Kuhlman, Der Thron Im Alten Agypten

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Der Thron im Alten Agypten

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  • Einleitung

    i .i Allgem eines

    Die vorliegende Arbeit ber den Knigsthron im alten gypten umfat Untersuchungen auf den Gebieten der Lexiko-Semantik, der Formgeschichte und der Symbolik. Es ist der Versuch, einen berblick ber Stellung und Bedeutung des Herrschersitzes in der altgyptischen Kultur und seine Funktion im Knigtum zu gewinnen eine Fragestellung, die auch

    vom Standpunkt kulturvergleichender Forschung interessant und ohne Zuhilfenahme auergyptisch-ethnologischer Quellen kaum zu formulieren gewesen wre.

    Zwar flieen die gyptischen Quellen reichlich: Tempel, Grber und Spruchsammlungen

    wie die Pyramiden- oder Sargtexte usw. liefern einen schier unerschpflichen Vorrat mit dem Thron befater Texte und Darstellungen, so da sie im Rahmen dieser Arbeit unmglich

    aufgenommen werden konnten. Aber: Nur in relativ bescheidenem Umfange handelt es sich dabei um Material, das ohne Furcht vor steter Wiederholung angefhrt und ausgewertet werden kann, denn insgesamt gesehen ist der verfgbare Informationsflu recht homogen

    und dadurch im Ma seiner Aussagefhigkeit beschrnkt. Besonders an Hand des Textmaterials macht sich bemerkbar, was die Quellenlage im allgemeinen charakterisiert. In der Regel sind die Aussagen von groer Einheitlichkeit und begngen sich mit kurzen, formel

    haften Phrasen des Typs Der Knig NN sitzt (o.a.) auf seinem (dem) Thron (des Vaters; des Gottes NN), die stereotyp whrend aller Geschichtsepochen erscheinen. Es fehlen Aussagen spezifischer und ausfhrlicher Art, die die Rolle des Thrones prgnant umrissen.

    Um gezielte Fragen, wie z.B. die Vergttlichung des Thrones1, beantworten zu knnen, ist es daher meist vonnten, alle mglichen Untersuchungsebenen in die Betrachtung mit einzubeziehen und die dort gewonnenen Teile zu einem Bild zusammenzufgen. Ausgehend von dieser Sachlage schien es methodologisch nicht sehr wnschenswert, ja unvorteilhaft,

    den zeitlichen Rahmen der Untersuchung zu eng zu fassen, so da hufig unvermeidlich diachronisches Material miteinander verglichen wird, wenn dies zur Klrung einer Frage beizutragen schien.

    In der Durchfhrung der Untersuchung hat sich Verf. von dem Grundsatz Von den

    Wrtern zu den Sachen leiten lassen. An ihrem Beginn steht die lexikographisch-seman- tische Betrachtung jener Wrter, mit denen der gypter den Sinnbezirk des Thrones erfat hat; die Wortfamilie st, st wrrt und nst, die die Mehrzahl der Belege stellt, wird besonders eingehend untersucht. Es schliet sich das Textmaterial an, das durch die ikonographischen Belege ergnzt wird; bei letzterem geht es entsprechend nicht so sehr um die vollstndige Darbietung der Belege oder deren kunsthistorischen Aussagewert2 als um die Erhellung des

    1 Fr den Bereich der altorientalischen Kulturen kann sie m.W . bisher nur bei den H ettitern nachge

    wiesen werden; s. dazu A . A r c h i , Trono regale e trono divinizzato nettA natolia iitita, in : Studi m icenei ed egeo-anatolici i, 1966, S. 76 ff.

    2 Ich verweise dazu auf eine in H am burg erstellte u. in Krze erscheinende Arbeit von M . M e t z g e r , die

    ausfhrliches Material hierzu enthlt.

  • 2 Der Thron im Alten gypten

    Zeichenwertes der Throninsignie. Eine Betrachtung zum Verhltnis zwischen Knigsthron

    und Gttin Isis und ber seine Rolle im mterwesen beschlieen die Untersuchung.

    Da alle zitierten Textstellen publiziert sind und, sofern aus irgendeinem Grunde wnschens

    wert, in hieroglyphischer Schreibung eingesehen werden knnen, hat Verf. sich aus Druck

    kostengrnden, wo immer dies mglich war, zu ihrer Umschrift entschlossen.

    Es bedarf dabei keiner besonderen Rechtfertigung, da den schon vorhandenen unver

    bindlichen Umschriftsystemen hier ein weiteres zugesellt wird, das man als restituieren de

    Tran skrip tion bezeichnen knnte1. Zweifellos wird es dadurch gegenber den anderen

    Systemen auch nicht besser lesbar2, hat in den Augen des Verf. aber den Vorteil, konsequent

    zu sein und historisch richtige Wortformen wiederzugeben3. Als wichtiges Hilfsmittel zur

    Verdeutlichung morphologischer und syntaktischer Strukturen wurden die auch sonst

    gebruchlichen Hilfszeichen eingesetzt, allerdings in z.T. abweichender Weise. Folgende Prinzipien wurden zugrunde gelegt:

    1. Punkte (.).

    Punkte dienen zur Kennzeichnung des grammatischen Subjekts der Suffix-Kon

    jugation und des Pseudo-Partizips. Sie stehen

    a) bei unmittelbarer Prdikat-Subjekt-Folge zwischen Prdikat und Subjekt4,

    b) bei unterbrochener Prdikat-Subjekt-Folge hinter dem Prdikat mit Zwischenraum

    zum folgenden Wort6.

    2. Striche (-).

    Striche dienen zur Kennzeichnung des Genetivverhltnisses bei nominalem Nomen

    rectum. Sie stehen

    a) bei direktem Genetiv mit unmittelbarer Regens-Rectum-Stellung zwischen den

    Bezugsworten,

    b) bei direktem Genetiv mit unterbrochener Regens-Rectum-Stellung hinter dem Regens

    mit Zwischenraum zum folgenden Wort6,

    c) beim indirekten Genetiv mit unmittelbarer Adjektiv-Rectum-Folge zwischen Ad

    jektiv und Bezugswort7,

    1 Dagegen orientiert sich die W rterbuch-Um schrift an der blichen Orthographie eines Wortes, mu

    also eher t r a n s l i t e r i e r e n d genannt werden. Eine konsequente Transliteration wre freilich unsinnig,

    da sie grtenteils Unlesbares produzieren wrde; man vgl. z .B . nur ._o fr hw j "schtzen , das als

    hhh erscheinen mte. Nur E . E d e l in seiner altg. Gram m atik hat konsequent ohne Rcksicht auf das

    Schriftbild des W ortes transkribiert und restituierte Formen verwendet.

    2 Die blicherweise an den W rterbuch-Schreibungen eingeprgte W ortstruktur kann ihre Identifi-

    zierbarkeit m it restituierten Transkriptionen erschweren. Unsicherheiten in Fragen der W ortbildung

    (Morphologie) knnen die normalerweise zahlreichen Homographien nicht ganz ausschalten und werden

    naturgem deutlicher sichtbar, als wenn man ihre Existenz einfach bergeht.

    3 E in optimales Transkriptionssystem wre natrlich erst m it der s y n c h r o n e n T r a n s k r ip t io n er

    reicht, die der historisch lautlichen Entw icklung der W rter zu jedem Zeitpunkt Rechnung trgt. Beim

    heutigen Kenntnisstand scheint seine Verwirklichung jedoch verfrht.

    4 Z .B . sdm .f.

    5 Dies gilt z.B. fr pronominales Akkusativ- oder D ativobjekt und fr proklitische Pronomen u. Artikel

    beim Bezugswort; vgl. z.B. sdm. sw hm=f; sdm. p i ntr.

    Dies gilt z.B. fr nachstehende A ttribute beim Regens oder proklitische Pronomina u. Artikel beim

    R ectum ; vgl. z.B . ntr- nfr zp tpj; t; hwt- p i ntr.

    7 Z .B . st wrrt jnjt-d'm w .

  • Einleitung Hocken und Thronen 3

    d) beim indirekten Genetiv mit unterbrochener Adjektiv-Rectum-Folge hinter dem

    Adjektiv mit Zwischenraum zum folgenden Wort1,e) bei unmittelbaren Prpositionalverbindungen zwischen Prposition und Objekt2,

    f) bei unterbrochener Prpositionalverbindung hinter der Prposition mit Zwischen

    raum zum folgenden Wort3,

    g) bei Konjunktionalverbindungen zwischen Konjunktion und Verbalform4,h) bei der sog. uneigentlichen Annexion eines Substantivs durch eine (substantivierte)

    Adjektivform (Bahuvrihi) zwischen Adjektiv und Bezugswort6.

    3. Doppelstriche (=).

    Doppelstriche dienen zur Kennzeichnung des Genetivverhltnisses bei pronominalem

    Nomen rectum (Suffix).

    4. Klammern.

    a) Eckige Klammern ([]) umgeben ergnzte Zerstrungen;

    b) Runde Klammem umgeben unsichere Restituierungen6.

    Zustzlich werden

    a) Eigennamen, auch wenn sie syntagmatisch konstruiert sind, im Anlaut ihrer Be

    standteile gro geschrieben7,

    b) als Phoneme gekennzeichnete Grapheme in Schrgstriche (//) gesetzt,

    c) i) durch j, durch z, p durch s, n durch q wiedergegeben.

    1.2 H ocken und Thronen:Zur Grundfunktion des Herrschersitzes in gypten

    A throne is the seat of a sovereign, potentate or dignitary, secular or religious, and a

    symbol of rule and authority. Modern usage incorrectly applies the name to the seat alone,

    but historical evidence shows that not only the seat, but also the dais on which it stands and

    the canopy over it form the throne, definiert die Encyclopaedia Britannica den Herrscher

    sitz8. Er gilt als . . . der erhabene, knstlerisch gearbeitete Sessel, frher fr die Gottheit, spter besonders fr den Knig (Kaiser) und den Papst bei feierlichen Handlungen, zuerst

    nach der Krnung9, oder auch als Authority, deity seat, dignity, devine justice, govern

    ment, heaven, kingdom, magnificence, nobility, power, sovreignity, omphalos, thus earths

    1 Z.B. ti hvut nfrt jn jt- p i ntr.

    2 D a sich die g. Prpositionen wohl alle von Substantiven ableiten, stellen Prpositionalverhltnisse

    -historisch gesehen- Genetivverbindungen dar und werden wie diese zu ihrem O bjekt in Beziehung

    gesetzt.

    8 Z.B. prj.f m- p ! prj.

    4 Analog zu den Prpositionen, aus denen sie entstanden sind.

    5 Z.B. nfr-hr; jm j-n .

    6 Grammatikalische Ergnzungen (z.B. fehlende Femininendung) werden als Restituierung nicht

    gekennzeichnet.

    7 Z.B. Z j Jnj-W srt Sesostris .

    8 Bd. 21 (1973), S. 1091-92.

    Der Groe Brockhaus (15. Aufl.), Leipzig 1934, Bd. 18, S. 649.

  • 4 Der Thron im Alten gypten

    navel .. "1 und steht als Symbol " . . . midway between the mountain and palace on the one

    hand and head-dress on the other, for they are all rhythmic variants of one and the same

    morphological family that symbolize or, rather, allude to the centre 2.

    Aus diesen Definitionsversuchen lt sich immerhin entnehmen, da der Thron zwei

    Ebenen umfat, auf denen er sich untersuchen lt: eine archologisch-morphologische und

    eine symbolbezogene, auf der statt der Funktion als Gebrauchsgegenstand der Kennzeichen

    wert dominiert.

    Als Objekt archologischer Forschung, wie sich der Thron in der Regel prsentiert, ist er

    einer qualitativen, d.h. auf die Ermittlung von Konstruktionsmerkmalen, Formen und Mate

    rialien ausgerichteten Analyse unterworfen, deren Ziel die Erfassung des materiellen Gegen

    standes an sich und dessen Eingliederung in den Rahmen vergleichbarer Objekte ist. Eine

    unter diesem Gesichtspunkt durchgefhrte Untersuchung des kniglichen Sitzmbels mu

    demnach zwangslufig auf die qualitative Erfassung altgyptischer Sitzmbel im allge

    meinen bezogen sein und hat sofern sie nicht gezielt eine andere Fragestellung verfolgt

    ihren vollen Sinn erst dann, wenn sie als Teil einer monographischen Bearbeitung dieser

    Thematik fungiert3. Sie wurde hier nicht beabsichtigt.

    Es stellt sich berhaupt die Frage, welche der angesprochenen Ebenen die ursprngliche

    und wesentlichere in gypten war, m.a.W., ob der Thron primr Gebrauchsfunktionen als

    bequem er S itz oder K ennzeichen funktionen erfllte, denn es ist eine lngst bekannte,

    auerhalb der ethnologischen Forschung aber wenig beachtete Tatsache, da der Gebrauch

    von Sitzgelegenheiten in den verschiedenen Kulturen auch unterschiedlich motiviert und

    die generelle Verwendung des Wortes bequem in diesem Zusammenhang hchst frag

    wrdig ist4.E. H a h n war der erste, der in seiner Untersuchung Thronende Herrscher und hockende

    Vlker5 auf die auffllige Erscheinung hinwies, da in einem bestimmten Personenkreis, dem in erster Linie der Knig angehrt, bei Vlkern hockende Sitzgewohnheit eine andere,

    auf den ersten Blick scheinbar artfremde Form der Ruhestellung anzutreffen ist, obwohl

    nach ethnologischer Erfahrung zu erwarten stand, da . . . auch dem Herrscher, wenn er

    zum Stamm seines Volkes gehrt, das Sitzen auf dem Stuhle eigentlich nicht sympathisch

    sein mte6Damit war zum einen das Phnomen der unterschiedlichen Ruhestellung der Vlker als

    kultur-distinktives Merkmal7 erkannt worden, zum anderen aber auch durch die Feststellung

    ihrer Verbindlichkeit fr alle sozialen Schichten eines Volkes der Weg zu Klrung von Mo

    tiv und Ursache des Stuhlgebrauches bei hockenden Vlkerschaften aus neuer Sicht ge

    ffnet.

