Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen Lerntagebuch und Portfolio in...
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Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen
Lerntagebuch und Portfolio in Bildungsforschung und Bildungspraxis
TEIL 1: Das Lerntagebuch
Quellen: siehe letzte Folie der PPP
Gliederung1. Zum Potenzial von Lerntagebuch
1.1 Einleitung
1.2 Das Tagebuch
Teil 1: Grundüberlegungen zur neuen Lernkultur und zur Arbeit
mit Lerntagebuch
2. Blickpunkt Lernprozess
2.1 Einleitung
2.2 Der Lernprozess in der Schule
2.3 Zur Beobachtung und Begleitung des schulischen Lernprozesses
3. Fragen der Leistungsbewertung beim Lerntagebuch
3.1 Einleitung
3.2 Das Dilemma von Lernreflexion und Beurteilung
3.3 Das Lerntagebuch
3.4 Entwickeln und Anwenden von Bewertungskriterien
Teil 2: Lerntagebuch in Forschung und Praxis
4. Das Lernjournal im dialogisch konzipierten Unterricht
4.1 Einleitung
4.2 Nutzung des Lernjournals als Plattform für den Dialog zwischen
Lehrenden und Lernenden über einen fachlichen Inhalt
4.3 Gelingensbedingungen der Arbeit mit Lernjournalen
5. Welche Rolle spielt Self-Monitoring bei der Selbstregulation und wie
kann man mit Hilfe von Tagebüchern die Selbstregulation fördern?
5.1 Definition
5.2 Forschungsstand
5.3 Ein Modell der Selbstregulation
5.4 Anwendungsbeispiel: Förderung der Selbstregulation durch
Self-Monitoring durch Hilfe eines Tagebuchs
5.5 Empfehlung zur Gestaltung von Tagebüchern
5.6 Beispiel für ein Tagebuch
Teil 3: Lernzeit
6.Lerntagebuch – Ermöglichung echter Lernzeit
6.1 Indikatoren echter Lernzeit
6.2 Das Lerntagebuch
6.2 Schlussbemerkungen
Anhang
7. Ein Lerntagebuch zur Förderung motivationsbezogener Voraussetzungen
für Lern- und Leistungsverhalten bei Schüler/innen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf
7.1 Einleitung
7.2 Lerntagebücher als Methode zur Steigerung motivationsbezogener Lern- und
Leistungsverhalten
7.3 Ein Lerntagebuch für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf
7.4 Empirische Überprüfung von Anwendbarkeit und Wirkung des Tagebuchs
1. Zum Potenzial von Lerntagebuchvon Michaela Gläser-Zikuda und Tina Hascher
• Tagebücher und Portfolios zwingen die Lehrenden , ihren
Unterricht für neue Zugänge zu öffnen und ihre Rolle als
Lernbegleiter/innen und –Berater/innen zu professionalisieren
• Von den Lernenden erfordern sie eine aktive, selbstreflexive und
eigenverantwortliche Auseinandersetzung mit ihrem Lernprozess.
1.1 Einleitung
1.2 Das Tagebuch
• Charakterisierung durch die Begriffe Alltagsorientierung, Kontinuität,
Reflexion und Gedächtnisstütze
• Das Tagebuch: In erster Linie ein persönliches Dokument
• Verwendung auch zu Forschungs- und Therapiezwecken
Beispiele:
Entwicklungspsychologie: Tagebücher dienen der Dokumentation
der Entwicklungsverläufe von Kindern
klinische Psychologie: Einsatz von Selbstbeobachtungsprotokollen
(=Tagebücher) bei z.B. Alkoholproblemen, Phobien usw. und
Schmerztherapien
Weitere Beispiele: erziehungswissenschaftliche Theoriebildung:
Tagebuchschreiben als pragmatisch orientierte Möglichkeit,
Beobachtungen und Aktionen im pädagogischen Bereich
aufeinander zu beziehen
→ Gesamtschau von Erkenntnis und Handlung
Teil 1: Grundüberlegungen zur neuen Lernkultur und zur Arbeit mit Lerntagebuch
2. Blickpunkt Lernprozessvon Tina Hascher und Hermann Astleitner
2.1 Einleitung• Durch das Lernen können individuelle Erfahrungen gewonnen
werden, die im Gedächtnis abgespeichert werden und das Verhalten
ändern können.
• Lernen als hochkomplexes Geschehen: verwoben mit einer Vielzahl
weiterer Fähigkeiten und Phänomene
• Lernen als Prozess kognitiver, emotionaler und motivationaler
Operationen, der zu neuen Strukturen, Denk- und
Handlungsmöglichkeiten führt
• Der Lernprozess lässt sich in die Teilphasen Informationsaufnahme,
Informationsverarbeitung und –Gebrauch unterteilen.
2.2 Der Lernprozess in der Schule
2.2.1 Im schulischen Lernprozess findet Lernen nur unter besonderen Bedingungen statt
• Charakteristische Merkmale eines schulischen Lernprozesses:
Ziel ist die Aneignung gesellschaftlichen Wissens und Könnens,
wobei Lerngegenstand, -Material, -Umgebung, und –Zeit meist von
anderen bestimmt werden
Maßstäbe des Lernens und Vergleichskriterien sind vorgegeben
Leitung und Unterstützung durch Einsatz materieller und ideeller
Lernmittel
(z.B. Lernstrategien)
Qualität des Lernprozesses direkt abhängig von Charakteristika der
Lernumgebung
Lernen ist immer im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung zu
sehen und erfordert deshalb den expliziten Einbezug allgemeiner
und individueller Lernvoraussetzungen
• Kritik:
kaum Rahmenkonzepte und Theorien schulischen Lernens
vorhanden, nur Beschreibungen bzw. Formen der Anwendung
→Wichtiger Schritt für eine eigenständige Theorie schulischen Lernens:
Ansatz einer pädagogischen Lernpsychologie von Roth
2.2.2 Schulische Lernprozesse sind biografisch verankert
• Schulische Erfahrungen (sowohl positive als auch negative) liefern
einen wichtigen Beitrag zu Identitätsentwicklung und
Biografieverläufen
• Integrationsbemühungen: in die Lernhaltung der Schüler/innen
sollen der individueller Lernstil, die individuellen Bedürfnisse und
die Ansprüche an die Sache integriert sein
→ Berücksichtigung der Lernerfahrungen aus der Vorschulzeit!
• Kinder sind einerseits schon Experten/Expertinnen ihres Lernens,
andererseits müssen sie die Lerntätigkeit erlernen!
• Die Multidimensionalität des Lernens: fünf Lehrfunktionen
1) Vorbereitung des Lernens
2) Ausführung von Lernhandlungen
3) Handlungsregulation
4) Leistungsbewertung
5) Erhalt von Motivation und Konzentration
• Lernen bezieht sich nicht nur auf grundlegende Kompetenzen im
kognitiven Bereich, sondern auch auf den sozialen, emotionalen
und motivationalem Bereich!
