Kosmologie, einfach - uni-muenchen.de · 2017. 2. 6. · 4 sind die dissipativen Prozesse, die mit...

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, Kosmologie, einfach Gerhard Graw Fakult¨atf¨ ur Physik, Ludwig-Maximilians-Universit¨at M¨ unchen Contents I. Die Geschichte von Erde und Sonne 2 A. Die Planeten 3 B. Erde und Mond 6 C. Energietransport in der Sonne 6 D. Nukleares Brennen 7 E. Fraunhofers Linien 8 II. Die Milchstraße, Galaxien 8 A. Struktur der Milchstraße 9 B. Die Sonne in der Milchstraße 10 C. Das n¨ ahere Umfeld der Milchstraße 10 III. Supernovae 11 A. Die Entwicklung von Sternen 11 B. Der Supernova Mechanismus 12 C. Neutrinoastronomie 12 D. Supernovae, der weitere Ablauf 13 E. Kosmologische Bedeutung der Supernovae 14 F. Zoo der Sopernovae 14 G. Verteilung der Elementh¨ aufigkeit 15 H. Zeitangaben 15 I. Pulsare, Magnetare, Gravitationswellen 16 J. Zur Sternentstehung heute 16 IV. Schwarze L¨ ocher 18 A. Wie entstehen Schwarze L¨ ocher? 19 B. Gammablitze 19 C. Quasare und massereiche Schwarze L¨ ocher. 19 D. Das Zentrum der Milchstraße, ein Schwarzes Loch 20 E. Eine Zwischenbilanz 21 V. Magnetfelder, Kosmische Strahlung 21 VI. Gravitationswellen 22 VII. Verteilung der Galaxien, Dunkle Materie 23 A. Galaxiengruppen und Galaxienhaufen 23 B. Dunkle Materie 24 C. Gravitationslinsen, der Bullet-Cluster 25 D. Mittlere Eigenschaften 25 VIII. Der expandierende Kosmos 26 A. Hubbles Entdeckung 26 B. Allgemeine Relativit¨ atstheorie 26 C. Die kosmische Rotverschiebung 28 IX. Die Kosmische Hintergrundstrahlung 28 A. Das Gesetz von Planck 29 B. Quantitative Aussagen ¨ uber den Kosmos 29 C. Strukturbildung im expandierenden Kosmos 31 D. Die ersten Sterne, Entstehung der Galaxien 33 X. Die erste halbe Stunde 34 A. Die primordiale Elementsynthese 35 XI. ¨ Uberlegungen zum Anfang 36 A. Das Horizontproblem 37 B. Planck-Skala, der Anfang 37 C. Inflation¨ are Expansion 38 D. Kosmische Quantenfluktuationen 39 E. Gravitationswellen? 40 F. Zum Konzept 40 G. Elementarteilchenphysik und Experimentelle Strategien 41 1. Stringtheorie 41 2. Supersymmetrie 41 3. Zum Higgs-Mechanismus 42 4. Dunkle Materie 42 XII. Res¨ umee 43 XIII. Dank 44 XIV. Nachtrag: Physikalische Grundlagen 44 A. Teilchen und Felder 45 B. Feldquanten 46 Literatur 46

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    Kosmologie, einfach

    Gerhard GrawFakultät für Physik, Ludwig-Maximilians-Universität München

    Contents

    I. Die Geschichte von Erde und Sonne 2A. Die Planeten 3B. Erde und Mond 6C. Energietransport in der Sonne 6D. Nukleares Brennen 7E. Fraunhofers Linien 8

    II. Die Milchstraße, Galaxien 8A. Struktur der Milchstraße 9B. Die Sonne in der Milchstraße 10C. Das nähere Umfeld der Milchstraße 10

    III. Supernovae 11A. Die Entwicklung von Sternen 11B. Der Supernova Mechanismus 12C. Neutrinoastronomie 12D. Supernovae, der weitere Ablauf 13E. Kosmologische Bedeutung der Supernovae 14F. Zoo der Sopernovae 14G. Verteilung der Elementhäufigkeit 15H. Zeitangaben 15I. Pulsare, Magnetare, Gravitationswellen 16J. Zur Sternentstehung heute 16

    IV. Schwarze Löcher 18A. Wie entstehen Schwarze Löcher? 19B. Gammablitze 19C. Quasare und massereiche Schwarze Löcher. 19D. Das Zentrum der Milchstraße, ein Schwarzes

    Loch 20E. Eine Zwischenbilanz 21

    V. Magnetfelder, Kosmische Strahlung 21

    VI. Gravitationswellen 22

    VII. Verteilung der Galaxien, Dunkle Materie 23A. Galaxiengruppen und Galaxienhaufen 23B. Dunkle Materie 24C. Gravitationslinsen, der Bullet-Cluster 25D. Mittlere Eigenschaften 25

    VIII. Der expandierende Kosmos 26A. Hubbles Entdeckung 26B. Allgemeine Relativitätstheorie 26C. Die kosmische Rotverschiebung 28

    IX. Die Kosmische Hintergrundstrahlung 28A. Das Gesetz von Planck 29

    B. Quantitative Aussagen über den Kosmos 29C. Strukturbildung im expandierenden Kosmos 31D. Die ersten Sterne, Entstehung der Galaxien 33

    X. Die erste halbe Stunde 34A. Die primordiale Elementsynthese 35

    XI. Überlegungen zum Anfang 36A. Das Horizontproblem 37B. Planck-Skala, der Anfang 37C. Inflationäre Expansion 38D. Kosmische Quantenfluktuationen 39E. Gravitationswellen? 40F. Zum Konzept 40G. Elementarteilchenphysik und Experimentelle

    Strategien 411. Stringtheorie 412. Supersymmetrie 413. Zum Higgs-Mechanismus 424. Dunkle Materie 42

    XII. Resümee 43

    XIII. Dank 44

    XIV. Nachtrag: Physikalische Grundlagen 44A. Teilchen und Felder 45B. Feldquanten 46

    Literatur 46

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    Für Sterne interessierten sich die Menschen schonimmer, Sterne gaben Orientierung im Weglosen, undwaren Projektionsfläche für Vorstellungen aller Art.Mythisches Denken identifizierte Himmelskörper mitGottheiten. Kultische Bedeutung hatte die Bestimmungvon Terminen im Ablauf der Jahreszeiten. Die frühengriechischen Philosophen sahen in den Gestirnen undin ihrem Bezug zur Welt eine Ordnung, und sprachenvon Kosmos. Das Verständnis dieser Ordnung, dieKosmologie, gehörte zu den zentralen Themen. In derAuseinandersetzung mit Fragen dieser Art entwickeltesich ihre Kultur des kritischen und rationalen Denkens,den Paradigmen der Naturwissenschaften heute. Dabeikamen auch physikalisch geprägte Ansätze ins Spiel,Vorstellungen entstanden, die Kopernikus und Galileiweiterführten. Heute ist Kosmologie bestimmt durch dieFortschritte in Astronomie und Physik. Naturwissen-schaftlich begründete Aussagen ergeben ein erstaunlichumfassendes Bild von Zusammenhängen. Dieses zuskizzieren ist Thema dieser Schrift.

    Der Zugewinn an Erkenntnissen betrifft das Universumin seiner Gesamtheit wie auch in seinen Konstituenten,den Sternen, Galaxien, Galaxienhaufen und von vielemanderen mehr. Die wesentliche Einsicht ist: Das Univer-sum und seine Objekte unterliegen einem fortlaufendenProzess der Veränderung, Kosmologie beschreibt ein dy-namisches Geschehen. Deswegen erscheint die tradierteUnterscheidung von Kosmogonie und Kosmologie, vonEntstehen und Beschreibung, heute als weniger sinnvoll.Das Universum hatte einen Anfang, vor ungefähr 13,8Milliarden Jahren, und die heutige, unermesslicheVielfalt ging hervor aus einfachsten Strukturen. DerEnergieinhalt des Kosmos war entstanden nahezu ausdem Nichts, in einer extrem kurzen Zeitspanne. Diesgeschah im Wechselspiel mit dem dabei erzeugten Feldder Gravitation, und die Expansion des Raums war Folgedavon. Die Kosmologie ordnet dem Anfang Teilchen undFelder gerade so zu, dass aus ihnen alles das, was wirheute beobachteten, als kausal bedingt folgt. Damit gibtKosmologie Anlass über die Natur dieser Teilchen undFelder nachzudenken, über neue Physik. Letztlich wirdes wohl darum gehen, die Physik der Gravitation undder Elementarteilchen in einem einheitlichen Ansatz zuverstehen.

    Kosmologie beschreibt die Evolution unserer materiellenUmwelt. Man kann dies in Perspektive setzen zurBiologie und der Evolution des Lebens, und vielleichtauch zu den Geschichtswissenschaften und der Evolutionvon Kultur und Wissen. Somit ist Kosmologie Teilwissenschaftlich fundierter Weltanschauung.

    Astronomie war eine der sieben freien Künste, geschütztvon der Muse Urania. Unter diesem Aspekt der allge-meinen Bildung versuche ich hier, über Kosmologie alsGanzes zu schreiben, aus der Perspekive eines Beobach-ters. Dazu stelle ich mir vor einen Leser mit Interresse

    für Physik, der zu Zahlen und Formeln jedoch sorgfältigAbstand halten möchte. So ist der Text gedacht alseine Art Spaziergang durch den Bereich des aktuellenWissens, der grundlegenden Phänomene und ihrerphysikalischen Einordnung. Nicht eingehen werde ich aufaktive Forscher und die damit verbundenen Prioritäten.Entsprechendes gilt für Geräte und die experimentellenTechniken astronomischer Beobachtungen. Dies ist eineigenes, absolut faszinierendes Gebiet.

    Die Entwicklung des Kosmos ist ein physikalischbestimmtes Geschehen. Dieser Sicht entspricht auchdas Forschungsprojekt >Origin and Structure of theUniverseExzellenzcluster

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    denen sich Wahrnehmungen deduzieren lassen, die durchBeobachtungen verifiziert werden, und die sich allenAnstrengungen einer Falsifikation widersetzen.

    Kepler erkannte, wie die beobachteten Bahnen derPlaneten als Ellipsen mit der Sonne in einem derBrennpunke von der idealen Kreisform abweichen. Erbeschrieb das zeitliche Verhalten während eines Umlaufsin mathematischer Form, das System von Sonne, Erdeund Planeten erscheint als physikalische Einheit. Dessenraum-zeitliches Verhalten ist vollständig beschrieben.Wir sprechen noch heute von den Keplerschen Gesetzen.Die physikalische Begründung dieser �Gesetze� ge-lang Newton Der Schlüssel war die von ihm erdachtePhysik von Bewegungsvorgängen und sein Gesetz derGravitation (1686, Philosophiae Naturalis PrincipiaMathematica). Revolutionär war sein Ansatz, dass Ge-setze der Physik auch für den Bereich der Gestirne, denKosmos gelten sollen. Dies ganzheitliche Denken setztedie Bewegung der Planeten in Bezug zum Fall des Apfelsvom Baum. Es war der Beginn der Naturwissenschaftenim heutigen Sinne.

    Inzwischen haben wir begründete Vorstellungen, wie vorviereinhalb Milliarden Jahren dies System von Sonne,Erde und Planeten entstanden ist: Ausgangspunkt wardas interstellare Gas der Milchstraße, dessen mittle-re Dichte liegt bei etwa einem Wasserstoffatom proKubikzentimeter. In den Spiralarmen, den Regionender Sternentstehung, ist sie größer. Sternentstehungbedeutet eine Verdichtung um etwa 25 Größenordnun-gen. Das interstellare Gas besteht aus primordialemWasserstoff und Helium, und dazu etwas Gas und Staubaus schwereren chemischen Elementen, letztere in derGrößemnordnung von insgesamt einem Gewichtsprozent.Diese schwereren chemischen Elementen stammen ausfrüheren Supernova-Explosionen. Diese Explosionen sindauch Ursache für Bewegungen des interstellaren Gases,sodass bei gegenläufigen Strömungen lokale Verdich-tungen entstehen. In diesen wird die Eigengravitationwirksam, die gegenseitige Anziehung im verdichtetenBereich auf Grund der Schwerkraft. Ist in einem Bereichdiese Bewegung größer als die Bewegungen auf Grundder Strömungen, so nimmt die anfängliche Verdichtungin einem sich selbst verstärkenden Prozess zu. Der Pro-zess wird gedämpft durch den sich dabei aufbauendenDruck des Gases, welcher der Schwerkraft entgegen wirkt.

    Die erste Folge von Verdichtung ist ein schnelleresErreichen des thermodynamischen Gleichgewichts. Dazugehört die Bildung von molekularem Wasserstoff, da derBeitrag der Bindungsenergie nun den der Entropie do-miniert. Zusammen mit den anderen molekularen Gasenwie Kohlenmonoxyd und Wasser wird Abstrahlung imBereich des Infraroten möglich, die Temperatur sinktauf typisch 10 Kelvin. War eine Erhöhung der Dichteanfangs von aussen getrieben, erfolgt sie nun auf Grundder Abstrahlung in einem sich selbst verstärkenden

    Prozess, dem ersten Schritt zur Sternbildung. Dabeihängt die Masse des sich bildenden Sterns ab von derTemperatur. In einer kalten Umgebung entstehen dieleichten Sterne, in einer wärmeren die schweren. Von denleichten Sternen gibt es viele, von den schweren wenige.Da Sternbildung in einem kalten Medium erfolgt, wirddie Absorption der Strahlung durch Staub effektiv.Man sieht nicht mehr von Aussen in den Bereich derweiteren Sternbildung ein, sie ist von Staub-Wolkenverborgen. Man ist auf die Beobachtung von Strahlungim Millimeter-Bereich angewiesen.

