Kommende des Deutschen Ordens St. Elisabeth zu Buro · 2013. 9. 27. · eine Niederlassung des...

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Romanik (vor 1250) Aus Feldsteinen wird die heutige Kirche als turmlose Saalkirche mit Chor und halbrund- er Apsis errichtet. Gotik I (um 1258) Ein erstes Ordensgebäude wird in Feldsteinbauweise an die bestehende Kirche ange- baut. In die Westwand der Kirche werden 2 rundbogige Zugänge gebrochen, um den Zutritt der Ordensangehörigen zu ermöglichen. Gotik II Die Komturei wird nach Norden erweitert. Der neu errichtete Nordflügel trägt über einem massiven Erdgeschoß aus Feldsteinen einen Fachwerkaufbau. 2 spitzbogige Zu- gänge im damaligen Erdgeschoss verbinden die Flügel. Die Kirche wird über eine höl- zerne Galerie an der Hofseite des ersten Stocks betreten. Renaissance (nach 1520) Ein Brand verursacht starke Zerstörungen, die wohl hauptsächlich den Nordflügel be- trafen. Beim Wiederaufbau wird das Obergeschoss des Nordflügels massiv aus Ziegeln errichtet, eine Enfilade verbindet die Räume. Im Inneren der Komturei werden umfang- reiche Veränderungen der Grundrisse vorgenommen. Das Gebäude erhält reich ausge- malte Erker nach Westen und nach Süden mit hohen Dachaufbauten. Ein Aborterker nach Süden dient sanitären Bedürfnissen. Die Schwarzküche wird durch eine separate Fachwerkeinhausung überdeckt. Ein turmartiger Wendelstein im Inneneck der Flügel erschließt die einzelnen Geschosse. Barock I (um 1655) Nach dem 30jährigen Krieg sind an der Gesamtan- lage größere Reparaturen nötig. Die Aufbauten der beiden Erker werden abgebrochen, ihre Decken mit einem Kreuzgewölbe versehen. Spätestens zu dieser Zeit erhalten die ursprünglich flachgedeck- ten Kellerräume ein Tonnengewölbe. Barock II (1697-1727) Umfangreiche barocke Modernisierung der Kirche mit Loge, neuem Altar und Kanzel sowie Errichtung des Kirchturms. Wendelstein und Aborterker wer- den abgebrochen, der Nordflügel erhält einen Er- ker nach Osten sowie eine einläufige Freitreppe als neuen Zugang. Im Nordflügel wird die Westliche Galerie zur Erschließung der Räume angelegt. Der Lustgarten wird angelegt und ist über eine Frei- treppe am westlichen Erker erreichbar. Eine Korb- bogenmauer aus Backsteinen trennt Friedhof und Gartenanlage. Barock III (nach 1730) Weitere Aufwertung der Komturei. Die doppelarmige Freitreppe des Südflügels wird errichtet und zum neuen repräsentativen Hauptzugang der Komturei. Der südliche Er- ker erhält eine Freitreppe in die Gartenanlage. Rokoko (1758-1760) Apsis und Ostwand der Ordenskirche werden abgebrochen und die Kirche um 4,60 Me- ter nach Osten verlängert, um Platz für die Orgel zu schaffen. Biedermeier (nach 1811) Auf der Fläche der Baumschule und Weideflächen wird ein Landschaftspark angelegt, der Überliefe- rung nach durch Schoch und Eyserbeck, die „Gärt- ner von Wörlitz“. 20. Jahrhundert Die ehemalige Schwarzküche wird ab 1910 zu Büro- räumen umgebaut. Der Gartensaal dient als Bil- lardsalon, das Gebäude ist nicht mehr bewohnt. In Teilen des Parks werden Obstbäume gepflanzt. Ab 1945 bewohnen bis zu vier Familien die Komturei. Da Maßnahmen zur Bauunterhaltung ausbleiben, beginnt das Gebäude zu verfallen. Zur Nahrungs- mittelerzeugung werden der Lustgarten und Teile des Parks landwirtschaftlichen Zwecken unterzo- gen. Nach 1984 steht das Gebäude leer. Etwa zur gleichen Zeit wird in der Ordenskirche ein beheiz- barer Raum errichtet und in diesem Zuge der baro- cke Altar und die Rokoko-Orgel demontiert. Autor: