Ich möchte mich nur zu zwei Aspekten...

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Öffentliche Anhörung Ausschussvorlage WVA/18/16 – Teil 1 – Stand: 13.08.10 Ausschussvorlage Ausschuss: WVA, 26. Sitzung am 26.08.2010 Ausschussvorlage zu: Drucks. 18/2377 – INGE – Bernd Hausmann, Stadtentwicklungsplaner S. 1 BID Katharinenviertel S. 4 BID Marktquartier S. 6 Initiative Pro Höchst e. V. S. 8 Kaufhof Warenhaus AG S. 9 Landesverband des Hessischen Einzelhandels e. V. (LHE) S. 10 Magistrat der LH Wiesbaden, Amt für Wirtschaft und Liegenschaften S. 11 Wirtschaftsförderung der Stadt Darmstadt S. 12

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Öffentliche Anhörung Ausschussvorlage WVA/18/16 – Teil 1 – Stand: 13.08.10 Ausschussvorlage Ausschuss: WVA, 26. Sitzung am 26.08.2010 Ausschussvorlage zu: Drucks. 18/2377– INGE – Bernd Hausmann, Stadtentwicklungsplaner S. 1 BID Katharinenviertel S. 4 BID Marktquartier S. 6 Initiative Pro Höchst e. V. S. 8 Kaufhof Warenhaus AG S. 9 Landesverband des Hessischen Einzelhandels e. V. (LHE) S. 10 Magistrat der LH Wiesbaden, Amt für Wirtschaft und Liegenschaften S. 11 Wirtschaftsförderung der Stadt Darmstadt S. 12

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Bernd Hausmann, Stadtentwicklungsplaner, Hofheim am Taunus Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren (INGE), Drucksache 18/2377, am 26.08.2010 Ich möchte mich nur zu zwei Aspekten äußern:

1. zum ordnungspolitischen 2. zum stadtentwicklungspolitischen.

1. zum ordnungspolitischen Aspekt Kollektivistische Lösungen entsprechen sicher nicht dem Zeitgeist. Das zeigt die Mit-gliederentwicklung von örtlichen Gewerbevereinen bis zu bundesweiten Gewerk-schaften. So ist es ohne Zweifel ein bemerkenswerter Vorgang, wenn sogar aus dem Hause eines liberalen Ministers der Vorschlag kommt, ein Gesetz zu verlängern, welches durchaus Züge einer „Zwangskollektivierung“ trägt. „Gemeinsam geht es besser“ gilt für alle gesellschaftlichen Prozesse. Und wenn sich diese Gemeinsamkeit freiwillig nicht oder immer weniger einstellten will, liegt es na-he, dem ein wenig nachzuhelfen. INGE ist ein „closed shop“ für die im Innovationsbereich gelegenen Grundeigentü-mer. Als langjähriges Gewerkschaftsmitglied verbindet mich zumindest eines mit dem ehemaligen Einzelhandelsgeschäftsführer Riehl: Die Abneigung gegen die „Trittbrettfahrer“, die sich kollektive Güter, seien es bessere Lohn- und Arbeitsbedin-gungen oder attraktivere Stadt(teil)zentren, ohne eigenes Zutun erschleichen wollen. Individuelle Freiheit entartet auf diese Weise zum Schmarotzertum. Die (immer we-niger werdenden) Mitglieder der örtlichen Gewerbevereine, die mit viel Mühe und Aufwand Werbeaktionen, Märkte oder Weihnachtsbeleuchtungen organisieren, füh-len sich zu Recht ausgenutzt von den (immer mehr werdenden) Filialbetrieben, die keine Beiträge für solche Aktionen erbringen. Diesen meist inhabergeführten Einzel-händlern geht es wie den Gewerkschaftskollegen, die für die Nicht-Organisierten mit-streiken. Von daher kann man INGE als Versuch, „Trittbrettfahrerei“ zu verhindern, aus gesell-schafts- und ordnungspolitischer Sicht nur begrüßen. In Zeiten wachsender Individu-alisierung wird man wohl – so die Philosophie von INGE – der Solidarität etwas nachhelfen müssen, um die neoliberale Ideologie zu überwinden. Ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau ist INGE dage-gen sicher nicht. Wenn die Gemeinde insbesondere nach der vorgeschlagenen Ge-setzesnovellierung über den aufgrund des neuen § 7 (4) resultierenden Verwal-tungsaufwandes eine Vollkostenrechnung erstellen würde und diese Kosten als „an-gemessenen Pauschalbetrag für den Verwaltungsaufwand“ (§ 8 (1) ansetzen würde, dann blieben von dem nunmehr gekappten und ganz oder teilweise erlassenen Ab-

