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Untersuchung der Frage:
Welche Autorität soll den Gattungsnamen der Pflanzen beigegebenwerden?
�j\'i..'-��(Dissertation vom Jahre 1836.)
J I
t :
Nominum dissensus, primus ad barbariem gradus •....
LIN.
Der Umstand, dass in der
und wider die Wahl der einen
digung über diesen Punkt ist w
Nomenclatur der Pflanzen here
chend bedr ückt ist.
Die Beantwortung der FI
der Lösung der Frage ab: so sich
Gattung beziehen?
Betrachten wir zuerst, ::::���:::;;;�:;::�jEebisher die Meister unserer
Wissenschaft die Autoritäten anführten, die Vortheile un ne aus der Wahl der einen
oder der andern Art von Autorität hervorgehen.
Nehmen wir an, es beziehe sich die Autorität auf den Namen der Gattungen, so haben wir bei jeder
izustellen. Eine Verstän
ein neues Uebel über die
ge der Synonyme hinrei-
hängt von
./ den Character der
Gattung den frühesten Schriftsteller, bei welchem der jetzt zur Bezeichnung der Gattung dienende Name
vorkommt, zu citiren , ohne alle Rücksicht darauf zu nehmen, in welcher Bedeutung dieser Name von dem
angeführten Schriftsteller -gebraucht wurde I), wir haben also, wie es von SPRENGEL in der von ihm veran-
1) Ich sagte, o7tne alle Rücksicht darauf zu nehmen" in welcher Bedeutung der Name vom angejüll1'ten Scltrifistel
ler gebraucht wurde. In diesem Sinne scheinen wenigstens SPRENGEL und die Verfasser der württember
giscben Flora die Autoritäten im Durchschnitte angewendet zu haben, soviel aus der von ihnen getroffenen Wahl derselben erhellt, denn sicher lässt sich hierüber nichts bestimmen, da keiner der angeführtenSchriftsteller die bei dieser VVahl befolgten Grundsätze erläuterte, welches doch höchst nöthig gewesen
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stalteten Ausgabe der Genera plantarum geschehen ist, ebensowohl die Namen eines HIPPOCRATES, THEo
PHRAST, PLINIUS, DIOSCORIDES etc., als die eines TOURNEFORT, LINNE und ihrer Nachfolger anzuführen, z. B.
Erythronium Iri o s co r., Hieracium Dioscor., Sesasnuni Tkeophr., Bume» Plinius.
Betrachten wir nur den Nutzen, welchen die Anführung der im angegebenen Sinne gewählten Autoritä
ten für die jetzige Botanik. haben kann, so könnte man etwa folgende zwei Punkte hervorheben:
1) Die auf den Namen sich beziehende Autorität ist in philologischer Hinsicht von Interesse, weil man
durch dieselbe bei griechischen und lateinischen Namen sogleich erfährt, ob der Name ein classischer
ist, in der Sprache der Griechen und Römer Bürgerrecht hatte, oder ob er erst in späteren Zeiten,
nachdem die classischen Sprachen aus dem Munde des Volkes verschwanden, aus griechischen oder
lateinischen Wörtern zusammengesetzt worden ist;
2) kann man anführen, dass es die Pietät gegen die Verdienste der früheren Botaniker erfordere, dass
wäre, da ein ganz neuer Weg betreten werden sollte. Dass die angeführten Schriftsteller blos nach dem
Namen ihre Autoritäten wählten, scheint daraus zu erhellen, dass sie die Namen von alten griechischenund römischen Schriftstellern nicht blos bei solchen Gattungen als Autorität anführten, in welchen gegenwärtig die Pflanzen stehen, welche von jenen Schriftstellern mit dem �amen der jetzigen Gattung bezeichnet wurden, sondern dass sie auch bei vielen Gattung�name� einen alten Schriftsteller als Autorität bei
setzten, welcher unter seinem Namen eine Pflanze, "erstand, die' iü� der j�tzigen, mit diesem Namen bezeich
neten Gattung �icht ent�.alten ist•.Beisp!ele.,��fpr-��� sich in �enge1n den an�eg�benen Werken, unt�r·
andern stehen m der wurttemberglsc�If \f'lora 101gende, denen Ich ux4er den Jetzigen Benennungen die
Pflanzen beifüge, we�he wahrSCheinliCherWi.·.e v:t
d.enals Autorität beig etzten Schriftstellern unter ihren
Namen verstanden vturden: Ol'oOUS The op r. ,=t,Ervum Ervilia, Cyti s Diosc. = Medicago arborea,Anthel'zcum Theoph{= Asphodelus, Cle
. lfiscor. ='Vinca, 01' anche Dso s c. = Cuscuta, Nar
dus Salomo == PatriLia Jatamansi, In UJie 'ns\i�mung mit der Wa dieser Autoritäten stehen auch
einige kurze in den aigeführten Werken
i..!tliell)'leus.serungen;SPRE L sagt nämlich in der
vorrede.zum zweiten Bande s4iner Genera Plantar 'N.�) ita�primum nominum uctoritates certaque temporummomenta fixenda eran�«; und SCHÜBLER �c\ tO��ENS in der Vorre e zur Flora von Württemherg:"Eine weitere bedeuteilde Erleichterung �.den Anfa�r bezweckten wi dadurch, dass wir jedem Gat
tungsnamen nach SPlIEltGELS Vorgange d�ri ':1iitesten S'�h:iftsteller und ein Erklärung beifügten, um das
Alter des Namens anzUdeuten, und dtlßl �Gedächfniss� d..tr�l; Erinnerun ent an bekannte Stellen der Clas
siker, so wie dadurch ,\ dass sich ma�nie:faltige Nebenbegrifti· en Iiauptbegriff knüpfen, zu Hülfe zu. l .v �
kommen.« 'W ji.., ....... - •
Durchaus im Widerspruch mit diesen Grundsätzen finden wir nun aber, dass sowohl SFRiNGEL als
die Verfasser der württ. Flora bei andern Gattungen, ungeachtet der Name schon bei einem früheren
Autor vorkommt, dennoch einen spätem Schriftsteller citiren, z, B. bei SPRENGEL: Cytisus D io scor.,
Thesium Lin. ungeachtet diese Namen bei THEOPHRAST vorkommen, in der wiirtt. Flora: Daphne L'n.
