Katalytische Untersuchungen zur Styrolsynthese an ...
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Katalytische Untersuchungen zur
Styrolsynthese an
Eisenoxidkatalysatoren
DISSERTATION
zur Erlangung des Grades
eines Doktors der Naturwissenschaften
der Fakultät für Chemie
an der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Diplom-Chemiker
Markus Schoen
Bochum 2002
Für meine Familie
Dissertation eingereicht am: 18.09.2002
Disputation am: 25.10.2002
Promotionskommission:
Vorsitz: Prof. Dr. W. Sander
Referent: Prof. Dr. M. Muhler
Korreferent: Prof. Dr. W. Grünert
Dritter Prüfer: Prof. Dr. W. S. Sheldrick
Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von Juli 1997 bis Oktober 2000 am Lehrstuhl
für Technische Chemie der Ruhr-Universität Bochum erstellt.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. M. Muhler für die interessante
Themenstellung, für die Möglichkeit zur Durchführung und sein Interesse am Gelingen
der Arbeit.
Frau S. Wiedemeyer danke ich für die Bestimmung der BET-Oberflächen und für die
Durchführung der TPR-Analysen. Im weiteren danke ich Frau A. Gomann für die
Messung der IR-Spektren und Herrn X. Zhu für die von ihm durchgeführten
katalytischen Messungen. Mein Dank gilt auch Herrn Dr. A. Birkner für die
elektronenmikroskopischen Untersuchungen.
Herzlich möchte ich mich bei Herrn F. Stowasser bedanken für die Hilfestellung am
Röntgendiffraktometer.
Herrn Dr. U. Bartmann danke ich für die stete Hilfs- und Diskussionsbereitschaft.
Nicht zuletzt möchte ich Dank sagen allen jetzigen und ehemaligen Mitarbeitern des
Lehrstuhls, die mich unterstützt und die zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre
beigetragen haben.
Zusammenfassung IV
Zusammenfassung Einleitung und Zielsetzung
Die Herstellung von Styrol durch heterogen katalysierte Dehydrierung von Ethylbenzol
in Gegenwart von Wasserdampf ist ein großtechnisch bereits seit Beginn der dreißiger
Jahre durchgeführtes Verfahren und hat sich als Syntheseweg durchgesetzt. Styrol ist
einer der ältesten und wichtigsten Ausgangsstoffe für die Herstellung von Kunststoffen,
speziell von Polystyrol und synthetischem Kautschuk.
Ziel der Arbeit war der Aufbau einer katalytischen Testapparatur mit einer Online-GC-
Analytik zur Untersuchung des Morphologieeinflusses von Eisenoxidpigmenten auf die
katalytische Aktivität. Hierzu wurden Katalysatoren synthetisiert ausgehend von
Eisen(II)-sulfat und Eisen(III)-nitrat. Als Referenzkatalysator wurde der Industrie-
katalysator S6-20 der BASF eingesetzt.
Untersuchungsmethodik
Zur Beurteilung des katalytischen Verhaltens wurden Umsatz und Selektivität in einem
integral betriebenen mikrokatalytischen Festbettreaktor bestimmt. Zum Vergleich ihrer
katalytischen Fähigkeiten wurden die Katalysatoren unter Variation von Temperatur
und Verweilzeit ausgetestet. Phasenzusammensetzung und Morphologie wurden mit
XRD, IR sowie TEM/SEM aufgeklärt. Darüber hinaus wurden thermogravimetrische
Untersuchungen und TPR-Messungen durchgeführt sowie die BET-Oberflächen
bestimmt.
Bei den hergestellten Katalysatoren wurde der Einfluss der Vakuumtrocknungs-
temperatur und des Kaliumoxidgehalts auf die katalytische Aktivität sowie die
Langzeitstabilität untersucht. Als Standardbedingung wurde ein Steam-to-Oil-
Verhältnis von 6 und eine LHSV von 0,5 h-1 gewählt.
Zusammenfassung V Ergebnisse
Es wurde eine in der Literatur bisher nicht beschriebene Online-GC-Analytik für die
katalytische Ethylbenzoldehydrierung entwickelt, so dass Analysen automatisch ohne
die bisher notwendige Auskondensation und Trocknung durchgeführt werden konnten.
Die unpromotierten Katalysatoren deaktivierten sehr schnell und zeigten nur eine
geringe Aktivität. Durch die Promotierung mit K2CO3 entsprechend einem
Kaliumoxidgehalt von 0,3, 1 und 10 Gew.-% konnten Langzeitstabilität, Umsatz und
Styrolselektivität erheblich gesteigert werden. Es ließ sich die allgemeine Korrelation
beobachten, wonach ein hoher Umsatz mit einer niedrigen Selektivität verknüpft ist. Die
Katalysatoren mit 1 % und 10 % K2O-Gehalt, welche aus Eisen(III)-nitrat hergestellt
worden waren, wiesen eine weit höhere Aktivität auf als die übrigen Katalysatoren. So
konnten mit dem Katalysator mit 10 % Kaliumgehalt gleiche Umsätze wie beim
Referenzkatalysator erreicht werden, allerdings bei vierfacher Belastung und tieferen
Temperaturen. Bei der längsten Verweilzeit wurden die thermodynamischen Gleich-
gewichtsumsätze erreicht. Ein Einfluss der Vorbehandlungstemperatur zeigte sich nur
für die Katalysatoren, die aus dem Eisen(II)-sulfat hergestellt worden waren. Hier
wurde eine leicht erhöhte Selektivität sowie eine Erhöhung der Stabilität mit sinkender
Vorbehandlungstemperatur beobachtet.
TEM/SEM-Aufnahmen des aus dem Eisen(III)-nitrat hergestellten Goethit zeigten eine
acikulare Struktur. Der durch Wasserabspaltung aus diesem Goethit hergestellte
Hämatit wies eine ausgeprägte Porenstruktur auf. Nach dem Kalzinierschritt bei 900 °C
in Luft konnte die Ausbildung der ternären Phase K2Fe22O34 im XRD beobachtet
werden.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Es wurde ein Katalysator ausgehend von einem Eisen(III)-system mit 10 Gew.-%
Kaliumoxidgehalt synthetisiert, der deutlich höhere Aktivitäten zeigte als der
kommerzielle Referenzkatalysator. Der neue Katalysator ermöglichte höhere Raum-
Zusammenfassung VI Zeit-Ausbeuten bei niedrigeren Temperaturen. Eine genaue Charakterisierung,
insbesondere der Porenstruktur, muss noch erfolgen. Durch Verwendung weiterer
Promotoren z. B. Ce, Mg kann der Katalysator weiter verbessert werden.
Symbolverzeichnis VII
Symbolverzeichnis
B Bilanzwert [%]
βC Anzahl Kohlenstoffatome
β1/2 Substanzhalbhöhenbreite [°]
c Konzentration [ 3mmol −⋅ ]
d Netzebenenabstand [Å]
d Schichtdicke [mm]
dp Teilchendurchmesser [µm, mm]
θ Glanzwinkel [°]
D Steam to Oil-Verhältnis [mol/mol, wt/wt]
ε Extinktionskoeffizient [M-1 cm-1]
F Integrationsfläche eines GC-Peaks [a. u.]
∆G Gibbssche freie Enthalpie [kJ/mol]
∆H Bildungsenthalpie [kJ/mol]
Kp Gleichgewichtskonstante
LHSV Liquid Hourly Space Velocity [h-1]
λ Wellenlänge [m] .
n Molenstrom [mol/s]
p Druck [Pa, bar]
R allg. Gaskonstante [ Kmol/J ⋅ ]
S Selektivität [%]
T Temperatur [°C, K]
Tvor Vorbehandlungstemperatur
X Umsatz [%]
Indizes
i Komponente i
0 zum Zeitpunkt t = 0
a, b Kalibrierfaktoren
R Reaktion
Symbolverzeichnis VIII Tag Tagesbedingungen
Abkürzungen
AES Auger Electron Spectroscopy
BET Brunauer, Emmet, Teller
Bz Benzol
DRIFT Diffuse Reflectance Infrared Fourier Transform
EtB Ethylbenzol
EXAFS Extended X-Ray Absorption Fine Structure
FFAP Free Fatty Acid Base
FID Flammenionisationsdetektor
GC Gaschromatograph
HPLC High Pressure Liquid Chromatography
IR Infrarot
PC Personal Computer
PID Proportional, Integral, Differential
LEED Low Energy Electron Diffraction
R Oligomere
SEM Scanning Electron Microscopy
SLP Supported Liquid Phase
TEM Transmission Electron Microscopy
TPO Temperaturprogrammierte Oxidation
TPR Temperaturprogrammierte Reduktion
St Styrol
To Toluol
WLD Wärmeleitfähigkeitsdetektor
XRD Röntgendiffraktometrie
Inhaltsverzeichnis IX
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Symbolverzeichnis
1 Einleitung und Zielsetzung 1
2 Stand des Wissens 5
2.1 Die Styrolsynthese 5
2.1.1 Thermodynamische Betrachtung der Reaktion 9
2.2 Alternative Prozesse der Styrolsynthese 11
2.2.1 Dehydrierung von Ethylbenzol und Oxidation des Wasserstoffs 11
2.2.2 Die oxidative Dehydrierung von Ethylbenzol 13
2.2.3 Membranreaktor-Konzepte 15
2.2.4 Koppelproduktion mit Propylenoxid (Oxirane Verfahren) 16
2.2.5 Zusammenfassung 17
2.3 Katalysatoren für die Styrolsynthese 19
2.4 Einfluss der Katalysatorvorstufe 25
2.5 Zusammenfassung 27
3 Experimenteller Teil 29
3.1 Katalysatortestapparatur 29
3.1.1 Gasversorgung 29
3.1.2 Sättiger-System 31
3.1.3 Reaktor 32
3.1.4 Analytik 33
3.2 Katalysatoren 35
3.2.1 BASF Katalysator S6-20 36
3.2.2 Herstellung der Katalysatoren 36
3.2.2.1 Herstellung des Katalysators aus einem Fe(II)-System 37
3.2.2.2 Herstellung des Katalysators aus einem Fe(III)-System 37
Inhaltsverzeichnis X 3.2.2.3 Herstellung der kaliumpromotierten Katalysatoren 39
3.3 Versuchsdurchführung 40
3.4 Versuchsauswertung 42
3.5 Katalysatorcharakterisierung 43
3.5.1 Röntgendiffraktometrie (XRD) 43
3.5.2 BET 44
3.5.3 Elektronenmikroskopie (TEM / SEM) 45
3.5.4 Thermogravimetrie 46
3.5.5 Infrarotspektroskopie 46
3.5.6 Temperaturprogrammierte Reduktion 48
4 Ergebnisse 53
4.1 Katalytische Messungen am Referenzkatalysator S6-20 53
4.1.1 Axiales Temperaturprofil während der Reaktion 53
4.1.2 Langzeitstabilität 54
4.1.3 Äußere Transporteinflüsse 55
4.1.4 Innere Transporteinflüsse 56
4.1.5 Einfluss von Blindreaktionen 57
4.1.6 Verweilzeitverhalten des Styrolkatalysators S6-20 59
4.2 Charakterisierung des Katalysators 63
4.2.1 Röntgendiffraktogramme des Katalysators S6-20 63
4.3 Katalytische Messungen an Katalysatoren aus Fe(II)- und
Fe(III)-Systemen 66
4.3.1 Langzeitstabilität der unpromotierten Katalysatoren 66
4.3.2 Langzeitstabilität der promotierten Katalysatoren 68
4.3.3 Äußere Transporteinflüsse 70
4.3.4 Innere Transporteinflüsse 71
4.3.5 Einfluss des Kaliumgehalts 72
4.3.6 Verweilzeitverhalten der Styrolkatalysatoren aus dem Fe(II)- und
Fe(III)-System 75
4.3.6.1 Verweilzeitverhalten des Fe(III)-Systems 76
4.3.6.2 Verweilzeitverhalten des Fe(II)-Systems 79
Inhaltsverzeichnis XI
4.4 Einfluss der Vorbehandlungstemperatur auf das katalytische
Verhalten 80
4.4.1 Einfluss der Vorbehandlungstemperatur auf das Fe(III)-System 81
4.4.2 Einfluss der Vorbehandlungstemperatur auf das Fe(II)-System 82
4.5 Charakterisierung des Katalysators 84
4.5.1 Röntgendiffraktogramme des Goethit aus dem Fe(II)- und
Fe(III)-System 84
4.5.2 Röntgendiffraktogramme des Hämatit aus dem Fe(II)- und
Fe(III)-System 85
4.5.3 SEM und TEM-Aufnahmen von Goethit und Hämatit 87
4.5.4 TPR-Untersuchungen von Goethit und Hämatit 89
4.5.5 Thermogravimetrische Messungen an Goethit 91
4.5.6 IR-Spektroskopie an Goethit aus dem Fe(II)- und
Fe(III)-System 93
4.5.7 Röntgendiffraktogramme des kaliumpromotierten Fe(III)-Systems 94
5 Diskussion 97
5.1 Aufbau der Versuchsapparatur und Entwicklung einer Online-Analytik 97
5.2 Der Referenzkatalysator S6-20 98
5.2.1 Katalytische Untersuchungen am S6-20 98
5.3 Katalytisches Verhalten der Katalysatoren aus dem Fe(II)- und
Fe(III)-System 102
5.4 Charakterisierung des Goethit aus dem Fe(II)- und Fe(III)-System 105
6 Zusammenfassung und Ausblick 113
Literatur
Anhang
Verwendete Chemikalien
Lebenslauf
1 Einleitung und Zielsetzung
1
1 Einleitung und Zielsetzung
Styrol ist neben Ethylen und Vinylchlorid eines der bedeutendsten petrochemischen
Monomere und wird in der Technik zur Herstellung polymerer Produkte verwendet. Zu
den wichtigsten aus Styrol hergestellten Produkten gehören Thermoplaste wie
Polystyrol (PS), Terpolymere aus Acrylnitril, Butadien und Styrol (ABS), das
Styrolacrylnitril-Harz (SAN) sowie Styrol-Butadiene-Kautschuk (SBR) und
ungesättigte Polyesterharze [1]. Die wirtschaftliche Bedeutung der Styrolproduktion
ergibt sich aus dem weltweiten Bedarf von derzeit über 20 Mio. t pro Jahr und einer
erwarteten jährlichen Steigerungsrate von 5 % bis 2005. Die größten Bedarfszuwächse
werden hierbei für Südamerika, Osteuropa und Asien, insbesondere China
prognostiziert [2]. Aufgrund der skizzierten wirtschaftlichen Bedeutung von Styrol ist
nachvollziehbar, dass die Weiterentwicklung des Herstellprozesses und der eingesetzten
Katalysatoren wichtige Themen in der wissenschaftlichen Forschung sind, da selbst
minimale Verbesserungen ein hohes wirtschaftliches Einsparpotential bieten.
Historischer Ausgangspunkt der heutigen Styrolproduktion ist die von Berthelot [3, 4]
1868 entdeckte rein thermische Pyrolyse von Ethylbenzol zu einem Aromaten-Gemisch.
Erste Beobachtungen über die dehydrierende Wirkung von Metallen und Metalloxiden
stammen bereits aus dem Jahre 1823. Damals beobachteten Dutang und Thenard [5],
dass sich Ammoniak in Gegenwart von Eisen, Kupfer, Gold, Silber und Platin bereits
bei viel niedrigeren Temperaturen zersetzte als bei deren Abwesenheit. Eine
systematische Untersuchung der Dehydrierung erfolgte aber erst durch Sabatier und
Senderens [6]. Sie waren die Ersten, die bei der Hydrierung von Benzol zu Cyclohexan,
die Umkehrung der Hydrierung bei höheren Temperaturen beobachteten.
Zu Beginn der dreißiger Jahre wurden im Werk Ludwigshafen der IG Farbenindustrie
systematische Untersuchungen angestellt mit dem Ziel geeignete Dehydrier-
katalysatoren für die Styrolsynthese zu finden. Grundsätzlich sind alle üblichen
oxidischen Dehydrierkatalysatoren wie Cr2O3, Al2O3 oder ZnO, die auch bei der
Dehydrierung von Paraffinen und Alkoholen Verwendung finden, geeignet. In ihrem
grundlegenden Patent von 1929 beschreiben Mark und Wulff [7] die ersten
1 Einleitung und Zielsetzung
2
Katalysatoren aus Mischungen verschiedener schwer reduzierbarer Metalloxide, wie
CaO, MgO, Al2O3, ZnO, WO3, Cr2O3, zur katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol
in Gegenwart von Wasserdampf. Die ersten technisch eingesetzten Styrolkontakte
waren Dreistoff-Katalysatoren aus einem Gemisch von ZnO, Al2O3 und CaO. Mit
diesen Katalysatoren wurden Umsätze von 38 bis 39 % bei Temperaturen von 600 bis
675 °C erreicht. Die Selektivitäten betrugen durchschnittlich 82 %. Diese Katalysatoren
mussten in regelmäßigen Abständen von 2 - 3 Monaten regeneriert werden. Eine
Weiterentwicklung war der Katalysator „Lu 144 G“ [8]. Bei ihm war zwar noch ZnO
der Hauptreaktionsträger, aber speziell durch den Zusatz basischer Komponenten hatte
der neue Kontakt den Vorteil, dass er selbstregenerierend war. Dieser Meilenstein in der
Entwicklung ermöglichte erstmalig eine Standzeit von bis zu zwei Jahren. Die
Entwicklung der Styrolkatalysatoren bei der BASF wurde von Ohlinger und
Stadelmann beschrieben [9].
Heute werden für die Dehydrierung ausschließlich Eisenoxidkontakte eingesetzt. Als
Promotoren enthalten sie gewöhnlich Cr2O3 und K2O, letzteres in Form von KOH und
K2CO3. Unterscheiden kann man die Kontakte nach der Verwendung der verschiedenen
Eisenoxid-Pigmente, wie z. B. Goethit FeOOH oder Hämatit Fe2O3 und ihrer
Herstellungsmethode, welche einen Einfluss auf die Morphologie hat.
Monomeres Styrol wird zur Zeit mittels zweier Prozesse produziert [10]:
1. durch katalytische Dehydrierung von Ethylbenzol
2. als Beiprodukt in der Epoxidation von Propen mit Ethylbenzolperoxid an
Molybdänkomplex-Katalysatoren
Mittels katalytischer Dehydrierung werden mehr als 90 % der Weltjahresproduktion
abgedeckt. Mit der zweiten Technologie der ARCO CHEMICAL (früher Oxirane) und
SHELL werden ca. 1,2 Mio. t/a produziert [11].
Trotz großer Fortschritte in der Katalysatorentwicklung und Prozessführung sind die
prinzipiellen Probleme der Dehydrierverfahren - Teilumsatz, Wärmeeintrag und
1 Einleitung und Zielsetzung
3
Verkokung - geblieben.
Die Ziele moderner technischer Verfahren sind daher:
- Druckabsenkung zur Gleichgewichtsverschiebung
- Optimierung des Wärmeeintrags
- Minimierung der Verkokung durch in-situ-Reaktivierung
Die Möglichkeiten zur Druckabsenkung wurden bereits weitgehend ausgereizt und
stoßen bei Betriebsdrücken von 40 - 50 hPa an wirtschaftliche Grenzen [12]. Die
katalytische Dehydrierung in Gegenwart eines hohen Überschusses an Wasserdampf
erfordert hohe Temperaturen. Während der Einsatz von Wasserdampf den Herstell-
prozess vor allem mit Kosten belastet, sind natürlich auch die Reaktortemperaturen
nicht unbegrenzt steigerbar aufgrund des vergleichsweise exponentiell steigenden
Potentials für:
- thermisches und katalytisches Cracken oberhalb 600 °C
- Selektivitätsverlust
- Katalysatordeaktivierung
- materialtechnische Limitierung bzw. Kosten
Diese Beschränkungen und die aus dem Wettbewerb folgenden besonderen Ansprüche
an eine wirtschaftliche Prozessführung unterstreichen den Bedarf der petrochemischen
Industrie an hoch effektiven Katalysatoren zur Styrolherstellung. Styrolkatalysatoren
mit hohen Selektivitäten sind zwingend, da bedingt durch die hohen Rohstoffpreise für
Ethylen und Benzol, der Ethylbenzolverbrauch sich weit stärker auf die Herstellkosten
auswirkt als die Energiekosten [13].
Zielsetzung der Arbeit ist die vergleichende Untersuchung von zwei verschiedenen
Eisenoxid-Dehydrierkatalysatoren, die aus Fe(II) bzw. Fe(III) hergestellt wurden, um
den Einfluss der Morphologie herauszuarbeiten. Dieser Untersuchungsschritt ist
bedeutend, da sich die Effizienz des Katalysators definiert über die Zugänglichkeit der
1 Einleitung und Zielsetzung
4
katalytisch aktiven Oberfläche und der Möglichkeit eines raschen Abtransportes der
Reaktionsprodukte. Im Herstellverfahren wurde der Einfluss der Trocknungstemperatur
systematisch untersucht. Als Referenzkatalysator wurde der Industriekatalysator BASF
S6-20 eingesetzt. Ferner wurde der Einfluss verschiedener Kaliumgehalte auf Umsatz
und Selektivität geprüft. Die entwickelten Katalysatoren wurden mit den üblichen
Charakterisierungsmethoden (XRD, TEM, TPR, BET, IR) untersucht.
Für die katalytischen Messungen wurde eigens eine neue Versuchsanlage konzipiert
und aufgebaut, wobei erstmalig die Reaktionsprodukte über eine Online-Analytik
erfasst wurden. Die arbeitsintensiven Schritte der Probenaufbereitung bei der in der
Literatur bisher beschriebenen Offline-Analytik wurden durch die Entwicklung eines
intelligenten Programms zur Schaltung verschiedener GC-Säulen eliminiert [14 - 17].
2 Stand des Wissens 5
2 Stand des Wissens
In diesem Kapitel wird ein Überblick über den wissenschaftlichen Kenntnisstand der
Styrolsynthese gegeben. Dabei wird zunächst auf die zu betrachtenden chemischen
Reaktionen und die Reaktionsbedingungen eingegangen. Anschließend werden die
industriellen Herstellungsverfahren für Styrol beschrieben. Zuletzt wird noch auf z. Z.
diskutierte alternative Prozesse sowie auf verwendete Katalysatorsysteme eingegangen.
2.1 Die Styrolsynthese
Die Dehydrierung von Ethylbenzol zu Styrol ist eine reversible, endotherme
Gleichgewichtsreaktion:
C6H5C2H5 C6H5C2H3 + H2 ∆H600°C = 124.9 kJ/mol (2.1)
Hohe Temperaturen und geringer Druck begünstigen nach dem Prinzip von Le Chatelier
die Reaktion. Neben dieser Hauptreaktion finden sich in der Literatur noch mindestens
fünf wichtige Nebenreaktionen, wie die Dealkylierung von Ethylbenzol zu Benzol (2.2),
die Bildung von Toluol (2.3), die Steam-Reforming-Reaktion von Ethylen und Methan
unter Bildung von Kohlenmonoxid und Wasserstoff (2.4 u. 2.5) sowie die
Kohlenmonoxid-Konvertierung (2.6) [1].
C6H5C2H5 C6H6 + C2H4 ∆H600°C= 101,8 kJ/mol (2.2)
C6H5C2H5 + H2 C6H5CH3 + CH4 ∆H600°C = -64,5 kJ/mol (2.3)
2 H2O + C2H4 2 CO + 4 H2 ∆H600°C = 232,1 kJ/mol (2.4)
H2O + CH4 CO + 3 H2 ∆H600°C = 224,6 kJ/mol (2.5)
H2O + CO CO2 + H2 ∆H600°C = -36,0 kJ/mol (2.6)
Weitere Nebenreaktionen umfassen die Bildung von höhersiedenden
Kohlenwasserstoffen aus Styrololigomeren und die Bildung von Koks [18]. Einen
vollständigen Überblick über die in der Literatur diskutierten Reaktionswege zeigt
Tabelle 2.1.
2 Stand des Wissens 6
Tab.2.1: Reaktionen im Ethylbenzol-Dehydrierungsprozess [1, 19, 20]
EtB: Ethylbenzol, St: Styrol, Bz: Benzol, To: Toluol, R: Oligomere
Reaktion
1 EtB St + H2
Benzolbildung
2 EtB Bz + C2H4
3 EtB + H2 Bz + C2H6
4 To + H2 Bz + CH4
5 St + H2 Bz +C2H4
6 EtB + 4 H2O Bz +2 CO2 + 6 H2
Toluolbildung
7 EtB + H2 To + CH4
8 EtB + 2 H2O To + CO2 + 3 H2
9 St + 2 H2 To + CH4
Rückstandsbildung
10 EtB 8 C + 5 H2
11 2 St + H2 R
Vergasungsreaktion
12 C + 2 H2O CO2 + 2 H2
13 R + 32 H2O 16 CO2 + 41 H2
14 C2H4 + 4 H2O 2 CO2 + 6 H2
15 C2H4 + 2 H2O 2 CO + 4 H2
16 CH4 + 2 H2O CO2 + 4 H2
17 CH4 + H2O CO + 3 H2
18 EtB + 16 H2O 8 CO2 + 21 H2
19 CO + H2O CO2 + H2
2 Stand des Wissens 7
Aus der Koksbildung resultiert eine Verblockung der aktiven Zentren und die
allmähliche Deaktivierung des Katalysators. Deshalb wird bei allen Dehydrierverfahren
dem Ethylbenzol Wasserdampf in einer Größenordnung von 1,3 – 1,4 kg/kg zugesetzt
[12]. Der Wasserdampfzusatz wirkt in mehrerer Hinsicht positiv:
- Wasserdampf setzt den Reaktandenpartialdruck herab, wodurch der
Gleichgewichtsumsatz der volumenvermehrenden Synthesereaktion erhöht wird.
- Durch die große Wärmekapazität von Wasserdampf wird die adiabatische
Temperaturerniedrigung der endothermen Synthesereaktion reduziert. Der
Wasserdampf dient zur Wärmespeicherung, Temperaturstabilisierung und
−vergleichmäßigung und zur Zufuhr eines Teils der erforderlichen Reaktions-
wärme.
- Wasserdampf wird zur Bildung der katalytisch aktiven Phase KFeO2 durch
hydrothermale Synthese aus der Katalysatorvorstufe benötigt [21 - 23].
- Wasserdampf als Oxidationsmittel bewirkt, dass die Reduktion des Eisen-
katalysators nicht weiter als bis zur Stufe des Magnetit (Fe3O4) erfolgt.
- Wasserdampf dient zur Reinigung der Katalysatoroberfläche durch Vergasung der
Koksablagerung und führt damit zur Aktivitäts- und Standzeiterhöhung [22, 24].
Verfahrenstechnisch sind in der industriellen Praxis zwei verschiedene Verfahrens-
ansätze realisiert. Das am weitesten verbreitete Herstellungsverfahren für Styrol ist das
von der Dow Chemical Company entwickelte adiabatische Verfahren [1]. Es wird
gewöhnlich mehrstufig mit Zwischenüberhitzung des Reaktionsgemisches ausgeführt,
wie in Abbildung 2.1 dargestellt [1]. Ethylbenzol wird mit überhitztem Wasserdampf in
einem Massenverhältnis von 1:1,5 bis 1:2 vermischt. Die Temperatur im Einlauf des
Reaktors beträgt ca. 650 °C. Das Reaktionsgemisch verlässt die erste Stufe mit einer
Temperatur von ca. 570 °C. In einem Zwischenüberhitzer wird das Reaktionsgemisch
wieder auf 640 °C aufgeheizt und in die zweite Stufe eingeleitet. Die notwendige
Wärmeenergie wird mit Hilfe des überhitzten Wasserdampfes zugeführt, wobei ein
Temperaturgradient im Reaktor in Kauf genommen wird. Realisierte
Produktionskapazitäten solcher Anlagen liegen bei 500.000 t/a.
