Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des...

124
NACHHALTIGKEIT IN DER LIEFERKETTE VON KMU IN DER TECHNISCHEN INDUSTRIE HERAUSFORDERUNGEN UND POTENTIALE AM FALLBEISPIEL THIEN EDRIVES Masterarbeit eingereicht an der IMC Fachhochschule Krems Fachhochschul-Masterstudiengang Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement von Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc Eingereicht am: 01.10.2015

Transcript of Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des...

Page 1: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

NACHHALTIGKEIT IN DER

LIEFERKETTE VON KMU

IN DER TECHNISCHEN INDUSTRIE

HERAUSFORDERUNGEN UND POTENTIALE AM FALLBEISPIEL THIEN EDRIVES

Masterarbeit

eingereicht an der

IMC Fachhochschule Krems

Fachhochschul-Masterstudiengang

Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement

von

Theresia TSCHOL-ALSANTALI

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts in Business (MA)

Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

Eingereicht am: 01.10.2015

Page 2: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

II

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig

verfasst und in der Bearbeitung und Abfassung keine anderen als die

angegebenen Quellen oder Hilfsmittel benutzt sowie wörtliche und sinngemäße

Zitate als solche gekennzeichnet habe. Die vorliegende Masterarbeit wurde noch

nicht anderweitig für Prüfungszwecke vorgelegt.

Lustenau, 01.10.2015 Mag.a Theresia Tschol-Alsantali

Page 3: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

III

Danksagungen

Ohne die Unterstützung zahlreicher Menschen hätte die vorliegende Arbeit nicht

realisiert werden können.

Ich danke den Lehrenden, insbesondere Studiengangsleiter DI Roman H. Mesicek

und meinen KollegInnen unseres Jahrgangs an der IMC FH Krems für die

spannenden Inhalte, regen Diskussionen und schönen Momente auch abseits des

Studiums. Mein Dank gilt im Besonderen Dr. Ferdinand Koch, MSc für seine

wertvollen Inputs im Rahmen der Betreuung dieser Masterarbeit.

Für die kooperative und angenehme Zusammenarbeit danke ich der Firma THIEN

eDrives, die mir äußerst wertvolle Einblicke in ihr Unternehmen gewährte. Bei

allen acht GesprächspartnerInnen bedanke ich mich für ihre Offenheit und

Bereitschaft, mich an ihren Erfahrungen und Sichtweisen teilhaben zu lassen.

Darüber hinaus bin ich meinen Arbeitgebern respACT und Rhomberg Bau zu

Dank verpflichtet, die mich und meine Weiterbildungsambitionen stets gefördert

haben. Die Unterstützung meiner Familie und von Freundinnen und Freunden hat

ebenfalls wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.

Der größte Dank gilt meinem Mann Jamal, der mir zu jeder Zeit den nötigen

Rückhalt gegeben hat und mir mit seinem Humor und seiner liebevollen Motivation

in allen Phasen des Studiums und der Masterarbeit unermüdlich zur Seite stand.

Page 4: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

IV

Abstract

Die vorliegende Masterarbeit untersucht Herausforderungen und Potentiale in der

Umsetzung der drei Nachhaltigkeitsdimensionen (sozial, ökologisch, ökonomisch)

in der Lieferkette von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) der technischen

Industrie. Neben intrinsischen Beweggründen wie dem Bekenntnis zur Region

sind Kundenanforderungen und Gesetze wesentliche Treiber. Die Marktnachfrage

nach sozial- und umweltverträglichen Produkten und Prozessen ist aufgrund der

Lage der KMU in der Mitte der Wertschöpfungskette – einige Schritte vom

Endkunden entfernt – gering. Der ökonomische Mehrwert muss also anderweitig

vorliegen, damit Maßnahmen umgesetzt werden. Eine bedeutende Strategie ist

die regionale Beschaffung und damit einhergehende langfristige, auf Vertrauen

und persönlichem Kontakt basierende Kooperationen mit Lieferanten. Potentiale

bestehen insbesondere in der proaktiven Haltung gegenüber

Nachhaltigkeitsthemen und dem Austausch darüber in unterschiedlichen Foren.

Keywords: Nachhaltiges Lieferkettenmanagement in KMU, Corporate Social

Responsibility (CSR) in der Lieferkette, nachhaltige Beschaffung

This master thesis looks at the challenges and potentials with regards to Supply

Chain Sustainability in small and medium enterprises (SME) in the technology

sector. An important intrinsic motive for SMEs to engage in CSR (Corporate Social

Responsibility) in the supply chain is the commitment to the region in which they

are based. Main drivers are customer requirements and legislation. The closer the

SME’s position in the supply chain to the end customer, the stronger the external

demand for sustainable practices. Economic benefits were identified as a

precondition for SMEs to invest in CSR measures by choice. Regional

procurement is an important strategy that entails long-term relationships with

suppliers based on trust and face-to-face communication. Significant potentials

exist concerning the proactive commitment to sustainability and the engagement in

supply chain sustainability issues within various forums.

Keywords: SME Supply Chain Sustainability, Corporate Social Responsibility in

the Supply Chain, sustainable procurement

Page 5: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

V

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ............................................................................................................. 1

1.1 Forschungsinteresse ..................................................................................... 1

1.2 Forschungsfeld und Forschungsfragen ......................................................... 3

1.3 Methodik ........................................................................................................ 7

1.3.1 Grounded Theory .................................................................................... 8

1.3.1.1 Datenerhebung ................................................................................. 8

1.3.1.2 Datenauswertung ........................................................................... 12

1.4 Theoretischer Rahmen: Unternehmensverantwortung ................................ 15

1.4.1 Die ökonomische Perspektive ............................................................... 15

1.4.1.1 Maximierung des Shareholder Value .............................................. 15

1.4.1.2 Strategien zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen ...................... 16

1.4.2 Die politische Perspektive ..................................................................... 17

1.4.2.1 Corporate Citizenship ..................................................................... 17

1.4.2.2 KMU als Corporate Citizens ........................................................... 18

1.4.3 Integrative Theorien .............................................................................. 18

1.4.3.1 Stakeholder Management .............................................................. 18

1.4.3.1.1 Lieferanten als Stakeholder ..................................................... 19

1.4.3.2 Corporate Social Performance ....................................................... 20

1.4.4 Die ethische Perspektive ....................................................................... 21

1.4.4.1 Normative Stakeholder-Theorie ...................................................... 21

1.4.4.2 Universelle Rechte ......................................................................... 22

1.4.4.3 Nachhaltige Entwicklung ................................................................ 22

1.4.4.4 Gemeinwohl-Ansätze ..................................................................... 23

1.4.5 Der Business Case von CSR ................................................................ 23

Page 6: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

VI

1.4.5.1 Ethische Reflexion .......................................................................... 24

2 Beschreibung des Fallbeispiels: Das Unternehmen THIEN eDrives .................. 26

2.1 Wirtschaftliches Umfeld ............................................................................... 26

2.2 Unternehmen und Produkte ......................................................................... 27

2.3 Beschaffung und Lieferantenmanagement .................................................. 28

2.4 Exkurs: Qualitätsmanagementsysteme ....................................................... 29

2.5 Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte ........................................................... 30

3 Ergebnisse ......................................................................................................... 32

3.1 Definitionen und Begriffsabgrenzungen ....................................................... 32

3.1.1 Lieferkette ............................................................................................. 32

3.1.2 Wertschöpfungskette ............................................................................ 33

3.1.3 Klein- und Mittelunternehmen ............................................................... 34

3.1.4 Technische Industrie, Technologiesektor .............................................. 34

3.1.5 Supply Chain Management ................................................................... 34

3.1.6 Corporate Social Responsibility ............................................................ 35

3.1.7 Nachhaltige Lieferketten ....................................................................... 35

3.2 Lieferketten-Management in KMU im Technologiesektor ............................ 39

3.2.1 Beitrag zum wirtschaftlichen Unternehmenserfolg ................................ 39

3.2.2 Sektorspezifische Herausforderungen aus Unternehmenssicht ............ 40

3.2.3 In der Praxis angewendete Instrumente ................................................ 42

3.2.3.1 Lieferantenbeziehungen ................................................................. 44

3.2.3.2 Lieferantenauswahl und –bewertung .............................................. 45

3.2.3.3 Lieferantenentwicklung ................................................................... 46

3.2.3.4 Lieferantenzahl und Beschaffungsregion ....................................... 46

3.2.3.5 Qualitätssicherung .......................................................................... 47

Page 7: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

VII

3.3 Soziale und ökologische Auswirkungen der Lieferketten der technischen

Industrie ............................................................................................................. 48

3.3.1 Rohstoffextraktion ................................................................................. 49

3.3.2 Produktion und Transport ...................................................................... 55

3.3.3 Nutzungsphase ..................................................................................... 57

3.3.4 Entsorgung und Wiederverwertung ....................................................... 58

3.4 Nachhaltigkeit in der Lieferkette von KMU ................................................... 60

3.4.1 Motivation .............................................................................................. 60

3.4.1.1 Ökonomische Gründe ..................................................................... 60

3.4.1.1.1 Von Effizienz hin zu Effektivität ................................................ 63

3.4.1.2 Ethische und moralische Prinzipien ................................................ 64

3.4.2 Treiber ................................................................................................... 66

3.4.2.1 Gesetzliche Anforderungen ............................................................ 66

3.4.2.2 Kundenanforderungen .................................................................... 68

3.4.2.2.1 Zur Wirksamkeit von Lieferantenkodizes ................................. 70

3.4.2.3 Druck von Stakeholdergruppen ...................................................... 74

3.4.3 Barrieren ............................................................................................... 75

3.4.3.1 Eingeschränkter Handlungsspielraum ............................................ 75

3.4.3.2 Fehlende Marktnachfrage ............................................................... 76

3.4.3.3 Hoher gesetzlicher Standard .......................................................... 76

3.4.3.4 Fehlende finanzielle und personelle Ressourcen ........................... 77

3.4.3.5 Erhöhtes Risiko .............................................................................. 77

3.4.4 Strategien .............................................................................................. 78

3.4.4.1 Handlungsfeld Umwelt .................................................................... 79

3.4.4.1.1 Energieeffizienz ....................................................................... 79

3.4.4.1.2 Materialien ............................................................................... 79

Page 8: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

VIII

3.4.4.1.3 Rohstoffknappheit .................................................................... 80

3.4.4.1.4 Regionalität .............................................................................. 81

3.4.4.2 Handlungsfeld Gesellschaft ............................................................ 82

3.4.4.2.1 Regionalität .............................................................................. 82

3.4.4.2.2 Langfristige kooperative Lieferantenbeziehungen .................... 87

3.4.4.3 Transparenz ................................................................................... 89

3.4.5 Fachliche Unterstützung ....................................................................... 93

4 Resümee ............................................................................................................ 95

5 Potentiale für KMU ............................................................................................. 98

6 Ausblick ............................................................................................................ 100

7 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 101

8 Anhang I: Handlungsempfehlungen für THIEN eDrives ................................... 113

9 Anhang II: Interview-Leitfaden.......................................................................... 114

Page 9: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

IX

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: CSR-Handlungsfelder mit Querschnittsthemen .................................. 4

Abbildung 2: Liste der durchgeführten ExpertInneninterviews .............................. 10

Abbildung 3: Datenbasis der Masterarbeit ............................................................ 12

Abbildung 4: Beispiele für axiales Kodieren aus der vorliegenden Arbeit ............. 13

Abbildung 5: Beispiel für die Erarbeitung einer zentralen Kategorie ..................... 14

Abbildung 6: Carroll’s Pyramide der CSR ............................................................. 20

Abbildung 7: Produktspektrum der Firma THIEN eDrives ..................................... 28

Abbildung 8: Komponenten eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements .......... 38

Abbildung 9: Material- und Energieinput im Lebenszyklus technischer Produkte . 48

Abbildung 10: Soziale und ökologische Auswirkungen im Produktlebenszyklus ... 49

Abbildung 11: Die globale Ressourcenentnahme in Milliarden Tonnen, 1900-2000

.............................................................................................................................. 50

Abbildung 12: Politische Stabilität der Produzentenländer im Bergbau ................. 52

Abbildung 13: Ökologischer Rucksack einzelner Metalle ...................................... 54

Abbildung 14: Input-Output Analyse des Leiterplattenherstellers Infineon ............ 56

Abbildung 15: CO2-Emissionen und radioaktiver Abfall einzelner Energieträger .. 58

Abbildung 16: Der Business Case für nachhaltige Lieferketten ............................ 60

Abbildung 17: Auszüge aus Unternehmens-Websites .......................................... 65

Abbildung 18: Weitergabe von Produkt- und Prozessanforderungen in der

Lieferkette ............................................................................................................. 69

Abbildung 19: Inhalt des Code of Conduct für Lieferanten von Siemens .............. 72

Abbildung 20: Electronic Industry Citizenship Coalition ........................................ 73

Abbildung 21: Das Schweizer Fertigungsnetzwerk „TwoInOne“ ........................... 88

Abbildung 22: Anteil der entstehenden externen Kosten des Naturkapitals in der

Supply Chain ......................................................................................................... 90

Abbildung 23: Die Lieferkette einer Computermaus .............................................. 91

Page 10: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

X

Abkürzungsverzeichnis

B2B Business to business

B2C Business to customer

BDI Bundesverband der deutschen Industrie

BHR-RC Business and Human Rights Resource Centre

BMUB Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

BMWFJ Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

CC Corporate Citizenship

CSCP Collaborating Centre on Sustainable Production and Consumption

CSP Corporate Social Performance

CSR Corporate Social Responsibility

CSV Corporate Shared Value

EICC Electronic Industry Citizenship Coalition

EU Europäische Union

ILO International Labor Organization

ISO International Organization for Standardization

KMU Klein- und Mittelunternehmen

NGO Non-governmental organisation (Nichtregierungsorganisation)

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

RoHS Restriction of Hazardous Substances

SCM Supply Chain Management

UL Underwriters Laboratories

UNEP United Nations Environment Programme

UNGC United Nations Global Compact

WBCSD World Business Council for Sustainable Development

WCED UN World Commission on Environment and Development

WKO Wirtschaftskammer Österreich

WKV Wirtschaftskammer Vorarlberg

Page 11: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

1

1 Einleitung

1.1 Forschungsinteresse

Bereits in den 1980er Jahren wies die World Commission on Environment and

Development in ihrem Bericht „Our common future“ auf die hohen ökologischen

Kosten der vorherrschenden Art zu wirtschaften hin (WCED, 1987). Auch wenn

seither in einzelnen Gebieten Verbesserungen erreicht wurden, wie die Zunahme

erneuerbarer Energie, werden „unnachhaltige“ Trends unvermindert weitergeführt.

Der massive mit dem Wirtschaftswachstum einher gehende Ressourcen- und

Energieverbrauch (verursacht durch lediglich 20 Prozent der Weltbevölkerung) ist

trotz Effizienzsteigerungen absolut gesehen weiter steigend – mit gravierenden

Auswirkungen (Drexhage & Murphy, 2012). Die ökologischen Belastungsgrenzen

unseres Planeten sind in einigen Bereichen wie dem Klimawandel, dem

Biodiversitätsverlust und der Landnutzung bereits überschritten – und damit

irreversible und plötzliche lebensbedrohliche Umweltveränderungen immer

wahrscheinlicher (Rockström et al., 2009, S. 472).

Seit einigen Jahren setzen sich neben Politik und Zivilgesellschaft auch

Unternehmen verstärkt mit der Frage auseinander, wie eine nachhaltige Art zu

wirtschaften aussehen kann. In Foren wie dem World Business Council for

Sustainable Development erarbeiten (vornehmlich multinationale) Unternehmen

Visionen und Handlungsempfehlungen für eine Wirtschaft, die innerhalb der

ökologischen Grenzen operiert (Drexhage et al, 2009; WBCSD, 2015). Auf

betrieblicher Ebene werden diese Initiativen im Rahmen von Corporate Social

Responsibility (CSR)-Strategien umgesetzt (Schneider, 2015a, S. 21). Galt zu

Beginn der Diskussionen CSR vor allem als Kostentreiber, so setzt sich immer

mehr die Ansicht durch, dass nachhaltiges Wirtschaften für die Zukunftsfähigkeit

eines Unternehmens unabdingbar ist (Ebner & Goiser, 2015, S. 571 ff;

Schmidpeter, 2014, S. XI).

Page 12: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

2

Lange Zeit beschränkte sich die CSR-Forschung auf Groß- bzw. multinationale

Unternehmen, die als Reaktion auf den zunehmenden Druck von KonsumentInnen

CSR-Strategien aufzusetzen begannen. Nicht zuletzt da Klein- und

Mittelunternehmen (KMU) über 99 Prozent der europäischen Unternehmen

ausmachen und zwei von drei Arbeitskräften in KMU beschäftigt sind - dies gilt

auch für Österreich - ist es jedoch wesentlich, die Perspektiven und

Herangehensweisen der kleineren Unternehmen nicht außen vor zu lassen

(Ciliberti, Pontrandolfo, & Scozzi, 2008, S. 1579; WKO, 2015). Neben ihrer Rolle

als „Rückgrat“ der Wirtschaft ist auch ihr ökologischer Fußabdruck bedeutend: Ca.

65 Prozent der Umweltauswirkungen aller Unternehmen in der EU entfallen auf

KMU (Planet S.A. & Danish Technological Institute, 2010, S. vii).

Aus der beruflichen Erfahrung der Verfasserin im Bereich Corporate Social

Responsibility in der Entwicklungszusammenarbeit sowie bei einer

österreichischen Unternehmensplattform für nachhaltige Entwicklung entstand ein

spezielles Interesse für Nachhaltigkeitsaspekte in globalen Lieferketten. Wird

dieser Aspekt kombiniert mit der starken internationalen Ausrichtung

österreichischer KMU, ergeben sich interessante Fragestellungen, die unter Punkt

1.2 angeführt sind.

Die technische Industrie ist aus mehreren Gründen ein spannendes

Forschungsgebiet: Erstens aufgrund der Materialintensität und der Arten der

verarbeiteten Materialien. Der Abbau kritischer Rohstoffe in politisch instabilen

Weltregionen geht häufig mit Menschenrechtsverletzungen einher (Business and

Human Rights Resource Centre, 2015a; Europäische Kommission, 2013).

Zweitens zeichnet sich die österreichische Wirtschaft durch eine Vielzahl an

„hidden champions“ aus, Unternehmen, die aufgrund ihrer Innovationskraft in

speziellen technologischen Nischen zu den Weltmarktführern zählen

(Außenwirtschaft Austria, 2015). Drittens punktet der mitteleuropäische

Technologiesektor mit Produkten, die höchsten Qualitäts- und (Energie-)

Effizienzstandards entsprechen und damit positive Umweltauswirkungen in der

Nutzungsphase generieren (BMUB, 2014; Europäische Kommission, 2012).

Page 13: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

3

Das Unternehmen THIEN eDrives, das in der Fertigung von Elektromotoren und –

antriebssystemen sowie Umrichtern tätig ist, dient in der vorliegenden Arbeit als

Fallbeispiel, an dem die Herausforderungen und Chancen hinsichtlich

„nachhaltiger“ Lieferketten im Technologie- und gleichzeitig B2B (Business-to-

business)-Bereich erörtert werden.

1.2 Forschungsfeld und Forschungsfragen

Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Forschungsfeld des

Nachhaltigkeitsmanagements. Dabei steht im Fokus, inwieweit kleine und

mittelgroße Unternehmen Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Lieferkette integrieren

(können).

Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung erhielt insbesondere ab 1987 im Zuge

des Berichts der UN World Commission on Environment and Development

(„Brundtland-Kommission“ genannt nach der Vorsitzenden, der damaligen

norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland) weltweit Anerkennung.

Aus ökonomischer Sicht bedeutet Nachhaltigkeit, in einer Art und Weise zu

wirtschaften, in der natürliche Ressourcen nur in dem Maß genutzt werden, wie

sie sich wieder regenerieren können (vgl. D’heur, 2014, S. 2).

„Many present efforts to guard and maintain human progress […] may show profit on the balance sheets of our generation, but our children will inherit the losses. We borrow environmental capital from future generations with no intention or prospect of repaying“1

Seit den 1990er Jahren findet Nachhaltigkeit zunehmend Eingang in die

Management-Literatur, zunächst mit stark ökologischem Schwerpunkt (Linton,

Klassen & Jayaraman, 2007, S. 1076). Mit der Aufdeckung gravierender

Verletzungen von Arbeitsstandards bei Zulieferern bekannter Marken v.a. im

Textilsektor stieg das Bewusstsein der KonsumentInnen auch für die sozialen

Kosten der globalen Arbeitsteilung (Hindle, 2009).

1 World Commission on Environment and Development, 1987, S. 16

Page 14: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

4

Das Modell der Corporate Social Responsibility (CSR), welches die ökonomische,

ökologische und soziale Dimension von Nachhaltigkeit gleichermaßen adressiert,

stellt den Beitrag von Unternehmen zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung dar

(Schneider, 2015a, S. 21ff). Die Berücksichtigung der drei

Nachhaltigkeitsdimensionen endet dabei keineswegs an den Werkstoren. Wie die

Europäische Kommission in ihrer CSR-Definition feststellt, welche die in Abbildung

1 dargestellten Themenfelder abdeckt: „The promotion of social and environmental

responsibility through the supply chain and the disclosure of non-financial

information, are recognised as important cross-cutting issues“ (Europäische

Kommission, 2011, S. 7).

Abbildung 1: CSR-Handlungsfelder mit Querschnittsthemen (eigene Grafik auf Basis der CSR-Definition der Europäischen Kommission, 2011)

Page 15: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

5

Mit der Erkenntnis, dass die bedeutendsten und gravierendsten Auswirkungen

hinsichtlich Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung nicht in Europa

oder den USA, sondern in den Lieferketten der in den Industriestaaten ansässigen

Unternehmen (und KonsumentInnen) zu finden sind, haben neben der EU auch

andere internationale Institutionen den Geltungsbereich ihrer

Handlungsempfehlungen auf die Lieferkette ausgeweitet. Dies ist beispielsweise

an den OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen ersichtlich (OECD, 2011,

S. 15ff). „Companies are finding supply chains hold the key to unlocking reduced

environmental impacts, energy conservation, community connectedness, and

improvements in performance that have been overlooked […]“ (Sroufe & Melnyk,

2013, S. 6). Das österreichische CSR-Leitbild „Erfolg mit Verantwortung“ empfiehlt

Unternehmen im Kontext ihrer Wertschöpfungskette a) Sozial- und

Umweltkriterien bei Beschaffungsentscheidungen zu berücksichtigen und die

wichtigsten Lieferanten einer regelmäßigen Beurteilung nach diesen Kriterien zu

unterziehen; b) verbindliche Verhaltenskodizes zu entwickeln und deren

Einhaltung bei GeschäftspartnerInnen und Lieferanten einzufordern; c) bei

Finanzierungen, Veranlagungen und Investitionen auf Sozial- und Umweltaspekte

zu achten und c) sich gegebenenfalls um die Aufnahme in Umwelt- und Ethikfonds

zu bemühen (respACT, 2010).

Die Komplexität der Umsetzung von CSR in der Lieferkette ist unumstritten (vgl.

Global Compact, 2013; Europäische Kommission, 2011). Es wird jedoch betont,

dass mit der Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung ökonomische

Vorteile wie Risikominimierung, Ressourceneffizienz, Rechtssicherheit oder

verbesserte Reputation einhergehen (Craig & Rogers, 2008, S. 365f). Wie

eingangs erwähnt, sind es insbesondere Großunternehmen, die mit strategischer

Herangehensweise auf den zunehmenden Druck, der von unterschiedlichen

Stakeholdern ausgeübt wird, reagieren und ihre Nachhaltigkeitsziele auf die

Lieferkette ausweiten. Nicht zuletzt deshalb fokussierte die Literatur zu CSR und

nachhaltigem Lieferkettenmanagement lange Zeit vorwiegend multinationale

Unternehmen. Darüber, wie Klein- und Mittelunternehmen auf die neuen

Anforderungen reagieren, ist vergleichsweise wenig bekannt. Die vorhandenen

Page 16: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

6

Studien in diesem Zusammenhang analysieren KMU üblicherweise als Zulieferer

großer Unternehmen und nicht als aktive Akteure, die selbst als Einkäufer

auftreten (Pedersen, 2009, S. 1; Ciliberti, Pontrandolfo, & Scozzi, 2008, S. 1579f).

Vor diesem Hintergrund wurde die primäre Forschungsfrage wie folgt formuliert:

Welche Strategien können österreichische KMU anwenden, um ihre

Lieferkette nachhaltig(er) zu gestalten?

Dabei stellen sich folgende Sub-Forschungsfragen:

Was motiviert KMU, Maßnahmen zu einer ökologisch und sozial

verträglichen Beschaffung umzusetzen und welche Rolle spielen dabei die

Anforderungen von Kunden2 (Großunternehmen)?

Wie kann CSR in der Lieferkette zur Erreichung der Geschäftsziele

beitragen?

Wie kann insbesondere die Zusammenarbeit mit Lieferanten im Sinne der

Berücksichtigung ökologischer und sozialer Auswirkungen optimiert

werden?

In diesem Kontext ist auch interessant, in welcher Form und von wem KMU

fachliche Unterstützung bei der Umsetzung von CSR in der Lieferkette erhalten.

Das Unternehmen THIEN eDrives, welches als Fallbeispiel dient, ist in der

Elektroindustrie tätig. Deshalb war naheliegend, den Fokus der Masterarbeit auf

das Produzierende Gewerbe zu legen. Dies macht auch in Hinblick auf die

sektorspezifischen Herausforderungen Sinn.

Im ersten Teil der Arbeit werden die Methodik sowie der theoretische Rahmen

erläutert. Danach folgt eine Beschreibung des untersuchten Unternehmens. Im

Abschnitt „Ergebnisse“ machen die Definitionen den Anfang; gefolgt von einem

Abriss der sozialen und ökologischen Auswirkungen in den Lieferketten der

technischen Industrie. Daraufhin wird auf das gegenwärtige Lieferketten-

2 Wo die Begriffe „Kunde“, „Partner“ u.ä. ohne Binnen-I angeführt sind, sind im Rahmen der

gesamten Arbeit nicht Einzelpersonen, sondern Unternehmen bzw. Institutionen gemeint.

Page 17: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

7

Management der KMU eingegangen und dies im zweiten Schritt mit der

Nachhaltigkeitsdimension verknüpft. Von diesen Erkenntnissen werden im

Schlussteil Potentiale und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

1.3 Methodik

Soziale und/oder ökologische Aspekte in der Lieferkette wurden in den letzten

Jahren im Rahmen der CSR-Forschung vorwiegend aus der Perspektive von

großen bzw. multinationalen Unternehmen behandelt. Zur Frage, wie KMU auf die

zunehmenden Anforderungen reagieren bzw. wie sie das Thema in der Praxis

umsetzen, wurde bisher wenig geforscht (Knudsen, 2011; Pedersen, 2009;

Ciliberti, 2008). Dies ist der Hauptgrund, warum die Wahl auf qualitative

Forschungsmethoden fiel. Ein wesentliches Prinzip dieses Forschungszugangs ist

seine Offenheit: Anstatt auf standardisierte Erhebungsinstrumente und vorab

formulierte Hypothesen (wie sie in der quantitativen Forschung Anwendung

finden) zurückzugreifen, wird das Forschungsfeld ohne Vorannahmen betreten

und Raum für im Forschungsprozess auftretende neue Entwicklungen und

Dimensionen geboten (Lamnek, 1995, S.22). Die Kommunikation zwischen

Forscher und Beforschtem ist dabei ein inhärenter Bestandteil des

Forschungsprozesses. Primär von Interesse ist die Identifikation von Deutungs-

und Handlungsmustern, die eine gewisse kollektive Verbindlichkeit besitzen. Die

konstruierte (soziale) Wirklichkeit zu dokumentieren, analytisch zu rekonstruieren

und nachvollziehbar zu erklären, ist das zentrale Anliegen (ebd, S. 24). Die

qualitative Sozialforschung entwickelte sich mit dem Beginn der

sozialwissenschaftlichen Forschung in den 1930er Jahren in den USA. Sie ist

mittlerweile neben vielen anderen Disziplinen auch in den

Wirtschaftswissenschaften und der Managementlehre fest etabliert (Goulding,

2002, S. 9; Lamnek, 1995, S. 30f).

Page 18: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

8

1.3.1 Grounded Theory

Beim Forschungsstil „Grounded Theory“ handelt es sich um eine systematische,

theoriegenerierende Vorgehensweise im Umgang mit empirischen Daten

(Strübing, 2013, S. 110). Er wurde in den 1960er Jahren von Barney Glaser und

Anselm Strauss als Gegenentwurf zu den damals vorherrschenden

strukturfunktionalistischen Ansätzen und einer weitgehend unhinterfragten

Quantifizierung in der empirischen Sozialforschung entwickelt. Ein wesentliches

Prinzip besteht darin, dass Datengewinnung, Datenanalyse und Theoriebildung

parallel betrieben werden. Dies bedeutet, dass systematisch Material ausgewählt

und im Wechselspiel dazu nach Zusammenhängen und neuen Perspektiven

gesucht wird (ebd, S. 113). Geleitet von der Forschungsfrage werden die im

Untersuchungsmaterial vorkommenden Phänomene einem ständigen Vergleichen

unterzogen, was die Grundlage für die Theoriebildung darstellt (ebd, S. 115).

Ergänzend zu den empirischen Daten fand ein eingehendes Literaturstudium statt,

welches parallel zur Erhebung und Analyse der empirischen Daten umgesetzt

wurde.