Circaea Matt/dol." Anthylus Do do n., ungeachtet dieseNamen bei DIOSCORIDES sich finden. Aus welchemGrunde nun in diesen und andern Fällen eine spätere Autorität einer früheren vorgezogen wurde, bin ichnicht im Stande, zu entziffern. Es ist freilich richtig, dass DIOscORIDES diese Namen ganz andern Gewächsen beilegte, als wir, und dieses gab vielleicht Veranlassung dazu, dass statt seiner Autorität eine
spätere gewählt wurde; da aber in den übrigen Fällen hierauf keine Rücksicht genommen wurde, so hätte
es auch in diesen nicht geschehen sollen. Ob nun dieser Grund, oder andere Ursachen die Verfasser be
wogen, von dem einmal betretenen Wege abzuweichen, l1isst sich aus dem schon berührten Mangel einer
Erläuterung der VOn ihnen befolzten Grundsätze nicht entscheiden; consequent ist das Verfahren in jedem•
I)
Falle nicht•.
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man den Namen desjenigen, welcher sich zuerst eines Pflanzennamens bediente, als Autorität beibehalte,und demselben dadurch für immer die Anerkennung der späteren Botaniker sichere I).
Diese beiden Gründe scheinen auf den ersten Anblick etwas Wahres zu haben, sie sind jedoch nicht
unerheblichen Einwendungen ausgesetzt.Man könnte nämlich die Frage aufwerfen, ob es denn, wenn keine weiteren Gründe für die Anführung
einer Autorität sprechen, überhaupt der Mühe werth sei, bei der jedesmahligen Angabe eines Pflanzennamen
eine Autorität anzuführen, indem dadurch eine Weitläufigkeit in die Nomenclatur gebracht werde, ohne dass
für die systematische Botanik irgend ein wesentlicher Nutzen daraus hervorgehe. Meiner Ansicht nach ist in
der That der angegehene philologische Nutzen, sowie der Umstand, dass an das Verdienst eines früheren
Botanikers durch den Namen erinnert werde, viel zu gering, um einen genügenden Grund zur Beifügung einer
Autorität geben zu können, um so mehr da dieser Nutzen auf eine weit passendere und vollständigere Weise
durch Ueberslohten über die Pflanzennamen erreicht wird, wie sie in der Philosophia botanica von LINNE ge
geben sind, und wohl auch von Zeit zu Zeit in neuen Ausgaben dieses Werkes, oder in andern Schriften
werden gegeben und vervollständigt werden. Da nun auf diese Weise bereits in einem in Aller Hände be
findlichen Werke dieser Punct vollständig und übersichtlich abgehandelt ist, so ist kein Grund vorhanden,warum auch noch speciell bei jeder Anführung eines Namen in den systematischen Schriften die auf denselben
sich beziehende historische Autorität wiederholt werden soll.
So lange jedoch die Anführung der auf den Namen sich beziehenden Autoritäten blos ein wissenschaft
licher, wenn auch überflüssiger Luxus wäre, so wäre es jedem zu überlassen, ob er in seinen Schriften von
demselben Gebrauch machen will, oder nicht, indem es jedem freisteht, so viel oder so wenig in seine
Schriften aufzunehmen, als ihm gut dünkt. Anders. verhält sich dagegen die Sache, wenn eine nähere BeJ
trachtung zeigen sollte, dass der Gebrauch dieser Autoritäten wirkliche Nachtheile für die Wissenschaft im
Gefolge hat; in diesem Fall tritt die Verpflichtung ein, ein solches Verfahren zu rügen. Dass aber in der
That bei Befolgung des von SPRENGEL eingeschlagenen Weges bedeutende Nachtheile eintreten müssen, wird
aus der folgenden Darstellung erhellen.
Einmahl soll in jede, hauptsächlich aber in eine auf positiven Thatsachen beruhende, durchaus exacte
Wissenschaft, wie die systematische Botanik ist, nichts aufgenommen werden, was nicht durchaus sicher und
consequent ist, und eine bestimmte Bedeutung für die Wissenschaft hat. Gegen diese Regel verfehlt sich
die Anführung der auf den Namen sich beziehenden Autoritäten aus mehreren Gründen.
