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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen berufsbildende Die Schule Mai 2010 5

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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

berufsbildendeDie

Schule

Mai 2010 5

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PAL 2009

Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

berufsbildendeDie

Schule

62. Jahrgang

Mai 2010

Heft 5

Inhalt

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 137

LEITARTIKEL

Andreas Schelten

Unterricht in Berufsgruppen 139

BLBS-AKTUELL

Ab 2015 werden die Arbeitskräfte knapp 140

Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes 140

Studie: Auswirkungen von demographischen Entwicklungen auf die berufliche Ausbildung 141

Informationen zur Lehrerbildung 142

THEMEN

Markus M. Böhner

Vom Entwicklungsportfolio zum Entwicklungs-bericht: Die pädagogisch-diagnostische Gratwanderung zwischen Beratung und Bewertung 143

Hermann Stratomeier

Berufsschulreligionsunterricht und Kompetenzentwicklung 149

Alexandra Eder

Bedingungsfaktoren der Nutzung digitaler Medien an berufsbildenden Schulen – Eine empirische Standortbestimmung aus der Sicht von Lehrkräften (Teil 2) 154

Stefanie Hoos

Lehrersabbaticals – immer eine lohnende Sache? 158

UNTERRICHT

Friedrich Wagner, Olaf Straub

Qualitätsmanagement erfordert neue Lerninhalte im Berufsfeld Metall – bedingt durch die moderne Prüftechnik und eine veränderte Betriebsorganisation 162

BLBS-NACHRICHTEN

Der BLBS beim KMK-Präsidenten 166

Berufsbildungskonferenz in Putbus 167

NACHRICHTEN 168

VERANSTALTUNG

16. Hochschultage Berufliche Bildung – Universität Osnabrück Ausrichter der Tagung im Jahr 2011 169

Aus der Praxis für die Praxis

Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen unterrichten

ideenreich und innovativ.

Machen Sie Ihre Erfahrungen für Kolleginnen und Kollegen zugänglich:

in der Rubrik„Unterricht“ der BbSch.

Impressum

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5138

Die berufsbildende SchuleZeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

Schriftleitung: Aufsätze (Themen, Unterricht), Diskussion, Literatur – Geschäftsführung:Professor Dr. Andreas ScheltenLehrstuhl für Pädagogik, Technische Universität München,Lothstraße 17, D-80335 MünchenTelefon (0 89) 28 92 42 77, Fax (0 89) 28 92 43 13E-Mail: [email protected]://www.paed.wi.tum.de

Berichte, Nachrichten, Recht, Veranstaltungen, Persönliches:Oberstudiendirektor Heiko PohlmannKapellenstraße 82, D-82239 AllingTelefon (0 81 41) 81 85 24, Fax (0 81 41) 81 85 24dienstlich: Telefon (0 89) 7 25 58 57, Fax (0 89) 7 25 56 95E-Mail: [email protected]

Autoren/Autorinnen dieses Heftes:

Böhner, Markus M., Dr., OStD, Dipl.-Kfm., Dipl.-Hdl., Seminarleiter staatl. Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen Mainz, Wallstraße 98, 55122 Mainz, E-Mail: [email protected]

Stratomeier, Hermann-Josef, Dr., Von-Schonebeck-Ring 89, 48161 Münster, E-Mail: [email protected]

Eder, Alexandra, Dr., Schloßwender Straße 1, 30159 Hannover, E-Mail: [email protected]

Hoos, Stefanie, Dr., Universität Kassel, Institut für Berufsbildung (IBB), Heinrich-Plett-Straße 40,34132 Kassel, E-Mail: [email protected]

Wagner, Friedrich, Prof. Dr., Universität Hohenheim, Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Bezug der Arbeitstransparente: Abstatter Straße 65, 70437 Stuttgart, E-Mail: [email protected]

Straub, Olaf, Studienrat, Grafenbergschule Schorndorf, Technische Schule des Rems-Murr-Kreises, E-Mail: [email protected]

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers oder der Schriftleitung wieder. Offizielle Äußerungen des Bundes verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen werden als solche gekennzeichnet.

Herausgeber: Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS), Geschäftsstelle: Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 40 81-66 50, Fax (0 30) 40 81-66 51, Internet: www.blbs.de, E-Mail: [email protected]: Oberstudiendirektor Berthold Gehlert, E-Mail: [email protected]

Verlag: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 7 26 19 17-0, Sparkasse Köln/Bonn, Konto 21006903,Commerzbank Berlin, Konto 0733998. Versand ort: Düsseldorf. Verlagspostamt: Postamt 1, Köln.

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Moderation: Marian-A. Neugebauer, Telefon (02 11) 73 57- 4 72, - 4 19, Fax (02 11) 73 57- 4 69, E-Mail: [email protected]

Erscheinungsweise Die Zeitschrift erscheint 10-mal jährlich. Bezugspreis jährlich 32,90 Euro, Einzelheft 3,60 Euro, jeweils zuzüglich Porto. und Bezug: Bestellungen bei Buchhandlungen oder dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin.

Für Mitglieder des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen ist der Bezugspreis im Mitglieds-beitrag enthalten. Abonnementskündigungen müssen bis zum 10. Dezember beim dbb verlag GmbH, Friedrichstraße165, 10117 Berlin, eingegangen sein, sonst muss der Bezugspreis für das nächste Jahr bezahlt werden.

Einsendungen: Manuskripte und Leserzuschriften zu den Rubriken der Zeitschrift sind an den jeweiligen Schriftleiter zu senden. Unauf-gefordert eingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt.

Zum Titelbild: Siehe den Beitrag „Qualitätsmanagement erfordert neue Lerninhalte im Berufsfeld Metall – bedingt durch die modernePrüftechnik und eine veränderte Betriebsorganisation“, S. 162 ff. (Gestaltung des Titelbildes: Edda Fiebig)

Leitartikel

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 139

Bis zum Jahr 2035 schrumpft die Anzahl der ausbildungs-berechtigten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwi-schen 17 und 25 Jahren um knapp 1,5 Millionen und nimmtdamit um 20 % ab. Regional ist diese Entwicklung unter-schiedlich intensiv und zeitlich versetzt.1 Es droht, dass instrukturschwachen Regionen Infrastruktureinrichtungenberuflicher Bildung, z. B. auch berufliche Schulen, auf Grundzu geringer Auslastung geschlossen werden. Zugleich gilt esaber bedarfsgerechte Ausbildungsangebote für ausbil-dungswillige Jugendliche und junge Erwachsene und aus-bildungsbereite Betriebe in diesen Regionen zu erhalten. Ei-ne Antwort hierauf ist für die Berufsschule ein Unterricht inBerufsgruppen.

Begriff Berufsgruppen

Eine Bildung von Berufsgruppen wird in zwei Richtungen be-trachtet. Zum einen (1) mit Blick auf zu überarbeitende bzw.neu zu gestaltende Berufe und zum anderen (2) in Hinsichtauf den Unterricht in der Berufsschule als Reaktion auf denzu erwartenden bzw. bereits eingetretenen demographi-schen Wandel.

Zu (1): Berufe mit verwandten Ausbildungsinhalten werdenin Berufsgruppen zusammengefasst. Dabei kann es sich umMonoberufe handeln oder um differenzierte Berufe, die z. B.nach Fachrichtungen, Schwerpunkten, mit Einsatzgebietenoder Wahlqualifikationen gegliedert sind. Um Berufsgrup-pen bilden zu können, müssen für die zusammen gelegtenBerufe Ausbildungsinhalte bestehen, die für die Berufe die-ser Gruppe wesentlich und typisch sind. Die gemeinsamenInhalte sollen einen Umfang von mindestens einem Jahrumfassen und damit eine entsprechende gemeinsame Be-schulung möglich machen. Eine Ausbildung in einer Berufs-gruppe soll die Berufsflexibilität erhöhen und weniger in be-rufliche Sackgassen führen.

Beispiele für Berufsgruppen mit einer gemeinsamen Grund-stufe bestehen bereits heute. Zu nennen sind u. a. die Beru-fe in der Bauwirtschaft, in den industriellen Metall- und Elek-troberufen oder bei den Hotel- und Gaststättenberufen. Wiebei solchen „Berufsfamilien“ muss bei der Schaffung neuerBerufe wie auch bei der Modernisierung einzelner beste-hender Berufe gelten, dass zeitgleich auch andere Berufe fürähnliche Tätigkeitsbereiche mit in den Blick genommen wer-den. Neue Berufe, wie z. B. der Automatenfachmann, derProduktionstechnologe oder der Personaldienstleistungs-kaufmann, hätten jeweils in Verbindung mit einer Berufs-gruppe geführt werden müssen. Dies hätte zumindest fürdas erste Ausbildungsjahr zu einer gemeinsamen Grund-stufe geführt.

Zu (2): Für verwandte Berufe in einer Berufsgruppe lässt sichin der Grundstufe ein gemeinsamer Unterricht in der Be-rufsschule durchführen. Dies sichert bei zurückgehendenSchülerzahlen Bildungsangebote und Standorte. Erst in derFachstufe wird bei unterkritischen Schülerzahlen die Bil-dung von Landesfachklassen notwendig, bei denen ein Rei-se- und Unterbringungsaufwand der Auszubildenden er-forderlich wird.

Herausfordernd wird der Unterricht in Berufsgruppen fürdie Berufsschule auch in der Fachstufe, wenn bereits bei denheutigen Berufen überlegt wird, wie zu Teilen Berufe ge-meinsam auch in der Fachstufe unterrichtet werden kön-nen. Inwieweit lassen sich Monoberufe auch in der Fach-stufe an verwandte Berufe andocken? Bestehen Möglich-keiten über Electronic-Learning Berufsgruppen differenziertin der Fachstufe gemeinsam zu beschulen? Gibt es berufs-übergreifende Lernfelder, z. B. Automatisierung von Anla-gen, Marketing, Kundenorientiertes Verkaufen, die eine ge-meinsame Beschulung einer Berufsgruppe in der Fachstufeermöglichen? Sind auch Kombi-Klassen vorstellbar, in denenjahrgangsübergreifend beschult wird? Dies würde bedeu-ten, dass die erste und zweite Fachstufe gemeinsam be-schult wird. Ließen sich dabei leistungsstarke Schüler in derersten Fachstufe besonders fördern? Welche neuen Vorge-hensweisen im Unterricht kommen auf die Lehrkräfte zu?

Schlussbetrachtung

Ein Rückgang von Schülerzahlen kann auch zu neuen Qua-litäten führen. Ausbildungsordnungen erfordern auf der ei-nen Seite Passung zu betrieblichen Erfordernissen. Dies wä-re der Spezialist. Auf der anderen Seite soll ein spätererWechsel in andere Berufstätigkeiten möglich sein. Dies wä-re der Generalist. Statt Generalist kennt das deutsche Be-rufskonzept auch die Begriffe Elastizität und Transferfähig-keit. Diese Begriffe stehen für eine breite Ausbildung, durchdie viele Berufstätigkeiten ausgeübt werden können und fürdas Berufskönnen, welches auf neue Situationen übertrag-bar wird. Das deutsche Berufskonzept favorisiert die Aus-balancierung zwischen Spezialist und Generalist. Ein Un-terricht in Berufsgruppen in kleinen Klassen der Berufs-schule kann diese Ausbalancierung ermöglichen.

Anmerkung

1 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Auswirkungenvon demographischen Entwicklungen auf die berufliche Ausbildung, Bonn,Berlin 2009, S. 22

Andreas Schelten

Unterricht in Berufsgruppen

BLBS-aktuell

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5140

Ab 2015 werden die Arbeitskräfte knappDie Zukunft der beruflichen Bildung ist vor dem Hintergrunddes gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels zu se-hen. In den nächsten Jahren werden Deutschland vier zen-trale Entwicklungen prägen: der Strukturwandel, der de-mografische Wandel, die Globalisierung und die fortschrei-tende technologische Entwicklung. Dies geht aus der Stu-die des Bundesministeriums für Bildung und Forschung„Auswirkungen von demographischen Entwicklungen aufdie berufliche Ausbildung“ hervor.

Trotz der gegenwärtigen Wirtschaftskrise kann es bald ei-nen Mangel an Arbeitskräften in Deutschland geben. Schonin fünf Jahren werden Arbeitgeber mehr Jobs anbieten, alssie dann noch besetzen können. Das ist das Ergebnis eineraktuellen Studie der Unternehmungsberatung McKinsey.Ausgelöst durch den demografischen Wandel wird dem-nach die Lücke zwischen 2015 und 2020 auf zwei MillionenArbeitskräfte steigen.

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich auch der BLBS mitder Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und betrachtet hierinsbesondere die berufliche Bildung und deren Auswirkun-gen auf die beruflichen Schulen. In diesem Beitrag soll dergegenwärtige Sachstand dargestellt werden, der sich ausden beiden oben genannten Studien und der aktuellen Pres-semitteilung Nr. 105 vom 16. März 2010 des StatistischenBundesamtes ergibt, um damit auf die Brisanz des Themasaufmerksam zu machen. Hier sind vor allem die Bildungs-politiker, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer in allen Bun-desländern gefragt, um Lösungsvorschläge für das gemein-same weitere Vorgehen einzubringen.

Pressemitteilung des Statistischen BundesamtesNach der oben genannten Pressemitteilung des Statisti-schen Bundesamtes ging die Anzahl der Schülerinnen undSchüler an allgemeinbildenden als auch an beruflichenSchulen im Schuljahr 2009/10 bundesweit im Vergleich zumvorhergehenden Schuljahr um 1,3 Prozent zurück, wobei die beruflichen Schulen im Gegensatz zu den allgemeinbil-denden Schulen in den letzten 15 Jahren eine lupenreineSchülerzahlen-Anstiegsbilanz vorzuweisen haben (sieheGrafik).

11,7 Millionen Schülerinnen und Schüler haben nach vor-läufigen Angaben im Schuljahr 2009/10 allgemeinbildendeund berufliche Schulen in Deutschland besucht. Davon wur-den 8,9 Millionen Schülerinnen und Schüler in allgemein-bildenden Schulen und 2,8 Millionen Schülerinnen undSchüler in beruflichen Schulen unterrichtet.

> BLBS-aktuell

„Der bundesweite Rückgang der Schülerzahlen insgesamtverlief in West- und Ostdeutschland unterschiedlich:

– Während an allgemeinbildenden Schulen im früherenBundesgebiet die Zahl der Schülerinnen und Schüler um1,4 Prozent sank, ging sie in den neuen Bundesländerneinschließlich Berlin lediglich um 0,8 Prozent zurück.

– Bei den beruflichen Schulen lief die Entwicklung in um-gekehrter Richtung. Hier nahm die Zahl der Schülerinnenund Schüler an beruflichen Schulen im früheren Bun-desgebiet um 0,2 Prozent geringfügig zu, sank jedoch inden neuen Bundesländern einschließlich Berlin um7,9 Prozent.

Betrachtet man allgemeinbildende und berufliche Schulenzusammen, so war in allen Bundesländern eine Abnahmeder Zahl der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2009/10gegenüber dem Vorjahr zu beobachten.

Die deutlichsten Rückgänge waren bei der Zahl der Schülerinnen und Schüler in Brandenburg (–3,8 Prozent),Mecklenburg-Vorpommern (–4,2 Prozent), dem Saarland(–3,7 Prozent) und Sachsen-Anhalt (–3,7 Prozent) zu ver-zeichnen. Während das Sinken der Schülerzahl im Saarlandauf die Umstellung auf die achtjährige Gymnasialzeit zu-rückzuführen ist, wirkt sich der Geburtenrückgang, der An-fang der 1990er Jahre in den neuen Bundesländern eintrat,mittlerweile auch auf die Zahl der Schülerinnen und Schü-ler an beruflichen Schulen aus.

76,3 Prozent der Schülerinnen und Schüler wurden im Schul-jahr 2009/2010 an allgemeinbildenden Schulen und23,7 Prozent an beruflichen Schulen unterrichtet.“

Soweit die Aussagen des Statistischen Bundesamtes zu denEntwicklungen der Zahlen der Schüler im vergangenenSchuljahr.

BLBS-aktuell

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 141

Studie: Auswirkungen von demographischen Entwicklungenauf die berufliche AusbildungIn der Studie des Bundesministeriums für Bildung und For-schung werden Trends und Szenarien für die berufliche Bil-dung für den Zeitraum von 2009 bis zum Jahre 2035 vorge-stellt. Die zentralen Rahmenbedingungen entwickeln sichdemnach wie folgt:

Strukturwandel:

Es wird eine starke strukturelle Verschiebung der Beschäfti-gung in Richtung der wissensbasierten Dienstleistungenund ein Anstieg des Qualifikationsniveaus erfolgen. Be-trachtet man die Entwicklung der Arbeitsplätze, so ist fest-zustellen, dass produktionsorientierte einfache Hilfstätig-keiten nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher benötigtwerden. Gleichermaßen wird sich der Bedarf an primärenDienstleistungen wie Fachtätigkeiten in der Produktion oderallgemeine Diensttätigkeiten verringern. Hingegen werdensekundäre Dienstleistungen in der Führung, Organisationoder Entwicklung in größerem Unfang als bisher benötigt.

Die Ausgestaltung dieses Wandels in den Beschäftigungs-strukturen stellt eine große Herausforderung für das Aus-bildungssystem dar. In der beruflichen Bildung bedeutetdies, dass man mit sich stark verändernden Kompetenz- undTätigkeitsprofilen umgehen muss, die eine deutlich stärke-re Leistungsdifferenzierung als bisher erfordern. Eigenver-antwortung, Kooperationsfähigkeit, Selbstorganisation ver-eint mit der Fähigkeit, lebenslang zu lernen sind die we-sentlichen Kompetenzen, die mehr an Bedeutung gewinnenwerden.

Demografischer Wandel:

In den nächsten 25 Jahren werden sich die demografischenVerhältnisse drastisch ändern. Während in allen anderenKontinenten die Bevölkerung wächst, wird sie in Europa we-gen der konstant niedrigen Geburtenraten um vier Prozentzurückgehen. Nach den Prognosen des Statistischen Bun-desamtes wird die Bevölkerung in Deutschland bis zum Jah-re 2030 um 1,8 Prozent sinken, die Zahl der Jugendlichen bis19 Jahren um 14,9 Prozent, die der Personen im Alter von 35bis 49 Jahren sogar um 19,5 Prozent, während die Anzahlder Menschen, die sich im Renten- oder Pensionsalter be-finden, drastisch ansteigen wird.

Bei sinkender Zahl der Schulpflichtigen wird sich die Zahl derfreien Lehrstellen erhöhen. Die duale Ausbildung wird in denBetrieben bei fehlendem Nachwuchs und einer alterndenBelegschaft vor neue Herausforderungen gestellt. Die ge-ringere Anzahl von Jugendlichen, die gleichzeitig zuneh-mende Spezialisierung und die Harmonisierungsbemühun-gen der Europäischen Union etwa im Bereich des Europäi-schen Qualifikationsrahmens (EQR) erfordern einen flexi-blen Umgang mit den Ausbildungsinhalten in den Betrie-ben und den Lerninhalten in den Berufsschulen.

Globalisierung:

Die Globalisierung führt dazu, dass sich die Unternehmenauf europäischer und der weiteren internationalen Ebenemit anderen Betrieben abstimmen müssen. Damit wird dieinternationale Mobilität der Jugendlichen zunehmen. Hierist sowohl mit Auswanderern als auch mit Einwanderern zurechnen, wodurch die Anforderungen an interkulturelleKompetenzen steigen werden wie auch der Umgang mitMigranten.

Technologische Entwicklung:

Die technologischen Entwicklungen prägen einerseits dieTätigkeitsfelder der Beschäftigten, wirken aber andererseitsauch direkt auf die Ausbildung. Steigende Leistungsanfor-derungen mit zunehmender Spezialisierung werden denKern der dualen Ausbildung darstellen.

Daraus ergeben sich folgende Entwicklungen, die auchdurch die aktuelle Studie von McKinsey bestätigt werden:

– Die Zahl der Jugendlichen, die dem Arbeitsmarkt zur Ver-fügung stehen werden, wird demografisch bedingt zu-rückgehen.

– Bis 2015 wird nach McKinsey eine Lücke von bis zu zweiMillionen Arbeitskräften entstehen.

– Der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen hält an.

– Der Bologna-Prozess erhöht international die Attrak-tivität einer akademischen Ausbildung, wodurch derKonkurrenzkampf zwischen der dualen Ausbildungund der Hochschulausbildung zunehmen wird.