    Als Folge steigender Temperatur im Zentralbereichwerden die Moleküle dissoziert, dann die Atome ioni-siert. Diese Prozesse nehmen Energie auf, die damitverbundene Abkühlung unterstützt die rasche Zunahmeder Dichte. Im Aussenbereich strömt Materie auf Grundder Gravitation nach, jedoch ist dies eingeschränktdurch die Erhaltung das Drehimpulses. Das Geschehenim Zentrum stabilisiert sich, wenn die nukleare Ener-gieerzeugung ein für lange Zeit wirkendes Gleichgewichtbewirkt.

    Die hohen Dichten und Temperaturen, die das Zündennuklearer Brennprozesse bewirken, wurden nach wenigenzig Millionen Jahren erreicht. Bedingung für das Entste-hen eines Sterns ist eine Masse von mehr als 8 Prozentder Masse der Sonne.

    A. Die Planeten

    Die Planeten sind eine Folge der Erhaltung des Drehim-pulses. Bei der Bildung einer anfänglichen Konzentrationaus kaltem Gas und Staub hatten sich einige Teilbe-reiche, aus verschiedenen Richtungen einfallend, eherstreifend auf das sich bildende gemeinsame Zentrumhin bewegt. Relativ zum Zentrum hat jeder dieserTeilbereiche Drehimpuls. Drehimpuls ist eine Erhal-tungsgröße der Physik. Das bedeutet, dass bei deranschließenden Vermengung und Konzentration desGases unter Abstrahlung von thermischer Energie nurnoch der Summenwert der Drehimpulse aller einzelnenTeilbereiche relevant wird. Interessant ist nun, wie diesersich verteilt. Wegen der Abstrahlung von thermischerEnergie konzentrieren sich Gas und Staub unter demEinfluss der Gravitation zunehmend in einer Scheibe, dieum die Achse des Drehimpulses rotiert. Diese protostel-lare Scheibe unterscheidet sich ganz wesentlich von derRotation eines starren Diskus, denn die Bereiche naheder Sonne drehen sich wesentlich schneller als die fernen.Dies ist die Aussage des dritten Keplerschen Gesetzes.

    Die Physik dieser protoplanetaren Scheibe ist durch Gra-vitation, Drehimpulerhaltung und Reibung bestimmt,man spricht von Akkretion. Diese beschreibt den Flussvon Materie hin zum Zentrum, verbunden ist er mit demTransport von Drehimpuls nach aussen. Entscheidend

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    sind die dissipativen Prozesse, die mit dem BegriffReibung zusammengefasst werden. Kinetische Energiewird dissipiert, letztlich in Wärme, die abgestrahlt wird.Der Verlust an Energie bewirkt insgesamt eine Bewe-gung hin zum Gravitationszentrum. Die Erhaltung desImpulses bei der dissipativen Wechselwirkung bewirktden Transport von Drehimpuls nach aussen.

    Alles beruht auf der Wechselwirkung benachbarterBereiche, dazu gehören insbesondere die gravitativeAnziehung gröserer Objekte, turbulente Strömungen,und magnetische Wechselwirkungen. Gemeinsam istdiesen allen, dass sie die inneren, und deshalb schnel-leren Bereiche bremsen und die langsameren äußerenbeschleunigen. Die freigesetzte Reibungsenergie zeigtsich in der Erhöhung der Temperatur, sie entsprichtder freigesetzten Gravitationsenergie auf Grund derTrennung der benachbarter Kreisbahnen. Die Dynamikdes Prozesses, der Materiefluss zum Zentrum hin, zeigtsich in der freigesetzten Wärmeenergie. Astronomenbezeichnen diesen Vorgang als Akkretion. Die Stärkeder dissipativen Wechselwirkungen ergibt sich aus derDynamik des jeweiligen Ablaufs.

    Im zentralen Bereich spielen magnetische Felder einewichtige Rolle: Wann immer Medien an einander streifen,werden Elektronen übertragen. Unterscheiden sich dieMedien in ihrer Temperatur oder stofflicher Zusammen-setzung, ist eine Richtung des Transfers bevorzugt, soentstehen bewegte, elektrisch geladene Bereiche, und alsFolge davon magnetische Felder. Bei entsprechend hoherTemperatur sind die Medien elektrisch leitend, Induktionverstärkt die elektrischen Ströme und die magnetischenFelder. Entsprechend dem Prinzip des Dynamos wird dieEnergie von Bewegungen in die Energie magnetischerFelder gewandelt. Induktionsvorgänge bestimmen dasGeschehen.

    Dabei ist wichtig, dass wegen der zumeist sehr geringenDichte die elektrischen Widerstände extrem niedrig sindund deswegen die magnetischen Felder entsprechend langbestehen bleiben, fast wie bei einem Supraleiter. Es liegtin der Natur des Induktionsgesetzes, dass Magnetfelderund die sie erzeugenden elektrischen Ströme an dasMedium gebunden sind und dessen Bewegungen folgen.Beim Akkretionsprozess wirken Magnetfelder auf dieelektrischen Ströme benachbarter Bereiche und erzeugendabei starke Kräfte, die wie Reibungskräfte erscheinen.In der frühen Entwicklungsphase eines Sterns ist dieLichtemission auf Grund der freigesetzten Energie imAkkretionsprozess stärker als die auf Grund eines bereitsbeginnnenden nuklearen Brennens. Dies bedeutet, dassman einer im Zentrum hell strahlenden zirkumstellarenScheibe nicht ansieht, ob sich dahinter bereits ein Sternverbirgt oder ein zukünftiger Brauner Zwerg. BrauneZwerge haben Massen von weniger als 8 Prozent derSonne, zum nuklearen Brennen ist dies nicht genug. Siestrahlen mit abnehmender Temperatur ihren anfäng-

    lichen Energievorrat ab, deswegen der Name. Erst injüngster Zeit sind sie in größerer Zahl nachgewiesen wor-den. Generell gilt, dass leichte Sterne häufiger sind alsschwere. Wie sich dies in den Massenbereich der Brau-nen Zwerge hin fortsetzt, ist eine der spannenden Fragen.

    Der Vorläufer der Sonne nahm aus der protoplane-taren Scheibe durch Akkretion Materie auf, bis durchdas nukleare Brennen und den solaren Wind die Ver-bindung zum äußeren Bereich unterbrochen war. DieVorläufer der Planeten entstanden in diversen Prozessender Differenzierung in der Gas-Staub Scheibe. Mannimmt an, dass dies ein stabiler Mechanismus ist, undversucht, diesen in aktuellen Sternentstehungsgebietenzu beobachten. Wegen des Staubs erfordert dies dieBeobachtung von extrem langwelligem Licht. Inzwischengibt es Bilder, welche von protostellarer Scheiben dieOberflächen zeigen, von der Seite, und auch von oben.Deren innerer Bereich, in der Ebene der Scheibe, istnicht zu sehen. Die Ausdehnung der Scheiben ist typisch100 AE, vergleichbar dem Sonnensystem. Die Ausdeh-nung senkrecht zur Ebene nimmt mit dem Abstandzu. Die Temperatur nahe der Ebene der Scheibe istbestimmt durch die Temperatur des damals sehr kalten,zuströmenden interstellaren Gases, und deren Erhöhungdurch den Prozess der Akkretion. Da dieser Bereichoptisch dicht ist, beeinflusst die Strahlung des entste-henden Zentralsterns nur den äußeren Bereich, sodass esan der Oberfläche heisser ist als im Innern der Scheibe.Die rotationssymmetrischen Scheiben zeigen Lücken. Obin diesen sich Planeten befinden, ist offen.

    Das Entstehen von Planeten ist ursächlich verbundenmit der Existenz von Staub. Dies bedeutet auch, dassdiejenigen chemischen Elemente, die bereits bei hohenTemperaturen kondensieren, weniger gut das Zentrum,die Sonne erreicht hatten. Sie wurden durch die Bildungvon Planeten abgefangen. Dies zeigt der Vergleichmit Sternen, die der Sonne ähnlich sind, jedoch keinePlaneten haben. Bei letzteren finden wir diese Elementeetwa 20 Prozent häufiger als bei der Sonne. Der Staubklumpte durch Kräfte der Adhäsion relativ schnellzu Objekten von einigen Zentimetern Durchmesser.Der Übergang zu größeren Objekten von bis zu einemKilometer, zu den Planetesimalen, ist ein noch nichtverstandenes �meter size barrier paradox�. Unter demEinfluss der Gravitation bildeten sich aus den Plane-tesimalen größere Einheiten bis hin zu den Vorläufernder Planeten, oder es verblieb bei kleineren Objekten,die sich in Ringen ordneten, ähnlich denen des Saturn.Neben diesen von Adhäsion ausgehenden Vorstellungenzur Sternbildung ist der gravitative Kollaps von Teilbe-reichen nicht auszuschließen, dies gilt insbesondere fürschwere Planeten, sodass dort die Situation ähnlich derbei der Sternbildung gewesen wäre.

    Meteoriten sind wichtig als Zeugen. Im Allende Meteori-ten, der am 18.2.1969 in Mexiko niederging, finden sich

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    Kalzium-Aluminium Einschlüsse, wie in einigen anderenMeteoriten auch. Die Isotopenverhältnisse bestätigenihren Ursprung als Kondensation aus dem heiße Gasdes frühen Sonnensystems, das als gut durchmischtgilt. Radiochronologisch konnte ihr Alter, der Zeitpunktihrer Kondensation, zu 4567 Millionen Jahren bestimmtwerden. Diese frühe Mineralbildung ist der älteste Zeugeeines Geschehens im Sonnensystem. Eingeschlossen indiese finden sich kristalline Nanokristalle aus extremhitzebeständigem Material. Diese zeigen abweichendeIsotopenverhältnisse, man denkt an das Umfeld einereinzelnen Supernova. Deren Altersbestimmungen weisenauf eine zeitnahe Bildung hin, sodass die Supernova auchverantwortlich gewesen sein kann für die Verdichtung vonGas und Staub, aus der anschließend das Sonnensystemhervorging.

    Die Planeten der Sonne reihen sich in Merkur, Venus,Erde und Mars, die vier leichten Felsplaneten mit 5,81, 100 bzw. 11 Prozent der Erdmasse. Denen folgendie Gasriesen Jupiter und Saturn mit 318 bzw. 95Erdmassen, und weiter außen die Eisriesen Uranus undNeptun mit 15 bzw. 17 Erdmassen. Vergleicht manmit den bisher identifizierten Exoplaneten von Sternen,die der Sonne vergleichbar sind, und differenzier nachder Masse, so zeigen die Planeten des Sonnensystemssystematisch wesentlich größere Abstände vom Zentrum.Wahrscheinlich ist dies ein Artefakt infolge der einge-schränkten Möglichkeiten zur Beobachtung.

    In einigen Bereichen jenseits des Mars war die Bildungstabiler Planeten unterblieben. Vielmehr ordneten sichdort kleinere Objekte so, dass sie sich in ihrer Bewegungauf Keplerbahnen gegenseitig nur wenig störten, siebildeten Gürtel. Zwischen Mars und Jupiter gibt es densogenannten Hauptgürtel. Dessen Objekte, Asteroidenoder Planetoiden, haben ganz unterschiedliche Größen.Mit Durchmessern von mehr als einem Kilometer gibt esMillionen davon, einzelne Objekte erreichen Durchmes-ser von fast tausend Kilometern. Ihr Anteil an Eis istzum Teil abgeschmolzen, entsprechend ihrem Abstandzur Sonne.

    Jenseits von Neptun folgt der Kuipergürtel. Von denunzähligen Staub-Eis Objekten dort haben knappHunderttausend einen Durchmesser von Hundert Ki-lometern und mehr. Das größte von ihnen ist Pluto.Werden solche Objekte durch Stöße fragmentiert oderaus ihrer Bahn geworfen, und erreichen sie, im Fall einerstark exzentrischen Bahn den Bereich nahe der Sonne,das sind die Kometen. Hülle und Schweif entstehendurch Verdampfen des Eises im Sonnenlicht. Sie werdensichtbar durch den dabei mit freigesetzten Staub, derdas Licht reflektiert. Der Schweif wird getrieben vomsolaren Wind, deshalb zeigt er von der Sonne weg. Mitjedem Lauf um die Sonne verlieren Kometen an Masse,entsprechend ändern sie ihre Bahn und ihre Oberfläche.Einschläge von Kometen auf die Erde hatten katastro-

    phale Folgen. Im Jahrestakt durchquert die Erde denBereich eines Kometenschweifs, der Staub im Schweifbewirkt in der Erdatmosphäre lokale Erhitzungen, diewir als Sternschnuppen bewundern.