2 Stand des Wissens 8
Abb. 2.1: Vereinfachtes Fließschema des adiabatischen Verfahrens
a) Dampfüberhitzer, b) Reaktor, c) Hochdruckdampferzeuger,
d) Niederdruckdampferzeuger, e) Kondensator f) Wärmeüberträger
Abb. 2.2: Vereinfachtes Fließschema des isothermen Verfahrens
a) Erhitzer, b) Dampfüberhitzer, c) Reaktor, d) Wärmeüberträger,
e) Kondensator
2 Stand des Wissens 9
Im isothermen Dehydrierprozess der BASF wird ein Ethylbenzol/Wasserdampf-
Verhältnis von 1:0,8 bis 1:1,2 gefahren, welches damit deutlich kleiner ist als beim
adiabatischen Verfahren (Abbildung 2.2). Das BASF-Verfahren wird in von außen
beheizten Rohrbündelreaktoren ausgeführt, die durch ein 720 bis 750 °C heißes
Umwälzgas oder von einer umlaufenden Salzschmelze auf Temperatur gehalten werden.
Die Zulauftemperatur liegt bei ca. 600 °C und bleibt über der Reaktorlänge annähernd
konstant. Die Reaktoren haben heutzutage Kapazitäten von 150.000 t/a pro Einheit [1].
Die unverzichtbare Wasserdampfzugabe ist ein signifikanter Nachteil beider
Dehydrierverfahren, da die große Menge an aufzuwendender Energie für die Erzeugung
des überhitzten Wasserdampfes (830 °C) nur teilweise zurückgewonnen werden kann.
Gegenstand vieler Untersuchungen ist deshalb die Absenkung des Wasserdampf/Ethyl-
benzol-Verhältnisses zur Verringerung der Energieaufwendungen. Darüber hinaus wird
versucht durch Weiterentwicklung der Katalysatoren die Ausbeute an Styrol zu
erhöhen, da trotz aller genannten Maßnahmen bei den technischen Verfahren nur
Umsätze von 65 - 70 % erreicht werden. D. h. 30 - 35 % des eingesetzten Ethylbenzols
passieren die Reaktoren unumgesetzt und müssen in entsprechend großen
Destillationskolonnen energieaufwendig abgetrennt und zurückgeführt werden. Hierbei
stellen die Neigung des Styrols zur Polymerisation und der geringe Siedepunkt-
unterschied von nur 9 °C zwischen Ethylbenzol und Styrol zwei besondere Probleme
dar. Eine notwendige Produktreinheit von mehr als 99,8 % erfordert deshalb den
Einsatz von vier Vakuumkolonnen zur Abtrennung des Ethylbenzols, wobei die
unerwünschte Polymerisierung durch Zudosierung von Inhibitoren unterdrückt werden
muss [10].
2.1.1 Thermodynamische Betrachtung der Reaktion
Bei der Styrolsynthese muss die thermodynamisch bedingte Lage des chemischen
Gleichgewichts berücksichtigt werden, da bei hohem Umsatz die Rückreaktion von
Styrol und Wasserstoff zu Ethylbenzol einsetzt. Die Lage des chemischen
Gleichgewichts hängt von den Partialdrücken der Komponenten und der Temperatur ab.
Das folgende Modell soll als Hilfsmittel zur späteren Interpretation der experimentellen
2 Stand des Wissens 10
Ergebnisse dienen.
Die Gleichgewichtskonstante Kp(T) als Funktion der Partialdrücke für ideale Gase ist
definiert als:
TR∆G
p
pplogKlog
0
EtB
HStP
2
⋅−== ⋅ (2.7)
Der maximal erreichbare Gleichgewichtsumsatz X der Hauptreaktion berechnet sich
nach:
D)X(1X)(1/pXK 2P ++⋅−⋅= (2.8)
Die Variable D gibt hierbei das molare Verhältnis von Wasser zu Ethylbenzol wieder.
Für die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten wurde die von Wenner
und Dybdal empirisch ermittelte Formel gewählt [25]:
4,014755/TKlog P +−= (2.9)
250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 7500
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Um
satz
(m
ax.)
/ %
T / °C
D = 0 D = 6 D = 12
Abb. 2.3: Lage des chemischen Gleichgewichts in Abhängigkeit von der Temperatur
bei verschiedenen Steam to Oil-Verhältnissen (D) (1 mol/mol = 0,17 wt/wt)
2 Stand des Wissens 11
Abbildung 2.3 zeigt die Abhängigkeit des Gleichgewichtsumsatzes von der Temperatur
und dem Steam to Oil-Verhältnis D. Im Hinblick auf hohe Umsätze sind also hohe
Temperaturen und niedrige Ethylbenzolpartialdrücke, d. h. hohe D-Werte günstig.
Industriell interessante Umsätze sind erst oberhalb 600 °C zu beobachten.
2.2 Alternative Prozesse der Styrolsynthese
Die Hauptprobleme des Ethylbenzol-Dehydrierprozesses sind:
- Die Notwendigkeit einer Rückführung der Reaktanden bedingt durch die geringen
Umsätze per Durchlauf aufgrund thermodynamischer Limitierungen
- Die Notwendigkeit eines hohen Wasserdampf-Ethylbenzolverhältnisses
- Die Endothermie der Reaktion
- Eine langsame irreversible Deaktivierung des Katalysators (Standzeit 2 Jahre)
Gegenstand der aktuellen Forschung als Alternative zur katalytischen Dehydrierung von
Ethylbenzol sind:
- Die Dehydrierung mit nachgeschalteter Oxidation des Wasserstoffs
- Die oxidative Dehydrierung in Gegenwart von Sauerstoff
- Die Verwendung von Membran-Technologie
Die Prozesse werden nachfolgend beschrieben.
2.2.1 Dehydrierung von Ethylbenzol und Oxidation des Wasserstoffs
Kombinationen aus Dehydrier- und Oxidationsprozessen sind charakterisiert durch die
Injektion von Sauerstoff in den Ein- oder Ausgangsstrom des Reaktors, um katalytisch
den parallel produzierten Wasserstoff möglichst vollständig zu oxidieren [26]. Durch
die Exothermie der Wasserstoffoxidation wird Wärme für die endotherme Dehydrier-
reaktion gewonnen und damit die kostenintensive Dampfeinspeisung verringert.
2 Stand des Wissens 12
Außerdem wird durch die Entfernung des Wasserstoffs das Gleichgewicht auf die Seite
der Produkte verschoben. Hierfür muss der Katalysator allerdings über mehrere
Eigenschaften verfügen:
- Er darf selektiv nur den Wasserstoff oxidieren.
- Er muss unter den Reaktionsbedingungen (550 - 650 °C, Dampf) stabil sein.
- Er muss eine sehr hohe Aktivität besitzen, um einen vollständigen Sauerstoff-
verbrauch zu gewährleisten.
Letzteres ist unter Sicherheitsaspekten notwendig (Explosionsgefahr durch Sauerstoff-
Wasserstoffgemische) und wichtig zur Vermeidung von Oxidationsprodukten der
Reaktanden und der Produkte. Eine technische Lösung wurde von Reitmeier et al.
vorgestellt [27]. Hierbei wird das Oxidationsbett in den Dehydrierreaktor durch
Mischen bzw. Schichten des Oxidationskatalysators Pt oder Pd mit dem
konventionellen Dehydrierkatalysator integriert. Eine andere Möglichkeit besteht in der
Dotierung des Eisenkatalysators mit der aktiven Komponente. Die Einspeisung des
Sauerstoffs erfolgt hierbei mit dem Eduktstrom. Grundlage für Reitmeier et al. waren
analoge Lösungen bei der Dehydrierung von Alkanen oder Paraffinen [28].
Die Überwindung der Gleichgewichtslimitierung durch eine nachgeschaltete
Sauerstoffeinspeisung wird in einem Patent von UOP (Union Oil Products) beschrieben
[29, 30]. Unter Verwendung eines Metalls der 8. Nebengruppe wird der Oxidations-
reaktor zwischen zwei Dehydrierreaktoren geschaltet. Die Einspeisung des Sauerstoffs
erfolgt nach dem ersten Dehydrierreaktor. Eine weitere Verbesserung wird durch
Vorschalten eines Oxidationsreaktors vor die erste Dehydrierstufe erzielt. Durch
zusätzliche Einspeisung von Wasserstoff erhitzt die freigesetzte Verbrennungswärme
die erste Stufe der Dehydrierung. Großtechnisch ist dies bereits realisiert als
sogenannter SMART-Prozess der ABB Lummus und UOP [26]. Ein vereinfachtes
Fließbild zeigt Abbildung 2.4.
2 Stand des Wissens 13
Abb. 2.4: Vereinfachtes Fließbild des SMART-Prozesses [31]
Der SMART-Prozess kann eingesetzt werden zur Kapazitätserhöhung existierender
Anlagen. Durch Serienschaltung von zwei neuen Reaktoren hinter einem bereits
existierenden Dehydrierreaktor können so z. B. Kapazitätssteigerungen von 272.000 auf
400.000 t/a erreicht werden [27].
2.2.2 Die oxidative Dehydrierung von Ethylbenzol
In der oxidativen Dehydrierung von Ethylbenzol sind durch die Verbrennung des
freigesetzten Wasserstoffes gemäß folgender Reaktionsgleichung
C6H5C2H5 + 0,5 O2 C6H5C2H3 + H2O ∆H500°C = -122 kJ/mol (2.10)
nachstehende Ziele zu erreichen:
- Erreichen eines fast vollständigen Umsatzes zur Herabsetzung der Trennkosten
- Verzicht bzw. starke Herabsetzung der benötigten Menge an überhitztem
Wasserdampf aufgrund der Exothermie der Reaktion
Belomestnykh et al. [32] zeigen ein Reaktionsmodell mit den repräsentativen
Nebenprodukten wie Acetophenol und Benzaldehyd, welche durch Cracking und
2 Stand des Wissens 14
Sauerstoffinsertion des Ethylbenzols und des Styrols entstehen. Um die
Sauerstoffinsertionsreaktionen zu unterdrücken und um Probleme zu beseitigen, welche
in Anwesenheit von molekularem Wasserstoff auftreten (Run-away, Entflammbarkeit),
wurden drei Lösungswege angedacht:
- Verwendung von molekularem Sauerstoff und Katalysatoren mit nur mittlerer
Acidität und nur schwach ausgeprägten Redoxeigenschaften [33]
- Oxidation mit Redoxkatalysatoren, bei Abwesenheit von molekularem Sauerstoff
[34]
- elektrochemische Oxidation [35]
Als schwach acide Katalysatoren werden Ce-, Ge-Phosphate und Carbon Molsiebe
verwendet. Die Katalysatoren sind aktiv im Temperaturbereich von 350 - 600 °C und
arbeiten mit einem Sauerstoff/Ethylbenzolgemisch von 0,8 - 2,0 [36 - 38]. Die bisher
besten Ergebnisse wurden mit einem Carbon Molsieb des Typs AX 21 (Anderson
Dev. Co.) bei 350 °C mit 80 % Umsatz und 90 % Selektivität erreicht [39]. Hierbei ist
der eigentliche Katalysator der aktive Kohlenstoff („active coke“), welcher sich in den
ersten Stunden auf dem Katalysator bildet. Deshalb sind die untersuchten Oxide genau
genommen keine Katalysatoren, sondern vielmehr Träger der Aktivkomponente [33].
Die Zusammensetzung dieser Aktivkomponente variiert in den ersten Stunden, erreicht
aber bei verschiedenen Trägern ähnliche Zusammensetzungen. Auf Zr-Phosphaten hat
die Aktivkomponente eine Zusammensetzung von C19H7O3 [40]. Andere Autoren
fanden auf Bor dotiertem Aluminium eine Zusammensetzung von C22,5H6,6O3 [41].
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse ist das Hauptproblem die schnelle
Deaktivierung der Katalysatoren. So war der beste Katalysator AX 21 nur eine Woche
stabil.
Neueste Forschungen von Mestl et al. [42] gehen in die Richtung graphitartige
Materialien - Nanofilamente - mit großen Oberflächen (> 47 m²/g) zu untersuchen und
damit auf einen Träger zu verzichten. So zeigen katalytische Messungen über 7 h
steigende Aktivitäten bei Umsätzen von ca. 50 % und Styrolselektivitäten von 85 %.
Die Aktivität von Kohlenstoff in der Oxydehydrierung ist auf Redoxpaare
2 Stand des Wissens 15
zurückzuführen, die sich an den Kanten der graphitartigen Struktur nach der
Wechselwirkung mit Sauerstoff ausbilden. Der Mechanismus wird in Abbildung 2.5
veranschaulicht.
Abb. 2.5: Mechanismus der oxidativen Ethylbenzoldehydrierung auf „aktive coke“
[36]
In Abwesenheit von molekularem Sauerstoff zeigen Aktivkohle und Carbon Molsiebe
keine Aktivität [32, 36]. Die unterschiedlichen Selektivitäten der verschiedenen
untersuchten Katalysatoren und insbesondere die herausragende Rolle des AX 21 sind
zum Teil auf die große Oberfläche zurückzuführen. So besitzt der aktivste und
selektivste Katalysator AX 21 mit 3000 m²/g die mit Abstand größte Oberfläche [39].
Trotzdem können die Aktivitätsunterschiede nicht nur auf verschieden große
Oberflächen beruhen, da sich Verstopfungen der Mikroporen durch Styrol-
polymerisation oder Verkokung nicht signifikant auf die Aktivität auswirken [43].
2.2.3 Membranreaktor-Konzepte
Der klassische Weg zur Steigerung des Gleichgewichtsumsatzes der Hauptreaktion
besteht in der kontinuierlichen Entfernung des Wasserstoffs aus dem Reaktionsgemisch
über eine Membran. Dabei wird der Wasserstoff über wasserstoffdurchlässige
Membranen abgezogen und auf der Membranaußenseite oder noch in der Membran mit
Sauerstoff verbrannt. Die Arbeiten hierzu befinden sich noch im Laborstadium. Der
Einsatz von handelsüblichen Porenmembranen bringt keine wesentliche Verbesserung.
2 Stand des Wissens 16
Die schlechte Permselektivität der Membranen, hohe Trägergasströme auf der
Permeatseite, um die Wasserstoffkonzentration niedrig zu halten, sowie die vermehrte
Koksbildung in dem an Wasserstoff verarmten Gemisch, sind die wichtigsten Ursachen
für die bisher unbefriedigende Leistung von Membranreaktoren [44]. Darüber hinaus
bereitet die praktische Ausführung großtechnischer Membranreaktoren Probleme.
Die untersuchten Membranreaktoren sind mit porösen keramischen Membranen oder
mit dichten Edelmetallmembranen bestückt. Allerdings wird der größte Teil der
experimentellen Forschungsarbeiten auf Keramikmembranen verwendet, da trotz der
selektiven Wasserstoffabtrennung durch Edelmetallmembranen aus Pd oder Pd-Ag-
Legierungen ihre Vermarktung nur geringe Fortschritte macht. Gründe hierfür sind ihre
geringe Permeabilität, hohe Material- und Fertigungskosten sowie mangelnde
Beständigkeit gegenüber Katalysatorgiften. Ein weiterer entscheidender Nachteil ist die
Zersetzung der Membran in Anwesenheit von Wasserstoff oberhalb 500 °C, also unter
Reaktionsbedingungen der katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol [44, 45].
Vorteile gegenüber der konventionellen Fahrweise versprechen von Bitter [46]
entwickelte sogenannte Hybridkonzepte durch Reihenschaltung eines Festbett- und
eines Keramik-Membranreaktors im Bereich hoher Umsätze. An einem
Fe/K/V/Li/Cr/O-Katalysator wurde bei einer LHSV (Liquid Hourly Space Velocity)
von 0,65 h-1 und einer Temperatur von 625 °C ein Umsatz von 65 % und eine
Selektivität von 65 % erreicht, während ohne Membran nur ein Umsatz von 50,7 %
erzielt wurde. Die Größe LHSV ist definiert als Volumenverhältnis von eingesetztem
Ethylbenzol und dem Katalysatorvolumen. Diese Hybrid-Lösung wurde vorgeschlagen,
um eine Permeation von Ethylbenzol bei geringen Wasserstoffkonzentrationen zu
verhindern.
2.2.4 Koppelproduktion mit Propylenoxid (Oxirane-Verfahren)
Neben der katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol an Eisenkatalysatoren stellt die
Herstellung von Styrol als Koppelprodukt von Propylenoxid mit Ethylbenzol als
Ausgangsstoff das einzige technisch in großem Umfang ausgeübte Verfahren dar.
2 Stand des Wissens 17
Ethylbenzol wird dabei mit Luft bei 120 °C zu Ethylbenzolhydroperoxid und geringen
Mengen Methylbenzylalkohol oxidiert. Das Hydroperoxid reagiert mit Propylen zu
Propylenoxid und Methylbenzylalkohol. Styrol entsteht durch die nachfolgende
Dehydratisierung des Alkohols bei 180 - 280 °C an TiO2 [1]. Das Massenverhältnis von
Styrol zu Propylenoxid im Produktstrom beträgt ca. 2,5:1. Die Styrolausbeute ist bei
diesem Verfahren also schlechter als bei Dehydrierung von Ethylbenzol. Dieser Prozess
lohnt nur dann, wenn eine wirtschaftliche Verwertung des als Koppelprodukt
anfallenden Propylenoxids gegeben ist. Das Verfahren besitzt aber in dieser Hinsicht
den Vorteil einer chlorfreien Propylenoxidproduktion [10].
2.2.5 Zusammenfassung
Die folgende Tabelle fasst die in diesem Abschnitt angesprochenen Syntheserouten
zusammen. Die katalytische Dehydrierung und die Koppelproduktion mit Propylenoxid
stellen die beiden einzigen industriell und kommerziell genutzten Prozesse dar. Die
SMART Technologie ist zwar kommerziell verfügbar, hat allerdings bis heute keine
industrielle Anwendung gefunden. Alle anderen Methoden sind noch im
Entwicklungsstadium.
2 Stand des Wissens 18
Tab
. 2.2
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2 Stand des Wissens 19
2.3 Katalysatoren für die Styrolsynthese
Katalysatoren für die Ethylbenzoldehydrierung, die sowohl beim adiabatischen wie
beim isothermen Verfahren eingesetzt werden, sind Multikomponentensysteme. Sie
bestehen im wesentlichen aus Eisenoxiden, Alkaliverbindungen, Chromoxid sowie
weiteren selektivitätssteigernden Schwermetallpromotoren. Die Hauptkomponenten
Eisenoxid und Alkali liegen in Gewichtsanteilen von 80 bzw. 10 % vor.
Im Vergleich zum Alkali sind die Effekte der anderen Promotoren auf die Aktivität
gering. Die Promotoren Aluminium und Chrom wirken als Strukturstabilisatoren. Sie
verhindern ein Zusammensintern des Katalysators. Aluminium wird im allgemeinen in
Form von Pural (AlOOH) und Chrom in Form von Chrom(VI)oxid (CrO3) verwendet.
Vanadium setzt die Bildung von Benzol an Styrolkatalysatoren herab. Gleichzeitig
verringert aber das als Oxid eingesetzte Vanadium sehr stark die Aktivität. Deshalb
wird vanadiumhaltigen Katalysatoren Wolfram zugegeben, um die Aktivität ohne
Selektivitätsverlust wieder zu steigern. Zur Verbesserung der mechanischen
Eigenschaften wird dem Katalysator Lithium zugesetzt. Zusätzlich unterstützt Lithium
die Wassergasreaktion [47]. Nach Hirano steigert Ceroxid die Aktivität und Molybdän
die Selektivität [48].
Von Mross [49] wird der Styrolkatalysator zur Klasse der SLP-Katalysatoren
(Supported Liquid Phase) gezählt. Nach Villadsen und Livbjerg [50] bestehen SLP-
Katalysatoren aus einem porösen, festen Träger, der katalytisch inert oder aktiv sein
kann. Auf dem Träger befinden sich dispergiert die eigentlich katalytisch wirksamen
Aktivkomponenten (Promotoren), welche als Schmelze oder im flüssigen Zustand
vorliegen. Einige wichtige Anwendungsbeispiele von SLP-Katalysatoren sind in
Tabelle 2.3 aufgelistet. Beim Styrolkatalysator sollte also das kaliumpromotierte
Eisenoxid unter Reaktionsbedingungen als zweiphasiges System vorliegen. Auf einem
porösen Magnetit-Träger würde sich bei 600 °C eine flüssige KOH/K2CO3-Schmelze
befinden. Die Ethylbenzolmoleküle diffundieren dementsprechend durch eine wenige
10 nm dicke Schmelzschicht, um auf der Magnetitoberfläche dehydriert zu werden. Das
Modell basiert auf pulverdiffraktometrischen Untersuchungen an gebrauchten
2 Stand des Wissens 20
Katalysatoren. Hierbei wurde als einzige kristalline Phase Magnetit nachgewiesen. Da
Kaliumionen in ihrer Größe O2--Anionen entsprechen, können sie nicht in der
Magnetitstruktur gelöst werden. In Gegenwart von Wasserdampf bei 600 °C sollte also
flüssiges KOH vorliegen. Darüber hinaus sind beim Styrolkatalysator lange
Formierungszeiten und Aktivitätssprünge zu beobachten, die typisch für die Klasse der
SLP-Katalysatoren sind.
Tab. 2.3: Technische Anwendungsbeispiele für SLP-Katalysatoren
Reaktion Katalysator Ref.
Oxychlorierung DEACON-Kat. 51, 52
Oxidative Chlorierung von
Kohlenwasserstoffen
DEACON-Kat.
53, 54
Oligomerisierung von Alkenen Phosphorsäure-Kat. 55 - 57
Oxidation von SO2 V2O5-K2S2O7 auf Träger 58 - 62
Oxidation von o-Xylol zu
Phthalsäureanhydrid
V2O5 + Träger + Alkali
63
Oxidation von Ethylen zu
Acetaldehyd
Wässr. PdCl2/CuCl2-Lsg. + Träger
64
Neuere Charakterisierungen des Styrolkatalysators von Muhler [65] ergaben jedoch,
dass der aktive Zustand unter Reaktionsbedingungen nicht mit dem SLP-Modell
beschrieben werden kann. Dieses beschreibt vielmehr die irreversible Deaktivierung des
Katalysators durch Kaliumverlust, worauf später eingegangen wird.
Nach Mikrosonden-Aufnahmen über den Querschnitt eines Katalysatorkorns von
Lee [66] und von Mross [49] wandert der Kaliumpromotor mit fortschreitender
Geschwindigkeit in zwei Richtungen - in die Katalysatormitte und zum Reaktorende.
Lee untersuchte durch vorsichtiges Mahlen erhaltener Ausbauproben die Kornmitte und
den Kornrand gealterter Katalysatoren. Beide Proben zeigten in seinem verwendeten
Differentialreaktor eine nur geringe Aktivität, bedingt durch einen zu hohen
Kaliumgehalt von 20 - 30 % in der Kornmitte bzw. durch eine absolute Kalium-
verarmung im Pelletrand. Dies bedeutet, dass der aktive Bereich des Katalysators in
2 Stand des Wissens 21
einem schmalen Band zwischen Kornrand und Kornmitte liegt. Die Anreicherung bzw.
Umverteilung des Kaliums im Katalysatorkorn zur Mitte bzw. zum Reaktorende hin,
liegt nach Mross an dem reaktionstechnisch bedingten Anstieg des CO2-Partialdrucks in
die entsprechenden Richtungen. Styrol wird unter Reaktionsbedingungen schneller zu
CO2 umgesetzt, wodurch der CO2-Partialdruck zur Kornmitte und zum Reaktorende hin
ansteigt. Die Umsetzung des zunächst als KOH vorliegenden Alkali-Promotors mit CO2
führt zur Abscheidung und Anreicherung von festem K2CO3.
Obwohl die eigentliche Komponente des Styrolkatalysators das Eisenoxid darstellt, ist
dessen Aktivität in der Dehydrierreaktion von Ethylbenzol sehr gering. Erst die Zugabe
von Alkali in Form von Kaliumcarbonat oder Kaliumhydroxid erhöht die Aktivität um
mehrere Größenordnungen. Die Aktivität von Eisenoxiden mit verschiedenen
Alkalipromotoren nimmt nach Lee [66] in folgender Reihenfolge zu:
Li < Na << K < Rb < Cs
Der Einfluss der Erdalkalioxide ist geringer und folgt nachstehender Aktivitäts-
reihenfolge:
Mg < Ca < Sr < Ba << K
Die Selektivität erreicht mit jeweils 96 % bei Kalium und Rubidium ein Maximum.
Aufgrund der Tatsache, dass Cäsium und Rubidium zu teuer sind, wird für industrielle
Dehydrierkatalysatoren Kalium verwendet. Die Aktivität kann jedoch ab einem
Kaliumgehalt entsprechend einer monomolekularen Schicht an Kaliumionen nicht mehr
gesteigert werden (Abbildung 2.6).
Lee konnte aber seine Vermutung, dass die Aktivitätssteigerung auf einem verbesserten
Elektronentransfer zur fest/gas-Oberfläche beruht, durch Messungen der Elektronen-
austrittspotentiale nicht bestätigen. Es wurde keine Abhängigkeit zwischen den
erhaltenen Austrittpotentialen und den Promotoreffekten gefunden. Dies führte Lee auf
die benutzte Meßmethode zurück, die ihm nur integrale Werte der gesamten Oberfläche
2 Stand des Wissens 22
lieferte, aber nicht die Potentiale einzelner aktiver Plätze.
Abb. 2.6: Katalytische Aktivität von Eisenoxid in Abhängigkeit des Kaliumoxid-
Gehaltes (Linie „A“ entspricht einer Monolage K+) nach Lee [66]
Vijh [67] war hingegen in der Lage die Ionizität der einzelnen Promotoren mit ihrer
Wirkung bei der Dehydrierung von Ethylbenzol zu korrelieren. Er folgerte, dass die
Anwesenheit des hoch ionischen K2O auf der Eisenoxid-Oberfläche lokale elektro-
statische Felder erzeugt, die die Fe-O-Bindung schwächt und dass der
geschwindigkeitsbestimmende Schritt die Spaltung einer solchen Fe-O-Bindung sei.
Die relative hohe Aktivität der kaliumpromotierten Katalysatoren verursacht häufig eine
Umsatzkontrolle durch Porendiffusion. Messungen von Lee zeigten an Katalysatoren
der Korngröße 0,6 bis 0,7 mm (25 x 30 mesh) eine Aktivierungsenergie von 23 kcal,
größere Körner mit einem Durchmesser von 4,7 mm (3/16“) eine Aktivierungsenergie
von 15 kcal. Dies entspricht der Aussage von Baerns et al. [68], wonach sich die
effektive beobachtbare Aktivierungsenergie einer stark durch Porendiffusion
beeinflussten katalytischen Reaktion halbiert. Körner kleiner als 0,6 mm zeigten keine
Änderung gegenüber den 0,6 bis 0,7 mm-Körnern und einen Katalysatornutzungsgrad
von nahezu 1, d. h. nur bei relativ kleinen Körnern kann ein Einfluss der Porendiffusion
auf die Reaktion ausgeschlossen werden. Eine wichtige Rolle für die Aktivität und
speziell für die Selektivität eines Styrolkatalysators spielt somit das Porenvolumen.