    In der Beibehaltung einer bestimmten als bequem empfundenen Ruhestellung spielt der

    Faktor der Gewohnheit die beherrschende Rolle, wie E. Hahn an verschiedenen Beispielen

    deutlich macht, u.a. an der Sitzstellung mancher heutiger gypter als Vertreter der nord

    afrikanischen Hockervlker, die, auf einem Stuhle sitzend, oftmals ein Bein auf die Sitz-

    1 G. J o b e s , Dictionary of Mythology, Folklore and Symbols, New Y o rk 19 6 1, B d . 2, S. 1 5 6 7 a .

    2 J. E . CiRLOT, A Dictionary of Symbols, London 1962, s.v . throne .

    3 Anstze dazu finden sich bei A . W e n z e l , Die Formen der altgyptischen Liege- und Sitzmbel und ihre

    Entwicklung bis zum Ende des Alten Reiches, (Dissertation) Heidelberg 193 9 (i. folg. ab gek.: A . W e n z e l ,

    Liege- u. Sitzmbel).

    4 blicherweise wird als Erklrung von Stuhlgebrauch der Bequem lichkeitsfaktor angefhrt; s. z.B.

    A . W e n z e l , a.a.O., S. 42; R E I V (2. Reihe), Sp. 404.

    6 Z fE 50, 1918, S. 2i6ff.

    A .a .O ., S. 220.

    7 S. d a z u a u c h N . J a c q u e s in Atlantis J h g . 7 (H. 6) 19 3 5 , S. 3 3 5 -3 3 9 .

  • Einleitung Hocken und Thronen 5

    flche nachziehen und damit gleichsam erneut die gewohnte Hockstellung einzunehmen versuchen1 eine Haltung brigens, wie sie sich hnlich bereits fr ihre altgyptischen Vor

    fahren nachweisen lt2. Ein sehr markantes Beispiel dafr, wie eine bestimmte Krperhaltung durch Gewhnung in der einen Kultur zur normalen, als bequem empfundenen Ruhestellung werden kann, in der anderen aber genau gegenteilige Empfindungen hervorruft, scheint mir die sog. Nilotenstellung vornehmlich afrikanischer Vlker zu sein, in der

    der Ruhende gesttzt auf einem Bein steht und das andere angewinkelt mit der Fusohle in die Kniepartie des Standbeines stemmt3 fr Europer mehr eine artistische oder as

    ketische bung, als entspannendes Ausruhen.Der Gebrauch von Sthlen bei hockenden Vlkerschaften ist daher, zumindest ursprng

    lich und bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sich durch Kontinuitt die Sitzgewohnheit verndert hat, ganz sicher nicht in dem Bedrfnis nach einer (europischen Normen zufolge) bequemeren Ruhestellung begrndet, sondern seine Ursache mu in anderen Faktoren ge

    sucht werden.Die grundstzliche Leistung jedes stuhlartigen Sitzes liegt in der Erhhung des Sitzenden,

    so da seine Verwendung offensichtlich in urschlichem Zusammenhang mit den Grnden

    fr die Erhebung steht. Nachdem bei hockenden Vlkern der Bequemlichkeitsfaktor entfllt,

    lassen sich entweder uere Gegebenheiten oder Bedrfnisse, die der menschlichen Vorstellungswelt entspringen, zur Erklrung heranziehen und auf ihre Stichhaltigkeit prfen.

    So sind an ueren Realitten, die zur Erhebung des Ausruhenden ber das Bodenniveau

    fhren knnen, klimatische Verhltnisse im weitesten Sinne anzufhren, zum anderen ist es wahrscheinlich, da gewisse handwerkliche Arbeiten den Gebrauch von relativ hohen Sitzunterlagen zweckdienlich erscheinen lieen. Beides jedoch kann das Auftreten von Sitz

    mbeln nicht vllig erklren. Klimatische Grnde entfallen in trocken-warmen Klima

    zonen ohnehin4, und als arbeitstechnisches Hilfsmittel kommt der Stuhl (bzw. ein stuhl

    hnliches Gert) in den nicht-handwerkenden Kreisen der sozialen Oberschicht oder gar des Knigtums nicht in Betracht; gerade hier aber lt sich in der Regel der frheste Gebrauch von Sitzmbeln feststellen5. Es scheint daher unzweifelhaft, da der Gebrauch von ber Bodenniveau erhebenden Sitzunterlagen in der Oberschicht hockender Vlker warmer

    Klimazonen Grnde hat, die in einer bestimmten ideellen Wertung der Erhhung liegen und da sie daher in erster Linie K ennzeichen sind, die ihrem Besitzer eine spezielle, mit der Erhhung verbundene W ertung verschaffen.

    Die bereits angesprochene Beobachtung, da Einzelsitze zuerst bei gesellschaftlich hochstehenden Personen aufzutreten pflegen, lt bereits erkennen, da die Wertung primr soziologischen Charakter hat: der Stuhl ist S tatu s bzw. H errsch aftssym bol, das

    1 E . H a h n , a .a .O ., S. 220.

    2 H. S. B a k e r , Furniture in the Ancient World, London 1966, Abb. 172 (i. folg. ab gek.: Furniture).

    3 S . d a z u W . J o e s t in Globus 7 1 , 18 97, S . 1 0 7 - 1 0 9 ; W . S c h i l d e in Z fR 5, 19 3 7 , S . 1 3 0 - 3 7 ; W . D u p o u y

    in Z fE 82, 19 5 7 , S . 1 9 1 - 2 0 1 ; G . L i n d b l o m , The One-Leg Resting Position (Nilotenstellung) in Africa

    and elsewhere, S to c k h o lm 1949.

    4 Vermeidung von Bodenkontakt durch Feuchtigkeit oder K lte ist hier kein Argum ent; lediglich die

    Um gehung der Krper- bzw. Kleidungsbeschmutzung knnte angefhrt werden, doch wurde sie

    und wird heute noch durch den Gebrauch von M atten erreicht.

    5 In den M ittelmeer-Kulturen sind Sthle (8-povo?, sella) zuerst bei Frsten und Knigen zu belegen;

    auch im nachklassischen europischen Raum sind sie zunchst Wrdezeichen der Herrschenden und

    kommen erst im 15. bzw. 16. Jhd. in breiteren Kreisen als bliches Hausgert in Gebrauch; s. dazu

    H . K r e i s e l , D ie Kunst des dt. Mbels I, S. 8ff. u. S. 122S. Der Gebrauch stuhlartiger H uptlingssitze

    in Afrika z.B . fllt m it dem beginnenden Kolonialismus zusammen; s. Expedition Jhg. 4 (H. 4) 1962,

    S. 20 -2 3 .

  • 6 Der Thron im Alten gypten

    seinen Eigner als sozial bergeordnet bzw. als ber eine Volksgruppe herrschend kennzeichnet.

    Man braucht sich nur ber die sehr konkrete Bedeutung unserer Ausdrucksweise des ber-

    jemandem-Stehens bewut zu werden oder die bedeutungsgeschichtliche Verwandtschaft

    der Begriffe erhoben und erhaben zu beachten, um als Motiv fr die Erhebung einer

    Person jene tiefverwurzelte Eigenart menschlichen Denkens zu erkennen, die vielfach

    auch heute noch gesellschaftliche berlegenheit oder einen Machtanspruch mit rumlicher

    Erhobenheit verbindet und ihr mit Hilfe von Sthlen, Podesten u.a. Ausdruck zu verleihen

    sucht1; Thron und Podest sind daher im Prinzip funktionell nicht zu scheiden, sie bilden eine

    traditionelle Einheit unter den Regalia.

    Neben seiner Grundfunktion als individuelles Standeszeichen gewinnt der Herrschersitz

    oftmals jedoch auch berpersnliche Bedeutung fr ein ganzes Staatswesen. Als Instrument,

    auf und m it dem der Herrscher Stamm und Staat in der als richtig und notwendig erachte

    ten Weise lenkt, und das damit zum Angelpunkt des Lebensinteresses einer ganzen Menschen

    gruppe wird, ist der Thron als politisch relevantes S taatssym b o l zu werten.

    Ein sehr krasses Beispiel hierfr liefert z.B. die Verpflichtung der Muserongo-Huptlinge,

    eines Stammes an der Kongomndung, Tag und Nacht gefesselt auf dem Thron zu verbrin

    gen, da sonst bestimmte, fr den Fortbestand des Volkes unabdingbare Voraussetzungen

    nicht geschaffen werden knnen2 eine Vorstellung, wie sie sich in hnlicher Weise auch mit

    dem Thron des japanischen Kaisers verband. Bekannt ist in dieser Hinsicht auch die groe

    Bedeutung, die der Huplingsthron fr den Fortbestand des Stammeswesens bei den Ashanti-

    vlkern an der Kste Ghanas (Goldkste) besitzt3, doch auch Europa weist heute noch

    verwandtes Gedankengut auf, man denke an den Stuhl Petri im Papsttum und die Un

    fehlbarkeit des "Obersten Hirten, wenn er ex cathedra der kumene jene Glaubenswahrheiten verkndet, die deren Wohl garantieren und ihr zum Heil gereichen sollen.

    Welcher Mythos sich im Laufe der Geschichte und in den verschiedenen Kulturen auch

    immer um den Throngebrauch ranken und ihn zu erklren suchen mag, faktisch resultiert

    die mit dem Herrschersitz verbundene Wertung als wichtiges oder gar wichtigstes Instru

    ment bei der Lenkung eines Stammes oder Staates allein daraus, da der Thron ursprng

    lich nur in dem Personenkreis, der Stamm und Staat beherrscht und fhrt, d.h., politisch

    gesehen im Zusammenhang mit der Machtausbung auf tritt. Dadurch wandelt er sich im

    1 Besonders deutlich kom m t der Anspruch des Herrschers auf Erhebung ber seine Untertanen dann zum

    Vorschein, wenn im Bereich der sozialen Oberschicht eines Volkes der Gebrauch erhhender Sitz

    gelegenheiten nachgeahm t wird. Dies zwingt ihn nmlich, sich nach dem Prinzip: Je hher der Rang,

    desto hher die Sitzunterlage durch zustzliche H ilfsm ittel wie Podeste o.a. die absolut hchste

    Position zu sichern, was im Bereich rezenter afrik. Kulturen teilweise zu bizarren Auswchsen gefhrt

    hat; vgl. dazu W. S c h i l d e , Afrik. Hoheitszeichen, Z fE 61, 192g, S. 112 -113 . Zum Thron als Insignie im

    afrikanischen Knigtum s. a .a.O ., S. u o fL , u. A. F r i e d r i c h , Afrikanische Priestertmer, 1939, S. 28ff.

    D a auch im arabischen K alip hat der Throngebrauch aus Grnden der Hervorhebung des Herrschers

    erfolgte, geht deutlich aus I b n -H a l d n , Al-Muqaddima II, 46-47, hervor.

    2 A. B a s t i a n , D ie dt. Expedition an der Loangokste I, 1874, S. 288.

    3 K . A . .B u s i a , The Ashanti of the Gold Coast, in: D. F o r d e , African Worlds, 1963, S. 202: T h at stool,

    the sym bol of his power, is w hat the famous Ashanti priest, Anokye, describes as the soul of the nation .

    I t is the sacred emblem of the tribes permanence and continuity. The chief as the occupant of the stool

    represents all those who have occupied it before him. He is the link, the intermediary, between the living

    and the dead; for . . . the dead, the living, and those still to be bom of the tribe are all members of one

    fam ily, and it is th at stool th a t binds that fam ily together . R . S. R a t t r a y , Religion and A rt in A s

    hanti, 1927, S. 178: As the stool in Ashanti is of paramount importance in the kingdom or in a

    division, and as a new king or chief cannot possibly be instooled, i.e. enthroned, w ithout the stool .. .

    the power and political significance of the body m ay well be immagined . S. auch Africa 39,1969, S. 1 ff.

  • Einleitung Hocken und Thronen 7

    Bewutsein der Vlker vom rein privaten Standessymbol zur traditionellen A m tsinsignie von bergeordneter, politischer Bedeutung. Mit seltener Deutlichkeit tritt uns diese Vorstellung eines fr Erhaltung und Wohlfahrt des Staates notwendigen Requisits, dessen Besitz unerlliche Voraussetzung zur Ausbung der Herrschaft ist, z.B. im Bengalen des 15. Jahrhunderts entgegen, wo bereits das Platznehmen auf dem Amtsstuhl jede beliebige

    Person in die Position seines Besitzers erhob und zur Amtsfhrung befhigte1.Auch das alte gypten zhlte zu denjenigen Kulturen, deren Vlker als Ruhestellung das

    Hocken bevorzugen ; die berlieferten bildlichen Darstellungen und das Schrift-Determinativ

    fr den Sinnbezirk Ruhen, Sitzen, das einen hockenden Mann zeigt2, beweisen dies unzweifelhaft. Abbildungen und Texte belegen, da der Stuhl der gyptischen Oberschicht Vorbehalten war, whrend das Volk auf der Matte hockte. Kennzeichnend ist in dieser Hinsicht, da die soziale Stellung eines Edlen, Vornehmen, g. spss/spsj, hieroglyphisch in der Regel mit einem Zeichen geschrieben wird, das einen auf dem Stuhl sitzenden Mann oder auch nur einen Stuhl alleine zeigt3. Das Prinzip der absoluten berhebung des Knigs ber

    seine Untertanen wird auch in gypten durch den Gebrauch von Podesten und Estraden

    gewahrt.Somit sind auch hier jene Grundvorstellungen anzutreffen, die sich bei hockenden Vlkern

    mit dem Stuhlgebrauch verbinden; es gilt nun, die unter diesen Voraussetzungen entstandene Tradition des Throngebrauchs auf ihre spezifisch gyptischen Vorstellungen hin zu

    untersuchen.

