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„... ich fordere die abstrakte Verwendung der Kritiker“. Kurt Schwitters und die Kunstkritik Inaugural-Dissertation in der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Petra Kunzelmann aus Coburg D 29

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„... ich fordere die abstrakte Verwendung der Kritiker“.

Kurt Schwitters und die Kunstkritik

Inaugural-Dissertation

in der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie

der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

vorgelegt von

Petra Kunzelmann

aus

Coburg

D 29

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Tag der mündlichen Prüfung: 07. Juli 2010

Dekan: Universitätsprofessorin Dr. Heidrun Stein-Kecks

Erstgutachter: Universitätsprofessor Dr. Hans Dickel

Zweitgutachter: Universitätsprofessorin Dr. Karina Türr

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Die Inaugural-Dissertation wurde zunächst unter dem Titel „... ich fordere die abstrakte

Verwendung der Kritiker“. Kurt Schwitters und sein Verhältnis zur Kunstkritik vorgelegt.

Nachträglich wurde die Doktorarbeit in „... ich fordere die abstrakte Verwendung der

Kritiker“. Kurt Schwitters und die Kunstkritik umbenannt.

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Mein besonderer Dank gilt vor allem Prof. Dr. Hans Dickel für die Betreuung meiner

Dissertation und die Aufnahme in die Graduate School des Interdisziplinären

Medienwissenschaftlichen Zentrums der FAU Erlangen-Nürnberg, womit mir ein

intensiver interdisziplinärer Austausch ermöglicht wurde. Für ihre fachliche

Unterstützung insbesondere in der Phase der Themenkonturierung und für die

Möglichkeit, im Kurt Schwitters Archiv Hannover recherchieren zu können, möchte ich

Dr. Karin Orchard und Dr. Isabel Schulz danken. Nicht zuletzt möchte ich meinen Dank

Felix Bayer für sein stetes Interesse aussprechen sowie Andreas Lindemann, ohne

dessen Unterstützung das Forschungsprojekt nicht hätte realisiert werden können.

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Inhaltszusammenfassung / Abstract

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INHALTSZUSAMMENFASSUNG Das Werk des Merzkünstlers Kurt Schwitters veranschaulicht die Intention, unterschiedliche Kunstarten miteinander in Beziehung zu setzen. Die gemeinsame Klammer ist das Prinzip Collage, das sich Schwitters in Auseinandersetzung mit den theoretischen und künstlerischen Setzungen der Avantgardebewegungen seiner Zeit aneignete. Schrittweise und ausgehend von der bildenden Kunst übertrug er dieses Paradigma auf die Merzliteratur, auf die Konzeption der Merzbühne und dann auf die Merzarchitektur. Mittels programmatischer Reflexion und praktischer Grenzüberschreitung vereinigte er Kunstarten und -gattungen, die zuvor streng getrennt wurden. Zunächst integrierte er kunstfremde Gegenstände in seine Bildwerke, um die gestalterischen Ausdrucksmöglichkeiten der Malerei zu erweitern. Das Prinzip der Merzkunst realisierte er als nächstes in der Merzdichtung durch die Einbindung von Sequenzen unterschiedlicher sprachlicher Provenienz in seine Texte. Die Collagetechnik jedoch wurde von den meisten zeitgenössischen Kritikern abgelehnt, da sie die bisher gültigen Prinzipien der gestalterischen Kontingenz und Kohärenz hinter sich ließ. Das Spektrum der Vorwürfe der Merzkunst gegenüber ist außerordentlich breit angelegt, es reicht von der Abqualifizierung zu Kitsch, der Diffamierung als Schmutz und Schund, dem Monitum der geistigen Armut, der Herabwürdigung zu undeutschen und daher krankhaften Erzeugnissen, der Warnung vor dem Ende der Kunst, der Kritik am Infantilismus wie auch an der leeren Abstraktion bis hin zu gesteigerten Formen der Angriffe durch Stigmatisierung des Künstlers als geisteskrank oder konkreter als schizophren und letztendlich bis zur Diffamierung als entartet. Hinter diesen Schlagwörtern verbergen sich Abwertungsstrategien, mittels derer versucht wurde, Kunst von Nichtkunst kategorisch abzugrenzen und das als unkünstlerisch Befundene aus dem Kunstsystem zu exkludieren. Werden die Argumentationsmuster hinterfragt, im Rahmen derer die Integration von disparaten Elementen in ein Kunstwerk degradiert wurde, so kristallisiert sich im Schwitters-Diskurs ein nahezu einheitlicher kunstkritischer Bezugsrahmen: Die Theoreme der deutschen Klassik. Während das Verhältnis der Kunstkritiker zur Merzkunst aufgrund der divergierenden Anschauungen - Schulästhetik kontra progressive, avantgardistische Einstellung - ein sehr angespanntes war, verhielt es sich bezüglich des Verhältnisses von Schwitters zur Kunstkritik anders. In seinen literarischen Gegenreaktionen auf die kunstkritischen Verrisse stand die künstlerische Motivation im Vordergrund. Für die Textgruppe der sogenannten Tran-Texte dienten ihm die Kritiken als Ausgangsmaterial für literarisch stilisierte Textcollagen, in denen er antikritische Strategien, v. a. aber künstlerische Methoden wie etwa Verfremdung und Überschreibung oder Analogie- bzw. Oppositionsbildung, Wiederholung und Leitmotive umsetzte oder mit disziplinübergreifenden Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Literatur experimentierte, indem er Referenzen auf andere Medien wie Kino, Musik, Typografie und bildender wie auch darstellender Kunst entwickelte. Mit den ins Werk gesetzten Verfahrensweisen reflektierte Schwitters nicht nur die avantgardistische Textproduktion, wenn er seine antikritischen Merzdichtungen als intermediales Spielfeld instrumentalisierte und damit auf der Höhe seiner Zeit stand, sondern auch die antiquierte Haltung der Kunstkritiker zur zeitgenössischen Kunst, die er damit spielerisch vorführte. Bei seiner Auseinandersetzung mit der Kunstkritik handelt es sich um eine höchst kunstvolle und spielerische Form der Kritik der Kritik. Weder vor noch nach Schwitters ist ein derart facettenreiches Zusammenspiel zwischen Kritik und Antikritik anzutreffen, was die Tran-Texte einzigartig in der Literaturgeschichte macht.

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Inhaltszusammenfassung / Abstract

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ABSTRACT The work of the Merz artist Kurt Schwitters illustrates the intention to connect different forms of art. The common bracket is the collage principle which appropriates coming to an agreement with the theoretical and artistical positions of the avantgardistic movements. Gradually and starting out from the fine arts he transfered this principle to the Merzliterature, to the conception of the Merzstage and finally to the Merzarchitecture. Through programmatic reflexion and practical crossing of artistical parameters Schwitters unified forms and genres of art that were formerly strictly seperated from each other. Firstly he integrated objects in his pictures that were unworthy of art in order to extend in that way possibilities of expressive painting. Next he realized the principle of Merz in Merzpoetry through the integration of particles of different linguistic provenance in his texts. The technic of collage was nevertheless rejected by the contemporery art critics, because of the destruction of the principles of designing contingence and coherence that had been valid so far. The spectrum of the allegations against the Merz art is extremely diverse, and extends from downgrading to kitsch, defamating it as „dirt and trash“, the monitum of intellectual impoverishment, the disparagement as ungerman and therefore being pathological products, warning of the end of art, criticism of infantilism as well as empty abstraction, right through to increased forms of attack by stigmatisation of the arstist as insane, or more precisely as a schizophrenic and ultimately to defamating him as a ‚degenerate artist’. These catchwords have implications of a devaluation strategy, with which the critics tried to distinguish categorically art from not-art and to exclude phenomena that were seen as inartistic, out of the art system. If one analyses the patterns of argumentation, with which the integration of disparate elements in a work of art were degraded, then the result is an almost uniform frame of reference in respect of the art critic: the theorems of the german classical writer. Because of divergent views, the relationship of the art critics in respect of Merzkunst, was consequently very tense. In the case of Schwitters it was different. In his literary counterreactions to critical distortion, the artistic motivation dominates. For the group of texts of the so called „tran-texts“ the critical articles served as source text for literarilly stylised text collages in which Schwitters realised anticritical strategies but, after all artistic methods such as the alienation and overwriting or establishing of an analogy respectively opposition, repetition and leitmotifs or in which he experimented with interdisciplinary design possibilities in the field of literature by developing references to other media such as cinema, typography and fine arts as well as performing arts. With the processes translated into action he reflected not only the avantgardistic production of text but also the anachronistic attidude of the art critics to contemporary art which Schwitters demonstrated playfully. Regarding the engagement with art criticism Schwitters’ anticriticism is a paramount artfull and playfull form of reviewing the reviews respectively reviewing the reviewers. Neither bevor nor after Schwitters such a multifarious interaction of criticism and anticriticism can be found, a circumstance, that makes the „tran-texts“ unique in history of literature.

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Inhaltsverzeichnis

7

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG 9

1 KURT SCHWITTERS UND MERZ IM SPIEGEL DER

ZEITGENÖSSISCHEN KRITIK 30

1.1 Berlin 33

1.1.1 Curt Glaser 36

1.1.2 Ernst Cohn-Wiener 62

1.1.3 Felix Neumann 70

1.1.4 Paul Westheim 77

1.1.5 Franz Servaes 94

1.1.6 Dr. Frosch (= Hans Waldemar Fischer) 100

1.1.7 Leo Rein 104

1.1.8 Oskar Bie 111

1.1.9 Fritz Stahl 115

1.1.10 Schwitters’ Berliner Fürsprecher 119

1.2 Hannover 126

1.2.1 Martin Frehsee 133

1.2.2 Adolf Schaer 138

1.2.3 Johann Frerking 142

1.2.4 Erich Madsack 150

1.2.5 Hein Wiesenwald / Silvanus 154

1.2.6 Paul Madsack 163

1.2.7 Alois Vogedes 166

1.2.8 Kurt Brauweiler, Friedrich-Karl Kobbe und andere Kritiker

von Merzabenden 170

1.2.9 Wilhelm Lange 175

1.2.10 Alexander Dorner und andere Kritiker der XIX. Ausstellung

in der Galerie von Garvens 178

1.2.11 Schwitters’ Hannoversche Fürsprecher 185

1.3 Dresden 189

1.3.1 Felix Zimmermann und andere Dresdner Kritiker 193

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Inhaltsverzeichnis

8

1.4 Darmstadt und die Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ 200

1.4.1 Max Strese 205

1.4.2 Gustav F. Hartlaub 207

1.5 Hamburg 213

1.5.1 Wilhelm Weygandt 216

2 KURT SCHWITTERS’ ANTWORTEN AUF DIE KRITIK 226

2.1 Die Tran-Texte und tran-ähnliche Schriften 1919-1921 246

2.2 Die Tran-Texte und tran-ähnliche Schriften 1922 311

2.3 Die Tran-Texte und tran-ähnliche Schriften 1923-1924 344

3 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 360

ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme der Avantgarde- bewegungen in Deutschland 369

Exkurs zur antikritischen Praxis vom Ramdohr-Streit bis Dada in Deutschland 390

Verzeichnis der verwendeten Literatur 437

Abbildungsverzeichnis 517

Kommentierte Bibliografie der Quellentexte 518

Dokumentation der Beteiligungen an zeitgenössischen Ausstellungen von 1918 bis 1934 in den Haupt- wirkungsorten von Schwitters 562 Dokumentation der Merzabende in Deutschland 592

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Einleitung

9

EINLEITUNG

Nachdem die wesentlichen Aspekte im Werk von Kurt Schwitters gattungsspezifisch in

den wissenschaftlichen Einzeldisziplinen weitestgehend erforscht sind,1 gilt es

zunehmend, sein Œuvre unter interdisziplinären Aspekten zu beleuchten.2 Dabei sind

v. a. die intermedialen Strategien des Merzkünstlers mehr und mehr Gegenstand der

wissenschaftlichen Auseinandersetzung geworden.3 Auch das künstlerische

Interaktionsfeld von Schwitters hat in jüngster Zeit in der Forschung eine

Differenzierung erfahren.4 Galt der Merzkünstler lange als Exponent des Dadaismus,5

1 Die beiden Monografien von John Elderfield und Werner Schmalenbach gelten nach wie vor als Standardwerke zum künstlerischen Schaffen des Merzkünstlers, vgl. John Elderfield: Kurt Schwitters. Düsseldorf 1987 und Werner Schmalenbach: Kurt Schwitters. 2. Aufl. München 1984. Sowohl Elderfield als auch Schmalenbach bieten eine fundierte Einführung in Leben und Werk von Schwitters, sodass hier auf die Erläuterung grundlegender Sachverhalte der Merzkunst verzichtet werden kann. Das bildnerische Werk unter den Aspekten Innovation und Tradition untersucht Dorothea Dietrich, vgl. Dorothea Dietrich: The Collages of Kurt Schwitters. Tradition and Innovation. Cambridge 1993, zugl. Diss. Univ. New Haven (Connecticut). Mittels ikonografisch-ikonologischem Ansatz interpretiert Annegreth Nill zahlreiche Bilder von Schwitters unter besonderer Berücksichtigung der Zusammenführung von Kunstarten, vgl. Annegreth Nill: Decoding Merz. An interpretative study of Kurt Schwitters’ early work 1918-1922. Diss. Univ. Austin (Texas) 1990. Andrea El-Danasouri fokussiert in ihrer Untersuchung die materialästhetischen Gesichtspunkte der Merzbildwerke, vgl. Andrea El-Danasouri: Kunststoff und Müll. Das Materialbild bei Naum Gabo und Kurt Schwitters. München 1992, zugl. Diss. Univ. Marbach 1991 (= Beiträge zur Kunstgeschichte 45). Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des ersten Merzgedichtes „An Anna Blume“ erarbeitet Hans Jürgen Hereth in seiner Promotionsarbeit, vgl. Hans-Jürgen Hereth: Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte von Kurt Schwitters anhand seines Gedichts ‚An Anna Blume’. Frankfurt a. M. u. a. 1996, zugl. Diss. Univ. Siegen 1996 (= Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 53). Mit spezifischem Blick auf das Montageverfahren beleuchtet Ralph Homayr das literarische Werk von Schwitters mittels Analyse der Schwittersschen Schriften mit narrativer Typologie, vgl. Ralph Homayr: Montage als Kunstform. Zum literarischen Werk von Kurt Schwitters. Opladen 1991, zugl. Diss. Univ. Frankfurt a. M. 1991. Weitere Studien zum erzählerischen und lyrischen Werk Schwitters’ sind: Evelyn Fux: Schnitt durch die verkehrte Merzwelt. Konzeption des Narrativen in der Prosa von Kurt Schwitters (= Aspekte der Avantgarde. Dokumente, Manifeste, Programme 10). Berlin 2007, Bernd Scheffer: Anfänge experimenteller Literatur. Das literarische Werk von Kurt Schwitters. Bonn 1978, zugl. Diss. Univ. Bonn 1976 (= Bonner Arbeiten zur deutschen Literatur 33) und Judith Winkelmann: Abstraktion als stilbildendes Mittel in der Lyrik von Hans Arp und Kurt Schwitters. Frankfurt a. M. u. a. 1995, zugl. Diss. Univ. Bochum 1994. Die Genese des Merzbaus behandelt Dietmar Elger in seiner Promotionsschrift, vgl. Dietmar Elger: Der Merzbau. Eine Werkmonographie. Köln 1984, zugl. Diss. Univ. Hamburg 1984. Beatrix Nobis analysiert in ihrer Dissertation aus ideengeschichtlicher Sicht die Zusammenhänge zwischen Merz und der romantischen Ironie, vgl. Beatrix Nobis: Kurt Schwitters und die romantische Ironie. Ein Beitrag zur Deutung des Merz-Kunstbegriffs. Weimar 1993, zugl. Diss. Univ. Braunschweig 1989. Als ästhetische Lebensform und als Privatphilosophie definiert Lambert Wiesing das Merzkonzept, vgl. Lambert Wiesing: Stil statt Wahrheit. Kurt Schwitters und Ludwig Wittgenstein über ästhetische Lebensformen. München 1991. 2 Als Ästhetik der Künste versteht Sigrid Franz das Merzkonzept und untersucht die intermedialen Verschränkungen des Schwittersschen Entwurfs. Für ihre Analyse dienen ihr die kunsttheoretischen Reflexionen des Künstlers als methodische Folie, vgl. Sigrid Franz: Kurt Schwitters’ Merz-Ästhetik im Spannungsfeld der Künste. Freiburg Br. u. a. 2009, zugl. Diss. Univ. Freiburg Br. 2009 (= Rombach Wissenschaften. Reihe Cultura 45). 3 Bspw. im Rahmen der Tagung Transgression und Intermedialität. Die Texte von Kurt Schwitters. Internationales Symposium im Sprengel Museum Hannover vom 18. bis 19.03.2011. Der Tagungsband, Walter Delabar; Ursula Kocher; Isabel Schulz (Hgg.): Transgression und Intermedialität. Die Texte von Kurt Schwitters (= Moderne-Studien 18). Bielefeld 2014 (im Druck), erscheint voraussichtlich im Herbst 2014. 4 Vgl. Karin Orchard; Isabel Schulz (Hgg.): Merzgebiete. Kurt Schwitters und seine Freunde. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; van Museum Boijmans Beuningen, Rotterdam. Köln 2006. 5 Vgl. bspw. Dorothea Dietrich: Hannover. In: Dickerman, Leah; Doherty, Brigid (Hgg.): Dada. Zurich, Berlin, Hannover, Cologne, New York, Paris. Kat. Ausst. Centre Pompidou, Musée National d’Art Moderne, Paris; National Gallery of Art, Washington; The Museum of Modern Art, New York. Washington 2005, S. 154–179.

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Einleitung

10

so rückt nun sein spezifisches Verhältnis auch zu den anderen zeitgenössischen

Avantgardeströmungen in den Fokus wissenschaftlichen Interesses.6

Die Untersuchung seines Verhältnisses zur Kunstkritik ist jedoch ein Desiderat der

Schwitters-Forschung. Im Gegensatz zur produktiv-künstlerischen Rezeption von

Schwitters’ Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg,7 ist die zeitgenössische kunstkritische

Aufnahme des Merzkünstlers bislang ein eher marginales Thema in der Forschung.

Das Verhältnis von Merzkunst und Kunstkritik wird meist nur unter einem der beiden

Hauptaspekte diskutiert: Entweder werden in den Publikationen die Reaktionen der

Kritiker auf die Merzkunst oder Schwitters’ künstlerischer Umgang mit den

kunstkritischen Urteilen untersucht, während das komplementäre Moment jeweils

nachrangig behandelt wird.

Isabelle Ewig bspw. nimmt in ihrem Aufsatz „‚Meine Ansicht über den Wert der Kritik’.

Critique de la critique d’art par Kurt Schwitters“8 eine Einordnung der Inhalte einiger

Rezensionen, denen Schwitters entgegnete, in das zeitgeschichtliche Geschehen vor

und analysiert einzelne von der Forschung bereits beachtete Feuilletonberichte.

Insbesondere greift sie die pathologisierende Kritik Wilhelm Weygandts auf. Daneben

befasst sich ihre Untersuchung nicht nur mit Schwitters’ Tran-Texten, sondern auch mit

seinen theoretischen Schriften, und berücksichtigt somit z. T. die Vernetzung, die sich

im Schwittersschen Werk u. a. in Form von Kritik und Antikritik als miteinander

gekoppelte Aspekte manifestiert. Mithin erfasst ihr Beitrag das Thema Kritik der

6 Zum Verhältnis des Merzkünstlers zum Dadaismus, vgl. Ralf Burmeister: „Durch Gegensätzlichkeiten verwandt“. Mentalitätsunterschiede von Dada und Merz. In: Müller-Alsbach, Annja; Stahlhut, Heinz (Red.): Kurt Schwitters. Merz. Ein Gesamtweltbild. Kat. Ausst. Museum Tinguely, Basel. Bern 2004, S. 140–149. Zur Annäherung Schwitters’ an den Konstruktivismus, vgl. Gerda Wendermann: Merz im Quadrat. Kurt Schwitters zwischen Dadaismus und Konstruktivismus. In: Orchard, Karin; Schulz, Isabel (Hgg.): Merzgebiete. Kurt Schwitters und seine Freunde. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; van Museum Boijmans Beuningen, Rotterdam. Köln 2006, S. 98–121. Zu den Verbindungen zwischen dem Sturm-Kreis und Schwitters, vgl. Volker Pirsich: Der Sturm. Eine Monographie. Herzberg 1985, zugl. Diss. Univ. Hamburg 1984, S. 307-322 und 574-586. 7 Zum Nachwirken der Performances von Schwitters, vgl. Justin Hoffmann: „Man zerknicke und turbuliere“. Kurt Schwitters und die Aktionskunst der sechziger Jahre. In: Meyer-Büser, Susanne; Orchard, Karin (Hgg.): Aller Anfang ist Merz. Von Kurt Schwitters bis heute. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Haus der Kunst, München. Ostfildern-Ruit 2000, S. 302–309. Zu den Bedingungen der Rezeption von Schwitters und seiner Kunst, vgl. Karin Orchard: „Meine Zeit wird kommen“. Voraussetzungen der Rezeption von Kurt Schwitters in Europa und den USA. In: Schneede, Uwe M. (Hg.): Entdeckungen in der Hamburger Kunsthalle. Essays zu Ehren Helmuth R. Leppien. Hamburg 1999, S. 65–69. Zu den antizipatorischen Momenten der Popart im Werk von Schwitters, vgl. Isabelle Ewig: Father of Fathers of Pop. Kurt Schwitters. In: Meyer-Büser, Susanne; Orchard, Karin (Hgg.): Aller Anfang ist Merz. Von Kurt Schwitters bis heute. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Haus der Kunst, München. Ostfildern-Ruit 2000, S. 290–295. Und zur literarischen Wirkung, vgl. Gerhard Schaub: „An Schwitters kommt man nicht vorbei“. Zur Rezeption des Merzdichters in der Literatur nach 1945. In: Meyer-Büser, Susanne; Orchard, Karin (Hgg.): Aller Anfang ist Merz. Von Kurt Schwitters bis heute. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Haus der Kunst, München. Ostfildern-Ruit 2000, S. 310–319. 8 Vgl. Isabelle Ewig: „Meine Ansicht über den Wert der Kritik“. Critique de la critique d’art par Kurt Schwitters. In: Fleckner, Uwe; Gaehtgens, Thomas W. (Hgg.): Prenez garde à la peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900-1945 (= Passagen/Passages. Deutsches Forum für Kunstgeschichte 1). Berlin 1999, S. 239–253.

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Einleitung

11

Kunstkritik durch Kurt Schwitters punktuell anhand von signifikanten Beispielen.

Gwendolen Webster skizziert in ihrem Artikel „Dada-Hanover“9 den kunstkritischen

Diskursverlauf zur Merzkunst anhand einer Auswahl von Rezensionen, die der

Forschung bereits größtenteils bekannt sind. Unter Berücksichtigung der

zeitgenössischen kunsthistorischen Verortung der Merzkunst konstatiert sie nach

anfänglicher Ablehnung der Kunst Schwitters’ eine Entwicklung hin zur tendenziellen

Akzeptanz seitens der Kritiker, bevor sich der kunstkritische Ton um 1933 wieder

verschärfte. Dass der Merzkünstler auf die Kunstkritik mit Antikritiken im Merzstil

reagierte, wird erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt, denn Websters

Forschungsinteresse gilt vornehmlich dem kunstkritischen Diskurs. Arne Rautenberg

nimmt in seiner Magisterarbeit „Die Merz-Collagen von Kurt Schwitters. Eine

Rezeptionsgeschichte“ das Verhältnis Schwitters’ zur zeitgenössischen Presse im

Kontext der wissenschaftlichen Rezeptionsgeschichte der Merzkunst in den Blick. Er

geht im Rahmen eines Einzelkapitels auf die der Forschung bekannten

zeitgenössischen Kritiken ein, resümiert die darin enthaltenen Hauptvorwürfe gegen

Schwitters und erörtert sowohl die negativen Einwände als auch die positiven Kritiken.

Ergänzend folgt eine kurze Darstellung zur antikritischen Praxis von Schwitters. Dem

Rahmen seiner Arbeit entsprechend verfährt Rautenberg kursorisch und stellt die

kunstkritischen Reaktionen sowie die antikritischen Gegenreaktionen von Schwitters

anhand von exemplarischen Texten und durch Textkommentare vor, wobei die

Hintergründe und Motivationen der Reaktionsweisen auf beiden Seiten unbeleuchtet

bleiben.10 Annegreth Nill bewertet in einem Teilkapitel ihrer Dissertation „Decoding

Merz. An interpretative study of Kurt Schwitters’ early work 1918-1922“ die Rolle der

Kunstkritik im Werk von Schwitters. Das Verhältnis des Merzkünstlers zu seinen

Kritikern untersucht sie insbesondere im Hinblick auf Wilhelm Weygandt im

literarischen, antikritischen und bildnerischen Werk und berücksichtigt dabei Schwitters’

subtile Bezugnahmen auf die Kunstkritik. Im Fokus ihrer Studie steht die

Kunstproduktion von Schwitters, während Nill nur insofern auf die kunstkritischen Texte

eingeht, als diese zum Verständnis der Antikritiken im Merzstil beitragen.11

Die Einstellung der Kunstkritiker zur Merzkunst ist bisher wenig differenziert dargestellt

worden. Hinsichtlich der Hauptkritiker von Schwitters kann auf zwei umfangreiche

Einzelstudien zum Wirken von Paul Westheim12 und Curt Glaser13 zurückgegriffen

9 Vgl. Gwendolen Webster: Dada-Hanover. In: Watts, Harriett (Hg.): Dada and the Press (= Crisis and the Arts. The History of Dada 9). New Haven u. a. 2004, S. 293–349. 10 Vgl. Arne Rautenberg: Die Merz-Collagen von Kurt Schwitters. Eine Rezeptionsgeschichte. Mag.-Arb. Univ. Kiel 1999, S. 38-56. 11 Vgl. Nill 1990, S. 230-317. 12 Vgl. Lutz Windhöfel: Paul Westheim und Das Kunstblatt. Eine Zeitschrift und ihr Herausgeber in der Weimarer Republik. Köln 1995, zugl. Diss. Univ. Heidelberg (= Dissertationen zur Kunstgeschichte 35).

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Einleitung

12

werden, die das Kunstverständnis der jeweiligen Kritiker allgemeiner erfassen als in der

vorliegenden Untersuchung. Zu einigen der übrigen Hauptkritiker liegen entweder

Aufsätze oder unabhängige Publikationen vor, in denen die Haltung der betreffenden

Kritiker zur Kunst in Einzelkapiteln behandelt wird.14

Die philologische Forschungsliteratur legt ihr Hauptaugenmerk nahezu ausschließlich

auf Schwitters’ literarisches Werk mit narrativer Typologie. Eine der wenigen, die sich

mit den antikritischen Texten auseinander setzt, ist Gesine Hirtler. In ihrer

Magisterarbeit „Die ‚Tran’-Texte von Kurt Schwitters“15 analysiert sie die Tran-Texte,

nicht aber die tran-ähnlichen Schriften, anhand von literaturgeschichtlichen Aspekten

mittels Rekurs auf die Antikritiken Karl Kraus’ und der Sturm-Theoretiker und anhand

der Methode des „source hunting“ bezüglich der verwendeten Zitate in den Texten von

Schwitters. Hirtler geht von den bisher bekannten kunstkritischen Quellensammlungen

aus oder bezieht die in die Tran-Texte montierten Zitate in ihre Untersuchung ein. Im

Interessenzentrum ihrer Arbeit steht die typografische Gestaltung von „Tragödie / Tran

No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“ und „TRAN 25 / Sämischgares

Rindleder“. In dieser Studie spielt allerdings die Rekonstruktion des

Kunstverständnisses der jeweiligen Kritiker kaum eine Rolle.

Darüber hinaus ist ein Tran-Text narrativen Typs, „Tran Nr. 30 / Auguste Bolte (ein

Lebertran)“ Gegenstand philologischer Forschung. Hans-Georg Kemper beleuchtet

den Text im Hinblick auf zeitgeschichtliche Sachverhalte und sieht in der Protagonistin

ein Sinnbild für die Kunstkritik.16 Hans-Edwin Friedrich untersucht die Erzählung im

13 Vgl. Andreas Strobl: Curt Glaser. Kunsthistoriker, Kunstkritiker, Sammler. Eine deutsch-jüdische Biographie. Köln u. a. 2006. 14 Zu Johann Frerking vgl. Ines Katenhusen: Kunst und Politik. Hannovers Auseinandersetzung mit der Moderne in der Weimarer Republik. Hannover 1998, zugl. Diss. Univ. Hannover 1997 u. d. T: „Das Verständnis für eine Zeit gewinnt man vielleicht am besten aus ihrer Kunst“, S. 441-460. Zu Paul Madsack, vgl. ebd., S. 461-472. Zu Alexander Dorner, vgl. Tobias Wall: Das unmögliche Museum. Überlegungen zu Präsentations- und Dokumentationskonzepten im Kunstmuseum der Gegenwart. 2004, zugl Diss. Pädagogische Hochschule Ludwigsburg 2003, URL: http://opus.bsz-bw.de/phlb/volltexte/2004/1928/pdf/PDFDissWall2004.pdf (Stand: 23.11.2008), S. 180-213 und Monika Flacke: Alexander Dorner. In: Junge, Henrike (Hg.): Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905-1933. Köln u. a. 1992, S. 51–58. Zu Gustav F. Hartlaub, vgl. PHF (= Feist, Peter H.): Hartlaub, Gustav Friedrich. In: Betthausen, Peter; Feist, Peter H.; Fork, Christiane (Hgg.): Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon. Zweihundert Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten. Stuttgart u. a. 1999, S. 149–152 und Karoline Hille: Mit heißem Herzen und kühlem Verstand. Gustav Friedrich Hartlaub und die Mannheimer Kunsthalle 1913-1933. In: Junge, Henrike (Hg.): Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905-1933. Köln u. a. 1992, S. 129–138, zu Hans W. Fischer vgl. Kai-Uwe Scholz (Hg.): Hans W. Fischer. Hamburger Kulturbilderbogen. Eine Kulturgeschichte 1909-1922. Hamburg 1998 und schließlich zu Wilhelm Weygandt, vgl. Bettina Brand-Clausen: Häßlich, falsch, krank. „Irrenkunst“ und „irre“ Kunst zwischen Wilhelm Weygandt und Carl Schneider. In: Mundt, Christoph; Hohendorf, Gerrit; Rotzoll, Maike (Hgg.): Psychiatrische Forschung und NS-„Euthanasie“. Beiträge zu einer Gedenkveranstaltung an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Heidelberg 2001, S. 265–320. 15 Gesine Hirtler: Die „Tran“-Texte von Kurt Schwitters. Mag.-Arb. Univ. München 1985. Für die Leihgabe ihrer Magisterarbeit möchte ich Gesine Hirtler-Rieger an dieser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen. 16 Vgl. Hans-Georg Kemper: Die Logik der ‚harmlosen Irren’. ‚Auguste Bolte’ und die Kunstkritik. In: Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur 35/36 (1972), S. 52–66.

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Einleitung

13

Kontext der theoretischen Schriften von Schwitters.17 Die antikritische Dimension des

Textes spielt in Friedrichs Aufsatz eine eher untergeordnete Rolle, wohingegen der

Autor aber auf in „Tran Nr. 30“ enthaltene Verweise zu anderen Tran-Texten

aufmerksam macht.18 Die Analyse der Tran-Texte in ihrer Gesamtheit unter

Berücksichtigung des gesamten relevanten Quellenmaterials und des detailliert

erfassten kunstkritischen Diskurses aber ist in der Literatur noch nicht hinreichend

dargelegt.

Gegenstand der nachfolgenden Analyse sind aufgrund dieser Forschungslage die

Beziehungen zwischen der kunstkritischen Vermittlung von Schwitters’ Kunst und den

antikritischen Gegenreaktionen des Künstlers. Das Thema „Kurt Schwitters und die

Kunstkritik“ stellt sich als ein sehr vielschichtiges und vielseitiges dar. Stark verkürzt

formuliert ließe es sich auf folgende Formel reduzieren: Es handelt sich um eine Reiz-

Reaktionskette mit künstlerischer Gegenreaktion, die mit der öffentlichen Ausstellung

der Merzbildwerke, der Publikation von Schriftkunstwerken bzw. mit performativen

Auftritten des Merzkünstlers begann. Das öffentliche Agieren Schwitters’ zog ein

spezifisches Verhalten seitens der Kunstkritiker nach sich (s. Kap. 1), das Schwitters

wiederum zu antikritischer Reaktion motivierte. Einige der Rezensionen, die

überwiegend in der Tagespresse veröffentlicht wurden, veranlassten Schwitters dazu,

Antikritiken zu verfassen, mit denen er den Rezensenten Antworten im Merzstil

präsentierte (s. Kap. 2).19 Den antikritischen Texten gab er, ebenso wie er sein

avantgardistisches Werk unter der eigens geschaffenen Bezeichnung Merz

subsumierte, einen eigenen Namen. Er bezeichnete die Texte als „Tran“. Diese bilden

eine 29 Schriften umfassende Textgruppe, die in den Jahren von 1919 bis 1924

entstand. In der Mehrzahl befinden sich darunter personenbezogene, gegen einen

oder mehrere Hauptkritiker gerichtete Texte und fünf antikritische Schriften allgemeiner

Art. Letztere werden im Folgenden nachrangig behandelt.

Der Aufbau dieser Studie folgt dem Ziel, zunächst die Kunstkritik am Werk von

Schwitters darzustellen und zu analysieren und dessen spezifische Erwiderung im

Anschluss daran vorzustellen. Diese Vorgehensweise macht zwei Exkurse erforderlich,

nämlich einen zur kunstkritischen Aufnahme der Avantgardebewegungen im 17 Vgl. Hans-Edwin Friedrich: „Weil Sie die künstlerische Logik nicht sehen, stört Sie das Fehlen der verstandlichen“. Zur „Auguste Bolte“ von Kurt Schwitters. In: Egyptien, Jürgen (Hg.): Literatur in der Moderne (= Jahrbuch der Walter-Hasenclever-Gesellschaft 6). Göttingen 2009, S. 195–212. 18 Vgl. ebd., S. 209-211. 19 Reflexe auf die Kunstkritik bzw. Kunstkritiker finden sich, um dies an dieser Stelle nochmals zu erwähnen, nicht nur im literarischen Werk von Schwitters. Auch im bildkünstlerischen Œuvre verarbeitete der Merzkünstler Kunstkritiker als Material, vgl. Nill 1990, S. 283-317, ein Thema, das in der vorliegenden Studie ausgespart bleibt, da es von Annegreth Nill ausführlich besprochen wird.

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Einleitung

14

Allgemeinen20 und einen zum Konzept der Antikritik.21 Beide Exkurse werden den

beiden Großkapiteln nachgestellt, um bei Bedarf jederzeit nachgeschlagen werden zu

können.

Die Gliederung des ersten Abschnittes folgt den Wirkungsorten des Merzkünstlers. Die

Publikationsfrequenz wie auch die publizistische Organisation der antikritischen

Antworten von Schwitters und deren einzelne Empfänger oder Adressatengruppen und

nicht zuletzt Schwitters’ Aktivitätszentren legen es nahe, den Rezensionsspiegel

zunächst nach Städten zu ordnen.22

Die Differenzierung zwischen Hauptkritikern, an die Schwitters sich mit einer oder

mehreren antikritischen Schriften wendete, und Nebenkritikern, deren Rezensionen

unbeantwortet blieben, ergibt sich aus der Adressierung der Antikritiken Schwitters’.

Vorgestellt werden neun Berliner, elf Hannoversche, ein Dresdner Hauptkritiker, zwei

Kommentatoren der Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ im Sommer 1920 in

Darmstadt sowie Wilhelm Weygandt aus Hamburg. Die Erläuterung des Urteils seitens

der Nebenkritiker wird die zeitgenössischen Diskussionen über die Merzkunst

ergänzen. Um die Schwitters-Rezeption abzurunden, werden auch die Berliner und

Hannoverschen Befürworter der Merzkunst in die Untersuchung einbezogen. Innerhalb

dieses Abschnittes wird v. a. mittels inhaltlicher Analyse der kunstkritischen Texte unter

besonderer Berücksichtigung der Argumentationsweise, der evaluativen Kriterien und

der Wahl der Schlagworte der Hauptkritiker eine Diskursanalyse vorgenommen.

Alle Hauptkritiker werden mit ihren jeweiligen, ganz spezifischen Eigenarten und

kunstkritischen Schwerpunkten dargestellt, wobei sich innerhalb dieses Schwitters-

Diskurses inhaltlich vielfältige Positionen abbilden. Besonders relevant erscheinende,

da häufig genannte Kritikpunkte an der Merzkunst werden als Diskurspunkte

begriffsgeschichtlich und in ihrer Entwicklung dargelegt. Das Spektrum der Vorwürfe

der Merzkunst gegenüber ist außerordentlich breit angelegt, es reicht, um dies kurz

vorwegzunehmen, von der Abqualifizierung zu Kitsch, der Diffamierung als Schmutz

20 Der Exkurs zur Aufnahme der Avantgardebewegungen durch die Kunstkritik enthält Hintergrundinformationen für diejenigen Leser, die, über die konkrete Beschäftigung mit Schwitters’ Tran-Texten und ihrer Kritik hinaus, an einer weiteren, historischen Kontextualisierung interessiert sind. 21 Auch der Exkurs zur antikritischen Praxis nimmt eine historische Kontextualisierung spezifisch ausgewählter antikritischer Texte vor, die den Tran-Texten zeitlich vorausgingen und an die Schwitters mit seiner Kritik an der Kritik z. T. anknüpfte. 22 Obgleich die Kritiker bei der Beurteilung der Avantgarde einen nahezu einheitlichen Referenzrahmen bedienten und sich daher eine Aufteilung des ersten Kapitels nach Schulen anstatt nach geografischer Zuordnung anböte, erscheint letztere Strukturierung sinnvoller, weil sie die Strukturgleichheit von Kap. 1 und 2 der vorliegenden Arbeit betont und die Korrespondenz zwischen Schwitters’ publizistischem Output und dem seiner Kritiker verdeutlicht, zumal ein solcher Aufbau der Organisation der personenbezogenen künstlerisch-antikritischen Schriften von Schwitters Rechnung trägt. So ergibt sich auch die Reihenfolge, in der die Kunstauffassung und das kunstkritische Selbstverständnis der Gegner von Schwitters beleuchtet werden. Je nach Eigenart des ausgewerteten Quellenmaterials und nach der Bedeutung des jeweiligen Kunstkritikers innerhalb des Schwitters-Diskurses fallen die entsprechenden Unterkapitel im Kritikenspiegel unterschiedlich ausführlich aus, denn der kunstkritische Output gestaltete sich quantitativ wie auch qualitativ sehr heterogen.

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Einleitung

15

und Schund, dem Monitum der geistigen Armut, der Herabwürdigung zu undeutschen

und daher krankhaften Erzeugnissen, der Warnung vor dem Ende der Kunst, der Kritik

am Infantilismus wie auch an der leeren Abstraktion bis hin zu gesteigerten Formen der

Angriffe durch Stigmatisierung des Künstlers als geisteskrank oder konkreter als

schizophren und letztendlich bis zur Diffamierung als entartet. Hinter diesen

Schlagwörtern verbergen sich Abwertungsstrategien, mittels derer versucht wurde,

Kunst von Nichtkunst kategorisch abzugrenzen und das als unkünstlerisch Befundene

aus dem Kunstsystem zu exkludieren.

In vielen Fällen ist die kunstkritische Rekursnahme auf die deutsche Klassik

nachweisbar. Abgesehen von wenigen Ausnahmen berücksichtigten die meisten

Kritiker von Schwitters weniger neuere Diskurse (s. Exkurs zur kunstkritischen

Aufnahme der Avantgardebewegungen). Viel häufiger griffen sie zurück auf

kunstkritische Theoreme, die durch Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich

Schiller ihre Ausformulierung erhalten hatten. Innerhalb des Schwitters-Diskurses gab

es einige Autoren, die ihren Kunstkritiken eine stilisierte Form verliehen. Dabei handelt

es sich um Parodien oder Vergleiche mit literarischen Motiven aus kanonisierten

Schriftkunstwerken. Diese intertextuellen Bezüge sind ebenso aufschlussreich für das

Kunstverständnis der Kritiker. Orientiert am organischen Werkverständnis nahmen die

meisten Kunstkritiker in den montierten Merzwerken eine Entwertung oder gar

Destruktion der hohen Kunst wahr, stellten deren künstlerischen Wert fast einstimmig

in Frage und reagierten z. T. mit ironischen Gesten auf die Merzkunst, um sich von

dieser zu distanzieren. Die klassische Auffassung kollidierte dabei mit dem neuen

materialästhetischen Kunstbegriff. Die kunstkritischen Positionen zeigen darüber

hinaus nicht nur den Einfluss klassischer Denkmodelle, sondern verdeutlichen auch die

Abhängigkeit von zeitgenössischen Kritikern. Daneben gab es eine kleine Reihe von

Kommentatoren v. a. aus dem Berliner und Hannoverschen Avantgardekreis, die eine

hohe Affinität zur Materialkunst hatten.

Naturgemäß ist der Gegenstand der kunstkritischen Berichte ausgerichtet auf die

spezifische Art der Präsenz der Merzwerke in der Öffentlichkeit. Im Fokus des

kritischen Urteils standen daher zunächst die Bildwerke, die in zeitgenössischen

Ausstellungen vielfach zu sehen waren. Der Merzdichtung kam durch z. T. mehrfache

Veröffentlichung ebenfalls große Publizität zu, während die eher in nicht öffentlichem

oder kleinem Rahmen veranstalteten Merzabende weniger öffentliche Aufmerksamkeit

auf sich zogen.23 Den Merzbau, Schwitters’ Hauptwerk, zeigte der Merzkünstler nur

23 In der vorliegenden Arbeit werden die Reaktionen auf Merzabende nur insofern eingehender berücksichtigt, als Schwitters den entsprechenden Berichten entgegnete. Zu Schwitters’ Merzvorträgen,

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Einleitung

16

wenigen Vertrauten, sodass dazu nur Äußerungen privater Art vorliegen.24

Vornehmliches Thema in den zeitgenössischen Kritiken war jedoch die Merzmalerei.

Innerhalb des anschließenden Untersuchungsaspekts wird die Entwicklung der

Schwittersschen Antikritiken unter besonderer Berücksichtigung der Strategien und

künstlerischen Methoden, der Texttypen und dem Typischen der Texte untersucht. Der

Chronologie der Erstveröffentlichungen folgend kann vorweg gesagt werden, dass sich

die Texte vom stark facettierten Collageverfahren zum konstruktiv-rhythmisierten

Textcorpus mit groß angelegten, montierten Passagen, vom Materialwert des

Ausgangstextes zum Formwert der Namen oder zur Metapher für das Verhalten der

einzelnen Kritiker wandelten. Während die ersten antikritischen Schriften eher einen

durch die Technik der Collage bedingten satirisch-unterhaltenden Charakter aufweisen,

nehmen sich die späteren zunehmend literarisch stilisiert aus.

Mit der Etablierung der Kunstkritik setzte auf Seiten der Künstler eine antikritische

Praxis ein, wobei sich die Verteidigung der eigenen Position zumeist am

kunstkritischen Ausgangstext orientierte. Dieser wurde argumentativ repliziert, indem

von Anbeginn das Verfahren der Zitatmontage als Ausweis der Authentizität der

Aussage und Gegenaussage angewendet wurde. Einsetzend mit dem Ramdohr-Streit

werden in der Studie markante antikritische Positionen im Rahmen eines

geschichtlichen Abrisses anhand inhaltlicher Reaktionsweisen und antikritischer

Argumentationsstrategien beleuchtet. Besondere Relevanz für Schwitters’ Umgang mit

der Kunstkritik hatten v. a. die antikritischen Methoden der Sturm-Künstler,

insbesondere Herwarth Waldens (s. Exkurs zur antikritischen Praxis vom Ramdohr-

Streit bis Dada). Dessen gegen die Kunstkritik gerichtete Zitatsatiren dienten

Schwitters zunächst als Vorbild für seine eigene antikritische Praxis. Das ihm zur

Verfügung stehende und zu replizierende Material aus den Kunstkritiken nutzte der

Merzkünstler im Sinne der antikritischen Praxis der Sturm-Theoretiker, die er von

Anfang an mit seinem eigenen Merzstil verknüpfte. Walden bewegte sich mit seinen

antikritischen Verteidigungsschriften, die v. a. der Durchsetzung der neuen Kunst

dienten, auf einer Linien mit der Sprachkritik von Karl Kraus. Ähnlich wie Kraus konterte

Walden den Kunstkritiken inhaltlich mit dem antikritischen Verfahren der Zitatsatire,

indem er spezifisch ausgewählte Textausschnitte zitierte und diese im Rahmen der

Textsorte Glosse sprachkritisch widerlegte. Dabei griff er Zitate aus einer Rezension auf

vgl. Gerhard Schaub: Kurt Schwitters als Vortragskünstler. In: Ders. (Hg.): Kurt Schwitters. HerzschMerzen (= Amphitheater 18/19). Echternach 1991, S. 167–192 und s.w.u. Kap. 1.2.8. 24 Vgl. Gwendolen Webster: Der Merzbau und sein Publikum. In: Orchard, Karin; Schulz, Isabel (Hgg.): Merzgebiete. Kurt Schwitters und seine Freunde. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; van Museum Boijmans Beuningen, Rotterdam. Köln 2006, S. 157–163.

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17

ironische Weise auf, interpretierte und paraphrasierte sie und nahm schließlich Stellung

zu dem Gesagten.

An diese Tradition knüpfte Kurt Schwitters an und entwickelte sie weiter. Darüber

hinaus und analog zur bildkünstlerischen Entwicklung erhielt er literarische

Anregungen von Künstlern aus dem Umkreis des „Sturm“ (Expressionismus,

Futurismus, Kubismus) oder aus dem Umfeld des Dadaismus. Außerdem lassen sich

Parallelen zwischen Schwitters’ antikritischer Textproduktion und den von den

Russischen Formalisten, die die von etwa 1915 bis 1930 bestehende,

literaturtheoretische Schule bildeten, und deren Vorläufern untersuchten künstlerischen

Verfahren nachweisen.

Neben der Hauptintention der literarischen Stilisierung zielen Schwitters’ antikritische

Texte auf die Enthüllung der Projektionen und Subsumtionsversuche der Kritiker ab

und greifen gezielt die zeitgenössischen Strategien der Vermittlung der neuen Kunst

an. Bezüglich der Art und Weise der Materialverarbeitung in den antikritischen

Schriften wird sich zeigen, dass er zunächst die kunstkritischen Diskurse und später

auch deren Protagonisten als Material für seine Merzkunst begriff und als solches

verwendete.

Als avantgardistische, künstlerisch-antikritische Schriften erweisen sich die Tran-Texte

durch den Materialmix, die Vermischung von Textsorten und Textintentionen, die

Verbindung von Kunst und Nichtkunst in Gestalt von Gebrauchsliteratur und Literatur

sowie durch die Aneignung von fremden Prinzipien und Methoden. Dabei kommt den

Antikritiken der Status des Hypertextes zu, dem ein oder mehrere kunstkritische

Hypotexte vorangingen und in den Schwitters zumeist weiteres Fremdtextmaterial

integrierte, sodass bei der Analyse der Texte methodisch auf der Basis des

Intertextualitätsmodells von Gerard Genette vorgegangen werden kann.

Die Relevanz für die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Tran-Texten liegt v. a.

darin begründet, dass der Merzkünstler in seinen antikritischen Schriften Beziehungen

zu anderen produktiven Bereichen knüpfte und unterschiedliche Kunstarten,

Kunstgattungen, literarische Gattungen und Textsorten miteinander verband. Die

29 Texte sind integraler Bestandteil von Merz als Gesamtkunstwerk. Schwitters

ästhetisierte darin einen Bereich der Publizistik, der zuvor eher unliterarischer und

zweckorientierter Natur war. Für Schwitters war die Textgruppe der Tran-Schriften ein

intermediales Spielfeld, in dem er unterschiedliche Verfahren und verschiedene

Anschlussmöglichkeiten zur wechselseitigen Durchdringung seiner Schaffensgebiete

erprobte. Aufgrund dieses Sachverhaltes werden die Tran-Texte über das

Intertextualitätsmodell hinaus auch anhand von Theorien der Intermedialität beleuchtet.

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18

Was die Analyse der kunstkritischen Artikel zur Merzkunst betrifft, kann bekanntes

Quellenmaterial berücksichtigt werden. Schwitters selbst sammelte zahlreiche

Presseberichte, die er als Zeitungsausschnitte in insgesamt fünf Kladden z. T. zu

Collagen vereinigte25: „8uur“,26 „Blutarmut und Bleichsucht“,27 „Kritiken“28 sowie das

„Schwarze Notizbuch VI“ von 1920/2129 und das Gästebuch zur Einzelausstellung in

Hildesheim im Jahr 1922.30 Außerdem nannte er in den Antikritiken z. T. selbst die

bibliografische Angabe der Quelle, auf die er sich jeweils bezog. In dem Aufsatz „Das

enthüllte Geheimnis der Anna Blume“ in der Zeitschrift „Der Marstall. Zeit- und

Streitschrift des Verlages Paul Steegemann“ findet sich darüber hinaus eine

Zitatsammlung zeitgenössischer, kunstkritischer Beiträge.31 Eine Auswahl

zeitgenössischer Kritiken wurde auch im Kurt Schwitters Almanach publiziert.32 Dem

Aufsatz „Dada-Hanover“ von Gwendolen Webster ist eine weitere Sammlung von

Rezensionen als Anhang beigefügt.33

Zu einigen Tran-Texten und tran-ähnlichen Schriften jedoch fehlte bislang das

Ausgangsmaterial, denn als solches verwendete Schwitters die Kunstkritiken und

antwortete mit Ausnahme von „Tran 35 / Dada ist eine Hypothese“, in den

personenbezogenen Tran-Texten immer mindestens auf eine bestimmte Kritik eines

25 Zum Zeitungsausschnitt als „Vermählung im Notizbuch“, vgl. das entsprechende Kapitel in Anke te Heesen: Der Zeitungsausschnitt. Ein Papierobjekt der Moderne. Frankfurt a. M. 2006, S. 205-216. 26 Kurt Schwitters: „Ohne Titel (Kladde ‚8 uur’)“, 1923, o. S. (zu finden unter dem Kurztitel: Schwitters – Kladde „8uur“), s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 2: 1923-1936. Ostfildern-Ruit 2003, WV-Nr. 1148. Die Kladde wird als Leihgabe im Kurt Schwitters Archiv im Sprengel Museum Hannover verwahrt. Sie beinhaltet Kritiken aus den Jahren von 1919 bis 1925 vornehmlich zu Merzabenden und dem Holland-Dada-Feldzug 1923, s. Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 290-490. Schwitters legte in diese Sammelkladde weitere Kritiken lose ein, s. hierzu Kocher/Schulz 2014, S. 585-694. 27 Kurt Schwitters: „Ohne Titel (Collagierter Einband der Kladde ‚Bleichsucht und Blutarmut’)“, 1920, o. S. (zu finden unter dem Kurztitel: Schwitters – Kladde „Bleichsucht und Blutarmut“), s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 1: 1905-1922. Ostfildern-Ruit 2000, WV-Nr. 730 und Kocher/Schulz 2014, S. 7-58. Auch diese Kladde befindet sich als Leihgabe im Kurt Schwitters Archiv im Sprengel Museum Hannover. 28 S. Kocher/Schulz 2014, S. 498-579. Die Kladde „Kritiken“ ist nicht in das Werkverzeichnis von Schwitters aufgenommen worden. Sie befindet sich in Privatbesitz und liegt dem Kurt Schwitters Archiv im Sprengel Museum Hannover ebenfalls als Leihgabe vor (zu finden unter dem Kurztitel: Schwitters – Kladde „Kritiken“). 29 Das Notizbuch ist im Besitz des Kurt Schwitters Archivs im Sprengel Museum Hannover (zu finden unter dem Kurztitel: Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Darin finden sich Kritiken aus den Jahren von 1913 bis 1920/21, s. Kocher/Schulz 2014, S. 105-187. 30 Kurt Schwitters: „GäsTebuch FÜR Die mERrzausstellunG“, 1922, o. S. (zu finden unter dem Kurztitel: Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“), s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 1: 1905-1922. Ostfildern-Ruit 2000, WV-Nr. 1048 und Kocher/Schulz 2014, S. 66-96. Auch das Gästebuch wird als Leihgabe im Kurt Schwitters Archiv im Sprengel Museum Hannover aufbewahrt. 31 Vgl. pst. (= Steegemann, Paul): Das enthüllte Geheimnis der Anna Blume. In: Der Marstall. Zeit- und Streitschrift des Verlages Paul Steegemann 1. Jg., H. 1-2 (1920), S. 11-16, 18-19, 21-31. 32 Vgl. Michael Erlhoff (Hg.): Kurt Schwitters Almanach (= Veröffentlichung des Kulturamtes der Stadt Hannover 1). Hannover 1982, S. 132-146 (zu finden unter dem Kurztitel: KSA 1982). 33 Vgl. Webster 2004, S. 308-337. Gwendolen Webster hat darüber hinaus umfangreiches kunstkritisches Material gesammelt. Für die Gelegenheit, dieses sichten zu dürfen, danke ich ihr an dieser Stelle ganz herzlich.

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Kritikers. Das Fehlen einer grundlegenden Materialsammlung machte eine

systematische Quellenrecherche erforderlich, die sich zunächst an den

Distributionsorganen der Hauptkritiker orientiert und weitere wichtige Tageszeitungen

und zeitgenössische Zeitschriften ebenso mit einbezieht.34

Nachdem einleitend der Stand der Forschung zum Thema „Kurt Schwitters und die

Kunstkritik“, der Gegenstand der nachfolgenden Studie und deren Gliederung

vorgestellt wurden, sind nun einige zeitspezifische Betrachtungen vorweg zu schicken.

Bei den abbildenden und beschreibenden Künsten zu Beginn des 20. Jahrhunderts

ergab sich eine besondere Problematik. Denn die empirische Wirklichkeit wurde

zunehmend selbst als Konstruktion wahrgenommen und zerfiel in Relativität. Aus der

Perspektive progressiver Künstler war es nicht mehr zeitgemäß, die Realität in ihrer

Oberflächenerscheinung abzubilden bzw. zu beschreiben, da die mimetische Kunst

durch die technische Reproduzierbarkeit und durch die Erschöpfung mimetischer

Repräsentationsweisen mehr und mehr obsolet geworden war. Ferner ging die

Auseinandersetzung mit realen Objekten in Collagen und Assemblagen selbst zurück

auf die Idee, nachdem in konsequenter Weiterentwicklung abstrahierender

künstlerischer Tendenzen der Abstraktionsprozess vollständig vollzogen war, neue

Bezüge zur Wirklichkeit herzustellen. Die Künstler suchten fortan nach neuen Wegen,

die moderne Realität künstlerisch zu erschließen und konzentrierten sich auf originär

künstlerische Mittel, öffneten die Grenzen einer Kunstart zu anderen Disziplinen und

eigneten sich vorgeformte Materialien für die Kunstproduktion an. Die ursprünglich

kunstfremden Materialien wurden zu einem Kunstwerk zusammengefasst und

versatzstückhaft, als Reflex auf die Aufsplitterung der wirklichen Wirklichkeit neu

organisiert. Collage und Montage waren mithin Bewältigungsstrategien der komplexer

werdenden und sich fortwährend ausdifferenzierenden Realität und eine Möglichkeit

zeitgemäßer Weltaneignung. Mit Abstraktion und Montage reagierten die Künstler

letztendlich auf die „epidemischen Krisen und Umbrüche der Repräsentation“.35 Dabei

wurde nicht die mutwillige Zerstörung einer der Ganzheitlichkeit verpflichteten Illusion

forciert, vielmehr reflektierten die Künstler den bereits zerstörten, schönen Schein einer

intakten Natur.36 Den Publikumserwartungen nach einer heilen Welt widersprechend

lösten die neuen Kunstformen „Befremden, Verblüffen, Abwehr aus. Sie muteten [dem

34 S.w.u. die kommentierte Bibliografie der zeitgenössischen Kritiken, in der alle recherchierten Artikel zu Schwitters und seinen Aktivitäten verzeichnet sind. Ebenso wird die Recherche zu Beginn der Bibliografie dokumentiert. 35 Sabine Flach: Abstrakt/Abstraktion. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 6: Tanz-Zeitalter/Epoche. Stuttgart u. a. 2005, S. 1–40, S. 5. 36 Vgl. Volker Klotz: Zitat und Montage in avantgardistischer Literatur und Kunst. In: Sprache im technischen Zeitalter H. 55 (1976), S. 259–277, S. 262-264.