Matthias Prasse, Dresden Weiterführende Literatur: „Der Deutsche Ritterorden in Buro“, M. Prasse, Herrenhaus-Kultur-Verlag, Dresden 2008 www.Komturei-Buro.de Schlösser und Gärten zwischen Elbe und Fläming Ein Projekt des Naturpark Fläming e.V. Kommende des Deutschen Ordens St. Elisabeth zu Buro Mit Kreuz, Schwert und Pflugschar D ie Deutschordenskommende St. Elisabeth zu Buro gehört zu den herausra- genden Zeugnissen religiös-adligen Lebens im Bundesland Sachsen-Anhalt. Entstanden im 13. Jahrhundert und in der Folgezeit vielfach neu gestaltet, ist sie trotz des Verlustes erheblicher Gebäudeteile noch immer ein charakteristisches Beispiel für eine Niederlassung des Deutschen Ritterordens. Heute harrt die pittoreske Anlage als Gesamtkunstwerk der Wiederentdeckung. Da- bei will sie nicht totes Denkmal, sondern mit seinen Bewohnern und Gästen auch im 21. Jahrhundert voller Leben sein. In der Anfangszeit des Deutschen Ordens haben ihn gerade Familien aus dem mittel- deutschen Raum geprägt. Allein neun Hochmeis- ter des Ordens stammen aus Thüringen, dem Vogt- land und dem Pleißenlande, darunter der berühmte Herrmann von Salza. Darum ist es nur logisch, dass der Orden in der Heimat seiner Ordensritter zu Be- sitz und Privilegien kam. Zur Verehrung ihrer Tante, der Heiligen Elisabeth v. Thüringen, übertrugen im Jahr 1258 die fürstli- chen Brüder des Hauses Anhalt das Dorf Buro dem Deutschen Ritterorden. Die Kommende gehörte zur Ordensprovinz (Ballei) Ober- und Niedersach- sen, die sich in etwa zwischen Bremen und Torgau, Göttingen und Belzig erstreckte. Doch das Zusammenleben mit dem anhaltischen Fürstenhaus verlief nicht nur friedlich. 1320 kam es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung, als unter Führung des Fürsten Albrecht II. von Anhalt 23 Ritter gewaltsam in die Kommende eindringen, plündern und rauben. Bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts erwirbt der Orden durch Schenkungen und Zukäufe weiteres Vermögen, bis der Buroer Besitz etwa 1.100 Hektar Acker und Forstflächen umfasste. Nach der Reformation Nicht erst nach der Reformation sank die Lust, dem Orden beizutreten und Keuschheit, Armut und Gehorsam zu geloben. Trotzdem verpflichtete man alle Komture (die stets alten Adelsfamilien entstammen mussten) bis zur Auflösung der Kommende im Jahre 1809 zu einem Leben in Keuschheit (Zölibat). Unterdessen wurden die Buroer Komture zum Diener zweier Herren. Nominell nur dem Deutschmeister unterstellt, verlangte auch der anhaltische Landesherr verschiedene Dienste. Die Ordensritter mussten nicht nur bei fürstlichen Familienfesten erscheinen, sondern auch mit ihren bewaffneten Knechten Kriegsdienste leisten. Als Statthalter der Ballei Sachsen besiegelt der Bu- roer Komtur Henning v. Britzke im Jahr 1606 die all- gemein gültigen neuen Ordensstatuten und ver- abschiedet damit Lebensregeln für die Ordensmit- glieder, die bis 1809 Bestand haben sollten. Maß- geblich ist er, der lutherischen Glaubens war, daran beteiligt, den Orden auf die kommende Zeit der Mehrkonfessionalität vorzubereiten. Gleichzeitig bestimmte man den Kampf gegen die Türken als neue Aufgabe der Ordensritter und der Ordensanwärter. Nach dem Ausbruch des 30jährigen Krieges belas- ten durchmarschierende Truppen und drückende Kontributionen die wirtschaftliche Lage der Kom- turei. In dieser Zeit beginnt man, die Landwirtschaft nicht mehr selbst zu betreiben, sondern Pächtern zu überlassen. Im Kriegsjahr 1637 ist der traurige Höhepunkt des