2.2.3 Schulische Lernprozesse vollziehen sich in verschiedenen Bereichen bzw. Schritten
2.2.3 Schulische Lernprozesse finden überwiegend in sozialen Kontexten statt
• wichtiger Aspekt des Schulalltags:
Die sozialen Interaktionen zwischen Schülern/Schülerinnen
•Peer-Interaktion als wichtige Quelle des Wohlbefindens und somit als
Basis für erfolgreiches (kooperatives) Lernen
•Wird das grundlegende Bedürfnis nach sozialer Einbindung erfüllt,
öffnet sich das Individuum gegenüber neuen Anforderungen und
Situationen.
2.2.4 Fehler sind ein wichtiger Teil des schulischen Lernprozesses
• Grundsatz: Wer lernt, macht Fehler!
• Konstruktiver Umgang mit Fehlern (aus Fehlern kann man lernen!) erst
dann möglich, wenn ein fehlerbewusstes und –kompetentes Lernklima
und Lernkonzept vorliegt
• Umgang mit Fehlern hängt auch von der Unterrichtsform ab
• Konsequenzen von Fehlern in Leistungssituationen:
Leistungsbewertung als Informationen für den Schüler, nicht über ihn!
2.2.5 Schulische Lernprozesse erfordern außerunterrichtliches Lernen
Erklärung am Beispiel der Hausaufgaben
•Bedeutung der Hausaufgaben direkt von ihrer Qualität abhängig
→ erforderliche Zeit für Hausaufgaben soll als Lernzeit genutzt werden
•wichtig: kompetente Hilfe bei den Hausaufgaben, falls notwendig
(inkompetente Unterstützung kann zu Konflikten führen)
•Vorteil: Schüler/innen wählen ihr eigenes Lerntempo und die –Zeit
•Didaktisch und erzieherisch durchdachte Form von Hausaufgaben
macht sie zu Bestandteilen des Lernprozesses
2.3 Zur Beobachtung und Begleitung des schulischen Lernprozesses
• Lernen kann nur erschlossen und nicht direkt beobachtet
werden
• Es geht also vorwiegend um die aktive Auseinandersetzung der
Lernenden mit den Lerninhalten
• Offener Unterricht als gute Unterrichtsform und „pädagogische
Haltung“ für die Erschließung des Lernprozesses
2.3.1 Wie wird Unterricht als Prozess gedacht?
• Unterricht = Prozess, der aus einer zeitlichen Abfolge von systematisch
aufeinander bezogenen Lehr- und Lernaktivitäten besteht
• Aktuelle empirisch-pädagogische Forschung:
Lernprozesse auf Basis eines gemäßigten Konstruktivismus
Lernen als aktiver, konstruktiver Prozess in einem Handlungskontext
Individualität des Lernprozesses wird in den Mittelpunkt jeglicher
Überlegungen zum Lernen gestellt
2.3.2 Wie werden Daten über Lernprozesse gesammelt und rückgemeldet?
• Prozessbezogene Erfassung von Lernergebnissen im Rahmen einer
systematischen Diagnostik, die durch die vorgestellten Instrumente (z.B.
Lerntagebücher, -Journale, Portfolios) gefördert und begleitet wird
• Rückmeldung durch verstärkte Berücksichtigung der individuellen
Bezugsnorm:
Individuelle Leistungsergebnisse werden in Relation zu
vergangenen Leistungen gesetzt Aufzeigen der Lernentwicklung
Transfer des Gelernten in neue Anwendungssituationen
Lernprozess gilt als abgeschlossen, wenn alle relevanten Lehrziele
erreicht wurde!
Unterscheidung lehrzielbezogener Aktivitäten (nach Krathwohl):
1) Erinnern (Abrufen von Wissen aus dem Langzeitgedächtnis)
2) Verstehen (Bedeutung von Wissen erfassen)
3) Anwenden (Durchführung einer Prozedur in einer Situation)
4) Analysieren (Zerlegen von Wissen in Elemente)
5) Evaluieren (Bewerten von Wissen in Relation zu Standards)
6) Generieren (Zusammenstellen von Elementen, um etwas Neues
zu erzeugen)
2.3.3 Welche Unterrichtsmethoden werden eingesetzt, die speziell auf den Prozess des Lernens abzielen?
Wichtige Voraussetzungen:
• Unterscheidung zwischen unsichtbarem Lernprozess und sichtbarer
Lerntätigkeit
• Orientierung der Lehrperson an der Lerntätigkeit des Individuums und
der Interpretation der Lerntätigkeit im Hinblick auf gestellte
Lernaufgaben
• Blickpunkt auf Merkmale der Lernumgebung, die helfen, den Lernenden
das Erreichen der gesetzten Lernziele zu ermöglichen
Lernrelevante Auswirkungen:
Rolle der Lehrperson:
• begleitendes Coaching, keine statische Stoffvermittlung
• Auswahl der Reihenfolge bei der Präsentation von Lehrstoffteilen bzw.
Lernaufgaben (themen- und problemorientierte Behandlung)
• Einsatz von lernprozessrelevanten Unterrichtsmethoden, welche…
die Entwicklung des Wissenserwerbs aufzeigen
die Anwendung des Wissens in zeitlichen Abständen aufzeigen
das Lerntempo berücksichtigen
Beispiele: prozessbezogene Gruppen- und Projektarbeit, Einbettung
des Lehrstoffes in Geschichten, Prognosen, „Speedaufgaben“
(Aufgaben, die schnell zu erledigen sind)
3. Fragen der Leistungsbewertung beim Lerntagebuch von Felix Winter
3.1 Einleitung
• Übliche Leistungsbeurteilung an Schulen besteht seit dem
19.Jarhundert → veraltet!
• Beurteilung als einstufend (Noten) und bürokratisch
• Lehrperson als ausschließliche Beurteilungsinstanz
→ Neue Lernkultur: Entwicklung eines Dialogs über Lernen und
Leistung als Bestandteil des Unterrichts
3.2 Das Dilemma von Lernreflexion und Beurteilung
• Arbeit mit Lerntagebuch ↔ traditionelle Leistungsbeurteilung
→ Spannungsfeld:
Ständiges Überprüfen und Benoten der Schüler/innen unvereinbar mit
unbefangener Selbstreflexion und ehrlichem Austausch über das Wie
des Lernens
Besonders bei Benotung von geäußerten Ansichten
Folge: Probleme, Ängste und Bedenken werden nicht angesprochen
• Problem auf der anderen Seite durch fehlende Benotung:
Leistungen, die in z.B. Form eines Lerntagebuchs erbracht wurden
bzw. Leistungen reflexiver Art werden im System der fachlich
gegliederten Benotung nicht berücksichtigt
→ Motivation der Lernenden wird teilweise untergraben
3.3 Das Lerntagebuch
• Keine Bewertung im Sinne einer Einstufung ratsam, trotzdem
Anerkennung der Arbeit
• Kern des Schreibens von Lerntagebüchern: Reflexion über
Erfahrungen und Gedanken, die das eigene und das gemeinsame
Lernen betreffen
• Fragen zur Anregung einer Reflexion (Beispiele):
Was habe ich/was haben wir gemacht?
