Aus dem Institut für Normale und Pathologische Physiologie ...
Lahmheitsuntersuchung beim Hund · 2018-02-20 · pathologische Fraktur des Calcaneus oder...
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Lahmheitsuntersuchung beim Hund Daniel Koch, Dr. med. vet. ECVS, www.dkoch.ch (Auszüge aus dem Buch Daniel Koch, Martin S. Fischer (2015): Lahmheitsuntersuchung beim Hund, Enke) Allgemeines Für die Lahmheitsuntersuchung stehen zur Verfügung: genügend grosser Raum, Hilfsperson, Licht, Aussenplatz für Ganganalyse. Die Lahmheitsuntersuchung gliedert sich in vier Hauptteile: Anamnese, Vorgeschichte, Adspektion und Ganganalyse, Untersuchung des stehenden Hundes, Untersuchung des liegenden Hundes. Das Ziel des Ganguntersuchung ist die Identifikation der betroffenen Gliedmasse, beim stehenden Hund soll die Region respektive das Gelenk bezeichnet werden können und nach der Untersuchung des liegenden Hundes soll eine klinische Diagnose gestellt werden können Der Hund wird grundsätzlich von unten nach oben untersucht. Es werden alle Gliedmassen getestet. Die in der Ganganalyse als Ursache für die Lahmheit identifizierte Gliedmasse für zuletzt untersucht. Mit diesem Vorgehen kann der Hund an die Prozedur gewöhnt werden, kann der Untersucher den individuellen physiologischen Normalzustand erheben und werden schmerzhafte Tests am Schluss durchgeführt. Die orthopädische Untersuchung des Hundes kann von sinnvollen anderen Untersuchungen wie Allgemeinuntersuchung oder neurologische Untersuchung unterbrochen werden. Die weiterführenden Untersuchungen wie Radiographie, Ultraschall, Blutuntersuchungen, Computertomographie sind erst am Anschluss an die komplette orthopädische Untersuchung durchzuführen. Der Hund soll von einer Hilfsperson in stehender Position am Kopf gehalten werden. Bei der Untersuchung des liegenden Hundes fixiert die Hilfsperson den Hund mit den beiden unten liegenden Gliedmassen auf dem Tisch. Die Untersuchungsmethoden können grundsätzlich in Inspektion, Palpation und Manipulation unterschieden werden. Bei der Inspektion werden Achsabweichungen, Konturstörungen und Schmerzreaktion beobachtet, bei der Palpation werden Temperaturerhöhung, Konturstörung, Fluktuation und Schmerzreaktion gespürt und beider Manipulation werden Achsenabweichungen; Krepitation, Hypermobilität, Hypomobilität und Schmerzreaktionen ausgelöst. Die Validität eines Tests wird unter anderem durch den Seitenvergleich überprüft, die Zuverlässigkeit durch mehrmalige Anwendung des Tests gesichert.
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1 Anamnese 1.1 Signalement Der erste Kontakt mit dem lahmenden Hunde entsteht am Telefon respektive bei der Terminabsprache. Mit dem Signalement werden die Gedanken des Untersuchers erstmals geordnet und werden Verdachtsmomente erkannt. Zu den orthopädisch relevanten Informationen gehören die Rasse, das Alter und das Geschlecht Allgemeine Rasseprädispositionen: Grosse Hunderassen:
Ellbogendysplasie, Hüftgelenkdysplasie, Panosteitis, Kreuzbandriss
Kleine Hunderassen:
Patellaluxation, aseptische Femurkopfnekrosen
Molosser, Kampfhunde: Kreuzbandriss Chondrodystrophe Rassen: Wirbelsäulenprobleme,
Wachstumsstörungen an den Vordergliedmassen
Allgemeine Altersprädispositionen: Junge Hunde: Patellaluxation, Ellbogendyplasie,
Hüftgelenkdyplasie, Wachstumserkrankungen (Panosteitis, hypertrophe Osteodystrophie), Fehlstellungen nach Fugentrauma
Alter Hunde: Neoplasien, Kreuzbandriss, Arthroseerkrankungen
Allgemeine Geschlechtsprädispositionen: Männliche Tiere neigen wegen der im Vergleich zu weiblichen Tieren stärkeren Grössen- und Gewichtszunahme im Welpenalter zu Wachstumsstörungen und allen Dysplasieformen
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1.2 Vorgeschichte Die Vorgeschichte liefert wichtige Informationen über die Lahmheit des Hundes. Dem Kunden ist die Gelegenheit zu geben, das Problem aus seiner Schicht zu schildern. Der Untersucher soll ihm dabei ohne Unterbrechung zuhören. Erst in einer zweiten Phase soll der Untersucher die Frageführung übernehmen. Es folgen offene, dann geschlossene Fragen. Die Aufnahme einer Vorgeschichte kann so aussehen:
1. Schildern sie das Problem 2. Wie sieht es aus, wenn der Hund aufsteht/ins Autos springt/Treppen hoch/Runter
geht 3. Wurde eine Vorbehandlung gemacht und wie war der Erfolg 4. Wie wird der Hund gefüttert 5. Was wissen Sie über Wurfgeschwister 6. Was ist der Verwendungszweck des Hundes 7. Gibt es andere Erkrankungen 8. Ist er richtig, dass der Hund Zehen schleift 9. Ist es richtig, dass der Hund am Anfang mehr Mühe hat zu laufen 10. Kann es sein, dass die Lahmheit auch mal an einem anderen Bein war 11. Läuft der Hund auf unebenem Gelände schlechter 12. Gibt es noch etwas, was aus Ihrer Sicht erwähnenswert ist
Hinweis Spricht für: Anlauflahmheit Gelenkproblem Keine Anlauflahmheit Muskelproblem, neurologisches Problem Problem beim Hoch/Runtergehen Hinter-/Vordergliedmasse Sporteinsatz Muskelprobleme Zehenschleifen Rückenmarkskompression, Hüftproblem Wechselnde Beine betroffen Panosteitis, Polyarthritis Auf unebenem Gelände schlechter laufend Distales Problem
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2 Adspektion und Ganguntersuchung 2.1 Adspektion in Ruhe Der Hund wird in stehender und sitzender Haltung beobachtet. Hinweis Spricht für: Strecken des Kopfes Entlastung der Hinterbeine Gekrümmter Rücken Bandscheibenvorfall Knie unter dem Körper Schmerzen bei Kniestrecken Aussenrotation Vordergliedmasse Ellbogen- oder Schulterproblem, verfrühter
Fugenschluss, Radius curvus Problem Durchtrittigkeit Plantare resp. Palmare Bänder gerissen
Kollagendefekt Fersenfussung Riss Fersensehnenstrang, tarsales Trauma,
Gastrocnemius-Abriss Abduktion der gesamten Vordergliedmasse Ueberstreckung der Tarsocruralgelenkes Zu viel Muskelmasse an den Hinterbeinen Körpermitte auf eine Seite weisend Die andere Körperseite ist betroffen Dorsoflexion von Zehen Riss von Flexorsehnen Ellbogen wird weit distal getragen Riss Sehne M. triceps 2.2 Ganganalyse Mit der Ganganalyse werden die Aussagen der Vorgeschichte überprüft, die betroffene Gliedmasse identifiziert und über die Art des Gangbildes Hinweise auf die Erkrankung gewonnen. Eine optimale Ganguntersuchung erfolgt im Freien, auf einem Dreieckkurs mit ca. 30 m Seitenlänge, auf ebenem und unebenem Untergrund und abseits von störenden Einflüssen wie anderen Hunden, Autos oder Spaziergänger. Den ersten Eindruck erhält der Untersucher, wenn sich der Hund nach Aufnahme der Vorgeschichte erheben muss. Dann wird der Hund zuerst im Trab beobachtet, weil dies die Gangart ist, in welcher auch diskrete Anlauflahmheiten noch erkannt werden. Die Hintergliedmassen werden beim Wegtraben, die Schrittlängen bei seitlicher Adspektion und die Vordergliedmasse beim Zutraben erfasst. Der Hund wird an der Leine geführt. Bei Bedarf kann der Patient auch im Galopp und Schritt beobachtet werden. Die Untersuchungsabfolge wird auf unebenem Gelände oder auf Kies wiederholt. Im Weiteren wird der Hund beim Treppensteigen und beim Springen ins Auto beobachtet.
