Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger...

37
Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich- gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick

Transcript of Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger...

Page 1: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-)

Behinderung – ein Überblick

Page 2: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 2

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

Förderungswerk St. Nikolaus, Dürrlauingenwww.sankt-nikolaus.de

Page 3: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 3

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

BBW Dürrlauingen: Typische Teilnehmende 2010 18;5 Jahre jede 4. weiblich jeder 3. – 4. minderjährig jeder 11. – 12. Migrationshintergrund jeder 3. – 4. extern (Pendler/in) fast jede/r lernbehindert (97,2%) jeder 1. – 2. zusätzlich körperbehindert

Page 4: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 4

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

jeder 5. – 6. zusätzlich sprachbehindert jeder 1. – 2. zusätzlich psychisch behindert oder

verhaltensauffällig (dissozial) jeder 2. mehrfach behindert jeder 2. (potenziell) schwerbehindert Im Mittel: 323 Teilnehmende mit 3,6 pädago-

gisch- psychologischen (ohne medizinische) Diagnosen und sehr hohem (berufs-) pädago- gischem Handlungsbedarf (TEE 2009/10)

Page 5: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 5

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

Inhalte

1. Ein Zitat (Eugen Roth)2. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit

Behinderung (fünf Auszüge)3. Zentrale Begriffe4. Inklusion am Übergang Schule – Beruf5. Inklusion und Nachteilsausgleich6. Initiativen des Nationalen Aktionsplans7. Drin sitzen ist alles? – Neun Fragen, eine Fürbitte8. Ein Zitat (Eugen Roth) und „Zu guter Letzt“

Page 6: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 6

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

Zitat: Gründliche Einsicht

Ein Mensch sah jedesmal noch klar:Nichts ist geblieben so, wie's war.-Woraus er ziemlich leicht ermisst:

Es bleibt auch nichts so, wie's grad ist.Ja, heut‘ schon denkt er, unbeirrt:

Nichts wird so bleiben, wie's sein wird.

Eugen Roth

Page 7: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 7

UN-Behindertenrechtskonvention

Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Die gleichen Rechte von Menschen mit Behinderungauf Arbeit werden anerkannt. Menschen mit Be-hinderung soll vor allem ein wirksamer Zugang zuallgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungs-programmen, zur Stellenvermittlung, zur Berufs-ausbildung und Weiterbildung sowie zu Program-men für die berufliche Rehabilitation ermöglichtwerden.

Page 8: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 8

UN-Behindertenrechtskonvention

Art. 26: Habilitation und Rehabilitation (1)Um ein Höchstmaß an Unabhängigkeit (Selbstbe-stimmung), umfassende körperliche, geistige, sozi-le und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbe-ziehung und Teilhabe an allen Aspekten des Lebenszu erreichen und zu bewahren, sollen Habilitationund Rehabilitation gestärkt und erweitert werden.

Page 9: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 9

UN-Behindertenrechtskonvention

Art. 26: Habilitation und Rehabilitation (2)Die Vertragsstaaten fördern zu diesem Zweck dieAus- und Fortbildung für Fachkräfte und Mitarbei-tende in Habilitations- und Rehabilitationsdiensten.Leistungen und Programme sollen so gemeindenahwie möglich zur Verfügung stehen, auch in ländli-chen Gebieten.

Page 10: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 10

UN-Behindertenrechtskonvention

Art. 25: GesundheitDie Bundesregierung verpflichtet sich, alle geeig-neten Maßnahmen zu treffen, um Menschen mitBehinderung einen Zugang zu geschlechtsspezifi-schen Gesundheitsdiensten, einschließlich gesund-heitlicher Rehabilitation, zu gewährleisten.

Page 11: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 11

UN-Behindertenrechtskonvention

Art. 24: BildungDie Vertragsstaaten gewährleisten ein integratives(inklusives) Bildungssystem auf allen Ebenen undlebenslanges Lernen. Sie stellen insbesonderesicher, dass Menschen mit Behinderung ohneDiskriminierung und gleichberechtigt mit anderenZugang zu Berufsausbildung, Erwachsenenbildungund lebenslangem Lernen haben.

Page 12: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 12

UN-Behindertenrechtskonvention

Art. 31: Statistik und DatensammlungDie Bundesregierung verpflichtet sich, geeigneteInformationen, einschließlich statistischer Angabenund Forschungsdaten, zur Ausarbeitung politischerKonzepte zur Durchführung der UN-Konvention zusammeln.