Welchen Zielen, Ideen, Motiven bin ich/sind wir gefolgt?
Wie bin ich/sind wir vorgegangen?
Was habe ich/haben wir erfahren?
• Häufige Kategorien beim Schreiben von Lerntagbüchern bei
Schüler/innen der Oberstufe und Student/innen (Beispiele):
Notizen zu Inhalten des Lernens
Offene Fragen, Unerledigtes
Eigene Ziele
Empfundene Behinderungen des Lernens
Wertungen und emotionale Äußerungen
→ die Lernenden treten in einen Dialog mit…
…der Sache
…sich selbst
…Zielen und Kriterien
…den eigenen Vorgehensweisen und dem Vorgehen anderer
• Mögliche Bewertungsdimensionen
(beziehen sich auf komplexe Leistungen):
Bewusstheit des Vorgehens in der Aufgabe
Reflexion der eigenen Motive und Fähigkeiten
Fähigkeit, zur eigenen Arbeit Distanz zu gewinnen
Realistische Bezugnahme auf Ziele, Kriterien und vorgegebene
Kompetenzbeschreibungen
Einschätzung der Bedingungen des Lernens und ihre
Beeinflussbarkeit
• Durch einstufende Benotung:
Gefahr, dass Lernreflexion negativ beeinflusst wird oder sich
„versteckt“
• Die stärksten Motivationsquellen:
Persönliche Zuwendung der Lehrperson zu den Berichten,
Einträgen und Überlegungen der Schüler/innen (z.B.
Dialogangebote)
„unverrechenbarer Lerngewinn“: Es macht Schüler/innen in der
Regel Spaß, zu reflektieren und mehr Klarheit über ihr Lernen und
seine Bedingungen zu erlangen
ABER: Effekt bleibt aus, wenn Schüler/innen lange gewohnt
waren, fremdgesteuert zu lernen
3.4 Entwickeln und Anwenden von Bewertungskriterien
• Kritik: Lehrpersonen haben Beurteilungskriterien, die sie generell und
nicht nur im konkreten Fall anwenden
→ Kriterien sollten erst während des Arbeitsprozesses entwickelt werden
• Vorgang der Leistungsbewertung in mindestens drei Schritten:
Vorgehen für den Bewertungsprozess festlegen für die Annäherung
an eine Schülerarbeit zur Gewinnung v. Bewertungsgesichtspunkten
Entwickeln und Anwenden von Kriterien, die zu einer Bewertung
führen.
Die Form festlegen, in der die Bewertung ausgedrückt und mitgeteilt
wird
3.4.1 Bestimmen, wie der Bewertungsprozess gestaltet werden soll
• Bei der Reflexion und Bewertung von Lerntagebücher ist es sinnvoll
dialogisch zu verfahren: in der Zusammenarbeit und im inhaltlichen
Austausch zu Eindrücken und Einschätzungen gelangen
Gespräche führen
Arrangements, bei denen sich Schüler/innen untereinander über
Gedanken und Produkte austauschen
Mehrperspektivische Beurteilung
3.4.2 Kriterien entwickeln und anwenden
• Prüfung der Frage „falsch/richtig“ als recht simple,
arbeitsökonomische Handlung. Sie hat in Schule große Bedeutung
→ Suche nach Qualitäten wird vernachlässigt
• Anwendung komplexer analytisch-synthetischer Überlegungen
notwendig, um Qualitäten benennen zu können
Welche Ziele verfolgt jemand bei der Lösung einer Aufgabe?
Welche Mittel benutzt er dazu?
• Vorgegebene Kriterien können teilweise durchgängig verwendet
werden
ABER: sie schärfen den Blick, verengen ihn aber gleichzeitig!
3.4.3 Sind Bewertungsraster eine Lösung?
• Empfehlung von Rastern („rubrics“) zur Fremd- und Selbstbewertung
von Schülerarbeiten bzw. darin enthaltene Leistungen
Intention: Verknüpfung beider Aspekte
Anwendung vieler Gesichtspunkte möglich
zusätzlich Förderung des differenzierten Hinschauens durch
abgestufte Merkmale und Kriterien
→ ideale Kombination von Breite und Genauigkeit bei der Bewertung
• Kritik an Bewertungsrastern:
Qualität oft recht unterschiedlich:
manche recht vereinfacht und inhaltlich banal
Ungenaue und unverständliche Beschreibungen
Unangemessene Einengung der Bewertungsgesichtspunkte
Positiv:
Kompetenzbeschreibungen mit Rastern, welche Fähigkeiten ins
Visier nehmen, die konkreten Leistungen zugrunde liegen
Schon bei der Erarbeitung ihrer Produkte für Schüler/innen sind
Bewertungsraster eine Orientierung und Kontrollmöglichkeit für
die Qualität der Arbeit
3.4.4 Eine Mitteilung formulieren
• Einschätzungen bzw. eine Bewertung soll so formuliert werden, dass
sie auf differenzierte Weise informiert und gut verständlich ist
• Bedarf intensiver Übung durch den Bewertenden
• Um Missverständnisse zu vermeiden, bietet sich wieder der Dialog
an
3.4.5 Passende Bewertungsformen
• Persönliche Resonanz
Zu Inhalten des Lerntagebuchs werden kurze (meist schriftliche)
Mitteilungen gemacht (z.B. Was hat mich persönlich
angesprochen?)
Wichtig: subjektiver Eindruck bzw. persönliche Reaktion, kein
Werturteil
• Qualitäten finden
Es geht darum, herauszufinden und mitzuteilen, wo und worin
man besondere Leitungen erkennt.
• Lektorieren
Basis: Einnehmen einer achtsamen lernförderlichen Haltung dem
Lernenden gegenüber
Rückmeldungen für die weitere Arbeit des Lernenden
Menschen stärken und Sachen klären
• Bezüge zu Kompetenzbeschreibungen und Bewertungsrastern
herstellen
Liegen Kompetenzbeschreibungen und Bewertungsraster vor, kann
mit ihrer Hilfe eine Wertung und Rückmeldung erfolgen
• Offene Gespräche
Freier Austausch persönlicher Ansichten
• Schlussfolgerung:
Das Lerntagebuch ist ein Instrument, das vor allem den persönlichen
Dialog mit der Sache und dem eigenen Lernen fördern kann und
damit insbesondere die eigenständige Reflexivität entwickeln hilft.
