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Pate des Abends Denis Scheck Literaturkritiker Konzerteinführung mit Anne Kussmaul im Werner-Otto-Saal — Einlass mit Konzertticket Simon Over Dirigent Ivana Gavrić Klavier WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756-1791) • Symphonie Nr. 31 D-Dur KV 297 „Pariser Symphonie“ (1778) Allegro assai – Andante – Allegro CHERYL FRANCES-HOAD (*1980) • „Between the Skies, the River and the Hills“ Konzert für Klavier und Orchester (2018, Deutsche Erstaufführung) — Pause — LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-1827) • Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36 ( 1803) Adagio molto. Allegro con brio – Larghetto – Scherzo. Allegro – Allegro molto 19 Uhr 20 Uhr SOUTHBANK SINFONIA INTERNATIONAL Mi 15 FESTIVAL DER BESTEN JUGENDORCHESTER DER WELT YOUNG EURO CLASSIC FESTIVALHYMNE „Bitte, nehmen Sie meine kurze Fanfare nicht zu seriös! Vor allem sollen die jungen Mu- siker es nicht zu perfekt spielen! Es ist ein musikalischer Spaß, man muss Freude daran haben. Der Anfang ist ein etwas melancholischer Marsch (weil junge Leute so oft melan- cholisch sind), dann folgt ein tänzerisches Trio (weil Jugendorchester von langen Partys immer unausgeschlafen sind), endlich eine Reprise vom Marsch mit einer jazzartigen Improvisation, damit der Trompeter oder Geiger den Kollegen imponieren kann. Einige Gickser gehören dazu.“ Iván Fischer Ehrendirigent des Konzerthausorchesters Berlin, Komponist der Festivalhymne 03. BIS 20. AUGUST 2018 KONZERTHAUS BERLIN Zum 19. Mal können wir sagen: Willkommen bei Young Euro Classic, dem weltweit wich- tigsten Festival für symphonische Jugendor- chester. Ja, Young Euro Classic kommt „in die Jahre“. Für das Festival ist das aber kein Problem, weil die Musikerinnen und Musiker, die je- des Jahr aus aller Welt nach Berlin kommen, blutjung und wunderbar begabt, kreativ und lebensfroh sind. Und unser Publikum jung halten. Unser Markenzeichen ist und bleibt: Hier spielt die Zukunft! Zwei charismatische Jubilare prägen das Programm entscheidend mit: Sie leben nicht mehr, sind aber dennoch absolut lebendig und wichtig gerade in ihrer Vorbildfunktion. Nelson Mandela und Leonard Bernstein hätten in diesem Jahr ihren einhundertsten Geburtstag gefeiert. Ulrich Deppendorf 2. Vorsitzender Deutscher Freundeskreis europäischer Jugendorchester e.V. Jahrhundertpersönlichkeiten wie sie, glau- ben wir, verdienen Erinnerung, Hinterfra- gung und intelligente Auseinandersetzung. Auch das versuchen wir in unserem Pro- gramm. Und nächstes Jahr, das macht uns stolz und glücklich, gibt es dann zum 20. Mal Young Euro Classic. Unser kleines Jubiläum. Wir und unsere Freunde, Partner und Un- terstützer arbeiten jetzt schon hart daran, Ihnen dann ein Super-Festival-Fest, einen ganz besonderen Jahrgang zu bieten. Damit wir das schaffen, nehmen wir jetzt kraftvoll Anlauf. Zusammen mit Ihnen und einem besonders vielversprechenden Jahr- gang: Willkommen bei Young Euro Classic 2018! Prof. Dr. Dieter Rexroth Künstlerischer Leiter Young Euro Classic Dr. Willi Steul 1. Vorsitzender Deutscher Freundeskreis europäischer Jugendorchester e.V. Dr. Gabriele Minz Gesamtleitung Young Euro Classic

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pate des abendsdenis ScheckLiteraturkritiker

Konzerteinführung mit Anne Kussmaul im Werner-Otto-Saal — Einlass mit Konzertticket

Simon over Dirigentivana Gavrić Klavier

WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756-1791) • Symphonie Nr. 31 D-Dur KV 297 „Pariser Symphonie“ (1778)Allegro assai – Andante – Allegro

CHERYL FRANCES-HOAD (*1980) • „Between the Skies, the River and the Hills“ Konzert für Klavier und Orchester (2018, Deutsche Erstauff ührung)— Pause —LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-1827) • Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36 ( 1803)Adagio molto. Allegro con brio – Larghetto – Scherzo. Allegro – Allegro molto

