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Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Prinzipiell erfassen die klassischen serolo-gischen HIV-Screeningteste und die HIV-PCR zwei gänzlich unterschiedliche Ana-lyte: Die HIV-Screeningteste weisen die durch das Immunsystem der Infizierten produzierten HIV-spezifischen Antikörper (Anti-HIV-1 bzw. Anti-HIV-2; bei Testsys-temen der 4. Generation zusätzlich dasHIV-p24-Antigen) nach, in der HIV-PCR wird das virale RNA-Genom bestimmt. Bis-lang kamen die PCR-Methoden nur für das Therapiemonitoring sowie für speziellere Fragestellungen (HIV-Mutter-Kind-Trans-mission, Forensik) zum Einsatz.
Der neue AlgorithmusIm Juli 2015 haben verschiedene medizini-sche Fachgesellschaften eine aktualisierte Stellungnahme zum labordiagnostischen HIV-Erstnachweis publiziert.2 Darin aufge-nommen ist ein neuer Testalgorithmus, der die Weiterentwicklung der diagnostischen Teste in den letzten zweieinhalb Dekaden sowie das Potenzial der PCR berücksichtigt (Abb. 1).
Oft schon wurde die Frage gestellt, warum die labordiagnostische Erstdiagnose einer HIV-Infektion nicht direkt mittels PCR (allgemein: NAT*) erfolgen und diese als vollwertiger Ersatz oder Alternative zu serologischen HIV-Screeningtesten fungieren könne. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Beispielsweise kontrollieren Patienten in selten Fällen ihre HIV-Infektion so gut, dass die Viruslast auch ohne antiretro- virale Therapie (ART) negativ oder sehr niedrig sein kann (sogenannte „Elite-Controller“). Sie würden fälschlicherweise als HIV-negativ dia-gnostiziert.1 Des Weiteren erkennen die meis-ten auf dem Markt befindlichen NAT-Systeme keine HIV-2-Infektionen und bei seltenen HIV-1-Subtypen ist die Erfassungseffizienz gegebe-nenfalls reduziert. Auch in diesen Fällen würde eine bestehende HIV-Infektion nicht erkannt. Trotzdem kann die PCR auch im Rahmen der HIV-Erstdiagnostik wichtige Beiträge liefern. Ein neuer Testalgorithmus, kürzlich publiziert in einer Stellungnahme von verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften, hat diese Erkenntnis aufgegriffen und die Rolle der PCR deutlich gestärkt.2
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Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-InfektionDie Rolle der PCR Prof. Dr. Holger F. Rabenau, Institut für Med. Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt und Prof. Dr. Heinz Zeichhardt, Institut für Virologie, Campus Benjamin Franklin, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Eckpunkte der Stellungnahme:O Zum HIV-Screening sind weiterhin die
HIV-Antikörper zu bestimmen.O Die komplette HIV-Diagnostik kann
bereits aus der primär gewonnenen Probe (Serum oder Plasma) durchge-führt werden.
O Bei Reaktivität im Screeningtest sind ein Antikörper-basierter Bestätigungstest und/oder ein NAT-basierter Nachweis der HIV-1-Infektion durchzuführen.
O Der Patient ist bereits auf Basis des ersten bestätigt positiven HIV-Infekti-onsnachweises zu informieren (mit dem Hinweis, dass zum Ausschluss einer Probenverwechslung oder Probenkon-tamination eine Zweitprobe untersucht werden sollte).
O Mit dem ersten bestätigt positiven HIV-Infektionsnachweis hat die Meldung an das Robert-Koch-Institut (RKI) im Rahmen der nicht-namentlichenMeldepflicht(IfSG §7,Absatz 3)zuerfolgen–unabhängigdavon,ob die Infektion mittels Antikörper-basier-tem Test oder NAT bestätigt wurde.
Eine aktuelle Stellung-nahme berücksichtigt die Weiterentwicklung der diagnostischen Tests in den letzten Dekaden und stärkt deutlich die Rolle der PCR.
