MARISTENBRÜDER - Fraters Maristen · Ihr bekommt schon die vierte Ausgabe unseres Bulletins für...

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MARISTENBRÜDER EUROPA-ZENTRAL-WEST BULLETIN 4 2015

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MARISTENBRÜDEREUROPA-ZENTRAL-WEST

BULLETIN

42015

REDAKTIONF. Jacques Scholte

F. Victor VermeerschFrau Nellie Beelen

Frau Daphne van DongenSophiaweg 4

NL 6523 NJ Nijmegenwww.marists.eu

UBERSETZERHerr Philippe Charrier

F. Joseph De MeyerF. Alois EngelF. Charles Gay

F. Dietrich GleixnerF. Augustin HendlmeierHerr Michael Murphy

F. Albert Thomé

INHALTEine Kraft die verbindet 3

Brief von Frater Brendan Geary 4

Wasser für Aleppo 6

Ausbildung als geistlicher Leiter 7

Fourvière - 200 Jahre später 8

Wir selbst und alles was wir haben 9

Besuch von Frater McKee in Belgienund den Niederlanden 11

Provinzversammlung:"Spiritualität und Humanität" 13

Erster Weltkrieg Brüder an der Front 15

In Memoriam - Herr Emile Pècheur 17

In Memoriam - F. Benedict McGranaghan 18

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 2

Ihr bekommt schon die vierte Ausgabe unseres Bulletins für 2015. In diesem Vorwort geht es erneut umdie Wirkung des Wortes „Verbundenheit“. Diesmal inspiriert von der Jahreszeit. Der Winter kündigtsich an. Bald wird es die längste Nacht des Jahres geben und der liturgische Kalender kündigt die Zeit

des Advents und Weihnachten an.Diese Ereignisse gehören zum gewöhnlichen Rhythmus des Lebens, was uns mehr als wir meinen verbin-det. Der Rhythmus ist universal, wird uns gegeben, und selbst wenn die gelebten Werte dieser sich wieder-holenden Ereignisse verschieden sind: für jede einzelne Person, für Personengruppen, für Gläubige oderUngläubige, so wird jeder Gefühle und Gedanken wieder erkennen, die der Winter, die längste Nacht,Advent oder Weihnachten hervorrufen. Als Gesellschaft brauchen wir diesen Zyklus der Ereignisse. Er er-zeugt im Leben Bindungen. Wir lassen uns von Jahreszeiten leiten, vom Wetterwechsel, von Festen undGedenkfeiern. Das Leben möchte in Fülle gelebt und gefeiert werden.Es scheint uns klar zu sein zu fragen, welche verbindende Wirkung in unserem Leben als Gläubige vomAdvent und von Weihnachten ausgeht. Einige Wege.Advent und Weihnachten lassen uns an die Menschwerdung Gottes erinnern. Wir neigen dazu, dieseErwartung im jährlichen Erinnern eines geschichtlichen Ereignisses vor zweitausend Jahren zu sehen. Die-se Erinnerung hat einen echten nicht zu vernachlässigenden Wert. Menschen überall auf der Welt fühlensich von der weihnachtlichen Atmosphäre angeregt. Die Leute besuchen sich und wünschen sich Frieden.Eine andere Dimension von Advent und Weihnachten ist weniger präsent: nämlich die Geburt als ständigeOffenbarung Gottes. Eine wunderbare Formulierung vom Meister Eckhart ist bekannt. Er sagt: „Der Vaterzeugt unaufhörlich seinen Sohn, ja sogar mehr: Er zeugt mich als seinen Sohn und als gleichen Sohn.“Ihr gesteht, dass dieser Satz nicht logisch ist. Natürlich, wir sind eingeladen, diesen Text anders zu lesen.Unsere Augen und unser Verstand genügen nicht, um den Sinn dieses Satzes zu begreifen. Man brauchtdas Herz, um zu sehen, um zu verstehen, um den wirklichen Sinn zu erkennen.Wenn wir den Ausdruck Eckharts vertiefen, erfahren wir, dass Zeugen, Fleisch werden und Offenbarenständige Ereignisse sind. Dinge, die sich in uns ständig erfüllen.

Die Sprache des Herzens.Unser Herz sagt uns, dass Eckhart eine Verbundenheit zwischen dem Vater, dem Sohn und den Menschenausdrücken möchte. Wenn wir jegliche Logik aufgeben, um uns berühren zu lassen vom „Wort, dasFleisch wurde“, können wir die aktive Gegenwart Gottes im Hier und Heute unseres Menschseins erken-nen und verkosten. Wie die Dunkelheit die Klarheit erzeugt und die längste Nacht die Morgenröteankündigt, so zeugt und offenbart sich Gott beständig im Menschen. Jener, der sich für dieses göttlicheWirken öffnet, wird die beständige Verbundenheit zwischen Gott, ihm selbst und den Menschen erfahren.Dies ist unumgänglich.

Wenn wir Weihnachten in unser Leben, in unseren Alltag einlassen, dann ist Gott der Lebende in unsererMitte. Ein Glaubender realisiert und ist offen für das göttliche Wirken in jedem Menschen. Dies schafft eineinnere Bindung bei uns. Jene, die diese Verbundenheit leben, bilden eine Gemeinschaft, die auf Gerechtig-keit und Liebe zu allen Menschen ausgerichtet ist. Sie strahlen eine Lebenskraft aus. Eine Kraft die verbin-det. So erleben wir täglich Weihnachten!

Frater Jacques Scholte

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 3

Eine

KRAFTDIE

VERBINDET

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 4

Liebe Brüder und Freunde der Maristen,

in diesem Brief möchte ich vom 50jährigen Jubiläum der Ankunft der Maristenbrüder in Kamerun berich-ten. Die Hauptfeier fand vom 17. bis 18. Oktober in Bafut statt. Von unserer Provinz nahm ich zusammenmit den Fratres Edgard Iserentant und Julian Harrison daran teil. Frater Emili Turú und Frater AntonioGiménez, der Provinzial der Provinz Mediterránea, waren ebenfalls anwesend. Die Brüder von Kamerunhaben in Bafut, das am Rand der Stadt Bamenda liegt, eine Schule mit Internat errichtet mit Hilfe der Pro-vinz Mediterránea und einiger spanischer Nichtregierungsorganisationen.Am 30. Mai 1965 kamen die ersten Brüder aus Großbritannien inKamerun an. Im September dieses Jahres wurden vier Brüder aus Kanada,die wegen der Politik der leninis- tisch-marxistisch ausgerichtetenRegierung aus Kongo-Brazzaville geflo- hen waren, gebeten, ihre Arbeitin zwei Schulen in der Erzdiözese Ya- oundé weiterzuführen. Imfranzösischsprachigen Teil gab es zahlreiche Berufe, aber die meis-ten Brüder traten im Laufe der Jahre wie- der aus. Die kanadischen Brüderwurden zu den Feierlichkeiten des Ju- biläums eingeladen, aber nie-mand konnte kommen. Ich freute mich, dass Frater Edgard Iserentant,der neun Jahre am Kolleg in Sa’a unter- richtet hat, an dem Jubiläum teil-nehmen konnte.

