Internationaler Flüchtlingsschutz und Rolle Europas€¦ · Die Genfer Flüchtlingskonvention –...

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Internationaler Flüchtlingsschutz und Rolle Europas Norbert Trosien Associate Protection Officer UNHCR Representation in Germany Zimmerstrasse 79-80 10117 Berlin – Germany [email protected] +49 30 202 202 22

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Internationaler Flüchtlingsschutz und Rolle Europas

Norbert TrosienAssociate Protection OfficerUNHCR Representation in GermanyZimmerstrasse 79-80 10117 Berlin – Germany

[email protected]+49 30 202 202 22

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ÜBERSICHT

I. Internationaler Flüchtlingsschutz

Zahlen und Fakten zu Migration und Flucht

Rechtliche Rahmenbedingungen für Migration und Flucht

Die Genfer Flüchtlingskonvention und andere völkerrechtliche Instrumente

Aufgaben und Mandat von UNHCR

II. Flüchtlingsschutz in Europa

Entwicklung des Flüchtlingsschutzes in Europa

Gemeinsames Europäisches Asylsystem

Jüngste Entwickliungen

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Weltweite Migration in Zahlen

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Migrationsströme visualisiert

Migrationsströme in und zwischen den

Weltregionen2010 – 2015:

Die Breite der Pfeile steht für die Zahl der

Migranten und Flüchtlinge, wobei

eine Skalierungseinheit auf

dem Kreis einer Million Menschen

entspricht. Der schwarze Pfeil visualisiert die Zuwanderung

syrischer Flüchtlinge nach Europa im Jahre

2015.

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Was veranlasst Menschen zum Verlassenihrer Herkunftsstaaten?

Gründe für Migrationsbewegungen

Wirtschaftliche Not und die Suche nach besseren Lebensbedingungen…

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Was veranlasst Menschen zum Verlassenihrer Herkunftsstaaten?

Gründe für Migrationsbewegungen

Familiäre Umstände…

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Was veranlasst Menschen zum Verlassenihrer Herkunftsstaaten?

Gründe für Migrationsbewegungen

Kriege…

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Was veranlasst Menschen zum Verlassenihrer Herkunftsstaaten?

Gründe für Migrationsbewegungen

Verfolgung…

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Was veranlasst Menschen zum Verlassenihrer Herkunftsstaaten?

Gründe für Migrationsbewegungen

Naturkatastrophen...

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Rechtliche Rahmenbedingungen fürBevölkerungswanderungen -Gibt es ein Recht auf Migration?

Artikel 13 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung bestimmt, dass jedermann das Recht hat, das Land seines gegenwärtigen Aufenthalts (einschließlich seines Heimatlandes) zu verlassen und in seinen Heimatstaat zurückzukehren.

ABER:

Grundsätzlich besitzen Staaten das souveräne Recht, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen sie eine nicht zu ihrem Staatsvolk gehörende Person zu ihrem Territorium zulassen.

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Rechtliche Rahmenbedingungen fürBevölkerungswanderungen -Völkerrechtliche Bestimmungen zu Migration

1. Arbeitsmigration: International Convention on the Protection of all Migrant Workers and their Families (1990) – Beinhaltet keinen individuellen Einreise- und Aufenthaltsanspruch in einem anderen Staat. Organe: ILO, IOM

2. Migration aus familiären Gründen: Einzelne Vorschriften im Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie in regionalen Abkommen (z.B. EMRK) – Konventionen beinhalten keinen individuellen Einreise- und Aufenthaltsanspruch – Organe: Council ofEurope

3. Flucht und Vertreibung: Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GFK) sowie verschiedene regionale Abkommen (z.B. Cartagena Declaration on the status of refugees, OAU Convention on the rights of refugees) – „Non-Refoulement“ Prinzip kann unter bestimmten Umständen einen Einreise- und Aufenthaltsanspruch begründen - Organe: UNHCR

4. Migration aus ökologischen Gründen („Klimaflüchtlinge“): Derzeit existieren keine spezifischen Regelungen für „Klimaflüchtlinge“

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Die Genfer Flüchtlingskonvention –Magna Charta des internationalen Flüchtlingsschutzes

Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde am 28. Juli 1951 auf einer UN-Sonderkonferenz in Genf verabschiedet und trat am 22. April 1954 in Kraft.

