Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

23
Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer | 1 Der Kawai K3 ist eindeutig ein Synthesizer der mittleren 80er Jahre. Die typischen Folientaster jener Zeit, das etwas antiquiert wirkende (und erstaunlicherweise heute noch immer gut leserliche) LED-Display, sowie das beinahe gänzliche Fehlen von Hardware-Bedienelementen (der K3 hat einen Regler, ein Poti und ein Wheel) ermöglichen die zielsichere geschichtliche Zuordnung des Instruments. 1986 auf den Markt gebracht, passt der 6-stimmige Kawai-Synthesizer eindeutig in die Gilde jener Instrumente, die äußerlich dem Yamaha DX-7 nachempfunden wurden: Oberheim Matrix-6, Casio CZ-1/3000/5000, Sequential Prophet 2000, Roland Alpha Juno 1/2, JX-8P/10 und einige mehr. Wenngleich man es seinem Äußeren nicht ansieht, hat der Kawai K3 ein sehr ungewöhnliches Konzept. Er ist einer der wenigen Hybrid-Synthesizer, die Mitte der 80er Jahre – durchwegs mit mittelmäßigem Erfolg – eine Gratwanderung von Analog zu Digital versuchten: PPG Wave 2.2 / 2.3, Sequential Prophet VS, Korg DW-6000 bzw. DW-8000/EX-8000 … „Hybrid“ bedeutet hier die Kombination von digitalen Oszillatoren und analoger Nachbearbeitung (VCF und VCA). Als Klang-Basis stehen dem Kawai K3 32 Wellenformen (Samples oder additiv erzeugte Schwingungsformen) zur Verfügung, die teils starken PPG-Charakter haben.

Transcript of Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Page 1: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 1

Der Kawai K3 ist eindeutig ein Synthesizer der mittleren 80er Jahre. Die typischen Folientaster jener Zeit, das etwasantiquiert wirkende (und erstaunlicherweise heute noch immer gut leserliche) LED-Display, sowie das beinahegänzliche Fehlen von Hardware-Bedienelementen (der K3 hat einen Regler, ein Poti und ein Wheel) ermöglichen diezielsichere geschichtliche Zuordnung des Instruments.

1986 auf den Markt gebracht, passt der 6-stimmige Kawai-Synthesizer eindeutig in die Gilde jener Instrumente, dieäußerlich dem Yamaha DX-7 nachempfunden wurden: Oberheim Matrix-6, Casio CZ-1/3000/5000, Sequential Prophet2000, Roland Alpha Juno 1/2, JX-8P/10 und einige mehr.

Wenngleich man es seinem Äußeren nicht ansieht, hat der Kawai K3 ein sehr ungewöhnliches Konzept. Er ist einerder wenigen Hybrid-Synthesizer, die Mitte der 80er Jahre – durchwegs mit mittelmäßigem Erfolg – eineGratwanderung von Analog zu Digital versuchten: PPG Wave 2.2 / 2.3, Sequential Prophet VS, Korg DW-6000 bzw.DW-8000/EX-8000 …

„Hybrid“ bedeutet hier die Kombination von digitalen Oszillatoren und analoger Nachbearbeitung (VCF und VCA).Als Klang-Basis stehen dem Kawai K3 32 Wellenformen (Samples oder additiv erzeugte Schwingungsformen) zurVerfügung, die teils starken PPG-Charakter haben.

Page 2: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 2

Seines grundsätzlich eher „weicheren“ Charakters wegen eignet sich der K3 sehr gut als Background-Synthesizer.So versteht er sich mit digitalen wie analogen Kollegen im Mix sehr gut, er ist nicht aufdringlich und doch präsent.

Etwas weniger elegant ist der integrierte (analoge) Chorus. Er rauscht nicht unerheblich und befindet sich ambesten immer in Position „0“ – also auf Bypass und somit ausgeschaltet. Als Ersatz wäre ein externes Effektgerätsicher die beste und effektivste Lösung.