Im Laufe der Jahre wirkten viele Brüder aus unserer Provinz im englischsprachigen Teil von Kamerun, da-runter waren auch Frater Chris Mannion, der 1994 in Ruanda ermordet wurde, Frater John Phillips, der2014 gestorben ist, und der Generalvikar Frater Joe McKee. Die folgenden Brüder waren auch in den ver-gangenen 50 Jahren für eine gewisse Zeit tätig: Norbert Simms, Julian Harrison, Joe Lavelle, Alan Hargan,Bonaventure Frain und ich selbst.Ich freute mich auf die Rückkehr nach Kamerun, besonders da dies zusammen mit den Fratres Julian undEdgard und Frater Emili, Frater Antonio und Frater Aureliano García, einem Mitglied des Provinzialratsder Provinz Mediterránea, der auch neun Jahre in Ghana tätig war, geschehen konnte. Am 15. Oktober

landeten wir um 16.35 Uhr in Duala. Der Flughafen ist jetzt moderner und die Empfangsformalitäten wer-den jetzt einfacher geregelt, als es nach meiner Erinnerung vor 22 Jahren geschehen ist. Die Straße nach Ba-menda ist jedoch nicht mehr so gut, als zurzeit als ich in Kamerun lebte, und es gibt viel mehr Verkehr inDouala und Bamenda. Frater Francis Lukong, der Distriktobere, erzählte mir, dass sich die Bevölkerungseit der Zeit, als ich von dort wegging, verdoppelt hat. Im nördlichen Teil gibt es auch Probleme wegen derAnwesenheit und der Aktivitäten von Boko Haram.Am 17. Oktober fand die Hauptfeier am Kolleg Sankt Albert in Bafut statt. Frater Emili informierte dieSchüler am folgenden Morgen darüber, dass diese Schule mit 1066 Schülern und Schülerinnen das größteInternat in der ganzen Maristenwelt ist. Die liturgische Feier dauerte fünfeinhalb Stunden! Es waren zweiBischöfe anwesend zusammen mit zahlreichen Priestern und Ordensleuten. An diesem Tag legten sechsjunge Brüder aus Kamerun die ewigen Gelübde ab, was die Feierlichkeiten noch ausdehnte. Die Afrikanerverstehen es, die Liturgie auf wundervolle Weise zu feiern. Der Gesang war enthusiastisch und anregend,die Kinder trugen ihre farbenfrohen Uniformen und Mitglieder ihrer Familien trugen entweder Kleider mitderselben Farbe mit verschiedenartigen Formen oder erschienen in auffälligen Anzügen und Kleidern. Ichtraf viele Leute, die ich in meiner Zeit in Kamerun kennen gelernt hatte, und auch eine Reihe von ehemali-gen Brüdern, die an der Feier teilnahmen. Gelegentlich war ich zu Tränen gerührt durch das Singen undTanzen, die Wärme des Empfangs und die Begeisterung und Großzügigkeit des Geistes, die ich an diesemTag antraf.Was mich aber am meisten beeindruckte, das waren die Jugendlichkeit und die Energie der kamerunischenBrüder. Das Durchschnittsalter der 33 Brüder muss bei 34 Jahren liegen. Es gibt eine Gruppe von etwa fünf„älteren“ Brüdern, die Mitte der 40er und 50er Jahre stehen, die in den vergangenen Jahren Verantwortunggetragen haben. Es gibt auch eine mittlere Gruppe von fünf Brüdern, die ich kannte, als ich Direktor desPostulats war, die ebenfalls ihre Fähigkeit für Leitungspositionen in Schulen, Ausbildungshäusern undKommunitäten bewiesen haben. Dann gibt es eine große Gruppe von jungen Männern, die dabei sind, inihre maristische Erfahrung hineinzuwachsen, die fähig sind und Energie, Kreativität und Entschlossenheitbesitzen. Es wäre eine Illusion, zu glauben, dass es keine Probleme gäbe. Ich vermute, dass das Leben in derKommunität noch eine Herausforderung ist und dass der Versuch, in einem Distrikt zusammen mitBrüdern aus fünf Ländern, die drei verschiedene europäische Sprachen sprechen, zu arbeiten, auch eineHerausforderung darstellt. Was mich verblüffte, war die Freude, die diese Gruppe von Männern an denTag legte, wenn sie beisammen sind. Ich entdeckte auch ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, zugleich Afri-kaner, Maristen und Brüder zu sein.Beim Gespräch mit Frater Fancis Lukong über die zwei Schulen, die die Brüder in den vergangenen 25 Jah-ren errichtet haben, sprach er vom akademischen Erfolg und der anwachsenden Zahl von Schülern, er be-tonte aber auch das, was die Brüder geleistet haben, um die maristische Identität zu fördern und Mobbingin den Schulen zu unterbinden. Diese Ziel ist auch in der Architektur der Schule in Bafut verkörpert, wo dieälteren Schüler nicht in die Schlafräume der jüngeren gelangen können, um sie dazu zu zwingen, für sie zuarbeiten (Mädchen) oder sie zu schlagen (Jungen). Dies ist in einer Kultur, die Mobbing und körperlicheStrafen billigt, keine Kleinigkeit. Es war wundervoll zu sehen, wie die Brüder ihre maristischen Werte aufdiese Weise in ihre Schulen einbringen.Die Brüder haben jetzt eine neue Kommunität in Douala gegründet, wo sie in einer Schule der Diözese un-terrichten. Sie haben auch ein Grundstück nördlich von Douala erworben im französischsprachigen Teildes Landes. Wenn sie dann eine Mauer um den Besitz errichtet haben, können sie damit beginnen, die nöti-gen finanziellen Mittel aufzubringen, Klassenräume und andere Gebäude zu bauen.Ich wurde gebeten, bei einer der formellen Zusammenkünfte einige Worte zu sagen. Ich bezog mich auf dieGründung der Mission in Kamerun, sagte aber auch, dass der Erfolg den Brüdern, die in Kamerun tätig wa-ren, ein gerechtfertigtes Bewusstsein von Stolz über das, was sie erreicht haben, vermittelt. Die kameruni-schen Brüder dankten den Missionaren für ihre Arbeit, ich informierte sie aber auch darüber, dass ihrEinsatz, ihre Leidenschaft für die Erziehung junger Menschen und ihre Entschlossenheit, Schulen und an-dere Einrichtungen im Bereich der Erziehung auf eine Weise zu führen, die unsere maristischen Werte zurGeltung bringt, ein Geschenk war, das sie uns zurückgaben.Es war ein kurzer, aber sehr lohnender Besuch. Die Erfolge der kamerunischen Brüder sind eine Quelle desStolzes und der ehrenhaften Anerkennung für viele Brüder, die ihr ganzes Leben oder Teile davon dafüreingesetzt haben, das Wirken der Maristen in anderen Ländern zu unterstützen.

Mit herzlichen Grüßen,

Frater Brendan GearyProvinzial

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WASSERFÜR ALEPPO

der Pfarrei der Heiligen Dreifaltigkeit. In ihr lebenarmenische und katholische Christen zusammen.Zu ihr gehören auch die Blauen Maristen. Die für dieVersorgung nötigen Hilfsmittel stammen von eineritalienischen NGO, die sich Aiutiamo la Siria! (Hel-fen wir Syrien!) nennt und mit dem Schlachtruf„Wasser für Aleppo“ den Kampf gegen den lebens-bedrohenden Wassermangel besonders bei der ar-men Bevölkerung aufgenommen hat. Sie stelltenzwei Lieferwagen zur Verfügung, mit denen jetztdie Blauen Maristen die Verteilung von Wasser vorOrt bewältigen. Sie fahren von Haus zu Haus undbeliefern die Bewohner je nach Bedarf mit Wasser-behältern verschiedener Größe. Auf der Homepagedieser NGO können weitere Informationen gefun-den werden: www.aiulas.org und über das Wirkender Blauen Maristen: www.facebook.com/Maris-tesAlep.