Teil 2: Lerntagebuch in Forschung und Praxis
4. Das Lernjournal im dialogisch konzipierten Unterrichtvon Nadja Badr Goetz und Urs Ruf
4.1 Einleitung
• Das Lernjournal als Herzstück eines dialogisch konzipierten
Unterrichts
• Dokumentation entfaltet ihr Potenzial vor allem im Austausch mit
anderen
4.2 Nutzung des Lernjournals als Plattform für den Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden über einen fachlichen Inhalt
• Konzept des dialogischen Lernmodells:
Dialog erfolgt einerseits zwischen der Lehrkraft und den
Lernenden, andererseits innerhalb der Schülergruppe
Dialog initiiert durch schriftlich formulierten und offenen Auftrag
Intensive Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten wird
schriftlich dokumentiert
Lehrkraft erhält so Einblick in unterschiedliche, vielfältige Ideen
→ Individuelle Rückmeldungen an Schüler/innen möglich
4.2.1 Der schriftliche Dialog über fachliche Inhalte als Wechselspiel zwischen Angebot und Nutzung
• Struktur des dialogisch konzipierten Unterrichts: Lehrkraft gestaltet
fachlich Lehr- und Lernumgebung so, dass intensiv und kontinuierlich
an fachlichen Inhalten gearbeitet wird
• Schüler/innen werden in einen schriftlichen Austausch von
Einschätzungen, Ergebnissen und Meinungen involviert, der sich auf
einen gemeinsamen fachlichen Inhalt bezieht
• Organisation:
Kernidee: schriftlich formulierter Auftrag, der sich an Klasse als
Lerngemeinschaft richtet
→ Lernende werden aktiv: zeigen, wie sie mit dem fachbezogenen
Angebot der Lehrkraft umgehen, welche kognitiven und emotionalen
Prozesse durch das fachliche Angebot angeregt werden und wie sie
dieses nutzen
• Schriftliche Nutzungsnachweise werden von Lehrperson und/oder
Mitlernenden gelesen
→ Förderung des Perspektivwechsels
• Rolle der Lehrperson:
Versieht alle Nutzungsnachweise mit einer kurzen Rückmeldung
und einer groben Bewertung
Stärkt Lerngemeinschaft der Klasse, indem sie erfolgreiche
Verhaltensweisen in den Unterricht einspielt
• Das Lernjournal als unterrichtsstrukturierendes Instrument
– zwei Auffassungen:
1) Unterricht als dynamisches Wechselspiel zwischen Angebot und
Nutzung
2) Ausrichtung des Unterrichts auf langfristig angelegte und
vertiefte fachbezogene Lern-, Verstehens- und
Handlungsprozesse
→ Prozesse verlangen individuelle Konstruktionsleistungen, die von
sozialen Austauschprozessen und entwicklungsorientierten
Strukturierungs-/Handlungshinweisen profitieren
4.2.2 Entwicklungs- und Stärkenorientierung dynamisiert das Lernen und erleichtert das Lehren
• Dialogisch konzipierter Unterricht basiert auf drei Säulen:
1) Bezug auf fachlich relevante Inhalte
2) Lehrender macht Lernenden zum Dialogpartner
3) Kontinuierliche Entwicklung der fachbezogenen Handlungs-
kompetenzen der Lernenden
Personaler Aspekt (individuelles Selbst- und Wertekonzept)
Sozialer Aspekt (interaktive Verhaltensweisen,
Verantwortungsbewusstsein)
Fachlicher Aspekt (Umgang mit fachlichen Inhalten)
4.3 Gelingensbedingungen der Arbeit mit Lernjournalen
• Bedingung 1:
Sich auf den Dialog mit Schüler/innen einlassen (wollen)
Lehrkraft ist aufgefordert, jedes individuelle Erzeugnis auf sich
wirken zu lassen und Stellung zu beziehen
• Bedingung 2:
Mehrwöchige Erfahrung mit dem Instrument Lernjournal sammeln
Ein Prozess benötigt ausreichend Zeit!
Sicherheit erlangen
• Bedingung 3:
In einem für alle gleichen Fachgebiet individuelle Lernwege beschreiten
Alle Schüler/innen sollen am gleichen Auftrag arbeiten
• Bedingung 4:
Orientierung an der Entwicklung und den Fortschritten des Lernenden
Lehrkraft sucht nicht nach Fehlern, sondern nach Gelungenem
Voraussetzungen:
a) Eine durch Offenheit und Wertschätzung geprägte Haltung
b) Fokussierung auf die Besonderheit jeder einzelnen Arbeit
c) Suche nach überraschenden Ideen, originellen Versuchen usw.
Klare Wertungen und kurze prägnante Rückmeldungen
Auch schwächere Schüler/innen haben die Gelegenheit, sehr
gute Leistungen zu erbringen
→ Steigerung der Motivation
• Bedingung 5:
Einen intensiven Austausch innerhalb der Klasse pflegen
Entwicklungsorientierte Arbeit ermöglicht einen Austausch über
unterschiedliche Verfahren und Standpunkte
Das Schreiben von Rückmeldungen/Feedback wird geübt
Wohlwollender und ressourcenorientierter Umgang miteinander
5. Welche Rolle spielt Self-Monitoring bei der Selbstregulation und wie kann man mit Hilfe von Tagebüchern die Selbstregulation fördern?von Meike Landmann und Bernhard Schmitz
5.1 Definition
Self-Monitoring:
Systematische absichtsvolle Beobachtung (und Aufzeichnung) des
eigenen Verhaltens, als wesentlicher Wirkfaktor für
Selbstregulationsprozesse
5.2 Forschungsstand
5.2.1 Zur Wirkung von Tagebüchern
• Wesentliche Schlüsselvariable:
Selbstbeobachtung bzw. Self-Monitoring für eine zielgerichtete und
erfolgreiche Regulation von Verhalten
• Wirksamkeit des Self-Monitoring in Bezug auf Aufmerksamkeit,
soziales Verhalten oder soziale Kompetenz
• Allein die Beobachtung des eigenen Verhaltens führt zu einer
Verhaltensänderung in die gewünschte Richtung (=Reaktivitätseffekt)
• Variablen, die eine Verhaltensänderung durch Self-Monitoring
unterstützen (Beispiele):
Hohe Änderungsmotivation seitens der reflektierenden Person
Aufzeichnung des gewünschten Zielverhaltens anstatt des
Problemverhaltens
Rückmeldungen geben
Einsatz von Lernprotokollen
Regelmäßige und systematische Verhaltensdokumentation
• Einsatz von Tagebüchern als:
Interventionsinstrumente
Für wissenschaftliche Analyse und Beobachtung von Lern- und
Verhaltensprozessen, da Tagebuchdaten eine hohe Zuverlässigkeit
