Meilensteine und Herausforderungen - Bankenverband · Prof. Dr. Stephan Paul Retail Banking 1...
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Prof. Dr. Stephan Paul
Retail Banking
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Meilensteine und Herausforderungen
im Retail Banking
Banken und Verbraucher – wie gelingt die digitale R/Evolution?
Bankenverband / ING-DiBa / IBF
Berlin, 09. Juni 2015
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1950er Jahre: „Mut zum Konsum“
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Im beginnenden Wirtschaftswunder zunehmend Konsumwünsche, die auch politisch
unterstützt wurden – Wirtschaftsminister Erhard auf dem Sparkassentag 1954: „Mut
zum Konsum, persönliche Verschuldung nicht fluchwürdig.“
Spargeschäft und Kredite „an den kleinen Mann“ liefen überwiegend über Sparkassen
und Genossenschaftsbanken.
Boom der Teilzahlungsbanken; notwendig: Sicherungsübereignung.
Bei den Großbanken zwar vereinzelte Privatkunden, aber Selbstverständnis und
Erscheinungsbild ganz auf Firmenkunden zugeschnitten – Erhard in einer Botschaft an
den Bankentag 1958: „Es gehört zu den Aufgaben des Bankiers, dass man bei ihm
auch als Privater ein paar Hundert Mark leihen kann, ohne dafür Haus und Hof
verpfänden zu müssen.“ Replik Pferdmenges: „Ich glaube, das ist bei uns nicht üblich,
meine Herren.“
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Initialzündung 1959: Persönlicher Kleinkredit (I)
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Am 2. Mai 1959 als Gemeinschaftsaktion der Großbanken Einführung des
persönlichen Kleinkredits bis 2.000 DM ohne besondere Sicherheiten allein gegen
Nachweis und Abtretung regelmäßiger Lohn- und Gehaltseinkommen.
Treiber:
1958/59: Verbreitung bargeldloser Lohn- und Gehaltszahlungen
1958: Wegfall staatlicher Bedürfnisprüfung für Geschäftsstellen
Erhebliche Einlagenüberhänge durch Spargeschäft
Ab 01/1959 höhere Darlehenssummen möglich
Erfahrungen innovativer Kreditvergabepraktiken in USA und GB
Technische Möglichkeiten der Standardisierung und Automatisierung:
1958 Einführung der lochkartenbasierten EDV
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Initialzündung 1959: Persönlicher Kleinkredit (II)
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Einführung mit viel Skepsis und Sorge um Standing begleitet:
„Wir werden so wenig damit verdienen, dass wir kaum die Putzfrau bezahlen
können, die nach dem Besuch der Kleingärtner notwendig ist.“
„Geld, das man an Hinz und Kunz vergibt, kann man gleich per Abschreibung an
die Kasse buchen.“
„Der Mob stürmt die Schalter, dürfen wir schließen?“
Unerfahrenheit der Kunden:
„Wie kann ich mir hier die 2.000 Mark abholen?“
„Verwendungszweck? Mal ordentlich einen drauf machen.“
Kunde erstaunt über Rückzahlungszwang: „Spritze für den kleinen Mann.“
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1960er Jahre:Sturm und Drang im „Massen-“ / „Mengengeschäft“
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Geschäftsstellenexpansion von 26.500 (1957) auf 40.500 (1970):„Mehr Bankstellen als Tankstellen“; dichtestes Netz der Welt.
1966/67 eröffnete die Dresdner Bank im Durchschnitt alle 5 Tage eine neue Zweigstelle.
Erweiterungen im Kreditgeschäft: 1961/62: Anschaffungsdarlehen 1968: Überziehungs-, später Dispokredit 1968/69: Hypothekendarlehen für Private
Erweiterungen im Spar-/Anlagegeschäft: Sparpläne Wertpapiersparen Investmentfonds „Volksaktien“
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1970er Jahre: Aufbruch in die Moderne
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1967 Wegfall des Soll- und Habenzinsabkommens sowie des Wettbewerbsabkommens
eröffnet marktwirtschaftliche Handlungsspielräume.
Systematischer Ausbau des „Privatkundengeschäfts“
Einführung modernen Planungstechniken
Straffung der Organisation
Entwicklung einer ganzheitlichen Marketing-Konzeption
o Marktforschung
o Definition von Zielgruppen
o Moderne Produkt- und Designwelt
o Werbung über alle Kanäle
o Veränderte Kundenansprache
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1980er Jahre: Suche nach Rationalisierung und Rendite
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Ausbau der Bankkalkulation – mit zum Teil erschreckenden Ergebnissen.