Kurze Anmerkung zur Geschichteder Maristenbrüder in SyrienSchon mehr als hundert Jahre sind Maristenbrüderin Syrien im Einsatz. Die meisten waren Franzosen,aber auch einige deutsche Brüder, im Laufe der Jah-re waren es acht, wirkten dort. Die Gründung inAleppo erfolgte 1904, als man die Leitung einerSchule für armenische Christen übernahm. Dies ge-schah in einem Land, in dem 92% Muslime sind unddas damals noch zum großtürkischen Reich gehörte.Eine zweite Gründung erfolgte in Damaskus. BeideNiederlassungen wurden 1914 geschlossen, da allefranzösischen Brüder, sie waren die große Mehrheit,das Land verlassen mussten. 1919 erfolgte dieNeugründung der beiden Schulen. Wieder kam esdann 1939, bedingt durch den 2. Weltkrieg, zu einer

Der Flüchtlingsstrom aus Syrien wird auch beiuns in Deutschland immer größer. Die Unter-bringung und Versorgung der aus dem von ei-

nem grausamen Bürgerkrieg zerrissenen Landgeflohenen Menschen ist eines der großen Problemefür die Bundesregierung, die Länder und Kommunen.Wenn es je echte Flüchtlinge gegeben hat, dann sind esdiese von schrecklichen Erlebnissen gezeichnetenMenschen aus Syrien. Der Journalist Rupert Neudeckurteilt: „Die Syrer sind gegenwärtig die verlassensteund unbarmherzigst attackierte Nation.“ (Augsbur-ger Zeitung, 17.8.2015)Das Leid der Flüchtlinge ist die eine Seite. Viele aberhaben nicht die Chance zur Flucht. Im schlimmstenFalle, wie in bestimmten Kampfzonen mitten in derStadt Aleppo, müssen sie versuchen, trotz ofttödlicher Bedrohung zu überleben. Die Methoden vorallem von Islamisten kontrollierten Regimegegnernsind an Brutalität nicht zu übertreffen. Eines dieserMittel ist die Blockade der Wasserversorgung. Hier istbeherztes Handeln gefragt. Die Blauen Maristen, eineGruppe von Maristenbrüdern und deren Mitarbeiter,leisten großartige, effektive Hilfe. Da dieses Problemaber noch akuter geworden ist, soll im folgendenAbschnitt, der im Wesentlichen eine Nachricht in derspanischen Presse wiedergibt, auf die Situation in derStadt Aleppo hingewiesen werden.

Die Blauen Maristen helfenEines der größten Probleme, so wird dort berichtet,mit denen die Menschen in Aleppo konfrontiert sind,ist neben der ständigen Bedrohung durchScharfschützen und Bomben das Abschneiden derWasserversorgung, das von den Milizen bewusst alsKampfmittel eingesetzt wird. So waren viele Bewoh-ner der Stadt gerade im Juli und auch noch anfangsAugust ganz und gar ohne Wasser. Und das bei Tem-peraturen bis 40 Grad. Unter denen, die Abhilfe zuschaffen suchen, sind in erster Linie die Gläubigen in

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Im Frühjahr 2013 luden mich die Brüder von Wes-terhelling in Nimwegen ein, eine Ausbildung zumGeistlichen Begleiter am Titus-Brandsma-Institut

(TBI)* zu machen. Anfangs war ich nicht gerade be-geistert: „Ich, ein geistlicher Begleiter. Ich glaubenicht, dass ich dazu fähig bin.“ Ich halte mich selbstnicht grade für einen „geselligen Menschen“, was ichfür diese Aufgabe sehr wesentlich hielt. Ein Freund,der zwei Jahre früher diese Ausbildung machte, rela-tivierte meine Meinung. Er leitete meine Aufmerk-samkeit eher auf die Tatsache, dass ein gutergeistlicher Begleiter zuerst selbst einem geistlichenWeg gefolgt ist und dass dazu eine Ausbildung sehrhilfreich ist. Dies überzeugte mich, denn wenn michetwas motivierte, dann bedeutet dies auf spirituellerEbene mehr Ausbildung. Dies schien mir wichtig zusein, sowohl für mich als auch für die Arbeit im„Haus der Stille“ (ein Projekt der Maristenbrüder inNimwegen).Jetzt, mehr als zwei Jahre später, habe ich alle Kurseund praktische Arbeiten hinter mich gebracht. Ichhabe zuerst einen großen Unterschied gemerkt zwi-schen anderen Kursen, die ich besucht habe. Zuerstwar es eine typisch wissenschaftliche Ausbildung.Ich lernte, kritisch zu denken, um ein wirklichesUrteil zu fällen. Am TBI ging es nicht um die Frage,wie man beurteilen lernt, sondern wie man sehenlernt. Lernen zuzuhören. Was lebt in dieser Person?Und in mir? Kann ich sehen, wie Gott am Wirken ist?Lernen, Dinge zu sehen, schließt nicht nur ein, fol-gende Frage zu stellen: „Was sehe ich, wenn ichDinge betrachte?“ Genauso wichtig ist die Frage:„Aus welcher Perspektive betrachte ich Dinge?“Schau ich auf jemanden mit dem Blickpunkt von mei-nen Wünschen und Sehnsüchten? Beginne ich mitmeinem Urteil über die Person oder jener Situationoder kann ich meinen Blick darüber hinaus lenken?

Sehen lernen kommt aus der christlichen Traditionvon Spiritualität und Mystik. Ich fand es enorm faszi-nierend, dies zu vertiefen. Als ich jung war, sah ichden christlichen Glauben als ein großes Ensemble vonBildern über den Zustand der Welt. Eine Art von Reli-gion, die den Menschen lehrt, was sie glaubenmüssen. Dies interessierte noch interessiert michnicht. Sollte dagegen die Religion nicht der Schlüsselsein, damit wir sehen lernen? Eine Sensibilität für dasGeheimnis des Lebens entwickeln? Die Ausbildungim TBI basiert genau auf diesen Fragen und ich kannsagen, dass sie mir die christliche Tradition „geoffen-bart“ hat.Bis heute ließ mich diese Ausbildung auf meinem spi-rituellen Weg fortschreiten. Ich bemerke, dass ich eineSensibilität erworben habe, die mich nicht zu schnellbeurteilen lässt. Aber auch dies geschieht langsamund ich merke, dass ich erst am Anfang eines langenWeges bin. Das ist gut und ich bin glücklich, diesenWeg beschreiten zu können. Ich sehe auch, dass ichnoch viel Praxis brauche, um Menschen zu „beglei-ten“. Neben der Erfahrung, die ich im „Haus der Stil-le“ mache, hoffe ich, dass mein Praktikum (das ichnoch beginnen muss) mir helfen wird. Es wird zeigen,Schritt um Schritt, ob in mir ein geistlicher Leiter istund welche Form er annimmt.

Thomas Volman* Das Institut Titus Brandsma wurde 1968 gegründet alseine Form der Zusammenarbeit zwischen der katholischenUniversität „Radboud“ in Nimwegen und der niederländi-schen Karmelitenprovinz, zur Erinne-rung an der Rektor der Universität TitusBrandsma (1881-1942), Karmelit, 1985selig gesprochen. Es ist ein wissenschaft-liches Institut, das wissenschaftliche undangewandte Studien vereinigt, je nachSpiritualitätsart.

AUSBILDUNG ALS GEISTLICHER LEITER

Unterbrechung bis 1949. Die Schule in Damaskushatte immer einen hohen Anteil an muslimischenSchülern, so dass sogar der Präsident der jungen Re-publik Syrien, seine Exzellenz Mohamed Aly bey ElAbed, 1932 bei einem großen Schulfest anwesendwar. Als 1967 die Regierung von Syrien alle Privat-schulen verstaatlichte, wurden die zwei Maristen-schulen geschlossen. Die Brüder blieben noch inAleppo, wo sie heute als Organisatoren verschiede-nerlei großartiger sozialer Unternehmungen inmit-ten des Bürgerkriegs tätig sind (siehe auch dieJuniausgabe, S. 4-6). Leider sind es nur mehr drei sy-rische Brüder. Umso effektiver ist ihr Einfluss, da ihrHaus das Zentrum einer vorbildlichen maristischenTätigkeit von meist jungen Laien geworden ist.Es ist zu hoffen, dass wir uns nicht daran gewöhnen,das furchtbare Geschehen in Syrien einfach alsschicksalhaft zu betrachten und es aus unserem

Blickwinkel verlieren, da es in den Medien mehr undmehr zu einer Randerscheinung degradiert wird. WirMaristen sehen darin eine Herausforderung, dies zuverhindern. Durch unsere ordensinternen internatio-nalen sozialen Hilfswerke werden die Brüder in Alep-po großzügig unterstützt und das beherzte und ziels-trebige Wirken der NGO aus Italien ruft nachNachahmung. Selbst mit nicht zu großen finanziellenAufwendungen kann durch zielstrebig geplante Akti-onen enorm viel für die Betroffenen vor Ort getanwerden. Wer immer dazu einen Beitrag leisten will,kann dies über das Konto des Maristen-Fürsorge- undMissionsvereins gerne tun.