1.3.1.1 Datenerhebung

Für die Forschungsarbeit wurde folgende Information verfasst, die die

InterviewpartnerInnen vorab erhielten:

Die Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Aspekten in globalen Wertschöpfungsketten gewinnt stetig an Bedeutung. Großunternehmen stellen beispielsweise immer öfter diesbezügliche Anforderungen an ihre Lieferanten.

Thema der Masterarbeit sind Lösungsansätze für kleine und mittelständische österreichische Unternehmen im Technologiesektor, ihre Lieferketten nachhaltiger zu gestalten. Damit in Zusammenhang stehen die Herausforderungen und Barrieren, die einer stärkeren Beachtung sozialer und ökologischer Auswirkungen im Weg stehen. Auch die Motivation vieler KMU, Maßnahmen in Richtung nachhaltiger Beschaffung zu setzen, wird beleuchtet.

Page 19: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

9

Die Masterarbeit wird in Kooperation mit dem Vorarlberger Unternehmen THIEN eDrives verfasst, welches sich auf die Entwicklung und Herstellung von Elektromotoren spezialisiert hat. Die Arbeit soll Wege aufzeigen, wie KMU im Technologiesektor trotz gewisser Herausforderungen Maßnahmen in Richtung nachhaltigerer Lieferketten setzen können, die auch das Kerngeschäft des Unternehmens unterstützen.

Es wurde stets darüber informiert, dass die Ergebnisse anonymisiert ausgewertet

werden. Grundsätzlich herrschte jedoch eine sehr große Offenheit und

Auskunftsbereitschaft unter den InterviewpartnerInnen.

Die Befragung erfolgte mittels semi-struktureller Einzelinterviews. Dabei wurde die

Forscherin durch einen Leitfaden, der auf den Forschungsfragen basierte,

unterstützt. Dieser diente als roter Faden; die Reihenfolge der gestellten Fragen

richtete sich nach dem Gesprächsverlauf. Neue Erkenntnisse wurden im Laufe der

Befragungen wieder in den Leitfaden integriert.

Was die Fall- und Datenauswahl betrifft, so schlägt die Grounded Theory vor, das

Sampling sukzessive im Projektverlauf durchzuführen und die Auswahlkriterien

aus der entstehenden Theorie zu beziehen (theoretical sampling) (Strübing, 2013,

S. 117). Strikt angewendet, setzt diese Vorgangsweise jedoch eine sehr hohe

Flexibilität und den Zugang zu jeglichem Datenmaterial voraus und ist in der

Praxis auch aus zeitlichen Gründen oftmals nicht durchführbar (vgl. Strübing,

2013, S. 117; Strauss & Corbin, 1996, S. 150). Im Rahmen der vorliegenden

Arbeit wurden die InterviewpartnerInnen nach ihrer Relevanz für die Beantwortung

der Forschungsfragen ausgewählt. Abgesehen davon handelt es sich um ein

eingeschränktes Forschungsfeld, d.h. eine ohnehin kleine Anzahl an infrage

kommenden Personen. Zeitliche Limitationen waren ebenfalls ein Grund für die

Vorauswahl.

Die Masterarbeit bearbeitet das Thema „Nachhaltigkeit in Lieferketten der

Technologiebranche“ anhand eines konkretes Fallbeispiels – der Firma THIEN

eDrives. Es wurden einerseits drei Verantwortliche aus verschiedenen Abteilungen

des Unternehmens befragt, um eine differenzierte Einschätzung zu Sichtweisen

Page 20: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

10

und Handlungsmustern im Betrieb zu erhalten. Darüber hinaus fand eine

Befragung von Geschäftsführern vier strategisch bedeutsamer Lieferanten des

Unternehmens statt, die gemeinsam mit dem Leiter des Einkaufs ausgewählt

wurden. Zusätzlich wurde ein Interview mit dem regionalen Vertriebsleiter eines

großen Händlers für Elektronikkomponenten geführt, der seine Erfahrungen

insbesondere auch aus dem gesamtösterreichischen Kontext einbrachte. Bei der

Auswahl der Lieferanten wurde darauf geachtet, Zulieferer mit möglichst

unterschiedlichen Eigenschaften hinsichtlich Lieferumfang, Produkten und

Unternehmensgröße (innerhalb der KMU-Definition) auszuwählen. Im Sinne der

analytischen Induktion sind abweichende Fälle besonders interessant, da sie nicht

die Regel bestätigen, sondern nach einer Überprüfung verlangen. Auf diese Weise

wird die Theorie immer weiter angereichert (Lamnek, 1995, S. 194).

Die Gesprächsinhalte folgender chronologisch geordneter, zum Teil

anonymisierter Interviews flossen in die vorliegende Masterarbeit ein:

Abbildung 2: Liste der durchgeführten ExpertInneninterviews

Interview 1

Interviewpartner und Position

Leiter Einkauf und Logistik (Head of Procurement and Logistics), THIEN eDrives

Ort und Datum 22.10.2014, 09:00 Uhr, Firma THIEN eDrives, 6890 Lustenau

Interview 2

Interviewpartner und Position

Leiter Qualitätsmanagement (Head of Quality Management), THIEN eDrives

Ort und Datum 22.10.2014, 10:00 Uhr, Firma THIEN eDrives, 6890 Lustenau

Interview 3

Interviewpartner und Position

Leiterin Motorenentwicklung (Head of R&D - Motors), THIEN eDrives

Ort und Datum 9.12.2014, 13:30 Uhr, Firma THIEN eDrives, 6890 Lustenau

Interview 4

Interviewpartner und Position

Geschäftsführer, Lieferant A

Ort und Datum 9.12.2014, 10:30 Uhr, Firma A, Bezirk Feldkirch, Vorarlberg

Hintergrund- informationen

Firma A hat 24 MitarbeiterInnen und ist in der Kunststofftechnik tätig. Es werden Spritzgussteile von der Entwicklung und Produktion bis hin zu kompletten Systemen realisiert. Für THIEN eDrives stellt Firma A individuelle Kunststoffkomponenten her.

Page 21: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

11

Interview 5

Interviewpartner und Position

Geschäftsführer, Lieferant B

Ort und Datum 11.12.2014, 13:30 Uhr, per Telefon. Firma B ist im Bezirk Feldkirch in Vorarlberg angesiedelt.

Hintergrund- informationen

Die Firma hat 25 MitarbeiterInnen und ist in der Kabelkonfektion mit dem kompletten Assembling tätig. Es werden Sonderanfertigungen, Kleinserien oder Großmengen je nach Kundenanfrage angefertigt. Für THIEN eDrives stellt Firma B die unterschiedlichsten Kabel und Kabelsysteme her.

Interview 6

Interviewpartner und Position

Geschäftsführer, Lieferant C

Ort und Datum 11.12.2014, 10:00 Uhr, per Telefon. Firma C ist im Bezirk Feldkirch in Vorarlberg angesiedelt.

Hintergrund- informationen

Die Firma hat 12 MitarbeiterInnen und ist im Bereich Electronic Manufacturing Services (EMS) tätig. Das Portfolio reicht von der Materialbeschaffung, über die Leiterplattenbestückung, optische und elektrische Prüfung, bis hin zum internationalen Versand. Für THIEN eDrives übernimmt die Firma C vor allem das Bestücken von Leiterplatten.

Interview 7

Interviewpartner und Position

Projektleiter AVOR3 und Verkauf, Lieferant D

Ort und Datum 13.2.2015, 15:00 Uhr, Firma D, Schweizer Kanton Appenzell (Grenzgebiet zu Vorarlberg)

Hintergrund- informationen

Der Betrieb hat 40 MitarbeiterInnen und ist Spezialist in der spanabhebenden Metallbearbeitung für die Industriebereiche Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Flugzeugbau und Energietechnik. Die Firma fertigt Komponenten für Bohr- und Schneidgeräte, die von einem Endkunden von THIEN eDrives vertrieben werden, in Serienproduktion.

Interview 8

Interviewpartner und Position

Vertriebsleiter eines weltweit tätigen Distributionsunternehmens für elektronische Bauelemente

Ort und Datum 27.8.2015, 17:30 Uhr, Räumlichkeiten der Arbeitsstätte der Autorin, Bregenz

Hintergrund- informationen

Das Unternehmen ist ein global agierender Konzern, der auch KMU zu seinen Kunden zählt, darunter THIEN eDrives. Der Interviewpartner war u.a. 14 Jahre lang für den Vertrieb in Österreich verantwortlich und ist nun Regionalverkaufsleiter in Süddeutschland.

Zusätzlich zu den Interviews wurden die Websites der befragten Unternehmen in

Hinblick auf Aussagen zu nachhaltiger Unternehmensführung,

Lieferantenmanagement und Beschaffung analysiert. Diese Analyse erwies sich

3 Schweizer Abkürzung für „Arbeitsvorbereitung“, womit die Produktionsplanung und –steuerung

gemeint ist

Page 22: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

12

als wertvoll im Sinne der Triangulation, mit der die Heranziehung verschiedener

Arten von Datenmaterial gemeint ist. So lässt sich ein Forschungsgegenstand

ganzheitlicher erfassen (Lamnek, 1995, S. 250).

Abbildung 3 zeigt zusammenfassend die Datenbasis, auf der die Masterarbeit

aufgebaut ist.

Abbildung 3: Datenbasis der Masterarbeit

1.3.1.2 Datenauswertung

Die Interviews wurden vollständig transkribiert, um ein systematisches

Interpretieren und Analysieren, das in der Grounded Theory als „Kodieren“

bezeichnet wird, zu ermöglichen. Dies erfolgte in drei Schritten: Beim offenen

Kodieren geht es darum, den Text „aufzubrechen“, also Zeile für Zeile zu

analysieren und zu hinterfragen, was vom Interviewpartner thematisiert wird und

welche Passagen für die Forschungsfrage besonders relevant sind (Strübing,

2013, S.118). Das Ergebnis war eine Sammlung unterschiedlichster Codes (im

konkreten Fall rund 220). Beim darauffolgenden axialen Kodieren wurde dann

gezielter nach Bedingungen, Interaktionen, Strategien und Konsequenzen gefragt.

Aus losen, deskriptiven Konzepten entstanden so erklärende

Bedeutungsnetzwerke, die die sich herausbildenden Kategorien umfassender

erklären (ebd, S. 120). Dies ist beispielhaft in Abbildung 4 dargestellt.

Datenbasis der Masterarbeit

Literatur Interviews mit

Unternehmen und Lieferanten

Analyse der Websites der Unternehmen

Page 23: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

13

Abbildung 4: Beispiele für axiales Kodieren aus der vorliegenden Arbeit

Code Bedingungen Interaktion Strategien Konsequenzen

Trend hin zu Regionalität der Lieferanten

Grund ist u.a. die geringe Stückzahl die produziert wird

Geringe Distanz ermöglicht leichtere Kommunikation

Präferenz regionaler Lieferanten hat viele Vorteile wie kürzere Lieferzeit, Flexibilität

Die Vorteile in der Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten wiegen die potentiellen Preisvorteile asiatischer Zulieferer auf

Gebunden sein an Kunden-anforderungen

Kunden bestimmen Auswahl der Lieferanten & Komponenten (mit)

One-way Kommunikation der Anforderungen

Qualitätssicherungs-vereinbarungen geschlossen; überprüft durch Erfüllung gewisser Standards wie der RoHS Richtlinie

Weitergabe der Anforderungen eins zu eins an die eigenen Lieferanten

Im nächsten Schritt erfolgt mittels selektiven Kodierens die Erfassung der

Zusammenhänge der identifizierten Theorieansätze. Konzepte, die zum selben

Phänomen gehören, werden so gruppiert, dass sie Kategorien bilden. Kategorien

sind abstrakter als Konzepte, sie stehen auf einer höheren Ebene der

Allgemeinheit. Es werden die zentralen Konzepte identifiziert, die den größten

Erklärungswert hinsichtlich des untersuchten Phänomens haben. Ein Beispiel

dafür ist in Abbildung 5 zu sehen.

Aus den zentralen Konzepten entwickeln sich eine oder mehrere

Schlüsselkategorien – Theorien – die schlussendlich zur Beantwortung der

Forschungsfragen führen (ebd, S. 122f).

Page 24: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

14

Abbildung 5: Beispiel für die Erarbeitung einer zentralen Kategorie (eigene Grafik)

Regionale Lieferanten

bevorzugen

Wertschätzung der Kunden für regionale Beschaffung hängt davon ab ob B2C oder B2B

Annahme dass es in DACH Region keine groben Missachtungen im sozialen und ökologischen Bereich gibt

Hürden/negative Erfahrungen und Unsicherheit bei asiatischen Zulieferern – Probleme größer als Preisvorteil. Regionale Beschaffung als Risikominimierung (Sozial- und Umweltstandards, Qualität)

Vorteile regionaler Lieferanten: Schnellere Lieferzeit, schnelleres (Re-)agieren z.B. auf neue Bauteile, keine aufwendigen Audits nötig -> Vertrauen in Gesetze und Lieferanten

Bereitschaft einen höheren Einkaufspreis zu bezahlen

Persönliche Beziehung ist wichtiger Faktor – spart v.a. Zeit = Wettbewerbsfaktor. Je näher der Lieferant umso besser die Zusammenarbeit

Als Strategie – nicht vorgegeben!

Vertrauen ersetzt bis zu gewissem Grad die Kontrolle und damit Ausgaben die mit der Kontrolle zusammenhängen (zB teure Messgeräte)

Einkauf aus unmittelbarem Wirtschaftsraum fördert regionale Wertschöpfung - es wird über das eigene Unternehmen hinaus gedacht

Page 25: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

15

1.4 Theoretischer Rahmen: Unternehmensverantwortung

Im Folgenden wird der theoretische Rahmen der gesellschaftlichen Verantwortung

von Unternehmen umrissen. Dabei wird auf die im vorliegenden Kontext

relevanten Theorien näher eingegangen. Danach folgt eine kritische

Auseinandersetzung mit dem Business Case unternehmerischer Verantwortung.

Das Themenfeld, das gemeinhin als Corporate Social Responsibility bezeichnet

wird, umfasst eine breite Palette unterschiedlicher Zugänge. Garriga und Melé

(2004) unterteilen die Theorien zur gesellschaftlichen Verantwortung von

Unternehmen in vier Felder: 1) Die ökonomische Perspektive, die CSR-Aktivitäten

als Instrument zur Gewinnvermehrung sieht; 2) die politische Sicht, die Firmen

eine gesellschaftliche Macht zuspricht, welche mit einer entsprechenden

Verantwortung einher geht; 3) die soziologische Perspektive, die nach der

Integration gesellschaftlicher Bedürfnisse in die Unternehmensführung fragt und 4)

die ethische Sichtweise, die Wertevorstellungen in den Vordergrund rückt.

1.4.1 Die ökonomische Perspektive

1.4.1.1 Maximierung des Shareholder Value

Einen bekannten Vertreter dieses Ansatzes stellt M. Friedman dar, der bereits

1979 postulierte, dass der einzige Zweck eines Unternehmens darin bestehe,

Profite zu machen. Wo der freie Markt nicht in der Lage ist, soziale Probleme zu

lösen, sei es die Aufgabe des Staates, sich diesen zu widmen (Buchholtz &

Carroll, 2012, S. 40f). Das letztliche Ziel aller unternehmerischen Entscheidungen

– und seien es Investitionen in MitarbeiterInnen oder die lokale Gemeinde – ist die

Maximierung des Shareholder Value, also die Wertsteigerung für das

Unternehmen bzw. dessen Anteilseigner (shareholder). Die Berücksichtigung der

Interessen anderer Anspruchsgruppen (stakeholder) ist dabei nicht

ausgeschlossen – aber eben unter der Voraussetzung, dass diese (längerfristig)

ökonomischen Ziele zuträglich ist (Garriga et al, 2004, S. 53f).

Page 26: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

16

1.4.1.2 Strategien zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen

Diese Gruppierung von Theorien konzentriert sich auf die Allokation von

Ressourcen, um langfristig soziale Ziele zu erreichen und gleichzeitig

Wettbewerbsvorteile zu generieren. Unter die Kategorie fallen erstens Ansätze zu

sozialen Investitionen im Wettbewerbskontext. Als prominenteste Vertreter

argumentieren Porter und Kramer (2003), dass gerade Unternehmen großes

Potential hätten, soziale Probleme im Rahmen ihres Kerngeschäfts zu lösen und

gleichzeitig Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Als Beispiel nennen sie einen IT-

Konzern, der durch kostenlose IT-Kurse an Schulen einerseits die Schulen

befähigte, ihr Netzwerk selbst zu warten. Andererseits trat die Maßnahme dem

generellen Mangel an ausgebildeten IT-Administratoren entgegen, das die IT-

Branche Ende der 1980er Jahre vor große Herausforderungen stellte.

„Corporations can use their charitable efforts to improve the competitive context […] where they operate. Using philanthropy to enhance competitive context aligns social and economic goals and improves a company’s long-term business prospects“.4

Ein weiterer Ansatz, der auf Wettbewerbsfähigkeit abzielt, ist die

Ressourcentheorie. Sie sieht die Ausstattung und das Zusammenspiel von

menschlichen, organisatorischen und physischen Ressourcen eines

Unternehmens als zentralen Wettbewerbsfaktor an. Dabei werden die Ressourcen

keineswegs als statisch, sondern als dynamisch angesehen: Durch

organisatorische und strategische Routinen und die Modifikation, Integration und

Kombination dieser entstehen neue wertsteigernde Strategien. Die

Ressourcentheorie wurde erweitert um soziale und ethische Ressourcen, die die

Wettbewerbsfähigkeit fördern, und die Stakeholder-Perspektive, die auf die

wirtschaftliche Bedeutung von Stakeholder-Beziehungen hinweist (Garriga et al,

2004). Im Laufe der 1990er Jahre trat der Konnex zur externen Umwelt, also die

biophysischen Limitationen, stärker in den Fokus. Hart (1995) identifizierte im

Rahmen der Natural Resource-Based View of the Firm die Strategien Vermeidung

4 Porter & Kramer, 2003, S. 27

Page 27: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

17

von Umweltverschmutzung, Produktverantwortung und nachhaltige Entwicklung

als wesentlich für langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

1.4.2 Die politische Perspektive

In den 1960er Jahren war K. Davis einer der ersten, der die Macht von

Unternehmen in der Gesellschaft und die Auswirkungen dieser Macht als neues

Element in die CSR-Debatte einbrachte. Er hinterfragte die Annahmen aus der

klassischen Ökonomie, die die Rolle der Unternehmen auf reine

Wohlstandsvermehrung beschränkte. Seine Social Power Equation besagt, dass

das Ausmaß an gesellschaftlicher Macht, die ein Unternehmen besitzt, mit sozialer

Verantwortung im selben Maße einher geht (Garriga et al, 2004).

1.4.2.1 Corporate Citizenship

Ausgehend von der Betrachtung eines Unternehmens als BürgerIn (citizen)

gewann der Corporate Citizenship (CC)-Ansatz in den letzten Jahrzehnten

zunehmend an Bedeutung – nicht zuletzt aufgrund gesellschaftlicher

Entwicklungen wie der Globalisierung und Deregulierungsmaßnahmen, die eine

Machtverschiebung zugunsten globaler Konzerne mit sich brachten (Garriga et al,

2004, S. 57). Dabei gibt es unterschiedliche Definitionen: Die eingeschränktere

Sichtweise sieht CC als Unternehmensphilanthropie oder, etwas breiter gefasst,

als Äquivalent zu CSR. Die weiter gehende Perspektive besteht darin,

Unternehmen als neue Akteure in jener Situation zu sehen, in der Regierungen es

verabsäumen, Bürgerrechte zu gewährleisten (Matten et al, 2003). Generelle

Übereinstimmung gibt es darin, dass corporate citizens a) ein starkes Commitment

ihrer lokalen Umgebung gegenüber zeigen; b) Partnerschaften eingehen, die

einen Weg darstellen, dieses Commitment zu formalisieren, sowie c)

Umweltfragen berücksichtigen.

In den 1990er Jahren entwickelte sich auf dieser Basis, teils als Antwort weltweit

tätiger Unternehmen auf Anti-Globalisierungs-Proteste, eine Global Corporate

Page 28: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

18

Citizenship, welche die Verantwortung von (insbesondere multinationalen)

Unternehmen auf die globale Ebene überträgt (Garriga et al, 2004, S. 57).

1.4.2.2 KMU als Corporate Citizens

Das Konzept der CC wurde lange Zeit vornehmlich im Kontext von

Großunternehmen betrachtet. Dabei wird KMU generell, u.a. aufgrund ihrer

Verwurzelung in der Region, verantwortungsvolles Verhalten attestiert.

Forschungsergebnisse aus den letzten Jahren zeigen, dass die Idee der (Global)

Corporate Citizenship durchaus auch auf KMU angewendet werden kann. Die

Betriebe zeigen innovative Ansätze in der Umsetzung, wobei sich die

Herangehensweise von jener der Großunternehmen unterscheidet. Wichtige

Treiber für CC-Maßnahmen sind die Wertigkeit des Gemeinwohls sowie die

persönlichen Werte des Eigentümers bzw. der Eigentümerin (von Weltzien Hoivic

& Melé, 2009).

1.4.3 Integrative Theorien

Diese Gruppe von Theorien beschäftigt sich mit der Frage, wie Unternehmen

soziale Bedürfnisse berücksichtigen. Es wird davon ausgegangen, dass

erfolgreiches Wirtschaften von jener Legitimation abhängig ist, die die Gesellschaft

Unternehmen zuspricht. Diese Legitimation besteht nur, wenn Unternehmen

soziale Bedürfnisse in ihre Geschäftstätigkeit integrieren. Da die Bedürfnisse

variieren können, hängt der tatsächliche „Inhalt“ der Unternehmensverantwortung

von den jeweiligen gesellschaftlichen Gegebenheiten und Werten ab (Garriga et

al, 2004, S. 57).

1.4.3.1 Stakeholder Management

Der Ansatz des Stakeholder Management legt den Fokus auf jene

Anspruchsgruppen, die von der Unternehmenstätigkeit beeinflusst werden oder

diese beeinflussen. Als Antwort auf das Konzept des Shareholder Value, das in

Page 29: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

19

Zeiten eines sich rasant verändernden Wirtschaftsumfeldes als nicht mehr

zeitgemäß gilt (Freeman et al, 2007, S.79), formulierte R.E. Freeman 1984 die

Theorie des Stakeholder Management. Sie sieht vor, die Ansprüche der

unterschiedlichen Gruppen in unternehmerische Entscheidungen mit

einzubeziehen. Werte und Ethik sind dabei entscheidend. Das zentrale Bestreben

soll sein, eine möglichst große Übereinstimmung zwischen den Zielen und Werten

der Stakeholder und jenen des Unternehmens zu finden. Als zweites Prinzip sollen

Lösungen gefunden werden, die möglichst viele Anspruchsgruppen zugleich

zufrieden stellen (ebd, S. 60). Die Idee des Stakeholder Management wurde in

den letzten Jahren von zahlreichen, insbesondere großen Unternehmen (nicht

zuletzt aufgrund des Drucks von Anspruchsgruppen wie NGOs) in die Praxis

umgesetzt und hat sich im Rahmen von CSR-Strategien als „Best Practice“

etabliert (vgl. respACT, 2015).

1.4.3.1.1 Lieferanten als Stakeholder

Lange herrschte die Ansicht vor, Lieferanten seien reine Zulieferer und das

primäre Ziel der Interaktion mit ihnen, Preisdruck auszuüben – ganz im Sinne des

Shareholder Value. Indem Lieferanten gegeneinander ausgespielt wurden,

konnten die Preise auf das absolute Minimum gedrückt werden. Dies hat sich

geändert: Über IT-Systeme sind Kunden und Lieferanten verbunden und tauschen

sich aus, um Mehrwert für beide zu schaffen. Die gestiegene Bedeutung von

Zertifizierungen entlang der Lieferkette zeigt, dass Aspekte wie Qualität und

Umweltschutz Wettbewerbsfaktoren geworden sind. Fragen der Haftung und

Verantwortung enden nicht mehr am Verkaufsort. Die traditionelle

Wertschöpfungskette (value chain) hat sich in eine „Verantwortungskette“

(responsibility chain) verwandelt. Lieferanten werden heute als Partner angesehen

und Vertrauen ist ein wesentliches Element für die erfolgreiche Zusammenarbeit

(Freeman et al, 2007, S. 31f).

Page 30: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

20

1.4.3.2 Corporate Social Performance

Modelle rund um Corporate Social Performance (CSP) wurden entwickelt, um die

Debatte zur Unternehmensverantwortung praxisorientierter und greifbarer zu

gestalten. Dahinter steht die Überzeugung, dass die Absichtserklärung von

Unternehmen allein nichts über das tatsächliche verantwortungsvolle Handeln

aussagt, sondern vordergründig die Resultate und Ergebnisse ihrer Bemühungen

zählen. Das CSP-Konzept behandelt einerseits die Art der Verantwortung: Die

verschiedenen „Verantwortungsebenen“ wurden erstmals von A.B. Carroll

strukturiert erarbeitet, der als Basis die ökonomische Verantwortung definierte.

Danach folgen gesetzliche Verpflichtungen, ethische Verantwortung und

philanthropische Aktivitäten (Buchholtz & Carroll, 2012, S. 38). Die auf dieser

Logik basierende „CSR-Pyramide“ ist in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6: Carroll’s Pyramide der CSR (Buchholtz & Carroll, 2012, S. 38)

Darüber hinaus thematisiert das CSP-Modell auch die Umsetzung, also welche

Unternehmensstrategie für die Implementierung von CSR angewendet wird. Die

dritte Dimension stellt die Festlegung der Themenbereiche dar, die für das

Page 31: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

21

Unternehmen wesentlich sind – diese fallen nach Sektor, Standort etc. des

Betriebes unterschiedlich aus (ebd, S. 45f).

Carrolls Modell wurde im Lauf der Zeit weiterentwickelt. Eine wichtige Ergänzung

stellt der Denkansatz der Corporate Social Responsiveness dar. Der Terminus

responsibility wurde durch responsiveness (Reaktionsbereitschaft) ersetzt, da

Letzteres den Fokus auf die tatsächliche Handlung und Leistung besser

widerspiegelt als „Verantwortung“, die keine Dynamik, sondern lediglich einen

„Zustand“ impliziert (ebd, S. 44 und Garriga et al, 2004, S. 60).

1.4.4 Die ethische Perspektive

Die folgenden Theorien fokussieren die ethischen Anforderungen in der

Beziehung zwischen Unternehmen und Gesellschaft. Sie basieren auf Prinzipien,

die das „richtige“ Verhalten und die Notwendigkeit einer „guten“ Gesellschaft

innehaben.

1.4.4.1 Normative Stakeholder-Theorie

Der normative Kern der Stakeholder-Theorie basiert auf zwei Aspekten: Erstens

sind Stakeholder Personen(gruppen), die ein legitimes Interesse an der Tätigkeit

von Unternehmen haben. Ihr Anspruch besteht unabhängig davon, ob das

Unternehmen selbst ein Interesse an ihnen und ihrer Einstellung zum

Unternehmen hat. Den Interessen der Stakeholder wird ein intrinsischer Wert

zugesprochen. Sie stellen einen Wert an sich dar, der Beachtung um seiner selbst

willen verdient (und nicht nur aufgrund des potentiellen Beitrags zur

Wertsteigerung des Unternehmens). Seinen normativen Gehalt erhält diese

Sichtweise durch verschiedene zugrunde liegende ethische Theorien, wie das

Prinzip der Fairness, libertäre Strömungen oder die Idee des Gemeinwohls, die

auf Aristoteles zurückgeht (Garriga et al, 2004, S. 61).

Page 32: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

22

1.4.4.2 Universelle Rechte

Speziell in der Debatte um „globale CSR“ und CSR in globalen Lieferketten wird

die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus 1948 als Ausgangspunkt

angesehen und angewendet. Ihre theoretische Basis hat diese u.a. in Theorien

der Moralphilosophie und im Naturrecht, welches vorsieht, dass jeder Mensch mit

unveräußerlichen Rechten ausgestattet ist. Eine bekannte Initiative zur Förderung

unternehmerischer Verantwortung, deren Prinzipien auf den Menschenrechten

basieren, ist der Global Compact der Vereinten Nationen. Daneben sind die

Menschenrechte das Fundament für eine Reihe von heute in Verwendung

befindlicher CSR-Rahmenwerke und Zertifizierungen (ebd, S. 61; UN Global

Compact, 2015).

1.4.4.3 Nachhaltige Entwicklung

Das bereits in der Einleitung genannte Konzept der Nachhaltigen Entwicklung hat

seinen Ursprung im „Brundtland Bericht“ (nach der Vorsitzenden, der damaligen

norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland) der UN World

Commission on Environment and Development der Vereinten Nationen aus 1987.

„Nachhaltig“ ist laut dieser eine Entwicklung dann, wenn sie die Bedürfnisse der

Gegenwart befriedigt, ohne die Möglichkeiten der zukünftigen Generationen

einzuschränken (WCED, 1987, S. 16). Ursprünglich mit ökologischem Fokus,

wurde die Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung seither um die soziale

Dimension ergänzt. Es existieren heute zahlreiche Definitionen für nachhaltige

Entwicklung, jedoch meinen sie grundsätzlich den Prozess der Erreichung einer

menschlichen Entwicklung in einer einschließenden (inclusive), gerechten,

umsichtigen und sicheren Art und Weise. Das World Business Council for

Sustainable Development (WBCSD) spricht von der Notwendigkeit, soziale,

ökologische und ökonomische Aspekte zu integrieren, um ausgewogene

langfristige Entscheidungen treffen zu können (WBCSD, 2015). Die

unterschiedlichen Definitionen erschweren die Umsetzung von Nachhaltigkeit im

Unternehmen. Um dem entgegen zu wirken, wurden Konzepte wie jenes der

Page 33: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

23

Triple Bottom Line entwickelt, die den Schwerpunkt auf die praktische Umsetzung

legen und mit der betriebswirtschaftlichen Dimension verknüpfen (Elkington,

2004; Garriga et al, 2004).