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Hinweis Spricht für: Mühe beim Aufstehen Hinterbeinprobleme, Rückenprobleme,
cervikale Spondylopathie Anlauflahmheit Gelenkproblem Starkes Einknicken der Gliedmasse Kontralaterale Gliedmasse hat ein Problem Kurze Schrittlänge der Hinterbeine Gelenkproblem, Hüftgelenk betroffen Hüpfen mit Hinterbein Patellaluxation Intermittierendes Hinken mit völliger Entlastung
Patellaluxation
Komplette Entlastung eines Beines bei einem jungen Hund
Trauma Panosteitis
Auf Zehenspitzen gehen mit einer Hintergliedmasse
Kreuzbandriss
Innenrotation Knie bei gleichzeitiger Aussenrotation des Tarsus in der Vorführphase
Fibrose des M. gracilis
Lahmheitsgrade nach Brunnberg Grad 1 Kaum gestört Grad 2 Gestört, aber stetig belastend, Grad 3 Gestört, nicht stetig belastend Grad 4 Gestört, keine Belastung 3 Untersuchung des stehenden Hundes 3.1 Voruntersuchungen 3.1.1 Allgemeinuntersuchung Vor der weiteren orthopädischen Untersuchung soll der Hund allgemein untersucht werden. Dazu gehören: Atmung, Puls, Temperatur, kapilläre Füllungszeit, Schleimhautfarbe, Lymphknoten, Herzauskultation, Haut, Kontur Hinweis Spricht für Erhöhte Körpertemperatur Hypertrophe Osteodystrophie, Panosteitis
akuter Schub von Polyarthritis Kaum fühlbarer Puls A. femoralis Thrombus Regional vergrösster Lymphknoten Neoplasie, Verletzung, Infektion 3.1.2. Kurzer neurologischer Untersuchungsgang Lahmheiten lassen sich nicht von vorne weg einem orthopädischen Leiden zuordnen. Damit die neurologischen Ursachen ausgeschlossen werden können, soll im Rahmen eines orthopädischen Untersuchungsganges ein kurzer neurologischer Untersuch durchgeführt werden.
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Dazu gehörten - tiefe Palpation der gesamten Wirbelsäule - Drehen des Kopfes in alle Richtungen - Ueberkötungsreaktionen der Zehen Sofern sich aus diesem kurzen neurologischen Untersuchungsgang Abweichungen von der Norm ergeben, muss ein kompletter neurologischer Untersuchungsgang durchgeführt werden. 3.1.3 Spezifische Bemerkungen zur Untersuchung des stehenden Hundes Der Hund wird auf einem Tisch und auf rutschfester Unterlage untersucht. Eine Hilfsperson fixiert den Hund am Kopf, wobei Schmerzreaktionen mit dem Kopf festgestellt werden können. Die Untersuchung des stehenden Hundes erfolgt grundsätzlich beidhändig, beiderseits synchron, damit Seitenunterschiede erfasst werden können. Es ist darauf zu achten, dass die Gliedmassen gleich gestellt sind. Die Hintergliedmasse wird von hinten die Vordergliedmasse von vorne untersucht. 3.2 Hintergliedmasse 3.2.1 Zehen und Metatarsus 3.2.1.1. Standsymmetrie Der Untersucher steht hinter dem Hund. Beide Metatarsi werden umfasst. Die Standsymmetrie wird durch beidseitigen, möglichst gleichstarken Zug nach kaudal geprüft. Die Zehen sollen dabei nicht vom Untersuchungstisch abgehoben werden. Hinweis Spricht für
Im Vergleich zur Gegenseite einfaches Zurückziehen
Generelle Schwäche des Beines
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6.2.1.2. Drucktest distale Gliedmasse Die beiden Beine werden proximal des Tarsus fest umfasst und dann auf den Tisch gedrückt. Es wird auf Schmerzreaktionen geachtet. Hinweis Spricht für
Schmerzäusserung, Heben der Pfote nach dem Drucktest
Problem in den distalen Gliedmasse, zB Gelenkschwellung Zehen, Fraktur Zehen Metatarsi, tarsales Problem
3.2.1.3 Tarsus Die Knochen des gesamten Tarsus und der Metatarsi werden palpiert. Hinweis Spricht für
Achsabweichungen Fraktur intertarsale Knochen oder Bänder, Calcaneusfraktur
Konturstörung (Schwellung) plantar
Alte Verletzung, pathologische Fraktur des Calcaneus oder Spontanruptur der intertersale Bänder bei alten Hunde oder Collie-artigen Hunden
Fistelkanäle auf Höhe Metatarsus
Metatarsale Fistulierung des Deutschen Schäferhundes
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3.2.2. Tarsale Region 3.2.2.1 Gelenkpalpation Die medialen und lateralen Malleoli dienen als Orientierungspunkte. Das Tarsalgelenk lässt sich Sichel-förmig kranial, distal und kaudal davon mittels Daumen und Zeigefinger ertasten. Die medialen und lateralen Seitenbänder sind als straffe Strukturen palperbar. Hinweis Spricht für
Füllung, Wärme und Schmerzhaftigkeit Tarsalgelenk
Talusfraktur, Osteochondrose, Polayrthritis, Seitenbandruptur, Mallelousfraktur, Polyarthritis
Achsabweichung nach lateral resp. medial
Seitenbandruptur, Fehlstellung Tibia
3.2.2.2 Fersensehnenstrang Der distale Verlauf des Fersensehnenstranges wird palpiert. Er inseriert am Calcaneus und muss beim stehenden Hund eine deutliche Spannung aufweisen und den Calcaneus tragen. Hinweis Spricht für
Calcaneus berührt die Tischplatte
Fersensehnenstrangriss, Ausriss des M gastrocnemius am Femur, Fraktur Calcaneus
Harte Schwellung am Ansatz des Fersensehnenstranges
Teilriss der des Fersensehnenstranges
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6.2.3 Crus Die beiden Cura werden nun von distal nach proximal auf Schmerz palpiert und die Stellung wird vergleichend bestimmt. Hinweis Spricht für
Achsabweichung Fraktur, Fehlstellung Schmerz Fraktur, Neoplasie,
Panosteitis, Kompartmentsyndrom
3.2.4 Knieregion 3.2.4.1 Gelenkpalpation Die beiden Kniegelenke werden mit der linken und der rechten Hand gleichzeitig und mit dem Untersucher hinter dem Patienten stehend untersucht. Zunächst prüfen Daumen und Zeigfinger das Kniegelenk zwischen Patella und Tibiaplateau und leicht kaudal des Patellarligamentes auf erhöhte Füllung, Druckschmerz und Wärme. Beim gesunden Hund lässt sich das Patellarligament gut vom kaudal davon liegenden Gelenkanteil separieren. Tibia, Patella und distales Femur werden entlang des Gelenkrandes auf Druckschmerz und das Vorhandensein von Osteophyten untersucht.