19 Uhr

20 Uhr

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FeStivaL der beStenJUGendorCHeSter der weLt

yoUnG eUro CLaSSiC FeStivaLHymne„Bitte, nehmen Sie meine kurze Fanfare nicht zu seriös! Vor allem sollen die jungen Mu-siker es nicht zu perfekt spielen! Es ist ein musikalischer Spaß, man muss Freude daran haben. Der Anfang ist ein etwas melancholischer Marsch (weil junge Leute so oft melan-cholisch sind), dann folgt ein tänzerisches Trio (weil Jugendorchester von langen Partys immer unausgeschlafen sind), endlich eine Reprise vom Marsch mit einer jazzartigen Improvisation, damit der Trompeter oder Geiger den Kollegen imponieren kann. Einige Gickser gehören dazu.“

iván FischerEhrendirigent des Konzerthausorchesters Berlin, Komponist der Festivalhymne

03. biS 20. aUGUSt 2018 konzertHaUS berLin

Zum 19. Mal können wir sagen: Willkommen bei Young Euro Classic, dem weltweit wich-tigsten Festival für symphonische Jugendor-chester. Ja, Young Euro Classic kommt „in die Jahre“. Für das Festival ist das aber kein Problem, weil die Musikerinnen und Musiker, die je-des Jahr aus aller Welt nach Berlin kommen, blutjung und wunderbar begabt, kreativ und lebensfroh sind. Und unser Publikum jung halten. Unser Markenzeichen ist und bleibt: Hier spielt die Zukunft! Zwei charismatische Jubilare prägen das Programm entscheidend mit: Sie leben nicht mehr, sind aber dennoch absolut lebendig und wichtig gerade in ihrer Vorbildfunktion. Nelson Mandela und Leonard Bernstein hätten in diesem Jahr ihren einhundertsten Geburtstag gefeiert.

Ulrich deppendorf2. Vorsitzender Deutscher Freundeskreiseuropäischer Jugendorchester e.V.

Jahrhundertpersönlichkeiten wie sie, glau-ben wir, verdienen Erinnerung, Hinterfra-gung und intelligente Auseinandersetzung. Auch das versuchen wir in unserem Pro-gramm. Und nächstes Jahr, das macht uns stolz und glücklich, gibt es dann zum 20. Mal Young Euro Classic. Unser kleines Jubiläum. Wir und unsere Freunde, Partner und Un-terstützer arbeiten jetzt schon hart daran, Ihnen dann ein Super-Festival-Fest, einen ganz besonderen Jahrgang zu bieten. Damit wir das schaff en, nehmen wir jetzt kraftvoll Anlauf. Zusammen mit Ihnen und einem besonders vielversprechenden Jahr-gang:

Willkommen bei Young Euro Classic 2018!

prof. dr. dieter rexrothKünstlerischer Leiter Young Euro Classic

dr. willi Steul1. Vorsitzender Deutscher Freundeskreiseuropäischer Jugendorchester e.V.

dr. Gabriele minz Gesamtleitung Young Euro Classicdr. Gabriele minz Gesamtleitung Young Euro ClassicGesamtleitung Young Euro Classic

denis ScheckLiteraturkritiker Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, ist ein deutscher Literaturkritiker. Er arbeitete als literarischer Agent, Radioredakteur, Übersetzer und Herausgeber (u.a. von Michael Chabon, Robert Stone, Harold Brodkey, Ruth Rendell, David Foster Wallace) und studierte Germa-nistik, Zeitgeschichte und Politikwissenschaft in Tübingen, Düsseldorf und Dallas. Heute ist er freier Kritiker, seit 2003 Moderator des ARD-Literaturmagazins Druckfrisch und der SWR-

Sendung Lesenswert. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet: Julius-Campe-Preis 2015, Hildegard-von-Bingen-Preis 2014, Bayerischer Fernsehpreis 2013. Außerdem erhielt er den Sonderpreis zum Hajo-Friedrichs-Preis 2012 und den Deutschen Fernsehpreis 2011. Er ist Autor diverser Sachbücher und erstellt gerade einen 100 Titel umfassenden Kanon der Weltliteratur, der im Wochentakt vom SWR Fernsehen, WDR 5 und der Literarischen Welt publiziert wird.