    Das heute als geordnet erscheinende System von Plane-ten und Gürteln hatte sich in den ersten 200 MillionenJahren eingestellt, durch wiederholte Wechselwirkungeneinzelner Bereiche. Als Ergebnis beobachten wir Kep-lerbahnen mit einheitlichem Drehsinn in einer Ebene,der Ekliptik. Für die anfänglichen Bereiche weiter außenjedoch war die Durchmischung wesentlich schwächer.Deswegen zeigt dieser äussere Bereich, bis zu einemAbstand von etwa einem Lichtjahr, nur Objekte in einersphärischen Verteilung. Deren Größe entspricht der vonPlanetoiden. Man spricht von der Oortschen Wolke. Ausdieser stammen diejenigen Kometen, die nur alle paarTausend Jahre das Innere des Sonnensystem erreichenund so beobachtbar werden. Die Oortsche Wolke unter-liegt zwar noch der Anziehung durch die Sonne, jedochist der Einfluss benachbarter Sterne deutlich.

    Die Strahlungswärme der Sonne und der solare Wind- das ist der eruptive Ausstoß heißer Materie ausder Sonne - haben längst alle Reste der anfänglichenGas-Staubwolke in den interstellaren Raum verweht.Heute hindert der solare Wind das interstellare Gasdaran, in den planetaren Bereich einzudringen, so-dass ein Bereich mit einem Radius von etwa hundertErd-Sonne-Abständen (AE) vergleichsweise frei istvon interstellarem Gas. Die Grenze (der >termina-tion shock

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    Abstrahlung.

    Für die Sternentstehung aus einem System mit beträcht-lichem Gesamtdrehimpuls erzwingt Drehimpulserhaltungdie Bildung von mehr als einem Objekt: Denkt man sichals Ausgangspunkt eine Akkretionsscheibe, so ist mitder beginnenden Bildung von Planeten deren Symmetriegebrochen. Die von den Planeten erzeugten zusätzlichenGravitationsfelder beeinflussen die Bahnen und derensich schliesslich einstellende Ordnung. Somit erfahrenPlaneten und sonstige Objekte das Gravitationsfeldals sich periodisch ändernd. Geschieht dies im Taktmit dem Umlauf, so treten Resonanzeffekte auf, unddie Bahn wird instabil. Dabei kann ein Planet einemanderen Planeten nahe kommen, die daraus resultie-renden Ablenkungen können bewirken, dass einer inentfernte Bereiche entschwindet und der andere vonSonne verschluckt wird. Effekte dieser Art haben dieaktuelle Ordnung der Planeten bestimmt. Die Bildungvon Planeten und von Doppelsternsystemen, und dieFrage, ob letztere Planeten haben, sind Fragen deraktuellen Forschung.

    Das Studium der planetaren Begleiter von Sternen ist ei-nes der ganz großen Forschungsziele. So hat man für einenStern bereits sechs zugehörige Planeten identifiziert. Fol-gende Effekte werden dabei genutzt: (i) Da Stern undPlaneten sich um ihren gemeinsamen Schwerpunkt bewe-gen, ändern sich die Position und vor allem die Geschwin-digkeit des Sterns periodisch; (ii) der Planet schattet,bei geeigneter Lage der Bahn, das Licht des Stern peri-odisch wiederkehrend kurzzeitig ab; (iii) das sphärischeGravitationsfeld eines Sterns wird vom Planet periodischgeändert, und somit dessen Eigenschaft als Gravitations-linse. Es liegt in der Natur dieser Methoden, dass schwe-re und sternnahe Planeten leichter aufzuspüren sind. Soumkreist ein gut erdschwerer Planet unseren nächstenNachbarstern Alpha Centauri B in etwas mehr als 3 Ta-gen. Für das Planet-Stern System definiert man eine so-genannte habitable Zone, und inzwischen gelingt es indieser Planeten zu finden. Aus 4 Jahren Beobachtungenmit Herschel zeichnet sich ab, dass sehr viele Sterne pla-netare Begleiter haben. Man sagt, jeder fünfte. Letztend-lich geht es bei der Exoplaneten-Forschung um die Fra-ge, ob Leben, in welcher Form auch immer, ausserhalbder Erde existieren kann. Dies ist ein Thema, das seitGiordano Bruno im 17. Jhdt. aktuell war, und mit demsich noch der junge Kant befasste, bis er schließlich resu-mierte, dass man mit Geistesschärfe allein hierzu nichtsaussagen kann. Denkt man sich das Leben als basierendauf der Photosynthese, so versucht man deren Produkte,Sauerstoff und Methan als Biomarker, nachzuweisen.

    B. Erde und Mond

    Der Mond entstand, die Erde war noch keine 100 Millio-nen Jahre alt, durch den Aufprall eines planetenartigen

    Körpers. Der Stoß war streifend und dabei wurde dieDrehachse der Erde kräftig verrückt. Deswegen habenwir statt ewigen Frühlings die wechselnden Jahreszeiten.Aus dem explosionsartig verstreuten Material der Erdeformte sich eine Art von planetarer Scheibe, aus der sichschnell der Mond herausbildete. So versteht man, dassdas Material der äußeren Erdkruste sich von dem desErdkerns unterscheidet, jedoch nur wenig von dem desMondes. Aktuelle Abschätzungen sagen, dass der Mondzu etwa gleichen Teilen aus dem Material des Planetenund der Erde stammt.

    Die junge Erde hatte wegen der anfänglich sehr hohenTemperaturen alle leicht flüchtigen Stoffe verloren.Was wir heute davon auf der Erde finden, Stickstoff,Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasser, wurde erst späterfreigesetzt. Dabei ist offen was mineralischen Ursprungsist und was von Kometen stammen könnte. Als diejetzige Ordnung des Systems von Planeten und Pla-netesimalen noch nicht so regulär war, stand die Erdeunter einem massivem Bombardement von Kometen,die genügend viel vereistes Wasser enthielten, um dieOzeane damit zu füllen. Diese Phase sollte vor etwa 3,8Milliarden Jahren geendet haben.

    Die dargelegte Geschichte der Entstehung impliziert, dassalle Materie der Erde bereits vor der Bildung des Son-nensystems vorhanden war. Isotopenverhältnisse, soweitsie gemessen werden konnten, unterstützen dies. Wegendes Verlusts flüchtiger Stoffe in der Frühzeit ist jedochder Anteil leichter Elemente stark reduziert. Im Laufeder Abkühlung und der Verfestigung der Erdkruste hat-ten sich die Elemente so geschichtet, sodass wir von denschweren Atomen, insbesondere vom Eisen im Erdkern,nur wenig merken.

    C. Energietransport in der Sonne

    Die Wärme, der wir unsere Existenz verdanken, liefertdie Sonne seit 4,5 Milliarden Jahren, und dies wird nochweitere 5 Milliarden Jahre so andauern. Diese Energiewird erzeugt im Innern der Sonne durch nuklearesBrennen. Bei einer Temperatur von etwas mehr als 15Millionen Grad hat sich dort ein Gleichgewicht eingestelltvon Druck und Gravitation, und von Energieerzeugungund Energietransport nach außen. Die Energieerzeugungnimmt mit dem Abstand vom Zentrum ab. Etwa 90Prozent der Energie wird in den inneren 20 Prozent desSonnendurchmessers erzeugt, in dem sich 40 Prozent derMasse befinden (und 60 Prozent der Energie innerhalbder innersten 10 Prozent der Masse). Die Temperaturder Sonne fällt zur Oberfläche hin ab. Von dieser ausemittiert sie elektromagnetische Strahlung, bei einerTemperatur von 5800 Grad Kelvin, als kontinuierlichesSpektrum mit einem Maximum bei einer Wellenlängevon 560 nm. Unser Auge ist empfindlich für den Bereichvon 380 nm (violett) bis 780 nm (rot).

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    Der Transport der Wärmeenergie zur Oberfläche brauchtlange, als typische Zeit werden Zahlen von bis zu Mil-lionen Jahre genannt. Im inneren Bereich erfolgt sieallein durch Strahlung im heißen Medium. Aufgrundvielfacher Streuung ist dies der zeitbestimmende,langsame Prozess. Im Bereich der letzten 25 Prozentdes Weges zur Oberfläche hin wird die Konvektionentscheidend. Die Konvektion beginnt bei 2 MillionenGrad. Der Transport von Wärme ist verbunden mitdem Transport von Materie, diese steigt in sich lokalbildenden Kreisläufen auf und ab. An der Oberflächeerscheinen die Strömungszellen sehr eng, und sie ändernsich fortlaufend, wir sehen wabenartige Muster: In denZentren der Waben die heisse, aufsteigende Materie, undan deren Rändern die abgekühlte, zurückfließende.

    Die Sonne rotiert im gleichen Sinn wie die Planeten.Am Äquator sehen wir eine Umlaufperiode von etwa 25Tagen, nahe der Pole jedoch von 36 Tagen. SeismischeUntersuchungen zeigen, dass der innere Strahlungs-bereich mit einer Periode von 27 Tagen gleichförmigrotiert. Der Übergang zu der differentiellen Rotationerfolgt im innersten Bereich der Konvektionzone, dersogenannten Tachocline, etwa 0,75 Sonnenradien vomZentrum entfernt. Differentielle Rotation beobachtetman auch an Gasplaneten wie Jupiter und Saturn.Sie hat zur Folge, dass der Drehimpuls verstärkt vonden achsenfernen Bereichen getragen wird. Als Ursachegilt die thermische Bewegung von freien Teilchen. Jenach Bewegungsrichtung ist deren Drehimpuls unter-schiedlich, und damit auch die Zentrifugalkraft. Darausfolgt die radiale Trennung freier Teilchen nach ihrenDrehimpulsen.

    Der Bereich der Tachocline gilt als Quelle des dipolarenMagnetfelds. Dessen Stärke an der Oberfläche der Sonneist vergleichbar mit dem des Erdfeld, jedoch wechselt esalle 11 Jahre die Richtung. Um bis zu 4 Größenordnun-gen stärker sind die lokalen Magnetfelder, die wir in denBereichen der dunklen Sonnenflecken beobachten.

    Die Häufigkeit ihres Auftretens ist verbunden mitdem Wechsel der Polarität des solaren magnetischenDipolfelds, dementsprechend zeigt sie alle 11 Jahreein Maximum. Dies korreliert mit Perioden verstärkterStrahlungsintensität auf Grund einer entsprechendwirkungsvolleren Konvektion. Auf der Erde wechselt dieIntensität der Sonnenstrahlung mit einer Amplitude voneinem halben Promille.

    Das Magnetfeld der Sonne ist durch die elektrischenStröme erzwungen, die aus der differentiellen Rotationim Bereich der Tachocline folgen. Dementsprechendist der polar gerichtete magnetische Fluss auf einevergleichsweise dünne zylindrischen Schale nahe derTachocline beschränkt. Sobald sich Inhomogenitätenzeigen, brechen Teilbereiche des magnetischen Flusses

    aus, in Richtung weg vom Zentrum, hinein in die Zoneder Konvektion. Sie bilden relativ enge Schläuche, wegendes elektrisch gut leitenden Mediums. Die Corioliskraftverzerrt sie in äquatorialer Richtung, “wickelt“ sie auf,wie die Fasern eines Seil. Das reduziert ihre wechselsei-tige magnetische Abstoßung.

    Sonnenflecken entstehen, wenn diese Schläuche an dieOberflache gedrückt werden, und aus dieser in einerSchleife heraustreten. Die Stärke ihres magnetischen Fel-des behindert die Konvektion, deshalb sind ihre Ein- undAustrittsbereiche an der Oberfläche um etwa TausendGrad kälter. Dies Erscheinung sehen wir als Sonnen-flecken. Die Orte, an denen Sonnenflecken auftreten,sind zufallsbedingt, jedoch ist die Wahrscheinlichkeitihres Auftretens verknüpft mit dem Zyklus der Sonne.Zwischen der nördlichen und südlichen Hemisphregibt es charakteristische Unterschiede. Sonnenfleckenkönnen rasch verschwinden, aber auch über Monate an-wachsen zu Bereichen viel größer als ein Erddurchmesser.

    Die Magnetfelder der Schleifen binden heisses, ionisier-tes Materials. Falls an der Oberfläche Teile von Schleifenmit entgegengerichteter Flussrichtung sich zu nahe kom-men, schliessen sie sich spontan kurz, so wie ein senk-recht stehender Bleistift spontan aus dem labilen in dasstabile Gleichgewicht kippt. Gleichzeitig schließt sich dermagnetischer Fluss ausserhalb der Oberfläche zu einemRing, der mitsammt seinem Plasma von der Oberflacheabgestoßen wird. Man spricht von magnetischer Neuver-bindung (Rekonnexion). Die Rekonnexionen können inbenachbarten Bereichen die Schwellen zur Annäherungsolcher Felder absenken, sodass die Umordnungen großeBereiche erfassen und insgesammt erhebliche Energienfreisetzen, am 4. November 2015 waren es 1023 Joule.Vorgänge dieser Art gelten als Ursache für die Eruptionen(Flares) und Protuberanzen, die wir auf der Sonnenober-fläche sehen, und für den solaren Wind, den Ausstoß io-nisierter Atmosphäre. Induktionsvorgänge in den Flaresbeschleunigen Elektronen auf hohe Energien. Wir sehenderen Strahlung auch im Röntgenbereich. Starke erupti-ve Ausbrüche solaren Winds beeinflussen die Atmosphäreder Erde, ohne Schutz durch das Erdmagnetfeld wäre dieStrahlung tödlich. Der solare Wind wird von Satellitenanalysiert, daher kennen wir die Atmosphäre der Son-ne auch bezüglich der Isotope. Das Plasma des solarenWinds treibt das interplanetare Gas weg, bis sich am“termination shock“ ein Gleichgewicht von Wind- undGasdruck einstellt.