    1 H. M. E l l i o t , The History of India IV , Allahabad 1964, S. 260: "W hen the king wishes to dismiss or

    appoint any person, whoever is placed in the seat is im ediately attended and obeyed . . . W hoever

    kills the king and succeeds in placing himself in the throne is im ediately acknowledged as king . Vgl.

    auch J. A u b o y e r in Cahiers Archologiques 6, 1952, S. 8. Zum Thron in Indien s. sonst J. A u b o y e r ,

    Le Trne et son symbolisme dans lInde ancienne, Paris 1949.

    2 GEG, S. 442, A 3; zu den g. H ock-Stellungen s. V K 1, S. 255.

    3 GEG, S. 447, A 50_51; zum Gebrauch des leeren Stuhles s. P T 9 3 ic -d ; 1482c (M u. N ); 2023a; Urk.

    V II 34,19. D a das Stuhlzeichen nicht aus Grnden der Homophonie fr Spss eintritt, geht aus der

    Tatsache hervor, da die Mbelformen wechseln knnen: sta tt des blichen Stuhles m it Tierbeinen

    findet sich bei Gttern oder Knigen in der Regel der Blockthron; s. z.B. Urk. I V 220; 221; 227.

    Eine gleichlautende Mbelbezeichnung ist nicht belegt.

  • Die Wrter fr Thron1)

    Das Wrterbuch der g. Sprache2 fhrt achtzehn gyptische Wrter aus der Zeit vom Alten Reich bis in die griechisch-rmische Epoche in der Bedeutung "Thron an; belegt sind

    seit dem

    Alten Reich:

    1. nst (Wb II 321), kopt. NHC6;2. hndw (Wb III 3x4);3. st {Wb IV 1), kopt. C6/CI; hinzuzufgen sind die Umschreibungen:4. tpj-rdww3 und5. s'nhjt miH4;

    Mittleren Reich:

    1. tnt st (Wb V 384) ;

    Neuen Reich:

    1. jsbt (Wb I 132; frheste Belege unter Echnaton);2. wtzt (Wb I 384);3. bhdw (Wb I 470; frhester Beleg Ende Dyn. XVIII/Anfang Dyn. X IX 5);4. mn-bjt (Wb II 63; frheste Belege Dyn. XVIII/X X 6; zur mutmalichen Lesung

    mnbjt s.u., S. 12);5. srh (W b IV 200);

    belegt sind seit der

    thiopenzeit:

    1. bdj (Wb I 487);2. ski (Wb IV 316);

    1 Auer den Begriffen st, st wrrt und nst, die, wie eingangs bereits gesagt wurde, gesondert betrachtet

    werden, kommen auch die W rter tntit, srh u. pj i.folg. nicht zur Sprache, sondern werden in den

    Kapiteln zur Thronestrade (S. 75f.), zum srA-Thron (S. 84f.) bzw. zur Thronm atte (S. 70) abge

    handelt.

    2 Hrsg. von A. E r m a n u . H. G r a p o w ; (i.folg. ab gek.: Wb).8 S. H . K e e s in F . W . v. B i s s i n g , Das Re-Heiligtum des Knigs Newoser-Re III, S. 36; (i.folg. abgek.:

    Re-Heiligtum).

    4 P T 1079c.

    6 R d E 1, 1933, S. 15. Schreibungen wie ^ ^ (Pap.Harris I, 56b,5), (Edfou II, S. 79) oder

    \ ] rrf (Edfou V II, S. 100) sind sicherlich nicht im Sinne eines W andels im grammatischen Geschlecht

    des Wortes aufzufassen, sondern deuten auf einen bergang von jj > jtj.

    A E O I, S. 36*.

  • D ie Wrter fr Thron" 9

    Ptolemerzeit:

    1. bkrlbkrt (Wb I 482), kopt. BGXK61;2. pj {Wb I 489), kopt. noi;3. ndm (Wb II 368);4. hdmw {Wb II 505);5. hmr {Wb III 96);6. zm s(j)t (Wb III 452);

    nach Magabe des Determinativs wre hinzuzufgen:

    7. zp i2.

    Die Quantitt der Ausdrcke ist demnach recht betrchtlich, sie erstaunt um so mehr, als

    ikonographisch nur zwei Throntypen nachweisbar sind, die unter dieser Vielzahl von Bezeichnungen verstanden worden sein sollen3. Man wird daher von vornherein die Vermutung wagen knnen, da eine nicht unbetrchtliche Anzahl von ihnen Homoionyme bildet, die

    sich auf ein und denselben Gegenstand beziehen.

    Leider lt sich bei etwa der Hlfte aller Belege keine Wortfamilie oder Verbalwurzel feststellen, so da ihre genaue Bedeutung und Etymologie ungeklrt bleiben mssen. Die se

    mantisch nher bestimmbaren Bezeichnungen sind:

    1) hndw

    Dieses Wort weist in den Pyramidentexten sehr verschiedene Sitzmbel-Determinative auf4. Da es sich hierbei z.T. auch um Lwenthrone handelt und es P T 1124 ac(P) heit: Er setzte sich auf jenen seinen ehernen hndw-Thron, dessen Gesichter (wie die Gesichter von) Lwen sind, dessen Fe (wie) die Hufe des groen Wildstieres sind5, ist gelegentlich der Eindruck entstanden, als lge hier eine spezielle Bezeichnung fr den Lwenthron vor6.

    Dies kann allerdings kaum die Grundbedeutung des Wortes gewesen sein. Seit der III. und bis zur IV. Dynastie taucht in den privaten Mbellisten die Hockerform bei hndw auf7, die uns seit der II. Dynastie durch Sitzfiguren bekannt ist8, und es hat ganz den An

    schein, als ob das Wort ursprnglich auf sie Bezug nahm: das Charakteristikum der Hockerart, ihre gebogene Verstrebung zwischen den Beinen, ermglicht es, hndw mit dem Verbum hnd krmmen (von Holz; s. Wb III, S. 312) etymologisch zu verbinden9. Es liegt daher nahe, das Wort als Bildung der Endung /w/ bzw. als substantiviertes Partizip Perf.Pass.10 mit der etymologischen Bedeutung der Gebogene (o..) aufzufassen.

    1 E . D v a u d in K im i 2, 1929, S . 5.

    2 Edfou V I I , S . 1 3 ; R T . 16, 18 94, S . 54.

    3 S . u S . 5 0 jEf.

    4 P T 1 1 2 4 a : 1 7 2 1 a : 1 3 4 b : 5 ^ ; 8 7 3 a : 8 o o d ( P ) : (M) (N) 1 2 9 3 a :

    5 V g l. P T 19 3 9 a . E in e M b e lfo rm w ie s ie h ie r g e s c h ild e r t w ir d , h a t es n a c h A u s w e is a r c h o lo g is c h e r o d e r

    ik o n o g ra p h is c h e r Z e u g n isse w o h l n ie g e g e b e n . I n ih r m is ch e n s ic h o ffe n b a r M e rk m a le d e s a lte r t m

    lic h e n stie rb e in ig e n H o c k e rs m it d e n e n d e s a b d e r I V . D y n a s t ie b e le g b a re n L w e n th r o n e s .

    6 V g l. L . B o r c h a r d t in Z S 6 1 , 1926, S . 36, A n m . 5.

    7 H T I , T a f . 2 , A b b . 3 ; M . M u r r a y , Saqqara Mastabas I , T a f . 2.

    8 A . W e n z e l , Liege- u. Sitzmbel, S . 7 2 f ; H . F e c h h e im e r , Plastik der gypter, T a f . 1 5 - 1 6 .

    9 S o b e re its v o n A . W e n z e l , a.a.O., S . 9 7 -9 8 , v e r m u te t .

    10 V g l. AgG, 243 u . 638. D ie v o n C . E . S a n d e r - H a n s e n , Studien zur Grammatik der Pyramiden

    texte, 7 5 , g e tro ffe n e F e s ts te llu n g , hndw se i e in p lu r a lis c h k o n s tru ie r te s K o l le k t iv u m d e r B e d e u tu n g

    S tu fe n th r o n , is t u n zu tre ffe n d .

  • 10 Der Thron im Alten gypten

    Wie der Gebrauch des Wortes zur Bezeichnung des Thrones zeigt, mu z. Zt. der Pyramidentexte bereits eine Bedeutungserweiterung erfolgt sein, die es gestattete, hndw auf jede Art eines stuhlhnlichen, d.h. mit Fen versehenen Sitzes zu beziehen. Ob dagegen, wie die

    Determinative auch glauben machen, der Blockthron so bezeichnet werden konnte, ist

    ungewi1.Als Sitzmbelbezeichnung mu das Wort von hndw Treppe unterschieden werden, das

    eine Ableitung von hnd treten darstellt, bezeichnet das Verbum doch auch das Besteigen eines Gebirges oder einer Treppe. Von der Grundbedeutung "Stiege, Treppe hat sich das

    Wort sodann auf den sinnhnlichen Gebrauch als Rampe bertragen und bezeichnet in dieser Verwendung den Aufgang zwischen den Tempelvorhfen, auf deren Plattform (Portico)

    das Gtterbild an Festtagen erscheint2. Seit den Sargtexten kann das Determinativ des

    Wortes, das schwieriger darstellbare Sitzmbeldeterminativ bei hndw Thron ersetzen3.Gegenber dem hndw-Stvhl der Beamtenschaft zeichnet sich der Knigsthron dadurch aus,

    da er primr pyramidentextlichen Quellen zufolge das Attribut eisern, bjsj, bzw. aus Eisen, jnj-bjsl , fhrt; vereinzelt findet sich als Zusatz "jnj-hbnj aus Ebenholz5. Demnach knnte er, wenn auch sicherlich nur teilweise, mit diesem Metall berzogen gewesen

    sein6, das aufgrund seines seltenen Vorkommens als sehr kostbar galt7. Denkbar wre immer

    hin auch, da man es mit einer bertragenen Ausdrucksweise zu tun hat, die den Thron als

    Sinnbild der Knigsherrschaft zu den Qualitten dieses Metalls Festigkeit, Bestand und, sollte bji Meteoreisen sein, auch seine himmlische Herkunft in Beziehung setzen soll.

    2) wtzt

    Dieses Wort, das ag., gelegentlich aber auch spter, in der mnnlichen Form wtz erscheint8, ist von der gut belegbaren Verbalwurzel wtz erheben, tragen abgeleitet. Vermutlich handelt es sich um ein verselbstndigtes Partizip Imperf.Akt. (= w tz jt ) Erhebende, Tragende .

    1 Bei einem W ortinhalt Thron-Stuhl/Sessel kann entweder die erste (formal unspezifische) oder die

    zweite (formal spezifische: Fe und Lehnen) Kom ponente bei der Determinierung in den Vorder

    grund treten und z.B . nach dem Kriterium der leichteren Darstellbarkeit ausgewhlt werden. Bemer

    kenswert ist jedenfalls, da hndw nie auf Blockthron-Darstellungen verweist und als offenbar sehr

    altertmliches W ort fr Thron hauptschlich in Totentexten vorkommt.

    2 Vgl. Medinet Habu V, Taf. 354 B -C , wo es von der Ram pe im 1. H of heit, der Knig habe als Denk

    mal der Gottheit "hndw ' i( j ) wrrt m-hft-hr jnj-hwt=f Spsj hnd.f htp.f h r-f m-h;b=f . . . eine sehr hohe

    Ram pe vor seinem kostbaren Haus (errichtet), dam it er auf sie hinaufsteige und auf ihr whrend seines

    Festes ruhe . . . a .a .O ., E - F : errichtet wurde hndw ci( j) wrrt m-hft-hr jnj-hwt=f spsj rhn.Jmnw

    hr=f mr-hnd.f Msnwt eine sehr hohe Ram pe vor seinem kostbaren Haus, dam it Am un auf ihr ruhe, wie

    wenn er das W estgebirge erstiegen h a t .

    3 C T III, S. 20a; V I, S. 164c, u.o. Zur Austauschbarkeit von Thron- u. Treppendeterminativ s.u., S. 15

    u. S. 20.

    * In dieser Form sehr selten; s. P T 1992c. Zur lexikalischen Bedeutung von bji s. J. C. H a r r i s , Lexico-

    graphical Studies, S. 5off. u. neuerdings auch E . G r a e f e , Untersuchungen zur Wortfamilie bji, Diss.,

    Kln 1971.

    5 P T 1906c.

    6 Allerdings gibt es bislang keine archologischen Beweise fr bji an Thronmbeln oder Reliefverklei

    dungen (s. L . B o r c h a r d t , Allerhand Kleinigkeiten, S. 5). Fr die parallele Formulierung st wrrt jnjt-

    d'mw "hoher Thron aus W eisgold lassen sich goldblechberzogene Originale nachweisen,

    7 Vgl. A. L u c a s , Ancient Egyptian Materials and Industries, S. 235ff.

    8 Wb I 384; Urk. I V 98; Wb I (Belege) 384,7.

  • D ie Wrter fr "Thron " II

    Das Wort bezeichnet nicht den eigentlichen Thron, sondern jede Snftenform, die beim

    Knig (oder der Gottheit) stets aus einem tragenden Unterteil, der eigentlichen wtz(j)t, und dem darauf ruhenden Sitz besteht1.