Elends erreicht. Das Komturgebäu- de war zum Teil ohne Dach, Fenster und Schlösser fehlten, die Windmühle war zerstört, die Meierei verwüstet, der Acker unbestellt. Der Niedergang und Auflösung der alten Ideale Im 18. Jahrhundert ließ es sich wieder von den Einnahmen der Kommenden gut leben, denn die Zahl der Ordensmitglieder war stark zusammengeschmolzen. So gab es 1773 in den 10 deutschen Balleien lediglich noch 58 Komture, davon 5 in der Ballei Sachsen. Die wirtschaftlich starke Buroer Kommende wurde zur „Perle der Ballei“. Der Orden war zu einer Versorgungs- und Aufenthaltseinrichtung des Adels geworden, vergleichbar mit den Domkapiteln. 1809 wurden durch Napoleon die Kommenden des Deutschen Ordens säkularisiert und der Besitz dem anhaltischen Landesherrn zugeschlagen. Vergeblich protestierte der Orden gegen diese Entscheidung, Buro wurde zur landesherrlichen Domäne und für knapp 30 Jahre auch anhaltisch-bernburgisches Landesgestüt für Pferdezucht. Das Ende ? Die Domäne hatte bis 1945 Bestand. Im Zuge der Bodenreform wurde der letzte Domä- nenpächter, Philipp Bennecke, verhaftet. Er starb noch Ende 1945 in einem sowjetischen Speziallager. Den tiefsten Eingriff erfuhr das Gebäudeensemble 1948, als bedeutende Gebäudeteile abgerissen wurden. Als negativ besetztes Symbol für die feudale Junker- herrschaft teilte die Deutschordenskommende Buro damit das Schicksal vieler Burgen, Schlösser und Herrensitze im Osten Deutschlands nach dem II. Weltkrieg. Politisch verblendete Menschen wollten die damals 700jährige Geschichte nicht wahr haben und jede Erinnerung vom Boden tilgen. Vernichtet und für immer verloren sind so das „Neue Haus“ von 1595 und der Ostflügel mit ihren goldgeprägten Ledertapeten, Bildern und Möbeln. Zum Glück entging der älteste Teil der Komturei dem Abriss. Dieser war mit Umsiedler- familien belegt, die Wohnraum benötigten. Danach diente das Gebäude als Wohnhaus für bis zu 4 Familien. Seit 1984 stand die Kommende St. Elisabeth leer und war dem Verfall preisgegeben. Ein neuer Anfang 2006, nach 22 Jahren Leerstand, verkaufte das Bundesland Sachsen-Anhalt die verblie- benen Gebäude an eine Familie, die dem Orden verbunden ist. Nach einer eingehenden bauhistorischen Untersuchung begann die schrittweise Sanierung, um dem Gebäude eine neue sinnstiftende Nutzung zu geben. Im Rahmen von Führungen, Vorträgen und Seminaren wird St. Elisabeth Schritt für Schritt der Öffentlichkeit zugängig gemacht. Ab April 2009 betätigt sich die Ordens- kommende auch wieder als wirtschaftlich, man betreibt die Spezialitäten-Brennerei Morulus et Sacrum“, die nach alten Rezepten verschiedene Spirituosen herstellt. Kommende Buro um 1820 (Privatbesitz) Wappen der (v.) Prasse (Privatbesitz) vorgeschriebene Ordenskleidung ab 1606 (Kommendearchiv Buro) Gesamtplan der Kommende St. Elisabeth im Jahr 1730 (Kommendearchiv Buro) Es gibt Orte, an denen spürt man den Zauber der Vergangenheit, Orte, die eins machen mit Augenblick und Vergangenheit. Die Erfahrung, dass dies in Buro so zu sein scheint, haben schon viele Menschen machen dürfen, Zeitlosigkeit wird hier spürbar. Querschnitt durch den Nordflügel (Bestandsaufnahme Matthias Prasse) „… Die besondere spirituelle und kulturhistorische Aus- strahlung umfängt auch heute noch jeden Besucher, der durch die niedrigen Portale von Ordenskirche und Komturei tritt. Die Ruhe und Stille, die sich dann in uns ausbreitet, lässt etwas spüren vom alten Geist gläubigen Denken und Lebens …“ Eintrag im Gästebuch Juni 2008

