Leitlinien und Versorgungspraxis - wie geht das...
Transcript of Leitlinien und Versorgungspraxis - wie geht das...
3. Tagung des AQUA-Instituts zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung
Göttingen , 09.05.2012
Qualität kennt keine Grenzen – Erkennen und Umsetzen
Leitlinien und Versorgungspraxis
- wie geht das zusammen?
Ina Kopp
AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement
c/o Philipps-Universität Marburg
Medizin mit Abstrichen:
Die Qualitätsoffensiven gehen
oft am Patientenwohl vorbei
17.05.06
Leitlinien und die Praxis...
Der betrogene Patient:
Ärzte wählen ihre Behandlungsmethoden
oft nach Intuition und Erfahrung,
selbst wenn sie unnütz sind und die
Forscher eine ganz andere Therapie empfehlen.
Wissen Magazin 04.07
Dopamin in „Nierendosis“ ist nicht nephroprotektiv
30/01
Die Tücken der Wechseljahre.
Die Deutsche Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe
hat eine Leitlinie zur
Hormontherapie in den
Wechseljahren entwickelt.
11.09.09
Was macht den Erfolg von Leitlinien aus?
• Methodische Qualität der Leitlinie:
- Repräsentativität der Leitliniengruppe
- Systematische Evidenzbasierung
- Strukturierte Konsensfindung
- Redaktionelle Unabhängigkeit, Transparenz über Interessenkonflikte
• Inhaltliche Angemessenheit
- Bedarf für eine Leitlinie (Prävalenz, Verbesserungspotential der Versorgung)
- Klarheit, Eindeutigkeit der Empfehlungen
- Analyse möglicher Barrieren gegen Leitlinieneinführung
• Strategie für die Verbreitung und Implementierung
- Kostenfreie Zugänglichkeit Anwenderfreundlicher Versionen
- Interventionen zur Erreichung von Verhaltensänderungen:
Basis: Kognitive, Verhaltens-, Sozial-, Marketing-, Organisationstheorie
• Strategie für die Evaluierung
- Darlegung von Qualitätszielen und Formulierung
Klinischer Messgrößen zu Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität
- Vernetzung mit anderen Qualitätsinitiativen
• AWMF REGELWERK
• DELBI
Leitlinien: Methodische Qualität
www.awmf.org
Was macht den Erfolg von Leitlinien aus?
• Methodische Qualität der Leitlinie:
- Repräsentativität der Leitliniengruppe
- Systematische Evidenzbasierung
- Strukturierte Konsensfindung
- Redaktionelle Unabhängigkeit, Transparenz über Interessenkonflikte
• Inhaltliche Angemessenheit
- Bedarf für eine Leitlinie (Prävalenz, Verbesserungspotential der Versorgung)
- Klarheit, Eindeutigkeit der Empfehlungen
- Analyse möglicher Barrieren gegen Leitlinieneinführung
• Strategie für die Verbreitung und Implementierung
- Kostenfreie Zugänglichkeit Anwenderfreundlicher Versionen
- Interventionen zur Erreichung von Verhaltensänderungen:
Basis: Kognitive, Verhaltens-, Sozial-, Marketing-, Organisationstheorie
• Strategie für die Evaluierung
- Darlegung von Qualitätszielen und Formulierung
Klinischer Messgrößen zu Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität
- Vernetzung mit anderen Qualitätsinitiativen
Bedarfsanalyse:
Praxisrelevante Fragestellungen oder
Konzentration auf hochwertige Evidenz?
Kulturelle Besonderheiten Burke M, King C.
Ramadan fasting and the goals of sport nutrition around
excercise.
J Sports Sci. 2012 May 3. [Epub ahead of print]
Komorbiditäten Dauden E et al.; Grupo de Trabajo en Comorbilidades
ascociadas a la Psoriasis.
Integrated approach to comorbidity in patients with psoriasis.
Actas Dermosifiliogr. 2012 Jan;103 Suppl 1:1-64.
Genderspezifische Besonderheiten Poon S, Goodman SG Yan RT et al.
Bridging the gender gap: Insights from a contemporary analysis
of sex-related differences in the treatment and outcomes of
patients with acute coronary syndromes.