    Seit der V. Dynastie kommt ein Wort gleicher Schreibweise in der Verbindung W tz(j)t- Hrw als Name des zweiten obergyptischen Gaues vor2, dessen Haupttempel in griechisch- rmischer Zeit, der Horustempel von Edfu, seinen Namen bernimmt. Er bedeutet aber m.E.

    kaum Snfte des Horus, da sich mit Snfte der Vorstellungsinhalt des Hochhebens-um-

    Fortzutragen verbindet, der hier vllig fehl am Platze ist, sondern bezieht sich vermutlich

    auf die im Mythos verankerte Ansicht, da das den Gott beherbergende Land bzw. Tempelgebude mit seinem treppenfrmig ansteigenden Fuboden den Urhgel darstellt. Da dieser

    Bezug auch sonst nachweisbar ist3, drfte das Wort hier die Bedeutung Erhebung, Hgel haben. Dafr spricht jedenfalls auch der Gebrauch der Verbindung im Mittleren und Neuen Reich zur Bezeichnung des /-s^-Kioskes4, denn sicherlich hat hier der treppenfrmige

    Unterbau, die tntit, die gelegentlich bei wtz(j)t als Determinativ erscheint5, Anla zu dieser Benennung gegeben.

    3) zm i(j)t

    Es ist sehr wahrscheinlich, da diesem Wort die Verbalwurzel zmi vereinigen zugrunde liegt, denn da der Thron als dasjenige Element im Knigtum verstanden wurde, das gypten vereint, erhellt nicht nur aus seiner Dekoration mit dem zm s-T m j, dem Zeichen der Vereinigung der Beiden Lnder, sondern auch aus der Formulierung nst jnjt-j

  • 12 Der Thron im Alten gypten

    5) s'nhjt ms(t

    Mutmalich stellt auch diese Umschreibung in P T 1079c nach dem Kontext eine Bezeichnung des Thrones dar1. Sie klassifiziert den Thron als etwas, das die Weltenordnung am

    Leben erhlt und weist ihn somit als Garanten der Schpfung2 aus.

    6) mn-bjt

    Das in der Regel bei diesem Wort anzutreffende Determinativ das offenbar ein lwen-

    gestaltiges Bett darstellt3, macht es sehr wahrscheinlich, da der Wortinhalt dem Sinnbe-

    zirk Ruhen, Schlafen entstammt. Vergleicht man daraufhin die Schreibung

    Bett mit der Schreibung ^ ^ Bett, so fllt die hnlichkeit der Orthographie auf

    und lt an folgende Etymologie fr mn-bjt denken. ^ mnmwt Bett daran ist wohl nicht zu zweifeln stellt eine //-Bildung zur

    Wurzel nmw schlafen4 dar, die g. sonst nur mit Wechsel im Auslaut als nm erhalten ist. Denkt man an die Entsprechung g. jb /: semit. /m /5 und zieht einen Lautwandel zwischen jjj und fwj bzw. zwischen /7/ und /7 in Betracht, so knnte man in die Wurzel *nbj alsNebenform zu nm ljnmw ruhen, schlafen sehen und das Wort ebenfalls als /^/-Bildung mnbjt auffassen7.

    Etymologisch gesehen bezeichnete mnbjt demzufolge einen Gegenstand, auf dem man/ etwas ruht; die Determinierung mit dem ^ -Zeichen deutet auf die hauptschliche Ver

    wendungsweise des Wortes zur Bezeichnung einer Liegembelart, eines Bettes.

    Fr den Bereich Knigtum und Thron erschliet sich fr mnbjt jedoch eine andere Bedeutung und Gebrauchsweise. Hier fllt das Wort bedeutungsmig mit tntst zusammen, deren Treppendeterminativ es gelegentlich bernimmt8, bezeichnet also die Estrade, auf

    der der Knig thront. So heit es in einer Hymne an Osiris: [ jjjn .j] m-hij [jn -ist-Jrt] htpw tntd-Hrw mnbjt crq.tj q s (j) . [ t j ] . . . [Ich bin gekommen] in Jubel [zu Osiris], der auf der Estrade des Horus ruht, dem mnbjt-Podest, indem es aufgerichtet und hoch [ist] .. . 9. In einer Inschrift aus Kom Ombo steht die Aussage: zmi.w j n = f Tswj hr-nst = / hr-mnbjt wrrt jnjt-Hrw shjtj Sie vereinigen ihm die Beiden Lnder unter seinem Thron auf dem hohen mnbjt-Podest des Harachte10.

    1 Vgl. K . S e t h e , bersetzung u. Kommentar zu den altg. Pyramidentexten I V , S. 350 (i.folg. : Kommentar).

    . 2 S.u., S. 47.

    3 B IF A O 53, 1953, S- 108f.; vgl. A. M a r i e t t e , Dendrah IV , Taf. 69ff.

    4 Vgl. arab. j.Li nwm "schlafen ; s. Wb II 80.

    B Vgl. W . V y c i c h l in M D I K 16, 1958, S. 372; V e r g t e , Phontique, S. 134,5.

    6 Vgl. C z e r m a k , Laute, 133.

    7 Die Schreibung S die die angenommene Etym ologie aus lautlichen Grnden unmglich machte,

    wird man wohl nicht zugrundelegen drfen. Sie erweckt ganz den Eindruck eines g. Etymologisierungs-

    versuchs der oft wirr geschriebenen Wortform, wobei man angeregt durch das Lw enbett-Deter-

    m inativ offenbar an ^ (s. Wb II 68) gedacht hat. Auch eine Satzaussage Der Knig von

    U ntergypten dauert , wie man die Schreibung zu deuten versucht hat (s. F. D a u m a s , Mammisis des

    temples gyptiens, S. 249, Ende Anm . 1. von S. 247), kom m t mir unwahrscheinlich vor.

    8 Edfou I, S. 539; vgl. auch F . D a u m a s , Mammisis des temples gyptiens, S. 247, Anm. 1.

    9 A S A E 42, 1943, S. 465, Z. 9.

    10 Kom Ombos II , S. 119, Kol. 7-8.

  • D ie Wrter fr Thron" 13

    In einer Reihe von Fllen lt sich mit Hilfe semitischen Vergleichsmaterials Nheres zu Ursprung und Bedeutung einzelner Begriffe sagen.

    1) jsbt

    Schon F. C a l i c e hat jsbt auf die semitische Verbalwurzel wtb (vgl. hebr.: jsb; akkad.: wsb; ugarit.: ytb) sitzen zurckgefhrt1 und damit sicherlich die Etymologie des Wortes richtig erfat.

    In jngerer Zeit hat S t . W a r d versucht, jsbt als Lehnwort aus dem Akkadischen zu erklren, indem er es auf usbu zurckfhrte2. Diesen Versuch darf man aus semantischen Grnden wohl als gescheitert betrachten, denn usbu bedeutet nicht einfach Sitz oder wird als Bezeichnung des Thrones verwendet, wie W a r d angibt, sondern bedeutet stets Hinterhalt3. Zudem gibt, worauf Ward nicht eingeht, die Verschiedenheit des grammatischen Geschlechts zu denken, obschon nicht ausgeschlossen ist, da grammatisch maskuline Lehnwrter im

    gyptischen als Feminina erscheinen4.Aus der Gebrauchsweise des Wortes lt sich entnehmen, da jsbt als Konkretum sowohl

    einen Klappstuhl (von Privatleuten)6, den Feld-Hocker des Knigs6, den Thron7, als auch den Untersatz einer Stele8 und die Wohnhtte eines Menschen9 bezeichnen kann. Hieraus er

    hellt m. E., da jsbt ganz allgemein Objekte bezeichnen konnte, mit deren Hilfe bzw. auf denen jemand/etwas ruht; in erweitertem Gebrauch wurde es schlielich auch auf Gebude bertragen, die wie z.B. menschliche Behausungen als dauernder Aufenthaltsort eines Lebewesens galten. Im Dt. bildet daher das wenig konkrete Sitz (spezifiziert als

    Thronsitz, Wohnsitz, Untersatz) die beste bersetzungsmglichkeit10.

    2) hmr

    Das Determinativ zu diesem Wort wird hufig von einem -ft-frmigen Gegenstand gebildet, der nach begrndeter Auffassung eine stark schematisierte, berdachte Snfte wieder

    gibt11.Vermutlich bezeichnete der Ausdruck daher die knigliche Snfte (bzw. Gttersnfte)

    und kann so mglicherweise mit der semitischen Verbalwurzel hml (arab. J^) tragen in Verbindung gebracht werden. Sollte daher *hml zu lesen sein, so wre etymologisch die Bedeutung Trage anzusetzen.

    1 Grundlagen der gypt.-semit. Wortvergleichung (B h W Z K M 1, 1936), S. 97; vgl. W . V y c i c h l in Z S

    76, 1940, S. 85.

    2 Orientalia 32, 1963, S. 418.

    8 So nach frdl. M itteilung durch Herrn Prof. W . R llig; vgl. F. D e l i t z s c h , Assyr. Handwrterbuch, S. 245.

    4 So entspricht zwar ng. entlehntes jspt "K cher genau akkad. ispatu, dagegen ist DDD Pferdegespann als ssmt gyptisiert worden; s. H . D o n n e r in Z S 80, 1955, S. g j .

    5 E l-A m a rn a Y l, Taf. 30; vgl. auch C. R o b ic h o n - A. V a r i l l e , Le Temple du scribe royal Amenhotep F ils

    de Hapou (F I F A O 11, 1936), Taf. 35 (der dort als D eterm inativ erscheinende Hocker gleicht fast einem

    srA-Thron).

    L D III, T af. 153, Z. 8.

    7 El-Amarna III, T af. 13 -14 ; vgl. die Determ inative Medinet Habu II, T af. 85, Z. 12; Taf. 96, Z. 3

    u. Z. 20.

    8 Pap.Anastasi V, 24,3; Pap. Turin 1949, 15.

    9 A S A E 27, 1927, S. 201; vgl. S. 202, Anm. 2.

    10 V gl. auch L E M C a m i n o s , S. 266-68 (24,3).

    11 GEG, S. 524, V 18; vgl. Edfou X IV , T af. 552 u. 598; Medinet Habu IV, Taf. 197.

  • 14 Der Thron im Alten gypten

    3) ZpiDieses seit den Pyramidentexten nachweisbare Wort1 bezeichnete mit Sicherheit eine

    Snfte2, und zwar eine ausschlielich dem Knig (bzw. der Gottheit) vorbehaltene Art,

    deren Unterteil in Form eines Korbes gebildet war3.

    Auf Grund der Tatsache, da ein homophones Wort zpi Tausendfu existiert und die Snfte dadurch, da sie von einer Vielzahl Beinpaare fortbewegt wird, gewisse hnlichkeit

    mit diesem Tier aufweist, hat V. L o r e t an eine metaphorische Bezeichnung als Tausendfu

    gedacht4. So hbsch dieser Gedanke ist er wird jedoch kaum zutreffen, da folgende

    Etymologie mehr Wahrscheinlichkeit besitzt.

    Der charakteristische Korb bei dieser Snfte lt vermuten, da zps mit der semitischen Verbalwurzel zbljsbl erheben, tragen6 zusammenhngt6, von der z.B. arab. zabl7 oder assyr. zabblu8 "Korb abgeleitet sind; auch das gyptische scheint demnach ein Wort *zpi Korb zu besitzen, das aber offenbar von anderen Bezeichnungen abgelst wurde und sich

    nur noch im Zusammenhang mit der Korb-Snfte des Knigs (bzw. Gottes) erhalten hat9.

    Da diese Snftenform besonders beim sd-Fest in Erscheinung tritt10, erklrt sich wohl aus

    der hnlichkeit des 2/>;-Korbes mit dem h ib-(Fest-) Korb, die Gelegenheit bot, Snfte und Fest in gegenseitige Beziehung zu setzen11.

    4) hdmw

    In die Reihe der mit semitischen Parallelen vergleichbaren Thronbezeichnungen gehrt

    auch hdmw, dessen Schreibweise ^ auch partiell syllabisch verstanden werden kann und dann offenbar vokalischen //-Auslaut andeutet.

    1 P T 1452c u..; vgl. K . S e t h e , Urgeschichte, 150.

    2 Eine assoziationsbedingte Bedeutungserweiterung als "Thron ist freilich nicht ausgeschlossen. Die

    spterhin (s.o., S. 9, Anm . 2) gelegentlich zu beobachtende Determinierung durch j j ist aber kein

    sicheres Indiz fr einen derartigen Bedeutungswandel; vgl. u., S. 15.

    3 S. z .B . F . W . v. B i s s i n g , Re-Heiligtum II, B l. 19; a.a.O. III, B e ib l. A ; E . G a y e t , Le Temple de Louxor

    (M M A F 15, 1894), Taf. 75, A b b . 185; Abydos II, T af. 36; E . N a v i l l e , Festival-Hall, Taf. 6; Edfou I,

    Taf. 46 C ; Edfou X IV , Taf. 552.

    4 R d E 6, 1951, S. 5 ff. 5 Vgl. M. H e ld in J A O S 88, 1968, S. 90ff.

    * Zur Entsprechung g. jp l : semit. /6/ s. z.B . g. Kpnw < *731 B yblos , g. psq: semit. bsq/bzq spucken ;vgl. J. V e r g t e , Phontique, S. 134; W. V y c i c h l in M D I K 16, 1958, S. 377.

    7 E . L a n e , Arabic-English Lexicon III, S. 1 2 1 2 c .

    8 C A D X X I 6.

    9 M it R echt hat W . F. A l b r i g h t in J E A 12, 1926, S . 189, die von S. S m it h u. C. J. G a d d in J E A 11,

    1925, S. 238, Anm. 9, aufgestellte Gleichung von keilschr. daspu ( = c^gu-za: huss) m it hierogl. Q ^

    ~ '/J aus semantischen Erwgungen in Zweifel gezogen. Nachdem kussu immer (s. A. S a l o n e n ,

    Mbel des alten Mesopotamien, 1963, S . 34ff.), zpi aber nie den einfachen Stuhl zu bezeichnen scheint,

    werden beide W rter kaum inhaltlich auf einander bezogen worden sein knnen.