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gabeaufkommen, so lässt sich jetzt schon prophezeien, am Ende kaum noch etwas für den Aufgabenträger übrig, dann wäre „außer Spesen nichts gewesen“. Die nun-mehr quasi in jedem Einzelfall verhandelbaren Abgaben werden einen ganz erhebli-chen Verwaltungsaufwand bewirken. Damit bei der novellierten INGE überhaupt ein Nutzen herauskommt, wird die Gemeinde wohl oder übel auf die Erstattung ihres Verwaltungsaufwandes verzichten müssen. Der bleibt dann mal wieder bei den Kom-munen hängen. 2. zum stadtentwicklungspolitischen Aspekt Ein lebendiges Stadt(teil)zentrum lebt nicht vom Einzelhandel allein. Es kommt im-mer auf die richtige Mischung an: mit Wohnen, Kultur, Unterhaltung, Hotels, Gastro-nomie, Bildung, Versammlungsräumen, Kirchen, Gesundheits- und Fitnesseinrich-tungen und gegebenenfalls Unterhaltungseinrichtungen unterschiedlicher Couleur. Und diese Mischungen sind durchaus nicht spannungsfrei: Mehr Käufer nehmen den Mandanten der Anwälte und den Patienten der Ärzte die Parkplätze weg, die (Au-ßen-) Gastronomie raubt den Anwohnern den Schlaf, die Boutique verdrängt die Ga-lerie, der Wettmacher den Schumacher. INGE zielt vor allem auf den Einzelhandel. Das muss nicht falsch sein, nützt aber Stadt(teil)zentren, deren Defizite oftmals in anderen Bereichen liegen, nichts. Zudem: Die Mehrheit der Einzelhändler und Dienstleister in unseren Stadt(teil)zentren sind Mieter, keine Eigentümer. Und die Interessen von Mietern und Eigentümern sind nicht zwangsläufig deckungsgleich. Das fängt schon beim Miet-preis an: Der Mieter möchte möglichst wenig zahlen, der Vermieter möglichst viel herausholen. Und was nützt es dem abgabepflichtigen Grundeigentümer, wenn sein Mieter dank „gemeinschaftlicher Werbemaßnahmen“ oder „Veranstaltungen“ (§ 2 (2)) kurzfristig seinen Umsatz steigern kann, wenn er an einen langfristig laufenden Miet-vertrag gebunden ist? Kann man „Grundstücke bewirtschaften“ oder den „Bran-chenmix fördern“, wenn gem. § 4 eine Laufzeit von max. fünf Jahren garantiert ist? Und was nützt es dem Aufgabenträger, wenn ihm die Gemeinde nunmehr bereits zu einem früheren Zeitpunkt „die ihr vorliegenden Daten zur Gesamthöhe der Einheits-werte im geplanten Innovationsbereich“ übermittelt, wenn der Aufgabenträger nun-mehr aus diesen Angaben noch weniger schließen kann, wie hoch die ihm zur Ver-fügung stehenden Mittel am Ende sein werden? Denn der Antragsteller kann aus dieser „Gesamthöhe der Einheitswerte“ nicht absehen, wie sich die nunmehr einge-führte Kappungsgrenze (§ 7 (1)) auf die Abgabenhöhe auswirkt. Hier sollte zumindest in § 5 (4) präzisiert werden, dass die Gemeinde dem Aufgaben-träger die unter Berücksichtigung der Kappungsgrenzen (§ 7 (1)) ermittelte Gesamt-höhe der Einheitswerte im geplanten Innovationsbereich mitteilt. Denn diese neu eingeführte Kappungsgrenze kann sich ganz erheblich auf die Höhe der (nunmehr gekappten) Einheitswerte auswirken. Falls der Innovationsbereich z.B. eine Haupt-straße mit fünfzig Häusern in teils denkmalgeschützter historischer Randbebauung sowie ein modernes Kaufhaus mit Parkhaus umfasst, kann infolge der Kappungs-grenze (§ 7 (1)) der gekappte Einheitswert bis auf nur noch ein Fünftel der dem Auf-gabenträger übermittelten Gesamthöhe der Einheitswerte, also des nicht gekappten Wertes, fallen. Kommen dann noch „ganze oder teilweise Befreiungen“ von der Ab-gabepflicht hinzu, bleibt von dem ursprünglich aufgrund der „Gesamthöhe der Ein-

