Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit

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Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit Modul 2: Das Christentum in seiner Geschichte Universität Duisburg-Essen, Winter-Semester 2006/07 Dogma und Bekenntnis Was ist orthodox?

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Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit. Modul 2: Das Christentum in seiner Geschichte. Dogma und Bekenntnis. Was ist orthodox?. Universität Duisburg-Essen, Winter-Semester 2006/07. Übersicht. lutherische und reformierte Bekenntnisschriften das Konzil von Trient und die Confessio Tridentina - PowerPoint PPT Presentation

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Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit

Modul 2: Das Christentum in seiner Geschichte

Universität Duisburg-Essen, Winter-Semester 2006/07

Dogma und Bekenntnis

Was ist orthodox?

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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Dogma und Bekenntnis

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Übersicht

1. lutherische und reformierte Bekenntnisschriften

2. das Konzil von Trient und die Confessio Tridentina

3. natürliche Religion und Offenbarungsreligion

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1.1 Glossar – Dogma, Dogmatik

• Dogma– verpflichtender Glaubenssatz

• aus dem Griech.: Verordnung, Satzung, Lehrsatz; es ist auf Schrift und/oder Überlieferung gegründet, vom obersten Lehramt (Papst) verkündet bzw. vom Konzil formuliert; im Protestantismus werden nur die Konzilien der Alten Kirche anerkannt; durchgängig wird außerdem ein Schriftbeweis gefordert

• Dogmatik– Darstellung der christlichen Glaubenslehre

• Disziplin der systematischen Theologie neben Ethik; als Lehrbuch umfasst sie i.a. folgende Kapitel: Polegomena (methodische Fragen), Gotteslehre, Christologie, Pneumatologie (Lehre vom hlg. Geist), Ekklesiologie (Kirche, Sakramente, Gnadenlehre), Eschatologie (die letzten Dinge, Jüngstes Gericht)

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1.2 Glossar - Bekenntnisschriften

• Bekenntnisschriften– Sammlung offiziell anerkannter Erklärungen des Glaubens

• während die altkirchlichen Symbole (Apostolicum, Nicaeno-Constantinopolitanum) von allen großen christlichen Konfessionen anerkannt werden, wird von den Protestanten der weitere dogmatische Ausbau im Mittelalter abgelehnt. Die konfessionell spezifischen Überzeugungen sind in den Bekenntnisschriften festgehalten

• Apostolicum– das angeblich auf die Apostel zurückgehende Bekenntnis

• aus frühchristlichen Taufbekenntnissen entstanden, erstmals als zusammenhängender Text bei Hippolyt († 235), Apostolische Überlieferung (traditio apostolica, um 215, 21)

• Nicaeno-Constantinopolitanum– Glaubensbekenntnis des Konzils von Konstantinopol 381

• um den 3. Artikel (Hl. Geist) erweitertes Nicaenum; christologische Erweiterungen im 2. Artikel: 'Fleisch geworden aus dem Hl. Geist und Maria der Jungfrau'; 'sitzt zur Rechten des Vaters'; in Chalcedon 451 weitere christologische Präzisierungen durch die Zwei-Naturen-Lehre

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1.3 die Lutherischen Bekenntnisschriften

• Die drei Haupt-Symbola oder Bekenntnis des Glaubens Christi in der Kirchen einträglich gebraucht¹

• Confessio Augustana (Melanchthon, 1530)• Apologie (Melanchthon, 1531)• Schmalkaldische Artikel (Luther, 1536)• De primatu papae (Melanchthon, 1537)• der Große und der Kleine Katechismus (Luther, 1529)• Konkordienformel (1577)

Das Konkordienbuch, 1580, Sammlung der oben genannten Schriften

Concordia. Christliche, wiederholete, einmütige Bekenntnüs nachbenannter Churfürsten, Fürsten und Stände Augsburgischer Confession und derselben Theologen alleinigen Lehre und Glaubens. Mit angeheffter, in Gottes Wort als der einigen Richtschnur wohlgegründter Erklärung etlicher Artikel, bei welchen nach D. Martin Luthers seligen Absterben Disputation und Streit vorgefallen [sc. Konkordienformel]. Aus einhelliger Vergleichung und Befehl obgedachter Churfürsten, Fürsten und Ständen derselben Landen, Kirchen, Schulen und Nachkommen zum Unterricht² und Warnung in Druck vorfertiget. 1580

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1.4 die Confessio Augustana 1530

• Teil I– Artikel des Glaubens und der Lehre (I. – XXI.)