    Obwohl in der X I X . D yn. einmal die Schreibung P (neben w tz(j)t; s. R T 16, 1894, S. 54) eine

    weibliche Form zu zps also belegt ist und auch in griech.-rm. Zeit gelegentlich Schreibungen mit

    weiblicher Endung Vorkommen (s. J. D m ic h e n , Altg. Kalender-Inschriften, S. 79), ist es fraglich, da

    eine, weibliche Wortform berhaupt existierte. Auslautendes allein kann in ng. bzw. sptztl. Schrei

    bung nicht als zuverlssiges Indiz fr das grammatische Geschlecht eines Wortes dienen, und Schrei

    bungen m it dem Artikel sind mir nicht bekannt. M it A l b r i g h t wird daspu daher wohl als phonetische

    W iedergabe des gut belegten ti jsbtjjspt (s. Pap.Harris I, 75,9; El-Amarna V I, Taf. 30; Israelstele, 13;

    Urk. V II I 115,3) aufzufassen sein.

    10 S.o., Anm . 3; vgl. auch A . M a r i e t t e , Abydos I, Taf. 51, Z. 44-45: jw.k hj.tj hr-zpi=k jnj-hib-

    sd D u bist auf deiner sd-Fest-Korbsnfte erschienen .

    V gl. Abydos II, T af. 36.

  • Die Wrter fr Thron 15

    Seit der XVIII. Dynastie nachweisbar, scheint das Wort in der Bedeutung "Fuschemel mit hebr. ( ^ ) tnn identisch zu sein, dessen erster Bestandteil hadom mglicherweise von der Basis dtn "stehen abgeleitet ist1. Da die im Neuen Reich nachweisbaren hlzernen Schemel im Prinzip wohl nichts anderes als mit der ffnung nach unten gestellte, flache Ksten sind2 und hdmw auch als Bezeichnung fr einen Kasten (zur Aufbewahrung von Getreide) nachweisbar ist3, hat es ganz den Anschein, als habe im gyptischen dieser Vorstellungs

    inhalt vorgeherrscht. In griechisch-rmischer Zeit drfte das Wort vermutlich aus diesem Grunde auch den Blockthron bezeichnet haben4, da dieser seinem Aufbau nach wohl einer hohlen Kiste sehr vergleichbar war5. Der Bezug ist allerdings nicht zweifelsfrei festzustellen,

    da durch Sinnberhrung eine Erweiterung des Anwendungsbereiches auf andersartige Sitzmbel mglich ist6.

    Keine Etymologie oder wenigstens Bedeutungseinengung lt sich zu bhdw1, bkrjbkrt, bdj, ndrn und skg finden, deren Wortinhalte daher nur auf Grund des Kontextes und der Determinative ungefhr ermittelt werden knnen8.

    Gerade das Determinativ erweist sich allerdings als ein sehr unzuverlssiges Kriterium, wenn es um die Bedeutungsbestimmung von Wrtern aus dem Sinnbezirk des Thrones geht.

    Auerhalb der Pyramidentexte lassen sich keine variierenden Sitzmbeldeterminative feststellen. Die Determinierung der angefhrten Wrter beschrnkt sich ausschlielich auf die

    drei einfachen Zeichen (mit Variante s.u., S. 16, Anm. y)9, tf]10, n 11, sowie in geringerem Umfange auf fl-12. Wir haben es daher klar erkennbar mit einer standardisierten

    Determination zu tun, die zum einen nach dem Prinzip verfhrt, mglichst einfach zu schreibende Hieroglyphen zu gebrauchen13, die unspezifisch und daher oft anwendbar sind, zum anderen aber auch durch Analogie und bertragung gekennzeichnet ist.

    1 P. H a u p t in A J S L 26, 1909-10, S. 22. Zur Bedeutungsentsprechung s. F . H i n t z e , Untersuchungen,

    S. 74, und in Z S 79, 1954, S. 77.

    2 Z .T . allerdings auch m it offenen Seiten; s. H. S. B a k e r , Furniture, Abb. 91 u. 93.

    3 C O H N L Nr. 10 7 ; s. J. C e r n y in J E A 3 1 , 19 45, S . 39, A n m . 1.

    4 Edfou I, S. 28; II, S. 40. A ls D eterm inativ findet sich neben dem Blockthron auch das in ptol. In

    schriften hufige Snftenzeichen fl-.

    5 S.u., S. 51.

    6 Einen sicheren Anhaltspunkt dafr, da hdmw seine Bedeutung von K asten ber "Sitzkasten: B lock

    thron zu Sitz, Thron in erweiterter Bedeutung gewandelt hat, bietet P a p .B M 604, III, 27; vgl.

    dazu u., S. 89, Anm . 7.

    7 Die ptol. Etym ologie, die bhdw m it Bhdt E d fu in Verbindung bringt (s. Edfou I, S. 18 (41)), fhrt

    nicht weiter; vgl. auch u., S. 68, Anm . 2.

    8 S. die entsprechenden Eintrge im Wb.

    9 Zumeist in spten Texten bei: jsbt (Medinet Habu II, Taf. 85,12; Urk. V II I 115); bhdw (Edfou V II,

    S. 100; I, S. 18); bkr/bkrt (Edfou I, S. 37); p j (Edfou V II, S. 102); nst (P. L a c a u - H . C h e v r i e r , Chapelle,

    68); ndm (Wb II 368); hdmw (Edfou I, S. 28); hndw (E. H o r n u n g , Amduat I, S. 128); zpi (Edfou

    V II, S. 13).

    10 Zumeist ebenfalls spt bei bhdw, zpi, hmr/hml, bkr/bkrt und mnbjt (Edfou I, S. 538-39); srh (Pap.

    Jumilhac X II, 12-13); bdj (Urk. II I 147); ski (Urk. I I I 151); hndw (s.o., S. 10, Anm. 3); wtz(j)t (s.o.,

    S. 11, Anm. 5); st (s.u., S. 2of.); tntst (s.u., S. 76, Anm. 4).

    11 In der R egel als D eterm inativ bei st (s.u., S. 21), dann auch auf nst (s.u., S. 36), jsbt (Pap.Turin 1949 +

    1946, vs., 1,15; Israelstele, 13), bhdw (Pap.Harris I, 1,2; Edfou I, S. 160), bkrjbkrt (Wb I 482) und

    mnbjt (Edfou IV , S. 119-120) bertragen.

    12 Bei hmr/hml (s.o., S. 20), ndm (Wb I I 368) u. bkr/bkrt (Wb I 482) in spten Texten.

    13 Vgl. z.B. die Ersetzung des PT-Zeichens (PT 134b) durch ^ in spteren Quellen desselben Textes

    (s. D a v i e s , Antefoqer, Taf. 2 1).

  • Die Wortfamilie st, st wrrt und nst

    3.1.1.i

    3 1

    3-I-Irf ( J n )

    Die Palographie des Zeichens J

    Frhzeit (FZ)

    Gegenber dem schlanken und hohen Zeichen der historischen Zeit weisen die FZ-Hiero-

    glyphen ein niederes und treppenfrmiges Aussehen auf: t ^ 1. Oftmals wird der Eindruck einer Stufenfolge noch dadurch verstrkt, da die Zeichen statt der blichen drei Abstze, die auch die kanonisierte Form besitzt, deren mehrere aufweist2.

    Eine bergangsform liefert ein Beleg aus der Zeit des der eine schmale Rckenlehne zeigt : j j 3; frhestens fr diese Epoche ist auch die sich seit der II. Dynastie durchsetzende4 und sodann kanonisierte Form j nachweisbar6.

    3.1.1.2 Altes Reich (AR)

    Im AR wird in der Regel nur das Zeichen j verwendet; vereinzelt finden sich aber noch

    in der IV., V. und VI. Dynastie frhzeithnliche Hieroglyphen6.

    3.1.1.3 Mittleres Reich (MR)

    Das MR behlt in den meisten Fllen das AR-Zeichen bei, doch taucht seit den Sargtexten

    und fast ausschlielich auf die Schreibung des Osirisnamens beschrnkt die neue Variante _c^ jL auf7. Zum ersten Mal lt sich auch die in griechisch-rmischer Zeit weit verbreitete Form _[j nachweisen8.

    1 H . P e t r i e , Hieroglyphs, Taf. 27, Nr. 633-36; W . B . E m e r y , Hr Aha, S. 109, Nr. 82.

    2 I F III, Taf. 102, A bb. 463; J. E . Q u i b e l l , Archaic Mastabas, Taf. 26; P S B A 27, 1905, S. 33.

    3 W . M. F. P e t r i e , Royal Tombs I, Taf. 15,16.

    4 Z. Y . S a a d , Ceiling Stelae . . . frorn the E xc. at Helwan (C A S A E 21, 1957) Taf. 2 (i.folg.: Ceiling

    Stelae); I F III, T af. 80, A bb. 302.

    5 I F I, S. 313. D ie hochgezogene, dem wiedergegebenen Gegenstand eigentlich nicht entsprechende

    Form, die ihre Parallele etwa in dem hohen, schmalen Pyramidenzeichen ^ findet, geht in beiden

    Fllen wohl auf kalligraphische Grnde zurck. D a ^ / J oft m it dem hohen P-Zeichen kombiniert

    wird (vgl. z.B. I F I, S. 259; III, Taf. 102, A bb. 463; P T 872 c, 16 4 1b ; R dE 19, 1967, S. 53)

    aber in der R egel zur Gruppe J &> passen mu, erfolgt eine Streckung der Hieroglyphen, um das

    angestrebte Q uadrat zu erhalten. Auch das W ort erfordert eine schlanke Zeichenform.

    S. H a s s a n , E x c . Giza 1934-35, II(Taf.), Taf. 3; P S B A 27, 1905, S. 33; L . B o r c h a r d t , Denkmler I,

    S. 73 (Nr. 1409).

    7 Osirisnamen: P . L a c a u , Sarcophages, Taf. 15 (Nr. 28029), Taf. 16 (Nr. 28030). Osirisnamen u.

    sonst: H. O. L a n g e - H . S c h f e r , Grab- u. Denksteine I, S. 127-128 (Nr. 20104); I S. 24 (Nr. 20023);

    II, S. 198 (Nr. 20562). N ach der von F. L l . G r i f f i t h , Hieroglyphs, S. 54, A bb. 65, geuerten

    und GEG, S. 500, Q2, bernommenen Ansicht, handelt es sich bei der Hieroglyphe um eine Snfte.

  • Die Wortfamilie st, st wrrt und nst 17

    3.1.1.4 Neues Reich (NR)

    Auch im NR gebraucht man vorwiegend die Form j , aber auch kommt hufig vor. Einmal ist fr die frhe XVIII. Dynastie noch die altertmliche Form belegt1, die

    Form jj tritt des fteren in Totenbuch-Schreibungen auf2.

    3.1.1.5 Sptzeit

    In der Regel werden auch hier die Zeichen J und -

  • i8 Der Thron im Alten gypten

    der wechselweise ein- oder zweikonsonantischen Zeichen1. Zusammen mit dem, allerdings sekundren, Lautwert htm2, der hier nicht weiter interessiert, ergibt sich damit eine ungewhnlich hohe Zahl phonographischer Verwendungsmglichkeiten, die jedoch aufflliger

    weise nie voll ausgenutzt worden wren. Beispielsweise treten die angeblichen Lautwerte jwsI und jjsf nur in den beiden Gtternamen oycipi Osiris und HC6 Isis auf, aus denen man sie zu erschlieen knnen glaubt, jstj lt sich immer nur im Wortauslaut feststellen, jsj kme nie am Wortanfang vor, obgleich fr alle Werte eine ganze Reihe von anderen Gebrauchsmglichkeiten bestnde.

    Da die meisten Wrter, in denen j als Phonogramm auftaucht, bereits von H. Grapow einmal zusammengestellt worden sind3, braucht das Material hier nicht noch einmal vorgefhrt zu werden. Wie stichhaltig sind aber die Schlufolgerungen ber die phonographische Verwendungsweise des Zeichens in diesem Material ?

    Was den angeblichen Lautwert jwsj betrifft, so geht dieser letztlich auf die Annahme, K. Sethes zurck, da die Radikalfolge der ersten beiden Silben im Gtternamen j kopt. Oycipi, jwj und /s/ gewesen sein mten4. Aber schon allein aufgrund orthographischer Gegebenheiten ist die Herleitung des Lautwertes aus der Schreibung des Gtternamens un

    gesichert, denn da bekanntermaen die sog. schwachen Radikale jjj, jwj und // im Schriftbild hufig unterdrckt werden5, mu eine Defektivschreibung im Wortanlaut in Betracht gezogen werden. Zwar schreibt z.B. E. E d e l anllich der Besprechung der Verbalwurzeln

    wdj und d jj: "Es wre jedenfalls nicht ratsam, die hufige Schreibung wrde man

    wohl schon aus kalligraphischen Erwgungen heraus anlautendes ^ kaum geschrieben haben, da die Geschlossenheit der Gruppe sonst verloren gegangen wre.

    Ganz hnlich verhlt es sich mit dem vermuteten Lautwert /js/. Selbst wenn die Schreibung 3 ^ Isis8, die allein die Pieneform des Namens belegt und folglich ein Konsonantengerst ist und nicht, wie meist transkribiert, Jst wiedergibt, als jngere phonetische Schreibweise nach einem von /// zu /// erfolgten Lautwandel anzusehen wre, kann aus der

    Orthographie oder ^ $ kein Lautwert /jsj oder /;s [ erschlossen werden, da anlautendes jjj oder /// hufig nicht ausgeschrieben wird9.

