Ingrid Weis - ki-bielefeld.de · Adressat Für wen und für welchen Anlass wird der Text...
Transcript of Ingrid Weis - ki-bielefeld.de · Adressat Für wen und für welchen Anlass wird der Text...
Ingrid Weis
Schreiben lernen in mehrsprachigen Gruppen
Kommunales Integrationszentrum Bielefeld
27.03.2014
Einstieg Was bewegt sie?
Was möchten Sie ändern? Ihre Fragen?
Inhaltsübersicht
Einstieg
Theoretische Grundlegung 1. Allgemeine Überlegungen zum Schreiben 2. Schreibprozesse vorbereiten 3. Was bedeutet Schreiben können? 4. Schreiben lernen 5. Texte schreiben 6. Sprechen und Schreiben lernen – eine besondere Herausforderung für
Seiteneinsteiger 7. Schreibdidaktik – ein historischer Rückblick
Umsetzung in die/ der Praxis 8. Schreiben lernen 9. Generative Textproduktion 10. Text(sorten) schreiben
Fazit Literatur Reflexion
1. Allgemeine Überlegungen zum Schreiben
Schreiben Hörverstehen
Fachsprachliches
Hörverstehen Fachsprachliches
Sprechen Schreiben fach-
sprachlicher Texte
Sprechen Lesen
Lesen fachsprach-
licher Texte
Die Intensität der Farbe drückt aus, in welchem Umfang
erfahrungsgemäß Kenntnisse am Ende der Grundschulzeit
zu erwarten sind
Sprachliche Teilfertigkeiten
Schreiben
• Fast 30 Prozent von etwa 150 befragten Schülerinnen und Schülern am Ende der Sekundarstufe I sind der Meinung, das Schreiben in der Schule nicht geübt zu haben.
• 34 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler halten das Schreiben nicht für lernbar. (Merz-Grötsch 2001, 168 ff.)
• Schreiben in einer weiteren Sprache gilt gemeinhin als besonders schwierig und erfordert besondere Aufmerksamkeit. (Mohr 2010, 993)
• Schreiben lernt man durch Schreiben (Grießhaber 2008, 229)
Der Umgang mit Texten im Fachunterricht
Quelle: Leisen 2009,9
Die Sprache der Fachtexte
Wortebene Wortschatz und Wortbildungen • seltene Wörter • schwierige Ableitungen • Komposita, komplexe Wortbildungen • Nominalisierungen • terminologisierte Wörter aus der Alltagssprache (Polyseme) • Fachwortschatz • Präfixverben • Adjektive mit fachspezifischen Prä- und Suffixen
Satzebene • unpersönlicher Ausdruck (Passiv und Passiversatzformen –man/ es) • Satzbau (Haupt- und Nebensatzkonstruktionen) • Konjunktiv • komplizierte Satzkonstruktionen • Nominalisierungen mit komplexen Attributen
Textebene • Textverknüpfungsmittel (Elemente, die Sätze und Absätze miteinander verbinden: Pronomen,
Adverbien, Konjunktionen, Synonyme) • fehlende Textverknüpfung • Tempus (Präteritum) • Argumentationsstruktur
Textentlastung Entlastung auf der Wortebene:
• weniger verschiedene Wörter
• weniger neue Wörter
• weniger seltene Wörter (Spezialwörter, die nur in einem Text auftreten)
• Worterklärungen in den Text einarbeiten (Fußnote, Marginalspalte)
Entlastung auf der Satzebene
• statt Imperfekt - Präsens(Perfekt)
• statt Konjunktiv - Indikativ
• statt Passiv - Aktiv
• statt Genitiv - Dativ
• statt Pronomen - Nomen
• statt man, es - wir, du, die Sache..
• statt indirekter Rede - direkte Rede
• statt langer Satz - kurze Sätze
• statt Gliedsatz - Satzreihen
Entlastung auf Textebene
• Satzmuster oft wiederholen
• fehlende oder falsche Textverknüpfer vermeiden
• Sprünge in der Argumentationsstruktur vermeiden
• Relationen zwischen Sätzen und Satzteilen deutlich machen
• Wenn Pronomen, dann das Bezugswort deutlich machen
• die Bedeutung von Proadverbien (dazu, davon, dabei, ..) und multifunktionalen Formen (es,
damit) verdeutlichen oder vermeiden.