Sparkasse Furth-LandshutINAN -DE73 7435 0000 0001 006 24BIC: BYLADEMILAHStichwort: Syriën

Frater Augustin Hendlmeier

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 8

Angesichts der Gedächtnisfeier des Versprechens der ersten Maristen in der Kirche von Fourvière im Jahr 2016 hatman Pater Jan Snijders s.m. gebeten, einen Artikel über dieses Ereignis zu verfassen. Der erste Teil seinerAusführungen erschien im Bulletin vom September 2015. Der zweite Teil wird hier veröffentlicht.

200 JAHRE SPÄTER

Im Herbst 1993 besuchte Schwester Marie-Chanel, die Generalsuperiorin der Maristenschwestern, PaterJean Coste. Die Schwestern bereiteten ihr Generalkapitel von 1994 vor. Jean war schwer krank, er litt aneiner unheilbaren Krankheit und sein Zustand verschlimmerte sich zusehends. Die Schwester fragte ihn,

ob er beim Generalkapitel noch einen Vortrag halten könnte. Er fragte, über welches Thema dieser sein soll.Die Schwester wollte etwas Einfaches und sagte: „Was würden unsere Gründer heute machen?“ „Nein“,antwortete Jean, „wenn es dies ist, dann kann ich es nicht. Unmöglich, das zu wissen.“ „Wie würden Sie esdann formulieren?“ fragte die Schwester. Seine Antwort: „Gut, Sie könnten sich fragen, ob es eine wirk-liche, vitale und andauernde Linie gibt, die zwei Jahrhunderte durchzieht, um die Zeit der Gründer mit un-serer aktuellen Situation zu verbinden.“Jean Coste dachte an den Orden der Tempelritter von Malta, der im 12. Jahrhundert gegründet wurde, umJerusalem von den Sarazenen zurück zu erobern. Der Orden existiert noch immer, aber man kann sich keineLinie vorstellen zwischen dieser Zeit und der aktuellen Situation. Sie leisten Großartiges, aber mit neuenZielen. Anders ging es bei den Franziskanern. Sie wurden von Franziskus gegründet als dem Evangeliumgemäße Reaktion gegen die blühenden italienischen Städte, wo der Reichtum das oberste Ziel war. Auchwir leben in wohlhabenden Zeiten und wir müssen die evangelische Armut wieder neu entdecken. Es gibtalso eine wirkliche Linie der Kontinuität, einen gleichen Anruf und eine gleiche Mission. Sich auf unsereGründer beziehend sagte er weiter:

„Wir wissen alle, wie sehr sich unsere Welt seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt hat: andereVorstellungen, andere theologische Anschauungen, andere Formen der Frömmigkeit und des Apostolats.Die Liste ist lang. Jeder weiß das. Man muss es nicht erst beweisen. Nichts mehr ist vergleichbar. Aber den-noch besteht eine bemerkenswerte Kontinuität zwischen der Zeit unserer Gründer und unserem aktuellenLeben. Das würde nicht so sein, wenn sie ein Jahrhundert früher, im 18. Jahrhundert vor der Revolution ge-lebt hätten. Sie wurden aber mit der Religionskrise unserer modernen Welt konfrontiert, d.h. einer Welt, diezum ersten Mal in der Geschichte sich selbst bestimmen und eine Welt ohne Gott errichten will. Diese Hal-tung hat jetzt ihren Kulminationspunkt erreicht. Wir nennen dies Säkularisierung. Offiziell sind der Staatund die Menschen noch Christen, aber die dominierende Mittelklasse ist schon geprägt von der Autonomiesäkularer Werte und will nicht, dass die Kirche sich zu Dingen äußert, die nicht direkt mit dem Glauben zutun haben. Die Frage war damals wie heute, wie man von Gott sprechen kann, ohne sich selbst ins Abseitszu stellen.“

Eine Gesellschaft, die begann, sich von ihrem traditionellen christlichen Glauben zu entfernen, stand imZentrum der Mission, die unsere Gründer vor Augen hatten. „Die Bekehrung der Sünder“, wie sie zu sagenpflegten. Denn dies war für sie die genaue Bezeichnung, denn sie waren daran gewöhnt, den Verlust derordnungsgemäßen Praxis als Sünde zu betrachten. Diese besondere Mission war ihnen von Maria überge-ben und sie wollten sie ihrem Namen weihen. Maria war auch das Modell für die Annäherung an die mo-derne Welt durch verschiedene Formen des Apostolats: die Erziehung für Marzellin, die Mission in denPfarreien für Colin und Déclas. Sie stimmten darin überein, dass ihre Gesellschaft keine klerikale Gruppesein sollte wie die Jesuiten, einer Kongregation, die nur aus Priestern bestand. Männer und Frauen, Laienund Ordensleute, alle waren willkommen. Die Zukunft zeigte, wie dies zu ermöglichen war. In den zweiJahrhunderten seit dem Versprechen von Fourvière hat man dies in die Wirklichkeit umgesetzt.Zwanzig Jahre später war Colin in Rom und jemand meinte, dass man jetzt die Gründung neuer Ordenbeenden sollte.

„Verzeihen Sie, mein Herr“, antwortete er, „aber ich bin nicht Ihrer Meinung. Jedes Jahrhundert hat die Ge-burt neuer Orden gesehen. Gott ruft sie ins Leben für die Bedürfnisse der jeweiligen Zeit. Jeder Orden hatseinen Anruf, seine Mission, seine Zeit… Im spezifischen Sinn des Wortes heißt dies, dass eine Kongrega-tion immer existieren muss: die Kirche mit Jesus Christus an der Spitze. Die anderen Kongregationen, dieMenschen als ihre Gründer betrachten, müssen nicht ewig bestehen und sie verschwinden, wenn dieBedürfnisse, für die sie Gott geschaffen hat, beseitigt sind."

Zweihundert Jahre nach Fourvière besteht hier vielleicht für uns eine Anfrage!Jan Snijders s.m.

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 9

In der vorigen Ausgabe des Bulletins stand der Text des Versprechens von Fourvière im Jahr 1816. Soweitich mich erinnere, fand dieses Fourvière-Ereignis wenig Beachtung bei den Maristenbrüdern. Man hatden Text einmal so nebenbei gelesen. Es ist umso bemerkenswerter, dass nun das Versprechen an die

Jungfrau von Fourvière, das eine Gruppe junger Männer 1816 ablegte, die Aufmerksamkeit der großen Ge-meinschaft aller Maristen erlangt. Ein schönes Geschenk der Geschichte.

Eine aufmerksame Prüfung des Textes vermittelt uns ein Gespür dafür, was diese jungen Seminaristen undPriester erfahren, gelebt und in die Wirklichkeit umgesetzt haben. Dies führt zu den Fragen: Was hat siebewegt, was war ihre Motivation? Welchen Entscheidungsprozess haben sie durchschritten? Was folgtedaraus für ihr Leben? Hat dieser Text die Gründung der maristischen Bewegung beeinflusst, oder war dasEreignis von Fourvière von noch größerer Bedeutung darüber hinaus?

Wir halten hier kurz inne, um einige Stellen zu betrachten, die inspirierend sein können. Ein Text, der vor200 Jahren entstanden ist, kann auch unsere Aktivität beleben.