    Was den Lautwert jstj anbelangt, so ist auch er, strenggenommen, aus Schreibungen wie z.B. 3k *r m!st Knie, fr tmst die Rote, | j =3 ^ ^ fr hztLob10 etc. (s. H. G r a p o w , aaO.) nicht zu entnehmen, da j in sitzen11 eindeutig

    1 AgG, 47 u. 144. 2 GEG, S. 500, Q 1.

    s S. Z S 46, 1909, S. ic>7f.; vgl. je tzt auch J . O s in g in M D I K 30, 1, 1974, S. 94L

    4 S. Urgeschichte, 102, Anm . 3.

    5 S. AgG, 132-146. 6 AgG, 458.

    7 G . J e q u i e r , Les Pyramides des reines N eit et Apouit, Taf. 8, Z. 2 (i. folg.: Neit); B IF A O 42, 1944,

    Taf. 36, V III, 10.

    8 S . H . G r a p o w , a.a.O., S . 108 = C T V, S . 2 7d -2 8 a = R T 30, 1908, S . 193.

    8 Eine solche Folgerung bese ebensoviel oder eher wenig Beweiskraft, wie wenn man aufgrund

    der Schreibung fr jht oder ^ fr Jtmw den Zeichen o bzw. * = die Lautwerte *jh bzw. *jtm zu

    erkennen wollte.

    10 Pap. Insinger, II (Kommentar), S. 85, 343-44.

    11 Urk. II I 5 ; Urk. IV 2 5 7 ; j vertritt also in Totentexten kaum wie P . L a c a u , in: Z S 5 1 , 19 1 4 , S. 32,

    annahm.

  • Die Wortfamilie st, st wrrt und nst 19

    das Zeichen p ersetzt und damit scheinbar als Einkonsonantenzeichen fr /s/ eintreten kann, so da die Schreibweisen als Einkonsonantenzeichen -f- Einkonsonantenzeichen erklrt

    werden knnten.Erst wenn man davon ausgeht, da J oder J ^ als Wortschreibung gebraucht wurden,

    d.h., in einem anderen Lautkomplex zur Kennzeichnung einer mit dem Wort zu einem

    gegebenen Zeitpunkt homophonen Lautfolge (Konsonant und Vokal) auf treten, stellt der Zeichengebrauch kein Problem mehr dar. Gerade an dem schwer zu erklrenden undam gesamten anderen Belegmaterial hat jetzt J. O s i n g mit letzter Kompetenz dargelegt,

    da J bzw. tatschlich und ausschlielich zur Wiedergabe einer silbischen Lautfolge -sit bzw. der sich daraus ergebenden spteren Formen *seijsit gebraucht worden sein kann1.

    Die zur Ermittlung der durch j ^ reprsentierten Lautfolge herangezogenen Belege sind

    zunchst einmal phonetische Komplementrschreibungen wie z.B. P oderP

  • 20 Der Thron im Alten gypten

    3.1.3 Die Semantik des Begriffes st

    3.1.3.1 Die Hieroglyphe und das Determinativ des Wortes

    Das archologische Vergleichsmaterial lt die Hieroglyphe j als wrfelfrmigen Sitzkasten

    mit Rckenlehne und Sockel erscheinen1. Allerdings sind diese Sockel bei rundplastischen

    Sitzfiguren wohl eher als Standflche zu deuten und geben kein eigentliches Podest wieder,

    das gestattete, unmittelbar auf eine Abbildung des Knigsthrones zu schlieen. Auerdem

    spricht die relative Niedrigkeit des Untersatzes eher fr eine Matte, wie sie ja hufig unter

    den Sitzen erscheint.

    Die berwiegende Verbreitung des Kastensitzes bei Gttern und Knigen macht es aller

    dings wahrscheinlich, da das Zeichen diesem Bereich entnommen ist. Da auerdem wohl ein

    tatschlich gebrauchter Gegenstand und keine Sonderform aus der Plastik als Vorbild

    diente, handelt es sich vermutlich doch um den auf einer Matte stehenden Knigsthron. Als

    solchen mssen auch die gypter das Zeichen interpretiert haben, wie die ab dem Mittleren

    Reich auftretende Zeichenform Jjj (s.o., S. 16) und die Ersetzung von j durch in der

    Kryptographie2 dokumentieren, denn die in der hinteren unteren Ecke zu findende Innen

    zeichnung ist fr den Knigs- oder Gtterthron kennzeichnend.

    Verfolgt man die Zeichenform jedoch bis in die Frhzeit zurck, so bietet die Hieroglyphe

    eher das Bild einer drei-, oftmals auch noch mehrstufigeren Treppe, als das eines Sitzmbels;

    auch Schreibungen wie die gelegentlich nachweisbar sind3, lassen auf den ersten Blick

    an eine Wortbedeutung Treppe denken, die jedoch nicht verifiziert werden kann.

    Den Schlssel zur Erklrung dieser Zeichenformen liefert die Tatsache, da die Hiero-

    lgyphe ^ nicht nur eine Treppe im eigentlichen Sinne, sondern stark verkrzt in der

    Regel die mit Stufen versehene Thronestrade (tnUt, mnbjt) wiedergibt4. Da auerdem, wie eingangs dargelegt wurde (s.o., S. 6), Thron und Estrade funktionell identisch sind und der

    Knig auf einem durch Stufen zugnglichen Podest zu thronen pflegte, sind Thron und

    Estrade fr den gypter assoziierte Begriffe gewesen. Diese enge gedankliche Verbindung

    beider Gegenstnde, erklrt auch, warum in der Schrift bei Wrtern fr Thron statt des

    unmittelbaren der mittelbare Sitz, die Estrade, als treppenfrmiges Determinativ erscheinen

    kann.

    Veranlat durch die drei stufenfrmigen Abstze und begnstigt durch Assoziierung von

    Thron und Podest, wurde das FZ-Zeichen daher oftmals zur Estrade (Treppe) umgestaltet;

    es besagt also nicht, da J aus einer Treppe entstanden ist bzw. st diese Bedeutung hatte.Die frhesten Belege einer Determinierung bei st finden sich in der V. Dynastie und zeigen

    neben verschiedenen Stuhlformen, die nie auf den Blockthron Bezug nehmen, und deren

    Quelle allein die Pyramidentexte des Unas sind5, auch das Gebude- und Platzdeterminativ

    n 6. Aus der Zeit nach Unas gibt es so gut wie keine Sitzmbeldeterminative bei st mehr7:

    1 S. z .B . L. B o r c h a r d t , Statuen u. Statuetten I, B l. 1, Abb. 3-4; B l. 11, Abb. 44; B l. 14, Abb. 53.

    2 A S A E 40, 1940, S. 325; als "V a r ia t io n m a te r ie lle zu v e r s te h e n ; v g l. E . D r i o t o n in R d E 1, 1933, S. 9.3 C T V II, S. 149a u. S. 150b; J. d e M o r g a n , Fouilles Dachour 1894-95, S. 81,70 ( = P T ).

    4 Vgl, Urk. IV 83: ^ ; Pap.Harris I, 45,4: & r i (hnl. Formen a .a .O ., 49,10; Nau-

    ridekret, 6 u..); eine Zwischenform, die auer der Treppe auch die Estrade teilweise wiedergibt, zeigt

    Urk. I V 140: ^ ^ die ganze Estrade ohne Treppe zeigt Urk. I V 200: ^ .

    5 P T 263b: (vgl. P T 264c; 267c; 270a); P T : (vgl. P T 509c).

    6 P T 265c; 508b; Urk. I 21.

    7 Eine Ausnahme bildet C T V II, S. 200c u. 207g (in ^ ^ ^ j i] ist ^ Partikel (s. AgG, 819

    u. 834), nicht A nlaut des W ortes "S itz .).

  • D ie Wortfamilie st, st wrrt und nst 21

    die Determinierung mit n setzt sich durch und fhrt zur bekannten, blichen Orthographie J ^ des Wortes.

    Das Zustandekommen der Determination durch ^ wurde bereits angedeutet: es handelt sich im Prinzip um nichts anderes als die Ersetzung des unmittelbaren durch den mittelbaren Knigssitz1.

    Obwohl die Sitzmbeldeterminative in den Pyramidentexten nicht in demselben Mae wie bei hndw variieren, lt sich doch erkennen, da st zu dieser Zeit keine spezifische Bezeichnung des Blockthrons ist; mehr noch, die Verwendung des n-Zeichens macht deutlich,

    da das Wort am Ende der V. Dynastie keineswegs ausschlielich auf den Sinnbezirk der Sitzmbel beschrnkt und eine reine Stuhlbezeichnung ist. Wenn es dennoch als solche

    bentzt werden kann, so sagt dies fr den Wortinhalt aus, da die Wortbedingungen, d.h. jene durch den Sprachgebrauch festgelegten Regeln einer semantisch kongruenten Sprechweise2, nicht primr formale und zweckbestimmte (teleologische) sind, sondern den statischen und partitiven Aspekt3 betonen.

    Der Gebrauch des Determinativs n auch in den Fllen, in denen die Wortbedeutung

    "Thron ist4, lt darberhinaus erkennen, da der Anwendungsbereich von st in der Regel wohl im Sinnbezirk der Ortsbezeichnung lag und die Schreibgewohnheit zu dieser Determinierung fhrte. Sicherlich trug auch die Einfachheit des Zeichens mageblich zu dessen

    Verbreitung bei, denn aus den Determinativen zu den oben angefhrten Wrtern geht eindeutig hervor, da man immer mglichst unkomplizierte, leicht darstellbare Hieroglyphen

    gewhlt hat, die Darstellung so aufwendiger Sitzmbelzeichen wie in den Pyramidentexten

    dagegen vermied.

    3.1.3.2 Der Verwendungsbereich des Wortes

    3.1.3.2.1 Als Konkretum

    Auf konkrete Gegenstnde angewendet bezeichnet st (1) Mbel und (2) Immobilia.Als Mbelbezeichnung kann es sowohl auf Sitz- als auch auf Liegembel angewendet

    werden, wie folgende Belege zeigen:

    P T 263b: "jjjn .N N jr -s t= f tpjt-nb (w) tj NN ist zu seinem Thron gekommen, ber dem die beiden Herrinnen sind5.

    1 Die assoziative Verbindung beider wird etwa auch durch das Determ inativ {C T V I, S. 80b) belegt,

    das die Merkmale von Blockthron und Estrade vereint.

    2 S. dazu E . L e i s i , Der Wortinhalt, 3. Aufl., Heidelberg 1967.

    3 Vgl. E . L e i s i , a.a.O., SS. g if., 5 6 ff.; 33 ff.

    4 Z .B . E . N a v i l l e , Festival Hall, T af. 23(5): Osorkon II. im hib-sd-Kiosk auf einer Estrade thronend;

    eine Beischrift nim m t auf den erhoben sitzenden Knig m it den W orten n ,^ "hoch auf dem

    Thron Bezug. "

    5 Zur grammatisch mglichen Auflsung des tpjt-nb(w)tj in dieser Weise s. AgG, 370. Man hat wohl an

    den Schutz des thronenden Knigs durch die geflgelte Sonnenscheibe m it den zwei Uren (Uto und

    Nechbet) zu denken, die schon im A R die Flgelsonne umwinden (s. B o n n e t , R R G , S . 90a), obgleich

    sie, allerdings wohl durch die Fundsituation bedingt, vor dem N R nur selten bei Thronszenen nachweis

    bar sind (s. L . B o r c h a r d t , Denkmler II, B l. 98, 1747; K . L a n g e -M . H i r m e r , gypten, Abb. 102-03);

    vgl. jedoch K . S e t h e , Kommentar I, S. 261 f. u . R . O. F a u l k n e r , Pyramid Texts, S. 60, Anm . 3.

  • 22 Der Thron im Alten gypten

    P T 264c: "wlbw.

  • Die Wortfamilie st, st wrrt und nst 23

    etwa in anderen afrikanischen Kulturen Schlafsttte und Sitz zugleich war, da es nur

    wenige Hinweise darauf in Darstellungen gibt1 und ja auch sprachlich zwischen st-hmsj "Sitz und st-sdr "Liege unterschieden wird.

    Auf Immobilia bezogen bezeichnet st (1) Gebude und Rumlichkeiten, in denen etwas aufbewahrt wird, Menschen (Gtter) wohnen bzw. sich zu ihrer beruflichen Ttigkeit aufhalten, und (2) Orte, Pltze und Stellen, an denen Menschen (Gtter) wohnen, sich Dinge

    z.B. zur Aufbewahrung befinden oder ordnungsgem hingehren.

    Der lteste inschriftlich belegbare Wortgebrauch berhaupt erfolgte zur Bezeichnung eines Lagerraumes fr Speisen: st-dfiw2; analog dazu findet sich st-jrp Weinlager3, st-* Urkundenlager = "Archiv4 oder st-hnkjt Bettraum = Schlafzimmer5.

    Besonders im Bereich des Gttlichen lt sich st als Wohnhaus = Tempel und Wohn- gemach = Kapelle nachweisen: "mtw ti st jnjt- ti sts tki-sti und der Tempel der Flamme (ngottheit) brennt in Flammen6; der Tempel von Der el-bahri ist st th (j)t jnjt-zp tpj das leuchtende Haus des ersten Males (d.h. der uranfngliche Wohnpalast des Sonnengottes)7; ber das Wohngemach der Gottheit im Gotteszelt heit es: Heil dir, diesem Osiris NN, spricht Isis, die Herrin der Wste hntjt-st=k m-zh-ntr, die vor deiner Kapelle im Gotteszelt ist8. Ganz entsprechend werden auch die Wohnrume des Palastes auf diese Weise bezeichnet, wie u.a. der Titel eines "hrp-jrjw Sn-jnj-swt hrj-sti jnj-jnj-swt m-swt-prj Leiters der Friseure des Knigs und Geheimkmmerers des Knigs in den Palastgemchern"9 zeigt.