Hinweis Spricht für
Schwellung, Wärme, Schmerz Kreuzbandriss, partieller Kreuzbandriss, Osteochondrose, Abriss M. extensor digitorum longus, Neoplasie, Patellaluxation
Fluktuation Akutes Trauma, Gelenkfraktur
Konturstörung Knochen Osteosarkom distaler Femur oder proximale Tibia
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3.2.4.2 Patellaposition Die Position der Patella wird erfasst. Sie soll in der Mitte des distalen Femurs stabil in ihrem Sulcus liegen. Mit Daumen und Zeigefinger wird versucht, die Patella nach medial resp. lateral zu luxieren. Dabei kann es hilfreich sein, die Spannung des M. quadriceps etwas zu reduzieren, indem der Untersucher sein Knie so unter den Oberschenkel des Hundes schiebt, dass dieser das Bein entlasten kann.
Hinweis Spricht für
Hypermobilität der Patella Patellaluxation nach medial oder lateral
Hypomobilität der Patella Kontraktur des M. quadriceps
Schmerz bei Palpation Patella und Patellarligament
Knorpelabrasion Kniegelenk, Polyarthritis, Traktionsosteochondritis des Patellaligamentes
3.2.5 Oberschenkelregion Die Muskeln der Oberschenkelregion werden umfassend von distal nach proximal palpiert. Dabei werden Position, Verlauf , Umfang und Schmerzhaftigkeit festgestellt. Den Gesamtumfang der Oberschenkelmuskulatur misst der Untersucher mit Hilfe eines Messbandes, einer Schnur oder mit seinen Händen vergleichend am proximalen Ende. Hinweis Spricht für
Schmerzhafte und hypomobile Muskelstränge in der kaudalen Oberschenkelmuskulatur
Fibrose der Hamstringmuskelgruppe
Im Seitenvergleich reduzierter Umfang der Oberschenkelmuskulatur
Chronische Minderblastung des Beines, Problem ist in diesem Bein oder seitlich in der Wirbelsäulenregion lokalisiert
Schmerzhafter und geschwollener M. quadriceps
Kontraktur des M. quadriceps
Schmerzhafter M. pectineus Hüftgelenkdysplasie oder Hüftgelenkarthrose
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3.2.6 Hüftregion 3.2.6.1 Hüftgelenkposition Die relativen Positionen von Trochanter, Tuber sacrale und Tuber ischiadicum werden palpiert. Hinweis Spricht für
Trochanter steht nicht in phyisologischer Stellung oder ist nicht palpierbar
Hüftgelenkluxation nach kraniodorsal, kaudoventral oder kranioventral
6.2.6.2 Manipulation des Hüftgelenkes Mit einer Hand am Femur und der anderen im Bereich des Hüftgelenkes wird dasselbe links und rechts gestreckt, gebeugt und abduziert. Bei allen Manövern soll das Femur in eine horizontale Lage gebracht werden können Hinweis Spricht für
Allgemein reduzierter Bewegungsumfang des Hüftgelenkes
Hüftgelenkarthrose, Hüftgelenkdysplasie, Hüftgelenkluxation, Neoplasie;
Schmerz nur bei Streckung des Hüftgelenkes
Hüftgelenkarthrose, Hüftgelenkdysplasie, Cauda equina Kompression, Spondylose, Bandscheibenvorfall
Krepitation und Schmerz Hüftgelenkarthrose, Neoplasie
3.2.6.3 Prüfung des M. ilipsoas Bei voller Streckung wird der Femur in eine Innenrotation gebracht, so dass der M. ilipsoas maximal gestreckt wird. Auf den kranialen Anteil des Muskels kann ventral der Wirbelsäule mit dem Finger direkt von lateral Druck ausgeübt werden. Bei Hunden unter ca. 25 kg Körpergewicht gelingt eine rektale Palpation des M. iliopsoas kranial des Os ilium.