Wissen, was man will

Dreimal bringt die Gruppe das zum Ausdruck, was sie will, zweimal am Beginn und einmal in der Mittedes Textes. Dort steht: „Arbeiten zur größeren Verherrlichung Gottes und zur Ehre Mariens, der Mutter desHerrn Jesus.“ Man kann zwei andere Stellen hinzufügen: „Wir können dies alles erreichen durch den, deruns Kraft verleiht, unser Herr Jesus Christus.“ Und: „denn wir sind treue Diener Jesu Christi.“

Es ist dabei festzustellen, dass sich die Gruppe mitähnlichen Worten an Gott, an Maria und durch Maria anJesus wendet. Maria hat den zweiten Platz inne. DieWorte zeigen, welch tiefe Motivation diese jungenErwachsenen bewegte und das, was sie schrieben,inspirierte. Worte wie „die größere VerherrlichungGottes“, „zur Ehre von“, „einzige Verherrlichung“,„treue Diener sein“, können nur ehrlich ausgesprochenund geschrieben werden, wenn man wirklich von innenangetrieben wird, um zu sagen, dass Gott, Maria und Je-sus das Zentrum und die Grundlage des eigenen Lebenssind. Ausdrücke wie „aufrichtige Absicht“, „festerWille“, „sobald als möglich“, „ohne Vorbehalt“, drückenwirklich aus, dass diese zwölf jungen Priester undSeminaristen von ihrem Ideal angetrieben wurden unddass dies ihr einziges Ziel war. Es sind junge Erwachsenemit hohen Idealen, die sich mit Nachdruck Ausdruckverleihen, und deren Leben von diesen durchdrungenist. Bei 20jährigen Erwachsenen ist diese Überzeugungverständlich. Und nach dem Text sind sie in Eile. Jetzt istdie Zeit, jetzt ist die Zeit, in der der Geist in ihnen wirkt!

Wie motiviert können wir sein, wenn wir uns vorstellen,welche innere Stärke die Gruppe prägte. Nicht, dass wirdas tun müssen, was sie taten, aber was sie taten, kann unsermutigen, uns zur Reflexion veranlassen und uns auf den Weg führen.

WIR SELBSTUND ALLES

WAS WIR HABEN

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 10

Einem spirituellen Weg folgen

Durch die Unterzeichnung dessen, was sie im Text festgelegt haben, legten sie als eine Art der Begründungund Verteidigung fest, dass sie als Gruppe einem spirituellen Weg gefolgt sind. Der Text drückt vor allem aus,was ihre Motivation nicht war:

<nicht leichtfertig<nicht aus kindlichem Verlangen<nicht rein menschlich<nicht persönlich und vorübergehend

Diese negativen Feststellungen kommen zuerst. Sie spielten beim Prozess der Entscheidungsfindung derGruppe eine Rolle. Man kann den Kampf mit den auftauchenden Ideen spüren: Wir bleiben nicht an derOberfläche, wir sind nicht mehr Kinder, wir tun dies nicht aus rein menschlichen Beweggründen oder auspersönlichem Interesse!

Die spirituelle Reise als Gruppe ist auch überraschend, faszinierend und geeignet, eine maristische Bewegungzu gründen. Diese Reise als eine Gruppe ist charakteristisch für die Entwicklung einer maristischen Gemein-schaft. Denken wir an die verschiedenen maristischen Gruppen, die nun entstanden und neuerdings an dieEntwicklung von Laiengruppen verschiedener Prägung in vielen Ländern.

Dann wird die Entwicklung des Prozesses so beschrieben:<ernsthaft<gründlich durchdacht<nach eingehender Beratung<im Angesicht Gottes

Die Stelle endet damit, dass das Ziel ein drittes Mal erwähnt wird. Es ist wie eine Bekräftigung ihrer Option.

Hinausgehen

Wie immer eure Wahl sein möge, wenn ihr mit euren Ideen aufbrecht, um sie in die Tat umzusetzen, die Reak-tion anderer kann sehr hart sein. Sie werden sagen: „Schaut auf diese Kinder. Offensichtlich haben sie das Gan-ze nicht durchdacht. Sie müssen ihre eigenen Beweggründe haben.“ Solche Reaktionsweisen schwächen. Diesist vielleicht der Grund für den Schluss dieses Textabschnitts: „für die größere Verherrlichung Gottes.“

Die Gruppe beschreibt in einem langen Abschnitt, dass sie sich wohl bewusst sind, was das Gelöbnis für jedenpersönlich bedeutet, auch wenn sie das „wir“ benutzen.

Drei Verben überraschen: aufopfern, Treue versprechen, vereinen. Sie finden Klärung im Textzusammenhang:<den Schmerz, die Arbeit, das Leid und die Mühen aufopfern, und hinzufügend: Wenn es nötig ist! Dasist menschlich gesprochen beschwichtigend.<Treue versprechen im Schoß der Kirche. Diese Worte haben im historischen Kontext eine besondereBedeutung. Wir wissen, dass die Gruppe auch eine Reaktion ist auf das, was in der Zeit geschah.<Alles vereint mit den Autoritäten tun. Diese Aussage hat auch einen besonderen Kontext. Im vor-letzten Satz des Textes heißt es: „alles in Übereinstimmung mit der Obrigkeit.“ Die Betonung liegt aufder Stelle: „im Wunsch, echte Diener Jesu Christi zu sein, genährt von den Worten des Glaubens und derguten Lehre, deren wir durch seine Gnade teilhaft geworden sind.“

Die Maristen von heute benutzen diese Sprache nicht. Die Kraft dieser Worte kann aber doch bei ihnen gefun-den werden. Die Maristen sind bereit, sich mit ihnen zu identifizieren. Sie fühlen sich nicht dazu gedrängt, sichaußerhalb der Gemeinschaft zu stellen oder der Hierarchie zu opponieren. Hier und jetzt unter und mit denMenschen wird die Arbeit für das Reich Gottes verwirklicht in einer aufmerksamen Gegenwart, die aus demInnern kommt, durchdacht und entschieden vor Gott und in Übereinstimmung mit ihm.

Möge diese Haltung unser Wunsch für das 200jährige Jubiläum von Fourvière sein.

Frater Jacques Scholte

1816 - FOURVIÈRE - 2016

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 11

Frater Joe McKee, Generalvikar und ehemaligerProvinzial, kam am 18. September in Belgien an.Er verbrachte den ersten Tag in Genval, wo er

Zeit hatte, um die Brüder zu treffen. So konnte er sieauch über die jetzigen Entwicklungen im Institut un-terrichten.

Treffen der belgischen BrüderAm Samstag, dem 19. September traf Frater Joe etwazwanzig belgische Brüder im Fokolare-Zentrum inRotselaar. Im Rahmen einer Power-Point-Präsentati-on informierte er über die jüngsten Entwicklungen imInstitut. Er begann mit einem Bericht über die Gene-ralkonferenz in Hermitage im September 2013, diezur Initiative führte, internationale Kommunitäten injedem Teil des Instituts zu gründen, gleichsam als einNeubeginn unseres Instituts. Er sprach auch über eineInitiative, die schon seit zwei Jahren läuft, um neueModelle der Animation, der Leitung und der Verwal-tung des Instituts zu entwickeln. Er erklärte auch diewachsende Einbeziehung von Laien in Leitungs- undVerwaltungspositionen in der Kongregation in denletzten Jahren. Durch den starken Rückgang derBrüderzahlen führte dies auch zu Diskussionen, wieFührung und Leitung in der Zukunft im Institutgewährleistet werden können. Er sprach auch überden laufenden Prozess der Überarbeitung der Konsti-tutionen. Wir sind gegenwärtig in der ersten Stufe derBefragungen. Frater Joe McKee zeigte sich beein-druckt über das Engagement der Brüder, wenn esjetzt darum geht, Konstitutionen zu verfassen, die alsGrundlage dienen sollen, wenn wir das dritte Jahr-hundert maristischen Lebens und Wirkens beginnen.