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heitswerte“ erwarteten Abgabeaufkommen kaum noch etwas übrig. M.a.W.: Der Auf-gabenträger hat nunmehr keine auch nur einigermaßen sichere Kalkulationsbasis mehr über die Höhe des Abgabenaufkommens. Die Gemeinde hat nunmehr einen sehr großen Verhandlungsspielraum bezüglich der Abgabenhöhe der einzelnen Grundeigentümer, den sicher auch die Abgabepflichti-gen in ihrem Sinne ausnutzen werden. Es wird sich also allenfalls im Nachhinein be-ziffern lassen, was nach den Verhandlungen der Gemeinde an tatsächlichen Abga-ben zusammengekommen ist. Da zudem nicht offengelegt wird, in welcher Höhe welche Grundstücke „ganz oder teilweise“ von der Abgabepflicht befreit worden sind, ist der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet, das Erpressungspotential der eigentlich Ab-gabepflichtigen gegenüber der Gemeinde ist hoch (wg. der 25-%-Quote (§ 5 (8)), und das Misstrauen der Abgabepflichtigen untereinander wird um so höher, je größer die Differenz zwischen dem ursprünglich erwarteten Mittelaufkommen und dem nach Kappung und den Verhandlungen der Gemeinde dann tatsächlich erzielten Betrag sein wird. Alle diese Probleme lassen kaum erwarten, dass INGE nunmehr, nach dieser Geset-zesänderung, zum „Renner“ wird und das Bild der hessischen Innenstädte nachhaltig zum Besseren beeinflusst. Aber INGE schadet auch nicht.

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BID Katharinenviertel 3. August 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Namen des BID Katharinenviertels möchte ich Ihnen anbei unsere Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf übersenden. Diese Stellungnahme ist mit den übrigen BIDs in Gießen besprochen worden.

Zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren (INGE) – Drucks. 18/2377 nehmen wir wie folgt Stellung:

Die Einfügung einer Nr. 2 in §7 Abs. 4 (4) INGE, nach der reines Wohneigentum aus der Abgabenpflicht befreit werden kann, verbessert die Rechtssicherheit erheblich. Wir befürworten daher diese Regelung, obwohl sie von der irrigen Annahme auszugehen scheint, dass Wohneigentum von den Maßnahmen eines Innovationsbereiches nicht profitieren würde - auch Wohnungsmieten und Wohnimmobilienwerte verbessern sich durch ein sauberes, sicheres und attraktives Umfeld.

Für keinesfalls praktikabel halten wir allerdings den im Entwurf vorgesehenen letzten Satz von §7 Abs. 4 (4) Satz 1 Nr.2 INGE, durch den auch für teilweise zu Wohnzwecken genutztes Grundeigentum die Möglichkeit zur anteiligen Befreiung von der Abgabenpflicht eröffnet wird. Dies schafft in der Praxis unüberwindliche Hürden für die Einrichtung eines Innovationsbereiches:

Zum ersten werden selbst in zentralen Innenstadtlagen immer noch zahlreiche Gebäude zu erheblichen Teilen zu Wohnzwecken genutzt.

Zum zweiten ist der zu Wohnzwecken genutzte Anteil der jeweiligen Grundstücke in der Regel weder einem Antragsteller noch der Gemeinde bekannt, es gibt auch keine praktikable Regelung dafür, diese Anteile rechtzeitig (d.h. während der Konzeption des Handlungskonzeptes) und rechtssicher festzustellen.

Zum dritten ist bei der Aufstellung eines Maßnahmenkonzeptes nicht bekannt, wie viele Immobilieneigentümer einen entsprechenden Antrag stellen werden.

Zum vierten führt die Ausgestaltung als Kann-Bestimmung dazu, dass bei der Aufstellung eines Maßnahmenkonzeptes nicht klar ist, wie die Gemeinde mit entsprechenden Anträgen umgehen wird, auch wenn nach den in Gießen gemachten Erfahrungen anzunehmen ist, dass eine solche anteilige Befreiung durch die Gemeinde in allen Fällen, in denen der entsprechende Antrag gestellt wird, ausgesprochen wird (kaum eine Gemeinde dürfte sich ohne Not auf rechtliche Auseinandersetzungen hierüber einlassen).

