale Verantwortung des Unter-nehmens die Einstellung zum Beschäftigungsverhältnis weitausmehr beeinflussen. Anders formuliert: Beziehen Sie nebender vergebenen Punktzahl auch den statistischen Stellenwertdes Themas mit ein.

3 Vorgesetzte zum Handeln in bestimmten Bereichen zu zwin-gen: Es gibt Zeiten, in denen Maßnahmenpläne im ganzenUnternehmen durchgesetzt werden müssen. Doch meist ver-fügen die Vorgesetzten auf der unteren Führungsebene übereine gesunde Einschätzung ihres Teams und lassen sich bessereinbinden, wenn sie bei den Maßnahmenplänen mitbestimmenkönnen.

4 Ausschließlicher Fokus auf große, formale Prozessänderungen:Viele stellen sich unter Maßnahmenplänen massive Ände-rungen vor, die einen bereits bestehenden Prozess oder eineetablierte Vorgehensweise umkrempeln sollen. Doch das mussnicht sein. Oft bestehen Aktionspläne lediglich in einer opti-mierten oder enger getakteten Kommunikation hinsichtlichbestimmter Themen. Auch kleine Veränderungen könnengroße Wirkung zeigen, wenn es um die Beziehung zwischenVorgesetzten und ihren Mitarbeitern geht.

5 Zu viele Maßnahmen zur selben Zeit: Es ist verführerisch, alleProbleme auf einmal angehen zu wollen. Doch sich gleichzeitigmehreren Themen anzunehmen und sie zu einem guten Endezu führen, ist eine immense Herausforderung. Dies gilt geradein sehr großen Organisationen. Es lohnt sich, jeweils nur einbis zwei Punkte auf einmal in Angriff zu nehmen – dies jedochmit ungeteiltem Einsatz.

Aufbau eines erfolgreichen Maßnahmenplans

Gute Maßnahmenpläne sind leicht und bekömmlich, gut zugänglich,allgemein verfügbar und zeitlich flexibel. Denken Sie jedochdaran, dass jeder Vorgesetzte unterschiedliche Fähigkeiten fürdie Mitarbeiterführung mitbringt. Auch unerfahrene Führungskräftesollten in der Lage sein, in ihrem Einflussbereich Botschaftenund Änderungen zu fördern. Dabei hilft es, ihnen nicht nurZugriff auf eine Feedbackplattform mit integrierten Tools zubieten, sondern diese auch mit passenden Inhalten zu bestücken,wie relevanten Texten, Forbes-Artikeln und TED-Vorträgen. Es lohnt sich, Schritt für Schritt Maßnahmenpläne zu entwickeln.Diese sollten die erwünschten Ergebnisse jedes Umfragepunkts,Überlegungen und Fragen zu bestimmten Umfragepunkten, Rat-schläge für Erste-Hilfe-Maßnahmen und Best Practices für dieUmsetzung neuer Arbeitsweisen zur Optimierung bestimmterPunkte enthalten. Auch zusätzliche Ressourcen für die einzelnenUmfragepunkte sollten dabei eine Rolle spielen. Grundsätzlichgilt: Je genauer der Maßnahmenplan auf die ihm zugrunde liegendenDaten zugeschnitten ist, desto wirkungsvoller ist er. p

Dr. Benjamin Granger, Senior Principal of Employee Experience (EX), Qualtrics,[email protected]

AUTOR

Checkliste Abbildung

Führungsebene:• Feedback auf Unternehmens- und Abteilungsebene verstehen und

anerkennen• Maßnahmenpläne unternehmensweit beziehungsweise innerhalb der

Abteilung kommunizieren und durchsetzen

Vorgesetzte:• Feedback auf Teamebene verstehen und anerkennen• Lokale Maßnahmenpläne erstellen• Rücksprache mit Mitarbeitern halten und Fortschritte überwachen

Mitarbeiter:• Sich mitteilen• Offen und ehrlich relevantes Feedback geben• Eigenverantwortung für den persönlichen Einsatz übernehmen

Die Übersicht zeigt, wie jeder im Unternehmen zum Erfolg eines Programms beitragen kann.

Quell

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