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Publikum] Einstellungen zu, die anders waren als der vertraute, relativ

anstrengungslose Kunstgenuß.“37

Seit dem Moment, in dem die Kunst fortwährend ihre eigenen Grenzen befragte und

auch überschritt sowie konzeptuelle Tendenz annahm und die Grenzen zwischen

Kunst und Nichtkunst durchlässig wurden, wurde die künstlerische Produktion

kommentarbedürftig durch den Künstler oder Kunstkritiker. Die Kommentare von

Künstlern selbst dienten der Legitimation, der Erläuterung neuer künstlerischer

Verfahren, der Vermittlung zwischen Kunst und Publikum wie auch der Darlegung der

eigenen Position.38 Werden die Kommentare als integraler Werkbestandteil aber bei der

Rezeption nicht mit berücksichtigt, ist die Kommunikation zwischen dem Künstler und

seinem Publikum zum Scheitern verurteilt. Wie anhand des zeitgenössischen

Schwitters-Diskurses zu zeigen sein wird, weigerten sich die meisten Berichterstatter

aus der Gewohnheit, dem Gegenstand die Sinnhaltigkeit selbst und unmittelbar zu

entnehmen, den Selbstkommentaren die entsprechende Aufmerksamkeit

entgegenzubringen oder sich gar mit diesen eingehender zu beschäftigen und

gelangten so zu kunstkritischen Einschätzungen, denen der Merzkünstler auf seine

Weise widersprach.

Der Untersuchung sind nun neben der Erläuterung zeitspezifischer Sachverhalte einige

werkspezifische Überlegungen voranzustellen.

Als Schwitters mit seiner Merzkunst im Sommer 1919 an die Öffentlichkeit trat, waren

die meisten Avantgardebewegungen bis hin zum Dadaismus, die mit den neuen

künstlerischen Formen arbeiteten, bereits etabliert. Zur Begründung seiner eigenen

Position musste er sich v. a. gegenüber dem synthetischen Kubismus und dem

Dadaismus wegen der Aneignung ihrer gestalterischen Mittel abgrenzen. Um

Verwechslungen oder inadäquate Vergleiche zu vermeiden, legte er seine

künstlerische Position in seinen theoretischen Schriften dar und differenzierte Merz von

anderen Avantgardebewegungen, die mit der Technik der Collage arbeiteten. Seine

Manifeste richteten sich an ein hochspezialisiertes Publikum, das er darin mit der

sukzessiven Erweiterung seines Konzeptes und mit der Intention, Kunstarten und -

gattungen zu vereinigen, vertraut zu machen suchte. Schwitters’ Kommentare haben

zwar auch metaartistischen Charakter,39 weisen aber im Gegensatz zu dadaistischen

Manifesten und trotz gelegentlicher ironischer Brechungen kein „Orientierungsvakuum“

37 Ebd., S. 259. 38 Vgl. Arnold Gehlen: Zeit-Bilder. Zur Soziologie und Ästhetik der modernen Malerei. Frankfurt a. M. 1986, S. 54-55 und 162-169. 39 Alfons Backes-Haase: Kunst und Wirklichkeit. Zur Typologie des DADA-Manifests (= Athenäus Monografien. Literaturwissenschaften 106). Frankfurt a. M. 1992, S. 59.

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auf.40 Ihre Kernanliegen wie Aufgaben- und Zielstellung der Merzkunst wie auch die

Forderung nach dem Merzgesamtkunstwerk und der prinzipiellen Gleichberechtigung

aller vorgefundener Materialien werden ungeachtet der diese semantisch

torpedierenden Passagen transparent gemacht.41 Künstlerisch wie auch theoretisch

erweiterte Schwitters sukzessiv die Möglichkeiten des Materialgebrauchs und

modifizierte fortwährend seinen Begriff von Merz.42 Zunächst blieb er damit im Rahmen

des geschlossenen und durch Rahmung begrenzten Bildbegriffes. Er entgrenzte durch

das Konzept des Merzgesamtkunstwerks die Kunstgattungen und -arten durch

Verschränkung der unterschiedlichen künstlerischen Prinzipien. Mit dem Verfahren der

„Entformelung“43 hob er sich theoretisch von der semantischen Konzeption

dadaistischer wie auch kubistischer Bildwerke ab.

Schwitters montierte nicht nur unterschiedliche Materialien - was seine Kunst in die

Nähe von Kubismus und Dadaismus rückte -, er kompilierte auch unterschiedliche Stile

wie Expressionismus, Futurismus, Kubismus, Dadaismus und Konstruktivismus. Stand

zeitweise oder werkbezogen die Auseinandersetzung mit einem Stil im Zentrum seines

Interesses, so erscheint es doch problematisch, sein Œuvre einer einzelnen

Stilerscheinung zuzuordnen. Den Sachverhalt der stilistischen Ambivalenz brachte

Schwitters selbst einmal auf den Punkt, als er schrieb: „In meiner Seele leben so viele

Herzen, als ich Jahre gelebt habe. Denn ich gebe nie eine Periode auf, in der ich mit

Energie gearbeitet habe. Ich bin noch Impressionist, während ich MERZ bin.“44

Schwitters als dezidierten Dadaist zu betrachten hieße daher auch, das destruktive und

antikünstlerische Moment in den Vordergrund zu rücken und, wie im Fall der

zeitgenössischen Kunstkritiker, diesem durch Stigmatisierung entgegenzuwirken, ohne

40 Alfons Backes-Haase: „Wir wollen triezen, stänkern, bluffen…“. Dada-Manifestationen zwischen Zürich und Berlin. In: Asholt, Wolfgang; Fähnders, Walter (Hgg.): Die ganze Welt ist eine Manifestation. Die europäische Avantgarde und ihre Manifeste. Darmstadt 1997, S. 256–274, S. 260. 41 Vgl. Walter Fähnders; Helga Karrenbrock: „Ich sage nämlich das Gegenteil, aber nicht immer“. Die Avantgarde-Manifeste von Kurt Schwitters. In: van den Berg, Hubert; Grüttemeier, Ralf (Hgg.): Manifeste. Intentionalität (= Critical Studies 11). Amsterdam 1998, S. 57–90, S. 66-86. 42 Zur Merztheorie und ihrer Entwicklung, vgl. diesbezüglich den grundlegenden Aufsatz Isabel Schulz: „Was wäre das Leben ohne Merz“. Zur Entwicklung und Bedeutung des Kunstbegriffs von Kurt Schwitters. In: Meyer-Büser, Susanne; Orchard, Karin (Hgg.): Aller Anfang ist Merz. Von Kurt Schwitters bis heute. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Haus der Kunst, München. Ostfildern-Ruit 2000, S. 244–251. 43 „Der Künstler schafft durch Wahl, Verteilung und Entformung der Materialien“, heißt es zu diesem Verfahren der Verfremdung im Manifest „Die Merzmalerei“. Und weiter: „Das Entformeln der Materialien kann schon erfolgen durch ihre Verteilung auf der Bildfläche. Es wird noch unterstützt durch Zerteilen, Verbiegen, Überdecken oder Übermalen.“, Kurt Schwitters: Die Merzmalerei. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 37. An anderer Stelle schreibt Schwitters zu dieser Praxis, die ins Bild integrierten Gegenstände „verlieren durch Wertung gegeneinander ihren individuellen Charakter, ihr Eigengift, werden entmaterialisiert und sind Material für das Bild.“, Kurt Schwitters: Die Bedeutung des Merzgedankens in der Welt. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 133–135, S. 134. 44 Ernst Nündel (Hg.): Kurt Schwitters. Wir spielen bis uns der Tod abholt. Briefe aus fünf Jahrzehnten. Frankfurt a. M. u. a. 1974, S. 254, Brief an Raoul Hausmann vom 19.12.1946 (zu finden unter dem Kurztitel: Schwitters 1974).

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dabei zu berücksichtigen, dass bereits vor Dada das Fundament für die Abstraktion

vom allgemeinen Sprachgebrauch im Bereich der Literatur und von der mimetischen

Darstellungsweise in der bildenden Kunst vorbereitet worden war, was auch heißt,

dass die natürliche Sprache bereits verfremdet und die Form in der Kunst zertrümmert

worden waren. Bei einer solchen Verortung wird außerdem unterschätzt, dass

dadaistische Prinzipien zwar z. T. in reinerer Ausprägung im Werk von Schwitters

gegeben sind, diese jedoch oftmals vermischt sind mit expressionistischen,

kubistischen oder konstruktiven Gestaltungsweisen.

Wer Schwitters als Epigone des Kubismus wahrnimmt, verkennt wiederum nicht nur

werkimmanente Aspekte. Aufgrund der thematischen Offenheit und der Verwendung

einer Vielfalt unterschiedlicher Materialien in den Merzwerken und nicht zuletzt wegen

der Auffassung des Prinzips Collage als grundsätzliches und gattungsübergreifendes

Verfahren und der Generierung eines originär eigenen Kunstsystems unterscheidet

sich die Merzkunst wesentlich von Werken des Kubismus. Sind in Picassos Bildwerken

etwa die Fragmente zu einem Gegenstand zusammengefasst und an einen

bestimmten inhaltlichen Kontext gekoppelt, löste Schwitters diese Einheit auf und

bearbeitete und verteilte die Materialien in den Merzwerken nach abstrakt-formalen

Kriterien. Viele Kritiker blendeten bei der Beurteilung der Merzkunst diese Sachverhalte

aus und erkannten in Schwitters’ künstlerischer Praxis nur eine unfruchtbare

Weiterentwicklung des Kubismus, oder konkreter einen „Abklatsch“ von Picasso.45

1919 forderte Schwitters an erster Stelle in seinen theoretischen Reflexionen die

„Zusammenfassung aller erdenklichen Materialien“46 und aller Kunstarten zum

„Merzgesamtkunstwerk“.47 Indem er Ende 1920 Merz dann zu einer Weltanschauung

erklärte, in der sich „Kunst und Nichtkunst zum Merz-Gesamtweltbilde“48 vereinigen,

schuf er über die bisherige Zusammenfassung von künstlerischen Faktoren hinaus

Beziehungen zwischen der künstlerischen und außerkünstlerischen Sphäre und

verknüpfte damit alle Lebensbereiche. Die Grenzen zwischen Kunst und Leben wurden

damit aufgehoben, wobei das Einzelwerk als „Vorstudie[] zur kollektiven

Weltgestaltung, zum allgemeinen Stil“ und somit nur noch als Teil des Gesamtwerkes

und dieses als ein prozessuales aufgefasst wurde.49

45 Paul Westheim: Kunst in Berlin. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 873, 25.11.1920. 46 Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. 47 Kurt Schwitters: Merz (Für den ‚Ararat’ geschrieben 19. Dezember 1920). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 74–82, S. 79. 48 Kurt Schwitters: Kurt Schwitters. Herkunft, Werden und Entfaltung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 82–84, S. 84. 49 Schwitters 2005/1923 – Die Bedeutung des Merzgedankens, S. 133.

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Einleitung

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Zeit seines Lebens malte und zeichnete Schwitters auch konventionelle Bilder parallel

zu seinen Avantgardewerken. Wenn er diese gleichzeitig in seiner Merztheorie immer

wieder abwertete und als „an sich unkünstlerische Naturdarstellungen“ bezeichnete,

nimmt sich das zunächst sehr paradox aus.50 Erklärungen wie jene, er wolle mit deren

Präsentation seine künstlerische Entwicklung zeigen51 oder mit deren Anfertigung sich

fit halten für sein avantgardistisches Schaffen,52 wirken dabei eher wie eine

Entschuldigung.

Diese Gleichzeitigkeit des Heterogenen, das Nebeneinander avantgardistischer und

traditioneller Kunst, lässt sich über die sukzessive Erweiterung des Materialbegriffs in

der Merztheorie erklären.53 Zunächst postulierte Schwitters für Merz „die prinzipielle

Gleichberechtigung aller Materialien“.54 Somit konnte er zur Gestaltung von

Merzbildwerken „jedes beliebige Material“55 verwenden und auch „naturalistische

Malerei als Material“ in ein Merzwerk integrieren.56 Auf der Entwicklungsebene des

Merzgesamtkunstwerkes, der Verschränkung der einzelnen Kunstarten aber diente ein

naturalistisches Bild lediglich als entformelte Komponente eines Werkes und erst als

Schwitters „die Vereinigung von Kunst und Nichtkunst zum Merz-Gesamtweltbild“

forderte, leitete er eine plausible Begründung für das Nebeneinander konventioneller

und avantgardistischer Bilder als Ganzes her. Damit rechtfertigte er die „Aufnahme

bewußt kitschiger und bewußt schlechter Teile in das Kunstwerk“.57 Denn erst im

Rahmen des Merz-Gesamtweltbildes wird das naturalistische Einzelbild zum

gleichberechtigten Faktor.58 Mittels dieser Erweiterung des Merzbegriffes ebnete

Schwitters den Widerspruch zwischen seiner bisherigen Theorie und seiner

künstlerischen Praxis ein, sodass die konventionellen Bilder zu einem integralen

Bestandteil des zur Denkweise gewordenen Merzkonzeptes wurden,59 obwohl sie

weiterhin für Schwitters außerkünstlerischen Status besaßen.

50 Schwitters 2005/1920 - Merz, S. 77 und vgl. Kurt Schwitters: Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 97–104, S. 98. 51 Vgl. Schwitters 2005/1920 - Merz, S. 74-76. 52 Vgl. Schwitters 1974, S. 261, Brief an Katherine S. Dreier vom Januar 1947. 53 Zur Erklärung der Koexistenz von akademisch gemalter und avantgardistischer Kunst im Werk von Schwitters, vgl. Hubert van den Berg: „ … damit die Harmonie gewahrt bleibt“, oder: „Wie wunderschön ist die Natur“. Kurt Schwitters’ MERZ-Projekt als avantgardistische Naturannäherung. In: Beekman, Klaus; Grüttemeier, Ralf (Hgg.): Instrument Zitat. Über den literarhistorischen und institutionellen Nutzen von Zitaten und Zitieren (= Critical Studies 13). Amsterdam u. a. 2000, S. 37–70. 54 Kurt Schwitters: An alle Bühnen der Welt. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 39–41, S. 39. 55 Schwitters 2005/1920 - Merz, S. 76. 56 van den Berg 2000, S. 45. 57 Schwitters 2005/1921 - Kurt Schwitters, S. 84. 58 Vgl. van den Berg 2000, S. 46-47. 59 „Für mich ist Merz eine Weltanschauung geworden, ich kann meinen Standpunkt nicht mehr wechseln, mein Standpunkt ist Merz“, schreibt Schwitters in Kurt Schwitters: Merzbuch I. Die Kunst der Gegenwart ist die Zukunft der Kunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 247–248, S. 248.

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Einleitung

24

Schwitters propagierte das Merz-Gesamtweltbild in einem Aufsatz, der in seinem im

Dezember 1920 erschienenem Sturm-Bilderbuch enthalten ist. Und erst einsetzend mit

dieser Publikation stellte er seit der Erfindung von Merz auch wieder naturalistische

Bilder, allerdings nur in der Provinz, öffentlich aus. Dass er diese in der Öffentlichkeit

zeigte, rief viele Irritationen hervor. Irritiert zeigten sich Schwitters’ Kritiker aber v. a. ob

der unorthodoxen Wahl der Mittel für die Avantgardewerke, die diese für kunstunwürdig

erachteten und die in krassem Gegensatz zur Machart der konventionellen Gemälde

standen. Denn die Zusammenfassung aller denkbarer und in der Umwelt zur

Verfügung stehender Materialien zu einem Werk setzte die bis zur Einführung der

Collage als künstlerisches Medium und seit Jahrhunderten geltenden Prinzipien der

gestalterischen Kohärenz, wie sie in der Wahrnehmung der Lebenswelt gegeben ist,

und den Grundsatz der Durchbildung der Bildfläche als Kontinuum sowie als Ausblick

aus dem Fenster außer Kraft.60 Weil in montierten Werken die Kongruenz zwischen

dem Gehalt der Einzelkomponenten und dem des Ganzen aufgehoben und der

Auffassung des Kunstwerkes als organisches Gefüge61 aus der Perspektive der

Kunstkritiker eine radikale Absage erteilt wurde, galt die Collagetechnik und mithin die

Merzkunst als Inbegriff der Antikunst. Zudem trat Schwitters während der „Phase der

Generalabrechnung“ der Sturm-Theoretiker mit der Kunstkritik in den Künstlerkreis ein

und wurde deshalb sowohl aufgrund der Anwendung der innovativen künstlerischen

Technik als auch wegen seiner Zugehörigkeit zum Sturm-Kreis heftig von der Kritik

angegriffen. Für die Kritiker stellte er somit eine negative Projektionsfläche dar, an der

die Attacken durch den „Sturm“ ihrerseits kompensiert werden konnten.62

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg herrschte Materialknappheit in allen Bereichen

und Schwitters machte aus der materiellen Not eine Tugend:

„Aus Sparsamkeit nahm ich dazu, was ich fand […]. Man kann auch mit Müllabfällen schreien, und das tat ich, indem ich sie zusammenleimte und -nagelte. Ich nannte es Merz, es war aber mein Gebet über den siegreichen Ausgang des Krieges, denn noch einmal hatte der Frieden wieder gesiegt. Kaputt war sowieso alles, und es galt aus den Scherben Neues zu bauen.“63

Schwitters reflektiert hier die freie Verfügbarkeit aller ausgeprägten Phänomene in der

Umwelt, die zu künstlerischer Gestaltung herangezogen werden können. Reflektiert

wird darüber hinaus, dass die Welt in Trümmern lag, dass nicht nur Weltanschauungen,

60 Vgl. Peter Bürger: Die Theorie der Avantgarde. Frankfurt a. M. 1974, S. 105. 61 Vgl. ebd., S. 107. 62 Kemper 1972, S. 54. 63 Kurt Schwitters: Kurt Schwitters Hannover, Waldhausenstr. 5. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 335–336, S. 335.

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Einleitung

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moralische und gesellschaftliche Werte tief erschüttert, sondern auch herkömmliche

Kunstformen und -auffassungen erschöpft oder gar zerstört waren. Aus den

vorgefundenen Bruchstücken galt es nun mittels neuer Kompositionstechniken und

nicht mehr nach den Regeln der traditionellen Grammatik, vielmehr nach dem „Modell

einer gebrochenen Sukzessivität“64, eine Kunstform zu schaffen, die nicht nach dem

mimetischen Abbildungsprinzip verfuhr, sondern mit realen Stoffen nach eigenen

Gesetzen und eigener Logik konstruktiv umging.

Formal generierte Schwitters mit der Merzkunst und was das Einzelwerk betrifft

„abgeschlossene[] Kunstgebilde[]“, womit er „einem traditionellen Kunstbegriff verhaftet“

blieb.65 Auch grundlegende „werkimmanente Gestaltungskriterien wie Spannung,

Rhythmus, Gleichgewicht und Harmonie“, wie sie Schwitters in seinen

Avantgardewerken umsetzte, waren herkömmliche Kompositionsprinzipien. Die

Vorrangstellung der „Form und des Formens“ wie auch die Kompositionsweise nach

materialästhetischen Vorgaben und die Entsemantisierung sowie -individualisierung der

Materialien sowohl im bildnerischen als auch im literarischen Werk jedoch gründen auf

einem progressiven künstlerischen Denken.66 Mit dieser Primatsetzung stand Schwitters

auf der künstlerischen Höhe seiner Zeit:

„Form bestimmt den Inhalt bzw. Zweck der Kunst und umgekehrt. Diese Auffassung richtete sich gegen die äußere Kunstregel, das Erbe der doctrine classique und der mit ihr verbundenen Nachahmungstheorie. […] Alle Formen, d. h. alle Technik und Kunstfertigkeit, so notwendig sie für die Existenz des Werkes sein mochten, hatten ihren Sinn allein in der Transparenz auf einen geistigen Inhalt.“67

Bei Schwitters vermischt sich der Ansatz der heterogenen Wirklichkeitspräsentation in

Collagen mit Prinzipien der abstrakten Malerei durch „Entformelung“. D. h. in der

Theorie verlieren die verwendeten Materialien durch künstlerischen Eingriff in der

Merzmalerei bzw. durch semantische, syntaktische oder phonetische Verfremdung,

Wortkreuzung, Anagrammierung oder Überschreibung in der Merzdichtung ihr

„Eigengift“ und haben fortan reinen Formwert.68 Die Differenzierung von Kunst und

Wirklichkeit wurde mit diesem Verfahren in der Merzkunst aufgehoben. Die

künstlerische Verfremdung wirkte dabei rascher Vereinnahmung bzw. Automatisierung

entgegen.

64 Birgit Mersmann: Bilderstreit und Büchersturm. Medienkritischen Überlegungen zu Übermalung und Überschreibung im 20. Jahrhundert. Würzburg 1999, zugl. Diss. Univ. München 1996, S. 160. 65 Wiesing 1991, S. 23. 66 Beide Zitate: Schulz 2000, S. 245. 67 Klaus Städtke: Form. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 2: Dekadent-Grotesk. Stuttgart u. a. 2001, S. 462–494, S. 472. 68 Schwitters 2005/1923 - Die Bedeutung des Merzgedankens, S. 134.

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Mit Blick auf Schwitters’ zentrale Kategorie „Beziehungen [zu] schaffen, am liebsten mit

allen Dingen der Welt“69, die der Merzkünstler innerhalb des eigenen Werkes etwa

durch die Wiederaufnahme von Komponenten aus älteren in neuere Arbeiten wie auch

nach außen hin durch die Referenz auf fremde Werke und außerkünstlerische

Phänomene knüpfte, gewinnt das Gesamtwerk, von Einzelwerk zu Einzelwerk, eine

werk- und medienübergreifende Offenheit und damit eine prozesshafte Dimension. In

einer späteren theoretischen Schrift definierte Schwitters Kunst daher als „ein Ding, das

aus seinen Gegebenheiten so selbstverständlich wächst, wie der Baum, das Tier, der

Kristall. Kunst ist nie Nachahmung der Natur, sondern Kunst ist selbst Natur.“70 Indem

der Merzkünstler diesen Gedanken mithin auf das Gesamtwerk, nicht aber auf das

einzelne Werk übertrug, wurde die formale künstlerische Unabgeschlossenheit als

Kategorie der Avantgarde zum ästhetischen Prinzip.71 Das Gesamtœuvre entsprach

damit dem progressiven Zeitgeist.

Der produktive Eigenanteil bei Montagen und Collagen ist aufgrund der Einbindung von

gefundenen Materialien, im Falle der Tran-Texte von Zitaten, oftmals eher gering. Daher

stellt sich insbesondere ob ihres avantgardistischen Charakters die Frage nach der

Autorschaft. Wurde die Urheberschaft von Avantgardewerken hinsichtlich

anonymisierenden Schaffens im Zeichen industrieller Verfahrensweisen oder

Kollektivprojekten seitens progressiver Künstler eher unterbewertet, war das bei

Schwitters nicht der Fall. Die Banalisierung und Ausschließlichkeit des Autorenstatus

sind zwar in Merz gleichermaßen gegeben.72 Dennoch gilt diesbezüglich und generell

das gleiche für die Merzkunst, wie für deren Spezialform, der i-Kunst: „ich bin der

Künstler von i“.73 Dort wird der schöpferisch-künstlerische Akt auf das „Erkennen von

Rhythmus und Ausdruck“, die Auswahl und Begrenzung eines Fundstückes reduziert,74

bei der Merzmalerei wie auch der Merzdichtung und mithin in den Tran-Texten besteht

der Produktionsprozess in der Auswahl der Materialien und ihrer Zusammenstellung mit

69 Kurt Schwitters: Merz. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 187. 70 Kurt Schwitters: Der Rhythmus im Kunstwerk. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 245–246, S. 245. 71 Dieses Prinzip kulminiert im Merzbau, dessen konzeptuelle Abgeschlossenheit als Work-in-Progress bewusst nicht beabsichtigt war. Was hier am Beispiel der formalen Offenheit bzw. Geschlossenheit als traditionell respektive progressiv eingeschätzt wird, gilt generell für Schwitters’ Werk, denn Tradition und Avantgarde sind darin ebenso wie alle erdenklichen Materialien gleichberechtigte Faktoren, vgl. Curt R. Germundson: Montage and Totality. Kurt Schwitters’s relationship to „tradition“ and „avant-garde“. In: Jones, Dafydd (Hg.): Dada culture. Critical texts on the Avantgarde (= Avant-garde critical studies 18). Amsterdam u. a. 2006, S. 292–321. 72 Vgl. Julia Genz: Diskurse der Wertung. Banalität, Trivialität und Kitsch. München 2011, S. 257-259. 73 Kurt Schwitters: i. („assis sur l’horizon / les autres vont chanter.“ PIERRE REVERDY.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 136–142, S. 137. 74 Zum Konzept der i-Kunst, vgl. Isabelle Ewig: Kurt Schwitters, Meister von i. In: Les Cahiers du Musée national d’art moderne 88 (2004), S. 70–79 und vgl. Kap. 2.2.

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eigens gestalteten Textstellen zu einem Werk.75 Und „[d]urch Werten der Elemente

gegeneinander entsteht die Poesie.“76 Oder konkreter:

„Zum Kunstwerk wurde die Angelegenheit erst durch die Form: wie [unterschiedliche] Aussagen [...] einander gegenübergestellt sind, wie sie sich wiederholen, einander ergänzen, wie sie vorwegnehmen oder bestätigen, wie sie in ihrer Gesamtheit zusammenstehen, um [...] einen abstrakten Begriff [...] immer klarer werden zu lassen, und das ist der Inhalt dieser Dichtung. Sie können in dieser Weise alle meine Dichtungen analysieren, und Sie werden mir zugeben, daß in diesem Sinne ihre Form immer abstrakt ist: Aussagen sind gewertet.“77

Trotz „Entformelung“ vermitteln die Merzwerke zwar nicht „unmißverständliche

Botschaften“.78 Zweifelsohne ruft Schwitters in den eingebundenen Fragmenten

semantische Sachverhalte auf. Figurative Bildelemente oder Sprachmaterial werden

zwangsläufig mit den durch sie implizierten Hintergründen in Verbindung gebracht und

textimmanente Relikte sollen auch in Bildern „gelesen werden“, so Schwitters.79 Die

Semantisierung der Merzkunst allerdings vollzieht sich außerhalb des Werkes durch

den Rezipienten, der zunächst das einzelne Werk als Ganzes wahrnimmt und aufnimmt

und dann die Details betrachtet. Der Gehalt erschließt sich innerhalb des

Wahrnehmungsaktes über Assoziationen und Verknüpfungen mit bereits vorhandenen

kognitiven Inhalten, die vom jeweiligen Rezipienten abhängig und daher vieldeutig sind.

Schwitters präsentiert dem Betrachter respektive Leser ein künstlerisches Angebot,

dessen Einzelkomponenten aus unterschiedlichen Lebensbereichen stammen und dem

er keine Abbildungs- bzw. Beschreibungsfunktion zuweist. Auch wenn die

Wirklichkeitspartikel häufig stark verfremdet sind, verweisen die unveränderten oder

modifizierten Zitate auf reale Sachverhalte, die im allgemeinen und konventionellen

Sprachgebrauch der Zeit verankert waren.80 In den Tran-Texten reagierte Schwitters

häufig auf den Schlag- und Stichwortstil der Zeitungen. Die wahrgenommene

Simultaneität der empirischen Welt übersetzte er in eine Simultaneität der

künstlerischen Ausdrucksmittel und -weisen. „Nicht wie die Welt ist, wird sprachlich

beschrieben oder begrifflich symbolisiert, sondern daß sie in Gestalt verschiedener

Zeichen und Zeichensysteme erscheint“81, wobei der Rezipient bestimmen soll, was

75 Kurt Schwitters: i (Ein Manifest). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 120. 76 Schwitters 2005/1920 - Merz, S. 77. 77 Kurt Schwitters: Ich und meine Ziele. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 340–348, S. 343. 78 Elderfield 1987, S. 67. 79 Schwitters 2005/1920 - Merz, S. 78. 80 Vgl. Scheffer 1978, S. 36. 81 Manfred Geier: Schriftbilder. Zur Funktion der Sprache in den Merz-Collagen von Kurt Schwitters. In: Kritische Berichte. Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaften 8. Jg., H. 4-5 (1980), S. 59–76, S. 70.

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Dichtung und was Einrahmung ist.82 Die Sinnzuschreibung wird Teil des

Rezeptionsprozesses.83 Merz baut demnach auf eine kognitive Eigenleistung der

Rezipienten und richtet sich an ein Publikum, das bereit ist, gewohnte

Wahrnehmungsmuster zu überwinden.84

Mithin sind die Merzwerke inhaltlich als „offene Kunstwerke“ zu verstehen. Diese

„Offenheit“ setzt die „theoretische[], mentale[] Mitarbeit des Rezipierenden [voraus], der

in Freiheit ein schon hervorgebrachtes Kunstwerk interpretieren soll, das abgeschlossen

und in sich vollständig ist (wenn auch so strukturiert, daß es eine unbestimmte Wahl

von Interpretationen zuläßt).“85 Dies erfordert eine Distanzierung von der

herkömmlichen linear angelegten Lesepraxis bzw. von der auf Kontinuität und Kohärenz

gerichteten Bildrezeption, da die Anschlussmöglichkeiten der einzelnen Fragmente

untereinander vielfältig sind und selbstständig sowie assoziativ vom Leser resp. vom

Betrachter erschlossen werden müssen.

Mit den Tran-Texten wandte sich Schwitters - schon allein aufgrund ihres

Erscheinungskontextes - allerdings an einen eingeweihten Leserkreis, der mit den

kunstkritischen Diskursen vertraut war und die Zielrichtung der Kunstkritiker wie auch

die antikritische Intention der Texte einschätzen konnte. Zudem bestimmen die oftmals

sprechenden Titel der Tran-Schriften zu einem maßgeblichen Teil die Rezeption der

einzelnen Texte. Eine „virtuell unendliche Reihe möglicher Lesarten“ wird damit schon

allein durch die paratextuellen Vorgaben eingeschränkt.86 Die Schriftkunstwerke bieten

damit „keine amorphe Aufforderung zu einem beliebigen Eingreifen“ interpretatorischer

Art.87 Die Wahl der Bild- bzw. Textform Collage, „die nur noch Ausschnitte der

Wirklichkeit kaleidoskopisch arrangiert und die Sinnstiftung dem prinzipiell

unabschließbaren Prozeß von Betrachterpositionen überantwortet“, eröffnen ein „Feld

‚mobiler Verweisungen’ [...], Gegenstände werden ihren Gebrauchsfunktionen entzogen

und dem Spiel neuer Bedeutungszuweisungen ausgesetzt.“88 Die paratextuelle

Bestimmung der Tran-Texte als Antikritik aber lenkt die Lesart der Texte und die

82 Vgl. Kurt Schwitters: Selbstbestimmungsrecht der Künstler. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 38–39, S. 38. 83 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 35. Dada ist eine Hypothese. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 172–175, S. 173. 84 Schwitters selbst geht in seinen theoretischen Schriften mehrmals auf die Rolle des Betrachters ein, vgl. Schwitters 2005/1920 - Merz, S. 76, Schwitters 2005/1923 - Die Bedeutung des Merzgedankens, S. 134 und Kurt Schwitters: Das Ziel meiner Merzkunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 362–365, S. 363-364. 85 Umberto Eco: Das offene Kunstwerk. Frankfurt a. M. 1977, S. 41. 86 Ebd., S. 57. 87 Ebd., S. 55. 88 Tanja Wetzel: Spiel. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 5: Postmoderne-Synästhesie. Stuttgart u. a. 2003, S. 577–618, S. 599.

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Anschlussmöglichkeiten einzelner Elemente, sodass Schwitters zwar die Vorstellung

eines geschlossenen Werkes mit eingeschränkten Deutungsmöglichkeiten durchbricht,

die Grenze hin zum offenen Kunstwerk mit unbestimmten Interpretationsmöglichkeiten

aber nicht überschreitet. Die Tran-Schriften sind keine „Un-Texte“ ohne Referenzpunkte

und liegen damit auch nicht an der Grenze zur sprachlichen Unverständlichkeit,89

vielmehr nutzte sie Schwitters auch als Spielraum für Experimente, an die er an anderer

Stelle wieder anknüpfte und sie zu reinerer oder in anders akzentuierter Ausprägung

fortführte. Denn der Merzkünstler experimentierte in seinen künstlerisch-antikritischen

Texten mit disziplinübergreifenden Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Literatur

und entwickelte Referenzen auf andere Medien wie Kino, Musik, Typografie und

bildender wie auch darstellender Kunst. Der literarische Text wird dabei zu einem

Gefüge heterogener Ordnungen. Ordnungsstiftende Faktoren wiederum sind

künstlerische Mittel wie etwa „Spannung, Rhythmus, Gleichgewicht und Harmonie“90

oder Analogie- bzw. Oppositionsbildung, Wiederholung und Leitmotive.

89 Winfried Wehle: Orpheus’ zerbrochene Leier. Zur ‚Poetik des Machens’ in avantgardistischer Lyrik (Apollinaire). In: Warning, Rainer; Wehle, Winfried (Hgg.): Lyrik und Malerei der Avantgarde. München 1982, S. 381–420, S. 401. 90 Schulz 2000, S. 245.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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1 KURT SCHWITTERS UND MERZ IM SPIEGEL DER ZEITGENÖSSISCHEN

KRITK91

Mit den ersten Ausstellungen der Merzkunst und Publikationen von Merzschriften

entwickelte sich ein kunstkritischer Schwitters-Diskurs, innerhalb dessen der Künstler

und sein abstraktes Œuvre z. T. als Kulmination des avantgardistischen

Überbietungsgestus wahrgenommen wurden. Die Aneignung fremder Stilprinzipien, die

Übernahme vorgeformter Werkkomponenten, die Integration von kunstfremdem

Material in Form von Abfällen und die Vermischung von Bildgattungen, Stilformen und -

lagen in der Merzkunst führten in ästhetische Grenzbereiche und zur Auflösung eines

verbindlichen Kunstbegriffs, den es seitens vieler Kritiker zu verteidigen galt. Aufgrund

dessen steigerte sich die kunstkritische Auseinandersetzung mit den Merzkunstwerken

in der Sprachhaltung zu mitunter tiradischen Parolen. Oft wurde die Merzkunst zwar

pointiert, aber immer marginalisierend besprochen. Eine eingehende Betrachtung

einzelner Werke fand kaum statt, eher wurden diese summarisch in den Rezensionen

behandelt und schlagwortartig mit z. T. verkürzten Gegenargumenten abgelehnt, deren

Vokabular spätestens seit den ersten Ausstellungen von frühexpressionistischen

Werken ausformuliert war.92 Die Kunstkritiker griffen auf diesen ausgebildeten

Schlagwortkatalog zurück, übernahmen z. T. lediglich die Vorbehalte oder

differenzierten die vorhandenen Argumentationsmuster aus. Nur sehr partiell kamen

neue Erwägungen hinzu.

Die Aktivitäten Schwitters’ zu Beginn seiner Karriere als Collagekünstler beschränkten

sich innerhalb Deutschlands weitestgehend auf wenige Städte. Hauptausstellungsorte

blieben bis 1933 Berlin und Hannover. Daneben stellte er innerhalb Deutschlands

mehrfach in Dresden, Jena, München und Hamburg aus und nahm an der bedeutenden

Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ in Darmstadt teil. Schwitters zeigte im

Sommer 1919 in Berlin und Dresden zum ersten Mal eine Auswahl von

Merzbildwerken und erregte großes Aufsehen. Im Frühjahr 1920 präsentierte er dem

Hannoverschen Publikum erstmals Bilder im Merzstil.93 Parallel zu den vielen

Ausstellungen veranstaltete Schwitters zahlreiche Merzabende94 und publizierte

literarische Texte. Er stieß mit seinen Werken nicht nur in der Metropole Berlin und 91 Entgegen der am Institut für Kunstgeschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg geltenden Zitierrichtlinien, wonach hinter jedes Zitat eine Fußnote als Quellennachweis gesetzt werden muss, wird an dieser Stelle daraufhin gewiesen, dass in der vorliegenden Arbeit der Quellennachweis absatzweise erfolgt, soweit die betreffende Textpassage keine Zitate aus anderen Quellen beinhaltet. Ausgewiesen werden die gebündelt zitierten Quellen entweder als „Beide Zitate“ oder bei mehr als zwei zitierten Stellen als „Alle Zitate“. Diese Art der Quellenarbeit verfolgt das Ziel, den Umfang der Dissertation einzuschränken. 92 S.w.u. Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme der Avantgardebewegungen in Deutschland. 93 Vgl. Orchard/Schulz 2000, S. 593 und 595-613. 94 Vgl. ebd., S. 534-546 und s.w.u. Dokumentation der Merzabende.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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anderen Städten auf Ablehnung und zynische Reaktionen seitens der Feuilletonkritiker,

sondern auch bzw. gerade in seiner von vielen Zeitgenossen als provinziell

empfundenen Heimatstadt.

Von den Kunstkritikern wurde die Avantgarde und die Abstraktion als Bedrohung

dessen wahrgenommen, was bisher für Kunst galt, von manchen sogar als Gefahr für

die gesellschaftliche Ordnung gewertet, obwohl die Avantgarde nur eine Teilkultur95 war

und die abstrakte Kunst keineswegs die figurativen Tendenzen der Kunst verdrängte.96

Der Verlust des Gegenstandes in der bildenden Kunst bedeutete für viele Kritiker den

Verlust der Menschlichkeit. Kunst und Kultur sollte als Volksbildungsmittel, als sinn- und

einheitsstiftendes Phänomen dienen,97 was einen geschlossenen Sinn und einen

geschlossenen Kunstbegriff voraussetzte. Weder die Kulturverfassung, die eine

Neuverortung von Kunst und Kultur implementierte oder die Einführung eines

Reichskulturwartes, noch die Kunstkritik konnten jedoch die neue Qualität der

künstlerischen Freiheit maßgeblich einschränken und die erhoffte künstlerische Einheit

erwirken.98

Aufgrund tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche entstand ein Bedürfnis nach

Gegenwelten, die sich im Unterschied zur realen Welt als ideal ausnehmen sollten. Die

Kunst sollte in dieser Hinsicht als Projektionsfläche für die Konservierung traditioneller

Werte und sicherer Maßstäbe dienen. Modernen, zeitgemäßen künstlerischen

Phänomenen stand die Mehrheit daher skeptisch gegenüber. Diese wurden bereits zu

Beginn des 19. Jahrhunderts, als sich ein modernes Kunstsystem etablierte, wie auch

mit Aufkommen der Avantgarde mit Schlagworten wie Mode, Verflachung zu

Unterhaltungskunst oder Kommerzialisierung belegt.99 100 Jahre später kategorisierten

die Kunstkritiker analog zur politischen Positionsverteilung die Künstler als Angehörige

des rechten, traditionellen oder des linken, avantgardistischen Flügels, die Werke

moderner Künstler, die bereits Anerkennung gefunden hatten, wurden auf neutrale und

differenzierte Weise betrachtet, progressive Kunstformen hingegen publizistisch

befehdet. Entsprechend kontrovers war die Resonanz auf Schwitters’ Kunstwerke. Die

meisten Kritiker reagierten reserviert bis entschieden ablehnend auf die Merzkunst. Nur

95 Vgl. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt a. M. 1976, S. 279. 96 Vgl. Hanns Martin Elster: Zweierlei Kunst? In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35314, 05.11.1920 und Berthold Hinz: „Zweierlei Kunst in Deutschland“. In: Borngräber, Christian; Schwarzrock, Götz (Red.): Wem gehört die Welt. Kunst und Gesellschaft in der Weimarer Republik. Kat. Ausst. Neue Gesellschaft für Bildende Kunst in der Staatlichen Kunsthalle, Berlin 1977, S. 264–267. 97 Vgl. Carl Heinrich Becker: Kulturpolitische Aufgaben des Reiches. Leipzig 1919, S. 5. 98 Vgl. Klaus-Dieter Weber: Die Weimarer Republik zwischen Kulturstaatlichkeit und gesellschaftlicher Kulturautonomie oder verfassungsrechtliche Widersprüchlichkeit als kulturbildendes Prinzip. Eine Einleitung. In: Ders. (Hg.): Verwaltete Kultur oder künstlerische Freiheit? Momentaufnahmen aus der Weimarer Republik 1918-1933. Kassel 2002, S. 9–36, S. 19-20. 99 Vgl. Joachim Grossmann: Künstler, Hof und Bürgertum. Leben und Arbeit von Malern in Preußen 1786-1850. Berlin 1994, zugl. Diss. Univ. Essen 1992, S. 76-77, 93 und 115.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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wenige, meist dem Sturm-Kreis nahestehende Kommentatoren würdigten Schwitters’

Kunst.

Die kunsthistorische Verortung von Schwitters’ Avantgardekunst war zum einen durch

seine enge Bindung an Herwarth Walden und dessen Galerie „Der Sturm“ geprägt,

wobei sich die Wahrnehmung von Schwitters als Sturm-Künstler und somit als

Expressionist nicht nur auf den Kreis der Berliner Kritiker beschränkte.100 Zum anderen

wurde er v. a. durch seine Publikation „Anna Blume. Dichtungen“ und deren

Vermarktung durch die Werbekampagne seines Hannoverschen Verlegers Paul

Steegemann und besonders in seiner Geburtsstadt als Exponent des Dadaismus

wahrgenommen.101 Die Rezeption der frühen Merzkunstwerke und v. a. des ersten

Merzgedichtes „An Anna Blume“ als dadaistische Werke wurde stark beeinflusst durch

die verlagseigenen Waschzettel, die Steegemann verschickte und in denen er

Schwitters als „dadaistisches Genie Europas“ auswies.102 Diese Rezeptionsweise

wurde zusätzlich dadurch bekräftigt, dass der Schriftzug „dada“ in roten Lettern

diagonal auch auf dem graugrünen Einband der ersten Auflage von „Anna Blume.

Dichtungen“ von 1919 zu lesen ist. Die z. T. heute noch gängige Verortung von

Schwitters als Hannoverscher Dadaist hat hier ihre Ursprünge.103 Daneben wurde der

Merzkünstler wegen der Machart seiner Collagen und Assemblagen von vielen

zeitgenössischen Kunstkritikern als Picasso-Epigone rezipiert. Die Kategorisierung von

Schwitters als Künstler, der dem Futurismus,104 Tatlinismus105 oder dem

100 Vgl. z. B. a: [Kurt Schwitters-Vortrag in der Kaufmannschaft]. In: Dresdner Lokalanzeiger. Ausgabe 44, 22.02.1921, Anonym: [Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 20, 22.01.1919 und Friedhelm Lach: Der Merz Künstler Kurt Schwitters. Köln 1971, S. 22: „Nur wenige Leute hörten in den zwanziger Jahren etwas von der Merzkunst, kaum einer sah darin eine eigene Kunstrichtung. Da der Begriff Merzkunst zuerst in der Hochburg des deutschen Futurismus propagiert wurde, war ‚Merz’ für viele eine Sonderform der ‚Sturm’-Kunst.“ 101 Vgl. z. B. Theo Abbetmeyer: Literatur. Neue Bücher. Kurt Schwitters, Anna Blume. Dada-Dichtungen. In: Deutsche Volkszeitung, Hannover, o. D., Friedrich Bahnweiler: Die dadaistische Literatur. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 13. Jg., H. 10 (1921), S. 323–325, Dr. Frosch (= Fischer, Hans Waldemar): Dada. Was ist das? In: Freie Meinung, Hannover. Ausgabe 41, 09.10.1920, Felix Neumann: Aus dem Reiche der Dadaisten. In: Die Post, Berlin, 06.01.1920 und Alois Vogedes: Der weiße Reiter. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 183, 15.08.1920. 102 Die Annoncen zur Publikationsankündigung des Sammelbandes erschienen Ende Dezember 1919 im „Börsenblatt“, womit sie eine hohe Publizität entfalten konnten. Vgl. die Anzeige des Paul Steegemann Verlages, zit. nach Webster 2004, S. 312–313, S. 312, Text 14, Anonym: [Die Dada-Dichtungen]. In: Der Gral. Monatsschrift für schöne Literatur Bd. 14 (1921), S. 63, Anonym: Dadaisten-Abend im Rosensaal. In: Jenaische Zeitung, 05.07.1921 und Neumann 1920.01.06. 103 Vgl. Webster 2004, S. 293-294 und Dietrich 2005. 104 Vgl. Franz Dülberg: Dritte Ausstellung der Sezession. In: Das Hohe Ufer 2. Jg., H. 3/4 (1920), S. 53–57, S. 55-56, Paul Fechter: Ausstellungen. In: Norddeutsche Allgemeine Zeitung. Ausgabe 319, 05.07.1919 und Franz Servaes: „Klamauk“. Bemerkungen zur Großen Berliner Kunstausstellung. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt. Ausgabe 289, 22.06.1920. 105 Vgl. Konstantin Umanski: Russland. Neue Kunstnachrichten in Rußland I. Der Tatlinismus oder die Maschinenkunst. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 4 (1920), S. 12–13, S. 13, Anm. der Redaktion.

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Konstruktivismus106 nahe stand, fand sich indes selten. Eine Auffassung seiner Kunst

als neuer, eigener Stil setzte sich allerdings nicht durch.107

1.1 Berlin Um die Jahrhundertwende avancierte Berlin zu einer Kunstmetropole. Mit der 1898

gegründeten „Berliner Secession“ und der Ausstellungstätigkeit Paul Cassirers

etablierte sich dort die moderne Kunst. Im März 1912 eröffnete Herwarth Walden die

Galerie „Der Sturm“ und bot damit Kunstschaffenden der Avantgarde ein Forum zur

Präsentation ihrer Werke.

Als Schwitters im Juni 1918 zum ersten Mal in der Sturm-Galerie ausstellte, in der er

dann bis September 1928 regelmäßig Arbeiten zeigte, während er nur sehr selten

andere Ausstellungsgelegenheiten in Berlin unabhängig vom Sturm-Kreis wahrnahm,108

flaute der mit Skandalen verbundene Erfolgskurs des Unternehmens bereits ab. Durch

die Neugründung von Galerien oder die Neuausrichtung von etablierten Kunstsalons auf

Avantgardekunst, wie etwa der Galerien von Paul Cassirer, Alfred Flechtheim oder von

I. B. Neumann, entstand eine bis dahin nicht gegebene Konkurrenzsituation für den

„Sturm“. Die Anziehungskraft, die Walden durch sein insistierendes Engagement für

junge Talente und sein kämpferisches Eintreten für die Avantgarde auf progressive

Künstler ausübte, ließ im Laufe der Kriegsjahre auch wegen der theoretischen und

ästhetischen Position des Künstlerkreises allmählich nach. Zahlreiche der in der

Zeitschrift und durch die Galerie vertretenen Schriftsteller und bildenden Künstler

verließen den Sturm-Kreis und suchten sich andere Plattformen. Während Walden an

seiner Auffassung vom kosmisch geprägten Expressionismus festhielt, wurde sein

Galerieprogramm für jüngere Künstler mit einer Affinität zu neueren Kunstströmungen

zunehmend uninteressant.109

Das Verhältnis des Sturm-Kreises insbesondere zum Berliner „Club Dada“ war sogar

hoch ambivalent, weil zum einen dieser den Expressionismus kategorisch ablehnte110

106 Vgl. Prof. B.: Ausstellung in der Barmer Ruhmeshalles. In: Bergisch Märkische Zeitung, 23.03.1927, gm. (= Marckwart, Gustav): Die Abstrakten. In: Nordhäuser Zeitung und General Anzeiger, 22.05.1928, V. (= Voss, Kurt): Gute und schlechte Abstraktion in der Kunst. Vortrag und Ausstellung bei den Abstrakten. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 87, 21.02.1928. 107 Nur Gustav Marckwart bezeichnete die Merzkunst als „‚Schwittersismus’“, Marckwart 1928.05.22, und ein mit dem Verlagskürzel rd. zeichnender Redakteur nannte Schwitters „Merzist“, rd: Merz. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 558, 30.11.1919. 108 S.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. 109 Vgl. hierzu Götz-Lothar Darsow: Der Sturm als Ort kosmischen Geschehens. In: Hülsen-Esch, Andrea von; Finckh, Gerhard (Hgg.): Der Sturm. Zentrum der Avantgarde. 2 Bde. Bd. 2. Kat. Ausst. Von der Heydt-Museum, Wuppertal. Wuppertal 2012, S. 381–395. 110 Vgl. Raoul Hausmann: Der deutsche Spießer ärgert sich. In: Riha, Karl; Kämpf, Günter (Hgg.): Am Anfang war Dada. Giessen 1980, S. 79–81, S. 80, Raoul Hausmann: Synthetisches Cino der Malerei. In: Riha, Karl (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 1991, S. 29–32, S. 29-30, Raoul Hausmann; Richard Huelsenbeck; Jefim Golyscheff: Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland? In: Riha, Karl (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 1991, S. 61–62, S. 61

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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und zum anderen Walden die Dadaisten als Picasso- und Kandinsky-Nachahmer

abqualifizierte, was von Seiten der Dadaisten Ressentiments nach sich zog.111

Dadurch, dass Dada Berlin als neue Bewegung durch die Galerie I. B. Neumann ein

öffentliches Forum geboten wurde, rückte der Aufmerksamkeitswert der Sturm-Galerie

zusätzlich in den Hintergrund. Dies wurde in der Presse z. T. höhnisch kommentiert:

„Und der ‚Sturm’, der gewöhnt war, auf dem äußersten linken Flügel zu stehen und in Kampfstellung allein gegen rechts, muß sich nun gewöhnen, auch nach der Linken sich seiner Haut zu wehren, da ihm dort ein gefährlicherer Feind entstanden ist, einer der nicht mit Ernst, sondern mit allen Mitteln der Lächerlichkeit zu kämpfen gewillt ist.“112

Infolgedessen sah Walden in Schwitters einen Künstler, mit dem er an einstige Erfolge

anzuknüpfen hoffte. Neben Otto Nebel war es v. a. Schwitters, der in den Künstlerkreis

neue literarische und bildkünstlerische Techniken wie Collage und Montage

einbrachte.113 Seine Sturm-Ausstellungen zählten zu den historischen Höhepunkten

der Galerie in der Nachkriegszeit.114

Schwitters’ Beitritt115 zum Berliner Sturm-Kreis bedeutete für ihn die Möglichkeit, sich

einer breiten Öffentlichkeit als Merzkünstler zu präsentieren. Aufgrund der Vertretung

durch die Galerie „Der Sturm“ erlangte Schwitters mit Hilfe einer Institution, die mit

Ausstellungen von Werken der damals progressivsten Künstler und mit

aufsehenerregenden Werbemaßnahmen bekannt geworden war, schnell einen hohen

Bekanntheitsgrad.116 Insbesondere kam Schwitters die lose

Gruppenzusammengehörigkeit entgegen, da er innerhalb des Sturm-Kreises sein

eigenständiges Kunstkonzept frei entfalten und dabei auf die Verschränkung der

Kunstgattungen zurückgreifen konnte, die im „Sturm“ entwickelt wurde.117 Außerdem

konnte er dort sein Konzept mit Hilfe Waldens publizistischer Erfahrung durch

unterschiedliche Vermittlungswege publikums- und werbewirksam bekannt machen. Um

eine medial möglichst wirksame Resonanz zu erzielen, verschickte Schwitters etwa

nicht nur Einladungen zu Ausstellungseröffnungen an Kritiker,118 sondern nutzte auch

und Tristan Tzara; Franz Jung; George Grosz u. a.: Dadaistisches Manifest. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 3 (Januar) (1920), S. 15–16, S. 15. 111 Zum Verhältnis des „Sturm“ zum Dadaismus, vgl. Pirsich 1985, S. 395-406, bes. 402. 112 Curt Glaser: Theater, Musik und Kunst. „Dada“. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 200, 30.04.1919. 113 Vgl. Pirsich 1985, S. 73. 114 Vgl. Windhöfel 1995, S. 101. 115 Schwitters trat dem Kreis in der Übergangsphase von der zweiten zur dritten Phase bei. Zu den drei Entwicklungsphasen des „Sturm“ und der personellen Entwicklung, vgl. Pirsich 1985, S. 59-78. 116 Vgl. Nell Walden: Aus meinen Erinnerungen an Herwarth Walden und die „Sturmzeit“. In: Walden, Nell; Schreyer, Lothar (Hgg.): Der Sturm. Ein Erinnerungsbuch an Herwarth Walden und die Künstler aus dem Sturmkreis. Baden-Baden 1954, S. 9–63, S. 15. 117 Vgl. Elderfield 1987, S. 32-33. 118 Vgl. Schwitters 1974, S. 21-22, Brief an John Schikowski vom 27.06.1919. Daraufhin veröffentlichte Schikowski eine Ausstellungsankündigung in der Zeitung „Vorwärts“, vgl. John Schikowski: Notizen. In:

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die von Walden herausgegebene Zeitschrift „Der Sturm“ als Plattform zur Präsentation

seiner Kunst. Bis Ende 1928 diente Schwitters die Zeitschrift als wichtigstes

Distributionsmedium v. a. für theoretische sowie literarische Schriften.119

Während von seinen ersten Berliner Ausstellungsbeteiligungen in der Galerie „Der

Sturm“ mit abstrakten Arbeiten in der Presse kaum Notiz genommen wurde,120

berichteten die Kunstkritiker erst über die Merzbilder, die zum ersten Mal in der 76.

Sturm-Ausstellung zu sehen waren. Auch in Dresden wurde die Feuilletonkritik auf

Schwitters erst aufmerksam, als er seine Merzbildwerke ausstellte. Die Resonanz auf

die Merzkunst war erstaunlich hoch und die Nachrichten über die neue Kunst

verbreiteten sich sehr rasch. Schwitters’ nicht montierte Werke hingegen hoben sich

nicht aus der Masse des Gezeigten ab, während die Collagen und Assemblagen eine

enorme Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Erst die erste große Werkschau in der Sturm-Galerie und die Beteiligung an der fast

gleichzeitig veranstalteten „Großen Berliner Kunstausstellung“ im

Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof waren effektiv der Auslöser für die

deutschlandweite Beachtung von Schwitters als Merzkünstler. Zum einen

veröffentlichte der expressionistische Dichter Walter Mehring anlässlich der am 29.

Juni eröffneten 76. Sturm-Ausstellung eine positive Besprechung in der viel gelesenen

Kunstzeitschrift „Der Cicerone“. Mehrings Bericht fungierte als medialer Multiplikator,

sodass die Merzkunst schlagartig eine große publizistische Aufmerksamkeit erfuhr. In

der Folge erschien ein vermutlich durch eine Presseagentur lancierter, auf Mehrings

Ausstellungsbericht hinweisender Pressevermerk mit dem Titel „Vom neuesten

Kunststil“. Diese Notiz wurde in fünf verschiedenen Zeitungen mit teilweise

modifiziertem Wortlaut publiziert und zeigte insofern eine gewisse mediale Wirkung, als

der Galerist und Kunsthistoriker Daniel-Henry Kahnweiler explizit darauf reagierte.121

Schwitters’ Kunst wurde in dem Vermerk als das „Funkelnagelneueste“ und die

Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 327, 29.06.1919. 119 In der Zeitschrift publizierte Schwitters neben den Manifesten zahlreiche Reproduktionen seiner Bildwerke, vgl. Orchard/Schulz 2000, S. 563, und Dichtungen u. a. das Gedicht „An Anna Blume“. „Auslaufende Handlungen“, Schwitters’ letzte Veröffentlichung in „Der Sturm“, erschien im November 1928, vgl. Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 422, Anm. 316 (zu finden unter dem Kurztitel: Lach 5). 120 Vor Schwitters’ Debüt als Merzkünstler konnten nur zwei Rezensionen in Berliner Tageszeitungen gefunden werden, in denen dessen ausgestellte Bilder besprochen werden: Zur 64. Sturm-Ausstellung, vgl. Theodor Däubler: Berliner Kunstausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 273, 14.06.1918 und zur 70. Ausstellung der Galerie, vgl. L. B. (= Brieger, Lothar): „Sturm“-Ausstellung. In: Berliner Zeitung am Mittag. Ausgabe 27, 08.02.1919. Paul Westheim etwa ließ, neben vielen anderen Kommentatoren, in seiner Rezension zur 70. Sturm-Ausstellung „Paul Klee. Johannes Molzahn. Kurt Schwitters“ den Hannoverschen Künstler unerwähnt, vgl. P. W. (= Westheim, Paul): Berliner Kunstchronik. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 160, 28.02.1919. 121 S.w.u. Kap. 1.1.4.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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„unbegrenzten Möglichkeiten [der Malerei] [...] weidlich aus[]nutz[end]“122 vorgestellt,

wogegen sich Kahnweiler in „Das Kunstblatt“ verwehrte und darauf hinwies, dass

bereits die Kubisten die Grenzen der Malerei durch die Einführung des Prinzips

Collage in den Bereich der Hochkunst aufgebrochen hätten.123 Eine ähnlich große

publizistische Breitenwirkung erzielte Schwitters mit der Veröffentlichung des ersten

Merzgedichtes „An Anna Blume“.124

Die Diskussion um die Merzkunst als innovative Ausdrucksform wurde daraufhin von

vielen Kritikern aufgegriffen und zahlreiche Rezensenten erinnerten mit Blick auf die

neuartige Technik unverzüglich an Picassos Collagen. Dieser Hinweis zur Rezeption

wurde zuerst von Curt Glaser artikuliert und wirkte in der Folge des Aufsatzes von

Kahnweiler diskursprägend.