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Der Algorithmus unterstützt das Anliegen, die HIV-Infektion möglichst früh nach dem Transmissionsereignis sicher nachzuweisen und den Infizierten zeitnah einer Therapie bzw. medizinischen Versorgung zuzuführen. Um dies zu gewährleisten, sollten beim sero-logischenScreeningnurTesteder4. Gene-ration zum Einsatz kommen. Sie erfassen gleichzeitig HIV-1- und HIV-2-spezifische Antikörper sowie HIV-p24-Antigen. Vergli-chenmitdenVorgängertesten(3. Genera-tionsteste: nur Nachweis HIV-1- und HIV-2-spezifischer Antikörper) verkürzt sich das diagnostische Fenster durchschnittlich um 4 bis7 Tage,bishinzu14 Tagen.3 Im Verlauf der Entwicklung der verschiedenen Genera-
tionen von Screeningtesten konnte das dia-gnostische Fenster von 8–10 Wochen (Teste der 1. Generation) auf ca. 2,5–3 Wochen(Testder4. Generation)verkürztwerden.
Als Konsequenz dieser Testoptimierungen haben verschiedene Organisationen2,5 defi-niert, dass ein negativer HIV-Test bereits 6 Wochen nach einer potenziellen HIV-Exposition eine Infektion mit hoher Wahr-scheinlichkeit ausschließt. Zu beachten ist: Diese Aussage gilt nur bei Verwendung von klassischen Screeningtesten der 4. Genera-tion (EIA und verwandte Testformate). Das diagnostische Fenster bleibt bei Verwendung von3. GenerationstestenodervonSchnell-
testen – selbst solchen mit zusätzlichem HIV-p24-Antigen-Nachweis – bei 12 Wochen.Letzteres ist der Tatsache geschuldet, dass die Schnellteste in der Regel etwas weniger sensitiv sind als EIA-basierte Assays.
Prinzipiell ist bei der Anamneseerhebung zu berücksichtigen, dass es statistischO ca.16–18 TagebiszumerstenHIV-
p24-Antigen-Nachweis und O ca.22 TagebiszumerstenNachweis
HIV-spezifischer Antikörper dauert.3,6–8
Eine frische Infektion lässt sich am frühesten durch Direktnachweis der Virus-RNA erfas-sen.Durchschnittlichdauertesca.11 Tage
Abb. 1: Algorithmus zum virusdiagnostischen Erstnachweis einer HIV-1- oder HIV-2-Infektion (aus 2)* Im Befundtext ist zu vermerken, dass die nachgewiesene HIV-Infektion zum Ausschluss einer Probenverwechslung durch eine unabhängig entnommene Probe (EDTA-Blut/Plasma) bestätigt werden soll. ** Hinweis auf das diagnostische Fenster (< 6 Wochen bei Verwendung von 4. Gen. Screeningtesten)*** Der Hinweis auf eine Verlaufskontrolle kann entfallen, wenn bei (schwach) reaktivem oder grenzwertigem Screeningtest zusätzlich ein negativer HIV-1-/-2-Immunoblot und eine negative HIV-1-/-2-NAT vorliegen. Bei dieser Konstellation ist der Screeningtest als „unspezifisch reaktiv“ zu werten.
Screening mit Enzym-Immuno-Assay oder ähnlichem TestprinzipAnti-HIV-1, Anti-HIV-2, p24-Antigen
Bevorzugt: Teste der 4. Generation
reaktiv
Immunologische Bestätigung
Immunoblot
Bei Anwendung von NAT ohne vorherige Testung im Immunoblot:
Erstmaterial im Immunoblot testen
Bei bereits durchgeführter Testung im Immunoblot:
Verlaufskontrolle nach 1–3 Wochen (Screening und immunologische
Bestätigung)***
grenzwertig negativ
Anti-HIV-1 pos.Anti-HIV-2 neg.
In Erstmaterial:HIV-1-Infektion
bestätigt*
Anti-HIV-1 neg.Anti-HIV-2 pos.
In Erstmaterial:HIV-2-Infektion
bestätigt*
Anti-HIV-1 fragl.Anti-HIV-2 neg.
oderAnti-HIV-1 neg.Anti-HIV-2 fragl.
In Erstmaterial:HIV-1-Infektion
bzw.HIV-2-Infektion nicht bestätigtAnti-HIV-1 neg.
Anti-HIV-2 neg.
Nachweis der Infektion
NAT
HIV-1-NAT pos.(≥ 1000 Kopien/mL)
In Erstmaterial:HIV-1-Infektion nachgewiesen*
HIV-2-NAT pos.(qualitativ)
In Erstmaterial:HIV-2-Infektion nachgewiesen*
HIV-1-NAT pos.(< 1000 Kopien/mL)
oderHIV-2-NAT fragl.