• Teil II– Artikel, von welchen Zwiespalt ist, da erzählet werden die

Mißbräuch, so geändert seind• Von beiderlei Gestalt des Sakraments (De utraque specie)

• Vom Ehestand der Priester

• Von der Messe

• Von der Beicht (gegen die Auflistung der einzelnen Sünden)

• Von Unterschied der Speis (Fastengebote)

• Von den Klostergelübden

• Von der Bischofen Gewalt (keine politische Gewalt in der Kirche)

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1.5 CA Art. V: Predigtamt

• Solchen Glauben¹ zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, Evangelium und Sakrament geben, dadurch er als durch Mittel den heiligen Geist gibt, welcher den Glauben, - wo und wenn er will, in denen, so das Evangelium hören, - wirket, welches² da lehret, daß wir durch Christus Verdienst, nicht durch unser Verdienst, ein gnädigen Gott haben, so wir solchs glauben.

• Und werden verdammt die Wiedertäufer und andere,³ so lehren, daß wir ohn das leiblich Wort des Evangelii den heiligen Geist erlangen.

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1.6 die Überreichung der CA

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1.7 die reformierten Bekenntnisschriften

• Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort reformierten Kirche– eine Sammlung historisch wirksam gewordener regionaler

Bekenntnisschriften, insbes. des 16. Jh.:• Der Genfer Katechismus, 1542

• Ordonnances Ecclésiastiques de l‘Eglise de Genève, 1561

• Confession de Foy und Discipline ecclesiastique, 1559 (Frankreich)

• Confession of Faith (Schottland)

• Kirchenordnung der Kurpfalz und Heidelberger Katechismus, 1563

• Emder Synode, 1571

• u.a.

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1.8.1 der Heidelberger Katechismus, 1563

• Catechismus in unserer Christlichen Religion heißt ein kurzer und einfältiger¹ mündlicher Bericht² von dem fürnehmsten³ Stücken der christlichen Lehre, darinnen von den Jugendlichen und Einfältigen wiederum gefordert und gehört wird, was sie gelernt haben. Denn es haben alle Gottseligen von Anbeginn der christlichen Kirchen sich beflissen, ihre Kinder daheim, in Schulen und Kirchen in der Furcht des Herrn zu unterweisen ...

modernisierter Text aus der Einleitung zum Katechismus in der Kirchenordnung der Kurpfalz, mit der 1563 dort die reformierte Konfession vom Kurfürsten eingeführt wurde; zitiert nach:

Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort reformierten Kirche, hg. v. Wilhelm Niesel, 2. Aufl., Zollikon-Zürich (1938)4, S. 148

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1.8.2 der Heidelberger Katechismus, Aufbau

• 1. Frag: Was ist dein einiger trost in leben vnd sterben?• Antwort: Das ich mit Leib vnd Seel / beyde in leben vnd in sterben

nicht mein / sonder meines getrewen Heilands Jesu Christi eigen bin / der mit seinem thewren blut / für alle meine sünden volkomlich bezalet / vnd mich auß allem gewalt des Teuffels erlöset hat / vnd also bewaret / das one den willen meines Vatters im Himmel / kein har von meinem haupt kan fallen / ja auch mir alles zu meiner seligkeyt dienen muß. Darumb er mich auch durch seinen heiligen Geist des ewigen lebens versichert / vnd jm forthin zu leben von hertzen willig vnd bereit macht.