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Romanik (vor 1250)Aus Feldsteinen wird die heutige Kirche als turmlose Saalkirche mit Chor und halbrund-er Apsis errichtet.

Gotik I (um 1258)Ein erstes Ordensgebäude wird in Feldsteinbauweise an die bestehende Kirche ange-baut. In die Westwand der Kirche werden 2 rundbogige Zugänge gebrochen, um den Zutritt der Ordensangehörigen zu ermöglichen.

Gotik IIDie Komturei wird nach Norden erweitert. Der neu errichtete Nordflügel trägt über einem massiven Erdgeschoß aus Feldsteinen einen Fachwerkaufbau. 2 spitzbogige Zu-gänge im damaligen Erdgeschoss verbinden die Flügel. Die Kirche wird über eine höl-zerne Galerie an der Hofseite des ersten Stocks betreten.

Renaissance (nach 1520)Ein Brand verursacht starke Zerstörungen, die wohl hauptsächlich den Nordflügel be-trafen. Beim Wiederaufbau wird das Obergeschoss des Nordflügels massiv aus Ziegeln errichtet, eine Enfilade verbindet die Räume. Im Inneren der Komturei werden umfang-reiche Veränderungen der Grundrisse vorgenommen. Das Gebäude erhält reich ausge-malte Erker nach Westen und nach Süden mit hohen Dachaufbauten. Ein Aborterker nach Süden dient sanitären Bedürfnissen. Die Schwarzküche wird durch eine separate Fachwerkeinhausung überdeckt. Ein turmartiger Wendelstein im Inneneck der Flügel erschließt die einzelnen Geschosse.

Barock I (um 1655)Nach dem 30jährigen Krieg sind an der Gesamtan-lage größere Reparaturen nötig. Die Aufbauten der beiden Erker werden abgebrochen, ihre Decken mit einem Kreuzgewölbe versehen. Spätestens zu dieser Zeit erhalten die ursprünglich flachgedeck-ten Kellerräume ein Tonnengewölbe.

Barock II (1697-1727)Umfangreiche barocke Modernisierung der Kirche mit Loge, neuem Altar und Kanzel sowie Errichtung des Kirchturms. Wendelstein und Aborterker wer-den abgebrochen, der Nordflügel erhält einen Er-ker nach Osten sowie eine einläufige Freitreppe als neuen Zugang. Im Nordflügel wird die Westliche Galerie zur Erschließung der Räume angelegt. Der Lustgarten wird angelegt und ist über eine Frei-treppe am westlichen Erker erreichbar. Eine Korb-bogenmauer aus Backsteinen trennt Friedhof und Gartenanlage.

Barock III (nach 1730)Weitere Aufwertung der Komturei. Die doppelarmige Freitreppe des Südflügels wird errichtet und zum neuen repräsentativen Hauptzugang der Komturei. Der südliche Er-ker erhält eine Freitreppe in die Gartenanlage.

Rokoko (1758-1760)Apsis und Ostwand der Ordenskirche werden abgebrochen und die Kirche um 4,60 Me-ter nach Osten verlängert, um Platz für die Orgel zu schaffen.

Biedermeier (nach 1811)Auf der Fläche der Baumschule und Weideflächen wird ein Landschaftspark angelegt, der Überliefe-rung nach durch Schoch und Eyserbeck, die „Gärt-ner von Wörlitz“.

20. JahrhundertDie ehemalige Schwarzküche wird ab 1910 zu Büro-räumen umgebaut. Der Gartensaal dient als Bil-lardsalon, das Gebäude ist nicht mehr bewohnt. In Teilen des Parks werden Obstbäume gepflanzt. Ab 1945 bewohnen bis zu vier Familien die Komturei. Da Maßnahmen zur Bauunterhaltung ausbleiben, beginnt das Gebäude zu verfallen. Zur Nahrungs-mittelerzeugung werden der Lustgarten und Teile des Parks landwirtschaftlichen Zwecken unterzo-gen. Nach 1984 steht das Gebäude leer. Etwa zur gleichen Zeit wird in der Ordenskirche ein beheiz-barer Raum errichtet und in diesem Zuge der baro-cke Altar und die Rokoko-Orgel demontiert.