Ausgesprochen professionell hingegen ist die Steuerung der OSC BAL(ance) via Aftertouch. Je nach Tastendruckkann man von OSC 1 zu OSC 2 überblenden (und wieder zurück), musikalisch gesehen ist das eine wunderbareSache. Weiters kann das Keyboard-Tracking für VCF und VCA unabhängig (positiv und negativ!) erfolgen. Vor allemgegenläufige Einstellungen (z.B. Keytrack VCF +15 und Keytrack VCA –15) erlauben interessante klanglicheResultate.

Page 3: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 3

Kawai K3

Ein kurzes erstes Resumée: Der Kawai K3 ist ein sehr spezieller, und (in Händen eines phantasievollen Musikers)durchaus innovativer Synthesizer.

Digital Wave MemoryDer große Stolz des Kawai K3 ist seine Wellenform Nr. 32. Sie lässt sich vom User selbst festlegen. Daher kommtauch der Beiname des K3: DIGITAL WAVE MEMORY SYNTHESIZER.

Wie in der Anleitung zu lesen, lassen sich „die ersten 32 der 128 möglichen Harmonischen“ zu einer neuen, eigenenWellenform zusammensetzen. Der Vorgang ist weniger spektakulär als es klingt. Einzig in punkto Arbeitsaufwand istdas Festlegen der einzelnen Obertöne sehr umfassend. Ach ja, man „hört“ die selbst gebastelte Wellenform so langenicht, bis sie fertig ist. Dies bedeutet ein wenig Trial-And-Error. Beim Nachfolger Kawai K5 wurde dies verbessert,hier geschieht die additive Zusammenstellung in Echtzeit.

Page 4: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 4

Kawai K3

Benutzerdefinierte Wellenform – Harmonics

Zum „Einlesen“ in diese Spezialität des K3 hier ein Zitat aus dem englischen User-Manual:

„The sound of a musical instrument […] is complex. The amazing thing is that, at any particular instant, thewaveform can be broken down and expressed as the sum of a series of sinusoidal waves whose amplitudes maydiffer, but whose frequencies are all whole number multiples of a single common frequency. The common frequencyis called the „fundamental“; the others, the „harmonics“. In music, the second harmonic is one octave above thefundamental.

Page 5: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 5

Kawai K3 Waveform Data Card

USER-DEFINED WAVEFORMS

A synthesizer such as the K-3 reverses the process, mixing a series of sine waves to generate complex patterns for„natural“ sounds which we recognize instantly as a piano or a saxophone. In fact, all standard oscillator waveformshapes in popular synthesizers, such as triangle, sawtooth and square waves are easy to reconstruct in this manner.Alternatively, you can choose a different set of amplitude settings and produce something totally new.

The K-3 allows you to create your own sound sources by specifiying the relative intensities (amplitudes) for any32 of the first 128 harmonics. Each intensity may be anywhere between 1 and 31. (Harmonics assigned anintensitiy of „0“ are suppressed and do not affect the sound.)

(Quelle: Kawai K3 Owner’s Manual, page 25)

Die User-Wellenform kann ein Mal im K3 abgespeichert werden (1 Speicherplatz), bzw. ein weiteres Mal aufCartridge.

Page 6: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 6

Kawai K3

Nach dieser Welleform Nr. 32 kommt übrigens in der Reihung noch Nr. 33 – das obligate Rauschen. So gesehenmacht die Zusammenstellung der Wellenformen wie folgt Sinn:

Wave 0 = Oszillator “aus”Wave 1 – 31 = Preset-WellenformenWave 32 = frei programmierbare WellenformWave 33 = Rauschen

Das Feature der frei programmierbaren Wellenform ist sicher „ok“. Es dürfte bei geduldigem Programmieren bzw.Experimentieren auch durchaus zu dem einen oder anderen ungewöhnlichen Klangbild führen. Ich habe mich dessennoch zu wenig hingegeben, reichen die bereits vorhandenen Wellenformen für anhaltende musikalische Freudebisher völlig aus.