• 2. Frag: Wieuiel stück seind dir nötig zu wissen / daß du in diesem trost seliglich leben vnd sterben mögest?

• Antwort: Drey stück. Wie groß meine sünde vnnd elend seyen. Zum andern / wie ich von allen meinen sünden vnnd elend erlöset werde. Vnd zum dritten / wie ich Gott für solche erlösung sol danckbar sein.

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1.9 die Dordrechter Synode, 1618-19

• Nationalsynode der niederländischen reformierten Kirche– unter Beteiligung von Vertretern von 9 weiteren reformierten Kirchen in

Europa (Schottland, England, Pfalz, Hessen, Schweiz, Genf, Nassau-Wetterau, Emden, Bremen), wodurch sie den Charakter einer reformierten Generalsynode bekam.

• Remonstranten (Arminianer), – Anhänger des reformierten Pfarrers und Professors Jakob Arminius (1560-

1609), Leiden, verwerfen die unbedingte Prädestinationslehre Calvins, betonen den Vorrang der Bibel vor den kirchlichen Bekenntnissen; ihre Position findet sich formuliert in der Remonstranz, 1610¹

• Contra-Remonstranten (Contra-Arminianer od. Gomaristen)– Anhänger des Franciscus Gomarus (1563-1641), Leiden, Vertreter der

orthodoxen Lehre von Calvin und Theodore Beza, setzt sich in Dordrecht durch und legt die dogmatische Basis der Herformde Kerk

• doppelte Prädestination– Prädestination zum Heil (Gnadenwahl Gottes) und Prädestination zum

Unheil (massa perditionis - Augustin)

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1.10 Exkurs: die PKN, 2004

Vereinigung der• Hervormde Kerk• Gereformeerde Kerk• Evangelisch-Lutherse

Kerk

Nederlands Hervormde Kerk war die größte der protestantischen Kirche der Niederlande, ihre Grundlage war die Dordrechter Synode; 1834 spaltete sich von ihr die [konservative] Gereformeerde Kerk ab

der umstrittene Punkt in der vereinigten Protestantischen Kirche der Niederlande: die gleichgeschlechtliche Ehe

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1.11 das lutherische und das reformierte Bekenntnis - Synopse

• gemeinsam: – Abendmahl unter beiderlei Gestalt: Brot und Wein (Kelch) wird gereicht

– Abendmahl kein Opfer und kein gutes Werk, das der Priester vollzieht, sondern zeichenhafte Verkündung in der Gemeinde

– Rechtfertigungslehre: jeglicher Synergismus wird verworfen

– Verwerfung des Zölibats, des Fastens und der Klostergelübde

lutherisch reformiert

• unterschiedlich

realistisches Abendmahlsverständnis:

symbolisches Abendmahlsverständnis*)

Bilder sind freigestellt Bilderverbot

konsistoriale Kirchenverfassung synodale Kirchenverfassung

kirchenpolitisch:

Zwei-Reiche-Lehre Königsherrschaft Christi

„offene“ Prädestination doppelte Praedestination

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Übersicht

1. lutherische und reformierte Bekenntnisschriften

2. das Konzil von Trient und die Confessio Tridentina

3. natürliche Religion und Offenbarungsreligion

karte

Sitzung

sitzung 3

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2.1 das Konzil von Trient – Hlg. Schrift und Tradition

• Sacrosancta oecumenica et generalis Tridentina Synodus, in Spiritu Sancto legitime congregata... perspiciens, hanc veritatem et disciplinam [Evangelii] contineri in libris scriptis et sine scripto traditionibus,.. omnes libros tam Veteris quam Novi Testamenti, cum utriusque unus Deus sit auctor, nec non traditiones ipsas, ... tamquam vel oretenus a Christo, vel a Spiritu Sancto dictatas et continua successione in Ecclesia catholica conservatas, pari pietatis affectu ac reverentia suscipit et veneratur.