Die systematische Botanik hat keinen andern Zweck als genaue Bestimmung der bekannten Pflanzen,
Bezeichnung der Familien, Gattungen und Arten mitte1st Namen, welche keine Verwechslung zulassen, und
Zusammenstellung derselben in ein System. Nur wenn wir diesen Zweck beständig im Auge behalten, kön
nen wir über den Werth der zur Erreichung dieses Zwecks anwendbaren Mittel ein genaues Urtheil fällen,
und eine Wabl zwischen zwei verwandten Mitteln treffen, von denen vielleicht das eine auf eine directe Weise
1) Vgl. Flora 1855. Tom. I. pag. 535.
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den beabsichtigten Zweck erfüllt, während das andere ihn nur zum Theile erfüllt und zum Theile zu einer
andern Abtheilung der Wissenschaft eine Beziehung hat. Das letztere Mittel, wenn seine Anwendung mit
der Anwendung des erstern in Conflict treten sollte, muss alsdann in Beziehung auf die systematische Botanik
unbedingt verworfen werden, wenn es auch in anderer Beziehung von Werth ist.
In Beziehung auf die Pflanzennamen ist es nun durchaus nothwendig, dass dieselben nur einer ganz be
stimmten Art. Gattung oder Familie beigelegt werden, so dass für immer derselbe Begriff mit demselben
Namen bezeichnet wird. So wie von irgend einem Botaniker für eine bestimmte Pflanze, oder für eine be
stimmte Abtheilung des Pflanzenreiches ein gewisser Name aufgestellt wird, so tritt von nun an nur diese
eine bestimmte Bedeutung für den Namen ein. Gebraucht nun später ein anderer Botaniker diesen Namen,
so hat er zweierlei Rücksichten zu beachten.
1) Muss er den Namen grammaticalisch richtig gebrauchen, und hiebei kann er sich auf eine Autorität
berufen, welche in Hinsicht auf die philologische Richtigkeit des Namen competent ist, wenn auch
gleich der als Autorität angeführte Schriftsteller von der botanischen Bedeutung des Namen nichts
weiss; diese Autorität könnte man die philologische Autorität nennen;
2) muss er die botanische Bedeutung des Namen kennen, und hiebei hat er sich in zweifelhaften Fällen
auf den Schriftsteller, welcher diese Bedeutung feststellte, zu berufen (botanische Autorität).Die erstere dieser Rücksichten ist offenbar für den Botaniker die untergeordnete, die zweite dagegen
darf unter keinerlei Umständen vernachlässigt werden.
In der systematischen Botanik wurden von TOURNEFORT, LINNE u. a., nachdem sie Gattungen nach rich
tigen Grundsatzen gebildet hatten, theils die Namen, welche sie bei früheren Schriftstellern vorfanden, zur
Bezeichnung dieser Gattungen angewendet, ohne dass dabei die frühere Bedeutung dieser Namen strenge be
rücksichtigt wurde 1), theils wurden, wenn sich kein passender Name vorfand I neue Namen gebildet. Ihre
Bedeutung für die jetzige Botanik erhielten daher alle diese Namen erst durch TOURNEFORT, LINNE und ihre
Nachfolger; ihre frühere Bedeutung ist für die neuere Botanik vollkommen gleichgültig. Wenn nun ein
neuerer Botaniker eine Gattung anführt, so drückt er mit dem Namen derselben aus, dass er genau dieselbe
Gattung I wie sie von LINNE oder einem andern aufgestellt wurde, meine, er gebraucht daher den Namen nur
in der Bedeutung, wie ihn der neuere Begründer der Gattung gebrauchte, und damit hierüber kein Zweifel
stattfinden könne, ist es hergebrachte Sitte, die Autorität des Urhebers der Gattung dem Namen beizufügen.Dem neuern Botaniker ist also der Begriff der Gattung die Hauptsache, der Name das Mittel, um sich über
diesen Begriff mit Einem Worte zu verständigen, die Autorität das Mittel, um anzudeuten, dass er genau
denselben Begriff mit dem Worte bezeichnet wissen will, wie ihn der angeführte Schriftsteller feststellte.
Alle andern Bedeutungen, welche der angeführte Name 'etwa sonst noch hatte, oder hat, existiren in diesem
Augenblicke für ihn nicht, und es ist auch für seinen Zweck ziemlich gleichgültig, ob der Name sprachrichtig,oder sprachwidrig gebildet- ist, ob er z, B. Dielytra oder Diclytra heisst; es wäre im Gegentheile für ihn
L) Ll!S"NE, crit, botan. §. 244,.
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und die andern nur verwirrend, wenn der Name ausser dem Begriffe, welchen er bezeichnen soll, beim Leser
noch andere Nebenbegriffe hervorrufen würde.