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Hinweis Spricht für
Schmerzäusserung erst wenn nach voller Streckung des Femurs eine Innenrotation ausgelöst wird
Zerrung M. ilipsoas, Hüpfgelenkarthrose
Schmerz bei Druck auf den M. ilipsoas
Zerrung M. iliopsoas, Wirbelsäulenprobleme
3.3 Vordergliedmasse 3.3.1 Zehen und Metacarpus 3.3.1.1. Standsymmetrie Die Prüfung der Standsymmetrie erfolgt, indem der Untersucher die beiden Carpi im Bereich des Os carpi accessoria gleichzeitig und mit der gleichen Kraft nach kranial zieht. Hinweis Spricht für
Im Vergleich zur Gegenseite einfaches Vorziehen
Generelle Schwäche des Beines
3.3.1.2. Drucktest distale Gliedmasse Die beiden Beine werden proximal des Carpus fest umfasst und dann auf den Tisch gedrückt. Es wird auf Schmerzreaktionen geachtet Hinweis Spricht für
Schmerzäusserung, Heben der Pfote nach dem Drucktest
Problem in den distalen Gliedmasse, zB Gelenkschwellung Zehen, Fraktur Zehen Metacarpi, carpales Problem
Dorsoflexion von Zehen Ruptur von Zehenflexoren
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3.3.1.3 Carpus Der Metacarpus und der Carpus werden vergleichend palpiert. Die Position des Os carpi accessorium am kaudalen lateralen Rand des Carpus wird ertastet. Hinweis Spricht für
Achsabweichungen, Durchtrittigkeit
Fraktur intercarpale oder metacarpale Knochen oder Bänder, insbesondere im palmaren Bereich, Fraktur Os carpi accessorium, Riss von Kollateralbändern des Carpus
Konturstörung (Schwellung) palmar
Alte Verletzung, Schwellung nach Hyperextensionstrauma
Krepitation oder Dislokation Os carpi accessorium
Fraktur Os carpi accessorium, Band- oder Sehnenriss in der Carpalbeuge
3.3.2 Carpalgelenk Das Antebrachio-Karpalgelenk ist zwischen Radius und den Carpalknochen im dorsomedialen und dorsolateralen Anteil, jeweils kranial der Processus styloidei zu palpieren. Hinweis Spricht für
Füllung, Wärme und Schmerzhaftigkeit
Polyarthritis, Seitenbandruptur, Gelenkfraktur, Neoplasie distaler Radius
Valgusfehlstellung Mediale Seitenbandruptur, Radius curvus
Konturstörung medialer Gelenkanteil
Chronischer Bandschaden, Tendovaginitis des M. abductor pollicis longus
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3.3.3 Antebrachium Radius und Ulna werden, soweit unter der Haut palpierbar, von distal nach proximal ertastet und unter Druck palpiert. Dabei wird den beiden Processus styloidei, dem Radiuskopf und dem Olecranon besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hinweis Spricht für
Krümmung des Radius nach kranial, Valgusstellung und Aussenrotation des Antebrachiums
Vorzeitiger Fugenschluss der distalen Ulnafuge und eventuell deer distalen Radiusfuge mit folgenden Fehlstellung
Schmerz im distalen Drittel des Radius
Neoplasie Radius
Schmerz entlang der Diaphyse und im Olecranon
Panosteitis, Fraktur
Schwellung der lateralen Extensoren- resp. der medialen Flexorenmuskelgruppe
Kompartmentsyndrom
Schwellung, Wärme und Schmerz des gesamten distalen Antebrachiiums
Hypertrophe Osteodystrophie
3.3.4 Ellbogenregion 3.3.4.1 Palpation des Ellenbogengelenkes Die Gelenkkapsel des Ellenbogengelenkes lässt sich in einem Halbkreis distal des medialen und lateralen Epikondylus humeri ertasten. Nach kaudoproximal erstreckt es sich bis zum Processus anconaeus. Hinweis Spricht für
Füllung und Wärme Ellbogengelenk
Ellbogendysplasie, Ellbogenarthrose,
Laterales Ellbogenkompartiment stark gefüllt
Bruch oder nicht vereinigter Processus anconaeus
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6.3.4.2 Seitenbänder Das mediale und laterale Seitenband wird ertastet. Es soll straff zwischen Humerus und Radiuskopf (lateral) resp. Humerus und Ulna (medial) verlaufen. Die Stabilität der Bänder wird zusätzlich durch eine Adduktion und Abduktion sowie eine Pronation und Supination des Antebrachiums bei gestrecktem Ellbogen geprüft. Hinweis Spricht für
Abduktion um mehr als 30° Medialer Seitenbandriss Radiuskopf nach lateral versetzt
Luxation des Antebrachiums nach lateral (laterale Ellbogenluxation)
Erhöhte Supination Mediale Instabilität Erhöhte Pronation Laterale Instabilität
3.3.5 Oberarmbereich Die Muskelbäuche des Oberarmes werden von distal nach proximal palpiert. Es ist auf die Insertion des M. biceps am Radius zu achten und diesen unter Zug nach kaudal auf Schmerz zu prüfen. Im Weiteren wird der Verlauf und der Ansatz des M. triceps am Humerus ertastet. Der Humerus ist nur im distalen Drittel direkt palpierbar. Im proximalen Anteil wird sein kranialer Anteil auf Schmerz geprüft. Hinweis Spricht für
M. biceps ist dolent Bicepstendinitis Schwellung am Ansatz des M. triceps
Partieller oder kompletter Riss des M. triceps oder Fraktur des Olecranons
Schmerz a Humerus Neoplasie
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3.3.6 Schultergelenksregion 3.3.6.1 Gelenkpalpation Das Schultergelenk ist tief unter der Muskulatur versteckt. Eine direkte Palpation gelingt nur auf der kraniomedialen Seite, wo der M. biceps durch das Schultergelenk läuft. Während der Palpation wird das Gelenk manipuliert. Hinweis Spricht für
Schmerz und Wärme Osteochondrose, Bicepsentzündung, Schulterinstabilität
Krepitation Chronischer Verlauf von Osteochondrose oder Gelenkfraktur resp. Schulterluxation, Neoplasie, Abriss Tuberoculum supraglenoidale
3.3.6.2 Prüfung Schultergelenkstabilität Ausgangslage der Prüfung ist die vollständige Streckung von Ellbogen- und Schultergelenk. Dann wird das Bein in Abduktion gebracht. Der gesamte Bewegungsumfang des Schultergelenkes wird geprüft. Hinweis Spricht für
Abduktion um mehr als 20° Mediale Schulterluxation Infraspinatuskontraktur
Schmerz bei Manipulation Osteochondrose, Bicepsentzündung, kraniale oder laterale Luxation Infraspinatuskontraktur