Die 2002 von Simon Over gegründete Southbank Sinfonia setzt sich aus 33 jungen und hochtalentierten Musikerinnen und Musikern zusammen: eine Orchesterakademie, die nicht nur Erfahrungen im Orchesterspiel vermitteln will, sondern auch Kurse zu Kommunikation und Führungsqualitäten anbietet. Getragen von Stiftungen und anderen privaten Geldge-bern, gewährt die Southbank Sinfonia allen Musikern einjährige Stipendien. In dieser Zeit beschäftigen sich die Instrumentalisten auch mit Kammermusik, Oper und Tanz, oft in Zu-sammenarbeit mit renommierten Organisationen wie der Royal Opera oder der Academy of St Martin-in-the-Fields. In dieser Saison ist die Southbank Sinfonia für eine Neuproduktion des Musicals Amadeus von Peter Shaff er verpfl ichtet worden. In früheren Spielzeiten wirkte das Orchester an dem Theaterstück Every Good Boy Deserves Favour von Tom Stoppard/Andre Previn mit. Sitz der Southbank Sinfonia ist St John’s Waterloo im Herzen Londons, wo auch regelmäßige Rush Hour Concerts zur Vorabendzeit stattfi nden.

www.southbanksinfonia.co.ukDas Orchester dankt Jenny Hodgson und all jenen, die dem Spendenaufruf des Southbank Sinfonia für „Berlin 2018“ gefolgt sind.

Simon overDirigentDer Pianist und Dirigent Simon Over ist eine wohlbekannte Persönlichkeit im Londoner Musikleben. Der 53-Jährige wirkt nicht nur als Gründer und Leiter des Parlamentschors; seit 2015 ist er auch Musikdirektor an St Cle-ment Danes, der Hauptkirche der Royal Air Force. Vor allem aber leitet er die von ihm 2002 gegründete Southbank Sinfonia, mit der er auch auf Tournee durch verschiedene Länder Europas und Asiens gegangen ist. Darüber hinaus arbeitet er als Erster Gastdi-rigent mit der Southern Sinfonia in Neusee-land zusammen und ist Künstlerischer Lei-ter der Bury Court Opera, eines ländlichen Festivals im Südwesten Londons, wo er ein weitgespanntes Repertoire von Purcells Dido and Aeneas und Rossinis La Cenerentola bis zu Puccinis Madama Butterfl y und Strawins-kis The Rake’s Progress aufgeführt hat. Als Liedbegleiter musizierte Over mit Sängern wie Felicity Lott, Emma Kirkby und Simon Keenlyside; mit der Geigerin Miriam Kramer nahm er eine CD mit den Violinsonaten von Ernest Bloch auf.

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ivana GavrićKlavierIn einer Musikerfamilie in Sarajewo geboren, wuchs die Pianistin Ivana Gavrić in England auf, wo sie am Royal College of Music und an der Universität Cambridge studierte. Meisterkurse führten sie zu renommierten Lehrern wie Dmitri Bashkirow, Menahem Pressler, Boris Berman und Stephen Kova-cevich. Für ihr Debütalbum In the mists mit Klavierwerken von Janáček, Liszt, Schubert und Rachmaninow wurde sie vom BBC Mu-sic Magazine zum „Newcomer of the Year“ gekürt. Auch für ihre weiteren Alben From the Street (Janáček, Ravel, Prokofjew) Grieg und Chopin erhielt Ivana Gavrić hervorra-gende Kritiken. Inzwischen hat die Pianistin im KKL Luzern, im Barbican Centre, der Ro-yal Albert Hall, der Royal Festival Hall sowie in weiteren europäischen Ländern und in Kanada, Japan und China konzertiert. Au-ßerhalb des Konzertsaals ist sie mit Chopin und Beethoven in der BBC Adaptation von The Line of Beauty, und mit Musik von Bach im Film Breaking and Entering – Einbruch & Diebstahl (2006) von Anthony Minghella hervorgetreten.

www.ivanagavric.com

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Cheryl Frances-HoadKomponistinDer Weg von Cheryl Frances-Hoad zur Kom-ponistin war schon in jungen Jahren vorge-zeichnet: 1980 in Essex geboren, schrieb sie mit sieben ihre ersten Stücke, mit 15 gewann sie den BBC-Wettbewerb für junge Komponis-ten. Es folgten zehn Studienjahre an der Yehu-di Menuhin School of Music und weitere vier

Jahre an der Universität Cambridge. Renommierte Preise und zahlreiche Kompositionsauf-träge begleiteten ihre weitere Entwicklung. Zu ihren wichtigsten Orchesterwerken zählen Katharsis für Violoncello und Orchestra (2013) und das Oboenkonzert A Refusal to Mourn (2000/2015) nach Luther-Chorälen. Die Kammeroper Amy’s Last Dive, uraufgeführt 2012 von der Opera North, steht neben Ballettmusik, drei Klaviertrios, zahlreichen Klavier- und Chorwerken. 2015 komponierte Cheryl Frances-Hoad das Weihnachtslied Good Day, Sir Christmas für das BBC Music Magazine; im gleichen Jahr feierte sie ihr Proms-Debüt mit dem Chorstück From the Beginning of the World. Bei den Proms 2017 wurde ihr Orgel-stück über Luthers Ein feste Burg ist unser Gott uraufgeführt.