Charakeristikum des Klang-MaterialsWer den Sound der polyphonen PPG Synthesizer – Wave 2, 2.2 bzw 2.3 – schätzt, der dürfte auch am Kawai K3Gefallen finden. Seine Wellenformen klingen meist sehr rund, glockig, manchmal nasal, zugleich aber druckvoll undpräsent. Im angefügten Klangbeispiel „All Waveforms“ läuft eine Sequenz im Loop, wobei bei jeder Wiederholungeine neue Wellenform erklingt. Es beginnt bei Welle 32 absteigend zu Welle 1 (Nr. 33 – Rauschen – wurdeausgelassen). Bitte anhören.

Page 7: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 7

Kawai K3

Es fällt auf, dass die Lautstärkeverhältnisse der einzelnen Wellenformen teils sehr unterschiedlich sind und sichmanche Samples gar nicht so sehr von anderen unterscheiden. Auch das erinnert wieder an PPG. Schade ist jedochdas Fehlen der Modulationsfähigkeit des Wellenformsatzes. Ein „Durchfahren“ der Wavetable auf Envelope-,Tastatur-, Wheel- oder MIDI-Basis ist also nicht möglich – der Wellenformsatz des K3 ist statisch.

Über einen kleinen Mischer – OSC BAL(ance) – kann das Verhältnis von OSC 1 und OSC 2 beliebig gemischt werden(via Data-Wheel). Das ist schön, zumal es beim K3 keine Zipper-Noises oder ähnliches gibt. Klangveränderungen – indiesem Fall die Überblendung von einem Oszillator zum anderen – können ohne unerwünschte Nebengeräuschedurchgeführt werden. So lässt sich das Klang-Konstrukt z.B. mit einer schönen Sinuswelle bei OSC 1 beginnen, diedann langsam in eine Orgelwelle bei OSC 2 hinüber gleitet.

Auch per Aftertouch (!) kann das Lautstärke-Verhältnis der Oszillatoren beeinflusst werden. Diese Möglichkeitschafft musikalisch viel Freiraum für morphende Sounds. Besonders effektiv ist der Eindruck natürlich dann, wennz.B. OSC 2 tiefer bzw. höher als OSC 1 gestimmt ist. [Man kann die Oszillatoren beliebig von -24 bis +24Halbtonschritten, also von 2 Oktaven tiefer bis 2 Oktaven höher, einstellen.]

Page 8: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 8

Kawai K3

In diesem Fall erzeugt die Modulation der OSC BAL(ance) via Aftertouch ohne viel Aufwand schöneKlangschichtungen à la Vangelis, bei denen sich über ein strahlendes Riff nochmals eine höherer Klang„nachschiebt“. Einfach realisiert: OSC 2 wird auf Fingerdruck eingeblendet. Auch ein solches Klangbeispiel istangefügt.

Wie in „Vangelis“ zu hören ist, wird über Aftertouch nicht nur der zweite Oszillator eingeblendet, sondern noch eineweitere Modulation ausgelöst: PRES(sure) LFO OSC, also LFO Modulation der Tonhöhe (in diesem Fall Standard-Vibrato). Darüber hinaus können noch VCF und VCA über Aftertouch moduliert werden. Das macht den Kawai K3 inSumme zu einem sehr ansprechenden, weil ausdrucksstarken und lebendigen, Synthesizer.

Voltage Controlled Filter – der ANALOGE K3Synthesizer-Enthusiasten dürfen aufhorchen, wenn sie erfahren, dass der K3 das berühmte SSM 2044 Filterverwendet. 6 Stück davon sind im Instrument zu finden. Dieses VCF kann bei hoher Resonanz schön pfeifen, wie ineinem der angefügten Klangbeispiele gezeigt … es ist eben ein analoges Filter. Wenngleich die virtuell-analogeTechnik tatsächlich immer besser wird: Viele der digitalen Filter-Module klingen im Vergleich zum SSM 2044 immrnoch schlapp, „aufgesetzt“ oder überzeichnet.