Auf ähnliche Weise könnte ein Philologe verfahren; er könnte mit dem Worte bellum den Frieden be-
• zeichnen 1), wenn er entweder kein anderes Wort für diesen Begriff hätte, oder er die wahre Bedeutung des
selben nicht kennen würde. Nimmt die Mitwelt und die Nachwelt das Wort in dieser Bedeutung an, so ist
die Sache gut und keine Verwirrung möglich. Würde nun aber, nachdem einmahl diese Bedeutung des
Wortes festgestellt wäre, ermittelt, dass das Wort eigentlich Krieg bedeute, und dass es in diesem Sinne
schon von CICERO und andern römischen Schriftstellern gebraucht worden sei, so würde dennoch keine Ver
wirrung eintreten, so lange jeder, der das Wort bellurn zur Bezeichnung des Friedens gebrauchen würde,
durch Hinzufügung des Namen jenes Philologen, der das Wort zuerst auf diese Weise anwendete, anzeigenwürde, dass er es in demselben Sinne anwende. Fügte man aber statt dieser Autorität die von CICERO bei,
dann entstünde Begriffsverwirrung, jetzt wäre plötzlich eine historische und philologische l�otiz beigefügt, die
an und für sich richtig wäre, und die classische Abstammung des Wortes bezeichnen würde, es müsste aber
nothwendig diese Autorität von CICERO von dem Begriffe des Friedens, der dem Worte einmahl untergescho ...
hen wurde, ableiten, und Niemand würde wissen, was eigentlich mit dem Worte ausgedrückt werden soll.
Die Berufung auf CICERO wäre daher eine überflüssige, ganz am unrechten Orte angebrachte Gelehrsamkeit.
Ganz auf dieselbe Weise verfahren aber diejenigen Botaniker, welche statt der botanischen Autoritäten
philologische einführen wollen. Sie bedenken nicht, dass der systematische Botaniker einen Gattungsnamennur desshalb gebraucht, um einen bestimmten, der neueren Botanik eigenthümlichen Begriff auszudrücken,und dass es ihm vollkommen gleichgültig sein kann, ob CICERO oder PLINIUS dieses Wort gekannt, ob sie
diese oder jene Pflanze darunter verstanden haben. Es ist allerdings Gegenstand der Botanik, die Abstam
mung der Pflanzennamen zu erforschen und auszumitteln, welche Pflanzen von den Alten unter ihren Namen
verstanden worden sind; es ist aber diese Ausmittlung der systematischen Botanik eben so fremd, als die Be
nennungen der Pflanzen in neue ren Sprachen, die medicinische oder technische Anwendung der Pflanzen
u. dgl. m. Vermengt man diese verschiedenen Theile derselben Wissenschaft, so kann nur Verwirrung dar
aus hervorgehen; setzt man aber gar, wie es jene Schriftsteller thun, den Ausdruck für den einen Begriffan die Stelle des Ausdruckes für einen andern Begriff, so macht man die Wissenschaft um ebensoviele be
stimmte Begriffe ärmer, als man fremdartige Begriffe an die Stelle derselben hineinbringt. Dieses geschiehtnun durch den Gebrauch der auf den Namen sich beziehenden Autoritäten. Der systematische Botaniker
bezeichnet mit seinen Gattungsnamen einen bestimmten, erst im Verlaufe des letzten Jahrhunderts aufgestellten Begriff z. B. mit dem Namen Querctls ein ideales Bild, welches die gemeinschaftlichen Charactere aller
bekannten Eichen umfasst. Was hat nun dieses Bild damit zu thun, dass CICERO eine bestimmte Eichenart
kannte, und diese Quercus hiess?
1) Dieses Beispiel mag sehr absurd scheinen, absurder als das Verfahren, gegen welches der Aufsatz ge�schrieben ist, wird es wohl kaum sein.
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Aus dem bisher Gesagten wird zur Genüge erhellen, dass die Anführung von Autoritäten, welche sich
auf den Namen der Gattungen beziehen, auf unklarer Vorstellung von dem, was für den Botaniker durch
Anführung einer Autorität bezweckt werden soll, beruht, dass sie für unsere jetzige systematische Botanik
durchaus bedeutungslos und daher unwissenschaftlich ist.
Der Versuch der Verfasser der württembergischen Flora, den Gebrauch der auf den Namen sich be
ziehenden Autoritäten durch die Worte zu rechtfertigen: "Die Einwendung, dass die Alten nur Arten, nicht
Gattungen kannten, erkennen wir nicht an; sie kannten diese ganze Eintheilung nicht, und ihre Namen be
zeichnen daher nach unsern jetzigen Begriffen bald eine Gattung, wie Rosa, Rubus, Trifolium, bald eine Art,wie Ilex, Pyrus, Malus" geht gar nicht auf das Wesen der Sache ein. Was die jetzigen Gattungsnamen sonst
bedeuteten, ist ganz gleichgültig; die Alten hatten unsere Gattungen nicht, desshalb können wir sie nicht als
Autoritäten für dieselben anführen.