www.cherylfranceshoad.co.uk

E in moderner Kern, eingefügt in einen klassischen Rahmen – von dieser Spannung lebt das Programm, mit dem die Southbank Sinfonia aus London zum ersten Mal ihre musikalische Visitenkarte bei Young Euro Classic abgibt. Mozart und Beet-

hoven als Vertreter der Wiener Klassik sind mit zwei Sinfonien vertreten, die allgemein bekannt und beliebt sind, immer jedoch etwas im Schatten der großen Meisterwerke stehen. Eine absolute Novität präsentieren die Gäste dagegen mit dem Klavierkonzert der jungen Britin Cheryl Frances-Hoad, die wiederum eine kühne Verbindung zwischen dem dritten Wiener Klassiker, Joseph Haydn, und dem Roman Die Brücke über die Drina des nobelpreisgekrönten Jugoslawen Ivo Andrić gezogen hat.

Wolfgang Amadé Mozarts Symphonie Nr. 31 D-Dur KV 297 trägt den Beinamen „Pariser Sinfonie“ mit doppeltem Recht: Denn sie entstand nicht nur auf jener Reise von 1778, mit welcher der 22-Jährige (erfolglos) in Paris sein Glück außer-

halb des provinziellen Salzburg zu finden versuchte. Sondern sie passte sich auch sehr bewusst den dortigen musikalischen Verhältnissen an, wie nicht nur an der Besetzung mit Pauken, Trompeten und – für Mozart eine Premiere – Klarinetten zu erkennen ist. Denn selbstverständlich hatte der Komponist auf die Wünsche seines Auftraggebers Joseph Legros, der in Paris die Reihe der Concerts spirituels veranstaltete, einzugehen. Demen-sprechend verzichtete Mozart einerseits auf das in Paris unübliche Menuett, andererseits

Und zU beiden Seiten der brüCke über die drina wartet eine SympHonie von mozart Und beetHoven

auf die ebenso wenig geschätzten Wiederholungen im Anfangssatz. Kein Wunder, dass die D-Dur-Sinfonie mit nur 20 Minuten Länge deutlich unter dem üblichen Rahmen bleibt.

Wie das Autograf der Partitur, das in der Staatsbibliothek zu Berlin liegt, zeigt, hat der Komponist mehr als sonst üblich an dieser Symphonie korrigiert, gestrichen und radiert. Einerseits setzte er auf Monumentalität und theatralische Gesten, vernachlässigte aber auch die spielerischen, rokokohaften Details nicht. So gegensätzlich in sich bereits das Hauptthema ist, so voller Überraschungen in Dynamik und Tempo zeigt sich überhaupt der ganze Allegrosatz. Auf die gewohnte Orchesterbesetzung reduziert ist das Andante, das mit charmantem Frage-Antwort-Spiel zwischen den Instrumenten aufwartet. Den größten Erfolg beim Pariser Publikum erzielte, wie kaum verwunderlich, das rasante Schluss-Allegro mit seinen effektvollen Wechseln von leise und laut, mit seinen plakativen Fanfaren und den gelegentlichen Fugato-Abschnitten, bei denen der Komponist „den wenigen gescheidten Franzosen“ (O-Ton Mozart) auch ein bisschen von seinem kontra-punktischen Können vorführen konnte. – Nur einen Monat nach der Uraufführung am 18. Juni 1778 starb Mozarts Mutter, und Wolfgang kehrte allein und enttäuscht nach Salzburg zurück.

Cheryl Frances-Hoad über ihr werk „ between the Skies, the river and the Hills“ Between the Skies, the River and the Hills (Zwischen Himmel, Fluss und Hügeln) hat drei Inspirationsquellen: Haydns Klavierkonzert Nr. 11 D-Dur, die Melodie des Volkslieds Kad ja pođoh na Bembašu (Als ich nach Bembasa ging, das in dessen drittem Satz vorkommt) aus Sarajevo, und den historischen Roman Die Brücke über die Drina des Nobelpreisträ-gers Ivo Andrić. Die Außensätze nehmen Zitate aus Andrićs Buch zum Ausgangspunkt, während das Scherzando im Mittelteil mit einer veränderten Version eines bosnischen Rundtanzes spielt (den Haydn in seinem Werk auch benutzt).I