Zum fünften ist völlig unklar, nach welchen Kriterien eine Anteilsberechnung zu erfolgen hätte: Nach Fläche? Nach Mieterträgen? Wie ist es bei vermieteten Objekten mit einheitlicher Miete, aber dennoch gemischter Nutzung (kommt alleine in

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unserem Quartier mehrfach vor)? (Nebenbei bemerkt: Wir gehen nicht davon aus, dass eine Gemeinde tatsächlich jede behauptete Nutzung zu Wohnzwecken durch Inaugenscheinnahme prüfen würde ... wie also wird diese nachgewiesen?)

Diese Unbestimmtheiten eröffnen zahlreiche Möglichkeiten zu rechtlichen Auseinandersetzungen.

Dies alles zusammen würde in der Praxis dazu führen, dass für die bei der Aufstellung und Auslegung der Maßnahmenkonzepte festzulegenden Beträge keinerlei reale Grundlage mehr bestünde, der Einheitswert als die einzige eindeutige und rechtssichere Grundlage wird abgelöst durch eine dem Antragsteller und der Gemeinde unbekannte Berechnungsbasis, deren Größe von zahlreichen Unwägbarkeiten abhinge. Auch die für §5 Abs. 4 Satz 1 INGE vorgesehene neue Regelung zur Mitteilung der Einheitswerte durch die Gemeinde hilft dabei nicht weiter.

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Vielleicht werden die zuvor gemachten Ausführungen an einem Beispiel verständlicher. Stellen Sie sich vor, Sie möchten als Träger einen Innovationsbereich einrichten. Sie haben sich ein solides Maßnahmenkonzept erstellt, dessen Umsetzung soll für fünf Jahre Laufzeit – z.B. – 500,000 € kosten.

Sie wissen nun durch die Mitteilung der Gemeinde die Summe aller Einheitswerte und kalkulieren damit die jeweiligen Kosten für die Betroffenen, über fünf Jahre – z.B. – 7,5% des Einheitswertes.

Wie aber vermitteln Sie den betroffenen Immobilieneigentümern, welche finanziellen Belastungen wirklich auf diese zu kommen, wenn weder Sie noch die Gemeinde wissen, wer welche Anteile seines Grundstücks zu Wohnzwecken nutzt oder vermietet hat, wer Anträge auf Befreiung stellt oder nicht stellt, wessen Anträge positiv oder negativ beschieden werden und ob es darüber dann rechtliche Auseinandersetzungen gibt?

Und selbst wenn ein solches Konzept die Phase der Offenlegung übersteht – eher unwahrscheinlich, wenn Sie keine rechtssicheren Summen pro Grundstück nennen können – stehen Sie am Ende mit Sicherheit mit erheblich geringeren Summen da und können nur Teile Ihres Maßnahmenkonzeptes umsetzen.

Daher müssen wir dringend dazu raten, den letzten Satz von Art. 1 Ziff. 2 b) des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren („Für gemischt genutzte Grundstücke gilt Satz 1 Nr. 2 für die ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Anteile entsprechend“) ersatzlos zu streichen.

Sollten zu diesen Anmerkungen Unklarheiten oder Rückfragen bestehen, sind wir gerne zu weiterer Erläuterung bereit.

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Marktquartier e.V. c/o Thomas Kirchhof Marktstraße 5 � 35390 Gießen Tel. 06 41 / 3 82 66 � Fax 3 82 45

w w w . m a r k t q u a r t i e r . d e

Marktquartier e.V. � Marktstraße 5 � 35390 Gießen

Hessischer Landtag Der Vors. d. Ausschusses f. Wirtschaft und Verkehr Postfach 3240 65022 Wiesbaden