1.1.1 Curt Glaser Curt Glaser, einer der ersten Kunstkritiker, der die Merzkunst mit besonderer

Vehemenz ablehnte, studierte in Freiburg, München, und Berlin Kunstgeschichte und

schloss sein Studium bei Heinrich Wölfflin mit einer Dissertation über Hans Holbein

d. Ä. 1907 ab. In den Jahren von 1909 bis 1920 arbeitete er als wissenschaftlicher

Assistent und von 1920 bis 1924 als Kustos am Kupferstichkabinett in Berlin. Seit 1924

leitete er die Berliner Kunstbibliothek bis er 1933 von den Nationalsozialisten entlassen

wurde. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit verfasste Glaser von 1902 bis 1910

regelmäßig Kunstkritiken für den „Hamburgischen Correspondent“. Ab 1909

veröffentlichte er in der von Karl Scheffler herausgegebenen Zeitschrift „Kunst und

Künstler“ und war parallel dazu als Berliner Redakteur für die „Kunstchronik“ tätig. Von

November 1918 bis zum Sommer 1933 gehörte er der Feuilletonredaktion des „Berliner

122 Beide Zitate: Anonym: Kunst und Wissenschaft. In: Jenaische Zeitung, 30.07.1919. 123 Anonym: Der neueste Kunststil. In: Kölner Tageblatt. Ausgabe 371, 31.07.1919, Anonym: [Vom neuesten Kunststil]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 209, 31.07.1919, Anonym: [„Merzbilder“. Der neueste Kunststil]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 211, 03.08.1919 und Anonym: [„Merzbilder“. Der neueste Kunststil]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34575, 16.08.1919. Mindestens vier dieser Rezensionen waren Schwitters nachweislich bekannt, sie befinden sich in seiner Kladde „Kritiken“. Anscheinend wurde noch vor der Eröffnung der 76. Sturm-Ausstellung und vor der Publikation des ersten Merzmanifestes für die Merzkunst geworben, denn Carl Puetzfeld berichtete bereits Mitte Juni 1919 anlässlich einer Ausstellung in Dresden von der „‚Merzmalerei’“, obwohl das dort gezeigte „Bild Iga Lo“ nicht explizit als Merzbild ausgestellt wurde, Carl Puetzfeld: Ausstellung der Gruppe 1919. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 186, 12.06.1919. 124 „Auf unseren Redaktionstisch fliegt eine ‚grüne Broschürtheit’ dada von Kurt Schwitters (Verlag Paul Steegemann, Hannover) mit der Bitte um Besprechung. Wir können uns nicht verkneifen, eine Zeile daraus ‚An Anna Blume’ hierher zu setzen“, Anonym: [Dadaistische Liebeslyrik]. In: Welt am Montag, Berlin, 29.12.1919 und vgl. Anonym: [Dadaistische Liebeslyrik]. In: Münchner Post, 26.01.1920. Im Rahmen der PR um das Gedicht kontaktierte Schwitters zahlreiche Tageszeitungen mit der Bitte um Abdruck und Kommentar der ersten Merzdichtungen, woraufhin viele Feuilletons Schwitters’ Gedichte, v. a. „An Anna Blume“ veröffentlichten und z. T. auch besprachen, vgl. z. B. Anonym: [Das Gegenstück zur Merzmalerei]. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 548, 24.11.1919, Anonym: Vermischtes. [Das Gegenstück zur Merzmalerei]. In: Saale-Zeitung, 26.11.1919 und Anonym: [Die allerneueste Kunstrichtung]. In: Fränkischer Kurier, Nürnberg. Ausgabe morgens, 12.12.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Börsen-Courier“ an.125 In erster Linie verstand sich Glaser als Bibliotheksleiter und

Ausstellungskurator, die Tätigkeit als Kunstkritiker war für ihn nachrangig.126

Die Aufgabe der Kunstkritik bestand für Glaser darin, das „Echte zu erkennen“, aus der

Vielzahl des künstlerisch Gebotenen ephemere Leistungen zu sondern und das

Bedeutende sowie Beständige sorgfältig und verantwortungsbewusst auszuwählen, um

so Vorarbeit für die Kunstgeschichtsschreibung zu leisten. Das sei „das einzige Amt

des Kunstrichters.“127 Mitunter sah sich der Kunstkritiker aber auch „in der wenig

beneidenswerten Rolle des Nachrichters, wenn er die Arbeit von Jahren mit wenigen

Worten zu verneinen gezwungen ist.“128 Zumeist wählte Glaser aber den Weg der

wohlwollenden Vermittlung zwischen Kunst und Publikum und appellierte an den

„gesunde[n] Menschenverstand“ der „allzu geduldig geworden[en]“ Rezipienten.129 „Als

Quelle des Urteils“ galt ihm ausschließlich „das innerste Gefühl, das zustimmt oder

ablehnt, das in künstlerischen Dingen immer noch die letzten Entscheidungen

bestimmt hat.“130

Glasers Kunsturteil lässt sich nicht auf einen absoluten Maßstab zurückführen, es

umfasste eher einen mehr oder minder konstanten Katalog von Bewertungskriterien,

der mitunter zeitlichen Modifikationen unterworfen war.131 Er vertrat eine vitalistische

Anschauung,132 mit der sein Engagement für eine transzendierte, aber dennoch

lebensnahe Gegenständlichkeit in der Kunst und sein Verdikt der abstrakten Kunst

verknüpft waren.

Eines der Hauptkriterien zur Unterscheidung zwischen guter und schlechter Kunst war

für Glaser die Qualität. „Das Entscheidende aber bleibt immer und überall, in Asien,

Ägypten und Hellas, in Mittelalter und Neuzeit die individuelle Qualität des Schöpfers

und seines Werkes“133, die bleibende Werte schaffe, im Gegensatz zu Manier,

worunter Glaser eine oberflächliche und schnelle Aneignung fremder Mittel verstand.134

125 Zur Biographie, vgl. Strobl 2006, S. 11-22. 126 Vgl. ebd., S. 140. 127 Beide Zitate: Curt Glaser: Kunst. Anläßlich des Besuchs kleiner Ausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 563, 01.12.1922 und vgl. Curt Glaser: Nachexpressionistische und neue Kunsttheorien. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 5, 05.01.1926 sowie Curt Glaser: Kunstausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 71, 12.02.1920. Zum kunstkritischen Selbstverständnis Glasers, vgl. auch Strobl 2006, S. 143-145. 128 Glaser 1920.02.12. 129 Beide Zitate: Curt Glaser: Lob des Tadels. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 603, 25.12.1921. 130 Beide Zitate: Curt Glaser: Kunstrichtungen. Ein Ausstellungsrundgang. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 527, 09.11.1923. 131 Vgl. Strobl 2006, S. 145. 132 Vgl. ebd., S. 187. 133 Curt Glaser: Neuromantik. In: Kunstchronik und Kunstmarkt. Wochenschrift für Kenner und Sammler 55. Jg., H. 15 (1919), S. 301–302, S. 302. 134 Vgl. Curt Glaser: Kunstausstellungen Berlin 1919. In: Kunstchronik und Kunstmarkt. Wochenschrift für

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Die künstlerische Qualität war außerdem abhängig von dem Festhalten an

gegenständliche, harmonisch-proportionierte und perspektivische

Repräsentationsweisen.135 Der an die Natur angelehnte „Sinnenreiz“ stellte das

maßgebliche Kriterium „für den Wert eines Kunstwerkes als solchen“ dar.136 Damit

einher gehe die Umsetzung der inneren Kraft in eine einmalige schöpferische,

ausdrucksstarke Eigenleistung, die weder kopiert noch variiert werden dürfe.137 Mit

Blick auf die Qualität setzte Glaser ebenso die gestalterische Geschlossenheit und

eine adäquate Umsetzung des handwerklich-technischen Könnens voraus. Des

Weiteren sollte ein wahrer Künstler „Naivität“138, d. h. ein „eigenes Idiom“139,

„Ursprünglichkeit“140 und Eigentümlichkeit141 besitzen und seine Fähigkeiten und

Handschrift zur charakteristischen und individuellen Besonderheit entfalten. In

Opposition zu Manier oder Mode stand die Persönlichkeit des Künstlers, dessen wahre

Größe sich bereits von Anfang an zeige und der seine eigene Ausdruckskraft in

Emanzipation zu seinen Vorbildern und zu zeitlich bedingten, kurzlebigen Phänomenen

konsequent und folgerichtig entwickele.142 Die Begabung, das angeborene

künstlerische Talent, wohl erprobte Mittel sicher anzuwenden und sich einen

eigenständigen Bildcharakter zu erarbeiten,143 sowie die Ideen- und Formenwelt

fortwährend und lebendig zu erweitern,144 war für den Kritiker ein weiterer Gradmesser

für gute Kunst.

Ebenso beinhaltete seine Kunstauffassung ein organologisches Denkmodell. Der

klassischen Kunstwerkästhetik zufolge sollte der Künstler „die zerstreuten Elemente in

ein lebendiges Ganzes“ analog zu den natürlichen Phänomenen und Prozessen in der

Natur zusammenfügen.145 Die Einzelteile sollten so in ein notwendiges Verhältnis

zueinander, „in Eins gefaßt“ und zu einer endgültigen formalen Einheit, zu einer

Kenner und Sammler 54 (1919), S. 961–963, S. 962. 135 Vgl. Curt Glaser: Kunstausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 169, 10.04.1919. 136 Vgl. Curt Glaser: Kunstverständnis. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 601, 25.12.1919. 137 Vgl. Glaser 1922.12.01 und Strobl 2006, S. 172. 138 Curt Glaser: Junge Künstler. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 259, 06.06.1919 und vgl. Strobl 2006, S. 169. 139 Curt Glaser: Marc Chagall. Zu der Ausstellung bei Lutz & Co. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 11, 07.01.1923. 140 Curt Glaser: Berliner Ausstellungen. In: Kunstchronik und Kunstmarkt. Wochenschrift für Kenner und Sammler 57. Jg., H. 38 (1921), S. 699–703, S. 700. 141 Vgl. Glaser 1923.01.07. 142 Vgl. Curt Glaser: Die Freie Secession. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 243, 27.05.1919. 143 Vgl. Curt Glaser: Die Bauhaus-Ausstellung in Weimar. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 387, 19.08.1923. 144 Vgl. Glaser 1923.11.09. 145 Johann Wolfgang Goethe: Von Deutscher Baukunst. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 13–23, S. 20 und vgl. Jan-Peter Pudelek: Werk. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 6: Tanz-Zeitalter/Epoche. Stuttgart u. a. 2005, S. 520–587, S. 549-554.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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zwingenden Bildordnung geführt werden, die keine weiteren Ergänzungen oder

Wegnahmen erlaubte.146 Zwischen Gehalts- und Formästhetik vermittelnd, fielen dem

klassischen Verständnis nach Inhalt und Form, Idee und Materie idealiter im Begriff

des Organismus zusammen. Auch das Schriftkunstwerk sollte, diesen Prinzipien

folgend, zu einem geschlossenen, eigenständigen und dynamischen, von Zufälligkeiten

befreiten Ganzen werden.147

Demgemäß betrachtete Glaser Abstraktion und Elementarisierung als unzulänglich:

„Man sieht Linien, man sieht Formen oder Farben, aber wo man den Versuch macht, zu dem Erlebnis ihres Zusammenhanges zu gelangen, der ruhenden Form ihren Begegnungsgehalt abzulesen, den Schaffensprozeß nachzuempfinden, da steht man vor einem künstlerisch halben Gebilde, dem doch die ruhende Vollkommenheit eines echten Krystalls [sic], der immer ein Organismus ist, abgeht.“148

Die erwähnten Positivkriterien sprach Glaser mithin den abstrakt arbeitenden Künstlern

völlig ab. Durch den restlosen „Verzicht auf die Naturform“ werde die Kunst vieler

essentieller Ausdrucksmöglichkeiten beraubt.149 „Denn in der Kunst kommt es nicht auf

den Ausdruck des Inhalts, sondern allein auf den Ausdruck der Form an, in der allein

erst der Inhalt lebendig werden kann.“150 Folglich bewertete Glaser abstrakte Bilder als

„Phantom einer Idee, Gehäuse ohne Inhalt, gerahmte Tapeten.“151 Auch hierin folgte er

der klassischen Auffassung, wonach der Inhalt und die Form sich wechselseitig

bestimmten. An diese Ansicht anknüpfend wandte Glaser sich sowohl gegen die

klassizistische Normativität und die exakte Mimesis als auch gegen die rein formal

angelegte Abstraktion.152 Bei seinem kunstkritischen Ansatz bezog sich der Kritiker

insbesondere auf seinen Doktorvater Wölfflin, der die vollkommene Gestalt „als eine

Entelechie, als die Vollendung dessen, was im Stoff angelegt war“, betrachtete.153

Anlässlich der 76. Sturm-Ausstellung, in der Glaser zum ersten Mal Merzbilder von

Schwitters sah, prägte er das Begriffspaar „süßer Kitsch“ und „saurer Kitsch“ als

146 Johann Wolfgang Goethe: Über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke. Ein Gespräch. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 115–122, S. 121. 147 Vgl. Helmut de Boor; Wolfgang Mohr: Form. In: Kohlschmidt, Werner; Mohr, Wolfgang (Hgg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. 5 Bde. Bd. 1: a-k. Berlin u. a. 2001, S. 468–476, S. 469. 148 Curt Glaser: Konstruktivistische Graphik. Zu den Kestner-Mappen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 545, 20.11.1923. 149 Curt Glaser: Kunstausstellung Berlin 1919 III. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 357, 03.08.1919. 150 Curt Glaser: „Expressionisten“. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 177, 16.04.1920. 151 Curt Glaser: Farbkunst. Kandinsky - Rohlfs - Kokoschka. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 213, 07.05.1922. 152 Vgl. Städtke 2001, S. 472. 153 Heinrich Wölfflin: Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur. Diss. Univ. München 1886, S. 16.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Schlagwörter der Kritik.154 In seiner Rezension „Vom süßen und vom sauren Kitsch“ zu

Schwitters’ Ausstellung verwendet er beide Bezeichnungen als „Gegenbegriff der

‚Qualität’“, um die Unterschiede zu hoher Kunst zu verdeutlichen. Einleitend stellt er

zudem der „süßen“ Kitschmalerei des 19. Jahrhunderts den modernen „sauren Kitsch“

als entgegengesetzte Position zur Seite. Die Frage nach dem Wesen der Kunst lasse

sich nun in vielen Fällen nicht mehr durch die Unterscheidung von Qualität und Kitsch,

sondern eher durch die Differenzierung zwischen süßem, gegenständlichen,

„angenehme Farbenharmonien“ suchenden und saurem, abstrakten Kitsch klären. Auf

der einen Seite sieht Glaser die Charakterisierung des alten Kitsches im Werk

Nathanael Sichels gegeben, einem Historien- und Porträtmaler des 19. Jahrhunderts,

der besonders für seine Mädchengestalten bekannt war und diese dem Geschmack

des „urteilslose[n] Publikum[s]“ gemäß idealisiert dargestellte. Die Maler, die sich dem

„sauren Kitsch“ verschrieben haben, zeigten Gemeinsamkeiten zur älteren

Kitschmalerei. Werke des süßen wie auch des sauren Kitsches seien dem

Publikumsgeschmack gefällige und die Schaulust befriedigende Erzeugnisse, die den

Anspruch erhöben, Kunstwert zu haben, ohne ihn wirklich zu besitzen. Während der

„süße Kitsch“ seine Existenzberechtigung durch die Nachfrage seitens des Publikums

erhalte, begründe der „saure Kitsch“ sein Existenzrecht durch theoretische

Beweisführung. In beiden Fällen handele es sich jedoch immer um „Scheinbeweise“.155

Das erstmalige Auftreten des „sauren Kitsches“ verortet Glaser bei den

Neoimpressionisten, die „anstatt einer neuen Anschauung eine neue Theorie ihrem

Schaffen zu Grunde legten.“ Aber erst der Futurismus habe durch die vollständige

Trennung zwischen Theorie und Praxis und das Primat der Programmatik alle

Bedingungen bisheriger Ästhetik überschritten und der Kunst „nach allen Seiten

unbegrenzte Möglichkeiten“ eröffnet. Damit habe er das theoretische Fundament

geliefert, kunstfremde Mittel für künstlerische Zwecke anzuwenden und Picasso habe

die programmatische Erweiterung des Kunstbegriffs als erster praktisch umgesetzt.156

Der Inbegriff des neuen Kitsches sind für Glaser die Merzbilder von Schwitters, in die

„die Gegenständlichkeit, von der man sich befreien wollte, […] mit aller Brutalität

wieder in das Kunstwerk hinein[drang]. Man ist mit einer ‚gegenstandslosen’ Malerei

wieder bei so etwas wie einem verklappten Panoptikum angelangt.“157

Der Begriff Kitsch diente seit seinem Bekanntwerden in den 1880er Jahren in der

Berliner Kunstszene zur Abgrenzung ernster schöpferischer Kunst von als niveaulos

154 Curt Glaser: Vom süßen und vom sauren Kitsch. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 333, 20.07.1919. 155 Alle Zitate: Ebd. 156 Alle Zitate: Ebd. 157 Ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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betrachteten Kunstausprägungen. Begriffliche Vorläufer lassen sich in Benennungen

wie „Unkunst“ und „Modekunst“158 oder im Dilettantismus-Konzept von Goethe und

Schiller erkennen, in dem die als autonom begründete Kunst abgesetzt wurde gegen

den Dilettantismus, der lediglich der „Neigung der Zeit“ folge.159 Die Bezeichnung

Kitsch erfuhr rasche und weite Verbreitung und avancierte binnen weniger Jahrzehnte

zum agitatorischen Begriff gegen jede antiklassische und antitraditionelle Kunstpraxis.

Die etymologischen Wurzeln des Wortes reichen vom englischen „sketch“, das für

Souvenir steht, über „kitschen“, das mundartlich und im übertragenen Sinne für Abfälle

zusammentragen oder eine schnelle Produktionsweise verwendet wurde.160

Popularität erlangte der Begriff durch die Ausstellung „Geschmacksverirrungen im

Kunstgewerbe“, die Gustav Pazaurek von 1909 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges

im Stuttgarter Landesgewerbemuseum veranstaltete. Der Kurator grenzte, ähnlich wie

Glaser, Qualitätsleistungen von minderwertigen Erzeugnissen durch die Kategorien

schlechten und guten Geschmacks ab und wandte sich gegen die Vermassung des

Kunsthandwerks.161 Die Ursache des Phänomens wurde in der maschinellen

Produktionsweise von als qualitativ minderwertig wahrgenommenen kunstgewerblichen

Objekten festgemacht.162 An anderer Stelle sprachen die Gegner der industriellen,

kunstgewerblichen Fertigung von süßlichem Kitsch.163 Um die Verbreitung derartiger

Produktionen zurückzudrängen, stellte Pazaurek einen Kriterienkatalog zu Verstößen

gegen das Kunsthandwerk zusammen, in dem er Materialfehler, Fehler gegen

Zweckform und Technik, Fehler gegen Kunstform und Schmuck sowie bezüglich der

Farbe auflistete.164

Die Negativeinschätzung, die die Kritiker in Bezug auf das massenhaft und billig

produzierte Kunsthandwerk gewonnen hatten, wurde später u. a. von Robert Breuer

und Theodor Däubler auf die einem breiten Publikumsgeschmack entsprechende

Kunst des Naturalismus übertragen. Breuer nannte den süßen Kitsch im

Zusammenhang mit „vertrottete[r] Akademie“.165 Und Däubler, Glasers Vorgänger beim

158 Kliche 2001, S. 278. 159 Johann Wolfgang Goethe; Friedrich Schiller: Über den Dilettantismus. In: Dettmar, Ute; Küpper, Thomas (Hgg.): Kitsch, Texte und Theorien. Stuttgart 2007, S. 86–88, S. 86. 160 Zu den Bedeutungen und zur Geschichte des Begriffes, vgl. Kliche 2001. 161 Vgl. Gustav E. Pazaurek: Guter und schlechter Geschmack im Kunstgewerbe. In: Dettmar, Ute; Küpper, Thomas (Hgg.): Kitsch, Texte und Theorien. Stuttgart 2007, S. 116–128, S. 121. 162 Vgl. ebd., S. 122. 163 Vgl. Moritz Dreger: Über das Süßliche in der Kunst. In: Werkkunst 6. Jg., H. 23 und 24 (1911), S. 177–178 und 186–187. 164 Vgl. Gustav E. Pazaurek: Geschmacksverirrungen im Kunstgewerbe. Führer dieser Abteilung im Landes-Gewerbe-Museum Stuttgart. 3. Aufl. Stuttgart 1919, S. 9-17. 165 Robert Breuer: Die Futuristen. (Ausstellung: Tiergartenstr. 34a). In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 92, 20.04.1912.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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„Berliner Börsen-Courier“, bezeichnete die publikumsnahe, naturalistische

Salonmalerei des 19. Jahrhunderts als „versüßlicht und dekorativ“.166

Glaser wiederum rekurriert in seinem Artikel auf diese neuere

Begriffsausdifferenzierung und stellt dem süßen Kitsch ein saures Pendant zur Seite.

Damit richtet er sich gegen die avantgardistische Nivellierung von freier und

dekorativer Kunst und das Obsoletwerden traditioneller, künstlerischer Materialien und

Techniken. Im Umkehrschluss plädiert er für eine Kunstform mit herkömmlichen

Repräsentationsmodi. Ferner ist der Begriff „saurer Kitsch“ als ein Reflex auf die Praxis

seitens der Künstler zu lesen, die aufgrund von Differenzierungsstrategien jeweils die

älteren Künstler als „Kitschier“ bezeichneten,167 und somit als Reaktion auf den

künstlerischen Überbietungsgestus der Avantgarden zu werten. Mit Glasers

begrifflicher Erweiterung der Kitschauffassung, auf die einige Kunstkritiker in direkter

Folge zurückgreifen sollten,168 werden allerdings „die Denotate von Kitsch vollends

konturlos. Das Wort wird zur fungiblen Feindbezeichnung und zum disqualifizierenden

Schlagwort für das Andere und die gegnerische Kunstrichtung“ und zur

Ausgrenzungsstrategie aus dem künstlerischen Bereich.169 Gleiches galt für die

Literatur, wobei hinsichtlich als anspruchslos erachteter literarischer Werke eher von

Schund oder gar von Schmutz und Schund innerhalb des Schwitters-Diskurses

gesprochen wurde.170

Dass Glaser in seiner Ausstellungsrezension die namentliche Nennung Schwitters’

vermeidet und den Merzkünstler stattdessen anonymisierend „der junge Mann“ nennt,

war symptomatisch für die Einstellung des Kunstkritikers den Avantgardebewegungen

gegenüber.171 Die Anonymisierung sei als Gegenreaktion zur modernen künstlerischen

166 Theodor Däubler: Der Sieg der modernen Kunst. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe Jubiläumsnummer, 01.10.1918. 167 A (= Avenarius, Ferdinand): „Kitsch“. In: Kunstwart und Kulturwart 33. Jg., H. 17 (1920), S. 222. 168 Andreas Strobl misst der Begriffssetzung in seiner Studie über Curt Glaser keine Wirkungskraft bei, vgl. Strobl 2006, S. 93. Dennoch lässt sich nachweisen, dass einige Kritiker zumindest einen Teil des Begriffspaares aufgriffen. Max Osborn sprach in Bezug auf die der Neue Sachlichkeit vom „süßen Kitsch“, Max Osborn: Große Berliner Kunstausstellung. Die gestrige Eröffnung. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 118, 22.05.1926. Westheim rekurrierte sogar unter Zitierung auf Glaser und charakterisierte die Werke Iwan Punis als „sauere[n] Kitsch“, P. W. (= Westheim, Paul): [„Herz der Kunst“]. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 222, 24.03.1921. Und Willi Wolfradt formulierte das Begriffspaar um und schreibt: „Kitsch im Glaspalaststil bis Kitsch im épater le bourgeois-Stil“, Willi Wolfradt: München. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 5 (1921), S. 156. Nach 1945 übernahmen Hans Egon Holthusen und Carl Baumann diese Kitsch-Dichotomie. Holthusen verknüpfte den Begriff „saurer Kitsch“ mit Phänomenen wie „Nihilismus, Zynismus und Sentimentalität“, Ute Dettmar; Thomas Küpper: Kitsch und Kulturkrise. Perspektiven der Zwischenkriegszeit. In: Dies. (Hgg.): Kitsch. Texte und Theorien. Stuttgart 2007, 156–163, S. 156 und vgl. zur weiteren Entwicklung des Begriffspaares, Dieter Kliche: Kitsch. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 3: Harmonie-Material. Stuttgart u. a. 2001, S. 272–288, S. 281. 169 Kliche 2001, S. 281. 170 S.w.u. Kap. 1.1.3. 171 Glaser 1919.07.20 und vgl. Curt Glaser: Kunstmoden. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 221, 13.05.1920, Curt Glaser: Ausstellungen. In: Berliner Börsen-

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Intention zu verstehen, die „unmittelbar auf eine allgemeine brauchbare Stilformel

[abzielt], ob sie nun aus vorhandenen Kunstwerken oder aus einer theoretischen

Forderung abgeleitet werde. So entsteht ein Betrieb, der allein in sich selbst Genüge

findet.“ Das befördere die „Massenproduktion der Nachahmer und Mitläufer“. Der

Missstand bestehe darin, dass eine Bewegung nicht mehr auf den Leistungen

einzelner starker Talente basiere, „sondern sie entsteht als eine Art Massenpsychose.

So hätte es kaum einen Sinn, in einer Besprechung dieser Ausstellung überhaupt

Namen zu nennen.“172

Der Terminus Massenpsychose, den Glaser wählt, um die mutmaßlichen

Entstehungsbedingungen einer Avantgardebewegung zu erläutern, geht zurück auf die

Massenpsychologie, der sich Gustave Le Bon 1895 erstmals mit der Publikation

„Psychologie des foules“ gewidmet hat. Darin stigmatisiert er die Masse als

unzurechnungsfähig und daher potentiell kriminell. Le Bon sieht die Ursache für das

unbewusste Aufgehen des Einzelnen in der Masse und die damit vermeintlich

verbundene Unfähigkeit rationalen und eigenständigen Denkens im „Phänomen der

Hypnose“. Dabei geht er von der „zeitgenössischen Vorstellung einer scheinbar

grenzenlosen Suggestibilität des bewusstlos gemachten Individuums“ aus.173 In „Die

Gesetze der Nachahmung“ definiert Gabriel Tarde, auf dessen Erkenntnisse Le Bon

wiederum aufbaute, den Begriff Suggestion als Verfahren der Nachahmung. Die hohe

Beeinflussbarkeit des Einzelnen in der Masse wird bei Tarde als epidemische

Erscheinung gedeutet und auf psychische Instabilität zurückgeführt. Mit dem Aufgehen

in der Masse geht demnach der Verlust sozialer Kompetenzen einher. Aus diesen

Konzepten resultierte ein allgemeines Misstrauen und Unbehagen

Massenerscheinungen gegenüber. Noch bevor Sigmund Freuds Studie

„Massenpsychologie und Ich-Analyse“ 1921 erschien, in der er das Phänomen der

Masse unter kulturellen Gesichtspunkten analysiert,174 hatte Julius Meier-Graefe

angesichts der aufkommenden Avantgardeströmungen von einer „böse[n]

Massensuggestion“ gesprochen.175

Glaser greift in seinem Artikel zur 76. Sturm-Ausstellung auf diesen Erkenntniskomplex

zurück, überträgt das mit psycho-pathologisierenden Momenten verbundene

Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 185, 22.04.1921 und Curt Glaser: Max Beckmann. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 567, 04.12.1922. 172 Alle Zitate: Curt Glaser: Kunstausstellung Berlin 1920. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 235, 22.05.1920. Auch andere Kritiker von Schwitters vertraten diese Meinung und vermieden die Namensnennung von Künstlern, deren Bekanntwerden sie verhindern wollten, s.w.u. Kap. 1.1.5. und 1.1.6. 173 Stephan Günzel: „Masse“ als ästhetisches Problem, URL: http://www.momo-berlin.de/Guenzel_Masse_Aesthetik.html, o. S. 174 Vgl. ebd. 175 Julius Meier-Graefe: Wohin treiben wir? Eine Rede über die Kunst der Gegenwart. In: Die neue Rundschau 24. Jg. (1913), S. 479–501, S. 489.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Denkmodell auf die Kunstentwicklung und steigert dieses Modell zu einer durch die

Masse bedingten Psychose, ein Krankheitsbild, das als psychische Störung und Teil

des Kernsyndroms Schizophrenie Aufnahme in das Schizophrenie-Konzept von Eugen

Bleuler von 1908 fand.176 Damit leistet Glaser einen frühen, wenn auch marginalen

Beitrag zur Pathologisierung von modernen Künstlern und nähert sich einer Tendenz in

der Kunstkritik, die sich in den Rezensionen v. a. von Wilhelm Weygandt offen und

dezidiert zu Stigmatisierungsversuchen entfaltete.177

Was die kunsthistorische Verortung der Merzkunst betraf, hatte die Affinität zum

Dadaismus, die für andere Kunstkritiker bei der Beurteilung der Merzkunst im

Vordergrund stand, für Glaser kaum Relevanz. Bei seinem Urteil fokussierte er die

Wahl und die Verarbeitungsweise der Materialien und stufte Schwitters eben deshalb

als Picasso-Epigone ein. Lediglich dem Namen Merz gestand er innovativen Charakter

zu:

„Die Erfindung, auf die sich der junge Mann, der diese Kunstwerke verfertigt hat, sehr viel zu gute zu tun scheint, ist also keineswegs neu. Neu ist nur der Name ‚Merzmalerei’, dessen tieferer Sinn leider verborgen bleibt. Nicht erst mit dieser Merzmalerei, schon mit Picassos bedrucktem Papier war der Kreislauf eigentlich geschlossen.“178

Neben Kahnweiler wirkte Glaser mit dieser Einschätzung maßgeblich auf die

zeitgenössische Rezeption des Künstlers ein.179 Glasers Haltung der kubistischen

Bewegung gegenüber hatte eine prinzipiell negative Grundtendenz. Es sei ihm klar,

dass der Kubismus nicht „dazu bestimmt sein wird, die allgemeine Ausdrucksform zu

werden“.180 Die Auflösung der Gegenstände in kubische Formen und die Absage an

die Zentralperspektive zugunsten einer multiperspektivischen Auffassung sei Folge

einer rein rationalistischen Konzeption. Da die Werke nur durch die Lektüre der

kubistischen Theorien verständlich würden, handele es sich um eine intellektuelle 176 Vgl. Günther Wienberg: Gesundheitsförderung bei chronischen psychischen Erkrankungen. Das Beispiel der psychoeduktiven Gruppentherapie mit Schizophrenen und schizoaffektiv Erkrankten. Diss. Univ. Bielefeld 1998, URL: http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=98137347x&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=98137347x.pdf, S. 172. 177 Was sich durch die Begriffswahl bei Glaser lediglich andeutete, führte bei Weygandt zu einer expliziten Kontextualisierung der Machart von antimimetischen Werken und der psychischen Erkrankung der Urheber, s.w.u. Kap. 1.5.1. 178 Glaser 1919.07.20. 179 Vgl. bspw. Oskar Beyer: Funken. Die Kunst in Berlin. In: Feuer. Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur 1. Jg., Bd. 1 (1919/20), S. 642–644, Gustav F. Hartlaub: Deutscher Expressionismus. Zur Darmstädter Ausstellung. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 514, 15.07.1920, Paul Landau: Aus den Kunstausstellungen. Altes - Allerneuestes. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 175, 16.04.1921, Silvanus: Bab el-Mandeb. Der Zweemann-Verlag stellt neue Graphik aus. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 34, 10.02.1920 und Fritz Stahl: Wohin geht es? Glosse zu drei Kunstausstellungen. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 247, 27.05.1922. 180 Curt Glaser: Berliner Ausstellungen. In: Kunstchronik und Kunstmarkt. Wochenschrift für Kenner und Sammler 54. Jg., H. 32 (1919), S. 657–661, S. 658.

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Kunstrichtung.181 Mit zunehmender Etablierung des Kubismus fiel Glasers Urteil etwas

wohlwollender aus. Picasso allerdings beweise durch seine allmähliche Abkehr vom

Kubismus und die Annäherung an Ingres, dass der Kubismus in eine „Sackgasse“

geraten sei.182 Bei dieser Bewertung hatte die kurze Zeitspanne, in der sich Picasso mit

kunstfremdem Material als kunstimmanente Mittel hauptsächlich auseinandergesetzt

hatte, besondere Bedeutung. Diese Schaffensphase von Picasso von 1912 bis 1914,

deren Ende in Deutschland erst um 1920 durch die Ausstellung seiner klassizistischen

Werke sichtbar wurde, galt Glaser als Indikator für die Wirkungsrelevanz der Collage.

Schwitters und Curt Erhardt, von dem der Kunstkritiker montierte Werke in der

juryfreien Kunstausstellung 1922 zu sehen bekam, betrachtete er daher als Epigonen,

die die Technik in die völlige Bedeutungslosigkeit geführt hätten und ebenso wie ihr

Vorbild wieder zu herkömmlichen Mitteln greifen würden.183

Vermutlich aus Mangel eingehender und differenzierender Betrachtung erkannten

Glaser und all diejenigen, die Schwitters als Picasso-Epigonen einstuften, dass

Schwitters zwar maßgeblich vom synthetischen Kubismus beeinflusst war. Jedoch

verkannten sie die signifikante Weiterentwicklung dieses Ansatzes. Glaser sah aber in

den Merzwerken weniger die Nachahmung des als schöpferisch verstandenen

„authentische[n] Vorbildes“, viel mehr erachtete er die Merzkunst als Imitation der

„Konventionen, die [der Kubismus] im ästhetischen Bewusstsein [der Nachkriegszeit]

angenommen hatte [...].“184 Dabei nahm er die Collage- und Assemblagetechnik

lediglich bei den Bildwerken in den Blick, dass das Prinzip der Collage bzw. Montage

generellen und kunstartenübergreifenden Charakter hatte, ließ der Kunstkritiker außer

Acht.

Daneben geht Glaser in „Vom süßen und vom sauren Kitsch“ sogar soweit, die

„Umstürzler[] auf dem Gebiete der Kunst“ mit „Bolschewisten“ zu vergleichen, die beide

gleichermaßen die tradierten Werte missachteten und „leichten Herzens zertrümmer[n],

was ih[nen] im Wege steht.“ Glaser verwahrt sich damit gegen den

Absolutheitsanspruch der Avantgarden gegenüber älterer Kunst. „Der saure Kitsch

maßt sich an, ihm gebühre die Herrschaft allein, er will für nichts mehr Raum lassen,

und er droht mit nichts geringerem, als der Kunst selbst den Garaus zu machen.“185

181 Vgl. Curt Glaser: Vom Kubismus. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 425, 11.09.1920. 182 Ebd. 183 Vgl. Curt Glaser: Juryfreie Kunstschau 1922. Landesausstellungsgebäude. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 485, 15.10.1922. 184 Beide Zitate: Norbert Wolf: Epochen der Kunst. 12 Bde. Bd. 10: 19. Jahrhundert. Stuttgart 2002, S. 54-55. 185 Alle Zitate: Glaser 1919.07.20.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Der Diskurs zum Ende der Kunst, den Glaser mit diesem Vergleich thematisiert, ist von

Georg Wilhelm Friedrich Hegel angestoßen worden und umschreibt einen ästhetischen

Paradigmenwechsel, eine prinzipielle Neubestimmung der Kunst. Hegel ging in seiner

These von der abgeschlossenen Vergegenständlichung des Zeitgeistes durch formale

Ausgestaltung in der Kunst aus. Nach der Reformation und v. a. nach der

Säkularisierung könne demnach die Kunst das höchste menschliche Bedürfnis nicht

mehr erfüllen. Aufgrund ihres gesellschaftlichen Statusverlustes als religiöser

Gebrauchsgegenstand sei sie autonom und daher auch entbehrlich geworden. Als

Folgeerscheinung der Unabhängigkeit von normsetzenden Instanzen, die die Kunst in

der Zeit der Frühromantik erlangte, sei diese ab da weniger vom Inhalt her bestimmt,

binde sich aber an theoretische Überlegungen und stelle fortan und im Vergleich zur

vorangegangenen Epoche einen relativen Wert dar. Der Bedeutungsverlust, den Hegel

auf Form, Inhalt und Naturgebundenheit bezog, wurde später von Friedrich Theodor

Vischer, Literaturwissenschaftler und Philosoph, angesichts der um 1840

einsetzenden, historisierenden Tendenzen aufgegriffen und zur These der Stillosigkeit,

der inhaltlichen Beliebigkeit und Reflexionsabhängigkeit weiter formuliert.186 Diese

Vorbehalte wurden infolgedessen immer wieder ausgesprochen, wenn vom Ende der

Kunst die Rede war. Die Formel Hegels - „[k]ein Inhalt, keine Form ist mehr unmittelbar

mit der Innigkeit, mit der Natur, dem bewußtlosen substantiellen Wesen des Künstlers

identisch; jeder Stoff darf ihm gleichgültig seyn […]. Es giebt heutigentags keinen Stoff,

der an und für sich über dieser Relativität stände“187 - gewann in den Debatten über die

Avantgarden erneut an Aktualität. Auch hier war sie Ausdruck für eine Krisensituation.

Oftmals wurde eine Abhängigkeit von ökonomischen Gesetzen, die der Autonomie der

Hochkunst entgegenwirke, beklagt.188 Glasers Kritik am „sauren Kitsch“ richtete sich in

diesem Sinne gegen die Verwässerung der Kunst durch deren Bindung an den

Massengeschmack sowie gegen die völlige Loslösung von der Abbildungsfunktion. An

anderer Stelle nahm der Kunstkritiker direkten Bezug auf den Kulturhistoriker Oswald

Spengler und dessen kulturpessimistisches Denken und vermerkte angesichts des

Stilpluralismus, „[e]s entsteht eine Stimmung der Resignation, denn auch hier wird sehr

vernehmlich das Ende der Kunst gepredigt.“189

Glasers Kritik an der Avantgarde war kategorisch, eine objektive Erfassung der

Entwicklung gelang ihm nicht. Mit der Avantgarde erfuhr die Kunst in der Tat eine

Neubestimmung durch die mediale Erweiterung ihrer Grenzen, das Kunstwerk war

186 Vgl. Wolfgang Ullrich: Was war Kunst? Biographien eines Begriffs. Frankfurt a. M. 2006, S. 237. 187 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesung zur Ästhetik (1835). In: Ders.: Sämtliche Werke. Bd. 12. Stuttgart 1927, S. 32, zit. Ullrich 2006, S. 235. 188 Zur weiteren Entwicklung der Denkfigur, vgl. Ullrich 2006, S. 229-252. 189 Glaser 1920.05.22.

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nicht mehr durch Abgeschlossenheit, sondern durch formale und konzeptuelle

Offenheit charakterisiert, wodurch die Unterscheidung zwischen Kunst und Nichtkunst

problematisch wurde. In avantgardistischen Konzepten wurden traditionelle ästhetische

Kategorien negiert, etwa die individuelle Autorschaft bei Marcel Duchamp, die formale

Kontingenz in der Montage und damit die bürgerliche Malerei mit sinnstiftender

Wirkung bei den Dadaisten oder später bei den Konstruktivisten die Tafelmalerei, um

die Kunst in über sich hinausweisende Zusammenhänge einzubinden und für andere,

zeitgemäße Phänomenbereiche zu öffnen.

Vor diesem Hintergrund vermutete Glaser hinter den einzelnen Stilausprägungen der

Avantgarde mehr zweckgebundenes und nüchternes Kalkül als ernsthafte

Auseinandersetzung mit ästhetischen Problemen und Bemühungen um künstlerische

Emanzipation.190 Seiner Meinung nach handelte es sich um verschiedene neue

akademische Richtungen, die schulmäßig und unpersönlich waren, da innerhalb dieser

Bewegungen zunächst durch Einzelne oder im Kollektiv Theorien ausgearbeitet und

deren Inhalte dann in künstlerische Praxis überführt würden.191 Die für die Avantgarde

spezifische Theorieabhängigkeit und die damit verbundene Notwendigkeit der

Positionierung innerhalb des Kunstsystems kritisierte der Kunstkritiker immer wieder:

„Es ist eines der Grundübel der modernen Kunst, daß ihre Jünger so leicht den Lockungen der Theorie erliegen. Die Erkenntnis von der Relativität jeder ihrer Gesetze bildenden Kunstanschauung ließ sie zu Sklaven ihrer eigenen Willkür werden, da der Satz von der Gleichberechtigung jeglichen Wollens zur Statuierung immer neuer, Individuen oder Richtungen bindender Grundsätze verführte. Noch nicht dagewesene Formen künstlerischen Ausdrucks werden theoretisch formuliert, und ihre Möglichkeit, ihre Ausführbarkeit nachträglich durch zum Zweck geschaffene Kunstwerke erwiesen.“192

Hier bringt Glaser seine Vorbehalte gegenüber der ästhetischen Reflexion und der

künstlerischen Selbstbestimmung zum Ausdruck, die er mit vielen Kommentatoren

teilte, weil dadurch aus der Perspektive der klassischen Ästhetik ein fremdbestimmtes

Moment in die Kunst Eingang fand. Bereits Friedrich Theodor Vischer hatte das

Übermaß an Künstlertheorien beklagt. „Reflektierend und wählend steht jetzt der

Künstler über allen Stoffen, die jemals vorhanden waren, und sieht den Wald vor

Bäumen nicht“.193 Weitere Verdikte gegen Programmschriften von Künstlern wurden

190 Vgl. Glaser 1919.04.10. 191 Vgl. Curt Glaser: Akademie und Sezession. In: Kunstchronik und Kunstmarkt. Wochenschrift für Kenner und Sammler 54. Jg., H. 36 (1919), S. 740–744, S. 741. 192 Curt Glaser: Das Buch des Expressionismus. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 203, 01.05.1920. 193 Friedrich Theodor Vischer: Zustand der jetzigen Malerei (1842). In: Ders.: Kritische Gänge. Bd. 5. München 1922, S. 35-55, S. 37, zit. nach Ullrich 2006, S. 237.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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z. B. von Goethe194 und Kant195 ausgesprochen, die das Monopol der Theoretisierung

seitens der Philosophie verteidigten. Glaser indes zitiert in diesem Zusammenhang

Auguste Renoir, um seine Ablehnung von Künstlertheorien und der damit

einhergehenden Intellektualisierung der Kunst zu untermauern. Für den

Impressionisten dienten programmatische Schriften „meistens nur dazu, die

Unzulänglichkeit der Ausdrucksmittel zu verschleiern. […] Ein schönes Kunstwerk

bedarf keines Kommentars.“196 Aus der Sicht Glasers wiederum waren die

Künstlertheorien der Avantgarde als Aufkündigen der vom Impressionismus geleisteten

Entliterarisierung der Malerei zu bewerten. Die Verschränkung von künstlerischen

Programmen und künstlerischer Praxis bedeutete somit für den Kunstkritiker

gleichzeitig auch einen Verstoß gegen die 1766 von Gotthold Ephraim Lessing

geforderte Trennung von Malerei und Literatur.197 Die Zusammenführung von „Theorie

und Praxis“ und somit die Reliterarisierung der bildenden Kunst, wie sie laut Glaser

zum ersten Mal innerhalb der futuristischen Bewegung und später eben auch in der

Merzmalerei gegeben war,198 bewirkten einen Bruch mit dem klassischen Werkbegriff.

Die Ablehnung von Künstlertheorien führte bei Glaser jedoch nicht soweit, dass er die

theoretischen Schriften bei der kunstkritischen Rezeption nicht hinzuzog. Im Falle

Schwitters’ lässt sich eine Lektüre direkt nachweisen, denn, wenn Glaser in seiner

Kunstkritik zur 76. Sturm-Ausstellung schreibt,

„Heut predigt einer von den angeblichen Neuerern, es sei kein Unterschied zwischen einem Bindfaden und einem Bleistift, und da Watte weich sei, sollte sie unmittelbar als Ausdruck der Weichheit Verwendung finden. Man konnte über diese Torheiten zur Tagesordnung übergehen, wenn sie nicht anscheinend schon recht vielen Menschen den Kopf verdreht hatten“199,

paraphrasiert er eine Passage aus dem Manifest „Die Merzmalerei“.200 Glasers

anschließender, ablehnend kritischer Kommentar zeigt jedoch, dass er dem Text

194 „Bilde, Künstler! Rede nicht!“, Johann Wolfgang von Goethe: Kunst, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band75.htm, S. 34233 (vgl. Goethe-BA Bd. 1, S. 387). An anderer Stelle sprach er von „theoretischer Gaukelei“, Johann Wolfgang Goethe: Die schönen Künste in ihrem Ursprung, ihrer wahren Natur und besten Anwendung, betrachtet von J. G. Sulzer. Leipzig 1772. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 23–29, S. 24. 195 „Ich merke nur an, daß es gar nichts Ungewöhnliches sei, sowohl im gemeinen Gespräche, als in Schriften, durch die Vergleichung der Gedanken, welche ein Verfasser über seinen Gegenstand äußert, ihn so gar besser zu verstehen, als er sich selbst verstand, indem er seinen Begriff nicht genugsam bestimmte, und dadurch bisweilen seiner eigenen Absicht entgegen redete, oder auch dachte“, Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 24089 (vgl. Kant-W Bd. 3, S. 322). 196 Zit. nach Glaser 1919.12.25. 197 Vgl. Gotthold Ephraim Lessing: Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Dichtung. Stuttgart 2006, bes. S. 114. Auf diesen Trennungsdiskurs geht Glaser in seiner Rezension zur Futuristenausstellung in der Galerie „Der Sturm“ expliziter ein, vgl. Curt Glaser: Von Ausstellungen. Berlin. In: Die Kunst für alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur 27. Jg., H. 17 (1912), S. 408–410, S. 410. 198 Glaser 1919.07.20. 199 Ebd. 200 Vgl. Schwitters 2005/1919 – Die Merzbühne.

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keinen kunstrelevanten Wert beimaß und die Merzkunst ausschließlich anhand des

Augenscheinlichen beurteilte.

Ästhetische Reflexionen von Künstlern hatte es bereits seit der Renaissance gegeben,

aber erst mit der Loslösung der Malerei von ihrer Abbildungsfunktion wurde es

notwendig, der künstlerischen Produktion eine theoretische Erklärung zur Seite zu

stellen. Da Künstler fortan nicht mehr an verbindliche Sinnvorgaben gebunden waren,

konnten sie Inhalt und Form frei wählen. In der Praxis wurden dann oftmals weniger

Sachverhalte der empirischen Welt als künstlerische Problemstellungen selbst

reflektiert. Damit der Gehalt trotzdem verständlich wurde, trat neben das Werk ein

dieses mit konstituierender Künstlerkommentar. Eigene theoretische Überlegungen

wurden innerhalb der Avantgardeströmungen umso unumgänglicher, als die Künstler

die Grenzbestimmung von Kunst jeweils neu ausloteten und sich mit ihren Schriften

von anderen künstlerischen Positionen abgrenzen mussten, um ein eigenständiges

Profil zu kommunizieren. Aus der Erwartung einer dem Gegenstand eindeutig

ablesbaren Bedeutung heraus, werteten aber viele Kunstkritiker diese Entwicklung als

Abkehr von der Autonomie der Kunst. Die eigenmächtige Definition von Kunst galt

zudem als Angriff auf die Autorität der Kunstvermittler.

Seit der ersten Berliner Ausstellung von Merzbildern verfolgte Glaser regelmäßig die

weiteren Aktivitäten Schwitters’. Er schlussfolgert anlässlich der 86. Sturm-Ausstellung

im April 1920, dass „Schwitters [...] zu jenen Oberflächenerscheinungen gehört, die im

besten Falle für kurze Zeit der Sensation einer Mode genügen.“201 Die mutmaßliche

Kurzlebigkeit der avantgardistischen Stilerscheinungen veranlasst Glaser dazu, diese

Richtungen mit dem Phänomen Mode gleichzusetzen, das „schon morgen der

gerechten Vergessenheit anheimgefallen sein wird“.202 Es sei schwieriger geworden

„die Begriffe ‚Stil’ und ‚Mode’“ zu differenzieren,

„denn beide Erscheinungen sind im letzten Grunde miteinander verwandt, und zumal in der Gegenwart ist es oftmals schwer, die oberflächlichen Wellenbewegungen der Mode von den tiefgreifenden Wandlungen des Zeitstils zu unterscheiden, da beide in den gleichen Erscheinungsformen sich manifestieren. Aber nach dreißig Jahren weiß man es genau, was uns eine Mode, was wesentlicher Ausdruck des Stiles gewesen ist, denn die Mode veraltet, während die Aeußerung des Zeitstiles immer ihre Geltungskraft bewahrt.“203

201 Glaser 1920.05.13. 202 Curt Glaser: Literarische Rundschau. „Im Kampf um die moderne Kunst“ *). In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 213, 09.05.1919. 203 Glaser 1920.05.13.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Glaser spricht diesbezüglich auch von der „Anonymität der Moden“, deren einzelne

Spielarten weder innerhalb einer Richtung noch innerhalb des Œuvres eines Künstlers

Persönlichkeit und individuellen Charakter zeigten.204 Häufig verwandte er die Begriffe

Mode und Manier synonym.205

Nachdem der Philosoph und Soziologe Georg Simmel Mode als soziologisches und

psychologisches sowie klassenspezifisches Phänomen zu Beginn des 20.

Jahrhunderts untersucht hatte, das in seinem Erklärungsmodell der Tendenz einerseits

zu sozialer Anerkennung und andererseits zu sozialer Differenzierung unterlag, wurde

das Schlagwort Mode mit Aufkommen der Avantgarden verstärkt auf die Kunst

übertragen. Simmel ging von einem das Vorangegangene revidierenden und mitunter

alte Formen wiederaufnehmenden Wesenszug der Mode aus, die dem Menschen

„doch immer etwas Äußerliches [gibt], und zwar selbst auf den Gebieten jenseits bloßer Kleidermoden; denn die Form der Veränderlichkeit, in der sie sich ihm bietet, ist doch unter allen Umständen ein Gegensatz gegen die Beständigkeit des Ichgefühls, ja dieses letztere muß gerade an diesem Gegensatz sich seiner relativen Dauer bewußt werden, nur an diesem Dauernden kann die Veränderlichkeit jener Inhalte sich überhaupt als Veränderlichkeit zeigen und ihren Reiz entfalten.“206

Ferdinand Avenarius warf in der Nachfolge Simmels den Vergleich zwischen moderner

Ausstellungskunst und Kleidermoden als einer der ersten Kunstkritiker innerhalb der

Debatten über die Avantgardekunst auf. Er sah die Dynamik der Kunstentwicklung in

Analogie zum schnellen Wandel der Kleidermode und umschrieb die Situation

folgendermaßen: „Statt einer Verinnerlichung eine Veräußerlichung. Für das, was

Ausdruck unsres innersten Lebens sein könnte, für die Kunst: Vermodung. In

Gedanken, Gefühlen, Gesichten: Moden, wie bei Krawatten und Turnüren.“ Im

„Schnellgelauf“ der Stilerscheinungen bemühten sich die Künstler darum, „daß sie ja

jeden Tag ganz vorn hinter die Leithammel kommen.“207 Die Aussage Avenarius’

unterstellt einen Nachahmungsdrang seitens der Künstler, den Simmel zuvor für die

soziale Disposition des Menschen ebenso konstatiert hatte: Die Mode „ist

Nachahmung eines gegebenen Musters und genügt damit dem Bedürfnis nach sozialer

Anlehnung, sie führt den Einzelnen auf die Bahn, die Alle gehen, sie gibt ein

Allgemeines, das das Verhalten jedes Einzelnen zu einem bloßen Beispiel macht.“208

Daher sei die Mode einem permanenten Wechsel der äußeren Erscheinungsformen

unterworfen. Über die Assimilierungs- und Differenzierungsmomente hinaus wurde

204 Glaser 1920.05.22. 205 Vgl. Glaser 1920.05.13, Glaser 1921, S. 700 und Glaser 1923.11.09. 206 Georg Simmel: Philosophie der Mode (= Moderne Zeitfragen 11). Berlin 1905, o. S. 207 Alle Zitate: A (= Avenarius, Ferdinand): Des Kaisers neue Kleider. In: Kunstwart und Kulturwart 26. Jg., H. 8 (1913), S. 81–88, S. 86. 208 Simmel 1905, o. S.

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Mode, ebenso wie Kitsch, häufig auch in Verbindung mit rein kommerziellen Interessen

gesehen.209 Letztere Lesart brachte Glaser bereits mit seiner Besprechung der 76.

Sturm-Ausstellung in die Diskussion über Schwitters’ Kunst ein.

Nach den ersten Begegnungen mit der Merzkunst variierte oder konkretisierte Glaser

lediglich seine diesbezüglichen Einwände, die er z. T. auch bereits im Zusammenhang

mit dem Kubismus angeführt hatte. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung

Glasers mit Schwitters’ Schaffen kamen daher nur wenig substanziell neue

Argumentationsfiguren hinzu. Auch ging der Kunstkritiker nur noch summarisch in

Form von kollektiven Besprechungen auf das Schaffen des Merzkünstlers ein.

Schwitters seinerseits beobachtete die publizistischen Aktivitäten des „Berliner Börsen-

Courier“ sehr aufmerksam, sollte jedoch nur auf Glasers erste Rezension vom 20. Juli

1919 reagieren.210

Glaser insistiert in einer Kunstkritik zur Berliner Kunstausstellung von 1920 nochmals

auf das epigonale Moment in Schwitters’ Merzwerken: „Auch die Klebearbeit, die

Picasso einstmals eingeführt hat, ist noch immer recht beliebt. Inzwischen ist ja in

Deutschland dafür der sinnvolle Titel der Merzmalerei eingeführt worden, und unter

dieser Firma geht das ‚Bild’ nun allmählich in den Spielzeugkasten über.“ Zudem setzt

Glaser darin die Merzmalerei in Analogie zu „Neurouppiner Bilderbogen“211 und bezieht

damit einen weiteren, vielfach genannten Diskurspunkt in seine Kritik ein.