Ein weiterer Grund gegen die Zulässigkeit der auf den Namen sich beziehenden Autoritäten ist ihre Un
sicherheit. In der Nomenclatur der Pflanzen darf man kein Haar breit von der strengsten Consequenz und
Genauigkeit abweichen, wenn nicht Verwirrung entstehen soll; die Autoritäten der Familien- und Arten-Namen
können vollkommen genau angegeben werden, da die Urheber derselben sämmtlich der neueren Zeit ange
hören, ebenso können Autoritäten, welche sich auf den Gattungscharacter beziehen, immer mit vollständigerSicherheit angegeben werden, anders verhält es sich dagegen mit den aus dem Alterthume oder dem Mittel
alter sich herschreibenden Namen, wenn sich die Autorität auf den Schriftsteller, welcher sie zuerst in die
literarische Welt einführte, beziehen soll. Dieses ist mit Sicherheit nicht auszuführen, indem nur ein Theil
der botanischen Schriften des Alterthumes auf uns gekommen ist. Die Anführung eines Theophrast, Pli
niu«, Dioscorides u. s. w. entbehrt daher aller Gewissheit, da wir die Schriften, aus denen sie schöpften,zum Theile nicht kennen; wären zufälligerweise die Schriften von Plinius verloren gegangen und die eines
anderen naturhistorischen Autors auf uns gekommen, so würde mit demselben Rechte dessen Namen als
Autorität angeführt werden. Ein solches Verfahren, den nächsten besten alten Schriftsteller ohne allen wei
teren Grund, als weil wir von den übrigen nichts wissen, bei den Gattungsnamen zu citiren, während bei den
Familien- und Species-Namen durchaus verschiedene Grundsätze befolgt werden, streitet gegen alle Conse
quenz und bringt auf eine unnöthige und zwecklose Weise in die sonst durchaus geordnete, auf festen Prin
cipien beruhende Lehre von der Nomenclatur, Unsicherheit und Verwirrung. Ist schon bei den griechischenund lateinischen Namen die Unsicherheit gross, 80 wird sie vollends unentwirrbar, wenn wir die gleichenGrundsätze auch auf die aus andern Sprachen stammenden Namen anwenden wollten. Ebensogut als SALODIO
die Ehre erhielt, als botanische Autorität zu flguriren, verdienen es auch die Schriftsteller, welche deutsch,
spanisch, russisch, arabisch, sanscrit u. s. w. geschrieben und einen in die Botanik übergegangenen Namen
gebraucht haben; es möchte aber schwer nachzuweisen sein. welche Schriftsteller als Autoritäten citirt wer
den sollen bei Namen wie: M07'chella, Bovista, Scorxonera, Oracca, Abutium, Alcanna, Kali, Ceterach,
Alkekengi, Axeäarach , Turpetum, Tatula etc. Jedenfalls würden solche Autoritäten immerwährenden
Schwankungen unterworfen sein, indem die Entdeckung eines älteren, unbekannten Schriftstellers, oder das
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Studium fremder, der Botanik nicht angehörender Schriften beständige Veranlassung zum Wechsel der Auto
ritäten geben müsste.
Man versuchte von Seiten der Pietät gegen die Verdienste der Vorfahren die Anführung des Schrift
stellers, welcher zuerst einen Namen gebraucht, zu rechtfertigen. Die Anführung desselben scheint mir aber
im Gegentheile eher geeignet, wirkliche Verdienste eines Botanikers in den Schatten zu stellen und in Ver
gessenheit zu bringen und die Anerkennung derselben einem andern zuzuwenden, welcher sich vielleicht ge
ringere oder auch gar keine Verdienste um die systematische Botanik erworben hat. Von den alten Schrift
stellern, einem SALOMO u. dgI. kann hier keine Rede sein, denn diese hatten beim Gebrauche ihrer Namen
überhaupt kein Verdienst, insoferne sie dieselben dem Munde des Volkes entnahmen; anders verhält es sich
bei den Botanikern unserer Zeit, welchen die Bildung guter Namen allerdings als Verdienst anzurechnen ist.
Dieses Verdienst ist aber jedenfalls ein untergeordnetes. Es kann ferner gar leicht von einem neueren Bo
taniker einer von ihm aufgestellten, herzlich schlecht gebildeten Gattung ein guter Name beigelegt worden
sein; wenn nun ein späterer Botaniker diese Gattung mit Beibehaltung ihres früheren Namen auf eine zweck
mässige Weise umändert, oder diese Gattung ganz aufhebt und ihren Namen einer andern gut gebildeten
Gattung beilegt, so hat er sich um die systematische Botanik ein wahres Verdienst erworben, ist aber in Ge
fahr, die Anerkennung davon zu verlieren, wenn man nicht seinen Namen, sondern- den Namen des Begründers der fehlerhaften Gattung als Autorität beigiebt. In diesem Falle würde also durch die Beibehaltung der
ursprünglichen Autorität nicht die Pflicht der Dankbarkeit und Pietät erfüllt, sondern ein Act der Ungerechtigkeit ausgeübt.
Schon die im Bisherigen angeführten Gründe würden genügen " um nachzuweisen, dass die Anführungvon Autoritäten, die sich auf den Gattungsnamen beziehen, ein unnöthiges, beim jetzigen Zustande der Bo
tanik unwissenschaftliches Verfahren ist. Noch unglücklicher erscheint aber das Unternehmen, diese Auto
ritäten an die Stelle der auf den Character sich beziehenden zu setzen, wenn wir die wichtigen Zwecke be
denken, welche durch die letzteren erreicht werden.