– Auszubildende werden wegen der höher spezialisier-ten Berufe immer häufiger als bisher in bundes- oderlandesweiten Fachklassen gebündelt werden müs-sen.

– Wenn Ausbildungsanfänger nicht hinreichend quali-fiziert sind, werden sie trotz Fachkräftemangels nichteingestellt. Eher bleiben Ausbildungsplätze unbe-setzt.

– Die Übernahme- und Einstellungs chancen für einen aus-reichend qualifizierten Fachkräftenachwuchs werdensich erhöhen.

– Die Vergleichbarkeit und Anerkennung beruflicher Qua-lifikationen wird sich im europäischen Raum deutlich er-höhen, da die EU-weiten Vorgaben der Kompetenzen imEuropäischen Qualifikationsrahmen immer mehr alsRichtlinien gelten werden.

– Durch die stärkere Kompetenzorientierung gewinnenauch informelle Formen des Lernens für die Gestaltungder lebenslangen Bildungsbiografie immer mehr an Be-deutung.

– Nach McKinsey wird Deutschland aber eine Industriena-tion bleiben, wobei sich die Produktion auf Produkte kon-zentrieren wird, für die man eine hohe Spezialisierungbraucht.

sehr unterschiedlich ist, teilweise wird in der Hochschul-ausbildung das Staatsexamen gefordert, teilweise wirdauch schon der Bachelor-/Masterstudiengang verlangt. Da-mit zeigt sich, dass der Föderalismus in der Bildung sehrdeutlich zutage tritt, der noch dadurch verstärkt wird, dassdie Universitäten über die Studiengänge nach den europäi-schen Vorgaben selbst entscheiden können. Das Bachelor-/Masterstudium deckt sich in den meisten Fällen mit demPositionspapier des BLBS zur ersten Phase der Lehrerbil-dung.

Gefragt wurde nach den Eingangsvoraussetzungen, den inden Studiengang integrierten Schulpraktika, dem Abschlussund der Dauer des Studiums, der Regelung des Vorberei-tungsdienstes und der Berufseinstiegsphase. Insgesamt istfestzustellen, dass es um die Darstellung von Strukturengeht, weniger um die Prozesse und die Qualität der Lehrer-bildung, auch nicht um die Kompetenzbereiche und wie sichProfessionalität entwickelt.

Seiten- oder Quereinsteiger

Es ist nicht gelungen, eine für die Bundesländer einheitlicheAusbildung zu installieren. Das ist umso bedauerlicher, dader BLBS Qualitätsstandards für Seiteneinsteiger entwickelthat, um normierend in den Entwicklungs- und Gestaltungs-prozess einzugreifen. Damit bildet jedes Bundesland die Per-sonen, die als Diplomingenieure oder Diplommathematikeroder -physiker eingestellt werden, unterschiedlich auf ihreAufgaben als Lehrer an beruflichen Schulen aus.

So sind sowohl die Eingangsvoraussetzungen unterschied-lich als auch die Ausbildung. Einige Bundesländer fordernein Hochschulstudium mit einer Abschlussnote von 2,5 undbesser, andere begnügen sich mit einem Abschluss an einerFachhochschule. Die Aufstiegschancen nach abgeschlosse-ner Ausbildung sind ebenfalls unterschiedlich, ebenso dieEingruppierung als Angestellte. Festzustellen ist, dass z.B.Thüringen einen großen Bedarf an Lehrern für das Lehramtan beruflichen Schulen hat, andere Länder ebenfalls großeProbleme haben, den geeigneten Nachwuchs zu bekom-men, einige davon wollen deshalb auch deutlich werben.

Verbeamtung

Auch hier verfahren die Bundesländer unterschiedlich. Diemeisten Länder verbeamten ihre Lehrer, einige allerdingsnur bis zum 35. andere bis zum 45. Lebensjahr. Die restlichenLänder stellen ihre Lehrer als Angestellte ein. Diesen Statusbehalten sie dann bis zum Ende ihrer Berufslaufbahn.

Wir werden an dieser Stelle über das weitere Vorgehen desBLBS und die erreichten Ergebnisse berichten.

H. P.

BLBS-aktuell

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5142

– Es werden nicht nur Produkte, sondern auch industriel-le Dienstleistungen exportiert, die einen wesentlichenTeil der Exporte ausmachen.

Für die Lehrerinnen und Lehrer an den beruflichen Schulenund damit auch für den BLBS gilt es nun, auf die oben ge-nannten Herausforderungen so zu reagieren, dass die Schü-ler in den beruflichen Schulen das Rüstzeug erhalten, mitdem sie die Zukunft am und im Arbeitsmarkt erfolgreich ge-stalten können.

Heiko Pohlmann

Informationen zur Lehrerbildung

Der Experte für Lehrer-bildung im BLBS, Prof.Dr. Günter Pätzold, er-läuterte bei der letztenSitzung des Hauptvor-stands den gegenwär-tigen Stand der Lehrer-bildung für das Lehr-amt an beruflichenSchulen.

Synopse zur Lehrerbil-dung

Der BLBS hat mithilfeder Landesvorsitzen-den oder deren zustän-digen Referenten fürLehrerbildung für dasLehramt an beruflichenSchulen eine Synopse

erstellt, in der die Lehrerbildung in den einzelnen Bundes-ländern gegenübergestellt und zusammengefasst ist. Da ei-ne solche bisher nicht bestand, werden die Unterschiedeerst jetzt sehr deutlich.

Geplant ist, diese Synopse mit Vertretern des vlw abzu-stimmen, damit sie dann als gemeinsame Zusammenstel-lung „Lehramt an beruflichen Schulen“ in der Fachkommis-sion des Deutschen Beamtenbundes (dbb) „Schule, Bildung,Wissenschaft im dbb“, die Berthold Gehlert leitet, einge-bracht werden kann. Über das weitere Vorgehen wird da-nach beraten.

Schon jetzt ist zu erkennen, dass die Ausbildung für das Lehr-amt an beruflichen Schulen in den einzelnen Bundesländern

Prof. Dr. Günter Pätzold berichtet über die Lehrerbildung.

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 143

beit, Brunner et al. 2006), hingegen wird gewöhnlich nichtthematisiert, dass eine pädagogische Diagnostik für Bera-tungsansätze und für die Bewertung im Zusammenhangmit Portfolioarbeit noch gar nicht existiert (Ausnahme: z. B.Winter 2008). Und dies gilt, obwohl die Problematik der Di-agnostik in den Augen der Lehrkräfte prohibitiv wirkenkönnte; auch kann dies als Grund dafür herangezogen wer-den, dass trotz aller Popularität des Instruments die Bedeu-tung „meist mehr an der Peripherie des Unterrichts“ (ebd., S. 2) anzusiedeln ist.

Es wird deshalb die These formuliert, dass die umfangreichenund komplexen (sowie zeitaufwändigen!) diagnostischen Tä-tigkeiten im Bereich von Beratung und Bewertung auf Port-foliobasis die Gründe dafür sind, dass eine Untersuchung he-rausfand, dass nur knapp drei Prozent von 107 Lehrkräften be-reits mit Portfolios in ihrem Unterricht gearbeitet haben (Böh-ner 2008a). Eine neuerliche Befragung von 62 teilnehmendenLehramtsanwärtern2 an den Studienseminaren BBS in Mainzund Speyer ergab, dass, obwohl alle im Rahmen ihres Vorbe-reitungsdienstes ein Entwicklungsportfolio führen, nur zweieine Version des Instruments im eigenen Unterricht einset-zen. Auf schriftliche Nachfrage, weshalb es keine Verwendungfindet, lassen sich nebulöse Einlassungen wie „zu komplex“,„schwierig in der Umsetzung“, „kaum gerecht zu bewerten“,„zu zeitaufwändig“ und „nicht akzeptiert“ finden. Zumindestdie zweite und die dritte Anmerkung unterstützen direkt dieoben geäußerte These.

Im Folgenden sollen am Beispiel der Lehrkräfte(aus)bildungdas Problemfeld Beratung versus Bewertung im pädagogi-schen Wirken entfaltet, Ansätze für die pädagogische Diag-nostik aufgezeigt und Aussichten für eine „Versöhnung“ derAspekte dargelegt werden.

2 Das althergebrachte Dilemma zwischenBeratung und Bewertung

Auf Basis von Erfahrungen aus der Lehrerausbildungherrscht ein pragmatischer Trend zum Präsentations- bzw.Bewertungsportfolio (Böhner 2009 a, 2009 b; vgl. auch Hä-cker & Rentsch 2008) – dem originären Zustand eines Ent-

1 Die Sammlung von Nachweisen zur Doku-mentation von Kompetenzentwicklungen

Der Portfoliogedanke hat zweifelsohne Einzug in die metho-disch-diagnostische Ausbildung von Lehrkräften und den pä-dagogischen Alltag gehalten (Böhner 2008a, Brunner et al.2006) – und mit ihm das pädagogische Anliegen, mittels derselbstverantwortlichen Selektion und Sammlung von Bele-gen, Arbeitsnachweisen, -produkten und -proben die eigeneKompetenzentwicklung zu begleiten, bewusst zu machenund für andere einsehbar zu dokumentieren.

Die Literatur ist seit einer vor einem Jahr erstellten Untersu-chung zur Häufigkeit von Veröffentlichungen (Böhner 2008a)noch um ein Vielfaches angewachsen. Das Netzwerk Portfo-lio verweist seit dem Jahr 2009 in seinem Internetauftritt da-rauf hin, dass der geneigte Interessent mangels Übersicht-lichkeit eine relevante Literaturliste mithilfe einer einschlägi-gen Datenbankrecherche selbst zusammenstellen müsse.1

Die zu bejahende Antwort auf die berechtigte Frage, warumdieser Flut an Beiträgen zur Portfolioarbeit noch ein weite-rer hinzugefügt werden soll, liegt in der Erkenntnis, dass esvielerlei Anregungen und Hinweise darauf gibt, (a) was derAnsatz bedeutet (Begriffsarbeit, vgl. dazu Häcker 2008), (b)wie individuelles Lernen fördernd in Schule bzw. Lehreraus-und -weiterbildung integriert werden kann (für pragmati-sche Ansätze vgl. Wiedenhorn & Engel 2008 bzw. Leonhard2007) und (c) wie er sich „geschmeidig“ in das diagnostischeInstrumentarium von Lehrkräften einfügt (Bewertungsauf-trag von Lehrkräften, vgl. Brettschneider 2008 bzw. Havnes& McDowell 2008). Die besonderen Problemlagen von As-pekt (b) mit Blick auf die komplexen Beratungsleistungenjedoch (dafür sind auch methodisch-diagnostische Fähig-keiten zum „Herauslesen“ von individuellem FörderbedarfVoraussetzung) und diejenigen von Aspekt (c) mit Blick aufdie benötigten diagnostischen Fähigkeiten wurden bislangnicht hinreichend auf umsetzungshinderliche Wirkungenuntersucht.

Es wird zwar auch auf Gefahren der Portfolioarbeit in die-sem Kontext hingewiesen (vgl. im Handbuch Portfolioar-

Markus M. Böhner

Vom Entwicklungsportfolio zum Entwicklungs- bericht: Die pädagogisch-diagnostische Grat-wanderung zwischen Beratung und BewertungPortfolios und portfolioähnliche Instrumente halten verstärkt Einzug in die Schule, die Lehrer(aus)bildung und die päda-gogische Diskussion. Vielfach in der Literatur, als individuellen und modernen Veranstaltungs- und Unterrichtsdesigns ent-sprechende Ergänzung des diagnostischen Repertoires unterstützt, stellt aber gerade die gängige Ausprägungsform desBeurteilungsportfolios die Bewerter vor Probleme im Rahmen einer qualitativ hochwertigen Bewertung. Vor dem Hinter-grund des tradierten Dilemmas von Beratung und Bewertung werden erste diagnostische Ansätze aus hermeneutischerund empirischer Sicht aufgezeigt und diskutiert. Abschließend wird eine Variation des Instruments vorgestellt, welche Be-rater- und Bewerteraufgaben verschränkt und diagnostische Transparenz schafft.

> Themen

Vom Entwicklungsportfolio zum Entwicklungsbericht

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5144

wicklungsportfolios wäre jedoch eine Prozessdokumentati-on mit einer „ehrlichen“ und authentischen Darstellung vonUnterrichts- und Schulerfahrungen zuträglicher. Insbeson-dere im letzten Fall kann von Ausbilderseite auch ressour-cenbezogen beraten und begleitet werden.

Eine Zusammenstellung von Exponaten, die den Maximal-zustand der Leistungsfähigkeit mit „Feiertagscharakter“ do-kumentiert, unterstützt mitunter wenig im pädagogischenAlltag und bereitet auch nicht für den schulischen Alltag vor.Auch Kompetenzprofilspitzen lassen für Bewertungszwe-cke eine Aussage über Lehramtsanwärter zu. Wenn es aberum die Anliegen des deutschen zweiphasigen Lehrkräfte-ausbildungssystems und den weltweit weitgehend einma-ligen Vorbereitungsdienst geht, dann muss, wenn die be-griffliche Bedeutung ernst genommen wird, auch der Bera-tungscharakter und die Vorbereitung auf das volle Lehr-kraftdeputat prominente Stellung in der Ausbildung ein-nehmen.

Die Dilemmasituation ist keineswegs neu: Empirische Stu-dien zur Belastungssituation von Lehramtsanwärtern, dieAusbildung im Vorbereitungsdienst und international wahr-genommene Schwächen (vgl. die Zusammenstellung empi-rischer Forschungsergebnisse für den Vorbereitungsdienstbei Böhner 2008 b) belegen deutlich, dass in vielen Fällen(bei einigen Studien mehr als 50 Prozent der Probanden) ei-ne ausgeprägte psychische Drucksituation auf Grundlageder Bewertungsobliegenheit der Lehrkräfteausbilder perzi-piert wird. Auf Basis dieser Begebenheit ist es mehr als un-wahrscheinlich, dass Portfolio-Führende ihre selbst „wahr-haftig“ wahrgenommene Kompetenzlage dokumentieren –der potenzielle Bewertungscharakter des Portfoliosschwingt implizit mit, auch wenn dieser offiziell negiertwird. Die Bewertungsfunktion entsteht auf der „psy-chischen“ Ebene, wird in den Köpfen konstruiert – die „kon-struktivistische“ und post-kognitive Wende in der pädago-gisch-psychologischen Forschung erkennt mittlerweileauch an, dass subjektive Wahrheiten Lernen bestimmen(Krapp & Weidenmann 2006; sowie für den englischspra-chigen Raum Woolfolk 2008).

Gerade im Bereich der subjektiven Theorien von Lehrkräftengilt es nach Forschungserkenntnissen zu arbeiten, um pro-fessionalitätssteigernd zu wirken (vgl. Drechsel 1999, Mül-ler 2007, Neuweg 2005 und 2006; für empirische Hinweisez.B. Hartinger et al. 2006). Dies ist dann auch ein fokaler An-satz im Portfoliokonzept (vgl. für die Lehrerbildung z.B.Meissner 2006). Subjektive Theorien offenzulegen und da-mit der Kritik von Lehrerkräftebildern preiszugeben, ist je-doch durch die potenzielle Bewertungsfunktion von Portfo-lios empfindlich eingeschränkt. Kraler erfasst den Zusam-menhang zwischen der Beratungs- und Bewertungsfunkti-on anschaulich in einer Art „Gleichung“ (2007, S. 77):

Zusammenhang: „Ausbilden = Coachen + Beurteilen“ (ebd.).

Unter Coachen subsumiert er „unterstützen, begleiten, för-dern, betreuen ..., unter Beurteilen ... prüfen, bewerten, be-noten“ (ebd., kursiv durch den Autor). Kraler spricht weiter-hin von einem Spannungsfeld, das Lehrkräftebildner undLehrkräfte im Allgemeinen ständig als Rollenwechsel erle-

ben; dabei verdeutlicht er die Dilemmasituation metapho-risch als Gerichtsprozess mit der Verteidiger- und Richter-rolle in Personalunion (ebd.). Nichts könnte deutlicher denständig mitschwingenden Bewertungsaspekt bei der Port-folioarbeit signalisieren.

Selbst das Vorgehen im Bundesland Hessen, Portfoliobe-gleiter und Bewerter durch verschiedene Ausbilder zu tren-nen, vermag nicht die grundsätzliche Verortung im Rahmender Ausbildung zu verändern, sodass zumindest die poten-zielle Möglichkeit besteht, per Ausbildertreffen oder ander-weitige Kommunikation, dass Botschaften transportiertund doch an Bewerter herangetragen werden. Ehrlichkeitder Lehrkräftebildner bezüglich der Bewertungsfunktionund die Entwicklung einer transparenten Pädagogischen Di-agnostik von Portfolios und/oder portfoliokonzeptähnli-chen Instrumenten erscheinen als unausweichlich.

3 Ein erster Ansatz zur Entwicklung einer „Pädagogischen Diagnostik“ von individuel-len, verschriftlichten Lernprozessen

3.1 Ansatzpunkte einer Bewertung

Winter spricht im Kontext einer Bewertung von individuel-len, verschriftlichten Lernprozessen im Zuge des Portfolio-konzepts von einer Orientierung an hermeneutischem Vor-gehen anstatt empirisch-statistische Messmodelle zu be-mühen (2008, S. 8). Ein kriteriales Vorgehen verbessert dieAuswertungsobjektivität auf der einen Seite, normiert bzw.

Abb. 1: Kriterien zur Beurteilung eines Portfolios für Quer-/Seiteneinsteiger inden Vorbereitungsdienst am Studienseminar BBS/Mainz

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 145

standardisiert hingegen wiederum die Kompilierung desPortfolios auf der anderen Seite durch die Lerner – ein un-erwünschter Nebeneffekt im Hinblick auf die Individuali-sierung und Ressourcenorientiertheit des Instruments.

Ein Beispiel für einen Kriterienkatalog soll die Argumentati-on problemorientiert veranschaulichen (vgl. Abb. 1).

Der Nachteil der selektiven und strukturierenden Funktionder Kriterien wird im Beispiel „in Kauf genommen“, um inpuncto Vergleichbarkeit und Orientierung den Teilnehmernder Module zur Pädagogischen Grundbildung Bezugspunk-te zu geben. Gleichwohl bleibt der Abstraktionsgrad der Kri-terien hoch, sodass eine direkte Überführung in eine Be-wertungsskala auf kriterialer Basis im Beispielsfall un-durchführbar ist. Dennoch sind die Kriterien als orientie-rende Bezüge bedeutsam, da das Portfolio zum Ausgangs-punkt eines Kolloquiums wird, welches bestanden werdenmuss, um die Ausbildung fortsetzen zu können. Hierbei trittder Bewertungscharakter des Instruments in den Vorder-grund; das Gegengewicht einer individualisierten Prü-fungssituation wird hingegen der persönlichen Kompe-tenzentwicklung von Lehramtsanwärtern gerecht.

Die Art der Kriterien erlaubt in diesem Beispiel kein mess-theoretisches Vorgehen, sondern eher eine Art hermeneu-tisches Auslegen der Gesamtheit der Belegstücke, um ho-listisch den „Sinn“ – in diesem Fall die Kompetenzentwick-lung – herauszulesen bzw. „zu verstehen“.

3.2 Bewertung auf Basis eines „Verstehensprozesses“

Demnach müsste also eine spezielle Hermeneutik für dieAuslegung von Belegstücken in Portfolios entwickelt wer-den. Dafür sind von Seiten der Bewerter Voraussetzungenund Methoden der Interpretation festzulegen.

Dazu sollen im Folgenden einige Vorschläge dargestellt wer-den:

(A) Voraussetzungen:

– Im Rahmen einer Vorbereitungsveranstaltung wurdenmit den Portfolio-Führenden die Erwartungen im Hin-blick auf Dokumentationen und Zeiteinsatz, die Unter-stützungsmechanismen und die Intentionen bespro-chen/erarbeitet.

– Die Kriterien und die Methoden der Bewertung wurdenoffengelegt und ex-ante zur Verfügung gestellt.

– Verschiedene Bewerter sollten im Vorhinein gemeinsamdie Methoden ausgearbeitet bzw. eine auswertungsme-thodische Schulung durchlaufen haben.