Concilium Tridentinum (1546) , Sessio IV

das hochheilige ökumenische und allgemeine Trienter Konzil, im heiligen Geist rechtmäßig versammelt, erkennt als seine Grundlage an: die Wahrheit und Weisung des Evangeliums, wie sie schriftlich in Büchern und, ohne schriftlich festgehalten zu sein, in den Überlieferungen enthalten ist; ... mit gleicher frommer Haltung und Ehrerbietung nimmt sie an und verehrt alle Bücher sowohl des Alten wie des Neuen Testamentes, da Gott allein beider Autor ist, und auch die Traditionen selbst, wie sie entweder mündlich von Christus mitgeteilt oder vom Heiligen Geist eingegeben und ununterbrochen in der allgemeinen Kirche bewahrt wurden.

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2.2 Trient – Überblick

• 1. Sitzungsperiode 1546/47 (Paul III.)– Verabschiedung des Rechtfertigungsdekrets

• 2. Sitzungsperiode 1551/52 (Julius III.)– Teilnahme der Protestanten vom Kaiser erzwungen; blieb ohne

Folgenwirkung

• 3. Sitzungsperiode 1562/63 (Pius IV.)– Verabschiedung der großen Reformdekrete (Priesterseminare,

bischöfliche Visitation und Diözesansynoden, Index der verbotenen Bücher, Reform der Kirchenmusik)

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Testbeispiel: Zitat

• Die einzige wesensgebende Ursache schließlich ist die Gerechtigkeit Gottes, nicht die, durch die er selbst gerecht ist, sondern die, durch die er uns gerecht macht, mit der nämlich wir beschenkt und so im Geist unseres Gemüts erneuert [Eph 4,23] werden und nicht bloß als gerecht angesehen werden, sondern wirklich gerecht genannt werden und sind, die wir in uns empfangen... nach dem Maß, das der hlg. Geist den einzelnen zuteilt, wie er will [1Kor 12,11], und entsprechend der eigenen Bereitung und Mitwirkung

Concilium Tridentinum (1547) , Sessio VI.7

das Rechtfertigungsdekret – erste Sitzungsperiode 1546/47

1. Um was für einen Text handelt es sich?Konzilstext (Traktat)2. Welcher theologische Gegenstand wird behandelt?Rechtfertigungslehre3. Wann ist der Text entstanden?1546 (16. Jh.)4. Welche ntl. Autorität wird zitiert?Paulus5. welche Wendung hätte Luther nicht akzeptiert? die eigene Bereitung und Mitwirkung

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2.3 das Rechtfertigungsdekret – die Verwerfungssätze

• „Wenn jemand sagt, der Sünder werde durch Glauben allein gerechtfertigt, in der Meinung, es werde zur Erlangung der Rechtfertigungsgnade keine Mitwirkung verlangt, und es sei in keiner Weise erforderlich, sich selbst durch Anregung des eigenen Willens vorzubereiten und empfänglich zu machen: der sei im Banne“.

• „Wenn jemand sagt, der rechtfertigende Glaube sei nichts anderes als das Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit,... oder dieses Vertrauen sei es allein, wodurch wir gerechtfertigt werden, anathema sit“

Concilium Tridentinum (1547) , Sessio VI Canones 9,12

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2.4 die Bestätigung der Bilderverehrung

• Ferner soll man Bilder Christi, der jungfräulichen Gottesmutter und der anderen Heiligen vor allem in Kirchen haben und beibehalten.

• Man soll ihnen die schuldige Ehrfurcht und Verehrung erweisen, – nicht etwa, als ob man glaube, es wohne ihnen etwas

Göttliches oder eine Kraft inne, weshalb man sie verehren müsse; ...

– sondern weil die ihnen erwiesene Ehrfurcht das Urbild meint, das sie darstellen.

– Wenn wir deshalb Bilder küssen,... so beten wir Christus an und verehren die Heiligen, die sie darstellen.

Concilium Tridentinum (1563) , XXV.