Biographien belgischer Brüder undChronologie der Provinz BelgienNach dem Mittagessen fuhren die Teilnehmer amTreffen in Rotselaar die kurze Strecke nach Kessel-Lo.Hier wurden die zwei Bände mit Biographien von bel-gischen Brüdern und die Chronologie der belgischenProvinz vorgestellt, für die Frater Joseph De Meyerverantwortlich zeichnete. Frater Edouard Blondeel,die Kommunität und die Angestellten hatten dieHauskapelle für dieses Ereignis vorbereitet. FraterProvinzial Brendan Geary eröffnete die Veranstal-tung indem er Frater Joseph De Meyer für diese dreihervorragenden Bände dankte. Dabei zitierte er denheiligen Johannes von Salisbury, einen Theologen des

BESUCH VONFRATER JOE MCKEE

IN BELGIEN UNDDEN NIEDERLANDEN

18.-21. September 2015

12. Jahrhunderts, der Folgendes schrieb: „Wir sind wieZwerge, die auf den Schultern von Riesen stehen.“Dann fuhr Frater Brendan fort: „Wenn wir diese Be-richte über unsere Vorgänger lesen, dann wird es klar,dass einige von ihnen sicherlich Riesen waren in unse-rer maristischen Welt. Viele waren einfache Men-schen, aber als eine Gruppe bauten sie die Funda-mente, die es uns ermöglichten, große Dinge zu tun;und aus diesem Grunde bin ich froh, dass wir ihre Le-bensgeschichten lesen und ihr Andenken ehrenkönnen.“Frater Joseph De Meyer erklärte, wie er diese Aufgabein Angriff genommen hatte und er dankte auch allenMitarbeitern an diesen beiden bedeutenden Publikati-onen. Dann gab es seitens Frater Edouard Blondeelseinige Erwägungen über die belgischen Brüder; undauch er dankte Frater Joseph für diese Arbeit, die vonden belgischen und niederländischen Mitbrüdernhoch geschätzt werden wird. Dann bat Frater MauriceTaildeman Frater Joe die Bände an die Superioren derKommunitäten zu verteilen und auch an jene, diebeim Schreiben der Biographien, bei der Suche nachFotos und bei der Herausgabe des ersten Entwurfsmitgearbeitet hatten.

Eröffnung des Studienheims der Ma-ristenDer Tag ging zu Ende mit der offiziellen Eröffnungdes Studienheims der Maristen in Kessel-Lo. HerrSepp Mondelaers, Verwalter, sprach zu den Brüdernund Laien in der Kapelle, bevor sich alle Anwesendenin das Foyer des Studienheims begaben. Frater RobertThunus leitete die Segnungsliturgie. Dabei wurde eineStatue Unserer Lieben Frau im Studienheim aufge-stellt. Diese Statue stammte aus unserer Niederlas-sung in Couvin, die jüngst geschlossen worden war.Diese symbolische Geste stand für den Fortgang desmaristischen Wirkens in Belgien. Zum Abschluss gabes Erfrischungen und einen Imbiss.

NiederlandeNach den verschiedenen Treffen in Belgien fuhr FraterJoe in die Niederlande. Am Sonntag, dem 20. Septem-ber, traf er Frater Carlos Lacante beim Gottesdienst imCatharinahof, wo Frater Carlos jetzt lebt. Dann plau-derten Frater Joe und Frater Brendan mit Frater Carlosin seinem Appartement bei einer Tasse Kaffee. An je-nem Abend trafen sich die niederländischen Brüdermit Frater Joe in Nimwegen zum Abendessen. Bei die-sem informellen Anlass konnten die Brüder ein wenigZeit miteinander verbringen, und Frater Joe sprach zuihnen über seine Arbeit als Generalvikar.Am Montagmorgen, dem 21. September, traf FraterJoe die Mitarbeiter im Provinzialhaus Westerhellingin Nimwegen. Während der Kaffeepause gab es einenregen Austausch unter den Mitarbeitern an den ver-schiedenen Projekten und Entwicklungen in den Nie-derlanden: Moria-Projekt, Stiltehuis (Haus der Stille),neue Spiritualitätsprojekte. Frater Joe zeigte sich

erfreut darüber, dass er die Gelegenheit hatte zu er-fahren, was in den Niederlanden geschah. Und erfügte hinzu, dass er Informationen über Projekte inden Niederlanden gerne mit Brüdern aus anderenLändern teilte. Dann diskutierte man noch ähnlicheInitiativen in anderen Teilen der Maristen-Welt.Nach diesem geselligen Zusammensein reiste FraterJoe wieder nach Rom.

Frater Brendan Geary

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Vom 2. bis zum 4. Oktober nahmen 49 Brüder und Lai-en aus den fünf Ländern unserer Provinz amalljährlichen Provinzworkshop teil. Dieser wurde

von Pater Dennis Tindall geleitet und in der BildungsstätteMarienland in Vallendar abgehalten. Es folgt ein Berichtvon Herrn Josef Maier aus Cham.

Pater Dennis Tindall, Pfarrer in der Diözese Hexhamund Newcastle in England, eröffnete den Workshopmit einem Referat über unser Bewusstsein, wie Gott inunserem Leben wirkt. In eindrucksvollen meditativenWorten zeigte er auf, dass Gott unser Bruder wurdeund dass Gott durch unser Menschsein, also in uns, inder Welt wirkt. Dennoch stehen wir in der Spannung,dass Gott selber unendlich größer ist als er durch unswirken kann. Die Botschaft Gottes beinhaltet für unsdie große Aufgabe, den Armen die Liebe Gottes er-fahrbar werden zu lassen. Dazu gab er den Teilneh-mern eine Sammlung von Zitaten an die Hand aus derich eines herausgreifen möchte, das mich persönlichbesonders beeindruckt und das Ziel unseres alltäg-lichen Wirkens treffend umschreibt: „Die Zukunft derMenschheit liegt in den Händen derer, die den kom-menden Generationen Sinn für Leben und Hoffnungverleihen.“ (Vaticanum II, Gaudium et Spes, 31)

Am Samstag ging Dennis Tindall auf die Frage ein, wa-rum Jesus ausgerechnet Fischer als seine Jünger ausge-sucht hat. Diese Leute wussten nämlich, dass es auchetwas unter der Oberfläche gibt. Er erläuterte weiter-hin wie Jesus mit Tauben, Aussätzigen, Außenseiternund Zweiflern umgegangen ist. Er gab ihnen die volleAufmerksamkeit und damit eine gewisse Würde als ermit ihnen sprach. Er war sehr feinfühlig, eindeutigaber auch individuell bei der Kommunikation mitAußenseitern. Deren Antwort war ebenso eindeutig:„Du bist der Sohn Gottes.“ Auch unsere Spiritualitätsoll Maß daran nehmen wie Jesus gesprochen hat: denMenschen mit all ihrer Verwundbarkeit zeigen, dassGott sie liebt. Tod und Auferstehung zu erleiden ist dieLast, die dem Sohn Gottes widerfuhr. Teil des Geheim-nisses der Inkarnation ist das Bewusstsein darüber wieverletzlich wir sind. Die Inkarnation muss Grundlagefür unser soziales Handeln sein. In der Option für dieArmen zeigt sich, dass Gott sein Leben mit uns teilenwill. Er zieht uns in sein eigenes Leben hinein. Beson-ders die Armen und Bedürftigen fordern uns heraus.In Kleingruppen wurden folgende Fragen erörtert: Inwelchen Menschen bist du Jesus begegnet? Was hat erdir gesagt? Wie bist du mit deinen beschränktenMöglichkeiten klargekommen? Im Plenum wurdedann die oftmalige Ratlosigkeit in solchen Situationen

PROVINzZVERSAMMLUNG"SPIRITUALITÄTUND HUMANITÄT"

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angesprochen. Die Begegnung mit Bedürftigen isteine Herausforderung der Nachfolge Jesu. Ihn nur zuverehren ist wesentlich leichter. Auch Gottesbegeg-nung in der Natur scheint wesentlich leichter zu seinals Gott in den Menschen zu begegnen. Inkarnationbedeutet, dass wir immer von Menschen in Not gefor-dert werden. Mit Blick auf Papst Franziskus erläuter-te der Referent, dass die Sanftmütigen die wahrenNachfolger Jesu sind. Besonders die Kirche muss sichheute besonders darum kümmern, Wunden zu hei-len. Im Johannesevangelium spricht Jesus ständigvon seinem Vater. Und was er von seinem Vater ge-lernt hat, ist die Liebe. Und das Wort Gottes müssenwir in unsere Herzen fließen lassen.