Technisierung am Point-of-Sale
Geldausgabeautomaten
Kontoauszugsdrucker
Selbstbedienungszentren
Technisierung im Back-Office
Vollterminalisierung
Rechenzentren
Bemühen um Cross-Selling: Allfinanz
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1990er Jahre: Die Wende
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Zunächst weitere Filialexpansion im Zuge der Wiedervereinigung.
Cartellieri, Deutsche Bank, 1991: „Banken sind die Stahlindustrie der 1990er Jahre.“
Forcierte Bemühungen um Rentabilitätssteigerung Eindämmung Filialexpansion Technische Vertriebsunterstützung Streben nach Skaleneffekten durch Zukäufe/Fusionen im In- und Ausland
Technischer Quantensprung: Verbreitung des Internets.
Wachstum der Direktbanken.
Markantestes Beispiel für Kombination neuer Technik und differenzierter Zielgruppenansprache: Bank 24 (1995) Deutsche Bank 24 (1999)
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2000er Jahre: Retailbanking zwischen Aschenputtel und Hoffnungsträger
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Strategische Unsicherheit – Beispiel Deutsche Bank: 2002 Reintegration DB 24;
2008 Erwerb der Postbank; 2015 Trennung.
Experimente der Umgestaltung vor der Krise – primär kostengetrieben.
Renaissance nach der Krise – primär stabilitätsgetrieben.
Strukturtrends setzen sich fort:
Rückläufige Zinsüberschüsse, insbesondere in Niedrigzinsphase
Provisionsüberschüsse unzureichend – und volatil
Verwaltungsaufwendungen steigend – regulierungs- und technikbedingt
Vertrauensverlust und steigende Anforderungen an Beratung.
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Digitale R/Evolution: Gefahren für die „Alten“
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Direkter Verlust von Erträgen
Verringerung des Kundenkontakts
Verlust von Kundeninformationen
Druck auf Konditionen
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Erträge sind rückläufig – im schlechtesten Fallbis zu 25 Prozent gefährdet
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* Stagnierendes BIP, andauerndes extrem niedriges Zinsniveau.
Quelle: The Boston Consulting Group, 2015.
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2009 2014 2019Base Case
Negativemakroökonom.Entwicklung*
Preisdruckdurch
Digitalisierung
HöhereregulatorischeAnforderungen
2019Worst Case
Retail Banking Revenue Pools, Deutschland (in Mrd. EUR)
-10%
-8 bis -12%-4 bis -6%
40 bis 45
Gefährdete Erträge im Worst Case
Szenario, Effekte nicht zwingend kumulativ
-9%-5% -20 bis -25%
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Digitale R/Evolution: Umfangreiche Abwehrversuche
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Walled-Garden-Strategien
Einzäunung führt zu Geiseln, aber nicht zufriedenen Kunden.
Diskretion
Kommunikation von Sicherheit unabdingbar, aber keine Trumpfkarte.
Regulierung
Verschafft zeitlichen Vorsprung, bildet aber keinen dauerhaften Schutzwall.
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Digitale R/Evolution:Herausforderungen für das Retail Banking
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Fundierung
Big-Data-
Analysen
Indivi-
dualität
Nutzung
Kunden-
daten
Nähe
Aufbau
digitaler
Relations
Tempo
Schnellere
Prozesse
Einfach-
heit
“Bauhaus”-
Lösungen
Con-
trolling
Konse-
quentere
Performance-
analysen
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Digitale R/Evolution: Die Konsequenzen
Im Banking wie im Fußball
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Der Pokal hat seine eigenen Gesetze
„Das Geschäft hat eigene Regeln und Gesetze.“
(von Hauenschild, Grundsätze des Mengengeschäfts, 1968)
Vollgasfußball
Aufbau von Wechselkosten in Form von Kundennutzen, ja -begeisterung erfordert in vielen
Banken eine weitgehend neu aufgesetzte IT-Landschaft und radikale Neugestaltung der
Vertriebskanäle.
Trainingsphilosophie
Strukturelle Veränderungen in den Geschäftsmodellen zur Erhöhung der seit Jahrzehnten
rückläufigen Grundrentabilität notwendig.
Offensivspiel erfordert kreative, konditionsstarke, disziplinierte Spieler.
Banken brauchen innovative, engagierte und integre Mitarbeiter.