Wären die Gattungen von TOURNEFORT, LINNE und den neueren Botanikern sogleich auf eine so genaue und
strenge Weise gebildet worden, dass später nie mehr eine Veränderung mit ihnen vorgenommen worden wäre,und auch künftighin dieselben unverändert bleiben müssten, so wäre eine auf ihren Charakter sich beziehende
Autorität allerdings nicht nothwendig, indem sie in diesem Falle nichts, als eine historische, das Wesen der
Gattung selbst nicht betreffende Notiz wäre. Da nun aber aus allgemeinbekannten Gründen, welche näher
auseinanderzusetzen hier der Ort nicht ist, ein grosser Theil der Ptlanzengattungen bereits vielfach geändertwurde, und solche Aenderungen auch künftighin bevorstehen, so wird der Zusatz einer Autorität, die
sich auf den Gattungscharakter bezieht, unerlässlich, indem mit der Aenderung des Gattungscharaktersmeistens nicht auch der Name der Gattung geändert wird, und man daher eines Mittels bedarf, um die ver
schiedenen, mit demselben Namen bezeichneten Gattungen von einander unterscheiden zu können. Dazu
bietet der als Autorität beigesetzte Name ihres Begründers das einfachste und sicherste Mittel dar. Mag nun
eine frühere Gattung in mehrere Gattungen getheilt werden, von denen die eine den Namen der früheren
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Gattung beibehält, die andere einen neuen Namen erhält, z. B. Robinia JI., Polypodium L., oder mögenzwei frühere Gattungen in eine einzige zusammengezogen werden, wie Fagus [I. aus Fagus Tournef. und
Castanea Tournef. besteht, oder mögen zwei oder mehrere verschiedene Gattungen mit demselben Namen
von verschiedenen Botanikern bezeichnet werden, wie z. B. zweierlei Gattungen Bonplandia, Sturmia, Bal
bisia., dreierlei Persoonia, Vetüenatia, Schrebera, viererlei Brotera etc. aufgestellt wurden, so muss in
allen Fällen jeder der veränderten, oder mit einem älteren Namen versehenen neuen Gattung der Name ihres
Begründers als Autorität mitgegeben werden; alsdann kann kein Zweifel beim Gebrauch eines Gattungsnamendarüber entstehen, in welchem Sinne derjenige, welcher den Gattungsnamen anführt, denselben verstanden
wissen will. Ebenso muss, wenn aus einer im sonstigen unverändert bleibenden Gattung eine Anzahl von
abweichenden Arten ausgeschieden wird, durch den der Autorität angehängten Zusatz: ex parte oder dergI.
angezeigt werden, dass man zwar den Character, aber nicht den Umfang der Gattung, wie sie vorn citirten
Schriftsteller aufgeführt wurde, anerkenne; ferner, wenn man den Umfang einer Gattung beibehält, den
Character derselben aber wegen Aufstellung verwandter Gattungen oder aus andern Gründen umändert, so
muss zwar die ursprüngliche Autorität beibehalten, allein angezeigt werden, dass der Character der Gattungverbessert worden sei. In allen diesen Fällen wird erst durch die Autorität genau bestimmt, welche Gattungunter dem Namen verstanden sei; die Autorität ersetzt gleichsam die Anführung des Gattungscharacters, nur
wenn sie beigesetzt ist, kann der Name seine Bestimmung, eine Definition zu ersetzen (nomina idem praestant,
ac integra definitio. Linn. crit. bot. p. 138), erfüllen.
Sehen wir endlich in den botanischen Schriften nach, wie es die Männer, deren Verfahren als Richt
schnur dienen kann, mit der Anführung von Autoritäten gehalten haben, so erhellt auf den ersten Blick, dass
sie dieselben nur in Beziehung auf den Gattungscharacter gebrauchten.TOURNEFORT citirte nur bei den Arten, aber nicht bei dem Gattungsnamen eine Autorität; er konnte
auch keine auf den Character der Gattung sich beziehende Autorität anführen, da er der erste war, welcher
Gattungen im jetzigen Sinne des Worts aufstellte. Eben dadurch aber, dass er bei seinen Gattungen keine
Autorität citirte, zeigte er, dass er Autoritäten, welche sich blos auf den Namen beziehen, nicht anerkenne.
Anders verhielt es sich bereits bei LINNE. Bei Ausarbeitung seiner Genera pIantarum fand er bereits
von verschiedenen Schriftstellern gebildete Gattungen vor, welche er aber zum Theile nicht in ihrer ursprünglieben Umgrenzung anerkannte. Somit trat für ihn das Bedürfniss einer Synonymie der Gattungen, und da
mit der Citate von Autoren ein, eine Synonymie, von der man früher keinen Begriff hatte f). Aus seinen
Genera plantarum ersehen wir, dass LINNE die Autorität beständig auf den Gattungscharacter bezog; es
scheint, er habe dieses für eine so natürliche Sache gehalten, dass er (so viel mir wenigstens bekannt ist),es nicht einmahl für nöthig hielt, hierüber bestimmte Regeln aufzustellen. Uebrigens citirte LINNE, wie auch
noch viele späteren Schriftsteller, z. B. JUSSIEU, Jos. GÄRTNER immer nur die Synonymie von ganzen Gattungen,
gleichsam als von untrennbaren Ganzen, nach Art der Speciessynonyme, woraus erhellt, dass er sich die
ganze Ausdehnung, deren die Synonymie der Gattungen fähig ist, noch nicht vollkommen klar gemacht habe.
1) Generum synonyma allegare vix more receptum fuit ab ullo , in posterum erit. Crit. bot. §. 318.
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Das Verdienst, in die Synonymie der Gattungen nicht nur ganze Gattungen, sondern auch einzelne Ab
theilungen der Gattungen anderer Schriftsteller aufzunehmen, gebührt einer späteren Zeit; theilweise wurde
diese Methode bereits von HALLER angewendet, ihre allgemeinere Aufnahme verdankt sie aber wohl am meisten
der Anwendung. welche ROD. BROWN und DEOANDOLLE 1) von ihr machten.