Page 9: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 9

Kawai K3

Genau genommen gibt es im K3 pro Stimme zwei Filter – ein Low Pass Filter und ein High Pass Filter (LOW CUT).Wie bei vielen Roland Synthesizern lässt sich jedoch auch hier dem statischen HPF nicht wirklich viel abgewinnen.Es dünnt den Klang lediglich aus und verursacht auch bei hoher Resonanz keine sehr ansprechendeKlangveränderung.

Das Filter verfügt – wie der VCA – über eine eigene ADSR Envelope. Musikalisch sind die Hüllkurven den mittleren80er Jahren „entsprechend“: Schön langsam und durchaus ein bisschen wabbelig. Hier hat der schon öfters zitiertePPG Wave eindeutig die Nase vorne – die Hüllkurven von Wave 2 / 2.2 / 2.3 sind „sehr“ schnell, sie entwickeln beikleinster Attack jenes böse Knacksen, das perkussiven Klängen die nötige Aggressivität verleiht undLautsprechermembrane zum Zucken bringt.

Low Frequency OscillatorDer LFO ist etwas umfassender als man es von manch anderen Polyphonen gewöhnt ist. Er bietet immerhin siebenWellenformen, siehe die folgende Abbildung.

Page 10: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 10

Kawai K3

Zusätzlich gibt es noch eine Delay-Funktion mit folgender Besonderheit: Sie wirkt auf den LFO und auch auf dieAuto-Bend Funktion der Oszillatoren (sofern diese aktiviert ist). Die Auto-Bend Möglichkeit mit zeitlicherVerzögerung lässt sich musikalisch hervorragend einsetzen. So spielt man z.B. ein schönes Solo (auf der gutenTastatur des K3 macht es ja auch Freude) und bleibt dann – wenn ein „Zielton“ erreicht wurde – kurz stehen. Nunkommt (nach Ablauf der eingestellten Delay Zeit) der Auto-Bend Effekt zum Tragen: Die Tonhöhe „biegt“ sichautomatisch in einem bestimmten Intervall hinauf oder hinunter.

Natürlich „könnte“ man dies auch mit dem Pitchbender realisieren, doch so ist es viel angenehmer, schließlichpassiert es von selbst … und letztlich hat man damit immer noch beide Hände „frei“ zum Spielen. Die Auto-BendFunktion wirkt nicht auf legato gespielte Töne, daher lassen sich mit dem gezieltem Wechsel von Staccato- undLegato-Spiel interessante Soli kreieren. Dies ist ein weiteres Detail für die lobenswerte Performance-Tauglichkeitdes Kawai K3.

Page 11: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 11

Kawai K3

Zurück zum LFO. Sein Frequenzumfang ist (typisch für die etwas biederen 80er Jahre) sehr moderat und kommtüber den Sub-Audio Bereich nicht hinaus. Die Modulationsziele des LFO sind ebenso ganz klassisch: OSC (Tonhöhe),VCF (Eckfrequenz) und VCA (Amplitude).

Touch Sensitivity / KCVVelocity und Aftertouch stellen – neben den umfangreichen Wellenformen der Oszillatoren sowie die analogeNachbearbeitung durch VCF und VCA – das Herz des K3 dar. Es gibt folgende Möglichkeiten:

VELOCITY auf …

VCFVCA

AFTERTOUCH (Pressure) auf …

VCFVCAOSC BALOSC LFO MOD

Das ist in Summe doch sehr anständig. Hinzu kommt die bereits erwähnte Möglichkeit des individuellen KeyboardTrackings:

KCV auf …

VCF (pos und neg)VCA (pos und neg)

Page 12: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 12

Kawai K3

PerformanceGute Performance via Tastatur ist eine der sehr positiven Eigenschaften des Kawai K3, das wurde schon aufgezeigt.Ein anderer Aspekt der Instrumentensteuerung – das Wheel – ist hingegen ein kleines Trauerspiel, etwas übertriebenformuliert.