Beispiele: Nationaler Aktionsplan (Juli 2011?), Leuchttürme,Programme, Modellversuche u.ä.

Page 13: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 13

Zentrale Begriffe

Integration („Eingliederung“) Individuum zentrierter Ansatz: Sonderpädago-

gische Unterstützung für spezifische Zielgrup- pen

Der Einzelne muss den normativen Anspruch auf Integration erfüllen; Orientierung am „Nor- mallebenslauf“.

Integration denkt (angeblich?) eindimensional. NT: Eigenverantwortung für Behinderung, Indi-

vidualisierung der Risiken, Entsolidarisierung

Page 14: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 14

Zentrale Begriffe

Inklusion (1) System zentrierter Ansatz: Alle (jungen) Men-

schen werden mit ihren spezifischen pädago- gischen Bedürfnissen beachtet; gemeinsames, aber individuelles Lernen (Hinz 2004):

Subjektorientierung: individuelle Lernvorausset- zungen

Ressourcenorientierung: Kompetenzen, Unter- stützungsstrukturen

Systemorientierung: soziale Lebenslage, Milieu Partizipation: aktive Einbeziehung beim Lernen

Page 15: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 15

Zentrale Begriffe

Inklusion (2) Die solidarische Gesellschaft muss inklusive

Bildungs- und Beschäftigungsstrukturen schaf- fen, „die allen in ihrer Verschiedenheit eine ih- ren Bedürfnissen entsprechende soziale Teil- habe eröffnen“. (Oehme 2010)

Inklusion denkt (tatsächlich?) mehrdimensional. VT: Wert des Menschen wird nicht an seiner

Leistung gemessen und auf Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt eingegrenzt; keine Ausgrenzung, keine Klassifizierung, keine Problemfälle (?)

Page 16: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 16

Zentrale Begriffe

Inklusion (3) „Der Inklusionsgedanke erweitert die Hand-

lungsperspektiven, weil er auf die Notwendigkeit einer Veränderung verschiedener Systemebe- nen verweist und gleichzeitig die Bedeutung individueller Faktoren nicht vernachlässigt. Indi- viduelle (Behinderungs- und) Benachteiligungs- risiken können nur im Zusammenwirken mit Veränderungen auf der strukturellen Ebene be- seitigt werden, d.h.: Sondermaßnahmen zu ver- lassen und Regelstrukturen zu verändern.“ (Rützel & Bylinski 2011)

Page 17: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 17

Zentrale Begriffe

Inklusion (4) Inklusion I als systemische Funktion

I = f [(a∙I1• b∙I2 • c∙I3• d∙ C) + InkIllu], mit:

I1 = Includendum (der/die/das zu Inkludierende), I2 = Includens (das Inkludierende), I3 = Inclusores (die inkludierend Handelnden), C = Carbo (“Koh- le”)

a, c = Fähigkeit und Willigkeit, b = Funktionalität, d = Mächtigkeit

(…) : real existierende Inklusion InkIllu : Inklusionsillusion

Page 18: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 18

Inklusionsillusion?

Page 19: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 19

Inklusion am Übergang Schule – Beruf

BIBB-Expertenmonitoring „Berufliche Bildung“ 482 Fachleute (breit aufgestellt), Ende 2010 Internet gestütztes Befragungssystem (

www.expertenmonitor.de) Grundlegende Einschätzung der aktuellen Lage

Übergang Schule – Beruf? Welche Reformvorschläge wünschenswert? Umsetzung bis 2015 machbar? Also: Was ist konsensfähig, realistisch und zügig

zu machen?

Page 20: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 20

Inklusion am Übergang Schule – Beruf

Übergangssystem mit vielen Akteuren und unter-schiedlichen Interessen: Allgemein bildende Schule Übergangsystem selbst: schulische Bildungs-

gänge, diverse Maßnahmen Duales System

Page 21: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 21

Inklusion am Übergang Schule – Beruf

Vier Strategien bzw. Inklusionsformen:1. Abschwächung der Marktinklusion: Nein!

Einschränkung der betrieblichen Entscheidungs- autonomie (ob und wen Betriebe ausbilden) durch Vorgaben

2. Regelinklusion: Nein! Alle Jugendliche, die Aufnahmeregeln erfüllen

(Schule beendet, Schulabschluss, „ausbildungs- reif“), erhalten ein Ausbildungsangebot, auch in außerbetrieblichen Ausbildungsformen.