Schreiben
Schreiben stellt komplexe Anforderungen:
SuS müssen
• inhaltliches Wissen über die Schreibaufgabe haben.
• die Merkmale der Textsorte kennen.
• einen Text planen können (aktive Beherrschung der Textstruktur).
• über die erforderlichen sprachlichen Kenntnisse verfügen.
• Mehrsprachige SuS oftmals mehr Zeit brauchen.
2. Schreibprozesse vorbereiten
sea, soil layer, groundwater
Look at the picture.
Please describe the hydrological cycle.
Einige Fragen zum Selbstversuch • Welche Schwierigkeiten hatten Sie bei der
Beschreibung des Wasserkreislaufs auf Englisch?
• Welche Strategien haben Sie angewendet, um die Aufgabe zu bewältigen?
• Welche Hilfen und „Gerüste“ hätten Ihnen geholfen?
• Wie sollte Unterricht gestaltet sein, damit die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe leichter bewältigen können?
The hydrological cycle Waters evaporate. The steam rises up in the air. The steam turns into clouds. The clouds consist of tiny droplets. When many small droplets of water come together, bigger drops emerge and it may rain. The rainwater trickles into the soil. If a stratum holds water, it is waterproof. Water accumulates and may spout out of the soil as a spring. The spring water flows into a stream, the stream into a river and the river into the sea. Now the hydrological cycle starts anew.
Methoden zur Optimierung des Unterrichts
Scaffolding
Scaffolding
„ Nicht das Curriculum ist es, das bei sprachlich
benachteiligten Schülerinnen und Schülern der
Modifikation bedarf, sondern vielmehr die Qualität und
Quantität der Unterstützung seitens der Lehr- und
pädagogischen Fachkraft, die den Lernenden geboten wird.“
(Quelle: Gibbons(2010): Learning Academic Registers in Context. In Benholz,C./Kniffka,G/Winters-Ohle,E (Hrgs.):
Fachliche und sprachliche Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund.Münster: Waxmann,25-37)
Konzepte – Scaffolding (Kurzdarstellung von Gabriele Kniffka unter http://www.uni-due.de/prodaz/konzept.php)
Bedarfsanalyse
Lernstandsanalyse Makro-Scaffolding
Unterrichtsplanung
Bereitstellung von Gerüsten, um Aufgaben
über dem bestehenden Kompetenzniveau zu
bewältigen
Unterrichtsinteraktion Mikro-Scaffolding
Bedarfsanalyse
Ermittlung des Sprachbedarfs für einen Unterrichtsinhalt aus fachlicher Sicht
Exemplarisches Vorgehen: Analyse einer Unterrichtsreihe im Lehrbuch auf ihre sprachlichen Anforderungen
– Welche Textsorten kommen vor?
– Wird eine neue Textsorte eingeführt?
– Welche Texte müssen gelesen werden?
– Was für Texte müssen geschrieben werden?
– Enthalten die zu lesenden Texte besondere
Schwierigkeiten, etwa komplexe Verweisstrukturen, neue
Fachtermini? Gibt es bestimmte grammatische
Phänomene, die gehäuft auftreten? usw.