Am Nachmittag des zweiten Tages befasste sich PaterDennis Tindall mit der Frage, inwieweit Humanitätals Sprache Gottes gilt, um Menschen in Not beizuste-hen. Als Jesus Menschen heilte, war er „human“. DasEvangelium lehrt uns, dass wir die „Geschichten“sind, die Gott erzählt. Durch die Betrachtung der Hei-ligen Schrift wird uns bewusst, wie Gott durch unswirkt. „Humanität“ ist das Transportmittel, mit demGott seine Botschaft weitergibt. Zudem akzeptierenreligiös überzeugte Menschen ihre Mitmenschen sowie sie sind, sie stellen keine weiteren Forderungenan sie. Gott geht auf uns zu. Er klopft ständig an unse-re Tür. Gott kümmert sich die ganze Zeit um uns, wirmüssen es ihm im Gegenzug auch ermöglichen, daszu tun. Daher ist Geduld notwendig, denn wir wach-sen mit einer Fülle von Schwierigkeiten und Hinder-nissen auf. Für mich persönlich bedeutet dieseAussage eine enorme Entlastung in der anspruchs-vollen Erziehungs- und Bildungsarbeit gerade an un-seren Maristen-Schulen.

Immer wieder sprach Dennis Tindall über unserenPapst Franziskus, der zwar nicht dem Muster frühe-rer Päpste gleicht, uns in seiner Vorbildwirkung aberRückendeckung gibt. Darüber hinaus haben wir ei-nen Papst, der den Mut hatte und die notwendigeEnergie besaß, sein Amt aufzugeben, um neue Impul-se zu ermöglichen.

Gemeinsame Gebete, Meditationen und ein feier-licher Gottesdienst trugen zum spirituellen Charakterder Fortbildung bei, wobei auch die Geselligkeit beiden internationalen Begegnungen nicht zu kurz kam.Die eindrucksvolle und gewinnbringende Tagungwurde mit einer umfangreichen Ideensammlung zurFortsetzung des Guardamar- Prozesses „Awakeninga New Dawn“ abgeschlossen.

Josef MaierMaristen-Realschule Cham

der Schulstiftung der DiözeseRegensburg

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Viele deutsche Brüder waren als Soldaten einge-zogen und bald auch an vorderster Front imEinsatz, 45 sind gefallen. Sie waren jung und

meist erst kurz aus dem Noviziat und Scholastikat inArlon entlassen. Welch ein brutaler Einschnitt in ih-rem Leben! Sie waren durchdrungen von ihrer maris-tischen Sendung, den Idealen des Ordenslebens undgeprägt von tiefer Frömmigkeit. Nun sahen sie sichkonfrontiert mit der grausamen Wirklichkeit desKrieges. Ihr Glaube, ihr Bewusstsein als Ordensmannwurden auf eine harte Probe gestellt. Wie konnten siediese bestehen? Wie konnten sie auch unter diesenaußergewöhnlichen Umständen ihrer Sendung treubleiben, ja in ihrer Umgebung ein Zeugnis ablegen fürihr Gottvertrauen und als Maristen besonders für ihrVertrauen auf Maria und so für andere Soldaten eineHilfe sein auf der Suche nach Halt und Sinngebung indieser so sinnlos scheinenden Welt des brutalenKampfes und Tötens? Briefe, die damals in der Zeit-schrift Marien-Stimmen erschienen, geben Einblick inihre Erlebnisse und ihr Handeln als Maristen, ihr Ver-trauen auf Maria inmitten des Kriegsgeschehens. Siesind großartige authentische Zeugnisse maristischenLebens im Krieg. Einige wenige, meist gekürzte Bei-spiele sollen davon Zeugnis geben, und auch davon,wie Soldaten ihren Glauben im Krieg praktizierten.

Frater A. R. schreibt 1916:„Kurz vor Weihnachten erhielten wir denBefehl, in die vorderste Linie vor-zurücken. Kaum hatten wir uns etwas be-wegt, da überraschte uns ein höllischesFeuer. Wir mussten für kurze Zeit in unse-rem gefährlichen Laufgraben Halt ma-chen. Furchtbar tobte der Kanonendon-ner, flammenrot glühte der Himmel. „IstRettung möglich?“, lautete die besorgteFrage. Die richtige Antwort folgte so-gleich. – „Gegrüßt seist du Maria, voll derGnade… der für uns das schwere Kreuzgetragen hat.“ Glauben und Hoffnung la-gen in diesen Worten. Die Gefahr wuchs,aber auch das Vertrauen auf die Gottes-mutter. Auf einmal ein betäubenderKnall, ein Ruck – „O Maria hilf“ – undErde hat uns zugedeckt. Fieberhaft arbei-ten wir uns heraus, Herbeieilende helfenuns. Kurze Zeit verrinnt und alle fünf ste-

hen wohlbehalten zusammen. Wie auseinem Munde rufen wir: „Gott seiDank!“ 25 Meter weiter voran –„Gegrüßt seist du Maria..., der für unsgekreuzigt worden ist.“ Die schmutzi-gen Perlen gleiten durch die Hand. Da,gerade vor uns hin saust eine Granate,explodiert, reißt uns zu Boden, die Sinneschwinden. Ich erwache wieder. MitEntsetzen erfüllt mich der Anblick inmeiner nächsten Umgebung. MehrereKameraden liegen zerrissen am Boden.Ganz nahe war der Todesengel an mirvorbei gegangen. Ein heißes Dankgebetzur himmlischen Mutter entringt sichmeiner bebenden Brust. Ich blute ausmehreren Wunden, augenscheinlich hatMaria in höchster Gefahr ihre schützen-de Hand über mich gehalten und michzu neuem, dankbaren Dienst verpflich-tet. Vier Mann schleppen mich durchgrausige Dunkelheit, Nässe, Schlammund Kälte von Granatloch zu Granat-loch, bis wir nach vier Stunden am Ver-bandsplatz ankommen. Dem Unheilentronnen. Ave Maria!“

Frater Joseph Ludwig schreibt im Oktober1916 aus Frankreich:

„Wieder ist Oktober, der Rosenkranz-monat, und wir draußen an der Fronthaben den Rosenkranz nicht vergessen.Besonders unsere tapferen bayerischenLandwehrleute lassen es sich nichtnehmen, wenn der Dienst es erlaubt, ander Rosenkranzandacht teilzunehmen.In G. war jeden Abend Rosenkranzan-dacht, und obwohl diese auf Fran-zösisch abgehalten wurde, erschienendoch unsere „Feldgrauen“ (Bezeich-nung für die deutschen Soldaten wegender grauen Uniform) in großer Zahl undbeteten für sich den Rosenkranz. Undwenn die Andacht vorbei und die Ein-heimischen längst wieder nach Hausegeeilt waren, so knieten sie immer nochvor dem Bild der Gottesmutter und bet-eten mit rührender Frömmigkeit.

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ERSTER WELTKRIEG:BRÜDERAN DER FRONT

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Vor einigen Tagen kam ich in das Dorf R.,das nur wenige hundert Meter von derFront entfernt ist. Die Einwohner sind fastalle geflüchtet. Der Krieg hat auch die klei-ne Kirche nicht verschont, denn an der Sei-tenwand ist ein klaffendes Loch. Aberdrinnen waren zahlreiche „Feldgraue“und beteten den Rosenkranz. Nicht weitdavon tobt der Krieg und französische Gra-naten fauchen laut durch die Luft. Aber diefrommen Beter lassen sich nicht stören.„Heilige Mutter Gottes, bitt für unsSünder, jetzt und in der Stunde unseres To-des. Amen“ ertönt es immer wieder lang-sam und andächtig. Es war ein rührenderAnblick. Sie, die draußen wie die Löwenkämpfen, beten hier wie kleine Kinder.“

Frater Anton Michael schreibt 1915:Wie viele Ereignisse könnte ich aufzählen,in denen mich Maria sichtbar beschützthat. Bei jedem Sturm habe ich mich ihremSchutz anempfohlen. Hunderte von Ge-schossen waren schon auf mich gerichtet,aber immer hat sie ihren Schutzmantelüber mich ausgebreitet. Einen Beweis er-hielt ich am 19. Februar. Zum ersten Mal

stürmte ich mit. Wie mancher Kameradsank lautlos aber schreiend neben mir zuBoden. Dann mussten wir zurück, dennwir lagen zwischen zwei Maschinenge-wehren eingekeilt. Als wir über die Dec-kung zurück in den Schützengrabenklettern mussten, schlägt eine Salve vonetwa 10 Kugeln neben mir ein. Eine Ku-gel durchschlägt mein Kochgeschirr,aber ich war wieder in voller Deckung.Von meiner Gruppe von 8 Mann warenfünf gefallen, zwei verwundet. Ich blieballein – dank dem Schutze Mariens.Täglich, ja stündlich erhielt ich ähnlicheBeweise des besonderen Schutzes derGottesmutter… Was ich ihr am meistenzu verdanken habe, ist, dass ich nunganz aus dem Kampfgeschehen gezogenbin, denn ich befinde mich seit einigerZeit in der Fernsprechabteilung.“

Frater Augustin Hendlmeier

EINE GUTE ADVENTSZEIT !