aufweisen
ABER:
genauere Aufzeichnung führt nicht unbedingt zu einer höheren
Verhaltensänderung, d.h. die Merkmale der Genauigkeit und der
Reaktivität in Bezug auf das Self-Monitoring gelten als unabhängig
voneinander
5.2.2 Zur Funktionsweise von Tagebüchern
• Theorien zur Erklärung der verhaltensmodifizierenden Wirkung von
Tagebüchern:
1) Theorie 1:
Beobachtungen und Aufzeichnungen des relevanten Verhaltens
dienen als Hinweis für alle erwünschten bzw. unerwünschten
Konsequenzen, die dieses Verhalten nach sich zieht
Konsequenzen beeinflussen die Auftretenswahrscheinlichkeit des
beobachteten Verhaltens
2) Theorie 2: Modellerweiterung
Nicht nur Beobachtungen und Aufzeichnungen an sich dienen als
Hinweisreize, sondern auch das dazugehörige Prozedere (Instruktion
oder Training)
3) Theorie 3: Erklärung der Reaktivitätstheorie durch Phasen
Selbstüberwachung:
Das Zielverhalten wird beobachtet und aufgezeichnet (Monitoring)
Selbstbewertung:
Interne Selbstevaluation, d.h. Vergleich mit internen Standards
Selbstverstärkung:
Je nach Ergebnis erfolgt Selbstverstärkung (z.B. Lob) oder –Bestrafung
(z.B. schlechtes Gewissen, Scham), wodurch zukünftige
Wahrscheinlichkeit des Verhaltens beeinflusst wird
• Kritik an Theorien:
Beschränkung auf Prinzipien der Selbstbestrafung bzw. –
Verstärkung
Vernachlässigung verdeckter/interner Regulationsprinzipien
→ Neben der Beobachtung bedarf es der Bewusstmachung des
eigenen Verhaltens und höheren Stufen der Reflexion und
Regulation
5.3 Ein Modell der Selbstregulation5.3.1 Modellbeschreibung
Self-Monitoring 0.Ordnung: Das klassische Selbstregulationsmodell
Drei Phasen der Selbstregulation:
1) Präaktionale Planungsphase:
Situative Gegebenheit (z.B. Lernumfeld) und Aufgabenstellung
Schüler/innen setzen sich individuelle Lernziele
Aus Situation, Aufgabe und Lernzielen resultieren
Selbstwirksamkeit, Motivation und Emotion der Lernenden
2) Aktionale Handlungsphase – die Handlung wird ausgeführt:
Einsatz tiefenorientierter Lernstrategien
Ausmaß der investierten Lernzeit
Fähigkeit der Person, Zeit konzentriert zu nutzen
Maßgeblich für erzielte Leistung
3) Postaktionale Reflexionsphase:
Bewertung und Reflexion der Resultate
Beeinflussung des emotionalen Befindens der Lernenden
Modifikation von Zielen und/oder Strategien
Formulierung von Vorsätzen für weiteren Lernprozess
Weitere Merkmale:
• Lokalisierung des Self-Monitoring vor allem in Handlungsphase
• Überwachung der Bearbeitung einer konkreten Aufgabe
• Auch: Aufgaben-Monitoring und Ausführungsregulation (da sich
Beobachtung und Regulation auf konkrete Aufgabe bezieht)
Self-Monitoring 1. Ordnung: Strategieregulation
• Für erfolgreiche Regulation: Einnahme einer Metaebene bei der
Beobachtung
• Betrachtungs- und Reflexionsgegenstand nicht nur konkrete
Handlungsebene, sondern gesamter Selbstregulationszyklus und v.a.
Auswahl und Passung der eingesetzten Strategie
• Anregung der Bewertungs- und Reflexionsprozesse auf dieser Ebene:
Schüler/innen sollen am Ende einer gesamten Lernepisode auf diese
zurückblicken
Self-Monitoring 2. Ordnung: Mustererkennung
• führt bisheriges Vorgehen nicht zum Ziel: Beobachtung auf der nächst
höheren Ebene notwendig
• Beobachtungs- und Reflexionsgegenstand wird auf mehrere
Tage/Wochen und mehrere Aspekte ausgeweitet
evtl. Rückschlüsse auf Muster (Schüler/in erkennt z.B. ein für ihn
unbekanntes Lernvorgehen, womit er/sie besser zurechtkommt)
• Anregung der Reflexionsarbeit und Mustererkennung im schulischen
Kontext durch Tagebücher:
Verlauf mehrerer relevanter Variablen werden über längeren Zeitraum
aufgezeigt und für Schüler/innen visualisiert
ABER: noch keine Verhaltensmodifikation!
Self-Monitoring 3. Ordnung: Zielanpassung
• Einbezug des mittel- bis langfristigen/übergeordneten Ziels
• Anpassung des Ziels kann als übergeordnete Regulationsstrategie
erfolgen
• Bsp.: Schüler/in reduziert sein Ziel, sich im Fach Physik zunächst um eine
Note zu verbessern, anstatt um zwei Notenstufen
Anmerkungen zum Modell
• Wesentlich: auf jeder Stufe des Self-Monitoring wird eine höhere
Stufe der Reflexion und schließlich der Regulation angeregt
• Initiierung des Self-Monitoring als Reflexionsprozess, der
Verhaltensmodifikation nach sich zieht
• Self-Monitoring:
einerseits zentraler Bestandteil der Selbstregulation
andererseits Betrachtung der Selbstregulation von höherer Ebene aus
5.4 Anwendungsbeispiel: Förderung der Selbstregulation durch Self-Monitoring durch Hilfe eines Tagebuchs
5.4.1 Einleitung
• Untersuchung: Wie kann Selbstregulation am effektivsten gefördert
werden?
• Prüfung des Nutzen durch den Einsatz des hier beschriebenen
Lerntagebuchs
• Ergebnis: Kombination aller drei Aspekte (fachliche Inhalte,
Selbstregulationsstrategien, Lerntagebuch) am wirkungsvollsten
5.4.2 Beschreibung eines Tagebuchs der Jahrgangsstufe 8
• Das Tagebuch (Bespiel)
besteht aus vier Seiten
Kombination von offenen und geschlossenen Fragen
Wird täglich ausgefüllt
• im Vordergrund: Gesamter Selbstregulationszyklus mit seinen drei
Phasen (präaktional, aktional, postaktional)
• Das Tagebuch besteht demnach aus zwei Teilen:
Der erste Teil ist vor dem Lernen auszufüllen, der andere nach dem
Lernen!
1) Die Präaktionale Phase:
• Abfrage des Codes der Schüler/innen:
Zuordnung der Personen zu verschiedenen Tagebücher, ohne
Identität offen zu legen
Angabe des Datums und der Uhrzeit (Lernzeitpunkt!) für spätere
Auswertung
• Erste inhaltliche Fragen nehmen Bezug auf das Wochenziel
(übergeordnetes Ziel) und seine Wichtigkeit (Was will Schüler/in
dafür tun?)