vgl. Kniffka 2010: http://www.uni-due.de/prodaz/konzept.php
Lernstandsanalyse
Individuelle Diagnose und Beobachtung der Klasse
Auswahl der sprachlichen Lernziele
• für das Fach typisch, nachhaltig
• etwas über dem derzeitigen Kompetenzstand der SuS
• wo brauchen SuS Unterstützung
• nicht mehr als zwei sprachliche Lernziele pro Unterrichtsreihe
Unterrichtsplanung
Gerüste bauen und abbauen, um Hürden zu überwinden:
• Aufgabe in Teilschritte zerlegen, Vorübungen und
Wiederholungen einbauen
• Wortschatzübungen
• Sprachliche Hilfen geben
Satzmuster vorgeben
Satzanfänge vorgeben
Gliederungen vorgeben
Scaffolding
Lernaufgaben in der Zone der proximalen
Entwicklung
Konzepte – Scaffolding
konkrete
Anschauung
fachliche Ebene
abstrahierende
Distanz
alltagssprachlich-mündlich
Sprachvariante
schriftlich und im gesprochenen Wort konzeptionell
fachsprachlich
Den Kompass ausprobieren:
spielerisches Experiment
in Partnerarbeit
Dem/Der Partner/in berichten:
mündliche Erzählung
in Alltagssprache
Der Klasse präsentieren:
mündlicher Vortrag mit ersten
fachsprachlichen Begriffen und
Wendungen
Den Kompass in seiner
Funktionsweise beschreiben:
Zusammentragen der Ergebnisse aus
dem Experiment
Den Kompass anwenden:
zweites Experiment
in Partnerarbeit
Die Ergebnisse verschriftlichen:
Abfassen eines Protokolls unter
Verwendung einer bereits verfeinerten
Fachsprache
Den Fachtext lesen/ schreiben:
Texte zum Thema im Schulbuch
lesen und verstehen
Aufgabenbeispiel
Aus: Kniffka, Neuer 2008
Konzepte – Scaffolding
Die Sprache im Curriculum
Sprechen Hören Schreiben Lesen Grammatik Wortschatz
Grundlegendes Raster für einen sprachsensiblen Fachunterricht
Nach: Gibbons, P. Scaffolding Language. Scaffolding learning. Teaching
Second Language Learners in the Mainstream Classroom. Portsmouth, NH.
2002. S. 122.
3. Was bedeutet Schreiben können? • Schrift ist ein Kulturgut
• Die Normierung der Schrift ist relativ
jung.
• Das Deutsche ist eine Alphabetschrift, keine Lautschrift.
Es wird nicht so geschrieben wie gesprochen.
Schreiben können
Schreiben können bedeutet, den Normaspekt der Schriftsprache zu beherrschen.
• Schreib- oder Graphomotorik (Buchstaben erkennen und schreiben)
• Phonem – Graphem – Zuordnung
• Orthographie
• Textsortenkompetenz
Phonem-Graphem-Korrespondenz Das Deutsche ist eine Alphabetschrift, keine Lautschrift.
• Nicht jedes einzelne Phonem wird durch ein eigenes Graphem abgebildet.
• „Es wird nicht so geschrieben, wie gesprochen. Lautschriften können die Alphabetschriften auch gar nicht sein, da sonst verschiedene Sprecher ihre Sprache unterschiedlich verschriften würden, in Abhängigkeit von Dialekten und anderen individuellen Besonderheiten. Dasa wäre nicht sehr leserfreundlich.“ (Jeuk/ Schäfer 2009,28)
Phonem-Graphem-Korrespondenz
In der Phonetik gilt „die Auffassung, in der gesprochenen Sprache
entsprächen den Buchstaben der geschriebenen Sprache eine
wohlgeordnete Folge von abgrenzbarer Einzellaute als
schlichtweg falsch. Sie gehört ins „Reich der Fiktion“ . Durch die
vielfache Überlagerung lautlicher Einheiten durch
Nachbareinheiten ist es noch nicht einmal maschinell möglich,
phonetisch diskrete Segmente zu gewinnen… Viele „Laute“ sind
in Isolation gar nicht aussprechbar.
(vgl Bredel 2012, 125-126 )
Schreiben lernen
Das Deutsche ist eine Alphabetschrift, aber keine Lautschrift.
• Laute sind nicht immer hörbar.
• Aussprache der standardnah gesprochenen Sprache wird nicht richtig beherrscht
(Zweitsprache, Dialekt, Soziolekt).
Sprachwahrnehmungsleistungen
• optisch-graphomotorische Differenzierungsfähigkeit
• phonematisch-akustische Differenzierungsfähigkeit
• kinästhetisch-artikulatorische Differenzierungsfähigkeit
• melodisch-intonatorische Differenzierungsfähigkeit
• rhythmische Differenzierungsfähigkeit
• (vgl. Breuer/Weuffen 2006,26ff.)
Besondere Schwierigkeiten für mehrsprachige Schülerinnen und Schüler
R - Raupe
PGK (Phonem-Graphem-Korrespondenz)
Fenster laufen
Was haben diese Wörter gemeinsam? Welche Unterschiede gibt es?