Nach Untersuchungen von Mocearov et al. [69] hat sich ein hoher Anteil an
Makroporen (ca. 50 %) größer 10.000 Å als optimal erwiesen, da diese eine gute
2 Stand des Wissens 23
Zugänglichkeit zur aktiven Oberfläche garantieren und den möglichst raschen
Abtransport der Reaktionsprodukte gewährleisten. Bedingt durch das hohe
Makrovolumen ist die geometrische Oberfläche gering und gewöhnlich nicht größer als
20 m²/g [70].
Der zweite wichtige Punkt für den Einsatz von Kalium als Promotor ist neben der
Aktivitätssteigerung die Verhinderung der Verkokung des Katalysators durch dessen
katalysierende Wirkung bei der Kohlevergasung. Der Katalysator wird durch den
Kaliumzusatz zu einem selbstregenerierenden Kontakt. Trotzdem befinden sich auf der
Katalysatoroberfläche unter stationären Bedingungen zwischen 3 und 6 Gew.-%
Koksablagerungen [71]. Wie neueste Forschungen zur oxidativen Dehydrierung von
Ethylbenzol an Kohlenstoffablagerungen allerdings zeigen, sind diesen durchaus eine
aktive Rolle in dieser Reaktion zuzuschreiben [42].
Neben der Aktivitätssteigerung und der Vergasung von Kohlenstoffablagerungen, ist
die wohl wichtigste Rolle des Kaliums die, dass es die Komponente KFeO2 bildet,
welche als aktive Phase angesehen wird. Hirano [23] war der erste, der dies anhand von
XRD-Untersuchungen an Ausbauproben nachweisen konnte. Er untersuchte
verschiedene Katalysatorproben mit steigenden Kaliumgehalten von 20 bis 31 %. Aus
in-situ-Deaktivierungs-Versuchen mit Kohlendioxid - welche zu einer starken
Verringerung der Styrol-, Benzol- und Toluol-Bildung führten - folgerte er, dass der
aktive Katalysator ein Kaliumferrit darstellt, welches sich mit dem Kohlendioxid zu
Kaliumcarbonat umsetzt.
K2Fe2O4 + CO2 K2CO3 + Fe2O3 (2.11)
Muhler et al. [21, 65, 72] führten sehr umfangreiche Studien am Styrol-Katalysator-
system unter Verwendung verschiedener hochentwickelter und sich ergänzender
experimenteller Techniken, wie z. B. in-situ-XRD, EXAFS und Mössbauer
Spektroskopie, durch. Insbesondere wurden durch Entwicklung eines Abschreck-
verfahrens und Transfers unter Luftabschluss annähernde in-situ-Bedingungen erreicht.
Hierdurch gelang ihm der direkte Beweis von KFeO2 als aktive Phase und er postulierte
2 Stand des Wissens 24
einen Lebenszyklus eines typischen Styrol-Katalysators, der die verschiedenen
simultanen Festzustandsänderungen mit einbezog. Dieses 3-Phasen-Modell ist in
Abbildung 2.7 dargestellt.
Vorstufe
Bildung deraktiven Phase
räumliche Segregation
C + H O2
CO + H O2
CO + H2
CO + H2 2
K Fe O+ Fe O2 22 34
2 3
H O/EtB2
KFeO2
+K+
K Fe O2 22 34
Fe O3 4
- K+H2
KFeO2
K Fe O2 22 34
- K+ + K+
Verkokung
aktiver Zustand
Regenerierung mit H O2
DesaktivierungKFeO , K Fe O2 2 22 34
KOH, Fe O3 4
Hülle
Kern Fe O + K3 4+
Fe O + Cr , Al3 43+ 3+
inaktiver Zustand
H2
Abb. 2.7: 3-Phasen-Modell [65]
Muhler fand heraus, dass unter Reaktionsbedingungen KFeO2 aus fein verteiltem, nicht
stöchiometrischem Magnetit (mit einem Überschuss an Hämatit) und K2Fe22O34,
welches als Kaliumquelle diente, gebildet wird [65]. Der aktive Katalysator stellt eine
metastabile Mischung aus KFeO2, K2Fe22O34 und Fe3O4 dar. Kaliumferrit ist unter
Reaktionsbedingungen instabil und zerfällt in Gegenwart von Sauerstoff, Kohlendioxid
und Wasser zu γ-Fe2O3, Fe3O4, FeOOH und KOH. Der Wasserstoff als
Reaktionsprodukt zerstört den aktiven Zustand. Er reduziert KFeO2 unter KOH-Verlust
zu Magnetit. Sind diese Phasen einmal gebildet, erfolgt eine Segregation der Phasen.
Diese Deaktivierung wird vom SLP-Modell beschrieben und führt zu einer
Kaliumanreicherung im Pelletkern und in Richtung Reaktorausgang sowie zur
Kaliumverarmung in der Pellethülle. Ein weiteres Problem, welches mit dem
Kaliumverlust einhergeht, ist die steigende Acidität des Eisenoxids, wodurch Crack-
Reaktionen unter Bildung, insbesondere von Benzol und Toluol, gesteigert werden. Als
2 Stand des Wissens 25
Konsequenz ergibt sich eine geringere Selektivität. Eine Wasserdampfbehandlung des
aktiven Katalysators führt zur Wiederherstellung der Aktivität, bedingt durch die
Entfernung von Koksablagerungen durch Steam-Reforming sowie durch die
hydrothermale Synthese von KFeO2 aus K2Fe22O34 und Hämatit. K2Fe22O34 dient somit
als Speichermedium für Fe3+- und K+-Ionen.
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Reduktion Fe3+-haltiger Phasen verhindert
werden muss. Hierbei wird insbesondere Chrom neben seiner Funktion als
Strukturpromotor auch als Stabilisator des Fe3+-Oxidationszustandes angesehen. Solche
Promotoren senken die Deaktivierungsgeschwindigkeit des Katalysators und könnten
nach Holmlid et al. auch die Temperaturschwelle für die thermische Desorption von
Kaliumionen anheben, welche ebenfalls zum Kaliumverlust beiträgt [73].
Neueste Forschungen gehen nun in die Richtung, die Dehydrierung auf atomarer Ebene
zu verstehen. Hierzu wurden epitaxisch gewachsene Fe3O4(111) und α-Fe2O3-
Filme(0001) sowie Magnetitfilme auf Pt(111)-Substraten mittels Low Energy Electron
Diffraction (LEED) und Auger Elektronen Spektroskopie (AES) untersucht. Dabei
zeigte sich, dass auf Magnetitfilmen kein Styrol gebildet wird. Die α-Fe2O3-Filme sind
hingegen katalytisch aktiv, und die Styrolbildung nimmt zu mit steigender Anzahl an
Oberflächendefekten. Diese atomaren Oberflächenfehler sind die aktiven Zentren der
Ethylbenzoldehydrierung auf unpromotiertem α-Fe2O3 [74, 75].
2.4 Einfluss der Katalysatorvorstufe
Mihaljova et al. [76] untersuchten den Einfluss der Precursor-Eigenschaften auf die
Selektivität und Aktivität des Ethylbenzol-Katalysators, da die Wechselwirkung
zwischen kaliumhaltiger Komponente und dem Eisenprecursor der entscheidende
Schritt bei der Bildung des aktiven Katalysators darstellt. Sie präparierten verschiedene
Precursor, welche auf Goethit (α-FeOOH) basierten, aber bei unterschiedlichen
Temperaturen zwischen 150 und 400 °C in Luft vorbehandelt waren. Es zeigte sich,
dass die katalytischen Eigenschaften der Katalysatoren sich sehr stark in Abhängigkeit
2 Stand des Wissens 26
von der Vorbehandlungstemperatur unterschieden. Die Precursor konnten bei einem
Umsatz von 55 % in folgender Reihenfolge angeordnet werden:
C200 > C250 > C300 > C150 > C400
Der Index bezeichnet die Kalziniertemperatur (°C) in Luft. Eine Bestimmung der
Phasenzusammensetzung mit Röntgendiffraktometrie und IR-Spektroskopie ergab für
die verschiedenen Eisenprecursor folgendes Bild (Tabelle 2.4).
Tab. 2.4: Phasenzusammensetzung der Eisenprecursor in Abhängigkeit von der
Kalziniertemperatur (°C)
Precursor P150 P200 P250 P300 P400
Phasen α-FeOOH,
amorphe
α-Fe2O3-
Spuren
γ-Fe2O3,
amorphe
α-Fe2O3-
Spuren
γ-Fe2O3,
amorphe
α-Fe2O3-
Spuren
α-Fe2O3,
γ-Fe2O3-
Spuren
α-Fe2O3
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Vorstufen P200 und P250, aus denen die Katalysatoren
mit der größten Aktivität und Selektivität hergestellt wurden, reaktive Hydroxyl-
Gruppen enthalten, welches mit der Anwesenheit von γ-Fe2O3 einhergeht. Der Autor
zog die Möglichkeit in Betracht, dass die aktiven Hydroxyl-Gruppen und die
Wassermoleküle im γ-Fe2O3 am Transport des Kaliums in das Gitter des Eisenoxids
beteiligt sind. Weitere Gründe für die größere Aktivität des γ-Fe2O3 gegenüber dem
α-Fe2O3 sind der größere Fe-O-Abstand und die unbesetzten oktaedrischen Gitterplätze
im Spinel-Gitter des γ-Fe2O3, welche im ersten Schritt der Bildung der aktiven Phase
gemäß
K2O(s) + H2O(g) 2 KOH (g) (2.12)
Fe-OH + KOH FeOK + H2O (2.13)
unter Beteiligung der Wassermoleküle mit Kaliumionen besetzt werden.
2 Stand des Wissens 27
Rendon et al. [77] untersuchten die thermische Umwandlung von Goethit in Luft mittels
Röntgendiffraktometrie, IR-Spektroskopie und Transmissionselektronenmikroskopie
(TEM). Die Umwandlung von Goethit in Hämatit geht einher mit der Umwandlung der
orthorhombischen in die rhomboedrische Gitterstruktur. Die Bildung von Hämatit
erfolgt hierbei in einem engen Orientierungs-Verhältnis zum ursprünglichen Hämatit.
Die a, b und c-Achsen des Goethit werden durch eine topotaktische Umwandlung zu
den c, a und (110)-Achsen der Hämatit-Gitters. Rendon et al. konnten in Abgängigkeit
von der Temperatur drei Stufen differenzieren. Zwischen 200 und 250 °C erhielten sie
eine Mischung aus Goethit und Hämatit. Bei 250 °C war die Umwandlung zum Hämatit
fast vollständig. In TEM-Aufnahmen beobachteten sie die Ausbildung schlitzförmiger
Mikroporen mit einer Breite von 1,4 nm in den nadelförmigen Mikrokristallen des
Hämatit. Die Ausbildung dieser Poren konnte auch bei der thermischen Zersetzung im
Vakuum bei 300 °C und 4 h Verweildauer beobachtet werden [78]. In einem
Temperaturbereich von 300 bis 600 °C erfolgte ein Sinterungsprozess der
Mikrokristalle unter Umwandlung der Mikroporen in Mesoporen. Dies hatte einen
signifikanten Rückgang der Oberfläche zur Folge. Oberhalb einer Temperatur von
600 °C ging durch den fortschreitenden Sinterungsprozess jegliche Porosität verloren.
Die Ausbildung nadelförmiger Kristalle mit einer signifikanten Vernarbung der
Oberfläche wurde auch von Brown et al. [78] bei der Darstellung von Goethit
beobachtet. Allerdings erfolgte die Trocknung bei nur 100 °C im Gegensatz zu den
Arbeiten von Rendon et al. [77].
2.5 Zusammenfassung
Die industrielle Styrolproduktion blickt auf eine kontinuierliche Entwicklungs-
geschichte von mehr als 70 Jahren zurück. Als Produktionsverfahren hat sich die
Dehydrierung von Ethylbenzol nach dem adiabatischen Verfahren der DOW bzw. dem
isothermen Verfahren der BASF durchgesetzt. Beide Verfahren haben den Nachteil,
dass die Dehydrierung eine Zufuhr von Wasserdampf erfordert und die Katalysatoren
irreversibel deaktivieren. Geringere industrielle Bedeutung hat die Koppelproduktion
2 Stand des Wissens 28
mit Propylenoxid. Andere Verfahrensansätze wie der SMART-Prozess der ABB
Lummus bzw. der hierzu ähnliche Ansatz der UOP konnten sich bisher nicht
durchsetzen. Forschungsansätze konzentrieren sich auf die Direktoxidation oder auf
Membrankonzepte. Der in der industriellen Dehydrierung von Ethylbenzol eingesetzte
Katalysator ist ein Multikomponentensystem mit den Hauptkomponenten Eisenoxid und
Alkali, die durch Promotoren aktiviert und stabilisiert werden. Die Beschreibung der
katalytisch aktiven Festkörperphase ist noch immer Gegenstand zahlreicher
wissenschaftlicher Arbeiten.
Diese Arbeiten konzentrieren sich auf die Untersuchung:
- der Kaliumoxidphase in ihrer aktivitätserhaltenden Wirkung
- der für die Katalyse entscheidenden Eisenoxidspezies
- der makroskopischen Struktur des Gesamtkatalysatorsystems in Abhängigkeit der
Precursoreigenschaften im Katalysatorherstellungsverfahren
Es wird deutlich, dass das Katalysatorherstellungsverfahren von entscheidender
Bedeutung für die resultierende katalytisch aktive Festkörperphase ist und eine
differenzierte Interpretation der Versuchsergebnisse der Vergangenheit erfordert.
3 Experimenteller Teil 29
3 Experimenteller Teil
Zunächst wird die zur Austestung der Katalysatoren eingesetzte Versuchsapparatur
vorgestellt sowie auf die entwickelte Online-Analytik eingegangen. Anschließend wird
die Herstellung der Katalysatoren und deren physikalisch-chemische Charakterisierung
beschrieben.
3.1 Katalysatortestapparatur
Zur Beurteilung des katalytischen Verhaltens der Kontakte anhand der Zielgrößen
Umsatz und Selektivität wurde die in Abbildung 3.1 schematisch dargestellte
Katalysatortestapparatur aufgebaut. Die Anlage besteht im wesentlichen aus der über
Massendurchflussregler gesteuerten Gasversorgung, dem Sättiger-System für
Ethylbenzol und Wasser, dem mikrokatalytischen Festbettreaktor sowie der
gaschromatographischen Analytik. Die einzelnen Einheiten werden nachfolgend
eingehender beschrieben.
3.1.1 Gasversorgung
Stickstoff (Reinheit 99,99 %) als interner GC-Standard wurde handelsüblichen
Druckflaschen entnommen und über eine Gasreinigungspatrone vom Typ Oxisorb
(Messer Griesheim) auf einen O2-Restgehalt < 1 ppm gereinigt. Die Dosierung erfolgte
über Massendurchflussregler im Bereich 3 - 100 Nml/min. Für optionale TPO/TPR-
Experimente wurden bei der Planung eine Sauerstoff- und Wasserstofflinie mit
eingeplant. Die Ansteuerung der Massendurchflussregler erfolgte über einen PC mit
einem mittels Labview erstellten Steuerungsprogramm. Die Gase konnten durch
Kombination von Rückschlagventilen und Dreiwegeventilen miteinander gemischt
werden. Ein Manometer vor der beheizten Ventilbox und dem Gasmischer diente zur
Überwachung des Druckabfalls innerhalb der Anlage. Die gesamte Testapparatur wurde
mit 1/8“-Edelstahlleitung verrohrt.
3 Experimenteller Teil 30
TC
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GC
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3 Experimenteller Teil 31
3.1.2 Sättiger-System
Abb. 3.2: Sättiger zur Ethylbenzol- und Wasserdosierung
Da die Einspeisung von Wasser und Ethylbenzol mittels zweier HPLC-Pumpen in
Kombination mit einem Verdampfersystem aufgrund auftretender Verkokungsprobleme
im Verdampfer und Druckpulsationen in Verbindung mit der verwendeten Online-
Analytik nicht funktionierte, wurden die HPLC-Pumpen für Ethylbenzol und Wasser
durch zwei Sättigersysteme ersetzt. Das Verdampfersystem, bestehend aus einem
Metallrohr (30 mm Durchmesser) und drei Hochleistungsheizbändern, wurde zum
Gasmischer umfunktioniert. Abbildung 3.2 zeigt den Aufbau der Sättiger, welche durch
Umlaufthermostaten mit Thermoöl beheizt wurden. Als Trägergasstrom wurde in der
unteren Hälfte Stickstoff eindosiert. Als Gasverteiler diente eine eingeschmolzene
Glasfritte der Porosität II. Der gewünschte Partialdruck wurde in der oberen Hälfte,
welche separat temperiert werden konnte, eingestellt. Eine Temperaturkontrolle erfolgte
über ein Thermoelement im Kühlerteil des Sättigers. Das eingesetzte Ethylbenzol besaß
eine Reinheit von mindestens 99,8 Gew.-%. Das verwendete Wasser war bidestilliert.
Um das Auskondensieren von Wasser und Reaktionsprodukten zu vermeiden, wurden
die Rohrleitungen mit Hilfe von Niederspannungsheizbändern auf 150 - 200 °C beheizt.
Die Temperaturen wurden mittels Thermoelementen erfasst und mit PID-Reglern
geregelt.
3 Experimenteller Teil 32
3.1.3 Reaktor
Als Reaktor wurde ein aus Quarz gefertigtes U-Rohr (Abbildung 3.3) verwendet. Im
vorderen Schenkel wurde in einer Blase mit 12 mm Durchmesser, eingebettet zwischen
zwei Quarzglasschichten, die Katalysatorschüttung plaziert. Die Verwendung einer
Quarzkapillare im hinteren Schenkel ermöglichte einen schnellen Abtransport der Gase
aus der heißen Zone, um eine Reaktion in der postkatalytischen Gasphase zu vermeiden.
D 12 mmA
D 6 mmA
310 mm
GL 18
Kugelschliff 50 mm
60 m
m
Abb. 3.3: Skizze des mikrokatalytischen Festbettreaktors
Das Aufheizen des U-Rohr-Reaktors erfolgte in einer beheizbaren Sandwirbelschicht.
Die Sandwirbelschicht wurde über einen PC angesteuerten Eurotherm-Regler beheizt.
Diese Art der Beheizung ermöglichte aufgrund der sehr guten Wärmeverteilung und
eines hohen Wärmeübergangs zwischen Reaktor und Heizmedium isotherme
Verhältnisse in der Katalysatorschüttung. Der U-Rohrreaktor wurde über eine GL-
Verschraubung gefüllt. Gleichzeitig wurde über diese GL-Verschraubung eine
Quarzkapillare in der Katalysatorschüttung plaziert, so dass die Temperatur in der
Katalysatorschüttung mittels eines in der Quarzhülse geführten Thermoelements
gemessen werden konnte. Durch axiales Verschieben dieses Thermoelements konnte
das Temperaturprofil in der Schüttung erfasst werden. Ein Vierwege-Bypass-Ventil für
3 Experimenteller Teil 33
Sättiger-System und Reaktor sowie ein Sechswegeventil für optionale
Schaltexperimente befanden sich in einer beheizten Ventilbox. Bei den Ventilen
handelte es sich um totvolumenarme Valcoventile, welche auf über 200 °C beheizt
werden konnten.
3.1.4 Analytik
Im Rahmen dieser Dissertation wurde erstmals eine Online-Analytik zur Bestimmung
der Zusammensetzung der organischen Phase entwickelt. In allen bisher
veröffentlichten Arbeiten wurde die organische Phase in einer Kühlfalle aufgefangen,
was eine umständliche Phasentrennung der wässrigen und organischen Phase sowie eine
Trocknung der organischen Phase erforderte, bevor eine GC-Analyse durchführbar war.
Eine Aufgabenstellung im Rahmen dieser Arbeit war daher, dieses umständliche
Verfahren durch eine Online-Analytik zu umgehen und damit eine schnellere
Probennahme zu ermöglichen. Die Temperaturprogramme und Ventilschaltungen der
Trennsäulen wurden dahingehend optimiert, dass eine Trennung der schweren
Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Styrol und der leichten
Gaskomponenten Stickstoff, Kohlenmonoxid, Methan und Kohlendioxid innerhalb von
26 min möglich war. Abbildung 3.4 zeigt die optimierte GC-Schaltung.
Abb. 3.4: Säulenschaltung des Gaschromatographen
Carrier 1
Pro duktgas
Injector
FFAP
FFAP
Carrier 2
Carbosieve S II TCD
ProbenschleifeFID
3 Experimenteller Teil 34
Als Gaschromatograph stand ein GC-14A der Firma Shimadzu zur Verfügung. Die
Gasprobe wurde mit Hilfe des Trägergasstroms 1 aus der Probenschleife auf eine
Vortrennsäule gespült. Hierbei handelte es sich um eine FFAP-Säule (Free Fatty Acid
Phase), welche die Permanentgase von den kondensierbaren organischen Komponenten
trennte. Die Permanentgase wurden auf einer nachgeschalteten Carbosieve S II-Säule
getrennt und mittels Wärmeleitfähigkeitsdetektor detektiert. Nach 1,5 min erfolgte dann
die Umschaltung des Vierwegeventils auf die zweite FFAP-Säule und nach 5 min die
Aufheizung des GC´s mit 10 K/min auf 200 °C. Die organischen Komponenten konnten
so innerhalb von 15 min mittels Flammenionisationsdetektor erfasst werden.
Die Kalibrierung des Gaschromatographen erfolgte durch Gasmischungen mit
bekannter Zusammensetzung sowie durch Aufgabe definierter Mengen an Benzol,
Toluol und Styrol in Ethylbenzol als Lösungsmittel. Ethylbenzol wurde mittels des
vorhandenen Sättigersystems mit Stickstoff als internem Standard kalibriert.
Abb. 3.5: Beispiel eines Chromatogramms der organischen Phase
Benzol Toluol
Ethylbenzol
Styrol
3 Experimenteller Teil 35
Abb. 3.6: Beispiel eines Chromatogramms der Permanentgase
In der folgenden Tabelle sind die Betriebsparameter des Gaschromtographen
zusammengefasst.
Tab 3.1: Betriebsparameter des GC Shimadzu GC-14A
Trennsäule 2 FFAP (1m, 1/8“) und Carbosieve SII (1m, 1/8“)
Trägergas Helium (30 ml/min)
Detektoren WLD und FID
Analysenzeit 26 min
Säulentemperatur 50 °C
Heizrampe 10 K/min
Endtemperatur 200 °C
3.2 Katalysatoren
Im Rahmen dieser Arbeit wurden sowohl der kommerzielle Industriekatalysator S6-20
der BASF als auch selbst synthetisierte Katalysatoren eingesetzt. Der verwendete
Wasserstoff
Stickstoff
Kohlenmonoxid
3 Experimenteller Teil 36
Referenzkatalysator und die Synthese der selbst hergestellten Katalysatoren werden im
folgenden beschrieben.
3.2.1 BASF-Katalysator S6-20
Der als Referenzkatalysator verwendete BASF-Styrolkatalysator mit der Bezeichnung
S6-20 hatte eine Zylinderform mit einem Durchmesser von ca. 3 mm bei einer Länge
von ca. 6 mm. Diese Pellets wurden gemörsert und eine Kornfraktion von 250 - 355 µm
ausgesiebt. Die Katalysatorschüttdichte wurde mit 1 g/cm³ gemessen. Tabelle 3.2 gibt
die Zusammensetzung des Katalysators wieder.
Tab. 3.2: Zusammensetzung des BASF-Katalysators S6-20 [79]
Komponente Gewichtsanteil / %
Fe2O3 81.49
ZnO 9.58
K2CO3 7.25
Cr2O3 0.44
CaO 0.49
Al2O3 0.57
NiO Spuren
TiO2 Spuren
Feuchtigkeit 0.18
3.2.2 Herstellung der Katalysatoren
Da Arbeiten von Mihaljova et al. [76] und Rendon et al. [77] eine strukturelle
Verwandtschaft des Goethit mit dem daraus hergestellten Hämatit nachgewiesen hatten,
wurde Goethit auf zwei verschiedenen Syntheserouten nach Schwertmann [80]
hergestellt. Die Vorgehensweise ist graphisch aus den Abbildungen 3.7 und 3.8
ersichtlich und wird im Folgenden näher erläutert und kommentiert.
3 Experimenteller Teil 37
3.2.2.1 Herstellung des Katalysators aus einem Fe(II)-System
Bei der Synthese aus einem Fe(II)-System wurde Goethit durch oxidative Hydrolyse
einer Fe(II)-Lösung erhalten. Hierzu wurde eine 0,05 M-Lösung von OH7FeSO 24 ⋅
hergestellt. Wichtig hierbei war eine sorgfältige Entgasung des verwendeten
bidestillierten Wassers, um gelösten Sauerstoff zu entfernen und eine vorzeitige
Oxidation des Fe(II) zu verhindern. Nach Zugabe von 110 ml einer 1 M NaHCO3-
Lösung wurde der zum Austreiben des Sauerstoffs verwendete Stickstoff durch
synthetische Luft ersetzt. Der Volumenstrom betrug hierbei zwischen 30 und
40 ml/min. Unter kontinuierlichem Rühren war die Oxidation nach 48 Stunden
abgeschlossen, wobei sich die Farbe der Suspension von grünblau nach ocker
veränderte. Aufgrund des Natriumhydrogenkarbonat-Puffers betrug der pH-Wert der
Lösung ca. 7. Dieser wurde während der Oxidationsphase mehrfach überprüft, da die
Anwesenheit von Karbonat die Bildung von Lepidocrocit γ-FeOOH zurückdrängt. Eine
Bildung von Lepidocrocit resultiert in einer Orange-Färbung der Suspension.
Anschließend wurde der gebildete Goethit abgenutscht und intensiv mit 4 l
bidestilliertem Wasser gewaschen. Der Niederschlag wurde 48 h bei 70 °C im
Trockenschrank getrocknet.
3.2.2.2 Herstellung des Katalysators aus einem Fe(III)-System
Goethit aus einem Fe(III)-System wurde durch einfaches Altern einer frisch
hergestellten Ferrihydrit-Lösung, welche durch Neutralisation einer Fe(III)-Salzlösung
mit Natronlauge erhalten wurde, hergestellt. Hierbei wurde unter Rühren zu 100 ml
einer 1 M Fe(NO3)3 OH9 2⋅ -Lösung in bidestilliertem Wasser rasch 180 ml einer
5 M Natronlauge gegeben. Die Lösung in einer 2 l Polyethylenflasche wurde
anschließend mit bidestilliertem Wasser bis zum Rand aufgefüllt und bei 70 °C für 60 h
verschlossen in den Trockenschrank gestellt. Der zu Beginn rotbraune Niederschlag
färbte sich mit der Zeit gelbbraun. Die Präparation muss in Polyethylenbehältern
ausgeführt werden, da das sich aus dem Glas lösende Silicium die Umwandlung des
Ferrihydrits in das Goethit behindert [81]. Die restlichen Verfahrensschritte der
Waschung und Trocknung waren für beide hergestellten Goethite gleich.