1.4.4.4 Gemeinwohl-Ansätze

Ein (noch) weniger etablierter Zugang referenziert das Gemeinwohl der

Gesellschaft als Wertebasis für unternehmerische Verantwortung. Es handelt sich

um eine klassische in der aristotelianischen Tradition verhaftete Denkströmung,

die u.a. auch in der katholischen Lehre im Rahmen von Unternehmensethik

angewendet wird. Dieser Ansatz besagt, dass Unternehmen als Teil der

Gesellschaft wie andere soziale Gruppen auch die Pflicht haben, ihren Beitrag

zum Wohl der Gesellschaft zu leisten. Auch wenn sich das theoretische

Fundament teilweise unterscheidet, bestehen einige Parallelen zum Stakeholder-

Ansatz und jenem der Nachhaltigen Entwicklung (Garriga et al, 2004, S. 62).

1.4.5 Der Business Case von CSR

In den vergangenen Jahren setzte sich mehr und mehr die Ansicht durch, dass

unter strategischer CSR keine „add-on“-Maßnahmen (wie Sponsorings) zu

verstehen sind. Vielmehr geht es um die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten

in das Kerngeschäft des Unternehmens:

„CSR-Aktivitäten und –Programme beziehen sich […] in erster Linie auf ökonomische, rechtliche und direkt mit dem Kerngeschäft zusammenhängende ethische Aspekte und können als strategisch bezeichnet werden, wenn sie durch Unterstützung des Kerngeschäftes einen Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlergehen des Unternehmens und zur Erfüllung seiner wirtschaftlichen Ziele leisten“ 5

Im Fall von unternehmerischen Aktivitäten, die einen Mehrwert für Umwelt und

Gesellschaft darstellen und gleichzeitig betriebswirtschaftlich-ökonomischen

Zielen zuträglich sind, spricht man vom „Business Case“ von CSR (Schreck, 2015,

S. 73). So können etwa durch tragfähige Wertschöpfungsketten Risiken minimiert

5 Gelbmann & Baumgartner, 2015, S. 428

Page 34: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

24

werden oder die Suche nach Lösungen für gesellschaftliche und ökologische

Probleme Innovationen generieren (respACT, 2010).

Wenngleich das Gros der managementorientierten CSR-Literatur ein solches

Zusammenspiel postuliert (siehe Kapitel 1.4.5), ist es wichtig, auf die Grenzen des

Grundgedankens des Business Case hinzuweisen. In Fällen, in denen er nicht

eintritt, müssen nämlich alternative Mechanismen gefunden werden, um das

Verhalten von Unternehmen in Einklang mit gesellschaftlichen Erwartungen zu

bringen (z.B. staatliche Regulierung, zivilgesellschaftliches Engagement)

(Schreck, 2015, S. 75). Für Unternehmen, die ihr Kerngeschäft „nachhaltig“

ausrichten wollen, ist letztlich ausschlaggebend, die Umstände zu erörtern, die

dafür sorgen, dass CSR-Maßnahmen förderlich für die eigene

Wettbewerbsfähigkeit sind (ebd, S. 77).

Eigentümergeführten Klein- und Mittelunternehmen wird vielfach eine

bestandserhaltende, auf Generationen ausgerichtete Wirtschaftsweise und

„natürliche“ Nähe zu Stakeholdern wie MitarbeiterInnen, ansässiger Bevölkerung

oder Lieferanten zugeschrieben. Nach Schneider (2015) setzen KMU

Nachhaltigkeitsinitiativen in den meisten Fällen unbewusst und ohne strategische

Ausrichtung (Schneider, 2015, S. 485). Aufgrund dessen wurden ungenutzte

Potentiale hinsichtlich der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch die

Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten identifiziert, wie eine gesteigerte

Innovationskraft oder die Minimierung von Risiken entlang der Lieferkette

(Schneider, 2015; Moore & Manring, 2009).

1.4.5.1 Ethische Reflexion

Der Business Case von CSR kann im Rahmen der normativen Ethik, die fragt

„Was soll gut sein?“, als konsequentialistischer Ansatz bezeichnet werden. Dieser

beurteilt Handlungen nach deren Folgen: Eine Handlung ist dann gut, wenn sie

insgesamt die besten Konsequenzen hat und die meisten Menschen davon

profitieren, der Gesamtnutzen also am höchsten ist. Diese Sichtweise setzt jedoch

Page 35: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

25

voraus, dass der Handelnde über das notwendige Wissen verfügt (beispielsweise

über die Herstellungsbedingungen eines Produkts), um die richtige Entscheidung

treffen zu können, was in der Praxis oftmals nicht der Fall ist (Bak, 2014, S. 9). Im

Gegensatz dazu steht bei der deontologischen 6 Ethikströmung die Handlung

selbst im Mittelpunkt, die aufgrund ihrer Regelhaftigkeit als gut oder schlecht

bewertet werden kann. Beim Business Case handelt es sich um eine

utilitaristische Perspektive, die menschliches Handeln danach bewertet, welche

nützlichen Folgen es hat. Es wird also das „größte Glück für alle“ angestrebt.

Problematisch daran ist, dass sich das „Glück an sich“ kaum bestimmen lässt und

jede/r „Glück“ anders definiert. So kann eigentlich unmoralisches Handeln, wie der

Verstoß gegen Umweltgesetze zur Profitmaximierung, legitimiert werden. Das

Glück für Viele ist stets auch mit Kosten für andere verbunden. Im Falle des

Business Case von CSR ist der Nachhaltigkeitsgedanke letztendlich ein Mittel zum

Zweck, um Gewinn zu erzielen. Das Wohl der Gesellschaft und der Schutz der

Umwelt haben keinen intrinsischen Wert, also einen Wert an sich, den es zu

schützen gilt (vgl. Rogall, 2011). Ein Weg, dieses Dilemma zu umgehen, stellen

verbindliche Verbote und Gebote dar, die in aller Regel dem allgemeinen Glück

zuträglich sind. So wird das Individuum von einer zu großen Verantwortung bei der

Wahl der Handlungsalternativen befreit (Bak, 2014, S. 21f).

Die Integration „externer Effekte“ in den Marktmechanismus (wie beispielsweise

die Bepreisung von Treibhausgasemissionen) wird vielerorts als Lösungsansatz

angepriesen (D’heur, 2015, S. 32; WBCSD, 2015). Thielemann (2014)

argumentiert jedoch, dass es „unter den Bedingungen des Wettbewerbs für die

Handelnden schwierig bis unmöglich ist, die Ausübung von externen Effekten zu

unterlassen“. Der Wettbewerb schaffe unausweichlich Gewinner und Verlierer, wie

an den wachsenden Einkommens- und Vermögensdisparitäten zu sehen sei. Er

plädiert dafür, Wirtschaftsethik als Ganzes zu begreifen und sich mit den

grundlegenden wettbewerblichen Marktverhältnissen kritisch auseinander zu

setzen.

6 Deontologie (aus dem Griechischen): „das Erforderliche“, „die Pflicht“ (Bak, 2014, S. 21)

Page 36: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

26

2 Beschreibung des Fallbeispiels: Das Unternehmen THIEN eDrives

2.1 Wirtschaftliches Umfeld

Das Unternehmen THIEN eDrives sowie die weiteren befragten Unternehmen sind

in den Vorarlberger Bezirken Feldkirch und Dornbirn angesiedelt. Die

Vierländerregion Bodensee gilt als eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen

Europas mit überdurchschnittlich hohem Wirtschaftswachstum

(Wirtschaftsstandort Vorarlberg, 2015, S. 4). Die produzierende Industrie mit ihrer

hohen Branchenvielfalt ist der Motor der Vorarlberger Wirtschaft; nicht zuletzt

aufgrund der Innovationsstärke der ansässigen Unternehmen und der

konkurrenzfähigen Produktivität (WKV, 2014, S. 35). Viele industrielle

Technologieanbieter fungieren als Zulieferer für internationale Leitfirmen.

Wesentliches Merkmal der Wirtschaftsregion sind geschlossene

Wertschöpfungsketten, was bedeutet, dass sämtliche Kompetenzen für eine

innovative Produktentwicklung (z.B. Rapid Prototyping7, Lohnfertigung komplexer

Bauteile und Baugruppen) vorhanden sind (Wirtschaftsstandort Vorarlberg, 2015,

S. 6).

Vorarlberg weist mit 60 Prozent die höchste Exportquote Österreichs auf. Führend

im Export sind Produkte im oberen Technologie- und Qualitätssegment, darunter

Maschinenbau und Elektronik. Die Unternehmen operieren vielfach in

Marktnischen und sind mit der Entwicklung von Spezialprodukten europa- und

weltmarktführend. Neben mehreren Leit- und Großbetrieben besteht eine Vielfalt

an innovativen, technologieorientierten Klein- und Mittelbetrieben

(Wirtschaftsstandort Vorarlberg, 2015, S.9).

Die österreichische Elektro- und Elektronikindustrie, zu der auch das

Unternehmen THIEN eDrives gehört, hat einen Exportanteil von 98 Prozent. Damit

7

Überbegriff für verschiedene Verfahren zur schnellen Herstellung von Musterbauteilen anhand von Konstruktionsdaten

Page 37: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

27

generiert sie einen beachtlichen Anteil der inländischen Wertschöpfung. Aufgrund

der internationalen Ausrichtung ist die Branche von der globalen Konjunktur

besonders abhängig. Andererseits profitiert sie von Trends wie Globalisierung,

Urbanisierung sowie Energie- und Klimaschutzbestrebungen (Exner, 2014).

2.2 Unternehmen und Produkte

THIEN eDrives am Standort Lustenau ist seit 2011 nach einem Management

Buyout von der ATB Gruppe unabhängig (THIEN eDrives, 2015). Das

Unternehmen mit 55 MitarbeiterInnen entwickelt und produziert elektrische

Antriebssysteme (Motoren) und dazugehörige Komponenten wie

Frequenzumrichter, wie in unten stehender Abbildung dargestellt (THIEN eDrives,

2015a).

THIEN eDrives ist spezialisiert auf hocheffiziente Antriebssysteme und erfüllt

Kundenanforderungen in den Bereichen Industrie und Automotive sehr individuell.

Innovationen, die schließlich an Kunden weitergegeben werden können, sind

deshalb essentieller Teil des Kerngeschäfts (THIEN eDrives, 2014). Im

Automotive-Bereich wird oft die Entwicklung selbst verkauft, wobei es vom Kunden

abhängt, ob das System anschließend in Serie geht. Etwa 80 Prozent der Kunden

sind im Business-to-Business-Bereich angesiedelt. Nur etwa 20 Prozent der

Kunden beliefern direkt den Endkunden.

Page 38: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

28

Abbildung 7: Produktspektrum der Firma THIEN eDrives8 (THIEN eDrives, 2015)

2.3 Beschaffung und Lieferantenmanagement

Zu den Geschäftszielen von THIEN eDrives im Lieferkettenmanagement zählen

neben Materialreduktion (Kosteneinsparung) auch Innovation sowie die

Optimierung der Lieferzeiten. Um dies zu erreichen, ist oftmals die Entwicklung

von Lieferanten in Bezug auf Qualität, Termintreue u.ä. notwendig.

Hinsichtlich der Rohstoffe sind für die Motoren insbesondere die Bestandteile

Aluminium, Gussmaterialien, Kupfer, Magnete, Seltene Erden und Kunststoffe

relevant. Die Lieferanten werden unterteilt in zertifiziert (nach

Qualitätsmanagement ISO9001)/nicht zertifiziert und in die Geschäftsfelder

Industrie/Automotive. Die Kooperation mit Lieferanten ist teils sehr eng. So kann

es vorkommen, dass die Fertigstellung der Produkte bei diesen vor Ort stattfindet.

Die Lieferantenauswahl findet wie folgt statt: Bewirbt sich ein Lieferant bei THIEN

eDrives, wird zuerst eine Selbstauskunft verlangt. Daraufhin findet ein Audit vor

8 THIEN eDrives, 2015

Page 39: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

29

Ort durch eigene MitarbeiterInnen statt. Danach werden produktspezifische

Qualitätsvereinbarungen getroffen und eine Finanzauskunft eingeholt. Verläuft

alles positiv, folgt die Registrierung als THIEN eDrives-Lieferant und die interne

Lieferanteneinteilung.

Ein geringer Anteil der Produktion fällt unter den strengen ISO/TS16949:2009-

Standard der Automobilbranche (s. Abschnitt 2.4). Von weitaus größerer

Bedeutung ist jedoch das Qualitätsmanagementsystem nach ISO9001, im

Rahmen dessen u.a. die Methodik der FMEA (Fehlermöglichkeits- und

Einflussanalyse) angewendet wird.

2.4 Exkurs: Qualitätsmanagementsysteme

Qualitätsmanagementsysteme sind aus Industrie und Automobilproduktion nicht

mehr wegzudenken. Allen voran das zertifizierte Managementsystem nach ISO

9001 gilt insbesondere in Europa als das führende Leitmodell was

Qualitätsmanagement betrifft (AWO, 2014). Ausgehend von diesem System,

welches der Logik der kontinuierlichen Verbesserung folgt, wurden spezielle

Methoden wie die FMEA entwickelt. Diese zielt darauf ab, mögliche Produktfehler

und seine Auswirkungen zu analysieren und in Zukunft zu vermeiden (ASQ,

2015). Eine sektorspezifische Ableitung der ISO 9001 stellt die Technische

Spezifikation (TS) 16949 dar, welche auf die Besonderheiten der

Automobilindustrie eingeht. Aus Nachhaltigkeitssicht interessant sind

Anforderungen (die zum Teil auch in ISO 9001 enthalten sind) hinsichtlich

Ausbildung der MitarbeiterInnen, Mitarbeitermotivation, Arbeitssicherheit,

Sauberkeit der Betriebsstätten, Erstellung von Notfallplänen, Erfüllung gesetzlicher

und behördlicher Vorschriften und Rückverfolgbarkeit von Produkten, welche die

Transparenz steigert (IATF, 2009).

Page 40: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

30

2.5 Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte

Das Kerngeschäft von THIEN eDrives kann als nachhaltig bezeichnet werden, da

Produkte mit höchster (Energie-)Effizienz hergestellt werden die energiesparend

und langlebig sind. Dies verschafft dem Unternehmen (abgesehen von positiven

Umweltauswirkungen) den entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber

günstigeren, aber weniger effizienten und kurzlebigen Produkten am Weltmarkt.

Die beiden wichtigsten Treiber für die Umsetzung von Umwelt- und

Nachhaltigkeitsaspekten bei THIEN eDrives sind einerseits gesetzliche Vorgaben,

beispielsweise die EU-Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher

Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten, sowie kundenseitige Vorgaben (welche

ihren Ursprung wiederum oftmals in gesetzlichen Regulatorien haben)

(Europäische Kommission, 2015). Diese Vorgaben werden von Kunden fast

ausschließlich über die Vertragsbedingungen (Lieferantenkodex) kommuniziert

und eingefordert. Eine Überprüfung dieser Vorgaben von Seiten der Kunden findet

in der Regel nicht statt. Diese Anforderungen werden von THIEN eDrives eins zu

eins an die eigenen Lieferanten weitergegeben, um jegliche mit der

Nichteinhaltung verbundenen Risiken zu minimieren und Haftungen

auszuschließen. Bei den direkten Lieferanten werden Qualitäts-,

Arbeitssicherheits- und Umweltaspekte über persönliche Gespräche mit

Zulieferern und Audits vor Ort überprüft, wobei der Fokus auf dem Thema Qualität

liegt.

Vorgaben seitens der Kunden betreffen vor allem die (Nicht-)Verwendung

bestimmter Stoffe, die Rückverfolgbarkeit der Produktkomponenten

(Transparenz), Energieeffizienz der Produkte und in einigen Fällen die Einhaltung

der Arbeitsstandards.

Ob und wie Nachhaltigkeitsaspekte bei THIEN eDrives selbst bzw. in deren

Lieferkette umgesetzt werden, ist sehr stark von den Anforderungen der eigenen

Kunden abhängig. Nichtsdestotrotz werden auch aus eigener Motivation heraus

Page 41: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

31

Maßnahmen getätigt, die positive Nachhaltigkeitseffekte haben (wie die

Bevorzugung regionaler Lieferanten, die Verkürzung von Transportwegen oder

Abfalltrennung am Standort). Bedingung für die Umsetzung derartiger

Maßnahmen ist in den allermeisten Fällen ein ökonomischer Mehrwert.

Page 42: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

32

3 Ergebnisse

Im folgenden Kapitel werden die Erkenntnisse aus Literatur und Empirie integriert

dargestellt. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich um empirische Ergebnisse

handelt, wenn keine Literaturangaben ausgewiesen sind.

Zu Beginn werden die Definitionen und Begriffsabgrenzungen erläutert. Danach

wird auf die zur Beantwortung der Forschungsfrage relevanten Themenbereiche

eingegangen: Wie trägt das Lieferketten-Management in KMU zum

wirtschaftlichen Unternehmenserfolg bei und welche Instrumente werden von

KMU angewendet? In weiterer Folge wird dies mit dem Nachhaltigkeitsaspekt

verknüpft und auf die Motivation, Treiber, Barrieren und Strategien für

nachhaltiges Lieferketten-Management eingegangen. Daraus lassen sich

schlussendlich Potentiale ableiten, wie KMU ökologische und soziale

Fragestellungen für sich nutzen können.

3.1 Definitionen und Begriffsabgrenzungen

3.1.1 Lieferkette

Es existiert keine einheitliche Definition einer Lieferkette (Supply Chain).

Schnetzler & Sennheiser (2008, S. 2) verstehen darunter eine Kette von

funktionalen Bereichen (Beschaffung, Produktion, Vertrieb), die über einen

durchgängigen Materialfluss vom Lieferanten zum Endkunden miteinander

verknüpft sind. Weiter gehende Ansätze sehen eine Supply Chain als mehr als die

Bewegung von Gütern an: Laut Handfield & Nichols (2002, S. 5) umfasst eine

Supply Chain alle Aktivitäten und Informationsflüsse in Zusammenhang mit der

Bewegung und Weiterverarbeitung von Gütern von der Rohstoffgewinnung bis

zum Endkonsumenten mit dem Ziel, Mehrwert für alle Akteure zu schaffen. Auch

Christopher (2011, S. 3f) definiert eine Supply Chain nicht als lineare Kette,

sondern vielmehr als Netzwerk, in welchem der Kooperationsaspekt eine

Page 43: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

33

wesentliche Rolle spielt. Die Organisationen dieses Netzwerks sind über vor- und

nachgelagerte Verbindungen an den verschiedenen Prozessen und Tätigkeiten

der Wertschöpfung in Form von Produkten und Dienstleistungen für den

Endkunden beteiligt. Die Lieferkette beinhaltet somit alle Akteure vom

Rohstoffabbau bis zum Endkunden.

3.1.2 Wertschöpfungskette

Über die letzten 30 Jahre hat sich die Denkweise im Management dahin gehend

verändert, dass eine Lieferkette Wertschöpfung für die beteiligten Akteure und vor

allem für den Endkunden schaffen soll. Diese Perspektive wurde insbesondere

durch den Harvard-Professor M. Porter geprägt (Christopher, 2011, S. 10f). Sein

Konzept der Value Chain stellt die zusammenhängenden Unternehmensaktivitäten

des betrieblichen Gütererstellungsprozesses dar. Fünf Primäraktivitäten

beschreiben den Wertschöpfungsprozess: Interne Logistik, Produktion, externe

Logistik, Marketing & Verkauf und Service. Die Beschaffung stellt neben der

Unternehmensinfrastruktur, der Personalwirtschaft und der

Technologieentwicklung eine unterstützende Aktivität dar. Führen die

Unternehmen die Aktivitäten effizient durch, generiert dies Wettbewerbsvorteile

(Porter, 2004, S 36). In der Praxis impliziert das, jede Aktivität in der

Wertschöpfungskette unter die Lupe zu nehmen und zu bewerten, ob sie einen

Wettbewerbsvorteil schafft. Ist dies nicht der Fall, so wird empfohlen, die Aktivität

an andere Firmen auszulagern. Diese Logik hat seit den 1990er Jahren in hohem

Maß zum enormen Anstieg von Outsourcing-Maßnahmen beigetragen

(Christopher, 2011, S. 11).

Die Begriffe „Wert(schöpfungs)kette“, „Lieferkette“, „Leistungskette“ oder „Value

Chain“ werden heute oftmals synonym verwendet (D’heur, 2015, S. 5).

Page 44: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

34

3.1.3 Klein- und Mittelunternehmen

Laut Definition der Europäischen Union handelt es sich bei Unternehmen, die 250

MitarbeiterInnen oder weniger beschäftigen und einen Umsatz bis maximal 50

Millionen Euro (Bilanzsumme bis 43 Millionen Euro) erwirtschaften, um Klein- und

Mittelbetriebe (Europäische Kommission, 2015a). Diese Unternehmen stellen 90

Prozent aller Unternehmen in der EU dar. Laut Wirtschaftskammer Österreich

werden hierzulande sieben von zehn Arbeitsplätzen von KMU geschaffen (WKO,

2015).

3.1.4 Technische Industrie, Technologiesektor

Mit „Industrie“ ist die Branche gemeint, die das gesamte Produzierende Gewerbe

umfasst. Unter „Technologie“ wird im Rahmen dieser Arbeit der Einsatz

technischer Hilfsmittel und Anwendungen zur Umwandlung von Roh- und

Werkstoffen in fertige Komponenten bzw. Produkte verstanden (BDI, 2015;

Humboldt Universität Berlin, 2015).

3.1.5 Supply Chain Management

Vor dem Hintergrund der Globalisierung der Weltwirtschaft und den damit für

Unternehmen zusammenhängenden Herausforderungen wurde das Konzept des

Supply Chain Management (SCM) in den frühen 1980er Jahren von

Beratungsfirmen entwickelt, woraufhin es enorm an Popularität gewann (Günther,

2005, S. 5). Der Terminus umfasst die Planung und Kontrolle von Güter- und

Informationsflüssen und logistischen Aktivitäten nicht nur intern, sondern auch

extern zwischen Unternehmen (Cooper et al, 1997). Zu einer regelrechten

Explosion der Supply Chain-Literatur trugen die unterschiedlichsten

Forschungsfelder von Logistik und Transport bis hin zum Strategischen

Management bei (Chen & Paulraj, 2003, S. 120). Das große Interesse am Thema

führte zu einer Vielzahl an Definitionen. Ahi & Searcy (2013, S. 330) kommen in

ihrer Analyse von SCM-Definitionen zu dem Schluss, dass das Management von

Page 45: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

35

Güterflüssen, Dienstleistungen und Information im Mittelpunkt steht. Um diese

Bereiche managen zu können, besteht eine in der Literatur weitgehend

unumstrittene Notwendigkeit zur Koordination zwischen den Akteuren der

Lieferkette. Darüber hinaus werden in den Definitionen die Belange von

Anspruchsgruppen hervorgehoben, speziell jene der KundInnen, sowie das

Management interner und externer Beziehungen. Mit der Beachtung dieser

Prinzipien sollen Wertschöpfung, Effizienzsteigerungen und generell eine erhöhte

Performance der Lieferkette erreicht werden (Ahi et al, 2013, S. 330).

3.1.6 Corporate Social Responsibility

Der Bedeutungswandel der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen in

den letzten Jahren ist anhand der Definitionen von Corporate Social Responsibility

der Europäischen Kommission ersichtlich. War 2008 noch von Maßnahmen „auf

freiwilliger Basis“ die Rede, so wird heute die Verantwortung von Unternehmen für

Umwelt und Gesellschaft als grundsätzlich gegeben angesehen: Die EU-

Kommission definiert CSR nunmehr als „Verantwortung von Unternehmen für ihre

Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Im Zuge dessen wird von Unternehmen

erwartet, dass sie soziale, ökologische, ethische, konsumentenschutz- und

menschenrechtsbezogene Aspekte in ihre Geschäftstätigkeiten in Abstimmung mit

den Anspruchsgruppen (Stakeholder) integrieren (Europäische Kommission,

2014). Der Ansatz von KMU ist dabei ein anderer als jener von Großunternehmen.

Sie setzen Maßnahmen um, die durchaus unter dem Banner der CSR eingeordnet

werden können, gehen aber meist von den Wertevorstellungen des/der

Eigentümers/in aus und werden selten unter dem Marketingaspekt gesehen und

publiziert (Baden, Harwood & Woodward, 2009, S. 431).

3.1.7 Nachhaltige Lieferketten

Die eingangs erläuterte Definition von Nachhaltigkeit – die gegenwärtigen

Bedürfnisse zu befriedigen ohne die Möglichkeiten der folgenden Generationen zu

beeinträchtigen – lässt viel Spielraum für Interpretationen. Für die praktische

Page 46: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

36

Umsetzung von „Nachhaltigkeit“ ist das Konzept der Triple Bottom Line hilfreich

(Seuring & Müller, 2008, S. 1700). Dieses sieht vor, dass Unternehmen nicht nur

ökonomischen Mehrwert schaffen, sondern auch ökologische und soziale Werte

fördern (oder zerstören können) (Elkington, 2004, S. 3). Die von Ahi et al (2013, S.

330) untersuchten Definitionen unternehmerischer Nachhaltigkeit implizieren, dass

die drei Dimensionen Wirtschaft – Ökologie – Gesellschaft möglichst integriert

betrachtet werden sollten. Gleichzeitig sind die Belange von Stakeholdern sowie

eine langfristige Orientierung wesentliche Elemente. Zwei weitere wichtige

Charakteristika unternehmerischer Nachhaltigkeit sind die Notwendigkeit, das

Unternehmen widerstandsfähig (resilient) gegen Krisen zu machen sowie die

Freiwilligkeit vieler Nachhaltigkeitsinitiativen. Diese Attribute sind konsistent mit

den Ergebnissen einer von Dahlsrud durchgeführten Analyse von 37

unterschiedlichen Definitionen von CSR (Ahi et al, 2013; Dahlsrud, 2008). Das

Konzept des nachhaltigen Wirtschaftens stimmt inhaltlich also weitestgehend mit

jenem der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (CSR) überein.

Nachhaltige Lieferketten können somit definiert werden als „Management von

Güter-, Informations- und Kapitalflüssen sowie Kooperationen zwischen

Unternehmen entlang der Lieferkette unter Berücksichtigung der drei

Nachhaltigkeitsdimensionen“ (Seuring et al, 2008, S. 1700). Carter und Rogers

(2008, S. 365 ff) ergänzen als unterstützende Faktoren Risikomanagement,

Transparenz und Strategie & Kultur, die häufig im Zusammenhang mit

Nachhaltigkeitsmanagement genannt werden. Risikominimierung ist ein

wesentlicher Treiber zur Umsetzung von Aktivitäten im Umwelt- und im sozialen

Bereich. Gleichzeitig bestehen eine Reihe inhaltlicher Schnittpunkte: So benötigen

etwa sowohl CSR als auch Risikomanagement den Dialog mit unterschiedlichen

Stakeholdern. Beide Konzepte sind systematisch abstrakt und zeigen ihre

Relevanz oft erst in der Umsetzung. Sie sind aber für den Fortbestand eines

Unternehmens wesentlich bzw. in vielen Fällen unbedingt erforderlich,

beispielsweise wenn es darum geht, den Zugang zu Rohstoffen längerfristig zu

sichern (Ebner & Goiser, 2015, S. 571; Carter & Rogers, 2008, S. 366). Was den

Faktor Transparenz betrifft, so sind Unternehmen immer stärker mit der Erwartung

Page 47: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

37

externer Stakeholder konfrontiert, über die Vorgänge der Geschäftstätigkeit und

dessen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft informiert zu werden.

Gleichzeitig ist es dank der neuen Medien schwieriger geworden, Informationen

zurückzuhalten (Osburg, 2015, S. 738; Carter et al, 2008, S. 367). Ein

transparentes Vorgehen bedeutet, nicht nur im Sinne einer Einweg-

Kommunikation Informationen weiterzugeben, sondern Stakeholder und deren

Feedback aktiv miteinzubeziehen. Im Kontext des Supply Chain Management

kann durch eine vertikale sowie horizontale Koordination die Transparenz

gesteigert werden (beispielsweise durch eine sektorübergreifend abgestimmte

Auditsystematik bei Zulieferern) (Carter et al, 2008, S. 367). Neben

Risikomanagement und Transparenz sind die Strategie und Kultur eines

Unternehmens wesentlich für ein erfolgreiches „nachhaltiges“

Lieferkettenmanagement. Tagesgeschäft und Nachhaltigkeitsinitiativen sollen

nicht parallel betrieben, sondern verwoben werden (ebd, S. 368). Eine langfristige

Orientierung sowie die Berücksichtigung unternehmensethischer Aspekte – und

somit eine solide Wertebasis – gelten insbesondere auch für die Formulierung von

Supply-Chain-Strategien als wesentlich (Heß, 2010, S. 27).

Aus dem Blickwinkel der Nachhaltigen Entwicklung definiert der UN Global

Compact nachhaltiges Lieferketten-Management als „Management der

ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen sowie die Förderung

guter Unternehmensführung über den gesamten Lebenszyklus von Produkten und

Dienstleistungen“ (UN Global Compact, 2012, S. 5).