Erhöhte Beweglichkeit Kraniale oder laterale Luxation, Dysplasie des Schultergelenkes
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3.3.6.3 Schulterblattregion Die Scapula wird an ihren kranialen resp. kaudalen Rändern abgetastet, dann Lage und Schmerz über Acromion und Spina scapulae ermittelt. Die Muskelgruppen kranial und kaudal der Spina werden im Umfang und vergleichend für beide Extremitäten erfasst. Hinweis Spricht für
Im Seitenvergleich reduzierter Umfang der Oberarmmuskulatur
Chronische Minderbelastung des Beines, Problem ist in diesem Bein oder seitlich in der Halsregion lokalisiert
Schmerz bei Palpation der Scapula
Fraktur, Neoplasie
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4 Untersuchung des liegenden Hundes 4.1 Allgemeine Hinweise Der Hund wird nun in Seitenlage verbracht. Eine Hilfsperson hält die beiden auf dem Tisch liegenden Gliedmassen jeweils proximal des Carpus und des Tarsus. Mit dem Ellbogen der Hilfsperson können Kopfbewegungen des Hundes kontrolliert werden. Es sollte dem Hund aber möglich sein, Abwehr- und Schmerzreaktionen zu zeigen. Der Besitzer hält sich mit Vorteil in der Nähe des Kopfes auf. 4.2 Hintergliedmasse 4.2.1 Zehen-Region und distaler Tarsus 4.2.1.1 Summarischer Test Die Pfote wird als Ganzes untersucht. Dazu gehören die Inspektion der Haut, der Zwischenzehenbereiche und die Tiefe Palpation der Zehenballen. Dann werden die Zehen und die Metatarsi umfasst und seitlich gepresst, um Schmerzreaktionen zu provozieren. Die Pfoten, Gelenke und Metatarsi werden auf Konturstörungen untersucht. Hinweis Spricht für
Hautrötung Zwischenzehen Allergie Konturstörung Neoplasie, Schmerz, Wärme Neoplasie, Fraktur,
Luxation, Fremdkörper
4.2.1.2 Prüfung der Gelenke Die Gelenke werden auf Wärme und Konturstörungen inspiziert. Die Zehengelenke werden einzeln gebeugt, gestreckt, adduziert und abduziert. Während die eine Hand die Bewegung ausführt, prüft die andere das Gelenk auf Wärme, Füllung, Krepitation, Achsabweichung, Hypomobilität und Hypermobilität und werden Schmerzäusserungen wahrgenommen. Mit einer Hyperextension der metatarsophalangealen Gelenke werden die Sesambeine in den Flexorensehnen gestestet Hinweis Spricht für
Krepitation Gelenkfraktur Wärme Polyarthritis, Allergie Achsabweichung Seitenbandruptur, Fraktur Hypomobilität Sesambeinfragmentierung,
chronisches Gelenkleiden Hypermobilität Flexoren- oder Extensorenriss,
Kapselriss, Nervläsion Schmerz Gelenkfraktur, Polyarthritis,
Sesambeinerkrankung, Kapsel-/Bandtrauma
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4.2.2 Tarsus-Region 4.2.2.1 Intertarsaler Bereich Die intertarsalen Knochen sind im Normalfall nicht beweglich. Sie werden palpiert und die kurzen Bänder durch Extension, Flexion, Abduktion und Adduktion geprüft. Hinweis Spricht für
Hypermobilität Luxation, Fraktur Ventrale Konturstörung Calcaneus
Pathologische Fraktur Calcaneus
Schwellung, Ausfluss Metatarsale Fistulierung des Deutschen Schäferhundes
4.2.2.2 Talocruralgelenk Das Talocruralgelenk kann gestreckt rund 8° gebeugt rund 12° Abduktion und Adduktion ertragen. Das Gelenk wird bei Flexion und Extension auf Krepitation, Wärme und Fluktuation untersucht, indem die eine Hand auf dem Gelenk ruht und die andere an den Metatarsi die Manipulationen durchführt. Bei flexiertem Talocruralgelenk werden durch Rotationsbewegungen die kurzen Anteile der Seitenbänder getestet. Hinweis Spricht für
Hypermobilität bei Abduktion und Adduktion
Seitenbandruptur, Luxation
Hypermobilität bei Flexion und Extension
Gelenk-nahe Fraktur, Luxation
Hypomobilität Talocruralgelenkarthrose nach Fraktur, Luxation oder OCD, Neoplasie
Instabiles Gelenk bei flexierten Talocuralgelenk und Rotationsbewegungen
Ruptur des kurzen kaudalen Anteiles des lateralen Kollateralbandes oder eines anderen Bandteiles
Wärme, Schmerz und Krepitation im Gelenk
Gelenkfraktur, Osteochondrose aus dem Talusrollkamm, Neoplasie
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4.2.2.3 Fersensehnenstrang Der Fersensehnenstrang wird von ihrem Ansatz am Calcaneus nach proximal auf Konturstörungen oder abgerissene Stümpfe untersucht. Die Integrität der Sehne wird bei gestrecktem Kniegelenk und gebeugtem Talocruralgelenk erfasst. Ein Anteil der Sehne, der M. flexor digitorum superficialis, führt über den Calcaneus. Er kann bei Prädisposition oder nach Traum luxieren, was durch sanften Druck mit dem Daumen auf die Fersenkappe geprüft wird. Hinweis Spricht für
Konturstörung distales Ende der Achillessehne
Partieller Riss des Fersensehnenstranges
Kein Fersensehnenstrang spürbar
Fersensehnenstrangriss
Keine Spannung auf dem Fersensehnenstrang
Fersensehnenstrangriss, Abriss M. gastrocnemius am Femur, Fraktur Calcaneus oder intertarsale Luxation, Luxation Talocruralgelenk
Hypermobilität der Fersenkappe Luxation der Fersenkappe nach medial, vor allem bei Shelties
4.2.3 Crus / Tibia /Fibula Die beiden Cura werden nun von distal nach proximal palpiert. Insbesondere die Muskelbäuche des lateralen Kompartimentes lassen sich gut verfolgen. Von der Fibula sind ist der Malleolus sowie der Fibulakopf tastbar, von der Tibia das gesamte Planum cutaneum. Hinweis Spricht für
Schwellung Neoplasie, Hämatom, Kompartmentsyndrom
Krepitation Fraktur, Neoplasie Achsabweichung Fraktur, Fehlstellung Schmerz in der distalen Physe Malleolarfraktur,
Wachstumszonenfraktur, Wachstumsstörung wie zB hypertrophe Osteodystrophie
Schmerz in der Diaphyse Fraktur, Neoplasie, Panosteitis,
Schmerz in der proximalen Physe
Wachstumszonenfraktur, Osgood-Schlatter Erkrankung der grossen jungen Hunde, Neoplasie, Abriss der Tuberositas tibiae
Schmerz im Muskelbauch Kompartmentsyndrom