3 Experimenteller Teil 38
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3 Experimenteller Teil 39
3.2.2.3 Herstellung der kaliumpromotierten Katalysatoren
Die kaliumpromotierten Katalysatoren wurden nach der Methode der Trocken-
imprägnierung („incipient-wetness“) [82] mit einer K2CO3-Lösung hergestellt. Hierbei
wird der Träger mit einer Lösung des Dotiermittels benetzt. Bei der anschließenden
Trocknung ist die dotierte Komponente homogen auf dem Träger verteilt. Da nach
Aussagen von Lee [66] die katalytische Aktivität in Abhängigkeit des Kaliumoxid-
gehalts in drei Bereiche unterschieden werden konnte, wurden die produzierten Goethite
in drei Chargen aufgeteilt. Die drei Chargen wurden entsprechend den Angaben von Lee
(Abbildung 2.6) mit drei verschiedenen K2O-Gehalten imprägniert:
- mit 0,3 Gew.-% K2O entsprechend einer Monolage K+ auf der Katalysator-
oberfläche
- mit 1 Gew.-% K2O entsprechend dem Erreichen einer konstanten Aktivität
- mit 10 Gew.-% K2O
Die benetzten Katalysatoren wurden anschließend bei ca. -50 °C für 48 h gefrier-
getrocknet. Da Mihaljova et al. [76] einen Zusammenhang zwischen Vorbehandlungs-
temperatur und Aktivität beschrieben, erfolgte die anschließende Umwandlung des
imprägnierten Goethit bei drei unterschiedlichen Temperaturen von 100, 200 und
550 °C in einer Vakuumlinie. Die Temperaturrampe betrug 2 K/min. Die Verweildauer
bei der Maximaltemperatur war 2 h. Abschließend wurden die Proben bei 900 °C für
2 h in Sauerstoff kalziniert. Analog den Versuchen mit dem S6-20-Katalysator, wurde
für diese Versuche eine Kornfraktion von 250 - 355 µm verwendet.
3 Experimenteller Teil 40
α-FeOOH aus Fe(II)-oder Fe(III)-System
Umwandlung des Goethits bei 100 °C, 200°C und 550 °C für 3 h im Vakuum
Kalzinierung bei 900 °C für 2 h in Sauerstoff (30 ml/min)
CO3
Trockenimprägnierung mit K CO -zum Erhalt von 0,3, 1 und 10 Gew.-% K O
2 3
2
Gefriertrocknung für 48 h bei -50 °C
Abb. 3.8: Herstellung der kaliumpromotierten Katalysatoren
3.3 Versuchsdurchführung
Die in einer heterogen katalysierten Reaktion in Abhängigkeit von den
Reaktionsbedingungen (Eduktzusammensetzung, Druck, Temperatur, Verweilzeit)
erzielten Umsätze sowie die Produktselektivitäten beschreiben das katalytische
Verhalten des eingesetzten Katalysators. Zur Bestimmung dieser Größen wurde eine
konventionelle Katalysatortestapparatur mit integralem mikrokatalytischem
Festbettreaktor verwendet. Um die Aktivität der Katalysatoren miteinander vergleichen
zu können, wurde die Ethylbenzoldehydrierung bei definierten Bedingungen
durchgeführt.
Bei industriellen Festbettreaktoren verwendet man als Maß für die Reaktorbelastung im
allgemeinen die Größe LHSV (Liquid Hourly Space Velocity). Diese Größe ist definiert
als Verhältnis des Volumeneinsatzes der organischen Komponente pro Stunde zum
3 Experimenteller Teil 41
Schüttvolumen des Katalysators:
³]cm[rschüttungKatalysato
]h/³cm[leinsatzEthylbenzoLHSV = (3.1)
Typische in der Produktion erreichte Werte sind:
LHSV 0,5 - 1,5 h-1
Verhältnis D von H2O zur organischen
Phase am Reaktoreingang: 6 - 12
Reaktortemperatur: 550 - 650 °C
Daher wurde als Standardbedingung der katalytischen Messungen ein H2O/Ethylbenzol-
Verhältnis D von 6 und eine LHSV von 0,5 h-1 gewählt. Die eingesetzte Kornfraktion
war 250 bis 355 µm.
Der befüllte Reaktor wurde zu Beginn eines Experimentes in die Sandwirbelschicht
eingetaucht, mit den Rohrleitungen aus der Valcobox verbunden und anschließend auf
die gewünschte Reaktionstemperatur gebracht. Gleichzeitig wurden an den Sättigern mit
Hilfe der Dampfdruckkurven von Ethylbenzol und Wasser die gewählten
Eingangsbedingungen, sprich Temperaturen und N2-Ströme, eingestellt und im Bypass -
zwecks Analyse am Reaktor vorbei - dem Gaschromatographen zugeführt. Nach
Erreichen der Reaktortemperatur und konstanter Eduktanalysen wurden die Ströme
umgeschaltet und der Eduktstrom über den Katalysator geleitet. Die Temperatur wurde
in 25 °C-Schritten in einem Bereich von 550 - 650 °C variiert, wobei diese oszillierend,
ausgehend von einer Starttemperatur von 600 °C, geändert wurde. Abschließend wurde
die Starttemperatur wieder eingestellt, um etwaige Aktivitätsänderungen während des
Versuchsdurchlaufs zu dokumentieren.
3 Experimenteller Teil 42
3.4 Versuchsauswertung
Die GC-Analytik erlaubte die Bestimmung der Volumenkonzentration im Edukt- und
Produktstrom. Die Konzentration ci einer Komponente i wurde mit den durch
Kalibrierung ermittelten Faktoren ai und bi aus der Peakfläche Fi des Chromatogramms
nach folgender Formel berechnet:
Tag
5Tag
iiii pK273
Pa101,013TFbac
⋅⋅⋅
+= (3.2)
Hierbei bedeutet Fi die durch Integration ermittelte Peakfläche und TTag und pTag,
Tagestemperatur und Tagesdruck. Da die Eduktkomponenten in großer Verdünnung in
der Reaktion eingesetzt wurden, musste keine Volumenänderung während der Reaktion
berücksichtigt werden. Die Stickstoffflächen des internen Standards Stickstoff waren
konstant.
Der Umsatz in einem kontinuierlich betriebenen Reaktor ist definiert als
i,0
li,i,0
i
n
nnX ⋅
⋅⋅−= (3.3)
Da die Molenströme nicht direkt bestimmbar waren, wurden sie durch die
Konzentrationen ersetzt. Bei gleichem Druck, gleicher Temperatur und
Volumenkonstanz während der Reaktion sind die Volumenanteile den Molenströmen
proportional.
Die Selektivitäten wurden aus den Konzentrationen der Produkte berechnet.
∑ ⋅
⋅=
iiC
jC
j nβ
nβS
i
j (3.4)
Hierbei bedeutet βCi
die Anzahl der Kohlenstoffatome im Molekül i.
3 Experimenteller Teil 43
Zur Überprüfung der Analysen wurde bei jedem Versuch die Kohlenstoffbilanz
berechnet. Die Bilanzen gaben Aufschluss, ob alle Komponenten bei der Analyse
richtig erfasst und der Anteil an der Gaszusammensetzung richtig berechnet wurde. Die
Bilanzfehler lagen bei weniger als ± 4 %.
∑
∑
⋅
⋅=
ii,0C
ili,C
C nβ
nβ
Bi
i
(3.5)
3.5 Katalysatorcharakterisierung
3.5.1 Röntgendiffraktometrie (XRD)
Die Röntgendiffraktometrie ist das wichtigste Verfahren zur Ermittlung der räumlichen
Anordnung der Atome in Festkörpern mit Hilfe von Röntgenstrahlen, deren
Wellenlänge etwa den Atomabständen im Kristallgitter, Größenordnung 10-10 m,
entspricht. Die am meisten verbreitete Form der Kristallstrukturanalyse beruht auf der
Beugung (Diffraktion) und Interferenz der Röntgenstrahlen an den Elektronen der
Atomgitter. Trifft kohärente monochromatische Röntgenstrahlung (Primärstrahl) in
einem ganz bestimmten Einfallwinkel θ (Glanz- oder Braggwinkel) auf eine
Netzebenenschar, welche aus den in regelmäßigen, äquidistanten, parallelen
Gitterebenen angeordneten Gitterpunkten des Kristalls gebildet wird, so wird ein Teil
der Strahlung so gebeugt, dass der abgelenkte Teilstrahl (Sekundärstrahl) den gleichen
Winkel mit der Netzebenenschar einschließt wie der Primärstrahl. Die Beziehung
zwischen dem Beugungswinkel θ, der Wellenlänge λ des Röntgenstrahls und dem
Netzebenenabstand d wird in der von W. H. Bragg und W. L. Bragg - Vater und Sohn -
gefundenen „Reflektionsbeziehung“
nλ = 2 d sin θ (3.6)
beschrieben. Weil vereinfacht eine Ähnlichkeit mit der Reflexion eines Lichtstrahls an
3 Experimenteller Teil 44
einem Spiegel besteht, werden die Beugungen am Kristallgitter auch als Reflexion
bezeichnet. Die zuvor erwähnten Gitternetzebenen werden mit den Miller´schen Indizes
(hkl) klassifiziert. Aus den gemessenen Beugungswinkeln lassen sich die Netzebenen-
abstände dhkl berechnen, die für jede kristalline Substanz charakteristisch sind und aus
denen sich Größe und Geometrie der Elementarzelle des Kristalls ableiten lassen [83].
Die Messungen erfolgten an einem Siemens D 500 Diffraktometer mit Cu Kα-
Strahlung. Die Beschleunigungsspannung der Röntgenröhre betrug 40 kV, der
Röhrenstrom lag bei 30 mA. Die Schrittgröße betrug 0,05° bei einer Zählzeit von 2 s.
Die Katalysatoren wurden auf einem Quarzträger in einer Aceton-Suspension
aufgeschlämmt. Die erhaltenen Diffraktrogramme wurden mit den Angaben der
JCPDS-Datenbank verglichen [84].
3.5.2 BET
Für katalytische Prozesse wichtig ist die spezifische Oberfläche des Katalysators und
die anteilsmäßige Porenstruktur. Zur Bestimmung wird die Methode von Brunauer,
Emmet, Teller [85] angewendet, bei der die Stickstoffadsorptionsisotherme bei der
Temperatur des siedenden Stickstoffs (77 K) aufgezeichnet wird. Da Stickstoff als
unpolares Molekül nur physisorbiert, erfolgt keine spezifische Wechselwirkung
zwischen dem Molekül und dem Substrat. Über den Bereich P/Po 0,05 bis 0,3, in dem P
der Adsorbatdruck und Po der Sättigungsdampfdruck ist, wird der Verlauf der
Isothermenkurve in der von Brunauer, Emmet, Teller gefundenen Beziehung
beschrieben. Hierbei wird von einem Langmuir-Adsorbtionsmechanismus ausgegangen,
der um eine Multilayerkondensation erweitert ist. Aus der BET-Gleichung lässt sich die
Monoschichtkapazität nm bestimmen unter der Annahme, dass der Platzbedarf eines
Stickstoffmoleküls 0,162 nm2 beträgt.
Die BET-Oberflächen wurden nach der 1-Punkt-Methode nach Haul und Dümbgen [86]
durch Stickstoffadsorption in einem Areameter der Firma Ströhlein bestimmt. Die
Proben wurden vor der Vermessung 2 h bei 200 °C ausgeheizt.
3 Experimenteller Teil 45
3.5.3 Elektronenmikroskopie (TEM / SEM)
Im Transmissionselektronenmikroskop werden mit Hilfe von Elektronen anstelle von
Licht Objekte vergrößert abgebildet. Hierbei gelingt es Auflösungen zu erzielen, die im
atomaren Bereich liegen. Grundsätzlich besteht ein Transmissionselektronenmikroskop
aus einer Hochvakuumapparatur, damit die freie Weglänge der Elektronen genügend
groß ist und der Elektronenstrahl nicht durch Stöße mit Hintergrundgasteilchen
geschwächt und aufgeweitet wird. Der Elektronenstrahl wird durch eine Strahlquelle
erzeugt, bei der die Glühkathode gegenüber der geerdeten Anode auf negativem
Potential liegt. Aus dem Namen „Transmissionselektronenmikroskop“ folgt, dass bei
dieser analytischen Methode das zu betrachtende Objekt durchstrahlbar sein muss.
Entsprechend muss mit sehr dünnen Schnittobjekten gearbeitet werden, welche im Fall
einer 200 kV Beschleunigungsspannung maximal 100 nm dick sein dürfen. Damit eine
Hochauflösung gelingt, wird die definierte kristallographische Orientierung des
Objektes zum Elektronenstrahl ausgerichtet. Durchtritt der Elektronenstrahl das Objekt,
so wird dieser gebeugt. Durch Veränderung der Brennweite des Projektivs
(Projektivlinse) kann man entweder ein reelles, hochaufgelöstes Bild erzeugen oder
Beugungsbilder wie im Diffraktometer. Das Beugungsbild zeigt, welche kristallo-
graphische Achse/Zonenachse parallel zum Elektronenstrahl liegt. Die Achse entspricht
der Blickrichtung der Hochauflösung.
Im Vielstrahlverfahren werden mittels der Objektivblende aus den gebeugten Strahlen
diejenigen ausgewählt, die mit den ungebeugten Primärstrahlen in Wechselwirkung
treten sollen. Die Abbildung des Gitters (lattice imaging) gelingt durch die Interferenz
der gebeugten Strahlen mit den Primärstrahlen. Hierbei wird ein Phasenkontrast
erzeugt, der zu einem dunklen Linienmuster, den “fringes“ führt, deren Abstände den
d-Werten einer Netzebenenschar entsprechen.
Das Auflösungsvermögen wird bestimmt durch den Fehler der Objektivlinse und weil
es im Elektronenmikroskop keine Zerstreuungslinsen gibt, werden sphärische
Abbildungsfehler zum entscheidenden Faktor. Zur Interpretation der Bilder ist die
Korrektur des axialen Astigmus der nicht ideal rotationssymmetrischen Linse
3 Experimenteller Teil 46
notwendig [87, 88].
Die Aufnahmen wurden gemacht mit einem HITACHI H-8100 Elektronenmikroskop
mit einer Beschleunigungsspannung von 200 kV. Die maximale Auflösung betrug bei
TEM 1,44 Å und bei SEM 3 nm.
3.5.4 Thermogravimetrie
Das Analysenverfahren der Thermogravimetrie, auch vereinfacht als Thermonalyse
bezeichnet, untersucht die Änderung der Masse einer Probe in Abhängigkeit von der
Temperatur oder der Zeit bei Verwendung eines kontrollierten Temperaturprogramms.
In dieser Arbeit wurden die Messungen an einem Gerät der Firma Cahn TG 2131
durchgeführt.
3.5.5 Infrarotspektroskopie
Grundlage der Infrarotspektroskopie ist die Wechselwirkung einer Probe mit
elektromagnetischen Wellen des mittleren IR, also mit einem Wellenlängenbereich von
2,5 - 50 µm. In diesem Wellenlängenbereich werden Molekülschwingungen und
Rotationen angeregt. Die Anzahl der erlaubten Schwingungen beträgt 3N-6 bei linearen,
polyatomaren Molekülen, entsprechend drei Freiheitsgraden je Atom, abzüglich der
Translations- und Rotationsfreiheitsgraden. Die allgemeine Auswahlregel für die
IR-Aktivität einer Schwingung ist die Änderung des Dipolmomentes. Infrarot-
spektroskopie lässt sich an festen, flüssigen und gasförmigen Proben durchführen.
Bei Messung einer Probe in Transmission wird das Absorptionsspektrum beim
Durchstrahlen der Probe aufgenommen. Die Transmission der Probe wird bei
bestimmten Wellenlängen als Verhältnis der Intensitäten von einfallendem (I0) und
ausfallendem Strahl (I) ermittelt. Die Extinktion ist der negative dekadische
Logarithmus der Transmission und ist proportional zur Probenkonzentration und
Schichtdicke der Probe. Der Zusammenhang ist im Lambert-Beer´schen Gesetz
3 Experimenteller Teil 47
formuliert [87].
dcε)(I/IlgE 0 ⋅⋅=−= (3.7)
Hierbei ist E die Extinktion, ε der Extinktionskoeffizient, c die Konzentration der
absorbierenden Probe und d die Schichtdicke, also der optische Weg durch die Probe.
Die geeignete Infrarot Messtechnik für Festkörper und stark streuende Proben ist die
diffuse Reflexion (DRIFT). Anders als bei der Transmissionsmessung gelangt ein Teil
der einfallenden Strahlung ins Probeninnere, wird dort mehrfach an Teilchengrenzen
gestreut, wird dabei teilweise absorbiert und verlässt die Probe diffus in allen
Raumrichtungen. Die Messung des diffus reflektierten Lichtes macht eine besondere
optische Anordnung erforderlich. Die eingehende Strahlung wird über mehrere Spiegel
auf die Oberfläche der pulverförmigen Probe gelenkt. Das von der Probe diffus
reflektierte Licht wird in einem Parabolspiegel über einen möglichst großen
Raumwinkel gesammelt und auf den Detektor gelenkt. Die diffuse Reflexion hängt ab
von der Teilchengröße und der Packungsdichte. Gleichzeitig bestehen wechselseitige
Beziehungen zwischen der Eindringtiefe und den Absorptionseigenschaften der Probe.
Die komplexen, theoretischen Zusammenhänge der Einflussfaktoren werden in
verschieden Modellen beschrieben [89].
In der Praxis wird eine maximale Auflösung der Schwingungsbanden dadurch erhalten,
dass die Festkörperprobe mit KBr verdünnt und fein gemörsert wird. Bei dem
Messgerät handelt es sich um ein Perkin Elmer 1710 IR Spektrometer, welches mit
einer Spectra Tech 0030-102 DRIFT Messzelle ausgerüstet ist. Nachdem die Probe im
Stickstoffstrom bei 150 °C über den Zeitraum von einer Stunde ausgeheizt wurde,
erfolgt die Aufnahme des DRIFT Spektrums bei Raumtemperatur mit einer Auflösung
von 4 cm-1 im Wellenzahlenbereich 400 - 4000 cm-1. Eine Verbesserung des Signal–
Rausch–Verhältnisses gelingt durch Mittelung über 100 Spektren.
3 Experimenteller Teil 48
3.5.6 Temperaturprogrammierte Reduktion
Die Methode der Temperaturprogrammierten Reduktion (TPR) wird benutzt, um
qualitative Informationen über die Reduzierbarkeit von Oxiden bzw. auf einem Träger
aufgebrachte Metalloxide zu bekommen. Bei diesem Standardverfahren handelt es sich
im Gegensatz zur Temperaturprogrammierten Adsorption oder Desorption um eine
Volumenmethode, bei der eine Katalysatorprobe in einem Wasserstoff/Inertgasstrom
mit definierter Aufheizrate aufgeheizt und der Wasserstoffverbrauch aufgezeichnet
wird. Hieraus resultiert ein charakteristisches TPR-Profil, aus dem die Reduzierbarkeit
des Metalloxides, der Einfluss von Trägermaterial oder Promotoren auf die
Reduzierbarkeit oder bei bekanntem Reduktionsverlauf auch die Masse der katalytisch
aktiven Spezies ermittelt werden kann. Das Analogon zur TPR ist die
Temperaturprogrammierte Oxidation (TPO). Die Kombination beider Methoden erlaubt
schließlich Aussagen zur Reversibilität des Reduktionsprozesses.
Weiterhin wird die Methode der TPR angewendet, um die Kinetik des Reduktions-
verlaufes und die Aktivierungsenergien abzuschätzen. Die thermodynamischen und
kinetischen Grundlagen sind in der Publikation von Hurst et al. [90] beschrieben. Die
Gas-Festkörperreaktion bei der Reduktion eines Metalloxides und die freie Enthalpie
der Reaktion ist zu beschreiben als:
MO (s) + H2 (g) M (s) + H2O (g) (3.8)
∆G = ∆Go + RT ln { }22 HOH /pp (3.9)
Neben der Temperatur ist also das Verhältnis der Partialdrücke von Wasserstoff zum
Reaktionsprodukt Wasser entscheidend. Konsequenz hieraus ist, dass ausreichend
Wasserstoff angeboten und entstehendes Wasser abtransportiert wird. Die parametrische
Empfindlichkeit der Methode ist relativ hoch. Es haben sich zwei in der Literatur
hinreichend beschriebene Modelle etabliert, die zur Überprüfung des experimentellen
Aufbaus hinsichtlich extrinsischer Einflüsse wie Stofftransportlimitierung oder
Dispersionseffekte herangezogen werden können.
3 Experimenteller Teil 49
Im Modell von Monti und Baiker [91] wird für die Temperaturprogrammierte
Reduktion von Nickeloxid eine Kennzahl definiert, mit deren Hilfe die experimentellen
Parameter überprüft werden können.
( )00 cV/SK ⋅= (3.10)
Hierbei sind S0 die Mole an reduzierbarer Substanz, V der Gesamtvolumenstrom und c0
die anfängliche Wasserstoffkonzentration. In diesem Modell soll für Heizraten von 0,1
bis 0,3 K/s ein K-Wert von 55 bis 140 s erreicht werden. Dieses entspricht einem H2-
Umsatz am Signalmaximum von 10 - 66 %. Innerhalb dieses Fensters ist gewährleistet,
dass der Wasserstoffumsatz ausreichend hoch ist, um detektierbar zu sein, andererseits
ein ausreichender Wasserstoffpartialdruck zur Aufrechterhaltung der Triebkraft der
Reaktion besteht. Die Autoren haben gezeigt, dass eine gute Übereinstimmung
zwischen experimentellen und simulierten TPR Kurven besteht.
Ein anderes Modell zur Überprüfung des Experimentalsets wurde von Bosch, van
Ommen und Gellings [92] entwickelt. In diesem Modell wird die Wasserstoff-Zufuhr so
ausgelegt, dass die größtmögliche Reduktionsgeschwindigkeit erzielt wird bei der nur
ein geringer Wasserstoff-Konzentrationsgradient auftritt. Hieraus folgt, dass die Proben-
menge begrenzt ist, weil kein Totalumsatz an Wasserstoff erreicht werden darf.
Beschrieben wird dieses Modell durch die Gleichung:
( ) ( ){ }O/Mβ/M∆Tnmnn MO1/2MO ⋅⋅⋅<
⋅ (3.11)
Hierbei ist mMOn die Probenmasse, .
n der molare Wasserstofffluss, ∆T1/2 die
Halbwertsbreite des Signals der Wasserstoffaufnahme in K, β die Heizrate in K/s, MMOn
die Molmasse des Metalloxides und O/M das Verhältnis von Sauerstoff zu Metall im
Metalloxid. Neben einer bekannten Probe eignet sich dieses Modell natürlich auch zur
Überprüfung der Messung einer unbekannten Probe, da die Signalbreite der Messung
zur Beurteilung herangezogen wird. Beide vorstehend beschriebenen Methoden laufen
darauf hinaus, dass ein zu hoher Wasserstoffumsatz am Signalmaximum vermieden
3 Experimenteller Teil 50
wird, um den Wasserstoffgradienten entlang des Reaktors so gering wie möglich zu
halten und damit die kritische Obergrenze der eingesetzten Probenmasse nicht zu
überschreiten.
Wird die TPR-Methode herangezogen, um den Reduktionsprozess kinetisch zu
untersuchen, muss eine Modellvorstellung zum Ablauf der Reaktion entwickelt werden.
Die einfachsten Modelle sind das Nucleation-Modell und das Contracting Sphere-
Modell (Abbildung 3.9). Im Nucleation-Modell wird das Anfangsstadium der
Reduktion mit der Wasserstoff-Aktivierung als entscheidender Schritt beschrieben.
Durch die Reduktion gebildete metallische Nuklei katalysieren die Wasserstoff-
dissoziation, so dass die Reduktionsgeschwindigkeit so lange steigt, bis die gesamte
Oberfläche von einer metallischen Schicht bedeckt ist. Damit erfolgt der Übergang auf
das Contracting Spheres-Modell, in dem das Anfangsstadium der Reduktion durch die
sofortige Bildung einer metallischen Schicht beschrieben ist. Der Fortschritt der
Reduktion ist durch die Diffusion von Wasserstoff bzw. Wasser beschrieben und die
Reduktionsgeschwindigkeit sinkt mit zunehmendem Reduktionsgrad infolge der
anwachsenden „Dicke“ der Metallschicht.
Abb. 3.9: Metalloxidreduktion nach dem Nucleation- und dem Contracting Sphere-
Modell [93]
Eine verfeinerte Betrachtung, speziell zur Reduktion von Eisenoxid, ist in den
Untersuchungen von Wimmers et al. [94] und den darin zitierten Arbeiten beschrieben.
3 Experimenteller Teil 51
Da Prozesse wie Gas-Festkörper-Reaktionen sehr komplex sind, ist eine vereinfachende
Beschreibung als Reaktion n-ter Ordnung für den gesamten Reduktionsverlauf nur von
eingeschränkter Aussagekraft für die physikalische Realität. In der zitierten
Untersuchung wurden sechs verschiedene kinetische Modelle den TPR-Untersuchungen
von definierten Fe2O3-Kristalliten gegenübergestellt. Die Reduktion wurde durchgeführt
mit trockenem Wasserstoff und auch mit Wasser gesättigtem Wasserstoff. Durch
Vergleich der gemessenen TPR-Kurven mit den nach den Modellen errechneten Kurven
wurde der wahrscheinlichste Reduktionsmechanismus ermittelt. Es handelt sich hierbei
um einen zweistufigen Prozess, der über die Zwischenstufe des Fe3O4 verläuft. Wird die
Reduktion mittels trockenem Wasserstoff durchgeführt, so ist die resultierende TPR-
Kurve am besten beschrieben durch ein dreidimensionales Nucleation-Modell nach
Avrami-Erofeev. In dieser Beschreibung gehen die nach einer Kinetik erster Ordnung
gebildeten Nuklei über in ein lineares, dreidimensionales Wachstum, wobei die
Überlappungen berücksichtigt werden. Das experimentelle Ergebnis zeigt, dass die erste
Reduktionsstufe Fe3O4 sich bei 560 - 590 K bildet. Metallisches Eisen bildet sich dann
über den Temperaturbereich 570 - 750 K. Wird die Reduktion mit feuchtem Wasserstoff
durchgeführt, so verschieben sich die Kurvenpeaks zu höheren Temperaturen und auch
die Form der Kurven verändert sich deutlich. Dieses TPR Verhalten wird durch keines
der generalisierenden Modelle mehr gut beschrieben. Hierzu schlagen Wimmers et al.
[94] vor, dass der geschwindigkeitsbestimmmende Schritt eine autokatalysierte
Kernbildung ist, welche auf der Niedertemperaturseite der TPR-Kurve verzeichnet ist.
Beobachtet wurde, dass die Nuklei-Bildung im Temperaturbereich 590 K beginnt, aber
bis 650 K außerordentlich langsam verläuft.
Als Erklärung wird angenommen, dass sich zunächst durch Wasser verursachte
Oberflächendefekte ausprägen müssen, die dann erst die Nuklei-Bildung erlauben. Die
beschleunigte Reduktion oberhalb von 650 K wäre so durch autokatalytische Effekte
erklärbar, in denen einmal gebildete Nuklei die Bildung neuer Nuklei katalysieren durch
Verzweigungsmechanismen oder auch durch die katalytische Rolle des gebildeten
metallischen Eisens in der Dissoziation des Wasserstoffs. Hierbei mag auch ein durch
Wasser ermöglichter Wasserstoff-Spillover-Effekt für die Beschleunigung der
Reduktion mitverantwortlich sein. In dieser Beschreibung stützen sich die Autoren auf
3 Experimenteller Teil 52
thermodynamische Phasengleichgewichtsrechnungen für das System Fe2O3/Fe3O4/Fe-
Metall in Gegenwart von Wasserstoff/Wasser. Die Rechnungen zeigen, dass entweder
Fe3O4 oder metallisches Eisen die stabile Phase ist. Bei Raumtemperatur bildet
metallisches Eisen die stabile Phase für Wasserpartialdrücke kleiner 0,02 mbar. Beträgt
der Wasserpartialdruck 1 mbar, so ist metallisches Eisen stabil oberhalb von 400 K. Der
von den Autoren im TPR-Experiment gewählte Wasserpartialdruck von 30 mbar erlaubt
eine metallische Eisenphase erst oberhalb von 590 K. Auf dieser Grundlage wird
angenommen, dass sich der erste Schritt Fe2O3 → Fe3O4 nicht findet wegen einer
kinetischen Hemmung der Reduktion durch die Adsorption von Wasser an gebildeten
Nuklei. Erst bei höherer Temperatur erfolgt dann die zuvor beschriebene Autokatalyse
der Kernbildung, gekoppelt mit Spillover-Effekten.