(qualitativ)
In Erstmaterial:HIV-1-Infektion
bzw.HIV-2-Infektion
nicht sichernachgewiesen
HIV-1-NAT neg.oder
HIV-2-NAT neg.(qualitativ)
In Erstmaterial:HIV-1-Infektion
bzw.HIV-2-Infektion
nicht nachgewiesen
Bei begründetem Verdacht auf kürzlich**
erworbene Infektion
Kein weiterer Handlungs-
bedarf
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zwischen Infektionszeitpunkt und erstem (positiven)HIV-NAT-Nachweis(Abb. 2).
HIV-Screeningteste: AussagekraftDie auf dem deutschen Markt befindlichen Screeningteste liefern im Regelfall schnell und zuverlässig ein Ergebnis. Allerdings weistkeinAssaygleichzeitigeine100 %igeSensitivität und Spezifität auf. Verschiedene Faktoren können die Teste beeinflussen und inkorrekte Ergebnisse erzeugen.9 Da die Teste auf besonders hohe Sensitivität ein-gestellt sind, können falsch-reaktive Ergeb-nisse vorkommen.
Die Wahrscheinlichkeit falsch-reaktiver Resultatehängtu. a.vonderErreger-Prä-valenz in der Population ab und wird durch den positiven prädiktiven Wert (PPW) defi-niert. Dieser erlaubt eine quantitative Aus-sage, mit welcher „Sicherheit“ ein Patient bei reaktivem Ergebnis tatsächlich mit HIV infiziert ist. In Deutschland ist die HIV-Prä-valenzmit0,05–0,1 %niedrig.Dasbedeutet:Selbst bei Screeningtesten mit einer Sensi-tivität und Spezifität von jeweils 99,99 %könnte rein rechnerisch jedes 6. Ergebnisfalsch reaktiv sein. Demgegenüber wäre in einemHoch-Prävalenzgebiet,z. B.Südafrikamit einerHIV-Durchseuchung von 25 %,bei gleichen Testspezifikationen nur jedes 3333-igste Ergebnis falsch-reaktiv. Das Bei-spiel verdeutlicht, warum jedes HIV-reaktive
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Screeningergebnis zwingend in einem weite-ren Testsystem zu überprüfen ist.
Umgekehrt gibt der negative prädiktive Wert (NPW) die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Patient bei negativem HIV-Resultat tatsächlich nicht infiziert ist. Der NPW in Deutschland beträgt bei den oben genann-tenTestspezifikationen99,999999 %–einfalsch-negatives Ergebnis ist also extrem unwahrscheinlich.
Neben diesen statistischen Überlegungen können auch andere Faktoren dafür verant-wortlich sein, dass ein HIV-Screeningtest eine Infektion (noch) nicht anzeigt, zum Beispiel:O Es liegt eine erst kürzlich erworbene
Infektion vor, bei der noch nicht ausrei-chend virusspezifische Antikörper bzw. p24-Antigen vorhanden sind (diagnosti-sches Fenster, s.o.).
O Eine frühe ART oder Postexposition-Prophylaxe (PEP) kann sowohl die Virusreplikation als auch die Antikör-perbildung verzögern bzw. unterdrü-cken. Dies führt gegebenenfalls dazu, dass (i) der Screeningtest trotz Infektion (noch) negativ oder schwach reaktiv und (ii) der Antikörper-basierte Bestä-tigungstest noch negativ ist oder unspe-zifische bzw. nicht infektionsbeweisende Banden aufweist. Daher empfehlen
deutsche Fachgesellschaften bei entspre-chendem Verdacht in der Anamnese die Durchführung einer HIV-NAT.2
O Bei Patienten mit Immunsuppression oder Immundefekt kann die Antikör-perbildung ebenfalls verzögert sein, was wiederum für den bevorzugten Einsatz der HIV-NAT spricht.