Nachstehend (Abbildung 8) wird die in der Masterarbeit angewendete Definition

von Nachhaltigkeit in der Lieferkette grafisch dargestellt. Zwischen den

Unternehmen der Lieferkette, die sowohl als Lieferanten für das nachgelagerte als

auch als Kunden des vorgelagerten Unternehmens auftreten, findet ein stetiger

Fluss von Gütern, Information und Kapital statt. Die Kooperation zwischen den

Unternehmen ist unterschiedlich intensiv. Der Austausch von Gütern,

Informationen und Kapital hat positive und negative ökologische, wirtschaftliche

und soziale Auswirkungen zur Folge. Stakeholder wie z.B. die lokale Bevölkerung

Page 48: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

38

sind von diesen Auswirkungen direkt oder indirekt betroffen. Darauf sollte das

Unternehmen im Rahmen des Lieferkettenmanagements reagieren. Für die

erfolgreiche strategische Umsetzung sind wie oben beschrieben die Aspekte

Risikovermeidung, Transparenz und eine auf ethischen Prinzipien basierende

Unternehmenskultur wesentlich.

Abbildung 8: Komponenten eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements (eigene Grafik)

Information

Güter

Kapital

Lieferant (= Kunde)

Lieferant (= Kunde)

Wirts

ch

aftlic

he

Au

sw

irku

ng

en

KOOPERATION

Stakeholder- Interessen

Stakeholder- Interessen

Page 49: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

39

3.2 Lieferketten-Management in KMU im Technologiesektor

3.2.1 Beitrag zum wirtschaftlichen Unternehmenserfolg

In den letzten Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass ein effizientes und

effektives Supply Chain Management unabdinglich für die Wettbewerbsfähigkeit

von Unternehmen ist. SCM hat sich als maßgeblich für die Erreichung

strategischer Zielsetzungen auf Unternehmensebene wie beispielsweise

Kundenservice, Kostenreduktion oder Optimierung der Durchlaufzeiten erwiesen.

Aufgrund der hohen Wettbewerbsrelevanz des Lieferkettenmanagements ist

dieses immer öfter auf der strategischen Ebene des Managements – und weniger

auf der operationellen, wie es früher meist der Fall war – angesiedelt (Schnetzler

et al, 2008, S. 10f).

Wie bereits angeschnitten, sind Klein- und Mittelunternehmen der

Technologiebranche in besonderem Maß dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt

(Exner, 2014). „Mithalten können“ in einer globalisierten Wirtschaft kann als

zentrales Leitmotiv der befragten Unternehmen angesehen werden, von dem ihre

wirtschaftlichen Entscheidungen geprägt sind. Was macht in diesem

Zusammenhang die Wettbewerbsfähigkeit von Klein- und Mittelunternehmen im

Technologiesektor aus? Für mitteleuropäische KMU ist die Erfüllung hoher

Qualitätsansprüche essentiell, da qualitativ hochwertige Produkte bzw.

Komponenten das wesentliche Abgrenzungsmerkmal gegenüber Zulieferern aus

anderen Weltregionen sind, welche unter geringeren Herstellungskosten

produzieren können. Um diese Qualität sicherzustellen, ist ein Management der

eigenen Lieferanten unabdingbar. Nicht zuletzt aufgrund des Kostendrucks und

der Tatsache, dass Produktlebenszyklen immer kürzer werden und KMU meist

keine eigene Grundlagenforschung betreiben, ist das Know-How von Lieferanten

darüber hinaus eine wichtige Quelle zur Generierung von Innovationen. Diese

Innovationen können wiederum gewinnbringend an die Kunden weitergegeben

werden. Lieferantenmanagement wird ebenfalls betrieben, um möglichst flexibel

auf Kundenanforderungen reagieren zu können. Schlussendlich können KMU mit

Page 50: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

40

SCM-Maßnahmen Lieferzeiten verkürzen und - beispielsweise durch

Materialreduktion - Kosten senken.

3.2.2 Sektorspezifische Herausforderungen aus Unternehmenssicht

Wettbewerbsfähig zu bleiben erfordert motivierte und flexible Arbeitskräfte, die den

immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen und den damit in Verbindung

stehenden technischen Herausforderungen gewachsen sind. Der

Fachkräftemangel ist ein im Technologiesektor weit verbreitetes Problem (das mit

dem demografischen Wandel fortschreitet), auf das im Rahmen dieser Arbeit

jedoch nicht näher eingegangen wird. „Mithalten können“ im globalen Wettbewerb

erfordert darüber hinaus, die technische Ausstattung im Unternehmen stets auf

dem letzten Stand zu halten. Die damit verbundenen Investitionen regelmäßig

aufzubringen ist für KMU oftmals eine bedeutende Herausforderung.

Als weitere Schwierigkeit werden die zunehmend strengeren gesetzlichen

Rahmenbedingungen, beispielsweise beim Umweltschutz, betrachtet. Der in

Österreich vergleichsweise hohe Standard wird als Beeinträchtigung der

Wettbewerbsfähigkeit angesehen und es besteht der Wunsch nach einer

Anpassung der weltweiten Produktionsbedingungen, um gleiche Voraussetzungen

zu schaffen. Gleichzeitig werden jedoch (vor allem auf EU-Ebene) Gesetze

erlassen, die für Betriebe, die qualitativ hochwertige, energieeffiziente und

langlebige Produkte herstellen, durchaus vorteilhaft sind. Im Falle von THIEN

eDrives sind dies beispielsweise die EU-Elektromotorenverordnung, die

Anforderungen hinsichtlich der Energieeffizienz von Elektromotoren vorschreibt

(WKO, 2011) oder allgemein gesetzliche Bestimmungen zur Förderung

alternativer Antriebssysteme.

In der Beschaffung bestehen einige weitere Herausforderungen, welche nicht

selten mit der Unternehmensgröße zusammenhängen. Ein wichtiger Punkt ist hier

die Materialverfügbarkeit. Große Hersteller von Komponenten, die die KMU für die

Weiterverarbeitung benötigen (wie z.B. Leiterplatten) werden zuerst an

Page 51: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

41

Großverbraucher (wie Hersteller von Mobiltelefonen) geliefert. Erst in der zweiten

Linie folgt die Distribution, die die KMU mit den benötigten Produkten und

Komponenten versorgt. So können sich Nachteile bei Lieferzeiten und

Verfügbarkeit ergeben. Ungeachtet dessen wird die Zusammenarbeit mit

Distributoren jedoch als weitgehend positiv wahrgenommen.

Tritt der Fall ein, dass ein Lieferant ein bereits im Produkt integriertes Bauteil aus

dem Sortiment nimmt, da die Nachfrage zu gering ist oder die Laufzeit endet,

entstehen immense Kosten. Das gesamte Produkt muss neu aufgesetzt

(„eindesignt“) und die Anlagen auf die geänderten Anforderungen hin parametriert

werden – mitunter für ein Bauteil, dessen Preis im Cent-Bereich liegt. Um dieser

Abhängigkeit entgegen zu treten, wird im Rahmen des „Last Order“9 auf Vorrat

eingekauft, sobald sich abzeichnet, dass der Lieferant das Bauteil nicht mehr

länger produziert.

Ein weiterer Punkt hinsichtlich Beschaffung ist die Lieferzeit. Aufgrund der meist

geringen Stückzahlen, die von KMU eingekauft werden, wird ihrer Bestellung

oftmals eine geringere Priorität eingeräumt (vgl. Heß, 2010, S. 213f). Geringe

Bestellmengen können außerdem dazu führen, dass anspruchsvolle

Qualitätsanforderungen und Maßnahmen zur Lieferantenentwicklung schwer

durch- bzw. umsetzbar sind. KMU im Technologiesektor sind oft in hohem Maße

spezialisiert auf bestimmte Anwendungen, sodass Standardkomponenten meist

nicht eingesetzt werden können. Die vorherrschende Volatilität, sowohl was die

Produktpreise als auch die Auftragslage betrifft, trägt zu den Unsicherheiten bei.

Rohstoffknappheit wird im Gegensatz zur oben beschriebenen

Materialverfügbarkeit nur begrenzt bei spezifischen Materialien wie Metallen

(Magnetmaterial) als Problem wahrgenommen, da es zu Preissteigerungen

kommt. Ein Versorgungsrisiko, das bei Rohstoffen wie Seltenen Erden durchaus

besteht (vgl. Europäische Kommission, 2014a), wird für das eigene Unternehmen

nicht gesehen.

9 Letzte Bestellmöglichkeit

Page 52: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

42

Erhalten KMU Anforderungen von ihren Kunden hinsichtlich Umwelt- und

Sozialstandards in der Lieferkette, geben sie diese Kriterien als

Vertragsbestandteil an ihre Lieferanten weiter. Der entscheidende Punkt ist dabei

die Überprüfung, die sich umso schwieriger gestaltet, je größer die geografische

Distanz zum Lieferanten ist:

„Wo wir uns schwer tun ist die Überprüfung, ob das eingehalten wird… zum Beispiel bei einem indischen Lieferanten… Er war zwar mehrmals hier, aber wir waren nie vor Ort und ja… Wir geben’s zwar weiter … [aber] so Sachen können wir dann nicht überprüfen“10

Hinsichtlich der Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Lieferkette

generell besteht die größte Herausforderung für die Unternehmen darin,

Ressourcen für Maßnahmen aufzubringen, die (noch) nicht vom Markt

nachgefragt werden (siehe Kapitel „Barrieren“).

3.2.3 In der Praxis angewendete Instrumente

Nach Heß (2010, S. 185ff) können sechs Gestaltungsfelder einer Supply-Strategie

unterschieden werden:

Demand

Dieses Gestaltungsfeld zielt darauf ab, die Nachfrage – also den Bedarf –

mengenmäßig zu betrachten. Ein Hebel wäre beispielsweise die

Bedarfsmengen zu reduzieren oder die Bedarfe zu bündeln. Eine weitere

Option besteht im gebündelten Einkauf mit anderen internen oder externen

Bedarfsträgern.

Beschaffungsobjekt

Hierbei geht es um kunden- bzw. kostenorientierte Optimierungen der

Anforderungen an die zu beschaffenden Leistungen. Ein Beispiel wäre,

über die Formulierung von Firmenstandards die Teilevielfalt zu reduzieren.

Auch Make-or-Buy-Entscheidungen fallen unter dieses Gestaltungsfeld,

10

Interview 1

Page 53: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

43

also welche Leistungen im Unternehmen oder vom Lieferanten erbracht

werden.

Sourcing

Dies ist häufig das zentrale Gestaltungsfeld einer Supply-Strategie. Dabei

wird die Struktur des Lieferantenmix optimiert. Darunter fallen Fragen wie:

Mit welchen Lieferanten werden Partnerschaften eingegangen? Wo wird

produziert und montiert, befinden sich die Orte der Wertschöpfung? Wie

lässt sich die optimale Lieferantenzahl bestimmen? Das Gestaltungsfeld

Sourcing kann unterteilt werden in: a) Lieferantenbeziehung, b)

Beschaffungsregion, c) Wertschöpfungsort, d) Netzwerksteuerung und e)

Lieferantenzahl.

Entgelt (Preis & Konditionen) (Preis & Konditionen)

Ziel ist, die Preise und Konditionen langfristig günstig zu gestalten.

Bestandteile sind die Wahl von Markt oder Kosten als Preisbildungsbasis,

die Intensität des Preisdrucks oder die Einführung leistungsabhängiger

Preisbestandteile.

Prozesse

Die Versorgungsprozesse werden auf ihr Verbesserungspotential überprüft.

Dazu zählen die Unterpunkte Entwicklungsprozess, strategischer

Bestellprozess, Beschaffung und Materialversorgung (Logistik) sowie

Qualitätssicherung.

Umfeld

Einfluss auf das Marktumfeld auszuüben und dessen Entwicklungen und

Trends mitzubestimmen, ist kaum bzw. im Normalfall nur Großunternehmen

möglich. Jedoch darf die Stärke von KMU im kommunalen und regionalen

Umfeld nicht unterschätzt werden.

Die zur Beantwortung der Forschungsfragen relevanten Themen liegen vor allem

in den Gestaltungsfeldern „Sourcing“ sowie „Prozesse“, wenngleich es zwischen

Page 54: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

44

allen sechs Bereichen Überschneidungen gibt und sie somit nicht klar abgegrenzt

werden können (Heß, 2010, S. 186).

Im Folgenden werden jene Handlungsfelder bzw. Instrumente näher erläutert, die

in der Praxis der befragten Unternehmen Relevanz besitzen. Es sind auch jene

Bereiche, die für die Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Lieferkette bedeutsam

sind.

3.2.3.1 Lieferantenbeziehungen

Heß (2010, S. 209) nennt zwei Typen von Lieferbeziehungen:

Transaktionsorientierte Lieferantenbeziehungen, die auf den kurzfristigen

Verhandlungserfolg abzielen, sowie partnerschaftliche Geschäftsbeziehungen, die

sich durch eine langfristige Zusammenarbeit mit (ausgewählten) Lieferanten

auszeichnen.

„Die Grundidee ist, dass eine freiwillige kooperative Zusammenarbeit über mehrere Transaktionen hinweg für beide Partner vorteilhaft sein kann, d.h. also eine klassische Win-Win-Situation darstellt. Somit entsteht […] die benötigte Stabilität der Lieferbeziehung“.11

Für THIEN eDrives stellen gute Lieferantenbeziehungen mit den strategisch

bedeutsamen Zulieferern einen wesentlichen Erfolgsfaktor und eine wichtige

Komponente in der Produktrealisierung dar. Grundsätzlich – und dies gilt nicht nur

für THIEN eDrives - liegt die Betrachtung auf den direkten Zulieferern (first-tier)

und es erfolgt in der Regel keine Berücksichtigung von Lieferanten auf tieferen

Ebenen der Wertschöpfungskette (außer der Produktentwicklungs- oder

Herstellungsprozess verlangt dies).

In einigen Fällen geht die Zusammenarbeit soweit, dass bei der

Produktentwicklung Techniker und Ingenieure des Lieferanten (beispielsweise

eines Herstellers von Leiterplatten) bei THIEN eDrives vor Ort sind und

gemeinsam an Lösungen, Verbesserungen und Innovationen gearbeitet wird. Im

11

Heß, 2010, S. 209

Page 55: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

45

Sinne einer Value Added Partnership partizipiert der Lieferant so an der

Wertschöpfung. Dies erfordert ein hohes Maß an Vertrauen und schafft

Abhängigkeiten, weshalb diese Form der Zusammenarbeit vorrangig bei teuren

Komponenten und komplexen Systemen praktiziert wird. „Es können sich dank der

Integration und der räumlichen Nähe hohe Potenziale bei der

Lieferzuverlässigkeit, der Lieferdurchlaufzeit bzw. Verfügbarkeit sowie bei den

Kosten […] ergeben“ (Schnetzler et al, 2008, S. 395). Auf die Thematik der

langfristigen Lieferantenbeziehungen wird in Kapitel 3.4.4 näher eingegangen.

3.2.3.2 Lieferantenauswahl und –bewertung

Die Lieferantenbewertung umfasst die systematische Erfassung, Vorbereitung und

Evaluierung von Informationen, um neue Lieferanten auszuwählen und die

Leistung bestehender zu überwachen. Typische Kriterien sind

Qualitätsanforderungen, quantitative Aspekte (z.B. Liefermengen), Zeitaspekte

(wie Termintreue), Kosten bzw. Preise sowie unternehmensbezogene Daten (z.B.

Bonität). „Während sich die traditionelle Lieferantenbewertung primär auf Qualität

und Kosten fokussierte, werden heute vermehrt die Lieferleistung sowie auch

ökologische und gesellschaftliche Aspekte (z.B. Arbeitsbedingungen) in Betracht

gezogen“ (Schnetzler et al, 2008, S. 391). Letzteres konnten die

Forschungsergebnisse nicht belegen. Für KMU im B2B-Bereich sind weiterhin

Kosten, Qualität und Termintreue ausschlaggebend.

Bei THIEN eDrives wird der Prozess der Lieferantenauswahl über das

Qualitätsmanagement nach ISO9001 systematisch geregelt. Die Auswahl eines

Lieferanten erfolgt grundsätzlich danach, ob der Kunde im Automobil- oder

Industriebereich angesiedelt ist. Weiters spielen Qualitätsanforderungen und

Preisgestaltung eine wichtige Rolle. Bei neuen Lieferanten wird eine

Selbstauskunft eingeholt und Besuche vor Ort sowie Produktionsversuche

durchgeführt, bevor Verträge fixiert werden. Generell sind Audits vor Ort beim

Lieferanten der zentrale Überprüfungsmechanismus insbesondere hinsichtlich

Qualitätsanforderungen. Alle Lieferanteninformationen werden über ein ERP-

Page 56: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

46

System abgebildet, wesentlich dabei sind vor allem aktuelle Informationen zu

Warenflüssen und Termineinhaltung. Eine Software für Qualitätsmanagement

speist Qualitätsthemen ein und macht Qualitätsverfehlungen sichtbar. An dieser

Schnittstelle arbeiten Qualitätsmanagement und Einkauf eng zusammen.

Schreibt ein Kunde von THIEN eDrives den Unterlieferanten vor, durchläuft dieser

dasselbe Prozedere wie ein neuer Lieferant.

3.2.3.3 Lieferantenentwicklung

Das Hauptziel der Lieferantenentwicklung ist es, beschaffte Produkte,

Dienstleistungen und Technologien sowie die Lieferleistung (Zuverlässigkeit,

Lieferdurchlaufzeit, Flexibilität) zusammen mit dem Lieferanten zu verbessern.

Dabei kommen Methoden der kontinuierlichen Verbesserung und Maßnahmen wie

strategische und operationelle Beratung, Know-how-Transfer oder finanzielle oder

personelle Unterstützung zum Einsatz (Schnetzler et al, 2008, S. 387).

Bestimmte Kunden von THIEN eDrives, insbesondere im Automobilbereich,

fordern die Weiterentwicklung der Lieferanten (u.a. über Zertifizierungen wie

ISO/TS 16949) ein. Es wird dann versucht, die Zulieferer hinsichtlich der

Vermeidung von Fehlern und einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu

sensibilisieren. Verläuft dies nicht erfolgreich und es kommt zu Reklamationen,

sind Eskalationsstufen mit wöchentlichen Besprechungen und ähnlichen

Maßnahmen vorgesehen. Daraus kann geschlossen werden, dass die Akzeptanz

der Lieferanten hinsichtlich Kundenanforderungen nicht immer im gewünschten

Ausmaß vorhanden ist.

3.2.3.4 Lieferantenzahl und Beschaffungsregion

THIEN eDrives verfügt derzeit über ca. zehn strategisch bedeutsame Lieferanten

im Bereich Elektronik. Eine breitere Auswahl an Zulieferern besteht bei Rohstoffen

wie Aluminium, Stahl und Kupfer. Seit der Ausgliederung aus dem ATB-Konzern

Page 57: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

47

„[…] geht der Trend wieder in Richtung Regionalität“ (Interview 1). Heute ist der

Großteil der direkten Zulieferer in der Region angesiedelt, da es sich nicht zuletzt

aufgrund der geringen Stückzahlen betriebswirtschaftlich nicht rechnet, global zu

beziehen. Die Zusammenarbeit mit asiatischen Lieferanten wurde aufgrund

zahlreicher Komplikationen beendet (s. Kapitel 3.4.4).

3.2.3.5 Qualitätssicherung

Die im vorliegenden Kontext vorherrschenden Instrumente in der

Qualitätssicherung sind einerseits Lieferantenaudits (Qualitätsaudits) beim

Lieferanten und damit in Zusammenhang die Zusammenarbeit mit Lieferanten zur

Erreichung von Produkt- und Prozessverbesserungen. Die ISO 9001-Zertifizierung

gilt als Standard in der Elektro- und Elektronikbranche. Die Pluspunkte dieser

Instrumente bestehen im systematischen Vorgehen, um die Erfüllung der

Qualitätsanforderungen sicher zu stellen, sowie die intensive Entwicklung der

Produkt- und Prozessqualität in der Zusammenarbeit mit Lieferanten. Risiken gibt

es hinsichtlich des hohen Vorbereitungs- und Durchführungsaufwandes und der

notwendigen Bereitschaft des Lieferanten, am kontinuierlichen

Verbesserungsprozess aktiv mitzuarbeiten (Heß, 2010, S. 262). Wie oben

angeschnitten, ist diese in der Praxis nicht immer selbstverständlich.

Page 58: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

48

3.3 Soziale und ökologische Auswirkungen der Lieferketten der technischen Industrie

Auf jeder Stufe einer Lieferkette gibt es Auswirkungen auf Umwelt und

Gesellschaft. Für Unternehmen wird es zusehends wichtiger, diese zu kennen und

sie in ihre wirtschaftlichen Entscheidungen mit einzubeziehen (UN Global

Compact, 2012, S. 7). Der folgende Abschnitt beschreibt die wesentlichen

sozialen und ökologischen Auswirkungen anhand des Lebenszyklus

technischer/elektronischer Produkte.

Abbildung 9: Material- und Energieinput im Lebenszyklus technischer Produkte (Wuppertal Institut, 2013, S. 17)

Abbildung 9 illustriert die einzelnen Phasen mit Fokus auf Material- und

Energieinput. Wichtig ist jedoch, neben Umwelt- auch gesellschaftliche Faktoren

und die Stakeholder mitzudenken, die über den Lebenszyklus auf verschiedenen

Stufen am Wertschöpfungsprozess beteiligt sind (siehe Darstellung Abbildung 10).

Von der Rohstoffförderung über die Herstellung bis hin zur Nutzung sind

gesellschaftliche Akteure als ArbeitnehmerInnen, ansässige Bevölkerung oder

KonsumentInnen in Wertschöpfungsprozesse involviert.

Page 59: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

49

Abbildung 10: Soziale und ökologische Auswirkungen im Produktlebenszyklus12 (UN Global Compact, 2012, S. 7)

3.3.1 Rohstoffextraktion

Das 20. Jahrhundert war geprägt von einem nie dagewesenen technologischen

Fortschritt sowie demografischem und wirtschaftlichem Wachstum. Abbildung 11

zeigt, dass Letzteres mit einer gewaltigen Steigerung der Rohstoffentnahme

einherging.

12

UN Global Compact, 2012, S. 7

Page 60: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

50

Abbildung 11: Die globale Ressourcenentnahme in Milliarden Tonnen, 1900-2000 (UNEP, 2011, S. 7 nach Krausmann et al, 2009)

Die Extraktion von Erzen und mineralischen Rohstoffen stieg um den Faktor 27,

jene der fossilen Treibstoffe um den Faktor 12. Gleichzeitig wuchs das weltweite

Wirtschaftswachstum um das 23fache. Dieser rapide Anstieg des

Materialkonsums war ungleichmäßig verteilt und hatte weitreichende ökologische

Folgen (UNEP, 2011, S. 7). Um den Wohlstand zu maximieren, werden in

Industrieländern (und in zunehmendem Maße in Entwicklungs- und

Schwellenländern) immer mehr Ressourcen verbraucht und die Dienstleistungen

der Natur immer stärker beansprucht (z.B. Senkenfunktion der Böden,

Klimaregulierung, Selbstreinigung der Gewässer) (Wuppertal Institut, 2013, S. 2).

Die Effizienzgewinne der vergangenen Jahre – mehr Output mit demselben oder

weniger Input zu erreichen – konnten den absolut steigenden Materialverbrauch

bei weitem nicht ausgleichen. Um im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu

wirtschaften, wäre eine Reduktion der Ressourcenentnahme um den Faktor 5 bis

10 notwendig (Wuppertal Institut, 2013, S. 4f).

So werden etwa in der Elektronikbranche neben fossilen Energieträgern

insbesondere die Rohstoffe Bauxit (Ausgangsmaterial für Aluminium) und andere

Page 61: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

51

(Edel-)Metalle wie Gold und Kupfer benötigt. Mit der Komplexität von Produkten

und Bauteilen, welche im letzten Jahrzehnt enorm zugenommen hat, kommen

verstärkt auch Seltene Erden zum Einsatz (Luidold et al, 2013, S. 238)13. Motoren

für Elektrofahrzeuge etwa, wie sie bei THIEN eDrives hergestellt werden,

benötigen leistungsfähige Permanentmagnete, die Seltene Erden wie Neodym

und Dysprosium enthalten. Aufgrund ihrer hervorragenden hartmagnetischen

Eigenschaften in Verbindung mit anderen Elementen wie Eisen oder Kobalt gelten

sie heute als unverzichtbar (Fraunhofer Institut, 2015).

Die Importabhängigkeit Europas bei diesen Rohstoffen beträgt zwischen 50

(Kupfer) und 100 Prozent (Gold, Seltene Erden) (Europäische Kommission,

2014a). Nicht zuletzt deshalb fallen viele der Seltenen Erden in die Kategorie der

„kritischen Rohstoffe“ – kritisch vor allem deshalb, da bei ihnen das Risiko eines

Versorgungsengpasses und dessen Folgen für die (europäische) Wirtschaft um

ein Vielfaches höher sind als bei anderen Rohstoffen. China ist in der weltweiten

Versorgung mit den 20 von der EU als kritisch eingestuften Rohstoffen das mit

Abstand einflussreichste Land, da es die Weltproduktion dominiert. Darüber

hinaus können viele dieser Materialien nur schwer ersetzt werden und es besteht

derzeit eine sehr geringe Rückgewinnungsquote (Europäische Kommission,

2014a, S. 5). Wie Abbildung 12 zeigt, stammen zwei Drittel der

Weltbergbauproduktion aus Regionen mit instabilen politischen Verhältnissen und

einer damit einher gehenden hohen Wahrscheinlichkeit von Produktionsstörungen

(Weber, 2012, S. 17).

13

17 Erdelemente zählen zu den Seltenen Erden. Sie kommen in rund 250 verschiedenen Mineralien vor, jedoch häufig in wirtschaftlich nicht vertretbarer Konzentration bzw. Form (Luidold, 2013).

Page 62: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

52

Abbildung 12: Politische Stabilität der Produzentenländer im Bergbau in Mio. metr. t Wertstoffinhalt, ohne Baurohstoffe (Weber, 2012, S. 35)

Die für die technische Industrie wesentlichen Rohstoffe wie Bauxit (Aluminium),

Gold, Kupfer und andere Metalle werden fast ausschließlich in Entwicklungs- und

Schwellenländern abgebaut, in denen die Einhaltung von Umwelt- und

Sozialstandards nicht gewährleistet ist. Die Förderung von Edelmetallen hat

besonders weitreichende Umweltauswirkungen, da sie nur in geringer

Konzentration in den Erzen enthalten sind und häufig aus großer Tiefe gefördert

werden müssen. Damit ist ein enormer Energieverbrauch und CO2-Ausstoß

verbunden (Wuppertal Institut, 2013, S. 1). So ist etwa der Kupfergehalt in Erzen

mittlerweile auf weniger als 1 Prozent gesunken, in vielen Abbaugebieten sogar

auf unter 0,5 Prozent. Dadurch steigt die Menge des Abraums massiv und zur

Extraktion des Metalls wird immer mehr Wasser und Energie benötigt (CSCP,

Global Nature Fund & Südwind, 2014, S. 16).

Page 63: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

53

Da die weltweiten Rohstoffvorkommen zurückgehen und die Konzentration

nahezu aller bekannten Metalle (v.a. Kupfer, Gold) stetig abnimmt, sind immer

größere Investitionen in die Exploration vonnöten. Das ist auch bei fossilen

Energieträgern der Fall. Dies trägt nicht nur zu Preissteigerungen bei: Die

Erschließung neuer Fundstätten in entlegenen und oftmals ökologisch

hochsensiblen Regionen bringt zudem eine weitere Degradierung von

Ökosystemen sowie einen enormen Energieverbrauch mit sich und hat

weitreichende negative soziale Folgen (CSCP et al, 2014, S. 8f).

Folglich ist bei Betrachtung der Lieferkette technischer Produktkomponenten

wichtig, auf die vorgelagerten Prozesse aufmerksam zu machen. Jedes Produkt

trägt seinen „ökologischen Rucksack“ an Ressourcen, die über den oben

gezeigten Lebenszyklus verbraucht werden. Um diesen zu berechnen, werden die

für alle Leistungen (Herstellung, Transport, Nutzung und Entsorgung) notwendigen

Ressourcen addiert. Für ein Kilogramm Kupfer aus Primärproduktion

beispielsweise – ein Rohstoff, der bei allen elektronischen Anwendungen

Verwendung findet – ergibt sich ein ökologischer Rucksack von ca. 350

Kilogramm an abiotischen Rohstoffen und 370 Kilogramm Wasser (Wuppertal

Institut, 2013, S. 17 und 2014, S. 3). Dabei verbessert die Verwendung von

recycelten Rohstoffen (Sekundärmaterial) die Ökobilanz um ein Vielfaches, wie

Abbildung 13 verdeutlicht.

Page 64: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

54

Abbildung 13: Ökologischer Rucksack einzelner Metalle (CSCP et al, 2014, S. 12, in Anlehnung an Wuppertal Institut, 2014)

Natürliche Ressourcen sind eine wichtige Einnahmequelle für viele der ärmsten

Länder der Erde, tragen jedoch meist nicht im erhofften Maß zur lokalen und

nationalen sozioökonomischen Entwicklung bei. In vielen Fällen bringen die

Investitionen von Erdöl-, Gas- oder Bergbauunternehmen im Gegenteil negative

Auswirkungen wie Luft- und Wasserverschmutzung und die Degradierung

sensibler Ökosysteme mit sich (Business & Human Rights Resource Centre,

2015). Soziale Auswirkungen des Bergbaus hängen vielfach mit der

Beanspruchung von Landflächen zusammen, die oft mit Zwangsumsiedlungen,

unzureichenden Entschädigungszahlungen bis hin zu Vertreibungen lokaler

Bevölkerungsgruppen einher geht (CSCP et al, 2014, S. 8f). In einigen Fällen

führ(t)en Bergbauvorhaben zu gewaltsamen Konflikten, wie das bekannte Beispiel

des beabsichtigten Ausbaus der Bauxit-Extraktion in Orissa, Indien, zeigt. Dort

verübte das britische Bergbauunternehmen Vedanta unter Beauftragung

bewaffneter Sicherheitsfirmen weitreichende Menschenrechtsverletzungen gegen

die indigene Gruppe der Dongria Kondh (Amnesty International, 2012). Der Fall

macht auch die enge Verflechtung zwischen ökologischen und sozialen

Auswirkungen sichtbar, da sich die Minen oft in Regionen befinden, in denen

funktionierende Ökosysteme die Lebensgrundlage der Menschen darstellen.