4 Ergebnisse 53
4 Ergebnisse
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der katalytischen Messungen des
Referenzkatalysators S6-20 und der unterschiedlichen, selbst synthetisierten
Katalysatoren vorgestellt. Darüber hinaus wird auf die physikalisch-chemische
Charakterisierung der Katalysatoren eingegangen.
4.1 Katalytische Messungen am Referenzkatalysator S6-20
4.1.1 Axiales Temperaturprofil während der Reaktion
Abbildung 4.1 zeigt das typische im Katalysatorbett gemessene Temperaturprofil. Es
ergab sich ein maximaler axialer Temperaturgradient von +/- 1 °C über der Katalysator-
schüttung. Zwischen Sandwirbelschicht und Katalysatorschüttung stellte sich kein
Temperaturgradient heraus.
0 10 20 30 40 50 60550
560
570
580
590
600
610
620
630
640
650
BereichKatalysatorschüttung
Strömungsrichtung
T / °
C
h / mm
Abb. 4.1: Typisches Temperaturprofil für eine Reaktionstemperatur von 600 °C
(LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, D = 6)
4 Ergebnisse 54
Diese aufgezeichnete Temperaturkonstanz über das Katalysatorbett ergab sich für alle
katalytischen Messungen, unabhängig vom Katalysatortyp und den Rahmen-
bedingungen (LHSV, Temperatur).
4.1.2 Langzeitstabilität
Zu Beginn der stationären Experimente erfolgte ein Langzeitstabilitätsexperiment über
36 h um zu überprüfen, ob der Reaktor stabil betrieben werden kann oder ob eine
mögliche Deaktivierung des Katalysators mit der Zeit zu einem Umsatz- und
Selektivitätsverlust führt. Das Experiment wurde bei einem Eingangsverhältnis D von 6
und einer Reaktionstemperatur von 600 °C durchgeführt. Die Belastung LHSV betrug
0,5 h-1, da bei der größten vermessenen Verweilzeit, d. h. den größten Umsätzen, die
maximalen Umsatzänderungen infolge Deaktivierung erwartet wurden. Das Ergebnis ist
in Abbildung 4.2 graphisch dargestellt.
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 20000
2
4
40
50
60
70
80
90
100
XEtB
SSt
SBz
STo
S, X
/ %
t / min
Abb. 4.2: Umsatz und Selektivität in Abhängigkeit von der Reaktionsdauer
(TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, D = 6)
Wie der Abbildung entnommen werden kann, ist zu Beginn eine leichte Abnahme der
Prozessgrößen Umsatz und Selektivität festzustellen. Der Umsatz fällt leicht innerhalb
4 Ergebnisse 55
der aufgezeichneten Zeit um ca. 2,5 % ab, erreicht aber mit einem Anfangswert von ca.
49 % bei weitem nicht den theoretischen Gleichgewichtsumsatz von ca. 70 %. Für die
Styrolselektivität wurde ein dem Umsatzgrad entsprechender Verlauf in Abhängigkeit
von der Reaktionszeit ermittelt. Die Selektivität fällt von 95 % leicht um 2,0 % ab. Die
gemessene Benzolselektivität steigt mit der Reaktionszeit nahezu linear von 2,3 % auf
3,9 % an. Die Toluolselektivität ist unabhängig von der Katalysatordeaktivierung.
4.1.3 Äußere Transporteinflüsse
Zur Untersuchung der Reaktion auf Stoffübergangshemmung wurden Versuche unter
Variation der Verweilzeit durchgeführt. Hierzu wurden gemäß den Vorgaben von
Corrigan [95] zwei Versuchsläufe gefahren, wobei die Katalysatoreinwaage bei der
zweiten Versuchsreihe doppelt so groß gewählt wurde wie bei der ersten bei gleicher
Verweilzeit. Die Experimente wurden mit einer Kornfraktion von 250 - 355 µm bei
einer Temperatur von 600 °C und drei verschiedenen Gasgeschwindigkeiten
durchgeführt. Abbildung 4.3 zeigt den Verlauf des Ethylbenzolumsatzes als Funktion
der Belastung.
0,5 1,0 1,5 2,030
35
40
45
50
X(E
tB)
LHSV / h-1
Einfache Einwaage Doppelte Einwaage
Abb. 4.3: Ethylbenzolumsatz in Abhängigkeit von der Verweilzeit
(TR = 600 °C, dp = 250 - 355 µm, D = 6)
4 Ergebnisse 56
Der Ethylbenzolumsatz sinkt mit steigender LHSV von ca. 48 % auf 34 %. Man
erkennt, dass die experimentellen Daten für beide Versuchsreihen auf derselben Kurve
liegen. Es kann also hier festgehalten werden, dass eine Steigerung der
Strömungsgeschwindigkeit keine Erhöhung des Umsatzes bringt. Dies ist ein Hinweis
darauf, dass der Ablauf der chemischen Reaktion nicht durch äußere Transportvorgänge
behindert wird.
4.1.4 Innere Transporteinflüsse
Der Nachweis einer Behinderung der Reaktion durch Porendiffusion erfolgte durch
Einsatz unterschiedlicher Korngrößen. Die Umsätze steigen bei Vorliegen einer
Stofftransportlimitierung im Korn mit Verringerung der Korngröße, d. h. Verkürzung
der Diffusionswege.
200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100
47,0
47,5
48,0
48,5
49,0
X/(
EtB
) / %
max. Partikelgröße / µm
Abb. 4.4: Abhängigkeit des Umsatzes von der Partikelgröße
(TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, D = 6)
Neben der Standardkornfraktion von 250 - 355 µm wurden bei diesem Experiment
Kornfraktionen kleiner 250 µm sowie 0,5 - 1 mm eingesetzt. Die Verweilzeit wurde mit
0,5 h-1 so gewählt, dass auch bei der kleinsten Kornfraktion kein zu hoher Druckverlust
4 Ergebnisse 57
in der Anlage, d. h. größer als 0,1 bar, auftrat.
Man erkennt eine leichte Abnahme des Umsatzes um ca. 1 % mit zunehmender
Partikelgröße. Allerdings liegt diese Änderung noch im Rahmen der Messgenauigkeit
von ± 4 %. Die Reaktion wird demnach nicht durch innere Transportvorgänge
beeinflusst.
4.1.5 Einfluss von Blindreaktionen
Bei heterogen katalysierten Reaktionen können neben der erwünschten Reaktion am
Katalysator auch sogenannte Blindreaktionen auftreten. Darunter sind sowohl homogen
in der Gasphase als auch wandkatalysierte Reaktionen zu verstehen. Um eine
Unterscheidung zwischen Homogenreaktionen und katalysierten Reaktionen zu
ermöglichen, wurde ein Experiment mit inertem Schüttungsmaterial (Quarzbruch)
gleicher Kornfraktion durchgeführt. Die Gasgeschwindigkeit war mit 71 ml/min
identisch mit den katalytischen Versuchen mit einer LHSV von 0,5 h-1. In Abbildung.
4.5 sind die Umsatzgrade in Abhängigkeit von der Temperatur dargestellt. Die Umsätze
stiegen nichtlinear mit der Temperatur von 2,8 % auf 15,2 % an.
Abbildung 4.6 zeigt einen Vergleich der Ethylbenzolumsätze und der Produkt-
selektivitäten eines heterogen katalysierten Versuchs mit den entsprechenden Werten
mit inertem Schüttungsmaterial bei einer Reaktionstemperatur von 600 °C. Der
Ethylbenzolumsatz betrug mit 5,8 % weniger als 1/8 des Umsatzes der katalysierten
Reaktion. Die Styrolselektivität lag bei ca. 71 %. Bei dem Versuch mit Inertschüttung
fiel vor allem auf, dass die Selektivitäten für Toluol und Benzol die Niveaus des
heterogen katalysierten Vergleichversuchs deutlich übertrafen. So waren die
Selektivitäten für Benzol und Toluol mit 18 % bzw. 11 % um das 6-8fache größer als
bei der katalysierten Reaktion.
4 Ergebnisse 58
540 560 580 600 620 640 6600
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
X(E
tB)
/ %
T / °C
Abb. 4.5: Ethylbenzolumsatz durch Blindreaktionen (dp = 250 – 355 µm, D = 6)
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
90,0
100,0
S(To) S(Bz) S(St) X(EtB)
X, S
/ %
Katalysator S6-20Quarzschüttung
Abb. 4.6: Vergleich von Umsatz und Selektivität für Versuche mit Katalysator und
Quarzschüttung (TR = 600 °C, dp = 250 – 355 µm, D = 6)
4 Ergebnisse 59
4.1.6 Verweilzeitverhalten des Styrolkatalysators S6-20
Im folgenden wird auf die Prozesszielgrößen Umsatz und Selektivität eingegangen. Die
Umsätze und Selektivitäten sind für ein Wasser/Ethylbenzol-Verhältnis von 6 in
Abhängigkeit von der Temperatur und der Verweilzeit in den Abbildungen 4.7 bis 4.10
aufgetragen.
Die Ethylbenzolumsätze waren bei 550 °C nur sehr gering, unabhängig von der
gewählten Verweilzeit von 0,5 - 2 h-1 und betrugen zwischen 7 und 12 %. Die Umsätze
stiegen linear mit der Temperatur an (Abbildung 4.7). Der Umsatzgrad fiel
erwartungsgemäß mit hoher Belastung, d. h. kurzer Verweilzeit. Der maximale Umsatz
wurde demnach bei einer LHSV von 0,5 h-1 und der größten Temperatur von 650 °C
gemessen, erreichte aber mit ca. 83 % nicht den eingezeichneten Gleichgewichtsumsatz.
Die in Abbildung 4.7 eingezeichnete Gleichgewichtskurve berücksichtigt den
zusätzlichen Verdünnungseffekt des Stickstoffs, der als Trägergas für die Sättiger
diente.
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X(E
tB)
/ %
T / °C
LHSV = 0,5 LHSV = 1,0 LHSV = 2,0 X(GG)
Abb. 4.7: Abhängigkeit des Umsatzes von der LHSV und der Temperatur
(dp = 250 - 355 µm, D = 6)
4 Ergebnisse 60
Da die Dehydrierung von Ethylbenzol eine volumenvergrößernde Reaktion ist, bewirkt
eine Druckerniedrigung bzw. eine Verdünnung des Eingangsgasgemisches, sei es mit
Wasser oder Stickstoff, eine Erhöhung des Umsatzes. Das um den Stickstoffanteil
korrigierte Verhältnis von Inertanteil (H2O und N2) und Ethylbenzolfeed liegt bei ca. 15.
Die Abbildungen 4.8 bis 4.10 zeigen die Umsätze und Selektivitäten als Funktion der
Temperatur für verschiedene Verweilzeiten. Unabhängig von der gewählten Belastung
zeigen die drei Abbildungen 4.8, 4.9 und 4.10 qualitativ den gleichen Verlauf. Bei allen
Abbildungen ist die schon von Lee [66] beschriebene allgemeine Korrelation zu
beobachten, nach der Umsatz und Selektivität gekoppelt sind. Danach gilt, dass ein
hoher Umsatz mit niedriger Selektivität verknüpft ist. So sinkt die Styrolselektivität für
die längste Verweilzeit (LHSV = 0,5 h-1) und damit für den höchsten Umsatz von 97 %
auf 90 % mit steigender Temperatur. Mit höherer Belastung verringert sich die
Selektivität für Styrol zugunsten der Selektivitäten von Benzol und Toluol. Gleiches
Verhalten beobachtete man auch für steigende Temperaturen.
Die Maximalwerte der Selektivitäten für Benzol und Toluol werden bei der höchsten
Temperatur und der längsten Verweilzeit beobachtet und liegen jeweils bei ca. 5 %. Das
Verhältnis von Benzol zu Toluol ändert sich mit steigender Temperatur. Bei der
niedrigsten Temperatur ist die Selektivität von Benzol größer als die des Toluols. Das
Benzol/Toluol-Verhältnis liegt zwischen 1,3 und 1,9. Bei der Endtemperatur ist die
Toluolselektivät größer und das Verhältnis ist kleiner 1, zwischen 0,6 und 0,8.
4 Ergebnisse 61
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X, S
/%
T / °C
XEtB
SSt
SBz
STo
Abb. 4.8: Abhängigkeit des Umsatzes und der Selektivität von der Temperatur bei
einer LHSV von 0,5 h-1 (dp = 250 - 355 µm, D = 6)
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X, S
/%
T / °C
XEtB
SSt
SBz
STo
Abb. 4.9: Abhängigkeit des Umsatzes und der Selektivität von der Temperatur bei
einer LHSV von 1 h-1 (dp = 250 - 355 µm, D = 6)
4 Ergebnisse 62
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X, S
/%
T / °C
XEtB
SSt
SBz
STo
Abb. 4.10: Abhängigkeit des Umsatzes und der Selektivität von der Temperatur bei
einer LHSV von 2 h-1 (dp = 250 - 355 µm, D = 6)
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10090
92
94
96
98
100
LHSV = 0,5 h-1
LHSV = 1,0 h-1
LHSV = 2,0 h-1
S(S
t) /
%
X(EtB) / %
Abb. 4.11: Abhängigkeit des Selektivität vom Umsatz und der LHSV
(dp = 250 - 355 µm, D = 6)
4 Ergebnisse 63
In Abbildung 4.11 ist die Styrolselektivität als Funktion des Ethylbenzolumsatzes
aufgetragen. Bei der kürzesten Verweilzeit entsprechend einer LHSV von 2 h-1 werden
die höchsten Styrolselektivitäten erreicht. Bei Erhöhung der Verweilzeit sinken diese
zugunsten der Nebenprodukte leicht ab.
4.2 Charakterisierung des Katalysators
4.2.1 Röntgendiffraktogramme des Katalysators S6-20
Der Katalysator wurde mittels Röntgendiffraktometrie vor und nach der Reaktion
untersucht. Abbildung 4.12 zeigt das Diffraktogramm des S6-20 vor dem katalytischen
Einsatz. Die Reflexe lassen sich einem Gemisch aus Hämatit und Magnetit zuordnen.
Die Reflexlagen aus der JCPDS-Datenbank sind proportional zu ihren Intensitäten in
der Abbildung unterlegt. Die gemessenen Reflexe zeigen nur eine sehr geringe
Intensität und sind stark verbreitert, was auf eine geringe Teilchengröße hindeutet. Da
alle Reflexe gleich stark verbreitert sind, liegt keine anisotrope Verbreiterung, bedingt
durch eine plättchenförmige Kristallgeometrie, vor. Im allgemeinen werden verbreiterte
Reflexe erhalten, wenn die mittlere Kristallitgröße kleiner als 100 nm ist. Eine
quantitative Bestätigung dieser Aussage ist über die Halbwertsbreite der
Beugungsreflexe mit Hilfe der Scherrer-Gleichung möglich. Die mittlere Teilchengröße
D, senkrecht zur beugenden Netzebene, ist demnach bestimmt durch
π2cosθβ
360λKD
1/2 ⋅⋅⋅⋅⋅= (4.1)
In dieser Gleichung ist K ein konstanter Formfaktor, der je nach Kristallitform Werte
zwischen 0,89 und 1,39 annehmen kann. Näherungsweise wurde K = 1 gesetzt. λ ist die
Wellenlänge der verwendeten Röntgenstrahlung und entspricht für CuKα 1,5481 Å. β1/2
ist die Halbwertsbreite und θ der Glanzwinkel. Da neben der Teilchengröße auch
Fehlordnungen im Kristall und die Gerätehalbhöhenbreite zu einer Verbreiterung der
Beugungsreflexe führen, sind die mit der Scherrer-Gleichung bestimmten Teilchen-
4 Ergebnisse 64
größen mit einem Fehler von ca. ± 25 % behaftet [83].
Die Auswertung der Reflexe in Abbildung 4.12 bei 35,4° und 33,2° entsprechend den
Hauptreflexen von Magnetit und Hämatit, liefern mit einer Halbhöhenbreite von ca.
0,26° eine Teilchengröße von 40 nm und bestätigen damit das Vorhandensein sehr
kleiner Kristallite mit einem Durchmesser kleiner 100 nm.
Nach der katalytischen Reaktion (Abbildung 4.13) zeigen sich nur noch Reflexe von
Magnetit. Die Intensitäten haben sich mehr als verdoppelt und die Reflexe sind
schmaler. Eine Bestimmung des Teilchendurchmessers mittels Scherrer-Gleichung
ergibt eine Verdopplung des Teilchendurchmessers auf ca. 85 nm.
Für den Styrolkatalysator wurde mittels BET eine spezifische Oberfläche von 12,3 m²/g
gemessen. Nach der Reaktion verringerte sich die Oberfläche auf 7,6 m²/g.
39-1346 (*) - Maghemite-C, syn - Fe2O3 - Y: 50.00 % - d x by: 1.000 - WL: 1.5406033-0664 (*) - Hematite, syn - Fe2O3 - Y: 50.00 % - d x by: 1.000 - WL: 1.54060Operations: Import
File: 130699_3.raw - 130699_3 - 2-Theta: 10.000 ° - Theta: 5.000 ° - Creation: 06/13/99 23:05:36
Inte
nsi
tät
0
200
400
600
2 Theta
14 20 30 40 50 60 70 8
Abb. 4.12: Röntgendiffraktogramm des Referenzkatalysators S6-20 vor katalytischer
Austestung
4 Ergebnisse 65
19-0629 (*) - Magnetite, syn - FeFe2O4 - Y: 50.00 % - d x by: 1.000 - WL: 1.54060Operations: Import
File: 130699_2.raw - 130699_2 - 2-Theta: 10.000 ° - Theta: 5.000 ° - Creation: 06/13/99 21:21:54
Inte
nsi
tät
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
2 Theta
10 20 30 40 50 60 70 8
Abb. 4.13: Röntgendiffraktogramm des Referenzkatalysators S6-20 nach katalytischer
Austestung
39-1106 (N) - Potassium Iron Oxide - K2Fe4O7 - Y: 18.75 % - d x by: 1.000 - WL: 1.54060Operations: Y Scale Add -458.333 | Y Scale Add 208.333 | Y Scale Add 250.000 | Import
File: 130699_3.raw - 130699_3 - 2-Theta: 10.000 ° - Theta: 5.000 ° - Creation: 06/13/99 23:05:36Operations: Y Scale Add 83.333 | Y Scale Add 416.667 | ImportFile: 130699_2.raw - 130699_2 - 2-Theta: 10.000 ° - Theta: 5.000 ° - Creation: 06/13/99 21:21:54
Inte
nsi
tät
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
2000
2 Theta
10 20 30 40 50 60 70 8
Abb. 4.14: Gegenüberstellung der Röntgendiffraktogramme des Referenzkatalysators
S6-20 vor und nach katalytischer Austestung
4 Ergebnisse 66
Abbildung 4.14 zeigt eine Gegenüberstellung der beiden Diffraktogramme, wobei hier
gezielt nach Kalium-Eisen-Phasen gesucht wurde. Es ergaben sich keinerlei Hinweise
auf vorhandene KFeO2 oder K2Fe22O34-Phasen, wie sie von Muhler [65] gefunden
wurden. Allerdings fanden sich beim Katalysator vor der Reaktion Reflexlagen, die
einer Zusammensetzung von 322 OFe2OK ⋅ entsprachen.
4.3 Katalytische Messungen an Katalysatoren aus Fe(II)- und Fe(III)-
Systemen
4.3.1 Langzeitstabilität der unpromotierten Katalysatoren
Aus der Literatur war bekannt, dass Kalium die Deaktivierung durch Vergasung
koksartiger Ablagerungen verlangsamt und die Standzeit erhöht. Ziel der
durchgeführten Langzeitversuche war es das Aktivitäts- und Selektivitätsverhalten der
beiden Eisensysteme zu erfassen, um zum einen die Wichtigkeit des Kaliums
aufzuzeigen und zum anderen zu überprüfen, ob sich die reinen Eisenoxide bereits
katalytisch unterscheiden. Die folgenden Abbildungen 4.15 und 4.16 zeigen die
Änderung des Ethylbenzolumsatzes sowie der Selektivitäten von Styrol, Benzol und
Toluol mit der Betriebszeit (TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, D = 6, dp = 250 - 355 µm) für
die beiden unpromotierten Katalysatorsysteme.
Für den Katalysator aus dem Fe(III)-System war der Umsatz mit anfangs 9,5 % nur sehr
gering. Die Selektivität fiel im Beobachtungszeitaum von 94,8 auf 92,4 % ab,
verbunden mit einer anteiligen Zunahme der Benzol- und Toluol-Selektivitäten. Bei
600 °C war die Benzolselektivität größer als die des Toluols und lag bei ca. 4 %.
Bedingt durch das Sättigersystem zur Dosierung der Reaktoreingangsprodukte, musste
der Versuch einmal unterbrochen werden, um die Sättigersysteme neu zu befüllen.
Hierzu wurde der Reaktor auf Bypass gestellt und ca. 30 min gewartet, damit sich
stationäre Bedingungen im Sättiger einstellten und um eine GC-Analyse ziehen zu
können. Nach Umstellung des 4-Wege-Ventils zurück auf den Reaktor, konnten jeweils
4 Ergebnisse 67
im Anschluss reproduzierbare Sprünge bei der Styrol- und Benzolselektivität beobachtet
werden. So sank direkt nach Wiedereinbindung des Sättigers die Styrolselektivität
jeweils um 5 % und erreichte in einem Zeitraum von ca. 1000 min sprunghaft ihren
Ausgangswert. Zeitgleich war bei der Benzolselektitivät ein Verdoppelung auf ca. 8 %
zu verzeichnen. Im gleichen Zeitraum wie beim Styrol, ging auch beim Benzol die
Selektivität auf den Ursprungswert vor der Bypass-Schaltung des Reaktors zurück.
Während der Selektivitätssprünge betrug die Kohlenstoffbilanz ca. 110 %. Vor und
nach der Bypassschaltung, d. h. nachdem die ursprünglichen Werte vor der Bypass-
Schaltung wieder erreicht waren, lag die Kohlenstoffbilanz nach den genannten
1000 min wieder bei 100 %. Dieser Vorgang konnte zum Abschluss des Langzeit-
versuchs reproduziert werden, wobei gleichgroße Selektivitätssprünge beobachtet
werden konnten.
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 70000
2
4
6
8
80
85
90
95
100
Bypass
XEtB
SSt
SBz
STo
S, X
/ %
t / min
Abb. 4.15: Standzeitverhalten des Fe(III)-Systems (TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, dp =
250 - 355 µm, D = 6)
Abbildung 4.16 zeigt das Standzeitverhalten für das Fe(II)-System bei den gleichen
Versuchsbedingungen. Das Fe(II)-System deaktivierte sehr schnell. Es ergab sich ein
steiler Abfall der Styrolselektivität innerhalb von 10 h von 92 auf 86 %. Der Umsatz
4 Ergebnisse 68
sank im selben Zeitraum von 8 auf ca. 6 %. Zeitgleich stieg die Selektivität des Benzols
auf ca. 10 % an. Bei annähernd gleichen Umsätzen war die Styrolselektivität beim
Fe(III)-System somit höher. Wie beim Fe(III)-System waren auch hier nach Bypass-
Stellung große Selektivitätsänderungen zu beobachten, welche nach 20 h auf die
Ursprungswerte vor der Umschaltung zurückgekehrt waren. Die Kohlenstoffbilanz lag
während der Selektivitätssprünge bei ca. 108 %.
0 1000 2000 3000 4000 50000
5
10
15
20
75
80
85
90
95
100
Bypass
XEtB
SSt
SBz
SToX
, S /
%
t / min
Abb. 4.16: Standzeitverhalten des Fe(II)-Systems (TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, dp =
250 - 355 µm, D = 6, Tvor = 550°C)
4.3.2 Langzeitstabilität der promotierten Katalysatoren
Zum Vergleich der im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Experimente werden
im folgenden Versuche vorgestellt, in denen die Langzeitstabilität kaliumpromotierter
Katalysatoren für beide Eisensysteme in Abhängigkeit vom Kaliumoxidgehalt
untersucht wird. Da die durchgeführten Experimente sowohl am kommerziellen BASF-
Katalysator S6-20 als auch an den beiden unpromotierten Hämatiten gezeigt hatten, dass
ein Einlaufverhalten innerhalb der ersten 20 h zu beobachten ist, wurde die
Versuchsdauer dem entsprechend reduziert. Außerdem wurde nur der zeitliche
4 Ergebnisse 69
Umsatzverlauf betrachtet. Ein Einfluss der Vorbehandlungstemperatur (100, 200 oder
550 °C) blieb unberücksichtigt. Es wurden ausschließlich Katalysatoren vermessen mit
einer Vorbehandlungstemperatur von 550 °C. Die Versuchsbedingungen waren
identisch mit den Vorversuchen am S6-20 bzw. den unpromotierten Katalysatoren.
In Abbildung 4.17 ist der Umsatzverlauf für die drei kaliumpromotierten Katalysatoren,
ausgehend vom Fe(III)-System, gegen die Reaktionszeit aufgetragen. Für den
Katalysator mit 0,3 Gew.-% K2O-Gehalt sinkt der Umsatz innerhalb von 20 h von 40 %
auf 24 % ab. Mit 1 Gew.-% K2O-Gehalt erfolgt der Abfall wesentlich langsamer. Der
Umsatz sinkt nur um 4 % auf ca. 69 % und bleibt nach 10 h im Rahmen der
Messgenauigkeit konstant.
0 200 400 600 800 1000 1200 14000
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
10 % K2O
1 % K2O
0,3 K2O
X /
%
t / min
Abb. 4.17: Standzeitverhalten des Fe(III)-Systems in Abhängigkeit vom Kaliumoxid-
gehalt (TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, D = 6, Tvor =
550°C)
Für den Katalysator mit 10 % K2O-Gehalt kann im Rahmen der Messgenauigkeit gesagt
werden, dass keinerlei Deaktivierung im Beobachtungszeitraum erfolgt. Der Umsatz
bleibt auf einem konstanten Niveau von 81 % und erreicht damit den
Gleichgewichtsumsatz.
4 Ergebnisse 70
Wie der Abbildung 4.18 entnommen werden kann, ist der Fe(II)-Katalysator mit 10 %
Kaliumoxidanteil nach einer Einlaufphase von ca. 10 h stabil. Der Umsatz fällt nur von
25 auf 20 % ab. Die beiden anderen Katalysatoren deaktivieren hingegen sehr schnell.
Die Umsätze sind gering und liegen zu Beginn für 1 % Kaliumoxidgehalt bei 15 %, für
0,3 % Kaliumoxidgehalt bei 8 %. Beide Umsätze sinken mit der Zeit auf 8 % bzw. 6 %
ab und erreichen damit das Niveau, das auch beim Blindversuch erreicht wurde.