5. Texte schreiben
Schreiben stellt komplexe Anforderungen:
SuS müssen
• inhaltliches Wissen über die Schreibaufgabe haben.
• die Merkmale der Textsorte kennen.
• einen Text planen können (aktive Beherrschung der Textstruktur).
• über die erforderlichen sprachlichen Kenntnisse verfügen.
• Mehrsprachige SuS oftmals mehr Zeit brauchen.
Texte schreiben
• Bedarfsanalyse:
– sprachliche Anforderungen des Textes
– inhaltlichen Anforderungen des Themas
– strukturellen Merkmale der Textsorte
• Lernstandsanalyse:
– sprachlichen Vorkenntnisse der SuS
– Vorwissen zur Sache
– Textsortenkompetenz
Schreibplan
• Thema
• Adressat
• Funktion des Textes
• Textsorte
• Sprachliche Hilfen
• Strukturelle Hilfen
Schreibplan Leitfragen
Thema Wie heißt das Thema?
Was soll geschrieben werden?
Adressat Für wen und für welchen Anlass wird der Text geschrieben?
Funktion des Textes Soll der Text unterhalten, über etwas informieren, etwas erzählen?
Textsorte Welche Textsorte entspricht dieser Funktion?
Inhalt Welche Informationen brauche ich?
Habe ich die Informationen?
Woher kann ich sie bekommen?
Welche Informationen braucht der Leser?
In welcher Reihenfolge schreibe ich die Informationen?
Sprachliche Hilfen Beispieltexte
Textbausteine
Textanfänge
Brückentexte
Satzanfänge
Wortschatz
wichtige, typische Formulierungen
Rechtschreibhilfen (Wörterbücher)
Strukturelle Hilfen Verknüpfungsmittel (Satzebene)
Verknüpfungsmittel (Textebene)
Titel, Untertitel
Gliederung in Abschnitte
Leitfragen
Stichpunkte
Tabellen
Mindmap
Ablaufplan
Quelle: Weis,I. (2013): DaZ im Fachunterricht. Verlag a.d. Ruhr: Mühlheim, S.137
Schreiben
Sprachliche Hilfen
• Beispieltexte
• Textbausteine
• Textanfänge
• Brückentexte
• Satzanfänge
• Wortschatz
• wichtige, typische Formulierungen
• Rechtschreibhilfen (Wörterbücher)
Strukturelle Hilfen
• Verknüpfungsmittel (Satzebene)
• Verknüpfungsmittel (Textebene)
• Titel, Untertitel
• Gliederung in Abschnitte
• Leitfragen
• Stichpunkte
• Tabellen
• Mindmap
• Ablaufplan
Versuchsprotokoll Tabelle zur Bedarfsanalyse Protokollteil Sprachliche Besonderheit
Allgemein
Das Problem
Die Vermutung
Die Beobachtung
Die Auswertung
Versuchsprotokoll : Zustandsformen des Wassers Protokollteil Sprachliche Besonderheit
Allgemein Präsens
Das Problem Satzstellung, HS-NS (Was passiert, wenn..)
Die Vermutung Fragesätze (Satzbildung, Satzmuster Ich vermute, dass… Vielleicht…)
Die Beobachtung Wortschatz (Wasserdampf, Wassertropfen, verdunsten, kondensieren, gasförmig, flüssig, sichtbar,…) HS-NS (Ich habe festgestellt, dass… Wenn…, dann…. Man kann sehen, dass…)
Die Auswertung HS-NS (…, dass…, weil…, Wenn…, dann..)
Arbeitsblatt (zeitliche Reihenfolge)
Arbeitsblatt (Beobachtung)
Aufgabe:
Schreibe jetzt die Beobachtungen auf:
Welche Aussagen sind richtig? Kreuze an. Übertrage die richtige Lösung
dein Heft.
