Madame - Mettler Vaterlaus · Sie einen Thermomix. in Eiswürfelform füllen und im Tiefkühler...
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Sie blogt als «Wine Defender», führt in Genf die Wein-Tapasbar Terroirific und spielt Bass in der Frauenpunkband Las Furias. Für marmite installierte Onneca Guelbenzu eine Campingherdplatte auf einem Barriquefass und kochte darauf den legendenumwobenen «Marmitako».
100 000 VoltMadame
Text: Thomas Vaterlaus | Fotos: Linda Pollari
Eine Dosis Terroir gefällig? Bei Onneca Guelbenzu gibt es rockenden Wein und elektrisierende Tapas. Frisch ab Baskenland.
«Blitzkrieg Bop» von den Ramones hämmert aus den Boxen. «Punk ist gut zum Kartoffelschälen», sagt Onneca, je schneller der Beat, umso eher ist die Schale weg. Später wird sie die Kartoffeln für ihren Marmitako, den traditionellen Suppen-Eintopf der Fischer aus ihrer baskischen Heimat, nicht in Würfel schneiden, nein die Kartoffel-stücke kommen gebrochen in den Sud, «dann sind die Flächen der Stücke nicht glatt, sondern porös und die Stärke gelangt besser in die Suppe, was ihrer Konsistenz förderlich ist», sagt die Frau mit den violetten Strähnen im pechschwarzen Haar und dem bleichen Ge-sicht, aus dem rosa geschminkte Lippen leuchten wie die Sonne an einem knallblauen Sommermorgen irgendwo am Mittelmeer.
Kochen gelernt hat sie übrigens bei ihrem Vater, dem bekannten Weinmacher Ricardo Guelbenzu, einem ehrwürdigen Mitglied der Sociedad Gastronomica Navarra. Für die Mitglieder dieser Vereini-gung ist Kochen nicht Metier, sondern Religion. «Als sein Helfer bei grossen Familienfesten bin ich durch die härteste Kochschule ge-gangen, die man sich vorstellen kann, ich schälte, hackte und schnitt wie eine Verrückte …», erinnert sich Onneca.
Wie viele in ihrer Familie hat die 32-Jährige zuerst Rechtswis-senschaften in Pamplona studiert, danach begann ihr «Walk on the Wine Side». Kein Wunder, denn die Guelbenzus sind eine bekannte Weinbau-Dynastie in Navarra, deren Weine heute unter der Marke «Pulso» auf den Markt kommen. Onneca ging nach Barcelona, machte eine Ausbildung zur Sommelière, arbeitete für den Cava-Hersteller Gramona und gründete 2006 mit ihren Freundinnen Olatz und Mary Katherine die Punkband Las Furias. «Wir waren jung und mussten unbedingt etwas tun mit unserer Energie», sagt sie. In den folgenden Jahren gaben sie durchschnittlich 50 Konzerte pro Jahr, sie spielten im Jugendgefängnis in Barcelona, aber auch ➜
gastgeberin
Beidie äusseren Blätter entfernen und der Länge nach vierteln.
fein hacken und auf den Lattich legen.
Mitbestreuen und mitbeträufeln.
Auf jedes Lattich-Stück eines der legen.
Mit
beträufeln und servieren.
4 Baby-Lattichen
Etwas Knoblauch
wenig Salzetwas Olivenöl
16 Sardellenfilets
etwas eingedicktem Balsamico
Vorspeise (einfach, 10 Min.)
COGOLLOS A LA NAvArrA
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am Jubiläumsfest der Reithalle in Bern. Durch das Verfassen der Songtexte kam sie zum Schreiben und gründete 2010 zusammen mit ihrem Vater, der übrigens schon im Alter von 59 Jahren seine Autobiografie «Vintage of 49» schrieb, den Blog «We are Wine Defen-der». Ein Jahr später verliebte sie sich in einen jungen Electronica-Composer und zog zu ihm nach Genf. Und sie blieb auch in der Rho-nestadt, als diese Beziehung zu Ende ging. Heute lebt sie mit einem kolumbianischen Schmuckdesigner zusammen. «I came to Geneva in case of love, and I stay here in case of love», sagt sie.
Keine Frage: Sie ist Madame 100 000 Volt, eine Mischung aus Nina Hagen und Jeanne d’Arc, und sie wird uns blogschreibend be-schützen vor allem Bösen in der ehrenwerten Genusswelt, vor der Pferdefleisch-Mafia, vor den Herstellern genmanipulierter Gärhefen und auch vor den Vermarktern von langweiligen Industrieweinen. Zuvor muss sie jetzt aber für marmite kochen. Nur, in ihrer Wohnung schlafen noch Bekannte aus Spanien, mit denen sie bis vor Kurzem eine lange Nacht durchgestanden hat, und ach ja, Zeit zum Aufräu-men hatte sie auch keine. So kocht sie in ihrer soeben eröffneten Weinbar Terroirific am Boulevard James Fazy 14, obwohl es da gar keine Küche gibt. Kein Problem für Onneca. Flugs rückt sie zwei Barriques, die hier als Stehbars dienen, zusammen als Unterlage für zwei Camping-Herdplatten und den Thermomix. Als Arbeitsfläche müssen kurzerhand zwei Barhocker aus Holz herhalten. Schon ist sie fertig, die kleine, improvisierte Showküche direkt am grossen Schaufenster zur Strasse, so dass die Passanten sehen können, was in der bis zum Abend noch geschlossenen Bar so abgeht.