Am Heart J. 2012 Jan;163(1):66-73
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie, DG Pneumologie, DG Infektiologie,
CAPNETZ: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/082-001.html . Stand: 2009
Klarheit, Eindeutigkeit, logischer Ablauf:
Klinischer Algorithmus S3-Leitlinie
ambulant erworbene tiefe
Atemwegsinfektionen/Pneumonien
Im Rahmen der Qualitätssicherung soll ein speziell auf die Sedierung
ausgerichtetes Training für Ärzte und nicht ärztliches Assistenzpersonal
durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: A, Evidenzstärke 4, starker Konsens.
Es ist … für jede Endoskopie unter Sedierung erforderlich, dass neben
dem endoskopierenden Arzt und seiner Endoskopieassistenz eine weitere
Person, die nicht in die Endoskopie involviert ist, diese Aufgabe
zuverlässig wahrnimmt. …Wann immer der Patient ein erhöhtes Risiko
aufweist oder ein langwieriger und aufwendiger Eingriff zu erwarten
ist, soll ein zweiter, entsprechend qualifizierter Arzt zugegen sein, der
ausschließlich die Durchführung und Überwachung der Sedierung
sicherstellt.
Empfehlungsgrad: A, Evidenzstärke 5, starker Konsens.
Barrieren = Veränderungsbedarf
Beispiel: Sedierung in der Endoskopie
Bildquelle: http://lukemarshall.wordpress.com/2009/02/04/woah-2/
Idee: Hans-Konrad Selbmann, 2010
Graduierte Empfehlungen:
Ausdruck unterschiedlichen Ausmaßes an Sicherheit/Unsicherheit
des Wissens und des Ergebnisses der Abwägung
erwünschter/unerwünschter Konsequenzen alternativer
Vorgehensweisen
Bildquelle: http://lukemarshall.wordpress.com/2009/02/04/woah-2/
Idee: Hans-Konrad Selbmann, 2010
Graduierte Empfehlungen:
Ausdruck unterschiedlichen Ausmaßes an Sicherheit/Unsicherheit
des Wissens und des Ergebnisses der Abwägung
erwünschter/unerwünschter Konsequenzen alternativer
Vorgehensweisen
Auch schwache und offene
Empfehlungen sind wichtig
(Wissenstransfer), jedoch
keine Kandidaten für QS-
Massnahmen!
Was macht den Erfolg von Leitlinien aus?
• Methodische Qualität der Leitlinie:
- Repräsentativität der Leitliniengruppe
- Systematische Evidenzbasierung
- Strukturierte Konsensfindung
- Redaktionelle Unabhängigkeit, Transparenz über Interessenkonflikte
• Inhaltliche Angemessenheit
- Bedarf für eine Leitlinie (Prävalenz, Verbesserungspotential der Versorgung)
- Klarheit, Eindeutigkeit der Empfehlungen
- Analyse möglicher Barrieren gegen Leitlinieneinführung
• Strategie für die Verbreitung und Implementierung
- Kostenfreie Zugänglichkeit Nutzerorientierter Versionen
- Interventionen zur Erreichung von Verhaltensänderungen:
Basis: Kognitive, Verhaltens-, Sozial-, Marketing-, Organisationstheorie
• Strategie für die Evaluierung
- Darlegung von Qualitätszielen und Formulierung
Klinischer Messgrößen zu Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität
- Vernetzung mit anderen Qualitätsinitiativen
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/041-004.html
Nutzerorientierte Versionen
Patientenleitlinien
Barrieren gegen Verhaltensänderungen…
The human understanding draws
everything else to be in harmony with,
and to support those things which once
pleased it….
And, though it must be admitted that the
force and the number of instances that
occur to the contrary is greater, it either
does not heed them or …
it distances itself from them…
-and that not without great …prejudice -
so that the authority of those previous
beliefs remains inviolate.
Francis Bacon 1645
Warum gelangt Wissen nicht in die Praxis?
Einmal getroffene
Entscheidungen sind äußerst
resistent gegen Veränderung
1957
Was macht den Erfolg von Leitlinien aus?