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2.5 Ergebnisse des Konzils

• Confessio fidei Tridentina– 1564 von Pius IV. für kirchlich verbindlich erklärt, war bis 1967

als Glaubenseid von allen Geistlichen beim Empfang der Weihe abzulegen

• Index librorum prohibitorum– 1566 von Pius V. verabschiedet, bestand bis 1966; Liste von

Büchern, die der Apostolische Stuhl für gegen die katholische Glaubens- und Sittenlehre gerichtet hält, deren Lektüre oder Besitz verboten war

• Catechismus Romanus– 1566 von Pius V. verabschiedet, 1992 durch den sog.

Weltkatechismus ersetzt

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2.5.1 die Confessio fidei Tridentina – die Transsubstantiation

• Ich bekenne ferner,

– dass Gott in der Messe ein wahres, eigentliches und sühnendes Opfer dargebracht wird für Lebende und Tote,

– dass im heiligsten Sakrament der Eucharistie wahrhaft, wirklich und wesentlich der Leib und das Blut zugleich mit der Seele und der Gottheit unseres Herrn Jesus Christus gegenwärtig ist,

– dass eine Wandlung der ganzen Brotsubstanz in den Leib und der ganzen Weinsubstanz in das Blut sich vollzieht. Diese Wandlung nennt die katholische Kirche Wesensverwandlung.

• Ferner bekenne ich,

– dass auch unter nur einer Gestalt der ganze unversehrte Leib Christus u. das wahre Sakrament genossen wird

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2.5.2 die Confessio fidei Tridentina – die Siebenzahl der Sakramente

• Ich bekenne auch, dass es im wahren und eigentlichen Sinn sieben Sakramente des Neuen Bundes gibt, die von Jesus Christus unserm Herrn eingesetzt wurden und zum Heil des Menschengeschlechts notwendig sind, wenn auch nicht alle für jeden einzelnen, nämlich Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Letzte Ölung, Weihe, Ehe; dass sie die Gnade mitteilen und dass von ihnen die Taufe, die Firmung und die Weihe ohne Frevel nicht wiederholt werden dürfen.

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2.6 römisch-katholisch / protestantisch – Synopse der Identity makers

römisch• Zölibat• 7 Sakramente• Kommunion nur mit Brot• Ohrenbeichte• Hostienverehrung• Heiligenverehrung• Bilderverehrung• Päpstlicher Primat• lateinische Liturgie (bis

Vaticanum II)

protestantisch• das protestantische Pfarrhaus• 2 Sakramente• Kelch und Brot werden gereicht• liturgische Sündenbekenntnis¹• nicht sakral an sich²• Vorbilder, keine Fürsprecher• Verbot bei den Reformierten• allgemeines Priestertum• Gottesdienst in der

Landessprache, Choral, Psalmengesang

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Übersicht

1. lutherische und reformierte Bekenntnisschriften

2. das Konzil von Trient und die Confessio Tridentina

3. natürliche Religion und Offenbarungsreligion

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3.1 die natürliche Religion der Aufklärung – Natur und Offenbarung

• Natürliche Religion– (philosophisch) alle Menschen im Gewissen bindende religiöse

Gewissheit• nach Herbert v. Cherbury (1581-1648) basiert die natürliche

Religion auf 5 elementaren Wahrheiten: 1. Ein höchster Gott, 2. dessen Verehrung, 3. Gottesdienst: Tugend u. Frömmigkeit, 4. Reue u. Umkehr bei Verfehlungen, 5. Gottes Güte u. Gerechtigkeit: zeitlich und/oder ewiger Lohn und Strafe

– (dogmatisch) nicht auf Offenbarung gegründete Frömmigkeit• in der Orthodoxie wegen der prinzipiellen Sündhaftigkeit (Erbsünde)

dem Menschen nur bedingt zugänglich; von der orthodoxen Theologie (z. B. Johann Musaeus, Jena) nur in pädagogischer, den Glauben vorbereitender Funktion akzeptiert

• Offenbarungsreligion– basiert auf Gewissheiten, «höher als alle Vernunft»