Kurz gesagt: Es gibt nur EIN Wheel. Und es kann auch nur genau eine Sache: Tonhöhenverschiebung. Immerhin,diese Funktion macht der Pitch-Bender zumindest sehr gut. Das Schöne ist, dass man das gewünschte Intervall exaktin Halbtönen festlegen bzw. programmieren kann. Sehr angenehm, wenn bei der Live-Performance auch die„gebogenen“ Intervalle garantiert „stimmen“. Portamento gibt es ebenso wie Mono Mode. Dieser letzt genanntemacht aus dem K3 einen einstimmigen Synthesizer mit 12 Oszillatoren. Geläufiger ist hierfür die Bezeichnung„Unisono“. Sehr schön, wenngleich das klangliche Ergebnis eines Dutzend Oszillatoren nicht selten auch„erschlagend“ sein kann.

Noch ein Wort zum „Drehrad“, dem Increment Knob. Dieses Data-Rad ist erstklassig. Punkto Größe erinnert es –ebenso wie das Display – an den Kawai SX-210 aus dem Jahre 1983 bzw. an den SX-240 von 1984. Luxuriös, miteinem Wort. Das Rad liegt wunderbar in der Hand, die Dateneingabe erfolgt absolut zuverlässig und „punktgenau“.Der Increment Knob verfügt über kleine Rasterungen, ähnlich den Encodern von Oberheim Xpander bzw. Matrix-12,so dass man wirklich step by step gezielte Veränderungen durchführen kann.

Page 13: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 13

Kawai K3

Sobald man die Arbeitsweise „Paramater anwählen und mittels Increment Knob den jeweiligen Wert ändern“akzeptiert, fühlt man sich am Kawai K3 durchaus wohl. Meiner Meinung nach ist die exakte Eingabe mittels Endlos-Rad leichter als etwa mit einem Data-Slider. Hier kommt der Korg DW-8000 ins Spiel, der oftmals alsVergleichskandidat zum K3 herangezogen wird. Punkto Programmier-Komfort muss ich dem K3 eine zuverlässigereund exaktere Arbeitsweise zugestehen. Doch zum Vergleich der beiden Kandidaten kommen wir noch später zusprechen …

Kleiner Bonus – das Data Wheel mit Erinnerungsfunktion „pro“SpeicherplatzOb des gänzlichen Fehlens von „direktem“ Zugriff auf die einzelnen Klangparameter hat das Data-Rad des K3 docheine Besonderheit aufzuweisen. Es „merkt“ sich den zuletzt verwendeten Parameter, der bei jedem Sound(individuell) eingestellt und so „mit abgespeichert“ wurde. Beim neuerlichen Aufrufen des Klanges genügt es nun,direkt am Data-Rad zu drehen und besagten „einen“ Wert ohne Umwege sofort zu verändern.

Man muss also nicht in den Edit-Mode, dort die Nummer des Parameters anwählen und dann erst den Wertanpassen. Für diesen „einen“ Parameter geht es immer direkt. Diesen Umstand kann man sich beim Programmierendes K3 geschickt zunutze machen. Je nach Sound ist es einmal die Filter Frequenz, einmal die Attack-Zeit undwieder einmal die Wavetable eines Oszillators, die man (natürlich „nicht“ zufällig) zuletzt verändert und somit beimAufrufen des Klanges sofort und direkt zugänglich hat.

Page 14: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 14

Kawai K3

Einzig unsere Merkfähigkeit wird hier an ihre Grenzen stoßen. („Welcher Parameter war hier nochmals der letzte…?“). Gut, die Trial-And-Error Methode geht natürlich immer. Einmal am Data-Wheel drehen und man wird schonmerken, welcher Parameter sind ändert. Eine „musikalisch-logische“ Vorgehensweise in der Programmierung wäredennoch sinnvoll … z.B. bei Bass-Sounds immer die Filter-Frequenz (oder Resonanz) als letzten Parameter zueditieren, bei Streicher-Klängen immer die Attack-Zeit zuletzt einzustellen, etc. Kleine Notizen zum jeweilsindividuellen Parameter aller 50 internen Sounds sind wahrscheinlich dennoch unumgänglich. Wie schon in derSchule: Ein kleiner Spick-Zettel hat noch nie geschadet.