• Methodische Qualität der Leitlinie:
- Repräsentativität der Leitliniengruppe
- Systematische Evidenzbasierung
- Strukturierte Konsensfindung
- Redaktionelle Unabhängigkeit, Transparenz über Interessenkonflikte
• Inhaltliche Angemessenheit
- Bedarf für eine Leitlinie (Prävalenz, Verbesserungspotential der Versorgung)
- Klarheit, Eindeutigkeit der Empfehlungen
- Analyse möglicher Barrieren gegen Leitlinieneinführung
• Strategie für die Verbreitung und Implementierung
- Kostenfreie Zugänglichkeit Anwenderfreundlicher Versionen
- Interventionen zur Erreichung von Verhaltensänderungen:
Basis: Kognitive, Verhaltens-, Sozial-, Marketing-, Organisationstheorie
• Strategie für die Evaluierung
- Darlegung von Qualitätszielen und Formulierung
Klinischer Messgrößen zu Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität
- Vernetzung mit anderen Qualitätsinitiativen
Bundesweite Erfassung Ambulant erworbene Pneumonie
Qualitätsindikator aus S3-Leitlinien:
„ Erste Blutgasanalyse oder Pulsoxymetrie innerhalb von 8
Stunden nach stationärer Aufnahme (alle Patienten) “
0
20
40
60
80
100
120
2005 2006 2007 2008 2009 2010
Referenz-
bereich:
>95%
Quellen: Qualitätsreports 2005- 20010
67,3% 74,8%
84,1% 89,8% 93,3% 95,7%
Wie kommen Leitlinien in der Praxis an?
Studiendesigns und Fragestellungen
• Cluster-Randomized Trials
Effektivität von Implementierungsmaßnahmen? Becker A et al. 2008 Effects of implementation strategies on patient outcomes in primary care: a cluster
randomized controlled trial. Spine 2008; 1;33(5):473-80
• Kohortenstudien im Prä-Post-Design
Versorgungssituation vor und nach Verbreitung einer Leitlinie? GeraedtsM et al. Effekte einer regionalen Intervention zur Förderung der Implementierung von Asthma-
Leitlinien. Gesundheitswesen. 2002;64(5):235-41
• Fall-Kontroll-Studien:
Outcomes bei Leitlinienexposition vs. keine Leitlinienexposition Varga et al. Does guideline-adherent therapy improve the outcome for early-onset breast cancer
patients? Oncology. 2010; 78(3-4):189-195
• Querschnitts-Studien/Registeranalysen:
Versorgungssituation/Umsetzungsgrad einer Leitlinie aktuell? Meissner W. QUIPS: quality improvement in postoperative pain management. ZEFQ 2011; 105(5):350-3
• Qualitative Studien/Fokusgruppeninterviews:
Barrierenanalyse zur Planung einer LL-implementierung Albert U et al. Modellprojekt Brustgesundheit Hessen 2003
Externe
Vergleichende
Qualitätssicherung
Register
z.B. Onkologie
Wissenstransfer
Leitlinien der
Fachgesellschaften
Generierung von Evidenz
Studiengruppen
Qualität = Vielfalt und Vernetzung von Aktivitäten
DMP
Umsetzung: Freiwillige
Qualitätsinitiativen
Qualitätszirkel
Peer review Verfahren
Zertifizierungen …….
Evidenzsynthese
EbM / HTA
Transfer von Wissen in die Praxis
Surgical resection and whole brain
radiation versus radiation alone
for single brain metastases?
HR 0.72, 95% CI 0.34 to 1.55,
P = 0.40, I2 = 83%. Hart et al 04
Objektive Erfahrung,
Intuition, Haltung,
Ethik, Recht,
Kostenaspekte
Subjektive Erfahrung,
Erwartungen,
Werteordnung
(Präferenzen)
Indikation? Evidenz?
Alternativen?
Leitlinien
Fazit
Leitlinien dienen der Vermittlung von Wissen und
können zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen
Prädiktoren für den Erfolg von Leitlinien sind
- Methodische Qualität (DELBI-Kriterien)
- Inhaltliche Angemessenheit (Bedarf, Klarheit, Barrierenanalyse)
- Strategie für die Verbreitung und Implementierung
- Strategie für die Evaluierung
- Vernetzung mit anderen Qualitätsinitiativen
www.gin2012.org