Die Beobachtungen (das, was sich verändert, das, was
man sieht, riecht oder hört):
• Man sieht, dass
• der Luftballon die Luft verliert und ganz platt wird,
• der Luftballon sich gar nicht verändert,
• der Luftballon die Luft verliert und sich nach hinten bewegt,
• _____________________________________________
Theorie-Praxis-Projekt an der
Gesamtschule Walsum (I)
Fachsprachlicher additiver Sprachforscherkurs - Teilnehmer: die 24 SuS mit dem größten schrift-
sprachlichen Förderbedarf
- Umfang: 6 Monate, 60 Minuten pro Woche
- Prinzip: in jeder Stunde ein Schülerexperiment
- Sprachlicher Fokus: schreiben + präsentieren - Methode: Scaffolding nach Gibbons
Systematische Erarbeitung der fachlichen und sprachlichen Aspekte von Versuchsprotokollen
Theorie-Praxis-Projekt an der
Gesamtschule Walsum (I)
Verwendung von … IG
(N=24)
Klasse
(N=52)
Unpersönlichkeit (durchgängig) 71% 71%
Fachverben ohne Fehler 46% 53%
vollständiger Gliederung durch Zeitadverbien
(Durchführung)
85% 54%
korrekter Protokollstruktur 29% 4%
textsortentypischen Formulierungen
(„Man beobachtet, dass“ etc.)
67% 27%
umgangssprachlichen Verben statt Fachverben 4% 15%
unangemessenen, aber fachlich wirkenden
Verben und Präpositionen
42% 27%
Empirische Befunde nach: Agel, Beese & Krämer 2011
Lese –und Schreibstrategien
• Vorwissen zusammentragen, aktivieren, strukturieren
• unbekannte Wörter nachschlagen
• nicht verstandene Wörter markieren
• verstandene Wörter markieren
• Schlüsselwörter suchen
• grammatische Eigenschaften neuer Wörter klären
• Fragen zum Text stellen, Fragen beantworten
• Text in eine andere Darstellungsform übertragen
• Texte strukturieren
• Texte expandieren
• aus Bildern/Zeichnungen Informationen entnehmen oder Bilder/Zeichnungen beschriften
• schwierige syntaktische Konstruktionen auflösen
• Bezüge und Verweise im Text klären
• mit Satz- und Textbauhilfen arbeiten
• Fünf-Phasen-Schema anwenden
Schreibstrategien
• Schreibplan ausarbeiten
• sind ein Handlungsplan zum Schreiben
• Aufbau der Schreibkompetenz
• werden von den Lernern sukzessiv im Unterricht erworben
• haben Werkzeugcharakter
– Mit ihrer Hilfe können SuS die Textsorte möglichst
selbstständig schreiben
Einübung von Schreibstrategien
1. Einüben der Strategie
2. Einhaltung/ Einübung der bildungssprachlichen Register
3. Anwendung im Fachkontext
6. Sprechen und Schreiben lernen – eine besondere Herausforderung für Seiteneinsteiger
• Das Erlernen der Schrift ist wie das Erlernen einer zweiten Sprache.
• Das bedeutet einen doppelten Zweitspracherwerb für Seiteneinsteiger. Sie müssen
– die Sprache und
– die Schrift im Kontext einer Situation der Wissensvermittlung
lernen.
• Synchronisation mit vorhandenen Sprach- und Schrifterfahrungen
• Differenzierte Übungsformen – keine isolierten Übungen
– Übungen in einem inhaltlich anregenden Kontext
7. Schreibdidaktik – ein kleiner historischer Rückblick • In den 1980 –Jahren eine Wende in der Schreibdidaktik
Freies Schreiben
• Der Begriff Freies Schreiben ist nicht eindeutig definiert. Es kann sich um – kreatives
– spontanes
– poetisches
– assoziatives
– improvisierendes Schreiben.
• „Frei“ im Sinne der Freischreibdidaktik:
– nicht beeinflusst durch Eingriffe von Erwachsenen
– die Texte der Kinder sind zu würdigen
– Vielfalt der Schreibanlässe nutzen
– ein höheres Maß an Entscheidungsfreiheit der Kinder bei Durchführung, Länge,
Stil und Form des Schreibens .