Besondere Vorsicht ist beim erneuten Programmieren (sprich: Überarbeiten) von Sounds am K3 angebracht. Sehr oftmöchte man ja später noch hie und da kleine Korrekturen machen, wie etwas die Schwebung zwischen denOszillatoren verfeinern oder eine andere der 32 Wellenformen ausprobieren. Auch hier gilt: Der zuletzt veränderteWert bleibt im Gedächtnis des Data-Wheels gespeichert. Wenngleich man also beim erstmaligen Erstellen des (sagenwir nun mal) Bass-Sounds daran gedacht hat, die Filter Frequenz als allerletzten Wert zu editieren, hat man beimspäteren Überarbeiten des Klanges schon wieder darauf vergessen und nun einen (zum Beispiel) völlig sinnlosenChorus-Amount Parameter im Data-Wheel Speicher, weil dies eben der zuletzt geänderte Wert war.

Page 15: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 15

Direkter Zugriff auf alle Parameter – StereoPing Controller

Die Lösung ist wie immer ganz einfach: Nochmals kurz PARAMETER (Edit) drücken, die Filter Frequenz betätigen(„einen“ Werteschritt rauf und „einen“ wieder zurück – der Klang bleibt also unverändert), auf WRITE tippen … undschon hat das Data-Wheel wieder die Filter-Frequenz in seinem Speicher. Kurz gesagt: Einmal pro-forma dengewünschten Wert verändern und speichern, damit ist also wieder alles im Lot.

Doch heute gibt es eine sehr elegante Lösung für die Bedienung des K3: Den Hardware-Controller des HerstellersStereoPing. Mehr dazu später …

Chorus und weitere EffekteDie Effekt-Sektion des K3 ist eigentlich viel mehr als nur Chorus selbst. Es gibt 7 Stufen zur Auswahl:

0 = kein Effekt1 = Chorus I2 = Chorus II3 = Chorus III4 = Tremolo5 = Chorus IV6 = Chorus V7 = Delay

Die Qualität der Effekte ist nicht wirklich die beste, vor allem die des Chorus. Lediglich in Position „0“ ist dasRauschen wirklich weg, dann ist die Sektion komplett ausgeschaltet, Stille sozusagen. Bei einigen Klangbeispielenkommt Chorus allerdings dennoch zum Einsatz. Damit kann sich jeder Hörer selbst ein Bild von der Rauschqualitätmachen.

Page 16: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 16

Kawai K3

K3 versus DW-8000 – die Hardware macht den UnterschiedVergleiche sind immer eine heikle Sache. Es fällt jedoch auf, dass der Korg DW-8000 häufig als Gegenstück zum K3genannt wird. Da der DW-8000 auch immerhin 16 Wellenformen und die Nachbearbeitung durch VCF / VCA bietet,sind sich beide Instrumente in ihren Möglichkeiten nicht unähnlich. Der Arpeggiator des Korg ist natürlich einBonus, ebenso der flexible Joystick (für dynamische Soli und Modulationsverläufe erster Güte). Das kann der Kawaiobgleich seiner hervorragenden Aftertouch Funktionen, des „einen“ Pitchwheels und selbst der „einen“ freiprogrammierbaren Wellenform nicht wettmachen.

Soundmäßig sind ohne Frage beide Instrumente hochwertig und inspirierend zugleich, wobei dem K3 mehr PPG-Charakter zuteil wird, was mir persönlich gut gefällt. Andererseits hat der DW-8000 einen etwas stärkeren„analogen“ Charakter und ist sicherlich universeller (und leichter) einsetzbar als der – klanglich doch „spezielle“ –K3. Nebenbei ist der Kawai nur 6-stimmig, während der DW-8000 (nomen est omen) 8-stimmig ist.