(B) Methoden:

Das Problem einer Objektivität sichernden Methodik liegtdarin, dass Verstehen nach zeitgemäßen psychologischenErkenntnissen ein als stark individuell eingefärbter, kon-struierender Prozess aufgefasst wird, der abhängig von be-stehenden kognitiven Strukturen, d. h. gemachten und ver-arbeiteten individuellen Erfahrungen ist, und damit inter-subjektiv nach divergenten Schemata (ganz im Piaget’schenSinne) abläuft. Der deutsche Philosoph Hans-Georg Gada-mer hat darauf hingewiesen, dass alles, was verstanden, in-

Unter Bezugnahme auf den hermeneutischen Zirkel (Bon-tekoe 1996) geht ein Portfolio rezipierender Lehrkräftebild-ner mit einem subjektiven Vorverständnis an die Texte derDokumentation und Reflexion heran (1. Verstehen in derAbb. 2), um zu einem ersten Portfolio-Verständnis zu gelan-gen (1. Textverstehen in der Abb. 2). Dabei spielen eigene Be-obachtungen und „vorverstandene“ Interpretationen (z. B.aus Begegnungen in Ausbildungsveranstaltungen, Unter-richtsbesuchen/ Lehrproben usw.) eine gewichtige Rolle. ImProzess der Bewusstmachung dieser „Prä-Kognitionen“ und„Prä-Emotionen“ erfolgt ein zweiter Verstehensvorgang, ei-ne Erweiterung (2. Verstehen). Zudem gilt es in einer weite-ren Schleife die Umgebungsbedingungen bewusst zu ge-stalten (3. Verstehen) – z. B. andere Portfolios/Ver gleichb-arkeit, Ort und Zeitpunkt der Rezeption bzw. des Einreichensdes Portfolios, optische Gestaltungsmerkmale des Portfo-lios, u. v. m. –, um zu einem tieferen Verständnis der Kom-petenzentwicklung zu gelangen (3. Textverstehen). Dieskann als Spirale (Bolten 1985) oder eben auch als Verste-hensschleife verstanden werden, die auch zunehmend imProzess alle Portfolio-Bestandteile als Ganzes begreift undin den Gesamtzusammenhang der Ausbildungssituationeinbettet. Die intersubjektive Überprüfbarkeit des Verste-hens kann in einer vierten Schleife mit Ausbilderkollegenund in einer fünften mit den Lehramtsanwärtern selbst ge-testet werden.

(B2) Die Erkenntnis meiner „Selbst“ als Erkenntissubjekt

Die selbstreflexive Bewusstmachung der eigenen Vorver-ständnisse und der eigenen Beschränkungen konterkariertschematisch angelegte Bewertungsfehler nach folgendemmethodischen Vorgehen:3

– Habe ich Erwartungen (Vorurteile) in Bezug auf die port-folioführende Person?

terpretiert, gedeutet werden soll, zunächst distanziert undfremdartig ist, und erst im Verstehensakt individuell ange-eignet wird (1972). Dies wird auch als „hermeneutische Dif-ferenz“ bezeichnet.

(B1) Eine hermeneutisch geprägte Portfolio-Verstehens-schleife

In Anlehnung an die Dilthey’schen Versuche, die so ge-nannte hermeneutische Differenz zu überwinden und eineTechnik des Verstehens zu entwickeln, wäre die folgendemethodische Herangehensweise eine Schleife, um „Verste-hensprozesse“ zu befördern:

Abb. 2: Die hermeneutisch geprägte Portfolio-Verstehensschleife

Vom Entwicklungsportfolio zum Entwicklungsbericht

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5146

– Habe ich mit Personen kommuniziert, die eine Wahr-nehmungs- bzw. Bewertungsrichtung bereit indizierthaben?

– Habe ich eigene Anschlüsse/Erfahrungen an Produkte/Belege im Portfolio, die ein vorgefasstes Urteil ermögli-chen?

– Habe ich bereits andere Portfolios gelesen/bewertet, dieeine nicht repräsentative Vergleichsbasis ermöglichen?

– Habe ich im Moment der Einblicknahme starke persön-liche emotionale Einspurungen, die mein Urteil beein-flussen könnten?

– Beeinflussen externale Bedingungen die Wahrneh-mung/Bewertung (z. B. Notwendigkeit des Bestehens,Voraussetzung zur Fortführung der schulischen, studen-tischen oder lehramtsmäßigen Laufbahn)?

Wird mindestens eine dieser Fragen mit JA beantwortet, giltes die Hintergründe bewusst zu machen und die Einflüsseauf die Bewertung durch kognitive Verarbeitung und Ein-bezug weiterer Bewerter (durch Herbeiführung intersub-jektiver Übereinstimmung) einzudämmen.

(B3) Analytisch-hermeneutische Herangehensweise

Dieser Ansatz dient dazu, aus der Methode (B2) Wert- undGeschmacksurteile herauszubekommen. In Anlehnung anOevermann sind die soziale Einbettung der dargestellten Er-fahrungen im Schulkontext und die grammatikalischen so-wie syntaktischen Strukturen der Schriftstücke im Portfolio,an die „objektiv“ angeknüpft werden kann, universal bzw.allgemeingültig; damit können sie als ein außerhalb dessubjektiven Wahrnehmens stehender Maßstab zu Bewer-tungszwecken herangezogen werden. Zudem sind die „ob-jektiven“ Erscheinungsformen von Belegstücken im Portfo-lio zu untersuchen, ohne ihnen normativ etwas beizumes-sen (2001). Dabei sollen Belegstücke erfahrungs- bzw. falsi-fikationsorientiert auf ihren „Sinn“ untersucht werden. Dieskann durch folgende, schrittweise angelegte Methode ge-lingen:

– Der Portfolio-Rezipient bemüht sich nicht, sich in denKopf des Portfolio-Führenden hineinzuversetzen.

– Der Rezipient fokussiert den Text, so wie er gegeben ist.

– Der Rezipient unterstellt den Kompetenzbezug im Hin-blick auf Lehrerbildungsstandards (den „Sinn“) und sam-melt potenzielle Verständnismöglichkeiten (auch un-wahrscheinliche).

– Der Rezipient erstellt Aufzeichnungen über die verschie-denen „Les-/Interpretationsarten“ oder Hypothesen.

– Die Hypothesen werden anhand von Beobachtungen/Auf zeichnungen falsifiziert.

– Der Rezipient verifiziert bzw. falsifiziert die Hypothe-sen/Interpretationen in Kommunikation mit dem Port-folio-Führenden.

Diese Vorgehensweise ist aufwändig, richtet sich aber eheran einer pädagogischen Diagnostik aus, die im Anschluss aninternationale Schulleistungsstudien („empirische Wende“)im wissenschaftlichen Zeitgeist vorherrscht.

In der Auseinandersetzung mit der empirischen Wende, inder Pädagogik verstärkt durch erwähnte Schulleistungsstu-dien der letzten Jahre, wurde hermeneutisches Vorgehen alswissenschaftliches Verfahren in Frage gestellt. Vor diesemHintergrund wird eine weitere Möglichkeit im Rahmen ei-ner Pädagogischen Diagnostik von individualisierten Lern-prozessen vorgestellt:

3.3 Standard- und indikatorenbasierte Bewertung von Portfolios

Es erfolgt eine Zusammenstellung von stufenmäßig opera-tionalisierten Kompetenzen, die es gemäß Übereinkunftvon Experten (evtl. unter Einbezug von Eltern, Unterneh-men, Sozialpartnern, Schülern) wert sind zu entwickeln, umdie Exponate im Portfolio per Selbst- und Fremdeinschät-zung an diesen Erwartungen „zu messen“. Ein zeitgemäßesBeispiel wären Kompetenzraster, die z. B. auf Grundlage desEuropäischen Referenzrahmens für Fremdsprachen (Euro-parat 2001) ausformuliert wurden. Auch der Referenzrah-men enthält bereits Indikatoren, auf Basis derer eine Be-wertung erfolgen könnte.

In der Lehrkräfteausbildung bestehen ebenfalls schon sol-che Kompetenzraster, die Kompetenzformulierungen (z. B.der KMK 2004 oder Oser 2002) kriterial konkretisieren unddann auf Niveaustufen beobachtbar präzisieren (vgl. bei-spielsweise das interne Kompetenzraster des Studiensemi-nars BBS/Mainz 2005, Exzerpt in Abb. 3).

Mit Blick auf das Kriterium „Lerngruppenanalysen erstellen“müssten Portfolio-Dokumente eine Selbsteinschätzungenthalten, welche Niveaustufe erreicht wurde, und dies miteinem Beleg – d. h. einer ausformulierten Analyse (z. B. auseinem Unterrichtsentwurf) –, welcher z.B. die Leistungsbe-reitschaft und das Leistungsvermögen einer Lerngruppe aufBasis von Recherchen und Unterrichtserlebnissen themati-siert und daraus methodische bzw. inhaltliche Folgerungenanknüpft (Niveaustufe B), untermauern. Der Portfolio-Rezi-pient kann dann die Belegstücke auf die beobachtbarenKomponenten der Niveaustufenbeschreibung hin überprü-fen und begründet Rückmeldung geben.

Ein solches Verfahren ist ebenfalls arbeitsintensiv und be-dingt das Vorhandensein eines differenzierten Kompetenz-rasters. Was die Ökonomie angeht, wäre die Entwicklung ei-ner „Belegstück-Scantechnik“ wünschenswert. In punctoGütekriterien einer Bewertung dürften die Auswertungs-objektivität und Zuverlässigkeit (Reliabilität) hoch sein –dies wäre jedoch erst noch durch eine empirische Untersu-chung zu stützen; im Bereich der Validität verspricht mansich vom Portfolio ohnehin „gute“ Werte (die prognostischeValidität in Bezug auf das „spätere Lehrkraft-sein“ wäreebenfalls noch ein Forschungsdesiderat).

3.4 Fazit aus diagnostischer Perspektive

Ohne eine stringente diagnostische Herangehensweise, oh-ne Kriterien bzw. Indikatoren handelt es sich bei der Rück-meldung zu Portfolios um „Stochern im Nebel“, wahrge-nommen von Lernerseite als hoch subjektives und wenig fai-res Beurteilen (vgl. Kraler 2007). Ein Zitat eines Lehramts-anwärters in einem von acht durchgeführten Interviews lau-tet (Böhner 2009 a): „Das Einfließen in mein Abschlussgut-

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Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 147

achten empfinde ich als hochgradig ungerecht und völlig be-liebig, wenn mir nicht Kriterien mitgeteilt werden, nach de-nen die Beurteilung erfolgt“. Ganz abgesehen davon, dassdies den erwähnten klassischen Gütekriterien von Leis-tungserfassungen (Objektivität, Zuverlässigkeit, Gültigkeit)zuwider laufen würde, so werden auch moderne Gütekrite-rien wie Fairness oder Ökonomie der Bewertung verletzt. Andenen sollte sich auch eine Diagnostik mit dem Anspruchder Individualisierung messen lassen, solange dem Bil-dungssystem auch eine gewisse Selektionsfunktion zu-kommt.

Der Forderung nach Abschaffung von Noten bzw. einer zif-fernartigen Bewertung (Struck 2009) kann nur bedingt ge-folgt werden; Struck selbst sieht nach Ergebnissen der Neu-rowissenschaften etwa ab dem 14. Lebensjahr durchausmotivierende Effekte der Bewertung, wo sie vorher leis-tungshemmend wirkten (ebd.). Des Weiteren steht der be-rechtigte Anspruch des Bildungssystems nach Differenzie-rung von Leistungen und einer Selektion, wo finanziell oderstellenpolitisch geboten. Ein Ansatz zur Lösung könnte imInstrument des „Entwicklungsberichts“ liegen, einer spe-ziellen Ausprägung des Portfolioansatzes.

4 Der Entwicklungsbericht als erfolgreicher Spagat zwischen Beratung und Bewertung

Ein Entwicklungsportfolio kann wie folgt charakterisiertwerden (vgl. Böhner 2008a): (1) Der Portfolioinhaber sam-melt ... Dokumente bzw. Werke, die selbst erstellt bzw. aus-

gewählt wurden und absichtsvoll etwas über die Fähig-, Fer-tigkeiten und situationsgebunden auch über die Kompe-tenzen des Portfolio-Führenden aussagen, und (2) er stellteine Sammlung von Nachweisen zusammen, die für den In-haber eine persönliche Bedeutsamkeit haben und seinen„Marktwert“ (ebd., S. 13) möglichst umfassend und in Gän-ze darstellen.

Mit Anleihen aus der Ökonomie bemühen sich „Marktteil-nehmer“ – hier: Ausbildungsmarktteilnehmer – ihren vonder Ausbilderseite wahrgenommenen „Wert“, d. h. ihr Kom-petenzprofil, möglichst in die Höhe zu treiben. Diesem irre-führenden „Trend nach oben“ kann nur entgegengewirktwerden, indem in den Vorgaben zur Führung eines Portfo-lios expressis verbis ausgeführt wird, dass die Sprache sach-lich-darstellend in Bezug auf die Schulerfahrungen zu seinhabe und die Gründe für beobachtete Lernergebnisse, Schü-lerhandlungen, Stundenabläufe o. Ä. per Kausalketten undTheoriebezug zu beleuchten seien. Dafür bietet sich eineSpezialform eines Portfolios an: ein Bericht zur Entwicklungvon Lernenden bzw. Auszubildenden.

Der (Entwicklungs-)Bericht ist ein bereits bekanntes päda-gogisches Instrument. Mit Blick auf das Verständnis in derGermanistik handelt es sich bei einem Bericht um einenText, der einen Sachverhalt oder eine vorgenommeneund/oder wahrgenommene Handlung objektiv schildert,ohne normative Orientierungen bzw. Wertungen des Ver-fassers bzw. Berichterstatters zu enthalten (Brunner 2006).Berichte kommen dort insbesondere in den Formen (a) Live-

Abb. 3: Exzerpt aus dem Kompetenzraster des Studienseminars BBS/Mainz für Lehramtsanwärter

Vom Entwicklungsportfolio zum Entwicklungsbericht

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5148

Bericht, (b) Reportage und (c) Hintergrundbericht vor; vor al-lem letzterer dürfte im pädagogischen Kontext geeignet sein,da er Vorkenntnisse, Zusammenhänge, Beschreibungen undBedeutungszuweisungen sowie Interpretationen von Erleb-nissen/Erfahrungen zusammenführt und i. d. R. nicht verbalbzw. durch schlüssiges Handeln (konkludent) eingereichtwird. Der Bericht kommt vorwiegend aus dem journalisti-schen Genre. Im schulischen Umfeld wird er, wie in Abbildung4 gezeigt, verstanden und „gelernt“ (vgl. Hicke 2009).

In seiner Grundstruktur ist der Bericht eine rein sachliche Mit-teilung, wird im Präteritum geschrieben („Ich kam von derSchule ...“) und gibt Antwort auf die so bezeichneten und inTabelle 1 ausgeführten „W-Fragen“. Diese Angaben benötigtman z. B. bei einem Unfallbericht auf einer Klassenfahrt, ei-ner Zeugenaussage vor der Schulleitung oder bei einem Be-richt über ein Praktikum.

Die beispielhaft aufgeführten „W-Fragen“ bilden einen wich-tigen Bestandteil (siehe Tabelle oben).

Die Sprache bei einem Bericht ist sachlich, hat keine innereHandlungsstruktur, enthält keine wörtlichen Reden und istim Präteritum sowie konzise, aber sprachlich genau verfasst.

In Abgrenzung vom Bericht zum bislang üblichen Portfolio un-terscheiden sich demnach insbesondere folgende Kompo-nenten: Beim bisherigen Portfolio sammelt der Führende Be-lege, die seinen „Marktwert“ steigern; der Drang zum Prä-sentationsportfolio wird erheblich und prononciert somit diedekadenalte Kritik der Feiertagsdidaktik (z. B. Jank & Meyer2005) in der Lehrkräfte(aus)bildung aufs Neue.

Der beim Bericht gesteuerte Teil durch die Lehrkräfteausbil-der und die „objektive“ Herangehensweise an Unterrichts-und Schulerlebnisse durch Darlegungen rein deskriptiver Na-tur, mit anschließenden Bedeutungszuweisungen und klarmarkierten Interpretationen der Berichtenden (Beobachtun-gen der „zweiten Ebene“) – erlauben definite Begrenzungenvon subjektiven Erlebnissen und intersubjektiven Auslegun-gen. Diese Teile können dann fokussiert in Beratungs- und Do-kumentationsgesprächen thematisiert werden.

Damit „leidet“ bei Berichten der freie und weitgehend indivi-dualisierte Dokumentationscharakter des Portfoliokonzepts(vgl. Häcker 2007 und 2008); dies geschieht aber zugunsteneiner klareren Struktur und Rezeption durch die Lehrkräfte-ausbilder. Vor der Plattform einer durch die Lehramtsanwär-ter ohnehin wahrgenommenen Erwartungshaltung beimEntwicklungsportfolio (vgl. Böhner 2009a) wird durch die

Führung eines Berichts mehr Ehrlichkeit und mehr diagnosti-sche Transparenz in die Lehrkräfte(aus)bildung getragen, oh-ne den Anspruch an eine reflexive – und durch Studien be-legte (vgl. Böhner 2007) – kompetenzsteigernde Lehrkräf-te(aus)bildung aufzugeben.

Anmerkungen1 Vgl. http://www.portfolio-schule.de/go/Material/Literaturliste, Zugriff am 5.

3. 2009

2 In der Folge ist bei allen geschlechtsspezifischen Ausdrücken aus Gründen derLesbarkeit die weibliche Form jeweils mitgedacht.

3 Vgl. auch die wohl bekannten Wahrnehmungs- bzw. Beurteilungsfehler, dieRichtschnur für die Ableitung dieser Leitfragen waren z. B. Halo-, Pygmalio-neffekt u. v. m. (vgl. den „Klassiker“ für die Bedeutung in der Schule, Dreikurs2003).

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Abb. 4: Die Bedeutung von „W-Fragen“ als Bestandteile von Berichten

Berichtsbeginn Berichtsausführungen Berichtsresümee

– Wo? (Örtlichkeit)

– Wann? (Uhrzeit)

– Wer? (Beteiligte)

– Was? (Art des Geschehens,z. B. Begegnungen,Sportfest ...)

Was?

Wie?

Warum?

Einzelheiten des Erlebnisses in exak-ter chronologischer Reihenfolge

Welche Konsequenzen?

Folgen des Erlebnisses und (poten-zielle/anvisierte) Ergebnisse

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Hermann Stratomeier

Berufsschulreligionsunterricht und KompetenzentwicklungAusgangspunkt des vorliegenden Artikels ist eine religionspädagogische Studie zur Lehrplanentwicklung im Fach Katholi-sche Religionslehre an der Berufsschule seit ca. 1900. 1 Hierbei wurden die katholischen und evangelischen Lehrpläne in ih-rem Bedingungsgefüge beurteilt. Die historische Übersicht zur Lehrplanentwicklung zeigte, dass der Religionsunterrichtin dieser Schulform schon früh sein rein katechetisches Profil ablegte und sich zu einem adressaten- und berufsbezogenenUnterricht weiterentwickelte. Das Fach, so macht die Studie deutlich, war von seinem Anspruch her bestrebt, genuinen An-teil am Bildungsprozess junger Erwerbstätiger zu haben.

1 Der Kompetenzbegriff

Seit etwa drei Jahrzehnten hat die Diskussion um neue For-men des Lehrens und Lernens auch das berufsbildendeSchulsystem ins Blickfeld der Pädagogik gerückt. Gewinntman einen Überblick über die seit Mitte der 1970er Jahre ge-führte Diskussion um den Stellenwert des Erfahrungsler-nens und die Kritik an der unterrichtlichen Fachsystematik,so ist festzustellen, dass die angestrebten Umstrukturie-rungen des Unterrichts sowie dessen theoretische Grundle-gungen auf eine größere Effektivität desselben zielen. Es gilt,die Frage zu beantworten, wie sich die Lerninhalte optimalvermitteln lassen, sodass Berufsschüler das Gelernte auchin ihrem Alltag außerhalb der Schule, also im Betrieb oderin der Freizeit, im Sinne von umfassender Handlungskom-petenz umsetzen können. Seit Mitte der 1990er Jahre wirdin diesem Zusammenhang ebenfalls für die Ausbildungs-berufe ein neues Konzept der Vermittlung von Lerninhaltendiskutiert, erprobt und evaluiert, welches in den Fachklas-

sen des dualen Systems der Berufsausbildung verbindlichgeworden ist. Die Einführung des Lernfeldkonzepts sollteden neuen Qualifikationsanforderungen in einem verstärk-ten (internationalen) Wettbewerb Rechnung tragen.2 DerUnterricht in den Fachklassen des dualen Systems der Be-rufsausbildung wird in Lernfeldern organisiert, wobei derdurch die Fachsystematik bedingte traditionelle Fächerka-non im berufsbezogenen Lernbereich aufzulösen ist. Ande-rerseits soll verstärkt handlungsorientiert im Unterricht vor-gegangen werden, um den Lernerfolg und die praktischeVerwendbarkeit des gelernten Stoffs (vor allem im Sinne vonganzheitlicher Handlungskompetenz) deutlich zu erhöhen.