Autor: Matthias Prasse, Dresden

Weiterführende Literatur:„Der Deutsche Ritterorden in Buro“, M. Prasse, Herrenhaus-Kultur-Verlag, Dresden 2008

www.Komturei-Buro.de

Schlösser und Gärten zwischen

Elbe und Fläming Ein Projekt des Naturpark Fläming e.V.

Kommende des Deutschen Ordens St. Elisabeth zu BuroMit Kreuz, Schwert und Pflugschar

D ie Deutschordenskommende St. Elisabeth zu Buro gehört zu den herausra-genden Zeugnissen religiös-adligen Lebens im Bundesland Sachsen-Anhalt.

Entstanden im 13. Jahrhundert und in der Folgezeit vielfach neu gestaltet, ist sie trotz des Verlustes erheblicher Gebäudeteile noch immer ein charakteristisches Beispiel für eine Niederlassung des Deutschen Ritterordens. Heute harrt die pittoreske Anlage als Gesamtkunstwerk der Wiederentdeckung. Da-bei will sie nicht totes Denkmal, sondern mit seinen Bewohnern und Gästen auch im 21. Jahrhundert voller Leben sein.In der Anfangszeit des Deutschen Ordens haben ihn gerade Familien aus dem mittel-

deutschen Raum geprägt. Allein neun Hochmeis-ter des Ordens stammen aus Thüringen, dem Vogt-land und dem Pleißenlande, darunter der berühmte Herrmann von Salza. Darum ist es nur logisch, dass der Orden in der Heimat seiner Ordensritter zu Be-sitz und Privilegien kam.Zur Verehrung ihrer Tante, der Heiligen Elisabeth v. Thüringen, übertrugen im Jahr 1258 die fürstli-chen Brüder des Hauses Anhalt das Dorf Buro dem Deutschen Ritterorden. Die Kommende gehörte zur Ordensprovinz (Ballei) Ober- und Niedersach-sen, die sich in etwa zwischen Bremen und Torgau, Göttingen und Belzig erstreckte.Doch das Zusammenleben mit dem anhaltischen Fürstenhaus verlief nicht nur friedlich. 1320 kam es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung, als unter Führung des Fürsten Albrecht II. von Anhalt 23 Ritter gewaltsam in die Kommende eindringen, plündern und rauben.Bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts erwirbt der Orden durch Schenkungen und Zukäufe weiteres Vermögen, bis der Buroer Besitz etwa 1.100 Hektar Acker und Forstflächen umfasste.

Nach der ReformationNicht erst nach der Reformation sank die Lust, dem Orden beizutreten und Keuschheit, Armut und Gehorsam zu geloben. Trotzdem verpflichtete man alle Komture (die stets alten Adelsfamilien entstammen mussten) bis zur Auflösung der Kommende im Jahre 1809 zu einem Leben in Keuschheit (Zölibat).Unterdessen wurden die Buroer Komture zum Diener zweier Herren. Nominell nur dem Deutschmeister unterstellt, verlangte auch der anhaltische Landesherr verschiedene Dienste. Die Ordensritter mussten nicht nur bei fürstlichen Familienfesten erscheinen, sondern auch mit ihren bewaffneten Knechten Kriegsdienste leisten.

Als Statthalter der Ballei Sachsen besiegelt der Bu-roer Komtur Henning v. Britzke im Jahr 1606 die all-gemein gültigen neuen Ordensstatuten und ver-abschiedet damit Lebensregeln für die Ordensmit-glieder, die bis 1809 Bestand haben sollten. Maß-geblich ist er, der lutherischen Glaubens war, daran beteiligt, den Orden auf die kommende Zeit der Mehrkonfessionalität vorzubereiten. Gleichzeitig bestimmte man den Kampf gegen die Türken als neue Aufgabe der Ordensritter und der Ordensanwärter. Nach dem Ausbruch des 30jährigen Krieges belas-ten durchmarschierende Truppen und drückende Kontributionen die wirtschaftliche Lage der Kom-turei. In dieser Zeit beginnt man, die Landwirtschaft nicht mehr selbst zu betreiben, sondern Pächtern zu überlassen. Im Kriegsjahr 1637 ist der traurige Höhepunkt des Elends erreicht. Das Komturgebäu-de war zum Teil ohne Dach, Fenster und Schlösser fehlten, die Windmühle war zerstört, die Meierei verwüstet, der Acker unbestellt.