Ihr gehören weltweit 145 von 193 Staaten an – sie besitzt damit nahezu universelle Geltung.

Sie enthält neben einem Definitionsteil, in dem ihr Anwendungsbereich festgelegt wird, einen Katalog von grundlegenden Rechten und Pflichten, der den Rechtsstatus von Flüchtlingen umschreibt.

Ihr zentraler Kernsatz ist der Nichtzurückweisungsgrundsatz, der durch weitere Rechte ergänzt wird.

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Die Genfer Flüchtlingskonvention –Überblick über die Regelungen der GFK

Flüchtlingsdefinition - Einschlussgründe:

Artikel 1 A (2) GFK:

Ein Flüchtling ist „jede Person, (die infolge von Ereignissen, die vor dem 1. Januar 1951 eingetreten sind, und) aus der wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegenihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, derenStaatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Staates nicht in Anspruch nehmenkann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will.“

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Die Genfer Flüchtlingskonvention –Überblick über die Regelungen der GFK

Flüchtlingsdefinition - Ausschlussgründe:

• Artikel 1 D GFK: „UNRWA-Klausel“

• Artikel 1 E GFK: Einbürgerung

• Artikel 1 F GFK: „Verwirkungsklausel“

– Art. 1 F a) bei Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit

– Art. 1 F b) bei schweren nichtpolitischen Verbrechen

– Art. 1 F c) bei Handlungen, die den Zielen und Grunsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen

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Die Genfer Flüchtlingskonvention –Überblick über die Regelungen der GFK

Flüchtlingsdefinition - Beendigungsgründe

- Art. 1 C (1): erneute tatsächliche Unterschutzstellung im Herkunftsstaat

- Art. 1 C (2): freiwillige Wiedererlangung der Staatsangehörigkeit des Herkunftsstaates;

- Art. 1 C (3): Erlangung der Staatsangehörigkeit eines anderen Staates, der Schutz gewährt;

- Art. 1 C (4): Rückkehr und Niederlassung im Herkunftsstaat;

- Art. 1 C (5): nicht nur vorübergehende Änderung der Umstände im Herkunftsland, die zum Wegfall der Umstände geführt haben, die zur Anerkennung als Flüchtling geführt haben.

- Art. 1 C (6): Spezialnorm für Staatenlose Flüchtlinge, wie (5)

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Nichtzurückweisungsgrundsatz und Ausnahmen

• Artikel 33 (1) GFK: verbietet den

Vertragsstaaten die Aus- oder Zurückweisung

eines Flüchtlings über die Grenzen von

Gebieten, in denen sein Leben oder seine

Freiheit (oder sonstige grundlegende

Menschenrechte) in Anknüpfung an eines der

in Art. 1 A (2) GFK genannten Merkmale

gefährdet sein würden;

• Art. 33 (2) GFK: keine Anwendung von Artikel

33 (1) in Bezug auf Personen, die im

Aufenthaltsstaat wegen eines Verbrechens

oder eines besonders schweren Vergehens

rechtskräftig verurteilt worden sind (Regel:

mehr als drei Jahre Freiheitsstrafe).

• Unterschied zu den Ausschlussgründen:

Person bleibt weiterhin Flüchtling.

Die Genfer Flüchtlingskonvention –Überblick über die Regelungen der GFK

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• Art. 2: Verpflichtung zu rechtstreuem Verhalten im Aufnahmestaat

• Art. 3: Verbot unterschiedlicher Behandlung (keine Diskriminierung zwischen verschiedenen Flüchtlingsgruppen)

• Art. 4: Religionsfreiheit (Inländergleichbehandlung)

• Art. 12: Personalstatut

(Wohnsitzrecht; Anerkennung zuvor erworbener Rechte)

• Art. 17: Nichtselbständige Arbeit (Meistbegünstigung, Diskriminierungsverbot)

• Art. 22: Öffentliche Erziehung (Inländergleichbehandlung im Grundschulbereich, ansonsten Meistbegünstigung, Diskriminierungsverbot)