    Dem Gebrauch des Wortes zur Bezeichnung der Gtter- bzw. Knigswohnung entspricht

    seine Verwendung als Wohnhaus der Toten, d.h. als Grab : "smnh st=k njtjt m- ti jnt

    1 Vgl. W . W r e s z i n s k i , Atlas III, T af. 5, u. M eir V , Taf. 45. Zum B ett als Sitz vgl. das thiop. manbar; s. E . H a b e r l a n d , Unters, zum thiop. Knigtum, 1965, S. 121 f.

    2 Anfang III. D yn .; s. A S A E 28, 1928, S. 162.

    3 Urk. IV 514.

    4 Urk. I 60.

    5 Pap. Lansing, 8,6: "hmsj.k m-ts st-hnkjt D u verbringst den T ag (hmsj "sitzen hier wohl antonym zu

    sdr "N acht verbringen ) im Schlafzimmer ; die von A. E r m a n - H. O. L a n g e , Pap.Lansing, S. 77, angenommene Bedeutung "D im enviertel halte ich fr unwahrscheinlich.

    Urk. V I 75; die Variante liest hwt sta tt st.

    7 Urk. IV 297; vgl. Urk. IV 881 u..; vom Tem pel des Am un-Re heit es Urk. IV 1668, er sei stwt.tj

    jr-st.f jmjt-pt seiner Residenz im Himmel angeglichen ; vgl. auch P T 1514c.

    8 C T I, S. 211 d -f; vgl. C T I, S. 195-96 g -a ; M D I K 16, 1958, S. 21 (8); A S A E 18, 1919, S. 49; Urk. IV

    1:153-54. Auch als Gemach, in dem ein G o tt vorbergehend wohnt, als "Stationskapelle ; s. P. L a c a u -H. C h e v r i e r , Chapelle, 70: "E r hat als sein Denkm al fr seinen V ater Am un gem acht s'A*- jn=f st=f jnjt-hH m-miwt die Neuerrichtung seiner Erscheinungs-Sttte .

    9 G. S t e i n d o r f f , Das Grab des T i, Taf. 27.W ie die Palastgemcher des lebenden Knigs so kann swt auch die Rume bezeichnen, in denen

    der tote Knig weilen soll. Dies wird an den Pyramidennamen deutlich, die nach A rt einer uneigent

    lichen Annexion m it swt als Nomen rectum gebildet werden: ntrj-swt "m it gttlichen ( = einem G ott

    gebhrenden) Gemchern (G a u t h i e r , L R I, S. 130); nfr-swt "m it vollkommenen Gemchern (a.a.O., S. 138); wb-swt "m it kultisch reinen Gemchern (a.a.O., S. 105); mn-smt "m it dauerhaften Gemchern

    (a.a.O., S. 124); wid-swt "m it neuen (?) Gemchern (a.a.O., S. 209).

    Zu diesen Bildeweisen mchte ich auch den Namen des K am ak-Tem pels, /] jJ] J j , stellen, denn da der

    Tempel funktionell gesehen nichts anderes als der Palast der G ottheit ist, werden auch seine Rum e als

    swt bezeichnet (vgl. z.B. Urk. I V 163), und nach den oben angefhrten Syntagm en liegt es nahe, den

    Namen im Sinne einer bestimmten Qualitt, die die swt auszeichnet, zu verstehen. Dies bedeutet

    jedoch, da (] eher Partizip Perf.Pass. als Partizip Im perf.Akt. (s. K . S e t h e , Am un, 15-20) der Verbalwurzel "zhlen ist und "abgezhlt seiend bersetzt werden m u : "A bgezhlt an Gemchern ,

    Jpjjwt-Swt, scheint m .E. der Name zu bedeuten und mithin aussagen zu wollen, da dieser Tempel

    (hwt; daher Femininum) architektonisch jenem exakt bemessenen Raumkanon, tnw -jp(s^ (Anzahl der

    Rum e ; vgl. Pap.Westcar, 7, 5-8), folgt, der ihn als gttliches Bauwerk ausweist,

  • 24 Der Thron im Alten gypten

    Richte her dein Haus, das im Wstental liegt1; ssh.s st=f m-Ddw m-Ddt m-Ddwt Sie lt sein (Toten-) Haus gerumig machen in Busiris, in Mendes und der Nekropole von Helio-

    polis2.

    Als Bezeichnung des Gebudes oder eines Raumes, in dem sich Menschen zur Ausbung

    ihrer beruflichen Ttigkeit aufhalten, lt sich st z.B. in ts st jnjt- ns Hhw das Bierbrauer- Haus = Schenke3 und in kopt. C6KCDT < *st-jqdw Tpferwerkstatt4 nachweisen. Hierher gehrt auch die Verwendung als Bezeichnung der Dienststelle, des Bros, denn darun

    ter ist der Amtssitz eines Beamten zu verstehen: jmj-rs-st nbt jnjt-hnw Vorsteher jeder Dienststelle der Residenz5 ; die Majestt befahl, ihr die beiden Pyramidenstdte auszu

    nehmen m-'-j-jrt-mdd nb jn-st nbt jnjt-hnw von jeglicher Arbeitsleistung fr irgendeine Dienststelle der Residenz6; ts st- ns s'-wt-prj '/ die Kanzlei (wrtl.: Brief-Bro) des Palastes7.

    Als Platz, an dem Menschen siedeln, wird st im Sinne von Wohnort, Ortschaft gebraucht; Urk. IV 648: wdj(t) m-st tn Abzug aus dieser Ortschaft (gemeint ist azza); Urk. IV 3: 'h-n. whmwShs m-st tn dann wurde aufs neue bei dieser Ortschaft gekmpft (gemeint ist Auaris); Redesieh-Inschr., 9: "jw.j jr-qd-hnjt m-st tn hr-rn- wrr j t j= j Ich begann ein Heiligtum auf den erhabenen Namen meines Vaters in dieser Stadt zu bauen . . . ; die Verwendung

    zur Bezeichnung des Hauptwohn- bzw. Hauptkultortes einer Gottheit fllt ebenfalls unter

    diesen Anwendungsbereich: Zsw st pw jnjt-Nrt wrrt Sais ist die Stadt der erhabenen Neit8.Zu st als Standort, Abstell- bzw. Aufbewahrungsort vgl. Urk. IV 1110: h [ r ] [sm w .f

    jr-st=f Sie (sc. die Akte) wird so[dann] an ihren Platz [zurckgebracht]; Pap.Lansing, 6,5: (Er (sc. der Bauer) nimmt das Gespann und kommt mit ihm, um ihm einen Platz auf dem

    Felde zu bereiten; wird das Land hell, so ist er (bereits) draussen, um in der Frhe zu ar

    beiten,) bw gm j.fsw hr-st=f (aber) er findet es (sc. das Gespann) nicht mehr an seinem Standort ; Amenemope, 9,19: (Bringt man dir durch Raub (erworbene) Reichtmer, so bleiben sie keine Nacht in deinem Besitz; wird das Land hell, sind sie (schon) nicht mehr in deinem Haus),

    ptr.w tsj=w swt hr bn st man blickt dahin, wo man sie aufbewahrt (wrtl.: auf ihre Aufbewahrungspltze) hat, aber sie sind fort (wrtl.: sie existieren nicht).

    1 A n ii, 4,14; vgl. P a p .B M 10403, 1, 4 -5 : jntk p i mntj jn j- tij st jdd mj rmtw nbw jptrw=k jw.w hr-q

    hnw- tsj st D u bist der W chter dieses Grabes, nenne also alle Personen, die du dieses Grab hast betreten

    sehen .

    W ie bei Tem pel und Palast, so werden auch einzelne Rum e des Grabes als st bezeichnet; vgl. z.B. den

    Raum Z. c. auf dem Turiner Plan des Grabes Ram ses IV , der als "st htp.ntrw jm=s Gemach, in dem

    die Gtter(bilder)ruhen bezeichnet wird; s. J E A 4, 1917, Taf. 29 u. S. 142.

    2 P T 288b (W); vgl. rh. I V 163: "djj.j wsh.swt jrjwt=j Ich lie die Gemcher (gemeint sind Rume

    eines Tempels), die ich baute, gerumig sein ; C T I, S. 209c: wsh.st=k m-hnw-Jtn Gerumig ist

    deine Residenz in der Sonnenscheibe . O ft ist es jedoch schwierig zu entscheiden, ob die Verbindung

    wsh -\-st konkreten oder bertragen-idiomatischen Sinn hat und dann soviel wie angesehen, einflu

    reich bedeutet; s. Urk. I V 513: "wsh-st m-prj-'nh angesehen im Lebenshaus ; Urk. I V 481: "wsh-st

    m-qib-jrhjw angesehen unter den W eisen ; vgl. Sinuhe B , 155; List der Isis III, 13; R T 27, 1905,

    S. 223 (28A).

    8 Pap.Lansing, 8,5: "jrj.k jn -h rwjt m- ts st jnjt- m Hhw D u verwandelst dir die Am tsstube in eine

    Schenke .

    4 C D 123; vgl. o., S. 30.

    5 Urk.-1 59; vgl. Urk. I 193. E s trifft wohl nicht zu, da der hufige T itel eines jmj-rs-st abkrzend stets fr jm j- rs-st-dfsw Vorsteher des Speiselagers = Kchenchef steht (s. A. H . G a r d in e r in Z S 47, 1910, S. 95), da der Ausdruck verselbstndigt als Bezeichnung jedes Beam ten gebraucht werden kann, der

    einem A m t zur Verwaltung irgendwelcher Gter (o..) vorsteht; vgl. Urk. I V 1374: jm j-n -st

    jn j-4-jrp Am tsvorsteher des W einlagers"; s.a. H e l c k , Verwaltung, S. 255 f.6 Urk. I 210.

    7 Wb I V (Belege) 1,15; vgl. Pap.Sallier I, 9,9 u. CoA III, S. 162.

    8 G. P o s e n e r , L a premiere Domination perse en Egypte (B d E 11, 1936), S. 6 (B 14).

  • D ie Wortfamilie st, st wrrt und nst 25

    Sehr interessant ist die Verwendung des Begriffes st zur Bezeichnung desjenigen Platzes, Ortes oder der Stelle, an der etwas sein mu bzw. hingehrt, denn an ihr kommt ein bestimmter Wesenszug gyptischen Denkens zum Vorschein, der tief im Weltanschaulichen grndet.

    Besonders im Bereich der Medizin wird st als diejenige Stelle am Krper fabar, an die ein Organ hingehrt und die man deshalb etwa als dessen richtige Stelle (xoup) bersetzen kann1. Es wird in diesem Zusammenhang deutlich, da der rechte Ort und der normale,

    gesunde Zustand des betreffenden Krperteils in einem sich gegenseitig bedingenden Ver

    hltnis stehen; so ist z.B. jemand, der das Herz am rechten Fleck hat, gesund, wogegen einer, bei dem es nicht an seiner richtigen Stelle (st) 2 ist, unter den Folgen einer Herzerkrankung leidet3. Ein sehr anschauliches Beispiel dafr bietet eine Darstellung aus dem Sonnenheiligtum des Sahure, auf der zu sehen ist, wie ein Mann vom Knigsgreif angegriffen wird und darber vor Schreck "auer sich gert: das Herz, als Sitz der Verstandes- und

    Bewutseinskrfte4, hat seine st im Krperinneren verlassen und ist aus dem Leib getreten5, der Mann liegt besinnungslos wie tot da.

    Da das Herz ja anatomisch nicht in der Lage ist, seine Position in der dargestellten Weise

    zu verndern, kann die angesprochene Vorstellung nicht auf pathologische Erfahrung zu

    rckgehen, sondern mu einer bestimmten Anschauung zur Frage des Richtigseins im weitesten Sinne entspringen. Das Prinzip, das den Mastab hierfr setzt, ist so kann man

    folgern eine Alternativ-Vorstellung, die besagt, da sich etwas solange im Zustand der Ordnung oder der Richtigkeit befindet, als es an einem bestimmten Platz ist, da es aber in den Zustand des Nicht-ordnungsgem-Seins verfllt, wenn es diesen Platz verlt. Da

    die Tatsache eines richtigen oder bestimmten Platzes aber die Existenz eines Richtenden bzw. Bestimmenden voraussetzt, so mte man im medizinischen Bereich den naturgegebenen Platz darunter verstehen, hiee dies nicht, fremde, naturwissenschaftliche

    Denkkategorien auf gyptische Verhltnisse zu bertragen; denn nicht die Natur ist es, die fr den gypter die Dinge richtig macht, d.h., ordnet und auf diese Weise einen funktionierenden Kosmos schafft, sondern eine schpferische Gottheit, die jedem Ding seinen Platz

    zuweist. Unter dem richtigen Platz, st, eines Dinges versteht der gypter demnach die einer Sache bei der Schpfung von Gott bestimmte Stelle, den schpfungsgemen und damit der Weltenordnung (msH) entsprechenden Platz.

    So ist in Ordnung was m -!jr-st=f an seinem Platz ist, und aus dieser Vorstellung heraus erklrt sich der idiomatische Gebrauch der Formulierung in diesem Sinne, der sich

    hufig nachweisen lt. In einem Brief wird die Feststellung In Ordnung! durch die Worte jht m-st getroffen6, die Schilderung von Ordnung in Gesetz und Sitte lautet einmal : hfiw tfij-rdw nb mn.w jr-st=f msjww jnjw-s'hw m-swt-jtjw=sn Die Gesetze und jede Vorschrift werden richtig angewandt (wrtl. : dauern an ihrem Platz) und die Kinder der Wrdentrger nehmen die Stellung ihrer Vter ein7, und Horus und Seth, 3, 2-3 heit es: jm jrjw jrt- ns zpw cs(j)w jnjw-grg njtjw bn st jr-swt=w La die groen Unrechtstaten, die nicht in Ordnung

    1 Vgl. W b M T 700.

    2 G M A V, S. 6 (= 6 .10 1,14 15).

    3 G M A I, S. 6 7 f.

    4 Vgl. allgem. A. P ia n k o f f , Le "coeur" dans les textes gyptiens, Paris 1930; H. B r u n n e r , Das Herz im g. Glauben, in: Das Herz Im Umkreis des Glaubens I, Biberach/Riss 1965, S. 8 1-10 6; S. M o r e n z , gyptische Religion, S. 67.