Der Niedergang und Auflösung der alten IdealeIm 18. Jahrhundert ließ es sich wieder von den Einnahmen der Kommenden gut leben, denn die Zahl der Ordensmitglieder war stark zusammengeschmolzen. So gab es 1773 in den 10 deutschen Balleien lediglich noch 58 Komture, davon 5 in der Ballei Sachsen. Die wirtschaftlich starke Buroer Kommende wurde zur „Perle der Ballei“.Der Orden war zu einer Versorgungs- und Aufenthaltseinrichtung des Adels geworden, vergleichbar mit den Domkapiteln.1809 wurden durch Napoleon die Kommenden des Deutschen Ordens säkularisiert und der Besitz dem anhaltischen Landesherrn zugeschlagen. Vergeblich protestierte der Orden gegen diese Entscheidung, Buro wurde zur landesherrlichen Domäne und für knapp 30 Jahre auch anhaltisch-bernburgisches Landesgestüt für Pferdezucht.

Das Ende ?Die Domäne hatte bis 1945 Bestand. Im Zuge der Bodenreform wurde der letzte Domä-nenpächter, Philipp Bennecke, verhaftet. Er starb noch Ende 1945 in einem sowjetischen Speziallager. Den tiefsten Eingriff erfuhr das Gebäudeensemble 1948, als bedeutende Gebäudeteile abgerissen wurden. Als negativ besetztes Symbol für die feudale Junker-herrschaft teilte die Deutschordenskommende Buro damit das Schicksal vieler Burgen, Schlösser und Herrensitze im Osten Deutschlands nach dem II. Weltkrieg. Politisch verblendete Menschen wollten die damals 700jährige Geschichte nicht wahr haben und jede Erinnerung vom Boden tilgen. Vernichtet und für immer verloren sind so das

„Neue Haus“ von 1595 und der Ostflügel mit ihren goldgeprägten Ledertapeten, Bildern und Möbeln. Zum Glück entging der älteste Teil der Komturei dem Abriss. Dieser war mit Umsiedler-familien belegt, die Wohnraum benötigten. Danach diente das Gebäude als Wohnhaus für bis zu 4 Familien. Seit 1984 stand die Kommende St. Elisabeth leer und war dem Verfall preisgegeben.

Ein neuer Anfang2006, nach 22 Jahren Leerstand, verkaufte das Bundesland Sachsen-Anhalt die verblie-benen Gebäude an eine Familie, die dem Orden verbunden ist. Nach einer eingehenden bauhistorischen Untersuchung begann die schrittweise Sanierung, um dem Gebäude eine neue sinnstiftende Nutzung zu geben. Im Rahmen von Führungen, Vorträgen und Seminaren wird St. Elisabeth Schritt für Schritt der Öffentlichkeit zugängig gemacht. Ab April 2009 betätigt sich die Ordens-kommende auch wieder als wirtschaftlich, man betreibt die Spezialitäten-Brennerei

„Morulus et Sacrum“, die nach alten Rezepten verschiedene Spirituosen herstellt.

Kommende Buro um 1820 (Privatbesitz)

Wappen der (v.) Prasse(Privatbesitz)

vorgeschriebene Ordenskleidung ab 1606 (Kommendearchiv Buro)

Gesamtplan der Kommende St. Elisabeth im Jahr 1730

(Kommendearchiv Buro)

Es gibt Orte, an denen spürt man den Zauber der Vergangenheit, Orte, die eins machen mit Augenblick und Vergangenheit. Die Erfahrung, dass dies in Buro so zu sein scheint, haben schon viele Menschen machen dürfen, Zeitlosigkeit wird hier spürbar.

Querschnitt durch den Nordflügel(Bestandsaufnahme Matthias Prasse)

„… Die besondere spirituelle und kulturhistorische Aus-strahlung umfängt auch heute noch jeden Besucher, der durch die niedrigen Portale von Ordenskirche und Komturei tritt. Die Ruhe und Stille, die sich dann in uns ausbreitet, lässt etwas spüren vom alten Geist gläubigen Denken und Lebens …“ Eintrag im Gästebuch Juni 2008