0 200 400 600 800 1000 1200 14000
5
10
15
20
25
30
10 % K2O
1 % K2O
0,3 K2O
X /
%
t / min
Abb. 4.18: Standzeitverhalten des Fe(II)-Systems in Abhängigkeit vom Kaliumoxid-
gehalt (TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 – 355 µm, D = 6, Tvor =
550 °C)
4.3.3 Äußere Transporteinflüsse
Wie beim Referenzkatalysator S6-20 wurde auch für die Kalium promotierten
Katalysatoren geprüft, ob ein äußerer Stofftransport vorlag. Um zeitgleich verlaufende
Deaktivierungsprozesse auszuschließen, wurden vom Fe(II)- und Fe(III)-System nur die
beiden Katalysatoren untersucht, die sich im vorangegangenen Langzeitversuch als
stabil herausgestellt hatten, d. h. die Katalysatoren mit dem höchsten Kaliumoxidgehalt
von 10 % K2O. Da Messungen von Milhaljova et al. [76] gezeigt hatten, dass geringere
Vorbehandlungstemperaturen zu einer erhöhten Aktivität des Katalysators führen,
wurde die Vorbehandlungstemperatur von 550 °C gewählt, um möglichst weit weg vom
4 Ergebnisse 71
thermodynamischen Gleichgewicht zu liegen. Die Verdopplung der Einwaage bei
gleicher Belastung hatte bei beiden Katalysatoren im Rahmen der Messgenauigkeit
keinen Einfluss auf den Umsatz, daher kann, wie beim BASF-Katalysator, eine äußere
Stoffübergangslimitierung ausgeschlossen werden.
0,5 1,0 1,5 2,00
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X(E
tB)
/ %
LHSV / h-1
Einfache Einwaage - Fe(III) Doppelte Einwaage - Fe(III) Einfache Einwaage - Fe(II) Doppelte Einwaage - Fe(II)
Abb. 4.19: Ethylbenzolumsatz in Abhängigkeit von der Verweilzeit für beide
Eisensysteme (TR = 600 °C, dp = 250 - 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C)
4.3.4 Innere Transporteinflüsse
Um einen Porendiffusionseinfluss auszuschließen, wurden die gleichen Katalysatoren
verwendet wie für den Testversuch auf äußere Stoffübergangshemmung. Die
Abhängigkeit des Umsatzes von der Partikelgröße ist in Abbildung 4.20 dargestellt. Der
Umsatzgrad ist in beiden Fällen unabhängig von der Katalysatorteilchengröße, so dass
eine Begrenzung des Reaktionsablaufs durch Porendiffusion ausgeschlossen werden
kann.
4 Ergebnisse 72
200 300 400 500 600 700 800 900 1000 11000
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
10 % K2O - Fe(III)
10 % K2O - Fe(II)
X/(
EtB
) / %
max. Partikelgröße / µm
Abb. 4.20: Abhängigkeit des Umsatzes von der Partikelgröße für beide Eisensysteme
(TR=600°C, LHSV = 0,5 h-1, D = 6, Tvor = 550 °C)
4.3.5 Einfluss des Kaliumgehalts
Wie sich bereits bei den Deaktivierungsmessungen der kaliumpromotierten
Eisensysteme gezeigt hat, kommt dem Kalium eine große Bedeutung zu. Im folgenden
Unterkapitel wird auf Messungen zum Einfluss des Kaliumgehalts auf die
Prozesszielgrößen Umsatz und Selektivität eingegangen. Außerdem soll der Einfluss
des Eisensystems untersucht werden. Die folgenden Abbildungen zeigen den Umsatz-
und Selektivitätsverlauf in Abhängigkeit von der Temperatur und dem Kaliumgehalt für
beide Eisensysteme.
Abbildung 4.21 stellt die exponentielle Umsatzzunahme mit der Temperatur für die
Katalysatoren mit 1 % und 10 % Kaliumoxidgehalt dar. Beide Umsätze nähern sich mit
zunehmender Temperatur dem thermodynamischen Gleichgewicht. Bei dem Katalysator
mit dem geringsten Kaliumoxidgehalt ergibt sich ein Anstieg von 15 % bei 550 °C auf
64 % bei 650 °C. Die beiden Messpunkte bei 575 °C und 625 °C liegen etwas zu tief.
Aufgrund der bereits beschriebenen oszillierenden Variation der Betriebstemperatur,
4 Ergebnisse 73
sind die Temperaturen 575 °C und 625 °C die beiden letzten Messpunkte vor der den
Versuch abschließenden Kontrollmessung bei der Starttemperatur von 600 °C, so dass
dieser Umsatzverlust durch Deaktivierung verursacht wird. Aus der Abbildung 4.17
wird ersichtlich, dass innerhalb der Messdauer von ca. 450 min der Umsatz um ca. 7 %
fällt. Die Kontrollmessungen sind ebenfalls in der Abbildung dargestellt und
entsprechen im Rahmen der Messgenauigkeit den gemessenen Umsätzen aus der
Deaktivierungsmessung.
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
10 % K2O
1 % K2O
0,3 % K2O
X(GG)
X(E
tB)
/ %
T / °C
Abb. 4.21: Abhängigkeit des Umsatzes von Temperatur und K2O-Gehalt für das
Fe(III)-System (LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 – 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C)
Die Änderung der Styrolselektivität mit der Temperatur und dem Kaliumgehalt ist in
der folgenden Abbildung 4.22 dargestellt. Die Selektivität fällt mit steigendem Umsatz
und mit niedrigerem Kaliumgehalt ab. Die Selektivitätsverläufe der Katalysatoren mit
1 % und 10 % K2O verlaufen parallel und sinken von 94,0 % bzw. 95,3 % auf 80,1 %
bzw. 78,0 % ab.
4 Ergebnisse 74
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10075
80
85
90
95
100
10 % K2O
1 % K2O
0,3 % K2O
S(S
t) /
%
X(EtB) / %
Abb. 4.22: Abhängigkeit der Selektivität vom Umsatz und K2O-Gehalt für das Fe(III)-
System (LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C)
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
10 % K2O
1 % K2O
0,3 % K2O
X(E
tB)
/ %
T / °C
Abb. 4.23: Abhängigkeit des Umsatzes von Temperatur und K2O-Gehalt für das Fe(II)-
System (LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C)
4 Ergebnisse 75
0 10 20 30 40 5075
80
85
90
95
100
10 % K2O
1 % K2O
0,3 % K2O
S(S
t) /
%
X(EtB) / %
Abb. 4.24: Abhängigkeit der Selektivität vom Umsatz und K2O-Gehalt für das Fe(II)-
System (LHSV = 0,5 h-1, dp = 250 – 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C)
Die Abbildungen 4.23 und 4.24 geben die Ergebnisse für das kaliumpromotierte Fe(II)-
System wieder. Die Umsätze steigen mit der Temperatur an. Bei 600 °C können die
Werte aus dem Deaktivierungsversuch reproduziert werden. Die Umsätze liegen weit
unter denen, die für das Fe(III)-System gemessen wurden. So ergibt sich ein maximaler
Umsatz bei 650 °C und einem 10 %igen K2O-Gehalt von 45,3 %. Ansonsten ergeben
sich die gleichen Zusammenhänge wie für das Fe(III)-System. Die Umsätze steigen mit
höherer Temperatur und höherem Kaliumgehalt und die Selektivitäten sinken mit
Vergrößerung des Umsatzes und mit Verringerung des Kaliumgehalts (Abbildung 4.24).
4.3.6 Verweilzeitverhalten der Styrolkatalysatoren aus dem Fe(II)- und Fe(III)-
System
Die Messungen unter Variation der Verweilzeit und der Temperatur wurden an den
Eisenkatalysatoren mit 10 % Kaliumoxidgehalt durchgeführt, um Deaktivierungs-
einflüsse ausschließen zu können. Die Vorbehandlungstemperatur lag bei 550 °C.
4 Ergebnisse 76
4.3.6.1 Verweilzeitenverhalten des Fe(III)-Systems
Die Ethylbenzolumsätze beim Fe(III)-Katalysator sinken wie beim Referenzkatalysator
S6-20 mit abnehmender Verweilzeit, sprich größerer LHSV (Abbildung 4.25). Oberhalb
600 °C werden bei einer LHSV von 0,5 h-1 und 1 h-1 die Gleichgewichtsumsätze von
über 90 % erreicht. Die Umsätze liegen bei 550 °C zwischen 28 % und 45 %. Für eine
Belastung von 2 h-1 ergibt sich ein exponentieller Anstieg. Der maximale Umsatz liegt
trotz der doppelten bzw. vierfachen Belastung immer noch bei 75 % bei 650 °C. Die
Wiederholungsmessungen bei 600 °C ergeben bei keiner LHSV eine Deaktivierung.
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X(E
tB)
/ %
T / °C
LHSV = 0,5 h-1
LHSV = 1 h-1
LHSV = 2 h-1
X(GG)
Abb. 4.25: Abhängigkeit des Umsatzes von der LHSV und der Temperatur für das
Fe(III)-System (dp = 250 - 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C, 10 Gew.-% K2O)
Die folgenden Abbildungen 4.26 bis 4.28 zeigen den Selektivitätsverlauf in
Abhängigkeit vom Umsatz für die drei verschiedenen Belastungen. Es lassen sich wie
beim Referenzkatalysator die gleichen Trends beobachten. Mit zunehmender
Temperatur steigt der Umsatz und sinkt die Styrolselektivität. Aufgrund der Tatsache,
dass für eine LHSV von 0,5 h-1 und 1 h-1 oberhalb 600 °C Umsätze nahe der
Thermodynamik erreicht werden, nehmen die Nebenreaktionen zum Benzol und Toluol
stärker zu als beim S6-20, so dass hier Selektivitäten größer 10 % für beide
Komponenten auf Kosten der Selektivität zum Styrol erhalten werden. Bei tiefen
4 Ergebnisse 77
Temperaturen wird von den Nebenprodukten Benzol bevorzugt gebildet - bei hohen
Temperaturen Toluol.
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X, S
/%
T / °C
XEtB
SSt
SBz
STo
Abb. 4.26: Abhängigkeit des Umsatzes und der Selektivität von der Temperatur bei
einer LHSV von 0,5 h-1 für das Fe(III)-System (dp = 250 - 355 µm, D = 6,
10 Gew.-% K2O)
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X, S
/%
T / °C
XEtB
SSt
SBz
STo
Abb. 4.27: Abhängigkeit des Umsatzes und der Selektivität von der Temperatur bei
einer LHSV von 1 h-1 für das Fe(III)-System (dp = 250 - 355 µm, D = 6,
10 Gew.-% K2O)
4 Ergebnisse 78
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
X, S
/%
T / °C
XEtB
SSt
SBz
STo
Abb. 4.28: Abhängigkeit des Umsatzes und der Selektivität von der Temperatur bei
einer LHSV von 2 h-1 für das Fe(III)-System (dp = 250 - 355 µm, D = 6,
10 Gew.-% K2O)
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10050
55
60
65
70
75
80
85
90
95
100
LHSV = 0,5 h-1
LHSV = 1 h-1
LHSV = 2 h-1
S(S
t) /
%
X(EtB) / %
Abb. 4.29: Abhängigkeit der Selektivität vom Umsatz und der LHSV für das Fe(III)-
System (dp = 250 - 355 µm, D = 6, 10 Gew.-% K2O)
Abbildung 4.29 zeigt die Umsatz/Selektivitäts-Korrelationen für die drei eingestellten
Belastungen. Die Selektivitäten sinken mit steigendem Umsatz und längerer
Verweilzeit. Die höchsten Selektivitäten werden also bei den tiefsten Temperaturen für
4 Ergebnisse 79
eine LHSV von 2 h-1 gemessen und liegen bei ca. 97 %.
4.3.6.2 Verweilzeitenverhalten des Fe(II)-Systems
Für das Fe(II)-System ergaben sich die gleichen Umsatz- und Selektivitätsverläufe in
Abhängigkeit von Temperatur und Umsatz wie für das Fe(III)-System und den
Referenzkatalysator. Daher wird auf die getrennte Darstellung der Umsätze und
Selektivitäten als Funktion der Temperatur für die drei Verweilzeiten verzichtet. Die
Abbildungen 4.30 und 4.31 fassen die Ergebnisse am Fe(II)-System zusammen.
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
X(E
tB)
/ %
T / °C
LHSV = 0,5 h-1
LHSV = 1 h-1
LHSV = 2 h-1
Abb. 4.30: Abhängigkeit des Umsatzes von der LHSV und der Temperatur für das
Fe(II)-System (dp = 250 - 355 µm, D = 6, Tvor = 550 °C, 10 Gew.-% K2O)
In Abbildung 4.30 sind die Umsätze gegen die Temperatur für die drei verschiedenen
Belastungen aufgetragen. Die Umsätze sind vergleichsweise gering und liegen bei der
kleinsten LHSV, also der größten Katalysatoreinwaage, bei 45,3 %. Die Umsätze sind
also nur halb so groß wie die gemessenen Umsätze beim Fe(III)-System. Bei allen
Experimenten steigt der Umsatz mit der Temperatur. Je länger die Verweilzeit, desto
größer ist die Zunahme. So ist für die LHSV von 2 h-1 ein fast linearer Verlauf zu
verzeichnen, wohingegen bei einer LHSV von 0,5 h-1 ein exponentielles Verhalten
beobachtet wird. Die Anfangsumsätze liegen oberhalb der Werte aus dem Blindversuch
4 Ergebnisse 80
und sind größer als 5 %.
Aufgrund der sehr geringen Umsätze sind die Styrolselektivitäten annähernd gleich und
liegen bei ca. 96 %. Mit steigenden Temperaturen und Umsätzen sinken die
Selektivitäten im Falle der größten Belastung auf ca. 93 %. Es ist, wie bei allen bisher
gezeigten Umsatz-Selektivitätskorrelationen zu beobachten, dass die Selektivität mit
steigender Verweilzeit bei gleichen Umsätzen sinkt (Abbildung 4.31).
0 10 20 30 40 5090
92
94
96
98
100
LHSV = 0,5 h-1
LHSV = 1 h-1
LHSV = 2 h-1
S(S
t) /
%
X(EtB) / %
Abb. 4.31: Abhängigkeit der Selektivität vom Umsatz und der LHSV für das Fe(II)-
System (dp = 250 - 355 µm, D = 6, 10 Gew.-% K2O)
4.4 Einfluss der Vorbehandlungstemperatur auf das katalytische Verhalten
Da Arbeiten von Mihaljova et al. [76] gezeigt hatten, dass die Vorbehandlungs-
temperatur einen signifikanten Einfluss auf die katalytische Aktivität hatte, wurden die
promotierten Fe(II)- und Fe(III)-Systeme mit unterschiedlichen Temperaturen
vorbehandelt. Die folgenden Abbildungen geben die Abhängigkeit des Umsatzes und
der Selektivität von der Vorbehandlungstemperatur wieder. Da vorangegangene
Versuche gezeigt hatten, dass beim Fe(III)-System, insbesondere bei 10%iger
Kaliumoxidbeladung, Umsätze im Bereich des thermodynamischen Gleichgewichts
erreicht wurden, wurden die folgenden Messungen mit 1 %iger Dotierung durchgeführt,
4 Ergebnisse 81
um einen etwaigen Einfluss zu beobachten.
4.4.1 Einfluss der Vorbehandlungstemperatur auf das Fe(III)-System
In Abbildung 4.32 ist der Umsatz für das Fe(III)-System in Abhängigkeit von der
Temperatur für die drei gewählten Vorbehandlungstemperaturen dargestellt. Man
erkennt keine signifikanten Unterschiede im Umsatzverhalten. Die Umsätze steigen
nicht linear mit der Temperatur an. Bei 650 °C wird der Gleichgewichtsumsatz erreicht.
540 560 580 600 620 640 6600
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
100 °C 200 °C 550 °C X(GG)
X(E
tB)
/ %
T / °C
Abb. 4.32: Umsatz als Funktion der Temperatur für das Fe(III)-System (LHSV =
0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, 1 Gew.-% K2O) in Abhängigkeit von der
Vorbehandlungstemperatur
Auch bei den Selektivitäten unterscheiden sich die drei verschiedenen Katalysatoren
nicht (Abbildung 4.33). Die Katalysatoren zeigen im Rahmen der Messgenauigkeit
gleiche Selektivitäten. Die Vorbehandlungstemperatur ergibt keinen Einfluss auf das
katalytische Verhalten. Die Selektivitätsverläufe sinken synchron mit steigendem
Umsatz von ca. 95,5 % auf 78,0 % ab.
4 Ergebnisse 82
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10075
80
85
90
95
100
100 °C 200 °C 550 °C
S(S
t) /
%
X(EtB) / %
Abb. 4.33: Selektivität als Funktion des Umsatzes für das Fe(III)-System (LHSV =
0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, 1 Gew.-% K2O) in Abhängigkeit von der
Vorbehandlungstemperatur
4.4.2 Einfluss der Vorbehandlungstemperatur auf das Fe(II)-System
Den Ethylbenzolumsatz in Abhängigkeit von der Temperatur bei den verschiedenen
Vorbehandlungstemperaturen gibt Abbildung 4.34 wieder. Die Umsätze steigen
erwartungsgemäß mit zunehmender Temperatur an. Bei 550 °C werden Umsätze von
ca. 5 % erreicht - bei der Maximaltemperatur von 650 °C betragen die Umsätze ca.
45 %. Die Umsätze nehmen mit zunehmender Vorbehandlungstemperatur zu, was
insbesondere bei der Starttemperatur von 600 °C zu beobachten ist. Da die
Kurvenverläufe sich aber insbesondere im unteren und oberen Drittel angleichen, kann
gesagt werden, dass die Vorbehandlungstemperatur nur einen geringen Einfluss auf das
Umsatzverhalten zeigt. Auffällig ist die Lage der in der Abbildung invers dargestellten
Reproduktionsmessungen bei 600 °C. Hier zeigt sich ein Einfluss der
Vorbehandlungstemperatur auf die Katalysatordeaktivierung. Der Umsatz sinkt
überproportional mit steigender Vorbehandlungstemperatur. So liegt die
Reproduktionsmessung für 100 °C und für 550 °C auf dem gleichen Niveau, obwohl der
Umsatz bei 600 °C bei der höchsten Vorbehandlungstemperatur um ca. 10 % höher lag.
4 Ergebnisse 83
540 560 580 600 620 640 6600
5
10
15
20
25
30
35
40
45
T / °C
X(E
tB)
/ %
100 °C 200 °C 550 °C
Abb. 4.34: Umsatz als Funktion der Temperatur für das Fe(II)-System in
Abhängigkeit von der Vorbehandlungstemperatur (LHSV = 0,5 h-1, dp =
250 - 355 µm, 1 Gew.-% K2O); inverse Symbole entsprechen
Reproduktionsmessungen
0 10 20 30 4075
80
85
90
95
100
100 °C 200 °C 550 °C
X(EtB) / %
S(S
t) /
%
Abb. 4.35: Selektivität als Funktion des Umsatzes für das Fe(II)-System (LHSV =
0,5 h-1, dp = 250 - 355 µm, 1 Gew.-% K2O) in Abhängigkeit von der
Vorbehandlungstemperatur
4 Ergebnisse 84
Außerdem sind für die beiden anderen Vorbehandlungstemperaturen von 100 °C und
200 °C nicht die bereits beim Verweilzeitverhalten beschriebenen Umsatzeinbrüche bei
den beiden letzten Messpunkten zu verzeichnen.
Die Styrol-Selektivitäten sind bei gleichem Umsatz für niedrigere Vorbehandlungs-
temperaturen größer (Abbildung 4.35). Bei den Reproduktionsmessungen ergibt sich
nur im Fall der Vorbehandlungstemperatur von 100 °C keine signifikante Änderung.
Für die beiden anderen Fälle sinken die Selektivitäten um ca. 3 %.
4.5 Charakterisierung des Katalysators
4.5.1 Röntgendiffraktogramme des Goethit aus dem Fe(II)- und Fe(III)-System
Abbildung 4.36 zeigt das Röntgendiffraktogramm des Fe(II)-Systems. Es sind nur
Reflexlagen zu finden, die Goethit α-FeOOH und Spuren an Lepidocrocit γ-FeOOH
zuzuordnen sind. Die Intensitäten sind sehr gering und die Reflexe stark verbreitert.
Eine Bestimmung der Teilchengröße über die Scherrer-Gleichung anhand der
Halbhöhenbreite von 1° des (110)-Hauptreflexes ergibt eine Teilchengröße von nur
10 nm.
Anders als beim Fe(II)-System treten im Röntgendiffraktogramm des Goethit, der aus
einem Fe(III)-System hergestellt wurde, keine verbreiterten Röntgenreflexe auf
(Abbildung 4.37). Alle Reflexe haben vergleichsweise geringe Halbwertsbreiten von
0,15 - 0,17°, was darauf hindeutet, dass die Primärkristallite Abmessungen von mehr als
100 nm aufweisen. Die Intensität der Reflexe ist doppelt so groß wie beim Goethit aus
einem Fe(II)-System. Die Reflexlagen können einem Gemisch aus Goethit und Hämatit
zugeordnet werden. Der deutlich hervortretende (104)-Reflex von Hämatit zeigt, dass
diese Komponente einen erheblichen Anteil an der Probenzusammensetzung hat.
Die BET-Oberflächen unterscheiden sich signifikant. So ist die Oberfläche des Goethit
aus Fe(II) mit 94,0 m²/g fast sechs mal größer als die des aus Fe(III) hergestellten.
4 Ergebnisse 85
Lin
(Cps
)
100
200
300
2-Theta - Scale
20 40 60 80
BET: 94,0 m2/g
α-FeOOH
γ−FeOOH(110)
(111)
(130)
(020)
(051,200)
(120)
Lin
(Cps
)
100
200
300
2-Theta - Scale
20 40 60 80
BET: 94,0 m2/g
α-FeOOH
γ−FeOOH
α-FeOOHα-FeOOH
γ−FeOOHγ−FeOOH(110)
(111)
(130)
(020)
(051,200)
(120)
Abb. 4.36: Röntgendiffraktogramm des Goethit aus dem Fe(II)-System
Lin
(C
ps)
0
200
400
600
2-Theta - Scale
20 40 60 80
BET: 16,9 m2/g
α-FeOOH
Fe2O3
(110)
(111)
(104)
(024)
(116)
Lin
(C
ps)
0
200
400
600
2-Theta - Scale
20 40 60 80
BET: 16,9 m2/g
α-FeOOH
Fe2O3
(110)
(111)
(104)
(024)
(116)
BET: 16,9 m2/g
α-FeOOHα-FeOOH
Fe2O3
(110)
(111)
(104)
(024)
(116)
Abb. 4.37: Röntgendiffraktogramm des Goethit aus dem Fe(III)-System
4.5.2 Röntgendiffraktogramme des Hämatit aus dem Fe(II)- und Fe(III)-System
Durch Aufheizen im Vakuum mit 1 K/min auf 550 °C wurden die Goethite
dehydratisiert und Hämatit gebildet. Die Röntgendiffraktogramme des aus dem Fe(II)-
als auch aus dem Fe(III)-System erhaltenen Hämatit (Abbildung 4.38 und 4.39) ließen
nur Reflexe des Hämatit und Magnetit erkennen. Im Vergleich zur Ausgangssubstanz
4 Ergebnisse 86
Goethit nimmt die Intensität der Reflexe beim Fe(II)-System zu. Es kommt demnach zu
einem Sinterungsprozess während der Dehydratisierung. Die Sinterung erkennt man
auch an der Abnahme der BET-Oberfläche von 94 m²/g auf 8,1 m²/g.
Abb. 4.38: Röntgendiffraktogramm des Hämatit aus dem Fe(II)-System
Abb. 4.39: Röntgendiffraktogramm des Hämatit aus dem Fe(III)-System
Auch die Dehydratisierung des Fe(III)-Systems geht mit einer Sinterung einher.
Entsprechend verringert sich hier die BET-Oberfläche von 16,9 m²/g auf 12,3 m²/g. Die
Sinterung ist ebenfalls an der Verringerung des Untergrundes ersichtlich. Die
0
Lin
(C
ps)
0
100
200
2-Theta - Scale
20 40 60 80
α-Fe2O3
Fe3O4
BET: 12,3 m2/g
(104)
(110)
(116)
(220)(511)
α-Fe2O3
Fe3O4
α-Fe2O3α-Fe2O3
Fe3O4Fe3O4
BET: 12,3 m2/g
(104)
(110)
(116)
(220)(511)
Lin
(C
ps)
200
400
600
800
1000
2-Theta - Scale
20 40 60 80
α-Fe2O3
Fe3O4
BET: 8,1 m2/g
(104)
(110)
(116)
(220) (400)(511)
α-Fe2O3
Fe3O4
α-Fe2O3α-Fe2O3
Fe3O4Fe3O4
BET: 8,1 m2/g
(104)
(110)
(116)
(220) (400)(511)
4 Ergebnisse 87
Halbhöhenbreiten liegen in beiden Fällen unter 0,15°, so dass die Teilchengrößen
oberhalb 100 nm liegen.
4.5.3 SEM und TEM-Aufnahmen von Goethit und Hämatit
Die gezeigten SEM-Aufnahmen stellen eine repräsentative Auswahl aus allen
Aufnahmen dar. Sie zeigen für Goethit (Abbildung 4.40), dass ein aus Fe(II)
hergestellter Kristallit unregelmäßig geformte Plättchen der Größe 30 x 250 nm hat.
Wird der Goethit aus Fe(III) hergestellt, so werden Kristallite erhalten, die vier mal (ca.
0,1 x 1 µm) so groß sind. Alle Kanten sind scharf ausgeprägt, es sind keine
Abrundungen, Tröpfchen oder verlaufende Konturen zu beobachten.
Dem sind die TEM-Aufnahmen von Hämatit gegenübergestellt (Abbildung 4.41). Die
Hämatitkristalle aus Fe(II) sind ausgebildet in Form von Plättchen. Einige Plättchen
weisen definierte Winkel auf, andere eher verlaufende Strukturen. Die Größe beträgt ca.
50 x 150 nm. Die TEM-Analyse des aus Fe(III) synthetisierten Hämatit zeigt auch hier
plättchenförmige Kristallite. Im Gegensatz zum Fe(II)-stämmigen Hämatit wird hier
aber eine strukturierte Oberfläche gefunden. Bei 200.000facher Vergrößerung ist
erkennbar, dass die Oberfläche des Hämatit runde Poren aufweist. Die Durchmesser der
runden Poren streuen über einen Bereich von 3 - 10 nm. Einige größere Poren haben
eine ovale Form mit einer maximalen Größe von 100 x 10 nm.
4 Ergebnisse 88
Abb. 4.40: SEM-Aufnahmen Goethit aus Fe(II) (links) und Fe(III) (rechts)
Abb. 4.41: TEM-Aufnahmen Hämatit aus Fe(II) (links) und Fe(III) (rechts)
10 nm 100 nm
4 Ergebnisse 89
4.5.4 TPR-Untersuchungen von Goethit und Hämatit
Abbildung 4.42 zeigt das TPR-Profil der Reduktion von Goethit gebildet aus einem
Fe(II)- und Fe(III)-System. Die Reduktion des Goethit erfolgte dabei in 2 Schritten.
100 200 300 400 500 600 700 800
0,0
1,0x10-7
2,0x10-7
3,0x10-7
4,0x10-7
5,0x10-7
6,0x10-7
α-FeOOH aus Fe(II) α-FeOOH aus Fe(III)
H2-
Ver
brau
ch (
mol
/s)
T (°C)
Abb. 4.42: TPR von α-FeOOH aus einem Fe(II)- und Fe(III)-System
(Einwaage 30,3 bzw. 30,4 mg, Heizrampe 15 K/min)
Der erste Peak ist hierbei der Reduktion des Hämatit zum Magnetit zuzuordnen:
3 Fe2O3 + H2 2 Fe3O4 + H2O (4.2)
Hämatit wird parallel durch Wasserabspaltung des Goethit gebildet. Der zweite Peak
spiegelt die Totalreduktion zum metallischen Eisen wider:
Fe3O4 + 4 H2 3 Fe + 4 H2O (4.3)
Der Reduktionsgrad beider Proben ist mit 87 und 88 % unvollständig. Dies liegt darin
begründet, dass mit 800 °C die maximal mögliche Temperatur erreicht wurde und die
Temperatur danach konstant blieb. Die Reduktion zum Magnetit beginnt beim Fe(II)-
System bei einer um 50 °C niedrigeren Temperatur. Im Gegensatz zur Literatur zeigt
4 Ergebnisse 90
sich im TPR-Profil des Fe(III)-Systems beim ersten Peak die Ausbildung einer Schulter
bei ca. 410 °C, welche in der Literatur nicht beschrieben wird.