    5 L . B o r c h a r d t , Das Grabdenkmal des Knigs Saihu-Re II (Taf.), B l . 8 (i.folg. : Saihu-Re').6 J E A 28, 1942, S. 17 (5).

    7 Urk. I V 1095. Zur st (gelegtl. nst)-jtj, der "Stellung des Vaters , die nach dessen Tod der Sohn ein

    nimmt, s. A n ii, 9,14; Pap.Anastasi V, 12, 6; A. M a r i e t t e , Abydos II, Taf. 55, Z. 5. Vgl. E . M e y e r in Sb Berlin 1928, S. 521 ff.; E . O t t o , gypten, S. 235f.; W . W o l f , Kulturgeschichte, S. 425f.

  • 26 Der Thron im Alten gypten

    sind (wrtl.: nicht an ihrem Platz sind) nicht (weiter) geschehen ; die Aussage, da das ins

    Chaos versunkene Land wieder zu seinem normalen Zustand zurckfindet, lautet entsprechend

    ps t: hij.w jr-st=f Das Land ist zur Ordnung (wrtl.: an seinen Platz) zurckgekehrt1; ein Richter, der sich als ddj jhwt jr-st jrjwt bezeichnet, versteht sich demnach als Einer, der die Dinge in Ordnung hlt (wrtl.: an ihren Platz gibt)2.

    Die Zuweisung seines Platzes, die jedes Ding bei der Schpfung durch Gott erfhrt, lt

    sich nur in bezug auf den Menschen expressis verbis belegen. Im groen Sonnenhymnus heit es: (Du hast das Land nach deinem Willen geschaffen, als (indem) du alleine warst, mit

    den Menschen, dem Vieh und Kleinvieh jeder Art, alles, was auf der Erde sich mit Beinen

    bewegt und was in der Hhe mit seinen Flgeln fliegt, die Wstenlnder, Syrien und Kusch,

    das Land gypten,) djj.kzj nbjr-st=f du setztest jedermann an seinen Platz und (sorgtest fr seine Bedrfnisse)3. Gemeint ist hier vermutlich eine soziale Ordnungsgebung, nach der sich

    die Menschen gem einer gottgewollten Rangfolge ordnen, wie es auch in folgender, an

    Amun gerichteter Aufforderung zum Ausdruck kommt: jm j srw m-swt-srw wrrw m-swt-wrrw Setze die Edlen an den Platz der Edlen und die Groen an den Platz der Groen4. Sie lt

    sich aber auch hinter der Ermahnung des Weisen erkennen, welche lautet: jm j rdjw kj(w )tj m-st-kj(w)tj Setze nichts Fremdes (wrtl.: anderes) an die Stelle von etwas anderem5.

    Dementsprechend ist das Chaos dadurch gekennzeichnet, da z.B. ein Mann aus der st, in der er sich stets befand, verstoen wird6, Gott seine gewohnte st, den Tempel, verlassen hat und nun nicht mehr angesprochen werden kann7, oder die Amtsgeschfte nicht mehr "jr-st, in Ordnung, sind8.

    1 Pap.Anastasi I I , 2,1; vgl. Pap.Sallier I, 8,8: "mtrt hij.tj jr-st=s D as R echt ist wieder eingekehrt ;

    Pap.Petersburg 1 1 1 6 B , rt, 68: "jw MsH jr-jjt jr-st=s Die Weltenordnung wird (wieder) einkehren ;

    Kubanstele, 4: rdjn.j M i't jr-st=s Ich stellte die Weltenordnung (wieder) her ; Alabasterstele, 4: der

    Knig ist djj hnm.M;H m-st=s Einer, der die Weltenordnung (wieder) herstellt .

    2 H. O. L a n g e -H . S c h f e r , Grab- u. Denksteine II, S . 152,3. Daneben kom m t dieselbe Aussage aber auch m it konkretem Sinn vor und bezieht sich hier verm utlich auf den Platz, der Kultgegenstnden

    vor bzw. an der G ottheit zukommt; vgl. Urk. IV 1894: s(t jm jnj-Jw nw $m j ddj jhwt jr-st jrjwt S (t )m-

    Priester im Obergyptischen Heliopolis, der die Kultgegenstnde an ihren P latz g ib t .

    O ft ist es denn bei nicht eindeutigem K ontext auch schwer zu entscheiden, ob eine Formulierung noch

    konkreten oder bereits idiomatisch-metonymischen Sinn hat. Fr sich genommen kann eine Aussage

    wie z.B . htmw m-st jr j" (Pap.Sallier I I , 3,6; s. W . H e l c k , Lehre Amenemhets /., S. 96) sowohl ganz konkret: "D as Siegel ist an seinem P la tz als auch in bertragenem Sinn a ls : "D as Siegel ist in Ord

    nung verstanden werden. Auch wenn es heit: sht=j m-st=s nn U t=sjU nbt m-st jrjt (Leiden II,

    1. A bt., Taf. 10), so ergibt zwar die direkte bersetzung: Mein Feld ist an seinem P latz ( = in seinen

    Grenzen), es fehlt ihm nichts, der ganze Besitz ist an seiner Stelle einen guten Sinn und ist seiner

    konkreten Aussage halber vielleicht vorzuziehen; dennoch kann die bertragene Bedeutung: Mein

    Feld ist in Ordnung, es fehlt im nichts, m it dem ganzen Besitz hat es seine R ichtigkeit nicht ohne

    weiteres abgelehnt werden. Eindeutig ist dagegen wieder ein Satz wie dbiw=k m-st jrjw " (P a p .

    Prisse, 13,10 -11), der direkt bersetzt ("Deine Einknfte werden auf ihrem P latz sein ) kaum be

    friedigt und daher im Sinne von: "Deine Einknfte werden stimmen", Deine Einnahmen werden in

    Ordnung gehen verstanden werden mu.

    E s ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch bemerkenswert, da sich statt des Possesivsuffixes der

    3. Pers.Sing. und Plur. hufig das N isbeadjektiv jr j zugehrig auf st bezogen findet (s. die Beispiele

    oben). Offenbar stellt es eine semantisch verstrkte Verbindung zwischen Ortsbestimmung und Bezugs

    wort her, d.h., es betont den Aspekt der Zugehrigkeit und des sich gegenseitig bedingenden Verhlt

    nisses.

    s M. S a n d m a n n , Texts, S . 94,19. 4 Pap.Anastasi I V , 10,7-8.6 Pap.Prisse, 18,7-8; vgl. Fellah Plaideur, B i, 152; J E A 17, 1931, Taf. 8, Z. 9.

    s Vgl. Pap.Moskau 127, 2,10.

    7 Vgl. Admonitions, 5,3. Daher versichert der Priester im tglichen Ritual, er komme nicht, um G ott zu

    vertreiben; s. Pap.Berlin 3055, 3, 6-7. 8 Vgl. Admonitions, 9,2.

  • Die Wortfamilie st, st vurrt und nst 27

    So lt sich denn aus diesem idiomatischen Wortgebrauch erkennen, da der gypter die Welt als eine Ordnung verstand, in der jedem Ding ein von Gott bestimmter Platz zukommt1:

    m-s-Sein bedeutete als ethischer Wert, sich der Ordnung der Dinge, msH, angepat zu haben, in sie integriert zu sein.

    3.1.3.2.2 Als Abstraktum

    Zur Bezeichnung von Abstrakta wird st auer in den bereits zur Sprache gekommenen idiomatischen Redewendungen in der Bedeutung Stellung (im Amt), Rang gebraucht2;

    vgl. Urk. IV 1532: rjsn.j hr-st=j Ich war wachsam bei (der Ausbung) meiner Stellung ; Urk. I 102: (Ich war es, der fr sie die Plne ausarbeitete) st jswt=j m jmj-n-hntjw-sj-prj ci jn-mtr jnj-st=j mein Amt war aber (eigentlich) das eines Vorstehers der hntjw-sj des Palastes, um der Genauigkeit (bezglich) meiner Stellung willen (== um meine eigentliche Stellung zu nennen).

    Auf die Verwendung von st zur Bildung von Abstrakta3 kann hier nicht weiter eingegangen werden, da dies zu weit von der Thematik abfhren wrde4.

    3.1.3.3 Zur Etymologie und ltesten Gebrauchsweise von st

    Aus den seit der III. Dynastie belegten, inschriftlich dokumentierten Verwendungsweisen des Wortes geht hervor, da st keine reine Sitzmbelbezeichnung ist und nicht die Hauptbedeutung "Thron besitzt.

    Die bereits angefhrte Entsprechung ne < pt: C6 < st (s.o., S. 29f.) legt nahe, da st auf einen Verbalstamm *sj zurckgeht, wie pt von der Basis *pj abgleitet ist, zu der nur noch die mit /^/-Prfix erweiterte Wurzel wpj "trennen nachweisbar ist. Die Bedeutung dieses Verbalstammes, der sich bisher nicht weiter belegen lt, kann aus der Verwendungsweise des Wortes im Bereich der Sinnbezirke Sitzen, Liegen und Wohnen auf die allge

    meine Bedeutung ruhen eingegrenzt werden; nur so ist m.E. die weitreichende Assimilationsfhigkeit und der umfassende Anwendungsbereich des Wortes erklrbar.

    Da keine Verwendung als Verbalabstraktum nachweisbar ist, aus der sich eine konkrete Bedeutung entwickelt haben knnte6, mu man annehmen, das st ursprnglich jeden Platz, an (in, auf) dem sich etwas (im Zustand der Ruhe) befindet, bezeichnete.

    Zu den ltesten Anwendungsbereichen haben nach Ausweis der Hieroglyphe aber auch des Sprachgebrauchs Gertschaften gehrt, die primr oder sekundr dem Menschen zum

    1 Ein interessanter Beleg zu st als der einer Sache bestim m te O rt ist der W ortgebrauch als Bestim

    mungsort, Ziel fr einen Pfeil; vgl. Medinet Habu II, Taf. 62, Z. 7: Der K nig ist ein Schtze, djj.f

    Ssr jr-st=f der den Pfeil ins Ziel lenkt .

    2 E s hat den Anschein, als habe sich diese Bedeutung sekundr aus st-rdw(wj) "Standort entwickelt;

    s.u., Anm. 3.

    3 Vgl. O. F ir c h o w in Z S 79, 1954, S. 91 ff.4 Es sei hier auf einen demnchst erscheinenden Aufsatz verwiesen, in dem versucht wird, die Proble

    m atik dieser Bildeweisen unter anderen, als den von F ir c h o w herangezogenen Gesichtspunkten zu lsen.

    6 Vgl. bedauye sai sitzen (L. R e i n i s c h , Wrterbuch der Bedauye-Sprache, 1895, S. 194).6 Vgl. dt. "S itz , das mhd. soviel wie sitzen bedeutete (s. M. L e x e r , Mhd. Handwrterbuch, II, 1872-78,

    S. 950b) und sich dann zur Bezeichnung eines Konkretums wandelte.

  • 28 Der Thron im Alten gypten

    Ausruhen dienten. Da die Wahl eines Graphems bzw. Ideogrammes dabei auf den knig

    lichen Sitz fiel, mu aber nicht bedeuten, da st vornehmlich diesen Gegenstand bezeichnete, bot er sich als besonders signifikantes und auerdem leicht darstellbares Zeichen aus dem

    Sinnbezirk der Sitzmbelbezeichnungen doch geradezu dafr an.

    st Thron entspricht in erster Linie also dt. Sitz . Ob sich ihm daneben auch die Vorstellung des richtigen, dem Knig von Gott bestimmten Platzes assoziierte, ist angesichts

    seiner Ersetzbarkeit durch andere Wrter ungewi; auszuschlieen ist es jedoch nicht.

    3.2 st wrrt (J n 2^)

    3.2.1 Der Wortinhalt des Adjektivs wrr

    Entsprechend der Wb I 326f. angegebenen Bedeutung gro fr wrr1, wre st wrrt als groer Thron zu bersetzen, doch bleibt unklar, was darunter zu verstehen ist. Handelt es

    sich um einen voluminsen Gegenstand, wie etwa bei einem groen Haus, ist er hoch

    ragend, wie etwa ein groer Mann, oder besitzt er die Gre bzw. Erhabenheit, die

    z.B. auch die gyptischen Gtter oder den Namen Pharaos auszeichnet2?

    Whrend der Wortgebrauch von dt. gro in Bezug auf Gegenstnde nicht richtungs

    gebunden, d.h., in den meisten Fllen dreidimensional ist3 und daher sehr viel extensiver

    erfolgen kann, lt sich zeigen, da der direkte Gebrauch von wrr im gyptischen von der Bedingung der vertikalen Ausdehnung von Gegenstnden abhngt und nicht horizontal

    erfolgen darf4.

    So sind die Pylone, die nach Aussage der Texte den Himmel berhren5 in der Bezeich

    nung bhntj wrrtj6 natrlich als das hohe Doppeltor zu verstehen, wie auch thnwj wrrwj1 gewi "die beiden hohen Obelisken oder sbtj wrr8 die hohe Mauer bezeichnet. Das steil auf ragende Wstengebirge im Osten der Ebene von Teil el-Amarna, dw wrr9, lt ebenso wie die Benennung des