• Art. 23: Öffentliche Fürsorge (Inländergleichbehandlung)

• Art. 26: Freizügigkeit (Diskriminierungsverbot)

• Art. 27: Personalausweise

• Art. 28: Reiseausweise

• Art. 31: Nicht rechtmäßiger Aufenthalt (Straffreiheit bei unverzüglicher Meldung)

Die Genfer Flüchtlingskonvention –Die wichtigsten Statusrechte der GFK

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Weitere völkerrechtliche Grundlagendes Flüchtlingsschutzes

1. Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge• Aufhebung der zeitlichen Begrenzung („infolge von Ereignissen, die vor dem 1.

Januar 1951 eingetreten sind“)

2. Konvention der Organisation für Afrikanische Einheit zur Regelung der Probleme von Flüchtlingen in Afrika vom 10. September 1969• Ausdehnung des Flüchtlingsschutzes auf Personen, die vor internationalen oder

nationalen bewaffneten Konflikten oder sonstigen erheblichen Störungen der öffentlichen Ordnung fliehen

3. Europäisches Übereinkommen über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980• Ergänzende / Präzisierende Regelungen zur Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug

auf die Übernahme des Flüchtlingsstatus nach Wechsel des Aufenthaltsstaates

4. Cartagena-Declaration on Refugees vom 22. November 1984• Durchbrechung des Territorialasyls und Ausweitung des Flüchtlingsschutzes auf so

genannte „Botschaftsflüchtlinge“

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Weitere völkerrechtliche Grundlagendes Flüchtlingsschutzes

5. Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)

• enthält keine unmittelbaren Abschiebeverbote oder sonstigen flüchtlingsrechtlich relevanten Regelungen.

• Abschiebeverbote werden aber vom EGMR in ständiger Rechtsprechung aus dem Gedanke der effektiven Wirksamkeit der EMRK hergeleitet.

• Mittlerweile sowohl im nationalen als auch im EU-Recht kodifiziert.

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Unter den weltweit 244 Millionen Migranten befinden sich 65.3 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene.

Die Zahl beinhaltet:

244 Millionen Migranten

40.8 Millionen Binnenvertriebene

21.3 Millionen Flüchtlinge

3.8 Millionen Asylbewerber

Flüchtlinge vs. Migranten – Zahlen und Fakten

65 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene

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Flüchtlinge – Zahlen und Fakten

• Hauptherkunftsstaaten von Flüchtlingen und Vertriebenen: Syrien, Afghanistan, Irak, Somalia, Eritrea, DR Kongo, Süd-Sudan, Myanmar

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Flüchtlinge – Zahlen und Fakten

• Hauptzufluchtsstaaten: 86 % der weltweiten Flüchtlingsbevölkerung haben Zuflucht in Entwicklungs- oder Schwellenländern gefunden; Pakistan, Iran, Libanon, Iran und Türkei = 5 Hauptzufluchtsstaaten

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Weltweite Flüchtlingsbewegungen: …Hauptherausforderungen

Der gewaltige Zustrom von Flüchtlingen in nur

einige wenige Staaten führt mehr und mehr

zu Schutzdefiziten:

- Libanon, Türkei und Jordanien haben zeitweilig oder dauerhaft ihre Grenzen für weitere syrische Flüchtlinge geschlossen;

- Die enorme Präsenz insbesondere syrischer, aber auch somalischer, südsudanesischer oder eritreischer Flüchtlinge in Nachbarstaaten hat zur Verknappung lebensnotwendiger Ressourcen (Wasser, Lebensmittel, Wohnraum, medizinische Versorgung, Schule und Ausbildung) geführt. Dies birgt zunehmendes Konfliktpotential und die Gefahr von Sekundärvertreibungen;

- Eine angemessene humanitäre Versorgung ist in vielen Erstzufluchtsstaaten auch logistisch kaum mehr möglich;

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Weltweite Flüchtlingsbewegungen: …Hauptherausforderungen

„Die Botschaft der Verhandlungen ist klar: Keine Regierung dieser Welt kann die Herausforderungen massiver Flüchtlingsbewegungen für sich allein bewältigen. Internationale Zusammenarbeit ist der einzige Schlüssel zur Lösung.“(Filippo Grandi auf dem New York Summit on Migration and Refugees, 18 September 2016)