Page 22: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 22

Inklusion am Übergang Schule – Beruf

3. Nachfragestimulierung: Ja! Nachfragestimulierung durch attraktive Angebote

an Betriebe (höhere Einstiegsqualifikation [Re- form des Schul- und Übergangssystems, pass- genaue Vermittlung [BO, Einstiegsbegleiter], so- ziale und finanzielle Unterstützungen), die Aus- bildungskosten und –risiken senken

4. Abwarten („Attentismus“) Verbesserung der Ausbildungschancen durch

demographische Entwicklung. VT: keine schwer kalkulierbaren systemischen Eingriffe, keine auf- reibenden politischen Abstimmungen

Page 23: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 23

Inklusion am Übergang Schule – Beruf

Zentrale Ergebnisse (BWP 2/2011, S. 11f.):1. Relativierung des Prinzips der „Marktinklusion“:

Nein!2. Ergänzung der Marktinklusion durch „Regel-

inklusion“: Nein!3. Reformen, die die Dominanz der Marktinklusion

nicht berühren. Ja! Insbesondere: 3.2 Berufsorientierung (BO) = Pflichtfach 3.3 regionale (kommunale) Koordinierung der

Akteure am Übergang Schule - Beruf

Page 24: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 24

Inklusion am Übergang Schule – Beruf

3.4 Transparenz im Übergangssystem: wenige Grundtypen von Maßnahmen und Bildungs- gängen (s. Instrumentenreform)

3.5 Praktika (betriebliche Praxisphasen) im Vordergrund

3.6. Möglichkeit des Erwerbs eines Schulab- schlusses

Aber: Problem „Kostendruck“ für öffentliche Hände!

Fazit: Vorherrschende marktbestimmte Inklusions-mechanismen dürfen nicht angetastet werden!

Page 25: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 25

Inklusion und Nachteilsausgleich

Inklusive Instrumente des Nachteilsausgleichs: § 66, 1BBiG; 42m, 1 HwO: Besonders geregelte

Ausbildungen wegen Art und Schwere der Be- hinderung

§ 65 BBiG; 42l HwO: Nachteilsausgleich (zeit- liche und sachliche Gliederung, Prüfungsdauer, Hilfsmittel, Hilfeleistungen Dritter)

Rahmenrichtlinien zur Vereinheitlichung von Ausbildungsregelungen und –bezeichnungen

Rahmenregelung, Musterregelung (Standards): Durchstiegsmöglichkeit, rehaspezifische Zusatz- qualifikation usw. (Kammerregelungen)

Page 26: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 26

Initiativen des Nationalen Aktionsplans

Page 27: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 27

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Fragen 1 und 2 Ist nicht Wettbewerb bzw. Konkurrenz - und

damit Exklusion! - grundlegende Daseinsweise unserer politisch-ökonomischen Verfasstheit mit all ihren Konsequenzen und umfassende Inklu- sion dadurch letztlich eine Illusion?Realität: Inklusiver Ausbildungsmarkt?: Nein!, inklusiver Arbeitsmarkt?: Nein! Höchstens Einzellösungen (UB).

Wissen alle Akteure und Entscheidungsträger (mit Sokrates) wirklich von was sie bei dem Thema „Inklusion“ reden?

Page 28: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 28

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Frage 3 Lassen sich inklusive Lebenslösungen, z.B. der

(Berufs-) Bildung, durchgehend behinderungs- spezifisch darstellen? Die Inklusion z.B. körperlich behinderter (junger) Men- schen – der einprägsamsten, weil offensichtlichen Be- hinderung – stellt sich in der Regel völlig anders dar als die von lernbehinderten und verhaltensauffälligen oder psychisch behinderten (jungen) Menschen.

Page 29: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 29

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Frage 4 „Euphorie statt Empirie!“ (Hillenbrand 2010)?

Wissenschaftliche Forschungsergebnisse (z.B. Meta- analysen durch Lindsay 2007, Eckhart 2008, oder Ein- zelstudien von Sauer, Ide und Borchert 2007, Huber 2008) äußern sich zur „normalen“ Wirksamkeit (nicht in „idealen“ Modellversuchs-Grundschulwirklichkeiten) von schulischer Inklusion durchaus gespalten bis kritisch.

Page 30: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 30

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Frage 5 Mit welchen Ressourcen dürfen sonderpädago-

gische Differenzierung und Individualisierung – gelegentlich als Separation und Diskriminie- rung verfemt – (weiterhin) den individuellen För- derbedarf bedienen und Nachteile ausgleichen helfen?