Was ist also mit Handlungskompetenz gemeint und welcheRolle spielt sie im Unterricht in den Fachklassen des dualenSystems der Berufsausbildung? Im „Lexikon für Theologieund Kirche“ wird (Handlungs-)Kompetenz als „Befähigungzu einem bestimmten, in spezifischen Situationen erfor-derlichen Wahrnehmen, Beurteilen, Sprechen oder Han-

Berufsschulreligionsunterricht und Kompetenzentwicklung

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deln“3 definiert. Theologisch-ethisch bezeichnet sie die Fä-higkeit zu eigenverantwortlichem Handeln sowie zum sitt-lichen Entwurf und zu sittlicher Gestaltung des eigenen Le-bens im Kontext der Mit- und Umwelt.4 Lassen sich diese Be-stimmungen von lebensbedeutsamer und bildungsrelevan-ter Kompetenz auch in schulischen Lernprozessen wieder-finden? Handlungskompetenz gilt heute als Leitziel der Be-rufsausbildung, sie wird aber auch für alle Schulformen desberuflichen Schulsystems (d. h. alle Vollzeitschulformen)und für die betriebliche Weiterbildung als Zielbestimmungherangezogen. Im Jahr 1974 wurde zum ersten Mal vomDeutschen Bildungsrat, der Reformen im deutschen Bil-dungssystem maßgeblich mitbestimmt hat, im Zuge derNeuordnung der Sekundarstufe II im Sinne der Gleichwer-tigkeit von beruflicher und gymnasialer Bildung der Kom-petenzbegriff mit Blick auf die Verknüpfung von allgemei-ner und beruflicher Bildung als Ziel aller Lernprozesse be-nannt: „Jeder Bildungsgang muss die über das spezielle Aus-bildungsinteresse hinausreichende menschliche Entwick-lung des Jugendlichen sichern. Dafür sind integrierte Lern-prozesse erforderlich, die mit der Fachkompetenz zugleichhumane und gesellschaftlich-politische Kompetenzen ver-mitteln.“5

Schließlich hat im Zuge der Schlüsselqualifikationsdebatte6

und der Neuorientierung der Berufsausbildung seit Mitteder 1980er Jahre die Präzisierung der Zielbestimmung be-ruflicher Bildung dazu geführt, verantwortungsbewusstesArbeiten, Persönlichkeitsbildung und die kontinuierlicheWeiterbildung der Auszubildenden in den Mittelpunkt desLernprozesses zu rücken. Mithin werden berufliche und per-sonale Handlungskompetenz auf drei Dimensionen zurück-geführt: „Fachkompetenz“, „Personalkompetenz“ und „So-zialkompetenz“. Diese drei Dimensionen werden „verstan-den als die Bereitschaft und Fähigkeit des Einzelnen, sich inberuflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationensachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial ver-antwortlich zu verhalten“7. Fachkompetenz zielt dabei – alsberufsspezifische Kompetenz – auf die Fähigkeit, Aufga-benstellungen selbständig und fachgerecht zu bearbeitenund das Ergebnis zu bewerten. Personalkompetenz meintdie Bereitschaft, sich als Individuum in Beruf, Familie und öf-fentlichem Leben durchdacht und entsprechend morali-schen Leitlinien und Normen zu verhalten, gesellschaftlicheEntwicklungen zu beurteilen und persönliche Lebensplänefortzuentwickeln. Ebenso gehört hierzu ein Arbeitsethos,das sich in Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität der Ar-beit widerspiegelt. Sozialkompetenz bezieht sich auf ein Le-ben in sozialen Bezügen, d. h. die Fähigkeit Interessenlagen,Zuwendungen und Spannungen zu erfassen, zu verstehenund sich mit anderen rational, kooperativ, tolerant und ver-antwortungsbewusst auseinander zu setzen.8 So definiertbeziehen sich die beiden letzten Kompetenzen – als berufs-begleitende Kompetenzen verstanden – auf eine entschei-dende biographische Phase der Auszubildenden, in der die-se nämlich in ein Arbeitsverhältnis eintreten, sich mit ihremBeruf idealerweise identifizieren und in Arbeitsgruppen ein-ordnen müssen. Die Entwicklung von Handlungskompetenz(d. h. Fach-, Personal- und Sozialkompetenz) ist Leitziel desUnterrichts und als ein lebenslanger Prozess zu verstehen,

den die Berufsausbildung zu unterstützen hat und derenFortführung auch über die Berufsausbildung hinaus grund-zulegen ist.

2 Umfassende Kompetenzbildung mit Berufsschulreligionsunterricht

Ein dem didaktischen Konzept der Handlungskompetenzverpflichteter Unterricht wird versuchen, die an Mündig-keit und Bildung orientierte Persönlichkeitsentwicklung zuverbinden mit dem ökonomisch bestimmten Ziel der Ver-mittlung von Kenntnissen, die auf dem Arbeitsmarkt hilf-reich sind.9 Dabei ist nicht an eine Zurichtung von Arbeits-kräften nach vom Beschäftigungssystem nachgefragtenQualifikationen zu denken, das verbietet sich schon mitBlick auf die „Verfallsgeschwindigkeit spezialisierten Wis-sens und Könnens“10. Vielmehr geht es um die Flexibilitätbeim Reagieren auf veränderte Berufslagen vermitteltdurch eine ganzheitliche berufliche Bildung im Sinne derEinübung umfassender beruflicher und außerberuflicherHandlungskompetenz. Eine Balance von Ökonomie undBildung sowie die Verbindung von berufsbezogenem undberufsübergreifendem Lernen ist also das Ideal jeder be-ruflichen Ausbildung und Erziehung, wobei das Bedenkengesellschaftlicher Implikationen beruflichen Handelnsnicht einfach Verzierung, sondern eine wesentliche Di-mension beruflicher Leistungsfähigkeit und Verantwor-tung ist. Nach Reinhard Bader ist der Religionsunterrichtdaher ein integraler Bestandteil im Prozess der Entwick-lung beruflicher Handlungskompetenz.11

Auch die gemeinsame Erklärung „Berufsausbildung in Nord-rhein-Westfalen: Kompetenzbildung mit Religionsunter-richt“ verweist in diesem Zusammenhang auf die profilbil-denden Beiträge des Religionsunterrichts in der Berufs-schule, indem „(...) sie einen wichtigen Beitrag zur Stärkungder Persönlichkeit und zur weiteren Herausbildung einerumfassenden Handlungskompetenz [leisten]“12. Seine Ori-entierung am Subjekt, sowohl bei den Inhalten als auchbeim Zugang zu den Schülern, prädestiniert ihn dafür, diePersönlichkeitsentwicklung im Sinne von ganzheitlicher Bil-dung mit einer Qualifizierung für den Arbeitsmarkt zu ver-binden. Themen wie „Sinnvolle Lebensgestaltung“, „Identi-fikation mit Arbeit und Beruf“, „Soziale Gerechtigkeit undSolidarität“ sind nur einige von vielen, die sich in diesem Zu-sammenhang anbieten. Hiermit korrespondieren auch dieLebenssituationen der Schüler, die in die Berufswelt eintre-ten: Existenzielle Fragen in neuen (beruflichen) Kontexten,verantwortliches Handeln und dessen Konsequenzen, ge-sellschaftliche und soziale Pflichten und Möglichkeiten desberuflichen Scheiterns verweisen auf berufsspezifische Le-benszusammenhänge und sind vom Religionsunterrichtaufzunehmen.

Ebenso ergeben sich existenzielle Fragen des persönlichenHorizonts, z.B. durch die Annahme und Wertschätzungdurch bzw. Erwartungen an den eigenen Partner, die Aus-richtung des eigenen Lebensplans nach einem individuellenWertesystem, aber auch durch die Frage nach Gott und demSinn des Lebens.13 So heißt es diesbezüglich im neuen Lehr-

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plan für das Fach Katholische Religionslehre in den Fach-klassen des dualen Systems der Berufsausbildung: „Der Re-ligionsunterricht versteht seine Bildungsarbeit als Beitragzur umfassenden Handlungskompetenz, wie sie in denFachklassen des dualen Systems angestrebt wird. Die imRahmen des katholischen Religionsunterrichts verbindlichzu entwickelnden Kompetenzen zeigen ein Spektrum an Fä-higkeiten, die Entwicklungen persönlicher Art anstoßen, be-gleiten und offen halten hin auf eine tragende Lebensper-spektive. Sie ermöglichen, sinnhafte Deutungen von Le-benssituationen auf der Basis des kirchlichen Glaubens zuentwerfen und daraus abgeleitet Motive für eigenes Han-deln zu gewinnen.“14

3 Der Auftrag des Berufsschulreligionsunterrichts

Welcher Auftrag kommt dem Religionsunterricht in der Be-rufsschule im Rahmen von Kompetenzentwicklung zu; wasvermag das Fach also zu leisten? Im Zusammenhang mitdem didaktischen Konzept der Handlungskompetenz wirdvor allem Verantwortungsbereitschaft als eine Ausprägungvon Sozial- und Personalkompetenz immer wieder genannt.Verantwortliches Handeln ist aber in einer metaphysischnicht mehr abgesicherten Welt unbestimmt und revidier-bar.15 Wo Traditionen wegbrechen, an denen sich früher nochselbstverständlich religiöse Identität und gesellschaftlicheLebensformen ausrichten konnten, sind personale und so-ziale Kompetenzen ganz besondere Grundvoraussetzungenfür das (Über-)Leben in einer pluralisierten Gesellschaft.Günter Pätzold fordert in diesem Zusammenhang, dass dieberufliche Bildung wettmachen muss, was komplexe ge-sellschaftliche Verhältnisse an Durchschaubarkeit schuldigbleiben; die berufliche Tätigkeit sollte im Gesamtgefüge ih-rer Wirkungen gesehen und auch ethisch bewertet wer-den.16

Was berufliche Bildung ohne Frage leisten muss, ist die Ori-entierung der Schüler an planendes und begründet ab-schätzendes Handeln, welches auch für die voraussehbarenFolgen einzustehen hat und sich nicht auf eine bloße Funk-tionstüchtigkeit reduziert. So gesehen besteht hier für denReligionsunterricht die Möglichkeit der Kompensation undVertiefung des berufsbezogenen Unterrichts, indem er Sinn-angebote und moralisch begründete Sichtweisen themati-siert. Dass der Religionsunterricht das berufsbezogene Lern-feld komplettiert, ist eine Idealvorstellung, welche sich dannverwirklicht, wenn seine (Bildungs-)Angebote auch ange-nommen oder zumindest wahrgenommen werden. „Ein-fallstore und Öffnungen für Religion und Glauben bilden ge-rade in der Jugendzeit erlebte Unterbrechungen, Unerwar-tetes, Grenzerfahrungen, Lebensübergänge und auch Ab-brüche. Sie treten auf in verschiedenen Teilbereichen des pri-vaten, sozialen und beruflichen Lebens.“17

Religiöse Gespräche und weiterfragende Dialoge verknüp-fen die Suche nach Identität in der Jugendphase mit der Su-che nach Persönlichkeitsentfaltung im Beruf, indem die„subjektbezogenen Ansprüche an Arbeit sowohl als Le-bensperspektive als auch gegenüber der betrieblichen Ar-

beitsumwelt“18 nicht allein nach ihrer beruflichen Verwert-barkeit befragt werden, sondern in einen theologisch-an-thropologischen Kontext gestellt werden. Die Berufsorien-tierung im Religionsunterricht kann somit als berufsdurch-dringendes, berufsreflektierendes und berufsbegleitendesLernen charakterisiert werden.

4 Programmatische Erklärungen zum Religionsunterricht

In der gemeinsamen Erklärung der katholischen und evan-gelischen Kirche Nordrhein-Westfalens sowie der nord-rhein-westfälischen Berufsverbände zur Kompetenzbil-dung mit Religionsunterricht aus dem Jahr 1998 wird – vondiesem theologisch-anthropologischen Kontext ausgehend– festgestellt, dass heute „soziale und religiös-ethischeBruchstellen“19 aufgrund der vielfältigen kulturellen und re-ligiösen Lebensmuster in unserer offenen Gesellschaft stän-dig tiefer werden. Besonders in Übergangszeiten (von derSchule zum Betrieb, vom Jugendlichen zum selbstverant-wortlichen Erwachsenen, vom Elternhaus zum selbstbe-stimmten Privatleben), d. h. während des Prozesses desMündigwerdens und der Herausbildung von Berufsfähig-keit, benötigen Jugendliche einer Förderung ihrer Urteils-bildung im Sinne der freien Entscheidung für ethische Wer-te. Diese Erklärung wurde konsensfähig und hat, da sie dieinhaltliche Bestimmung des Berufsschulreligionsunter-richts zwischen Berufsbezug und Lebensbezug ansiedelt,Eingang in die Schulvorschriften gefunden und wurde vonden katholischen Bischöfen, den Präsides der EvangelischenKirchen sowie von Vorsitzenden und Präsidenten des DGB,der IHK, der Arbeitgeberverbände, des Handwerkskammer-tags sowie des Handwerkstags unterzeichnet. Damit hat derberufsschulische Religionsunterricht – zumindest auf demPapier – einen breiten Konsens im dualen System der Be-rufsausbildung gefunden. Die Unterzeichner sind sich überdie Wichtigkeit religiöser Unterrichtsinhalte und die zu ver-mittelnden Rahmenkompetenzen einig.

Zudem erfordern die gravierenden Veränderungen in derGesellschaft und des Beschäftigungssystems eine umfas-sende und ganzheitliche Bildung losgelöst von zweckratio-nalen Erwägungen hinsichtlich des wirtschaftlichen Profit-denkens bzw. der oftmals utilitaristischen Haltung der Aus-bildungsbetriebe gegenüber der Berufsausbildung. Der all-gemeinbildende Lernbereich darf daher nicht zum Vehikelder Wirtschaft umfunktioniert werden, er muss seine z. T.provokative Funktionalität gegenüber den anderen Fächernbeibehalten.20 Zur gleichen Einschätzung der Rolle des Reli-gionsunterrichts an der Berufsschule kommt die Erklärung„Bildung in Freiheit und Verantwortung“ der Kommissionfür Erziehung und Schule bei der Deutschen Bischofskonfe-renz aus dem Jahr 1993.21 Berufs- und Praxisorientierung ha-ben Vorrang bei der Berufsausbildung, doch müssen be-rufsethische Fragestellungen angesichts neuer Herausfor-derungen in Beruf und Gesellschaft zunehmend herange-zogen werden, um ein breites Verständnis von wirtschaftli-chen, sozialen und politischen Zusammenhängen zu för-dern.

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Der Religionsunterricht erfüllt im Rahmen der Qualifizie-rung junger Menschen in der Berufsschule somit einen aufdie Gesellschaft bezogenen, umfassenden Bildungsauftrag,der sich der Beschränkung auf eine Vermittlung rein be-rufsbezogener Kompetenzen verwehrt.

Diese Erklärung steht damit in der Tradition des Beschlus-ses „Schwerpunkte kirchlicher Verantwortung im Bil-dungsbereich“ der Gemeinsamen Synode der Bistümer inder Bundesrepublik Deutschland von 1975, welcher for-dert, „die berufliche Bildung aus einer rein zweckbe-stimmten Engführung zu befreien und so zu gestalten,dass sie die Lebenschancen des Einzelnen sichert, jungenMenschen die Möglichkeit gibt, ihre Anlagen und Fähig-keiten zu entfalten und die Erfordernisse von Staat, Ge-sellschaft und Wirtschaft berücksichtigt“.22

Diese Forderung nimmt die Kommission für Erziehung undSchule im Jahr 1983 auf, indem sie feststellt, dass die All-gemeinbildung nach dem 9./10. Schuljahr nicht als abge-schlossen betrachtet werden darf und dass über die fach-spezifische Ausbildung, ihrem Pragmatismus und allemNützlichkeitsdenken hinaus die neuen beruflichen Erfah-rungen und das persönliche Leben der Auszubildenden ei-ner entsprechenden Deutung als Lebensperspektive be-dürfen.23 Die Stellungnahme verortet den Religionsunter-richt zwar im Horizont von Pragmatismus und Nützlich-keitsdenken seitens der Wirtschaft, will aber gegen solcheine Einstellung als Maßstab für alle Situationen desmenschlichen Lebens die christliche Tradition und denkirchlichen Glauben als Perspektive für eine verantworte-te Lebensgestaltung aufzeigen.24

Acht Jahre später werden die genannten Forderungen er-neut von der Kommission für Erziehung und Schule auf-genommen, jetzt aber soll der Religionsunterricht vor al-lem den ganzheitlichen Bildungsauftrag der Berufsschu-len stützen und auch die übergreifenden Erziehungs- undBildungsziele, zu denen jetzt die Schlüsselqualifikationengehören, stärken.25 Das Profil des berufsschulischen Religi-onsunterrichts soll dabei „berufsausbildungsorientiert“26

sein und sich an der individuellen, sozialen und religiösenLebenswelt der Schüler ausrichten.

Der Bildungsauftrag des Fachs Katholische Religionslehrean der Berufsschule wird in Erklärungen der katholischenKirche demnach verstanden als Deutung des Lebens ausdem christlichen Glauben heraus. Junge Menschen quali-fizieren meint in diesem Sinne, dass das zu vermittelndechristliche Erbe von den Schülern als Bewährungshilfe undAuslegung der beruflichen und privaten Lebenswirklich-keit erkannt und angenommen werden kann.

Der Religionsunterricht thematisiert folglich auch die Zie-le des Arbeits- und Wirtschaftslebens und reflektiert die-se vor dem Hintergrund der biblischen Botschaft sowie derkirchlichen Lebenspraxis. Josef Jakobi, damaliger Referentfür Berufskollegs in der Schulabteilung des BischöflichenGeneralvikariats Münster, schreibt dazu: „Von Berufsori-entierung im Religionsunterricht kann dann gesprochenwerden, wenn Lernende und Unterrichtende Erfahrungen

und Fragen, die berufliches Denken, berufliches Verhaltenund berufliches Handeln prägen, ins Gespräch einbringenund diese Fragen in einen kritischen Dialog mit dem inSchrift und Tradition bewahrten Erfahrungswissen brin-gen.“27

5 Fazit und Ausblick

Das didaktische Prinzip der Berufsorientierung im Religi-onsunterricht trägt, indem die Arbeitswelt der Auszubil-denden sowie ihre dort gemachten Erfahrungen zur Spra-che kommen, zu einer Persönlichkeitsbildung bei, wobeidie Schüler seine Identifikationsangebote erkennen undannehmen. Werte und Normen – von Religionen trans-portiert – können zu gut begründeten Entscheidungen inberuflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationenbefähigen. Die Leistung des berufsschulischen Religions-unterrichts ist es, dass er gerade weniger Wert auf den Er-werb umfassenden theologischen Wissens legt, sondernvielmehr Orientierungshilfe für das Leben sein will.

Das soziale Lernen – wie die Förderung zwischenmensch-licher Problemlösungen und das Erkennen eines Zusam-menhangs von in der Ausbildung erworbener Lebenser-fahrungen und christlich motivierter Handlungsoptionen– steht hier vornehmlich im Mittelpunkt des unterrichtli-chen Interesses. Dem, wie Pätzold es formuliert, „moral-pädagogischen Auftrag der Berufsschule“28 muss sich derReligionsunterricht angesichts der verschärften Orientie-rungslosigkeit vieler junger Menschen stellen. Wo morali-sches Desinteresse und Analphabetismus weiter in unse-rer Gesellschaft Platz greifen, da müssen Jugendliche ei-nen Raum haben, die persönlichen und sozialen Folgen ih-res Tuns zu reflektieren.

Der berufsschulische Religionsunterricht kann diese For-derung im handlungsorientierten Unterricht umsetzen, dahier einerseits Besprochenes und Erfahrenes sowohl im Be-trieb als auch in der Freizeit eingeübt, andererseits aberauch außerschulische Lebens- und Handlungszusammen-hänge im Unterricht aufgegriffen und reflektiert werden.Seine zentrale Aufgabe ist die personale Glaubens- und Ge-wissensbildung, die eben nicht nur die individuelle Le-bensgestaltung des jungen Menschen in privaten Lebens-situationen in den Blick nehmen will, sondern auch dessenVerantwortung für die Aufgaben des beruflichen und öf-fentlichen Lebens aufweist.