In Reaktion auf die gegenwärtige Flüchtlingskrise hat UNHCR zu internationaler Solidarität und Verantwortungsteilung aufgerufen:

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UNHCR – Mandat und Aufgaben

UNHCR im Überblick:

• 1950 mit zunächst 33 Mitarbeitern gegründet;

• Mandat war mit Blick auf die Vertriebenenproblematik in Europa nach dem 2. Weltkrieg zunächst auf drei Jahre befristet – erst 2001 erhielt UNHCR von der Generalversammlung ein unbefristetes Mandat;

• Heute beschäftigt UNHCR ca. 7.200 Beschäftigte in 262 Büros in derzeit 116 Staaten;

• 84% der UNHCR-Beschäftigten arbeiten „im Feld“;

• Gegenwärtiger Hochkommissar: Filippo Grandi, im Amt seit 1. Januar 2016

• in Deutschland: zwei Vertretungen (Berlin, Nürnberg) mit derzeit 17 festen Mitarbeitern

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UNHCR – Mandat und Aufgaben

Mandat und Arbeitsweise von UNHCR

Mandat und Aufgaben von UNHCR sind durch Resolution der UN-Generalversammlung 428 (V) vom 14. Dezember 1950 die Aufgabe umschrieben. Hiernach ist UNHCR vor allem die Aufgabe übertragen worden,

„unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen für den internationalen Schutz der Flüchtlinge zu sorgen ... und Dauerlösungen des Flüchtlingsproblems anzustreben.“

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UNHCR – Mandat und Aufgaben

Flüchtlingsschutz: Dauerhafte Lösungen:

• Temporäres Substitut für den Schutz des Staates, den Flüchtlinge definitionsgemäß nicht in Anspruch nehmen können oder wollen;

• Grundlegende Rechte von Flüchtlingen sind in den Artikeln 2 bis 34 GFK geregelt:

- Refoulementverbot;- Wirtschaftliche und soziale Rechte;- Politische Rechte- Personalstatut und Dokumente

• Flüchtlingsschutz bleibt in der Regel defizitär gegenüber der Rechtsstellung, die Staatsangehörigen eines bestimmten Landes durch die Behörden ihres Herkunftsstaates gewährt wird

• Ziel der Flüchtlingspolitik, Flüchtlinge wieder in die Lage zu versetzen, ein selbst bestimmtes, eigenständiges Leben in Sicherheit und Würde zu führen

• Drei Möglichkeiten:(a) Freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat;(b) Verbleib und dauerhafte Eingliederung (Einbürgerung) im Erstzufluchtsstaat;(c) Neuansiedlung in einem zur dauerhaften Aufnahme bereiten Drittstaat (Resettlement)

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UNHCR – Mandat und Aufgaben

Konkrete Tätigkeitsfelder von UNHCR

• Förderung des Abschlusses und der Ratifizierung internationaler Abkommen zum Flüchtlingsschutz;

• Überwachung der Ausführung solcher internationaler Abkommen;

• Koordinierung der Bemühungen privater Organisationen, die sich mit der Flüchtlingsfürsorge befassen;

• Unterstützung der Bemühungen der Regierungen und von privater Seite zur Förderung der freiwilligen Rückkehr oder der Eingliederung in neue staatliche Gemeinschaften

• Förderung der Aufnahme von Flüchtlingen, einschließlich der Hilfsbedürftigsten, durch die Staaten

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UNHCR – Operative Tätigkeit

Operative Tätigkeit von UNHCR:

Die Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet als völkerrechtlicher, zwischenstaatlicher Vertrag nur Staaten, den Status von Flüchtlingen festzustellen und gemäß den in der GFK niedergelegten Grundsätzen zu achten;

Aufgrund politischer und/oder ökonomischer Umstände sind viele Staaten nicht willens oder nicht in der Lage, Flüchtlinge mit dem Notwendigsten zu versorgen;

In solchen Situationen übernimmt UNHCR im Auftrag dieser Staaten oder der internationalen Gemeinschaft den Schutz, die Hilfe und Versorgung von Flüchtlingen

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UNHCR – Grundsätze der Arbeit

Grundsätze der Arbeit von UNHCR

Die Arbeit von UNHCR hat ...

zu sein. (UNHCR-Satzung, Anhang zur Resolution 428 (V) der UN-Generalversammlung vom 14. Dezember 1950)

• Unpolitisch • Humanitär • Sozial

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UNHCR – Budget

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Europa – vom “Flüchtlingsproduzenten” zum Sehnsuchtsort?