Die Vorspeise, «Cogollos à la Navarra», ist simpel in der Zuberei-tung, «aber das genialste, weil erfrischendste Gericht für heisse Sommertage», sagt sie. Sie legt den Klassiker «Space Oddity» auf, und während der junge David Bowie mit tiefer, ruhiger Stimme sein «Ground control to Major Tom» verkündet, schneidet sie ebenso ru-hig und konzentriert den Baby-Lattich aus ihrer Heimat in längliche Stücke und belegt diese mit fein gehacktem Knoblauch. Jetzt sollte das ganze eigentlich mit einer Vinaigrette beträufelt werden, doch leider hat Onneca das Olivenöl zuhause vergessen. «Juan, könntest du mal …», bezirzt sie denselbigen mit ihrem ganzen, unwidersteh-lichen Charme, und schon ist er in die hektische Stadt entschwun-den. Um die Wartezeit zu verkürzen, entkorkt sie schon mal einen Edel-Cava, nämlich einen 2005er «III Lustros Gran Reserva Brut Nature» mit wunderbar brotiger Hefenote und erzählt uns von ihrem Juan, dem man allein schon wegen seines Namens nicht wider- stehen könne, heisse er doch Juan Galan Bello, was die Adjektive «galant» und «schön» beinhalte. Nur wenig später ist Juan mit dem Olivenöl da, und die Congollos kriegen ihre Vinaigrette. Zum
gastgeberin
Ruhig ist es in der Wein-Tapasbar nie. Findet nicht gerade
ein Konzert statt, dreht die Punk-
rockerin Onneca...
...die Boxen auf, wenn sie kocht. Und das
Wichtigste: zu jedem Gang der passende
Song. Beim Kartoffel-schälen dröhnt Punk.
hacken.pressen.in Julienne (feine Streifen) schneiden. in Würfel schneiden. Die Zwiebeln, den Knoblauch und die Peperoni inandünsten, bis sie leicht golden werden. Dann die Tomaten undbeigeben und weitere 2 Min. dünsten.
schälen und mit dem Messer in mittelgrosse Stücke brechen (dabei sollte das Geräusch «crac» hörbar sein). Damit die Stärke besser austreten kann, sollten möglichst grosse, unebene Flächen entstehen. Die Kartoffeln beigeben und alles nochmal kurz andünsten.
und einen Teil vonbeigeben, bis die Kartoffeln bedeckt sind. Mitwürzen. Immer wieder etwas Wasser beigeben und umrühren. Sollte die Sauce nicht dick genug sein, kann man eine Kartoffel zerdrücken, damit die Konsistenz erhöht wird.
Nach 10 bis 15 Min. Kochzeit in wenden und kurz anbraten. Dann in Würfel schneiden und zu der Suppe geben. Die Herdplatte ausschalten und 5 Min. ruhen lassen. Lauwarm servieren und eventuelldarüberstreuen.
2 Zwiebeln1 Knoblauchzehe3 grüne Peperoni2 kleine Tomaten
etwas Olivenöl
etwas Paprika (mild)
1 kg Kartoffeln (mehlig kochend)
2 dl Cava Gramona III Lustros Brut Nature
(oder Weisswein)1 l Wasser
Salz und Pfeffer
800 g frischen Thunfischetwas Mehl
etwas gehackte Petersilie
Hauptspeise für 4 bis 6 Personen (einfach, 40 Min.)
MArMITAKO DE ATUN
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gastgeberin
Silber & Tafelkultur, Augustinergasse 17, 8001 Zürich
T +41 (0)44 221 27 30, www.meister-zurich.ch
Kanne | Panther | Schale
Entworfen und hergestellt in den Ateliers von Meister Zürich
MS_Marmite_2_2013.indd 1 3/13/2013 10:44:44 AM
Für dieses Rezept benötigen Sie einen Thermomix.
in Eiswürfelform füllen und im Tiefkühler über Nacht gefrieren lassen.
schneiden. Mitundin den Thermomix geben (einige Beeren für die Dekoration zur Seite legen).
Die gefrorenen Roséwein-Würfel ebenfalls in den Thermomix geben. Das Ganze auf Stufe 5 während 5 Sek. mixen.
Je nach Gustoundbeigeben. Erneut während 5 Sek. auf Stufe 5 mixen.