Die seit 1800 entstandenen Neuruppiner Bilderbogen waren handwerklich-technisch

produzierte Massenmedien, die durch die häufig lose verbundenen oder illustrierenden

Abbildungsfolgen sowohl belehrende als auch unterhaltende Funktion hatten und

zumeist in Unterhaltungszeitschriften erschienen, wodurch sie eine weite Verbreitung

erfuhren. Die Entwicklung hin zu den Bildmassenmedien und die damit einhergehende

Verquickung von „Kunst, Wissenschaft, Technik und bildzentrierter

Massenbelustigung“ setzte bereits Ende des 18. Jahrhunderts ein.212 Im Zuge der

Herausbildung einer Kulturindustrie differenzierte sich das Angebot von Bildern in

unterschiedlichsten Formen und unter sukzessiver Erweiterung des Bildbegriffs weiter

209 Vgl. Brunhilde Wehinger: Modisch/Mode. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 4: Medien-Populär. Stuttgart u. a. 2002, S. 168–183, 177-178. 210 Vgl. Kurt Schwitters: Berliner BörsenKukukunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 50–51 und s.w.u. Kap. 2.1. 211 Beide Zitate: Glaser 1920.05.22. Dieser Vergleich findet sich erneut bei Frank Thiess im Zusammenhang mit Werken Iwan Punis und bei Richard Braungart in Bezug auf George Grosz’ Bilder, vgl. Th-ss (= Thiess, Frank): Galerie von Garvens. Russische Künstler. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 71, 25.03.1923 und Georg Hirschfeld: George Grosz im Spiegel der Kritik. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 5/6 (1920), S. 84–86, S. 84, der Braungart zitiert. 212 Oliver Robert Scholz: Bild. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 1: Absenz-Darstellung. Stuttgart u. a. 2000, S. 618–669, S. 656-657.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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aus. So bildeten sich im Bereich der angewandten Künste Massenmedien wie

Bildpostkarten, Klebebildchen und Öldrucke sowie die Fotografie und der Film heraus,

während die künstlerische Avantgarde zur reinen, abstrakten Malerei tendierte. Durch

diesen Hybridisierungsprozess etablierte sich einerseits die Massenkunst als populäres

Phänomen, andererseits zog dieser Prozess eine Einengung des Marktes für die

Hochkunst nach sich.213

Mit dem Vergleich zwischen den Merzbildwerken und Neuruppiner Bilderbögen in der

Rezension ruft Glaser diese Entwicklung resümierend auf und unterstellt damit

zugleich, Schwitters erhöhe seine trivialen und populären Massenprodukte, die der

Kunstkritiker an anderer Stelle als „sauren Kitsch“ bezeichnete, durch ihre öffentliche

Präsenz zu Ausstellungskunst. Außerdem spricht er sich, dem Nützlichkeitsverdikt des

l’art pour l’art folgend, implizit für die Einbehaltung der ab etwa 1800 geltenden

Trennung in freie und angewandte Kunst,214 für die Differenzierung zwischen

bildendem und handwerklichem Künstler aus, wie sie etwa bereits von Goethe

formuliert worden ist.215 Die Analogisierung beinhaltet in Andeutung zudem den der

abstrakten Kunst gegenüber häufig erhobenen Kritikpunkt,216 sie diene lediglich der

Illustration von Künstlertheorien.217

Ist im Schlagwort „Spielzeugkasten“ der Vorwurf einer kindlichen Ästhetik bereits

angeklungen, so führt Glaser seinen Vorbehalt gegen eine spielerisch-künstlerische

Praxis in einer weiteren Rezension konkreter aus. In der Merzkunst meint Glaser eine

„neue Richtung“ der trivialen Unterhaltungskultur zu erkennen, in der „Kinderspiel und 213 Vgl. ebd., S. 661-662. 214 Auf diesen Sachverhalt ging der Kritiker andernorts konkreter ein, vgl. Curt Glaser: „Angewandter Expressionismus“. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 149, 28.03.1920. 215 Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Kunst und Handwerk. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 70–73, S. 71-72. Im Übrigen rekurrierten alle Kritiker, die bezüglich Schwitters’ Kunst von Fabrikation oder Fabrizieren sprachen, auf diese Trennung zwischen Kunst und Handwerk, vgl. Dr. N. 9.7.1920 in der Besprechung ‚Kunstausstellung Dresden 1920’, zit. nach Kurt Schwitters: Tran 18 an Dresdener Kritiker, vermischt mit Eindrücken von der Bernaer Fochelwiehße. (Hier gannsde dir nachdrächlich das E.K. einz verdienen, hierr.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 85–87, S. 86, Wilhelm Lange: Der Sturm. Ausstellung des Kunstvereins. In: Göttinger Zeitung. Ausgabe 19980, 03.03.1922 und Hermann Alexander Müller; Hans Wolfgang Singer (Hgg.): Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Frankfurt a. M. 1922, S. 261. In diesen Diskursbereich gehört ebenso die Bezeichnung der Merzwerke als Produkte, vgl. ph.: Große Kunstausstellung II. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 62, 14.03.1929, Servaes 1920.06.22 und Hans Weigert: Abstrakte Kunst. Pieter Mondrian - Man Ray - Kurt Schwitters. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 26.09.1925 oder die Charakterisierung Schwitters’ als Produzenten, vgl. Ernst Cohn-Wiener: Auch eine Kunstausstellung. In: Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt. Ausgabe 168, 01.08.1919. 216 Die Andeutung präzisierte Glaser später, wenn er angesichts der Chagall-Rezeption von „bilderbogenhaften Illustrationen“ sprach, Glaser 1922.10.15. 217 Glaser selbst erwähnte das Argument sehr häufig. Futuristische Bilder umschrieb er als „Illustration ihres Programms“, Glaser 1912, S. 410 und vgl. Curt Glaser: Der erste deutsche Herbstsalon. In: Die Kunst für alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur 29. Jg., H. 3 (1913), S. 64–67, S. 67. Auch bezog er den Vorwurf auf die gesamte Avantgarde, vgl. Glaser 1919.07.20 oder auf die „absolute Malerei“, vgl. G. (= Glaser, Curt): Absolute Malerei. Zu einem Vortrage Kandinskys. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 214, 08.05.1922.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Hintertreppenroman triumphieren“ und der „Lunapark“ zum Ideal erhoben werde. Diese

neue Strömung bezeichnet er als den „jüngsten Infantilismus“.218

Der Begriff Infantilismus, der das Verharren in kindlicher Erscheinungsweise bei

Erwachsenen aufgrund einer körperlich und geistig gehemmten Entwicklung

umschreibt, wurde von dem Neurologen und Psychiater Ernest-Charles Lasègue Mitte

der 1860er Jahre geprägt. Auf psychischer Ebene wirkt sich der Infantilismus durch

kindliche Verhaltens- und Denkmuster aus, die mit geistiger Behinderung korrelieren

können. Um 1920 wurde das Phänomen begrifflich auf die bildenden Künste, genauer

auf die Bildwerke des Expressionismus übertragen, womit oftmals eine

psychologisierende Diffamierung der Künstler einherging. Von der psychoanalytischen

Perspektive aus versuchte Oskar Pfister den Expressionismus im Zusammenhang mit

kindlichen Ausdrucksformen zu erklären und terminologisch zu fassen.219 Seitens der

Kunsthistoriker brachte Leopold Zahn den Begriff in der Zeitschrift „Der Ararat“ im

Januar und in „Das Kunstblatt“ im März 1920 in die Expressionismusdebatte ein. Er

differenziert in seinem diskursprägenden Aufsatz „Über den Infantilismus in der Kunst“

drei Varianten des künstlerischen Infantilismus: „einen historisierenden“, der eine hohe

Affinität zu „ägyptischer und frühmittelalterlicher Kunst“ zeige, „einen

ethnographischen“, dessen bekanntester Exponent Gauguin sei, und einen „reinen

Infantilismus“, der, wie beispielhaft im Werk Henri Rousseaus, eine kindlich

aufgefasste Gefühls- und Erlebniswelt und ein Abrücken von der Realität

widerspiegele.220 Letzterer resultiere in seiner avantgardistischen Ausprägung aus

einer durch die Zeitumstände bedingten „Depossedierung der Ratio zugunsten des

Instinktes“ und führe zu einer Annäherung an den „primitiven, [...] infantilen Menschen“,

der keinen äußeren Einflüssen unterliege und dem „die bloße Existenz der Dinge [...]

von aufwühlender Bedeutung“ sei. Die Künstler des primitiven Infantilismus setzten

ausschließlich innere, aus dem Unterbewusstsein entstehende Bilder ins Werk.221

Auf diese Diskussion bezieht sich Glaser in seiner Rezension zur „Großen Berliner

Kunstausstellung“ von 1920, wenn er die Merzkunst als den „jüngsten Infantilismus“

etikettiert, wobei der Begriff Infantilismus bei ihm, anders als bei Zahn, eben wegen

des Ungleichgewichts zwischen Vernunft und Instinkt negativ besetzt war. Vornehmlich

verwandte Glaser den Terminus speziell in Bezug auf collagierte bzw. montierte

Bildwerke.222

218 Alle Zitate: Glaser 1920.05.22. 219 Vgl. Uwe Henrik Peters: Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, medizinische Psychologie. München 2007, S. 265. 220 Leopold Zahn: Über den Infantilismus in der Kunst. In: Das Kunstblatt 4. Jg., H. 3 (1920), S. 84–86, S. 84-85. 221 Alle Zitate: Ebd., S. 86. 222 Zur Ausstellung von Iwan Puni in der Galerie „Der Sturm“, vgl. Curt Glaser: Ausstellungen. In: Berliner

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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In der Merzkunst sah Glaser darüber hinaus die traditionelle Dichotomie zwischen

Inhalt und Form zugunsten letzterer aufgelöst. Bildästhetisch gesehen hätten

Schwitters’ Werke lediglich „einen dekorativen Effekt“, da sie die Gleichgültigkeit

beweisen, „mit was für Stoffen der Raum innerhalb der vier Rahmenleisten gefüllt

wird.“223 Abwertend schrieb der Kunstkritiker den Bildern Schwitters’ aufgrund ihrer

nicht eindeutigen inhaltlichen Disposition lediglich den Status eines Ornamentes zu.

Das Ornament verweise „auf eine Raum- oder Flächendekoration, die nicht den engen

Rahmen eines Bildes duldet“224, daher gehöre das Dekorative und mithin die abstrakte

Kunst in den Bereich des Kunstgewerbes.225 Denn der Sinn rein abstrakter Bilder

„erschöpft sich in ihrer dekorativen Bedeutung, da sie freiwillig auf räumliche Wirkung und Gegenständlichkeit verzichten. Es fehlt ihnen das Spannungsverhältnis zwischen Fläche und Raum, zwischen Bild und Wirklichkeit, das als ein wesentlicher und starker Faktor in den ästhetischen Genuß am Kunstwerk mitschwingt. Es fehlt ihnen jede Sinnlichkeit, die letzten Endes Nährboden und Voraussetzung der künstlerischen Schöpfung ausmacht.“226

Der Diskurs zur Ornamentarisierung der Kunst durch die völlige Abstraktion nahm in

den zeitgenössischen kunstkritischen Debatten breiten Raum rein. Die Kritiker

brachten mit diesem Argument ihre Ablehnung der abstrakten Kunst gegenüber zur

Sprache. Durch das Primat der Form, so der Vorwurf, werde die hohe Kunst zur

Dekoration degradiert und das autonome, funktionsentbundene Bildwerk diene nur

noch zur Verzierung der Wand.

Die Ornamentauffassung in der modernen Ästhetik hatte eine ambivalente

Entwicklung. Während das Ornament bei dem Philosophen und Kunsttheoretiker Karl

Philipp Moritz selbst Autonomiestatus erhielt und bei Goethe in einen organischen

Kontext gestellt wurde,227 betrachtete es Friedrich Theodor Vischer als notwendige

Vervollständigung eines Werkes, denn „nie wäre ein Bau schön zu nennen ohne die

dekorative Gliederung und weitere Verzierung“.228 Nach Gottfried Sempers

Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 87, 22.02.1921. Allgemein zur Entwicklung der Avantgardebewegungen, vgl. Glaser 1921.12.25. Nochmals auf Schwitters bezogen, vgl. Glaser 1922.12.04. Hier erteilt Glaser einen Seitenhieb auf Schwitters im Rahmen einer Besprechung der Beckmann-Ausstellung im Graphischen Kabinett von I. B. Neumann. Der Vorwurf des kindlich-künstlerischen Habitus’ steigerte sich bei pathologisierenden Kritikern zum Vergleich zwischen Bildwerken von Kindern, Naturvölkern, psychisch Kranken und Avantgardekünstlern, vgl. Wilhelm Weygandt: Kunst und Wahnsinn. In: Die Woche. Moderne Illustrierte Zeitschrift 23. Jg., H. 22 (4. Juni) (1921), S. 483–485 und s.w.u. Kap. 1.5.1. 223 Beide Zitate: Glaser 1921.04.22. 224 Glaser 1923.11.20. 225 Vgl. Glaser 1920.03.28. 226 Glaser 1922.05.07. 227 Vgl. Gérard Raulet: Ornament. Einführung. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 4: Medien-Populär. Stuttgart u. a. 2002, S. 656–673, S. 671-672. 228 Friedrich Theodor Vischer: Kritik meiner Ästhetik (1866/1873). In: Ders.: Kritische Gänge. Bd. 4. München 1922, S. 271-272, zit. nach Frank Lothar Kroll: Das Ornament III. Ornament und Historismus.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Ornamentlehre antizipierten dekorative Gegenstände die Funktion architektonischer

Elemente und waren aus materialästhetischen Bedürfnissen resultierende,

zweckgebundene Produkte. Der Kunsthistoriker Alois Riegl wertete das Ornament

gerade wegen seiner Ungegenständlichkeit, inhaltlichen Unbestimmtheit und

subjektiven Anlage als adäquaten Spiegel des Kunstwollens einer Zeit.229 Für Wilhelm

Worringer begann die Kunstproduktion „nicht mit naturalistischen Gebilden […],

sondern mit ornamental-abstrakten. Zum Linear-Anorganischen, jede Einfühlung

Abweisenden drängen die ersten Anfänge ästhetischen Bedürfnisses.“230 Der

Kunsthistoriker ging vom Abstraktionsdrang des Menschen als Grund für die

Entstehung der Ornamentik aus und konstatierte die damit verbundene Intention, der

beunruhigenden Erscheinungsvielfalt in der Natur entgegenzuwirken, womit Worringer

sich von Sempers Erklärung der materiellen Funktionsbestimmung von Ornamenten

und Riegls Begründung einer diesbezüglichen adäquaten Repräsentationsform des

Kunstwollens abhob.231

Der seit dem Historismus gesetzte, von Riegl positiv bestimmte und zur Demonstration

seines Kunstbegriffes herangezogene Topos der inhaltslosen Ungegenständlichkeit

wurde unmittelbar mit dem Auftreten der abstrakten Malerei als Vorwurf gegen diese

gewendet. Auch Glaser vertrat diese Einstellung. Wenn der Kunstkritiker die

ungegenständliche Malerei zudem als „Ausläufer der materialistischen

Weltanschauung“ bezeichnete, dann zielte er ebenso negativ auf die materialistische,

funktionsgebundene Auffassung Sempers, die unvereinbar war mit seiner vitalistischen

Anschauung.232 Glaser war nicht der erste, der das Verdikt der Ornamentierung als

Argument gegen die abstrakte Malerei ins Feld führte. Nachdem der Kunstkritiker

Oskar Bie anlässlich der ersten Ausstellung der „Neuen Sezession“ in Berlin die neue

Kunst als die Konsequenz „des modernen dekorativen Wesens“ umschrieben hatte,233

wies auch Julius Meier-Graefe auf „das Dekorative als allerneueste, von den Künstlern

selbst gesetzte Kategorie“ hin.234

Bei der Einschätzung abstrakter Kunst als Ornament allerdings wurden weder

kunstimmanente noch semiotische Besonderheiten mit bedacht. Das künstlerische

Interesse verschob sich zwar von den Inhalten zur Form und zum Sichtbarmachen der

Verfahrensweisen. Der Zeichencharakter der Fragmente in montierten Werken blieb Das 19. Jahrhundert. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 4: Medien-Populär. Stuttgart u. a. 2002, S. 673–678, S. 673. 229 Vgl. Kroll 2002, S. 674-675 und s.w.u., wo auf den Begriff des Kunstwollens ausführlich eingegangen wird. 230 Wilhelm Worringer: Abstraktion und Einfühlung. Ein Beitrag zur Stilpsychologie (= Fundus-Bücher 144). Dresden 1996 (EA München 1908, zugl. Diss. Univ. Bern 1907), S. 94. 231 Vgl. Kroll 2002, S. 674-675. 232 Glaser 1920.05.13. 233 Oskar Bie: Die neue Secession. In: Die neue Rundschau 21. Jg. (1910), S. 1623–1624, S. 1623. 234 Meier-Graefe 1913, S. 489.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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dennoch hoch relevant. Wird das Zeichenhafte der montierten Versatzstücke bei der

Rezeption allerdings nicht berücksichtigt, kann das Montageprinzip entweder als

nackter Realismus oder als belanglose Abstraktion gedeutet werden. Glasers Urteil

über die Merzkunst war diesbezüglich ambivalent. Bei der Deutung der Merzwerke

schwankte er zwischen Dekoration235 und krasser Gegenständlichkeit.236

In der avantgardistischen Kunst erkannte Glaser kaum Ansätze zu einer künstlerisch

hinreichenden „Qualität der Leistung, die das unmittelbare Erlebnis ebenso zur

Voraussetzung hat wie handwerkliches Können“.237 Durch das Festhalten auch am

Herderschen Diktum - Kunst komme von Können - distanzierte sich Glaser bewusst

von Alois Riegls Begriff des Kunstwollens, den Glaser in Abgrenzung hierzu

allgemeiner und gleichbedeutend mit dem Ziel eines Künstlers, unabhängig vom

Einfluss ästhetischer Erscheinungen zu schaffen, verwandte.238 Riegl ging davon aus,

dass „das Können nur eine sekundäre Folgeerscheinung des Wollens ist.“239

Kunstwerke waren demnach „das Resultat eines bestimmten und zweckbewußten

Kunstwollens“.240 Formen entstanden nach dieser Vorstellung nicht mehr aus dem

Zusammenwirken von materiellen und technischen Bedingungen sowie praktischen

Zwecken, sondern „aus innerem Drang, ohne alle äußeren Vorbilder“.241 Riegl prägte

mit seiner Erklärung für den stilistischen Wandel, die er im Terminus des Kunstwollens

zusammenfasste, einen Gegenbegriff zum Können als vormals maßgebliches Kriterium

für die Kunstproduktion. Als menschliches Bedürfnis bezog er das Kunstwollen auf

jeden Bereich künstlerischer Gestaltung. Ausgehend von Riegls Auffassung setzte

Wilhelm Worringer den künstlerischen Willen absolut242 und spezifizierte das

Kunstwollen als „Wille zur Form“243, zur abstrakten Form, die eine Distanz zum Alltag

ermögliche.244 Glaser wählte bezüglich der beiden Anschauungen einen Mittelweg.

Einem Kunstwerk sei zwar „unbewußtes Wollen immanent“245, dieses Wollen aber

müsse sich notwendigerweise mit handwerklichen Kompetenzen verschränken: „Das

Wollen allein aber genügt nicht zum Werke […]. Erst die Erfüllung des Gewollten

235 Vgl. Glaser 1921.04.22. 236 Vgl. Glaser 1919.07.20 und Glaser 1920.05.22. 237 Curt Glaser: Große Berliner Kunstausstellung 1921. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 223, 15.05.1921. 238 Vgl. Strobl 2006, S. 176. 239 Worringer 1996/1908, S. 42-43. 240 Alois Riegl: Die spätrömische Kunstindustrie nach den Funden in Österreich-Ungarn im Zusammenhange mit der Gesamtentwicklung der Bildenden Künste bei den Mittelmeervölkern. Wien 1901, S. 9. 241 Alois Riegl: Historische Grammatik der bildenden Kunst, entst. 1897/98, zit. nach Flach 2005, S. 8. 242 Vgl. Worringer 1996/1908, S. 47. 243 Ebd., S. 86. 244 Vgl. ebd., S. 52-54. Zur Biografie des Begriffs, vgl. Ullrich 2006, S. 189-208. 245 Curt Glaser: Kerschbaumer, Kroner und Belling. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 599, 24.12.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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innerhalb der eigenen Dimensionen der Kunst gibt dem Werk das Daseinsrecht“ und

diese Erfüllung müsse zwingend mit traditionell bedingten, handwerklich-technischen

Fertigkeiten einhergehen.246 Durch die Einführung des Begriffs in die Kunstbetrachtung

sei nicht nur das Kunsturteil beliebig oder gar obsolet geworden, dem

Avantgardekünstler diene der Begriff als positiver Verstärker bei der selbst

autorisierten Legitimierung seines Schaffens und führe sogar zur

„Selbstüberhebung“.247 Vor diesem Hintergrund bewertete Glaser die Merzbildwerke

als „krampfhafte[s] Wollen“ im Gegensatz zu „tüchtigem Können“.248

Im Zusammenhang mit dem polyvalenten Nebeneinander und raschen Nacheinander

der Ismen zog Glaser, wie bereits ausgeführt, immer wieder die Analogie zum

Phänomen Mode, das an den Anspruch gekoppelt sei, immer auf dem neuesten Stand

zu sein.249 Diesen Anspruch sah er um 1922 gesteigert zu einem Aktualitätszwang, der

die Entwertung des jeweils Vorangegangenen zur Folge habe. Und „man beweist

durch den Besitz einiger Bilder von Schwitters, daß man auf der Höhe seiner Zeit steht

[...]. Aber der Sinn dieser Dinge erschöpft sich in ihrer Aktualität.“250 Dieser

Sachverhalt, so Glaser, sei bedingt durch die mangelnde Stringenz in der Entwicklung

der neuesten Kunstrichtungen. Mithin sprach er einer Kunstpraxis, die nach einem

Rezept verfuhr, Entwicklungsfähigkeit ab, die Fähigkeit nämlich, einen eigenen Stil bis

zu seiner Reife zu entfalten, welche für Glaser zu den wesentlichen Kriterien von Kunst

zählte.251 Die Entwicklung eines Künstlers müsse

„ein ständiges Werden und Weiterbauen in allen produktiven Zeiten [beinhalten], und man kann Gesundheit und Schöpferkraft einer Epoche daran ermessen, wie sie mit dem ererbten Gut schaltete und wie sie es mehrte. Entwicklung ist keineswegs Annäherung an ein gedachtes, ideales Endziel, Entwicklung ist auch keineswegs gleichbedeutend mit dem Aufstieg auf einer immer weiter emporführenden Bahn, aber Entwicklung ist ein zuinnerst sinnvolles Geschehen“.252

Auf Wölfflin rekurrierend verstand Glaser Stilentwicklung als einen nachhaltigen,

organischen Prozess, der sich in einer hin- und herpendelnden Abfolge von

Divergenzen vollziehen und zu dem Phänomen des Stilpluralismus in kritischer Distanz

246 Curt Glaser: Die Welt als Vorstellung. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 151, 30.03.1919. 247 Glaser 1919.12.24. 248 Beide Zitate:Glaser 1921.04.22. 249 Vgl. Curt Glaser: Kunstausstellungen Berlin 1919. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 341, 25.07.1919. Das Argument war bereits im Ramdohr-Streit vorgebracht worden s.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. 250 Glaser 1922.12.04. 251 Vgl. Glaser 1921.04.22. 252 Curt Glaser: „Entwicklung“. Eine Ausstellungskritik. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 7, 05.01.1922.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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stehen sollte.253 „Im Zeitalter der ‚Merzmalerei’“ aber sei ein sprunghafter und abrupter

Verlauf der künstlerischen Entfaltung nicht zu verwundern. Der Affront aber bestehe

darin, dass die Künstler einen solchen Verlauf selbst als Entwicklung ausgäben:

„Dagegen muß man protestieren. Entwicklung sieht denn doch anders aus. Und gerade weil all diese Stilfexereien und Erfindungen neuer Manieren in der Entfaltung einer persönlichen Kunstsprache nicht bedingt sind, darum sind sie auch unwesentlich für die Entwicklung der Kunst im weiteren Sinne, für die Stilbildung der Epoche, die sich unabhängig von solchem abwegigen Treiben vollzieht.“254

Hiermit quittiert Glaser die Abkehr von der evolutionären Entwicklung und vom

Einrücken in eine Abfolge von aus seiner Sicht a-historisch entfalteten Stilen. Der

Traditionsbruch korreliere mit einem Überbietungsgestus der immer neuen

Stilerscheinungen, die sich in der sensationsbehafteten Konkurrenzsituation der Ismen

exponieren müssten, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Das Wesen der

Avantgardekunst liege somit, so Glaser, allein in ihrem augenblicklichen

Aktualitätswert. Der Theorie der Abstumpfung zufolge müssten daher die Reizmuster

kontinuierlich gesteigert werden, woraus ein Innovationszwang entstehe, der sich in

der „Sucht nach sensationeller Wirkung erschöpft.“255

Das Vorgehen, immer neue Gestaltungsprinzipien zu entwickeln, die „Sucht nach

‚Neuestem’“256 und die „verschrobene[] Sucht, Sensation zu erregen“, wurden

insbesondere als Argumente gegen die Avantgardekunst in Bezug auf die dadaistische

Bewegung genannt.257 Der Journalist Paul Landau spricht anlässlich Schwitters’ erster

großer Ausstellung in Berlin ebenfalls von „Sucht nach Originalität um jeden Preis, die

Zweifel und Bedenken weckt.“258 Die Innovationssucht und der absichtliche

Traditionsbruch galten als Verstoß gegen die Forderungen der Kunstautonomie, die

eine traditions- und kanongebundene Ästhetik und einen an der Tradition sowie an

handwerklichem Selbstverständnis orientierten Künstler einschloss.259

Der Prozess der stetigen Erneuerung der Kunst setzte ein mit Kants Forderung nach

Originalität des autonomen, schöpferischen Künstlers, der den Kanon der Kunst

fortwährend weiterentwickeln sollte. Innovations- und Originalitätsstreben wurde

innerhalb der Avantgardeströmungen zur künstlerischen Strategie und von den

meisten auch zum Ziel des Schaffens erhoben. Die jeweils neuere Stilrichtung grenzte

253 Vgl. Strobl 2006, S. 203. 254 Glaser 1922.01.05. 255 Glaser 1922.10.15. 256 P. F.: [Kultur-Bolschewismus]. In: Neue Preussische Zeitung, 03.07.1920. 257 wg.: Literarische Vergiftung. In: Deutsche Zeitung. Unparteiisches Volksblatt Berlin. Ausgabe 187, 13.04.1918. 258 Paul Landau: Aus den Kunstausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 173, 24.04.1920. 259 Vgl. Till R. Kuhnle: Tradition/Innovation. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 6: Tanz-Zeitalter/Epoche. Stuttgart u. a. 2005, S. 74–117, S. 101.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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sich von der früher etablierten als innovativer ab, womit die älteren künstlerischen

Leistungen v. a. seitens des Futurismus und des Dadaismus radikal in Frage gestellt

wurden. Ebenso wie Glaser in der zitierten Textpassage warnten viele Kritikerkollegen

in den 1920er Jahren vor der diesbezüglich möglichen Erschöpfung des produktiven

Potentials, da die meisten Kritiker von einer linearen und sich steigernden

Weiterentwicklung ausgingen. Trotz aller negativer Prognosen aber ermöglichten

gerade die häufig kritisierten verschiedenartigen Ansatzpunkte, die neuen

Problemstellungen und die mediale Erweiterung der Kunst eine nichtlineare

Entwicklungsdynamik, womit wiederum Voraussetzungen für neue künstlerische

Positionen geschaffen wurden.260

Im Verlauf der 1920er Jahre wurde Glasers Tonfall in Bezug auf die progressive Kunst

spürbar milder, auch die Stoßkraft seiner Gegenargumente ließ deutlich nach, da er

nun mehr der Meinung war, dass „die Gegenstandslosigkeit bereits an Anziehungskraft

einzubüßen beginnt.“261 Zu einer die neuen Strömungen akzeptierenden Haltung fand

er jedoch nicht. Der zunehmenden Elementarisierung in der Kunst gegenüber verhielt

er sich seiner dem Gegenständlichen verhafteten Auffassung entsprechend weiterhin

reserviert. Demgemäß schreibt er 1924 zu den Überlegungen über die „Konsequente

Dichtung“ von Schwitters anlässlich der 132. Sturm-Ausstellung:

„Aber was sind die Elemente? Sehr einfach, heißt die Antwort: Kreis, Quadrat, Rechteck, gerade Linie als Form, Schwarz und Weiß als Farbe für die Malerei, Buchstaben, nicht Worte, für die Dichtung. Kurt Schwitters hat das ernstlich in seiner Theorie der ‚konsequenten Dichtung’ behauptet […]. Hier liegt es auf der Hand, wie scheinbare Konsequenz zum Unsinn wird, da Buchstaben alles andere als Elemente, vielmehr abstrakt und in der Realität der Sprache gar nicht vorhandene Gebilde sind.“262

Mit der Elementarisierung und der Transponierung inhaltlicher Fragestellungen in

originär künstlerische Bereiche seitens der Künstler ging für Gegner der abstrakten

Kunst ein radikaler Bedeutungsverlust einher, der von anderen Kritikern als Nihilismus

umschrieben wurde und aus der kunstkritischen Perspektive zur Auflösung der Kunst

selbst zu führen drohte.263 Dem Gedanken schließt sich auch Glaser in seinem

260 Vgl. Karlheinz Barck: Avantgarde. In: Ders. (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 1: Absenz-Darstellung. Stuttgart u. a. 2000, S. 544–577, S. 560. 261 Curt Glaser: Große Berliner Kunstausstellung im Ausstellungspark. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 233, 22.05.1926. 262 Curt Glaser: Ausstellungen. Faktur-Kontrasta und anderes. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 321, 11.07.1924. Die Weiterentwicklung des bildkünstlerischen Werkes von Schwitters und damit die Aufnahme konstruktivistischer Tendenzen verfolgte Glaser nicht. In seiner Besprechung zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ 1926, in der Schwitters u. a. mit dem konstruktivistischen „Relief mit gemaltem gelben Viereck“ vertreten war, geht der Kritiker nicht mehr auf den Künstler ein, vgl. Glaser 1926.05.22. 263 Vgl. Gustav Erenyi: Ästhetischer Nihilismus. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur,

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Kommentar an. Denn bei der Beurteilung der elementaren Kunst setzt Glaser die

kommunikative Funktion eines Werkes bzw. die Möglichkeit der kontemplativen

Einfühlung als Maßstäbe voraus.264 Mit Blick auf diesen Sachverhalt sieht er daher in

der konsequenten Dichtung von Schwitters einen Nullpunkt erreicht:

„‚Buchstaben haben keinen Begriff’, sagt Kurt Schwitters, und damit hat er recht, recht sogar gegen sich selbst, und sie sind auch vom formalen Standpunkt absolut Neutra, sie sind unbetont, darum darf man sie verwenden, wenn man nichts mehr zu vermeiden wünscht als irgendeine Assoziation, sei es des Gefühls oder der Erinnerung“.265

Glaser betrachtet die elementare Kunst als letzte Stufe der Auflösungserscheinungen

in der Kunst und verbindet damit die Preisgabe letzter sinngebender ästhetischer

Werte. Damit würden auch alle Verbindungsmomente zwischen Kunstwerk und

Rezipient geleugnet. Formal wie inhaltlich sei hier der absolute Nihilismus erreicht.

Dies bedeutete in Anlehnung an Friedrich Nietzsche eine Absage an objektive und

beständige Wahrheiten. Für Nietzsche stellte der Nihilismus ein „pathologisches“

Übergangsstadium zwischen Verfall und „Rückkehr zur Natur“, zur Ganzheitlichkeit

dar,266 wobei er „pathologisch“ als „die ungeheure Verallgemeinerung, [als] Schluß auf

gar keinen Sinn“ definierte.267 Nihilismus war demnach eine dekadente Strömung, die

die Realität entweder radikal ablehnte oder diese umgestalten will und davon ausging,

„[d]aß es keine Wahrheit gibt; daß es keine absolute Beschaffenheit der Dinge, kein ‚Ding an sich’ gibt. - Dies ist selbst nur Nihilismus, und zwar der extremste. Er legt den Wert der Dinge gerade dahinein, daß diesen Werten keine Realität entspricht und entsprach, sondern daß sie nur ein Symptom von Kraft auf Seiten der Wert-Ansetzer sind, eine Simplifikation zum Zweck des Lebens.“268

Nietzsche differenzierte innerhalb seines Nihilismuskonzeptes zwei Arten dieser

Anschauung, den „aktiven“ und den „passiven“ Nihilismus. Letzterer wurde „als

Niedergang und Rückgang der Macht des Geistes“ identifiziert und gehe, so Nietzsche,

mit dem Glaubensverlust an alte Werte einher.269

An diese Überlegungen knüpft Glaser an und konstatiert den Elementarismus

betreffend die vollständige Abkopplung der formalen Mittel von inhaltlichen

Sachverhalten und damit die Aufkündigung der bisher gültigen Gehaltsästhetik. Die

Wirtschaftsleben und Kunst 49. Jg., H. 1/2 (1920), S. 362–365, S. 365. Erenyi setzte den „aesthetischen Nihilismus“ mit „aesthetischer Impotenz“ gleich. 264 Vgl. Glaser 1923.11.20. 265 Glaser 1924.07.11. 266 Friedrich Nietzsche: Der Fall Wagner, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 68845 (vgl. Nietzsche-W Bd. 2, S. 907). 267 Friedrich Nietzsche: Aus dem Nachlaß der Achtzigerjahre, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band31.htm, S. 9009 (vgl. Nietzsche-W Bd. 3, S. 557). 268 Ebd. 269 Nietzsche 2004/1888, S. 68845 (vgl. Nietzsche-W Bd. 2, S. 907).

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Eigenwertigkeit der Form, über die die neue kunstimmanente Inhaltlichkeit generiert

wurde, im Falle der konsequenten Dichtung die grafische und klangliche Disposition

von Buchstaben, lässt Glaser für sich allein als Kunstwert nicht gelten. Bei diesem

Resümee - es handelt sich nachweislich um Glasers letztes Statement über Schwitters

- ist jedoch die Trennschärfe zwischen der Diskursfigur Nihilismus und der Rede über

das Ende der Kunst sehr gering.

Glasers kunstkritische Position zusammenfassend kann angemerkt werden, dass der

Kunstkritiker an Werkkriterien festhielt, die Walter Benjamin als „Hydra der

Schulästhetik mit ihren sieben Köpfen: Schöpfertum, Einfühlung, Zeitentbundenheit,

Nachschöpfung, Miterleben, Illusion und Kunstgenuß“ bezeichnete.270 Diese

kunstwerkästhetische Sichtweise allerdings stand einer verständnisvollen Aufnahme

der Avantgardekunst entgegen. Aus der Differenz dieser beiden Anschauungen

resultierte Glasers Erregung, seine „leidenschaftliche Ablehnung“ der progressiven

Malerei und im Falle Schwitters’ lag der Grund für die ablehnende Kritik auch in seinen

prinzipiellen Vorbehalten Herwarth Walden gegenüber, v. a. wegen dessen reißerisch

forcierten Vermarktungsstrategien.271 Das konkrete Ziel der Attacken gegen Schwitters

war die relativ neue künstlerische Machart der Merzwerke, die Glaser als unmittelbare

und unmodifizierte Aneignung der Techniken Picassos bewertete. Zu dieser

Einschätzung gelangte Glaser, weil er nur z. T. das bildnerische Œuvre von Schwitters

und partiell seine ästhetischen Reflexionen berücksichtigte und das literarische Werk

unbeachtet ließ.

Glasers Urteil über die Avantgarde im Allgemeinen und über die Merzkunst im

Besonderen wurde deshalb so ausführlich besprochen, weil er zum einen der erste

war, der auf den Merzkünstler v. a. substantiell reagierte und weil er zum anderen die

wesentlichsten Kritikpunkte innerhalb des Diskurses über die Merzkunst zuerst nannte.

Die Gründe für seine Ablehnung von Schwitters’ Kunst lassen sich auf die

kunstkritischen Motive fast aller Gegner der Merzkunst übertragen. Glasers

Kunstkritiken beinhalteten die wichtigsten Argumente gegen die

Nachkriegsavantgarden. Insbesondere mit Blick auf die Merzkunst prägte er den

Begriff des „sauren Kitsches“ und führte damit als einziger Kunstkritiker einen Terminus

in den Schwitters-Diskurs ein, der eine gewisse kunstkritische Nachwirkung haben

sollte. Aufgrund dieser Sachverhalte übernahm er die Rolle des Diskursführers in der

zeitgenössischen Kritik zur Merzkunst.

270 Walter Benjamin: Literaturgeschichte und Literaturwissenschaft (1931). In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd. 3. Frankfurt a. M. 1972, S. 286, zit. nach Pudelek 2005, S. 523. 271 Glaser 1919 (05), S. 742 und vgl. Strobl 2006, S. 97.

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1.1.2 Ernst Cohn-Wiener Ernst Cohn-Wiener, ein weiterer Hauptkritiker von Schwitters, studierte

Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie in Berlin und Heidelberg, wo er sein

Studium 1907 abschloss. Bis zu seiner Entlassung 1933 war er als Dozent an der

Friedrich-Humboldt-Universität in Berlin tätig.272 Daneben schrieb er u. a. für die

Zeitschrift „Der Cicerone“ und die „Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt“, war

Herausgeber der „Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft“ und

Verfasser von unabhängigen Publikationen wie „Die Entwicklungsgeschichte der Stile

in der bildenden Kunst“, „Das Kunstgewerbe des Ostens“, „Willy Jaeckel“, sowie „Vom

griechischen Theater zum Kino“. Als Kunsthistoriker unterhielt er eine rege

Vortragstätigkeit u. a. in Hannover über „Deutschlands künstlerische Zukunft“ im

Februar 1919.273

Mit „Die Entwicklungsgeschichte der Stile“ veröffentlichte Cohn-Wiener eine der ersten

Darstellung der Stilgeschichte in einem kontinuierlichen Fortlauf von der Antike bis zur

Gegenwart.274 Darin schreibt er, jeder Stil und dessen Parallelphänomene in anderen

künstlerischen Bereichen basierten „auf der gemeinschaftlichen Entwicklung der

menschlichen Gefühlskomplexe“275 und gingen zurück auf „ein soziales Gesetz“.276

Hierbei knüpft Cohn-Wiener an die Kommensurabilitätstheorie von Heinrich Wölfflin

und an dessen psychologische Begründung der zweckmäßigen Form an.277 In seinem

Entwicklungsmodell geht er, ähnlich wie Wölfflin, nicht von einer der Natur analogen

zyklischen Entfaltung, sondern von Früh- und Spätphasen eines Stils aus und

umschreibt in Anlehnung an Schillers Dichotomie die künstlerische Auffassung der

Anfänge als „einfach und ‚naiv’“ und die der Stilausklänge als „kompliziert, ‚sentimental’

und selbst ekstatisch“.278 Schiller wiederum hat unter dem Naiven das Natürliche als

Gegenteil zum Künstlichen, Sentimentalischen verstanden.279 Während Naivität für das

Prinzip der alten Dichtung stehe, die die Natur „aus der ersten Hand zu verstehen“280

lehre und „bloß der einfachen Natur und Empfindung folgt und sich bloß auf

272 Vgl. Anonym: Cohn-Wiener, Ernst. In: Killy, Walter (Hg.): Deutsche biographische Enzyklopädie. 12 Bde. Bd. 2: Bohacz-Ebhardt. München 1995, S. 353. 273 Vgl. Anonym: Eindrücke eines Achtzigjährigen über „Die Zukunft der deutschen Kunst“. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34248, 04.02.1919. 274 Vgl. Walter Passarge: Die Philosophie der Kunstgeschichte in der Gegenwart. Berlin 1930, S. 65. 275 Ernst Cohn-Wiener: Die Entwicklungsgeschichte der Stile in der bildenden Kunst. 2 Bde. Bd. 2: Von der Renaissance bis zur Gegenwart. 2. Aufl. Leipzig u. a. 1917, S. 102. 276 Ebd., S. 103. 277 S.w.u. in diesem Kapitel, wo die Kommensurabilitätstheorie eingehender besprochen wird. 278 Cohn-Wiener 1917, S. 102. 279 Zur Antinomie Schillers, vgl. Carlos Rinón: Naiv/Naivität. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 4: Medien-Populär. Stuttgart u. a. 2002, S. 347–377, S. 361-362. 280 Friedrich Schiller: Über naive und sentimentalische Dichtung, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 44997 (vgl. Schiller-SW Bd. 5, S. 713).

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Nachahmung der Wirklichkeit beschränkt“281, stelle Sentimentalität das Grundprinzip

der neuen, modernen, subjektiven und reflektierenden Haltung dar,282 „und nur auf jene

Reflexion ist die Rührung gegründet, in die er [der Künstler] selbst versetzt wird und

uns versetzt. Der Gegenstand wird hier auf eine Idee bezogen, und nur auf dieser

Beziehung beruht seine dichterische Kraft.“283

In Anlehnung an die klassische Kunstauffassung standen demnach solche Kunstwerke

im Fokus von Cohn-Wieners kunstkritischer Beurteilung, in denen „ein leitender

Gedanke sichtbar“ wird.284 Bei der künstlerischen Rezeption sollten Vorbilder lediglich

als Inspiration dienen, sodass „immer ein persönliches Werk [entsteht], das oft

ausdrucksvoller als die Anregung ist.“285 Der Kunstkritiker teilte somit die Abneigung

der meisten seiner Zeitgenossen Stilanleihen gegenüber und plädierte für eine

eigenständige, originär malerische oder zeichnerische Formschöpfung. Damit hielt

auch er an der Individualästhetik fest. Die „seelische Begründung“ einer Formfindung

habe nachvollziehbar zu sein. Formale Übersteigerungen indes lehnte Cohn-Wiener

als unhaltbar ab. „Es ist wichtig, daß sich zwischen diesen beiden Gefühlswerten, die

sich im Grunde als Pathos und Sentiment, als lautes und leises Erregtsein

entsprechen, allmählich ein Ausgleich, etwas wie ein Stil anzubahnen scheint.“ Hierbei

zielte er auf eine Synthese zwischen einer übersteigerten, theoriezentrierten und einer

einfachen, naturorientierten Auffassung, wie sie Schiller durch sein Begriffspaar zum

Ausdruck gebracht hatte, sowie auf eine organische Entwicklung. Ein

anerkennenswertes Werk zeichne sich somit durch eine „Entwicklung zur

ungezwungenen Selbstverständlichkeit des Ausdrucks“ aus, der zwingend an eine

malerisch-gegenständliche Repräsentationsweise gebunden war.286

Vor diesem Hintergrund ging Cohn-Wiener auf kritische Distanz zur künstlerischen

Abstraktion. In den Farb-Form-Modulationen der rein abstrakten Malerei allerdings

fehlten die „realistischen Elemente“, so Cohn-Wiener, sodass die „erblickbaren

Differenzen zwischen den Bildern fast nur kompositionell sind, daß Formelemente und

Farben [...] fast bei allen Bildern dieselben bleiben.“ Bei den Werken der neuen Malerei

zeichne sich daher eine allgemeine Absage an die Autonomie des Einzelbildes ab.

„Daß diese Formabstraktion immer weiter ins Ornamentale führen muß, ist hier so klar

wie in der frühchristlichen Kunst.“ Cohn-Wiener nahm hier Rekurs auf die 281 Ebd., S. 45008 (vgl. Schiller-SW Bd. 5, S. 720). 282 Vgl. ebd., S. 44971 (vgl. Schiller-SW Bd. 5, S. 696). 283 Ebd., S. 45009 (vgl. Schiller-SW Bd. 5, S. 720-721). 284 Ernst Cohn-Wiener: Ausstellungen. Berlin. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 19 (1919), S. 629–630, S. 629. 285 Ebd., S. 630. 286 Alle Zitate: Ernst Cohn-Wiener: Ausstellungen. Berlin. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 21 (1919), S. 706–707, S. 707.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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zeitgenössische Diskussion zur Rückbindung des autonomen Bildes an die Architektur

als schmückendes Beiwerk. Darin sah er aber keinen Endpunkt erreicht, sondern

vielmehr den Beginn einer neuen Stilphase. Die durch nicht gegenstandsgebundene

Konturen und Großflächigkeit gekennzeichnete, zur Wandmalerei tendierende Bildform

sei „eine höchst logische Konsequenz, die dadurch, daß sie das unbewußte

Zusammengehen der Sturmbewegung mit der allgemeinen Entwicklung zum

Tektonischen deutlich verrät, sehr aufschlußreich wirkt.“287 Mithin hatte die Abstraktion

als Wandschmuck ihre Berechtigung, als ein autonomes, durch Rahmung

abgeschlossenes Einzelwerk aber ließ der Kunstkritiker die Ungegenständlichkeit nicht

gelten.

Während Cohn-Wiener durch sachlich-vermittelnde Sprachhaltung und Wortwahl den

Lesern signalisierte, der Expressionismus figurativer Ausprägung sei eine

ernstzunehmende Kunstrichtung, schlug der Kunsthistoriker in Artikeln, in denen er

über die dadaistische Bewegung berichtete, einen negativ-wertenden, ironischen Ton

an. Die antikünstlerische Haltung der Dadaisten legte er als eine höchst ambivalente

dar. Um seine fehlende Bereitschaft der Anerkennung dieser Bewegung zu bekunden,

rezensierte Cohn-Wiener bspw. die erste Dada-Ausstellung im Graphischen Kabinett

I. B. Neumann im Sommer 1919 in persönlicher Form und wendet sich in der Du-Form

in dem „Offenen Brief an den Oberdada Baader“:

„Lieber Oberdada! / Es ist sehr lieb von Dir, uns in dieser tristen Zeit ein bißchen Spaß zu machen. Du [...] freust Dich über die amüsante Ernsthaftigkeit, mit der unsere Snobs Deine Kunst diskutieren. Denn: lacht man vor den Scheusälern, die Du aus altem Papier, fragmentierten Kämmen, Wichsbürsten und Bleistiften zusammenpappst, und dann ist man natürlich ein impressionsistisch-verkalkter Banause. Oder man fragt nach Deinen Kunstabsichten, nimmt die Sache ernst und dann amüsierst Du Dich erst recht, weil Du sie selbst nicht ernst nimmst.“288

Spiegelbildlich zeigt er dem Dada-Schriftsteller Johannes Baader die Ambiguität und

Abwehrhaltung seines Verhaltens auf, um ihn vorzuführen und seine Argumente zu

widerlegen. Anstatt in einer bürgerlichen Institution hätte er die „Erste Internationale

Dadamesse“ in der Kunsthandlung Burchard im Sommer 1920, so Cohn-Wiener in

einem weiteren Artikel, besser auf einem „Rummelplatz [...] zwischen Karussels,

Rutschbahnen, Boxern, Orchestrions und Leierkasten die bunteste Bude aufgemacht,

die beiden Herzfeldes mit Pauke und Triangel rechts, George Groß mit einer langen

Posaune links hingestellt“, um dem antibürgerlichen und radikalen Selbstanspruch zu

287 Alle Zitate: Ebd. 288 Ernst Cohn-Wiener: Offener Brief an den Oberdada Baader. In: Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt. Ausgabe 92, 30.04.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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genügen.289 Cohn-Wiener weist auf den Bruch zwischen Vorsatz und Umsetzung hin,

indem er dadaistische Forderungen reformuliert und als Zitate ausweist und damit

deren Uneinlösbarkeit und Unsinnigkeit verdeutlicht.

Dieser Haltung entsprechend reagierte der Kunstkritiker mit einem teils belustigenden,

teils ernsten Kommentar zur Merzkunst und verfasste die Rezension „Auch eine

Kunstausstellung“ zur 76. Sturm-Ausstellung in der Form eines fiktiven Dialoges

zwischen einem Journalisten und dem Künstler Schwitters. Als Prolog erfolgt eine

klassische journalistische Einleitung, die die wesentlichen Informationen zur

Ausstellung, wie ausstellender Künstler, Exponate und Ort beinhaltet. In ironischer

Brechung zum Kontext der erwarteten Präsentation konventionell geschaffener Werke

in einer Kunstausstellung zählt Cohn-Wiener die Bestandteile von Merzbildern auf:

„Alte Vorhängeschlösser, Konservenbüchsenböden, Sprungfedern, Spiel-, Butter-, Milch-, Fleischkarten, Postpaketadressen, Holzleisten, Kinderwagenräder - ein solider Müllhaufen? - Nein, die Palette des Herrn Kurt Schwitters! - In der Brockensammlung? Nein, in der Kunstausstellung des ‚Sturm’. Mit einem unbegreiflich soliden Klebstoff zusammengepappt, hängen sie dort, feierlich gerahmt, an den Wänden, als Bilder schwungvoll betitelt ‚das Kreuz des Erlösers’, ‚Konstruktion für edle Frauen’ usw. usw.“290

Zwischen die einzelnen Sequenzen von Frage und Antwort im weiteren Textverlauf

streut der Autor montageartig wertende Anmerkungen. Inhaltlich wird in den einzelnen

Abfolgen des Interviews der Text des Manifestes „Die Merzmalerei“ paraphrasiert und

z. T. spöttisch überspitzt dargestellt: „Man katechesiere den Produzenten. ‚Sie drücken

also Ihre tiefsten Seelengefühle mit alten Blechdeckeln und ablebten [sic] Spielkarten

aus?’“ Auf diese erste Frage lässt Cohn-Wiener den Künstler eine daran vorbei

zielende Antwort geben: „Ja, ich bin stolz, die armseligen künstlerischen

Ausdrucksmittel Ton und Farbe, deren sich pedantische Spießer bisher bedienten, um

das Drahtnetz, die Sprungfeder, den Klebezettel und anderes Getrödel vermehrt zu

haben.“ Woraufhin der Autor entgegnet: „Schön, aber Farbe und Ton sind bildsam,

geben Gefühlen nach, während der Blechdeckel eben ein Blechdeckel, ein Wagenrad

ein Wagenrad bleibt. Der Effekt scheint mir die Leistung eines

Schaufensterdekorateurs mit untauglichen Mitteln!“291 Demnach kann auch im Falle

Cohn-Wieners aufgrund der Paraphrasen aus Schwitters’ erstem Merzmanifest

festgehalten werden, dass auch dieser Kunstkritiker mit den theoretischen Schriften

des Künstlers durch Lektüre vertraut war. Indem Cohn-Wiener die in „Die Merzmalerei“

289 Ernst Cohn-Wiener: Grosse Monster-Dada-Schau. In: Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt. Ausgabe 147, 06.07.1920. 290 Cohn-Wiener 1919.08.01. 291 Alle Zitate: Ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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sachlich-neutral formulierten Forderungen ins Unsachlich-Pathetische wendet und

diese Wendungen dem Künstler in den Mund legt, lässt er diesen seinen eigenen Text

parodieren.

In der weiteren Folge des Gespräches werden Themen wie die Einfühlung in die

Unergründlichkeiten „dieser mystischen Abstraktheiten“, die „Solidität“ der Werke, die

Haltbarkeit der „Überzeugung“ sowie die Bedeutung des Wortes Merz und die der

Bildtitel ebenfalls auf parodistische Weise angesprochen.292 Zielscheibe dieser Parodie

ist v. a. die Anwendung konventionswidriger künstlerischer Mittel und das Moment der

„Entformelung“, das Cohn-Wiener implizit als metaphysische Überhöhung

kommuniziert und von dem er sich in ironischem Ton distanziert.

Im darauf folgenden Epilog wandelt sich die parodistische Haltung des Kunstkritikers in

eine ernsthafte Erläuterung seiner Kunstauffassung. Das Wesentliche bei einem

Bildwerk sei nicht, „daß es etwas darstellt, was man beschreiben oder erzählen kann.“

Bei der schöpferischen Tätigkeit aber komme es v. a. darauf an, dass „es etwas

Empfundenes ausdrückt, und diese Artefakte, diese schon geformten Materialien

bringen dazu keine einzige Fähigkeit mit.“ Im Unterschied zu einem bloßen „Artefakte“

liege der Wert echter Kunst im „Ausdruck, die Qualität eines Werkes ist aber das

Einzige, was über seinen Wert entscheidet.“293 Das dabei hervorgehobene Kriterium

der Qualität umfasste bei Cohn-Wiener, ähnlich wie bei Curt Glaser, die adäquate,

traditionelle handwerklich-technische Umsetzung geistigen Reichtums, emotionale

Eindringlichkeit, eine geistig-gestalterische Differenz zur Tradition, aber keine

Traditionsaufhebung und zudem eine organische und kohärente Komposition.

Schließlich lehnte Cohn-Wiener „das unorganische Wollen“ ab, wie es bei der

Gestaltung mit Fundmaterialien gegeben sei.294

Die Forderung, das Kunstwerk müsse etwas „Empfundenes“ ausdrücken,

korrespondiert wiederum mit der klassischen Gefühlsästhetik, die nach Schiller das

Werk als „Gedankeneinheit und Empfindungseinheit“ begriff.295 Robert Vischer, neben

seinem Vater Friedrich Theodor Vischer einer der Mitbegründer der Einfühlungstheorie,

verknüpfte um 1870 diese Überlegungen mit den Prinzipien der Einfühlungsästhetik,

wonach im Akt der Einfühlung sich ein „unbewußtes Versetzen der eigenen Leibform

und hiermit auch der Seele in die Objektform“ vollziehe. Somit resultiere der

Kunstcharakter aus einem kontemplativen Anschauungsakt und werde vom Betrachter

292 Alle Zitate: Ebd. 293 Alle Zitate: Ebd. 294 Ernst Cohn-Wiener: Die neue Kunst. In: Humboldt-Hochschule (Hg.): Auf der Schwelle der neuen Zeit. Kundgebung der Humboldt-Hochschule. Berlin 1919, S. 41–46, S. 43. 295 Friedrich Schiller: Über Matthissons Gedichte, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 478923 (vgl. Schiller-SW Bd. 5, S. 999).

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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unter Berücksichtigung des Organismusgedankens bestimmt.296 Wie bei Vischer war

auch bei dem Philosophen und Psychologen Theodor Lipps, der eine „Metaphysik des

subjektiven Idealismus“ vertrat, der Grad der Affinität zur empirischen Welt Prämisse

für die positive Einfühlung in ein Objekt.297 Lipps erhob um die Jahrhundertwende die

Einfühlung gar zur Quelle des ästhetischen Genusses. Der Betrachter identifiziere sich

demzufolge mit dem Gegenstand: „Das eine ungeteilte Ich also finde ich in dem Ding.

Ich finde mich in dem Ding, das Mannigfaltige desselben umfassend und

umschließend“.298 Lipps’ entsprechend definierte der Phänomenologe Moritz Geiger

wenig später den Genuss als das dem Akt der Einfühlung nachfolgende Moment, „es

ist eine bestimmte Art der Affiziertheit, der Erregtheit des Ich [durch den Gegenstand],

mit der das Ich auf die einstrahlende Erregtheit reagiert. Das ist wesentlich: daß in

allem Genießen eine solche Ichaffiziertheit steckt.“299 Diese „Ichaffiziertheit“ könne

jedoch nur erfolgen, wenn der Künstler seinem Werk eine der Erscheinungswelt

verwandte Gestalt verleiht. Die einfühlende Betrachtungsweise vollzog sich laut Geiger

im Rahmen einer passiven Rezeption, die unabhängig vom Willen und theoretischen

Konzepten sowie meist unbewusst geschehe, damit sich der Betrachter in den

Gegenstand versenken könne. Ästhetischer Genuss steigere das Lebensgefühl, setze

aber eine ästhetische Distanz voraus. Die aus der Einfühlung resultierende

Kontemplation erwirke ein psychisches Erlebnis, das genossen werde. Extremwerte

wie das Gefühl des Berauschtseins oder der Verlorenheit in einer Stimmung standen

nach Geiger außerhalb des Ästhetischen.300 Der ästhetische Genuss wurde somit

absolut gesetzt und damit zum bestimmenden Faktor für den Status des rezipierten

Gegenstandes als Kunst oder Nichtkunst.301 Heinrich Wölfflin stützte sich mit Blick auf

die einfühlende Rezeptionsweise von Kunst gleichfalls auf die eine „angenehme

Daseinsform“ hervorrufende Kommensurabilität zwischen organischen Formen und

dem menschlichen Organismus.302 In seiner Dissertation „Prolegomena zu einer

Psychologie der Architektur“ geht er ausführlich auf das sinnliche Nacherleben

architektonischer Formen ein. Dabei unterscheidet er zwischen regelmäßig

296 Friedrich Theodor Vischer: Der ästhetische Akt und die reine Form (1874). In: Ders.: Drei Schriften zum ästhetischen Formgefühl. Halle 1927, S. 47-48, zit. nach Martin Fontius: Einfühlung/Empathie/Identifikation. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 2: Dekadent-Grotesk. Stuttgart u. a. 2001, S. 121–142, S. 131. 297 Fontius 2001, S. 132. 298 Theodor Lipps: Grundlegung der Ästhetik, URL: http://scriptorium.hfg-karlsruhe.de/pdfs/lipps-grundl.pdf, S. 194. 299 Moritz Geiger: Beiträge zur Phänomenologie des ästhetischen Genusses. 2. Aufl. Tübingen 1974, S. 49. 300 Vgl. zur Rezeptionsweise in der Einfühlungstheorie, Sarah Maria Scholze: Melancholie. Annäherung an eine psychologische Aisthetik. Dipl.-Arb. FH Zürich 2007, URL: http://www.psychologie.zhaw.ch/fileadmin/user_upload/psychologie/Downloads/Bibliothek/Arbeiten/D/d2009.pdf, S. 52-55. 301 Vgl. Fontius 2001, S. 121. 302 Wölfflin 1886, S. 19.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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organischen Formen, die angenehme Reize evozierten, und gesetzmäßig

unorganischen Formen, die nur den Intellekt ansprechen und nicht als kommensurabel

wahrgenommen würden. Diese idealistische Relation zwischen Subjekt und Objekt und

der mittels bewusster sinnlicher Wahrnehmung sich ergebende „Gefühlsweg“ war für

Cohn-Wiener ebenso Voraussetzung für das Erleben und ergo Verstehen von Kunst.303

Die Haltung entsprach durchaus dem Zeitgeist. Denn nach dem Ersten Weltkrieg

avancierte der Begriff Einfühlung in der Ausprägung Lipps’ zum oft genannten

Argument gegen die Avantgardekunst und verkam so allmählich zum Klischee, mit

dem das Nichtklassische abgewertet wurde.304 Cohn-Wiener vermischte zudem in

seinen kunstkritischen Texten die Auffassung der Einfühlungsästhetik mit einer dem

impressionistischen Stil entlehnten Darstellungsweise. Oftmals gab er die aus dem

Anschauungsakt gewonnenen Eindrücke spontan und scheinbar zufällig wieder, was

Schwitters in seiner Antwort auf Cohn-Wieners Artikel wiederum dazu motivieren sollte,

auf den Schreibstil des Kritikers antikritisch einzugehen.305

Der „Sturm“, so schreibt Cohn-Wiener weiter in seiner Rezension „Auch eine

Kunstausstellung“, entwerte seine eigenen Leistungen und kompromittiere die wahren

Künstler, wenn er nach „Kokoschka, Kandinsky, Chagall, d[en] Futuristen, Marc und

viele[n] andere[n]“ die Merzwerke in seinen Werkschauen und durch seine

Publikationen zu Ausstellungskunst erhebe:

„Aber du degradierst sie, wenn du sie in schlechte Gesellschaft bringst, und deren wird leider immer mehr bei dir. Wenn du die Zeitungen auch mit Waschzetteln und Briefen überschüttest, wenn in deinem Blatt auf zweieinhalb Seiten Text sechseinhalb Seiten Polemik kommen, wenn du immer wieder schreist, du hättest den, und den, und jenen zuerst gezeigt, und niemand würdigte das - das erinnert nur an das junge Mädchen, das, als es anfing Mauerblümchen zu werden, zeterte, die Männer taugten nichts. Zeig deine Reize her, lieber Sturm, und wir werden dich wieder lieben.“306

Die inhaltliche Akzentsetzung in der Ausstellungsbesprechung lässt den Schluss zu,

dass Cohn-Wiener Schwitters vornehmlich als Sturm-Künstler und somit als

Exponenten des Expressionismus, wie er innerhalb des Künstlerkreises aufgefasst

wurde, und als Maler „mystische[r] Abstraktheiten“ einschätzt.307

303 Cohn-Wiener 1917, S. 101. 304 Vgl. Fontius 2001, S. 136. 305 S.w.u. Kap. 2.1. 306 Beide Zitate: Cohn-Wiener 1919.08.01. Cohn-Wiener scheint hier auf die Kontroverse zwischen Walden und Westheim anzuspielen, die in unterschiedlichen Printmedien ausgetragen wurde, s.w.u. Kap. 1.1.4. Der Vergleich des Sturm-Kreises mit einem Mauerblümchen indes zielt ganz offen auf den nachlassenden Erfolg von Herwarth Walden als Galerist ab. Auf diese Anspielung wird Schwitters in seiner an Cohn-Wiener gerichteten Schrift im Merzstil „Tran 1. Ein solider Artikel. Eine Anwienerung im Sturm“ reagieren, s.w.u. Kap. 2.1. 307 Cohn-Wiener 1919.08.01.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Aus seiner auf der Gefühls- und Einfühlungsästhetik basierenden Perspektive bewertet

der Kunstkritiker also die abstrahierende Kunst neutral, während er den Materialbildern

von Schwitters ironisch-parodistisch begegnet. Diese gehören seiner Meinung nach

nicht in eine Kunstausstellung, sondern in eine „Brockensammlung“.308 Die

Brockensammlung war ursprünglich eine von Pastor von Bodelschwingh eingerichtete

Institution, die von Wohlhabenderen nicht mehr benötigte Gebrauchsgegenstände

aufnahm, um sie an Bedürftige weiterzugeben. Die Einrichtung finanzierte sich z. B.