o Kleinform des Schreibens
– Aber: „Nach wie vor ist der Aufsatz eine didaktisch notwenige Form, allein schon
wegen der gedanklichen und stilistischen Anforderungen“ (vgl. Blumenstock 1990,
8,9)
Schreibdidaktik – ein kleiner historischer Rückblick
Schreiben lernen
• Alternativen zum Fibelunterricht:
– Spracherfahrungsansatz (Brügelmann, Spitta)
– Arbeit mit Anlauttabellen (Urbanek)
– Lesen durch Schreiben (Reichen)
„Kinder lernen umso mehr, je weniger sie belehrt werden! „(Reichen 2001,79)
Forschungsstand
Linguistische Grundlagen:
• Die gesprochene Sache entspricht nicht den Buchstaben der geschriebenen Sprache ( u.a.Bredel 2012, 126 ; Röber 2012,34-50; 1997)
Methodik:
• „Die Methode „Lesen durch Schreiben“ (ist) für ausländische Schüler geradezu ein Lernhindernis…“( Schründer- Lenzen 2009,53)
• Mehrsprachige SuS, erzielen, wenn sie mit der Methode „Lesen durch Schreiben“ unterrichtet wurden, signifikant schlechtere Lernergebnisse als SuS, die im Schriftspracherwerb gezielt unterrichtlich unterstützt worden sind.
(vgl. Schründer_Lenzen 2009, 152; Herff-Studie 1993, Poerschke- Studie 1998 , Pracht
2010, Röber 2012, )
Forschungsstand
• Zusammenhang Schülerleistungen und Lehrerwissen Ergebnisse der Studie in zweiten Grundschulklassen: SuS, die von Lehrkräften mit hohem linguistischen und fachdidaktischen Wissen unterrichtet wurden, erzielen signifikant deutlich bessere Leistungen. Das gilt besonders für SuS, die zur Einschulung über geringere sprachliche Kenntnisse verfügten. ( Corvacho del Toro und Thomé (2013) • Langzeit Studie Steinig u.a. : Schreiben im diachronen Vergleich , 1972-
2002
„Wie lässt sich erklären, dass die moderne Grundschule, die sich von einer instruktivistischen, autoritativen, lehrerzentrierten, im Gleichschritt ohne innere Differenzierung arbeitenden Lehranstalt der 1970er Jahre weit entfernt hat, zu eine erstaunlich trennscharfen, sozialen Selektionsinstanz werden konnte – zu einem sozial selektierenden Wolf im kindgemäß-spielerischen Schaftspelz?“ (Steinig 2009,393)
Kaffeepause
Umsetzung in die/der Praxis
• Schreiben lernen
• Generative Textproduktion
• Text(sorten)kompetenz
Einsicht in das System Schrift – hilfreiche Übungen zum Schreiben lernen
1. Anlaute üben (Bilder, Realien)
2. Lieder (z.B. 3 Chinesen mit dem Kontrabass)
3. Reime
4. Zungenbrecher
5. Sprachspiele
6. Lautgebärden
7. Silben markieren
8. Vokalpräsenz in der Silbe
Einsicht in das System der Schrift ermöglichen
Abweichungen zu den Herkunftssprachen kennen und nutzen
50
Koffer packen
B – Koffer packen
Das ist ein Baum.
Das ist ein großer Baum.
Ich lege in meinem B-Koffer einen großen Baum.
Was legst du in deinen Koffer?
Br – Koffer/ Bl - Koffer
Silbenstruktur nutzen
laufen
lau
fen
H. Pracht (2012),81
Silbenstruktur nutzen
ge lau fen gelaufen
H. Pracht (2012, 92)
Generatives Sprechen und Schreiben
Denkt euch nur, der Frosch ist krank!
Da liegt er auf der Ofenbank.
Er quakt nicht mehr, wer weiß wie lang.
Denkt euch nur, der Frosch ist krank.
Nomen aller drei Genera im Singular und Plural Nominativ mit bestimmten Artikel: der Frosch, die Katze, das Pferd, die Kinder, die Lehrer Personalpronomen: er, sie, es , sie Wortschatz: quaken, brüllen, unterrichten…
Generative Textproduktion
1. Schritt:
– Präsentation des Originaltextes
– häufiges chorisches Sprechen 2. Schritt:
– ersetzen / generieren einzelner Elemente
– Wörterlisten erstellen/ erarbeiten 3. Schritt:
– es entstehen neue Texte
Was ermöglicht die Generative
Textproduktion?