Page 65: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

55

Übernehmen Firmen keine Verantwortung für die ökologischen und sozialen

Auswirkungen, bringen (Groß-)Bergbauvorhaben weder Einkommen für die lokale

Bevölkerung noch die nationale Regierung, um die sozialen Bedingungen zu

verbessern. Transparenz und Rechenschaftspflicht seitens der operierenden

Firmen fehlen meist vollständig (BHR-RC, 2015).

In Zusammenhang mit der zunehmend aufkommenden Elektromobilität (die auch

für THIEN eDrives einen wichtigen Markt darstellt) ist anzumerken, dass sich bei

Elektrofahrzeugen im Gegensatz zu konventionell angetriebenen Fahrzeugen das

Gewicht der Umweltinanspruchnahme aufgrund der Ressourcenintensität14 vom

Betrieb des Fahrzeugs zur Herstellung verlagert. Damit verliert der/die NutzerIn an

Einfluss auf die Umweltbilanz des Fahrzeugs (Wuppertal Institut, 2012, S. 15)

3.3.2 Produktion und Transport

Dieser Teil der Lieferkette umfasst die Herstellung von Komponenten und den

Zusammenbau von Komponenten oder Produkt sowie dessen Transport. Bei

elektronischen Produkten ist die Herstellung von Leiterplatten mit

Halbleiterplättchen (Chips) besonders ressourcenintensiv. Gründe sind der

Einsatz von Chemikalien und Gasen sowie Seltenen Erden, Wasser und Energie,

insbesondere Strom. So werden für die Produktion von 38,7 Gramm Leiterplatte

mit Chips ca. 26,3 Kilogramm Materialien benötigt. Als Output fallen Abwärme,

Emissionen, Abwasser und gefährliche sowie nicht gefährliche Abfall an, wie in

Abbildung 14 ersichtlich (Infineon, 2014, S. 18). Die Herstellung macht bei

elektronischen Produkten ca. 40-50 Prozent der produktbezogenen

Umweltbelastung aus, vorrangig bedingt durch Energieverbrauch und

Chemikalieneinsatz (Wuppertal Institut, 2013, S. 46).

14

Hervorgerufen wird diese durch die aufwendigen Batterien, die u.a. die kritischen Rohstoffe Nickel und Lithium beinhalten

Page 66: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

56

Abbildung 14: Input-Output Analyse des Leiterplattenherstellers Infineon15 (Infineon, 2014, S. 17)

Findet die Produktion in Asien statt, kommt hinzu, dass die benötigte Energie

größtenteils aus Kohle gewonnen wird. Dies verschlechtert die Ökobilanz

zusätzlich (Greenpeace, 2014).

Die Produktionsweise und die eingesetzten Stoffe wirken sich nicht nur auf die

Umwelt, sondern auch auf Arbeitsbedingungen aus. So ist aus der Herstellung von

Elektronikprodukten für den Konsumgütermarkt bekannt, dass ArbeiterInnen

chinesischer Fabriken in hohem Maße giftigen Chemikalien und Schwermetallen

ausgesetzt sind (The Guardian, 2011). Untersuchungen von

Nichtregierungsorganisationen ergaben außerdem, dass ein Arbeitspensum von

bis zu 74 Stunden/Woche im Schichtbetrieb, 7-Tage-Woche und Gehälter unter

15

„Wafer“ bedeutet Halbleiterscheibe

Page 67: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

57

dem Mindestlohn üblich sind. Hinzu kommen ein extrem hoher Arbeitsdruck und

systematische Einschüchterungstaktiken seitens der Betriebsleitung (bzw. von

beauftragten Sicherheitsfirmen), die eine enorme psychische Belastung darstellen.

Solche Praktiken wurden auch bei Zulieferern entdeckt, die sich dem EICC

Standard (s. Kapitel 3.4.2.2.3) verpflichtet haben (Electronics Watch, 2013).

Was den Transport von elektronischen Komponenten betrifft – großteils von

Südostasien nach Europa – hat dieser vergleichsweise geringe

Umweltauswirkungen von ca. 20 Prozent an der gesamten Umweltbelastung

(Wuppertal Institut, 2013, S. 46).

3.3.3 Nutzungsphase

Sobald ein technisches Produkt beim Kunden bzw. dem/der KonsumentIn

angekommen ist, zählt in Bezug auf die Umweltauswirkungen vorrangig der

Energieverbrauch. Elektromotoren und elektromotorische Systeme verursachen

ca. 40 Prozent des gesamten weltweiten Stromverbrauchs und 60-70 Prozent des

Stromverbrauches der Industrie. Dies liegt nicht zuletzt am breiten

Anwendungsgebiet von Elektromotoren, das von Pumpen über Ventilatoren bis hin

zu Elektrofahrzeugen reicht (Fraunhofer Institut, 2011, S. 3).

Über die Lebensdauer eines Elektromotors (30.000 bis 40.000 Betriebsstunden

über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren) machen die Betriebskosten 90 Prozent

der Gesamtkosten aus. Neben der Wartung sind die Energiekosten der größte

Anteil (Austrian Energy Agency, 2009, S. 6). Aus ökologischer Sicht ist an dieser

Stelle die Art der Stromquelle zu hinterfragen. Wird elektrische Energie durch

nachwachsende Rohstoffe generiert, die bei ihrem Wachstum genau so viel CO2

binden wie sie bei der energetischen Verwertung wieder freigeben, gilt er als CO2-

neutral. Bei fossilen Energieträgern ist der Emissionswert naturgemäß höher.

Handelt es sich um Atomstrom, muss zusätzlich die Menge radioaktiven Abfalls

berücksichtigt werden (E-Control, 2015), wie in Abbildung 15 ersichtlich.

Page 68: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

58

Abbildung 15: CO2-Emissionen und radioaktiver Abfall einzelner Energieträger (E-Control, 2015)

3.3.4 Entsorgung und Wiederverwertung

Viele Abfälle aus technologischen Produkten, vor allem Hartmetalle sowie Kupfer

und Aluminium, werden in Österreich dem Recycling zugeführt. Kunststoff wird

meist energetisch genutzt. Die Wiederverwertung von Materialien hat äußerst

positive Umwelteffekte verglichen mit der Verwendung von Primärmaterial:

Beispielsweise ist die Materialintensität von Aluminium aus sekundären Quellen

um den Faktor 4000 geringer. Auch beim Wasserverbrauch schneidet

Recyclingmaterial um ein Vielfaches besser ab (Wuppertal Institut, 2014, S. 1).

Im industriellen Bereich werden insbesondere metallische Komponenten, die teuer

im Einkauf sind, wiederverwertet. Als problematisch gelten High-Tech-Produkte.

Page 69: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

59

Deren Geräteteile sind aufgrund der Vielfalt, der eingeschränkten Trennbarkeit

und der dissipativen Verwendung (in kleinen Mengen über das Produkt verteilt)

nur unter sehr hohem Aufwand zu trennen. Vielfach handelt es sich dabei um an

sich wertvolle Edel- und Sondermetalle bzw. Seltene Erden (Wuppertal Institut,

2013, S. 47).

Obwohl bis zu 80 Prozent eines Elektrogeräts wiederverwertet werden können,

passiert dies aufgrund des aufwändigen Recyclings und den damit einher

gehenden Kosten in Europa oft nicht. Dann werden die Geräte trotz Ausfuhrverbot

als „Elektroschrott“ Richtung Westafrika und Asien exportiert. Allein die Menge des

aus Österreich stammenden Elektroschrotts beläuft sich auf 15.000 Tonnen pro

Jahr (Südwind, 2013, S. 3). In den Empfängerländern wie Ghana, wo jährlich rund

40.000 Tonnen Elektrogeräte landen, schädigt der Elektroschrott nicht nur die

Umwelt, sondern auch die Gesundheit der Menschen. Die Abfallverwertung ist

informell organisiert und die Abfallplätze – oft mitten in Siedlungsgebieten – nicht

gesichert. Vor allem Kinder und Jugendliche bestreiten ihren Lebensunterhalt,

indem sie ohne Schutzkleidung Metalle aus den Geräten herausbrechen und

verkaufen. Insbesondere Kupfer ist beliebt, das durch Verbrennen der Kabel

extrahiert wird. Dabei werden gesundheitsgefährdende Dioxin-Emissionen

freigesetzt (ebd, S. 3).

Durch die immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen, insbesondere bei

schwer zu recycelnden High-Tech-Produkten, wird das Aufkommen von

Elektroabfall weiter in die Höhe getrieben. Abgesehen davon, dass für einige

Komponenten in elektronischen Produkten die Qualität recycelten Materials nicht

ausreichend ist (oder aus Produkthaftungsgründen nicht darauf zurückgegriffen

wird), würde selbst eine optimale Kreislaufwirtschaft die prognostizierten

Bedarfssteigerungen nicht decken können (Luidold et al, 2013, S. 9f). Bis auf

wenige Ausnahmen sind bei den Schredderbetrieben in Österreich derzeit kaum

konkrete Bestrebungen zur Schließung von Stoffkreisläufen bei kritischen

Rohstoffen zu erkennen (Luidold et al, 2013, S. 13).

Page 70: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

60

3.4 Nachhaltigkeit in der Lieferkette von KMU

3.4.1 Motivation

3.4.1.1 Ökonomische Gründe

Zahlreiche Studien haben sich in den letzten Jahren der Frage gewidmet, ob die

Umsetzung von CSR ein Unternehmen profitabler macht (Schreck, 2015, S. 71f).

Auch wenn die Ergebnisse vielfältig ausfielen, so hat sich doch die Erkenntnis

durchgesetzt, dass die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte

bedeutend für die langfristige Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens ist (u.a.

Carter et al, 2008, S. 377; D’heur, 2014, S. 28; Sroufe et al, 2013, S. 10). Was die

Lieferkette betrifft, so nennt die Literatur eine Vielzahl an Belegen für die

ökonomische Sinnhaftigkeit, die drei Nachhaltigkeitsdimensionen auch ins

Lieferkettenmanagement einfließen zu lassen. Der UN Global Compact unterteilt

die ökonomischen Vorteile, wie in Abbildung 16 ersichtlich, in drei Bereiche: a)

Geschäftsrisiken begrenzen, b) Effizienzgewinne verwirklichen und c) Nachhaltige

Produkte herstellen (UN Global Compact, 2012, S. 14).

Abbildung 16: Der Business Case für nachhaltige Lieferketten (UN Global Compact, 2012, S. 14)

Page 71: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

61

Der Global Compact formuliert zehn Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte,

Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Indem ein

Unternehmen dafür sorgt, dass seine Lieferanten über Systeme zur Erfüllung

dieser Prinzipien verfügen, kann es sich gegen Unterbrechungen in der Lieferkette

oder Lieferverzögerungen wappnen. So können Risiken wie

Versorgungsengpässe oder Reputationsschäden (beispielsweise hervorgerufen

durch einen Umweltunfall) minimiert werden. Ein weiterer guter Grund für den

konsequenten Umgang mit sozialen und Umweltproblemen besteht darin, die

Lieferanten rechtzeitig auf strengere Umweltschutz- und

Produkthaftungsvorschriften einzustellen und so die damit zusammenhängenden

Haftungsrisiken beherrschbar zu machen (UN Global Compact, 2012, S. 14).

Eine zusätzliche wirtschaftliche Motivation, die sozialen und ökologischen

Auswirkungen in der Lieferkette zu berücksichtigen, sind Effizienzsteigerungen.

Durch die Senkung des Energie-, Wasser- und Materialverbrauchs aber auch

gesteigerte Mitarbeitermotivation können Kosten reduziert und Qualität und

Produktivität gesteigert werden. Diese Potentiale zu heben setzt jedoch voraus,

die einzelnen Stufen der Lieferkette sowie die Auswirkungen auf Umwelt und

Gesellschaft sowie die entsprechenden Kostenfaktoren genau zu kennen und auf

Basis dessen gemeinsam mit Lieferanten an Verbesserungen zu arbeiten.

Als weiterer wesentlicher ökonomischer Vorteil wird in der Literatur die

Generierung von Innovationen genannt. Über die Zusammenarbeit mit Lieferanten

gelingt es vielen Unternehmen – darunter auch THIEN eDrives – vorhandene

Produkte durch neue Leistungsmerkmale aufzuwerten oder gar neue Produkte zu

schaffen. Wird dieses Potential für „grünere“ Produkte eingesetzt, die die Umwelt

weniger belasten oder Vorteile bei der Entsorgung bringen, kann sich ein

Unternehmen damit von Mitbewerbern abheben und neue Märkte bedienen

(Sroufe et al, 2013, S. 8; UN Global Compact, 2012, S. 14).

Es muss betont werden, dass nicht alle Szenarien auf alle Unternehmen

anwendbar sind. Je nach Branche, Unternehmensgröße (auch innerhalb der KMU-

Page 72: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

62

Definition), Art und Umfang der Lieferkette, Erwartungen der Stakeholder oder der

Unternehmenskultur gestaltet sich der Business Case unterschiedlich. „The

benefits of sustainable strategic plans [in the supply chain] for SMEs are different

from those offered to MNEs [Multinational Enterprises]“ (Moore et al, 2008, S.

277). So spielen Machtverhältnisse eine große Rolle: KMU besitzen naturgemäß

weniger Einfluss auf ihre Lieferkette als Großkonzerne. Darüber hinaus verfügen

sie über weniger finanzielle und personelle Mittel zur Umsetzung von

Nachhaltigkeitsmaßnahmen „[…] SMEs often lack the power, as well as the

human, financial and technical resources, to control the supply chain“ (Pedersen,

2009, S. 113; vgl. auch Ciliberti, 2008, S.1580). Auch die Nähe zum/r EndkundIn,

der/die nachhaltige Produkte und Prozesse einfordert, ist ein wichtiger Faktor (vgl.

Sroufe, 2013; Moore et al, 2009 und Pedersen, 2009). Diese Nähe fehlt bei KMU

im Technologiesektor, die sich in der Regel in der Mitte der Lieferkette befinden.

Untermauert wird dies durch die Aussage fast aller befragten Unternehmen, dass

sie „so gut wie nie“ externe Anfragen hinsichtlich Nachhaltigkeitsaspekten ihrer

Produkte oder Prozesse erhalten. Grundsätzlich kann eine Managementpraxis, die

auf mehreren Motiven beruht, den Nutzen einer nachhaltigen Lieferkette für das

Unternehmen maximieren (UN Global Compact, 2012, S. 14).

In den befragten Unternehmen werden zwar Maßnahmen im Management der

direkten Zulieferer gesetzt, jedoch sind diese nicht (explizit) auf Umwelt- und

soziale Themen fokussiert (vgl. Ciliberti et al, 2008, S. 1580). Aktivitäten, die über

die Qualitätssicherung hinausgehen, laufen nicht formalisiert und strukturiert ab

(vgl. Pedersen, 2009, S. 112). Vielmehr werden sie dann umgesetzt, wenn sie aus

Sicht der KMU „Sinn machen“, wie beispielsweise eine Verkürzung des

Transportweges. Solche Aspekte werden über persönlichen Dialog mit Zulieferern

abgestimmt. Die Motivation dahinter ist jedoch nicht primär, Verbesserungen im

ökologischen oder sozialen Bereich zu erreichen, sondern betriebswirtschaftliche

Vorteile wie Kosten- und Zeitersparnis oder Qualitätsverbesserungen

auszunutzen. Hat eine Maßnahme positive Auswirkungen hinsichtlich

Nachhaltigkeit (meist positive Umweltauswirkungen wie Energieeinsparung), so ist

dies „lediglich“ ein willkommener Nebeneffekt. „Such [CSR] issues are generally

Page 73: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

63

considered as subordinate in comparison with economic and/or product quality

evaluations“ (Ciliberti et al, 2008, S. 1585).

3.4.1.1.1 Von Effizienz hin zu Effektivität

Insbesondere in der neueren Literatur mehren sich die Stimmen, dass es

angesichts der globalen Herausforderungen nicht ausreichen wird, die

weltumspannenden Lieferketten lediglich effizienter (nach der Prämisse

„verbessern, vermeiden, beschleunigen“) zu gestalten. Trotz der zunehmenden

Erkenntnis, dass das vorherrschende, auf kurzfristigem Gewinn und stetigem

Wachstum basierende Wirtschaftsmodell auf lange Sicht nicht tragfähig ist, setzen

Unternehmen in ihrer Lieferkette vorrangig auf die Optimierung von Effizienz und

Geschwindigkeit. Dies legen auch die Ergebnisse der vorliegenden

Forschungsarbeit nahe. „Nachhaltigkeit ist nur von sekundärer Bedeutung und

immer nur dann interessant, wenn sich […] letztendlich Kosten senken lassen“

(D’heur, 2014, S. 28). Maßnahmen werden im Allgemeinen reaktiv gesetzt, d.h.

erst wenn sie von Kunden oder über gesetzliche Vorgaben verlangt werden. Das

Konzept des Corporate Shared Value (CSV) von Porter und Kramer (2011)

plädiert dafür, auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette einen positiven Mehrwert

zu erzielen. Indem die Bedürfnisse der Gesellschaft beachtet und auch negative

Externalitäten mit einbezogen werden, bietet die Berücksichtigung von Effektivität

(„die richtigen Dinge tun“) neue Chancen: Indem die ökonomischen, ökologischen

und sozialen Auswirkungen an jedem Punkt der Wertschöpfungskette einbezogen

werden, können aus Risiken Marktchancen werden. Ein offenes, transparentes

und kollaboratives Vorgehen ist dabei wesentlich (D’heur, 2014, S. 33, Sroufe et

al, 2013, S. 10). Als Kritik kann jedoch angeführt werden, dass das CSV-Modell in

der neoklassischen Sichtweise verhaftet bleibt und die für den Wettbewerb

unabdingliche Profitmaximierung als moralisch gut angenommen wird. Das reine

Profitmotiv ist also letztlich auch hier entscheidend. „Anstelle des funktionalen

CSV-Konzepts brauchen Unternehmen ein ethisches Leitbild, wonach sie sich

nicht nur als ökonomische, sondern auch als gesellschaftliche Akteure begreifen“

(Beschorner & Hajduk, 2015, S. 277). Ein solches Leitbild als normative

Page 74: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

64

Handlungsgrundlage schließt Profitmaximierung nicht aus, sondern verleiht ihr erst

ihre Legitimität.

3.4.1.2 Ethische und moralische Prinzipien

Eine wichtige Motivation, die im Zusammenhang mit KMU immer wieder genannt

wird, sind die im Unternehmen bzw. bei den EigentümerInnen vorherrschenden

ethischen und moralischen Prinzipien. CSR-Aktivitäten werden gesetzt, weil es als

„richtig“ empfunden wird – auch wenn die potentiellen ökonomischen Vorteile

dabei nicht ignoriert werden (Pedersen, 2009, S. 112). Die persönlichen Motive

der Eigentümer-ManagerInnen stehen oft in engem Konnex zur ethischen

Unternehmenskultur eines Unternehmens. So kommt es, dass viele KMU eine

exzellente CSR-bezogene Performance aufweisen, sich dieser Tatsache aber gar

nicht bewusst sind und aufgrund dessen die strategischen Vorteile nicht nutzen (s.

Kapitel „Potentiale“) (Gelbmann et al, 2015, S. 429). Werte als zentrales Element

der Unternehmenskultur können in einer vernetzten Wirtschaftswelt zu „harten“

Erfolgsfaktoren werden, wenn sie Teil eines Unternehmenscodes sind

(Hildebrandt, 2015, S. 441).

Das Vorhandensein einer solchen Wertebasis als Grundlage für CSR-Maßnahmen

in der Lieferkette kann durch die Ergebnisse der vorliegenden Forschungsarbeit

großteils bestätigt werden. Mehrere der befragten Unternehmen veröffentlichen

ihre Unternehmensphilosophie auf ihren Websites, wovon einige Auszüge in

Abbildung 17 wiedergegeben werden. Die am häufigsten genannten Grundsätze

sind Kundenorientierung, Innovation, Flexibilität, (Handschlag-)Qualität

(untermauert durch das ISO9001-Zertifikat), Fachkompetenz und qualifizierte

MitarbeiterInnen sowie vertrauensvolle Geschäfts- und Lieferantenbeziehungen.

Die hohe Bedeutung der Förderung regionaler Wertschöpfung wird ebenfalls

ersichtlich. Mit regionalen Lieferanten zu arbeiten um die Wertschöpfung im

näheren Umkreis zu halten und zu fördern ist den Unternehmern wichtig -

unabhängig von den Vorteilen, die daraus gegebenenfalls für das Unternehmen

selbst entstehen. Auch gesellschaftliche Anliegen wie die Beschäftigung von

Page 75: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

65

Menschen mit Beeinträchtigungen finden aus intrinsischer Motivation heraus im

Betrieb Anerkennung. Dabei gehen diese Maßnahmen in den meisten Fällen von

der Einstellung und den Werten der EigentümerInnen bzw. GeschäftsführerInnen

aus. Nicht selten handeln sie visionär und vorausschauend und antizipieren

gesellschaftliche Entwicklungen, wie die Geschäftsführer eines der befragten

KMU, die bereits Anfang der 1990er Jahre in Technologien zur energieeffizienten

Produktion investierten – zu einer Zeit, in der ein solches Investment als unnötiger

Kostentreiber galt.

Abbildung 17: Auszüge aus Unternehmens-Websites

Auszüge aus Unternehmens-Websites „Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Nur der partnerschaftliche Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten gibt die Sicherheit, im heutigen Marktgeschehen bestehen zu können“ „[Wir verfolgen] strukturell qualitatives Wachstum sowie ein Management mit klarem Bekenntnis zur Region […]“ „Unsere Leitmotive sind Handschlagqualität, Flexibilität, Termintreue, faire Preise, Kundenbegeisterung, 0-Fehler-Prinzip, vernetzte Logistik und internationale Ausrichtung“ „Durch fehlerfreie Produkte und Dienstleistungen gepaart mit maximaler Flexibilität und Liefertreue sichern wir Ihren Erfolg“ „Motivierte, bestens geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden die Basis unseres Erfolgs“ „Unsere Mitarbeiter sind der Pulsschlag unseres Unternehmens. Ihre Gesundheit und somit ein optimal gestalteter Arbeitsplatz […] sind uns ein besonderes Augenmerk“

Page 76: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

66

3.4.2 Treiber

3.4.2.1 Gesetzliche Anforderungen

Ein wesentlicher Treiber für die Umsetzung von Maßnahmen mit positiven

ökologischen oder sozialen Effekten sind gesetzliche Vorgaben. Diese sind

einerseits direkt für das jeweilige Unternehmen gültig oder sie werden indirekt

über Kunden, die von einem Gesetz betroffen sind, an die Lieferanten

weitergegeben und finden sich so in den Kundenanforderungen wieder. Abbildung

18 veranschaulicht diese „Anforderungskette“.

Im europäischen Kontext sind es insbesondere EU-Gesetze (vor allem im

ökologischen Bereich), die zur Umstellung von Praktiken führ(t)en. Eine viel

diskutierte Regelung ist in dieser Hinsicht beispielsweise die EU-Richtlinie zur

Beschränkung gefährlicher Stoffe in elektrischen Geräten (RoHS)16, welche die

schrittweise Substitution bestimmter Materialien wie Blei vorsieht (EU-

Kommission, 2015). Fordert ein Kunde von THIEN eDrives etwa eine RoHS-

konforme Lieferung, so gibt das Unternehmen diese Forderung an seine

Lieferanten weiter bzw. kann THIEN eDrives nur jene Lieferanten heranziehen,

die die RoHS-Konformität bestätigen können.

Eine weitere relevante Regelung ist der Dodd Frank Wall Street Reform and

Consumer Protection Act („Dodd Frank Act“), der 2010 vom US-Kongress

verabschiedet wurde. Dieses Gesetz stellt eine Verpflichtung für börsennotierte

US-Firmen dar, sicherzustellen, dass die zur Herstellung ihrer Produkte

verwendeten Mineralien (Zinn, Tantal, Wolfram und Gold) nicht aus dem

Konfliktgebiet Kongo und seinen Nachbarstaaten stammen. Damit soll die

Finanzierungsquelle für bewaffnete Gruppen in den betroffenen Gebieten

unterbunden werden (Global Witness, 2015). Werden Mineralien aus der

betroffenen Region bezogen, so muss offengelegt werden, aus welcher Mine

16

Restriction of Hazardous Substances in Electrical and Electronic Equipment Directive, kurz „RoHS“

Page 77: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

67

diese extrahiert wurden. Der Dodd Frank Act stellt das erste Gesetz dar, welches

Unternehmen im Technologiesektor für Vorgänge in den untersten Ebenen ihrer

Lieferkette verantwortlich macht (Fairphone, 2012) 17 . Für europäische KMU

bedeutet dies, dass bei Lieferungen in die USA die Lieferanten der

Produktkomponenten angegeben sowie Nachweise, die die Herkunft der

Materialien bestätigen, vorgelegt werden müssen.

Auch auf EU-Ebene ist eine gesetzliche Regelung zum Thema Konfliktmineralien

geplant. Das EU-Parlament fordert die Einführung von Sorgfaltspflichten in der

Lieferkette für Importeure von Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten.

Zudem sollen nachgelagerte Industriezweige, die Zinn, Tantal, Wolfram und Gold

für die Herstellung von Verbrauchsgütern verwenden, einer Informationspflicht

unterliegen. Unternehmen würden so verpflichtet, offenzulegen, wie sie Risiken in

ihrer Lieferkette begegnen (Europäisches Parlament, 2015).

Für Unternehmen mit einem Kerngeschäft, das zu ökologischen Verbesserungen

beiträgt – wie energieeffiziente Elektromotoren – können strenge

Umweltstandards durchaus Wettbewerbsvorteile mit sich bringen. THIEN eDrives

etwa profitiert von gesetzlichen Bestimmungen zur Förderung alternativer

Antriebssysteme.

Auf die Frage, ob sich gesetzliche Regularien positiv auf die CSR-Ambitionen von

KMU auswirken, findet sich in der Literatur keine eindeutige Antwort. Es gibt

Studien, die zu dem Schluss kommen, dass gesetzliche Verpflichtungen die

freiwillige Motivation von KMU und damit einhergehende innovative, aus eigenem

Antrieb heraus realisierte Ansätze unterbinden. Zum einen sind Gesetze in der

Regel effektiver als freiwillige Initiativen. Gleichzeitig sind mit der

Gesetzeserfüllung aber auch ein hoher bürokratischer Aufwand und Kosten

17

Kritische Stimmen merken an, dass der Boykott von Mineralien aus der Region Kongo, zu welchem das Gesetz vielfach führte, den Verlust der Lebensgrundlage zehntausender MinenarbeiterInnen zur Folge hat und ein Ausweichen auf andere Beschaffungsregionen nicht zu Verbesserungen der Lebensbedingungen vor Ort beiträgt, sondern diese eher noch verschlechtert (vgl. Fairphone, 2012).

Page 78: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

68

verbunden, die sich überdurchschnittlich stark auf KMU auswirken können (Baden

et al, 2009, S. 430).

Die empirischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit legen nahe, dass die

Einstellung der KMU gegenüber zusätzlicher Regulierung ablehnend ist. Der als

bereits sehr hoch angesehene europäische Standard hält die Unternehmen

tendenziell eher davon ab, in darüber hinaus gehende Maßnahmen zu investieren,

als dass er motivierend wirkt.

3.4.2.2 Kundenanforderungen

Zusammen mit gesetzlichen Regelungen wurden Kundenanforderungen als der

stärkste Treiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Lieferkette identifiziert. Laut

Seuring et al (2008, S. 1699) geht der Druck insbesondere von sogenannten „focal

companies“ aus, die von verschiedenen Stakeholdern für die sozialen und

ökologischen Bedingungen in ihrer Lieferkette verantwortlich gemacht werden.

„Focal companies are those companies that usually (1) rule or govern the supply

chain, (2) provide the direct contact to the customer, and (3) design the product or

service offered.“ Insbesondere Markenfirmen, die direkt mit dem Endkunden in

Verbindung stehen, haben ein Interesse daran, Risiken und Skandale zu

vermeiden und geben die Anforderungen deshalb an ihre Lieferanten weiter.

Diese nehmen die Vorgaben wiederum in die Verträge mit ihren eigenen

Zulieferern auf, usw. Abbildung 18 illustriert, wie Produkt- und

Prozessanforderungen die Lieferkette durchlaufen.

Page 79: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

69

Abbildung 18: Weitergabe von Produkt- und Prozessanforderungen in der Lieferkette (eigene Grafik)

Die reine Kommunikation der Prinzipien über Lieferantenkodizes oder Verträge

impliziert jedoch nicht automatisch die aktive Beachtung oder Umsetzung der

Prinzipien in der Praxis. Dies kommt sowohl aus der Literatur (vgl. Baden et al,

2009) als auch aus den Befragungen der KMU klar hervor. Den Unternehmen,

deren Ziel es ist, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, wird auf diese Weise nicht

vermittelt, welchen Beitrag CSR-Maßnahmen zu diesem Ziel leisten können.