Dabei geht der Religionsunterricht jedoch nicht im Be-rufsbezug auf, da Fachlichkeit und überfachliches Lernen,individuelle und soziale Erfahrungen, Praxisbezug und dieEinbeziehung in das gesellschaftliche Umfeld miteinanderzu verknüpfen sind. Religionsunterricht in der Berufsschu-le kann seine Lebensrelevanz einbringen, indem er Kennt-nisse vermittelt, Zusammenhänge erschließt und christli-che Deutungen eröffnet, „die für außerunterrichtliches Le-ben funktional sind und eine Partizipation an politischen,ökonomischen, kulturellen und natürlich religiösen Struk-turen und Institutionen erleichtern oder gar erst ermögli-chen“.29

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Anmerkungen

1 Vgl. dazu besonders Stratomeier, Religionsunterricht, S. 74-224.

2 Vgl. MSWF, APO-BK, § 1 (3).

3 Winger, Kompetenz I, S. 228.

4 Vgl. ders., Kompetenz II, S. 228.

5 Bildungsrat, Empfehlungen, S. 49. Damit wurden schon vom Bildungsratdie drei Kompetenzbereiche definiert, die auch heute maßgeblich zur Be-stimmung von Handlungskompetenz herangezogen werden.

6 Schlüsselqualifikationen sind funktions- und berufsübergreifende Quali-fikationen, welche nötig sind, um mit den ständigen Veränderungen derArbeitswelt Schritt halten zu können. Es handelt sich um inhaltsneutraleKompetenzen, da sie auf beliebige Inhalte hin anwendbar sind. Sie bildeneine Ergänzung zu den rein fachlichen Qualifikationen, welche heutzuta-ge sehr rasch veralten. Die Entstehung immer neuer Ausbildungsberufeund die ständige Erweiterung oder komplette Erneuerung bestehendenWissens sind hierfür ein Indiz. In der Industrie hat die Förderung von Schlüs-selqualifikationen bereits Tradition und schlägt sich in den Ausbildungs-konzepten nieder. Während der Qualifikationsbegriff aber von Arbeits-platzanforderungen ausgeht und Bildung der Produktion unterwirft, liegtdem Kompetenzbegriff der Auszubildende als arbeitendes Subjekt zu-grunde.Dieter Mertens, damaliger Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Be-rufsforschung, verstand unter Schlüsselqualifikationen noch „solcheKenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren undbegrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten er-bringen, sondern vielmehr a) die Eignung für eine große Zahl von Positio-nen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, undb) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorher-sehbaren) Änderungen und Anforderungen im Laufe des Lebens“. Mertens,Schlüsselqualifikation, S. 566.In den letzten Jahren trat der Schlüsselqualifikationsbegriff allerdings –vor allem zugunsten des Kompetenzbegriffs – in den Hintergrund, ohnedeshalb als bereits überholt gelten zu müssen.

7 Sekretariat der KMK, Handreichungen, S. 9.

8 Vgl. Bader, Handlungskompetenz, S. 70 f.; Bader/Müller, Leitziel, S. 178. Pät-zold, Fächer, S. 40; Schelten, Aufgaben, S. 14.

9 Vgl. Bader, Handlungskompetenz, S. 72. So sieht es auch die gemeinsameErklärung „Berufsausbildung in Nordrhein-Westfalen: Kompetenzbildungmit Religionsunterricht“. Vgl. dazu Büro, Kompetenzbildung, Nr. 3 und Nr. 4.

10 Bader, Handlungskompetenz, S. 73.

11 Vgl. dazu ebd. S. 79.

12 Büro, Kompetenzbildung, Nr. 6. Die Erklärung führt weiter dazu aus: „DerReligionsunterricht im Berufskolleg hat die Aufgabe, bei jungen Menschen,die im Arbeits-, Berufs- und Beschäftigungssystem unserer pluralen Ge-sellschaft leben und handeln, persönliche und soziale Verantwortung undeine umfassende Handlungsorientierung mit beruflicher, sozialer und per-sönlicher Kompetenz zu fördern. Sie ist zugleich wertbezogen und sinn-geleitet, um der wachsenden beruflichen Mobilität und gesellschaftlichenHerausforderungen gewachsen zu sein.“ Ebd. Nr. 7.

13 Vgl. dazu ebd. Nr. 6.

14 MSW, Katholische Religionslehre, S. 14.

15 Vgl. Pätzold, Fächer, S. 40.

16 Vgl. ebd. S. 41 f.

17 Jakobi, Paradies, S. 7.

18 Pätzold, Fächer, S. 51.

19 Büro, Kompetenzbildung, Nr. 2.

20 Vgl. Pätzold, Fächer, S. 48.

21 Vgl. zum Folgenden Bischöfe, Bildung, Nr. 3.7.

22 Synodenbeschluss, Schwerpunkte, Nr. 4.1. Dabei drängt die Synode darauf,„berufliche Bildung zu einer gleichwertigen Alternative innerhalb unseresBildungssystems zu entwickeln. Berufliche Bildung ist ein selbständigerBereich der allgemeinen Bildung“. Ebd. Nr. 4.3.

23 Vgl. Bischöfe, Religionsunterricht (1983), S. 6.

24 Vgl. dazu ebd. S. 6f.

25 Vgl. dazu dies., Religionsunterricht (1991), S. 4.

26 Ebd. S. 14.

27 Jakobi, Berufsorientierung, S. 138.

28 Pätzold, Fächer, S. 52.

29 Wächter, Handlungsorientierung, S. 46.

Literatur

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Bedingungsfaktoren der Nutzung digitaler Medien

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5154

Fortsetzung von Teil 1 in BbSch 62(2010)4, S. 125–128

5 Fördernde und hemmende Bedingungen hinsichtlich der schulischen Nutzung digita-ler Medien

Abbildung 4 fasst pro Spalte die studienübergreifend ge-nannten Begründungen/Verbesserungsvorschläge vonLehrkräften an berufsbildenden Schulen zu Themenberei-chen zusammen.

Jede Zeile repräsentiert die Daten einer bestimmten Stu-die. 44 In den ersten beiden Studien (grau hinterlegt) wurdenoffene Fragen gestellt, in den nachfolgenden Studien wur-den geschlossene Fragen mit Antwortvorgaben gestellt. Fol-gende Bedingungsfaktoren wurden identifiziert, welche ei-ne häufigere Nutzung digitaler Medien im Unterricht be-hindern:

1. Fehlende Computerausstattung oder temporäre techni-sche Störungen.

2. Unklarer pädagogisch-didaktischer Mehrwert digitalerMedien für Lehr-Lernprozesse.

3. Kompetenzdefizite der Lehrkräfte.4. Zeit- oder Organisationsprobleme an den Schulen.5. Unterrichtsfach der Lehrkraft (nicht in Abb. 4 enthalten).

Zu (1) Fehlende Computerausstattung oder temporäre tech-nische Störungen: Es zeigt sich, dass aktuell aus Sicht derLehrkräfte noch ein Mangel an Computern in den Schulenvorherrscht und/oder ein Ausfall der verfügbaren Technikdie Nutzung digitaler Medien im Unterricht zeitweise be-hindert. Selbst Münchner Lehrkräfte sehen die Nutzung di-gitaler Medien im Unterricht vor allen anderen Gründen(300 Nennungen) 45 durch temporäre Technikprobleme oderzu wenigen Rechnern in einzelnen Klassenzimmern beein-trächtigt. Einige Lehrkräfte haben Vorbehalte, von „der Tech-nik abhängig zu sein“ und mit digitalen Medien geplanteUnterrichtsstunden aufgrund technischer Probleme nichtabhalten zu können. Vorformulierte Fragebogenaussagenhierzu treffen auch bei den von Empirica (53 % (BRD), n = 228)und Hayen (56 %, n = 200) befragten Lehrkräften auf breite

Zustimmung. Lehrkräfte der Stadt Frankfurt benennendemgegenüber Verbesserungsvorschläge (442 Nennun-gen), welche sich auf die Optimierung der verfügbaren IT-Ausstattung beziehen 46, und Hayen stellt mittels Unter-schiedstests fest, dass die Quote der Lehrkräfte der Textil-und Bekleidungstechnik (n = 200), die digitale Medien nichteinsetzt, an Schulen mit ungünstigen IT-Rahmenbedingun-gen (38,2 Prozent) signifikant höher ist als an gut ausge-statteten Schulen (12,4 Prozent). 47 Bofinger kommt jedochbasierend auf seinen zu zwei Messzeitpunkten (2002 und2006) durchgeführten Befragungen von bayrischen Lehr-kräften zu dem Schluss, dass das Technikproblem in den letz-ten Jahren als zentrales Hemmnis an Bedeutung verlorenhat und zunehmend andere Beweggründe im Verhältnis da-zu in den Vordergrund treten. 48

Zu (2) Unklarer pädagogisch-didaktischer Mehrwert digita-ler Medien: Die Einstellung der Lehrkräfte zum pädagogisch-didaktischen Mehrwert digitaler Medien bedingt die Nut-zungshäufigkeit im Unterricht in großem Maße. So stimm-ten im Jahr 2006 etwa 47 Prozent der von Empirica Befrag-ten (BRD, n = 228) der Aussage zu, dass der Sachverhalt, dassihnen der didaktische Mehrwert unklar ist, zu einer redu-zierten Nutzung digitaler Medien im Unterricht führt. 49

Deutsche Lehrkräfte legen zu dieser Fragestellung eine we-sentlich skeptischere Haltung an den Tag als Lehrkräfte an„vocational schools“ der anderen europäischen Mitglieds-staaten (EU n = 3.390, Zustimmung: 24 Prozent). Auch Lehr-kräfte der Stadt München benennen als wichtigstes ableh-nendes Einzelargument 50, 51, dass sie in der unterrichtlichenNutzung digitaler Medien keinen Sinn, respektive keine Not-wendigkeit sehen (176 Nennungen). 52 Diverse Korrelations-analysen bestätigen die Aussagen der Lehrkräfte. So ergabdie Berechnung des Korrelationskoeffizienten zu den Merk-malen „Einstellung der Lehrkraft“ und „Computernut-zungshäufigkeit“ – im Rahmen der Münchner Studie – ei-nen Wert von rs 53 (n = 189) = 0,47 (p < 0,01) und analoge Be-rechnungen von Hayen im Bezugsfeld Textil- und Beklei-dungstechnik einen Wert von r (n = 176) = 0,56 (p < 0,001).Diese Werte verweisen auf einen bedeutsamen Zusam-menhang zwischen einer positiven Einstellung der Lehrkraft

Alexandra Eder

Bedingungsfaktoren der Nutzung digitalerMedien an berufsbildenden Schulen– Eine empirische Standortbestimmung aus der Sicht von Lehrkräften Teil 2

Analysiert werden empirische Studien – überwiegend Lehrerbefragungen des Zeitraums 2001-2007 – hinsichtlich der Fra-gestellung, welche Infrastruktur für die Nutzung digitaler Medien an berufsbildenden Schulen in Deutschland aktuell vor-liegt und welche Bedingungsfaktoren die Integration digitaler Medien in den Unterricht behindern respektive begünsti-gen. Besonders fokussiert wird dabei eine qualitative Studie an 15 beruflichen Schulen der Landeshauptstadt München.Ergebnis der Analyse ist eine Standortbestimmung der technischen und didaktischen Integration digitaler Medien an be-rufsbildenden Schulen in Deutschland aus der Sicht der dort arbeitenden Lehrkräfte.

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zum didaktischen Mehrwert und einer häufigen Nutzungdigitaler Medien im Unterricht. Die Ergebnisse korrespon-dieren mit Bofingers Resümee: „Lehrkräfte, die digitale Me-dien regelmäßig einsetzen, sprechen häufiger von einemMehrwert als Kolleginnen und Kollegen, die sie eher seltennutzen ...“ 54

Zu (3) Kompetenzdefizite der Lehrkräfte: Ebenso grundle-gend stellen sich computerbezogene oder medienpädago-gische Kompetenzen der Lehrkräfte dar. Knapp 40 Prozentder von Empirica (n = 228) und Hayen (n = 200) befragtenLehrkräfte stimmten der Aussage zu, dass fehlende Com-puterkompetenzen bzw. fehlende mediendidaktischeKompetenzen für sie zentrale Hemmnisse der digitalenMedienverwendung im Unterricht sind. In Übereinstim-mung mit diesem Ergebnis sehen Lehrkräfte (n = 442) anberufsbildenden Schulen der Stadt Frankfurt (98 Nennun-gen) und etwa ein Drittel der Befragungsteilnehmer ausBayern (siehe Abb. 3) in Kursen im Umgang mit Computer,Internet und Software, mediendidaktischen Fortbildun-

gen, der Bereitstellung von Unterrichtsbeispielen mit digi-talen Medien und in der Bereitstellung von Informationenüber unterrichtsgeeignete Software – geeignete Maßnah-men, um digitale Medien tiefer im schulischen Alltag zuverankern. 55

Korrelationsanalysen stützen die subjektive Einschätzungder Lehrkräfte. So wurde im Rahmen der Münchner Studieein Korrelationskoeffizient von rs56 (n = 191) = 0,63 (p < 0,01)hinsichtlich der Merkmale „Selbsteingeschätzte Computer-kompetenz“ und „Nutzungshäufigkeit der Computerneu-ausstattung“ errechnet. Damit liegt in der untersuchtenStichprobe ein recht stark ausgeprägter Zusammenhangzwischen den beiden Variablen vor. „Je höher die Compu-terkompetenzeinschätzung der Lehrkraft, desto häufigerwird das Pädagogische Netz genutzt“ oder „Je häufiger ei-ne Lehrkraft das Pädagogische Netz nutzt, desto höher sindihre/seine Computerkompetenzen ausgeprägt“. Dieser Zu-sammenhang tritt im Balkendiagramm (siehe Abb. 5) be-sonders deutlich zu Tage.

Abb. 4: Begründungen von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen für eine geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht. (Quelle: eigene Darstellung). 43

Bedingungsfaktoren der Nutzung digitaler Medien

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5156

Zu (4) Permanenter Zeitdruck oder Organisationsdefizite anden Schulen: Des Weiteren machen den befragten Lehr-kräften Zeit- und Organisationsprobleme an den Schulen zuschaffen. Unter diesem Oberbegriff verbergen sich unter-schiedliche Sachverhalte. Münchner Lehrkräfte verweisendarauf, dass das Hochfahren der Computer, das Einloggender Schülerinnen und Schüler sowie das Starten von Pro-grammen eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und dadurchwertvolle Unterrichtszeit verloren geht (166 Argumente).Einzelne Unterrichtsstunden sind dafür zu kurz. Einen wei-teren Argumentationsstrang vertreten Lehrkräfte aus Ge-samtbayern. Diese verweisen generell auf einen hohen Zeit-druck an den Schulen, schulische Raumprobleme und zu gro-ße Klassen als Faktoren, die dazu führen, dass die Integrati-on digitaler Medien in den Unterricht als belastende Zu-satzaufgabe betrachtet wird. Vor allem für Lehrkräfte anWirtschaftsschulen sowie an Berufs- und Fachoberschulenist dies im Jahr 2006 der wichtigste Einzelgrund für einen(häufigen) Medienverzicht. Analog dazu wünscht sich dieüberwiegende Mehrheit der bayrischen Lehrkräfte kleinereKlassen (69 Prozent) und Entlastung von verwaltenden undsozialpädagogischen Aufgaben (ca. 28 Prozent). Lehrkräftein Frankfurt sehen zusätzlich einen Verbesserungsbereichdarin, Computerräume spontan nutzen zu können.

Zu (5) Unterrichtsfach der Lehrkraft: Um die Häufigkeit derNutzung digitaler Medien objektiv beurteilen zu können,muss auch das Unterrichtsfach der Lehrkräfte in den Blickgenommen werden. So vertreten etwa 20 Prozent (n = 228,BRD) bzw. 29 Prozent (n = 3.390, EU) der von Empirica be-fragten Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen respektive„vocational schools“ die Ansicht, dass ihr Unterrichtsfach ansich nicht zur Nutzung digitaler Medien animiert. 58 Ent-sprechend wurden innerhalb der Studien im BezugsfeldMünchen 59, Gesamtbayern 60 und Nordrhein-Westfahlen 61

fachspezifische Unterschiede in der Mediennutzung diag-nostiziert. Der Sachstand stellt sich folgendermaßen dar:

Besonders in Fächern mit technikbasierten Lernzielen wiez.B. Informatik, technisches Zeichnen mit CAD-Program-men, Gestaltung von Digital- und Printmedien etc., sind di-gitale Medien zentraler Unterrichtsinhalt; infolgedessengibt es für ihren Einsatz kaum eine Alternative. So nutzen imDurchschnitt die befragten Lehrkräfte an Münchner Stadt-schulen, Gesamtbayern und NRW für Fächer wie CAD/CNC,Informatik, EDV, Bürokommunikation, Lernfelder der Druck-

und Medientechnik, der Metall- und Elektrotechnik digitaleMedien im Durchschnitt mehrmals pro Woche bis täglich.

In Fächern ohne technikbasierte Lernziele, wie z.B. Deutsch,Religion, Politik, Fremdsprachen, Landeskunde usw., dienendigitale Medien hauptsächlich zur Unterstützung des Lehr-/Lernprozesses und weniger als Unterrichtsinhalt. Hier ent-scheidet die Lehrkraft situativ, ob eine didaktische Integra-tion den intendierten Lehr-/Lernzielen förderlich ist odernicht. Dementsprechend wird die digitale Mediennutzungweniger von den Erfordernissen des Faches bedingt als vonden IT-Rahmenbedingungen an der jeweiligen Schule, denpersonenbezogenen Voraussetzungen der Lehrkraft undden situativen Erfordernissen im Unterricht. Digitale Me-dien werden in diesen Fächern im Stadtgebiet München imDurchschnitt einmal bis mehrmals pro Woche eingesetzt.Bofinger stellt demgegenüber fest, dass etwa 50 Prozent derbayrischen Lehrkräfte in diesen Fächern digitale Medien imDurchschnitt eher selten im Unterricht einsetzen und statt-dessen die Unterrichtsvorbereitung mithilfe digitaler Me-dien umsetzen.

In Fächern mit überwiegend psychomotorischen Lernzielen,wie etwa Fachpraxis, Lernfelder der Ergotherapie, Sport, Mu-sik, in denen eher Bewegungsabläufe, Arbeitstechnikenoder der persönliche Umgang mit Patienten eingeübt wer-den sollen, ist der Einsatz von digitalen Medien häufig nichtlernzielfördernd, da im Unterricht überwiegend psychomo-torische oder sozial-kommunikative Lernziele angestrebtwerden, die nicht immer durch Medien vermittelbar sind,sondern praktisch geübt werden müssen. Aus diesem Grundverwundert es nicht, dass in diesen Fächern eine unter-durchschnittliche Nutzung digitaler Medien im Unterrichtfestgestellt wurde. 62, 63, 64

Abschließend, nachdem ausführlich dargelegt wurde, wel-che Bedingungsfaktoren eine möglichst umfassende Nut-zung digitaler Medien im Unterricht behindern oder be-günstigen, bleibt noch darauf hinzuweisen, für welche Fak-toren keine Relevanz festgestellt wurde. So ergaben Mittel-wertvergleiche/Korrelationsanalysen der Studien im Be-zugsfeld München, Bremen sowie der Textil- und Beklei-dungstechnik (bundesweit), dass das Alter oder das Ge-schlecht der Lehrkräfte keine erwähnenswerten Zusam-menhänge mit der Nutzungshäufigkeit digitaler Medienaufweist. 65

6 Verbesserungsmaßnahmen und Beurteilungdes Integrationsprozesses digitaler Medienan berufsbildenden Schulen

Ein Teil der Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen inDeutschland verzichtet aktuell noch auf eine regelmäßigeNutzung digitaler Medien im Unterricht. Gründe/Bedin-gungsfaktoren einer reduzierten Nutzung wurden voraus-gehend ausführlich dargelegt und Maßnahmen zur Erhö-hung der Computernutzung sollten an den genannten Ver-besserungsbereichen ansetzen. Eine ausführliche Diskussi-on möglicher Maßnahmen würde den Rahmen des Artikelsüberschreiten, deshalb werden nachfolgend einige Vor-schläge lediglich stichpunktartig expliziert:

Abb. 5 : Zusammenhang von Computerkompetenzeinschätzung der Lehrkraftund Nutzungshäufigkeit der Computerneuausstattung an Münchner Stadt-schulen. 57

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 157

– Der weitere Ausbau der schulischen IT-Infrastruktur ver-bunden mit umfassenden Service- und Supportstruktu-ren im Bundesgebiet;

– Systematischer Aufbau von computerbezogenen undmediendidaktischen Kompetenzen in allen Phasen derLehrerbildung; bedarfsgerechte medienpädagogischeund technische Fortbildungen, die auch konkrete Um-setzungsbeispiele für den Unterricht enthalten;Coaching von Computerneulingen unter den Lehrkräftendurch Computerexperten im Kollegium;

– Fortführung der wissenschaftlichen Diskussion zumMehrwert digitaler Medien für Lehr-Lernprozesse, ohnedabei eine nicht einzuhaltende Erwartungshaltung imSinne einer dem Medium immanenten Verbesserung derLernleistung zu schüren; 66

– Zusammenführung von einzelnen Unterrichtsstundenzu größeren Einheiten; Entlastung der Lehrkräfte vonSchulbürokratie durch Schulassistenten bzw. Verwal-tungsfachangestellten;

– Bildungsstandards einer digitalen Mediennutzung, wel-che den pädagogischen Erfordernissen der jeweiligenUnterrichtsfächer, Schulstufen und Schulformen ange-passte Beurteilung zulassen.