O Des Weiteren gilt in der „Sondersitua- tion“, dass ein Patient eine mögliche Exposition vor 1–3 Wochen angibt und/oder die Symptomatik eines akuten retroviralen Syndroms aufweist (Fieber, Hautausschlag, Aphten, Lymphadeno-pathie,u. a.),dassdieDiagnoseeinerHIV-Infektion sowie die Entschei-dung zur ART zunächst ausschließlich auf dem positiven NAT-Nachweis basieren kann (Viruslast in der Regel > 100 000 Kopien/mL).EineVerlaufs-kontrolle und nachträgliche serologische Bestätigung sind dennoch durchzuführen.
HIV-Screeningteste: ErgebnisbewertungIst das Ergebnis des HIV-Screeningtestes reaktiv oder grenzwertig, sind weitere Untersuchungen erforderlich.
BeiVerwendungvon4. Generationstestenlässt sich in der Regel nicht unterscheiden, ob die Reaktivität auf dem Nachweis HIV-spezifischer Antikörper oder – im Fall einer erst kürzlich erworbenen Infektion – auf der isolierten Detektion des HIV-p24 Anti-gens beruht oder unspezifisch ist. Zudem ist die Differenzierung von HIV-1- und HIV-2-spezifischen Antikörpern (meist) nicht möglich. Dies ist bei der folgenden Stufendiagnostik zu berücksichtigen. Zwei Verfahren sind gleichermaßen geeignet (Abb. 1):O Antikörper-basierteTeste(z. B.Immu-
noblot), welche die im Screening nach-gewiesenen Antikörper auf ihre Spezi-fität für Anti-HIV-1 oder Anti-HIV-2 überprüfen. Bei eindeutig positivem Resultat ist die HIV-Infektion mit dem entsprechenden Typ gesichert.
O Sensitive NAT-Verfahren, die eine HIV-Infektion durch den direkten Virus(nukleinsäure)nachweis verifizie-ren. Diese Methode bietet sich zudem
Abb. 2: Diagnostische HIV-Fensterphasen in Abhängigkeit der verwendeten Laborparameter und Generationen der Screeningtests (EIA und verwandte Testformate) (aus 4).
seit ca. 1992; kommerzielle PCR-Tests
seit ca. 1997; Ag- u. IgG+IgM-Nachweis – synthetische Peptide o. rekombinante Proteine
seit ca. 1991; IgG+IgM-Nachweis – synthetische Peptide o. rekomb. Prot. / z.T. Nativ-Ag
seit ca. 1987; IgG-Nachw. – synth. Pept. o. rekomb. Prot. / z.T. Nativ-Ag
seit ca. 1985; IgG-Nachweis – Nativ-Ag, Virus-Lysat
HIV-RNA (NAT)
HIV-p24-Antigen
HIV-Kombitest (4. Generation EIA)
HIV-Test (3. Generation EIA)
HIV-Test (2. Generation EIA)
HIV-Test (1. Generation EIA)
Tage nach Exposition0 10 20 30 40 50 60 70
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Tab. 1: Kriterien zur Interpretation von HIV-NAT-Ergebnissen im Rahmen einer HIV-Erst(bestätigungs)diagnostik (aus 9).
Ergebnis Kriterien
Viruslast ≥ 1000 Kopien/mL*
Das Ergebnis der HIV-1-NAT gilt als (eindeutig) positiv, wenn die Viruslast ≥ 1000 Kopien/mL ist. In diesem Fall ist eine HIV-Infektion gesichert; beim Erstnachweis soll der Patient informiert werden. Zum Ausschluss einer Probenverwechslung ist eine Zweitprobe zu untersuchen.
Viruslast < 1000 Kopien/mL*
Ein Antikörper-basierter Bestätigungstest ist einzusetzen. Ist dessen Ergebnis ebenfalls nicht eindeutig positiv, ist eine Kontrolleinsendung notwendig. Bei Verdacht auf HIV-2-Infektion sollte parallel zum entsprechenden Immunoblot eine HIV-2-NAT erfolgen.
Virale Nukleinsäure nicht nachweisbar
Keine HIV-1-Viruslast nachweisbar, was eine HIV-2-Infektion nicht ausschließt. Daher ist ein Antikörper-basierter Bestätigungstest durchzuführen. Bei serolo-gischem Verdacht auf HIV-2-Infektion sollte eine HIV-2-NAT erfolgen.