Page 31: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 31

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Fragen 6 Werden „schulisch anforderungsrelevante Para-

meter (Lernmotivation, -fähigkeit, -willigkeit, -stand, Bildbarkeit in der Gruppe, kognitive Res- sourcen, Interessen und Ziele) ... vermischt bzw. gleichgesetzt mit diesbezüglich irrelevan- ten Kriterien (wie Geschlecht, ethnische Zuge- hörigkeit, Hautfarbe, soziokultureller Hinter- grund, materielle Ressourcen, religiös/ weltan- schauliches Bekenntnis)“? (Kobi 2008)

Page 32: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 32

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Frage 7 Werden durch inklusive Bildungsstrukturen grö-

ßere individuelle Handlungsspielräume bzw. Le- benschancen (Dahrendorff) zur Entfaltung und Befriedigung von Interessen und zur Heraus- bildung eines Lebensstils erschlossen als im gegliederten Bildungssystem?

Kriterium: Teilhabe ist der Anspruch, (jungen) Menschen ausgehend von ihren (zu entwickelnden) Interessen und Ressourcen und entsprechend ihren (zu entwickelnden) aktuellen Fertigkeiten und Kenntnissen Verantwortung so zu übertragen, dass sie aktiv Einfluss auf Situationen und Kontrolle über ihr Leben gewinnen können.

Page 33: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 33

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Frage 8 Sollte ein erfolgreiches (Berufs) Bildungssystem

erst dann abgelöst werden, wenn es durch ein nachweislich besseres ersetzbar ist? Verändern heißt nicht automatisch verbessern, schon gar nicht als Ausschreibungssparmodell!

Berufsbildungswerke sind als Spezialeinrichtungen intern zutiefst inklusiv organisiert und darin für gesamtgesell- schaftliche Situationen in gewisser Weise vorbildhaft. Sie arbeiten kompensatorisch und stärken junge Menschen mehrheitlich so, dass sie die eher exklusive, wettbe- werbsorientierte Lebenswirklichkeit gestärkt und chan- cengleich bewältigen lernen. Übrigens: „Exklusive“ Leistungszentren umfassen immer auch Internate.

Page 34: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 34

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Frage 9 Und nicht zuletzt: Geht es darum, möglichst

schnell „politisch korrekte“ Verfahrensvorschrif - ten aufzustellen oder doch um eine langfristig angelegte gesellschaftliche Enkulturation inklu- siver Strukturen durch Einstellungsänderung?

Es braucht sicher Zeit, wenn 90 Prozent der Mitglieder einer Gesellschaft ihre Lebensvollzüge umfassend nach ca. 10 Prozent ausrichten sollen!

Page 35: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 35

Neun Fragen und eine Fürbitte

Drin sitzen ist alles? – Eine Fürbitte… Herr, verschone uns beim Thema „Inklusion“ vorzwei Arten von Protagonisten, nämlich vor … „Glaubenskriegern“: „Es gibt zwei Meinungen,

meine und die falsche!“ „Experten“, deren Erfahrungshorizont und Per-

sönlichkeit durch das Thema „Inklusion“ auf die Möglichkeit treffen, damit Geld oder Anerken- nung oder Beides zu verdienen

Page 36: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 36

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

Zitat: Durch die Blume

Ein Mensch pflegt seines Zimmers Zierde,Ein Rosenstöckchen mit Begierde.Gießt‘s täglich, ohne zu ermatten,

Stellt‘s bald ins Licht, bald in den SchattenErfrischt ihm unentwegt die Erde,

Vermischt mit nassem Obst der Pferde,Beschneidet sorgsam jeden Trieb -Doch schon ist hin, was ihm so lieb.Leicht ist hier die Moral zu fassen:

Man muss die Dinge wachsen lassen!

Eugen Roth

Page 37: Inklusion durch berufliche Rehabilitation Wege zur beruflich-gesellschaftlichen Inklusion junger Menschen mit (Lern-) Behinderung – ein Überblick.

9. Juni 2011 Karl-Heinz Eser 37

Inklusion durch berufliche Rehabilitation

Zu guter Letzt

Je lteuar ein Fsas dhnröt, usmo lreeer ist es!

Mit Gled knan man alels kfuean, aßuer Vretnatrwognusssbuweietsn und Lbeie!