• Strukturierten, systematischen
sprachlichen Input
• Implizites Lernen, durch automatisieren
der grammatischen Strukturen /
Wortschatzerweiterung
• Kinder werden auf den Schreibprozess
systematisch vorbereitet
• schriftsprachlichen Kompetenzen aller
Kinder werden erweitert
Seiteneinsteiger, Klasse 8
Gymnasium
Originaltext
Die Zauberkatze – M. Auer
Meine Katze ist verzaubert, das weiß ich ganz genau.
In Wirklichkeit ist sie eine
Zauberfrau.
Wenn ich wollte,
könnte sie durch den Schornstein gleiten
und als Hexe auf einem Besen reiten!
Und sie könnte noch ganz andere
Sachen,
Wenn sie wollte!
Doch das fällt ihr gar nicht ein.
Warum?
Sie will eine Katze sein!
Der Suchrap
Ich finde meinen Bleistift nicht.
W o ist er nur geblieben?
Ich suche ihn auf dem Tisch.
Ich such ihn unter dem Tisch.
Ich suche ihn neben dem Tisch.
Ich suche ihn hinter dem Tisch.
Ich kann ihn nirgends sehen. A. Berkemeier
Der Suchrap
Ich finde meinen Bleistift nicht.
W o ist er nur geblieben?
Ich suche ihn auf dem Tisch.
Ich such ihn unter dem Tisch.
Ich suche ihn neben dem Tisch.
Ich suche ihn hinter dem Tisch.
Ich kann ihn nirgends sehen. A. Berkemeier
Textsorten
• Textaufgabe
• Informationstext
• Versuchsprotokoll
• Vergleich
• Diagramm beschreiben
Die Produktion von Textaufgaben: Konzepte und Verbalisierungen
1. Die Geschichte
Es gibt 4 Affen
2. Problem/der verbalisierte
Algorithmus
Jeder affe muss das Gleiche
wie jeder Affe. [4 * x = ]
3. Aufgabenstellung
Wie viele Bananen krikt jeder Affe?
Die Produktion von Textaufgaben: Konzepte und Verbalisierungen
1. Die Geschichte Auf dem Bild sind 13 Bananen und 4 Affen. 2. Problem/der verbalisierte Algorithmus 3. Aufgabenstellung
Informationstext schreiben
(Quelle: Tinto 4 (2008): Cornelsen, 81)
Informationstext
Struktur des Textes Sprachliche Mittel
Allgemein Präsens, kurze Sätze, Aktiv
Überschrift: Treffende Aussage
Strom sparen
Einleitung: Worum geht es?
Einsparmöglichkeiten auflisten
Hauptteil: wer, was, wann, wo, wie
Man sollte Duschen statt Baden, weil…. Duschen ist stromsparender, weil… Beim Duschen wird weniger Strom verbraucht, weil…
Schlussteil: Konsequenz
Jeder Einzelne kann …
Versuchsprotokolle Zustandsformen des Wassers
Quelle: Pusteblume 3 und 4 (2012): Schroedel, S.38
Versuchsprotokoll : Zustandsformen des Wassers Protokollteil Sprachliche Besonderheit
Allgemein Präsens
Das Problem Satzstellung, HS-NS (Was passiert, wenn..)
Die Vermutung Fragesätze (Satzbildung, Satzmuster Ich vermute, dass… Vielleicht…)
Die Beobachtung Wortschatz (Wasserdampf, Wassertropfen, verdunsten, kondensieren, gasförmig, flüssig, sichtbar,…) HS-NS (Ich habe festgestellt, dass… Wenn…, dann…. Man kann sehen, dass…)
Die Auswertung HS-NS (…, dass…, weil…, Wenn…, dann..)
Vergleiche formulieren
Quelle: Bausteine Sachunterricht 4, NRW (2005) Diesterweg ,50
Vergleich
Struktur des Textes Sprachliche Mittel
Allgemein Präsens
1. Schritt: Vergleichskriterien notieren: (Tabelle oder Text) Ober- und Unterbegriffe Gemeinsamkeiten/
Unterschiede
Präsens • Dauer der Schulzeit • Schuluniform • Unterrichtsfächer
Einleitung: Worum geht es?