Herr Emile Pècheur12. Februar 192103. Oktober 2015

Maristisches Ehrenmitglied seit Juli 1982

Am 3. Oktober 2015 ist in Saint-Hubert (Belgien) Emile Pècheur im Alter von 94 Jahren verstorben. Emilewar Lehrer und Ehrenmitglied der Kongregation der Maristenbrüder und hat nun auf seine Lebenstafelsein letztes Wort geschrieben.

„Unser Meister“. Ein Ausdruck, voller Respekt und Zuneigung, tausendfach wiederholt von der ersten KlasseVolksschule St. Joseph in Saint-Hubert, wo Emile die Grundlagen unterrichtete: Rechnen, Lesen…

Als Emile sein ausgezeichnetes Lehrerzeugnis im Institut von Arlon im Jahre 1940 erhielt, begann er danach inseiner Geburtsstadt einen wunderbaren pädagogischen Parcours durchlaufen. In seiner ersten Schuljahrsklas-se konnte jener, den seine Schüchternheit beim Gedanken lähmte, einen Fehler unter den Augen seinerMitschüler zu begehen, und jener, den ein Verstehensproblem in große Verwirrung bringen konnte, immerauf die Hilfe des „Herrn Lehrers“ zählen.

Diesem Grundschullehrer mit Seele und Animator für pädagogische Tage mit Modellstunden konnten dieBrüder dann gerne die Leitung ihrer Grundschule anvertrauen.

Einer seiner Grundwerte war der Familiensinn: Er sprach mit Hochachtung von seinen Eltern, weil sie beideihn mit nicht vergehenden Werten erzogen haben: Ehre, Aufrichtigkeit, Arbeitsliebe, Frömmigkeit, Vater-landsliebe.

In seinem Haus hing neben den Familienfotos die Urkunde über die Ehrenmitgliedschaft der Maristenbrüder,die ihm die Kongregation gegeben hat, denn Emile hat als Bruder unter Brüdern gelebt und ihr christlichesIdeal befolgt: „Alles zu Jesus durch Maria, alles zu Maria für Jesus.“

Als Pfeiler des gesellschaftlichen Lebens von Saint-Hubert, seiner geliebten Stadt, war er auch ein talentierterDialektschreiber.

Die gefühlvolle Ehrung der ganzen Stadt und der Generationen von Schülern, die von diesemaußergewöhnlichen Meister gebildet wurden, war in der Basilika von Saint-Hubert zu spüren, unter den Au-gen der Mutter Gottes mit dem Kind, eine Statue des Künstlers R. Panhay: Eine schöne Erinnerung an Emilesmarianische Frömmigkeit.

Ihm gilt unser tiefer Dank, den Marzellin brüderlich angenommen hat, denn er hat ein pädagogisches Dogmagelebt: Um gut zu erziehen, muss man zuerst die Kinder lieben und jeden nach seinen empfangenen Talentenfördern.

Albert FraipontFreie Sekundarschule von Saint-Hubert

Lehrer von 1967 bis 1979Direktor von 1979 bis 2003

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 17

IN MEMORIAM

Frater Benedict McGranaghan10. Oktober 1931

25. September 2015

Frater Benedict wurde am 10. Oktober 1931 in der Kleinstadt Raphoe in der Grafschaft Donegal in Irland ge-boren. In der Familie gab es vier Kinder, drei Jungen und ein Mädchen. Er erhielt den Taufnamen Gerald.Er besuchte die Grundschule der Pfarrei bis zum vierzehnten Lebensjahr. Dann ging er ins Juvenat „Our

Lady’s Hermitage“ in Athlone und begann seine Gymnasialausbildung im „Marist College“. Er wurde 1948ins Noviziat aufgenommen, ebenfalls in „Our Lady’s Hermitage“ und legte 1950 seine erste Profess ab. 1955legte er in Dumfries, Schottland, seine ewige Profess ab.In der „De La Salle“ Lehrerbildungsanstalt in Waterford bestand er 1955 seine Abschlussprüfung, und er be-gann seine Lehrtätigkeit in der St. John’s Schule in Sligo, wo er bis 1959 blieb. Dann wurde er nach Castlereaversetzt, wo er zehn Jahre verbrachte; dann ging er für fünf Jahre nach Strokestown. Als sich die Maris-tenbrüder aus Strokestown zurückzogen, wurde er Lehrer an der Grundschule in Athlone, wo er ebenfalls dieAufgabe des Verwalters für „Our Lady’s Hermitage“ übernahm. 1977 wurde er Superior, Verwalter und Leh-rer in Ballina. 1992 wurde er wieder zum Superior ernannt, und er unterrichtete an der Grundschule bis zu sei-ner Pensionierung im Jahr 1996. 2006 endete eine weitere Amtszeit als Superior; aber bis zu seinem Tod war erweiterhin als Verwalter tätig.Sein ganzes Leben lang war er ein leidenschaftlicher Gärtner, und wegen seines großen Wissens über Pflanzenund Blumen wurde er von Nachbarn und Freunden oft um Rat gebeten. In seinem winzigen Treibhaus zog erjedes Jahr rote und weiße Trauben und eine reiche Ernte großer roter Tomaten heran.Als Lehrer war er gütig, rücksichtsvoll und gewissenhaft. Jahrelang leitete er auch Firm- und Erst-Kommu-nion-Gruppen. Seine Fähigkeit, den Glauben seiner jungen Schüler zu hegen und zu pflegen, war ein-drucksvoll. In den Jahren seines Ruhestandes wurde er oft von einigen dieser Schüler besucht. In der Klasseund auf dem Sportplatz fand er stets ermunternde Worte für die weniger begabten oder weniger sportlichenKinder. Und er tat das immer sehr unauffällig und diskret. Er hatte ein Auge für die weniger Erfolgreichen,und ganz ruhig ebnete er einen Weg für sie.Er hatte auch die Gabe, immer da zu sein, wenn ihn jemand brauchte: Ein gelegentlicher Besuch eines Einsa-men; ein Krankentransport für arme Eltern eines kranken Kindes; eine Schachtel Süßigkeiten für Kinder in ei-nem Haus, wo es sonst keinerlei Luxus gab. Und er machte das, ohne es groß herum zu trompeten.Obwohl er stets sehr beschäftigt war, erhielt er ein Diplom in Sozialwissenschaften von der Universität in Gal-way im Jahr 1975, und ein weiteres Diplom in Religionswissenschaft von der Maynooth-Universität im Jahr1989.Ostern 2015 stellte man eine Krebserkrankung bei ihm fest. Er starb friedlich im South Westmeath Hospiz inAthlone. Sein Begräbnisgottesdienst wurde in Ballina gefeiert, wo er fast vierzig Jahre seines Ordenslebensverbrachte. Er wurde im Gräberfeld der Maristenbrüder auf dem Cornamagh Friedhof in Athlone begraben.

Wenn Orchideen Farben versprühen auf der ErdeUnd der dunkelste Winter zum Frühling wirdDann soll die Trostlosigkeit in Hoffnung erblühenIn jedem Herzen, das dich liebt

(John O'Donoghue, Benedictus)

Frater Sebastian Davis

BULLETIN 2015 Nummer 4 Seite 18

IN MEMORIAM