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4.2.4 Kniegelenk 4.2.4.1 Beugung und Streckung Das Kniegelenk wird gebeugt und gestreckt. Dabei umfasst die eine Hand das Kniegelenk von vorne, um Wärme, Fluktuation, Schwellung und Krepitation zu erfassen. Bei maximaler Extension wird am ehesten ein Schmerz auszulösen sein, sofern das Gelenk angefüllt ist. Praktisch alle Pathologien des Kniegelenkes führen zu einer markanten Schwellung, die Ausnahme kann die Patellaluxation von tieferen Graden sein. Hinweis Spricht für
Schwellung Kniegelenk
Kreuzbandriss, partieller Kreuzbandriss (vor allem die Innenrotation ist dolent), Meniskusläsion nach Kreuzbandriss, Gelenkfraktur, Bissverletzung, Abriss des M. extensor digitorum longus, Osteochondroseläsion am lateralen Femurkondylus (meist junge Hunde), Ansatztendinitis am Lig. Patellae (Osgood-Schlatter Erkrankung, meist junge Hunde), Patellaluxation, Polyarthritis
Krepitation Kreuzbandriss resp. partieller Kreuzbandriss in chronischem Stadium, schlecht abgeheilte Gelenkfrakturen, unbehandelte Osteochondroseläsion, Gelenkerosionen beim Deutschen Schäferhund, Patellafraktur
4.2.4.2 Seitenbandtest Die Seitenbänder werden bei gestrecktem Kniegelenk getestet. Die Tibia wird gegenüber Femur abduziert und adduziert sowie rotiert. Die physiologischen Abweichungsgrade sind 5-10°. Hinweis Spricht für
Mediale Hypermobilität Medialer Seitenbandriss, Ausriss meist am Femur; bei kleinen Tieren kann auch ein kranialer Kreuzbandriss eine erhöhte mediale Instabilität bedeuten
Laterale Instabilität Seitenbandriss lateral; Fraktur Fibulakopf
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4.2.4.3 Schubladentest Für den Schubladentest (Kreuzbandrissdiagnostik) fasst die eine Hand mit dem Zeigefinder die Patella und mit dem Daumen die Gegend um das laterale Sesambein des Gastrocnemiusmuskels. Mit der anderen Hand hält man kranial die Tuberositas tibiae und kaudal den Fibulakopf. Bei leichter Flexion (5-15°) wird die Tibia (keine Flexion oder Extension ausführen) nach kranial geführt und die Verschiebung oder möglicher Schmerz erfasst. Hinweis Spricht für
Instabilität Tibia relativ zum Femur
Kranialer oder kaudaler Kreuzbandriss
Instabilität, wobei der Stopp nach kranial weich wirkt
Kranialer Kreuzbandriss
Instabilität, wobei der Stopp nach kranial hart wirkt
Kaudaler Kreuzbandriss
Keine Instabilität, aber Schmerz bei Ausführung des Testes und leichter Innenrotation der Tibia
Partieller kranialer Kreuzbandriss, kompletter kranialer Kreuzbandriss mit eingeklemmtem Meniskus
4.2.4.4 Tibia-Kompresssionstest Die Alternative zum Schubladentest ist der Tibia-Kompresssionstest. Jetzt drückt die Innenseite der einen Hand auf die Patella und die Zeigfinderspitze liegt auf dem Marga cranialis tibiae. Die andere Hand fasst die Metatarsi. Dann werden Knie- und Tarsalgelenk vollständig gestreckt. Die selektive Flexion des Tarsalgelenkes bringt die Tibia wegen des Spannsägenmechnismus (kraniale Musken und kaudale Muskeln des Crus) in Kompression. Sofern das vordere Kreuzband gerissen ist, wird der Tibiakopf nach kranial ausweichen, was an der Zeigfinderspitze zu spüren ist. Hinweis Spricht für
Tibia weicht nach kranial aus Kranialer Kreuzbandriss
Tibia weicht nicht nach kranial aus
Normales Kniegelenk, partieller Kreuzbandriss, kaudaler Kreuzbandriss, kranialer Kreuzbandriss mit eingeklemmtem Meniskus, starke Kapselfibrose
4.2.4.5 Meniskustest Durch eine tiefe mediale Palpation zwischen Tibia und Femur kann eine allfällige Meniskusläsion entdeckt werden. Umgeklappte Menisken führen zu einer wiederholten Krepitation und Schmerzäusserung bei Beugung und Streckung des Kniegelenkes jeweils in der gleichen Stellung.
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Hinweis Spricht für
Krepitation und Schmerz
Umgeklapptes oder gequetschtes kaudales Horn des medialen Meniskus
4.2.4.6 Patellaluxationstests Beim Untersuch auf Patellaluxation müssen die Hintergliedmassen in allen physiologischen Stellungen und Winkelungen geprüft und das Luxieren resp. Reponieren der Patella festgestellt werden. Zu diesem Zweck fasst der Untersucher das Beim mit der einen Hand am Tarsus. Damit kontrolliert er alle Beuge resp. Streckstellungen des Beines und führt gleichzeitig Innen- resp. Aussenrotation durch. Die andere Hand ist dabei auf der Patella. Mit einem Finger wird die spontane resp. durch sanften Druck ausgeübte Luxation entdeckt. Aufgrund der Anatomie sind mediale Patellarluxationen am leichtesten auszulösen bei gestrecktem Hüft- und Kniegelenk und Endorotation der Tibia. Laterale Patellarluxationen können am ehesten ausgelöst werden bei gebeugtem Hüft- und Kniegelenk und Exorotation der Tibia. Für eine korrekte Befundeingabe müssen folgende Punkte beachtet werden: - die Hunde werden in allen physiologischen Stellungen untersucht (Stehend, liegend,
alle Flexions- und Extensionsgrade, alle Rotationsgrade) - es soll zur Luxationsprovokation nur physiologische Kraft ausgeübt werden - es wird der schlechteste Befund gemäss unten stehender Tabelle notiert - eine reitende Patella wird mit „0“ notiert - es muss sowohl auf mediale als auch auf laterale Luxation untersucht werden Position der
Patella Luxation der Patella nach medial / lateral durch den Untersucher
Reposition der Patella
PL 0 in der Trochlea nicht möglich - PL 1 in der Trochlea möglich spontane Reposition der Patella PL 2 in der Trochlea möglich Patella springt in Trochlea bei
Manipulation der Gliedmasse (Rotation Tibia, Beugen und Strecken der Gelenke)
PL 3 Ausserhalb der Trochlea
bereits luxiert Patella bleibt bei Manipulation luxiert, erst die Hand der Untersuchers kann die Patella in die Trochlea zwingen
PL 4 Ausserhalb der Trochlea
bereits luxiert Manipulation der Gliedmasse und manueller Repositionsversuch sind erfolglos. Die Patella kann nicht in die Trochlea gebracht werden.