* Falls ein qualitativer HIV-NAT eingesetzt und ein positives Ergebnis erhalten wird, ist zusätzlich ein quantita-tiver HIV-NAT durchzuführen.
bei unklarer Ergebniskonstellation der Antikörper-basierten Assays oder bei Verdacht auf akutes retrovirales Syn-drom oder erst kürzlich erworbener Infektion an.
HIV-NAT als Alternative in der HIV-BestätigungsdiagnostikWie oben beschrieben, kann alternativ zum HIV-Antikörper-Bestätigungstest der Infek-tionsnachweis auch durch eine HIV-NAT erfolgen. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:O Die meisten kommerziellen Tests sind
bislang nur für das Therapiemonitoring zugelassen.
O Fast alle Hersteller verweisen auf EDTA-Plasma als Probenmaterial, da die Verwen-dung von Serum gegebenenfalls zu einer leichten Unterquantifizierung und damit eventuell zur Verschiebung der Nachweis-grenze der NAT führen kann. Andererseits ist Serum meist das Untersuchungsmate-rial für ein HIV-Screening. Um Zeitverzö-gerungen durch Anforderung einer Zweit- (EDTA-Blut-) Probe zu vermeiden, weisen DVV** und GfV*** ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, für die HIV-NAT auch Serum einzusetzen.2 Beide Anwendungen der NAT-Verfahren (HIV-Erstnachweis und Serum statt Plasma) gelten derzeit als „Off-label Use“ und sind im Befund zu kommentieren.
Der Patient ist bereits auf Basis des ersten bestätigt-positiven HIV-Infektionsnachweises zu informieren.
O Die meisten kommerziellen quanti- tativen Teste erfassen derzeit nur HIV-1-RNAderGruppe M(z. T.auchGruppe O),nurwenigeTesteerkennenHIV-2-RNA.
Die HIV-NAT hat sich heute zudem für folgende Fragestellungen als unentbehrlich etabliert:2
O Abklärung einer Virusübertragung auf Kinder von HIV-seropositiven Müttern. Der HIV-1-Antikörpertest ist hier nicht aussagekräftig, da mütterliche IgG-Anti-körpererstabder30. Schwangerschafts-woche das Kind transplazentar erreichen
undbeimKindbiszu2 Jahrenpersistie-ren können. Allerdings kann bei Neuge-borenen, die kurz vor oder während der Geburt infiziert wurden, die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegen. Die HIV-NAT ist daher bis zu einem Lebens-altervon3 Monatennichtausreichendverlässlich (falsch negativ).10,11
O Abklärung dauerhaft serologisch unklarer Fälle, bei denen die HIV-Antikörper-Bestimmungen im Screeningtest bei meh-reren Blutabnahmen stets reaktiv oder grenzwertig sind und die Bestätigung im Antikörper-basierten Bestätigungstest (z. B.Immunoblot)fraglichbleibt
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Literatur 1 Genovese L et al: Front Immunol (2013); 4: 86; doi
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Diagnostikkommission der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. und der Gesellschaft für Virologie e.V. unter Beteiligung der Deutschen AIDS Gesellschaft e.V., der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e. V. und des NRZ für Retroviren: Nachweis einer Infektion mit Humanem Immundefizienzvirus (HIV): Serologisches Screening mit nachfolgender Bestätigungsdiagnostik durch Antikörper basierte Testsysteme und/oder mittels HIV-Nukleinsäure-Nachweis“. Bundesgesundheitsb-latt (2015); 58: 877-886
3 Ly TD et al: Eur J Clin Microbiol Infect Dis. (2001); 20(2): 104–110
4 Rabenau HF: Retroviren Bulletin 1.2015: 2–6. http://www.kgu.de/fileadmin/redakteure/institute/hygiene/virologie/pdf/retroviren_bulletin_ausgabe_1-2015.pdf
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Korrespondenzadressen
Prof. Dr. Holger F. Rabenau Institut für Medizinische Virologie Universitätsklinikum Frankfurt - Nationales Referenzzentrum für Retroviren - Paul-Ehrlich-Str. 40 60596 Frankfurt [email protected]
und
Prof. Dr. Heinz Zeichhardt Institut für Virologie Campus Benjamin Franklin Charité - Universitätsmedizin Berlin Hindenburgdamm 27 12203 Berlin [email protected]
Prof. Dr. Heinz Zeichhardt
Prof. Dr. Holger F. Rabenau
O Quantitative Bestimmung der HIV-Last (Therapie-Monitoring) und der HIV-Empfindlichkeit gegen ART (genotypi-sche Resistenzbestimmung)
O HIV-Übertragungen durch Nadelstich-verletzung
O Kausalität von Übertragungswegen (Forensik)
O Testung von Blutspenden zur Erhöhung der Transfusionssicherheit.