100 200 300 400 500 600 700 800
0,0
1,0x10-7
2,0x10-7
3,0x10-7
4,0x10-7
5,0x10-7
6,0x10-7
Fe2O
3
Fe2O
3 aus Fe(II)
Fe2O
3 aus Fe(III)
H2-
Ver
brau
ch (
mol
/s)
T (°C)
Abb. 4.43: TPR von Fe2O3 aus Fe(II)- und Fe(III)-System sowie gekauftes Fe2O3 als
Referenz (Einwaage 30,3 - 30,9 mg, Heizrampe 15 K/min)
Abbildung 4.43 zeigt im Vergleich die TPR-Profile kalzinierter Proben der beiden
Eisensysteme, die also bereits aus Hämatit bestehen. Darüberhinaus wurde als
Referenzprodukt Hämatit der Firma Alfa vermessen. Es zeigt sich, dass die Reduktion
des Hämatit einheitlich bei ca. 300 °C beginnt. Allerdings unterscheiden sich die
Peaklagen für das Fe(III)-System von denen des Fe(II)-Systems und dem
kommerziellen Hämatit. So liegt der Peak für das Fe(III)-System bei ca. 400 °C,
während die beiden anderen Peaks bei einer Temperatur von ca. 460 °C liegen. Die
Peaks für die Reduktion des Magnetit zum metallischen Eisen weisen in allen Fällen
unregelmäßige Formen auf. An der Schulter bei ca. 800 °C für das kommerzielle
Hämatit ist zu erkennen, dass die Reduktion zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig
war. Dies zeigt sich auch beim Reduktionsgrad, der im Unterschied zu den beiden
Eisensystemen mit 96 % nur 93 % beträgt. Auch hier ist beim Fe(III)-System wie beim
entsprechenden Goethit eine Schulter beim ersten Peak zu beobachten.
Die Gegenüberstellung der TPR-Profile von Hämatit und Magnetit in Abbildung 4.44
4 Ergebnisse 91
bestätigt die Peakzuordnungen der vorherigen Abbildungen. Erwartungsgemäß zeigt
Magnetit nur einen Peak. Auch hier zeigt sich die unvollständige Reduktion, bedingt
durch die apparativen Beschränkungen in der Ausbildung eines Sattelpunkts sowie im
Reduktionsgrad von nur 94 %.
100 200 300 400 500 600 700 800
0,0
1,0x10-7
2,0x10-7
3,0x10-7
4,0x10-7
5,0x10-7
6,0x10-7
α-Fe2O
3
Fe3O
4
H2-
Ver
brau
ch (
mol
/s)
T (°C)
Abb. 4.44: TPR von kommerziellem Fe2O3 sowie Fe3O4 als Referenz
(Einwaage 30,3 bzw. 30,4 mg, Heizrampe 15 K/min)
4.5.5 Thermogravimetrische Messungen an Goethit
Die Experimente an Goethit aus den beiden Eisensystemen ergeben, dass die
Wasserabspaltung und die Bildung von Hämatit beim Fe(II)-System bei tieferen
Temperaturen beginnt als beim Fe(III)-System (Abbildung 4.45 u. 4.46). So ist beim
Fe(II)-System bei ca. 240 °C die maximale Gewichtsabnahme zu beobachten, während
dies beim Fe(III)-System erst bei 310 °C erfolgt.
Gemäß der Stöchiometrie
2 FeOOH Fe2O3 + H2O (4.4)
beträgt der stöchiometrische Massenverlust 10 %. Dieser wird beim Fe(II)-System um
4 Ergebnisse 92
4 % überschritten, was auf Restfeuchte der nur bei 70 °C getrockneten Proben
zurückgeführt werden kann. Beim Goethit aus dem Fe(III)-System wird der theoretische
Gewichtsverlust mit 8 % annähernd erreicht.
100 200 300 400 500 600 700 800 900
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
0
Temperatur / °C
Mas
seän
deru
ng /
%
-2,0x10-2
-1,5x10-2
-1,0x10-2
-5,0x10-3
0,0
5,0x10-3
(5 K/min; 100 ml syn. Luft)
∆m
/∆T
Abb 4.45: Thermogravimetrische Untersuchungen an Goethit aus Fe(II)-System
100 200 300 400 500 600 700 800 900
-10
-8
-6
-4
-2
0
Temperatur / °C
Mas
seän
deru
ng /
%
-1,0x10-4
-5,0x10-5
0,0
(5 K/min; 100 ml syn. Luft)
∆m
/∆T
Abb 4.46: Thermogravimetrische Untersuchungen an Goethit aus Fe(III)-System
4 Ergebnisse 93
4.5.6 IR-Spektroskopie an Goethit aus dem Fe(II)- und Fe(III)-System
Zur Kontrolle der Präparationsmethode und des damit verbundenen Waschprozesses
wurden von beiden Goethit-Precursor IR-Spektren aufgenommen, welche in Abbildung
4.47 dargestellt sind. In den Spektren treten entsprechend der Zuordnung [96] nur
charakteristische Banden des Goethit und des Lepidocrocit auf. Zu erkennen sind beim
Goethit entsprechende Deformationsschwingungen bei 630, 790 und 890 cm-1 sowie
OH-Deformationsschwingungen bei 1020 cm-1, welche dem Lepidocrocit zuzuordnen
sind. Anhand der beiden Banden bei 1330 und 1540 cm-1 wird deutlich, dass trotz des
intensiven Waschprozesses Reste an adsorbiertem Carbonat im Goethit des Fe(II)-
Systems verblieben sind. Ein scharfer IR-Peak bei 1400 cm-1 ist beim Goethit aus dem
Fe(III)-System nicht zu finden, so dass hier keine Nitrat-Reste aus der Präparation
vorliegen, der Waschvorgang somit ausreichend war. Die deutlich stärker ausgebildete
Bande bei ca. 3500 cm-1 für das Fe(II)-System bestätigt qualitativ den schon in der
Thermogravimetrie aufgezeichneten größeren Wassergehalt im Goethit.
Abb. 4.47: IR-Spektren der Goethit-Precursor und des kommerziellen Hämatit
Die Zuordnung der Banden erfolgte nach Addiego [96].
4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
γ-FeOOH
1020 δOH i.p
Carbonate
Surface OH3660
3484 Surface OH3140 νOH stretch
α-Fe2O3
α-FeOOH aus Fe(II)
α-FeOOH aus Fe(III)
% R
efle
xio
n
cm-1
1100 1000 900 800 700 600 500 400
630τO
890δOH i.p. 790
γOH o.o.p
cm-1
4 Ergebnisse 94
4.5.7 Röntgendiffraktogramme des kaliumpromotierten Fe(III)-Systems
Da sich bei den katalytischen Messungen ergeben hat, dass das Fe(III)-System die
höhere katalytische Aktivität besitzt, wurden die drei kaliumpromotierten Proben vor
und nach dem Kalzinieren bei 550 °C im Vakuum röntgendiffraktometrisch untersucht
(Abbildungen 4.48 und 4.49). Die Diffraktogramme des promotierten Goethit
unterscheiden sich nicht, unabhängig vom Kaliumgehalt. Es finden sich nur Reflexe des
Goethit. Nach dem Kalzinieren liegt Hämatit vor. Darüber hinaus ist aber das
Anwachsen eines Reflexes bei 2θ = 14,9° mit zunehmendem Kaliumgehalt zu
verzeichnen. Dieser Reflex ist nicht dem Hämatit zuzuordnen. Bei diesem Reflex
könnte es sich um die von Muhler [65] postulierte aktive katalytische Phase K2Fe22O34
handeln. Allerdings finden sich außer diesem (004)-Reflex keinerlei andere dieser
Substanz entsprechende Reflexe, weshalb Aussagen hierzu nur unter Vorbehalt möglich
sind. Mit dem ansteigendem Kaliumgehalt sinkt die BET-Oberfläche von 16,1 m²/g auf
9,5 m²/g. Die an Luft bei 900 °C kalzinierten Proben wiesen alle eine BET-Oberfläche
von 1,0 - 1,3 m²/g auf.
10 20 30 40 50 60 70
5000
6000
7000
8000
9000
10000
11000
(221)(111)
(130)
(110)
10 % K2O
1 % K2O
0,3 % K2O
cps
2 θ
Abb.4.48: Röntgendiffraktogramme des kaliumpromotierten Goethit aus dem Fe(III)-
System für verschiedene Kaliumoxidgehalte
4 Ergebnisse 95
10 20 30 40 50 60 702000
4000
6000
8000
10000
12000
14000
0,3 % K2O
1 % K2O
10 % K2O
cps
2 θ
Abb.4.49: Röntgendiffraktogramme des kaliumpromotierten Hämatit aus dem Fe(III)-
System für verschiedene Kaliumoxidgehalte
10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70
K2Fe
22O
34
Fe2O
3
Inte
nsity
2 θ
Abb.4.50: Röntgendiffraktogramme des kaliumpromotierten Hämatit aus dem Fe(III)-
System nach Kalzinierung an Luft (10 % K2O-Gehalt)
Nach dem Kalzinieren bei 900 °C an Luft wurde die Probe mit 10 %igem
Kaliumoxidgehalt nochmals vermessen (Abbildung 4.50). Die Intensitäten sind nur
noch sehr gering, allerdings finden sich entsprechend den proportional zu ihrer
4 Ergebnisse 96
Intensität unterlegten Reflexlagen gemäß Literatur [84] nun weitere Reflexe, welche
dem K2Fe22O34 zuzuordnen sind. Deshalb erscheint es als wahrscheinlich, dass es sich
bei dem zuvor gefundenen Reflex der bei 550 °C im Vakuum vorbehandelten Probe um
die gleiche Substanz handelt.
5 Diskussion 97
5 Diskussion
5.1 Aufbau der Versuchsapparatur und Entwicklung einer Online-Analytik
Eine Teilaufgabe dieser Arbeit war der Aufbau einer Versuchsapparatur und die
Entwicklung einer Online-GC-Analytik zur Bestimmung der Edukt- und Produkt-
zusammensetzungen, um die bisher in der Literatur beschriebenen aufgrund des hohen
Wassergehalts benötigten arbeitsintensiven Probenvorbereitungen vor der eigentlichen
GC-Analyse zu umgehen. Hierzu wurde durch eine zeitprogrammierte Säulenschaltung
von zwei FFAP-Säulen und einer Carbosieve SII-Säule eine Lösung des Trennproblems
entwickelt, das eine Erfassung aller Schlüsselkomponenten Ethylbenzol, Styrol, Benzol
und Toluol der katalytischen Ethylbenzoldehydrierung mittels Flammen-
ionisationsdetektor ermöglichte. Aufgrund der Wasserunempfindlichkeit der FFAP-
Säulen konnten die Proben direkt - ohne vorangehende Auskondensation und
Trocknung - auf die Säule gegeben werden. Eine Analyse der Gase erfolgte über die
Carbosieve SII-Säule in Kombination mit einem Wärmeleitfähigkeitsdetektor. Auf diese
Art und Weise konnte eine Analyse innerhalb von 26 min durchgeführt werden.
Darüber hinaus wurde durch die schnelle Probennahme eine zeitnahe Verfolgung des
Deaktivierungsverhaltens möglich.
Große Probleme bereitete hingegen die Kombination dieser Online-Analytik mit einem
Verdampfersystem. Die zunächst verwendete Verdampferkonstruktion, bestehend aus
einem mit Raschigringen gefüllten Edelstahlrohr mit Edelstahlkapillaren als Zuleitung,
in Verbindung mit zwei HPLC-Pumpen zur Dosierung von Wasser und Ethylbenzol,
war nicht langzeitstabil. Verkokungsprobleme im Verdampfersystem sowie in den
Zuführleitungen ließen sich nicht umgehen, da sehr hohe Temperaturen im Verdampfer
nötig waren, um eine stoßende Verdampfung zu unterbinden. Bei tieferen Verdampfer-
temperaturen verfälschten gerade diese Pulsationen die GC-Analysen, weshalb vom
Verdampfersystem abgegangen und für die katalytischen Messungen mit zwei
Sättigersystemen gearbeitet wurde. Die Kombination Sättigersystem und Online-GC-
Analytik funktionierte problemlos. Mit Hilfe der Dampfdruckkurven für Ethylbenzol
und Wasser wurden über die Temperatur Standardbedingungen eingestellt, so dass
5 Diskussion 98
außer einem regelmäßigen Auffüllen der Sättigersysteme keinerlei weitere Arbeit
entstand.
5.2 Der Referenzkatalysator S6-20
5.2.1 Katalytische Untersuchungen am S6-20
Als Referenzkatalysator zur Austestung der konzipierten Versuchsapparatur und als
Vergleichskatalysator für die selbst hergestellten Katalysatoren diente der kommerzielle
Styrolkatalysator S6-20 der BASF.
Das Langzeitexperiment (Abbildung 4.2) ergab, dass der Katalysator unter Reaktions-
bedingungen stabil war. Der Umsatz blieb im vermessenen Zeitraum auf konstant
hohem Niveau. Allerdings war eine leichte Abnahme der Styrolselektivität mit der Zeit
zu beobachten, welche mit einer Zunahme der Toluol- und Benzolselektivität
einherging. Eine für SLP-Katalysatoren typische Formierung unter Ausbildung der
katalytisch aktiven Phase durch Reaktion des Wasserdampfes mit Kaliumoxid zu einem
metastabilen Feststoffgemisch aus KFeO2, Fe3O4 und K2Fe22O34 [65] war nicht zu
erkennen. Es konnte kein entsprechender Anstieg des Umsatzes zu Beginn beobachtet
werden. Im Rahmen der Messgenauigkeit kann gesagt werden, dass Deaktivierungs-
effekte beim BASF-Katalysator für den vermessenen Zeitraum von 35 h keine Rolle
spielen. Dies war zu erwarten, da es sich beim verwendeten S6-20 um einen
großtechnisch verwendeten Katalysator handelt, so dass eine Deaktivierung erst in
wesentlich größeren Zeiträumen (mehrere Monate bis Jahre) zu beobachten wäre.
Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die katalytischen Messungen in einem
Festbettreaktor erfolgten. Hierbei kann eine möglicherweise durch das Katalysatorbett
fortschreitende Deaktivierung durch Konzentrationsmessung am Ausgang nicht
nachgewiesen werden, da Umsatz und Selektivität so lange konstant bleiben bis die
Deaktivierungsfront die gesamte Schüttung durchwandert hat. Ein genauerer Aufschluss
über das Alterungsverhalten des Katalysators kann nur in einem gradientfreien Reaktor
erfolgen bei dem das Reaktionsgas wiederholt die Katalysatorschüttung durchströmt,
bevor es den Reaktionsraum verlässt. Experimente in einem Kreislaufreaktor geben
5 Diskussion 99
aufgrund des gradientfreien Betriebs und der daraus resultierenden gleichmäßigen
Deaktivierung der gesamten Schüttung genaueren Aufschluss über das Alterungs-
verhalten des Katalysators [68].
Ein wesentliches Ergebnis der katalytischen Messungen war der funktionelle
Zusammenhang zwischen Umsatz und Selektivität. Die Selektvitätsabnahme bei hohen
Umsätzen kann durch Diffusionshemmung verursacht werden, wenn die Hauptreaktion
stärker diffusionsgehemmt ist als die Nebenreaktionen, wodurch der Transport von
Styrol gegenüber Toluol oder Benzol gehemmt ist oder, wenn die Konzentration der
Reaktionsprodukte in tiefergelegenen Poren gegenüber der frei fließenden Gasphase im
Reaktor erhöht ist. An diesen Orten mit erhöhten Produktkonzentrationen werden sich
vermehrt Nebenprodukte bilden, z. B., weil die Rückreaktion vermehrt einsetzt.
Versuche zur Untersuchung der Reaktion auf Stoffübergangshemmung und zum
Einfluss des inneren Stofftransportes sowohl am S6-20 als auch an den übrigen
Katalysatoren ergaben jedoch, dass unter den gewählten Bedingungen keine
Limitierung der Reaktionsgeschwindigkeit durch äußeren und inneren Stoffübergang
auftrat. Ein Einfluss auf die Umsatz-Selektivität-Korrelation kann also verneint werden.
Aussagen von Lee [66], wonach innere Transporteinflüsse nur bei Teilchen kleiner als
0,6 mm ausgeschlossen werden konnten, wurden damit bestätigt.
Bei dem Versuch mit Inertschüttung war zu beobachten, dass die für Benzol und Toluol
gemessenen Selektivitäten das Niveau des heterogen katalysierten Vergleichversuchs
deutlich übertrafen. Dies deutet darauf hin, dass die Nebenreaktionen zu Benzol und
Toluol zumindest zum Teil Homogenreaktionen sind, die in Anwesenheit des
Katalysators wegen der Selektivitätslenkung zum Styrol gehemmt werden. Bei
niedrigen Umsätzen gewinnen Wand- und Gasphasenreaktion an Gewicht, wobei
Benzol bevorzugt entsteht. Aus dem Benzol/Toluol-Verhältnis von ca. 1,6 bei 600 °C
wird im Vergleich zu den katalytischen Messungen bei gleicher Temperatur ersichtlich,
dass bei 600 °C Blindreaktionen keine wesentliche Rolle spielen, da hier in der Regel
ein Verhältnis von 1 gefunden wurde. Erst bei tieferen Temperaturen wird unter
katalytischen Bedingungen ein Benzol/Toluol-Verhältnis zwischen 1,3 und 1,9
gefunden, was dem Verhältnis des Blindversuchs entspricht.
5 Diskussion 100
Neben der Bildung des Hauptproduktes Styrol und den bereits erwähnten
Nebenprodukten Benzol und Toluol werden in der Literatur die Rückstandsbildung und
vor allem Vergasungsreaktionen zu CO und CO2 - aus Methan, Ethan und Ethen, die
wiederum bei der Dealkylierung von Ethylbenzol bzw. Styrol entstehen - diskutiert. Zur
Beschreibung des gesamten Reaktionssystems wurden in der Literatur [19, 97, 98] in
der Regel nur sechs Reaktionen (Gl. 2.1 - 2.6) herangezogen. Andere Reaktions-
produkte konnten auch im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgewiesen werden. Die
Kinetik der reversiblen Hauptreaktion wird dabei durch Hougen-Watson-
Geschwindigkeitsansätze beschrieben. Diese Ansätze unterscheiden sich bei den
verschiedenen Autoren lediglich durch den Adsorptionsterm. Die Geschwindigkeiten
der übrigen irreversiblen Reaktionen werden über einfache Potenzansätze ausgedrückt.
Der Selektivitätsverlauf für Benzol im Deaktivierungsversuch bestätigt qualitativ die
primäre Bildung aus Ethylbenzol nach den publizierten Geschwindigkeitsansätzen 1.
Ordnung (rBz = k pEtB), aufgrund einer Anfangsselektivität bei geringen Umsätzen. Dies
wird durch die Versuche unter Variation der Verweilzeit bestätigt. Der Verlauf der
Selektivität zu Toluol bestätigt ebenfalls qualitativ die Toluolbildung als von der
Wasserstoff- und Ethylbenzolkonzentration abhängige Reaktion 2. Ordnung.
Bei niedrigen Umsätzen ist das Verhältnis der Selektivitäten von Benzol zu Toluol
größer als 1, d. h. bei den Nebenprodukten bildet sich mehr Benzol als Toluol. Dieses
Verhalten bei kleinen Umsätzen kann möglicherweise auf Blindreaktionen
zurückgeführt werden, die verstärkt zu Benzol führen. Bei Annäherung an das
thermodynamische Gleichgewicht verringert sich die Reaktionsgeschwindigkeit für die
Styrolbildung. Somit verringert sich auch das Verhältnis der Reaktions-
geschwindigkeiten für die Bildung von Styrol und von Nebenprodukten zugunsten der
Nebenprodukte. Dieses ist eine mögliche Erklärung für die Abnahme der
Styrolselektvität bei hohen Umsätzen bei gleichzeitiger Selektivitätserhöhung für
Benzol und Toluol. Eine weitere Erklärung wäre eine Bildung der Nebenprodukte aus
Styrol. Dieses scheint sich aus den Versuchen zur Abhängigkeit von Umsatz und
Selektivitäten von der Verweilzeit anzudeuten. Jedoch wird in der Literatur die Bildung
der Nebenprodukte aus Styrol nicht erwähnt. Dieses könnte durch Zuspeisung eines
5 Diskussion 101
Styrol-Wasser-Gemisches über einen Styrolkatalysator bei adäquaten Versuchs-
bedingungen überprüft werden.
Während der Reaktion kommt es zu einer Sinterung des Styrolkatalysators S6-20. Die
in den Diffraktogrammen erkennbare Sinterung des Katalysators während der Reaktion
wird durch die Verringerung der BET-Oberfläche bestätigt. Die gemessene BET-
Oberfläche stimmt im Rahmen der Messgenauigkeit mit den Angaben von Forni et al.
mit 10,7 m²/g überein [79]. Forni bestimmte außerdem durch Hg-Penetration das Poren-
Volumen. Das Poren-Volumen betrug 0,205 ± 0,009 ml/g für Poren der Größe 75 –
75.000 Å. Er beobachtete ein sehr scharfes Maxima in der Porenverteilung, d. h. mehr
als 95 % wiesen einen Porenradius von 100 – 300 Å auf.
Mit dem Sinterungsprozess ging auch eine sichtbare Wandlung des Katalysators einher.
Der vor der Reaktion rotbraune Katalysator aus Hämatit wurde während der Reaktion
gemäß dem 3-Phasen-Modell (Abbildung 2.7) von Muhler [65] durch den bei der
Reaktion entstehenden Wasserstoff zu schwarzem Magnetit reduziert. Die
Diffraktogramme zeigen nach der Reaktion nur noch Reflexe von Magnetit. Die
Tatsache, dass keine Reflexe kaliumhaltiger Komponenten gefunden werden konnten
liegt darin begründet, dass die aktive katalytische Phase äußerst luftempfindlich ist.
Muhler [65] gelang ein Nachweis mittels Pulverdiffraktometrie nur durch Abschrecken
der Ausbauprobe und Transport unter Luftabschluss. Dies war, bedingt durch den
Aufbau der Versuchsapparatur, nicht möglich. Zum Ausbau der Proben mussten die
Anschlüsse des Quarzreaktors gelöst werden, wodurch ein Luftkontakt nicht zu
vermeiden war. Durch die hohe Wärmekapazität der verwendeten Sandwirbelschicht
zur Reaktorbeheizung dauerte der Ausbau der Probe darüber hinaus mindestens 2 h. Das
Kaliumhydroxid segregierte hierbei als weißer Film röntgenamorph auf den
Ausbauproben und konnte somit nicht erfasst werden. Nur im Röntgendiffraktogramm
des frischen Katalysators konnten Reflexlagen gefunden werden, die Hinweise auf eine
existierende kaliumhaltige Phase gaben.
5 Diskussion 102
5.3 Katalytisches Verhalten der Katalysatoren aus dem Fe(II)- und
Fe(III)-System
Die unpromotierten Katalysatorvorstufen zeigten ohne Kaliumpromotor beide nur eine
geringe Aktivität. Die Umsätze lagen in beiden Fällen in der Größenordnung, die auch
bei den Leerrohrversuchen gemessen wurden. Allerdings ergab sich eine andere
Selektivitätsverteilung als bei der Inertschüttung. So zeigte sowohl das Fe(II)-System
als auch das Fe(III)-System eine hohe Selektivität zum Styrol. Die Selektivität betrug
ca. 92 % beim Fe(III)-System und ca. 85 % beim Fe(II)-System. Nach einer Einlaufzeit
von ca. 16 h war dann im Rahmen der Messgenauigkeit bei beiden Katalysatoren keine
Änderung im Umsatz und im Selektivitätsverhalten mehr festzustellen. Während der
Bypass-Phasen kam es in beiden Fällen zur Ausbildung von Koks und Styrol-
oligomeren, welche nach Wiederzuspeisung von Wasserdampf zu Benzol umgesetzt
wurden. Aus der Tatsache, dass nach einer gewissen Zeit in beiden Fällen die
Ausgangswerte vor der Bypassschaltung wieder erreicht wurden, kann gefolgert
werden, dass auf beiden Katalysatoren ein Gleichgewichtszustand vorlag, d. h. eine
konstante Menge an Kohlenstoffablagerungen vorhanden war. Die etwas höhere
Styrolselektivität des Fe(III)-Systems kann demnach zum einen in der Art der
Kohlenstoffablagerung auf dem Katalysator begründet sein – sprich „active coke“, wie
sie auch bei der oxidativen Dehydrierung diskutiert wird. Zum anderen haben
Forschungen von Kuhrs et al. [75] gezeigt, dass die Styrolbildung mit steigender
Anzahl an Fehlstellen zunimmt. Hiervon kann in Anbetracht der Porenausbildung und
der pseudomorphen Kristallstruktur, die bei den elektronenmikroskopischen Unter-
suchungen gefunden wurde, ausgegangen werden. Wie beim Referenzkatalysator waren
die katalytischen Experimente auch bei den selbst hergestellten Katalysatoren weder
von inneren noch äußeren Transportlimitierungen beeinflusst.
Kalium erhöhte signifikant das Langzeitverhalten beider Hämatite. Aber nur für drei der
sechs untersuchten Katalysatoren kann gesagt werden, dass Deaktivierungseffekte eine
geringe Rolle spielen. Hierbei handelt es sich um die Hämatite mit 1 % und 10 %
Kaliumoxid aus dem Fe(III)-System und den Hämatit mit 10 % Kaliumoxid aus dem
Fe(II)-System. Beim letzteren Katalysator war zwar ein Einlaufverhalten zu beobachten,
5 Diskussion 103
währenddessen der Umsatz von ca. 25 % auf 20 % sank, aber nach 10 h war im Rahmen
der Messgenauigkeit keine Änderung im Umsatzverhalten mehr festzustellen. Die
katalytische Aktivität war für den Hämatit aus dem Fe(III)-System wesentlich größer als
für den Hämatit aus dem Fe(II)-System. So zeigte der Katalysator aus dem Fe(III)-
System mit 0,3 % Kaliumoxidgehalt höhere Umsätze als der Katalysator mit 10 %
Kaliumoxidgehalt aus dem Fe(II)-System. Da für die beiden Katalysatoren aus dem
Fe(III)-System mit 1 und 10 %igem Kaliumoxid-Gehalt bei den gewählten Standard-
bedingungen (TR = 600 °C, LHSV = 0,5 h-1) Umsätze erreicht wurden, die nahe dem
thermodynamischen Gleichgewicht lagen, konnte mit diesem Versuch noch nicht
eindeutig eine Deaktivierung ausgeschlossen werden. Da bei einer Gleichgewichts-
einstellung im hinteren Teil der Katalysatorschüttung keine effektive Umsetzung mehr
erfolgt. Im Falle einer Überdimensionierung des Bettes verkürzt sich zwar diese Zone,
die Umsätze ändern sich aber nicht. Daher wird die Tatsache, dass die beiden genannten
Katalysatoren aus dem Fe(III)-System nicht deaktivieren, erst durch bei anderen
Versuchen durchgeführte abschließende Reproduktionsmessungen, geklärt. So ist bei
der Variation der Verweilzeit für das Fe(III)-System mit 10 % Kaliumoxidgehalt auch
bei der größten Belastung, weit genug vom thermodynamischen Gleichgewicht entfernt,
keine Deaktivierung zu verzeichnen.