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4.2.5 Femur Das Femur wird von distal nach proximal palpiert. Der Knochen ist distal und medial gut zu spüren. Im proximalen Verlauf kann der grosse Trochanter auf der lateralen Seite palpiert werden. Hinweis Spricht für
Schmerz und Krepitation Fraktur, Neoplasie
Schmerz Panosteitis, hypertrophe Osteodystrophie
4.2.6 Hüftgelenk 4.2.6.1 Manipulation des Hüftgelenkes Mit der einen Hand über dem Hüftgelenk und der anderen am distalen Femur wird das Hüftgelenk in alle physiologischen Richtungen bewegt. Dabei sind eine Streckung und eine Beugung bis beinahe zur Parallelität mit der Wirbelsäule zu erreichen. In einer 90° Stellung der Längsachse des Beckens mit dem Femurschaft wird letzterer bis zu 45° in Innenrotation und 90° in Aussenrotation zu bringen sein. Die Abduktion soll bis zu einer Winkelung von ca. 90° gegenüber der Tischplatte möglich sein. Gleichzeitig wird dabei der M. pectineus palpiert. Hinweis Spricht für
Hypomobilität, Schmerz
Hüftgelenkdysplasie, Legg-Perthes, Luxation, Neoplasie, Myositis des. M. ilipsoas, Cauda equina Kompressionssysndrom, Bandscheibenvorfall Lendenwirbelsäule
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Krepitation Hüftgelenkarthrose, Gelenksfraktur, Femurhalsfraktur, Neoplasie, Luxation
Schmerz M. pectineus
Hüftgelenkdysplasie, Hüftgelenkarthrose
4.2.6.2 Luxationstest In physiologischer Stellung des Hüftgelenkes wird bei einer Aussenrotation des Femurs der Abstand zwischen Trochanter Major und Tuber ischiadicum reduziert. Das nützt man aus, indem man in diese Grube einen Daumen drückt und somit die relative Position der beiden Knochenvorsprünge prüft. Hinweis Spricht für
Abstand bleibt gleich oder vergrössert sich
Luxation nach kraniodorsal
Fraktur Femurkopf
Abstand wird kleiner, Daumen kommt unter Druck
Keine Luxation
4.2.6.3 Ortolani-Test Mit dem Ortolani-Test wird die tiefe und Form des Acetabulums sowie die Kongruenz des Femurkopfes geprüft. Zunächst werden Femur und Längsachse des Beckens in eine ungefähre 90° Position zu einander gebracht. Die eine Hand des Untersuchers liegt auf dem Trochanter, wo er Luxationsbewegungen spüren kann. Die andere Hand umfasst das Kniegelenk und steuert die Bewegung. Das Femur wird ganz adduziert und mit Druck der Hand auf dem Knie eine mögliche Luxation des Femurkopfes nach dorsal provoziert. Der Druck bleibt aufrecht erhalten, während die Hand am Knie den Femur langsam abduziert, bis der Femurkopf aus einer möglichen Subluxationsstellung in das Acetabulum zurückspringt. Dieses Manöver kann mit der Hand am Trochanter gespürt werden. Da der Ortolani-Test den dorsalen acetabulären Rand stark beansprucht, ist er bei Hunden unter 5 Monaten und demzufolge fragilem Gelenkrand nicht indiziert.
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Hinweis Spricht für
Keine Repositionbewegung, kein Schmerz, normaler Bewegungsumfang
Normales Hüftgelenk
Keine Repositions-bewegung, Schmerz, Hypomobilität
Geringgradige Hüftgelenkdysplasie, Hüftgelenkarthrose
Repositions-bewegung spürbar
Hüftgelenkdysplasie
4.2.6.4 Bardens-Test Der Bardens-Test ist die Alternative zum Ortolani-Test bei Hunden im Alter unter 5 Monaten. Die Ausgangslage ist die gleiche: Zunächst werden Femur und Längsachse des Beckens in eine ungefähre 90° Position zu einander gebracht. Nun umfassen die linke und rechte Hund die Oberschenkelmuskulatur im oberen Drittel und versuchen mit Hebebewegungen senkrecht zum Untersuchungstisch, den Femurkopf aus dem Hüftgelenk zu ziehen. Hinweis Spricht für
Keine Luxationsbewegung spürbar
Normales Hüftgelenk, geringgradige Hüftgelenkdysplasie
Luxationsbewegung spürbar
Hüftgelenkdysplasie
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4.3 Vordergliedmasse 4.3.1 Zehenregion und distaler Carpus 4.3.1.1 Summarischer Test Die Pfote wird als Ganzes untersucht. Dazu gehören die Inspektion der Haut, der Zwischenzehenbereiche und die Tiefe Palpation der Zehenballen. Dann werden die Zehen und die Metacarpi umfasst und seitlich gepresst, um Schmerzreaktionen zu provozieren. Die Pfoten, Gelenke und Metacarpi werden auf Konturstörungen untersucht. Hinweis Spricht für
Hautrötung Zwischenzehen Allergie Konturstörung Neoplasie, Schmerz, Wärme Neoplasie, Fraktur,
Luxation, Fremdkörper
4.3.1.2 Prüfung der Gelenke Die Gelenke werden auf Wärme und Konturstörungen inspiziert. Die Zehengelenke werden einzeln gebeugt, gestreckt, adduziert und abduziert. Während die eine Hand die Bewegung ausführt, prüft die andere das Gelenk auf Wärme, Füllung, Krepitation, Achsabweichung, Hypomobilität und Hypermobilität und werden Schmerzäusserungen wahrgenommen. Mit einer Hyperextension der metacarpophalangealen Gelenke werden die Sesambeine in den Flexorensehnen gestestet. Hinweis Spricht für
Krepitation Gelenkfraktur Wärme Polyarthritis, Allergie Achsabweichung Seitenbandruptur, Fraktur Hypomobilität Sesambeinfragmentierung,
chronisches Gelenkleiden Hypermobilität Flexoren- oder
Extensorenriss, Kapselriss, Nervenläsion
Schmerz Gelenkfraktur, Polyarthritis, Sesambeinerkrankung, Kapsel-/Bandtrauma
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4.3.2 Carpale Region 4.3.2.1 Intercarpaler Bereich Die intercarpalen Knochen sind im Normalfall nicht beweglich. Sie werden palpiert und die kurzen Bänder durch Extension, Flexion, Abduktion und Adduktion geprüft. Hinweis Spricht für
Hypermobilität Luxation, Fraktur Schmerz und Instabilität des Os carpi accessorium
Fraktur Os carpi accessorium
4.3.2.2 Carpalgelenk Das Radiocarpalgelenk besteht vornehmlich aus kurzen lateralen Bändern, welche in Extensionsstellung geprüft werden. Die physiologisch erlaubte Valgus- resp. Varusstellung ist 8-12 °. Dann wird das Gelenk in maximale Flexion resp. Extension verbracht. Ein kleines schräges Seitenband verbindet das Styloid des Radius mit dem palmaren Aspekt des Os carpi radiale. Mit einer Schubladenbewegung analog zum Kniegelenk wird es getestet. Hinweis Spricht für
Hypermobilität Seitanbandriss, Fraktur Processus styloideus, carpometacarpale, intercarpale oder radiocarpale Instabilität nach Hyperextensionstrauma
Hypomobilität in Extension/Flexion
Altes Trauma am Bandapparat, Fraktur
Schubladentest positiv Riss des schrägen medialen Radiocarpalbandes