über Verkäufe von Altmaterialien wie Metall- oder Glasabfällen und war in Anlehnung

an Johannes 6,12 benannt.309 Die Erkenntnis des Prinzips des Sammelns nicht mehr

gebrauchter Gegenstände und deren Wiederverwertung führt Cohn-Wiener zum

Vergleich der Brockensammlung von Pastor von Bodelschwingh mit der Präsentation

von Merzwerken. Abermals mit den Mitteln der Ironie akzentuiert der Kritiker bei

diesem Vergleich seine klassische Auffassung und erteilt der seinem Verständnis nach

unberechtigten Rangerhöhung der Merzwerke aus vorgefundenen und -geformten

Abfallmaterialien zu Ausstellungswerken eine dezidierte Absage. Durch den

Imperativsatz - „Man katechesiere den Produzenten“ - lehnt er sich an den

Sprachduktus der Bibel an und unterstellt zum einen, wenn er Schwitters mit einem

Produzenten gleichsetzt, dass dieser nicht Künstler, sondern lediglich Erzeuger von

Artefakten sei. Zum anderen stellt Cohn-Wiener, was die Textintention und den Aufbau

des Textes betrifft und explizit mit dem Verb „katechisieren“ anstatt „befragen“, einen

Bezug zur Katechese her, der Anleitung in der christlichen Lehre in Form von Frage

und Antwort. In dieser Deutung des das Gespräch einleitenden Imperativsatzes und

übertragen auf die Kunst ist die Rezension Cohn Wieners als Unterweisung in die

klassische Kunstauffassung zu verstehen. Gleichzeitig gerät der Bericht über die 76.

Sturm-Ausstellung durch die ironischen Brechungen und Überspitzungen der

Formulierungen aus Schwitters’ erstem Merzmanifest zu einer Parodie auf „Die

Merzmalerei“, mit der der Kunstkritiker dessen Inhalt ad absurdum führen und den

Künstler lächerlich machen möchte. Die Wahl der Dialogform für die

Ausstellungsbesprechung und die persönliche Wendung an den „Sturm“ resp. an

Herwarth Walden dient hier, wie im Falle der Kritik an der dadaistischen Bewegung, als

Stilmittel zur Entlarvung der unorthodoxen Kunstpraxis und ihres theoretischen

Überbaus. Die Gesprächsform übernimmt der Kritiker von der Polemik „Die seidene

Schnur“ von Walden, in der dieser eine Befragung desselben Kritikers fingiert hat.

Darin gibt Walden die Methode der Fragestellung und der darauf folgenden, unsinnigen

308 Ebd. 309 Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band100.htm, Art. Brockensammlung, S. 26200 (vgl. Meyer Bd. 3, S. 441).

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Antworten vor, - um die seiner Meinung nach mangelnde Urteilsfähigkeit Cohn-Wieners

aufzuzeigen,310 - auf die der Kunstkritiker in seiner Rezension der ersten großen

Ausstellung von Schwitters zurückgreift. Die Dialogform wiederum sollte Schwitters als

strukturelle Vorlage für seine Cohn-Wiener gewidmete Replik „Tran 1. Ein solider

Artikel. Eine Anwienerung im Sturm“ nutzen.311

1.1.3 Felix Neumann Felix Neumann, Redakteur der Berliner Zeitung „Die Post“ und Referent der „Leipziger

Neuesten Zeitung“ war neben Curt Glaser und Ernst Cohn-Wiener ein weiterer

Hauptkritiker von Schwitters. Er plädierte in Erinnerung an frühere Ausstellungen für

eine „freie Bahn den Tüchtigen“, wozu er die deutschen Impressionisten und die

Künstler des Nachimpressionismus zählte. Den neueren Kunstströmungen begegnete

er hingegen mit Verachtung. In seiner Besprechung der „Großen Berliner

Kunstausstellung“ von 1920 bezieht er daher eine klare Position: „Was wir aber jetzt

dort erleben, ist so unerhört, daß man die Vorkommnisse nicht mehr mit einem

mitleidigen Achselzucken abtun kann, weil unsere Ehre, das Ansehen der deutschen

Kunst auf dem Spiele steht!“ Collagen und Assemblagen bezeichnet Neumann darin

als „Schund“, die Künstler als „‚Bilderstürmer’“ und Ausstellungen, die solche Werke

zeigten, als „Tummelplatz Geisteskranker“. „Früher gehörten zum Handwerkszeug des

Malers Pinsel und Palette, Leinewand und Farben. Der herrliche neue Zug der Zeit

aber will es anders.“ Dagegen hätte das Publikum zu Recht protestiert, die Proteste

aber liefen fehl, da mit diesen allein „diese Seuche nicht beseitigt werden kann“, die

dem Ansehen Deutschlands im Ausland schade. Das „widerliche[] Spiel im Tempel

[der] Kunst“ müsse v. a. publizistisch bekämpft werden, damit sich die „ekelerregenden

perversen Vorgänge[]“ nicht von Jahr zu Jahr steigerten. Neumann appelliert überdies

an den Kulturminister, er solle „den Augiasstall dieser Ausstellung“ aufräumen, der eine

Schande für „die ernsten Männer“, für den „Garten der deutschen Kunst“ und eine

„Verhöhnung des kunstsuchenden Publikums“ darstelle.312

310 Vgl. Herwarth Walden: Die seidene Schnur. In: Der Sturm 10. Jg., H. 3 (1919), S. 39–45, S. 44. Walden wiederum repliziert darin eine Rezension Cohn-Wieners zur Ausstellung Lyonel Feiningers im Graphischen Kabinett von I. B. Neumann im Mai 1919, in der der Kritiker den Kunstsalon im Vergleich mit der Galerie „Der Sturm“ als den innovativeren und vielseitigeren hervorgehoben hat. 311 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 1. Ein solider Artikel. Eine Anwienerung im Sturm. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 45–46 und s.w.u. Kap. 2.1. 312 Alle Zitate: Felix Neumann: Die „Gruppe der Novemberleute“. In: Leipziger Neueste Nachrichten. Ausgabe 172, 25.06.1920: Neumanns Empörung gilt v. a. der Porträt-Montage Jefim Golyscheffs: „Eine neue Leuchte [...] nimmt eine Scheibe Kommißbrot, klebt sie in einen Rahmen, befestigt als Auge einen Knopf, als Mund Streichhölzer und bezeichnet dies als ‚Selbstporträt’ (!!) [...] Der [...] ‚Künstler’, dem man eine ganze Wand einräumte, hört auf den Namen Jesim Golischeffski. Er kann auch etwas anders heißen, aber so ungefähr lautete die fremdländische Bezeichnung.“

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An anderer Stelle, in seinem Bericht „Aus dem Reiche der Dadaisten“, spricht

Neumann im Hinblick auf den radikalen Duktus der Dadaisten metaphorisch von einem

„Sturm von unerhörter Heftigkeit, […] er rüttelt an dem Baum, der die stolzen Früchte

deutscher Poesie, Musik, Dramatik trägt.“ Seinen Lesern vermittelt der Kunstkritiker

jedoch auch die Überzeugung, dass dieses antikünstlerische, nihilistische Auftreten der

„Vernichter des deutschen Geisteslebens“ nur eine Episode bleiben werde.313

„Zerstörungswut, Irrsinn, Dünkel und Zynismus versuchen die deutsche Vergangenheit ans Kreuz zu schlagen, und wir vermögen dem Ansturm der verschiedenen ‚Richtungen’, die am Marke des Volkes zehren, nur zu trotzen, wenn wir sie einzeln vor den Richterstuhl schleppen, sie in ihrer ganzen traurigen Erbärmlichkeit zerpflücken, und - dem Gefühl überliefern! Nichts tötet schneller als Lächerlichkeit!“314

Insbesondere der dadaistischen Bewegung, die „hart an jener Grenze steht, wo die

Tragik der Verirrung aufhört und die Komik beginnt“, müsse entgegengewirkt werden.

Die geistige Verfassung der Deutschen lasse es nach dem Krieg nicht zu, dass die

Gefahr für die Gesellschaft durch ein derartiges Phänomen verkannt werde. „Ein

Baum, der schon unterhöhlt und angenagt ist, fällt sicherlich auch einer Ratte zum

Opfer, die die letzte erhaltene Wurzel durchbeißt“, schreibt Neumann weiter in

metaphorischer Haltung.315

Der Topos der Entwurzelung, den der Kunstkritiker hier durch den Vergleich zwischen

an den kulturellen Wurzeln nagenden Ratten und den Dadaisten aufgreift, geht zurück

auf die Auffassung der Aufklärung, die die Entfremdung der Gesellschaft von der Kultur

als Unglück begriff. Die Hegelsche Bestimmung der Kunst durch ihren

Vergangenheitscharakter und der damit verbundene Bedeutungsverlust der Kunst für

die Gesellschaft ließ besonders in Deutschland einen Kulturpessimismus aufkommen,

im Zuge dessen in den Neuentwicklungen und v. a. im ästhetischen Pluralismus ein

kultureller Abfall zu der jeweils vorangegangenen Phase wahrgenommen wurde.

Demgemäß schrieb Friedrich Theodor Vischer:

„Unsere Kunst ist entwurzelt, sie flattert bodenlos in den Lüften, weil sie nicht eine absolut gegebene Welt von Stoffen mit der Substanz des Volksbewußtseins gemein hat; sie ist heimatlos, ein Vagabund, der alles kennt und kostet und dem es mit nichts Ernst ist, unsere Kunst ist der Verstorbene.“316

313 Beide Zitate: Neumann 1920.01.06. 314 Ebd. 315 Beide Zitate: Ebd. 316 Friedrich Theodor Vischer: Zustand der jetzigen Malerei (1842). In: Ders.: Kritische Gänge. Bd. 5. München 1922, S. 35-55, S. 37, zit. nach Wolfgang Ullrich: Kunst/Künste/System der Künste. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 3: Harmonie-Material. Stuttgart u. a. 2001, S. 556–615, S. 560.

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Der Kulturhistoriker Oswald Spengler, der dieses kulturpessimistische Denken weiter

formulierte, behandelt in seinem vielbeachteten Buch „Der Untergang des

Abendlandes“ die Unausweichlichkeit des kulturellen Verfalls im Spätstadium einer

Kultur und sah v. a. in der industriellen Zivilisation ein Zeichen für Dekadenz. In

Anlehnung an Goethes Auffassung der Kunst als etwas Lebendiges, „das einen

unmerklichen Ursprung, ein langsames Wachstum, einen glänzenden Augenblick

seiner Vollendung, eine stufenfällige Abnahme, wie jedes organische Wesen, nur in

mehreren Individuen notwendig darstellen muß“317, konstatiert Spengler angesichts der

zivilisatorischen Entwicklung die Entwurzelung der Kultur. Während Vischer die

Entwurzelung und somit das Ende der Kunst am nur nachschöpferischen Historismus

festgemacht und den Mangel an Originalität beklagt hat, akzentuiert Spengler die nicht

mehr gegebene Orientierung der Zivilisation an der Natur als einem lebendigen

Organismus. Hätten vormals rein kulturelle Phänomene noch ihren festen Ort gehabt

und hätten diese sich dadurch analog zur Natur in die Tiefe entwickeln können, werde

die Kultur nun durch Formen der Technik, durch Materialismus und pragmatische

Vernunft hybridisiert.318

Der Verlust der kulturellen Verortung und insbesondere die bewusste Zerstörung des

Überlieferten, für die Neumann v. a. die dadaistische Bewegung in „Aus dem Reiche

der Dadaisten“ verantwortlich macht, bedeutet auch für den Kunstkritiker die

Aufhebung der Tradition und somit das vorläufige und gewaltsame Ende der Kunst: „In

Massen stürzen sie [die Früchte der deutschen Kultur] zu Boden, werden zertreten,

verlaufen und scheinen dem Volke für immer verloren.“ Neumann deutet die Dadaisten

als durch die Krisenzeit bedingtes Symptom „der Anormalität gleich einem

Kainszeichen“. V. a. die programmatische Systematik mache diese Bewegung zu einer

Gefahr für die deutsche Kultur. „Sie nagen mit tausend Gesinnungsgenossen an den

Wurzeln unserer geistigen Kraft.“319 Mit der hier angedeuteten kulturellen

Verwässerung durch die zunehmende Relevanz der Massen und der damit

einhergehenden Dekadenz rekurriert Neumann z. T. auf Nietzsche. Ähnlich wie

Nietzsche, der auf einen Bewusstseinswandel gebaut hat, wenn er an eine

Rückbesinnung auf die Antike gemahnte,320 erhofft sich der Kunstkritiker, dass die

Dadaisten „verschwinden werden, sobald das Volk zur Besinnung kommt“ und dass die

Kulturschaffenden sich dann wieder zur Tradition bekennen würden.321

317 Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte. Lizenzausgabe der 33.-47. Auflage von 1923 für den Buchclub Ex Libris Zürich. München 1980, S. 265. 318 Vgl. ebd., S. 684. 319 Alle Zitate: Neumann 1920.01.06. 320 Vgl. Nietzsche 2004/1888, S. 68856 (vgl. Nietzsche-W Bd. 2, S. 907 und 936) und Nietzsche 2004/1873-1876, S. 66896 (vgl. Nietzsche-W Bd. 1, S. 221-222). 321 Neumann 1920.01.06.

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Erst am Ende seiner Kritik kommt Neumann auf deren Anlass zu sprechen.

Insbesondere reagiert er damit auf die Veröffentlichung von „Anna Blume. Dichtungen“,

„ein neues dadaistisches Werk auf de[m] Büchermarkt: ‚Dada in den Silbergäulen’, wo

ein eifriger Gehilfe des Oberdada, ein gewisser Kurt Schwitters Dada-Dichtungen

herausgibt.“ In den Verlagsanzeigen werde Schwitters als „das dadaistische Genie

Europas“ gepriesen, so Neumann.322 Mithin wertet der Kritiker den Sammelband von

Schwitters als „Gegenstück zur dadaistischen Malerei.“323 Über die Merzmalerei aber

stellt er lediglich Mutmaßungen an: „Schwitters ist übrigens auch Maler. Vermutlich

reichen sich seine Bilder und Gedichte die Hand.“324 Neumann rückt Merz in den

Kontext zu Dada Berlin und unterstellt Schwitters damit eine aggressive Abgrenzung

vom Vorangegangen, eine politisch anarchistische und antikünstlerische Haltung sowie

eine destruktive Einstellung. Bei der Übertragung der dadaistischen Auffassung auf

Merz allerdings geht der Kunstkritiker ebenso undifferenziert vor und nimmt weder die

werkimmanenten noch die theoretischen Unterschiede in den Blick, wie all diejenigen,

die zu ebendieser Einschätzung gelangten.

Nach dem Abdruck des Merzgedichtes erhebt Neumann in seinem Artikel „Aus dem

Reiche der Dadaisten“ die Vorhaltung der Profitorientierung gegen die Herausgeber

von „Anna Blume. Dichtungen“, womit der Rezensent ein maßgebliches Motiv für die

Ablehnung der neuen Dichtung ins Feld führt:325

„Beide Richtungen [die dadaistische Malerei und Dichtung] halten Deutschland für so vertrottelt, daß sie auf starke Anhängerschaft und den damit verbundenen Geldgewinn rechnen, denn aus purem Idealismus läßt der Hannoversche Verlag nicht das teure Papier bedrucken.“326

Der Vorwurf der Kommerzialisierung und pragmatischen Vereinnahmung der Kunst ist

bereits in der Weimarer Klassik erhoben worden. Hier wie in der Weimarer Republik

ging es den Autoren darum, die Kunst als Bildungsgut und als ethische Instanz gegen

kapitalistische Sachzwänge zu verteidigen. Mit der Etablierung des Zeitungswesens

wurde der gesellschaftlich hochgeschätzte Literat zum Journalisten und

Unterhaltungsschriftsteller, der von da an aufgrund der Marktentwicklung gezwungen

war, sich dem Prinzip von Nachfrage und Angebot anzupassen und neben literarischen

Werken auch anspruchslose Texte zu schreiben, um ein möglichst ein breites

322 Ebd. und vgl. Anonym 1921. Diese Publikationsannonce stützte sich ebenso wie Neumann auf die Angaben des Steegemann-Verlags. 323 Neumann 1920.01.06. Es ist anzunehmen, dass Neumann zu dieser Vermutung durch die Inhalte der Kurzkommentare, die anlässlich der Veröffentlichung von „An Anna Blume“ erschienen, gelangte, vgl. Anonym 1919.11.24 und Anonym 1919.11.26. 324 Neumann 1920.01.06. 325 Vgl. Hereth 1996, S. 37-40 und Beh. (= Brauweiler, Kurt): [Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 575, 08.12.1921. 326 Neumann 1920.01.06.

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Publikum zu gewinnen.327 Angestoßen wurde dieser Prozess u. a. durch die

zunehmende Lesefähigkeit und die damit einhergehenden steigenden

Konsumentenzahlen sowie reziprok hierzu die Einrichtung von Leihbibliotheken und

Lesekabinetten.328 Waren diese allmählich evident werdenden,

frühmarktwirtschaftlichen Bedingungen gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufgrund

des aufkommenden Kapitalismus noch nicht sonderlich ausgeprägt, aber dennoch

beklagenswert, so konstatierte Gérard Joseph Christian schon 1819 einen massiven

Einfluss der Industrialisierung auf den ästhetischen Geschmack und somit auf das

Kunstschaffen. Dafür prägte er den Begriff der „l’esthétique industriell“. Vor dem

Hintergrund einer diesbezüglich progressiven Entwicklung sprach Charles Augustin

Sainte-Beuve zwanzig Jahre nach Christian von „littérature industriell“. Die Bedürfnisse

nach Unterhaltung stiegen in zunehmendem Maße und ließen sukzessiv eine

Unterhaltungs- und Zerstreuungskultur als Parallelphänomen zur Hochkultur

entstehen, an deren Prinzipien sich auch immer mehr Künstler und Literaten aus

existentiellen Gründen orientieren mussten. In der Weimarer Republik nahm dieser

Entwicklungsverlauf in Gestalt von Kinos, Variétés, Amüsierlokalen und eines

expandierenden Bücher- und Zeitschriftenmarktes bis dahin ungekannte Dimensionen

an.329

Insbesondere an der Produktion und Verbreitung der Trivialliteratur entbrannten heftige

Diskussionen über den literarischen „Schmutz und Schund“. Der Kampf gegen

„Schmutz und Schund“ setzte um 1900 ein, als Groschenhefte, Kino und

Unterhaltungsmusik allmählich Einzug in die Alltagswelt fanden. Der Begriff Schund

bezeichnete ursprünglich Schmutz, Dreck sowie Untaugliches und „den Unflath in einer

Cloak“.330 Demnach kennzeichnete er etwas Ekelerregendes oder Ekelhaftes, das seit

dem 18. Jahrhundert als kategorische Abgrenzung zum Schönen verwandt wurde.331

Gegen Ende des 19. Jahrhundert setzten sich die Bezeichnungen Trivialliteratur bzw.

Kitsch gegen Termini wie Dilettantismus, Schund, Nicht- oder Unkunst durch.332

327 Vgl. Jochen Schulte-Sasse: Trivialliteratur. In: Kanzog, Klaus; Masser, Achim (Hgg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. 5 Bde. Bd. 4: sl-z. Berlin u. a. 2001, S. 562–583, S. 569-570. 328 Vgl. Lexikon der Kunst, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band43.htm, Art. Massenkunst, S. 20258 (vgl. LdK Bd. 4, S. 597). 329 Vgl. hierzu Mark Napierala; Tilman Reitz: Warenästhetik/Kulturindustrie. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 6: Tanz-Zeitalter/Epoche. Stuttgart u. a. 2005, S. 461–481, S. 463-464. 330 Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band40.htm, Art. Der Schund, S. 48168 (vgl. Adelung-GKW Bd. 3, S. 1682). 331 Vgl. Oliver Jungen: Mea maxima pulpa. Bodo Kirchhoffs Schundroman. In: Theile, Gerd (Hg.): Das Schöne und das Triviale. München 2003, S. 211–232, S. 212. 332 Vgl. Schulte-Sasse 2001, S. 563.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

75

Hatten sich Kunstrichter wie etwa Gotthold Ephraim Lessing333 oder Detlev von

Liliencron334 aufgrund des von ihnen beobachteten literarischen Niveauverlustes

gezwungen gesehen, zur Feder zu greifen und den „Schund“ einstweilen verbal zu

befehden, so bildete sich um die Wende zum 20. Jahrhundert eine Front gegen die

Trivialliteratur, die mit massiven Sanktionen dagegen vorging.

Vornehmlich Gebildete und Exponenten aus dem pädagogischen und kirchlichen

Bereich setzten sich im Kampf gegen den „Schmutz und Schund“ um 1900 das Ziel,

den Einfluss von marktwirtschaftlichen Bedingungen auf die Kultur und damit auch die

Vermischung von Hoch- und Massenkultur einzudämmen oder gar zu unterbinden.

Argumente wie, die moralisch verwerflichen und unsittlichen Inhalte von Filmen und

Romanen würden zur Nachahmung anregen, dienten über die Debatten hinaus als

Rechtfertigung für rigide Maßnahmen von der Stigmatisierung der Konsumenten bis

hin zu Bücherverbrennungen. Die fraglichen Filme und Schriften wurden während des

Ersten Weltkriegs auf Schundlisten gesetzt, womit versucht wurde, deren Distribution

zu verhindern. Darüber hinaus erwiesen sich die öffentlichen Sanktionen auch als

geeignetes Mittel gegen provokative literarische Innovationen. Die Abwehrmaßnahmen

waren als Kontroverse um verschiedenartige und entgegengesetzte

Bemächtigungsweisen aufzufassen, die ihre Relevanz und symbolische Wirksamkeit

aus reziproken Bedingungen schöpften. Aus diesen Bemächtigungsstrategien

resultierten alltagssprachgebräuchliche Antagonismen wie Massenkultur und

Hochkultur, Konsum und Genuss, Produktion und schöpferische Prozesse. Diese in

sich gegenläufigen Begriffspaare akzentuierten die moralischen und ästhetischen aber

auch sozialen Unterschiede. Die begriffliche Korrelation von Schund mit

Minderwertigkeit, Unflat, Kitsch und Widerwärtigkeit fungierte zudem als Demonstration

der Überlegenheit und Reinheit der bürgerlichen Hochkultur.335 Diese Bezugsetzungen

galten auch für die Avantgardeliteratur. In beiden Ausprägungen sahen sich ihre

Gegner gleichermaßen „um die Möglichkeit gebracht, [ihre] Wertmaßstäbe, [ihr]

333 Das wohl erste Statement zum Thema literarischer Schund lässt sich bei Lessing nachweisen, der in einer Rezension zum Roman „Begebenheiten eines sich selbst unbekannten“ eines unbekannten Autors den Lebenswandel des Protagonisten und dessen stetigen Rollenwechsel zwischen Bedientem und Bedienendem kritisch beschreibt: „Das ist das Gerippe eines Romans, um welches der Skribent einige elende Lumpen aus dem Leben der englischen Buhlschwestern geworfen hat, um ihm ungefähr eine Gestalt zu geben. - Ist es erlaubt, [...] daß man uns allen Schund aus dieser Sprache aufzudrängen sucht?“, Gotthold Ephraim Lessing: Gesammelte Werke. Bd. 3. Berlin 1955, S. 141, zit. nach Jungen 2003, S. 215. 334 In dem Stück „Der Haidegänger“, das 1890 in einem Band mit anderen Gedichten erschien, lässt von Liliencron den Protagonisten des dialogisch angelegten Gedichtes auf einen Staatsanwalt treffen. Dieser klagt dem Rechtsvertreter gegenüber, dass die Jurisprudenz Stücke von Shakespeare und Goethe ohne weiteres wegen Unsittlichkeit verdammen würde. Wohingegen doch eher der „Kolportageroman“ sowie das „Bilderjournal“ zur Verdummung des Volkes beitrügen, weshalb der „ganze[] Schund“ verboten werden sollte, Detlef von Liliencron: Haidegänger, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 356906-356907 (vgl. Liliencron-Haidegänger, S. 119). 335 Vgl. Georg Jäger: Der Kampf gegen Schmutz und Schund. Die Reaktion der Gebildeten auf die Unterhaltungsindustrie. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 31 (1988), S. 163–191, S. 174-180.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Menschenbild, letztlich [ihr] Weltbild, und das heißt, [ihre] Wirklichkeitsdefinition,

gesamtgesellschaftlich durchzusetzen. Die Unterhaltungsindustrie galt ihnen als eine

Spekulation, die auf Profit ausgehe, ohne einer weiteren Legitimation, eines kulturellen

Auftrages zu bedürfen.“336

Die Auseinandersetzung um die Schundliteratur nach dem Ersten Weltkrieg wurde von

Kritikern getragen, die sich an der Gehaltsästhetik und an klassischen

Kunstausprägungen orientierten. Aus dieser Haltung heraus wurden neben der

Literatur mit leicht zugänglichem oder sittlich-erregendem Inhalt auch

avantgardistische, die natürliche Sprache negierende Schriftkunstwerke ohne direkt

les- und verstehbare semantische Bezüge als trivial abgelehnt. Ihr Vorgehen gegen die

verfassungsrechtlich garantierte künstlerische Freiheit schienen die Kritiker durch die

Weimarer Verfassung vom 1. August 1919 selbst zu legitimieren. Durch diese wurde

zwar die Zensur aufgehoben, „doch [...] sind zur Bekämpfung der Schund- und

Schmutzliteratur [...] gesetzliche Maßnahmen zulässig“.337 Die nach Erneuerung

drängende, radikale künstlerische Emanzipation von der bisherigen Kunstauffassung

bewirkte erneut eine Opposition gegen die angebliche kulturelle Trivialisierung, die jetzt

verstärkt mit deutsch-nationalen und pathologisierenden Begriffen gegen den „Schmutz

und Schund“ argumentierte.338

Auf diesen Diskurs stützt sich Neumann, wenn er in seinem Artikel den Klagen, „daß

Deutschland degeneriert bis ins Mark hinein sei, daß Schmutz in Wort und Bild

tonangebend wurden“, Berechtigung zuspricht.339 Vom ideologischen Hintergrund aus

gesehen treffen sich in dieser Aussage der Dekadenzdiskurs nach einer trivialisierten

Lesart der Werke Nietzsches und der Degenerationsdiskurs nach Max Nordau. Felix

Neumann reihte sich mit seinen Rezensionen insofern ein in die große Riege der

Kulturkritiker. Dabei knüpfte er an deren kulturpessimistische Tendenzen an und nahm

angesichts des mutwilligen Traditionsbruches der Avantgarde eine neue dekadente

Bewegung wahr. Die Diskussionen um die „Entartung“ der Künstler, die der Arzt und

Schriftsteller Nordau um 1900 angestoßen hatte,340 fanden indes, im Gegensatz zu

einigen anderen Kritikern von Schwitters, in Neumanns Kommentaren keinen expliziten

Niederschlag. Für ihn war die dadaistische Kunstproduktion ein bewusstes Kalkül mit

dem kommerziellen Erfolg. Neumann war nicht der einzige, der Rekurs auf die Anti-

Schmutz-und-Schund-Kampagne um 1900 nahm, jedoch war er einer der wenigen, der

336 Ebd., S. 176. 337 Die Verfassung des Deutschen Reichs [„Weimarer Reichsverfassung“] vom 11. August 1919, URL: http://www.documentarchiv.de/wr/wrv.html#VIERTER_ABSCHNITT02, Art. 118, 2. 338 Vgl. Jungen 2003, S. 217. 339 Neumann 1920.01.06. 340 Zu Max Nordau s.w.u. ausführlicher in Kap. 1.5.1.

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die Begriffe „Schmutz und Schund“ in Bezug auf „Wort und Bild“ innerhalb der

Schwitters-Kritik nannte.341

Schwitters wird nur den Aufsatz „Aus dem Reiche der Dadaisten“ replizieren, während

er die weiteren Kommentare Neumanns ignorierte.342 Denn dieser übte über die

Rezension zur dadaistischen Literatur hinaus keine verwertbare, tran-würdige Kritik an

der Merzkunst mehr.

1.1.4 Paul Westheim Der Kunstkritiker Paul Westheim war ab 1904 als Feuilletonredakteur der „Frankfurter

Zeitung“ tätig, für die er bis 1924 Kunstkritiken und Ausstellungsrezensionen schrieb

und deren Kunstreferat er ab 1912 leitete. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin im

Jahr 1906 hörte er Vorlesungen u. a. bei Heinrich Wölfflin, eignete sich

kunsthistorische Kenntnisse aber im wesentlichen im Rahmen seiner Tätigkeit als

bürgerlich-progressiver Kunstschriftsteller selbstständig an. Mit der Herausgabe seiner

eigenen Zeitschrift „Das Kunstblatt“, die ab Januar 1917 erschien, gelang Westheim

der Aufbau einer der einflussreichsten und vielseitigsten Monatsschriften für

zeitgenössische Kunst der Weimarer Republik. „Das Kunstblatt“ richtete sich an ein

bürgerliches Publikum, das sich für die Gegenwartskunst interessierte.343 Zu

Westheims Mitarbeitern gehörten zahlreiche namhafte Autoren, u. a. Adolf Behne, Carl

341 Daneben kommentierte Hanns Arens das Gedicht „Molkenschwere Silberblätterblüte. Gedicht 27“ von Schwitters aus einer mit Neumanns Geisteshaltung vergleichbaren Auffassung heraus und forderte die öffentliche Entfernung von „allem Undeutschen, Unwürdigen, Schund und Kitsch und vollends mit allem Blödsinn, wie dem Dadaismus und ähnlichen -ismen!“, Hanns Arens: Dadaismus. In: Die Hochwacht. Monatsschrift zur Wahrung u. Pflege deutscher Geisteskultur 6. Jg., H. 2 (1920), S. 138–140, S. 140. Anlässlich der Erscheinung einiger expressionistischer Gedichte von Schwitters in der Zeitschrift „Die Kräfte“ appellierte Karl Goldfeld bereits 1919 unter Berufung auf den gesunden Menschenverstand „gegen die Schundliteratur des Expressionismus vorzugehen, um diese noch bei den ersten Wurzelfasern anzupacken und auszurotten“, Karl Goldfeld: Expressionismus und Dichtung. In: Das neue Buch. Eine Zeitschrift für Bücherfreunde 1. Jg., H. 4 (September) (1919), S. 1–3, S. 3. 342 Vgl. Kurt Schwitters: Nichts tötet schneller als Lächerlichkeit. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 49–50 und s.w.u. Kap. 2.1. Ende Januar 1920 erschien noch eine parodistische Antwort auf „An Anna Blume“ von Felix Neumann in Gestalt einer vermutlich fingierten Leserzuschrift von „Anna Blume aus dem schönen Altenburgischen Ländchen“. In seinem Kommentar zur Zuschrift drückt der Kunstkritiker sein Bedauern über die Protagonistin des Gedichtes aus, „daß Schwitters sie in so schauerlicher Weise angedichtet habe.“ Die Leserin nehme Schwitters „vor die scharfe satyrische Klinge“ und ihre Parodie auf das Merzgedicht könne als erfolgreiche Gegenwehr, als gewonnenes „Duell“ gelten. „Also Kurt Schwitters, senken Sie ritterlich den Degen und erklären sich für besiegt! Versprechen Sie ferner, daß Sie Anna Blume nie wieder ansingen wollen, die Folgen könnten sonst schreckliche sein.“, Felix Neumann: Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert. In: Die Post, Berlin. Abendausgabe, 24.01.1920. Der Artikel wurde in kurzen Abständen in zwei weiteren Zeitungen abgedruckt, vgl. Felix Neumann: Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 28.01.1920 und Felix Neumann: Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert. In: Geraisches Tageblatt, 06.02.1920. Alle diese Texte lagen Schwitters nachweislich vor. Er bewahrte sie in der Kladde „Kritiken“ auf. Eine weitere Parodie des Gedichtes ist in der von Gustav Hermann herausgegebenen Zusammenstellung von Vorträgen „Gustav Herrmann spricht …“ von 1926 zu finden. Darin wiederum verortet Neumann Schwitters ausdrücklich als Dadaist, vgl. Felix Neumann: Anna Blumes Antwort an Kurt Schwitters. In: Herrmann, Gustav (Hg.): Gustav Herrmann spricht … Eine Sammlung zeitgenössischer Dichtung und Prosa. Berlin 1926, S. 303–304. 343 Vgl. Windhöfel 1995, S. 51.

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Einstein, Gustav F. Hartlaub, Theodor Däubler, Iwan Goll und Künstler, wie George

Grosz und Ludwig Meidner. Westheim zählt zu den Hauptkritikern Schwitters’. Der

Merzkünstler entgegnete ihm mit mehreren Tran-Texten.

Westheims publizistisches Ziel war „die Auslese und Durchsetzung des Wesentlichen

der jungen Kunstgeneration“.344 Von den Künstlern erwartete er „schöpferische

Individualität, die in ihrem Werk Natur und Ich, Welt und Geist synthetisch

umspannt“345, ein ausgeglichenes Verhältnis jenseits exakter Wiedergabe der Natur

und „leere[r] Abstraktion“.346 Nicht die „Originalität“ eines Künstlers, die seit der frühen

Neuzeit überbewertet werde, sondern einzig sein Talent und die Kraft seiner

künstlerischen Ausführung bestimme die Qualität und Individualität seines

Schaffens.347 Zu dem künstlerisch Essentiellen rechnete Westheim dagegen nicht die

Stilbewegungen, die sich auf Irrationalismus gegründet und sich einem Kollektivismus

mit universellem Anspruch verschrieben haben. Demgemäß bemerkte er rückblickend,

„Das Kunstblatt“ sei seit der Veröffentlichung des ersten Heftes mit Beharrlichkeit

vorgegangen „gegen dieses expressionistische Pseudotalent, das ja so eifrige, so

nimmermüde Propagandisten hinter sich hat, gegen die Schule, gegen die Richtung,

gegen diese vielen, nichtssagenden, nichts bedeutenden Manieristen, die morgen das

neue Programm und die neue Manier haben werden, wenn das die Mode sein wird.“348

Die Aufgabe des Kritikers sah Westheim weniger im „Nach-Urteil“, das dem Historiker

vorbehalten sei. Es gehe ihm auch nicht um eine „summarische[] Beurteilung“, sondern

darum, die individuelle Leistung des künstlerischen Talentes hervorzuheben und sich

mit dessen Entwicklung auseinanderzusetzen.349 Seinem Selbstverständnis als Kritiker

nach war es unangemessen, als „Schulmeister“ aufzutreten und die zu beurteilenden

Werke zu benoten. Aber „[d]er Kritiker hat (offen und ehrlich) zu sagen, was er denkt

und meint.“350 In seinen Aufgabenbereich gehöre außerdem, das Kunstwerk auf das

„Besondere und Charakteristische, die Eigenheit und Begrenzung einer Begabung“ hin

zu untersuchen. Er müsse auf Wesensmerkmale und Zusammenhänge aufmerksam

machen und Perspektiven für eine „sachliche Bewertung“ und eine bewusstere 344 Brief Westheims an Hans Hildebrandt vom 23.04.1917, zit. nach Windhöfel 1995, S. 124. 345 P. W. (= Westheim, Paul): Das „Ende des Expressionismus“. In: Das Kunstblatt 4. Jg., H. 6 (1920), S. 187–188, S. 188. 346 Paul Westheim: Der Maler malt Kunstprobleme. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 10 (1921), S. 289–297, S. 289. 347 P. W. (= Westheim, Paul): Vom Kubismus. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 54, 21.01.1921. 348 Westheim 1920 (19). 349 Paul Westheim: Vorwort. In: Für und Wider. Kritische Anmerkungen zur Kunst der Gegenwart. Hrsg. von Dems. Potsdam 1923, S. 11–15, S. 14. 350 Beide Zitate: Paul Westheim: Der Kritiker. In: Europa-Almanach. Malerei. Literatur. Musik. Architektur. Plastik. Bühne. Film. Mode. Außerdem nicht unwichtige Nebenbemerkungen. Hrsg. von Carl Einstein; Paul Westheim. Potsdam 1925, S. 272–273, S. 272.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Wahrnehmung auf die Kunst vermitteln. Auch das an ernsthaften Künstlern

interessierte Publikum wolle weniger von den Künstlern, die immer neue Tricks als

Kunst ausstellen, lesen, sondern davon „was ihm ein Künstlerindividuum sondernd zu

deuten vermag.“351

Sein Kunstverständnis fußte v. a. auf der künstlerischen Kontinuität und einer

stringenten Entwicklung, die auch das Festhalten an einem Rest erlebbarer Realität im

Bild mit einschlossen, und der „Grad des Traditionsbruches“ bestimmte im

Wesentlichen über Westheims Ablehnung oder Akzeptanz der avantgardistischen

Kunst.352

Auch der Individualstil eines Künstlers war ein wichtiges Positivkriterium für Westheim,

während er ebenso wie etwa Curt Glaser alles übertriebene, um seiner selbst Willen

„Individualistische“ ablehnte.353 Kunst definierte sich für Westheim - Max Raphael, dem

Kunsthistoriker und Begründer einer empirischen Kunstwissenschaft folgend - als eine

Art „zweite, andere Welt [...], die ihre eigne Autonomie in sich trägt und der gegenüber

Maßstäbe, die aus der Welt der Wirklichkeit herübergenommen sind, keine Bedeutung

haben können.“354 Westheim orientierte sich mit seiner Bildauffassung demnach an der

Vorstellung eines intransitiven, organischen Ganzen und eines Kunstwerks als zweite

Natur. Bei dem Kunsttheoretiker Conrad Fiedler, dem Westheim vermutlich

wesentliche theoretische Impulse verdankte, hatte der a-mimetische Ansatz eine von

der Anschauung ausgehende formtheoretische Ausrichtung gewonnen.355 Zur

künstlerischen Darstellung der Wirklichkeit trat hier, wie auch bei Goethe, ein zweites,

geistiges, der sichtbaren Realität entgegenwirkendes Moment hinzu.356 Das

Wesentliche der Kunst sei, so Fiedler, „von der anschaulichen Wahrnehmung

unmittelbar zum anschaulichen Ausdruck überzugehen; seine [des Künstlers]

Beziehung zur Natur ist keine Anschauungsbeziehung, sondern eine

Ausdrucksbeziehung“, um so eine eigenwertige formale Lösung in einem bestimmten

Verhältnis zur Natur zu erzielen.357 Würden die rein formalen Aspekte bei der

351 Alle Zitate: Paul Westheim: Schmidt-Rottluff. In: Für und Wider. Kritische Anmerkungen zur Kunst der Gegenwart. Hrsg. von Dems. Potsdam 1923, S. 111–119, S. 113. 352 Windhöfel 1995, S. 135. 353 Westheim 1921 (17), S. 297. 354 Paul Westheim: Vom Schöpferischen in der Kunst. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 84, 10.04.1920. 355 Vgl. Windhöfel 1995, S. 132. 356 Vgl. Conrad Fiedler: Über die Beurteilung von Werken der bildenden Kunst. In: Conrad Fiedler. Schriften über Kunst. Mit einer Einl. von Hans Eckstein (= Klassiker der Kunstgeschichte). Köln 1977 (Nachdr. Köln 1996), S. 25–70, S. 53 und Johann Wolfgang von Goethe: Campagne in Frankreich 1792, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 178876 (vgl. Goethe-HA Bd. 10, S. 349-350). 357 Conrad Fiedler: Der Ursprung der künstlerischen Tätigkeit. In: Conrad Fiedler. Schriften über Kunst. Mit einer Einl. von Hans Eckstein (= Klassiker der Kunstgeschichte). Köln 1977 (Nachdr. Köln 1996), S. 131–240, S. 193.

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künstlerischen „Produktion der Wirklichkeit“ somit aufgewertet,358 dürften inhaltliche

Werte dennoch nicht vernachlässigt werden. „So haben diejenigen ebenso unrecht,

[…] welche den Künstler aus den Grenzen der Wirklichkeit hinausweisen und ihm,

indem sie ihn zu befreien meinen, neue Fesseln anlegen“.359 Denn die echte

künstlerische Leistung sei darin begründet, „daß die menschliche Natur sich in

einzelnen Individuen nach Seite jener sich an das innere Erlebnis der

Gesichtswahrnehmung anschließenden äußeren Fähigkeiten und Fertigkeiten über das

gewöhnliche Maß entwickelt zeigt.“360 Die herausragende handwerkliche Kompetenz,

das technische Vermögen spielte auch bei Westheim bei der positiven Bewertung eine

große Rolle.

Von Anfang an stand Westheim dem Stilpluralismus innerhalb der

Avantgardebewegungen offen gegenüber und versuchte der heterogenen Vielfalt der

Kunstbewegungen in seiner Zeitschrift gerecht zu werden. Denn „Das Kunstblatt“

verstand sich als Informationsquelle zur bestehenden und gegenwärtigen

künstlerischen Situation.361 Inhaltlicher Schwerpunkt von Westheims Zeitschrift war

zunächst der deutsche Expressionismus mit figurativer Ausprägung.362 Ab 1922

rückten in zunehmendem Maße die Neue Sachlichkeit363 und der Konstruktivismus364

ins Zentrum der Vermittlung, wobei Westheim den rein abstrakten und konstruktiven

Tendenzen etwa in der De Stijl-Bewegung oder dem russischen Konstruktivismus

weitestgehend distanziert begegnete. Die Verwandtschaft derjenigen Künstler, denen

„Das Kunstblatt“ ein öffentliches Forum und positives Feedback bot, lässt sich dagegen

unter einer „anti-naturalistischen“, „anti-akademischen“ und subjektiven Haltung

subsumieren.365 Auch in zahlreichen unabhängigen Veröffentlichungen engagierte sich

Westheim für die von ihm favorisierte moderne Kunst.366 1925 gab er gemeinsam mit

Carl Einstein den „Europa-Almanach“ heraus, in dem die wichtigsten künstlerischen

Strömungen der 1920er Jahre zusammengefasst wurden.

358 Conrad Fiedler: Moderner Naturalismus und künstlerische Wahrheit. In: Conrad Fiedler. Schriften über Kunst. Mit einer Einl. von Hans Eckstein (= Klassiker der Kunstgeschichte). Köln 1977 (Nachdr. Köln 1996), S. 101–130, S. 129. 359 Ebd., S. 126. 360 Fiedler 1996/1887, S. 202. 361 Vgl. Windhöfel 1995, S. 125. 362 Vgl. ebd., S. 115 und 125. 363 Vgl. z. B. Redaktion des Kunstblatts: Ein neuer Naturalismus? Eine Rundfrage des Kunstblatts. In: Das Kunstblatt 6. Jg., H. 9 (1922), S. 369–414 und Paul F. Schmidt: Die deutschen Veristen. In: Das Kunstblatt 8. Jg., H. 12 (1924), S. 367–372. 364 Vgl. Paul F. Schmidt: Konstruktivismus. In: Das Kunstblatt 8. Jg., H. 3 (1924), S. 83–85. 365 Windhöfel 1995, S. 168-169. 366 Vgl. ebd., S. 268-300.

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In den 1910er Jahren und besonders in der unmittelbaren Zeit nach dem Ersten

Weltkrieg erschienen zahlreiche neue Zeitschriften, die sich mit der zeitgenössischen

Kunst auseinandersetzten.367 Und speziell „Der Sturm“ als eine Zeitschrift der

„Internationalen Vereinigung der Expressionisten, Futuristen und Kubisten“ traf sich mit

dem Profil des „Kunstblattes“. Somit trat Westheim mit der Gründung einer weiteren

Kunstzeitschrift in eine angespannte Konkurrenzsituation ein. Naturgemäß kommt es

dort zu Interessenskonflikten, wo sich das Engagement einzelner Verleger für die

gleichen künstlerischen Zielgruppen mit einem zusätzlichen Angebot vergleichbarer

Ausrichtung überschneidet. Im speziellen Falle barg auch die Art der „Auslese und

Durchsetzung“ des subjektiv wahrgenommenen Bedeutenden weiteres

Konfliktpotential, wenn Künstler überhaupt keine Beachtung fanden oder die Art der

Darstellung ihres Werkes als verfehlt, falsch verstanden oder feindselig und negativ

auffassten.368 Westheims Selbstbehauptungsstrategie im Spannungsfeld der

Interessen und seine Überheblichkeit und Bedingungslosigkeit Gegnern und Künstlern

gegenüber, deren Kunstverständnis seiner Haltung entgegenstand, führte mithin zu

vielen brieflich oder publizistisch ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten in

unsachlichem, polemischem Ton.369 Seine wenig ausgeprägte Bereitschaft, von einer

einmal erlangten Überzeugung abzurücken und diese zu modifizieren, beförderte

zudem kontroverse Auseinandersetzungen.370 Trat dennoch ein Meinungswechsel bei

Westheim ein, so lieferte er wenig Anhaltspunkte für dessen Begründung.371

Mit Blick auf diese Sachverhalte und im Zusammenhang der Untersuchung ist

insbesondere die Kontroverse zwischen Herwarth Walden und Westheim

hervorzuheben.372 Sie begann mit vereinzelten Attacken und Gegenattacken bereits

anlässlich der ersten Ausstellungen der Galerie „Der Sturm“ im März 1912. Seinen

Höhepunkt fand der Streit allerdings erst im Zuge der Gründung von „Das Kunstblatt“

und in den Jahren 1919 bis 1921 entgleiste der Konflikt um die Führungsrolle bezüglich

der Vermittlung des Expressionismus zu einem publizistischen, wohl auch auf

367 Vgl. Paul Raabe: Die Zeitschriften und Sammlungen des literarischen Expressionismus. Repertorium der Zeitschriften, Jahrbücher, Anthologien, Sammelwerke, Schriftenreihen und Almanache 1910-1921 (= Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte 1). Stuttgart 1964, S. 25-118. 368 Vgl. Windhöfel 1995, S. 68. 369 Zu den Reaktionen auf das Erscheinen der Zeitschrift, vgl. ebd., S. 68-81. 370 Vgl. ebd., S. 9. 371 Vgl. Rudolf Blümner: Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus. Briefe gegen Paul Westheim. Neunter Brief. In: Der Sturm 12. Jg., H. 6 (1921), S. 114–120, S. 119. Blümner griff Westheim u. a. in seinem neunten Brief wegen seines nicht eingestandenen Meinungswandels Kandinsky gegenüber an. 372 Zur Walden-Westheim Kontroverse, vgl. Windhöfel 1995, S. 87-112 und s.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Reziprozität beruhenden Positionskampf um die Entdeckung und Vertretung

künstlerischer Talente.373

In die Hauptphase der Kontroverse fiel die erste Präsentation und Promotion der

Merzmalerei, die durch die Presse als verheißungsvolle Hoffnung und neueste

Sensation eingeführt wurde.374 Westheim sah darin nur einen weiteren „Trick“ von

Walden, aber keine neue Kunstform, die Bleibendes verspreche.375 Dieser Ansicht

entsprechend resümierte er alle Ausstellungen von Schwitters in der Galerie „Der

Sturm“ in süffisantem Tonfall und sehr kurzen Statements. Bereits bei seinen ersten

Reaktionen auf die Merzkunst fällt auf, dass Westheim Schwitters immer nur im

Zusammenhang mit Ausstellungen im „Sturm“ entweder scharf angriff oder abschätzig

und beiläufig erwähnte und mithin Schwitters’ öffentliches Wirken in Berlin fokussierte,

obwohl er sich als Kritiker in den Ausstellungsrezensionen nicht nur auf die Berliner

Kunstszene beschränkte.376 Das mag z. T. daran gelegen haben, dass der

Merzkünstler bis 1928 in Berlin fast ausschließlich an Ausstellungen in der Galerie „Der

Sturm“ teilnahm und es Westheim den anderen Autoren des „Kunstblattes“ überließ,

über Schwitters’ Aktivitäten außerhalb des Sturm-Kreises zu schreiben.377 Die

Hauptintention dieser Strategie war jedoch, Walden in seiner Position als Konkurrent

zu schwächen.

In den aller meisten Fällen ging Westheim in seinen in der Mehrzahl als

Sammelrezensionen angelegten Texten nach eingehender Besprechung der von ihm

favorisierten Künstler nur sehr lapidar aber dafür umso pointierter auf Schwitters’

Kunstschaffen ein. Auffällig an seinem kritischen Verhältnis zu Schwitters ist des

Weiteren, dass er den Vorbehalten dem Künstler gegenüber im „Kunstblatt“ weniger

Platz einräumte. Häufiger und expliziter beschäftigte er sich mit den Werken des

Merzkünstlers in überregionalen Organen, um einen größeren Leserkreis zu erreichen.

So wirft er in der „Frankfurter Zeitung“ zur 77. Sturm-Gesamtschau im Sommer 1919,

an der auch Schwitters beteiligt war, lapidar ein: „Auch ‚Der Sturm’ hat an neuen

Kräften nichts Ueberzeugendes aufzubieten vermocht“. Anstatt des überzeugenden

Neuen werden dem Publikum u. a. „absolute Plastiken“ von Oswald Herzog mit

deutlicher ornamentaler Bildsprache, „schulmäßige[]“ kubistische Bilder von Paul

Busch sowie Werke von Maria Uhden, die ihr „dekoratives Talent“ zeigen, geboten.

373 Vgl. Windhöfel 1995, S. 88. 374 Vgl. Anonym 1919.07.30 und Anonym 1919.07.31 a. 375 P. W. (= Westheim, Paul): Chagall. Der feindliche Ausländer. In: Das Kunstblatt 4. Jg., H. 10 (1920), S. 312–318, S. 314. 376 Vgl. z. B. Paul Westheim: Hannoversche Sezession. Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 125, 31.05.1931. 377 Vgl. Wolfradt 1921 und Veronika Erdmann-Czapski: Hans Arps „Pyramidenrock“. Zur Entwicklungspsychologie des Dadaismus. In: Das Kunstblatt 10. Jg., H. 6 (1926), S. 218–221.

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Und „Kurt Schwitters vermeint in seinen ‚Merzbildern’ durch Einfügung plastischer

Fremdkörper die Ausdrucksmöglichkeiten der Malerei erweitern zu müssen.“378 Ähnlich

wie Curt Glaser deutet auch Westheim die Rezeption der Werke Picassos seitens

Schwitters’ lediglich an,379 wie er auch sonst kaum Anhaltspunkte zu einer

kunsthistorischen Einschätzung der Merzwerke lieferte.

Der lakonisch vorgetragene Vorwurf der bloßen Erweiterung künstlerischer

Ausdrucksmittel wird in der wenig später in „Das Kunstblatt“ erschienenen Kritik „Die

Merzmalerei“ von Daniel-Henry Kahnweiler konkretisiert und ausführlicher behandelt.

Um der durch die Tages- und Fachpresse intendierten „Legendenbildung“

vorzubeugen, so Kahnweiler, skizziert er in seinem Artikel kurz die Geschichte der

Collage als künstlerisches Medium. V. a. verteidigt er dabei die Urheberschaft der bei

ihm unter Vertrag stehenden Kubisten. Das Verdienst dieser künstlerischen Innovation

gebühre allein Picasso und Braque. Dieser wirkungsmächtigen Leistung seien die

italienischen Futuristen und die Züricher Dadaisten gefolgt, die die Collagetechnik dann

in Deutschland verbreitet und das ursprüngliche Konzept, polyvalente ästhetische

Aspekte darzustellen, zu einer „abstrakten Kunst“ mit deutlicher Tendenz zur

„Ornamentik“ weiterentwickelt hätten. Kahnweiler moniert außerdem, der „Sturm“

nehme für sich selbst in Anspruch, die künstlerische Innovation propagiert zu haben,

indem er die Merzbilder Schwitters’ zur „neueste[n] Sensation“ hochstilisiere.380

Demgegenüber unterstreicht Kahnweiler sein Engagement für die Collagekünstler. Mit

einem Hinweis auf die Tagespresse und die Zeitschrift „Der Cicerone“ verwehrt sich

Kahnweiler zudem gegen die in der Untersuchung weiter oben erwähnten Berichte, in

denen Schwitters als stilprägender Collagekünstler vorgestellt wurde. Betont werden

sollte dabei, dass Kahnweilers Einschätzung der Merzkunst als unproduktive,

popularisierende Aneignung künstlerischer Neuerungen vor einem speziellen

Hintergrund zu lesen ist. Denn Kahnweiler kommentiert die Merzmalerei in seiner

Funktion als theoretischer Wegbegleiter und als wichtigster Kunsthändler der

französischen Kubisten. Mithin begreift er sich selbst als eine der wichtigsten

378 Alle Zitate: P. W. (= Westheim, Paul): Berliner Kunstchronik. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 657, 04.09.1919. Westheim bespricht hier folgende Ausstellungen: Der Sturm. 75. Ausstellung. Oswald Herzog. Oskar Fischer. Heinrich von Boddien. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919, Der Sturm. 76. Ausstellung. Kurt Schwitters, M. Langenstrass-Uhlig. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 und Der Sturm. 77. Ausstellung. Maria Uhden Gedächtnisausstellung. Paul Busch. Paul Nietsche. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919, s.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. 379 An anderer Stelle wurde in „Das Kunstblatt“ Schwitters’ Schaffen demgegenüber durch die Zuordnung seines literarischen Werkes zum Berliner Dadaismus kunstkritisch mit dem Nihilismusdiskurs verknüpft, vgl. Erdmann-Czapski 1926, im Rahmen dessen unterschiedliche Aspekte als Indizien für einen möglichen künstlerischen Nullpunkt hervorgehoben wurden, vgl. hierzu Kap. 1.1.1. 380 Alle Zitate: Daniel-Henry (= Kahnweiler, Daniel-Henry): „Merzmalerei“. In: Das Kunstblatt 3. Jg., H. 11 (1919), S. 351.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Vermittlungsinstanzen der kubistischen Kunst.381 Diesen durch persönlichen Kontakt zu

den Künstlern erworbenen Erkenntnisvorsprung demonstriert er insbesondere Walter

Mehring gegenüber, der in der Zeitschrift „Der Cicerone“ Picassos Materialbildern

lediglich initiatorischen Charakter zugestand, während Schwitters diese künstlerischen

Ansätze erst „zur letzten Konsequenz“ geführt habe.382

Das, was Kahnweiler in seinem Aufsatz in eigener Sache gegen den Sturm-Kreis

vorzubringen weiß, stand stellvertretend für die Haltung des Kunstblattherausgebers.

Die Kritik Kahnweilers richtet sich speziell gegen die vermeintliche Hybridisierung des

Kubismus durch eine konkurrierende Institution. Mit seinem Verweis auf Picasso und

Braque sollte der Galerist prägend auf die zeitgenössische Schwitters-Rezeption

einwirken, wobei die Kommentatoren, die auf Kahnweiler rekurrierten, lediglich Picasso

als Vorbild nannten.383

Auf den Sachverhalt, dass der Sturm-Kreis aufgrund seiner nachlassenden Stellung

nur mehr aus einem sehr schmalen und immer gleichen Repertoire an Werken von

wenigen Künstlern sowohl für Ausstellungen als auch für Reproduktionen in seiner

Zeitschrift immer dasselbe auswähle, kam Westheim im April 1920, nachdem er schon

einmal darauf hingewiesen hatte,384 nochmals zu sprechen: „In der Tat, das, was er

jetzt bringt: Wauer, Bauer, Nell Walden, Schwitters ist im Wesen das gleiche.“385 Auf

Schwitters bezogen war es tatsächlich auffällig, dass er im März und April 1920 an

insgesamt drei Sturm-Ausstellungen teilnahm - darunter eine Einzelausstellung -, in

denen er zum großen Teil dieselben Exponate präsentierte. Überhaupt gab es seit

seiner Berliner Premiere als Merzkünstler zahlreiche Überschneidungen in den

Ausstellungslisten.386 In den Jahren von 1919 bis 1924 war Schwitters sehr produktiv,

wählte aber aus der Menge der geschaffenen Werke immer die repräsentativsten

Arbeiten aus, sodass er oftmals dieselben Bilder in mehreren Ausstellungen zeigte.