Zur abschließenden Beurteilung der Integration digitalerMedien eignet sich ein Phasenmodell von Nolan (adaptiertvon Breiter) 67. In dieser Modellvorstellung wird die Imple-mentierung digitaler Medien an Schulen als Lernprozess be-schrieben, der nacheinander vier Phasen durchläuft (sieheAbb. 6).

In der Phase der Initialisierung (siehe Abb. 6) nutzen Lehr-kräfte digitale Medien vereinzelt, die Schulleitung steuertdie Medienintegration nicht und Überlegungen zur IT-Aus-stattung dominieren den Prozess. Danach folgt die Phaseder Ansteckung, in der immer mehr Lehrkräfte digitale Me-dien verwenden und die Schulleitung beginnt, mit Einzel-projekten die Medienintegration voranzutreiben. In der Pha-se der Steuerung ist der Lernprozess schon weit gediehen.Die Nutzung der verfügbaren Ausstattung ist für eine Mehr-

heit der Lehrkräfte selbstverständlich und die Steuerung derMedienintegration erfolgt durch medienpädagogisch ori-entierte Entwicklungspläne (MPE), die in regelmäßigen Ab-ständen fortgeführt werden. Mit der Phase der Integrationist der Lernprozess vollendet. Für alle Lehrkräfte sind Com-putertechnologien nun integraler Bestandteil von Lehrenund Lernen und die medienpädagogische Entwicklungspla-nung wurde in das allgemeine Qualitätsmanagement derSchule überführt. 69

Die vorliegenden empirischen Befunde bieten eine frag-mentarische Momentaufnahme des Integrationsprozessesdigitaler Medien an berufsbildenden Schulen in Deutsch-land. Die Daten deuten darauf hin, dass Schulen in fort-schrittlichen Schulregionen in etwa der Phase 3 (Steuerung)und andere der Phase 2 (Ansteckung) zugeordnet werdenkönnen. Diese Beurteilung liegt vor allem darin begründet,dass weite Teile der Kollegien digitale Medien noch nicht re-gelmäßig zur Gestaltung ihrer Lehr-/Lernprozesse nutzenund ein systematisches Medienmanagement sich an deut-schen Schulen in der Regel erst im Aufbau befindet. 70 Somitstellt Phase 4 (Integration) aktuell noch eine mittelfristigeZielperspektive dar, die noch anzustreben bleibt.

Anmerkungen

43 Vgl. Eder (2009), S. 149–165.

44 Vgl. Tenberg/Steiger/Eder (2007), S. 1 f.

45 Die Münchner Lehrkräfte nannten 300 ablehnende Argumente zu diesemAspekt von insgesamt 795, welche sich ausschließlich auf die Nutzung di-gitaler Medien im Unterricht bezogen.

46 Vgl. Breiter et al. (2006), S. 62, 85.

47 Vgl. Hayen (2008), S. 243.

48 Vgl. Bofinger (2007), S. 39.

49 Vgl. Eder (2009), S. 151; vgl. Empirica (2006), S. 291.

50 Vgl. Eder (2009), S. 243.

51 Die Münchner Lehrkräfte nannten 134 ablehnende Argumente zu diesemAspekt von insgesamt 795, welche sich ausschließlich auf die Nutzung di-gitaler Medien im Unterricht bezogen. Insgesamt gesehen wurden 176 Ar-gumente dazu genannt.

52 Vgl. Bofinger (2007), S. 40.

53 Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman (+1 = stark positiver Zu-sammenhang, 0 = kein Zusammenhang, -1 = stark negativer Zusammen-hang).

54 Bofinger (2007), S. 71.

55 Vgl. Bofinger (2007), S. 120.

56 Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman.

57 Vgl. Eder (2009), S. 230

58 Originalaussage: „Subject does not lead itself to being taught via compu-ters.”

59 Vgl. Eder (2009), S. 238.

60 Vgl. Bofinger (2007), S. 23.

61 Vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Straackmann (2004), S. 52.

62 Vgl. Eder (2009), S. 238.

63 Vgl. Bofinger (2007), S. 23.

64 Vgl. Hayen (2008), S. 237.

65 Vgl. Eder (2009), S. 158.

66 Nähere Ausführungen zum didaktischen Mehrwert digitaler Medien vgl.Eder (2009), S. 10–77.

67 Vgl. Eickelmann/Schulz-Zander (2006), S. 278.

68 Vgl. Eder (2009), S. 167.

69 Vgl. Eickelmann/Schulz-Zander (2006), S. 278.

70 Vgl. Eder (2009), S. 94.

Abb. 6: Phasenorientierter Lernprozess bei der Entwicklung des IT-Einsatzes anSchulen. 68

Bedingungsfaktoren der Nutzung digitaler Medien / Lehrersabbaticals

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Stefanie Hoos

Lehrersabbaticals – immer eine lohnende Sache?Eine zeitlang tun und lassen können, was man möchte, dem (Berufs-)Alltag den Rücken kehren. Ein Traum, der seit einigerZeit für die meisten deutschen Lehrkräfte im Rahmen von Sabbaticals gelebt werden kann. Welche Erfahrungen haben Be-troffene mit ihrer Auszeit gemacht? Würden sie die Möglichkeit weiterempfehlen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich derfolgende Beitrag vor dem Hintergrund von Ergebnissen einer qualitativen Befragung von 28 hessischen Lehrer/innen allerSchulformen, die mindestens eine Sabbaticalzeit durchlaufen haben.

1 Rahmenbedingungen schulischer Sabbaticals

Das englische Wort Sabbatical (dt. Sabbatjahr) leitet sich ausdem hebräischen Wort für ‚ruhen’ ab (Schmitz 1993). Ausdem biblischen Kontext übernommen stehen Sabbaticalsheute für Arbeitsunterbrechung unter Aufrechterhaltungdes Arbeitsverhältnisses.

Im öffentlichen Dienst gibt es gesetzliche Sabbaticalrege-lungen seit 1987, Vorreiter war der Berliner Schuldienst(GVBl. I S. 273)). Mittlerweile ist ein Sabbat(halb-)jahr fürLehrkräfte in fast allen Bundesländern möglich (Döbrich etal. 2003). Dabei handelt es sich um ein Teilzeitmodell, miteiner mehrjährigen Ansparphase und einem Freistel-lungszeitraum von einem halben oder einem ganzen Jahr(z. B. GEW 2007). In der Umsetzung bedeutet dies eine in

einem entsprechenden Bewilligungszeitraum verminder-te Unterrichtsverpflichtung, einschließlich entsprechen-der Besoldungsreduktion. Im Unterschied zu einer her-kömmlichen Teilzeitbeschäftigung verteilt sich die Unter-richtsverpflichtung nicht gleichmäßig über den entspre-chenden Bewilligungszeitraum, sondern ermöglicht imletzten Halb-/Jahr des Zeitraumes eine Freistellung vonjeglicher Dienstverpflichtung. (vgl. Abb. 1). Die aufgrundder Teilzeit reduzierten Dienstbezüge erstrecken sich hin-gegen über die gesamte Laufzeit des entsprechenden Be-willigungszeitraumes, so dass auch während des Sabbat-jahres eine Besoldung erfolgt und eine Beihilfeberechti-gung bestehen bleibt.

Als Ansparmodus kann zwischen verschiedenen Möglich-keiten, bspw. 1/2, 2/3, 3/4, 4/5, 5/6 oder 6/7, gewählt wer-

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 159

den. Das bedeutet z. B. im Fall 3/4, dass in der ersten Pha-se des Sabbaticalvertrags drei Jahre1 lang ein Viertel des Ge-halts angespart wird, um in der zweiten Phase (Auszeit)ebenfalls in der Höhe eines 3/4-Einkommens finanziert zusein. Insgesamt werden damit über vier Jahre hinweg nurdrei Viertel des Gehalts verdient, bei drei Teilen Arbeitstä-tigkeit und einem Teil Freizeit.

Hessen bietet außerdem eine zweite Ansparvariante an: Aufeinem sog. Zeitkonto kann „die wöchentliche Unterrichts-verpflichtung bei gleicher Bezahlung um maximal zweiStunden erhöht [werden] [...]. Eine [...] Freistellung bei Wei-terzahlung des Gehalts kann dann innerhalb von 12 Jahrenerfolgen“ (HKM 1996, 44, Auslassung und Umstellung S. H.).Dienstverpflichtungen für den Sabbaticalzeitraum beste-hen nicht. Eine Ablehnung, Verschiebung o. Ä. kann erfol-gen, wenn dienstliche Belange entgegenstehen. Außerdemkann eine Bewilligung nur dann geschehen, wenn der Aus-gleich „spätestens nach zwölf Jahren oder in dem Schuljahrabgeschlossen [ist], in dem die Lehrkraft das 63. Lebensjahrvollendet“ (GVBl. I S. 273), § 2 III, Anpassung S. H.). Die Teil-nahme erfolgt auf freiwilliger Basis und steht auch teilzeit-beschäftigten Lehrkräften offen.

2 Lehrerbefragung zu Sabbaticaleinsatz und -nutzung

Die Datenerhebung fand im Zeitraum September 2005 bisMärz 2006 statt. Insgesamt wurden 28 Lehrer/innen ausdem hessischen Schuldienst interviewt. Die Stichproben-auswahl erfolgte insofern gezielt, als dass nur solche Leh-rer/innen befragt wurden, die im Zeitraum von Einführungdes Sabbaticals im hessischen Schuldienst bis zum Jahr derUntersuchung (2005) mindestens ein Sabbatical unter sel-biger Bezeichnung beantragt und abgeschlossen hattensowie im Anschluss in den Schuldienst zurückgekehrt wa-ren.

Die Erhebungsmethode orientierte sich am problemzen-trierten Interview nach Witzel (1985), um Betroffene selbstzu Wort kommen zu lassen, subjektive Schilderungen zu be-günstigen und Freiräume zugunsten des Untersuchungs-gegenstandes zu eröffnen. Mithilfe eines Kurzfragebogenswurden soziodemographische und andere Sozialdaten derBefragten sowie der Sabbaticalzeitraum ermittelt. Die In-terviews wurden mit dem Einverständnis der zu Intervie-wenden in digitale Audiodateien verwandelt, entspre-chend aufbereitet und im Sinne der qualitativen Inhalts-analyse nach Mayring (2003) unter zu Hilfenahme des qua-litativen Datenanalyseprogramms MAXqda2 (Kuckartz2007) ausgewertet.

3 Ausgewählte Ergebnisse2

Die befragten Lehrerinnen (17) und Lehrer (11) waren zu Be-ginn ihres Sabbaticals im Alter zwischen 41 bis 59 Jahre alt(1x k. A.) (vgl. Abb. 2).

Der Großteil des Interviewten war verheiratet oder lebtein eheähnlicher Gemeinschaft und hatte mindestens einKind ( jeweils 24x). Im selben Haushalt lebte zum Zeitpunktdes Sabbaticals bei 15 Befragten noch mindestens ein (ei-genes) Kind.

In beruflicher Hinsicht hatten die Befragten zwischen 8und 37 Jahren einschlägiger Berufstätigkeit vor Antritt derAuszeit absolviert. (vgl. Abb. 3) Neun Lehrkräfte unterrich-teten an einer Gesamtschule, sieben an einer beruflichenSchule, sechs am Gymnasium/an Gymnasialzweigen (eineMehrfachnennung, auch angeführt unter Gesamtschule),

Abb. 2: Alter der Probanden

Abb. 3: Berufsjahre der Probanden

Abb. 1: Sabbaticalvertrag (Grundschema)

Lehrersabbaticals

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vier an Grundschulen (eine Mehrfachnennung, auch an-geführt unter Gesamtschule), und jeweils eine an einerHauptschule, Sonderschule, integrierter Grund- und Son-derschule sowie einer Schule für Erwachsene. In einem Fallgab es ferner eine Abordnung an das Studienseminar.Mehrheitlich wurde vor Antritt der Auszeit mit voller Stel-le gearbeitet (23x), eine Interviewte hatte ihr Deputat re-duziert auf 80 % und vier auf 75 %.

Bei der Sabbaticallänge entschied sich das Gros für ein vol-les Jahr (19x), neunmal wurde ein halbes Jahr Auszeit ge-wählt. Als Ansparmodus wurde siebenmal das Modell 3/4,sechsmal 2/3, viermal 4/5, jeweils dreimal 1/2 (davon ein-mal Sonderregelung) und 7/8 und einmal 5/6 gewählt. Invier Fällen wurde das Sabbatical mithilfe von Überstundenangespart, dreimal im Laufe von sechs und einmal von vierJahren. Einen Sonderfall stellt die Möglichkeit dar, erst dieAuszeit nutzen und anschließend nacharbeiten zu können.

Bewertungen der Sabbaticaloption gegenüber fallendurch die befragten Sabbaticalnehmenden – soweit vor-genommen – grundsätzlich positiv aus. Mehrfach wird be-tont welch ein „Luxus“ (04:119; 15:142) und ein „Privileg“(21:66; 22:146; 26:12) diese Möglichkeit bedeutet, sowohlhinsichtlich der Tatsache „voll berufstätig“ (04:119) und fi-nanziert zu sein (2x) sowie im Anschluss in den Beruf zu-rückkehren zu können (3x), als auch in einem ansonstenstark strukturierten Berufsverlauf, Freiheiten zu erfahren(2x) und „ein Jahr totalen Urlaub“ (02:75), einen „Licht-blick“ (14:46) zu haben: „Das Sabbatjahr ist die einzigeMöglichkeit, wo dann mal eine Öffnung da ist, man wasanderes ausprobieren kann.“ (13:186).

Es wird als „Geschenk des Arbeitgebers“ (05:81; ähnlich„ein geschenktes Jahr“ 07:203) angesehen, das „praktischkeine Nachteile“ (05:87) hat, als eine „wichtige Maßnah-me“ (06:61) zur „Erhaltung der Arbeitsfähigkeit“ (ebd.;ähnlich 17). Gleichzeitig allerdings ist es nach Einschät-zung eines Befragten „kein gutes Fluchtinstrumentarium“(06:63) und es setzt „eine gewisse Bereitschaft voraus, da-von profitieren zu wollen“ (07:413; ähnlich 08).

Die Sabbaticaloption grundsätzlich weiterempfehlen kön-nen alle Befragten, weil es bspw. eine „persönliche Berei-cherung“ (02:73) ist, es „gut [tut], mal raus zu kommen,mal was anderes zu machen“ (03:83), „man irgendwie mitsehr viel Elan dann wieder anfängt“ (19:135) oder die Auf-tretenswahrscheinlichkeit von „Burnout bei Lehrern“ re-duziert (13:172). Ein Befragter äußert sich aufgrund der ei-genen Erfahrungen bei Antragstellung und Teilgenehmi-gung im Nachhinein ambivalent: „Zum Zeitpunkt der Be-antragung hatte ich gesagt, jedem: ‚Mach das’. Inzwischendenke ich, wäre auch so eine Empfehlung, Beharrlichkeit,klar, aber betrachte es differenzierter! Diese Euphorie, dieda war, ist nicht mehr da.“ (16:178).

Während einerseits betont wird, dass jeder für sich eine in-dividuell passende Gestaltung vornehmen sollte (11x), fin-den sich andererseits auch konkrete Tipps. Bei der Planungsollte bspw. darauf geachtet werden, mit welchem Ziel dieAuszeit gewünscht wird (2x), welches Ansparmodell fi-

nanziell vertretbar ist (6x) oder inwieweit andere Personeninvolviert sein sollen (2x). Ferner sollte mit Blick auf dieSchule eine offene Kommunikation angestrebt werden,auch im Kollegium, damit frühzeitig Absprachen getroffenwerden und Rückkehrwünsche Berücksichtigung findenkönnen. In einem anderen Fall wird von Hinweisen an Kol-leg/inn/en berichtet, von der Schulleitung „nicht zu vielEntgegenkommen“ (21:66) zu erwarten.

Empfehlungen bzgl. des Planungsgrads differieren, wäh-rend die einen sich für planvolle Strukturierung (4x) aus-sprechen, raten andere davon ab, „zu viel“ (08:384; ähn-lich 24) zu planen, um nicht enttäuscht zu werden, oderdazu, möglichst wenig zu planen.

Letzteres wird ergänzt mit dem Hinweis darauf, dass zwi-schen der Antragstellung und dem Sabbaticalantritt zu-meist viel Zeit vergeht („ [...] überlege dir vielleicht grob,was für dich spannend sein könnte, aber dann warte ein-fach ab [...] und höre gut auf dich selbst, was gerade Sacheist.“ 22:146) und entsprechend „vorausschauend“ (02:75)zu planen ist.

Für die Durchführung wird befürwortet, die Zeit für sichpersönlich zu nutzen, etwas „Außergewöhnliches“ (03:89;„Dinge, die du sonst nie machen würdest“ 22:146) zu ma-chen und einen „Ortswechsel“ (04:129) zu integrieren. Ein-mal wird hervorgehoben, dass „es gar nicht so wichtig ist,was man im Sabbatjahr macht, sondern dass man das Ge-fühl dafür kriegt, dass man selbst Herr über die Zeit ist“(25:264).

Ein Interviewpartner spricht sich für eine Mischung ausprivat und schulisch orientierter Nutzung aus, um den be-ruflichen Anschluss nicht zu verlieren: „Also das denke ichauch, auch so die Mischung zwischen Privatem und jetzt –sagen wir mal – ... schulischen Themen noch dabei, war so,dass ich hier auch keine Probleme hatte, hier wieder ein-zusteigen, weil ich ja mit dem Schulthema letztendlich da-bei war. Wenn sich jemand ganz ausklinkt ... und jetzt – sa-gen wir mal – in einem Jahr einmal um die Welt tingelt. ...Weiß nicht, wo er da ankommt. Ob er dann wirklich hierankommt und sagt: Jawohl ich gehe jetzt weiter. Oder, ober dann sagt: Frühverrentung, so schnell wie es geht. Oderauf irgendeine Art und Weise aussteigt. Weil das nichtmehr zu ihm passt.“ (20:102).

Sechsmal wird betont, optimalerweise mehr als ein Sab-batical unter Berücksichtigung des Alters anzustreben:„Aber ich würde es bis 50 oder bis 52 oder so, also bis zudem Zeitpunkt, wo ich es gemacht habe, auf jeden Fall al-len empfehlen, so häufig wie möglich.“ (02:79).

Zeitlich wird ferner empfohlen, die Auszeit nicht zu spät inder beruflichen Laufbahn zu platzieren (2x) und bei derSabbaticallänge bei einem halben Jahr, die Auswahl desSchulhalbjahres zu berücksichtigen. In einem Fall wird voneinem Halbjahr grundsätzlich abgeraten, weil das Ankom-men in der Auszeit im Verhältnis ansonsten ein zu lang-wieriger Prozess ist.

Themen

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Zu beachten sei, dass die Auszeit eine Veränderung be-deutet, mit Blick auf den Wiedereinstieg, „dass man flexi-bel und elastisch sein muss“ (02:67) und die Zeit ungeplantschnell ungenutzt verrinnen kann. Als ungeeignet wird dieAuszeit für solche Lehrkräfte erachtet, die aus einer Ar-beitssituation fliehen möchten oder „überhaupt keineLust mehr“ (07:371) auf die Lehrtätigkeit an der Schule ha-ben.