HIV-NAT: Zuverlässigkeit der ErgebnisseWie zuverlässig sind HIV-PCR-Ergebnisse im Rahmen der HIV-Erstdiagnose, und warum nennt der neue Algorithmus einen Wert von mindestens 1000 Kopien/mL als Entscheidungsgrenze in diesem Kontext?
Bei frisch oder nicht medikamentös thera-pierten chronisch HIV-Infizierten ist eine Viruslast≥ 1000 Kopien/mLsehrwahrschein-lich, daher ist die PCR eine valide Methode im Rahmen der HIV-Erstdiagnostik.14,15 Ein (seltenes) Ergebnis – wie eine HIV-Viruslast von< 1000 Kopien/mLbeiderErstdiagnose–ist mit besonderer Vorsicht zu interpretieren und durch zusätzliche Teste bzw. Verlaufs-kontrollen mittels Antikörper-basiertem Bestätigungstestzuverifizieren(Tab. 1). Istdessen Ergebnis ebenfalls nicht eindeutig, ist eine Kontrolleinsendung notwendig.
Die Entscheidungsgrenze von mindes-tens1000 Kopien/mLwurdeu. a.deshalbgewählt, um unabhängig von den Nach-weisgrenzen der Testsysteme verschiede-ner Hersteller zu sein und dem möglichen Abbau von HIV während des Probentrans-portes und der Probenlagerung Rechnung zu tragen. Zudem wurden vereinzelt falsch-reaktive HIV-PCR-Ergebnisse (meist mit Viruslasten< 50 Kopien/mL)beschrieben.Andere Ursachen für (falsch) schwach-positive oder (falsch) niedrige HIV-NAT-Konzentrationen bei der HIV-Erstdiagnose könnten sein:O eine Kontamination der ProbeO die Unterquantifizierung seltener HIV-
VariantenO die Einnahme antiretroviraler Medika-mente(z. B.imRahmeneinerPEP)
O die sehr selten vorkommende HIV-Infektion ohne messbare Antikörperbil-dung12,13
O die Probe eines „Elite-Controllers“.1
Bei Verdacht auf eine HIV-2-Infektion sollte parallel zum entsprechenden Immunoblot eine HIV-2-NAT erfolgen.
Generell gilt: Bei unklaren Ergebnissen von Screening- und Bestätigungstesten ist eine Verlaufskontrollenach1–3 Wochenange-zeigt. Darüber hinaus lautet die Empfehlung, sich bei „unklaren“ Konstellationen an ein entsprechendkompetentesZentrum(z. B.NRZ für Retroviren) zu wenden.
FazitDVV und GfV haben die Rolle der NAT zum labordiagnostischen Erstnachweis einer HIV-Infektion in ihrer aktuellen Stel-lungnahme deutlich gestärkt. Zwar ersetzt die PCR nach wie vor nicht den regulären Antikörper-/Antigen-basierten Screening-test, gilt nunmehr aber auch außerhalb der etablierten Indikationen (Therapiemonito-ring, Abklärung einer HIV-Mutter-Kind-Transmission, forensische Fragestellungen) im Rahmen des HIV-Erstnachweises als gleichwertige bzw. alternative diagnostische Bestätigungsmethode – derzeit noch als „Off-label Use“.Dementsprechenddienenpositive Ergebnisse in der HIV-NAT eben-falls als Grundlage für die Meldung an das
RKI im Rahmen der nicht-namentlichen Meldepflicht(IfSG §7,Absatz 3).
Es bleibt zu hoffen, dass die Testhersteller möglichst bald Serum als Untersuchungsma-terial sowie die PCR zum HIV-Erstnachweis offiziell zulassen. Auch ist die Abrechenbar-keit der HIV-PCR im Rahmen des HIV-Erst-nachweises noch zu klären.
* NAT: Nukleinsäureamplifikationstestung** DVV: Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V.*** GfV: Gesellschaft für Virologie e.V.