Westheims Seitenhieb zielte zudem auf die Auswahl der Sturm-Künstler ab, deren

381 Zu Kahnweilers Selbstverständnis als Vermittler und Promoter der Kubisten, vgl. Michael F. Zimmermann: Kritik und Theorie des Kubismus. Ardengo Soffici und Daniel-Henry Kahnweiler. In: Fleckner, Uwe; Gaehtgens, Thomas W. (Hgg.): Prenez garde à la peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900-1945 (= Passagen/Passages. Deutsches Forum für Kunstgeschichte 1). Berlin 1999, S. 425–480, S. 437. 382 Walter Mehring: Ausstellungen. Berliner Ausstellungen. Kurt Schwitters im „Sturm“. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 14 (1919), S. 462. 383 Z. B. berief sich Paul Landau in Anlehnung an Kahnweiler und Curt Glaser auf die Verortung der Merzkunst als „plump[e], grob grimassierend[e], übertreibend[e]“ deutsche Nachahmung der kubistischen Leistungen Picassos, Landau 1921.04.16 und vgl. Paul Landau: Aus den Ausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 81, 18.02.1920. Zwischen Kahnweilers und Mehrings Auffassung bewegte sich Oskar Beyers Zuschreibung. Er schätzte die Merzkunst ein als „einen kleinen Schritt entfernt“ von dem, was Picasso in der Vorkriegszeit geleistet habe. Die Bilder seien „nach bestimmten originellen (kubistischen und futuristischen) Ordnungsprinzipien“ gestaltet und zeigen „ganz angenehm ornamentale Wirkungen“, Beyer 1920, S. 644. 384 Vgl. Westheim 1919.09.04. 385 P. W. (= Westheim, Paul): Ausstellungen. In: Das Kunstblatt 4. Jg., H. 4 (1920), S. 126–127, S. 126. 386 S.w.u. Dokumentation der Ausstellungen.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Werk dem theoretischen Kunstverständnis der Sturm-Theoretiker entsprach. Seiner

Meinung nach waren Waldens Zulassungskriterien derart eingeschränkt, dass er

immer wieder dasselbe „bringt“. In seiner Rezension zur 86. Sturm-Ausstellung macht

er außerdem auf die Fehlleistungen im zur Sensation stilisierten „Ersten Deutschen

Herbstsalon“ von 1913 aufmerksam und zählt zur Untermauerung seiner Behauptung

einige daran beteiligte Künstler namentlich auf, die in Deutschland der Nachkriegszeit

kaum noch bekannt waren. Die wichtigen Sturm-Künstler aber, so Westheim weiter,

seien dem Kreis längst „entlaufen“ und dieser Wandel könne daran liegen, „daß gerade

Künstler dieser Art immer mehr Vertrauen zum Kunstblatt zu fassen scheinen“. Implizit

kokettiert er damit, Künstlern wie „Kokoschka, Klee, Feininger, ganz zu schweigen von

den Fällen Marc, Macke, Essig, Jawlensky, Chagall“ ein ihrem Renommee

adäquateres Forum in seiner Zeitschrift bieten zu können.387 Die genannten Künstler

waren zuvor von Walden vertreten worden, wechselten jedoch später ihren Galeristen.

Mit zunehmendem Bekanntheitsgrad erhielt ihr Schaffen mehr und mehr

Aufmerksamkeit in den Medien, u. a. auch in Westheims Zeitschrift. Das qualitative

Absinken der Sturm-Ausstellungen, das nach Westheim mit dieser Entwicklung

einherging und ab 1917 zum Hauptthema der Kontroverse zwischen ihm und Walden

wurde, projizierte der Kritiker im Hinblick auf die theoretische wie künstlerische

Ausrichtung im „Sturm“ auch auf Schwitters.

Ebenfalls im April 1920 fand die Ausstellung „Der Sturm. 85. Ausstellung. Kurt

Schwitters“, die erste Einzelschau des Merzkünstlers statt. Eine Sammelbesprechung

zu dieser und zu den Ausstellungen Emil Noldes im Kronprinzenpalais und Ludwig

Meidners in der Berliner Galerie Neumann bot Westheim abermals die Gelegenheit,

Schwitters einen weiteren Seitenhieb zu erteilen. Aus Meidners Grafiksammlung „Der

Septemberschrei“ zitierend, der darin von einem „verwirrt[en], überspannt[en] und

gereizt[en]“, dem „Spleen“, dem Affektiven und dem Absurden verhafteten

Künstlertypus geschrieben hat, den es zu überwinden gelte, leitet Westheim bewusst

beiläufig zu einer Diskreditierung Schwitters’ über:

„Die ‚Merzmalerei’ von Schwitters, die jetzt wieder einmal im ‚Sturm’ zu sehen ist, ist noch Kunst von dieser Art. Schwitters ist ernst zu nehmen natürlich, er ist ein Zeitprodukt, auch in seiner Ohnmacht auch in seiner Gesuchtheit. Wenngleich diese Zerfahrenheit nicht mit so viel Pedanterie belastet zu sein braucht.“388

387 Alle Zitate: Westheim 1920 (03), S. 126-127. 388 Alle Zitate: Paul Westheim: Kunst in Berlin. Nolde, Meidner, Schwitters. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 341, 10.05.1920. Das Argument der „Zeitkunst“ sollten später Wilhelm Hausenstein, einer der Mitarbeiter von „Das Kunstblatt“, und Konrad Weiß in seiner Rezension zur Januar-Ausstellung in der Galerie „Neue Kunst - Hans Goltz“ in München 1921 übernehmen, vgl.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Schwitters schaffe abhängig von einer Zeit, die „das Paradoxon als höchste geistige

Tugend“ ansehe, anstatt durch Klarheit und Einheitlichkeit Beständiges zu leisten.

Demnach könne Schwitters als von Walden „künstlich emporgezüchtete[s]

Pseudogenie“ gelten, womit Westheim einmal mehr seine Einstellung zu Schwitters’

künstlerischer Bedeutungslosigkeit akzentuiert.389

Das Argument der Zeitgebundenheit stand der klassischen Auffassung von der

Zeitlosigkeit der Kunst entgegen. Um Künstlerisches mit bleibendem Wert leisten zu

können, wurde nach diesem Kunstverständnis handwerkliches Können sowie der

Individualstil eines genialen Schöpfers und dessen unabhängiges Talent als

wesentliche ästhetische Bedingung vorausgesetzt. Westheim geht bei der

Kategorisierung Schwitters’ als „Zeitprodukt“ vermutlich auch von der Genieauffassung

Schopenhauers aus, zitiert er doch dessen Hauptwerk „Die Welt als Wille und

Vorstellung“ im Titel seiner eigenen Publikation „Die Welt als Vorstellung“.390 Nach

Schopenhauer, der in seinem bedeutendsten Werk über den Ursprung des Genialen

reflektiert hatte, herrschte beim Genie der Intellekt über den Willen, wodurch der

Hochbegabte zu einer objektiven und anschaulichen Vorstellung der Welt gelange,

während beim Nichtgenie dieses Verhältnis mitunter umgekehrt sei. Gerade in der

Kunst gelte der Wille bzw. das Wollen „nichts: da gilt, wie schon das Wort andeutet,

allein das Können. - Alles kommt zuletzt darauf an, wo der eigentliche Ernst des

Menschen liegt.“391 Die künstlerisch weniger begabten Menschen schüfen „persönlich.

Daher gelingt es ihnen höchstens, sich das Aeußere, Zufällige und Beliebige fremder,

ächter Werke als Manier anzueignen, wo sie dann, statt des Kerns, die Schaale

fassen, jedoch vermeinen, Alles erreicht, ja, jene übertroffen zu haben.“392 Mithin

zeichneten sich die Werke der Nichtgenies dadurch aus, dass sie sich „den

Zeitgenossen anschmiegen, bereit, den Bedürfnissen und Launen derselben zu

dienen“, das wahre Genie hingegen schaffe „sein Werk für alle Zeiten“.393

Mit der Einschätzung der Merzkunst als zeit- und situationsbedingtes Phänomen stand

Westheim demnach der klassischen Auffassung näher als der postromantischen

Erkenntnis der Zeitgenossenschaft.394 Im Unterschied zu Schopenhauer zielte

w. h. (= Hausenstein, Wilhelm): Kunst in München. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 62, 25.01.1921 und K. W. (= Weiß, Konrad): Kurt Schwitters und Kurt Kroner. In: Münchner Neueste Nachrichten. Ausgabe 37, 27.01.1921. 389 Paul Westheim: Der „Betrieb“ in der Kunst. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 148, 25.02.1920. 390 Vgl. Windhöfel 1995, S. 132. 391 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 64915 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 4, S. 455). 392 Ebd., S. 64915 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 4, S. 454-455). 393 Beide Zitate: Ebd., S. 64917 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 4, S. 456). 394 Vgl. Rudolf Lüthe; Martin Fontius: Geschmack/Geschmacksurteils. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 2: Dekadent-Grotesk. Stuttgart u. a. 2001, S. 792–819, S. 808-809.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Westheims Kunstverständnis jedoch nicht auf einen dezidierten Intellektualismus. In

seiner Vorstellung von Kunst vermischten sich objektivierbare Kriterien mit

subjektivistischen, ästhetischen Momenten.395 Westheims Aussage über Schwitters

kann aber, was die Rezeption Schopenhauers betrifft, auch als Absage an das

Kunstwollen gelesen werden.

Westheim beharrte des Weiteren auf dem Standpunkt, Schwitters sei lediglich ein

Nachahmer des Kubismus und sprach damit den Diskurs über die Zeitgebundenheit

durchschnittlicher Erscheinungen erneut an, wie er auch die Nachahmung

künstlerischer Vorbilder thematisierte. In seiner polemischen Besprechung u. a. zur 90.

Sturm-Ausstellung im Oktober 1920, in der „Goering neben Chagall, Nell Walden oder

Nebel neben Klee, Sello neben Mense, oder Hermann Huber, Wauer und Bauer neben

Campendonck hängt“ und Schwitters mit Merzzeichnungen und einem Aquarell

vertreten war, stellt Westheim die provokative Frage: „Ob es nach so vielen Jahren

nicht auch peinlich sein wird, an Bauer, Wauer, Nell Walden, Schwitters und Nebel

erinnert zu werden?“ Die ausgestellten Werke der genannten Künstler seien lediglich

„Abklatsch von Kandinsky, [...] Abklatsch von Archipenko, Abklatsch von Picasso.“396

Die hier angesprochene Übernahme fremder Gestaltungsweisen galt seit der Weimarer

Klassik als Negativkriterium der Kritik. Das Künstlergenie, so Schiller, finde sich nur

dort, „wo nicht die geistlose Nachahmung fremder Sitten, sondern eigne schöne Natur

das Betragen lenkt“.397 Für Arthur Schopenhauer wiederum, auf den Westheim sich

bezüglich des Nachahmungsdiskurses auch stützte, war die „Nachahmung fremder

Eigenschaften und Eigenthümlichkeiten“ viel verwerflicher als fremde Kleider zu tragen:

„[D]enn es ist das Urtheil der eigenen Werthlosigkeit von sich selbst ausgesprochen. Kenntniß seiner eigenen Gesinnung und seiner Fähigkeiten jeder Art und ihrer unabänderlichen Gränzen ist in dieser Hinsicht der sicherste Weg, um zur möglichsten Zufriedenheit mit sich selbst zu gelangen.“398

Über diesen Rekurs kommuniziert Westheim noch einmal seine Einschätzung von

Schwitters’ Schaffen als epigonal. Mit seiner Attacke versucht er nicht nur den

395 Vgl. Windhöfel 1995, S. 132-133. 396 Alle Zitate: Westheim 1920.11.25. Westheim replizierte hier Waldens Aufsatz „Die Unbedenklichen“, der darin Textstellen aus Westheims Rezensionen von 1912 und 1913 zitiert hatte, die sein einstmals negatives Urteil gegen die abstrakte Malerei belegen, vgl. Herwarth Walden: „Die Unbedenklichen“. In: Der Sturm 11. Jg., H. 2 (1920), S. 20–22. Darüber hinaus ist der in der „Frankfurter Zeitung“ erschienene Artikel „Kunst in Berlin“ Westheims erster Text, dem Schwitters selbst in „Tran Nummer 16“ antikritisch-künstlerisch antworten wird, vgl. Kurt Schwitters: Tran Nummer 16. Das Leben auf blindem Fuße. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 72–73 und s.w.u. Kap. 2.1. 397 Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Hrsg. von Klaus L. Berghahn. Stuttgart 2008, S. 123. 398 Beide Zitate: Schopenhauer 2004/1819, S. 63701 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 2, S. 383-384).

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Merzkünstler treffen, sondern auch und besonders den Sturm-Kreis, um sich selbst in

den Vordergrund zu stellen.

Westheim ging nach der Besprechung der Berliner Herbstausstellungen von 1920 nur

noch drei Mal auf Schwitters und seine Kunst ein, indem er explizit dessen Namen

nannte. In seiner Rezension zur 96. Sturm-Ausstellung im April 1921 beschuldigt er

den Merzkünstler erneut, in Konventionen zu erstarren. So moniert er: „auch die

Zerfahrenheit von Schwitters ([...] der angefangen hat, eine Musikspieldose ins Bild

einzubauen - vielleicht weil er schon fühlt, wie akademisch die Manier bereits

geworden ist)“.399 Die in der Rezension zur 85. Sturm-Ausstellung vorgebrachten

Argumente werden demnach mit der Wahl der Schlagwörter „Zerfahrenheit“ und

„Manier“ nun weitaus deutlicher formuliert.

Während bei Curt Glaser die Begriffe Manier und Mode korrespondierten, ist der

Terminus Manier in Westheims Ausstellungskritik anders konnotiert. Der Kritiker

verbindet ihn darin mit „Zerfahrenheit“, bezieht ihn auf die persönliche Disposition des

Künstlers und bringt seine Position damit in einen Referenzbereich zu

pathologisierenden Tendenzen innerhalb der Kunstkritik zu Beginn der 1920er Jahre.

Denn die Stigmatisierung als psychisch krank klingt im Terminus Zerfahrenheit an und

rekurriert vermutlich auf die Ergebnisse von Gegenüberstellungen von

Avantgardekunst und Patientenbildern, wie sie u. a. Wilhelm Weygandt erbracht hat.400

Autoren wie Weygandt suggerierten dem Leser durch den Bildervergleich, diejenigen

Künstler litten an Schizophrenie, die in ihrem Schaffen die traditionelle gestalterische

Kontinuität und Kohärenz aufgehoben haben. Zerfahrenheit wiederum war nach Eugen

Bleuler, einem der maßgeblichen Begründer der Schizophrenielehre, neben affektiven

Störungen eines der Hauptsymptome von Schizophrenie. Unter Zerfahrenheit wird in

der Schizophrenieforschung eine gesteigerte Form von assoziativer Lockerung

verstanden, die mit weiteren Krankheitszeichen etwa dem Verlust von kognitiver

Stringenz und Kontrollmöglichkeiten des Denkprozesses einhergehen kann. Die

Krankheit äußert sich durch ungewohntes, für Dritte nicht nachvollziehbares

399 Paul Westheim: Ausstellungen. Berlin. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 6 (1921), S. 191–192, S. 192. Auch Paul Landau fielen die spielerischen „Effekte“ bei den großen Merzbildern in dieser Ausstellung auf, die sich für den Kritiker ebenso wie die Merzplastiken „wie Spielzeug eines altklugen Kindes“ ausnahmen, Landau 1921.04.16. Landau allerdings bezog sich in seiner ambivalenten Einschätzung im Gegensatz zu Westheim nicht auf die Diskussionen zur vermeintlichen Pathologie der Avantgardekunst, sondern thematisierte den Infantilismus in der neuen Kunst. 400 Zu Wilhelm Weygandt, s.w.u. Kap. 1.5.1. Lothar Brieger äußerte sich bereits in seiner ersten Reaktion im Sommer 1919 auf die Merzwerke in kulturkritischer und psychologisierender Weise und sah in den antitraditionellen und vermeintlich willkürlichen Tendenzen, denen Schwitters nachgehe, ein Symptom der Zeitumstände: „Es liegt an der Zeit, an dieser bodenlos zerfahrenen, verhetzten, kulturarmen Zeit, wenn die Feinfühligkeit der Künstler hier und da einmal so ins weibisch hysterische überschlägt“, Lothar Brieger: Sommerkunst. Berliner Ausstellungen. In: Berliner Zeitung am Mittag. Ausgabe 151, 09.07.1919.

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kommunikatives Verhalten, das durch das Bewusstsein der Betroffenen nicht mehr

kontrolliert werden kann, wie auch durch inkohärente Gedankengänge, die in ihrer

Aneinanderreihung keinen geschlossenen Sinnzusammenhang ergeben.401

Die von Schwitters bewusst intendierte Inkohärenz und die Verweigerung, seinen

Werken bildimmanenten Sinn zu geben, lässt Westheim bei der Charakterisierung von

Schwitters als zerfahren offensichtlich unberücksichtigt. Mehr noch, aufgrund der

zweimaligen Zuschreibung kann davon ausgegangen werden, dass der Kunstkritiker

willentlich versucht, den Künstler zu stigmatisieren, wogegen sich Schwitters mit einem

spielerisch sprachanalytischen Tran-Text zur Wehr setzen wird.402

Ein vorletzter expliziter Seitenhieb auf Schwitters erfolgte in einer zweiten Rezension

ebenfalls zur Ausstellung „Der Sturm. 96. Ausstellung. Merzbilder, Merzbilder,

Merzzeichnungen“. Westheim differenziert in dieser Besprechung zwischen echten,

revolutionären Erneuerern, die Wegbereiter eines neuen Stiles seien, und solchen

Künstlern, die sich aus Selbstzweck progressiv geben: „Es gibt Revolutionäre, denen

es vielmehr darum zu tun ist, anders als die anderen zu sein (wobei einem Schwitters

einfallen könnte, der auch gerade wieder einmal in Berlin gezeigt wird)“.403 Nach dieser

Bemerkung berichtete der Kritiker ab Mitte 1921 über die Aktivitäten des Merzkünstlers

überhaupt nicht mehr oder wiederholte gelegentlich seine bisher vorgebrachten

Statements, wie in dem Artikel „Der Maler malt Kunstprobleme“: „Einer, dem es darauf

ankommt, anders als die Anderen zu sein, erklärt das Malen mit der Farbe für ein

törichtes und veraltetes Vorurteil, man könne ebensogut, man müsse in Zukunft malen

mit Papierschnitzeln, Stacheldraht, Müllabfällen usw.“404

In der Folgezeit rückten in Westheims Kommentaren die neueren Kunstrichtungen ins

Zentrum seines Interesses. Im Rahmen einer Rundfrage publizierte er, einer

allgemeinen Tendenz folgend, in „Das Kunstblatt“ die Antworten zahlreicher

Museumswissenschaftler und Künstler auf die Frage, ob sich ein genereller Wandel

vom Expressionismus hin zu einem „neuen Naturalismus“ abzeichne, womit er den

Auseinandersetzungen in den Künstlerkreisen zur künstlerischen Entwicklung

publizistisch Rechnung trug. In seiner redaktionellen Vorbemerkung schreibt er zur

Charakteristik der aktuellen Situation: „Von der einen Seite [...] wird dieser neue

401 Vgl. Wienberg 1998, S. 2-3. 402 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 19. Mein Zerfahren gegen Paul Westheim, zur Gewinnung aromatischer, alkoholfreier Säfte. (Die Axt im Haus zersetzt den Zimmermann.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 89–91 und s.w.u. Kap. 2.1. 403 P. W. (= Westheim, Paul): Kunst in Berlin. (Munch. Valori Plastici. Fiori. Braß). In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 352, 14.05.1921. 404 Westheim 1921 (17), S. 292.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Naturalismus entschieden propagiert, die andere erblickt eine Gefahr darin,

Schaffensziele, die auf schöpferische Formgestaltung gerichtet sind, preiszugeben.“

Mit der Umfrage versucht Westheim zu klären, „was bei jenen Erwägungen anzusehen

ist als organische Entwicklungsnotwendigkeit und was als wieder eine Modeallüre.“405

Auch konkretisierten sich mit dieser Rundfrage die Argumentationen für und wider die

ungegenständliche Malerei, die vorher weniger dezidiert zur Sprache kamen.

Westheim stieß damit einen Diskurs an, innerhalb dessen der Streit um die abstrakte

Malerei kontroversere Züge annahm.406 In dessen Folge beschäftigten sich sowohl die

Kunstkritik als auch die Kunstwissenschaft intensiver mit der realistischen

Neuausprägung der Kunst in den 1920er Jahren.

Gleichzeitig gewann der Konstruktivismus als wesentlicher Inhalt der Zeitschrift an

Bedeutung. Innerhalb der konstruktivistischen Bewegung differenzierten die Autoren

des „Kunstblattes“ zwischen einer „konstruktiv-naturalistischen“ und einer

„postrevolutionären Moderne“, wobei erstere wegen ihrem rudimentären Festhalten an

Wirklichkeitszusammenhängen favorisiert wurde.407 Das bedeutete auch, dass sich das

Verhältnis zwischen Westheim und Walden, in dessen Zeitschrift und Galerie eher die

konkret-konstruktive Spielart des Konstruktivismus rezipiert wurde, änderte, sodass

sich die einst kollidierenden Interessenlagen verschoben.408

Die ungegenständliche Variante des Konstruktivismus wurde im „Kunstblatt“ als

„Verneinung der Malerei“ abgelehnt.409 Westheim sprach dieser künstlerischen

Auffassung, aus der heraus ein Formenrepertoire lediglich übernommen, nachgebildet

oder imitiert werde, einen modernen Charakter ab, vielmehr sei diese Haltung „uralt

akademisch“ ohne jegliche ästhetische „Qualität“.410 Im Grunde wiederholte er hier

seine Vorbehalte der abstrakten Malerei gegenüber. Die restlose Abstraktion durch

geometrische und stereometrische Formen der nachrevolutionären

Avantgardekünstler, wie auch schon den abstrakten Expressionismus lehnte Westheim

ab, weil er in dieser Kunstform keine sinnlichen, vom Gefühlserlebnis getragenen

Spuren zu erkennen glaubte.

405 Alle Zitate: Redaktion des Kunstblatts 1922, S. 369. Auf die Rundfrage antworteten u. a. Edwin Redslob, Ernst Ludwig Kirchner, Ludwig Meidner, George Grosz, Wilhelm Michel, Adolf Behne, Wassily Kandinsky, Albert Gleizes, Gustav F. Hartlaub, Alexander Archipenko und Wilhelm Hausenstein. 406 Zur Rezeption der Neuen Sachlichkeit im „Kunstblatt“, vgl. Windhöfel 1995, S. 188-204. 407 Zur Aufnahme des Konstruktivismus in Westheims Zeitschrift, vgl. ebd. 1995, S. 204-215. 408 In der Zeitschrift „Der Sturm“ fanden daraufhin die neueren Aktivitäten Westheims wenig Resonanz. Blümner schrieb nach 1921 keine weiteren Antikritiken gegen das „Kunstblatt“ und seinen Herausgeber. Einzig Schwitters reagierte noch auf Westheims Artikel. 409 P. W. (= Westheim, Paul): Die Ausstellung der Russen. In: Das Kunstblatt 6. Jg., H. 11 (1922), S. 493–498, S. 497. 410 Beide Zitate: Paul Westheim: Maschinenromantik. Zwanglose Bemerkungen von Paul Westheim. In: Das Kunstblatt 7. Jg., H. 2 (1923), S. 33–40, S. 38.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Vor diesem Hintergrund schenkte er der Weiterentwicklung der Merzkunst keinerlei

Aufmerksamkeit und registrierte weder die Sturm-Ausstellung im Mai 1922, in der

Schwitters erstmals i-Zeichnungen ausstellte, noch die „Große Berliner

Kunstausstellung“ im Sommer 1926, in der konstruktivistische Werke des Künstlers

gezeigt wurden.

Auch wenn die Schwitters-Rezeption von Westheim seit dem Sommer 1921 nicht mehr

nachvollzogen wurde, ist im Zusammenhang der Untersuchung seine Kritik an der

weiteren Kunstentwicklung von wesentlichem Belang, da Schwitters selbst die

Publikationen des Kunstkritikers weiterhin las und z. T. auch replizierte.

Zur „Situation der bildenden Künste in Deutschland“ schreibt Westheim Anfang 1924 in

einem Aufsatz in der Zeitschrift „L’Esprit nouveau“, - auf den Schwitters in der letzten

Replik innerhalb der Reihe seiner Tran-Texte und tran-ähnlichen Schriften reagieren

wird411 - es habe neben den wirklich ringenden, wahren Künstlern wie die Maler der

„Brücke“ oder des „Blauen Reiters“ zu viele Nachahmer gegeben, die in

expressionistischer Manier malten. „Mais la réaction devait venir“, damit die Kunst

lebendig bleibe. „Le public trompe par des littérateurs trop empresses des marchands

de tableaux spéculateurs s’aperçut avec inquiétude avoir des demi-dieux

chimériques.“412 Das aktuelle Kunstschaffen aber zeige den Willen, diesem „jeux

d’enfant“ ein Ende setzen zu wollen. In den letzten 25 Jahren sei das Bemühen um

grundsätzliche Prinzipien ernsthaft vorangetrieben worden, um eine künstlerische

Einheitlichkeit auf elementarer Basis zu schaffen. So seien die „absolute Malerei“ und

die „absolute Plastik“ entstanden, eine so reine und einfache Wiederherstellung der

Kunstprinzipien, die heute gänzlich anerkannt sei. Aber bei dieser Kunstform bestehe

die Gefahr, dass sie sich zu bloßem L’art pour l’art und damit zu völliger Inhaltslosigkeit

hin entwickle. Die aus dieser Auffassung resultierende Tendenz gebe mit der

Loslösung von originär malerischen Mitteln auch den Bildbegriff auf, und wende sich

einer völlig neuen konstruktiven Wirklichkeit zu, wie es im russischen Konstruktivismus

geschehen sei. Andere Künstler wiederum meinten, in Reaktion auf die am

Gefühlswert orientierte Kunst in der naturalistischen Objektivität des Bildes eine

Lösung gefunden zu haben. Durch den Bildeindruck, nicht durch die Form, erreichten

sie eine unmittelbare Verständlichkeit mit der Intention, einen neuen Sinn, einen neuen

Lebensinhalt zu verbildlichen. Diese Form der Kunstausübung könnte, aufgrund

biedermeierlicher Momente ins Leere, in einen platten Realismus ohne Bezug zu

411 Vgl. Kurt Schwitters: Noch einmal die Gefahr Westheim. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 198–199. 412 Beide Zitate: Paul Westheim: La situation des arts plastiques en Allemagne. In: L’Esprit nouveau. Revue internationale d’esthétique 4. Jg., H. 20 (Jan./Feb.) (1924), o. S.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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künstlerischer Schöpfung abschweifen. Beide Tendenzen könnten nur reüssieren,

wenn sie menschlich Bewegendes und Nachdrückliches, für das Leben Relevantes

darstellen. Ansätze zur Überwindung von „l’artisticisme et des problèmes d’atelier“

sieht Westheim im Werk der Maler George Grosz, Otto Dix und Hans Belling. Deren

Kunst orientiere sich formal an der empirischen Welt und inhaltlich sei es eine sozial

und politisch engagierte Kunst, wodurch das Kunstschaffen eben auch einen neuen

Gehalt erhalte.413

Mit seinem Eintreten für die Avantgardekunst mit figurativer Ausprägung und seiner

Ablehnung der ungegenständlichen Kunst griff Westheim durch gezielte Ausgrenzung

die persönliche Integrität mancher Künstler vehement an. Insbesondere die Sturm-

Theoretiker sahen ihre Position und die Persönlichkeitsrechte der durch sie vertretenen

Künstler durch Westheim verletzt und wehrten sich gegen dessen publizistische

Attacken ebenso heftig. Auch Schwitters reagierte auf den Kritiker, tat dies jedoch nicht

aus Selbstschutz, sondern aus künstlerischer Motivation. Er replizierte bis Ende 1924

viele Texte des Kritikers durch insgesamt vier Antikritiken gegen Westheim.414 Von den

Rezensionen Westheims nach 1924 nahm der Merzkünstler keine Notiz mehr. Auch

nicht als Westheim in seinem Aufsatz „Die tote Kunst der Gegenwart“ den Versuch

macht, den Künstler erneut und ein letztes Mal zu diskreditieren:

„Freilich darf man aus ‚Entwicklung’ nicht, wie so viele es tun, die sich in besonderem Maße radikal vorkommen, Entwicklungs-Fetischismus machen. Wenn Kokoschka seine ‚Entwicklung’ nicht so betreibt, daß er heute, sagen wir wie Moholy-Nagy malt, so kann das doch wohl nur die tribulieren, vor deren unentwegtem Radikalismus und Modernismus ich allen Respekt habe, die aber den Fehler begehen, Maleratelier und Modeatelier zu verwechseln. Wenn Kokoschka es sich heute einfallen lassen würde, wie Moholy-Nagy zu malen, wenn Poelzig wie Doesburg bauen wollte, wenn Feininger anfinge Merz zu kleistern, so wäre das doch nur - Äfferei, eine besonders alberne Art von Nach-Äfferei. Welch skurillen [sic] Begriff von künstlerischem Gestaltergeist müssen derlei Programm-Fetischisten haben! Vor lauter ‚Bewegung’ scheinen sie gar nicht mehr das Gefühl zu haben, um was eigentlich alles geht.“415

Bewusst und polemisch grenzt der Kritiker gemäß seiner expressiv-figurativer

Auffassung Kunstschaffende, die die expressionistische bzw. kubistische Tradition

moderat weiterführten, von progressiven, nach neuen Wegen suchenden Künstlern ab.

Wenn er Schwitters Feininger gegenüberstellt, so impliziert er damit einmal mehr die

Orientierung am Kubismus seitens des Merzkünstlers. Dieses Urteil resultiert

413 Alle Zitate: Ebd. 414 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16, Schwitters 2005/1921 – Tran 19 und s.w.u. Kap. 2.1. und ferner Schwitters 2005/1924 – Tran 35 und Schwitters 2005/1924 – Noch einmal die Gefahr Westheim und s.w.u. Kap. 2.3. 415 Westheim 1925 (04), S. 112.

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vermutlich aus einem Besuch der 139. Sturm-Ausstellung im Februar 1925, in der

mehrere Arbeiten, auch zahlreiche ältere Merzwerke zu sehen waren.416

Resümierend ist zu Westheim zu bemerken, dass dessen kritische Verbalattacken

gegen Schwitters v. a. im Zusammenhang mit dessen Zugehörigkeit zum Sturm-Kreis

zu sehen sind. Der Kunstkritiker zielte darauf ab, sich als Publizist zu behaupten und

eine Monopolstellung auf dem konkurrierenden Markt für Kunstzeitschriften zu

erlangen. Auf publizistischem Wege versuchte er, der Neugläubigkeit der Zeit und der

„Kritiklosigkeit“ des Publikums entgegenzuwirken und den kritischen Blick der

Kunstöffentlichkeit zu schärfen.417 Im Falle Schwitters’ ging es nicht darum ein

„Künstlerindividuum sondernd zu deuten“.418 Die unterschiedlichen Kunstauffassungen

schienen bei Westheim eher nachrangig gewesen zu sein, wobei sie nicht

unbedeutend waren. Aufgrund des vernichtenden Urteils von Westheim aber kann von

dem Versuch der Aussonderung ausgegangen werden. Westheim war es nicht nur

wichtig, eine allgemeine Anerkennung der Merzkunst zu verhindern, weil er diese als

unwesentlich für die Kunstgeschichte betrachtete. Die öffentliche Diskreditierung sollte

die Beachtung des Künstlers und somit des Sturm-Kreises erschweren, die zu einem

neuerlichen Erfolg von Waldens Engagement für die progressive Kunst hätte führen

können. Denn Westheim war v. a. an einer mittelbaren Einflussnahme an der

adäquaten Präsenz der Gegenwartskunst in der Öffentlichkeit gelegen. Indem er

gezielt die Aufmerksamkeit auf die Werke der von ihm favorisierten Künstler lenkte und

im Gegenzug die Merzkunstwerke lapidar abqualifizierte, konnte er das Interesse an

Malern wie Edvard Munch, Marc Chagall und Karl Schmidt-Rottluff steigern und so

bestimmte Kunstschaffende wirkungsvoll unterstützen.419

Obwohl Westheims Kritiken zur Merzkunst eine sehr geringe argumentative Substanz

aufweisen, wurde er doch über den Umweg über seine Zeitschrift „Das Kunstblatt“ und

v. a. dadurch, dass er es war, der Kahnweilers rezeptionsprägenden Beitrag darin

publizierte, zum indirekten Meinungsmacher innerhalb des Schwitters-Diskurses.

416 S.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. 417 Paul Westheim: Die tote Kunst der Gegenwart. In: Das Kunstblatt 9. Jg., H. 5 (1925), S. 141–149, S. 141. 418 Westheim 1923 (04), S. 113. 419 Zur diesbezüglichen Einflussnahme Westheims, vgl. Windhöfel 1995, S. 172-173. Windhöfel führt das Beispiel Erich Heckels an, der sich durch die Kritik Westheims, es fehlten Werke von Munch, Nolde, Mueller usw. in der „Galerie der Lebenden“, verunsichert fühlte und den Direktor der Nationalgalerie Berlin, Ludwig Justi bat, Bilder von ihm in der Schausammlung nicht zu hängen.

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1.1.5 Franz Servaes Franz Servaes studierte ab 1881 zunächst in Leipzig, dann in Bonn

Kunstwissenschaften und Germanistik. 1887 schloss er sein Studium mit der

Dissertation „Die Poetik Gottscheds und der Schweizer“ an der Universität Straßburg

ab. Danach lebte er in Berlin und publizierte erste Essays und Theaterkritiken. Servaes

siedelte nach Wien über, wo er ab 1899 als Kunstkritiker bei der „Neuen Freien

Presse“ tätig war, deren Feuilletonleitung er 1904 in der Nachfolge Theodor Herzls

übernahm. 1915 kehrte Servaes nach Berlin zurück und arbeitete zunächst als

Theaterkritiker für den Ullstein-Verlag, des Weiteren für die „Vossische Zeitung“ und ab

1919 für den deutschnationalen „Berliner Lokal-Anzeiger“, dessen weltanschauliche

Ausrichtung einen gewissen Einfluss auf die kunstkritische Auffassung von Servaes zu

haben schien.420 Im Zusammenhang der Studie wird Franz Servaes als einer der

Hauptkritiker innerhalb des Schwitters-Diskurses behandelt.

Servaes war publizistischer Wegbegleiter der „Berliner Sezession“ und widmete Malern

des Nachimpressionismus wie Giovanni Segantini, Max Klinger, Anders Zorn sowie

Ferdinand Hodler monografische Publikationen. Dem Frühexpressionismus stand der

Kritiker zunächst skeptisch gegenüber. Aus der Rückschau schrieb Servaes jedoch,

dass die Kunst „mit van Gogh und Munch wieder germanisches Kunstgebiet“

beschritten und der Expressionismus mit Blick auf deren genannte Vorläufer

„Berechtigung“ und historische Notwendigkeit hätten. Der Gefühlsästhetik folgend,

bemerkte er, ein gewisses Maß an „Willkür und Phantasie“ müsse der Kunst

vorbehalten sein und somit sei die neuere Entwicklung als anerkennenswert und als

„geschichtliche Unausbleiblichkeit“ zu werten.421 In seiner Anschauung rezipierte

Servaes das Kunstverständnis des Philosophen aus dem 18. Jahrhundert, Johann

Georg Hamann: „Wer Willkür und Phantasie den schönen Künsten entziehen will, stellt

ihrer Ehre als ein Meuchelmörder nach.“422 Für Hamann, der für die Befreiung der

Künste von der akademischen, rationalistischen Regelhaftigkeit plädiert hatte, war

Originalität und emotionale Tiefe das maßgebende Prinzip für den Künstler. Dieser

schaffe Kunst einzig in Analogie zur Natur. Zentral war darüber hinaus die Auffassung

vom Künstler als prometheischer Schöpfer.423

Sich dem anschließend ging Servaes von der Vorstellung aus,

420 Vgl. Peter Sprengel; Gregor Streim: Berliner und Wiener Moderne. Vermittlung und Abgrenzungen in Literatur, Theater und Publizistik. Wien u. a. 1998, S. 115-117 und 145. 421 Alle Zitate: F. S-s. (= Servaes, Franz): Impressionismus und Expressionismus. Ein Vortrag von Emil Waldmann. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 110, 01.03.1918. 422 Zit. nach ebd. 423 Vgl. Udo Kultermann: Kleine Geschichte der Kunsttheorie. Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart. Darmstadt 1998, S. 100-101.

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„daß ‚Kunst’ nichts Isoliertes, sozusagen in einem leeren Raume Schwebendes ist, sondern daß sie durch feste Gebundenheiten gehalten wird: insofern sie nämlich, als mannigfach verknüpftes Menschenwerk, nichts Fesselloses sein kann, sondern nur gleichsam die höchste Spitze der Naturhervorbringungen darstellt“.424

In der ästhetischen Idealvorstellung Nietzsches, dessen Werk eine weitere Quelle von

Servaes’ Kunstverständnis war,425 stellte Kunst nichts vom Leben Abgekoppeltes dar.

Für Nietzsche war die Kunst Transformation der Welt und hatte angesichts der

menschlichen Bedingtheiten existenziellen Status. Sie sei eine Möglichkeit, der

zunehmenden Fragmentierung des Lebens entgegenzuwirken und wieder zu einer

Ganzheitlichkeit zu gelangen, sofern sie autonom von religiösen, staatlichen und v. a.

wissenschaftlichen Institutionen bleibe.426

Im Hinblick auf den Mangel eines zeitgenössischen einheitlichen Stiles, wie ihn

Nietzsche auch für seine Zeit konstatiert hatte, verwies Servaes auf die „zwingenden

Zusammenhänge“ zur Natur und kritisierte die Künstler, „die die Kunst in verstandloser

Betätigung einer völlig illusorischen ‚Freiheit’, zu einem haltlos flatternden Irrwisch

machen wollen, in dem nichts höhere Notwendigkeit, alles nur Laune und Inspiration

eines so oder so gestaltenden Individuums sein soll.“ Im Kunstwerk müsse

demgegenüber eine „unmittelbare und geheime Beziehung zur Natur, zum Weltall, zu

Gott“ spürbar bleiben und diese Zusammenhänge zeigten sich „in immer

wiederkehrenden proportionierten Grundformen“. Servaes verstand sich als „Enkel

Goethes“427 und schloss hier dessen Forderung ein, wonach jeder Künstler „sich an die

Natur halten, sie studiren, sich nachbilden, etwas, das ihren Erscheinungen ähnlich ist,

hervorbringen solle.“ Die künstlerische Tätigkeit bestehe darin, „den Dingen ihre

äußere schöne Seite abzugewinnen, aus dem vorhandenen Guten das Beste

auszuwählen und wenigstens einen gefälligen Schein hervorzubringen“.428

Servaes’ Kunstbegriff baute demnach auf der klassischen Vorstellung der Autonomie

von außerkünstlerischen Aufgaben, auf das Verständnis von Kunst als Erfassung der

Welt durch Verstand und Gefühl sowie auf dem Grundsatz der Klassik auf, nach dem

das Werk sich selbst erklären sollte. Darüber hinaus waren „der individuelle Charakter,

die subjektive ‚Sendung’“429 essentielle Bestandteile seiner Kunstauffassung.

424 Franz Servaes: Kunst und Weltall. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 403, 09.08.1918. 425 Vgl. Sprengel/Streim 1998, S. 120 und 122. 426 Vgl. Kultermann 1998, S. 184-187. 427 Alle Zitate: Servaes 1918.08.09. Auch wenn Servaes ca. zwanzig Jahre vorher der Goetheschen Auffassung vom Organismus eine ironische Haltung entgegenbrachte und sich gegen seinen Begriff der Harmonie abgrenzte, hielt der Kritiker im Wesentlichen an dem klassischen Kunstverständnis fest, vgl. hierzu Sprengel/Streim 1998, S. 127-128 und 135-136. 428 Beide Zitate: Johann Wolfgang Goethe: Einleitung in die Propyläen. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 82–101, S. 86-87. 429 Sprengel/Streim 1998, S. 135.

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Demgemäß reichte Servaes’ Kunstverständnis bis zum frühen Expressionismus, der

noch an den bestehenden Beziehungen zur sichtbaren Welt festhielt. Durch die

unverhältnismäßige und inkohärente Wirklichkeitswiedergabe in kubistischen Werken

aber, so Servaes, werde die „Natur als allumspannender Maßstab des Kunstschönen

[...] langsam, aber heftig entthront.“430 Diese „kubistische Willkürlichkeit“ mache ein

Kunstwerk „ungenießbar“. Daher erweise sich die konzeptuell angelegte

Gestaltungsweise „als Lehrstoff“. „Als flüchtige Durchgangsphase wird diese Art der

Formbehandlung ja kaum einem jüngeren Talente ganz erspart werden können; als

Evangelium wird sie sehr bald abgewirtschaftet haben.“431 Servaes erkannte die

fortschreitende Formauflösung seit der impressionistischen Malerei insofern an, als

diese noch auf naturalistische Implikationen verwies. Den abstrakten Expressionismus

der zweiten Generation bewertete er im Unterschied dazu als „eine schüttelnde

Kinderkrankheit, die man durchgemacht haben muß“. Die Konkurrenzsituation und der

daraus resultierende Überbietungsgestus durch künstlerische Innovationen, „in einer

Zeit, in der die Umwälzungen einander jagen“, werde durch „Lärm“ artikuliert, in den

die Künstler lediglich einzustimmen brauchen, um den „Gipfel der Modernität“ zu

erreichen. „Wie schön, wenn man nichts mehr zu können braucht und dennoch ein

großes Maul haben darf!“432

Aber angesichts der jüngsten Entwicklung sollte gewürdigt werden, dass „etwas

emporwill, weiterbauend auf der begonnenen großen Generalabrechung mit Realismus

und Impressionismus“ durch den nachimpressionistischen und frühexpressionistischen

Stil. In der Berliner Künstlerszene jedoch schienen die „Spektakelmacher bedenklich

[zu] überwiegen“, so Servaes.433 Auch in Dresden würden von der „Gruppe 1919“ in

einer „so altrenommierten Stätte, wie in der Galerie Ernst Arnold“ grässliche

„Geschmacklosigkeiten“ in Form von Collagen gezeigt, mit denen man „bald genug

beim krassen Naturalismus wieder gelandet sein“ werde.434

„Gerade dieses Beispiel zeigt uns, wie viel Ratlosigkeit heute bei unserer Künstlerjugend herrscht. Bald pinseln sie in billigster Rezeptmalerei hintereinander her, daß man den einen vom anderen nicht mehr unterscheiden kann. Bald gefallen sie sich in gänzlich undisziplinierten Seitensprüngen und stellen alles, um das sie angeblich mit höchstem Opfermut gerungen haben, leichtfertig in Frage.“435

430 Servaes 1918.03.01. 431 Alle Zitate: F. S.-s. (=Servaes, Franz): Sommerausstellungen. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 412, 15.08.1919. 432 Alle Zitate: Franz Servaes: Ergebnisse des Expressionismus. In: Die Woche. Moderne Illustrierte Zeitschrift 22. Jg., H. 46 (1920), S. 1195–1197, S. 1195. 433 Beide Zitate: Ebd., S. 1196. 434 Alle Zitate: Ebd., S. 1197. 435 Ebd.

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Bei dem Prinzip Collage handele es sich um eine „theoretisch ausgeklügelte Richtung“.

Diese Entwicklung ergehe sich im „Schematischen“ und zeige keine „individuelle

Malerphantasie“. Aber „nicht aus dem Verstand und der Routine, sondern einzig aus

dem schöpferischen Gefühl kann dasjenige erwachsen, was uns aus dem

Expressionismus heraus eine neue Kunst bescheren wird.“436

An anderer Stelle ging Servaes auf die moralischen Konsequenzen des kulturellen

Verfalls ein. Die Kunst sei „längst Schieberware geworden und gesuchtestes

Steuerhinterziehungsobjekt und dadurch in der allgemeinen Wertung Dank törichten

Denkfehlers innerlich gesunken.“437 Davon profitiere die „expressionistische

Massenerzeugung“, die besonders in „jene[m] Salon in der Potsdamer Straße“ zu

sehen sei, „in dem wie in einem Konzentrationslager die Schar der Gläubigen

zusammendrängt.“ In dessen Ausstellungen zählten nicht mehr „Persönlichkeit und

Begabung“, es komme nur auf die „Religion“, die Gesinnung eines Künstlers an und

derjenige, der „den expressionistisch-futuristischen Katechismus brav auswendig

gelernt hat und gläubig nachplappert, wird willkommen geheißen, gleichviel, ob er

Genie oder Schuster ist.“438

Weiter referiert Servaes die Diskussion um die Vermassung der Künste, wie sie zuvor

von Curt Glaser und Felix Neumann thematisiert wurde. Ebenso wie diese behandelt

Servaes die bekannten Vorbehalte der Überbewertung der Theorie, der

Zeitgebundenheit - und den damit verbundenen Überbietungsgestus -, des

mangelnden oder gar fehlenden Könnens sowie den Vorwurf der nachahmenden

Manier in der Avantgardekunst explizit oder implizit. Servaes aber vergleicht den

namentlich nicht genannten Salon - der in Berlin dennoch aufgrund der Ortsangabe für

jedermann als die Sturm-Galerie identifizierbar war - mit einem Konzentrationslager im

Sinne von Gefangenenlagern, in denen in der Regel menschenunwürdige Zustände

herrschten, und bringt damit eine politisierende Dimension in den Diskurs um den

Sturm-Kreis ein.

Diese Einschätzung entstammt der Rezension zur 85. Ausstellung der Galerie „Der

Sturm“ im April 1920, in der Schwitters mit zahlreichen Bildern, v. a. Merzwerken

vertreten war. Über die Merzkunst schreibt Servaes weiter:

„Zurzeit reißt einer der ärgsten Schuster dort sein Maul auf (den Namen erfrage man an Ort und Stelle). Aus irgendeinem Grunde bezeichnet er seine Exkremente als ‚Merzbilder’. Er scheint Lumpensammler zu sein und hat, was er auf der Straße aufgelesen hat, wie alte Drahtstücke, Kleiderfetzen, Watte-

436 Alle Zitate: Ebd. 437 Franz Servaes: Kurssturz der Moral. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt. Ausgabe 63, 04.02.1920. 438 Alle Zitate: Franz Servaes: Expressionisten-Parade. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt, 27.04.1920.

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oder Wergreste, weggeworfene Knöpfe oder Eisenteller, ja selbst Straßenbahnfahrscheine und Postvermerke sinnig zusammengetragen und auf Bretter oder Pappe geklebt, die er dann irgendwie mit Farben angestrichen hat. ‚Franz Müllers Drahtfrühling’, ‚Porträt einer alten Dame’, ‚Tastende Dreiecke’, ‚Rot-Herz-Kirche’ und ähnlich werden dann diese Stumpfsimpeleien etikettiert und als allerneueste Kunst zu Markte gebracht. ‚Verrücktheiten’?. O nein! Klarbewußter Unfug, der leider sowohl ‚Liebeserklärungen’ wie - Käufer findet!“439

Die im letzten Satz von Servaes angedeutete Profitorientierung hat bereits Felix

Neumann im Zusammenhang mit der von ihm als Schund bezeichneten dadaistischen

Literatur erwähnt. Während Neumann in seiner Kritik mit der Bezeichnung der

Merzwerke als Schund auf das seiner Meinung nach fehlende Niveau resp. auf den

mangelnden Gehalt der Werke abzielte, geht Servaes mit der gleichen Motivation

einen argumentativen Schritt weiter, setzt die Merzwerke mit Körperausscheidungen

gleich und überspitzt somit die bisherige Auseinandersetzung mit dem „Schmutz und

Schund“. Denn Servaes bedient mit der Bezeichnung der Merzbilder als Exkremente

eine extreme Konnotation des Wortes Schund, mit der er diese in die Nähe zu

Ekelhaftem oder Ekelerregendem rückt und somit auf eine entschiedene

Gegenkategorie innerhalb der Normenästhetik verweist. Spielt er dabei nur

unausgesprochen auf eine jahrhundertealte Dichotomie an, so konstatiert er an

anderer Stelle im selben Text offen den mit der Autonomieästhetik etablierten

Gegensatz von zweckfreier Kunst und zweckgebundenem Kunsthandwerk, wenn er

Schwitters einen Schuster nennt, anstatt ihn als Künstler zu bezeichnen. Schuster ist

die pejorative, umgangssprachliche Bezeichnung für einen Schuhmacher, die im

übertragenen Sinne für einen untüchtigen, inkompetenten Handwerker steht. Diese

Abwertung von Ausstellungskunst zu Kunstgewerbe, wie weiter oben bei Curt Glaser

ausgeführt, war eine gängige, gegen die Avantgardekunst vorgebrachte

Argumentationsstrategie.

Überdies fällt auf, dass auch Servaes, ebenso wie Glaser zuvor, sich weigert, den

Merzkünstler in der Besprechung zu dessen erster Berliner Einzelausstellung

namentlich zu nennen. Daneben rufen die tendenziell verfemende Redeweise und die

Anonymisierung Glasers These zur Massenpsychose wie auch Max Nordaus Appell an

die Presse, „Entarteten“ kein publizistisches Forum zu bieten, in Erinnerung.440 Im

Gegensatz zu Nordau aber hielt Servaes die Avantgarde lediglich für eine

Modeerscheinung und nicht für eine epidemisch auftretende „Entartung“. „Wenn die

allgemeinen Zeitwogen sich geglättet haben werden, wird diese Kunst schon ganz von

439 Ebd. Ein ähnliches Statement soll er laut einer bekannten Schwitters-Anekdote bereits während der Ausstellungseröffnung geäußert haben, vgl. Lothar Schreyer: Erinnerungen an Sturm und Bauhaus. München 1966, S. 67-68. 440 Zu Nordau, s.w.u. Kap. 1.5.1.

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selbst verschwinden, und sie wird dann nur eine weitere Erinnerung bleiben.“441 Die

Zeitgebundenheit des Phänomens allerdings gehe einher mit der mangelnden

individuellen Differenzierbarkeit der Werke.

Die nicht gegebene Unterscheidbarkeit zwischen den einzelnen Künstlern wiederum

zeigte sich für Servaes bereits in der „Kunstausstellung Berlin 1920 im

Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof“ bei den Nachahmern der Merzkunst,

so im Werk Fritz Perettis, der „aus altem Brennholz ein paar menschenähnliche Kloben

zusammen[fügt]“, diese mit grellen Farben anmale und mit dem Titel „Mann und Weib“

versehe. Als Beispiele für die künstlerische Schwitters-Rezeption nennt der Kritiker

zwei weitere Künstler. Curt Erhardt „ist auch ein netter Erfinder. Er schafft ‚Merzbilder’.

Wir lernten ähnliche Produkte neulich im Futuristenlager der Potsdamer Straße

kennen. Man sammelt Straßenabfälle und klebt sie halb bildmäßig, halb reliefartig

zusammen.“ Und Edmund Kinzinger greife diese Methode insofern auf, als „daß er

prinzipiell bloß zusammengerissene Zeitungsfetzen zu ‚Aquarellen’ zusammenstückelt

und pro Stück mit achthundert Mark verkauft.“442

Servaes streift in seinem Ausstellungsbericht „Expressionisten-Parade“, den Schwitters

mit der tran-ähnlichen Schrift „Erweiterung“ erwidern wird,443 eine Vielzahl von

Diskurspunkten und treibt die Diskussion über die Merzwerke z. T. auf die Spitze. Der

Kunstkritiker zählt den Merzkünstler zu den „expressionistisch-futuristischen“ Sturm-

Künstlern und folgt mit dieser Einschätzung dem Selbstverständnis der Sturm-

Theoretiker. Den Vorwurf des Ekelerregenden erhebt Servaes nur sehr vage, während

andere Schwitters-Kommentatoren wie Friedrich-Karl Kobbe und Hanns Arens ihren

Widerwillen angesichts der Merzkunst direkt zum Ausdruck brachten.444 Die

Merztheorie scheint Servaes nicht rezipiert zu haben, deshalb konstatiert er eher aus

der Anschauung heraus und mit Blick auf andere Collage- und Assemblagekünstler,

die an der „Kunstausstellung Berlin 1920“ teilnahmen, eine Gattungsverwischung

zwischen Relief und Malerei. Diese aber, und insbesondere die Materialwahl verstieß

441 Servaes 1920.06.22. 442 Alle Zitate: Ebd. Über die künstlerische Rezeption der Merzwerke wurde in der zeitgenössischen Berichterstattung nur gelegentlich reflektiert. Willy Ganske wies auf die Rezeption von Merzwerken seitens Curt Erhardt hin, vgl. Willy Ganske: Kunstausstellung Berlin 1920. Zur heutigen Eröffnung im Glaspalast. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt. Ausgabe 236, 21.05.1920 und pom.: Kunstausstellung Berlin 1920. In: Neue Züricher Zeitung, 15.07.1920, der in Erhardt einen „Ersatzmann“ Schwitters’ erkannte. Ebenso sprach Curt Glaser den Sachverhalt der Nachahmung von Schwitters’ Merzkunst an, vgl. Glaser 1920.05.22. Max Osborn nahm in den Werken der genannten Künstler ebenfalls Werke der „Merzmalerei“ wahr, vgl. Max Osborn: „Kunstausstellung Berlin 1920“. Zur heutigen Eröffnung. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 257, 21.05.1920. 443 Vgl. Kurt Schwitters: Erweiterung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 59–61 und s.w.u. Kap. 2.1. 444 Vgl. Friedrich Carl Kobbe: Dada in Braunschweig. Nachtvorstellung im Operettenhaus. In: Braunschweigische Landeszeitung, 01.1924 und Arens 1920, S. 140.

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gegen sein klassisches Verständnis, das er durch seine kunstkritische Tätigkeit zu

verteidigen suchte.

1.1.6 Dr. Frosch (= Hans Waldemar Fischer) Der Dramatiker und Theaterkritiker Hans Waldemar Fischer studierte Klassische

Philologie und Geschichte und promovierte 1898 mit der Dissertation „Ad artis veterum

onirocriticae historiam symbola“ an der Universität zu Jena. In Hamburg, wohin er 1909

übersiedelte, engagierte er sich für das frühexpressionistische Theater und die Kunst

der „Hamburgischen Sezession“.445 Er war als Redakteur der „Welt am Montag“ tätig

und veröffentlichte in der Hannoverschen „Freien Meinung“ unter dem Pseudonym

Dr. Frosch den mit „Dada“ betitelten Artikel. Bei Fischers darin verlautbarten negativen

Bewertung des Dadaismus stehen die mit den durch Dada-Veranstaltungen

verursachten und mit finanziellem Erfolg einhergehenden Skandale im Vordergrund.

Der Rezensent, einer von Schwitters’ Hauptkritikern, hält den Dadaismus für eine

Bewegung, die „ohne geistige Anstrengung“ publikumswirksam immer ein und dieselbe

Methode anwende:

„Schneide mit der Schere blindlings aus einer Druckvorlage - es kann eine Zeitung, ein Katalog von Wertheim, ein Kolportageroman oder der ‚Faust’ sein - Wörter und Wortbrocken aus und klebe sie nach einem Schema nebeneinander: so hast du das dadaistische Gedicht. Du wirst die Freude erleben, es sofort in mindestens hundert Zeitungen nachgedruckt zu sehen; mit einem höhnischen Schwänzchen freilich oder gar mit einer Klage über die Verkommenheit der modernen Literatur; aber jedenfalls gedruckt, und dein Name wird, so sich das wiederholt, allen Leuten geläufig sein, die überhaupt Gedrucktes lesen.“446

Analog zu den dadaistischen Manifesten, die sich wie Gebrauchsanweisungen oder

Back- bzw. Kochrezepte ausnehmen, schreibt Fischer in imperativer Form eine

Anweisung für die Handhabe der einzelnen Bestandteile eines Werkes. Als

Materialquellen nennt er bewusst den Werbeträger der Warenhauskette Wertheim,

eine Gattung der Trivialliteratur und ein kanonisiertes Schriftkunstwerk der

Weltliteratur, um die Willkür bei der Auswahl des Schreibmaterials für als künstlerisch

propagierte Werke zu unterstreichen. Überdies kontrastiert Fischer kommerzialisierte

und trivialisierte Massenprodukte mit einem Werk der deutschen Klassik, um den

geistigen Verfall plakativ vorzuführen. Seine Haltung und Argumentationsweise sind

darin vergleichbar mit der Auffassung Felix Neumanns. Im Gegensatz zu diesem geht

445 Vgl. Scholz, K.-U. 1998. Fischer gehörte zur „Neuen Gemeinschaft“, die von Julius und Heinrich Hart sowie Gustav Landauer um 1900 angeführt wurde, vgl. hierzu Erich Mühsam: Unpolitische Erinnerungen, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 402574 (vgl. Mühsam-Werke Bd. 2, S. 494). 446 Beide Zitate: Fischer, H. W. 1920.10.09.

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Fischer jedoch auf die Verfahrensweise der dadaistischen Literatur genauer ein,

verwirft diese aber ebenso sehr aus einer klassischen Anschauung heraus.

Der Kunstkritiker nimmt zudem mit dieser Gegenüberstellung Bezug auf das Moment

der „ästhetischen Distanz und der Reflexivität“ der Klassik zur Unterscheidung

zwischen geistreicher, anspruchsvoller Literatur und Trivialliteratur. Diese Distanz

eines Werkes zum ästhetischen Erwartungshorizont der Rezipienten war aus der Sicht

der klassischen Ästhetik essentiell für eine kognitive Leistung, die in ästhetische

Erfahrung und Bildung münden sollte.447 Kriterien wie Überbietung, Enttäuschung oder

Erfüllung der Rezipientenerwartung bestimmten somit den ästhetischen Wert des

Werkes. Ein über das Gewohnte hinaus gehendes Kunstwerk sprach nach Goethe

„auch zur Empfindung, aber eine höhere Sprache, die man freilich verstehen muß; es fesselt die Gefühle und die Einbildungskraft; es nimmt uns unsre Willkür, wir können mit dem Vollkommenen nicht schalten und walten, wie wir wollen, wir sind genötigt, uns ihm hinzugeben, um uns selbst von ihm, erhöht und verbessert, wieder zu erhalten.“448

Bei der Rezeption ging es demnach nicht um eine unmittelbare Identifikation mit dem

künstlerischen Stoff, sondern um eine reflektierte, empathische Auseinandersetzung

mit dem Werk. Die bloß unterhaltende Literatur hingegen befriedigte nur sehr

oberflächliche Bedürfnisse, weil der Erwartungshorizont des gebildeten Rezipienten

unterschritten wurde.