Dies ist die Klang-/Performance-Seite. Den Vorsprung hat hier der Korg DW-8000.

Page 17: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 17

Kawai K3

Doch ein ganz anderer Aspekt ist erwähnenswert: Die Hardware. Der DW-8000 ist und bleibt letztlich eine etwasklapprige Kiste. Es ist eben so. Die Kiste kann gut funktionieren und sie klingt sehr respektabel, keine Frage. Dochdie Tastatur ist mittlerer Standard, die Knöpfe sind wabbelig und das Display fällt nicht selten mal aus. Man stelleeinen DW-8000 für zwei Monate schräg an die Wand und schon wölbt er sich wie eine chinesische Zither. Nun gut,das ist etwas übertrieben. Wie dem auch sei, „hochwertige“ Qualität ist eine andere Liga. Der DW-8000 weist eine„günstige“ Verarbeitung des Gehäuses auf, dünnes Plastik dominiert das Chassis, auch das Gewicht des Instrumentsverrät die leichte Bauweise.

Beim K3 sieht es hingegen anders aus. Dieser Synthesizer wiegt stolze 15 kg, er ist voluminös und sehr solideverarbeitet. Das Front-Panel ist unter anderem aus bearbeitetem Holz, das LED Display hat beinahe monströseAusmaße, der Increment Knob (unser Data-Wheel mit Gedächtnisfunktion) ist ein Rollce Royce unter denDrehreglern, der singuläre Pitch Bender ist griffig und hat ordentlichen Zug. Kurz: Alles am K3 ist um eine – wennnicht um zwei oder drei – Stufen hochwertiger ausgeführt als beim DW-8000.

Page 18: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 18

Das ist die Hardware-Seite. Hier gewinnt der Kawai K3.

Doch lassen wir alle Vergleiche ruhen. Letztlich bleiben sie nur Konstrukte, die einige wenige (wenn überhaupt)allgemeine Rückschlüsse zulassen. Wenden wir uns stattdessen der Rack-Version des K3 zu …

K3M – mit „Spill-Over“ zu 12 StimmenDer Expander des K3 ist technisch an sich identisch zur Tastatur-Version. An sich. Einen wichtigen Unterschied gibtes. Er nennt sich Spill-Over. An einen K3 angeschlossen, werden die Noten jenseits der verfügbaren 6-stimmigenPolyphonie an diesen weiter gegeben. Einfacher gesagt: Wenn dem K3M die Luft ausgeht, kann der K3 (oder einzweiter K3M) das Ruder übernehmen. Durch den Zusammenschluss von Expander und Tastaturversion erhält manso einen quasi 12-stimmigen K3. Die Koppelung der Stimmen ist definitiv äußerst elegant, sie wertet den K3M alsgute Ergänzung deutlich auf.

Page 19: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 19

Kawai K3M

Haptisch macht der K3M hingegen weniger her als die Tastaturversion. Um das ganze Instrument auf 3 HE zureduzieren, wurden relativ kleine Knöpfe (immerhin aber „richtige“ Druckknöpfe im Gegensatz zu den Membran-Tastern des K3) verwendet. Das sehr angenehme Data-Wheel des K3 musste zwei umständlich zu bedienenden UP /DOWN Werte-Tastern weichen. Ein Tribut an das schlanke Design des K3M. Ist nun mal so.

StereoPing K3 / K3M ControllerNoch rasch der Hinweis auf jene geniale StereoPing Controller-Serie, die so manchem Synthesizer der 80er- / 90er- /00er- / 10er-Jahre zu neue Leben verhilft (samt ganz aktuellen Versionen der Klassiker, wie etwadem Tubbutec Juno66). StereoPing hat z.B. für den Kawai K3 / K3M, aber auch für den Korg DW-8000, WaldorfMicroWave 1, Roland JX-8P, etc. hochwertige und nützliche Live-Controller entwickelt. Wunderbare moderneErgänzungen zu den wunderbaren historischen Instrumenten.