Gießen, den 28. Juli 2010

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Betrifft: Stellungnahme

Sehr geehrter Herr Reif, sehr geehrte Damen und Herren, Zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren (INGE) – Drucks. 18/2377 nehmen wir aufgrund Ihrer Bitte wie folgt Stellung: Die Einfügung einer Nr. 2 in §7 Abs. 4 (4) INGE, nach der reines Wohneigentum aus der Abgabenpflicht befreit werden kann, verbessert die Rechtssicherheit erheblich. Wir befürworten daher diese Regelung, obwohl sie von der irrigen Annahme auszugehen scheint, dass Wohneigentum von den Maßnahmen eines Innovationsbereiches nicht profitieren würde - auch Wohnungsmieten und Wohnimmobilienwerte verbessern sich durch ein sauberes, sicheres und attraktives Umfeld. Für keinesfalls praktikabel halten wir allerdings den im Entwurf vorgesehenen letzten Satz für §7 Abs. 4 (4) Satz 1 Nr.2 INGE, durch den auch für teilweise zu Wohnzwecken genutztes Grundeigentum die Möglichkeit zur anteiligen Befreiung von der Abgabenpflicht eröffnet wird. Dies schafft in der Praxis unüberwindliche Hürden für die Einrichtung eines Innovationsbereiches: Zum ersten werden selbst in zentralen Innenstadtlagen immer noch zahlreiche Gebäude zu erheblichen Teilen zu Wohnzwecken genutzt. Zum zweiten ist der zu Wohnzwecken genutzte Anteil der jeweiligen Grundstücke in der Regel weder einem Antragsteller noch der Gemeinde bekannt, es gibt auch keine praktikable Regelung dafür, diese Anteile rechtzeitig (d.h. während der Konzeption des Handlungskonzeptes) und rechtssicher festzustellen. Zum dritten ist bei der Aufstellung eines Maßnahmenkonzeptes nicht bekannt, wie viele Immobilieneigentümer einen entsprechenden Antrag stellen werden. Zum vierten führt die Ausgestaltung als Kann-Bestimmung dazu, dass bei der Aufstellung eines Maßnahmenkonzeptes nicht klar ist, wie die Gemeinde mit entsprechenden Anträgen umgehen wird, auch wenn nach den in Gießen gemachten Erfahrungen anzunehmen ist, dass eine solche

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anteilige Befreiung durch die Gemeinde in allen Fällen, in denen der entsprechende Antrag gestellt wird, ausgesprochen wird (kaum eine Gemeinde dürfte sich ohne Not auf rechtliche Auseinandersetzungen hierüber einlassen). Zum fünften ist völlig unklar, nach welchen Kriterien eine Anteilsberechnung zu erfolgen hätte: Nach Fläche? Nach Mieterträgen? Wie ist es bei vermieteten Objekten mit einheitlicher Miete, aber dennoch gemischter Nutzung (kommt alleine in unserem Quartier mehrfach vor)? (Nebenbei bemerkt: Wir gehen nicht davon aus, dass eine Gemeinde tatsächlich jede behauptete Nutzung zu Wohnzwecken durch Inaugenscheinnahme prüfen würde ... wie also wird diese nachgewiesen?) Diese Unbestimmtheiten eröffnen zahlreiche Möglichkeiten zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Dies alles zusammen würde in der Praxis dazu führen, dass für die bei der Aufstellung und Auslegung der Maßnahmenkonzepte festzulegenden Beträge keinerlei reale Grundlage mehr bestünde, der Einheitswert als die einzige eindeutige und rechtssichere Grundlage wird abgelöst durch eine dem Antragsteller und der Gemeinde unbekannte Berechnungsbasis, deren Größe von zahlreichen Unwägbarkeiten abhinge. Auch die für §5 Abs. 4 Satz 1 INGE vorgesehene neue Regelung zur Mitteilung der Einheitswerte durch die Gemeinde hilft dabei nicht weiter. - - - Vielleicht werden die zuvor gemachten Ausführungen an einem Beispiel verständlicher. Stellen Sie sich vor, Sie möchten als Träger einen Innovationsbereich einrichten. Sie haben sich ein solides Maßnahmenkonzept erstellt, dessen Umsetzung soll für fünf Jahre Laufzeit – z.B. – 500,000 € kosten. Sie wissen nun durch die Mitteilung der Gemeinde die Summe aller Einheitswerte und kalkulieren damit die jeweiligen Kosten für die Betroffenen, über fünf Jahre – z.B. – 7,5% des Einheitswertes. Wie aber vermitteln Sie den betroffenen Immobilieneigentümern, welche finanziellen Belastungen wirklich auf diese zu kommen, wenn weder Sie noch die Gemeinde wissen, wer welche Anteile seines Grundstücks zu Wohnzwecken nutzt oder vermietet hat, wer Anträge auf Befreiung stellt oder nicht stellt, wessen Anträge positiv oder negativ beschieden werden und ob es darüber dann rechtliche Auseinandersetzungen gibt? Und selbst wenn ein solches Konzept die Phase der Offenlegung übersteht – eher unwahrscheinlich, wenn Sie keine rechtssicheren Summen pro Grundstück nennen können – stehen Sie am Ende mit Sicherheit mit erheblich geringeren Summen da und können nur Teile Ihres Maßnahmenkonzeptes umsetzen. - - - Daher müssen wir dringend dazu raten, den letzten Satz von Art. 1 Ziff. 2 b) des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren („Für gemischt genutzte Grundstücke gilt Satz 1 Nr. 2 für die ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Anteile entsprechend“) ersatzlos zu streichen. Sollten zu diesen Anmerkungen Unklarheiten oder Rückfragen bestehen, sind wir gerne zu weiterer Erläuterung bereit.