Mit den restlichendekorieren und servieren.
Vorbereitung:roséwein
(Altitud 1100 Syrah rosé,La Mancha, Spanien)
Zubereitung:
100 g Erdbeeren100 g Himbeeren
100 g Heidelbeeren
etwas Zuckeretwas Wasser
Beeren
Dessert (einfach, Vorbereitung 12 Std., Zubereitung 10 Min.)
SOrBET AUS rOSEWEIN MIT rOTEN BEErEN
Schluss wird jedes Lattich-Stück mit einem in Öl eingelegten Sardel-lenfilet belegt. Dieses Gericht besticht durch die perfekte Balance zwischen Würze, Schärfe, edlen Bitternoten und Frische.
Dann wird Onneca für kurze Zeit ausgesprochen wortkarg. Es gilt nämlich, den Sofrito zuzubereiten, die Basis einer jeden bas-kischen Suppe. «Es geht hier um die zentrale Frage der Konsistenz», sagt Onneca, «aber Konsistenz ist beinahe so ein komplexes Thema wie die Liebe oder der Tod». Darum lassen wir’s lieber, und sie kon-zentriert sich ganz auf das Hacken von Zwiebeln, Knoblauch und grünem Peperoni. Für ein paar Minuten stellt sie gar die Musik, in-zwischen läuft «Good Times» von Eric Burdon & The Animals, eine Spur leiser. Sobald der Sofrito so schmeckt, wie er muss, entspannen sich Onnecas Gesichtszüge wieder, und sie erzählt von ihren di-versen Projekten, die sie gerade so laufen hat. Vor einer Woche, beim Eröffnungsfest ihrer Weinbar Terroirific, kreierte sie eine vier Meter lange, artisanale Wurst und verkaufte diese draussen auf dem Geh-steig in 10-Zentimeter-Einheiten. Dazu trank man «Pulso 1», die süf-fige Cuvée aus Tempranillo und Garnacha, die ihr Vater zuhause in Navarra in die Flaschen bringt. Zudem hat sie mit ihrer Freundin Caroline Henry die Veranstaltungsserie «Tastings with a Twist» ge-startet. Am ersten Event in einer Kunstgalerie in London brachte sie nicht nur ausgesuchte Champagner mit, sondern auch viel kreidigen Lehm aus den Rebbergen von Epernay. Ein Maskenbildner verpasste allen Teilnehmern ein dickes Terroir-Make-up. Mit anderen Worten: Man hatte nicht nur die Champagne in Nase und Gaumen, sondern trug sie auch einen Millimeter dick auf dem Gesicht. «Das nenn ich Terroir total», sagt Onneca und zwinkert mit dem linken Auge. Wäh-rend der Marmitako, inzwischen um die gebrochenen Kartoffel-stücke bereichert, vor sich hin köchelt, füllt sich der ganze Raum mit
baskischem Suppenduft. Wir kriegen Hunger. Aber Onneca kennt keine Kompromisse, es muss noch gewartet werden. Ganz zum Schluss werden Thunfischstücke angebraten, ganz kurz, und eben-falls in die Suppe gegeben. Das ist das finale Zeichen. Erstaunlicher-weise hat sich in den letzten Minuten des Werdens dieser Suppe die an sich noch geschlossene Bar auf magische Weise mit vielen guten Freunden von Onneca gefüllt. Die Suppe ist, wie wir es erwarten, perfekt in der Konsistenz und im Geschmack. Der kräftige «Pulso 3», Jahrgang 2008 ist ein würdiger Begleiter zu diesem bodenständigen
Kunstwerk, das Juan kurz, bündig und goldrichtig als «baskisch su-perfantastisch» umschreibt. Das Kochspektakel findet seinen Ab-schluss mit einem erfrischenden Dessert, für das Onneca schon frühmorgens einen High Altitude Syrah Rosé in Eisbeuteln gefroren hat. Diese Rosé-Eiswüfel, die sie «Happy Cubes» nennt, werden nun zusammen mit frischen Beeren mittels «Butterfly-Programm» ihres Thermomixers zu einem Sorbet von sämiger Konsistenz verarbeitet. Dazu läuft übrigens «Heart of Glass» von Blondie, für Onneca ein perfektes Nachtisch-Lied. Mit dem Genuss des 12 Vol.% starken Des-serts ist das Spektakel vorbei. Die provisorische Küche verschwindet innert weniger Minuten wieder. Das muss sie auch, denn in knapp einer halben Stunde öffnet die Tapasbar … n
Baskische Suppe direkt ab Fass. In der Wein-Tapasbar Terroirific gibt es keine Küche. «No problem» für Onneca. Küchen sind, wie man sehen kann, komplett überbewertet.
«Konsistenz ist beinahe ein so komplexes Thema wie die Liebe oder der Tod» Onneca Guelbenzu