4 Resümee

Das Sabbatical bietet Lehrkräften – so zeigt die Studiedeutlich – eine Fülle von Möglichkeiten, die Gesundheitund die Persönlichkeit zu stärken. Die weitere Arbeit an derSchule kann davon profitieren – muss aber nicht (dennauch solche Fälle offenbart die Untersuchung). Die 28 Be-fragten Lehrer/innen sind alle nach der Auszeit in denSchuldienst zurückgekehrt. Zu potenziellen Fällen von Be-rufsausstieg oder Arbeitsplatzwechsel kann an dieser Stel-le nichts gesagt werden.

Insgesamt ist die Teilnahme an Sabbaticals bislang als sehrgering zu bewerten. Die meisten Befragten berichteten da-von, der/die erste an seiner/ihrer Schule hinsichtlich einerSabbaticalnutzung gewesen zu sein. Laut Analyseband derKMK (2002) der die Kapazitätsgewinne und / oder -verlus-te an Vollzeitlehrereinheiten durch Arbeitszeitmodelle wieetwa das Sabbatical in ihre Berechnungen mit aufgenom-men hat, ist das Sabbatical „quantitativ praktisch bedeu-tungslos“ (86). Allerdings lässt sich bspw. nach dem Ham-burger Personalstrukturbericht (Personalamt HH 2006) ei-ne leicht ansteigende Nutzung des Sabbaticalmodells ver-zeichnen. So befanden sich 2006 von 792 in entsprechen-den Verträgen Beschäftigten 161 in der Freistellungspha-se, was einem absoluten Zuwachs von 31 Personen ent-spricht.

Bzgl. der vorliegenden Untersuchungsergebnisse er-scheint eine vorsichtige Verallgemeinerung auf die ent-sprechende Grundgesamtheit insofern möglich, da dieStichprobe von n=28 Lehrenden nach Angaben des Hessi-schen Kultusministeriums (HKM 2006) etwa 5-10 % derjährlichen Sabbaticalnehmenden in Hessen entspricht, beiinsgesamt steigender Inanspruchnahme in den letztendrei Jahren. Das Gros (n=23) der Befragten entfiel auf dieAltersgruppe 45 bis 55 Jahre, was ebenfalls der Hauptal-tersgruppe der hessischen Sabbaticalnehmenden gleich-kommt.

Die Generalisierbarkeit der Erkenntnisse über das Bundes-land hinaus erscheint nur begrenzt sinnvoll. Vergleichba-re Ergebnisse anderer Bundesländer gibt es bislang nicht.Gleichzeitig existieren bundeslandspezifische Rechtsver-bindlichkeiten für ein Sabbatical bis hin zu Einzelfallrege-lungen (Robert-Bosch-Stiftung 2006; vbw 2002).

Inhaltlich lässt sich festhalten, dass die gewonnenen Er-fahrungen der Sabbaticallehrkräfte auf der Grundlage derbesagten Erhebung überwiegend positiv ausfallen undentsprechend zu einer Sabbaticalteilnahme ermutigen.

Neuralgische Punkte stellen die Übergänge in das Sabba-tical und zurück in den (beruflichen) Alltag dar. Mit einerguten Vorbereitung und Absprachen mit Kolleg/inn/enund Vorgesetzten sind die Umstellungen allerdings über-schaubar.

Eine besondere Erschwernis gibt es für Berufsschullehren-de in exklusiven Unterrichtsfächern, die nicht einfach imRegelschulbetrieb ersetzt werden können. Hier gilt es klu-ge Sonderregelungen zu finden. Die Befragten berichtenbspw. von Sabbaticals mit Arbeitsanteilen, von Prüfungs-verschiebungen oder eigeninitiierter Vertretungssuche.

Anmerkungen

1 Soll das Sabbatical eine Länge von einem halben Jahr umfassen, gelten alsZeiteinheit entsprechend Halbjahre.

2 Die vorgestellten Ergebnisse stellen einen Auszug der Untersuchungser-gebnisse aus der Dissertation der Autorin dar.

Literatur

Döbrich, P./Klemm, K./Knauss, G./Lange, H. 2003: Ausbildung, Einstellung undFörderung von Lehrerinnen und Lehrern. Nationaler Hintergrundsbericht (CBR)für die Bundesrepublik Deutschland. Paris. Online verfügbar unterhttp://www.oecd.org/dataoecd/56/38/31076222.pdf, zuletzt geprüft am05.05.2006.

GEW (Hrsg.) 2007: Synopse über Regelungen zum Sabbatjahr in den einzelnenBundesländern. Online verfügbar unter http://www.gew.de/Binaries/ Binary27978/SYN%20Sabbatjahr%202007.pdf, zuletzt geprüft am05.05.2008.

HKM 1996: Arbeitsplatz Schule. Flexiblere Arbeitszeiten für Lehrkräfte ab1996. Presseinfomation Nr. 69 vom 7. Dezember 1995. In: Amtsblatt des Hes-sischen Kultusministeriums, 49(1995)1, S. 43-44.

HKM 2006: Statistik zu hessischen Lehrkräften mit Sabbateintrag. Email vom26.07.2006 an S. H.

KMK 2002: Vollzeitlehrer-Einheiten. In: Schule in Deutschland – Zahlen, Fak-ten, Analysen, 2(2002)1, S. 78-86.

Kuckartz, U. 2007: Einführung in die computergestützte Analyse qualitativerDaten. 2., aktualisierte und erw. Aufl., Wiesbaden.

Land Hessen 1996: Verordnung über besondere Formen der Teilzeitbeschäfti-gung und flexibler Arbeitszeit für beamtete Lehrkräfte an öffentlichen Schu-len, vom 31. Mai 1996 (GVBl. I S. 273).

Mayring, P. 2003: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 8.Aufl., Weinheim und Basel.

Personalamt HH 2006: Personalstatistische Auswertungen. In: blickpunkt per-sonal, (2006)3, S. 8-80. Online verfügbar unter http://www.hamburg.de/servlet/contentblob/30202/blickpunkt-personal-2006-3-psb/data.pdf, zu-letzt geprüft am 25.04.2008.

Robert-Bosch-Stiftung 2006: Bericht 2006. Stuttgart.

vbw (Hrsg.) 2002: Lehrerpraktika. Sabbatjahr für Lehrer/innen in der Wirt-schaft. Online verfügbar unter www.bildunginbayern.de, zuletzt geprüft am02.01.2006.

Witzel, A. 1985: Das problemzentrierte Interview. In: Jüttemann, G. (Hrsg.)1985: Qualitative Forschung in der Psychologie. Grundfragen Verfahrenswei-sen Anwendungsfelder. Heidelberg. S. 227-255.

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1 Veränderungen in der Organisation der Industriebetriebe

1.1 Verstärkte Nutzung von Zuliefe-rern

Sie liefern vermehrt auch ganze Teil-systeme. So fertigt z. B. ein Zuliefererdas ganze Frontmodul eines Pkw miteingebautem Kühler einschließlichLüfter, den beiden Scheinwerfern samtGlühlampen und dem zugehörigen Ka-belbaum. Schwierigkeiten bereitet da-bei die Qualitätskontrolle an der Über-gabe-Schnittstelle von einem Betriebzum anderen.

1.2 Keine Eingangskontrolle mehr

Der Zulieferer garantiert die Qualitätu. a. durch eine beglaubigte Mitteilungder statistischen Maßzahlen von re-präsentativ ausgewählten Stichpro-ben. Dadurch können die Prüfkostenwesentlich verringert werden. So senk-te z. B. ein Automobilwerk den Anteilder Prüfkosten an den Herstellkostenvon ca. 40 % auf 10 %. Prüfkosten ent-stehen auch durch die Material- undBearbeitungskosten der bereits gefer-tigten fehlerhaften Werkstücke.

1.3 Strenge Anforderungen an dieBetriebsorganisation

Durch die Verlagerung der Qualitäts-

prüfung an die Zulieferer müssen sichdiese an strenge Regeln halten unddies durch Zertifikate belegen. So istz. B. ein Qualitätshandbuch zu führen,in dem alle wesentlichen Vorgänge derQualitätsprüfung und ihre Zuständig-keiten aufgeführt sind. Änderungensind schriftlich darzustellen.

Zertifikate können nur von besondersausgebildeten und geprüften Fachleu-ten ausgestellt werden. Viele Firmenhaben einen Qualitätsbeauftragten,der die Einhaltung der Prüfvorschrif-ten regelmäßig überwacht. Nicht sel-ten werden hierfür sogar Fremdfirmeneingeschaltet, um ein Höchstmaß anObjektivität zu gewährleisten.

2 Qualitätsmanagement inden bundeseinheitlichen Rahmenstoffplänen

Die Rahmenlehrpläne enthalten neueBegriffe, die sich aus den statistischfundierten Prüfmethoden und der ver-änderten Organisation bei der Prüfungder Werkstücke ergeben. Der Fachar-beiter benötigt hierfür u. a. Kenntnis-se über statistische Maßzahlen undein Verständnis für Wahrscheinlichkei-ten.

Die Industriemechaniker umfassen ca.40 % der Berufsschüler/innen im Be-rufsfeld Metall. Der Rahmenstoffplanfür diesen Beruf nennt sehr detailliert

die Lerninhalte wie z. B. attributive undvariable Prüfmerkmale. Die in den Rah-menstoffplänen genannten Lernzielesind hier jeweils grau unterlegt. Auchfür Zerspanungs-, Anlagen- und Werk-zeugmechaniker sind Inhalte des Qua-litätsmanagements gefordert. Ohnegrafische Darstellungen sind die Zu-sammenhänge wie z. B. Fehlerkurve,Standardabweichung Prozessfähig-keit kaum vermittelbar.

Neben der Darstellung rechnerge-stützter Verfahren sind deshalb nach-folgend auch Vorlagen für Arbeits -trans parente zum Scannen oder Ko-pieren abgedruckt.

3 Methoden zur Vermittlungder Grundlagen des Quali-tätsmanagements

Das zentrale Element ist die GaußscheFehlerkurve. Je nach der vorhandenenEinrichtung sind verschiedene Metho-den im Unterricht möglich.

3.1 Rechnergestützte Erfassung derFehlerkurve

Eine Arbeitsgruppe des Ministeriumsfür Kultus und Sport Baden-Württem-berg hat ein System von anschaulichenProjekten mit rechnergestützter Erfas-sung der Fehlerkurve und des Quali-tätsmanagements entwickelt undzahlreiche Fortbildungsveranstaltun-

Qualitätsmanagement erfordert neue Lerninhalte

Friedrich Wagner, Olaf Straub

Qualitätsmanagement erfordert neue Lern inhalte im Berufsfeld Metall – bedingtdurch die moderne Prüftechnik und eine veränderte BetriebsorganisationDer Maschinenbau und insbesondere die Automobilindustrie stehen durch die Konkurrenz der Billiglohnländer vor einergroßen Herausforderung. Verschärft wird dies durch die weltweite Finanzkrise des Bankensystems. Die Senkung der Pro-duktionskosten, ein hoher technischer Standard und eine gute Qualität sind Voraussetzungen für unseren Export und denAbsatz im Inland. Hierzu kann das Qualitätsmanagement einen wichtigen Beitrag leisten und bereits während der Ferti-gung die Qualität optimieren. Die Methode auf „Gut“ und „Ausschuss“ zu prüfen ist teurer und wenig geeignet, den lau-fenden Fertigungsprozess direkt zu steuern. Fehler vermeiden ist billiger als Fehler zu suchen und zu beseitigen. Auch in derMedizin, in pflegerischen Berufen und im schulorganisatorischen Bereich werden Methoden des Qualitätsmanagementseingeführt. Allerdings ist es hier sehr schwierig, objektive, statistisch auswertbare Zahlen zu gewinnen.

> Unterricht

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gen erfolgreich durchgeführt. So z. B.mit einem Projekt mit dem Leitpro-blem: Istmaße von Lagerzapfen pas-send in ein Rillenkugellager vonø 35m6.

Eine vorausgehende Diskussion führtin die Problematik ein:

– Fertigung auf einer NC-Drehma-schine?

– Welches Messgerät?

– Sind Abweichungen vom Sollmaß12,000 zu erwarten?

Die Beamer-Projektion ist eine außer-ordentlich vielseitige Präsentations-form im Unterricht von technisch ori-entierten Berufschulen.

Farbig angelegte Linien und Flächensind wichtige Orientierungspunkte undLernhilfen.

3.2 Dynamische Darstellung wichti-ger Einflussgrößen

Die rechnergestützte Verarbeitung inVerbindung mit Video-Projektion er-möglicht eine anschauliche Vermitt-lung des Einflusses von Veränderungender Eingangsgrößen auf den Mittel-wert x, die Standardabweichung s, derGröße des Toleranzfeldes T und ihre ge-genseitige Abhängigkeit.

Nachstehend ist hierfür als Beispiel dieFehlerkurve dargestellt. Das verwende-te Programm erlaubt die Eingabe vonMittelwert und Standardabweichungüber einen Schieberegler und berech-net die Maschinen- und Prozessfähig-keitsindizes wie cm, cmk, sowie cp, cpk.

Die schraffierten Dreiecke kennzeich-nen die Bereiche mit hoher Wahr-scheinlichkeit von fehlerhaften Werk-stücken.

3.3 Ableitung der Fehlerkurve an derDicke von 50 Karosseriescheiben

Beispiel: Handelsübliche Karosserie-scheiben ø 8,4 x 24 x 2 DIN 9021 (Bezug:Baumarkt). Die Scheiben müssen au-ßen und innen entgratet werden. Als

Beleg für die Ableitung der Fehlerkurvewurden 5 Testkäufe mit je 50 Scheibenerworben und untersucht. Dabei ergabsich jeweils ein Hochpunkt und deutlichgeringere Werte an den Rändern derSpannweite. Typische Verläufe zeigendie Arbeitstransparente 1 und 2. DieMittelwerte der Testkäufe unterschie-den sich um 0,04 mm. Die Häufigkeitenim Maximum lagen zwischen 14 und 21Scheiben. Für die „ideale“ Fehlerkurvemussten einige kleinere „Ausreißer“aus dem Gesamtverlauf interpretiertwerden.

Projekt: Ein Zulieferer hat eine größereMenge Scheiben aus nichtrostendemStahl im Wareneingang abgeliefert. DieDicke war mit 2 ± 0,2 vereinbart. Zur Ein-gangskontrolle wurde eine repräsenta-tive Stichprobe von 50 Werkstückenentnommen.

Fünf Arbeitsgruppen messen an je 10Scheiben die Dicke mit einem Mess-schieber mit 0,05 mm Ablesegenauig-keit. Jede Gruppe legt die gemessenenScheiben nach der Dicke geordnet aufeinem Sortierbrett ab:

Holzschrauben bezeichnen die Positio-nen und dienen zum Einhängen der ge-messenen Scheiben. Im nächstenSchritt werden alle 50 Scheiben auf ei-nem Gesamtbrett eingehängt. Dies er-gibt ähnliche Darstellungen wie im Ar-beitstransparent 1 oder 2. Ein geboge-ner Draht zeigt den Verlauf der Fehler-kurve.Daraus können folgende Werte ge-schätzt werden: R = 0,35 mm,x ≈ 1,97 mm und s ≈ 0,08 mm.Für die Einführung, die Messungen undAuswertung in Klassen mit je 30 Schü-lern wurden 52 und 58 Minuten benö-tigt.Das Projekt „Dicke von Karosserieschei-ben“ hat den Vorteil, dass mehrereGruppen parallel eigenaktiv die Istma-ße für eine angenäherte Fehlerkurve er-arbeiten können.Sofern kein gedrucktes Arbeitsblattvorliegt, kann auch ein kariertesDIN A4 Blatt mit 5 mm Karo verwendetwerden.

Unterricht

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Qualitätsmanagement erfordert neue Lerninhalte

Waagrecht: 10 mm entspricht 0,05 mmDicke.Senkrecht: Ein Werkstück wird durch einKreuz im Abstand von 10 mm gekenn-zeichnet. Daraus ist näherungsweisedie Fehlerkurve zu zeichnen.

3.4 Arbeitstransparente und Arbeits-blätter als Vermittlungshilfen

Sofern keine speziellen Einrichtungenvorhanden sind, können Arbeitstrans -parente hilfreich sein. Nachstehendsind hierzu Kopiervorlagen zu den The-men des Qualitätsmanagements abge-druckt. Die Beispiele sind dem Arbeits-bereich des Facharbeiters entnommen.

Durch zweimaliges Scannen oder Ko-pieren mit jeweils 180 % lassen sich Ar-beitstransparente herstellen. FarbigeTransparente im Format DIN A4 könnenvom Verfasser zu Selbstkosten bezogenwerden. Um Unterrichtszeit zu sparen,sind im Arbeitsblatt 1a bereits die Ist-maße einer früheren Stichprobe mitKreuzen eingetragen. Die Schüler/in-nen schätzen die Werte für die Spann-weite, den Mittelwert und die Stan-dardabweichung.

4 AusblickDie fachspezifische Aufgliederung derBerufsarbeit hat sich in der Industrie be-währt. Es ergeben sich aber Schwierig-keiten, wenn schwerpunktmäßig nurEinzelpersonen mit Aufgaben des Qua-litätsmanagements beauftragt wer-den. So müssen z. B. schon in der Kon-struktion die Möglichkeiten von kos-tengünstigen Fertigungsqualitäten imHinblick auf spezielle Kundenwünschebeachtet werden.

Der Fachmann ist nicht nur als Einzel-kämpfer tätig, sondern er ist ein Spe-zialist in einem Netzwerk. Dazu sind aufallen Ebenen Grundkenntnisse und Er-fahrungen über die Organisation, dieAbläufe und Maßnahmen des Quali-tätsmanagements erforderlich.

LiteraturFachlich – allgemeinDIN ISO 3951: Verfahren für Stichprobenprüfung aufden Anteil fehlerhafter Einheiten.DIN EN ISO 2859-4: Annahmestichprobenprüfung(Attributprüfung).DIN EN ISO 9000 und 9001

Lehrbücher (mit didaktischem Bezug)Tabellenbuch Metall, Verlag Europa-LehrmittelTechnische Mathematik Metall, Holland+Josen hansVerlagLeitfaden Qualitätsmanagement Metallberufe, Bil-dungsverlag EINS

Kontakt: [email protected]

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Unterricht

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das gegenwärtige Verhalten der KMKhabe.

Demografische Entwicklung

Hier sei, so Dr. Ludwig Spaenle, festzu-stellen, dass die Anzahl der Schüler bun-desweit zurückgehen werde, was zuVeränderungen bei der Bildung vonBundes- oder Landessprengeln führenwerde. Auch müsse man darüber nach-denken, ob die etwa 300 hochspeziali-sierten verschiedenen Berufe und Be-rufsbezeichnungen nicht verändertoder zusammengefasst werden müss-ten. Das könne auch zu Veränderungenan den beruflichen Schulen führen, wo-bei der Begriff „Kompetenzzentrum“erhalten bleiben sollte.

Koordinierung der Berufsbildung

Die Forderung des BLBS nach mehr na-tionaler Koordinierung in der Berufsbil-dung, um dadurch deren Bedeutung zustärken, unterstützte der KMK-Präsi-dent, gab aber zu bedenken, dass hier-bei die europäische Entwicklung nichtzu vergessen sei. Es sei auch schwierig,die Einstimmigkeit der 16 Bundeslän-der zu erreichen. Die Wirtschaft tue sichda leichter, da sie sich schnell zu einer

einheitlichen Meinung durchringenkönne.

Berufsbildungsgesetz

Auf die Forderung des BLBS, die Leis-tungen der Schüler in der Berufsschulein das Kammerzeugnis einzurechnen,verwies der KMK-Präsident darauf, dasses hierbei um eine Wertigkeitsdebattegehe, da die Noten ohne Weiteres über-nommen werden könnten, dieses The-ma im Augenblick nicht diskutiert wer-den könne. Insgesamt sei es sicher sinn-voll, die Prüfungsordnungen zu modifi-zieren.

Fazit

Das Gespräch fand in einer offenen At-mosphäre statt, die von gegenseitigemRespekt getragen war. Der sachlicheMeinungsaustausch stand dabei imVordergrund. Bleibt zu hoffen, dass Dr.Ludwig Spaenle als KMK-Präsident dasumsetzt, was er schon beim 23. Deut-schen Berufsschultag in Bamberg undbei der Übernahme der KMK-Präsident-schaft in Berlin angedeutet hatte: Erwolle die berufliche Bildung stärkenund sie in die Lage versetzen, sich denHerausforderungen der Gegenwartund Zukunft zu stellen. H. P.