• Ermittlung der emotionalen Gestimmtheit/Gefühlslage
• Lösung von Aufgaben: Wie plant der/die Schüle/in vorzugehen?
• Bezug auf einzelne Aufgaben: Frage nach Schwierigkeit,
Anstrengungsbereitschaft, geeigneten Strategien und Zeitbedarf
• Fragen zur Motivation und Selbstwirksamkeit
• Abschluss: Aufforderung, mit den Aufgaben anzufangen
2) Die Aktionale Phase:
• Fühlte sich Schüler/in abgelenkt?
• Fragen in Bezug auf das Arbeitsvorgehen:
Wie viel Zeit wurde benötigt?
Wie viel Zeit davon wurde konzentriert genutzt?
Welche Strategien wurden eingesetzt?
3) Die Postaktionale Phase:
• Anregung zur Reflexion des Lernprozesses
• Fragen im Bezug auf Konzentration, Anstrengung, Selbstreflexion,
(evtl.) in Anspruch genommene Hilfen, Umgang mit Fehlern,
Zufriedenheit mit dem Lernen und Zielerreichung
• Frage nach der emotionale Gestimmtheit am Ende des Lernens
• Fragen im Bezug auf die Vorsätze für den nächsten Lerntag
5.4.3 Angestrebter Nutzen in Bezug auf die verschiedenen Ebenen der Selbstregulation
• Annahme: Erfragung des Lernverhaltens nach dem Lernen erhöht
Selbstbeobachtung während des Handelns
(Self-Monitoring 0.Ordnung) → Unterstützung der Aufgabenregulation
• Postaktionale Reflexionsphase entscheidend für anschließendes
Regulationsverhalten:
Kurzfristig (d.h. im Verlauf eines Lerntages): Strategieregulation
Mittelfristig (d.h. 1 bis 2 Wochen): Mustererkennung
Langfristig (d.h. 1 oder mehrere Monate): Zielpassung
5.4.4 Angestrebter Nutzen in Bezug auf Selbstreguliertes Lernen
• Zielsetzung: Förderung aller Phasen der Selbstregulation durch die
Erfragung der jeweiligen Komponenten (Ziele, eingesetzte Strategien,…)
→ Verbesserung des Lernverhaltens
• Gründe für ein besserer Lernverhalten (Beispiele):
Nachdenken über aktuelle Ziele im Hinblick auf Wochenziel erhöht die
Motivation der Schüler/innen
Anregung der Planung durch Fragen zur Aufgabenbearbeitung
Fragen als Erinnerungshilfen
Besseres Verständnis des Vorgehens durch Reflexion
Konstruktiver Umgang mit Fehlern
5.4.5 Unterstützung der Wirkung der Tagebücher durch individuelles Feedback
• Gesteigerte Wirkung eines Lerntagebuchs durch Rückmeldungen über
Lernverlauf
• Projekt: Informationen aus Tagebüchern werden in Computer
eingegeben und in geeigneter Form grafisch dargestellt:
Beispiele für Kurvendarstellungen:
Verlauf der geplanten Zeit für Hausaufgaben über gesamten
Beobachtungszeitraum (siehe folgende Abb.)
Verlauf der Reflexion in Kombination mit dem Erreichen der Ziele
5.5 Empfehlung zur Gestaltung von Tagebüchern
• Konzeption und Einsatz von Tagebüchern abhängig von:
Zielsetzung und –Gruppe, Art der Gestaltung, Anleitung, Bearbeitung und
Feedback
• Ausgangspunkt:
Welches Ziel wird mit Anwendung der Tagebücher angestrebt?
→ Häufig: Förderung des gesamten Selbstregulationszyklusses
einschließlich der Förderung einzelner Komponenten
Eher selten: Evaluation von Effekten eines Trainings/Unterrichtsstunde
• Variante, die möglichst auf Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten ist,
empfehlenswert (Orientierung an Stärken und Schwächen!)
• Zielgruppe: prinzipiell alle Schüler/innen, die lesen und schreiben
können
• Gestaltung des Tagebuchs:
möglichst kurz und attraktiv (z.B. Einbezug von Bildern und Comics)
Kombination von offenen und geschlossenen Fragen
• Erprobungsphase empfehlenswert
• Intensive Anleitung vor Anwendung notwendig (Sinn und
Ausführung ausführlich erklären)
• Zeitnahe Bearbeitung zum Ergebnis
• Regelmäßiges Ausfüllen → günstige Gewohnheit
• Für Lehrkraft hilfreich: Checkliste zum Einsatz von Tagebüchern
• Bearbeitung standardisierter Tagebücher erhöhen den Lernerfolg!
5.6 Beispiel für ein Tagebuch
Siehe folgende Folien!
Teil 3: Lernzeit
6. Lerntagebuch – Ermöglichung echter Lernzeitvon Tina Hascher
6.1 Indikatoren echter Lernzeit
Ausgangsfrage: Welche Voraussetzungen sind nötig, um echt Lernzeit
bewusst zu generieren?
6.2.1 Grundüberlegungen
• Prozesse des Lernens werden konsequent aus der Sicht des Lernenden
betrachtet
• Lernprozess wird (hinsichtlich ihrer Relevanz für die Bildung) mit
angestrebten Lernergebnissen gleichgestellt
→ Lernprozess als eigenes Bildungsgut, aber auch zum Zweck der
Zielerreichung
• Indikatoren echter Lernzeit:
Intensive Suche nach…
… Möglichkeiten zur Selbststeuerung und –Bestimmung für Lernende
… Wahlmöglichkeiten und Freiheitsgraden
… Gelegenheiten der Sinnstiftung in Bezug auf die Lerninhalte
… Formen der sinnvollen Lernbegleitung
• Fokussierung auf Lernende – zwei Grundlagen:
1)Lernumgebungen können so gestaltet werden, dass sich Lernende und
Lehrende intensiver und länger mit verschiedenen Lernwegen
auseinandersetzen.
Lernende und Lehrende werden auf kognitiver, emotionaler,
motivationaler und sozialer Ebene aktiviert
Zentrale Bedeutung:
Diskurs über Lernprozess, -Strategien, -Voraussetzungen, -Inhalte und
Zusammenhänge
→ Auseinandersetzungen/Diskussionen tragen zum Lernerfolg und zum
Verständnis ihres Zustandekommens bei
→ Lernende und Lehrende überdenken und modifizieren ihre Rollen
2) Lernen als Handlung, die bis zu einem gewissen Grad offen gelegt,
analysiert und bewusst gestaltet werden kann
Zentrale Aufgabe in Lehr- und Lernsettings:
Diagnose und bestmögliche Steuerung bzw. Unterstützung des
Lernprozesses
Aspekte des Lernprozesses werden sichtbar, mitteilbar und
reflektierbar gemacht
Auseinandersetzung mit eigenem Lernen und dem Lernen anderer
vertieft die zu lernenden Inhalte
• Diagnostisches Potenzial für folgende Bereiche nutzbar:
Erfassung und Beschreibung von Fähigkeiten in verschiedenen
Kompetenzfeldern (fachbezogen und fächerübergreifend)
Erfassung von Lernfortschritten in diesen Feldern
Reflexion der Wirkung von Lernhandlungen
6.2 Das Lerntagebuch
• Wissen soll in Können gefestigt werden:
Durch Bearbeitung der Tagebücher widmen sich Lernende ein weiteres
Mal den zu lernenden Inhalten
→ Verlängerung der aktiven Lernzeit
• Verknüpfung von Inhalten und Prozessen (z.B. Nachdenken über
Lernprozess) des Lernens
→ Tiefe und qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit Lernstoff
• Kommunikation:
Tagebücher bieten vielfältige Möglichkeiten das Lernen und das zu Lernende
zu beschreiben und darüber zu sprechen.