• geht auf einen besonders begnadeten Stifter zurück: Moses, Jesus Christus, Mohamed; Gewissheit stiftet allein der Glaube an die Heilstatsachen¹, zu dem sekundär, propädeutisch oder apologetisch vernünftige Argumentationen hinzutreten können

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3.2 die natürliche Religion der Aufklärung – Gottesvorstellungen

• Deismus– natürlicher Gottesglaube

• aus lat. deus=Gott; John Toland schrieb das grundlegende Werk des Deismus »Christentum ohne Geheimnis« (1696); in Frankreich Voltaire und Diderot; in Deutschland Hermann Samuel Reimarus; Ablehnung aller vernunftwidriger Glaubensaussagen der überlieferten Offenbarungsreligion

• Theismus– Glaube an einen persönlichen Gott

• zu griechisch theós »Gott«, der Glaube an einen persönlichen, überweltlichen Gott, der (im Unterschied zur Auffassung des Deismus: Gott als Urheber der Welt) die Welt als seine Schöpfung weiter erhält, das Weltgeschehen lenkt und im Glauben existenziell als ein Gegenüber erfahren wird; Gegensatz: Atheismus.

• Pantheismus– "Allgottlehre" - Gott und die Welt sind identisch

• Spinoza: Deus sive natura; es gibt keine Wirklichkeit außerhalb von Gott, Gott ist alles in allem; zuvor bei Giordano Bruno (Heiliger Geist als Weltseele)

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3.3 Protagonisten der natürlichen Religion in England

John Toland engl. Deist, legt die Schrift als vernunftkonform aus1670-1722;

Hauptwerk: Christianity not mysterious, 1695; erklärt Wunder als ein zwar außerordenliches, über die gewöhnliche Wirksamkeit hinausgehendes Geschehen, das aber gleichwohl den Naturgesetzen gehorcht

John Lockeengl. Philosoph, Begründer des Empirismus, Anwalt d.Toleranz

1632-1704; Staatstheoretiker: Two Treatises of government (1690): Gleichheit, Freiheit u. Recht auf Eigentum oberste Rechtsgüter, Trennung von Legislative und Exekutive; Freiheit aller Glaubensbekenntnisse (Brief über die Toleranz, 1689), The Reasonableness of Christianity (1695)

• Herbert von Cherbury– begründet eine vom Christentum unabhäng.Religionsphilosophie

• 1581-1648; engl. Diplomat; Hauptschriften: De veritate (1624), De causis errorum, una cum tractatu de religione laici (1645), De religione gentilium (1645/1663); rekonstruiert eine im Gewissen verankerte allgemeine «natürliche Religion»

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3.4 Protagonisten der natürlichen Religion auf dem Festland

• Voltaire– berühmtester französischer Philosoph der Aufklärung

• 1694-1778, eigentl. François Marie Arouet; Vermittler des englischen Deismus: Lettres philosophiques, 1733/34; traité de métaphysique, 1734 (Deismus), 1749-53 bei Friedrich d. Gr. in Potsdam; Candide ou l'optimisme, 1759 (gegen Leibniz), Traité sur la tolérance, 1763

• Jean Jacques Rousseau– Erziehung ist Entfaltung des Guten im Menschen

• 712-1778; Philosoph, Pädagoge, Kulturkritiker; Du contrat social ou principes du droit politique, 1762: Gesellschaftsvertrag: individuelle Freiheit im Gemeinwillen aufgehoben; Emile ou de l'Education, 1762: Entfaltung des natürlich Guten im Menschen: "zurück zur Natur"

• Gotthold Ephraim Lessing– Hg. der «Wolfenbütteler Fragmente»

• 1729-1781; Schriftsteller, Dramatiker, Bibliothekar; vertritt Trennung von «Geist und Buchstaben» in der Hlg. Schrift (cf. Gegen-Sätze des Herausgebers [zu H.S.Reimarus] (1777)); Die Erziehung des Menschengeschlechts (1780): Offenbarung=göttl. Didaktik