Kalium erhöht neben der Langzeitstabiltität und dem Umsatz die Styrolselektivität. Bei
gleichen Umsätzen von 50 % werden mit steigendem Kaliumoxidgehalt steigende
Styrolselektivitäten erhalten. So ist für einen Kaliumoxidgehalt von 0,3 % beim Fe(III)-
System ein Umsatz von ca. 85 % zu verzeichnen, während die Selektivitäten für die
Kaliumoxidgehalte 1 % und 10 % annähernd gleich bei ca. 93 % liegen. Vergleicht man
die Daten der beiden Katalysatoren mit den höchsten Kaliumoxidgehalten mit denen des
kommerziellen Katalysators der BASF, so werden in allen drei Fällen bei 50 %igem
Umsatz gleiche Selektivitäten erreicht. Allerdings werden die 50 %igen Umsätze beim
Katalysator mit 1 % K2O-Gehalt bei ca. 580 °C und beim Katalysator mit 10 % K2O-
Gehalt bereits bei ca. 560 °C erzielt. Gleiche Umsätze werden beim S6-20 erst bei
600 °C erhalten, also bei einer 40 °C höheren Temperatur. Der Katalysator aus dem
Fe(III)-System mit 10 %igem Kaliumoxidanteil ist also um ein vielfaches aktiver.
5 Diskussion 104
Gleicher Sachverhalt ergibt sich auch für Hämatit aus dem Fe(II)-System, nur sind die
Aktivitäts- und Selektivitätssteigerungen sehr viel geringer als beim Fe(III)-System,
was auch nach den Ergebnissen aus den Deaktivierungsversuchen zu erwarten war. Mit
steigendem Kaliumoxidgehalt wachsen die Umsätze im Falle des Katalysators mit 10 %
Kaliumoxidgehalt auf maximal 45 %. Hierfür ist allerdings eine Temperatur von 650 °C
notwendig. Die Selektivitäten sind aufgrund der geringeren Umsätze größer als beim
Fe(III)-System mit gleichem Kaliumgehalt.
Vergleicht man nun den besten Styrolkatalysator mit 10 % Kaliumoxidgehalt aus dem
Fe(III)-System mit dem Referenzkatalysator der BASF unter dem Gesichtspunkt der
Verweilzeit, so zeigt sich, dass selbst bei der vierfachen Belastung über dem gesamten
Temperaturverlauf höhere Umsätze erzielt werden. So wird beim S6-20 für eine
Temperatur von 600 °C bei einer LHSV von 0,5 h-1 ein maximaler Umsatz von
annähernd 50 % erreicht. Unter den gleichen Bedingungen, allerdings für eine LHSV
von 2 h-1, zeigt der Katalysator aus dem Fe(III)-System Umsätze größer 60 %. Diese
enorme Steigerung der Aktivität bedeutet, dass mit diesem Katalysator bereits Umsätze
von 50 % erreicht werden können bei einer 4fachen Belastung und bei einer um 20 °C
niedrigeren Temperatur im Vergleich zum kommerziellen Katalysator. Das entspricht
sowohl einer bedeutenden Energieeinsparung als auch einer höheren Raum-Zeit-
Ausbeute an Styrol.
Für das Fe(III)-System ergibt sich keine weitere Aktivitätssteigerung durch
Verringerung der Vorbehandlungstemperatur, wie sie von Milhajova et al. [76] berichtet
wird. Es sind keinerlei Unterschiede beim Umsatz- oder Selektivitätsverlauf zu
erkennen. Anders verhält es sich beim Fe(II)-System. Hier hat die Vorbehandlungs-
temperatur sowohl Einfluss auf die Langzeitstabilität als auch auf die Styrolselektivität.
Anhand der Reproduktionsmessungen bei 600 °C zeigte sich, dass hohe
Vorbehandlungstemperaturen zu einer stärkeren Katalysatordeaktivierung führen. Bei
den Selektivitäten wurde der Trend ersichtlich, dass die Styrolselektivität mit sinkender
Temperatur zunimmt. Ein Einfluss auf die Katalysatordeaktivierung wurde von
Milhajova et al. [76] nicht beschrieben. Er fand allerdings heraus, dass bei der höchsten
Temperatur von 400 °C die Aktivität am geringsten war, erkannte aber keinen
5 Diskussion 105
einheitlichen Trend bei der Korrelation Vorbehandlungstemperatur gegen katalytische
Aktivität, wie es beim Katalysator aus dem Fe(II)-System zu beobachten war.
5.4 Charakterisierung des Goethit aus dem Fe(II)- und Fe(III)-
System
Für die aus den beiden Eisensystemen hergestellten Goethite ergaben sich deutliche
Unterschiede in der Morphologie. Der Goethit aus dem Fe(II)-System besaß nur eine
geringe Kristallinität und hatte eine Oberfläche von 94 m²/g. In der Literatur werden
Oberflächen von 80 m²/g genannt [80]. Die geringe Kristallinität zeigte sich auch im
entsprechenden Röntgendiffraktogramm anhand der stark verbreiterten Reflexe sowie
den geringen Intensitäten, verbunden mit einem hohen Untergrundrauschen.
Gleichzeitig waren im Röntgendiffraktogramm einige Reflexe dem Lepidocrocit
zuzuordnen. Die Bildung von Lepidocrocit soll durch die Anwesenheit von Carbonat
während der Präparation unterdrückt werden, weshalb ein Molverhältnis [HCO3]/[Fe]
von 1,5 - 2 benötigt wird. Dies wurde auch während der Präparation eingehalten und
durch Messung des pH-Wertes überprüft. Die Tatsache, dass dennoch Lepidocrocit
gebildet wurde, lässt sich dadurch erklären, dass an der Phasengrenze Flüssigkeit/Luft
Ablagerungen von Goethit an der Glaswand des Dreihalskolbens stattfanden und an
diesen Stellen lokal die Konzentration an Carbonat zu gering war.
Die Präparationsmethode, ausgehend vom Fe(III)-System, ergab gemäß den Angaben
aus der Literatur gut ausgebildete Kristallite mit einer Oberfläche von 16,9 m²/g.
Schwertmann [80] nennt eine BET-Oberfläche von ca. 20 g/m². Die geringe spezifische
Oberfläche zeigt sich auch in der gut ausgebildeten Kristallmorphologie im
Röntgendiffraktogramm. Die beobachteten Hämatitreflexe können durch
Temperaturschwankungen während der Präparation im Trockenschrank erklärt werden.
Die Temperatur von 70 °C führte zu einer Bildung gut kristallisierten Goethit innerhalb
weniger Tage. Temperaturen größer 80 °C sollten vermieden werden, da es zu einer
raschen Bildung von Hämatit kommt. Da eine Temperaturerniedrigung mit einem
exponentiellen Abfall der Bildungsgeschwindigkeit des Goethit einhergeht, musste also
5 Diskussion 106
ein Kompromiss gefunden werden zwischen Zeitfaktor und Hämatitbildung. Ein zweiter
möglicher Grund für die Hämatitbildung ist eine Verringerung der NaOH-
Konzentration. Unterhalb einer Konzentration von 4 M NaOH kommt es zur Bildung
von Hämatit. Da ein Absetzen der Suspension im Trockenschrank über einen Zeitraum
von 2,5 Tagen nicht zu vermeiden war, können so lokal geringere NaOH-
Konzentrationen im Niederschlag eine Rolle spielen.
Die thermische Dehydratisierung der Goethite führt beim Fe(II)-System zu einem
starken Sinterungsprozess. Die Oberfläche nimmt um über 90 % auf 8,1 m²/g ab. Diese
Verringerung der spezifischen Oberfläche ist beim Fe(III)-System mit einer Abnahme
um 4,6 m²/g auf 12,3 m²/g weit geringer. Im Röntgendiffraktogramm zeigen sich keine
wesentlichen Unterschiede. Es sind in beiden Fällen Reflexe von Hämatit und Magnetit
zu finden. Die Kristallinität beider Proben nimmt, verbunden mit einer größeren
Teilchengröße oberhalb 100 nm, gemäß der Scherrer-Gleichung zu.
Auch die SEM-Aufnahmen für beide Goethite geben die unterschiedliche
Teilchengröße und Morphologie wieder. Die nadelförmigen Kristalle für Goethit aus
dem Fe(III)-System sind charakteristisch für die Kristallform, welche in der Literatur
publiziert ist [99]. Die Nadeln haben eine maximale Abmessung von 0,2 x 2 µm. Im
Vergleich dazu sind die Kristallite des Fe(II)-Systems kleiner (0,03 x 0,25 µm) und
besitzen nicht die acikulare Struktur des Fe(III)-Systems. Vielmehr bilden die Kristallite
strahlige und fasrige Agglomerate, was insbesondere bei der kleinsten Vergrößerung
deutlich wird (Abbildung 5.1) [99].
Beim Vergleich der Fe(II)/(III)-Systeme fällt die Umkehrung der Größen der BET-
Oberflächen für den Übergang vom Goethit zum Hämatit auf (Tabelle 5.1).
Tab.5.1: Vergleich der BET-Oberflächen des Goethits und Hämatits
BET-Oberfläche m2/g α-FeOOH aus Fe(II) 94,0 α-FeOOH aus Fe(III) 16,9 α-Fe2O3 aus Fe(II) 8,1 α-Fe2O3 aus Fe(III) 12,3
5 Diskussion 107
Abb. 5.1: TEM-Aufnahme von Goethit aus Fe(II) bei 70facher Vergrößerung
Diese Umkehrung steht im Einklang mit der in den TEM-Aufnahmen beobachteten
Porenausbildung für das α-Fe2O3 aus dem Fe(III)-System.
Die von Rendon et al. [77] beschriebene topotaktische Umwandlung des Goethit konnte
nur im Falle des Goethit aus dem Fe(III)-System nachvollzogen werden. Der gebildete
Hämatit behält die nadelförmige Kristallorientierung des ursprünglichen Goethit bei.
Darüber hinaus sind in diesen Nadeln zahlreiche runde und ovale Poren zu sehen. Bei
der Umwandlung aus dem Fe(II)-System erhält man hingegen idiomorphe Kristalle,
welche dem trigonalen Kristallsystem des herkömmlichen Hämatit entsprechen
(Abbildung 5.2). Es sind keine Poren zu erkennen. Ein Grund für die Ausbildung der
Poren beim Goethit aus dem Fe(III)-System wird in der Literatur nicht erwähnt. Brown
et al. [78] fand diese Poren im Hämatit nur bei Goethit-Proben, welche vor der
Dehydratisierung 30 min mit 0,5 M Schwefelsäure behandelt wurden. Diese
Lochbildung infolge eines Säureangriffs wurde von Cornell et al. [100] beschrieben.
5 Diskussion 108
Abb. 5.2: Kristallformen des Hämatit [87]
Anhand der TEM-Aufnahmen kann also gefolgert werden, dass aus dem Fe(II)-System
idiomorphe und aus dem Fe(III)-System pseudomorphe Kristallstrukturen erhalten
werden.
Die TPR-Untersuchungen von Goethit aus beiden Eisensystemen ergaben zwei Maxima
des H2-Verbrauchs im Temperaturbereich von 350 - 380 °C und 660 - 680 °C. Der erste
Peak entsprach der Reduktion des Hämatit zum Magnetit, der zweite Peak entsprach der
vollständigen Reduktion zum Eisen. Wüstit FeO ist gemäß Abbildung 5.3 bei
Temperaturen unterhalb 560 K (287 °C) thermodynamisch instabil und disproportioniert
zu Magnetit und Eisen [93, 101]:
4 FeO Fe3O4 + Fe (5.2)
Die Reduktion des durch gleichzeitige Wasserabspaltung entstandenen Hämatit aus dem
Fe(II)-System beginnt bei einer um 50 °C tieferen Temperatur. Dies ist darin begründet,
dass die Abspaltung des Wassers aus dem Goethit bei Temperaturen von ca. 120 °C
beginnt und bei ca. 240 °C praktisch abgeschlossen ist. D. h., zu dem Zeitpunkt, wo die
Reduktion beginnt, liegt fast ausschließlich Hämatit vor.
5 Diskussion 109
Abb. 5.3: Phasengrenzen des Eisensystems in Abhängigkeit der Gaszusammensetzung
und der reziproken Temperatur [93]
Beim Goethit aus dem Fe(III)-System hingegen beginnt die Dehydratisierung gemäß
den thermogravimetrischen Untersuchungen erst merklich oberhalb 150 °C und die
maximale Gewichtsänderung mit der Temperatur erfolgt erst bei ca. 310 °C. Nach
Wimmers et al. [94] bewirkte die Zudosierung von 3 % Wasser in den H2/Ar-Strom eine
Verschiebung der beiden Reduktionspeaks mit Hämatit als Ausgangsmaterial zu um 10
- 30 bzw. 75 - 95 K höheren Temperaturen. In diesem Fall erhöht also die verspätet
einsetzende Dehydratisierung des Goethit aus dem Fe(III)-System den Wasserpartial-
druck, was sich im TPR in einer erst bei höherer Temperatur beginnenden Reduktion
und in einer Verschiebung der Peakmaxima bemerkbar macht. Bei beiden Goethiten
bewirkt die Wasserabspaltung, welche erst bei ca. 500 °C (Abbildungen 4.24 u. 4.25)
abgeschlossen ist, in Verbindung mit der apparativen Temperaturbeschränkung den
geringen Reduktionsgrad von nur 87 und 88 %.
Dies bestätigt sich in den TPR-Profilen der bereits durch Aufheizen bei 550 °C im
Vakuum hergestellten Hämatite. Die Reduktion sowohl bei den selbst hergestellten als
auch beim kommerziellen Hämatit beginnt einheitlich bei 300 °C und der
Reduktionsgrad aller drei Proben liegt nun oberhalb 93 %.
5 Diskussion 110
Auffällig ist sowohl im TPR des Goethit als auch des korrespondierenden Hämatit aus
dem Fe(III)-System die Ausbildung einer Schulter beim ersten Peak bei ca. 420 bzw.
430 °C. Dieser Peak wird in der Literatur nicht beschrieben. Die Tatsache, dass diese
Schulter sowohl beim Goethit als auch beim Hämatit auftritt zeigt, dass die Ausbildung
dieser Schulter durch Reduktion des Hämatit gebildet wird. Dehydratierungseffekte
spielen also keine Rolle. Weiterhin sind Verunreinigungen des Goethit bzw. Hämatit z.
B. durch nicht umgesetztes Eisennitrat auszuschließen, da im IR-Spektrum keine IR-
Bande des Nitrat-Ions bei 1400 cm-1 zu beobachten ist. Ein weiterer Grund ist, dass die
thermische Zersetzung von Eisennitrat gemäß
2 Fe(NO3)3 + 9 H2 Fe2O3 + 6 NO + 9 H2O (5.3)
bei 300 °C erfolgt [102], also bei 420 bzw. 430 °C abgeschlossen ist. Dies sollte in
einem zusätzlichen Peak bei ca. 300 °C im TPR-Profil des Goethit sichtbar, aber im
TPR des Hämatit wegen der vorangegangenen Kalzinierung nicht sichtbar sein. Eine
mögliche Erklärung liefern Gazzarini et al. [102]. Sie untersuchten den Einfluss der
Kristallstruktur und -defekte auf den Oxidations- und Reduktionsprozess an Eisen-
oxiden. Dabei beobachteten sie, dass Hämatit direkt zum Magnetit reduziert wurde,
während aus Hämatitproben mit Kristalldefekten ein „überreduzierter“ Spinell der
Summenformel Fe3+wO4 erhalten wurde. Angesichts der Tatsache, dass die TEM-
Aufnahmen des Hämatits eindeutig eine Pseudomorphie mit dem Ursprungsgoethit
belegen und daher von einer höheren Zahl an Fehlstellen ausgegangen werden kann,
könnte die Zwischenbildung dieses Spinells den zusätzlichen Peak erklären.
Die breite Peakform der Totaloxidation zum Eisen liegt in der parametrischen
Empfindlichkeit der Messmethode begründet. So müssen gemäß den Kriterien von
Monti und Baiker [91] Volumenstrom, Probenmenge, Wasserstoffkonzentration und
Ausheizrampe aufeinander abgestimmt werden, um eine Beeinflussung der Profilform
zu vermeiden. Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, z. B. durch Verringerung
der Katalysatoreinwaage, liefert aber keine zusätzliche Information, wie Abbildung 5.4
zeigt.
5 Diskussion 111
100 200 300 400 500 600 700 8000,0
1,0x10-7
2,0x10-7
3,0x10-7
4,0x10-7
5,0x10-7
6,0x10-7
7,0x10-7
8,0x10-7
9,0x10-7
α-Fe2O
3 aus Fe(II)
α-Fe2O
3 aus Fe(III)
(auf 30 mg normiert) H
2-V
erbr
auch
(m
ol/s
)
T (°C) Abb. 5.4: TPR von Fe2O3 aus Fe(II)- und Fe(III)-System bei verringerter Einwaage
Weitere Unterschiede zwischen den TPR-Profilen des selbsthergestellten und des
kommerziellen Hämatits ergeben sich durch mögliche Verunreinigungen,
unterschiedliche Partikelgröße oder Oberflächen [94]. So betrugen z. B. die BET-
Oberflächen der beiden Referenz-Eisenoxide nur 1,4 bzw. 1,0 m²/g und waren somit
erheblich kleiner als die selbst hergestellten Proben.
Der größere Wasseranteil des Goethit aus dem Fe(II)-System ist sowohl aus den
thermogravimetrischen Messungen als auch aus dem IR-Spektrum ersichtlich.
Ansonsten entsprechen die IR-Spektren den Literaturangaben. Es konnten nur Banden
von Komponenten gefunden werden, welche bereits im XRD registriert wurden. Eine
Nitratbande ist, wie schon gesagt, nicht vorhanden, was belegt, dass der Waschprozess
ausreichend war. Die Bande bei 1300 und 1500 cm-1 für das Fe(II)-System ist auf stark
adsorbiertes Carbonat zurückzuführen in der Größenordnung von einigen 0,1 Gew.-%
[81].
Alle Katalysatoren, unabhängig vom ausgehenden Eisensystem und dem Kaliumgehalt,
hatten nach der Kalzination an Luft eine Oberfläche kleiner als 2 m²/g, was nach Lee
[66] die Styrolselektivität erhöht. Die Abnahme der BET-Oberfläche mit steigender
Kalziniertemperatur wurde sowohl von Lee [66] als auch von Randon [77] beschrieben.
Die BET-Oberfläche des S6-20 betrug hingegen 12,3 m²/g. Bei gleichen BET-
5 Diskussion 112
Oberflächen, aber unterschiedlicher Teilchengröße, ergibt sich für die größeren
Kristallite des Fe(III)-Systems eine größere innere Oberfläche.
Die katalytischen Ergebnisse des Katalysators aus dem Fe(III)-System spiegeln den
Einfluss der Morphologie auf die katalytische Aktivität wieder. Wesentliche
Unterschiede bei den Charakterisierungsergebnissen der Katalysatorvorstufen und den
korrespondierenden Hämatiten ergaben sich nur bei den TEM-Aufnahmen. Die
Ausbildung der Porenstruktur ist der entscheidende Grund für die herausragende
Aktivität des Katalysators aus dem Fe(III)-System. Darüber hinaus konnte nur bei
diesem Katalysatorssystem die von Muhler gefundene Katalysatorvorstufe K2Fe22O34
mit Röntgendiffraktometrie nachgewiesen werden. Somit entsteht aus dem Goethit des
Fe(III)-Systems bei der Dehydratisierung ein pseudomorpher Hämatit. Die Nadelform
bleibt erhalten und durch den Wasseraustritt entstehen Mikroporen. Dieser Hämatit ist
hoch reaktiv und bildet nach Kaliumimprägnierung beim Calzinieren bei 900 °C in Luft
die ternäre Phase K2Fe22O34, welche gemäß dem 3-Phasen-Modell die
Katalysatorvorstufe des Styrolkatalysators bildet.
6 Zusammenfassung und Ausblick 113
6 Zusammenfassung und Ausblick
Zur Untersuchung der katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol wurde eine
Mikroreaktorapparatur mit einer Online-GC-Analytik aufgebaut. Die Temperatur-
programme und Ventilschaltungen der Trennsäulen wurden dahingehend optimiert, dass
eine Trennung der schweren Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Styrol
und der leichten Gaskomponenten Stickstoff, Kohlenmonoxid, Methan und
Kohlendioxid innerhalb von 26 min möglich war. Gegenüber der in der Literatur
beschriebenen Vorgehensweise bei der Untersuchung von Katalysatorsystemen mit den
Verfahrensschritten Produktkondensation, Trocknung und Offline-GC-Analyse des
Kondensats vereinfachte der vorgestellte Versuchsaufbau die genannte Vorgehensweise.
Darüber hinaus können die Produktkonzentrationen zu einem bestimmten Zeitpunkt
exakt erfasst werden und geben daher keine mittleren Konzentrationen über die zu einer
Analyse benötigte Kondensationsdauer wieder. Außerdem ist durch die schnelle
Probennahme eine zeitnahe Verfolgung des Anfahrverhaltens möglich.
Als Referenzkatalysator wurde ein kommerzieller Katalysator der BASF mit der
Bezeichnung S6-20 eingesetzt. Daneben wurden Katalysatoren ausgehend vom Goethit,
aus einem Fe(II)- und einem Fe(III)-System hergestellt. Hierbei wurde im
Herstellungsweg, ausgehend vom Fe(II)-System, Eisen(II)-sulfat mit synthetischer Luft
aufoxidiert. Für das Fe(III)-System erfolgte die direkte Ausfällung durch Zugabe von
Natronlauge zu einer Eisen(III)-nitratlösung. Die Goethite wurden durch Aufheizen im
Vakuum zum Hämatit entwässert. Eine Charakterisierung des Goethit und des hieraus
hergestellten Hämatits erfolgte durch Röntgendiffraktometrie, BET-Oberflächen-
bestimmung, Temperaturprogrammierte Reduktion (TPR), SEM/TEM, Infrarot-
spektroskopie sowie Thermogravimetrie. Auffälligstes Merkmal des Hämatit aus dem
Fe(III)-System war die Ausbildung einer Porenstruktur, welche in TEM-Aufnahmen
sichtbar wurde.
Nach Trockenimprägnierung der hergestellten Goethite mit drei unterschiedlichen K2O-
Gehalten, Dehydratisierung im Vakuum und Kalzinierung in Luft, wurde die
6 Zusammenfassung und Ausblick 114
katalytische Aktivität miteinander verglichen.
Hierbei zeigte sich, dass der Kaliumoxidgehalt Umsatz und Selektivität der selbst
hergestellten Katalysatoren erhöhte. Die Vorbehandlungstemperatur im Vakuum hatte
keinen Einfluss auf die Aktivität des Fe(III)-Systems, erhöhte aber die Stabilität und das
Selektivitätsverhalten der Katalysatoren aus dem Fe(II)-System. Mit der Herstellung
eines Katalysators aus dem Fe(III)-System mit 10 % K2O-Gehalt konnte ein Katalysator
entwickelt werden, der die katalytische Aktivität aller anderen getesteten Katalysatoren
bei weitem übertraf. So wurden bereits bei einer Temperatur von 580 °C und einer
LHSV von 2 h-1 die gleichen Umsätze und Selektivitäten von 50 % bzw. 93 % wie beim
kommerziellen Katalysator S6-20 bei einer LHSV von 0,5 h-1 und einer Temperatur von
600 °C erzielt. Der neu entwickelte Katalysator ermöglicht somit unter industriellen
Gesichtspunkten hohe Energieeinsparungen und eine höhere Raum-Zeit-Ausbeute an
Styrol.
Die höhere Aktivität dieses Katalysators liegt in seiner Morphologie begründet. Die
Umwandlung des kaliumpromotierten Goethit zum Hämatit erfolgt unter Beibehaltung
der Morphologie des Ausgangsmaterials unter Ausbildung einer Porenstruktur. Dies
bewirkt eine höhere Aktivität und die Ausbildung der Katalysatorvorstufe K2Fe22O34
während der Kalzinierung an Luft bei 900 °C.
Im Rahmen dieser Arbeit konnte auf eine weitere Charakterisierung der hergestellten
Katalysatoren aus Zeitgründen nicht mehr eingegangen werden. Hierbei wären
insbesondere Porositätsmessungen interessant.
Angesichts der Tatsache, dass der Styrolkatalysator ein Multikomponentensystem
darstellt, bietet die Weiterentwicklung des Fe(III)-Katalysators unter Verwendung
weiterer selektivitätssteigernder Schwermetallpromotoren wie Chrom oder Cer ein
großes Optimierungspotential. Hierbei stellen insbesondere die Darstellungsmethoden
von Aluminium und Chrom substituierten Goethiten der Summenfolge (Fe1-nXn)OOH
mit X = Al, Cr ein interessantes Forschungsgebiet dar, um sowohl die Porositätsvorteile
als auch die zusätzliche Promotorwirkung zu vereinigen [80].
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Anhang
Verwendete Chemikalien
Eisen(II)-sulfat-Heptahydrat OH7FeSO 24 ⋅ Riedel-de-Haën, Art.-Nr. 31236,
> 99 %
Natriumhydrogencarbonat NaHCO3 Merck, Art.-Nr. 106329, > 99,7 %
Eisen(III)-nitrat-Nonahydrat OH9)Fe(NO 243 ⋅ Merck, Art.-Nr. 103883, > 99,0 %
Natriumhydroxid NaOH Merck, Art.-Nr. 106495, > 99 %
(max. 0,0002 % K)
Hämatit Fe2O3 Alfa, Art.-Nr. 941001,
PURATRONIC 99,99 %
Magnetit Fe3O4 Alfa, Art.-Nr. 976191,
PURATRONIC 99,997 %
Kaliumcarbonat K2CO3 Riedel-de-Haën, Art.-Nr. 31245,
> 99 %
Ethylbenzol Acros Organics, Art.-Nr. 11808,
99,8 %
Benzol Acros Organics, Art.-Nr. 29688,
99 %
Toluol Acros Organics, Art.-Nr. 17689,
p. a.
Styrol Acros Organics, Art.-Nr. 85960,
99,0
Lebenslauf
Persönliche Daten:
Name: Markus Schoen
Geburtsdatum: 26. Mai 1968
Geburtsort: Wanne-Eickel, jetzt Herne
Eltern: Klaus und Helene Schoen, geb. Ueberdiek
Schulausbildung:
08/1974 - 06/1978 Städt. Gemeinschaftgrundschule an der Claudiusstraße
08/1978 - 06/1987 Gymnasium Wanne
Abschluß: Allgemeine Hochschulreife
Wehrdienst:
7/1987 - 9/1988 Bundeswehr
Studium:
10/1988 - 10/1989 Maschinenbaustudium an der Ruhr-Universität Bochum
10/1989 - 06/1996 Studium der Chemie an der Ruhr-Universität Bochum
Diplomarbeit am Lehrstuhl für Technische Chemie unter
Betreuung von Prof. Dr. W. Grünert
Diplom am 26.05.1996
07/1996 Beginn der Arbeiten zur Dissertation am Lehrstuhl für
Technische Chemie unter Betreuung von Prof. Dr. M.
Muhler
Beruf:
seit 02/2001 Process Engineer bei ABB Lummus Global GmbH,
Mainz-Kastel