Hauptteil: Gemeinsamkeiten beschreiben Unterschiede beschreiben
Sowohl…als auch …(genauso) wie… Dagegen… Während… Im Vergleich zu…
Schluss: Fazit
Quelle: Maßstab 8, Hauptschule (2009): Braunschweig. Schroedel Verlag, 120
Diagramme beschreiben
Diagramme beschreiben
Struktur des Textes Sprachliche Mittel
Erste Orientierung (Thema, Titel, Einheit, Diagrammform, Datenquelle)
Das Diagramm beschreibt, stellt dar… Das Thema des Diagramms ist… Die Daten stammen …
Beschreibung (Variablen, min./max. Werte, zentrale Aussage, besonders auffällige Abweichungen)
Aus dem Diagramm geht hervor… Auf der X/Y- Achse sieht man… An erster/ zweiter/letzter Stelle… Dann/danach folgt…
Erklärung (Auswirkung, Bedeutung)
Der Anteil/ die Zahl…ist von… gestiegen/gesunken/zurückgegangen Die Zahl der …hat sich erhöht/verringert/verdoppelt
Beurteilung (Darstellung der Sachverhalte, Quellen, Aussagegenauigkeit)
Es fällt auf… Abschließend kann man feststellen… Die Aussagen sind sehr genau, weil… Die Aussagen lassen Rückschlüsse auf…zu, weil…
Fazit
• mehr Zeit zum Schreiben
• Schreiben in allen Fächern
• Schreibprozess vorentlasten, schrittweise vorgehen
• Sprachlichen und fachlichen Erwartungshorizont formulieren
• Schreibplan nutzen
• Schreibstrategien als Kompetenz einüben
• Schreiben nie isoliert üben
• authentischen Kontexte
• mehrsprachige SuS brauchen mehr Zeit
• SuS brauchen Erfahrungen wie Schrift funktioniert.
• Dieser Prozess muss unterrichtlich vorbereitet werden.
• Vermittlung der (Fach)inhalte in der jeweiligen Fachsprache bei gleichzeitigem Angebot von Strukturen und Wortschatz.
Literatur
• Apeltauer,E. (2010): Wortschatzentwicklung und Wortschatzarbeit, In: Deutschunterricht in
Theorie und Praxis, DTP 9, Schneider Verlag: Hohengehren; S.239 -252
• Bainski, C./Krüger-Potratz, M. (2008) (Hrsg.): Handbuch Sprachförderung. Verlag der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW: Essen.
• Benholz C. / Lipkowski, E. (2000): Förderung in der Deutschen Sprache als Aufgabe des
Unterrichts in allen Fächer. Deutsch Lernen 1/2000
• Benholz, C./Lipkowski E./Iordanidou, C.(2005): Bedingungen des Textverstehens –
Stolpersteine und Fördermöglichkeiten. In: Bartnitzky, H./Speck-Hamdan, A.: Deutsch als
Zweitsprache lernen. Arbeitskreis Grundschule e.V. Beltz Verlag: Hemsbach, S. 242-258
• Benholz,C./ Lipkowski,E. (2011): Sachtexte verstehen, wenn Deutsch die Zweitsprache ist. In:
Grundschule Mathematik, Nr. 24, S. 16-19
• Hoffmann, R., Weis, I.(2011): Deutsch als Zweitsprache – alle Kinder lernen Deutsch.
Cornelsen Verlag: Berlin.
• Leisen, J. (2010) Handbuch Sprachförderung im Fach. Varus Verlag: Bonn.
• Michalak, M., Kuchenreuther, M. (2012): Grundlagen der Sprachdidaktik Deutsch als
Zweitsprache. Schneider Verlag: Hohengehren.
• Pracht.H. (2012): Schemabasierte Basisalphabetisierung im Deutschen. Waxmann: Münster.
• Röhner, Ch./ Hövelbrinks, B. (2013) (Hrgs.): Fachbezogene Sprachförderung in Deutsch als
Zweitsprache. Beltz Verlag: Weinheim.
• Weis,I .(2013) :Sprachförderung PLUS. Förderbausteine für den Soforteinsatz im
Mathematikunterricht . Klett Verlag: Stuttgart.
• Weis,I. (2013): Daz im Fachunterricht. Verlag a.d.Ruhr: Mühlheim.
Vorstellung des Projekts ProDaZ
Weitere Informationen unter
www.uni-due.de/prodaz
Weitere Informationen auf unserer Webseite: http://www.uni-due.de/prodaz
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!