Im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Europa eine der Hauptherkunftsregionen von Migranten und Flüchtlingen:

• Zwischen 1820 und 1930 verließen fast 60 Millionen Menschen auf der Suche nach einem besseren oder freieren Leben in Kolonialgebieten oder den USA

• Am Ende des Zweiten Weltkrieges zählte Europa zwischen 20 und 25 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene

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Europa – vom “Flüchtlingsproduzenten” zum Sehnsuchtsort?

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Situation in Europa dramatisch:

• Flüchtlinge und Arbeitsmigranten aus Süd- und Osteuropa strömten in die westeuropäischen Staaten, um sich am Wiederaufbau zu beteiligen und am wirtschaftlichen Aufschwung teilzuhaben;

• Flüchtlinge vor allem aus Osteuropa suchten Schutz vor politischer Verfolgung;

• Insbesondere in Deutschland wurden zur Linderung des massiven Arbeitskräftemangels gezielt Arbeitnehmer aus der Türkei und den Balkanstaaten angeworben;

• Die Auflösung der Kolonialreiche führte insbesondere in Frankreich und Großbritannien zu Zuwanderungen aus den ehemaligen Kolonialgebieten

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Gemeinsames Europäisches Asylsystem –Grundlagen

• Die fortschreitende europäische Integration und insbesondere die Schaffung eines Raumes des freien Waren- und Personenverkehrs („Schengen-Raum“) führte in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre zu einem stärkeren Bedarf der Vereinheitlichung der Migrations- und Asylpolitiken in den EU-Mitgliedsstaaten.

• 1993 wurde mit dem „Dubliner Übereinkommen“ über die Zuständigkeit für die Durchführung eines in der EU gestellten Asylantrages der Grundstein für die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems gelegt.

• Das Dubliner Übereinkommen, welches später zur EU-Verordnung wurde, wird durch eine Reihe weiterer Richtlinien über den Flüchtlingsschutz ergänzt.

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Gemeinsames Europäisches Asylsystem –die wichtigsten Instrumente:

1. VERORDNUNG (EU) Nr. 604/2014 DES PARLAMENTES UND DES RATES vom 26. JUNI 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist („Dublin-III-Verordnung“)

Die Dublin-III-VO regelt, welcher Staat innerhalb des Schengenraumes für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist

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Gemeinsames Europäisches Asylsystem –die wichtigsten Instrumente:

2. RICHTLINIE 2011/95/EU DES PARLAMENTES UND DES RATES vom 13. DEZEMBER 2011 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes („Qualifikationsrichtlinie“)

• Zusammenfassung und weitgehende Angleichung des Schutzes von Flüchtlingen iSd. GFK und Personen, denen im Falle der Rückkehr in ihre Herkunftsstaaten ein sonstiger ernsthafter Schaden droht („Subsidiärschutz“) unter dem Begriff des Internationalen Schutzes

• Artikel 2 (c) Q-RL: Flüchtlingsdefinition analog Art. 1 A 2 GFK plus ausdrückliche Erwähnung nichtstaatlicher Verfolgung

• Art. 10 Q-RL: Definition „Verfolgungshandlung“• Art. 15 Q-RL: Definition des „ernsthaften Schadens“ als Voraussetzung für die

Zuerkennung subsidiären Schutzes• Flüchtlinge und subsidiär Geschützte haben gesicherten Status

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Gemeinsames Europäisches Asylsystem –die wichtigsten Instrumente:

3. RICHTLINIE 2003/9/EG DES RATES vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten („Aufnahmerichtlinie“)

4. RICHTLINIE 2005/85/EG DES RATES vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft („Verfahrensrichtlinie“)

5. RICHTLINIE 2001/55/EG DES RATES vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten („Massenzustromrichtlinie“)

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Weiterentwicklung des GEAS: „Agenda on Migration“