BLBS-Nachrichten

Der BLBS beim KMK-Präsidenten

Das Gespräch mit dem BayerischenStaatsminister für Unterricht und Kul-tus Dr. Ludwig Spaenle fand unter derLeitung des BLBS-Vorsitzenden Bert-hold Gehlert statt. In seiner Eigenschaftals Präsident der Kultusministerkonfe-renz (KMK) konnte Ludwig Spaenle Fra-gen zu wichtigen bundesdeutschenThemen beantworten. Unterstütztwurde er dabei vom Leiter der AbteilungBerufliche Schulen beim BayerischenStaatsministerium für Unterricht undKultus, Ministerialdirigent GermanDenneborg. Auf Seiten des BLBS nahmder Landesvorsitzende des Verbandesder Lehrer an beruflichen Schulen inBayern (VLB), Jürgen Wunderlich, undder Schriftleiter des Verbandsorgansdes BLBS, Heiko Pohlmann, an dem Ge-spräch teil.

Themen

Zunächst sei, so Speanle, bei den Sit-zungen der KMK festzustellen, dass sichim Augenblick wenig ändern werde, dader Generalsekretär der KMK in den Ru-hestand gehe und die Wahl in Nord-rhein-Westfalen großen Einfluss auf

> BLBS-nachrichten

German Denneborg, Berthold Gehlert (BLBS), Minister Dr. Ludwig Spaenle, Jürgen Wunderlich (VLB)

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Berufsbildungskonferenz in Putbus

Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung fand am IT-College in Putbusauf Rügen eine Fachkonferenz zur Zu-kunft der beruflichen Bildung in Meck-lenburg-Vorpommern statt, zu dermehr als 60 Teilnehmer gekommen wa-ren. Den BLBS vertrat der Bundesvorsit-zende Berhold Gehlert und legte in sei-ner Rede die Finger in wichtige Wundender bundesweiten zukünftigen Ent-wicklung in der beruflichen Bildung. Dieweiteren Vertreter aus Theorie und Pra-xis wiesen in ihren Wortmeldungen aufdrängenden Handlungsbedarf und ei-ne Vielzahl von „Baustellen“ hin, die diegegenwärtige Situation in der Berufs-ausbildung kennzeichnen.

So forderte Berthold Gehlert in seinemBeitrag „Bildung für Ausbildung! Kom-petenzgewinn durch Vernetzung undDialog“, insbesondere über die sinken-de Zahl der Schüler nachzudenken, diesich in Mecklenburg-Vorpommern be-sonders drastisch zeige. Hier sei ein ge-samter Schülerrückgang von 4,2 Pro-zent, an den Berufsfachschulen von24,1 Prozent zu verzeichnen. Die Reiheließe sich beliebig fortsetzen. Der de-mogafische Wandel bewirke, dass sichdie Gesellschaft deutlich verändernwerde. Für die Berufsbildung bedeutedas:

– „Es bedarf einer selbstbewussten,klugen und fähigen Bildungsadmi-nistration, um die fachliche Ausrich-tung beruflicher Schulen als eigen-verantwortliche Kompetenzzentrenzu verteidigen.“ Dazu seien schlüs-sige Beschulungs- und Unterrichts-konzepte gefragt.

– Es sollte deshalb über eine staatli-che Koordinierungsstelle für Berufs-bildung nachgedacht werden. Da-mit könnte auch der Europäisierungund Internationalisierung der Be-rufsbildung besser Rechnung getra-gen werden. Eine staatliche Koordi-nierungsstelle für Berufsbildungsollte dem Primat der Politik in derBerufsbildung nachhaltig Geltungverschaffen. Auch die Chancenge-rechtigkeit in der beruflichen Bil-dung fordere die öffentliche Verant-wortung, so Gehlert.

– „Es bedarf starker, selbstbewussterKultusministerinnen und Kultusmi-nister, um vollzeitschulische Berufs-ausbildung z.B. an Berufsfachschu-len weiterhin zu fördern.“ Das kön-ne nur gelingen, wenn die Qualitätvollzeitschulischer Aus- und Weiter-bildung auch anerkannt wird. Er ver-wies auf eine BIBB-Studie, in derfestgestellt wird: „Es gibt keine sys-tematischen Unterschiede im Er-werbslosigkeitsrisiko zwischen Ab-solventinnen und Absolventen desdualen Systems und von vollqualifi-zierenden Berufsfachschulen.“

– „Es bedarf in den Kultusministerienmehr Gestalter als Verwalter. Diesgilt auch für die Sicherung einesqualifizierten Lehrernachwuchses.Der Dienstherr ist hier in derPflicht!“ Der BLBS fordert daher eineImagekampagne für den Lehrerbe-ruf und eine sachgerechte Bezah-lung.

– Der BLBS setzte sich klar für die Ver-beamtung der Lehrerinnen und Leh-rer ein. Aber selbstverständlichkümmere der BLBS sich auch um ei-ne gerechte Anpassung der Tarif-

entgelte der Kolleginnen und Kolle-gen im berufsbildenden Schulwe-sen. Ein geeigneter Schritt in dieseRichtung sei eine höhere Eingrup-pierung als bisher.

„Je nach Aufgabe und Einsatz im Un-terricht fordern wir für die ange-stellten Lehrerinnen und Lehrer imberufsbildenden Schulwesen:

– EG 11 für ausgebildete Lehrkräfteim fachpraktischen Unterricht,

– EG 14 für ausgebildete Lehrkräftemit universitärem Abschluss undzweitem Staatsexamen für die Se-kundarstufe II und

– gleiche Entwicklungsperspekti-ven, wie sie vergleichbare verbe-amtete Kolleginnen und Kollegenhaben.“

– „Es bedarf einer starken politischenFührung, um gegen den Spartrenddie Zukunftsinvestition in Bildungzu verstärken. Das ergibt sich schonaus der Tatsache, dass eine qualifi-zierte Berufsbildung ein wesentli-cher Standortfaktor für eine Wirt-schaftsregion ist.“

Es sei aber auch eine Frage der Glaub-würdigkeit der Kultusministerinnenund Kultusminister, so Berthold Gehlertweiter, dass sie zu ihrer Zusage stünden,die sie mit den Lehrerverbänden in derErklärung „Fördern und Fordern – eineHerausforderung für Bildungspolitik,Eltern, Schule und Lehrkräfte“ aus-drücklich betont haben.

In der Erklärung vom 19. Oktober 2006steht:

„Wenn durch zurückgehende Schüler-zahlen Mittel frei werden, müssen die-se gezielt auch für eine Offensive fürQualität und für die Entkopplung vonsozialer Herkunft und Schulerfolg ein-gesetzt werden. Die Anerkennung vonBildung als hohes gesellschaftlichesGut erfordert ausreichende Investitio-nen in allen Bereichen des Bildungssys-tems. Deutschland muss hier wieder ei-ne führende Position im internationa-len Vergleich einnehmen und seine An-strengungen zur Finanzierung der ge-wachsenen Bildungsanforderungentrotz schwieriger Kassenlage in denLändern fortsetzen“.

H. P.

BLBS-Nachrichten

Berthold Gehlert bei seiner Rede.

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Nicht an der Bildungshoheit derLänder rütteln

Bayerns Kultusminister und KMK-Präsi-dent Dr. Ludwig Spaenle weist den Ver-such von BundesbildungsministerinAnnette Schavan zurück, an der Bil-dungshoheit der Länder zu rütteln. „DieLänder gestalten die Bildungspolitik inLetztverantwortung und nehmen sieauch in gesamtdeutscher Verantwor-tung wahr“, so der Minister.

Um die Finanzierung auch künftig si-cherzustellen unter gleichzeitiger Wah-rung der nötigen Klarheit der Zustän-digkeiten in Bildungsfragen, votiertSpaenle für eine Übertragung von ent-sprechenden Einnahmen des Bundesauf die Länder, z.B. von einem höherenAnteil der Umsatzsteuer.

Schavan hatte bei der Eröffnung der di-dacta die Aufhebung des „Kooperati-onsverbots“ bei der Finanzierung vonBildungsaufgaben gefordert. Dieseswar aufgrund der Erfahrungen mit unklaren Verantwortungsgeflechtenzwischen den Länder und dem Bund inden vergangenen Jahren in das Grund-gesetz eingeführt worden.

Eine Zusammenarbeit zwischen Bundund Ländern sei allerdings vom Grund-gesetz sogar gefordert – jedoch sei sieauf ganz bestimmte Aufgabenfelderwie bei Vergleichsuntersuchungen zumKompetenzerwerb von Schülern be-schränkt.

PM des Bayerischen Staatsminis teriumsfür Unterricht und Kultus

Jeder Zweite wechselt nach derLehre den Beruf

Der Sozialwissenschaftler und Berufs-forscher Martin Baethge hat auf demKongress der Deutschen Gesellschaftfür Erziehungswissenschaft (DgfE) da-rauf hingewiesen, dass jeder zweite Ab-solvent einer betrieblichen Lehre fünfJahre nach dem Abschluss in einem an-deren als dem erlernten Beruf arbeite.

Um dies zu verändern, sei eine Stärkungder allgemeinen Grundbildung in denSchulen und ein Abbau der spezialisier-ten Berufsausbildung notwendig. Diemittlere Reife müsse zum Regelab-schluss werden. Zugleich müsse die Be-

rufsorientierung im Unterricht verbes-sert werden, um die Schüler besser aufden Beruf vorzubereiten. dpa

didacta 2010 in Köln setzt neueMaßstäbe

Mit einem absoluten Rekordergebnisschloss die didacta – die Bildungsmes-se – nach fünf turbulenten Messetagenam 20. März 2010 in Köln ihre Pforten.Einschließlich vorsichtiger Schätzun-gen für den letzten Messetag wurdenrund 109.000 Besucher registriert. Dassind 47 Prozent mehr im Vergleich zurdidacta 2009 in Hannover und über-trifft auch das Ergebnis der letzten Köl-ner didacta von 2007 nochmals ummehr als 14 Prozent.

Auch die Zahl der ausstellenden Unter-nehmen war so hoch wie nie zuvor. 846Aussteller und 29 zusätzlich vertreteneUnternehmen aus 20 Ländern bedeu-ten einen Zuwachs von fast 30 Prozentgegenüber der didacta 2009 in Hanno-ver sowie 11 Prozent im Vergleich zu2007 in Köln (719 Unternehmen und 65zusätzlich vertretene Unternehmen)und markieren ebenfalls einen Best-wert in der Geschichte der didacta. Da-mit ist die Bildungsmesse 2010 in Kölndie erfolgreichste Veranstaltung seitBestehen der didacta.

Pressemitteilung der didacta

10 Jahre Bologna: EuropäischerHochschulraum ist Realität

Zehn Jahre nach dem Start des Bolog-na-Reformprozesses zur Errichtung ei-nes europäischen Hochschulraumestrafen sich die zuständigen Minister ausden 46 Bologna-Staaten in Budapestund Wien, um Bilanz zu ziehen. Im Mit-telpunkt der Jubiläumskonferenz standdie internationale Evaluation des Bo-logna-Prozesses, die Fortschritte wieDefizite aufzeigt.

Der deutschen Delegation gehörten fürdie Länder der Kultusminister aus Sach-sen-Anhalt, Prof. Jan-Hendrik Olbertz,für die Hochschulen die Präsidentin derHochschulrektorenkonferenz, Prof.Margret Wintermantel und Anja Ga-

dow vom freien Zusammenschluss vonStudentInnenschaften als Vertreterinder Studierenden an.

Zu der am 17. Mai 2010 einberufenennationalen Bologna-Konferenz sagteSchavan: „Ziel ist es, alle Akteure an ei-nen Tisch zu bringen, um gemeinsamBilanz zu ziehen und uns auf konkreteMaßnahmen zu einigen, um Defizitebei der Umsetzung zu beheben.“

Umsetzungsschwierigkeiten anzuge-hen wird auch europaweit die Haupt-aufgabe des zweiten Jahrzehnts der Bo-logna-Reformen sein. In Deutschlandrichtet sich die stärkste Kritik auf denBachelor und seine Akzeptanz, auf diezeitliche Belastung und auf die Studier-barkeit der Studiengänge. Um die Mo-bilität der Studierenden in den neuenStudiengängen zu steigern, wird dasBundesministerium für Bildung undForschung seine Maßnahmen zur Mo-bilitätsförderung weiter ausbauen.

BMBF

Gesetzentwurf zur Bezügean-passung liegt vor – zeit- und in-haltsgleiche Übertragung desTarifergebnisses

Der Bundesinnenminister hat einenGesetzentwurf zur Anpassung der Be-soldung und Versorgung 2010 und2011 vorgelegt. Damit sollen die Bezü-ge der Beamten, Richter und Soldatensowie der Versorgungsempfänger desBundes zeit- und inhaltsgleich dem Ta-rifergebnis vom 27. Februar 2010 ange-passt werden. Der dbb wird bei einemBeteiligungsgespräch nach § 118 Bun-desbeamtengesetz voraussichtlich En-de der 16. Kalenderwoche detailliertStellung beziehen.

Als zentrale materiell rechtliche Rege-lungen sind folgende Verbesserungenvorgesehen: Anhebung der Bezügenach § 14 Bundesbesoldungsgesetzund § 70 Beamtenversorgungsgesetznach folgender Maßgabe: Erhöhungder Grundgehaltssätze durch lineareAnpassung zum 1. Januar 2010 in Höhevon 1,2 Prozent Erhöhung der Grund-gehaltssätze durch lineare Anpassungzum 1. Januar 2011 in Höhe von 0,6 Pro-zent sowie zum 1. August 2011 um 0,3Prozent. Zusätzlich zu den linearen An-

Nachrichten

> nachrichten

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 5 169

passungen erhalten alle Empfängerin-nen und Empfänger von Dienstbezügenim Jahre 2011 eine einmalige Zahlungin Höhe von 240 Euro. Die Bezüge derAnwärterinnen und Anwärter des Bun-des werden entsprechend den Anpas-sungen für die Empfängerinnen undEmpfänger von Dienstbezügen erhöht.Zusätzlich ist eine einmalige Zahlung inHöhe von 50 Euro vorgesehen. dbb

Ausbildungshemmnisse überwinden

Bundesbildungsministerin AnnetteSchavan und Staatsministerin MariaBöhmer starteten eine Ausbildungs-Initiative für junge Migranten anläss-lich eines Treffens mit deutschen undausländischen Wirtschaftsverbänden.Die Teilnehmer des Treffens bilden zu-sammen die Initiative „Aktiv für Ausbil-dungsplätze“.

Ziel der Initiative ist es, die wachsendeWirtschaftskraft von Betrieben mit In-habern mit Zuwanderungsgeschichteverstärkt zur Schaffung neuer Ausbil-dungsplätze zu nutzen. Denn derzeitgibt es in Deutschland zwar rund580.000 Unternehmerinnen und Un-ternehmer mit Migrationshintergrund,aber die Beteiligung an der betriebli-chen Ausbildung in diesen Unterneh-men liegt mit 14 Prozent deutlich unter

dem bundesweiten Durchschnitt von25 Prozent. Um dies zu ändern, fördertdas Bundesministerium für Bildungund Forschung (BMBF) nun in 34 Städ-ten Ausbilderseminare für Fachkräftesowie für Unternehmerinnen und Un-ternehmer mit Migrationshintergrund.Bis Ende 2010 sollen nach erfolgreicherTeilnahme an der Qualifizierung 1.000zusätzliche Ausbilderinnen und Ausbil-der mit Migrationshintergrund das vonden Kammern ausgestellte Zertifikatder Ausbildereignung in der Hand hal-ten. Das BMBF finanziert die Kurse mitrund 900.000 Euro.

Ein weiterer Baustein der Initiative istdie neue Medienkampagne „Mitten-drin und unsichtbar! Migrantinnen undMigranten in der beruflichen Bildung“.Die Medienkampagne zur beruflichenBildung von Migrantinnen und Migran-ten umfasst u.a. einen Nachwuchs-wettbewerb für Journalisten, eine Me-dienkonferenz für ausländische Print-und TV-Medien, die Redaktionen inDeutschland haben sowie eine bundes-weite Fachtagung zum Thema „Unter-nehmerinnen mit Migrationshinter-grund“ und mehrsprachige Publikatio-nen und Fachglossare zur beruflichenBildung. Das BMBF finanziert die Me-dienkampagne mit rund 500.000 Euro.

„Die deutsche Wirtschaft wird schonaus demographischen Gründen baldauf jeden jungen Menschen angewie-

sen sein“, sagte Schavan. Während sichdeutsche Jugendliche zwischen 18 und21 Jahren zu 57,6 Prozent an der dualenAusbildung beteiligen, sind dies bei denausländischen Jugendlichen nur 23,9Prozent.

Weitere Informationen finden Sie unterwww.kausa.de

BMBF

Neuer Auftritt des BIBB-Inter-netforums

Nach der jetzt abgeschlossenen kom-pletten Bearbeitung stehen Ausbilde-rinnen und Ausbildern vielfältige neueMöglichkeiten für Diskussionen, Re-cherche und Erfahrungsaustausch zurVerfügung. Zu den innovativen undkostenlosen Angeboten gehören unteranderem moderierte Online-Seminareim virtuellen Klassenzimmer, ein direk-ter Zugang zu Weiterbildungsdaten-banken, ein elektronisches Nachrich-ten-Abonnement, neue Schwerpunkt-themen, umfassende Service-Angebo-te und das neue Themenforum Qualifi-zierungDigital (www.qualifizierungdi-gital.de).

Mit einem frischen und übersichtliche-ren Erscheinungsbild ordnet sichwww.foraus.de nun in die große Fami-lie der mehr als 30 BIBB-Internet-Porta -le mit Angeboten für die berufliche Aus-und Weiterbildung ein. BIBB

Nachrichten / Hinweis

> Veranstaltung

16. Hochschultage Berufliche Bildung – Universität Osnabrück Ausrichter der Tagung im Jahr 2011 Die Vorbereitungen zu den 16. Hochschultagen Berufliche Bildung, die vom 23. bis 25. März 2011 in Osnabrück stattfinden, laufen aufHochtouren: Der Veranstalter, die Arbeitsgemeinschaft Berufliche Bildung (AGBB), hat die Tagung an die Universität Osnabrück verge-ben. Die Ausrichtung der Tagung wird federführend von Prof. Dr. Thomas Bals übernommen, der an der Universität Osnabrück seit Kur-zem das Fach Berufs- und Wirtschaftspädagogik vertritt.

Die 16. Hochschultage stehen unter dem Motto „Übergänge in der Berufsbildung nachhaltig gestalten: Potentiale erkennen – Chancennutzen“. Sie greifen damit eine in der aktuellen Bildungsberichterstattung als besonders vordringlich und aktuell herausgestellte Pro-blematik auf. Im Mittelpunkt steht dabei das sog. „Übergangssystem“, in dem sich derzeit jährlich ca. 500.000 Jugendliche in einer Art„Warteschleife“ von einer Bildungs- bzw. Fördermaßnahme in die nächste bewegen, ohne dass sie in gewünschter Weise in eine Berufs-ausbildung oder den Arbeitsmarkt einmünden. Nicht nur aus pädagogischen und sozialpolitischen Gründen, sondern insbesondere an-gesichts der z. T. drastisch sinkenden Zahl von Ausbildungsplatzbewerbern und des damit absehbaren Fachkräftemangels gewinnt dieQualifizierung dieser Zielgruppe für die Berufsbildung und die Wirtschaft eine besondere Bedeutung.

Darüber hinaus werden auf der Tagung aber auch viele weitere für die Berufsbildung relevante „Übergänge“ thematisiert (z.B. Anerken-nung von Berufsbildungsabschlüssen in Europa).

Kontakt: Dipl.-Ghl. Heike Hinrichs, StRin (Geschäftsführerin der 16. Hochschultage 2011)Institut für Erziehungswissenschaft/Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Universität OsnabrückKatharinenstr. 24, D-49078 Osnabrück, Tel. +49 (0)541 969-63 30; Fax +49 (0)451 969-63 00E-Mail: [email protected], Internet: www.hochschultage-2011.de

ENTSCHULDIGUNG,

SIE HABENDA EINENBRUNNENAM OHR HÄNGEN.

Kindernothilfe e.V.Düsseldorfer Landstraße 18047249 Duisburgwww.kindernothilfe.de

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