Page 20: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 20

StereoPing Synthesizer Controller (Overlays)

Am Kawai K3 macht sich der StereoPing Controller natürlich hervorragend. Auch wenn zwischen 3 Bedien-Ebenenzu wechseln ist: Man hat (mehr oder weniger) direkten Zugriff auf alle Parameter des Instruments. Damit ist mannicht mehr auf den „einen“ Parameter des großen Dial-Wheels angewiesen, den der K3 als direkte, spontaneSteuermöglichkeit zu jedem Sound bietet. Damit kann man nun jeden Parameter unmittelbar anpassen. Was will manmehr?

Der Kawai K3 heuteK3 und K3M sind rare Instrumente. Zu speziell (und wohl nicht dem Trend der Zeit entsprechend) war das Konzeptdieser Synthesizer im Jahre 1986, die verkauften Exemplare dürften sehr wenige gewesen sein. Auch die NachfolgerK5 bzw. K5M von 1987 brachten – wenngleich sie noch deutlich leistungsfähiger als K3/K3M waren – nicht dengewünschten Erfolg. Erst 1988 gelang Kawai mit dem K1 der wirklich große Durchbruch, gefolgt vom K4 im Jahre1989.

Page 21: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 21

K3 and StereoPing Editor

So rar der K3 ist, so besonders ist er auch. Sicher nicht jedermanns Instrument und sicher kein „Allrounder“. Der K3ist ein Hybrid-Synthesizer mit gutem Konzept und starkem, warmem Klangcharakter, bestens geeignet fürbestimmte Sounds. Diese Klänge sind „in Richtung“ PPG Wave und zuweilen „in Richtung“ Prophet VS zucharakterisieren.

Doch Klang (und Klang-Empfinden) ist natürlich reine Geschmackssache, eine Empfehlung fällt daher schwer. Ichpersönlich bin vom butterweichen, oft glockigen, fast immer jedoch voluminösen Sound des K3 sehr angetan.Unterstützt wird der gute Gesamtklang durch exzellente Performance-Features wie OSC BALance, durch den MONOMode (Unisono), den „einen“ Parameter-Speicher des Data-Rades pro Sound oder schließlich auch durch die guteTastatur.

Inspirierender Klang, durchdachte Bedienung und exzellente Hardware machen den Kawai K3 zu einem äußerstfeinen und definitiv „freundlichen“ Instrument. Ein hybrider Synthesizer von hochwertiger Qualität.

Page 22: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 22

Kawai K3

In den folgenden Klangbeispielen kommt ein Mitschnitt von Robert Witteks exzellentem K3 Audio Workshop zumEinsatz. Vielen Dank für die Erlaubnis, das Klangbeispiel mit einzubeziehen. Den gesamten K3 Audio Workshop gibtes unter www.synthesizer.at.

Tutorial (excerpt) / Synthesizer.at - Robert Wittek1.Mix with Korg M1 and GeneralMusic S32.StereoPing - Live Editing 13.StereoPing - Live Editing 24.StereoPing - Live Editing 35.StereoPing - Live Editing 46.Vangelis-Like7.Vangelis-Like with chorus8.Mix with GeneralMusic S39.Mix with ARP 260010.3 Track Wavetable Sample11.Filter Resonance12.Analog Brass13.Osc BALance14.Noisy Chorus15.LFO modulation16.Slow Movement17.Saxophone Sample18.All 32 Waveforms19.

Page 23: Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

Kawai K3 – der seltene Hybrid-Synthesizer

| 23

Kawai K3Polyphoner Analog/Digital Synthesizer6 Stimmen

Links:Vintage Synth ExplorerTestbericht von Robert WittekHardware Controller von StereoPing