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• Verdreifachung der Kapazitäten der Frontextoperationen Triton und Poseidon in 2015 und 2016;• Aktivierung von Artikel 78 EUV und Umverteilung (“Relocation”) von 40,000 Asylsuchenden und

Flüchtlingen innerhalb der EU nach einem Verteilungsschlüssel;• Einrichtung eines Hot-Spot – Systems zur Unterstützung der Identifikation, Registrierung,

Fingerabdrucknahme und koordinierten Rückführung neu ankommender Migranten in “Frontstaaten” (60 Millionen EUR Soforthilfe);

• Resettlement-Programms für 20,000 syrische Flüchtlinge, die nach einem modifizierten Verteilungsschlüssel auf die EU-MS verteilt werden sollen (50 Millionen EUR );

• Regionale Entwicklungs- und Schutzprogramme (RDPP’s) in ausgewählten Staaten Nordafrikas und am Horn von Afrika (30 Millionen EUR );

• Sammlung und Bereitstellung von Informationen zur Aufdeckung krimineller Schleppernetzwerke durch EUROPOL und FRONTEX;

• Vernichtung von Schlepperbooten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (CSDP) mit militärischen Mitteln;

• Einbeziehung der Migrationskomponente in existierende CSDP-Operationen in Niger und Mali;• Einrichtung eines “Mehrzweckzentrums” für (potentielle) Migranten in Niger in Zusammenarbeit mit

UNHCR und IOM;• Entsendung von EU-Migrationsspezialisten an EU-Vertretungen in Transit-Schlüsselstaaten

Agenda für Migration: Sofortmaßnahmen

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Agenda für Migration –weitergehende, mittel- bis langfristige Maßnahmen

1) Maßnahmen zur Anreizverminderung

• Aktionsplan zur Untersuchung und Verfolgung krimineller Schleppernetzwerke;

• Erarbeitung eines gemeinsamen Rückkehrhandbuches zur Vereinheitlichung der Rückführungspraxis in den EU-MS;

• Stärkung der Partnerschaften mit Drittstaaten zur Verhinderung von Schlepperwesen und Menschenhandel und zur Koordinierung von Rückführungen;

• Stärkeres Engagement von EU Delegationen in Schlüsselländern von Flucht und Migration;

• Stärkung der Rolle von FRONTEX in Rückkehroperationen und insbesondere bei der Unterstützung der EU-MS bei der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie;

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Agenda für Migration –

weitergehende, mittel- bis langfristige Maßnahmen

2) Maßnahmen zur Grenzsicherung und Lebensrettung

• Revidierter Vorschlag zum “Smart Border Konzept”;• Schaffung Finanzieller Anreize zur Stärkung der

Kapazitäten nordafrikanischer Staaten zur Sicherung ihrer Grenzen und zu lebensrettenden Interventionen;

• Überlegungen zur Einrichtung eines Europäischen Grenzsicherungssystems;

• Stärkung der Rolle von FRONTEX;

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Agenda für Migration –weitergehende, mittel- bis langfristige Maßnahmen

3) Stärkung des gemeinsamen europäischen Asylsystems

• Einrichtung eines Überwachungs- und Beobachtungsmechanismus zur vollständigen Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems;

• Evaluierung des Dublin-Systems und Reformvorschläge bis Mitte 2016;

• Entschiedene Initiativen zur Verhinderung von Asylmissbrauch;

• Überlegungen zur Einrichtung eines einheitlichen europäischen Asylentscheidungsprozesses zur weiteren Harmonisierung der Entscheidungspraxis und Behandlung von Schutzsuchenden in Europa;

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Agenda für Migration –weitergehende, mittel- bis langfristige Maßnahmen

4) Schaffung und Ausbau legaler Migrationswege

• Evaluierung und Reform der Blue-Card – Richtlinie;• Einrichtung einer spezifischen Plattform aus

Vertretern der EU-MS, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften zu Fragen der Arbeitnehmermigration;