    D. Nukleares Brennen

    Das nukleare Brennen in der Sonne wandelt Atomedes Wasserstoffs in Helium. Dies geschieht in einemmehrstufigem Prozess von Kernreaktionen. Die Bindungim Atomkern des Heliums ist stark: Die Masse der He-liumatome ist um 0,7 Prozent kleiner als die Masse der

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    vier Wasserstoffatome, aus denen diese gebildet wurden.Die Differenz entspricht der freigesetzten Wärmeenergie.Im Vergleich zu chemischen Reaktionen ist sie riesig,mehr als eine Million mal größer. Sie ist Folge einer fun-damentalen Kraft, der Starken Wechselwirkung, welchenur im kurzen Bereich nuklearer Abstände wirksam ist.

    Das Endprodukt dieser nuklearen Reaktionen, der Heli-umkern, besteht aus zwei Protonen und zwei Neutronen.Diese im Kern gebundenen Neutronen sind im Ablauf derReaktionskette entstanden. Dazu mussten sich jeweils einProton und ein Elektron in ein Neutron und ein Neu-trino wandeln. Neutrinos sind elementare Teilchen, ver-gleichbar dem Elektron, jedoch ohne dessen elektrischeLadung und mit einer Masse, die sehr viel kleiner ist. Alsnahezu masselose Teilchen ähneln sie den Lichtquantenund bewegen sich mit einer Geschwindigkeit, die sich vonder des Lichts praktisch nicht unterscheidet. Ihre Energiehängt ab von der Energiebilanz bei der Erzeugung undkann beträchtlich sein. Die Umwandlung eines Elektronsin ein Neutrino und eines Protons in ein Neutron ist einProzess der Schwachen Wechselwirkung, einer weiterenfundamentalen Kraft. Nur diese kann Eigenschaften ei-nes Teilchens auf ein anderes übertragen. Die Anzahl derTeilchen bleibt erhalten, es ändert sich nur die Zuordnungvon Eigenschaften. Diese Schwache Wechselwirkung hateine extrem kurze Reichweite. Dementsprechend sind beiniederen Energien Reaktionen auf Grund dieser Wech-selwirkung sehr selten, deswhalb auch die BezeichnungSchwach. Neutrinos unterliegen neben der Gravitationnur der Schwachen Wechselwirkung, folglich durchdrin-gen sie größte Materieschichten. Dabei ist die Wahr-scheinlichkeit für den Stoß eines Neutrinos mit Materie,einem gebundenem Elektron etwa, extrem gering. So sindriesige Detektoranlagen gebaut worden, um in jahrelan-gem Betrieb zumindest eine kleine Zahl solcher Stoßpro-zesse nachzuweisen, obwohl die Zahl der Neutrinos, dieden Detektor passieren, riesig ist. Durch Messungen die-ser Art sind unsere Vorstellungen von den Vorgängen iminnersten Kern der Sonne im Detail bestätigt worden. EinPionier dieser Physik war Raymond Davis Jr. (Nobelpreis2002). Die in Detektoren nachgewiesen Neutrinos warenjeweils erst 8 Minuten zuvor in der Sonne entstanden.Die dabei erzeugte Wärme hingegen brauchte hundert-tausende von Jahren um vom Innern an die Oberflächezu gelangen. Von dort aus erreicht sie uns dann, in Formvon sichtbarem Licht, in ebenfalls 8 Minuten. Wäre dieSchwache Wechselwirkung nur etwas stärker, wäre dieReaktionsrate im Brennprozess größer, wäre alles Lebenauf der Erde versengt.

    E. Fraunhofers Linien

    Die Zusammensetzung der ursprünglichen Gas-Staubwolke sehen wir in der äußeren Atmosphäreder Sonne. Die erste Beobachtung hierzu gelang JosephFraunhofer 1813 in Benediktbeuern. Er analysierte mit

    einem Prisma und einer Anordnung von besonders gutenLinsen das Licht der Sonne. Dabei sah er das Spektrumdes Regenbogens, und in diesem sehr enge Bereiche,sogenannte Linien, die weniger hell sind. Licht mit demSpektrum des Regenbogens wird von jedem genügendheißen Körper erzeugt. Linien von der beobachteten Artsieht man in diesem, falls sich zwischen Lichtquelle undBeobachter freie Atome oder Moleküle befinden, die dasLicht bestimmter Wellenlängen absorbieren. Diese sindfür die Substanz charakteristisch, Chemiker nutzen dieseEigenschaft zur Identifikation von Stoffen. Mittlerweileversteht man es, Fraunhofers Linien im Sonnenlicht inquantitative Information über die Zusammensetzung deräußeren Sonnenatmosphäre zu übersetzen. Die Hülle derSonne besteht, nach Gewichtsanteilen, zu 75 Prozentaus Wasserstoff und zu 24 Prozent aus Helium. Alleweiteren Elemente machen nur etwas mehr als 1 Prozentaus. Dieses eine Prozent stammt aus dem im Gas derSonne gesammelten Material von vorausgegangenenSupernova-Explosionen, Wasserstoff und Helium hin-gegen waren >immer schon< da. Wir werden das nochbesprechen. Deutlich weniger schwere Element zeigenSterne, d.h. Sonnen, die viel älter sind. Sie stammen ausZeiten, in denen das interstellare Gas noch weniger starkdurch Supernova-Produkte angereichert war.

    II. DIE MILCHSTRASSE, GALAXIEN

    Unsere Sonne ist ein Stern unter anderen Sternen. Esgibt Sterne mit größerer Masse, bei denen sind Dichteund Temperatur im Innern größer. Sie brennen schnellerund strahlen während dieser Zeit entsprechend heller,im bläulichen Licht. Leichtere Sterne sind langlebigerund leuchten schwächer, und rötlich.

    Der uns am hellsten erscheinende Stern ist Sirius. Deruns nächste Stern ist der erst 1913 beobachtete ProximaCentauri am Südhimmel, in einer Entfernung von 4 Licht-jahren, in der Nachbarschaft der sonnenähnlichen Dop-pelsterne Alpha Centauri A und B. Dabei erscheint A alsvierthellster Stern, kann man A und B nicht trennen, sobilden sie den dritthellsten “Stern“. Mit unbewaffnetemAuge sieht man am nächtlichen Himmel 3000 bis 6000Sterne und als bandförmige Aufhellung die Milchstraße.Mit dem Fernrohr beobachteten 1609 Galileo Galilei undandere erstmals, dass sich die Milchstraße in eine Vielzahleinzelner Sterne auflöst. Bekannt ist das Gemälde vonAdam Elsheimer in der Alten Pinakothek, noch im glei-chen Jahr in Rom gemalt: In künstlerischer Freiheit stell-te er die Milchstraße dar als Häufung von Einzelsternen.Auf Grund von Sternzählungen erkannte Wilhelm Her-schel 1785 die Scheibenform der Galaxis. Von dieser In-formation begeistert, folgerte der junge Immanuel Kant,dass die mit astronomischen Fernrohren zu erkennendenelliptisch oder kreisförmig, neblig erscheinenden Objekteam Himmel Galaxien seien, ähnlich unserer Milchstra-

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    ße. Inzwischen weiß man auch, dass alle die 6000 ohneFernrohr sichtbaren Sterne zur Milchstraße gehören.

    A. Struktur der Milchstraße

    Entsprechend der Einsicht von Immanuel Kant orien-tierte man sich zum Verständnis der Milchstraße, derGalaxis, lange Zeit an den Eigenschaften der anderenGalaxien, wie diese sich unter verschiedenen Blickwin-keln zeigen. So wie die Sonne ein Stern ist unter vielen,ist unsere Galaxis eine unter vielen Galaxien. Es gibtgrößere und kleinere, wobei unsere eher groß ist. Diegalaktische Scheibe hat einen Durchmesser von 100.000Lichtjahren. Im Zentrum ist sie ausgebaucht, diesenBereich bezeichnet man als Bulge. In der Milchstraße hatder Bulge Erdnussform, und geht in eine Balkenstrukturüber, dies ist eine eher spezielle Eigenschaft unsererGalaxie. Die Dichte der Sterne in der Scheibe nimmtmit dem Abstand vom Zentrum stark ab, auch ist dieScheibe weiter außen mit einer Dicke von 3.000 Licht-jahren wesentlich flacher. Die Scheibe rotiert im Bereichder Sonne mit einer Geschwindigkeit von etwas über 200km/sec um das galaktische Zentrum. Relativ dazu istdie Bewegungen von Sternen oder von Teilbereichen umeine Größenordnung kleiner.

    Eine quantitative Analysen aktueller Daten (Diss. Por-tail, 2016) nennt als Sternmasse der Galaxis 51 · 109MS .Unterscheidet man die sich überlagernden morphologi-schen Strukturen, dann fallen davon auf die ZentraleMasse 2 · 109MS und auf die Summe der Sternevon Bulge und Balken 17 · 109MS . Davon ist der Anteildes Balkens auerhalb des Bereichs der Bulge 5, 5 ·109MS .

    Begrenzt man sich hingegen auf den vom Bulge einge-nommenen Raum, dann addieren sich dort die Beiträgevon Zentraler Masse, innerer Scheibe, Bulge und Balkenzu 15 ·109MS Sternmasse und 3 ·109MS Dunkle Materie.Der Anteil der Sterne der inneren Scheibe ist 13 ·109MS ,davon fallen 2 · 109MS in den Bulge Bereich.

    Unsere Galaxie besteht aus etwa 200 Milliarden Sternen(diese Zahl entspricht in etwa der Anzahl von Neuronen,mit denen wir denken) aus interstellarem Gas und ausStaub. In der Scheibe finden wir Sterne jeglichen Alters,im zentralen Bereich hingegen sind fast alle Sterne sehralt, auch gibt es dort kaum Gas, sodass Sternentstehungnur noch in den mehr äusseren Bereichen erfolgt, insbe-sondere in den Spiralarmen der Scheibe. In der Galaxisübertrifft die Masse der Sterne die des noch vorhandeneninterstellaren Gases um einen Faktor 5 bis 10.

    Analysiert man nur die Leuchtkraft, so zeigt diese in ei-nigem Abstand vom Zentrum die Form von Spiralarmen.Diese auffällige Verteilung der Leuchtkraft beruht aufdem Beitrag weniger, schnell brennender und deshalbstärker leuchtender Sterne. Dies jungen Sterne zeigen

    einen hohen Anteil schwerer Elemente. Betrachtet manjedoch, unabhängig von der Leuchtkraft die Verteilungaller Sterne in der Galaxis, so verschwindet die Strukturder Spirale.

    Zur Galaxis gehört ein sie umgebender, kugelförmigerAußenbereich von etwa 160.000 Lichtjahren Durchmes-ser, der so genannte Halo. Anders als die galaktischeScheibe ist der Halo weitgehend frei von Staub. ImHalo gibt es alte Sterne und Gas sehr geringer Dichte.Innerhalb dieser Sphäre kennt man etwa 150 Kugelstern-haufen (globular clusters). Dies sind dicht gepackte,sich gravitativ bindende Ansammlungen von einigenZehntausend bis zu etwa einer Million Sternen, die etwa12 Milliarden Jahre alt sind , vergleichbar den altenSternen im Bulge. Sie sind entstanden, als der Vorläuferder Galaxis mit anderen Systemen kollidierte, sodasseine Starburst-Situation entstand. Die Kugelsternhaufenverlieren Sterne auf Grund der Wechselwirkung einzelnerSterne und durch Gezeiteneffekte. Sie laufen um dasgalaktische Zentrum auf gestreckten elliptischen Bahnen,ohne dabei einer einheitlichen Richtung zu folgen.

    Im Übergang von der Scheibe zum Halo gibt es nochden Bereich der sogenannten dicken Scheibe, die sichvon der bisher besprochenen dünnen Scheibe unter-scheidet. Sie besteht aus vorwiegend alten Sternen aufexzentrischen Bahnen, deshalb erscheint ihre Rotation-geschwindigkeit um das Zentrum als etwas langsamer.Die Spiralgalaxie lässt sich in manchem vergleichenmit einer frühen planetarischen Scheibe, als Folge vonWechselwirkungen migrieren die Sterne, sodass derRadius ihrer Kreisbewegungen sich ändert. Dabei ent-weichen auch Sterne aus der dünnen in die dicke Scheibe.

    Zentriert um die Achse der Milchstrasse hat man aufbeiden Seiten der Scheibe einen ausgedehnten Bereich(Blase) von etwa 25 Tausend Lichtjahren Durchmesserentdeckt. Dieser bestehen aus Fronten einer Vielzahlvon Supernovae Explosionen, die im Zentralbereichstattgefunden hatten, und in denen sich Plasma mitentsprechender Geschwindigkeit vom Zentrum wegbewegt. Die Verteilung des heissen Mediums zeigt sichin der Radio- und Mikrowellenstrahlung. Die Fronteninduzieren hochenergetische kosmische Strahlung (s.u.),die von Gammastrahlung begleitet ist, mit Energienbis in den GeV Bereich hinein. Diese ermöglicht dieLokalisation dieser Quelle kosmischer Strahlung.