ABER: Risiko eines Scheindialogs mit z.B. oberflächlichen Rückmeldungen
• Raum und Zeit für Selbstveränderung:
Nachhaltige Verbesserung des Lernens und Lehrens wahrscheinlich
6.3 Schlussbemerkungen
• Einsatz des Lerntagebuchs auf allen Stufen, in allen Altersgruppen und
in allen Phasen des Bildungsprozesses
• Sie dienen…
… dem Lernprozess und dem –Ergebnis
… den Lernenden und den Lehrenden
… der Praxis und der Forschung
• Lernerfolge nicht garantiert:
Erst wenn aus dem Einsatz Erfolgserlebnisse resultieren und die
Wirksamkeit auf den eigenen Lernprozess erfahren wird, kann
Nutzen des Tagebuchs erlebt werden.
• Nachteile von Lerntagebüchern:
Nehmen viel Zeit in Anspruch
Für Lernende und Lehrende sehr arbeitsintensiv
Erfordern hohen Betreuungs- und Beurteilungsaufwand
• Der Einsatz von Tagebüchern enthält ein hohes Potenzial für die
Qualitätssteigerung von Bildungsprozessen (Entwicklung einer
neuen Lernkultur), verbessert aber nicht das Lernen und erhöht
nicht die Unterrichtsqualität!
• Voraussetzungen:
Anpassung des Lerntagebuchs auf Bedingungen der
Adressat/innen, die Lernumgebung und –Inhalte
Entsprechende Veränderung des Unterrichts bzw. der
Lernumgebung (genügend Freiräume, …)
Orientierung an der individuellen und kriterialen Bezugsnorm
Sorgfältige Überlegung und Vorbereitung des Einsatzes
Überprüfung der Effekte des Lerntagebuchs nicht nur im Rahmen
von Forschungsprojekten, sondern auch gezielt im Unterricht
7. Ein Lerntagebuch zur Förderung motivationsbezogener Voraussetzungen für Lern- und Leistungsverhalten bei Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf von Birgit Spinath
Anhang
7.1 Einleitung• Intrinsische Motivation bzw. Lernfreude für schulische Inhalte nimmt ab
10. Lebensjahr deutlich ab
• Parallel dazu: Wahrnehmungen eigener Fähigkeiten im schulischen
Bereich wird negativer
→ Annahme: Schüler/innen mit Behinderung besonders von negativen
motivationalen Entwicklungen betroffen
Schüler/innen mit geistiger Behinderung: gesteigerte
Misserfolgsängstlichkeit
Kinder mit körperlicher Beeinträchtigung: Unterschätzung der eigenen
Fähigkeiten, Bevorzugung von Aufgaben unter ihrem Leistungsniveau
7.2 Lerntagebücher als Methode zur Steigerung moti-vationsbezogener Lern- und Leistungsvoraussetzungen
• Gliederung des Prozesses der Handlungssteuerung
(aus motivationspsychologischer Sicht):
Motivationale Prozesse: Richtungsfindung für zukünftiges Verhaltens
(z.B. Wunsch, eine bestimmte Sache besser zu können)
Volitionale, also den Willen betreffende Prozesse: ursprünglich
gewählte Richtung des Verhaltens auch in Anbetracht von
konkurrierenden Neigungen beizubehalten
Selbstbewertende Prozesse: geben handelnder Person Rückmeldung
über die Wirksamkeit ihres Verhaltens, Motivierung zu neuen
Richtungsfindungen
Konkrete Arbeit mit Lerntagebüchern:
Formulierung von Zielen (volitionaler Prozess)
• Gründe für positive Selbstbewertungsprozesse:
realistische Teilziele
Kontrolle und Sichtbarmachen der eigenen Lernfortschritte
Blick wird auf den Zuwachs der eigenen Kompetenzen gerichtet
Temporal-individuelle Perspektive ermöglicht (besser als sozial-
vergleichende) das Wahrnehmen von Lernfortschritten und führt
häufiger zu Erfolgserlebnissen
→ Positive Wirkung auf Lernfreude und gesteigerte
Fähigkeitsselbstwahrnehmung
7.2.1 Voraussetzungen für den Einsatz von Lerntagebüchern im Unterricht von Schüler/innen mit Lern- und Körperbehinderungen
• Individuelle Voraussetzungen der Schüler/innen als besondere
Herausforderung für formale und inhaltliche Konzeption
• Gestaltung des Lerntagebuchs:
Alle Schüler/innen einer Lerngruppe sollten das Tagebuch auf
individuellem Niveau bearbeiten können
Material darf weder über- noch unterfordern
Aspekte des Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens wichtig (neben
fachlichen Unterrichtsinhalten)
7.3 Ein Lerntagebuch für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf
• Inhalte des Tagebuchs in drei Hauptaspekten:
1)Lernstandbestimmung und Benennen diesbezüglichen Verhaltens
2)Benennen individueller Ziele und zielführenden Verhaltens
3)Analyse der Zielerreichung und Selbstbewertung
Das Lerntagebuchmaterial gliedert sich in zwei Teile:
1) Formular der 1. Phase (Wochenbeginn):
Anregung zur Reflexion des Unterrichtsgeschehens, der eigenen
Fähigkeiten und wahrgenommener Lernzuwächse
Schüler/innen setzen sich Wochenziele
Formulierung von Maßnahmen, die Zielerreichung wahrscheinlich
machen (u.a. Wahl aus 12 Signalkarten, wie z.B. „Ich nehme mir
Zeit.“ zur Unterstützung und Erinnerung)
2) Erweiterte Formulare der 2. Phase (Ende der Woche):
Überprüfung und Bewertung der Zielerreichung
Formulierung der Konsequenzen für zukünftiges Handeln
Positiver Wochenausblick („Darauf freue ich mich nächste Woche“)
• Formale Gestaltung:
Offene und geschlossene Antwortformate
Kurze Frage- oder Aufforderungssätze (unterstützt durch
Piktogramme)
Teilweise vorformulierte Beispiele (z.B. bei Signalkarten), die
durch eigene Formulierungen ergänzt werden können
• Sämtliche Materialien für Lehrkräfte, sowie grundlegendes Wissen
über motivationale Voraussetzungen des Lern- und
Leistungshandelns sind in einem Handbuch zusammengefasst.