Darüber hinaus akzentuiert Fischer die verblendende Suggestionskraft durch die

Omnipräsenz und hohe Popularität der neuen Werke. Weiter schreibt er: „Der Trick ist

so entsetzlich einfach, daß auch der Geistigarme ihn sofort begreift. Und es sind gewiß

der Mehrzahl nach Geistigarme, die sich seiner bedienen.“ Ähnlich wie Neumann

plädiert der Rezensent für die Bekämpfung dieser Tendenz, merkt aber im Gegensatz

zu diesem an, dass es sich z. B. bei Johannes Baader um einen „offenbar

Schwachsinnigen“ handele.449

Mit noch minderwertigeren Mitteln und ebenso unmittelbarer Popularisierung werde

diese Methode erfolgreich auf die bildende Kunst übertragen:

„Nagle eine Brotschnitte auf ein Kuchenblech, spritze etwas Nasenschleim und einige Farbklexe daneben, füge mit Leim sechs abgebrannte Streichhölzer dazu: dann hast du das dadaistische Gemälde. Vielleicht ist es sogar ein ‚Merzbild’. Und du wirst die Freude erleben, daß angesehene Kritiker, die sonst

447 Schulte-Sasse 2001, S. 568. 448 Goethe 1999/1798 (02), S. 93. 449 Beide Zitate: Fischer, H. W. 1920.10.09.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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nur nach jedem hundertsten Bild einen flüchtigen Blick werfen, dieses Werk eingehend beäugen und sich darüber aufregen; in ihrem Blatt, das die Kunde seiner Existenz beflügelt in alle Winde trägt.“450

In den Merzwerken sieht Fischer demnach ein Moment der Steigerung gegeben, die

den Dadaismus in seiner Trivialität noch überbieten. Durch die Aufzählung

abstoßender und verbrauchter Substanzen resp. Gegenstände suggeriert er dem

Leser das Gefühl von Abscheu und Ekel. Damit legt er auch den Rezipienten seines

Textes, die sich allein mittels Lektüre von Presseartikeln über Kunst informierten, eine

tendenzielle Sicht nahe, um diese Zielgruppe zu beeinflussen, indem implizit von

einem Ausstellungsbesuch abgeraten wird. Mithin versucht Fischer das öffentliche

Wirken der Merzkunst zu unterbinden. Dabei liegt der Hauptkritikpunkt wiederum bei

dem enormen und ad hoc erfolgenden Bekanntheitsgrad der Merzkunst, die im

Wesentlichen durch die hohe Publizität begünstigt werde und über die die wahren

Künstler verkannt werden. Gegenstand seiner Attacke sind demnach weniger die

Werke selbst, denn über deren Machart kommuniziert er ähnlich wie Felix Neumann

bloße Vermutungen. Vielmehr zielt er auf die Marketingstrategien ab. Die polemische

Überspitzung wendet sich daher gegen die Werbemaßnahmen der Verlage und der

Künstler selbst. Sogar der Werbeeffekt von Gebrauchsartikeln, so Fischer, rücke durch

die mediale Verbreitung des Dadaismus ins Abseits: „Es gibt keinen [sic] Zahncreme

und keine Nährmittel, das einen so weitverzweigten und zu jedem Dienst willigen

Reklameapparat besäße“.451

Fischer übt in seinem Artikel „Dada“ bezüglich der modernen Vermarktungsstrategien

auch Kritik an der Kritik. Als ein Beispiel für die Feuilletonisten, die über die

dadaistische Bewegung schrieben und damit zu deren Popularität betrugen, greift er

auf den Beitrag Alfred Kerrs im „Berliner Tageblatt“ zurück, einer der wichtigsten und

bekanntesten Kritiker der Weimarer Republik. Der Journalist billigt Kerrs Aussage über

die Bewegung, die „als Selbstbelustigung im eigenen bescheidenen Geisteskreise die

Presse nicht zu bemühen hätte, [sie] wächst sich allmählich zu einem groben Unfug

aus, wenn er seine plumpen Mystifikationen geschäftlich auszubeuten sucht.“ Fischer

wirft Kerr aber nicht nur vor, dem Dadaismus überhaupt ein Forum geboten zu haben,

sondern auch durch die Namensnennung einzelner Dada-Protagonisten diese in der

Öffentlichkeit zu bewerben. Dessen Aufsatz diene als „Lockmittel“ für das naive

Publikum.452 Die Sensationshascherei seitens der Dadaisten und der Rezipienten,

450 Ebd. 451 Ebd. 452 Alle Zitate: Ebd. und vgl. Alfred Kerr: Dada. Tribüne. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 572, 01.12.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

103

besonders der „Bildungsphilister“, unterliege einer sich steigernden Reziprozität. Und

die dadurch bedingte „allgemeine Verblödung“ zeige sich bereits in der Rezeption des

Dadaismus durch Künstler wie Schwitters, dessen Bildwerke Fischer als Nachahmung

„dadaistischer Gemälde“ darstellt.

„Sind die Dadaisten minderwertig, so sind es die, die ihnen zulaufen, noch in weit stärkerem Grade. Ich habe niemals Mitgefühl mit Leuten gehabt, die im Kümmelblättchen geneppt wurden oder sich ‚Pillen’ zur Behebung der Kurzsichtigkeit kaufen. Wer zu den Dadaisten läuft, hat keinen Grund dazu, sich zu empören.“453

In seiner Kritik an der Massenkultur und ihren Manipulationsmechanismen geht Fischer

auch auf die gesellschaftliche Tragweite der dadaistischen Bewegung ein, die

problematische Züge angenommen habe. Auf der einen Seite sieht er die

„Bildungsphilister“ als positiven Verstärker und Multiplikator des Dadaismus. Auf der

anderen Seite nimmt er Reaktionen bildungsferner Leute wahr, die der dadaistischen

Aggression mit Gegengewalt begegneten. „Da es überall die weniger Intelligenten sind,

die sich dieser Mittel bedienen, muß man das Mittel selbst bekämpfen.“ Um der Gefahr

einer kulturellen Unterwanderung der Gesellschaft vorzubeugen, empfiehlt Fischer:

„Hungert den Dada gelassen aus, dann wird er, soweit es in seinen schwachen Kräften steht, sich durch vernünftige Arbeit nähren lernen. Und fallt auch nicht auf ihn hinein, wenn er unter einem neuen Namen kommt; selbst wenn dieser Name, noch kürzer und sinniger U-a hieße.“454

Fischer kategorisiert Schwitters als Dada-Nachahmer, der die antikünstlerischen Mittel

der Dadaisten steigere und sich ebenso der massenmedialen Werbung für seine

Werke bediene. Was die Bilder von Schwitters betrifft, konstatiert der Kritiker eine

fortgeschrittene Entwertung der Kunst, hält den Künstler für unbedeutend und sogar

noch extremer als seine künstlerischen Vorbilder. Ebenso wie Curt Glaser erwähnt

auch Fischer lediglich den Eigennamen „Merzbild“, die Erwähnung des

Künstlernamens unterlässt er.

Genauso wie Felix Neumann nimmt Fischer Rekurs auf die Debatten zur Trivialisierung

und Kommerzialisierung der Kultur sowie auf den Kampf gegen den „Schmutz und

Schund“, ohne jedoch sich explizit darüber zu äußern. Die Dichotomisierung der

Literatur aufgreifend wendet sich Fischer aber stärker gegen die zweckgerichtete

Popularisierung der Kunst. In beiden Fällen war den Autoren daran gelegen, aus einem

kunstpolitisch elitären Sendungsbewusstsein heraus, Kampagnen gegen die

Avantgarde als Symptom des geistigen Niederganges mit Nachdruck zu betreiben.

453 Alle Zitate: Fischer, H. W. 1920.10.09. 454 Beide Zitate: Ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Fischer schlägt darüber hinaus eine Vermeidungsstrategie vor, durch die mittels

Entzug der öffentlichen Foren und der finanziellen Unterstützung die existentielle

Grundlage wegfallen sollte, wodurch die Dadaisten und ihre Nachahmer gezwungen

wären, ihren Lebensunterhalt durch eine herkömmliche Tätigkeit zu bestreiten. Indem

er aber die „Verkommenheit“ der künstlerischen Produktion auf die Künstler selbst

projiziert, weist seine Kritik auch durch die Wortwahl und den Sprachduktus eine hohe

Affinität zu den Pathologisierungsversuchen von Künstlern durch Autoren wie z. B.

Wilhelm Weygandt auf.455

Auch dem Kritiker Fischer resp. Dr. Frosch wird Schwitters einen antikritischen Text

widmen, in dem er v. a. die Vorwürfe Fischers durch Gegenkopplung auf diesen

zurückprojiziert.456

1.1.7 Leo Rein Der Literatur- und Theaterkritiker Leo Rein war v. a. als Redakteur für die „Neue

Berliner Zeitung“ und die „Berliner Börsenzeitung“ tätig. Kurz nach dem Erscheinen des

Sammelbandes „Anna Blume. Dichtungen“ veröffentlichte er Anfang Januar 1920 die

Rezension „Der Poet hat ein Vogel“ zu dieser Publikation, in der er seine Zweifel an

der künstlerischen Ernsthaftigkeit Schwitters’ äußerte. Trotz der ungewissen,

literarischen Intentionen, aber aufgrund der werbewirksamen Aktionen, heißt es darin,

„sei der Scheinwerfer der Oeffentlichkeit, in welche seltsamerweise die seltsamen

Gebilde (durch einen wirklichen Verlag, Paul Steegemann, Hannover) gelangt sind, auf

diese Zeiterscheinung gerichtet.“457

Nach Abdruck einiger Passagen aus dem ersten Merzgedicht vermutet der Autor einen

genealogischen Zusammenhang zu Shakespeares „Sommernachtraum“ (5. Aufzug).

Die Analogie zwischen „Wahnwitzige[n], Poeten und Verliebte[n]“, die sich

gleichermaßen durch „bildungsreiche[] Phantasie“ auszeichnen, sei daher nicht als

neuartiges, literarisches Motiv zu werten.458 „Du bist von hinten wie von vorne, man

kann dich auch von hinten lesen - o Kurt Schwitters, diese Afterpoesie wird unsterblich

sein. Sagte nicht schon Shakespeare: ‚Des Dichters Aug’, in holdem Wahnsinn rollend

…’“459 Während sich in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ der in ein „Ganzes

voll Bestand“ aufgehende schöne Wahnsinn auf die nächtliche Gemütsstimmung 455 S.w.u. Kap. 1.5.1. 456 Vgl. Kurt Schwitters: Tran Nr. 14. Herr Dr. Frosch hungert den Geist aus. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 67–68 und s.w.u. Kap. 2.1. 457 Leo Rein: Neue Bücher. Der Poet hat ein Vogel. In: Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt, 15.01.1920. 458 Beide Zitate: Ebd. 459 Ebd. und vgl. William Shakespeare: Sämtliche Werke (Übersetzung): Ein Sommernachtstraum, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band61.htm, S. 12849 (vgl. Shakespeare-Schlegel/Tieck Bd. 1, S. 364-365), wo es heißt: “Des Dichters Aug’, in schönem Wahnsinn rollend“.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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bezogen hat, bedingt durch die ausgeprägte Einbildungskraft des Dichters,460 müsse

der Leser bei Schwitters schon von einer Persönlichkeitsveränderung ausgehen: „Das

Holde fehlt Kurt Schwitters vorläufig noch; aber der Wahnsinn …“.461 Der Begriff

„Afterpoesie“, mit dem der Kritiker die Merzdichtung bezeichnet, umschreibt wiederum

epigonenhafte oder triviale Literatur. Rein spielt damit beiläufig auf die Schmutz und

Schund-Diskussion an, wie er auch im Hinblick auf die eingangs erwähnte Andeutung

der massenmedialen Aufmerksamkeit den Vorwurf der Profitorientierung andeutet.

Erst am Ende der Besprechung, nachdem er bemerkt hat, „ich will mir den Ulk leisten,

Schwitters tödlich ernst zu nehmen“, unternimmt er den Versuch einer

literarhistorischen Zuordnung. Dem Gestaltungsprinzip des Gedichtes nach, „aus dem

Leben roh gegriffene Zitate in Gegensatz zum Fluß der subjektiven Darstellung zu

setzen“, rezipiere Schwitters die dadaistische Dichtung und könne damit durchaus

humoristische Ergebnisse erzielen. „Aber jeder Künstler, der in die Breite wirken will,

wird sich bequemen müssen, die Sprache der Klarheit zu reden; und er wird einsehen,

um wie viel schwieriger sie zu handhaben ist, als die Sprache der Unverständlichkeit“,

so Rein in seiner ersten Reaktion auf Schwitters’ Schaffen.462

In einem zweiten und letzten Artikel von Rein, in dem Schwitters Erwähnung findet, hält

der Kritiker im November 1921 eine „Grabrede auf Dada“, so der Titel des Aufsatzes.

Darin lässt er die wesentlichen Aussagen seiner Besprechung „Der Poet hat ein Vogel“

z. T. dem Wortlaut nach wieder abdrucken. Posthum könne Dada „als Dokument[] des

chaotischen Zeitgeistes“ gewertet werden und diene nun mehr nur „einer heiteren

Ablenkung“.463 Rein gibt zunächst ein Resümee, im Rahmen dessen er die wichtigsten

Programmpunkte, Veranstaltungen und Protagonisten einschließlich der Beschreibung

ihrer Persönlichkeit nennt.

Mit dem Nekrolog auf die dadaistische Bewegung erinnert Rein sowohl an die durch

Hegels These vom Ende der Kunst angestoßenen Debatten als auch an die

Diskussionen über das Ende des Expressionismus. Der Kritiker unterstreicht v. a. das

Moment der Bedeutungslosigkeit der dadaistischen Bewegung, die als Zeichen der

Zeit, als „Produkt des Krieges“ mit der Überwindung der politischen und

gesellschaftlichen Krise ihre Relevanz verloren habe. „Sie waren phantastische

Theoretiker und konnten mit der nun einsetzenden Realpolitik in Deutschland und ihren

Differenzierungen nichts mehr anfangen.“ Rein begegnet dem Ende des Ismus, das

durch das Nachlassen des revolutionären und radikalen Gestus deutlich werde, mit

460 Shakespeare 2004/1975, S. 12850 (vgl. Shakespeare-Schlegel/Tieck Bd. 1, S. 365). 461 Rein 1920.01.15. 462 Alle Zitate: Ebd. 463 Beide Zitate: Leo Rein: Grabrede auf Dada. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 547, 27.11.1921.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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einem ironischen Abgesang: „Entseelt liegt Dada vor mir. Es ist immerhin eine

interessante Leiche geworden.“464 Kurz vor dem Erscheinen von Reins „Grabrede auf

Dada“ wurde über das „Ende des Expressionismus“ diskutiert - z. T. durch einstige

Exponenten der Bewegung selbst, die Abstand von den Idealen ihrer früheren

Schaffensphase aufgrund ihrer gesellschaftlichen und sozialen Wirkungslosigkeit

nahmen465 und z. T. durch Kunstkritiker und -wissenschaftler, die wegen des Verlusts

der treibenden Kräfte sowie angesichts der zunehmenden Formauflösung in der Kunst

eine Verwässerung des frühen Expressionismus und eine Historisierung der Bewegung

durch die nachfolgenden Künstler diagnostizierten und ebenso wie Rein bezüglich des

Dadaismus erste Gegenreaktionen wahrnahmen.466 In distanzierter Haltung zieht der

Kritiker Rein vor diesem Hintergrund Bilanz und resümiert die wesentlichen

Charakteristika der dadaistischen Bewegung:

„Einladungen zu seinen Veranstaltungen. Futuristische Zeichnungen [...]. Das war der ‚Bruitismus’, die Benutzung des Lärms zum Zweck der Aufreizung der Bürger. [...] Simultaneität: die Gleichzeitigkeit verschiedener Geschehnisse. Oder die gleichzeitige Spiegelung zweier verschiedener Vorstellungen in des Künstlers Hirn. Bilder der Novembergruppe oder im ‚Sturm’ illustrierten diese Simultaneität: alle möglichen Dinge, ja auch Teile von ihnen, Körperteile, Dingteile, sausen einzeln, fragmentarisch durch das Bild in chaotischem Wirbel“.467

Rein subsumiert den Dadaismus unter das Prinzip Collage und schreibt dieser

Bewegung alle künstlerischen Strömungen zu, die sich der Collagetechnik bedienten,

ohne die einzelnen Richtungen zu differenzieren. Der Dadaismus scheint dem Kritiker

eine Sammelbewegung gewesen zu sein, die alle auf Fragmentarisierung beruhenden

Stilausprägungen umfasste. Das Markenzeichen Dadas sei darüber hinaus, so Rein,

die „Verblüffung“, der „Versuch einer Zeit, die am Sinn verzweifelte - und nun Humor im

Unsinn suchte.“468

Eine besondere Stellung aber nehme Schwitters mit seinen Schriften und den

„seltsamen Gebilden“ in den Sturm-Ausstellungen innerhalb der dadaistischen

Bewegung ein:

464 Alle Zitate: Ebd. Bereits über ein Jahr zuvor hatte die „Rheinisch-Westphälische Zeitung“ über „Das Ende des Dadaismus“ im Zusammenhang mit einem Artikel von Francis Picabia in der Zeitschrift „Der Sammler“ berichtet, in dem sich der Künstler von der Dada-Bewegung distanzierte, vgl. Anonym: Das Ende des Dadaismus. In: Rheinisch-Westphälische Zeitung. Ausgabe 599, 11.07.1920. 465 Vgl. Iwan Goll: Der Expressionismus stirbt. In: Raabe, Paul (Hg.): Expressionismus. Der Kampf um die literarische Moderne. Zürich 1987, S. 180–186, passim. 466 S.w.o. Kap. 1.4. 467 Rein 1921.11.27. 468 Beide Zitate: Ebd.

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„Da war ein Bild mit einer Windmühle; die Flügel ragten aus dem Bild hervor, waren von Holzspänchen gemacht und mit Bindfaden bespannt. Ein anderes stellte, erinnere ich mich recht, eine Kiste oder ein Gepäckstück dar, die mit den Original-Gütergepäcknummern und Fahrtzetteln beklebt waren. Und irgendwo in einer Ecke des Bildes las ich eine Inschrift: ‚Anna Blume hat ein Vogel’ oder ‚Anna Blume is dof’ - was so Kinder in volkstümlichen Gegenden an die Wand zu kritzeln pflegen.“469

Schwitters gestalte seine Werke nach der „Theorie des ‚neuen Materials’, die der sonst

nicht geistlose Huelsenbeck zu verteidigen unternimmt. Die Dadaisten fühlten ihre

Kunstrichtung im Wesenlosen zerfließen“. Hier zieht Rein eine Parallele zur

Entwicklung des Expressionismus im Sinne der Diskussionen über dessen Ende und

impliziert damit eine Nachahmung und künstlerische Erstarrung des Dadaismus durch

Schwitters. Während aber Dada „die zeitweise Ausschaltung des Sinnes, die Mischung

von Geist und Wahn“ darstelle, zeigten die Merzwerke „reinere Wirkungen: keine

Mischung mehr; leuchtend stellt der Wahn allein sich dar. Doch ist es schon Wahnsinn,

es hat doch Methode“, womit der Kritiker das Argumentationsmuster seines ersten

Artikels wiederholt.470 Sowohl stilistisch als auch symptomatisch sieht Rein demgemäß

in Merz eine leicht modifizierte Wiederholung von Dada.

Durch den Rekurs auf Shakespeares „Hamlet“ und dessen vorgebliche Verwirrtheit

unterstellt Rein Schwitters eine bewusste, systematische Vorgehensweise. Dies

verknüpft der Kritiker mit einem Rückgriff auf die Korrelation von Genie und Wahnsinn,

die Schopenhauer zuvor in „Die Welt als Wille und Vorstellung“ philosophisch reflektiert

hat. Bei Schopenhauer waren Genie und Wahn eng miteinander verbunden. „Daß

Genialität und Wahnsinn eine Seite haben, wo sie an einander gränzen, ja in einander

übergehn“, sei oft konstatiert worden und dies könne biografische Ursachen haben.471

Diese Koppelung „beruht eben hauptsächlich auf jener, dem Genie wesentlichen,

dennoch aber naturwidrigen Sonderung des Intellekts vom Willen.“472 Durch das

außergewöhnliche Übergewicht des Intellekts sei das Genie wie auch der vom Wahn

Betroffene im Stande, den Verstand von seinem Willen zu trennen und so zu einer

objektiven und anschaulichen Erkenntnis zu gelangen. Aufgrund dieser Fähigkeit

besäßen beide enorme physische und geistige „Energie“, „übergroße Sensibilität“,

„Ueberspanntheit der Stimmung“ und zeichneten sich durch einen „schnelle[n] Wechsel

469 Beide Zitate: Ebd. 470 Alle Zitate: Ebd. Rein zitiert abermals aus einem Stück Shakespeares, in diesem Fall aus „Hamlet“, und wiederum aus einer anderen Übersetzung von „Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode“, William Shakespeare: Sämtliche Werke (Übersetzung). Hamlet. Prinz von Dänemark, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band61.htm, S. 17332 (vgl. Shakespeare-Schlegel/Tieck Bd. 4, S. 302). 471 Schopenhauer 2004/1819, S. 63476 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 1, S. 245-246). 472 Ebd., S. 64922 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 4, S. 459).

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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der Laune“ aus.473 Erfolge allerdings eine völlige Sonderung der beiden

Bewusstseinslagen, so gerate das Verhältnis zwischen Genie und Wahn aus dem

Gleichgewicht und es ergebe sich eine Tendenz zur Unvernunft, zum „Handeln auf

Extreme“.474

Diesen Kontext tangiert Rein in Anlehnung an Shakespeares Stücke, der vormals

selbst Gegenstand des Diskurses gewesen ist. Im 19. Jahrhundert brachte eine

Richtung der Psychiatrie das Genie generell mit einer labilen psychischen Verfassung

in Verbindung. Anhand bestimmter literarischer Werke versuchten Wissenschaftler,

manchen Dichtern wenn nicht eine psychische Erkrankung, so doch eine abnorme

Nervosität nachzuweisen, so auch im Falle Shakespeares. Um die Jahrhundertwende

erkannte die Mehrheit der Psychiater die Gestaltung der pathologischen Züge der

Shakespeareschen Protagonisten „als eine nach künstlerischen Gesichtspunkten

verarbeitete Laienpsychiatrie“ an.475 Trotz der teils klinisch überzeichneten Charaktere

seien bei Shakespeare die „normal psychologische[n] Verknüpfung[en]“ zur Wirklichkeit

immer noch erkennbar.476

Von diesem Kenntnisstand geht Rein vermutlich aus, wenn er von dem Merzgedicht

aufgrund der irrealen Semantik „reinere Wirkungen“ des Wahnsinns ableitet, von der

inhaltlichen Unverständlichkeit auf die persönliche Disposition Schwitters’ schließt und

gleichzeitig ambivalente Momente wahrnimmt. Z. T. trete nämlich in der Merzdichtung

der Wahn in reiner Ausprägung hervor, z. T. aber werde die Tollheit durch

infantilistische Tendenzen überlagert: „‚Weißt du es, Anna, weißt du es schon? Man

kann dich auch von hinten lesen, und du, du herrlichste von allen, du bist von hinten

wie von vorne: a-n-n-a’. Hier bricht aus allem Wahn die schlicht-bürgerliche Freude

eines kindlichen Geistes über eine, Dadas würdige, Entdeckung durch ...“.477 Er

schließt sich damit geteilter Weise der Einschätzung des „reinen Infantilismus“ von

Leopold Zahn an, der aus einem durch äußere Faktoren verursachten Missverhältnis

zwischen Vernunft und Wille zugunsten letzterem resultiere.478 Bei Rein vermischt sich

demnach der Diskurs zur infantilistischen künstlerischen Motivation mit der These zur

Verwandtschaft zwischen Genie und Wahn.

Nachdem auch andere „im Wahn, Michelangelo zu sein“, so heißt es weiter in der

„Grabrede auf Dada“, „in das ihnen gänzlich fremde Gebiet der Literatur eingebrochen

473 Alle Zitate: Ebd., S. 64927 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 4, S. 461-462). 474 Ebd., S. 63483 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 1, S. 250). 475 Gustav Wolff: Psychiatrie und Dichtkunst. In: Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens. Einzel-Darstellungen für Gebildete aller Stände Bd. 4, H. 22 (1904), S. 16–22, S. 17. 476 Ebd., S. 19-20. 477 Rein 1921.11.27. 478 Vgl. Zahn 1920 (02), S. 86.

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waren, und zwar eine irgendwie künstlerische, meist malerische Art der Anschauung,

aber auch ihren Mangel an gedanklicher Logik und Kenntnis der Sprache ergreifend

dargetan - warum sollte der Dadamaler Kurt Schwitters nicht dasselbe versuchen

dürfen?“479

Die Kritik an den fehlenden semantischen Bezügen und an der grammatikalisch

unkorrekten Handhabung der natürlichen Sprache in der Avantgardeliteratur impliziert

eine klassische Auffassung, die Klarheit statt Unverständlichkeit, Deutlichkeit statt

Polyvalenz, strukturierte und ausgewogene Zusammenhänge statt Inkohärenz sowie

Zweckmäßigkeit anstatt Regellosigkeit zu den wesentlichen Kriterien erhob.480 Mit der

wahnbedingten Vermischung von Malerei und Literatur zielt Rein zudem auf die

Trennung der beiden Kunstarten als ästhetische Konvention ab, die seit Gotthold

Ephraim Lessing galt und an der die meisten der Kritiker in den 1920er Jahren

festhielten. Anders als bspw. bei Curt Glaser war Reins Ablehnung nicht gegen die

Anbindung der Malerei an eine theoretische Reflexion als immanenter Teil des Werkes

gerichtet, sondern gegen die parallele Ausübung der beiden Kunstarten, ohne dass in

beiden die „gedankliche[] Logik und Kenntnis der Sprache“ als Ausweis von

künstlerischem Können erkennbar sei.481

Schwitters bewerbe sich, so Rein, mit dem ersten Merzgedicht „um den Lorbeer, den

lang nicht vergebenen, der Frederike Kempner unserer Tage“, einer Schriftstellerin des

19. Jahrhunderts, die von den Kritikern mit Spott bedacht worden und nach ihrem Tod

mehr für die Parodien ihrer Werke bekannt gewesen ist als durch ihre eigenen

Stücke.482 Die Dichterin war überzeugt von ihrer literarischen Ernsthaftigkeit und setzte

sich gegen ihre Kritiker und Parodisten zur Wehr.483 Rein wiederum stellt eine

vermeintliche Nachfolge Kempners fest, nachdem er aus „An Anna Blume“ Passagen

zitiert und diese mit ironischen Nachsätzen versehen hat: „‚O du Geliebte meiner

479 Beide Zitate: Rein 1921.11.27. 480 Vgl. Kultermann 1998, S. 117-122. 481 Rein 1921.11.27. 482Ebd. Auch andere Kunstkritiker erwähnten mutmaßliche Quellen der Merzkunst durch den Vergleich mit anderen deutschen Kunstschaffenden des 19. Jahrhunderts. Paul Fechter erinnerte sich bezüglich der Merzbildwerke, die er als „Bastelei“ bezeichnete, an die Beschreibung des Tempels aus Pappe in Gottfried Kellers Novelle „Die drei gerechten Kammacher“ und mit Blick auf die „Abneigung gegen Farbe und Palette“ bei Schwitters dachte er an „Mareés’ Rezept“ oder an van Gogh, der „Kaffeesatz als Farbe“ benutzte, Fechter 1919.07.05. Lothar Brieger nannte „Andersens Märchen“ als mögliches Vorbild für die Merzdichtung, vgl. Brieger 1919.07.09. Darüber hinaus galten Werke von Johannes Fischart oder Christian Morgensterns „Palmström“ und „Galgenlieder“ als Rezeptionsvorlage für dadaistische Texte, vgl. Gustav Herrmann: Stallmeister Steegemanns Dada Steckenpferde und Silbergäule. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 20.12.1920. Paul Landau vermutete die Quelle der Materialanschauung bei Jakob Böhme, der eine Vision hatte, die ausgelöst wurde durch das von einem Zinnteller reflektierte Sonnenlicht, vgl. Landau 1920.04.24 und s.w.u. Kap. 1.2.5. 483 Vgl. Sandra Lenz: Schwanengesänge von unnachahmlicher Komik. Zur Lyrik der Frederike Kempner. In: Kritische Ausgabe. Zeitschrift für Germanistik & Literatur 1 (2001), S. 23–25, URL: http://www.kritische-ausgabe.de/hefte/frauen/frausrlenz.pdf.

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siebenundzwanzig Sinne, ich liebe dir! - Du deiner dich dir, ich dir, du mir. - Wir?’ Diese

himmlische Deklinierübung steht wörtlich zu lesen auf Seite 5.“484

Mit der Besprechung des Merzgedichtes und der Erinnerung an Kempner stellt sich der

Kritiker selbst in die Reihe der parodistischen Literaturkritiker, bspw. eines Paul Lindau,

Schriftsteller und Kritiker, der in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Die

Gegenwart“ Kempners Werke in den 1870er und 1880er Jahren in beißend ironischem

Ton rezensiert und die Leser auf ihre grotesken Neologismen, Metaphern und Reime

aufmerksam gemacht hat. Lindau ernannte außerdem die Schriftstellerin zum „Genie

der unfreiwilligen Komik“.485

Vermutlich sieht sich Rein mit seiner „Grabrede auf Dada“, um seine Kritik

literarhistorisch einzuordnen, auch in der Nachfolge Fritz Mauthners, der die

Textgattung „Totengespräche“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederbelebt hat.

Mauthner verstand seine Parodien als literarische Form der Literaturkritik und operierte

zur Geschmacksbildung der Leserschaft mit der Übererfüllung der Lesererwartung als

Stilmittel.486

Das Mittel der Überbietung setzt Rein in der Parodie, die eine integrale Komponente

des ansonsten berichtenden Textes darstellt, ebenfalls ein, wenn er Textteile aus „An

Anna Blume“ wie folgt durch einen parodistischen Gegenkommentar ergänzt:

„‚Preisfrage: 1. Anna Blume hat ein Vogel. 2. Anna Blume ist rot. 3. Welche Farbe hat der Vogel?’ / Der sich königlich amüsierende Leser, stellt hier die Gegenpreisfrage: 1. Wer außer Anna Blume, hat noch ‚ein Vogel’? 2. Hat etwa der Poet ‚ein Vogel’? oder 3. hat ‚ein Vogel’ den Poeten?“487

Am Ende des Artikels folgt eine abgewandelte Schlussformel der Totenmesse: „Dada

ist nicht mehr da. Der Ismus ist nicht mehr. Requiescat in pace.“ Die Grabrede erweist

sich also als Totenmesse für eine an ihrer „Richtungslosigkeit“ erstarrte, kraftlose

Bewegung als eine Episode der Hinwendung zur gestalterischen Fragmentarisierung

sowie zum Unsinn als Inhalt.488 Reins Bericht hat demnach sowohl den Charakter einer

reproduktiven als auch einer produktiven kunstkritischen Rezeption. Es handelt sich

um einen z. T. parodistisch-kreativen Beitrag zur These über das Ende einer

Avantgardebewegung. Rein fokussiert im Unterschied zu Fritz Stahl, der das Ende der

Avantgarde überhaupt konstatierte,489 oder zu Glaser, der vom Ende des klassischen

484 Rein 1921.11.27. 485 Lenz 2001, S. 23. 486 Vgl. Theodor Verweyen: Theorie und Geschichte der Parodie. Teil IV, URL: http://www.erlangerliste.de/vorlesung/parodieIV3.html. 487 Rein 1921.11.27. 488 Beide Zitate: Ebd. 489 S.w.u. Kap. 1.1.9.

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Kunstbegriffs sprach, nur die Auflösung der dadaistischen Bewegung als extremste

Ausprägung der Avantgarde.

Diese Grabrede, nicht der erste Artikel von Rein über das Merzgedicht „An Anna

Blume“, sollte den Merzkünstler zur Replik „Rede am Grabe Leo Reins“ veranlassen.

Wie der Untertitel von „Tran 21“ bereits impliziert, bediente Schwitters sich darin des

parodistischen Textes von Rein als Vorlage und als Materialfundus und spiegelt die

Argumente des Kunstkritikers im Sinne seiner Merztheorie.490

1.1.8 Oskar Bie Oskar Bie studierte Philosophie, Kunst- und Musikgeschichte in Breslau, Leipzig und

Berlin. 1886 promovierte und 1890 habilitierte Bie und war anschließend als

Privatdozent an der Technischen Universität in Berlin tätig. Ab 1921 lehrte er Ästhetik

an der Berliner Musikhochschule. Daneben leitete er in den Jahren von 1894 bis 1922

die Redaktion der „Neuen Deutschen Rundschau“, verfasste zahlreiche unabhängige

Publikationen wie „Zwischen den Künsten“ (1895), „Die Oper“ (1913) und „Der Tanz als

Kunstwerk. Das Ballett. Fest der Elemente“ (1920) und schrieb als Berlin-

Korrespondent für diverse Tageszeitungen u. a. für die „Dresdner Neuesten

Nachrichten“ und den „Hannoverschen Anzeiger“ Theater-, Musik- und Kunstkritiken.491

Um 1890 orientierte sich Bie mit seinen ästhetischen Beurteilungskriterien am

Impressionismus.492 Demgemäß erkannte er die Abkehr von der exakten

Realitätsabbildung an und sprach sich gleichzeitig und dezidiert für das Festhalten am

Gegenständlichen aus. „Denn alles Realistische [...] ist nicht Bequemlichkeit, sondern

ein Ringen um die Natur, ein Schöpfungsprozeß der Ueberwindung des Objekts, der

das Leben der Kunst ist.“493

Er vertrat eine am Subjektivismus orientierte Individualästhetik und engagierte sich für

einen Künstlertypus, „der unbeirrt von Richtungen nur seiner eigenen starken

Persönlichkeit folgt. Er hat ein großes Weltbild in sich, mit dessen Darstellung er auf

seine eigene Art ringt. Hoffnungen eines einseitigen Expressionismus schiebt er mit

starker Hand beiseite.“494 Neben der bleibenden Bedeutung495 eines Werkes setzte Bie

490 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 21. Rede am Grabe Leo Reins. (In der Berliner Börsenzeitung 547 v. 27.11.1921). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 94–95 und s.w.u. Kap. 2.2. 491 Vgl. Walther Vetter: Bie, Oskar. In: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.): Neue Deutsche Biographie. 25 Bde. Bd. 2: Behaim-Bürkel. Berlin 1955, S. 219–220. Bie studierte nach eigenen Angaben Archäologie im Hauptfach, Philologie im Nebenfach und habilitierte im Fachbereich „alte Kunst“, Oskar Bie: Aus meinem Leben. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 260, 05.11.1921. 492 Vgl. ebd. 493 Zit. nach Herwarth Walden: Preßfühler. Der Kenner. In: Der Sturm 8. Jg., H. 1 (1917), S. 2–3, S. 2. 494 Oskar Bie: Berlin und die Kunst. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 85, 13.04.1921.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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das „Gewinnen einer Beziehung zur Wirklichkeit“ als Maßstab für die Bewertung von

Kunstwerken, als „leibliche[r] innere[r] verzückende[r] Wert der Kunst.“ Die jüngsten

künstlerischen Strömungen aber zeigten, „daß die ganze Revolution stecken geblieben

ist. Es ist seit langem kein Fortschritt zu bemerken, es ist keine Klarheit, es ist

Systemlosigkeit und Zersetzung durch Theorie [...]. Die Entwicklung ist an einen

Wendepunkt gelangt.“496 Die Forderung nach künstlerischer Autonomie und nach der

Eigenständigkeit der Kunstarten sowie nach der Trennung des Werkes von

philosophisch-kunsttheoretischen Reflexionen erhob neben vielen anderen

Kunstkritikern auch Oskar Bie. Sein Kunstbegriff lehnte sich dabei ebenso an dem der

klassischen Auffassung an und schloss neben formalen, inhaltlichen und

organologischen Kriterien auch Momente der ästhetischen Empfindung ein.

Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der neuen, antimimetischen Malerei in

Deutschland wies Bie auf die „Verwirrungen der Malerei“ hin und betonte die einseitige

Konzentration auf die vernunftmäßige Umsetzung der Avantgardestile.497 Die

futuristische Bewegung hielt der Kritiker für „Blödsinn des rechnenden Verstandes, mit

dem meine malerische Phantasie nichts zu tun haben will“498 und für „das Geschrei,

das blöde macht und das Prinzip, das tötet“.499 Kandinskys abstrakte Arbeiten

bezeichnete er als „die Zerstörung eines Malers durch den Geist [...], der seine

Entbindung nicht erwarten kann“.500 Auch sah Bie aufgrund der zunehmenden

künstlerischen Emanzipation vom Gegenstand einen für den Großteil der Rezipienten

hermetischen und Unverständlichkeit bedingenden Aspekt in der neuen Malerei: „Die

ganze futuristische, kubistische, expressionistische Bewegung vollzieht sich in einem

Kreise von Literatur und Atelierkunst, der ganz für sich bleibt und jede Beziehung zur

bevölkerten Erde abgebrochen hat.“501

Nach dem Krieg äußerte sich der Kritiker skeptisch über die Vielfalt der künstlerischen

Stile und Bewegungen sowie über die durch die Spaltungen der Künstlervereinigungen

entstandene „Konfusion“.502 Er plädierte für einen vereinheitlichten Stil in der Kunst und

„hofft auf eine weitere Berührung und Entfaltung“ im Sinne des

Nachimpressionismus.503 Seiner Kunstauffassung widerstrebend habe sich aber die

495 Vgl. Oskar Bie: Potsdamer Kunstsommer. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 152, 02.07.1921. 496 Alle Zitate: Zit. nach Walden 1917 (02), S. 2. 497 Oskar Bie: Verwirrungen der Malerei. In: Die neue Rundschau 23. Jg., Bd. 1 (1912), S. 878–883, S. 878-883. 498 Ebd., S. 880. 499 Ebd., S. 881. 500 Ebd., S. 882. 501 Zit. nach Walden 1917 (02), S. 2. 502 Oskar Bie: [Titel unbekannt]. In: Münchner Zeitung, 18.09.1919. 503 Oskar Bie: Ausstellung junger holländischer Kunst in Berlin. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 291, 11.12.1920.

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Tendenz zur radikalen Heterogenität noch verstärkt. Öfter finde der

Ausstellungsbesucher jetzt „ein Parlament der Kunst“ vor, „das von den Akademikern

bis zu den Radikalen reicht.“ In Berlin mache sich der Stilpluralismus besonders

bemerkbar. Während die Akademie „Ausstellungen von hohem Durchschnitt“ zeige,

verhalte es sich im Kunsthandel anders. „Die Salons, in steigender Anzahl, legen den

Geschmack auseinander, vom konservativen Schulte bis zum extremen Sturm.“

Collagen lehnte Bie in Anbetracht seiner auf gestalterische Kohärenz und Kontinuität

ausgerichteten Sehgewohnheiten vehement ab. Als Beispiel nannte Bie Otto Dix:

„Mit unendlicher Mühe klebt er Skatklubs, Barrikaden, Straßenbilder in der bekannten Methode aus wirklichem Material zusammen, dazwischen malt er ein bißchen Plakate, Schaufenster, Watte, Photographien, Spielkarten, ein Hörrohr - Kunst ist es nicht, es ist kunstgewerbliche Verspottung derselben Gegenständlichkeit, über der sich die Mystik seiner Bilder erhebt.“504

Emphatisch und in deutschtümelnder Ausdrucksweise kommentiert Bie in Abgrenzung

zur Avantgardekunst die große Werkschau Hans Thomas im März 1922 in der Berliner

Nationalgalerie:

„Mitten in dem Sturm von expressionistischen und futuristischen Künsteleien, den wir über uns ergehen lassen müssen, ist hier eine süße Windstille, eine heimatliche Oase. Den Leuten schlägt das Herz vor Entzücken über diese gute deutsche Kunst. Kein Lachen, kein Schimpfen schallt mehr durch die Säle, alle nicken vergnügt mit dem Kopf und schmunzeln mit den Augen“.505

Im Gegensatz zu den avantgardistischen „Künsteleien“ lobt der Kritiker umso

überschwänglicher die „Wirklichkeit“ der Bilder in der Retrospektive Thomas, die frei

von „subjektive[n] Regungen und technische[n] Exaltationen“ seien, und deren

„Stofflichkeit, die durch ihre eigene Existenz uns mehr erzieht, als durch alle

Auffassungen großer Künstler. Es ist eine wahre Erholung, einmal stofflich sein zu

dürfen.“ Begeistert formuliert Bie folgenden deutschnationalen Gedanken:

„deutsche Kunst ist doch wirklich nur sachliche Kunst, und alles, was auf diesem Boden sprießt, ist Substanz und ist Gegenstand, und wo es sich um andere Malerei handelt, ist es immer eine Art des Vortrages, eine Methode der Umschaltung und Uebersetzung in die Schönheit der Technik, und das kam immer aus dem Ausland.“506

Thoma hingegen stelle den „Typ der deutschen Selbstbeschränkung, der sachlichen

Bescheidenheit“ dar.507

504 Alle Zitate: Bie 1921.04.13. 505 Oskar Bie: Deutsche Malerei. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 67, 19.03.1922. 506 Alle Zitate: Ebd. 507 Ebd.

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Hans Thoma wurde aufgrund seines einfachen, realistischen, mit freiem und lockerem

Pinselduktus und in heiterer Farbigkeit vorgetragenen Stils und seiner Sujets, mittels

derer er seine Überzeugung von der Harmonie zwischen dem Menschen und seiner

Umwelt veranschaulichte, um die Jahrhundertwende als Exponent nationaler Identität

betrachtet. Sein Förderer Henry Thode bejubelte den Maler mit „heil diesem deutschen

Schöpfer, heil seiner großen, seiner deutschen Kunst.“508 Thode ging bei der

Beurteilung des Malers davon aus, dass die sinnliche Vorstellung „die Phantasie zur

Thätigkeit anreizt, aber von der Verstandeserwägung und -analyse frei ist, daß man im

Zustand künstlerischer Empfängniß nicht Verstandesfragen stellt, sondern das durch

die Phantasie angeleitete Gefühl ungestört von deren Einmischung walten kann.“509

An dieser Sicht auf das Schaffen Thomas scheint sich Bie orientiert zu haben, wenn er

im Vergleich mit Thomas Werken den Expressionismus kritisiert. Die „schreckliche

Methode aller Expressionisten“ habe die Wahrnehmung für die wirkliche Schönheit

desensibilisiert, so Bie. Demgegenüber empfinde er bei der Betrachtung der Bilder

Thomas „einen Stoffreiz und eine Verwandtschaft der Empfindung, in der ich mich

endlich einmal ganz deutsch fühlen darf.“ Einfühlend-sentimental beschreibt er

einzelne Exponate:

„Diese reizenden roten Dächer im Grünen, diese satten aufsteigenden Wolken, dies gemütlich rollende Meer, diese Wiesen und Gehöfte, diese braune Erde, diese märchenhaften Wasserfälle, diese Herden von Tieren, voran die lustig hüpfenden Ziegen, das ist eine Reise des Geistes in der deutschen Heimat, ohne doch Reise zu sein, ohne Geist zu spielen, so rein und natürlich, wie es der liebe Gott Thomas geschaffen hat. Dieser liebe Gott ist sehr familiär und patriarchalisch. Er sitzt mit Thoma und raucht seine Pfeife mit ihm und erzählt Geschichten aus der heiligen Legende, aus der antiken Mythologie, und alles ist traulich und freundlich und still, und diese heilige Familie vergißt niemals, daß sie Familie ist, und die lieben Engel vergessen nie, daß sie Kinder sind, und die Kinder und Eltern tanzen auf den Wiesen, und ein antiker Faun spielt ihnen etwas vor, und die Rheintöchter drehen ihren Ringelreihen, und alles verträgt sich wunderbar miteinander, und zwischen Himmel und Erde, zwischen alt und jung schwebt die dieselbe goldene Luft.“510

Bie scheint in seiner Besprechung auch den Tenor des Ausstellungskataloges

aufzugreifen. Weniger emphatisch allerdings hielt Ludwig Justi im Begleittext zur

Werkschau fest, dass Thoma fern ab „dem Kampf der Meinungen und

Geltungsansprüche“ zu verorten sei. Das Wesen seiner Kunst sei „deutsch; von Grund

508 Zit. nach Bruno Bushart: Zu Hans Thoma. In: Ders. (Hg.): Hans Thoma 1839-1924. Gemälde und Zeichnungen aus der Sammlung Georg Schäfer. Kat. Ausst. Altes Rathaus der Stadt Schweinfurt; Städtische Kunstsammlungen, Augsburg; Staatliche Kunsthalle, Karlsruhe; Kunsthalle, Kiel. Schweinfurt 1989, S. 9–23, S. 13. 509 Henry Thode: Böcklin und Thoma. In: Harrison, Charles; Wood, Paul (Hgg.): Kunsttheorie im 20. Jahrhundert. Künstlerschriften, Kunstkritik, Kunstphilosophie, Manifeste, Statements, Interviews. 1895-1941. 2 Bde. Bd.1: 1895-1941. Ostfildern-Ruit 2003, S. 76–81, S. 79. 510 Alle Zitate: Bie 1922.03.19.

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auf, und in all seinen Verästelungen“.511 Thoma schaffe „einheitlich auf der festen

Grundlage des heimischen Bodens“.512 Auch Justi hob die künstlerische

Unabhängigkeit und die bildnerische Authentizität Thomas hervor, erhöhte den Maler

jedoch nicht in der Weise zu einem autarken Künstler, wie das Oskar Bie tat.513

Über Schwitters indes äußerte sich Bie in seinen Rezensionen kein einziges Mal. Die

Rezension zur Hans Thoma-Ausstellung findet deshalb Aufnahme in den

zeitgenössischen Schwitters-Diskurs, weil sie dem Merzkünstler wegen der

emphatischen und pathetisch-sentimentalen Sprachhaltung und ob des

deutschtümelnden Sprachduktus Anlass zu einer sprachkritischen Replik geben

sollte.514

1.1.9 Fritz Stahl Fritz Stahl arbeitete nach dem Studium der Philosophie, klassischen Philologie,

Architektur- und Kunstgeschichte ab 1898 als Publizist und als Kunstkritiker für das

„Berliner Tageblatt“. Neben seiner Tätigkeit als Redakteur verfasste er u. a.

Monografien über die Architekten Ludwig Hoffmann (1907) und Alfred Messel (1911),

über den Bildhauer Max Kruse (1924) sowie Kunststädteführer über Brüssel, Paris und

Rom. In seinen Kunstkritiken behandelte er die Avantgardeströmungen sehr marginal,

öfter berichtete er über die Akademieausstellungen, besonders die der „Berliner

Sezession“.

Stahl folgte bei seinen Beurteilungen dem klassischen Prinzip der Kontinuität und

Kohärenz in der künstlerischen Entwicklung sowie in der Struktur des Kunstwerks als

organisches Ganzes. Insofern erkannte er die „Vereinfachung und Steigerung der

Ausdrucksformen, einer neuen Rhythmik und Farbigkeit“ und das Streben „nach

dekorativer oder monumentaler Gestaltung“ der Begründer der Moderne als

richtungsweisende Ansätze an, wohingegen er die Heterogenität in Entwicklung und

Stil der Avantgarden ablehnte. Dem Expressionismus attestierte Stahl von Anfang an

defizitäre Momente, da dieser sich als „Negativum“ zum Impressionismus definiere und

weil „die Expressionisten nicht Konsequenzen aus den neuen Anfängen der Meister

ziehen, sondern nur Aeußerlichkeiten entweder übertreiben oder mit alten

naturalistischen Traditionen unorganisch verbinden.“ Unter dem „Einfluß des billigen 511 Beide Zitate: Gemälde von Hans Thoma aus deutschem Privatbesitz ausgestellt in der National-Galerie. Betrachtungen und Verzeichnis. Kat. Ausst. Nationalgalerie, Berlin 1922, S. 7. 512 Ebd., S. 8. 513 Vgl. ebd., S. 10 und 14-15. 514 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 23. Blumen. (Der Kritiker visavis der absoluten Stofflichkeit). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 104–106 und s.w.u. Kap. 2.2.

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und schlechten Prinzips des Ganz-anders-sein-wollens“ fielen sie daher hinter die

bisher erreichte „Qualität der Leistung“ zurück. Ein weiteres Manko sah er darin, dass

„die äußere Aehnlichkeit so vieler Werke, [...] so groß ist, daß man oft nicht die Künstler, ja nicht einmal die Nationen auseinander kennt. Das ist nur bei einer Kunstübung möglich, die gar nicht mehr auf dem Erlebnis, sondern nur noch auf einem Rezept beruht.“515

Bei den Vorläufern der Expressionisten hingegen seien die Werke noch „im

Zusammenhang, in einem einheitlichen Stil gemalt.“516

Den abstrakt arbeitenden Künstlern unterstellte Stahl analog zu den zeitgenössischen,

gehaltsästhetischen Debatten ein „einseitiges Talent“, das stark in den

kunstgewerblichen Bereich tendiere, etwa als Entwürfe für „Dessinateure von

Stoffabriken und Teppichmanufakturen“. Die keineswegs neue Idee der Verquickung

von Kunstarten, speziell der Malerei und Musik in der bildenden Kunst hielt Stahl für

„gefährlich“, da diese immer „eben Idee geblieben“ sei. Ausgehend von der Autonomie

der einzelnen Kunstarten und angesichts der Grenzverwischungen zwischen den

Gattungen seitens der Avantgarden stelle sich die Frage „was denn ein Bild noch

ist.“517

In der Rezension zum „Ersten Deutschen Herbstsalon“ spricht sich Stahl gegen den

durch Walden vermeintlich betriebenen Innovationszwang und den auferlegten

Anspruch, dessen Resultate ernst zu nehmen, aus. Den Höhepunkt des „Monströse[n]

und Groteske[n]“ des in der Ausstellung Gezeigten stelle Gino Severinis Collageporträt

„des Schulhäuptlings Marinetti“ dar. „Auf futuristischen Manifesten, die in natura auf die

Leinwand geklebt sind, erhebt sich im Relief, aus einem gelblichen Stoff gebackt, die

Karikatur eines Menschengesichtes, auf dem ein Schnurrbart aus wirklichen Haaren

angebracht ist.“ Bei diesem Bild im Besonderen, wie im Allgemeinen bei der gesamten

Ausstellung handele es sich um einen mit der Sensation kalkulierenden Verstoß gegen

die künstlerischen Konventionen. Und das treffe ebenso auf „die längst ausgearteten,

kubistischen Spielereien [zu], auf denen eine Anzahl verschachtelter Farbendreiecke

eine Landschaft oder einen Menschen ausdrücken sollen“.518

515 Alle Zitate: Fritz Stahl: Der Expressionismus. Zur Internationalen Kunstausstellung des Sonderbundes. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 322, 27.06.1912. 516 Ebd. 517 Alle Zitate: Fritz Stahl: Bilder ohne Dinge. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 508, 05.10.1912. 518 Alle Zitate: Fritz Stahl: Erster Deutscher Herbstsalon. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 478, 20.09.1913.

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Der Nachkriegsavantgarde bescheinigte Stahl wiederum eine „kindliche[]

Originalitätssucht“. Nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges lebe man im

Glauben, dass „[n]ach der billigen Psychologie der ungebildeten Periode [...] die Kunst

in einer politisch wilden Zeit auch ihrerseits wild sein“ müsse.519 Die Künstlerschaft

„steht jetzt vor der Entscheidung, von der für die Kunst und das Schicksal der Künstler selbst, und ihres Nachwuchses viel abhängt. Sie hat den Expressionismus zu Mode gemacht, und was Mode gewesen ist, muß vergehen. Das einzige, was bleibt, ist die Qualität.“520

Stahl sah nur eine Möglichkeit für die weitere Entwicklung der Malerei. Sie werde

zurückkehren zur „Sachlichkeit“ und die formale Auflösung der Bildgegenstände, den

„Sturm und Drang“ in ernsthafter Auseinandersetzung überwinden müssen.521

1922 konstatierte er, in Reaktion auf den Diskurs zum neuen Naturalismus, eine Phase

der Neuorientierung, eine Tendenz in der Malerei zu einem einheitlichen Prinzip. „Die

Dogmen, das expressionistische sowohl wie das kubistische, haben ihre Geltung

verloren. Was beide, darin trotz ihres Gegensatzes einig, verpönten, die Achtung vor

der wirklichen Welt, ist wieder die Grundlage des künstlerischen Schaffens geworden.“

Die Ausflüchte „in die Abstraktion - wie [...] Picasso -, in die Wildheit - wie Pechstein -,

in die Kindlichkeit - wie Klee“ seien schließlich nur Zeichen eines Überdrusses von

akademischem „Können“ gewesen.522 Denn „[j]eder Scharfsinn, ganz besonders aber

der dialektische, ist eine Hemmung für das künstlerische Schaffen, welches in seinem

Ursprung rein sinnlich und unbewußt sein muß.“ Die Avantgarde begleitende

Theoriebildung sei „ja nur (überflüssige) Verteidigung seiner persönlichen Art.“523

Einem Künstler, der ein echtes und einfaches Erlebnis künstlerisch umsetze, sei immer

der Vorrang zu geben vor „dem Macher [...], der die falsche Tatsache einer höheren

Form vorspiegelt, während er in Wahrheit nur in der Modeformel kaltblütig fabriziert.

Jener schafft einen - im schlimmsten Falle kleinen - sicheren Wert, dieser einen

vollkommenen Nichtwert.“524 Die „Programme der Jugend von gestern“ hätten sich

zwar als unfruchtbar erwiesen, dennoch könnten erst wieder wirklich gute Kunstwerke

entstehen, wenn „die Nachwirkung der üblen Zeit der Ismen aufgehört hat, und wieder

519 Beide Zitate: Fritz Stahl: Kunstausstellung Berlin 1919. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 338, 24.06.1919. 520 Fritz Stahl: Deutscher Expressionismus. Zur Ausstellung in Darmstadt. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 331, 16.07.1920. 521 Beide Zitate: Ebd. 522 Alle Zitate: Fritz Stahl: Im Uebergang. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 159, 04.04.1922. 523 Beide Zitate: Fritz Stahl: Kandinsky, Rohlfs, Kokoschka. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 206, 03.05.1922. 524 Fritz Stahl: Düsseldorfer Ausstellung. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 358, 12.08.1922.

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ein lebender Wettbewerb des Könnens das Kunstschaffen beherrscht.“525 Auch Stahl

hielt demnach am Herderschen Theorem des Kunstkönnens fest und erhoffte sich

einen einheitlichen Stil anstatt des avantgardistischen Stilpluralismus.

Am Beispiel Picassos, „der Erfinder des ganzen kubistischen Unfugs einschließlich der

sogenannten Merzmalerei, die ihre Bilder aus den Beständen des Mülleimers

zusammenklebt“, stellt Stahl anlässlich der Picasso-Ausstellung in der Galerie

Thannhäuser in Berlin im Mai 1922 fest, dass Picasso sich durch die Orientierung an

Ingres’ Malerei wieder der äußeren Wirklichkeit nähere. Angesichts dieser Entwicklung

und der sich etablierenden „Neuen Sachlichkeit“ stelle sich nun mehr die

„Frage, wohin es nun, da sich der kurze Rock überlebt hat - ach! Unsinn! Ich meine natürlich, nachdem die kubistische und expressionistische Richtung tot ist, und nur die Aehnlichkeit der beiden Modefragen hat den Irrtum aus der Feder fließen laßen - wendet sich also das Interesse der Frage zu, wohin es nun geht.“526

Damit knüpft Stahl in modifizierter Weise an die These vom Ende der Kunst an und

erklärt die noch hoch präsenten Avantgardeströmungen für überwunden. Bei Stahl ist

die Denkfigur mit der Hoffnung auf die Wiederaufnahme traditioneller Werte verknüpft,

die nicht von einzelnen Künstlerpersönlichkeiten, sondern von einer „bescheiden

anständige Arbeit“ leistenden „Mittelschicht“ forciert werden sollte, aus der sich

vereinzelt ein individuelles Talent heraus entwickeln könnte, das wirklich „Neues zu

geben hat.“527

Der Kunstkritiker griff in seinen Kritiken auf zahlreiche, publizistisch bereits vor ihm

oder zeitgleich erwogene Einwände gegen die Avantgarde zurück. Im Zentrum seiner

Argumentation standen der Differenzierungsgestus, wie ihn bspw. Glaser in Gestalt

des Schlagwortes Mode in Ableitung der Simmelschen soziologischen Abhandlungen

über das Thema in die Debatten einbrachte, sowie die dem Werk immanente

theoretische Reflexion und das Abdriften in einen künstlerischen Nihilismus. Allerdings

setzte Stahl einen neuen Akzent, indem er mehrfach die Avantgarden mit dem „Sturm

und Drang“ als eine notwendige Phase in der Entwicklung verglich.528 Damit baute er

auf eine zyklische Geschichtsauffassung, der zufolge sich Stilphasen mit gewissen

Abwandlungen und in Anlehnung an die klassischen Entwicklungsvorstellungen stetig

525 Beide Zitate: Fritz Stahl: In der Juryfreien Kunstausstellung. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 529, 10.11.1923. 526 Beide Zitate: Stahl 1922.05.27. 527 Alle Zitate: Ebd. 528 Vgl. Stahl 1920.07.16 und Fritz Stahl: Ausstellungen. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 599, 29.12.1923.