!-s wäre in der That schwer zu erklären, wie es möglich gewesen ist, die Sitte Autoritäten, die sich
auf den Gattungscharacter beziehen, zu citiren (ein Gebrauch welcher mit möglichster Kürze und Deutlichkeit
alle wünsc,hbare Genauigkeit verbindet,) zu verlassen, wenn es nicht gerade SPRENGEL gewesen wäre, welcher
einen abweichenden Weg einzuschlagen versuchte, ein Gelehrter, in welchem sich die Kenntnisse eines in
den Sprachen des Alterthumes wie der neueren Zeit gründlich erfahrenen Philologen mit denen des Botanikers vereinigten, bei welchem es also denkbar ist, wie er über philologischen Rücksichten die botanischen
ausser Augen verlieren konnte, wenn es auch unerwartet wart dass ein Bearbeiter von LINNE'S Philosophiabotanica vom wohlgebahnten Wege abweichen konnte.
Nachschrift.
Ueber die im voranstehenden Aufsatze vertheidigte Ansicht sind mir von verschiedenen Seiten her bei
fällige Aeusserungen zugekommen, wie das auch kaum anders sein konnte, da die in demselben aufgestelltenGrundsätze nicht ein ganz neues, dem bisherigen Gebrauche entgegengesetztes, in Beziehung auf seine Aus
führbarkeit zweifelhaftes Verfahren in die Wissenschaft einführen sollten, sondern der Zweck des Ganzen der
war, für ein von einzelnen Botanikern bereits practisch ausgeübtes Verfahren die Gründe bestimmter, als es
hisher geschehen war, zu entwickeln und vor weiterer Verfolgung des von SPRENGEL eingeschlagenen Irrwegeszu warnen. Es fehlte dagegen auch nicht an Widerspruch gegen die im Vorhergehenden ausgesprochenenGrundsätze, namentlich waren sie von Seiten REICHENBAOH'S 2) einem mit Humor geschriebenen, aber wie
mich wenigstens bedünken will, nicht durch schlagende Gründe unterstützten Angriffe ausgesetzt. Man er
laube mir eine kurze Entgegnung auf diese Einwürfe. REICHENDACH giebt unbedingt zu, dass die Autoritäten,welche auf die Zeit vor TOURNEFORT und LINNE zurückgehen, völlig zu verwerfen seien, indem die früheren
Botaniker noch keinen wissenschaftlichen Begriff von Gattung hatten, er verwirft also mit mir die auf den
blossen Namen sich beziehende Autorität. Die Forderung dagegen, dass sich die Autorität auf den Clui
racter der Gattung beziehen soll und dass desshalb , wenn eine Gattung mit Beibehaltung ihres Namens ge
ändert werde, auch die Autorität sich ändern müsse, verwirft REICHENDACH ebenfalls und zwar aus zwei
Gründen; einmahl ist er der Ansicht, dass diese Forderung zur Unmöglichkeit führe, indem so oft eine Speciesaus einer Gattung entfernt und zu einem eigenen Genus erhoben werde, auch der Gattungscharacter sich
ändere und damit ebenso oft eine Aenderung der Autorität nöthig werde, was practisch ganz unausführbar
sei, anderntheils stellt er den Satz. auf, dass derjenige Botaniker z. B. LINNE, welcher einen Namen zuerst
i) vrgl DECANDOLLE, theor, eiern. edit. 2. §. 257.
2) Handbuch d. natürl. Pflanzensyst. 1837. p. 71-81.
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(in seiner Weise) auf wissenschaftliche Weise auf ein Genus angewendet habe, autor generis sei und in dank
barer Anerkenriung des Verdienstes, diese Gattung begründet zu haben, auch für immer als Autor derselben
citirt werden müsse, so lange auch nur eine Species der Gattung verbleibe. Nur dieses Verfahren führe zur
wahren, exacten Wissenschaftlichkeit, denn wir hätten uns nicht an etwas von Menschen unbewusst Erfunde
nes, nicht an eine subjective Anschauung in Büchern, sondern an ein Object, an eine von der Natur geg�benePflanze zu halten.
Was den ersten dieser Gründe anbetrifft, so ist allerdings zuzugeben, dass die durch Trennung der
Gattungen veranlassten Aenderungen der Autoritäten mannigfach lästig sind, allein wenn überwiegende Gründe
für diese Aenderungen sprechen, so müssen wir uns die Sache, als eine durch die Entwicklung der Wissen
schalt nothwendig gebotene, eben gefallen Jassen. Es ist aber in der That dieser Uebelstand lange nicht so
schlimm, als REICHENBACH ihn darstellt und man wird auch künftighin, wie bisher, ohne die von ihm verlangten
Gattungscalculatoren auskommen können, denn eine Aenderung des Gattungscharacters ist nicht immer die
nothwendige Folge davon, dass eine Pflanze, welch� in eine Gattung gesetzt war, in welche sie nicht passte,
wieder aus dieser Gattung entfernt und einer andern beigezählt oder zu einer besondern Gattung erhoben
wird; es ist z. B. der Gattungscharacter von Hieracium ungeändert geblieben, ungeachtet manche Arten zu
Crepis gezogen, und Hieractum stipitatum zur Gattung Wiüemetia erhoben wurde; hat sich etwa der
Character von Rumex und von Rheum geändert, weil OXYl'ia zu diesen beide-n Gattungen gestellt und wieder
aus ihnen entfernt wurde? Selbst dann, wenn solche Trennungen nicht ohne eine kleinere Aenderung oder
eine schärfere Bestimmung des Characters der ursprünglichen Gattung vorgenommen werden können, ist eine
Aenderung der Autorität noch in vielen Fällen unnöthig, indem ein kleiner Zusatz, z. B. ex emendatione N. N.