• Das Lerntagebuch besteht aus einer Mappe, in der die Materialien
zur Dokumentation der eigenen Lerngeschichte aufbewahrt
werden.
7.4 Empirische Überprüfung von Anwendbarkeit und Wirkung des Tagebuchs
1) Wie aufwändig ist es, die neue Methode in den Unterricht zu
integrieren?
2) Erzielt die Methode tatsächlich die erhofften Wirkungen?
→ Ergebnisse einer empirischen Überprüfung beider Fragen
7.4.1 Beschreibung und Untersuchung
• Teilnehmer/innen der Untersuchung:
66 Schüler/innen im Alter zwischen 10 und 12 Jahren
nach Richtlinien der Schule für Lernbehinderte in Nordrhein-
Westfalen unterrichtet
Schüler/innen besuchten Schule seit mehr als einem Jahr
Schüler/innen verfügen über ausreichende Deutschkenntnisse
Alle Schüler/innen waren körperlich in der Lage, das Tagebuch und
die Fragebögen sinnentnehmend zu bearbeiten
• Dauer: Einsatz des Tagebuchs über Zeitraum von 12 Wochen
• Während Durchführung:
Dokumentation des täglichen Zeitaufwand anhand von
Wochenübersichten
• Weitere Informationen über den Einsatz von Lerntagebüchern durch
leitfadengestützte Interviews mit den Lehrer/innen (nach 12 Wochen)
• Motivationale Lern-und Leistungsvoraussetzungen der Schüler/innen:
Erfassung vor und nach der Interventionsphase mit Hilfe eines
Fragebogens
→ Untersuchung fünf motivationaler Konstrukte (fachspezifisch
getrennt nach Deutsch und Mathematik)
• Fünf motivationale Konstrukte:
1) Lernfreude/-Motivation:
„Wie gerne machst du Kopfrechnen/schreibst du Geschichten?“
2) Fähigkeitsselbstwahrnehmung:
„Wie gut bis du in Mathe/Sprache?“
3) Wahrnehmung von Lernfortschritte:
„Wie viele Dinge kannst du heute in der Schule besser, als noch vor
kurzer Zeit?“
4) Glaube an den Nutzen eigener Anstrengung:
„Wenn ich mich richtig anstrenge, kann ich in der Schule auch
schwierige Aufgaben lösen.“
5) Ausdauer bei schwierigen Aufgaben:
„Ich arbeite so lange an schwierigen Aufgaben, bis ich sie gelöst habe.“
7.4.2 Zentrale Ergebnisse
Anwendbarkeit
• Arbeit mit Lerntagebuch ließ sich mit relativ geringem zeitlichen und
organisatorischen Aufwand in Unterricht integrieren
→ wöchentlicher Zeitumfang im Durchschnitt: 57 Minuten
• Häufigkeit der Bearbeitung der einzelnen Items:
Mit rund 90%iger Häufigkeit: Bearbeitung von Kernitems zu den
Fragen des momentanen Lernstands
Deutlich geringere Bearbeitungshäufigkeit für das Item „Warum
habe ich das nicht geschafft?“
→ die meisten Schüler haben ihre Ziele erreicht!
• Bei geschlossenen Fragen:
Vorgegebene Antwortskalen wurden in vollem Umfang ausgenutzt
→ inhaltliche Angemessenheit der vorgegebenen Alternativen
• Bereich des Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens:
Besonders häufige Thematisierung der Frage nach den Vorhaben der
Schüler/innen für die kommende Woche
(Vorhaben, mehr zu üben und nicht sofort aufzugeben, kam sehr oft vor!)
• Übernahme der Zielvornahmen meist aus vorgegebenen Formulierungen
→ für Zukunft: unterstützende Übungen, um Häufigkeit individueller
Zielvornahmen zu erhöhen
• Schlussfolgerung:
Inhalte der Tagebucheinträge sprechen dafür, dass Schüler/innen mit
Hilfe des Lerntagebuchs sinnvoll und zielführend an aktuellen und
individuell herausfordernden Lernaufgaben aus allen Bereichen
schulischen Lernens gearbeitet haben.
Wirkung
Nachweis:
Profit der Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
motivationaler Hinsicht (in fast allen aufgeführten motivationalen
Konstrukten)
7.5 Empfehlungen für die Praxis
• Entfaltung der Wirkung des Lerntagebuchs in Verbindung mit
unterrichtlichen motivationsorientierten Rahmenbedingungen
• Steigerung der motivationalen Kompetenzen durch:
Entwicklung eines realistischen Selbstbilds/einer realistischen
Selbsteinschätzung als Grundlage
Wahl adäquater Aufgaben
bietet mittlere Erfolgswahrscheinlichkeit (Erleben von Stolz),
Systematische Erweiterung eigener Fähigkeiten
Realistische Rückmeldungen
• Steigerung volitionaler Kompetenzen durch Zielsetzungen:
Lehrer/innen sollten zu bewussten Zielvornahmen auffordern und
Nutzen solcher Zielsetzungen erfahrbar machen (durch z.B.
Vorher-Nachher-Vergleichen in Arbeitsproben)
Übung individueller Zielvornahmen mit Klasse/Kleingruppen
Formulierung von (durchdachten) Zielen:
spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch, termingebunden,
eigeninitiativ erreichbar und rückmeldungsgebunden (SMARTER)
• Förderung von Selbstbewertungskompetenzen durch:
Aufforderung an Schüler/innen ihre Leistungen aufgrund
individueller und sachimmanenter Vergleichsmaßstäbe zu bewerten
Finden aufgabenbezogener Kriterien für individuelle Lernfortschritte
von Schüler/innen und Lehrkräften gemeinsam
Einführung von Systemen, in denen bestimmte Symbole für das
Erreichen der individuellen Ziele stehen und offen sichtbar
gesammelt werden können
Zuschreiben von Erfolgen auf eigene Tüchtigkeit, sowie Rückführen
von Misserfolgen auf kontrollierbare Faktoren
anstrengungs- und ergebnisunabhängiges Loben / positive
Rückmeldungen
Quellen:
• Lernprozesse dokumentieren , reflektieren und beurteilen – Lerntagebuch
und Portfolio in Bildungsforschung und Bildungspraxis
von Michaela Gläser-Zikuda, Tina Hascher (Hrsg.)
Klinkhardt , 2007
• Schul- und Unterrichtsforschung Band 3
Portfolio: ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen – Eine
explorative Studie zur Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe 1
von Thomas Häcker
Scheider Verlag Hohengehren GmbH, 2007 (2. überarbeitete Auflage)