„So lernte … zwischen Himmel, Fluss und Erde Generation auf Generation, nicht im Übermaß zu beklagen, was das trübe Wasser forttrug. Dort nahmen sie die unbewusste Philosophie der Stadt auf: dass das Leben ein unfassbares Wunder ist, denn unaufhörlich zerrinnt und zerfließt es, und dennoch dauert es fort und steht fest ‚wie die Brücke über die Drina‘.“III

„Das Vergessen heilt alles, und das Lied ist die schönste Form des Vergessens, denn im Lied erinnert man sich nur an das, was man mag.“(Zitate nach: Ivo Andrić, Die Brücke über die Drina, 1945, Deutsch von Ernst E. Jonas, überarbeitet von Katharina Wolf-Grießhaber, dtv 2013, S. 113.)

Zwischen dem überraschenden Erstling und der revolutionären dritten Symphonie, der „Eroica“, führt Ludwig van Beethovens Symphonie nr. 2 d-dur op. 36 allzu oft ein gewisses Schattendasein. In der Rückschau meint man in ihr ein musikali-

sches Resümee des 18. Jahrhunderts mit deutlichen Bezügen zu Mozart und Haydn zu erkennen. Die Zeitgenossen hörten das durchaus anders und rieben sich verwundert die Ohren ob der vielen Widerborstigkeiten und unkonventionellen Einfälle, die ihnen der Komponist zumutete. Die Symphonie sei „ein merkwürdiges, kolossales Werk, von einer

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Tiefe, Kraft und Kunstgelehrsamkeit, wie sehr wenige“ und von einer Schwierigkeit „wie ganz gewiss keine von allen jemals bekannt gemachten Sinfonien“, schrieb der Rezensent der „Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ im Mai 1804.

Dieter Rexroth verweist in seinem Werkführer zu Beethovens Symphonien auf die zwie-spältige Situation, in welcher sich der Komponist bei der zweiten Symphonie befunden habe: „Sie gab ihm das genussreiche Gefühl, auf der Höhe der Zeit zu sein, aber auch, dass da eine Grenze war und dass das Ausschreiten des gewonnenen Terrains nicht au-tomatisch dessen Sprengung bedeutete.“ Beethoven wagte den Schritt nach vorn – wie schon in der langsamen Einleitung zur Symphonie deutlich wird, die mit ihren rabiaten Fortissimo-Schlägen und Rückungen nach Moll auf unerwartete und unbequeme Kontras-te einstimmt. Quirlige Unruhe ist denn auch die Grundstimmung des folgenden Allegro-Satz, der seine Spannung vor allem daraus bezieht, dass das erreichte musikalische Ziel immer schon wieder den Ausgangspunkt für die nächste thematische Idee bedeutet.

Heitere Gelassenheit und Melodienseligkeit strahlt dagegen der ausgedehnte Larghetto-Satz aus, auch wenn der Mittelteil mit Molltönen einen leichten Schatten auf die Idylle wirft. Widerborstig gibt sich dann das Scherzo, indem der Kontrast zwischen laut und leise, Bläsern und Streichern auf die Spitze getrieben wird; nicht einmal das Trio bleibt vor Beethovens Überraschungen verschont, wenn die Streicher plötzlich unisono den Holzbläsern ins Wort fallen. Dem Finale schreibt Rexroth „alle Elemente der Opernästhe-tik“ zu: „Das Verschmelzen des Gestischen und Substantiellen in den Motiven, Unterhal-tung, Überraschung, Witz, Virtuosität, dramatische Kontraste und Entwicklungen.“ Nicht dass damit das Konzert zur Ersatz-Opernbühne würde – gebändigt wird das Ganze durch Beethovens klaren Formwillen, der das trillernde Anfangsmotiv mit seinem Signal-charakter immer wieder ins Spiel bringt, bevor ein mehrfach hinausgezögertes Finish für klare Verhältnisse sorgt.

Begonnen hatte Beethoven mit ersten Skizzen zur Zweiten schon 1800; den letzten Feinschliff besorgte er im Frühjahr 1802, anders als oftmals in der Beethoven-Forschung behauptet noch vor der Abfassung seines deprimierenden „Heiligenstädter Testaments“. Die öffentliche Erstaufführung leitete der Komponist am 5. April 1803 im Theater an der Wien.

Michael Horst

Dieses Konzert wird LIVE und ON DEMAND auf ARTE CONCERT gestreamt: concert.arte.tv/young-euro-classicproduziert von