u. s. w. vollkommen hinreicht, um allen Anforderungen Genüge zu thun. Wenn dagegen die ursprüngliche
Gattung in Folge einer unvollkommenen Kenntniss von der Organisation der in ihr vereinigten Pflanzen auf
eine Weise gebildet wurde, welche später eine wesentliche Aenderung derselben nothwendig. macht, wie dieses
z. B. bei den Asclepiadeen, den Orchideen eintrat, dann ist, wenn nicht unausbleibliche Verwirrung eintreten
soll, eine Aenderung der Autorität nöthig. Solche Aenderungen kommen aber auch nicht alle Tage vor, sie
sind meist Folge von monographischen Bearbeitungen einer Familie, welche häufig so viel Neues und fortan
zu Beachtendes zu Tage fördern, dass die Aenderung der Autorität einiger Gattungsnamen einen sehr kleinen
Bruchtheil des in der Wissenschaft in Folge einer solchen Arbeit sich Aendernden bildet.
Der zweite von REICHENßACH angeführte Grund ist nach meiner Ansicht ein vollkommen irriger. Die
Gattung bezieht sich nicht auf Eine Pflanze; sie darf zwar allerdings nicht etwas "unbewusst Erfundenes"
sein, aber sie ist nichts objectiv in der Natur Gegebenes, sondern ein idealer Begriff, in welchem die gemeinschaftlichen Charactere mehrerer Pflanzen zusammengefasst werden. Dieser Begriff ist in mancher Beziehungein künstlicher und willkührllcher ; je nach dem Stande der Wissenschaft verlangte man von den in eine Gat
tung zusammengestellten Pflanzen eine geringere oder grössere Uebereinstimmung in ihrer Organisation.Eine grosse Zahl der Gattungen, wie wir sie jetzt haben, ist nicht in Beziehung auf die Artenzahl, aber wohl
in Beziehung auf die Verschiedenheit der Organisation der zu ihnen gerechneten Pflanzen von weit engeren
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Grenzen umschlossen, als die Linneischen Gattungen, welche denselben Namen tragen, sie sind also in Be
ziehung auf ihren wissenschaftlichen Gehalt wesentlich andere Gattungen, denen ebenso gut ganz andere Namen
hätten gegeben werden können. Will man von einer auf diese Weise in neuerer Zeit enger begrenzten Gat
tung irgend etwas, was ihre Organisation, ihre geographische Verbreitung und ähnliche Verhältnisse betrifft,
aussagen, so muss man doch das Mittel haben, dieselbe bezeichnen zu können. Der Name allein, z. B. Or
chis, Asclepias reicht dazu nicht hin, denn wer kann beim Gebrauche eines solchen Namens wissen, ob der
Schriftsteller unter demselben die Pflanzengruppe , welche LIlIiNE mit diesem Namen bezeichnete, oder die
weit enger begrenzte, wie sie ROB. BaoWN unter diesem Namen versteht, verstanden haben will? Ein sol
cher ohne nähere Bezeichnung gebrauchter Name ist daher in vielen Fällen ungenau und kann leicht zu Irr
thümern aller Art Veranlassung geben. Noch schlimmer wird aber die Sache, wenn man REICHENBAcn's Rath
befolgt und die Autorität des Urhebers beisetzt, denn nun müssen die Leser glauben, dass man diese be
stimmte Autorität nicht blos als überflüssige historische Notiz beifügte, sondern dass sie etwas bedeuten soll,
dass der Schriftsteller, welcher den Autor citirt, damit andeuten will, dass er die Gattung auch in dem Sinne,
in welchem sie der Autor aufstellte, verstanden wissen will, während derselbe sie vielleicht in dem Sinne
ROB. BaoWN'S genommen hatte; in diesem Falle ist man aber mit einer solchen Citation eines Autors nicht
blos ungenau, sondern man sagt etwas positiv Falsches aus. Allen diesen Uebelständen entgeht man ganz
einfach, wenn man den Autor citirt, welcher die Gattung in dem Sinne, in welchem man sie verstanden wis
sen will, aufstellte. Wenn man bei einer Species einen Autor citirt, so drückt man mit dieser Autorität aus,
dass man genau dieselbe Art, wie sie jener Autor unter diesem Namen verstand, im Sinne habe, welcher Grund
liegt nun vor, bei den Gattungsnamen die Autorität in einem ganz andern Sinne zu citiren, mit derselben
nicht anzudeuten, dass man die Gattung gerade so, wie sie der citirte Autor gebildet hat, verstehe, sondern
nach REICHENBACH'S Vorschrift daran zu erinnern, dass der citirte Autor überhaupt eine Gattung unter diesem
Namen gründete? Welcher Art die "wahre, exacte Wissenschaftlichkeit" ist, zu welcher dieses Verfahren
führen müsste und ob ich zu starke Ausdrücke gewählt, wenn ich dasselbe bedeutungslos und unwissen
schaftliclt nannte, darüber wird wohl bei näherer Ueberlegung wenig Streit sein.
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