    Das interstellare Medium unserer Galaxie ähnelt inseiner chemischen Zusammensetzung der Atmosphäreder Sonne. Die räumlichen Verteilung von Dichte, Tem-peratur und Bewegung ist strukturiert. Sie entsprichteinem dynamischen Geschehen, bestimmt durch Energiefreisetzende Prozesse. Dabei sind die schweren und des-halb kurzlebigen, Sterne mit mehr als 8 Sonnenmassenvon besonderer Bedeutung. Deren Strahlung und die derplanetarischen Nebel, zeitlich integriert sind energetisch

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    vergleichbar mit der der abschliessende Supernova-explosion. Sie bestimmen die kurzen Zeitskalen. Iminterstellaren Medium finden sich heisse, warme, kalteund sehr kalte Bereiche, mit Temperatuten von 1 MillionKelvin, Zehn- bis Fünftausend Kelvin, 300 Kelvin, undunter 20 Kelvin. Verbunden mit der Temperatur sehenwir den Übergang vom Plasma zu atomarem Gas, zuStaub und zu molekularem Gas, und einen rapidenAnstieg der Dichte. In der ionisierten heissen Phase(H II) kommt ein Atom auf tausend ccm, und in derwarmen Phase bei 1 Atom auf zehn ccm. In der kaltenPhase 10 Atome auf ein ccm, und in der molekularenbei mehr als tausend. Die unterschiedlichen Dichtenergeben sich durch Prozesse des Auseinandertreibens,denen solche der Verdichtung gegenüberstehen.

    Die ionisierte heisse bzw. warme Phase erfüllt 50 bzw.15 Prozent des Volumens, die neutrale warme bzw.kalte Phase 30 bzw. 4 Prozent, und die molekulare1 Prozent. Die Durchmesser der molekularen Wolkenliegen zwischen wenigen Lichtjahren und eingen hundert,mit Massen von mehr als Tausend bis zu einer MillionSonnen.

    Supernovae und Strahlungsdruck ionisieren die Materieund treiben sie weg, unter Bildung einer Stoßfront.Dabei werden die mit ihr verbundenen magnetischenFelder wirksam. Treffen gegenläufige Bewegungenaufeinander, ergeben sich hohe Dichten. Die Kühlungerfolgt durch Stöße, Bewegungsenergie wird übertragenin Anregungsenergie von Atomen oder Molekülen,diese wird nachfolgend durch Emission von Strahlungabgegeben. Dabei werden die schwereren Elementewichtig. Die tiefen Temperaturen der molekularenWolken beobachten wir über die Rotationsbande derpolaren CO Moleküle. Die H II Gebiete identifiziertman über zweifach ionisierten Sauerstoffatome, die dortauf Grund der hohen Temperatur entstehen. Wegen derniedrigen Dichte werden verbotene optische Übergängeaus metastabilen Zuständen sichtbar, wie der bei 500,7nm.

    Wegen der hohen Dichte an Staub sind die molekularenWolken optisch undurchsichtig. Das nächste dieser Stern-entstehungsgebiete liegt im Orion-Nebel, 1500 Lichtjahreentfernt. Diese Wolken sind durchzogen von Strömungen,mit Geschwindigkeiten von typisch 10 km/sec, sie ent-sprechen einem turbulenten Prozess, der fraktale Musterzeigt. Die Turbulenz, und die Einstrahlung von Aussenbehindern die Entwicklung nachhaltiger Selbstgravitati-on und somit die Sternbildung. Im Mittel geht aus 100Sonnenmassen an kaltem Gas nur ein Stern hervor.

    B. Die Sonne in der Milchstraße

    Die Sonne umkreist das Zentrum des Milchstraßensy-stems in einem Abstand von etwa 25.000 Lichtjahren. Sie

    befindet sich etwa 15 Lichtjahre nördlich der Mittelebeneder galaktischen Scheibe, innerhalb des Orion-Arms,in einem weitgehend staubfreien Raumgebiet, dersogenannten Lokalen Blase. Diese ist durch mehrereSupernova-Explosionen entstanden, mehrere davon gabes vor 2 bis 3 Millionen Jahre im Abstand von 100 Licht-jahren, also relativ nah. Material aus deren Stoßfrontenwurde auf Erde und Mond deponiert. Der Vorgang wurdedurch Messungen am Münchener Tandembeschleunigerdurch Kollegen der TU rekonstruiert über den Nachweisdes radioaktiven 60-Eisen Isotops in geologischen Proben.

    Für einen Umlauf um das Zentrum der Galaxis, dassog. Galaktische Jahr, benötigt die Sonne ungefähr 230Millionen Jahre, was einer Umlaufgeschwindigkeit von et-wa 220 km/s entspricht.

    C. Das nähere Umfeld der Milchstraße

    Nahe der Milchstraßensysteme gibt es Zwerggalaxienund irreguläre Galaxien. Man unterscheidet Zwergga-laxien von Sternhaufen, indem man , abgesehen vonder Größe, nur ihnen Dunkle Materie zuordnet. Die be-kanntesten Zwerggalaxien sind die Große und die KleineMagellansche Wolke, mit denen die Milchstraße über denMagellanschen Strom verbunden ist. Dies ist eine Brückeaus Wasserstoffgas, mit einer Länge von etwa 300.000Lichtjahren. Die am nächsten gelegene Zwerggalaxieist der Canis-Major-Zwerg, mit einer Entfernung vonnur 42.000 Lichtjahren vom Zentrum der Milchstraßeund 25.000 Lichtjahren von unserem Sonnensystem.Diese Zwerggalaxie wird von den Gezeitenkräften derMilchstraße auseinandergerissen, bald wird sie von ihreinverleibt sein. Ähnlich verlaufen die Prozesse bei der50.000 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entferntenSagittarius-Zwerggalaxie. Auch auf diese Weise wächstdie Masse der Milchstraße weiter an.

    Mit zwei weiteren Spiral-Galaxien, dem Andromeda-Nebel, 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt, und dem Drei-ecksnebel, 3 Millionen Lichtjahre entfernt, sowie eini-gen kleineren Galaxien bildet die Milchstraße die Loka-le Gruppe. Sie ist Bestandteil des Virgo-Superhaufens,und strebt mit anderen Großstrukturen dem Großen At-traktor entgegen. Die Andromeda-Galaxie ist mit unsererGalaxis vergleichbar. Sie ist jedoch etwas ausgedehnterund hat etwa 3 mal mehr Sterne. Aus den Bewegungenfolgen die Massen (incl. der Dunklen Materie). AktuelleAbschätzungen geben 800 Milliarden Sonnenmassen fürunsere Milchstraße und 1,5 Billionen Sonnenmassen fürdie Andromeda-Galaxie (M31), die Fehler liegen bei etwa400 Milliarden Sonnenmassen.

    Der Dreiecksnebel ist deutlich kleiner. Beobach-tungen und Computer-Simulationen zeigen, dass dieAndromeda-Galaxie und die Milchstraße auf Kollisions-kurs liegen. Sie nähern sich mit einer Geschwindigkeitvon ca. 200 km/s und werden in einigen Milliarden Jah-

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    ren einander durchdringen und so zu einem entsprechendgrößeren Sternensystem verschmelzen. Eine weitere Gala-xie im Nahbereich ist Centaurus A am Südhimmel. Sie istdie nächstgelegene elliptische Galaxie und strahlt beson-ders hell im gesamten Bereich des elektromagnetischenSpektrums.

    III. SUPERNOVAE

    Für die moderne Astronomie erwies sich der 24. Februar1987 als ein wichtiges Datum. Ein bis dahin wenigauffälliger Stern in der Großen Magellanschen Wolke,170.000 Lichtjahre entfernt, leuchtete zunehmend hellerauf, strahlte im Mai fast so hell wie der Polarsternund wurde dann wieder schwächer. Heute sieht maneine expandierende, leuchtenden Wolke. Dies beschreibteine Supernova. Seit 1604, als Kepler und Galilei einenan Helligkeit alle anderen Fixsterne übertreffendenStern sahen, war dies das am stärksten erscheinendeAufstrahlen eines Sterns. Nur Tycho Brahe hatte 1572eine noch hellere Erscheinung beobachtet. In beidenFällen waren dies Sterne in der Galaxis, die größereHelligkeit hatte ihren Grund in der geringeren Entfer-nung. Der Vorläuferstern der Supernova 1987 begannmit etwa 17 Sonnenmassen und brannte entsprechendintensiv, sodass er nur 20 Millionen Jahre alt wurde.Verglichen mit der Sonne verfeuerte er seinen wesentlichgrößeren Energievorrat 500 mal schneller. Als im Innerndieses Sterns die Erzeugung von Energie durch nukleareProzesse beendet war, brach der zentrale Bereich unterdem Druck der Gravitation zusammen. Die dabei frei-gesetzte Energie bewirkte das Absprengen der äusserenBereiche, wie in einer Explosion. Dies war verbundenmit einer Kette von nuklearen Prozessen, in denendie Bildung der chemischen Elemente ihren Abschlussfand. Das sichtbare Licht zeigt nur die Oberfläche desSystems, dementsprechend war das Aufleuchten zeitlichverzögert. Vom Geschehen im Sterninneren berichtetendie Neutrinos. Vergleicht man mit den Neutrinos derSonne, so brauchten diese für die Reise zu uns nicht 8Minuten, sondern 170.000 Jahre. Aus der Beobachtungder Neutrinos kennen wir den Zeitpunkt des Ereignissesund haben eine vergleichsweise solide Grundlage, denMechanismus dieser Supernova zu diskutieren.

    Direkte Zeugen einer früheren Supernovaexplosion be-obachten wir auch in Ablagerungen auf dem Meeres-grund. In Schichten, die geologisch etwa 2 Millionen Jah-re alt sind, lässt sich 60Fe nachweisen. Dies schwere Iso-top des Eisens mit einer Halbwertszeit von 2,6 MillionenJahren kann nur in einer Supernovaexplosion vom Typ IIgebildet worden sein, und ermglicht deren Datierung.

    A. Die Entwicklung von Sternen

    Die Entwicklung des Vorläufersterns begann mit demVerbrennen von Wasserstoff zu Helium, wie bei derSonne. Wegen der größeren Masse war die Temperaturim Zentrum jedoch deutlich höher, sodass Reaktionenvon Wasserstoff mit bereits vorhandenem Kohlenstoffdominierten. Die Reaktionkette besteht aus vier Einfang-reaktionen von Wasserstoff begleitet von zweimaligemradioaktivem Betazerfall, das Reaktionsprodukt danachzerfällt in Helium und Kohlenstoff. In diesem 1937von Bethe und Weizsäcker beschriebenen CNO Zykluswirkt Kohlenstoff wie ein Katalysator. Entsprechendschneller erfolgt der Prozess. Der CNO Zyklus ist inallen Sternen wichtig, deren Masse die der Sonne umnur wenige 10 Prozent übertrifft. Ist der Wasserstoffim zentralen Bereich verbrannt, fehlt der Energienach-schub, um den Druck aufzubauen, der der Gravitationstandhält. Die äußeren Schichten des Sterns drücken deninneren Bereich weiter zusammen. Entsprechend steigendort Temperatur, Dichte und Druck, bis Helium zuKohlenstoff verbrennt, und in der benachbarten nächstäußeren Schicht Wasserstoff zu Helium. Heliumbrennenjedoch hat bei weitem nicht die Heizkraft des Wasser-stoffbrennens, deshalb geht das Zusammenpressen desKerns rasch weiter. Auf das Heliumbrennen folgt dasnoch ineffektivere Kohlenstoffbrennen, und entsprechendverlagert sich das Heliumbrennen, und das Wasserstoff-brennen, in weiter außen liegende Bereiche. Man sprichtvon Schalen, wie bei einer Zwiebel, sollte dabei abersehen, dass im Ablauf dieses Geschehens die Größen die-ser inneren Schalen gewaltig schrumpfen. Dabei werdendie außersten Schalen sehr heiss, sodass sie sich auf-blähen und das Gravitationsfeld als planetarische Nebelverlassen. Dieser irrefürende Name ist historisch bedingt.

    Den aktuellen Entwicklungsstand eines Sterns entnimmtman dem Hertzsprung-Russel Diagramm. In diesem istdie Leuchtstärke, das ist die tatsächlich abgestrahlteLeistung, dargestellt als Funktion der Temperatur derOberfläche. Alle jüngeren Sterne liegen auf der Hauptrei-he, aus ihrer Temperatur lässt sich die Masse zuordnen.Ältere Sterne, die ihre Hülle aufblähen, werden alsRiesen bezeichnet. Wegen ihrer vergrößerten Oberflächesehen wir deren Strahlung bei signifikant geringerenTemperaturen, obwohl sie die Leuchtstärke behaltenoder steigern. Der genaue Verlauf dieser Seitenzweige,in welche die Hauptreihe auffächert, hängt ab von derMasse eines Sterns. Aus der Position im Bereich der Sei-tenzweige wird dem Stern Alter und Masse zugeordnet.Ein Beispiel ist der zehnt-hellste Stern, Beteigeuze, derlinke Schulterstern des Orion, 600 Lichtjahre von unsentfernt. Dieser Rote Überriese mit einer Oberflächen-temperatur von 3450 K übertrifft im Durchmesser dender Bahn der Erde um die Sonne um das 3-fache, unddie Leuchtkraft im sichtbaren Bereich um mehr als das10.000-fache. Mit der 20-fachen Masse der Sonne ister Kandidat für eine Supernova. Glücklicherweise zeigt

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    die Rotationsachse nicht in Richtung Erde, sodass derGammablitz unsere Biosphäre nicht gefährden sollte.