Folglich ist die Effektivität der Maßnahmen gering. Die Weitergabe von

Kundenanforderungen, etwa im Umwelt- oder Arbeitssicherheitsbereich, an die

eigenen Zulieferer erfolgt seitens der KMU aus reinen Compliance- und

Haftungsgründen und nicht mit der Absicht, Verbesserungen in diesen Bereichen

erzielen zu wollen. Bei den befragten Unternehmen kommt es sogar vor, dass

Kunden entgegen ihrer eigenen explizit formulierten Prinzipien Dinge einfordern,

die diesen widersprechen: Beispielsweise die Forderung, in der Herstellung einen

THIEN

E-DRIVES

Kunde Gesetz Lieferant A

Gesetz

Norm

Produkt

Komponente gem. Anforderungen

Kunde Stakeholder

-Interessen Lieferant B

Lieferant C

Eigene

Anforderungen

pro

ak

tiv

Lieferant D

Page 80: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

70

gewissen Gefahrstoff einzusetzen – obwohl der Lieferant Gefahrstoffe

grundsätzlich aus eigenem Antrieb heraus bereits aussortiert oder ersetzt hat.

Strikte Vorgaben, deren Umsetzung auch überprüft wird, existieren in der Erfüllung

gesetzlicher Vorschriften sowie im Bereich Qualitätsmanagement, jedoch (noch)

nicht im Bereich Umwelt (z.B. ISO-Norm zu Umweltmanagement ISO14001) bzw.

Nachhaltigkeit. „In particular, when buyer requirements were […] not subject to

verification (as was most often the case), they would be unlikely to lead to any real

changes in the actual practices and policies of the SME“ (Baden et al, 2009, S.

431). Diese Erkenntnis kann durch die vorliegenden Ergebnisse bestätigt werden.

Abseits eines standardisierten Code of Conducts beschränken sich spezifische

Anfragen nach Umwelt- oder sozialen Aspekten seitens der Kunden auf

Einzelfälle.

Baden et al (2009) kommen in ihrer Analyse zu dem Ergebnis, dass trotz des

Anreizes, den Kundenanforderungen schaffen, diese im selben Licht gesehen

werden wie gesetzlichen Regulierungen – die mit bürokratischem Aufwand und

Mehrkosten verbunden sind. KMU müssen von ihren Kunden davon überzeugt

werden, dass echtes CSR-Engagement ihnen tatsächlich Vorteile bringt. Nur so

werden sie ihre Bemühungen aktiv steigern.

3.4.2.2.1 Zur Wirksamkeit von Lieferantenkodizes

Vorgaben zu Nachhaltigkeitskriterien, wie Einhaltung von Arbeitsnormen oder

Umweltstandards, werden meist über Lieferantenkodizes (supplier code of

conducts) in der Lieferkette weitergegeben (vgl. Seuring et al, 2008). Auch THIEN

eDrives erhält von seinen Kunden Vorgaben in dieser Form, die meist Bestandteil

der Verträge sind.

Page 81: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

71

Die Kodizes nehmen in den allermeisten Fällen Bezug auf internationale Leitlinien,

wie die Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) oder die

Prinzipien des UN Global Compact. Viele Firmen legen ihren eigenen Kodex fest,

siehe dazu den Code of Conduct von Siemens in Abbildung 19 (Mikro-Ebene).

Siemens ist Teilnehmer des UN Global Compact-Netzwerks und die vier Bereiche

Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung

finden sich im Lieferantenkodex als Themen wieder. Es existieren jedoch auch

Branchencodes (Meso-Ebene), welche zum Ziel haben, die Praktiken im

gesamten Sektor nachhaltiger zu gestalten. Ein Beispiel aus der

Elektronikbranche ist der Code of Conduct der Electronic Industry Citizenship

Coalition, dargestellt in Abbildung 20. Darüber hinaus sind oftmals

Nichtregierungsorganisationen an der Erarbeitung von Kodizes beteiligt, was die

Glaubwürdigkeit der Initiativen steigern soll (Kolk & van Tulder, 2005, S. 13).

Page 82: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

72

Abbildung 19: Inhalt des Code of Conduct für Lieferanten von Siemens (Siemens, 2015)

Page 83: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

73

Abbildung 20: Electronic Industry Citizenship Coalition (EICC, 2015)

Die Electronic Industry Citizenship Coalition wurde 2004 gegründet und hat mittlerweile 100 Mitglieder, darunter Marken wie Apple, Dell oder Hewlett-Packard, welche zusammen einen Jahresumsatz von über drei Trillionen US-Dollar erzielen. Ziel der Brancheninitiative ist es, Nachhaltigkeitsaspekte in der Lieferkette von Elektronik zu stärken. Spezielle Arbeitsgruppen widmen sich Sonderthemen wie Konfliktmineralien, Zwangsarbeit, Arbeitszeit oder Stakeholder-Einbindung. Der Verband arbeitet mit einem Überprüfungsmechanismus, der Kontrollen (Audits) bei Lieferanten vorsieht, aber auch Leitfäden und Trainings anbietet, um bei der Umsetzung der Prinzipien zu unterstützen.

Obwohl Code of Conducts meist von großen multinationalen Unternehmen

aufgesetzt bzw. unterzeichnet werden und daher eine hohe Ausbreitung genießen,

ist ihre Wirkung begrenzt – unter anderem da sie oft vage formuliert sind und klare

Überwachungsmechanismen fehlen (Kolk et al, 2005, S. 15). Letzteres ist auch

bei THIEN eDrives und den anderen befragten Unternehmen der Fall. Ein

Einkäufer meint dazu: „Es gibt diese Code of Conducts, die sind Standard

mittlerweile […] Es sind in meinen Augen oft nur Floskeln auch von großen

Unternehmen, das wird nicht so heiß gegessen wie sie das sagen […]“ (Interview

1). Andere Untersuchungen kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass die

Page 84: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

74

Umsetzung der in Unternehmenskodizes propagierten Prinzipien von KMU leicht

zu umgehen ist, da keine Überprüfung stattfindet (Baden et al, 2009). Aktuelle

Befragungen des UN Global Compact unter den Teilnehmerunternehmen

bestätigen das fehlende Monitoring: „While a majority of companies have

established sustainability expectations for their suppliers, they are not tracking

compliance or helping suppliers reach the desired goals“ (UN Global Compact,

2013, S. 18).

Während die Anzahl jener Firmen, die Nachhaltigkeitsvorgaben an ihre

Lieferanten weitergeben, über die letzten Jahre gestiegen ist, bleiben Maßnahmen

die über die reine Kommunikation der Prinzipien hinausgehen weiterhin die

Ausnahme. In der Praxis werden diese Absichtserklärungen von den Zulieferern

zwar unterzeichnet und an die eigenen Lieferanten weitergegeben, jedoch lösen

sie keine nähere Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen aus. Der Top-

Down-Ansatz erweist sich in dem Kontext also als wenig zielführend.

Es wurde daher bereits im Rahmen mehrerer Studien die Empfehlung an große

Einkäufer ausgesprochen, einen echten Dialog mit ihren KMU-Lieferanten zu

starten, bürokratische Hürden zu verringern und ihnen die Freiheit zu geben, ihre

eigenen Nachhaltigkeitsschwerpunkte und –maßnahmen zu formulieren (Baden et

al, 2009).

3.4.2.3 Druck von Stakeholdergruppen

Externer Druck kann außer von KonsumentInnen bzw. KundInnen auch von

Nichtregierungsorganisationen oder anderen Interessensgruppen kommen, die

beispielsweise Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit

Konfliktmineralien anprangern (Seuring et al, 2008, S. 1703). Auch wenn KMU

selten direkt mit solchen Kampagnen konfrontiert sind, können sie indirekt davon

betroffen sein. Dieser Fall tritt dann ein, wenn ihre Kunden – oftmals große

Markenfirmen, die sich in einer exponierten Marktposition befinden – auf den

Page 85: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

75

Druck von außen reagieren und strengere Standards einführen, welche sie auf

ihre Lieferkette übertragen. „[…] action from NGOs, which hold focal companies

responsible for environmental and social problems at earlier stages of their supply

chain, can lead to a reputation loss for the focal company“ (Seuring et al, 2008, S.

1703).

3.4.3 Barrieren

3.4.3.1 Eingeschränkter Handlungsspielraum

Vaaland & Heide (2007, S. 21) kamen in ihren Untersuchungen zum Ergebnis,

dass die Kontrollmechanismen, die von großen einkaufenden Kunden ausgehen,

KMU daran hindert, ihre eigene selbstbestimmte SCM-Strategie zu verfolgen: „[…]

SMEs in general are not able to implement SCM to its full extent, mainly because

they are managed at arm’s length by larger customers and have to follow the

norms stipulated by the buyer“. Dies trifft auf die im Rahmen der Masterarbeit

befragten Unternehmen weitgehend zu. So werden etwa von den KMU

angewendete Beschaffungs- oder Lieferantenauswahlkriterien hinfällig, wenn der

Kunde ein ganz bestimmtes Material oder einen gewissen Sublieferanten

vorschreibt. Dies illustriert die ungleiche Machtbeziehung zwischen den KMU und

ihren Kunden, im Falle von THIEN eDrives Industriekunden oder

Automobilhersteller. Wie Ciliberti et al (2008, S. 1580) hinsichtlich

Nachhaltigkeitsanforderungen feststellen: „Larger companies have more power to

stipulate socially responsible behaviour of their smaller suppliers“.

Kunden schreiben den Zulieferern über den Lieferantenkodex eine ausformulierte

Liste an Anforderungen vor, ohne sie einzubeziehen oder an sie zu

kommunizieren, wie die Anforderungen in ihrem Kontext umgesetzt werden

können. Die fehlende Kommunikation, wie oben angesprochen, führt dazu, dass

KMU die Relevanz – und vor allem auch die Vorteile – der Anforderungen für ihr

Unternehmen oder Kerngeschäft oftmals nicht erkennen. Es besteht eine

Page 86: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

76

Diskrepanz zwischen dem Zugang von Großunternehmen und jenem von KMU

zum Verständnis von Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Hinzu kommt, dass wie

bereits ausgeführt die Einkäufer die Einhaltung ihrer eigenen Anforderungen in

den seltensten Fällen überprüfen – eine weitere bedeutende Barriere für die

Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen.

Auch in jenen Fällen, in denen KMU selbst als Kunden auftreten, ist ihre

Durchsetzungskraft begrenzt. Die meist geringen Stückzahlen, die KMU von ihren

Lieferanten beziehen, erschweren die Durchsetzung spezifischer Anforderungen.

„A company’s smaller size often results in lower bargaining power“ (Ciliberti et al,

2008, S. 1580). Die Bereitschaft seitens der Lieferanten der KMU, hinsichtlich

Qualitäts- und Nachhaltigkeitsaspekten Zeit und Ressourcen zu investieren, ist

aufgrund des meist geringen Auftragswerts vielfach nicht vorhanden.

3.4.3.2 Fehlende Marktnachfrage

Die befragten Unternehmen erhalten kaum externe Anfragen hinsichtlich

Nachhaltigkeitsaspekten. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Position der

Unternehmen in der Lieferkette – mehrere Stufen vom Endkunden entfernt. Nur in

den Fällen, in denen die Kunden der direkten Kunden EndkundInnen beliefern

(B2C-Bereich), werden Nachhaltigkeitsfaktoren wie Regionalität oder

Umweltauswirkungen bedeutend (vgl. auch Sroufe et al, 2014, S. 11). Solange

keine Marktnachfrage nach nachhaltige(re)n Produkten und/oder Prozessen

besteht, sehen KMU keinen Anlass, Zeit und Ressourcen in Maßnahmen zu

investieren deren ökonomischen Nutzen sie nicht erkennen.

3.4.3.3 Hoher gesetzlicher Standard

Die meisten der befragten Unternehmen verfügen über einen großen Anteil

regionaler Lieferanten. Da diese in Vorarlberg bzw. der Schweiz oder Deutschland

angesiedelt sind, wird es nicht für notwendig erachtet, über das gesetzliche Maß

hinaus (welches von den KMU als ein bereits sehr hoher Standard angesehen

Page 87: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

77

wird) systematisch Umwelt- oder soziale Fragen zu thematisieren. Ein

Interviewpartner aus der Kabelherstellung meinte, dass zwar versucht werde,

hinsichtlich Umwelt- und sozialen Kriterien ein Commitment seitens der

Lieferanten zu bekommen; dies sei aber aufgrund des hohen gesetzlichen

Niveaus im mitteleuropäischen Raum nicht einfach.

3.4.3.4 Fehlende finanzielle und personelle Ressourcen

Hohe Kosten sind in der Literatur eine häufig erwähnte Barriere für KMU, CSR-

Maßnahmen umzusetzen (vgl. Seuring et al, 2008). Insbesondere fehlende

zeitliche Ressourcen sind bei den befragten Unternehmen ein wesentlicher

limitierender Faktor. So kann der in der Branche vorherrschende Zeitdruck

beispielsweise verhindern, dass Kooperationen mit Lieferanten intensiviert werden

(vgl. Gelbmann et al, 2015). Seitens der KMU werden CSR-Maßnahmen in der

Lieferkette in erster Linie als Kostentreiber angesehen (vgl. Schulz, 2015 und

Ciliberti et al, 2008).

3.4.3.5 Erhöhtes Risiko

In manchen Bereichen können Maßnahmen zur Verringerung negativer

Umweltauswirkungen ein Qualitäts- oder Sicherheitsrisiko darstellen. In der

Materialbeschaffung etwa bedeutet der Einsatz von Recyclingmaterial (soweit

dieser nicht ohnehin von Kunde oder Hersteller vorgegeben ist) sowohl einen

höheren Aufwand als auch ein höheres Risiko. Während bei Originalmaterial auf

„Nummer sicher“ gegangen werden kann, muss Sekundärmaterial intensiver

getestet werden, um zu gewährleisten, dass es den Anforderungen standhält.

Handelt es sich um Hochsicherheitsteile, beispielsweise für die Luftfahrt, kommen

gravierende Haftungsfragen ins Spiel, wenn die Materialien Mängel aufweisen.

Page 88: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

78

3.4.4 Strategien

Ciliberti et al (2008, S. 1580) nennen drei grundlegende Management-Strategien,

mit denen Unternehmen verantwortungsvolle Praktiken auf ihre Lieferkette

übertragen können: Erstens das Aufsetzen schriftlicher Anforderungen, in denen

Lieferanten üblicherweise dazu verpflichtet werden, neben der geltenden

Gesetzgebung gewisse internationale CSR-Standards einzuhalten. Meist sind

auch Anforderungen hinsichtlich organisatorischer Strukturen, Abläufe und

Prozesse enthalten. Zweitens das Monitoring, also die Überwachung des

Lieferanten hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen. Typische Instrumente

dafür stellen schriftliche Um- und Anfragen wie eine Selbstbeurteilung sowie

Audits (Inspektionen) beim Zulieferer vor Ort dar. Diese werden entweder mittels

eigenem Personal – wie bei THIEN eDrives – oder bei größeren Unternehmen

über Audit-Dienstleister durchgeführt. Im Falle von notwendigen

Korrekturmaßnahmen werden sie gemeinsam mit dem Lieferanten besprochen

und festgelegt. Das dritte Managementtool besteht in der Unterstützung des

Lieferanten zur Umsetzung von Qualitäts- und Nachhaltigkeitsanforderungen.

Dabei wird Kapazitätsaufbau betrieben und fachliches Know-How, etwa über

Schulungen, vermittelt. Alle genannten Strategien werden von den im Rahmen der

Masterarbeit untersuchten Unternehmen in der einen oder anderen Form

angewendet. Generell ist zu sagen, dass sich diese fast ausschließlich auf die

direkten Lieferanten beziehen. Für Vorgänge in tieferen Ebenen der

Wertschöpfungskette (also bei Unterlieferanten) sehen sich KMU nicht in der

Verantwortung. Zu dieser Erkenntnis sind mehrere Untersuchungen gekommen:

„Most CSR efforts are still targeted at monitoring first-tier suppliers; they leave

second-tier suppliers intact or rely on first-tier suppliers‘ responsibility“ (Ciliberti,

2008, S. 1580). Dies hängt mit der als gering wahrgenommenen (Verhandlungs-

)Macht zusammen, hat aber auch andere Gründe, wie die bereits angesprochene

Komplexität und beschränkte zeitliche und personelle Ressourcen.

Im nachfolgenden Abschnitt wird näher erläutert, wie KMU mit den

Herausforderungen in verschiedenen Themenbereichen aus Nachhaltigkeitssicht

Page 89: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

79

umgehen. Neben Umwelt und Gesellschaft wurden Querschnittsthemen wie

Transparenz oder langfristige Lieferantenbeziehungen als wesentlich identifiziert.

3.4.4.1 Handlungsfeld Umwelt

3.4.4.1.1 Energieeffizienz

Wie bereits oben ausgeführt, sind gesetzliche Regelungen ein wesentlicher

Treiber für die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion negativer

Umweltauswirkungen. Im Falle von THIEN eDrives wurde beispielsweise mit dem

Aufkommen der RoHS-Richtlinie der Europäischen Union alle verwendeten Stoffe

überprüft und gegebenenfalls durch weniger schädliche ersetzt. Teilweise

forderten Kunden dies schon vor Veröffentlichung der Richtlinie, woraufhin THIEN

eDrives die Vorgabe bereits frühzeitig an die eigenen Lieferanten weitergab.

Ebenso im Bereich der Energieeffizienz von Elektromotoren zwingt die EU die

Hersteller dazu, eine Energieeffizienzbetrachtung durchzuführen. Dies ist bei

THIEN eDrives jedoch standardmäßig der Fall, da energieeffiziente

Elektromotoren das Kerngeschäft des Unternehmens darstellen.

3.4.4.1.2 Materialien

Ein weiterer Bereich, in dem Verbesserungen erzielt werden können, ist der

Einsatz von Materialien – einerseits die Reduktion von Material, andererseits die

Substitution. Meist werden durch neue Materialien ökologische Verbesserungen

erzielt, beispielsweise durch Leichtbau-Konstruktionen (von Stahl auf Aluminium)

oder Hohl- statt Vollprofilen. Im Prototypenbau wird aus dem Vollen gefräst,

deshalb fällt relativ viel Verschnitt an, insbesondere von Metallen. Diese werden

getrennt gesammelt und so dem Recycling zugeführt. Mit den wichtigsten

Lieferanten werden mindestens einmal jährlich Neuerungen und Potentiale

besprochen. Wo kann Material eingespart werden? Können gefährliche Stoffe

ersetzt werden und welchen zusätzlichen Überprüfungsaufwand bringt dies mit

Page 90: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

80

sich? Die Motivation hinter diesen Fragen ist vorrangig die Reduktion von Kosten.

Aus den Kosten kommt die Materialeffizienz zustande. Aber auch die Generierung

von Innovationen ist ein wesentlicher Aspekt – beispielsweise was die

Verbesserung verschiedener Produktionsabläufe betrifft – welche dann wieder an

den Kunden weitergegeben werden können.

Was das Thema Materialrecycling angeht, so gibt es von den KMU meist keine

aktiven Bestrebungen, den Recyclinganteil in den Produkten zu erhöhen.

Vereinzelt (v.a. im Kunststoffbereich) liefern Kunden Ausschussware und lassen

sie in das neue Produkt einbauen. Grundsätzlich wird der Recyclinganteil vom

Hersteller des Ausgangsmaterials (z.B. Stahlerzeuger) bestimmt. Wenn notwendig

kommunizieren die einkaufenden Unternehmen an diesen, wie hoch der

Recyclinganteil maximal sein darf. Sekundärmaterial kann die Eigenschaften eines

Stoffs verändern, was einen Mehraufwand an Überprüfungen und Tests mit sich

bringt, um sicherzustellen, dass die Materialeigenschaften dieselben geblieben

sind und die exakt gleiche Qualität geliefert werden kann. Vielfach ist die

Verwendung von Sekundärmaterial nicht erlaubt, beispielsweise bei

Hochsicherheitsteilen. Ein Interviewpartner aus dem Kunststoffbereich meinte, es

wäre technisch durchaus möglich verstärkt Recyclingmaterial einzusetzen. Jedoch

würde dies anstatt einer „300-prozentigen lediglich eine 100-prozentige Sicherheit“

bedeuten (Interview 4). Das Thema müsse in den Köpfen noch wachsen und eine

breitere Akzeptanz finden. Derzeit bedeutet der Einsatz von Recyclingmaterial

vielfach sowohl einen höheren Aufwand als auch ein höheres Risiko.

3.4.4.1.3 Rohstoffknappheit

Die zunehmende Knappheit von Rohstoffen wird in den meisten Fällen (noch)

nicht als Problem anerkannt. Auch wenn Preissteigerungen teilweise spürbar sind

(bei THIEN eDrives betrifft es etwa Magnete, für die der seltene Rohstoff Neodym

benötigt wird) wird die Verfügbarkeit bestimmter Materialtypen zu dem Zeitpunkt,

zu dem sie benötigt werden, als weitaus drängenderes Problem wahrgenommen

(hervorgerufen durch Faktoren wie dem Zukauf meist kleiner Mengen von

Page 91: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

81

Distributionsunternehmen, wie im Kapitel „Sektorspezifische Herausforderungen“

beschrieben). Es gibt so gut wie keine Überlegungen dazu, wie mit kritischen

Rohstoffen aus Entwicklungs- und Schwellenländern und dem damit einher

gehenden (Versorgungs-)Risiko umgegangen werden sollte.

3.4.4.1.4 Regionalität

Die Tatsache, dass die (direkten) Zulieferer von THIEN eDrives ausschließlich in

Europa ansässig sind – und viele der strategisch bedeutsamen in Vorarlberg - hat

positive ökologische Auswirkungen. Die Transportwege sind kürzer und die

Herstellung findet unter der Anwendung (global gesehen) strenger

Umweltauflagen statt. Auch den anderen befragten Unternehmen ist die regionale

Herkunft der Lieferanten wichtig (s. „Handlungsfeld Gesellschaft“). Diese hat den

Vorteil, dass ein persönlicher Kontakt besteht und die Bedingungen, unter denen

produziert wird, bekannt sind. Dieses Vertrauen, das oftmals über eine jahrelange

gemeinsame Geschäftsbeziehung aufgebaut wurde, wiegt hinsichtlich Umwelt-

und sozialen Themen stärker als zertifizierte Managementsysteme (etwa

ISO14001 im Umweltbereich). Nichtsdestotrotz werden im Rahmen des

Qualitätsmanagements, wo eine Zertifizierung (nach ISO9001) Standard ist,

regelmäßige Audits und Besuche bei Lieferanten durchgeführt. Bei dieser

Gelegenheit werden – wenn auch nicht im Detail und strukturiert – umwelt- und

arbeitssicherheitsrelevante Aspekte mit betrachtet bzw. in persönlichen

Gesprächen thematisiert. So können grobe Missstände identifiziert werden. Nur

bei einem der befragten Unternehmen sind Umweltkriterien fixer (wenn auch

untergeordneter) Bestandteil der Lieferantenbewertung.

Einige Maßnahmen, die zu ökologischen Verbesserungen führen, werden proaktiv

mit Lieferanten besprochen und umgesetzt. Stellt sich etwa heraus, dass ein

Transportweg unnötig lang oder umständlich ist, wird an einer Lösung gearbeitet,

dies effizienter zu gestalten. THIEN eDrives lagerte die Transportlogistik an einen

externen Frächter aus, was Zeit, Kosten und – als Nebeneffekt – CO2-Emissionen

einsparte.

Page 92: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

82

Eine Strategie, Zukunfts- und Umweltthemen aus technologischer Sicht zu

bearbeiten, stellt die Teilnahme an Forschungsprojekten dar. Der Vorteil besteht

darin, dass mittels solcher Förderungen das Risiko, mit neuen Technologien zu

„experimentieren“, für einzelne KMU wie THIEN eDrives reduziert wird. Im

Rahmen von Kundenprojekten gibt es in dieser Hinsicht so gut wie keinen

Spielraum. Derzeit ist das Unternehmen beispielsweise an einem EU-

Förderprojekt beteiligt, bei welchem die Potentiale von Reluktanzmotoren 18

ausgetestet werden. Weil diese ohne Permanentmagnete und Spulen

auskommen, reduziert sich der Einsatz seltener Erden erheblich. Darüber hinaus

ist diese Art von Motor durch den relativ einfachen Aufbau robust und langlebig

und kann gut recycelt werden (Europäische Kommission, 2015b).

Grundsätzlich besteht die Einschätzung, dass Umweltschutz vordergründig Kosten

verursacht und dass der hohe Standard in Europa auf lange Sicht nicht

aufrechterhalten werden kann, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen

Betriebe zu gefährden. Es werden durchaus Maßnahmen mit positiven

ökologischen Auswirkungen umgesetzt, die aus Sicht der Unternehmen „Sinn

machen“ (wie die Verkürzung von Transportwegen), wenngleich der primäre

Ausgangspunkt Überlegungen zur Kostenersparnis oder Verkürzung der Lieferzeit

sind.

3.4.4.2 Handlungsfeld Gesellschaft

3.4.4.2.1 Regionalität

Geschlossene Wertschöpfungsketten sind ein wichtiges Merkmal der

Wirtschaftsregion Vorarlberg. Dies bedeutet, dass die für die Produktentwicklung

im technischen Bereich wesentlichen Kompetenzen vor Ort gegeben sind

(Wirtschaftsstandort Vorarlberg, 2015, S. 6). Aus Nachhaltigkeitssicht haben der

18

Bauform eines Elektromotors, bei dem das Drehmoment im Rotor ausschließlich durch die Reluktanzkraft (Änderung des magnetischen Widerstands) erzeugt wird

Page 93: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

83

regionale Einkauf und damit die regionale Wertschöpfung eine Vielzahl positiver

Auswirkungen, wie die Einsparung von CO2-Emissionen durch verkürzte

Transportwege, die stärkere Schließung regionaler Stoffkreisläufe und die

Förderung lokaler Märkte (BMWFJ, 2010, S. 22f).

Vorarlberger KMU beschaffen aus zweierlei Gründen bevorzugt regional.

Einerseits sind sie in der Region verankert und sehen sich in der Verpflichtung, die

lokale Wirtschaft bestmöglich zu unterstützen. Wie der Geschäftsführer eines

Kabelherstellers es beschrieb:

„Wir versuchen natürlich, die Komponenten zu bestmöglichen Konditionen einzukaufen […], wobei wir da sehr, sehr stark auch darauf schauen, dass wir in unserem unmittelbaren Wirtschaftsraum einkaufen, das ist für uns ein wesentlicher Punkt. Wir versuchen, die Wertschöpfung wo es möglich ist in unserem […] Umfeld zu belassen.“19

Ungeachtet der allgemeinen Tendenz der Internationalisierung der Beschaffung

(vgl. Spring Procurement & WU Wien, 2010, S. 6) ist den Unternehmen aus ihrer

Wertehaltung heraus wichtig, Betriebe aus der Region zu beauftragen – auch

wenn es bedeutet, höhere Kosten in Kauf zu nehmen. Die vorliegenden

Ergebnisse legen nahe, dass die Bereitschaft und der Wille, regional einzukaufen,

in Vorarlberg (und der Schweiz) im Vergleich zu Rest-Österreich besonders stark

ausgeprägt ist.

Neben der eigenen Überzeugung, das richtige zu tun, gibt es eine Reihe

handfester ökonomischer Gründe für die Bevorzugung regionaler Lieferanten. Sie

stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens durch Nähe,

Vertrauen, Identität und Nachhaltigkeit. Sie kann als Antwort auf die

Austauschbarkeit und Beliebigkeit globaler Marken gesehen werden und begegnet

der Unübersichtlichkeit eines weltweit verfügbaren Angebots. Zusätzlich wird die

Herkunft von Produkten als Qualitätskriterium etabliert (BMWFJ, 2010, S. 1).

Auf Unternehmensebene sind in vielen, vor allem größeren Unternehmen

Kostenvorteile, die sich aus geringeren Lohnkosten sowie weniger strengen

19

Interview 8

Page 94: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

84

(Umwelt-)Auflagen ergeben, die vorherrschende Motivation, weltweit einzukaufen

(Christopher, 2011, S. 185). Jedoch ist die globale Beschaffung in vielen Fällen

nur auf den ersten Blick kostengünstiger: „Eine reine Beschränkung auf die

Objektkosten genügt […] nicht, da sich in der Regel beim Global Sourcing

erheblich höhere Prozesskosten ergeben“ (Heß, 2010, S. 224). Nur selten werden

die Supply Chain-Kosten gesamthaft betrachtet, was zu einem höheren Risiko

hinsichtlich Lieferzeiten, größeren Lagerbeständen und einer höheren

Obsoleszenz – speziell in Märkten mit kurzen Produktlebenszyklen – führen kann

(Christopher, 2011, S. 191). Im Folgenden werden die kostenrelevanten Vorteile

des Local Sourcing nach Heß (2010, S. 225) aufgeführt:

Geringere Steuerungskosten: Die Auftragsabwicklung ist im lokalen Umfeld

weitaus weniger komplex. Dies umfasst unter anderem das

Qualitätsmanagement. Durch Kultur- und Sprachunterschiede

hervorgerufene Komplikationen entfallen.

In der Folge ergeben sich geringere Versorgungsrisiken und

Fehlmengenkosten.

Der Aufbau von Lieferantenpartnerschaften wird durch die geografische

Nähe stark vereinfacht.

Kosten für Transporte, Verpackung, Versicherungen und Verzollung

entfallen oder sind erheblich geringer.

Reduzierte Transportrisiken führen dazu, dass ein weitaus geringerer

Sicherheitsbestand gehalten werden muss.

Es besteht keine Notwendigkeit zur Absicherung von Währungsrisiken auf

dem Beschaffungsmarkt.

Ein wesentlicher Faktor für die bewusste Entscheidung zur regionalen

Beschaffung ist das geringe Bestellvolumen, für das es sich nicht lohnt, mit der

globalen Beschaffung zusammenhängende Risiken einzugehen. Kleine

Stückzahlen bedeuten, dass jedes Teil hundertprozentig fehlerfrei sein muss.