• Vereinfachung von Rücktransferzahlungen;• Einrichtung eines konsolidierten

“Interessenbekundungsverfahrens” für potentielle Wirtschaftsmigranten zur besseren Identifikation und Koordination von Angebot und Nachfrage;

• Maximierung der positive Entwicklungseffekte von Arbeitsmigration in den Herkunftsstaaten;

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Das GEAS auf dem Prüfstand: Jüngste Entwicklungen

Anhaltende Konflikte und Menschenrechtsverletzungen insbesondere in Syrien, dem Irak, Afghanistan, Somalia und Eritrea und der schrumpfende Raum für Flüchtlinge, in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihren Herkunftsländern angemessenen Schutz zu finden, haben im Jahr 2015 zu einem sprunghaften Anstieg der Asylbewerberzahlen in den Außengrenzstaaten der EU (Griechenland, Italien) geführt.

Im Jahre 2015 passierten mehr als 1 Million vor allem syrische, irakische und afghanische Asylbewerber die Ägäis.

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Das GEAS auf dem Prüfstand: Jüngste Entwicklungen

Europa reagierte uneinheitlich auf die Krise:

Während einige Staaten bereits Mitte 2015 Grenzzäune errichteten, um den Migranten den Anreiz einer Weiterflucht zu nehmen, öffneten andere Staaten ihre Grenzen für Flüchtlinge und Asylbewerber.

Auf EU-Ebene wurden in der Folgezeit verschiedene Maßnahmen einschließlich des EU-Türkei-Abkommens zur Zusammenarbeit im Flüchtlingsschutz getroffen.

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Das GEAS auf dem Prüfstand:

Die wichtigsten (flüchtlingsrelevanten) Regelungen des EU-Türkei-Abkommens im Überblick

- Flüchtlingsrücknahme:Ein bereits vereinbartes Rückübernahme-Abkommen für Flüchtlinge soll bis Juni 2016 vollständig in Kraft gesetzt werden. Das Abkommen berechtigt die EU, Flüchtlinge ausDrittstaaten in die Türkei abzuschieben. - Unterstützung für Flüchtlinge in der Türkei:Zur Unterstützung von rund 2,2 Millionen in der Türkei lebender Flüchtlinge aus Syrienwill die EU zunächst "einen ersten Betrag" über drei Milliarden Euro bereitstellen. Das Geld soll in konkrete Projekte wie den Bau von Schulen fließen. Woher das Geld kommensoll, ist noch offen. - Umsiedlung von Flüchtlingen von der Türkei in die EU: Für jeden aus Griechenland in die Türkei rücküberstellten syrischen Flüchtling will die EU einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei legal übernehmen. Die Umsetzungdieser Vereinbarung soll im Rahmen "bestehende Regelungen und Programme" (18.000 Plätze aus dem EU-Resettlement Programm, 54.000 derzeit ungenutzte Plätze aus demRelocation-Programm) erfolgen.

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Das GEAS auf dem Prüfstand:

Erste Bilanz des EU-Türkei-Abkommens im Überblick

- Flüchtlingsrücknahme:Bis zum 6. April 2017 sind insgesamt 993 Asylbewerber aus Griechenland in die Türkeizurückverbracht worden- Unterstützung für Flüchtlinge in der Türkei:Erste Tranchen des Hilfspaketes an die Türkeisind inzwischen zur Auszahlung gebrahctworden. - Umsiedlung von Flüchtlingen von der Türkei in die EU: Insgesamt haben die Mitgliedsstaaten der EU seit Inkrafttreten des Abkommens 4,603 Asylbewerber im Wege von Resettlement ausder Türkei aufgenommen

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Das GEAS auf dem Prüfstand:

Erste Bilanz des EU-Türkei-Abkommens im Überblick

Seit Inkrafttreten des Abkommens ist die Zahl irregulärer Migranten auf der südlichenMittelmeerroute spürbar gesunken. Das Abkommen wird deshalb als Modell auch fürandere EU-Anrainerstaaten diskutiert.

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Das GEAS auf dem Prüfstand:

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Gleichzeitig wächst angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Türkei die Sorge voreiner Aussetzung des EU-TUR Abkommens.

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