    Interssant sind Cepheiden, helle Sterne, die periodischihre Leuchtkraft ändern. Als Rote Riesen mit einerMasse von vier bis zehn Sonnenmassen liegen sie imInstabilitätsbereich des Hertzsprung-Russell-Diagramm,wegen einer Perioden-Leuchtkraft-Beziehung dienen sieals Standardkerzen.

    Bei Kugelsternhaufen des Halos kann man von einerSternpopulation gleichen Alters ausgehen. Dann erlaubtdie beobachtete Verteilung im Hertzsprung-RusselDiagramm die Bestimmung des Alters dieser Popula-tion. Auf diese Weise wurde für Kugelsternhaufen eintypisches Alter von 12,7 Milliarden Jahren abgeschätzt.

    Kugelsternhaufen im Halo sind isolierte und damitbeständige, wohldefinierte Objekte, zusammengehaltendurch ihre wechselseitige Gravitation. Im Innern von Ga-laxien gibt es eine wesentlich größere Anzahl von gravi-tativ gebundenen lokalen Konzentrationen von Sternen,vergleichbar den Kugelsternhaufen. Diese wechselwirkenjedoch mit Ihrer Umgebung und sind deshalb zeitlich we-niger beständig.

    B. Der Supernova Mechanismus

    Beim Vorläufer der Supernova 1987 erlosch das Brennenim Zentrum, sobald sich Atomkerne mit der Massevon Eisen gebildet hatten, da bei noch schwererenAtomkernen die elektrische Abstoßung der gebundenenProtonen den Zugewinn an Bindungsenergie auf Grundder Nuklearen Kraft übertrifft. Wegen des fehlendenEnergienachschubs konnte im Zentrum das System ausElektronen und Kernen des Eisenatoms dem Druckder Gravitation nicht mehr Stand halten. Dabei wirdQuantenmechanik wichtig:

    Je dichter Elektronen gepackt sind, desto schnellerbewegen sie sich. Dies ist eine zentrale Aussage der 1926formulierten Quantenmechanik. Ist ein Körper außerdemnoch heiß, so ist dieser quantenmechanisch begründetenBewegung die thermische Bewegung überlagert. Fallsnun bei abnehmender Temperatur der thermisch verur-sachte Druck unwichtig werden sollte, bleibt immer nochder quantenmechanisch begründete. Diesen kennen wirals Festigkeit von Stoffen, wie wir dies in der täglichenErfahrung wahrnehmen. Hohe Festigkeit bedeutet,dass man zur Kompression des Volumens viel Energieaufzuwenden hat. Diese zugeführte Energie wird aufge-nommen von den Elektronen, indem deren kinetischenEnergie erhöht wird. In gleicher Weise halten sie auchim Stern der Gravitationsenergie das Gleichgewicht.Nimmt ein dichter Bereich dieser Art durch Zuwachs vonaußen an Masse zu, so erhöht dies den Druck im Innern.Kann diesem nur der quantenmechanisch begründete

    Druck das Gleichgewicht halten, so wird die Materieweiter komprimiert. Dabei sind die Verhältnissse so,dass einer Verdoppelung der Masse eine Halbierungdes Volumens entspricht. Nimmt nun die Masse immerweiter zu, so erreicht die Energie der Elektronen Werte,bei denen deren Masse zunimmt. Dies ist eine Aussageder Speziellen Relativitätstheorie von Einstein aus demJahre 1906. Die Zunahme der Masse der Elektronen hatnun den Effekt, dass sich bei der Kompression wenigergroße Werte für den quantenmechanisch begründetenDruck ergeben. Damit gerät das System aus demGleichgewicht, der dichte Bereich wird instabil undkollabiert. Dies Phänomen tritt ein, wenn dessen Massedie der Sonne um etwa 40 Prozent übertrifft. DieseEinsicht hatten bereits um 1930 mehrere Physiker. Derkritische Wert der Masse wird mit dem Namen vonSubrahmanyan Chandrasekhar verbunden (Nobelpreis1983).

    Dies idealisierte Modell ist auf Grund der hohen Tem-peraturen und auf Grund von Prozessen der SchwachenWechselwirkung zu ergänzen: Mit der Kompressionsteigt die Temperatur, die Gammaquanten des thermi-schen Strahlungsfelds erreichen Energien mit denen siedie Bindungen der schweren Atomkerne auflösen, und soNeutronen, Protonen und Heliumkerne freisetzen. DieseAbsorption der Gammaquanten reduziert die Tempe-ratur, der damit verbundene Druckabfall verstärkt dieKompression. Weiterhin ermöglicht die zunehmendeEnergie der Elektronen Reaktionen, in denen Protonenin Neutronen und Elektronen in Neutrinos gewandeltwerden. Zwar sind dies Prozesse der Schwachen Wech-selwirkung, auf Grund der extrem hohen Dichten jedochsind die Reaktionsraten groß. Das Verschwinden vonElektronen treibt ebenfalls die gravitative Kontraktionin einen selbstverstärkenden Prozess. Wenn nur noch dieNeutronen bleiben, dann ist das Volumen dieses innerenBereichs wiederum bestimmt durch das Gleichgewichtdes Drucks auf Grund der Gravitation mit dem quan-tenmechanisch begründeten Druck, den die Neutronenauf Grund ihrer Konzentration aufbauen, vergleichbarden Elektronen. Das Volumen auch dieses Bereichs wirdmit zunehmender Masse kleiner. Es zeigt sich, dass nachAblauf aller Prozesse ein Neutronenstern von etwa 10km Radius verbleibt. Es gibt Hinweise, dass dieser Wertfür den Radius relativ unabhängig ist von der Masse desNeutronensterns. Der Wert der Chandrasekhar-Masseund die Dichte von schweren Atomkernen geben nurAnhaltspunkte. Die Kompressibilität von Materie indiesem extremen Zustand ist Gegenstand der Forschung.

    C. Neutrinoastronomie

    Der beschriebene gravitative Kollaps bis hin zumNeutronenstern findet statt, weil alle Protonen ihreelektrische Ladung auf Elektronen übertragen. Die

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    gebildeten Neutrinos haben die Energie der Elektronen,da die Bewegungsenergien von Protonen und Neutroneneine vergleichsweise geringe Rolle spielen. Die beimKollaps frei gesetzte Gravitationsenergie ist viel größerals die bei allen vorher abgelaufenen Brennprozessen.Sie wird von den Neutrinos fortgetragen, im Vergleich zudenen aus der Sonne haben sie ungleich höhere Energien.

    So entweicht der größte Teil der freigewordenenGravitationsenergie mit den Neutrinos ins All. Nur einAnteil im Prozentbereich geht durch Reaktionen in denextrem dichten, kernnahen äußeren Bereichen verloren.Der damit verbundene Energieübertrag reicht jedochaus, den gesammten äußeren Bereich abzusprengen.Dies ist es, was wir bei dieser Art von Supernova alsExplosion wahrnehmen. Die Streuprozesse bewirktenVerzögerungen der Neutrinos im Sekundenbereich.Aus den genannten Werten zur kollabierenden Masseund zum Durchmesser des verbleibenden Kerns lässtsich die insgesamt freigesetzte Energie, wie auch An-zahl und mittlere Energie der erzeugten Neutrinos,abschätzen. Das absolut Beeindruckende ist nun, dassdiese Neutrinos genau so, als sekundenkurzes Ereignisund in der richtigen Anzahl, beobachtet worden sind!Es gab drei riesigen Apparaturen, eine davon in derKamioka-Mine in Japan. Sie waren als Detektoren vonNeutrinos zu einem anderen Zweck konzipiert, DerKamioka Detektor zun Nachweis eines hypothetischangenommenen Zerfalls des Protons. Registriert wurdendamals 11 hochenergetische Neutrinos. Nach 170.000Jahren Laufzeit trafen sie innerhalb von 10 Sekundenein! Danach sprach man von Neutrinoastronomie. Leiderist das für Doktoranden weniger attraktiv, denn wannwird es die nächste Supernova ähnlich nahe bei unsgeben? Und der Nobelpreis dafür ist auch bereits ver-geben, er ging 2002 Chef der Gruppe, Masatoshi Koshiba.

    In der Andreas-Gurski Foto-Ausstellung 2007 im Hausder Kunst wurde ein grandioses Photo vom Innern desinzwischen wesentlich vergrößerten Detektors in Kamio-ka gezeigt. Wartungsarbeiten, bei denen zwei ForscherSchlauchboot fahren in einem Wassertank. Das Wasserwird als Detektorflüssigkeit verwendet. Die riesige Höhledes Tanks ist ausgekleidet mit Photodetektoren, welcheLichtblitze registrieren, die im Wasser durch Stöße mitNeutrinos ausgelöst werden. Physik und Astronomie ha-ben die Kunstszene erreicht!

    D. Supernovae, der weitere Ablauf

    Bei der extrem schnellen Implosion wird Raum frei, inden die Materie aus den nächst äußeren Sternbereicheneinstürzt. Diese wird an dem zentralen Kernbereichdes sich entwickelnden Neutronensterns näherungsweiseelastisch reflektiert. Im Abstand von wenigen 100 kmvom Zentrum ergibt sich aus der Konkurrenz von weitereinströmendem und bereits zurückströmendem Material

    eine hochverdichtete Zone, die für die kurze Zeit vonmehreren zehntel Sekunden zum Stillstand kommt. AufGrund der sehr hohen Dichte dieser Zone wechselwirktsie mit den vom Kern emittierten Neutrinos, sodassDruck und Temperatur stark ansteigen. Diese Ener-giezufuhr und die Akkretion auf Grund der Rotationbewirken in diesem inneren Bereich extrem turbulenteProzesse, eine Vielzahl von Umwälzungen, bis schliesslichdieser ganze Bereich abgesprengt wird und mitsamt demweiteren Material der äusseren Schalen das Gravitati-onsfeld verlässt. Diese turbulenten Umwälzungen großerMassen sollten auch Quellen von Gravitationsstrahlungdarstellen, und man hofft auf den erfolgreichen NachweisDie Stoßfront ist keineswegs sphärisch oder irgendwiesymmetrisch. Deshalb werden unterschiedliche chemi-sche Elemente in verschiedene Richtungen emittiert. DerUnsymmetrie der Stoßfront entspricht auch ein Rückstoßauf den verbleibenden Neutronenstern, der beträchtlichsein kann. Die Stoßfront durchdringt die umgebendeMaterie und gelangt in die äußere, von uns aus sichtbareOberfläche des Sterns erst nach Stunden oder Tagen.Entsprechend langsam steigerte sich die Helligkeit überWochen hin.

    Die weitere Entwicklung zeigt der Krebsnebel im Stern-bild des Stiers. Dieser sogenannte Nebel zeigt die Über-reste einer Supernova, die am 11. April 1054 heftig auf-geleuchtet hatte und Monate später sogar bei Tageslichtgesehen wurde. Es gibt dafür inzwischen 13 historisch ge-sicherte Quellen. Verglichen mit der Supernova von 1987war die Masse dieses Vorläufersterns mit etwa 10 Son-nenmassen gerade ausreichend, einen Kollaps mit Neutri-noemission zu induzieren. Die etwa tausend mal größe-re Helligkeit damals folgt aus der geringen Entfernungvon nur 6.300 Lichtjahren. Heute sieht man Fronten vonStaub, die vom ultravioletten Licht des Zentralbereichsgut beleuchtetet sind. Die starken Abweichungen von ei-ner sphärischen Form sind Folge der diskutierten Tur-bulenzen zu Beginn. Die Fronten expandieren mit einerGeschwindigkeit von einem halben Prozent der Licht-geschwindigkeit, so dass der Krebsnebel heute in einerAusdehnung von 11 Lichtjahren erscheint. Die Expansi-on wird direkt sichtbar, wenn man alte Photographienzum Vergleich heranzieht.

    Man kann den Krebsnebel vergleichen mit dem Re-likt einer Supernova mit einem deutlich schwereremVorläuferstern von etwa 15 Sonnenmassen: Im Sternbildder Cassiopeia sieht man eine 325 Jahre alte Front,asymmetrisch und zerfasert, von etwa demselben Durch-messer, im Abstand von 11.000 Lichtjahren. Wegendichter Gas und Staubwolken war 1680 die Erschei-nung unauffällig. Auf Grund der höheren Masse desVorläufersterns ist bei diesem Nebel die Expansions-geschwindigkeit etwa drei mal größer, auch ist in derexpandierenden Front der Anteil schwerer Elementedeutlich gößer. Im Zentrum der Nebel befinden sich diejeweils verbliebenen Neutronensterne, beim Krebsnebelleuchtet dieser als Pulsar 30 mal in der Sekunde auf, in

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    allen Bereichen der elektromagnetischer Strahlung, vonRadiowellen bis zu harter Röntgenstrahlung.

    In der Puppis A Supernova beobachtet man für den imRöntgenlicht hell strahlenden Rest, den vor 4000 Jahrengebildeten Neutronenstern RX J0822-4300, die besondershohe Geschwindigkeit von 0,5 Prozent der Lichtgeschwin-digkeit relativ zum Schwerpunkt der SN-Fronten. Die Er-klärung der Stärke des Rückstoßes ist Gegenstand derForschung.