Zudem handelt es sich meist um komplexe Komponenten, deren Lohnkostenanteil

(manuelle Fertigung) gering ist.

Page 95: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

85

Die Unsicherheiten, die mit der globalen Beschaffung zusammenhängen, halten

KMU vielfach davon ab, sich auf Lieferanten außerhalb der Region bzw. (Mittel-

)Europas einzulassen. Die Überprüfung von Qualitäts-, Arbeits- und

Umweltstandards bei asiatischen Zulieferern etwa gestaltet sich für die Betriebe

als so gut wie unmöglich. Das Unwissen darüber, wie die Bedingungen bei diesen

Zulieferern sind – und die fehlende Kontrolle darüber – macht die Zusammenarbeit

mit diesen weitgehend uninteressant (vgl. auch Christopher, 2011, S. 192). Es

besteht wenig Flexibilität, falls ein Bauteil verändert werden muss und das hierfür

notwendige Know-How seitens der Lieferanten fehlt. Ein Einkäufer berichtete:

„[…] das ist ein Mordsaufwand, da kann ich nicht per Email schnell jemandem schreiben […], sondern da muss man dann wieder Entwicklungs-Know-How in die neue Leiterplatte zum Beispiel investieren […] da muss die Technologie zum Lieferanten hin transferiert werden. Wenn der in Ungarn sitzt, geht das noch halbwegs gut, wenn er in China sitzt, dann hab ich meinen Spezialisten schon mindestens eine Woche weg und wenn er im Ländle sitzt, ja dann mach ich’s an einem Vormittag.“20

Hinzu kommt die sprachliche Barriere. Diese Hürden verursachen nicht nur

Kosten, sondern auch beachtliche Zeitverzögerungen. Insgesamt stellen sich die

Herausforderungen größer dar als die vermeintlichen Kostenvorteile.

Auf der anderen Seite stehen die Vorzüge einer regionalen bzw. lokalen

Beschaffung. Sie dient einerseits als Risikominimierung, da sie Lieferausfälle

unwahrscheinlicher macht. Aufwändige Audits, insbesondere hinsichtlich

ökologischen und sozialen Standards, sind bei mitteleuropäischen Lieferanten

nicht notwendig. Der persönliche Kontakt und langjährige Geschäftsbeziehungen

schaffen eine Vertrauensbasis, die bis zu einem gewissen Grad Kontrollen ersetzt,

wie im Fall von THIEN eDrives den Einsatz kostspieliger Messgeräte. Die

Kommunikation funktioniert reibungslos und die geografische Nähe ermöglicht

schnellere Lieferungen und ein schnelleres (Re-)Agieren auf Änderungen.

Wesentlich ist auch der hohe Qualitätsanspruch, den Lieferanten aus anderen

Weltregionen in der Regel nicht erfüllen können. Eine Verantwortliche aus der

Entwicklung drückte es so aus:

20

Interview 1

Page 96: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

86

„Wir haben uns mal ein Weilchen im asiatischen Raum getummelt, aber da war die Lieferqualität derartig schlecht, dass wir davon wieder abgegangen sind. In Summe ist es für uns bei den kleinen Stückzahlen, wo wir mit jeder Lieferung eine Punktlandung machen müssen, viel effizienter zu arbeiten mit europäischen Lieferanten […] Je näher die [Lieferanten] uns räumlich sind, umso besser wird es.“21

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die regionale Ausrichtung der

Beschaffung ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die kleineren Unternehmen in der

technischen Industrie darstellt. Dabei handelt es sich um eine strategische

Entscheidung, die aus eigener Motivation heraus getroffen wird. Diese ist von der

eigenen Wertehaltung beeinflusst, stellt gleichzeitig aber auch die in ihrem Kontext

ökonomisch sinnvollste Option dar.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit von Kunden der KMU

die Tatsache, dass die Beschaffung regional passiert, wertgeschätzt wird –

immerhin handelt es sich um einen nicht unwesentlichen Beitrag zur

Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Nähe zum

Endkunden/zur Endkundin ausschlaggebend ist: Je näher der Kunde am

Konsumenten/der Konsumentin ist, umso häufiger werden Fragen nach dem

„Fußabdruck“ der Lieferkette gestellt bzw. zur Nachhaltigkeit des Produkts

generell. Ein Qualitätsmanager meinte dazu:

„Ich kenn‘ einen Kunden von uns, der ist extrem stolz drauf, dass er da aus der Nähe kauft, und der sagt das auch seinen Kunden – dass alles aus Österreich kommt. Der verkauft das so. […] [Wenn der Kunde] im Endkundenbereich unterwegs ist, redet er wirklich mit dem, der das Gerät kauft und das bei sich betreibt […] Dem bedeutet das dann schon was.“22

Es werde automatisch davon ausgegangen, dass Elektrotechnik aus Asien

stammt. Deshalb seien EndkundInnen umso mehr positiv überrascht, wenn sie

erfahren, dass das Produkt in ihrer Nähe produziert wird. Nach den vorliegenden

Ergebnissen handelt es sich bei den direkten Kunden der KMU, die aktiv

ökologische oder soziale Kriterien nachfragen, jedoch um Einzelfälle.

21

Interview 3 22

Interview 2

Page 97: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

87

3.4.4.2.2 Langfristige kooperative Lieferantenbeziehungen

Die konventionelle Herangehensweise im Einkauf basiert auf der Ansicht, dass

eine Vielzahl an Bezugsquellen für ein benötigtes Produkt zu bevorzugen sei. So

ließen sich Abhängigkeiten vermeiden, Lieferanten gegeneinander ausspielen und

der so entstehende Kostendruck zum eigenen Vorteil ausnutzen. Über die letzten

Jahre stellte sich jedoch heraus, dass eine rein auf Preisverhandlungen

basierende Supply-Strategie meist suboptimal ist. Erstens leidet die Qualität, da

der Lieferant ebenfalls gezwungen ist, Kosten zu drücken. Zweitens ist ein solches

Vorgehen der Serviceorientierung abträglich, da der Zulieferer der Bestellung eine

geringere Priorität einräumt. Drittens hat es sich in vielen Fällen als sehr

aufwändig erwiesen, eine Vielzahl von Lieferanten einzubeziehen (Christopher,

2011, S. 215). Letzteres bestätigen auch mehrere befragte KMU.

Je enger die Beziehung zwischen Käufer und Lieferant, umso wahrscheinlicher ist

es, dass die Expertise beider Beteiligter den größtmöglichen Nutzen für beide

schafft. Dies ist die Sicht des Konzepts der Co-Makership, welches die

Entwicklung einer langfristigen Beziehung mit einer limitierten Zahl an Lieferanten

darstellt. Wesentliche Voraussetzung dafür ist ein Vertrauensverhältnis der beiden

Geschäftspartner. So wird der Lieferant ein Teil der Produktrealisierung des

einkaufenden Unternehmens (Christopher, 2011, S. 215). Die Anwendung dieses

Konzepts ist bei den befragten KMU stark ausgeprägt, wie bei THIEN eDrives:

„Unsere Lieferanten sind häufig, sehr häufig Entwicklungspartner. Und nicht nur einfach Zulieferer. […] Sobald es sich um Spezialkomponenten handelt und man auch bei der Produktentwicklung das Potenzial hat, Geld zu sparen, indem man eine Konstruktion vereinfacht, ein Werkzeug vereinfacht, Fertigungszeiten einspart etc., […] versuchen wir das vorab mit dem Lieferanten zu klären bevor wir dann in die Detailkonstruktion gehen.“23

So entstehen auch Innovationen, die nicht selten positive Umweltaspekte

hervorrufen (Materialreduktion etc.). Der Einkäufer eines anderen befragten

Unternehmens betont: „Wir bezeichnen Lieferanten nicht als Lieferanten. Es sind

23

Interview 3

Page 98: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

88

Partner und […] wir leben das auch so. […] Wir arbeiten da sehr auf

Vertrauensbasis.“ Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades sind die KMU auf

Lieferanten angewiesen, die wiederum in anderen Bereichen Spezialisten sind. So

haben sich in vielen Unternehmen auf Basis langjähriger Kooperationen

Partnernetzwerke aufgebaut. Ein Paradebeispiel stellt das in Abbildung 21

beschriebene Schweizer Fertigungsnetzwerk „TwoInOne“ dar.

Durch das gegenseitige Vertrauen, den persönlichen Kontakt und die regelmäßige

Kooperation (und Kommunikation) entstehen den Partnern viele Vorteile: Ein

rasches Reagieren auf Änderungen (von Bauteilen etc.), Flexibilität, Zeitersparnis

und ein geringerer Kontrollaufwand. Die bewusste Lieferantenauswahl und der

Verzicht auf „Preisdumping“ kann auch Kostenvorteile bringen: Die Konzentration

auf einige wenige Hauptlieferanten bewirkt, dass das beschaffte Volumen pro

Zulieferer größer ist. Damit stimme der Preis und die Zuverlässigkeit, berichtet ein

KMU in der Metallbearbeitung.

Abbildung 21: Das Schweizer Fertigungsnetzwerk „TwoInOne“ (TwoInOne, 2015)

Eine Herausforderung, beispielsweise für THIEN eDrives, besteht darin, einen

Überblick über die Kompetenzen regionaler bzw. lokaler Lieferanten zu

Das Schweizer Fertigungsnetzwerk „TwoInOne“ Die Geschäftsführer eines der im Rahmen der Masterarbeit untersuchten Unternehmen sind Gründer des Partnernetzwerks TwoInOne. Dieses bündelt die Kompetenzen verschiedener Spezialisten und kann dem Kunden somit Komplettlösungen aus einer Hand anbieten. Expertenwissen aus der Gussherstellung und spanabhebenden Metallbearbeitung wird je nach Anforderung vereint mit dem Know-How weiterer Technologien. Vom Gussrohling über die mechanische Bearbeitung, Vermessung und Lackierung sind alle notwendigen Produktionsschritte abgedeckt. Alle sieben Partner des Netzwerks sind fachlich und logistisch miteinander vernetzt (TwoInOne, 2015). Der gemeinsame Auftritt als TwoInOne erhöht die Sichtbarkeit der einzelnen Kleinunternehmen und sorgt für eine effiziente Koordination der Abläufe und Fertigungsschritte. Nicht zuletzt stellt der Verbund ein Alleinstellungsmerkmal dar, das dazu beiträgt, sich von Mitbewerbern abzuheben.

Page 99: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

89

bekommen bzw. zu behalten und die Potentiale, bestehende Lieferanten noch

stärker auch für andere Dienstleistungen (deren Kompetenzen sie ebenfalls

besitzen) in Anspruch zu nehmen, zu erkennen.

Im Rahmen der Lieferantenkooperation spielt auch die Mitarbeitermotivation eine

nicht zu unterschätzende Rolle. Nur wenn die Beschäftigten bereit sind, bei

kurzfristigen Aufträgen Mehrarbeit zu leisten damit der Auftraggeber rechtzeitig

liefern kann, kann der Vorteil des flexiblen Agierens tatsächlich genutzt werden.

Hier sind Anerkennung und Wertschätzung gefragt.

3.4.4.3 Transparenz

Mit „Transparenz“ in der Lieferkette ist die Verfügbarkeit von Informationen über

Unternehmen, Lieferanten und Beschaffungsregionen für EndkundInnen und

andere Akteure gemeint. Forderungen unterschiedlicher Stakeholder (wie

KonsumentInnen, Regierungen und Unternehmen), solche Informationen

bereitzustellen, haben in den letzten Jahren enorm zugenommen (Financial

Times, 2015). Während traditionell Qualitäts- und Sicherheitsfragen im Fokus

standen, nimmt der Druck auf Unternehmen zu, auch sozialen und ökologischen

Auswirkungen in ihren Lieferketten nachzugehen. Immer mehr Firmen realisieren,

dass sich mithilfe neuer Kommunikationstechnologien Informationen blitzschnell

auffinden und verbreiten lassen und es daher von Vorteil ist, proaktiv die

Sichtbarkeit der eigenen Lieferkette zu verbessern. Diese kann dabei helfen,

Risiken wie Produktionsausfälle besser zu antizipieren, Reputationsschäden

vorzubeugen und den Ruf des Unternehmens als zuverlässiger Geschäftspartner

zu festigen. Davon abgesehen sind Anforderungen an Produktqualität und –

sicherheit ohne fundierte Informationen über das eigene Lieferantennetzwerk

kaum zu erfüllen (Brown & New, 2011).

Die Überwachung der gesamten Supply Chain gestaltet sich (kosten)aufwändig

und komplex. Viele Unternehmen, die sich näher mit ihrer Lieferkette

Page 100: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

90

beschäftigten, stellen fest, dass sich die größten sozialen und ökologischen

Auswirkungen nicht auf den Stufen der Wertschöpfung abspielen, auf die sie

Einfluss haben und wo bereits Audits und Überprüfungen stattfinden – bei den

direkten Lieferanten – sondern bei Unterlieferanten auf tieferen Ebenen der

Wertschöpfungskette (vgl. UN Global Compact, 2012). Abbildung 22 zeigt

anschaulich, dass in den Technologiesektoren der überwältigende Teil der

Naturkapital-Kosten (der finanzielle Wert der Ressourcen die extrahiert und

Abfälle und Emissionen die produziert werden) nicht von den Unternehmen direkt,

sondern durch Vorgänge in der Lieferkette verursacht wird.

Abbildung 22: Anteil der entstehenden externen Kosten des Naturkapitals in der Supply Chain (Bernick, 2015 nach Trucost, 2014)

In der Elektronikindustrie beispielsweise besteht ein wesentliches

Nachhaltigkeitsproblem darin, dass die Bergwerke, in denen die Rohstoffe für ihre

Produkte gefördert werden, in Konfliktgebieten liegen (UN Global Compact, 2012).

Im Rahmen ihrer Bemühungen, eine „nachhaltige“ Computermaus zu entwickeln,

bildete das Unternehmen Nager IT die Wertschöpfungskette derselben ab. Wie in

Abbildung 23 zu sehen, stellen die rosa eingefärbten Felder jene Bereiche bzw.

Page 101: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

91

Rohstoffe dar, in denen es bisher nicht gelungen ist, Informationen zu Lieferanten

und Produktionsbedingungen zu beschaffen.

Abbildung 23: Die Lieferkette einer Computermaus (Nager IT, 2015)

Dies vermittelt einen Eindruck davon, wie schwierig es ist, Kenntnisse über die

hinsichtlich Nachhaltigkeit kritischsten Bereiche der Lieferkette der technischen

Industrie zu erlangen.

Laut Angaben der befragten Unternehmen nehmen Anfragen hinsichtlich

Transparenz zu bzw. sind sie in vielen Bereich, insbesondere dem

Automobilsektor, bereits Standard. Dabei unterscheiden sich diese je nach Kunde

und Region. Bei Lieferungen in die USA werden Nachweise wie die UL-

Zertifizierung verlangt, bei der die Organisation Underwriters Laboratories (UL)

Page 102: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

92

Produkte hinsichtlich ihrer Sicherheit untersucht und zertifiziert (UL, 2015). Dies

bedeutet für Lieferanten, dass sämtliche verwendeten Rohmaterialien UL-

zertifiziert und die nötigen Unterlagen vorhanden sein müssen. Die Anforderungen

werden durch die gesamte Lieferkette hindurch weitergereicht. In einigen

Bereichen, beispielsweise der Luftfahrtindustrie, sind Systeme zur lückenlosen

Rückverfolgung von Produktkomponenten bereits seit Längerem etabliert (vgl.

New, 2010). Auch der Automobilsektor ist bekannt für seine stringente

Rückverfolgbarkeit von Komponenten und Materialien, unterstützt u.a. durch IT-

Systeme wie das Internationale Materialdatenbanksystem, an dem sich alle

großen Automobilhersteller beteiligen und über das Lieferanten Details zu

verwendeten Materialien bekanntgeben müssen (HP, 2013). Darüber hinaus sind

die Lieferanten bei Anfragen von Kunden hinsichtlich RoHS-Konformität gesetzlich

gefordert, Informationen über ihre Zulieferer bekannt zu geben.

Im Rahmen der Befragungen wurde der Eindruck gewonnen, dass die

kundengetriebene Dokumentation des Warenursprungs und Bereitstellung von

Lieferanteninformationen bereits gang und gäbe ist und den KMU keine großen

Schwierigkeiten bereitet. Ein Einkäufer formulierte es so:

„Bis jetzt hatten wir nie Probleme [Lieferanten bekanntzugeben]. Unsere Lieferanten müssen ja die RoHS dann auch weiter hinterfragen und schicken uns dann von ihren Lieferanten die Informationen. So ist das für mich, wenn ich möchte, recht transparent.“24

Nichtsdestotrotz fiel mehrmals die Aussage, dass aus eigener Motivation heraus

keine zusätzlichen Maßnahmen zur Förderung der Transparenz getroffen werden

würden. Es wird reaktiv auf Anforderungen reagiert, die notwendige

Dokumentation sicherzustellen, aber keine proaktiven Bemühungen

vorgenommen, die Sichtbarkeit der Lieferkette über die direkten Zulieferer hinaus

zu erhöhen. Es wird darin kein Zusatznutzen für das eigene Unternehmen erkannt

bzw. werden Risiken wie Rohstoffknappheit oder Menschenrechtsverletzungen als

nicht hoch genug für das eigene Unternehmen eingeschätzt, als dass die

Investition zeitlicher und finanzieller Ressourcen lohnenswert wäre.

24

Interview 1

Page 103: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

93

3.4.5 Fachliche Unterstützung

Aufgrund der Themenvielfalt und der hohen Komplexität von

Nachhaltigkeitsaspekten in der Lieferkette wurde an die GesprächspartnerInnen

die Frage gestellt, wo sich ihr Unternehmen Hilfestellung in der Umsetzung sucht

bzw. bei Bedarf suchen würde. Die Relevanz der Frage „Inwieweit, in welcher

Form und von wem erhalten die KMU fachliche Unterstützung bei der Umsetzung

von CSR in der Lieferkette?“ wurde durch die Tatsache relativiert, dass (wie oben

ausgeführt) die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit in der

Lieferkette bisher kaum gesehen wird.

Die Stellen, bei denen sich die Unternehmen Unterstützung suchen (würden), sind

unterschiedlich. Am häufigsten wurden „Hersteller“ und „Lieferanten“ genannt.

Diese können vor allem zu Materialien und Herkunft Informationen bereitstellen.

Einige relevante Informationen werden bereits über die im Qualitätsmanagement

vorgesehene Lieferantenbewertung eingeholt. Darüber hinaus können auch

Distributoren (Händler) Auskünfte geben, was für viele KMU, deren Bestellwerte

zu gering sind um sich direkt an die Hersteller zu wenden, eine nicht zu

unterschätzende Bedeutung hat.

Für THIEN eDrives zählen die beiden größten Kunden zu den wichtigsten

Informationsquellen. Sie stellen, z.B. bei Gesetzesneuerungen, Unterlagen zur

Verfügung und bieten wenn nötig darüber hinaus gehende Hilfestellung an. Diese

Informationen kann THIEN eDrives in weiterer Folge an die eigenen Lieferanten

weitergeben. Mehrere Unternehmen gaben an, die für sie notwendige Expertise im

Haus zu haben, wobei die Stelle des/der Qualitätsmanagers/in als zuständig

angesehen wurde. Teilweise bestehen auch Qualifizierungen wie Fachkraft für

Arbeitssicherheit; darüber hinaus wurden aber keine nachhaltigkeitsrelevanten

Ausbildungen genannt.

Page 104: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

94

Weitere externe Stellen, die angesprochen wurden, waren Rechtsanwälte für

rechtliche Fragen, die Wirtschaftskammer und Branchenvereinigungen.

Tatsächlich konsultiert wurden diese aber zu Nachhaltigkeitsthemen noch nicht.

Eine interessante Informations- und Inspirationsquelle können außerdem

Forschungsvorhaben verschiedener Art sein, an denen sich KMU beteiligen. Diese

setzen sich in den meisten Fällen mit Zukunfts- und damit Nachhaltigkeitsfragen

auseinander.

Page 105: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

95

4 Resümee

Um sich der Beantwortung der Hauptforschungsfrage zu nähern, wurde eingangs

die Sub-Frage gestellt, was KMU motiviert, Maßnahmen zu einem ökologisch und

sozial verträgliche(re)n Lieferkettenmanagement umzusetzen. Aus eigener

Motivation heraus setzen KMU in der technischen Industrie Maßnahmen dann,

wenn sie einen direkten oder indirekten ökonomischen Mehrwert (Kosten- und

Zeitersparnis, Qualitätssicherung, Innovationen) darin sehen. Ein weiteres

intrinsisches Motiv stellt die moralische Verpflichtung dar, im Sinne eines

corporate citizen Verantwortung für die Region zu übernehmen und bevorzugt

regional zu beschaffen. Die Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten hat

zudem handfeste ökonomische Vorteile (im Gegensatz zur globalen Beschaffung),

die vorrangig mit geringen Stückzahlen und dem hohen technischen Niveau

zusammenhängen. Extrinsisch angeregt werden KMU vor allem durch Vorgaben

von Kunden oder dem Gesetzgeber. Diese Anforderungen werden in erster Linie

erfüllt, um marktfähig zu bleiben. Der Mehrwert der auf diese Art und Weise

induzierten Maßnahmen für das eigene Unternehmen wird jedoch meist nicht

gesehen, was dazu führt, dass die Effektivität dieser beschränkt ist. Das ist

eindrücklich am Beispiel der Lieferantenkodizes großer Unternehmen zu sehen.

Letztere überprüfen weder die Einhaltung der propagierten Prinzipien, noch

kommunizieren sie an ihre Lieferanten, warum die Beschäftigung mit Fragen der

Nachhaltigkeit letztlich auch ökonomisch Sinn macht. Die Rolle der

Großunternehmen ist aufgrund des Einflusses auf ihre KMU-Lieferanten eine

bedeutende, die das Potential hat, Lieferketten sozial- und umweltverträglicher zu

machen. Aus den oben genannten Gründen und einer generell unterschiedlichen

Herangehensweise von Großunternehmen und KMU an betriebliche

Nachhaltigkeit wird es jedoch nicht ausgeschöpft.

Ein Trend in Richtung „mehr Nachhaltigkeit“ in Lieferketten, wie in der Literatur

vielfach angedeutet, kann durch die vorliegenden Ergebnisse nicht bestätigt

werden. Dies hängt vorrangig mit der Position der KMU in der Lieferkette

zusammen. Nachhaltigkeitskriterien spielen im B2B-Bereich eine sehr

Page 106: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

96

untergeordnete Rolle. Ihre Bedeutung steigt in dem Maße, in dem die Distanz (in

der Lieferkette) zum/r Endkunden/Endkundin sinkt.

Die Strategien im Lieferkettenmanagement der KMU sind darauf ausgerichtet,

direkt oder indirekt die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, um letztlich am

globalen Markt „mithalten“ zu können. Der Fokus liegt fast ausschließlich auf

direkten Zulieferern. Aufgrund des starken Wettbewerbs- und Kostendrucks und

damit einher gehender begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen werden

„freiwillige“ Maßnahmen mit Nachhaltigkeitseffekt nur dann vorgenommen, wenn

sie auch ökonomisch Sinn machen.

Die wichtigste proaktive Strategie, die von KMU im vorliegenden Kontext

umgesetzt wird, ist die bewusste Bevorzugung regionaler Lieferanten. Diese hat

durch die enge langfristige, auf Vertrauen basierende Kooperation neben

wirtschaftlichen Vorteilen (Qualität, Flexibilität, Know-How, etc.) auch positive

ökologische (verkürzte Transportwege, Generierung von Innovationen zur

Material- und Energieeinsparung) und gesellschaftliche (lokale Wertschöpfung)

Auswirkungen. Hinsichtlich Maßnahmen die reaktiv als Reaktion auf

Anforderungen von außen gesetzt werden, ist das Handlungsfeld Transparenz

wesentlich, also das Erfassen und Weitergeben von Informationen über

Lieferanten und Materialien. Jedoch geht es dabei nicht um

Nachhaltigkeitsaspekte, sondern primär um die Gewährleistung von

Produktsicherheit und Qualitätsattributen.

Die bestehende enge Zusammenarbeit mit Lieferanten, die meist als

„(Entwicklungs-)Partner“ bezeichnet werden, wird bisher nicht explizit zur

Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen genutzt, wenngleich gemeinsam erarbeitete

Produktverbesserungen oftmals positive ökologische Nebeneffekte (z.B.

Materialreduktion) haben.

Jene nachhaltigkeitsrelevanten Themenfelder, bei denen wenig bis kein Bezug

zum eigenen Betrieb hergestellt wird, betreffen insbesondere die unteren Ebenen

Page 107: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

97

der Wertschöpfungskette. Dazu zählen soziale und Umweltauswirkungen des

Abbaus Seltener Erden oder die Verknappung von Rohstoffen. Dies kann unter

Umständen ein unternehmerisches Risiko – Stichwort Versorgungssicherheit –

darstellen.

Das Lieferantenmanagement wird üblicherweise im Rahmen des

Qualitätsmanagementsystems nach ISO9001 abgewickelt. Die Überprüfung der

Anforderungen, die an die eigenen Lieferanten gestellt werden, erfolgt demnach

über Audits direkt beim Lieferanten. Hier kommen wieder der persönliche Kontakt

und die geringe Distanz ins Spiel, die die Verständigung und den Austausch

erleichtern. Ökologische und soziale Fragen werden dabei am Rande, aber meist

nicht systematisch bzw. nur im Anlassfall mit einbezogen. Der in Mitteleuropa

vorherrschende gesetzliche Standard wird als so hoch erachtet, dass eingehende

Kontrollen in diesen Bereichen als nicht notwendig angesehen werden.

Generell kann das Resümee gezogen werden, dass der externe Druck seitens

Kunden und Gesetz zwar der Haupttreiber von nachhaltigkeitsrelevanten

Maßnahmen in der Lieferkette ist. Gleichzeitig werden aber aus intrinsischer

Motivation heraus viele Handlungen gesetzt, die im ökologischen und

gesellschaftlichen Sinn sehr positive Auswirkungen haben.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Erkenntnisse aus der vorliegenden Arbeit nur

begrenzt auf andere Kontexte und Orte übertragbar sind. Insbesondere das starke

Bekenntnis zur Region scheint in Vorarlberg besonders ausgeprägt; von einem

allgemeinen Trend zurück in Richtung regionaler Lieferketten kann deshalb nicht

gesprochen werden. Trotz dieser Limitationen können aus den Ergebnissen einige

Handlungsempfehlungen für KMU abgeleitet werden, die nachfolgend in Kapitel 5

aufgeführt sind.

Page 108: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

98

5 Potentiale für KMU

Aus den vorliegenden Ergebnissen lassen sich folgende Handlungsempfehlungen

für KMU in der technischen Industrie formulieren, die im Sinne einer nachhaltigen

und tragfähigen Lieferkette beachtet werden sollten:

Den ökologischen und gesellschaftlichen Mehrwert der betrieblichen Aktivitäten und die Werte des Unternehmens selbstbewusster darstellen und kommunizieren. Nicht nur gegenüber Kunden macht dies einen guten Eindruck, es spricht auch bestehende und potentielle neue MitarbeiterInnen an.

Umwelt- und soziale Aspekte in bestehende Systeme, etwa ins Qualitätsmanagement, integrieren. So können im Rahmen der ISO9001 neben Qualitäts- auch Umwelt- und Mitarbeiterziele gesetzt und die Zielerreichung überprüft werden. Außerdem sollten Nachhaltigkeitsfragen, beispielsweise die Auswirkungen des Klimawandels auf Produkte und Prozesse, ins Risikomanagement Eingang finden.

Lieferanten noch stärker einbeziehen, um Produktverbesserungen zu erzielen und Innovationen zu generieren. Konkrete ökologische Fragestellungen einfließen lassen (z.B. „Wie müsste das Produkt aussehen, um Material- und Energieverbrauch deutlich zu reduzieren?“).

Genau abwägen ob die globale Beschaffung tatsächlich günstiger kommt, wenn alle damit einher gehenden (Mehr-)Kosten und Risiken mit einkalkuliert werden.

Über die direkten Lieferanten hinaus Netzwerke aufbauen. Dies birgt Potentiale, effizienter zu arbeiten und sich am Markt abzuheben (s. Beispiel „TwoInOne“, Kapitel 3.4.4.2.6).

Potentiale analysieren und ausschöpfen, anstatt vorrangig die Belastung hinter gesellschaftlichen und ökologischen Aspekten zu sehen. Dazu lassen sich kostenlose Leitfäden, bspw. von respACT 25 oder KMU Kompass Nachhaltigkeit26 nutzen, die auch dabei helfen, ein strukturiertes aber praktikables nachhaltiges Lieferkettenmanagement aufzubauen.

Gemeinsam mit Lieferanten und Partnern an Problemstellungen arbeiten. Auch die Teilnahme an geförderten Forschungsprojekten (EU, Forschungsförderungsgesellschaft) oder die Vergabe von Studierendenarbeiten (Master-, Bachelorarbeiten) ermöglicht es, neue Perspektiven und Herangehensweisen zu erkennen und zu erproben.

25

www.respact.at/lieferkettekmu 26

http://kmu.kompass-nachhaltigkeit.de/

Page 109: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

99

Speziell bei Produkten mit „nachhaltigen“ Eigenschaften (energieeffizient, gut recyclebar…) lohnt es sich, auszuloten, inwieweit EndkundInnen oder Kunden noch stärker angesprochen werden können, die in der Lieferkette nahe am Endkunden positioniert sind. Positive ökologische (oder soziale) Faktoren werden mit zunehmender Nähe zum Endkunden stärker geschätzt und nachgefragt.