Voltaireberühmtester französischer Philosoph der Aufklärung

1694-1778, eigentl. François Marie Arouet; Vermittler des englischen Deismus: Lettres philosophiques, 1733/34; Traité de métaphysique, 1734 (Deismus), 1749-53 bei Friedrich d. Gr. in Potsdam; Candide ou l'optimisme, 1759 (gegen Leibniz), Traité sur la tolérance, 1763

Jean Jacques RousseauErziehung ist Entfaltung des Guten im Menschen

1712-1778; Philosoph, Pädagoge, Kulturkritiker; Du contrat social ou principes du droit politique, 1762: Gesellschaftsvertrag: individuelle Freiheit im Gemeinwillen aufgehoben; Emile ou de l'Education, 1762: Entfaltung des natürlich Guten im Menschen: "zurück zur Natur"

Gotthold Ephraim LessingHg. der «Wolfenbütteler Fragmente»

1729-1781; Schriftsteller, Dramatiker, Bibliothekar; vertritt Trennung von «Geist und Buchstaben» in der Hlg. Schrift (cf. Gegen-Sätze des Herausgebers [zu H.S.Reimarus] (1777)); Die Erziehung des Menschengeschlechts (1780): Offenbarung=göttl. Didaktik

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3.5.1 Rousseau, Emile oder über die Erziehung (1762) – 1 –

• Ich betrachte alle verschiedenen Religionen als ebenso viele heilsame Einrichtungen, die in jedem Lande eine gleichmäßige Art vorschreiben, Gott durch einen öffentlichen Kultus zu ehren, und die alle ihren Grund im Klima¹, in der Regierung, ... haben. ... Ich halte sie alle für gut, wenn man Gott in schicklicher Weise darin dient. Der wesentliche Gottesdienst ist der des Herzens. Gott weist die Ehrfurcht, wenn sie nur aufrichtig ist, nicht zurück, unter welcher Form sie ihm auch dargebracht wird ...

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3.5.2 Rousseau, Emile oder über die Erziehung (1762) – 2 –

• Betrachtet die Bücher der Philosophen mit all ihrem Pomp: wie klein sind sie neben diesem¹! Ist es möglich, dass ein zugleich so erhabenes und einfaches Buch das Werk von Menschen sei? ... Trotz alledem ist das Evangelium voll von unglaublichen Dingen, von Dingen, die der Vernunft widerstreben und die ein gescheiter Mann unmöglich glauben oder zugeben kann². Was soll man inmitten aller dieser Widersprüche tun? Immer bescheiden und vorsichtig bleiben ... Ich diene Gott in der Einfalt meines Herzens ...

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3.5.3 Rousseau, Emile oder über die Erziehung (1762) – 3–

• Hat er mir nicht das Gewissen gegeben, um das Gute zu lieben, die Vernunft, um es zu erkennen, die Freiheit, um es zu erwählen? Wenn ich das Böse tue, so habe ich keine Entschuldigung; ich tue es, weil ich es will ... Ich diene Gott in der Einfalt meines Herzens. Ich suche nichts weiter zu wissen, als was für mein Betragen wichtig ist. Was die Dogmen betrifft, die weder auf die Handlungen noch auf die Moral Einfluss ausüben, und mit denen sich so viele Leute abquälen, so mache ich mir nicht die geringste Sorge ...

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3.5.4 Rousseau, Emile oder über die Erziehung (1762) – 4 –

• Die erhebendsten Gedanken über die Gottheit kommen uns allein durch die Vernunft. Betrachtet das Schauspiel der Natur, horcht auf die innere Stimme! Hat Gott nicht alles unsern Augen, unserm Gewissen, unsrer Erkenntnis gesagt? ... Anstatt die Begriffe über das höchste Wesen aufzuklären, sehe ich, dass die besonderen Dogmen¹ sie nur verwirren, sie erniedrigen anstatt sie zu veredeln, und den unfassbaren Geheimnissen, die sie umgeben, alberne Widersprüche hinzufügen ...