    E. Kosmologische Bedeutung der Supernovae

    Der Ablauf und die Auswirkungen von Supernova-Prozessen hängen entscheidend ab von der Masse desjeweiligen Vorläufer-Sterns. Bei der Supernova 1987 be-wirkte die beschriebene extreme Aufheizung durch Neu-trinos, dass im abgesprengten Bereich die Atomkernesich zunächst in Neutronen, Protonen und Heliumkerneauflösten um anschließend wieder zu fusionieren. Dabeigab es Prozesse von Bildung und Zerfall, in denen diemit der Masse der Atomkerne zunehmende elektrischeAbstoßung und die Stabilität der Kerne eine Rolle spiel-te. Deswegen endete die so gebildete Verteilung nähe-rungsweise im Bereich von Eisen, da hier die Bindung derNukleonen im Kern am stärksten ist. Dies Material ex-pandierte mit der abgesprengten Schale. Ein Beispiel istder Krebsnebel. Über ihre Spektrallinien kennen wir fürdie verschiedenen chemischen Elemente deren Häufigkeit.Sie hängen davon ab, wie sich während ihrer EntstehungTemperatur und Dichte zeitlichen entwickelt hatten. We-gen der Turbulenz des Vorgangs können sich benach-barte Bereiche stark unterscheiden. Entsprechend zeigenSupernova-Fronten keineswegs eine gleichförmige Vertei-lung. Mit zunehmender Abkühlung bildeten sich einfachechemische Moleküle und Staubteilchen. In letztere kon-densierten insbesondere die schwereren Elemente. Im um-gebenden interstellaren Gas bewirken die expandieren-den Fronten Kompressionseffekte und unterstützen so dieBildung neuer Sterne in fortlaufenden Zyklen. Auf dieseWeise reicherten sich die chemischen Elemente an aus de-nen unsere Welt besteht. Zugespitzt formuliert: Jeder vonuns besteht aus Überresten von Supernova-Prozessen.

    F. Zoo der Sopernovae

    Sterne, die mit weniger als etwa 8 Sonnenmassen began-nen, können auf signifikant andere Art als Supernovaezünden: Diese hatten den nuklearen Brennprozess mitder Bildung von Kohlenstoff und Sauerstoff beendet, unddie s die Materie der äußeren Schalen durch Strahlungabgestoßen, sodass kompakte Weiße Zwerge verblieben.Deren Masse liegt bei etwas zwei Dritteln der Somnnen-masse. Falls sie Teil eines Doppelsternsystems sind undvom anderen Partner Materie aufnehmen, kann der sogenannten Typ Ia Supernova-Prozess ausgelöst werden.

    Inzwischen beobachtet man etwa 300 Supernovae dieserArt pro Jahr.

    Dabei kann als “Vorspiel“ der auf der Oberfläche einge-fangene Wasserstoff zu Helium verbrennen. Solche kurzdauernden Ereignisse bezeichnet man als Novae. Diesekönnen sich wiederholen, V407 Cygni, 9000 Lichtjahreentfernt, zeigte 1936 und 2010 einen solchen Ausbruch.Das abgesprengte Material bildet beim Durchdringender Umgebung des Roten Riesen Stossfronten, welcheauch Gammastrahlung emittiert.

    Das Supernov-Ereignis vom Typ Ia ergibt sich, sobaldder Weiße Zwerg auf Grund der aufgenommenen Materiedie Chandrasekhar-Masse erreicht. Mit dem nun einset-zenden gravitativen Kollaps steigt die Temperatur unddie abgebrochene Kette von Fusionsreaktionen zündetwieder: Aus Kohlenstoff und Sauerstoff entsteht Silizium,und aus diesem Nickel. Die dabei freigesetzten Energieübertrifft die Energie der Bindung durch Gravitation,wegen der Schnelligkeit des Prozesses ergibt sich einexplosiver Prozess, die gesamte Materie wird verstreut.Im Vergleich zur Core-Kollaps Supernova von 1987 istdie insgesamt freigesetzte Energie um vier Größenord-nungen geringer, jedoch ist die Helligkeit im optischenBereich meist größer. Dies liegt daran, dass Nickel 56,das häufigste Fusionsprodukt, in der Explosionsfrontliegt und diese durch radioaktiven Zerfall aufheizt. Diefreigesetzte Energie ist ohne Verschattung zu sehen.Die von Tycho Brahe 1572 beobachtete Supernovaist das gute Beispiel für eine Typ Ia Supernova. ImRöntgenlicht erscheint sie heute als riesiger Ball. Die TypIa-Supernovae unterscheiden sich also ganz wesentlichvom Typ der Supernova, die wir 1987 kennengelernthaben: Es fehlen die Neutrinos, und in dem verstreutenMaterial fehlt der Wasserstoff, es besteht überwiegendaus Nickel und Eisen. In der näheren Sonnenumge-bung sind zwei Drittel der Atome der Eisengruppeden Typ Ia-Supernovae zuzuordnen, und nur ein Drit-tel den massereicheren vom Typ II. Die häufigstenleichteren Elemente von Kohlenstoff bis Kalzium hin-gegen stammen vorzugsweise aus den Typ II Supernovae.

    Davon ausgehend, lässt sich das Alter von Sternenabschätzen. Im Mittel sind Typ Ia-Supernovae jüngereEreignisse als Typ II-Supernovae, deshalb zeigen früh ge-bildete Sterne einen höheren Anteil an Magnesium relativzu Eisen als die später gebildeten. So zeigt man, dass dieSterne des zentralen Bereichs der Galaxis älter sind alsdie der Scheibe weiter aussen.

    Für die Typ Ia-Supernovae zeigt die anfängliche Situa-tionen eine gewisse Streubreite. Die Experten streben an,die Typ Ia-Supernovae so gut zu verstehen, dass sie je-der beobachteten Supernova dieser Art aus ihrem Spek-trum und dem jeweiligem zeitlichen Verlauf der Lichtab-strahlung eine bekannte Leuchtkraft zuordnen können.Sie sprechen dabei gerne von Standardkerzen. Inzwischensind 6000 dieser Typ Ia Supernova beobachtet worden.

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    Man erkennt sie im optischen Spektrum an den Linienvon Silizium, und am Fehlen von Wasserstoff und Heli-um. Sie leuchten besonders hell auf. Allerdings gibt esdiese Kerzen erst im relativ fortgeschrittenem Stadiumder Sternentwicklung, da es Zeit braucht zur Bildungvon Weissen Zwergen und insbesondere von Roten Rie-sen, den Partnern im Doppelsternsystem, von dem dieabgestoßene Materie akkretiert wird.

    G. Verteilung der Elementhäufigkeit

    Es ist ein großes Ziel von Astronomie und Kernphysik,die Häufigkeit der chemischen Elemente im Detail zuverstehen. Bei den Supernovae haben wir skizziert, wieaus primordialem Material, Wasserstoff und Helium,durch Einfang geladener Teilchen die chemischen Ele-mente bis zu Eisen erzeugt werden. Diese Elementebilden in den Sternen der nachfolgenden Generation dieBeimengungen zu Wasserstoff und Helium, und werdenzum Ausgangsmaterial weiterer Elementumwandlungen.Neben der Anlagerung von Protonen ist der Einfang vonNeutronen besonders wichtig. Entsteht nach (gegebe-nenfalls wiederholtem) Neutroneneinfang ein radioaktivinstabiler Kern, dann geht dieser durch β-Zerfall, d.h.unter Emission eines Elektrons, in einen fester gebun-denen Kern der nächst höheren Ordnungszahl über.Dabei sind die Zeitskalen so, dass der radioaktive Zerfallviel schneller erfolgt als der nächste Einfang. Damit istein Weg durch die Isotope der so gebildeten Elementefestgelegt, dieser folgt der stärksten Bindung. Der Wegwird sichtbar, da fast alle Atomkerne einen Teil diesesWegs durchschritten haben, bis sie irgendwo auf demWeg stehen geblieben sind. Dieser Prozess des langsamenNeutroneneinfangs, kurz (slow) s-Prozess, geht aus vonEisen und findet sein Ende bei Blei und Wismut, daalle anschließend, auf diese Weise erreichbaren Kerneinstabil sind gegen Teilchenzerfall.

    Relevant werden diese Vorgänge, sofern sie in Berei-chen stattfinden die später abgestoßen werden und soden den interstellaren Raum erreichen. Dies gilt für eineSchale in Roten Riesen, in der Helium zu Kohlenstofffusioniert, und in der an bereits vorhandenen leichterenAtomkernen (13C und 22Ne) durch den Einfang vonHelium der benötigte Fluss an Neutronen entsteht. Imzentralen Bereich solcher Sterne ist das Wasserstoff-und Heliumbrennen bereits beendet, er wird später ineinen weißen Zwerg übergehen. Die hier diskutiertenSterne im asymptotischen Riesenast des Hertzsprung-Russell-Diagramms sind bereits zum Tausendfachen desSonnendurchmessers aufgebläht. In der nachfolgendenweiteren Expansion werden die gebildeten schwerenElemente in dem sgn. planetarischen Nebel freigesetzt.

    Die beobachtete Verteilung der Isotope zeigt, dass es ne-ben dem s-Prozess zumindest einen weiteren Mechanis-mus der Erzeugung schwerer Elemente gegeben haben

    muss. Dieser hat die Genese der beobachteten neutronen-reichen Atomkerne zu erklären, die ausserhalb des Bil-dungspfads der s-Prozess-Kerne liegen, und Kerne schwe-rer als Blei und Wismut sind ausschließlich auf diese Wei-se entstanden. Man ging zunächst davon aus, dass derenErzeugung durch extrem schnellen Neutronen-Einfangerfolgt, deswegen die Bezeichnung (rapid) r-Prozess. In-zwischen stellt sich heraus, dass dies in den uns bekann-ten Formen von Supernovae nicht möglich ist. NeuesteUntersuchungen zeigen, dass diese Kerne bei der Ver-schmelzung zweier Neutronensterne entstehen sollten.Dabei wird ein Bruchteil der hochdichten Neutronenma-terie ins interstellare Medium freigesetzt. Zunächst ent-steht eine thermisch bestimmte Verteilung neutronenrei-cher Kerne sehr großer Masse. Aus diesen entstanden dieuns bekannten Kerne durch Spaltung und radioaktivenZerfall. So erklärt sich die in den verschiedenen Sternenbeobachtete einheitliche Verteilung der Elementhäufig-keit von r-Prozess Kernen. In der Milchstraße entsprichtdie Masse der gebildeten r-Prozess Kerne einigen Tau-send Sonnenmassen. (Die der s-Prozess Kerne ist ver-gleichbar.) Aktuelle Berechnungen zeigen, dass bei jederVerschmelzung zweier Neutronensterne knapp ein Pro-zent einer Sonnenmasse in der Form von r-Prozess Ker-nen freigesetzt werden sollte. Allerdings beobachtet manbereits in sehr alten Sternen schwere Elemente, derenHäufigkeit jedoch 4 Größenordnungen unter dem aktu-ellen Wert liegt. Deren Alter schliesst die Bildung aus ei-nem Neutronendoppelsterns wohl aus. Als Entstehungs-ort vermutet man frühe Supernovae extrem massereicherSterne.In die angestrebte Berechnung der Verteilung der Ele-menthäufigkeit gehen ein die Entwicklung der Galaxien,die Modellierung von Sternentstehung und Supernovae-Prozessen, und die Kenntnis von Kernreaktionsraten, dieaus Labordaten abgeleitet sind. In den Grundzügen istdies verstanden. Der Pionier dieser Physik war WilliamFowler (Nobelpreis 1983).

    H. Zeitangaben

    Die in stellaren Prozessen erzeugten Verteilungen derElementhäufigkeiten werden anschließend modifiziertdurch radioaktiven Zerfall. Falls von einem chemischenElement verschiedene Isotope gebildet wurden, betrifftder Zerfall mit einer charakteristischen Halbwertszeitjeweils nur ein Isotop. Kann man Proben unter La-boratoriumsbedingungen untersuchen, und gelingt es,die Zahl der durch Zerfall gebildeten Kerne relativzu den verbliebenen zu bestimmen, so folgt der Zeit-punkt, zu dem das Material derc Probe erzeugt wurde.Dementsprechend können Altersbestimmungen von Erd-schichten, Meteoriten, der Erde und des Sonnensystemssehr genau sein.

    Anders ist es bei Sternen. Hier haben wir nur die Spek-trallinien als Information, und diese unterscheiden nicht

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    nach Isotopen. Deshalb konzentriert man sich auf Ele-mente die möglichst aus nur einem Isotop bestehen, undbestimmt deren durch den bereits erfolgten Zerfall redu-zierte Häufigkeit. Das Problem dabei ist die Referenz-größe, die Häufigkeit vor dem Zerfall. Hier spielen Uranund Thorium eine wichtige Rolle. Diese heute beobach-teten Elemente werden nur im diskutierten r-Prozess er-zeugt, Nach einiger Zeit sind auf Grund des Alpha - Zer-falls fast alle Elemente schwerer als Blei verschwunden,nur von Uran und Thorium ist etwas übrig geblieben.Deren unterschiedliche Zerfallszeiten und der definierteProzess ihrer Erzeugung erlauben näherungsweise Aus-sagen über das Alter. Kürzlich wurde auf diese Weiseeinem Stern im Halo der Milchstraße ein Alter von 13,2Milliarden Jahren zugeordnet. Das passt zu der sehr nied-rigen Häufigkeit schwerer Elemente in diesem Stern undzu unserer Kenntnis über das Alter des Kosmos. Jedochist die Messung und ihre Analyse mit einer Unsicher-heit von insgesamt mehr als einer Milliarde Jahre behaf-tet. Man sollte jedoch festhalten, dass dies eine direkteAltersbestimmung darstellt, unabhängig von der Physikkosmischer Expansion.