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4.3.2.3 Prüfung der Sehne des M. abductor pollicis longus Die Endsehne des M. abductor pollicis longus verläuft auf der kraniomedialen Seite des Radius in einer Sehnenscheide. Er kreuzt das Radiocarpalgelenk direkt unter den Seitenband. Die Endsehne wird mit direkter Palpation auf Wärme, Schwellung und Schmerz geprüft. Der Finkelsteintest bringt die Sehne in eine maximale Spannung. Dafür wird das Radiocarpalgelenk maximal flexiert und der Daumen nach palmar gedrückt. Hinweis Spricht für
Schmerz, Wärme und Schwellung im distalen medialen Viertel des Radius
Tendovaginitis des M. abductor pollicis longus, Osteosarkom distaler Radius
Modifizierter Finkelsteintest ist schmerzhaft
Tendovaginitis des M. abductor pollicis longus
4.3.3 Radius und Ulna Der Radius ist mediodistal als Styloid und im proximalen Bereich am lateralen Radiuskopf zu ertasten. Die Ulna wird distolateral als Styloid und im proximalen Bereich als Olecranon palpierbar sein. Sie werden auf Druck, Schmerz und Krepitation untersucht und ihre relative Position erfasst. Hinweis Spricht für
Krepitation Fraktur Druckschmerz im distalen Drittel
Osteosarkom, hypertrophe Osteodystrophie, retinierte Knorpelzapfen
Druckschmerz Diaphyse Panosteitis, Wachstumsstörung, hypertrophe Ostepathie (Akropachie, Morbus Marie-Bamberger)
Druckschmerz proximales Drittel
Panosteitis, Ellbogendyplasie
Valgus, Exorotation und konvexe Kurvatur Radius
Radius curvus nach verfrühtem distalen Fugenschluss
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4.3.4 Ellbogengelenk 4.3.4.1 Manipulation Das Ellbogengelenk wird in volle Extension und Flexion verbracht. Dabei wird mit der anderen Hand das Gelenk umfasst. Hinweis Spricht für
Krepitation Ellbogenarthrose, Gelenkfraktur, Inkongruenz
Schmerz, Wärme Ellbogendysplasie, Ellbogenarthrose
Massiver Erguss im lateralen Kompartiment
Losgelöster Processus anconaeus, Fraktur des Epikondylus lateralis (Salter Harris Typ 4 Fraktur)
4.3.4.2 Prüfung der Seitenbänder Die Prüfung kann bei gestrecktem und bei gebeugtem Ellbgengelenk erfolgen. Bei gestrecktem Ellbogengelenk sollte die Valgisierung resp. Varisierung nicht mehr als 10° betragen. Bei gebeugtem Ellbogengelenk nutzt man die Tatsache aus, dass Radius und Ulna sich kreuzen, womit die Innenrotation durch die medialen und die Aussenrotation durch die lateralen Seitenbänder limitiert wird. In den meisten Fällen einer Bandruptur wird das mediale Seitenband betroffen sein. Es kommt gelegentlich auch zu einer Luxation des Radiuskopfes nach lateral, was in einer Komturstörung zu sehen ist. Hinweis Spricht für
Innenrotation bei gebeugtem Ellbogen erhöht, Valgusstellung bei gestrecktem Ellbogen
Mediale Seitenbandruptur
Aussenrotation bei gebeugtem Ellbogen erhöht, Varusstellung bei gestrecktem Ellbogen
Lateral Seitenbandruptur (Selten)
Radiuskopf lateral des Epikondylus humeri, reduzierter Bewegungsumfang Ellbogengelenk, Krepitation
Ellbogenluxationnach lateral
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4.3.4.3 Prüfung des medialen Kompartimentes des Ellbogengelenkes Zwei der drei häufigen Ellbogendysplasieformen (fragmentierter Processus coronoideus, Osteochondrose des medialen Humeruskondylus) finden sich im medialen Kompartiment, dazu auch deren Folgeprobleme (Kratzspuren am Humerus, Arthrose). Die Erkrankungen werden häufig auch als mediales Kompartimentsyndrom oder mediale Coroniderkrankung zusammengefasst. Für die Prüfung des medialen Kompartimentes wird ein Finger direkt auf den Processus coronoideus medialis gelegt und auf Druck geprüft. Dann werden Radius und Ulna bei leicht gebeugtem Ellbogen aussenrotiert, damit das Coronoid direkt auf den Humerus gepresst wird. Hinweis Spricht für
Schmerz bei direkter Palpation des medialen Coronoids
Ellbogendysplasie (mediales Kompartimentsyndrom), Fraktur des medialen Coronoids, Ellbogenarthrose
Schmerz bei Aussenrotation Radius/Ulna
Fragmentierter Processus coronoideus medialis, Osteochondrose des medialen Humeruskondylus, Ellbogenarthrose, Gelenkfraktur, Inkongruenz des Ellbogens
4.3.5 Humerus Der Humerus wird von distal nach proximal palpiert. Lateral seines distalen Endes kreuz ihn der N. radialis. Im proximalen Bereich sind Tuberculum majus und das proximale Schaftende zu spüren. Hinweis Spricht für
Schmerz bei Palpation Fraktur, Neoplasie im proximalen Anteil, Panosteitis, Radialisverletzung
Krepitation Fraktur
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4.3.6 Schulterregion 4.3.6.1 Schultergelenk Das Schultergelenk ist nicht sehr einfach zu untersuchen, weil es unter vielen Muskeln liegt. Am Kranialrand kann es neben der Bicepssehne palpiert werden, wobei Gelenkfüllungen nicht zu spüren sind. Das Gelenk wird gestreckt und gebeugt und dabei auf Schmerz untersucht. Eine mögliche Osteochondroseläsion im kaudalen Humeruskopf erfasst man, indem der Untersucher den Humerus bei mittlerer Extension in Aussenrotation bringt. Damit wird er Humeruskopf nach lateral gebracht, wo man ihn unter Muskelschichten indirekt pressen kann. Hinweis Spricht für
Druckschmerz kaudaler Humeruskopf
Osteochondroselösion
Schwellung und Schmerz im kranialen Anteil des Gelenkes
Bicepsabriss, Bicepstendinitis, Fraktur Tuberculum supraglenoidale, Subluxation Schultergelenk, Neoplasie proximaler Humerus
Tuberuculum majus liegt deutlich ventral des Acromions
Schulterluxation nach medial
Hypomobilität Schultergelenk
Luxation Schultergelenk, Gelenkfraktur, Osteoschondroseläsion, Bicepsssehenentzündung
Valgusstellung Schultergelenk
Infra-/Supfraspinatus-konktraktur
4.3.6.2 Bicepssehnentest Die Bicepssehne kann direkt zwischen Tuberuculum majus und minus des Humerus unter dem intertuberculären Ligament sowie proximalen davon im Schultergelenk und distal davon im Sulcus ertastet werden. Die Sehne wird maximal gespannt, indem das Schultergelenk gebeugt und das Ellbogengelenk gestreckt wird. Die andere dabei auf den Schultergelenk nahen Anteil der Bicepssehne. Hinweis Spricht für
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Schmerz bei direktem Druck
Bicepssehnenentzündung, Abriss Bicepssehne im Schultergelenk
4.3.6.3 Schulterblatt Das Schulterblatt wird entlang seiner Begrenzung palpiert und die Spina scapulae mit Acromion auf Stabilität geprüft. Hinweis Spricht für
Schmerz, Krepitation Fraktur Schmerz, Schwellung Neoplasie Achsabweichung Verheilte Fraktur Harte und schmerzhafte Muskeln
Kontraktur
4.3.6.4 Subscapuläre Region Der Plexus brachialis liegt direkt unter der Scapula. Er ist von kranial mit den Fingerspitzen zu erreichen Hinweis Spricht für
Schmerz bei Palpation unter Scapula
Plexustrauma, Plexustumoren