Mit freundlichen Grüßen

Th.Kirchhof

Unsere Bankverbindung: Konto Nr. 15 26 61 27 00 bei der SEB Gießen, BLZ 513 101 11

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Gesendet an: Heike Schnier am 12.08.10 Eberhard Gebauer 12. August 2010 Leiter Verbandsarbeit/Stadtmarketing GALERIA Kaufhof GmbH Leonhard Tietz Straße 1 D-50676 Köln Betreff: FW: INGE Sehr geehrte Damen und Herren, angesichts der steigenden Komplexität wirtschaftlicher Strukturen und Auswirkungen ge-winnt die Konzentration auf die konkreten Mikrostandorte innerhalb einer Stadt und die Bündelung der Kräfte eines Quartiers oder Stadtviertels zunehmend an Bedeutung. Steigt doch damit auch die Motivation und Bereitschaft der städtischen Akteure aber auch der Stadtbesucher, sich mit dem persönlichen Umfeld stärker zu identifizieren. Eigeninitiative sowie gemeinsames Handeln von Hauseigentümern, Gewerbetreibenden und Kommunen sind ein wichtiger Beitrag, um eine Stadt und ihre Wirtschaftsstandorte im Wettbewerb der Städte erfolgreich zu positionieren, und das auch zusätzlich zu den un-ternehmenspolitisch notwendigen eigenen strategischen Maßnahmen. Insofern möchten wir uns ausdrücklich für eine Weiterführung des Rahmengesetzes "INGE" über den 31.12.2010 hinaus aussprechen. Einziges, aber doch sicher zentrales Bedenken betrifft die Formulierung des letzten Satzes von § 7 Abs. 4 (4) Satz 1 Nr.2 INGE, nach dessen Wortlaut die Möglichkeit einer anteiligen Befreiung von der Abgabenpflicht ausgesprochen wird, wenn das Grundeigentum teil-weise auch für Zwecke des Wohnens genutzt wird. Das wird vor allem in der praktischen Umsetzung auf große Probleme stoßen. Selbst in zentralen Lagen der Innenstadt werden noch zahlreiche Gebäude zu großen Teilen zu Wohnzwecken genutzt. Dadurch besteht die Gefahr, dass viele potenzielle Partner von vornherein entfallen. Hinzu kommt, dass der zu Wohnzwecken genutzte Anteil in der Mehr-zahl aller Fälle weder dem Antragsteller noch der Gemeinde bekannt ist. Eine juristisch wasserdichte Vorgehensweise zur Abgrenzung und Ermittlung der Wohnanteile, aber auch zum eigenen Nachweis, ist in der Praxis nicht bekannt. Insgesamt führt dieser Punkt zu einer mangelnden Transparenz des Projektes und kann dazu beitragen, die ideelle und finanzielle Bereitschaft zur Mitwirkung bei diesen wichtigen Stadt-Innovations-Projekten zu schwächen. Mit freundlichen Grüßen Eberhard Gebauer Leiter Verbandsarbeit/Stadtmarketing GALERIA Kaufhof GmbH Leonhard Tietz Straße 1 D-50676 Köln

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Sehr geehrte Frau Schnier, 09.07.2010 vielen Dank für Ihr Schreiben vom 30.6. und die Einladung zur Anhörung in Sachen INGE-Gesetzentwurf am 16.8.. Sachlich schließen wir uns den Stellungnahmen des Hessischen Städtetags an. Eine eigene schriftliche Stellungnahme und eine aktive Teilnahme an der Anhörung ist damit nicht nötig. Wir bedanken uns trotzdem für die Beteiligung, die im wir im Grundsatz als Rückkopplung zwischen dem Land und den Kommunen für sehr sinnvoll und richtig halten. Mit freundlichen Grüßen Michael Kolmer Michael Kolmer Amtsleiter / Head of Department Michael Kolmer Wissenschaftsstadt Darmstadt / Darmstadt City of Science Amt für Wirtschaft und Stadtentwicklung / Department of Economy and Urban Development Im Carree 1 64283 Darmstadt Germany

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