    I. Pulsare, Magnetare, Gravitationswellen

    Die verbleibenden Neutronensterne sind sehr kompakteObjekte. Beim Kollaps im Supernova-Prozess bleibt derDrehimpuls erhalten, sodass ein Teil davon auf den Neu-tronenstern übergeht. Wegen des geringen Durchmessershaben diese extrem hohe Umlaufgeschwindigkeiten, einTag auf einem derart kompakten Stern kann nur wenigeMillisekunden dauern. Beim Kollaps bleibt der Fluss desMagnetfelds erhalten, sodass auf Grund der Konzentra-tion extrem starke Magnetfelder entstehen. Nahe derOberfläche übertreffen diese um bis zu eine Milliardedie in Laboratorien erzeugten Feldstärken. Ist nun, wiebei der Erde, die Achse des Felds gegen die Drehachsegeneigt, so bewirkt das umlaufende Feld im umgebendenMedium elektromagnetische Induktionseffekte und inderen Folge Abstrahlung elektromagnetischer Wellen,die einem fernen Beobachter als eine im Takt desUmlaufs pulsierende Quelle erscheinen, wie der Strahleines Leuchtturms.

    Die emittierte Strahlung umfasst alle Frequenzbe-reiche. Ihre Quellen sind thermische Röntgenstrahlungaufgrund der Temperatur der Oberfläche des Neu-tronensterns, Radiowellen aus dem umlaufendenoberflächennahen Plasma, und Synchrotronstrahlunghöchstenergetischer Elektronen, die vom bewegtenMagnetfeld beschleunigt wurden, und die Strahlung bishinein in den GeV Bereich erzeugen.

    Der erste Pulsar wurde bei einer Suche nach Radio-quellen 1967 von Jocelyn Bell entdeckt. Der Nobelpreisdafür ging 1974 nur an ihren Doktorvater, AntonyHewish. Inzwischen kennt man aus Beobachtung in der

    Radiostrahlung über 2000 Pulsare. Aus der im Verlaufvon 30 Jahren beobachteten Verkleinerung der Pulsfre-quenzen erhält man Information über die Abstrahlung.Nach 10 Millionen Jahre sollten die Magnetfelderverbraucht sein. Es gibt ein Doppelsternsystem von 2Pulsaren. Bei diesem zeigten Russell Hulse und JosephTaylor (Nobelpreis 1993), dass die beobachtete Abnah-me der Umlaufsfrequenz der Erwartung auf Grund derAbstrahlung von Gravitationswellen entspricht.

    Eine direkte Beobachtung publizierte das LIGO-Team2016. Am 14. September 2015, um 11:50 Uhr deutscherZeit, passierte eine Gravitationswelle die Erde. Diesetransversale Oszillation der Raumzeit ist quadrupolar,und deshalb besonders geeignet zur Detektion miteinem Michelson-Interferometer. In zwei rümliuch ge-trennten Detektoren in den USA wurde sie beobachtet.Wissenschaftler der Max Planck Gesellschaft leistetenentscheidende Beiträge. Die Quelle für das sekunden-kurze Ereignis war der Gravitationskollaps zweier sichumkreisender Schwarzer Löcher, mit den Massen von29 bzw. 36 Sonnen. Das Signal zeigt die Frequenz derUmläufe, die bis zu etwa 100 Hz ansteigt. Die freigesetzte Energie der Gravitationsstrahlung liegt bei 3Sonnenmassen, sodass trotz des Abstands von 1,3 Milli-arden Lichtjahren die Schwingung der Raumzeit auf derErde zu beobachten ist. Deren Amplitude ist, verglichenmit dem Erddurchmesser gleich dem Durchmesser einesAtomkerns.

    Etwa 10 Prozent der Neutronensterne haben Magnet-felder, die nochmal um etwa einen Faktor 1000 stärkersind, man spricht von Magnetaren. Ihre Umlaufszeitenliegen im Bereich von mehreren Sekunden. Die extremenFeldstärken ergeben sich durch Induktion, den Aufbaudes Sterns denkt man in Schichten, die z.T. supraleitendsind, kinetische Energie der Rotation wird in Energie desMagnetfelds gewandelt. Entsprechende Umordnungen(Reconnections) der Magnetfelder sind mit heftigenStrahlungsausbrüchen verbunden.

    Eine Beobachtung in der Region Westerlund in derMilchstraße am Südhimmel zeigt das Relikt eines Dop-pelsterns, der Vorlaufer sollte 40 Sonnenmassen gehabthaben. Im SN-Prozess wurde offensichtlich soviel Mate-rie abgesprengt, dass der Rest nicht mehr reichte zur Bil-dung eines Schwarzen Lochs.

    J. Zur Sternentstehung heute

    Sterne entstehen immer dann, wenn lokale Bereichevon verdichtetem interstellaren Gas und Staub aufGrund ihrer eigenen gravitativen Anziehung kollabieren.Wegen des Staubs ist der Vorgang der Sternentstehungzumeist nicht sichtbar. Verdichtungen ergeben sichaus der Überlagerung verschiedener Bewegungen. Indiesen Bewegungen spiegelt sich die ganze Vorgeschichte.

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    Verdichtungen ergeben sich bereits aus Turbulenzen, dieaus Akkretionsvorgängen auf Grund der Bewegung umdas Galaktische Zentrum folgen.

    Zunächst sollen die Gröënordnungen skizziert werden.Materie im Kosmos ist zu 90 Prozent noch freies, pri-mordiales Gas, nur 10 Prozent ist in Sternen gebunden.Im Bereich der Galaxis ist das Verhältnis gerade umge-kehrt. Die mittlere Dichte des Gases dort beträgt einWasserstoffatom pro Kubikzentimeter, sie liegt somit um7 Gröënordnungen über dem mittleren Wert im Kosmos.Sternentstehung bedeutet eine weitere Verdichtung ummehr als 25 Gröënordnungen (s.o.). Sternentstehungerfolgt, wenn die thermische Energie des Gases nichtmehr ausreicht dem Druck der gravitativen Anziehungstandzuhalten. Dementsprechend kollabieren in kalten,dichten Gasen bereits kleine Bereiche, während diesin dünneren, wärmeren Gasen nur für große Bereichemöglich ist: In kalter Umgebung entstehen die leichtenSterne, in wärmerer die schweren. Von den leichtenSternen gibt es viele, von den schweren wenige. DieMasse von Sternen ist beschränkt, da bei sehr schwerenSternen die Temperaturerhöhung beim raschen gravita-tiven Kollaps so stark ist, dass es das System zerreisst.Über die Häufigkeit der Sterne in der Galaxis kann mansagen, dass sie um einen Faktor 5 abfällt, wenn derenMasse um einen Faktor 2 zunimmt. Die schweren undschwersten Sterne brennen besonders schnell ab, die mit100 Sonnenmassen in weniger als einer Million Jahren,die Sonne in 9 Milliarden Jahren, und die leichterenin noch viel längeren Zeiten. Entsprechend variiert dieabgestrahlte Energie.

    Die zur Sternentstehung nötigen hohen Dichtenstellen sich auf Grund dynamischer Prozesse für kurzeZeiten ein. Sie umfassen Gas-Staub Bereiche von vielentausend Sonnenmassen, in denen gleichzeitig, und auchin gegenseitiger Beeinflussung, eine größere Anzahl vonSternen entstehen. Nur über spezielle Strömungen audGrund gegenseitiger Beeinflussung ist das Entstehender schwersten Sterne zu verstehen. Je massereicherein Gas-Staub Bereich, desto eher entsteht dort auchschwere oder sehr schwere Sterne.

    Diese spielen für das Weitere eine besondere Rolle: Sieemittieren intensive Strahlung, auch im Röntgenbereich,und ionisieren und erwärmten so das umgebende Me-dium aus Gas und Staub. Dies verhindert dort weitereSternbildung. Die Ausdehnung des erwärmten Gasesdrängt das umgebende kalte Gas zurück. Verstarkt wirddieser Effekt durch Stoßfronten, verursacht durch stellareWinde. Diese nehmen mit der Masse des zentralen Sternssehr stark zu. Die so erhöhte Dichte im umgebendenkalten Gas bewirkt dort verstärkte Sternbildung. Dieräumliche Verteilung der so entstandenen leichten Sternewird bestimmt durch die Wechselwirkung der Stoßfrontmit den turbulenten Strömungen im kalten Gas. Beiden entstehenden Sternen sind protostellare Scheiben

    und auch Akkretions-Jets beobachtet worden. DieAkkretions-Scheiben bestehen für wenige Millionen Jah-re. Dies ist der Zeitraum einer etwaigen Planetenbildung.

    Erfolgt dann die Supernovaexplosion des Zentralsterns,so räumt die entsprechende, zweite Stos̈front den umge-benden Bereich leer, und die im Nahbereich gebildetenneuen Sterne werden so besser sichtbar. Dazu kommt,dass die Supernova-Stos̈front ihrerseits im umgebendenMedium eine weitere Phase von Sternbildungen auslöst.Die schweren Sterne lösen also zumindest zwei Zyklender Sternbildung aus. Dabei wird jeweils nur ein eherkleiner Anteil des Ausgangsmaterials verbraucht, Wertevon 10 Prozent werden genannt.

    Interessant ist, dass der Entstehungsprozess der Sonneund unseres planetaren Systems durch das Materialeines Zentralsterns von mindestens 30 Sonnenmassendominiert war. In der Entwicklung von Sternen dieseroder noch höherer Masse werden infolge der hohenFreisetzung von Energie äußere Schalen abgesprengt,sodass innere Schalen, in denen der Brennprozess weitfortgeschrittten ist, nahe an der Oberfläche liegen. Manspricht von Wolf-Rayet Sternen. Deren Sternwindetragen eben erzeugtes Material nach außen. Interessantsind die durch Reaktion in diesen Schalen gebildetenradioaktiven Isotope von Natrium und Aluminium,22Na und 26Al. 22Na zerfällt nach einigen Jahren, 26Alnach knapp einer Million Jahren. Deren Zerfall könnenwir auf Grund der nachfolgenden Gammastrahlungaus solchen Sternen beobachten. Haben wir auch eineInformation über die Zerfallsprodukte, so können wirzeitliche Abläufe im Detail rekonstruieren. Beispieledafür: Im 1864 nahe Orgueil in Südfrankreich nieder-gegangenen Meteoriten findet sich reichlich 22Ne, dasZerfallsprodukt von 22Na. Das bedeutet, dass 22Na imMeteoriten deponiert war, bevor es im Wolf-Rayet Sterndurch Protonenanlagerung in 23Mg überführt wurde.Kennt man einige kernphysikalische Reaktionsdaten (zuderen Messung ich beigetragen konnte: Phys. Rev. C75,045807 (2007)), so kann man auf die Temperatur imWolf-Rayet Stern schliessen. Ein weiteres Beispiel: Inalten Meteoriten findet man in Chondrulen, die Alu-minium auf Grund seiner chemischen Eigenschaften inihr Kristallgitter binden, das Zerfallsprodukts von 26Al,Magnesium 26Mg. Innerhalb der Halbwertszeit von we-niger als 1 Million Jahren gelangte also 26Al nach seinerBildung im Innern des Sterns über die erste Stoßfront indie Kristalle eines Meteoriten unseres Sonnensystems. Invergleichbarer Weise kann man nach kurzlebigen Kernenaus der anschließenden zweiten Stoßfront auf Grundder anschliessenden Supernovaexplosion fragen. Hierfüreignet sich ein Isotop des Eisens, 60Fe, das in wenigenMillionen Jahren zu 60Ni radioaktiv zerfällt. Dies wirdebenfalls in Meteoriten nachgewiesen. Es wird nunberichtet, dass einige Meteoriten 26Al, aber keinen 60CoZerfall zeigen. Sie entstanden offensichtlich nach derersten, aber vor der zweiten Stoßfront. Die Beobachtung

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    sei konsistent mit präzisen Altersbestimmungen dieserMeteoriten auf Grund des Alpha-Zerfalls sehr schwererKerne.

    Eine weitere interessante Frage ist, wie schwer Sterne seinkönnen. Inzwischen kennt man Sterne, die mit einer Mas-se von 300 Sonnen begannen. Sie sollten in Bereichen ent-standen sein, die frei waren von schwereren Elementen.Somit wäre die Situation vergleichbar mit der zu Beginnaller Sternentstehung. Für alle diese sehr schweren Ster-ne gilt, dass ihr Ende als Supernova ihre Umgebung inentscheidender Weise geändert hatte.

    IV. SCHWARZE LÖCHER

    Bei den bisher beschriebenen Supernovaprozessenbleiben Neutronensterne zurück, deren Masse die derSonne etwas übertreffen. Was hätte man zu erwarten,wenn die Masse eines derart kompakten Systems nochgrößer wäre? Na