Page 110: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

100

6 Ausblick

Einige Fragestellungen blieben im Rahmen dieser Arbeit unbeantwortet bzw.

konnten nicht weiter vertieft werden. Generell sind Marktmechanismen kritisch zu

beleuchten, die verhindern, dass sich CSR-Maßnahmen in der Lieferkette auch

wirtschaftlich lohnen. Darüber hinaus sollte der Schnittstelle KMU – einkaufendes

Großunternehmen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, um Bemühungen

hinsichtlich einer sozial- und umweltverträglichen Lieferkette zukünftig effektiver zu

gestalten (Stichwort Lieferantenkodizes). Eine wichtige Fragestellung ist auch, wie

die Aufmerksamkeit stärker auf die unteren Ebenen der Wertschöpfungskette

(Abbau von Rohstoffen) gelenkt werden kann, wo gravierende

Nachhaltigkeitsprobleme auftreten. Was die Transparenz von Lieferketten betrifft,

so ist diese in der technischen Industrie bereits auf sehr hohem Niveau. Es sollte

untersucht werden, wie dies für eine gesteigerte Transparenz von

gesellschaftlichen und sozialen Aspekten genutzt werden kann.

Page 111: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

101

7 Literaturverzeichnis

Ahi, P. & Searcy, C. (2013): A comparative literature analysis of definitions for green and sustainable supply chain management. Journal of Cleaner Production, 52, 329-341.

Amnesty International (2012): Vedanta’s Perspective Uncovered: Policies cannot

mask practices in Orissa. Abgerufen am 20.8.2015 von http://www.amnesty.org.uk/sites/default/files/vedanta2.pdf

ASQ (2015): Failure Mode Effects Analysis (FMEA). Abgerufen am 11.7.2015

von http://asq.org/learn-about-quality/process-analysis-tools/overview/fmea.html

Außenwirtschaft Austria (2015): Hidden Champions aus Österreich erobern die

Welt. Abgerufen am 12.7.2015 von http://www.advantageaustria.org/zentral/publikationen/ae/old/Special_Edition_Austria_s_Hidden_Champions.pdf

Austrian Energy Agency (2009): Energiemanagement für Österreich: Beschaffungs- und Wartungsvorgaben Elektromotoren. Abgerufen am 21.8.2015 von http://www.energyagency.at/fileadmin/dam/pdf/projekte/industrie/EM2010_AC-Motoren_Dez2009.pdf

AWO Bundesverband e.V. [AWO] (2014): Die aktuelle ISO-Survey 2013 stellt die

Daten zur Verbreitung der ISO-Zertifizierungen vor. Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.awo-informationsservice.org/aktuelle-meldungen/einzelmeldung/datum/2014/12/12/der-aktuelle-iso-survey-2013-stellt-die-daten-zur-verbreitung-der-iso-zertifizierungen-vor/

Baden, D.A., Harwood, I.A. & Woodward, D.G. (2009): The effect of buyer

pressure on suppliers in SMEs to demonstrate CSR practices: An added incentive or counter productive? European Management Journal, 27, 429-441.

Bak, P.M. (2014): Wirtschafts- und Unternehmensethik. Eine Einführung.

Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag. Bernick, L. (2015): True Cost. 5 ways to apply natural capital valuation in your

business. Abgerufen am 12.9.2015 von http://www.greenbiz.com/article/5-ways-apply-natural-capital-valuation-your-business

Beschorner, T. & Hajduk, T. (2015): ‚Der ehrbare Kaufmann‘ und ‚Creating

Shared Value‘. Eine Kritik im Lichte der aktuellen CSR-Definition. In Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (269-282).

Page 112: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

102

Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag. Brown, D. & New, S. (2011): The Four Challenges of Supply Chain

Transparency. Abgerufen am 12.9.2015 von http://www.europeanbusinessreview.com/?p=3413

Buchholtz, A.K. & Carroll, A.B. (2012): Business and Society. Ethics and

Stakeholder Management. Boston: South-Western Cengage. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit [BMUB]

(2014): GreenTech made in Germany 4.0. Umwelttechnologie-Atlas für Deutschland. Abgerufen am 4.7.2015 von http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/greentech_atlas_4_0_bf.pdf

Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend [BMWFJ] (2010):

Erfolgsfaktor Region. Wie KMU ihr Regionalkapital optimal nutzen. Abgerufen am 22.8.2015 von http://oearat.web06.vss.kapper.net/wp-content/uploads/104DBS_KMU-Studie-Endbericht_HOMEPAGE_2010.pdf

Bundesverband der deutschen Industrie [BDI] (2015): Industriebegriff. Abgerufen

am 21.9.2015 von http://www.bdi.eu/Industriebegriff.htm Business & Human Rights Resource Centre [BHR-RC] (2015): Natural

Resources. Abgerufen am 21.8.2015 von http://business-humanrights.org/en/natural-resources

BHR-RC (2015a): Mining. Related stories and components. Abgerufen am

15.8.2015 von http://business-humanrights.org/en/sectors/natural-resources/mining

Carter, C.R. & Rogers, D.S. (2008): A framework of sustainable supply chain

management: Moving toward new theory. International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, 38/5, 360-387.

Chen, I.J. & Paulraj, A. (2003): Towards a theory of supply chain management:

the constructs and measurements. Journal of Operations Management, 22, 119-150.

Christopher, M. (2011): Logistics and supply chain management. Harlow:

Prentice Hall. Ciliberti, F., Pontrandolfo, P & Scozzi, B. (2008): Investigating corporate social

responsibility in supply chains: An SME perspective. Journal of Cleaner Production, 16, 1579-1588.

Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production, Global Nature

Fund & Südwind e.V. (2014): Nachhaltige Rohstoffe für den deutschen

Page 113: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

103

Automobilsektor. Herausforderungen und Lösungswege. Abgerufen am 2.7.2015 von http://suedwind-institut.de/fileadmin/fuerSuedwind/Publikationen/2014/2014-13_Nachhaltige_Rohstoffe_fuer_den_deutschen_Automobilsektor.pdf

Cooper, M.C., Lambert, D.M. & Pagh, J.D. (1997): Supply Chain Management:

More than a new name for Logistics. International Journal of Logistics Management, 8/1, 1-14.

D’heur, M. (2014): Shared.value.chain: Profitables Wachstum durch nachhaltig

gemeinsame Wertschöpfung. In D’heur M. (Hrsg.), CSR und Value Chain Management. Profitables Wachstum durch nachhaltig gemeinsame Wertschöpfung. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Dahlsrud, A. (2008): How Corporate Social Responsibility is Defined: an Analysis

of 37 Definitions. Corporate Social Responsibility and Environmental Management, 15, 1-13.

Drexhage, J. & Murphy, D. (2012): Sustainable Development: From Brundtland to

Rio 2012. New York: International Institute for Sustainable Development. Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.un.org/wcm/webdav/site/climatechange/shared/gsp/docs/GSP1-6_Background%20on%20Sustainable%20Devt.pdf

Earley, K. (2013): Supply chain transparency. Forging better relationships with

suppliers. Abgerufen am 13.9.2015 von http://www.theguardian.com/sustainable-business/supply-chain-transparency-relationships-suppliers

Ebner, G. & Goiser, T. (2015): CSR und Risikomanagement. In Schneider A. &

Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (571-580). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

E-Control (2012): Stromkennzeichnung. Abgerufen am 21.8.2015 von

http://www.e-control.at/industrie/oeko-energie/stromkennzeichnung Electronic Industry Citizenship Coalition [EICC] (2015): About Us. Abgerufen am

15.8.2015 von http://www.eiccoalition.org/about/ Electronics Watch (2013): Poor working conditions persist at Chinese suppliers of

global brands. Abgerufen am 22.8.2015 von http://electronicswatch.org/en/poor-working-conditions-persist-at-chinese-suppliers-of-global-it-brands_14704

Elkington, J. (2004): Enter the Triple Bottom Line. In Henriques, A. & Richardson,

J. (Hrsg.), The Triple Bottom Line. Does it all add up? Abgerufen am 26.7.15 von

Page 114: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

104

http://storage.globalcitizen.net/data/topic/knowledge/uploads/20110909112242533.pdf

Europäische Kommission (2011): Communication from the Commission to the

European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions: A renewed EU Strategy 2011-14 for Corporate Social Responsibility. Abgerufen am 11.7.2015 von http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0681:FIN:EN:PDF

Europäische Kommission (2012): Österreichische KMU werden immer „grüner“.

Abgerufen am 11.7.2015 von http://ec.europa.eu/austria/news/2012_03_27_kmu_de.htm

Europäische Kommission (2013): Reducing the EU’s dependency on raw materials: European Innovation Partnership launched. Abgerufen am 12.7.2015 von http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-92_en.htm

Europäische Kommission (2014): Corporate Social Responsibility (CSR).

Abgerufen am 11.7.2015 von http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sustainable-business/corporate-social-responsibility/index_en.htm

Europäische Kommission (2014a): Mitteilung der Europäischen Kommission an

das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Überprüfung der Liste kritischer Rohstoffe für die EU und die Umsetzung der Rohstoffinitiative. Abgerufen am 20.8.2015 von http://ec.europa.eu/growth/sectors/raw-materials/specific-interest/critical/index_en.htm

Europäische Kommission (2015): Recast of the RoHS Directive. Abgerufen am

11.7.2015 von http://ec.europa.eu/environment/waste/rohs_eee/index_en.htm

Europäische Kommission (2015a): What is an SME? Abgerufen am 26.7.15 von

http://ec.europa.eu/growth/smes/business-friendly-environment/sme-definition/index_en.htm

Europäische Kommission (2015b): CORDIS Community Research and

Development Information Service: SYRNEMO Project. Abgerufen am 12.9.2015 von http://cordis.europa.eu/project/rcn/110530_en.html

Europäisches Parlament (2015): Konfliktmineralien: Parlament will obligatorische

Zertifizierung von Importeuren. Abgerufen am 15.8.2015 von http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/content/20150513IPR55318/html/Konfliktmineralien-Parlament-will-

Page 115: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

105

obligatorische-Zertifizierung-von-Importeuren Exner, A. (2014): Innovation und Effizienz machen die Elektroindustrie zum

Exportkaiser. Abgerufen am 2.8.2015 von http://wirtschaftsblatt.at/archiv/printimport/1568106/Innovation-und-Effizienz-machen-die-Elektroindustrie-zum-Exportkaiser

Fairphone (2012): Dodd-Frank Act Update. Abgerufen am 15.8.2015 von

https://www.fairphone.com/2012/10/31/dodd-frank-act-update/ Financial Times (2015): Definition of supply chain transparency. Abgerufen am

12.9.2015 von http://lexicon.ft.com/Term?term=supply-chain-transparency Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (2011): Zukunftsmarkt

Effiziente Elektromotoren. Abgerufen am 20.8.2015 von http://www.isi.fraunhofer.de/isi-wAssets/docs/e/de/publikationen/Fallstudie_Elektromotoren.pdf

Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (2015): Seltene Erden.

Fraunhofer-Leitprojekt ‚Kritikalität Seltener Erden‘. Abgerufen am 21.8.2015 von https://www.fraunhofer.de/de/forschungsfelder/fraunhofer-leitprojekte/fraunhofer-seltene-erden.html

Freeman, R.E., Harrison, J.S. & Wicks, A.C. (2007): Managing for stakeholders.

Survival, reputation, and success. New Haven and London: Yale University Press.

Froschauer, L. und Lueger, M. (2003): Das qualitative Interview. Zur Praxis

interpretativer Analyse sozialer Systeme. Wien: WUV Verlag. Froschauer, L. und Lueger, M. (2009): Interpretative Sozialforschung: Der

Prozess. Wien: Facultas Verlag. Gabler Verlag (2015): Gabler Wirtschaftslexikon. Wertschöpfungskette.

Abgerufen am 26.7.15 von http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/wertschoepfungskette.html

Garriga, E. & Melé, D. (2004): Corporate Social Responsibility Theories: Mapping

the Territory. Journal of Business Ethics, 53, 51-71. Gelbmann, U. & Baumgartner, R.J. (2015): Strategische Impelmentierung von

CSR im Unternehmen mit Schwerpunkt auf KMU. In Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (427-440). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Global Witness (2015): Briefing: The Dodd Frank Act. Abgerufen am 15.8.2015

von https://www.globalwitness.org/campaigns/conflict-minerals/dodd-

Page 116: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

106

frank-act/?gclid=CLzymdyiq8cCFTDItAodTKQAsg Goulding, C. (2002): Grounded Theory. A practical guide for Management,

Business and Market Researchers. London: SAGE Publications. Greenpeace (2014): Grüne Elektronik-Report. Abgerufen am 21.08.2015 von

http://www.greenpeace.org/austria/de/multimedia/Publikationen/dokumente/Grune-Elektronik-Report2014/

Günther, H.-O. (2005): Supply Chain Management and Advanced Planning

Systems: A Tutorial. In Günther H.-O., Mattfeld D.C. & Suhl, L. (Hrsg.), Supply Chain Management und Logistik: Optimierung, Simulation, Decision Support. Heidelberg: Physica-Verlag.

Handfield, R.B. & Nichols, E.L. (2002): Supply Chain Redesign. Transforming

supply chains into integrated value systems. New Jersey: Prentice Hall. Hart, S.L. (1995): A Natural-Resource Based View of the Firm. Academy of

Management Review, 20, 4, 986-1012. Abgerufen am 8.9.2015 von http://faculty.wwu.edu/dunnc3/rprnts.naturalresourceviewofthefirm.pdf

Heide, M. & Vaaland, T.I. (2007): Can the SME survive the supply chain

challenges? Supply Chain Management: An International Journal, 12, 1, 20-31.

Heß, G. (2010): Supply-Strategien in Einkauf und Beschaffung. Systematischer

Ansatz und Praxisfälle. Wiesbaden: Gabler Verlag. Hewlett-Packard [HP] (2013): Willkommen im internationalen

Materialdatenbanksystem. Abgerufen am 12.9.2015 von http://www.mdsystem.com/imdsnt/startpage/index.jsp

Hildebrandt, A. (2015): Wertschöpfung und Kulturwandel im Mittelstand. In

Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (441-450). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Hindle, T. (2009): Triple bottom line. It consists of three Ps: profit, people and

planet. Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.economist.com/node/14301663

Humboldt Universität Berlin (2015): Semiotischer Thesaurus Index:

‚Technologie‘. Abgerufen am 21.9.2015 von http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/infopub/textbook/definitions/do6.html

Infineon (2014): Die Umwelt im Fokus. Aktualisierte Umwelterklärung 2014.

Abgerufen am 21.08.2015 von http://www.infineon.com/export/sites/default/media/regions/at/brochures/U

Page 117: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

107

E_2014_D_Monitor.pdf International Automotive Task Force [IATF] (2009): Technische Spezifikation:

Qualitätsmanagementsysteme – Besondere Anforderungen bei Anwendung von ISO 9001:2008 für die Serien- und Ersatzteilproduktion in der Automobilbranche. Genf: International Organization for Standardization.

International Organization for Standardization [ISO] (2012): ISO9001 – What

does it mean in the supply chain? Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.iso.org/iso/PUB100304.pdf

Kolk, A. & van Tulder, R. (2005): Setting new global rules? TNC and code of

conducts. Transnational Corporations, 14/3, 1-27. Knudsen, J.S. (2013): The growth of private regulation of labor standards in

global supply chains: Mission impossible for western small and medium-sized firms? Journal of Business Ethics, 117/2, 387-398.

Lamnek, S. (1995): Qualitative Sozialforschung. Band 1 - Methodologie.

Weinheim: Psychologie Verlags Union. Linton, J.D., Klassen, R. & Jayaraman, V. (2007): Sustainable supply chains: An

introduction. Journal of Operations Management, 25, 1075-1082. Luidold, S., Kozlik, M., Raith, J.G. u.a. (2013): Kritische Rohstoffe für die

Hochtechnologieanwendung in Österreich. Berichte aus Energie- und Umweltforschung 11/2013. Abgerufen am 21.8.2015 von http://www.nachhaltigwirtschaften.at/results.html/id6903

Matten, D., Crane, A. & Chapple, W. (2003): Behind the mask: Revealing the true

face of corporate citizenship. Journal of Business Ethics, 45, 1/2, 109-120. Moore, S.B. & Manring, S.L. (2009): Strategy development in small and medium

sized enterprises for sustainability and increased value creation. Journal of Cleaner Production, 17, 276-282.

New, S. (2010): Manufacturing: The Transparent Supply Chain. Abgerufen am

5.9.2015 von https://hbr.org/2010/10/the-transparent-supply-chain Organisation for Economic Cooperation and Development [OECD] (2011): 2011

Update of the OECD Guidelines for Multinational Enterprises. Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.oecd.org/corporate/mne/49744860.pdf

Osburg, T.H. (2015): Strategische CSR und Kommunikation. In Schneider A. &

Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (737-748). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Page 118: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

108

Pedersen, E.R. (2009): The many and the few: rounding up the SMEs that

manage CSR in the supply chain. Supply Chain Management: An International Journal, 14/2, 109-116.

Planet S.A. & Danish Technological Institute (2010): SMEs and the Environment

in the European Union. Abgerufen am 30.7.2015 von http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download;jsessionid=41D02DA05B072A93F242B66C01B9505A?doi=10.1.1.352.6825&rep=rep1&type=pdf

Porter, M. E. & Kramer, M.R. (2003): The competitive advantage of corporate

philanthropy. In: Harvard Business Review on Corporate Responsibility. Boston: Harvard Business School Publishing Corporation.

Porter, M.E. (2004): Competitive Advantage. Creating and sustaining superior

performance. New York: Free Press. Porter, M.E. & Kramer, M. (2015): Shared Value – Die Brücke von Corporate

Social Responsibility zu Corporate Strategy. In Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (145-160). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

respACT (2010): Erfolg mit Verantwortung. Ein Leitbild für zukunftsfähiges

Wirtschaften. Abgerufen am 12.7.2015 von https://www.respact.at/leitbild/de/markt/wertschoepfungsketten

respACT (2015): Themen > Stakeholder. Abgerufen am 9.9.2015 von

https://www.respact.at/site/themen/stakeholder Rockström, J. (2009): A safe operating space for humanity. Nature, 461, 472-

475. Rogall, H. (2008): Ökologische Ökonomie. Eine Einführung. Wiesbaden: Verlag

für Sozialwissenschaften. Schmidpeter, R. (2014): CSR gehört in die Wertschöpfungs-DNA. In M. D’heur

(Hrsg.), CSR und Value Chain Management. Profitables Wachstum durch nachhaltig gemeinsame Wertschöpfung. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Schneider, A. (2015): Implementierung von CSR in Klein- und Mittelunternehmen – Ein Erfahrungsbericht. In Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (485-500). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Schneider, A. (2015a): Reifegradmodell CSR – eine Begriffsabklärung und –

abgrenzung. In Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social

Page 119: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

109

Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (20-42). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Schnetzler, M.J. & Sennheiser, A. (2008): Wertorientiertes Supply Chain

Management. Strategien zur Mehrung und Messung des Unternehmenswertes durch SCM. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Schreck, P. (2015): Der Business Case for Corporate Social Responsibility. In

Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (71-88). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Schulz, Otto (2015): Nachhaltige ganzheitliche Wertschöpfungsketten. In

Schneider A. & Schmidpeter R. (Hrsg.), Corporate Social Responsibility. Verantwortliche Unternehmensführung in Theorie und Praxis (325-338). Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag.

Seuring, S. & Müller, M. (2008): From a literature review to a conceptual

framework for sustainable supply chain management. Journal of Cleaner Production, 16, 1699-1710.

Siemens (2015): Code of Conduct für Siemens Lieferanten. Abgerufen am

15.8.2015 von http://www.siemens.com/about/sustainability/pool/de/themenfelder/lieferanten/managementansatz/code_of_conduct_lieferanten_de.pdf

Spring Procurement & Wirtschaftsuniversität Wien [WU Wien] (2010): Zukunft

Einkauf – Trends in der Beschaffung. Zusammenfassung der Studienergebnisse. Abgerufen am 21.8.2015 von http://epub.wu.ac.at/3202/

Sroufe, R. & Melnyk, S. (2013): Developing Sustainable Supply Chains to Drive

Value. Management Issues, Insights, Concepts and Tools. New York: Business Expert Press.

Strauss, A. und Corbin, J. (1996): Grounded Theory: Grundlagen Qualitativer

Sozialforschung. Weinheim: Psychologie Verlags Union. Strübing, J. (2013): Qualitative Sozialforschung. Eine komprimierte Einführung

für Studierende. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag. Südwind (2013): Südwind-Bildungsmaterial: Elektroschrott ade! Abgerufen am

21.8.2015 von http://www.suedwind-agentur.at/start.asp?ID=256461 The Guardian (2011): Apple secretive about ‚polluting and poisoning‘ supply

chain, says report. Abgerufen am 21.08.2015 von http://www.theguardian.com/environment/2011/jan/20/apple-pollution-supply-chain

Page 120: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

110

Thielemann, U. (2014): Integrative Wirtschaftsethik. Das Ganze des Wirtschaftens denken, und zwar kritisch. Abgerufen am 21.7.2015 von http://www.mem-wirtschaftsethik.de/blog/blog-einzelseite/article/integrative/

THIEN eDrives (2014): Unternehmenspräsentation [interne Unterlage]. Lustenau:

Thien eDrives. THIEN eDrives (2015): Produkte. Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.thien-

edrives.com/de/unternehmen/ THIEN eDrives (2015a): Unternehmen. Abgerufen am 11.7.2015 von

http://www.thien-edrives.com/de/unternehmen/ TwoInOne (2015): Den entscheidenden Schritt voraus – mit Swiss Quality.

Abgerufen am 5.9.2015 von http://www.twoinone.ch/de/ United Nations Global Compact [UNGC] (2012): Nachhaltigkeit in der Lieferkette.

Ein praktischer Leitfaden zur kontinuierlichen Verbesserung. Berlin: Deutsches Global Compact Netzwerk.

UNGC (2013): Global Corporate Sustainability Report 2013. Abgerufen am

20.7.2015 von https://www.unglobalcompact.org/library/371 Underwriters Laboratories [UL] (2015): About us. Abgerufen am 6.9.2015 von

http://ul.com/aboutul/what-we-do/. United Nations Environment Programme [UNEP] (2011): Decoupling natural

resource use and environmental impacts from economic growth. A Report of the Working Group on Decoupling to the International Resource Panel. Abgerufen am 17.8.2015 von http://www.unep.org/resourcepanel/Portals/24102/PDFs/DecouplingENGSummary.pdf

Von Weltzien Hoivik, H. & Melé, D. (2009): Can an SME Become a Global

Citizen? Evidence from a Case Study. Journal of Business Ethics, 88, 551-563.

Weber, L. (2012): Der österreichische Rohstoffplan. Archiv für

Lagerstättenforschung. Abgerufen am 20.8.2015 von http://www.bmwfw.gv.at/EnergieUndBergbau/Rohstoffplan/Seiten/default.aspx

Wirtschaftskammer Österreich [WKO] (2011): Ökodesign-Richtlinie und

Elektromotoren. Informationen für Anwender. Abgerufen am 2.8.2015 von https://www.wko.at/Content.Node/branchen/k/Elektro-Gebaeude-Alarm-und-Kommunikationstechniker/12_____kodesign-Richtlinie_und_Elektromotoren.pdf

Page 121: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

111

WKO (2014): Leistungen unserer KMU. Motor für Wachstum und Beschäftigung.

Abgerufen am 26.7.15 von https://www.wko.at/Content.Node/Interessenvertretung/KMU/Klein-_und_Mittelbetriebe_in_Oesterreich.html

WKO (2015): Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. Statistische Daten zu KMU.

Abgerufen am 12.7.2015 von https://www.wko.at/Content.Node/Interessenvertretung/ZahlenDatenFakten/Klein-_und_Mittelbetriebe_in_Oesterreich.html

Wirtschaftskammer Vorarlberg [WKV] (2014): Vorarlberg in Zahlen. Ausgabe

2014. Abgerufen am 2.8.2015 von https://www.wko.at/Content.Node/Interessenvertretung/Daten--Fakten--Zahlen/v/VIZ2014_Web.pdf

Wirtschaftsstandort Vorarlberg GmbH (2015): Standortdokumentation.

Informationen über die Region Vorarlberg für Gründer und Ansiedelungsinteressierte. Abgerufen am 2.8.2015 von https://www.vorarlberg.at/pdf/standortdokumentation_201.pdf

World Business Council for Sustainable Development [WBCSD] (2015): Vision

2050. Abgerufen am 12.7.2015 von http://www.wbcsd.org/vision2050.aspx#.

World Commission on Environment and Development [WCED] (1987): Report of

the World Commission on Environment and Development: Our Common Future. Abgerufen am 11.7.2015 von http://www.un-documents.net/our-common-future.pdf

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (2012): Ökobilanzierung der

Elektromobilität. Themen und Stand der Forschung. Abgerufen am 22.8.2015 von http://wupperinst.org/uploads/tx_wupperinst/Elektromobilitaet_TB_Oekobilanzen.pdf

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (2013): Mobiltelefone:

Ökologischer Rucksack, Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette, Recycling. Abgerufen am 20.8.2015 von http://wupperinst.org/uploads/tx_wupperinst/Mobiltelefone_Factsheets.pdf

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (2014): Materialintensität

von Materialien, Energieträgern, Transportleistungen, Lebensmitteln. Abgerufen am 21.8.2015 von http://wupperinst.org/uploads/tx_wupperinst/MIT_2014.pdf

Page 122: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

112

ANHANG

Anlagenverzeichnis

Anhang I: Handlungsempfehlungen für THIEN eDrives………………………...115

Anhang II: Interview-Leitfaden……………………………………………………...116

Page 123: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

113

8 Anhang I: Handlungsempfehlungen für THIEN eDrives

Maßnahme Nutzen

Proaktive, selbstbewusste Positionierung zum Thema Nachhaltigkeit; Werte und Ziele festlegen und bisherige Maßnahmen dokumentieren

Macht Sinn aufgrund des nachhaltigen Kerngeschäfts. Sichtbarkeit nach außen wird erhöht und Abhebungsmerkmal geschaffen

Stärkeres Bewusstsein entwickeln für die Potentiale, die mit gesellschaftlichen und ökologischen Fragestellungen zusammenhängen (anstatt v.a. Belastungen dahinter zu sehen)

Potentiale können sein: Neue Märkte, Attraktivität als Arbeitgeber, Innovationen u.v.m.

Umwelt- und soziale Aspekte in das bestehende Qualitätsmanagementsystem einbauen, indem neben Qualitäts- auch messbare Umweltziele gesetzt werden. Auch ins Risikomanagement sollten Nachhaltigkeitsfragen, etwa hinsichtlich der Diskussionen rund um Seltene Erden oder Lieferausfälle aufgrund von Naturkatastrophen, Eingang finden.

Ermöglicht es, sich besser auf zukünftige Entwicklungen einzustellen. Kunden schätzen die Auseinandersetzung mit Umweltthemen. Es ist keine eigene Zertifizierung notwendig.

Konkrete ökologische und gesellschaftliche Fragestellungen standardmäßig in die Produktentwicklung mit einfließen lassen

Bestehendes „neu denken“ („wie müsste das Produkt aussehen, um XX zu erreichen?“) bringt alternative innovative Ansätze zutage

Vorlieferanten einbeziehen, wo es Sinn macht

Effizientere Abwicklung von Aufträgen, „one face to the customer“ (siehe Netzwerk „TwoInOne“)

Im Rahmen des Qualitätsmanagements einen Prozess einrichten, der sicherstellt, dass die Lieferanten ein regelmäßiges Update über ihre Kompetenzen an THIEN eDrives übermitteln.

Übersicht über Kompetenzen der Lieferanten behalten um sie bei Bedarf rasch beauftragen zu können

Austausch zu aktuellen (z.B. Regulierung Konfliktmineralien) oder zukünftigen (z.B. Schließung von Rohstoffkreisläufen) Fragestellungen mit Lieferanten und Partnern

Gemeinsame Lösungsfindung, Ideenpool, Innovationspotential, Zukunftsfähigkeit

Regelmäßige Vergabe von Studierendenarbeiten (Bachelor-,/ Masterarbeiten) bzw. Kooperation mit Universität oder FH zu Themen für die im Tagesgeschäft keine Zeit bleibt

Möglichkeit neue Themen zu erarbeiten, neue Lösungsansätze auszuprobieren

Page 124: Master of Arts in Business (MA) · 2018-10-15 · Theresia TSCHOL-ALSANTALI zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business (MA) Betreuer: Dr. Ferdinand Koch, MSc

114

9 Anhang II: Interview-Leitfaden

Bitte beschreiben Sie kurz Ihre Tätigkeit im Unternehmen.

Wo gibt es in Ihrer Tätigkeit Berührungspunkte mit ökologischen und

sozialen Aspekten im weitesten Sinn?

Welche Kriterien wenden Sie im Einkauf an?

Wer bestimmt diese?

Welche Potentiale sehen Sie in der Auseinandersetzung mit ökologischen

und sozialen Aspekten?

Wie arbeiten Sie mit Lieferanten zusammen um Qualitätsziele/Ziele im

Bereich […] zu erreichen?

Was könnte in der Zusammenarbeit mit Lieferanten verbessert werden?

Welche Ansätze gibt es im Rahmen dieser Kooperationen bereits, die auf

die Begegnung zukünftiger Herausforderungen abzielen?

In welchem Ausmaß waren oder sind Sie mit externen Anfragen hinsichtlich

ökologischer oder sozialer Aspekte konfrontiert?

Wo holen Sie sich fachliche Expertise oder Unterstützung, um auf solche

Anfragen reagieren zu können?

Welche zukünftigen Herausforderungen sehen Sie in Ihrem

Tätigkeitsbereich?

Hinweis: Der Leitfaden wurde je nach Kontext des Interviewpartners/der

Interviewpartnerin entsprechend adaptiert.