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wiederholten. Nach dieser Auffassung implizierte der angesprochene Vergleich die

Hoffnung auf eine neue klassisch geprägte Kunst, die Stahl mit vielen anderen

Kommentatoren teilte.529

Das Urteil über den Merzkünstler, den der Kunstkritiker lediglich im Zusammenhang

mit der Ausstellung Picassos erwähnte und als Nachahmer des französischen Kubisten

einstufte, fällt denkbar knapp aus, wie auch seine Statements über die Avantgarden

überhaupt. Stahl orientierte sich mit seiner negativen Einschätzung der Merzkunst

aufgrund Schwitters’ Materialwahl offenbar an der Rezeption Kahnweilers und an dem

Vorwurf Glasers, der Merzkünstler sei ein Epigone Picassos, den der Kunstkritiker des

„Berliner Börsen-Courier“ knapp drei Jahre zuvor erhoben hatte.530 Stahl überging in

der Rezension zur Picasso-Ausstellung in der Galerie Thannhäuser die gleichzeitig

stattfindende Sturm-Ausstellung, in der Schwitters erstmals „i-Zeichnungen“ ausstellte.

Diese konzeptuelle Weiterentwicklung der Merzkunst blieb nicht nur im „Berliner

Tageblatt“ unerwähnt. Der einzige Kritiker, der namentlich auf die Spezialform von

Merz einging, war Ludwig Hilbersheimer.531

Im Gesamtzusammenhang der Presseresonanz hat die lapidare Erwähnung

Schwitters’ in der Rezension Stahls freilich den Charakter einer ausgesprochenen

Randnotiz. Dennoch wurde die Auffassung des Kunstkritikers hier besprochen, da

Schwitters dem Kunstkritiker neben Ernst Cohn-Wiener, Curt Glaser und Paul

Westheim mit „Tran 35. Dada ist eine Hypothese“ eine Antikritik widmen wird.532

1.1.10 Schwitters’ Berliner Fürsprecher Neben all diesen Berliner Journalisten, die Schwitters’ Werke als unsinnig und grotesk,

als Affront gegen die traditionelle Kunst oder als Nachahmung der kubistischen,

dadaistischen oder futuristischen Montagen betrachteten, gab es in der Hauptstadt

eine Reihe von Kunstkritikern, die Schwitters’ Merzwerke als Kunstleistung würdigten

und seine Ideen verteidigten. Die meisten seiner Fürsprecher stammten aus dem

Sturm-Kreis oder standen diesem nahe. Ergänzend zu den Positionen der Berliner

Hauptkritiker werden im Folgenden die positiven Kommentare von Schwitters’ Berliner

Fürsprecher zur Merzkunst beleuchtet.

529 Vgl. z. B. Kasimir Edschmid: Stand des Expressionismus. In: Darmstädter Sezession (Hg.): Deutscher Expressionismus. Kat. Ausst. Städtisches Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe, Darmstadt 1920, S. 18–25, S. 19 und Johann Frerking: Wandlungen der Form. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 48, 18.02.1924. 530 Vgl. Glaser 1919.07.20. 531 Vgl. Ludwig Hilbersheimer: Bildende Kunst. Berliner Ausstellungen. In: Sozialistische Monatshefte 28. Jg., H. 25. Juli (1922), S. 699. 532 Vgl. Schwitters 2005/1924 – Tran 35 und s.w.u. Kap. 2.3.

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Anlässlich der zweiten großen Sturm-Ausstellung von Schwitters im April 1920 nennt

Adolf Behne, Publizist, Wortführer der Avantgarde und ehemaliger Mitarbeiter der

Zeitschrift „Der Sturm“, ein Gegenargument zu dem Vorwurf, Schwitters sei lediglich

ein Scharlatan und nehme die Kunst nicht ernst:533 „Der Grundzug im Schaffen

Schwitters’ scheint mir seine große Ehrlichkeit zu sein.“ Schwitters gehöre zu den

Menschen, „die einfach etwas anderes schön finden“ als die konventionelle Kunst. Er

sei ein Exponent der modernen, zeitgemäßen, der „unmittelbare[n], neue[n],

geschmähte[n], unerklärliche[n], verachtete[n], wilde[n]“ Ästhetik. Bei innovativen

Kunstwerken gebe es immer zuerst eine enorme Gegenwehr und die vernunftmäßige

Logik rücke bei der Rezeption derart stark in den Vordergrund, „daß oft der Mensch die

reine Empfindung dieser ihn rauschhaft ergreifenden wilden Schönheit mit Gewalt

unterdrückt“. Entgegen der Kritik, Schwitters schaffe aus äußeren und imitatorischen

Beweggründen, komme er vielmehr, so Behne,

„treu wie wenige dem Gesetze seiner inneren Notwendigkeit [nach]. Er findet Dinge schön, die andere verachten. Er haßt das Materielle, das Mittelbare, und sucht das Unmittelbare, den Geist. Den Ausdruck fand er in der Verwendung von Maschinenteilen (u. ä.), die er durch die Art der Benutzung entformelt. Er gibt das, was wir lange entbehrten: Geheimnis.“534

Behne rühmt in der Ausstellungsrezension außerdem Schwitters’ Befähigung zur

Empathie Materialien gegenüber und spricht von den unabsehbaren „umstürzenden

Konsequenzen“ seiner „Entdeckungen“, ohne auf Picassos und Braques Collagen zu

verweisen.535

Das Prinzip der „Entformelung“, das den meisten Gegnern Schwitters’ als Indiz für

seine künstlerische Unglaubwürdigkeit galt, wird hier mit Blick auf die Merztheorie

folgerichtig im Sinne Schwitters’ betont. Mit dem Hinweis auf die „innere Notwendigkeit“

deutet Behne zu Recht die Rezeption der Kandinskyschen Theorie an. Ebenso wie

zahlreiche andere Sturm-Künstler maßgebliche Impulse von Kandinskys künstlerischer

Praxis wie auch von seinen theoretischen Überlegungen erhielten, rezipierte Schwitters

dessen Gedanken zur Kunst.536 Somit berücksichtigt Behne die Verzahnung der

theoretischen Arbeit mit der bildnerischen Praxis. Der Kritiker verortet die Merzkunst im

Expressionismus, wie ihn der Sturm-Kreis für sich definierte, und grenzt ihn implizit

vom Dadaismus ab. Schwitters sei

533 Vgl. z. B. Fg. (= Frerking, Johann): [Die Kathedrale]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 74, 14.03.1920 und R. T.: 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 48, 28.02.1920 und Vogedes 1920.08.15. 534 Alle Zitate: Adolf Behne: Kurt Schwitters. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 10 (1920), S. 416. 535 Beide Zitate: Ebd. 536 Zum Einfluss Kandinskys auf den Sturm-Kreis, vgl. Pirsich 1985, S. 213-217.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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„unglaublich reich an Einfällen, die die richtigen Maler verrückt nennen, die er aber so unbeirrt fleißig und so sachlich schön und so eigensinnig präzise ausführt wie ein Handwerker voll Experimentierlust, der weiß, was er will und was er kann und jeden Menschen liebt, der ihn nicht stört. Kurt Schwitters ist als Maler und Dichter und Polemiker ein ganz kostbarer Humorist“.537

Seinen Werken sei eine oszillierende Ambivalenz eigen, ein Moment, das maßgeblich

zum Missverständnis seiner Kunst führe: „Zwischen dem entzückend Heiteren und

dem verwirrend Ernsten schweben seine Arbeiten in einer ganz seltsam packenden

Sphäre zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit.“ Die traditionelle Handhabung von

malerischen Mitteln und die gattungsspezifische Kunstpraxis würden von anderen

Künstlern aus „Gewohnheit“ weiterhin gepflegt, und diese Tradition allein habe „dieses

Verfahren als das ‚einzig mögliche’ sanktioniert.“ Schwitters hingegen verwende

heterogene Materialien, um „neue eigenartige und geheimnisvolle Wirkungen zu

erzielen“, die durch die „Entformelung“ von ihrer originären „Formelbanalität“ befreit

würden.538 Differenziert thematisiert Behne das Spezifische der innovativen,

künstlerischen Leistung, das die Merzkunst über die kubistischen und futuristischen

Montagen hinaus zu einer Erneuerung und Erweiterung der Malerei führte. Als einer

der wenigen erkennt Behne Schwitters’ Weiterentwicklung der Merzkunst und dessen

Rezeption des Konstruktivismus. Ähnlich wie Alexander Dorner und abweichend von

konservativen Kunstkritikern betont er nicht das Ende der malerischen

Gestaltungsweise, sondern unterstreicht die Dringlichkeit, sich von den

jahrhundertealten „Organisationsprinzipien“ zu lösen. Die konstruktivistische Richtung

sei die zeitgemäße Schaffensform, „die alle Errungenschaften des modernen Geistes

bejaht und für ihren inneren Arbeitsprozeß nutzbar macht.“ Seiner Kunstauffassung

nach unterscheidet Behne zwischen „lebensfähige[n], notwendige[n] Werk[en]“, die die

„geistigen Spannungsverhältnisse der Zeit“ sichtbar machen und dem Kunsthandwerk,

das angesichts des Fortschritts obsolet gewordene Inhalte thematisiere.539 Demnach

verkehrt er die Argumentationsmuster der Avantgardegegner. Der sukzessiv

fortschreitende Abstraktionsgrad in der künstlerischen Entwicklung sei nur konsequent

und folgerichtig. Das Resultat eines solchen logischen Prozesses seien

„geometrisch abgemessene Quanten und Spannungen. Kurt Schwitters ‚Merz’ ist die heitere Demokratisierung des Gedankens. Beruht alle künstlerische Wirkung auf Verhältnissen, auf Proportionen, so kann durch abstrakte Verwendung auch jeder Gegenstand Kunstelement sein. An der Wahrheit, daß die Relation in der Kunst alles sei, interessiert Schwitters ganz besonders die Folgerung: daß also die Sache an sich nichts sei. Er bevorzugt minderwertige

537 Adolf Behne: Kurt Schwitters. In: Freiheit. Berliner Organ der unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands, 23.04.1920. 538 Alle Zitate: Ebd. 539 Alle Zitate: Adolf Behne: Konstruktivismus. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 20, 12.01.1923.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Abfallstoffe, deren Plunderhaftigkeit durch die Richtigkeit der Beziehungen doch zu einem Werte wird.“540

Die Idee der universellen Vernetzung von Schwitters’ aufgreifend verweist Behne auf

die ästhetischen Referenzen zu den neueren naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in

der Physik, Gestaltpsychologie, der interdisziplinären Geopolitik und den

philosophisch-wahrnehmungspsychologischen Untersuchungen Salomo

Friedländers.541

Ludwig Hilbersheimer, der als Architekt, ab 1919 als Redakteur der „Sozialistischen

Monatshefte“, und später als Lehrer am Bauhaus in Dessau tätig war, gehörte neben

den Sturm-Theoretikern und Behne zu Schwitters’ Berliner Fürsprechern. Seine

Publikation „Großstadtbauten“ wurde als „Merzheft Nummer 18/19“ 1925 veröffentlicht.

Im Kontrast zu Behne ordnete Hilbersheimer den Merzkünstler der dadaistischen

Bewegung im Sinne „des künstlerischen Dadaismus“ zu.542 Als wichtige Pioniere der

Collagetechnik nennt er in einer Rezension zur 85. Sturm-Ausstellung Gino Severini,

daneben Braque und Picasso. „Die Vervollkommnung dieser mit neuen

Ausdrucksmitteln arbeitenden Malerei stellt die Merzmalerei Kurt Schwitters’ dar [...].

Diese Bilder stellen einen neuen Geschmackswert dar, wohl abgemessen, von

Harmonie durchstrahlt.“ Mit dieser Einschätzung trifft sich Hilbersheimer mit der weiter

unten dargelegten Auffassung Walter Mehrings. Die Wahl und Handhabe der

heterogenen Materialien dienten nicht einem Selbstzweck, „wie der Bürger meint, und

was ein Ulk wäre, sondern zur Schaffung einer neuen Einheit, zur Gestaltung eines

Bildes, einer innerlich klingenden Sache. So können die verwandten Materialien der

Farbe vollkommen gleichberechtigte Faktoren sein. Denn entscheidend ist nie das Wie,

sondern stets das Was.“543 Der Kritiker bewertet hierbei die Merzkunst insofern als

„Vervollkommnung“ der futuristischen und kubistischen Werke, als diese den

Verweischarakter des Materiellen noch als integrales Moment ihrer Kunst betrachteten.

Während in kubistischen Collagen das Gestaltungselement Farbe eher vernachlässigt

werde und die formalen Mittel betont würden, gingen bei Schwitters materiell-

entformelte und farbliche Aspekte eine Synthese ein: „Es ist überraschend, welche

Wirkung Schwitters mit den von ihm verwandten Materialien erreicht: von

beherrschtem Formungswillen gestaltete Farbigkeit.“544

540 Adolf Behne: Von der formalen zur funktionalen Kunst-Revolution. In: Faust. Eine Monatsschrift für Kunst, Literatur und Musik 3 (1925), S. 11–20, S. 18. 541 Ebd. 542 Ludwig Hilbersheimer: Bildende Kunst. Dadaismus. In: Sozialistische Monatshefte 26. Jg., H. 20. Dezember (1920), S. 1120–1122, S. 1122. 543 Beide Zitate: Ludwig Hilbersheimer: Bildende Kunst. Merzmalerei. In: Sozialistische Monatshefte 26. Jg., H. 26. Juli (1920), S. 625. 544 Ludwig Hilbersheimer: Bildende Kunst. Berliner Ausstellungen. In: Sozialistische Monatshefte 27. Jg.,

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Im weiteren Verlauf der Entwicklung erwies sich Hilbersheimer auch als Fürsprecher

der konstruktivistischen Tendenzen im Werk von Schwitters. „Takt und Rhythmik der

konstruktivistischen Kunst“ würden maßgeblich vorgegeben von der Dynamik der

Maschine, dem Fortschritt

„der Industrie, der straffen Logik ihrer Organisationen und ihrer unzweideutigen Formungen. Aber ihre Aufgabe ist: das Leben und seinen materiellen Stoff der Formung zu unterwerfen, der Gestaltung, so daß das Leben erhöht, gleichsam verstärkt und gesteigert wird. Sie erstrebt eine Verschmelzung des Wirtschaftlich-Wissenschaftlichen mit dem Ästhetisch-Künstlerischen durch eine schöpferische Synthese.“545

Das konstruktivistische Verfahren berücksichtige dabei jeden Gestaltungsbereich.

„Angefangen vom simpelsten Gebrauchsgegenstand, bis zum Bild, zur Skulptur und

Architektur. Sie [die konstruktivistische Methode] erstrebt nicht kunstgewerbliche

Dekorativität, sondern Reduktion auf die Wesensform, Durchdringung und

Durchgeistigung.“546 Es gehe darum, sich von der „bildhafte[n] Illusion“ auf

zweidimensionaler Fläche zu lösen und „schöpferisch die Welt zu gestalten“, „um die

Gestaltung des Raums mit den Mitteln der Architektur, Plastik und Malerei; nicht um

eine neue Dekorativität sondern um den Raum selbst.“547 Das Gestaltungsprinzip

müsse dabei einem einheitlichen, universellen Stil unterliegen, und dieser „kann

niemals durch Nachahmung oder Anlehnung entstehen. Immer nur kann er aus der

Chaotik der Zeit erwachsen. Diese zu formen ist [die] Aufgabe“ des Künstlers.548 Würde

die abstrakte Malerei am kompositionellen Grundgedanken festhalten, bedeute dies,

dass sie sich in „individualistische Spekulationen“ versteige.549 In diesem Sinne

beurteilt Hilbersheimer drei Jahre nach der ersten Ausstellung die Merzwerke in der

108. Sturm-Ausstellung als „Abstraktionen, geometrisch-kubische Spekulationen“, weil

sie dem kompositionellen Gedanken verpflichtet geblieben sind, während die nun

gezeigten „i-Zeichnungen“ für den Kunstkritiker „Geschmack an der gehäuften Chaotik

von Realitäten verraten.“550 Das Manifest zur i-Kunst rezipierend erkennt

Hilbersheimer, dass die bloße Auswahl eines vorgefundenen Gegenstandes und

dessen Begrenzung etwa durch Ausschnitt zu einem gestalteten Werk führen

konnte.551

H. 23. Mai (1921), S. 468. 545 Beide Zitate: Ludwig Hilbersheimer: Bildende Kunst. Konstruktivismus. In: Sozialistische Monatshefte 28. Jg., H. 12. September (1922), S. 831–832, S. 832. 546 Ebd. 547 Alle Zitate: Ebd., S. 831. 548 Ebd., S. 832. 549 Ebd., S. 831. 550 Beide Zitate: Hilbersheimer 1922.07.25. 551 Zum Konzept der i-Kunst s.w.u. Kap. 2.2.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Walter Mehring, der zunächst dem Sturm-Kreis nahe stand und später zum „Club

Dada“ Berlin gehörte, hebt in seiner im Zusammenhang mit Kahnweilers Artikel über

die Merzkunst bereits oben erwähnten Rezension zu Schwitters’ Debüt als

Merzkünstler in der Galerie „Der Sturm“ die Merzwerke „als neues Moment“ hervor.

Durch die Erweiterung des Prinzips der Collage erziele Schwitters „durch Verwendung

der Gegenstände selbst das ungegenständliche Bildganze, eine Art expressionistischer

Genrekunst.“ Konsequent verwerte Schwitters auch die „Dinghaftigkeit des Rahmens“,

der als integraler Bestandteil mit gestaltet werde. Kunsthistorisch sei Schwitters daher

nicht als Picasso-Epigone, sondern „zwischen Stuckenberg, dem führenden Künstler

des deutschen Kubismus und den Arbeiten der Dadaisten, vor allem R. Hausmann“ zu

verorten.552 Implizit betont Mehring hierbei zum einen die rein künstlerische Intention

und zum anderen unterstreicht er die künstlerische Eigenständigkeit von Schwitters.

Der Schriftsteller und Filmkritiker Roland Schacht veröffentlichte zahlreiche Aufsätze in

diversen Zeitschriften. Für Schwitters übersetzte er das Merzgedicht „An Anna Blume“

ins Französische, wofür ihm Schwitters eine Merzzeichnung versprach.553 Schacht ging

bei seiner Einschätzung der Merzkunst von einer formästhetischen,

expressionistischen Lesart aus, wie sie die Sturm-Theorie nahe legte. Er weist

besonders auf Schwitters’ „neuere[] Bilder, die von immer stärkerer Kraft Zeugnis

ablegen“ in seiner Rezension der 85. Sturm-Ausstellung im April 1920 hin. Explizit geht

er darin auf das Merzbild „Ausgerenkte Kräfte“ ein, das v. a. „durch die Tiefe der

Konzeption, wundervoll sonoren Reiz der Farbe und eine geradezu französische

Klarheit der Komposition“ auffalle.554 Aufgrund der Tatsache, dass „alle geistigen

Fundamente verloren“ gegangen seien, sei es eine Notwendigkeit für die Kunst, sich

auf ihr Wesentliches zu beschränken, auf das „stürmische[] Empfinden und die

formalen Elemente des zu gestaltenden Kunstwerks selbst.“ Während der Kubismus

noch „malerisch[]“ geblieben und durch die Spannungen „zwischen Bildfläche und

plastischer Form“ innerhalb der collagierten Kompositionen „eindimensional geworden“

sei, erfahre das Montageverfahren durch Schwitters eine reliefartige Erweiterung:

„Indem nun Schwitters plastisch hervortretende Elemente verwendet, sozusagen naturgewachsene, verleiht er der abstrakten Gesamtform kubistischer Bilder, sozusagen ein festes Rückgrat, indem er hier und da diese

552 Alle Zitate: Mehring 1919. Die Verortung hatte insofern eine gegen den Sturm-Kreis gerichtete Dimension, als Mehring Schwitters zwischen zwei ehemalige Sturm-Mitglieder positioniert und den Status des Sturms als innovative Institution dadurch nivelliert, zumal Hausmann als Dadaist zu den Antipoden des Sturms gehörte, vgl. hierzu Nill 1990, S. 247-249. 553 Vgl. Schwitters 1974, S. 43, Brief an Roland Schacht vom 11.12.1920. Vermutlich handelte es sich bei dem versprochenen Werk um ein Werk mit dem Titel „i-Zeichnung“, Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 752. 554 Beide Zitate: Roland Schacht: Berliner Kunstausstellungen. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 8/9/10 (1920), S. 42–43, S. 43.

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Elemente und einzelne gedruckte Worte („Arbeiter“ z. B.) erkennbar läßt, festigt er die lose schwingenden Gedankenassoziationen auf bestimmte, gefühlsmäßig stärker akzentuierte Empfindungskreise.“555

Durch diese assoziative Spannweite und nicht durch die wiedergegebenen

Gegenstände erhielten die Werke Gehalt. „Das Wesentliche sind doch überhaupt nicht

die Mittel. Das Wesentliche ist, ob diese Bilder langweilig leer, banal oder das

Gegenteil sind. Ich finde das Gegenteil.“ Denn Schwitters erziele durch die Art der

Einbindung heterogener Formelemente in seinen Werken eine Bilddynamik, die sich

wie „blitzende[] Entladungen in Weiß und Gelb“ oder wie „grüne Flecken von

mysteriöser“ Wirkung ausnähmen.556

John Schikowski, Feuilletonredakteur des „Vorwärts” und der Rundschau „Der Firn“,

beschreibt die Merzwerke als „Farbensymphonien von unnachahmlich feinem Reiz“. Es

handele sich um „eine neue malerische Technik“, die Schwitters in Deutschland bekannt

gemacht habe und um „ernste, wertvolle Schöpfungen“, die durch Werke von Curt

Erhardt und Edmund Kinzinger zu Kitsch diskreditiert würden.557 Während sich bei

Collagen mit gegenständlichem Charakter keine homogene künstlerische

Gesamtgestaltung ergebe, so Schikowski in seiner Besprechung der 85. Sturm-

Ausstellung, liege der Fall bei der Merzmalerei anders. Aufgrund der Beschränkung der

Mittel auf „Linie und Farbe“ sei bei ungegenständlichen Montagen „jedes Streben nach

‚Panoptikumseffekten’ von vornherein ausgeschlossen“. Daher könne der Maler alle

erdenklichen Materialien verwenden mit dem Ziel, intuitiv und gefühlsorientiert die

Ausdrucksmöglichkeiten zu steigern. „Welche starken, schönen und eigenartigen

Wirkungen mit Hilfe dieser neuen Technik unter Umständen erzielt werden können“,

bewiesen Schwitters’ Merzwerke. Ihre Fernwirkung sei vergleichbar mit „reine[n]

Gemälde[n]“, „und erst in der Nähe erkennt man, daß ihre Linien- und Farbeneffekte nur

zum kleinen Teil durch Malerei, in der Hauptsache aber durch aufgeklebte Stücke von

Wellpappe, Holzlatten, Spiralfedern, Drahtnetzen, Zeugflicken, Wattebäuschen usw.

hervorgebracht sind.“558 Bei dieser Einschätzung folgt Schikowski der Merztheorie, wie

sie Schwitters im Manifest „Die Merzmalerei“ darlegte. Die gleiche Einstellung vertritt

der Kunstkritiker auch in seiner Rezension der 96. Sturm-Ausstellung im April 1921, in

der er Schwitters als „Farbendichter“ bezeichnet, dessen Werke „zarte, schwimmende

Stimmungen“ und vornehmlich „gebrochene, leise zitternde Farbenklänge“ zeigten. „Ein

555 Alle Zitate: Roland Schacht: Kurt Schwitters. In: Freie Deutsche Bühne 1. Jg., H. 36 (1920), S. 845–847, S. 846. 556 Alle Zitate: Ebd., S. 847. 557 Alle Zitate: John Schikowski: Die neue Kunst und ihr Publikum. In: Der Firn. Sozialistische Rundschau über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben 1. Jg., H. 21 (1920), S. 554–558, S. 557. 558 Alle Zitate: J. S. (= Schikowski, John): [Merzmalerei]. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 192, 15.04.1920.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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psychologisches Rätsel ist es, daß dieser verträumte Poet zuweilen von einem, wie es

scheint, unabweisbaren Hang zum derbsten dadaistischen Ulk und Bluff erfaßt wird“,

wie es Schwitters bei Merzbildern mit beweglichen Elementen, z. B. im „Weihnachtsbild“

oder bei seinen Merzplastiken demonstriere.559

1.2 Hannover Bis 1916, im Jahr, in dem die Kestner-Gesellschaft gegründet wurde,560 stellte sich die

kulturelle Situation in Hannover ausgesprochen konservativ und innovationsfeindlich

dar. Die beiden wichtigsten Kunstinstitutionen in Hannover waren in der Vorkriegszeit

das Provinzialmuseum und der Kunstverein. Mit ihren Kunstankäufen und

Ausstellungen orientierten sich die Verantwortlichen an den Künstlern, die nach

akademischer Weise schufen und der Kunst des 19. Jahrhunderts verpflichtet waren.

Das Hannoversche Kunstleben wurde entscheidend durch den Stadtdirektor Heinrich

Tramm bestimmt. Dessen Kunstverständnis erstreckte sich bis zu den deutschen

Impressionisten. Die Werke der Gegenwartskunst lehnte er kategorisch ab. Von ihm ist

die Verlautbarung überliefert: „Solange ich in Hannover etwas zu sagen habe, kommt

kein Nolde und kein Rohlfs nach Hannover.“561 Die Gründung der Kestner-Gesellschaft

galt dem Kunstverein als „Provokation“.562 Diese Einrichtung widmete anfänglich

ebenfalls Malern der älteren Generation wie Wilhelm Trübner und Max Liebermann

Ausstellungen. Paul Erich Küppers,563 der Leiter des neuen Ausstellungshauses, setzte

sich v. a. aber für die zeitgenössische Kunst ein. Neben Emil Nolde, August Macke und

Adolf Hölzel stellten Erich Heckel und Paul Klee in der Kestner-Gesellschaft aus,

später auch El Lissitzky und László Moholy-Nagy. Die neue Institution bot außerdem

der 1917 gegründeten „Hannoverschen Sezession“ ein Ausstellungsforum.564

Schwitters stellte von 1917 bis 1932 auch unabhängig von der Sezession regelmäßig

in der Kestner-Gesellschaft aus.565 Bereits 1918 in der ersten und 1919 in der zweiten

559 Alle Zitate: J. S. (= Schikowski, John): [Zwei Koloristen]. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 196, 26.04.1921. 560 Zur Geschichte der Kestner-Gesellschaft und ihren Veranstaltungen, vgl. Wieland Schmied (Hg.): Wegbereiter der modernen Kunst. 50 Jahre Kestner Gesellschaft. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1966 und Henning Rischbieter (Hg.): Die zwanziger Jahre in Hannover. Bildende Kunst, Literatur, Theater, Tanz, Architektur 1916-1933. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1962, S. 21-26. 561 Zit. nach Ausst. Hannover 1962, S. 22. Zur Kunstpolitik der Stadt Hannover in der Zeit um den Ersten Weltkrieg, vgl. Katenhusen 1998, S. 179-264. 562 Vgl. Ludwig Zerull: 1916. Die Kestner-Gesellschaft als Provokation für den Kunstverein. In: Barz, Anne (Red.): Bürger und Bilder. 150 Jahre Kunstverein Hannover 1832-1982. Kunstverein, Hannover 1982, S. 94–99. 563 Zu Paul Erich Küppers und seinen Nachfolgern, vgl. Michael Stoeber: Paul Erich Küppers und seine Nachfolger - Die hannoversche Kestner-Gesellschaft in den Jahren 1916-1936. In: Junge, Henrike (Hg.): Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905-1933. Köln u. a. 1992, S. 207–214. 564 Zur Geschichte der Hannoverschen Sezession und ihren Mitgliedern, vgl. Ausst. Hannover 1962, S. 40-46. 565 Vgl. Orchard/Schulz 2000, S. 601-602.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“, deren Mitglied er seit 1917 war,

präsentierte Schwitters expressionistische und kubo-futuristische Werke. In der dritten

Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“ und der „Graphischen Ausstellung“ des

Zweemann-Verlages im Frühjahr 1920 zeigte er der Hannoverschen Öffentlichkeit

erstmalig seine Merzkunstwerke.566

Die „Hannoversche Sezession“ bestand aus zwei Hauptflügeln mit unterschiedlichen

Auffassungen. Auf der einen Seite fanden sich Künstler wie Bernhard Dörries, die

traditionelle und konventionelle künstlerische Werte pflegten. Den anderen Flügel

bildeten die Avantgardekünstler, u. a. Max Burchartz und Otto Gleichmann, deren

Werk in dieser Zeit durch den Kubismus und Expressionismus beeinflusst war, sowie

Schwitters.567 Schwitters nahm in Hannover und innerhalb der Sezession insofern eine

Sonderposition ein, als er Werke zeigte, die den herkömmlichen künstlerischen

Materialbegriff radikal erweiterten, während die übrigen Hannoverschen

Avantgardekünstler an dem gemalten oder gezeichneten Bild als Ausblick auf eine,

wenn auch stark verfremdete Wirklichkeit festhielten.

Neben den Ausstellungen in der Kestner-Gesellschaft organisierte Küppers zahlreiche

andere Veranstaltungen und lud Kunstwissenschaftler, etwa Wilhelm Worringer und

Max Deri, zu Vorträgen nach Hannover ein oder gewann Anfang 1918 Rudolf Blümner

für eine Sturm-Veranstaltung. 1919 wurde die Kestner-Bühne gegründet, die die

Ausstellungen und Vorträge durch zeitgenössische Bühnenstücke ergänzte. Im selben

Jahr gab Küppers das „Kestnerbuch“ heraus, das neben Beiträgen von Dichtern und

Kunsthistorikern, u. a. „Berggang“ von Karl Schenzinger, „Bemerkungen zum

Kubismus“ von Wilhelm Worringer und den Essay „Das Haus“ von Willi Wolfradt sowie

Auszüge aus Romanen von Thomas Mann und Carl Hauptmann, auch zwölf Blätter

zeitgenössischer Originalgrafik, u. a. von Ernst Barlach, Erich Heckel, Max Burchartz,

Lyonel Feininger, Otto Gleichmann, George Grosz und Paul Klee enthält. Darüber

566 S.w.u. Dokumentation der Ausstellungen: Graphische Ausstellung. Burchartz, Gleichmann, Steinitz, Kuron, Schütte u. a. Liste Ausst. Verlag Robert Goldschmidt; Der Zweemann, Ausstellungsräume in der Münzstraße 2. Hannover. Hannover 1920 und 31. Ausstellung. 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Gemälde, Graphik, Architektur, Plastik. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1920. 567 Die unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Gruppe wurden im Zuge ihrer dritten Kollektivschau deutlich. Bernhard Dörries provozierte durch sein Vorwort des Ausstellungskataloges, das seine konservative Auffassung zum Ausdruck brachte, einen Streit zwischen den beiden Lagern der Sezession. Darin plädiert Dörries für eine Rückkehr zu „strenger Bildkomposition in Farbe und Linie“, zu „ursprünglichem Gehalt, der eine durchgearbeitete Form verlangt“ und für ein Wiederanknüpfen an die Tradition der alten Meister, Bernhard Dörries: [O. T. Vorwort]. In: 31. Ausstellung. 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Gemälde, Graphik, Architektur, Plastik. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1920, o. S. Insbesondere gegen die letztgenannte Forderung verwahrten sich die Exponenten der Avantgardekunst innerhalb der Sezession. In ihrer Gegenschrift „Erklärung“ bezeichnen sie diesen Rückgriff als unschöpferisches „Gestalten“ und lehnen den ihrem Kunstverständnis widersprechenden Inhalt des Vorwortes ab, Max Burchartz; Otto Gleichmann; Lotte Gleichmann-Giese u. a.: Erklärung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 56.

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hinaus ist darin der Holzschnitt „Ohne Titel [Zwei Kreise]“ von Schwitters

reproduziert.568

Der Zweemann-Verlag edierte unter der Leitung Christof Spengemanns die

gleichnamige Zeitschrift für moderne Dichtung und Kunst von November 1919 bis zum

Sommer 1920.569 Der inhaltliche Schwerpunkt der Zeitschrift lag bei Arbeiten der

Hannoverschen Sezessionisten. V. a. Schwitters publizierte darin viele grafische und

kunstkritische Arbeiten.570 Ferner wurde in der Zeitschrift „Der Zweemann“ das von

Tristan Tzara, Hans Arp, Hugo Ball, Raoul Hausmann und anderen unterzeichnete

„Dadaistische Manifest“ im Januar 1920 veröffentlicht.571 Die Ausstellungsrezensionen

in der Zeitschrift, in denen sich positive Kommentare zur progressiven Kunst finden,

stammten überwiegend von Spengemann selbst. Konservativer Kunstauffassung

entgegnete der Verleger darin häufig polemisch. Das Erscheinen der neuen Zeitschrift

wurde in Hannover ambivalent aufgenommen, die Reaktionen reichten von

zurückhaltender Ablehnung - wegen der vielen Beiträge, die „einen recht kranken

Eindruck“572 erwecken - bis hin zu wohlwollender Aufnahme:

„‚Der Zweemann’, von Wilhelm Wagner und Christoph Spengemann geleitet, ist nach Ausweis der beiden ersten erschienenen Nummern radikaler und kecker und macht sich einen Spaß daraus, gewisse Hannoversche Journalisten und Rückschrittler mehr grotesk als überzeugend zu verulken. Im Kampf um die neue Kunst in Hannover immerhin eine neue Waffe.“573

Als weiteres avantgardistisches Unternehmen gründete Paul Steegemann 1919 den

Verlag gleichen Namens, der in Hannover bis 1927 spätexpressionistische und

dadaistische Literatur publizierte. In den Jahren von 1919 bis 1921 veröffentlichte

Steegemann im Rahmen der Bücherreihe „Die Silbergäule“ u. a. eine

Lithografienmappe von Max Burchartz, eine Grafikmappe von Bernhard Dörries und

568 Vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 572, Ohne Titel [Zwei Kreise, aus: „Das Kestnerbuch“, hrsg. von Paul Erich Küppers, Verlag Heinrich Böhme, Hannover 1919]. Der Holzschnitt war in Anlehnung an die expressionistischen Holzschnitte des Sturm-Künstlers Arnold Topp entstanden. Die aus der kontrastreichen Linienführung und den sich überschneidenden Kreisformen resultierende Helldunkel- und Richtungsdynamik waren Reminiszenzen an futuristische und kubistische Werke. Zur Rezeption der Graphikmappe s.w.u. Kap. 1.5. 569 Zum Zweemann-Verlag, vgl. Katenhusen 1998, S. 589-625. 570 Neben zahlreichen Gedichten und Reproduktionen, vgl. Orchard/Schulz 2000, S. 563, veröffentlichte Schwitters sein Manifest „Die Merzmalerei“ (November 1919) und drei seiner Antikritiken in der Zeitschrift „Der Zweemann“, vgl. Kurt Schwitters: Du meiner, ich deiner, wir mir. (Und Sonne Unendlichkeit lichten die Sterne). Offener Brief an Herrn Martin Frehsee. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 47–48, Kurt Schwitters: Tran Nummer 7. Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in Merzstil. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 52–55 und Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst. 571 Vgl. Tzara u. a. 1920. 572 Anonym: Zeitschriftenschau. [Neue Kunstzeitschriften]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 297, 20.12.1919. 573 Paul Erich Küppers: Hannoverscher Kunstbrief. In: Münchner Neueste Nachrichten. Ausgabe 41, 29.01.1920.

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„Anna Blume. Dichtungen“ von Schwitters.574 Die „Zeit- und Streitschrift des Verlages

Paul Steegemann“, so der Untertitel von „Der Marstall“, erschien einmalig 1920 und

enthält neben Beiträgen u. a. von Richard Huelsenbeck und Wilhelm Michel eine

Sammlung von kritischen, gegen Schwitters gerichteten Briefen und Rezensionen.

1920 eröffnete Herbert von Garvens seine Galerie, in der er seine eigene Sammlung

präsentierte und Avantgardekünstlern eine weitere Ausstellungsmöglichkeit in

Hannover bot. Die Galerie von Garvens galt bei den Zeitgenossen als progressiver als

die Kestner-Gesellschaft.575 Bis 1922 fanden u. a. in der Galerie Ausstellungen von

Paul Klee, Willi Baumeister, Oskar Kokoschka, Otto Dix und zur russischen Kunst

statt.576 Schwitters nahm in den Jahren von 1921 und 1922 insgesamt an vier

Ausstellungen teil.577

Neben den Zeitschriften „Das Hohe Ufer“ und „Der Zweemann“ erschien ab September

1920 bis Ende 1921 „Die Pille“, die Bernhard Gröttrup zunächst mit dem Untertitel

„Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift“, später als „Eine

medi-zynische Wochenschrift“ herausgab.578 Zu den Mitarbeitern der Zeitschrift

gehörten u. a. Klabund, Raoul Hausmann, Walter Mehring, George Grosz und

Schwitters. Nachdem der Zweemann-Verlag das Erscheinen seiner Zeitschrift

eingestellt hatte, diente Schwitters neben der Zeitschrift „Der Sturm“ „Die Pille“ als

Publikationsorgan für seine antikritischen Schriften.579

574 Zum Steegemann-Verlag, vgl. Jochen Meyer (Hg.): Paul Steegemann Verlag. 1919-1935/1949-1955. Sammlung Marzona. Kat. Ausst. Sprengel Museum, Hannover. Köln 1994 und zur gesamten Reihe „Die Silbergäule“, vgl. ebd., S. 25-43. 575 Vgl. Alexander Dorner: Ausstellungen. Hannoverscher Brief. In: Kunstchronik und Kunstmarkt. Wochenschrift für Kenner und Sammler 58. Jg., H. 7 (1922), S. 128–130, S. 129 und Frank Thiess: Kestner-Gesellschaft. Randbemerkungen zur letzten Ausstellung. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 31, 07.02.1923: „Das Recht zu Entdeckungen und Experimenten, das die Galerie von Garvens für sich in Anspruch nehmen darf, steht der Kestner-Gesellschaft nicht an, die zunächst eine Art Filter vor den Strom, der aus allen möglichen Ateliers hier zusammenfließt, setzen sollte.“ 576 Zur Sammlung und Galerie von Herbert von Garvens, vgl. Katrin Vester: Herbert von Garvens-Garvensburg. Sammler und Galerist im Hannover der frühen zwanziger Jahre. 2 Bde. Bd. 1: Textband. Mag.-Arb. Univ. Hamburg 1989. 577 S.w.u. Dokumentation der Ausstellungen: VII. Ausstellung der Galerie von Garvens. Neuerwerbungen 1920/21. Kat. Ausst. Galerie Garvens, Hannover 1921, VIII. Ausstellung der Galerie von Garvens (Alte und neue Hinterglasmalereien). Kat. Ausst. Galerie Garvens, Hannover 1921, Vierte Ausstellung. Oskar Kokoschka, Gemälde, Zeichnungen, Lithographien. Luise Spannring, Keramik. Albert Schulze, Intarsien nach Entwürfen von Joh. Thorn-Prikker und Kurt Schwitters. Kat. Ausst. Galerie Garvens, Hannover 1921 und 19. Ausstellung der Galerie von Garvens. Otto Gleichmann, Kurt Schwitters, Wilhelm Gross. Kat. Ausst. Galerie Garvens, Hannover 1922. 578 Zur Zeitschrift „Die Pille“, vgl. Katenhusen 1998, S. 557-568. 579 In der Zeitschrift veröffentlichte Schwitters außer einigen Reproduktionen, z. B. von „Das Arbeiterbild“., 1919, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443, „Die Windmühle“, 1919/1920, vgl. ebd., WV-Nr. 586 und „Ohne Titel (Plastik der Großstadt)“, 1919/1920, vgl. ebd., WV-Nr. 592, zahlreiche antikritische Schriften, vgl. Kurt Schwitters: Tran Nr. 12. Kritik als Kunstwerk. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 64–65, Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, Kurt Schwitters: Tran Nr. 15. Die Durchschnittserscheinung mit hellen Augen. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 69–71, Kurt Schwitters: Tran Nr. 17. Der gefesselte Paul Madsack. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 73, Schwitters 2005/1921 – Tran 18 und Kurt Schwitters: Antworten auf die Kritik meines Abends bei Garvens am 8.12.1921. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

130

Zwei diametral entgegengesetzte Tendenzen bestimmten die kulturelle Lage im

Hannover der Nachkriegszeit. Die eine Position, vertreten durch den Kunstverein und

die Kunstgenossenschaft, erstrebte eine Kontinuität der traditionellen künstlerischen

Werte, die andere forderte zeitgemäße Kunstformen und eine moderne Kulturszene.

Christof Spengemann war das publizistische Sprachrohr der progressiven

Hannoverschen Künstlerschaft. Er wandte sich in seiner Anfang 1919 erschienenen

Broschüre „Die bildende Kunst im neuen Hannover“ an die Öffentlichkeit, weil er es als

Notwendigkeit betrachtete, für die neue Kunst eine von akademischen Bedingungen

befreite Atmosphäre zu schaffen. Mit der Intention, den seit 1870 gegebenen „toten

Punkt“580 in der Kunst Hannovers zu überwinden, greift er darin die Kunstpolitik unter

Tramm an, indem er auf die Fehleinschätzungen und die Unkenntnis aufmerksam

macht, durch die sich „Lücken, übertriebene Anhäufungen und unsinnige Sonderdinge“

in der städtischen Kunstsammlung ergeben hätten.581 Einerseits verhindere die

Weisungsgebundenheit an den Stadtdirektor den Aufbau einer wirklich modernen

städtischen Gemäldegalerie, andererseits hemme die Ausstellungsorganisation des

Kunstvereins als zweite Stütze des „offiziellen Kunstbetriebes“ die Entwicklung des

Kunstschaffens.582 Durch das Auswahlverfahren bei Ausstellungen des Kunstvereins,

dem der akademische Maler und Hochschuldozent Ernst Paqual Jordan vorstand,

werde nur „außerkünstlerische[] Bedingtheit“ und „künstlerische Begrenztheit“ auf die

Wiedergabe der Natur gefördert.583 Spengemann betont aber auch die Bedeutung der

alten qualitätsvollen Kunst für die neue Richtung. Er schließt also das Alte keineswegs

aus, wie ihm das später zum Vorwurf gemacht werden sollte. Vielmehr wendet er sich

gegen die „Scheinkunst“584 des Historismus und plädiert für eine Kunst, die aus einem

„reinen Kunstgedanken“ resultieren sollte, „der über Willkürlichem, Schule, Technik,

Verstandlichem und aller Wissenschaftlichkeit im Gefühlsmäßigen schwebt“, eine

Kunst, die geistige, ewige und kosmische Werte vermittele, wie sie in den

Ausstellungen der Kestner-Gesellschaft zu sehen sei.585

Mit diesem öffentlich vorgetragenen Anliegen provozierte Spengemann eine

Kontroverse. Wenige Monate später sah sich die Kunstgenossenschaft Hannover, die

als Dachverband des Kunstvereins fungierte, gezwungen, eine Abwehrschrift unter

dem Titel „Offenherzigkeiten über Kritik und Expressionismus in Hannover“ zu

publizieren. Eingangs wird darin auf den Zusammenhang zwischen der „Verzerrsucht“

Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 92–93. 580 Christof Spengemann: Die bildende Kunst im neuen Hannover. Hannover 1919, S. 3. 581 Ebd., S. 5. 582 Ebd., S. 6. 583 Beide Zitate: Ebd., S. 7. 584 Ebd., S. 15-16. 585 Beide Zitate: Ebd., S. 7.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

131

und der expressionistischen Kunst hingewiesen. So könne die moderne Kunst nur

durch Methoden der Psychopathologie gedeutet werden.586 Unter Berufung auf den

gesunden Menschenverstand bestehe die Notwendigkeit, auf künstlerische

Entäußerungen, die von Nichtkönnern geschaffen worden seien und als „das

Höchste[], Vollkommenste[]“ ausgegeben würden im Allgemeinen, und im Besonderen

auf polemische Schriften wie die Herrn Spengemanns zu reagieren.587 Bei der neuen

Kunstauffassung handele es sich um eine epidemische Ausbreitung einer „neue[n]

Wunderlehre“, der es entgegenzuwirken gelte. Mit Mitteln moderner Publizistik

propagierten die fortschrittlichen Künstler die „Ausrottung und Vernichtung jeglichen

guten Geschmackes“ und verbreiteten Fehlurteile über die Ausstellungspraxis des

Kunstvereins.588 Dieser stehe ohne Ausnahme allen künstlerischen Tendenzen offen

gegenüber und stelle sowohl traditionelle als auch moderne Kunstwerke aus. Somit sei

es unzulässig und nicht hinzunehmen, dass Spengemann „Druck auf den Kunstverein“

ausübe, seine Ausführungen seien eher nichtig angesichts der Erfordernisse der Zeit.

Jedoch sei Spengemann nicht der einzige, der gegen die Tätigkeit des Kunstvereins

öffentlich vorgehe, auch Teile der Hannoverschen Presse machten „Front“ gegen den

Verein und selbst der konservative „Hannoversche Kurier“ berichte tendenziös über die

Kunstvereinsausstellungen.589 Aufgrund der allgemeinen „Demoralisierung“ durch den

verlorenen Weltkrieg müsse aber Kunst der „Erhebung, Freude, Aufhellung“ dienen

und sollte nicht durch einseitige, verwirrende Darstellungsweise das Publikum

irritieren.590 Aus diesem Grund sehe sich die Kunstgenossenschaft nicht veranlasst, an

ihrer Vorgehensweise Korrekturen vorzunehmen, im Gegenteil würden auch weiterhin

nur in Sonderfällen „‚Abstraktionen’, ‚Eisenbetonstimmungen’ und ‚von der Qual der

Zeit durchschütterte’“ Werke ausgestellt.591 In der Haltung der Kunstgenossenschaft

manifestiert sich mithin ein akademisch verharrender Standpunkt, der an der

Wiedergabe der Wirklichkeit als Instanz festhielt, während Spengemann ein vom

Materiellen losgelöstes Kunstschaffen propagierte.

586 Kunstgenossenschaft, Hannover: Offenherzigkeiten über Kritik und Expressionismus in Hannover. Eine Abwehr. Hannover 1919, S. 3. 587 Ebd., S. 4. 588 Beide Zitate: Ebd., S. 5. 589 Beide Zitate: Ebd., S. 8-10. Die Polemik war v. a. gegen Georg Biermann gerichtet, vgl. Georg Biermann: Die Hannoverschen Kunstausstellungen. Eine Grundsätzliche Frage. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 64, 16.03.1919. 590 Beide Zitate: Ebd., S. 11. 591 Ebd., S. 12. „Abstraktionen“ und „Eisenbetonstimmung“ sind Werke von Schwitters, die er in der Kestner-Gesellschaft zeigte. An den Ausstellungen des Kunstvereins nahm der Künstler in den Jahren 1911 bis 1918 und erst wieder von 1924 bis 1934 teil, nachdem der Kunstverein sich neu orientiert und progressivere Künstler unterstützt hatte, s.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. Mit den als „von der Qual der Zeit durchschüttete Arbeiten“ umschriebenen Werken sind Bilder Otto Gleichmanns gemeint. Der Autor der „Offenherzigkeiten“ nimmt hier Bezug auf eine Rezension zur zweiten Ausstellung der Hannoverschen Sezession, vgl. Anonym: [Kestner-Gesellschaft, E. B. Königstraße 8]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 70, 23.03.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

132

Indem der Autor der „Offenherzigkeiten“592 gegen die Feuilletonpresse polemisiert,

weist er der Kunstkritik eine eigene Position in der kulturpolitischen Gemengelage zu,

die aus konservativer Sicht eine hohe Affinität zu dem progressiven Kunstverständnis

zeigte. Diese distanzierte sich zwar von den akademischen Konventionen, folgte

jedoch größtenteils auch den klassischen künstlerischen Kriterien. Als Kulturvermittler

legte die Mehrzahl der Journalisten großen Bedacht auf das Publikum, das die neue

Kunst nach dem Krieg eher ablehnend aufnahm. Einige Ausstellungen der Kestner-

Gesellschaft waren den Hannoveranern gar ein öffentliches Ärgernis. Insbesondere die

Präsentation der „Negerplastik“ wurde „als eine Schmach und Schande empfunden

[...], während Hunderte von deutschen Frauen, Mädchen und Kindern von Negern

geschändet werden.“593

Die Merzkunst wurde in Hannover v. a. wegen der unkonventionellen Werkgestaltung

und Materialwahl ausgesprochen kontrovers diskutiert. Im Allgemeinen gab es kaum

positive Reaktionen auf Schwitters’ Kunst, besonders heftige Ablehnung aber erfuhren

seine montierten Werke. Was die kunsthistorische Einordnung betraf, galt Schwitters

v. a. aufgrund der Werbekampagnen für seine Publikation „Anna Blume. Dichtungen“

durch seinen Hannoverschen Verleger Paul Steegemann bzw. wegen der

Vermittlungsarbeit Bernhard Gröttrups als Exponent des Dadaismus.594 Spengemann

hingegen legte dem Hannoverschen Publikum nahe, Schwitters als Expressionisten zu

verorten.595 Zum anderen betrachteten einige Kritiker den Merzkünstler als deutschen

Exponenten des Kubismus. Im Zuge der Ausstellungen der „abstrakten hannover“, die

Schwitters 1927 gemeinsam mit Carl Buchheister, Rudolf Jahns, Hans Nietzschke und

Friedrich Vordemberge-Gildewart gründete,596 wurden die Kritiker auf die

konstruktivistischen Tendenzen im Schaffen Schwitters’ aufmerksam und betonten in

ihren Rezensionen, dass der Merzkünstler die neue, konstruktivistische

592 Vgl. zur Broschüre Katenhusen 1998, S. 206-210, bes. S. 210. Hier weist Katenhusen Rudolf Hermanns als Autor der „Offenherzigkeiten“ aus. Er gehörte als Maler dem konservativen Flügel der Hannoverschen Kunstszene an. 593 Anonym: Lose Blätter. [Zwei Zuschriften, die moderne Kunst in Hannover betreffend]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35025, 19.05.1920. 594 Vgl. die Anzeige des Paul Steegemann Verlages, zit. nach Webster 2004, S. 312–313, S. 312, Text 14. 595 Vgl. Christof Spengemann: 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 5 (März) (1920), S. 17–18, S. 18. Zu Spengemanns Charakterisierung der Merzkunst s.w.u. Kap. 1.2.11. 596 Zur Gruppe die „abstrakten hannover“, vgl. Magdalena M. Moeller (Hg.): Internationale Avantgarde 1927-1935. die abstrakten hannover. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover; Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen. Hannover 1987 und Arta Valstar: ‚die abstrakten hannover’. Carl Buchheister, Cesar Domela, Rudolf Jahns, Hans Nitzschke, Kurt Schwitters, Friedrich Vordemberge-Gildewart. Diss. Univ. Bonn 1987.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Gestaltungsweise nicht ganz so streng handhabe wie andere Mitglieder der

Vereinigung.597

1.2.1 Martin Frehsee Martin Frehsee, einer der konservativsten Hauptkritiker Schwitters’ in Hannover,

studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Straßburg und war ab 1914 als

Schriftleiter für die Ressorts Kunst, Wissenschaft und Unterhaltung des

„Hannoverschen Kurier“ tätig. Nach seinem Studium trat er zunächst als Autor von

volkstümlichen Bühnenstücken hervor.598 Bis Mai 1921 gehörte er der

Feuilletonredaktion des „Hannoverschen Kurier“ an und verfasste überwiegend

Literatur- und Theaterkritiken. Der nationalliberale „Hannoversche Kurier“, dessen

Anfänge bis in das Jahr 1849 zurückreichen, erschien bis 1944 und war das inoffizielle

Organ der Deutschen Volkspartei. Die Zeitung stand in wirtschaftlicher Abhängigkeit

zum Hugenberg-Konzern und geriet 1933 unter den Einfluss der nationalsozialistischen

„Niederdeutschen Tageszeitung“.599

Als Hauptverantwortlicher des Kulturteiles der Zeitung vertrat Frehsee eine deutsch-

nationale Haltung und war bemüht, „einer gesunden, reinen, vaterländischen Kunst zu

dienen.“600 In seinen Rezensionen plädierte Frehsee für die Reinhaltung der deutschen

Kunst:

„Die Kritik des ‚Hannoverschen Kuriers’, die sich in der Weltanschauung, in der sie wurzelt, einig weiß mit dem anständigen Teile des Publikums, wird nach wie vor unbeirrt und offen den Kampf führen gegen all das Volksfremde und Volksfeindliche, Volksschädliche und Volksschändliche auf der Bühne, in den Büchern und an den Wänden der Ausstellungssäle.“601

Daneben grenzte er die künstlerische Tradition scharf von der neueren

Kunstentwicklung ab. Kunst habe sich bisher immer durch Klarheit, Schlichtheit und

Keuschheit ausgezeichnet, im Gegensatz zur Verworrenheit, Unreinheit und

Lüsternheit der modernen künstlerischen „Exstasen“.602 Die „alten, geheiligten, längst

597 Vgl. K. Br. (= Brinkmann, Karl): Kleines Feuilleton. Ausstellung abstrakter Kunst. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 64, 15.03.1928, Voss 1928.02.21, K. Br. (= Brinkmann, Karl): Herbstausstellung hannoverscher Künstler. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 254, 28.10.1928 und Marianne Scholz: Die Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. In: Die Hannoversche Woche. Ausgabe 21, 20.10.1928, S. 6–7. 598 „O Tannebaum! Ein neues deutsches Wintermärchen“ (1911), „Tante Tüschen. Volksstück in drei Aufzügen“ (1919), „Als ich noch im Flügelkleide. Ein fröhliches Spiel in vier Aufzügen“ (1914) und „Cain. Ein dramatisches Gedicht“ (1920). 599 Vgl. Dieter Brosius; Klaus Mlynek; Waldemar Rohrbein (Hgg.): Geschichte der Stadt Hannover. Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. 2 Bde. Bd. 2. Hannover 1994, S. 500. 600 Anonym: [Martin Frehsee]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35322, 10.11.1920. 601 M. F. (= Frehsee, Martin): Ein Zwischenfall. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35029, 21.05.1920. 602 M. F. (= Frehsee, Martin): Klabund … Klabautermann … Klamauk! In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35009, 08.05.1920.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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vergessenen Grundsätze allen dramatischen Schaffens“ charakterisierten sich durch

das „Einfache, Schlichte, das Große, das Weithinhallende, das Bewegte und

Bewegende ist das Wesentliche“, und die Kunst müsse sich diesen Prinzipien wieder

zuwenden.603

Frehsees Auffassung einer der Dichtung adäquaten Sprache wurzelte in einem

Literaturverständnis wie es sich in den Werken Luthers, Lessings und Goethes

findet.604 Insbesondere mit Martin Luther konnte sich Frehsee auf einen Autoren

berufen, der durch seine Bibelübersetzung ins Deutsche das Buch der Bücher für die

Bevölkerung verständlich gemacht und mit seiner lebendigen und wortgewaltigen

Sprache bedeutende Impulse für die Entfaltung der neuhochdeutschen Literatur- und

Schriftsprache gegeben hatte. Luthers Wendungen waren getragen von Vernunft und

Empfindsamkeit und orientierten sich in ihrer Klarheit und Fasslichkeit am

gesprochenen Wort, an Sprichwörtern sowie an Liedern und an volkstümlicher

Literatur. Lessing, der erste große deutsche Dramatiker, hatte versucht, zur Förderung

und Pflege nationaler Theaterstücke ein Nationaltheater zu etablierten, in dem

Bühnendichtungen im Idiom des jeweiligen Bürgertums zur Aufführung kommen

sollten. Seine Sprache war vielseitig, natürlich und präzise, seine Dramen weisen sich

durch einen klar strukturierten Aufbau aus. Frehsee teilte Lessings realitätsnahe

Auffassung der Literatur, die v. a. persönliche Empfindungen zum Ausdruck bringen

sollte. Und in Anlehnung an Goethe, der in seinem gemeinsam mit Schiller verfassten

Aufsatz „Über epische und dramatische Dichtung“ einen Katalog zu „allgemeinen

poetischen Gesetzen“ und Motiven formuliert hatte, forderte der Kritiker, das „Gesetz

der Einheit“ und das der „Entfaltung“ auf die Dichtung anzuwenden.605 D. h. das

Schriftkunstwerk sollte einen geordneten Aufbau in Gestalt eines Anfanges, einer Mitte

sowie eines Schlusses haben und die einzelnen Komponenten müssten nach

organischen Prinzipien entfaltet und miteinander verknüpft werden. Die Sprache der

deutschen Klassiker war gekennzeichnet durch syntaktische Natürlichkeit und

semantische Wahrscheinlichkeit. Frehsee galten die drei großen Deutschen als

Vorbilder und aufgrund ihrer Eigentümlichkeit und kulturellen Leistungen als nationale

Identifikationsfiguren, die für das Volkseigene und Volksnahe standen. Deren

Ausdrucksvielfalt und einheitliche Inhalts- und Formgestaltung wertete der Kritiker als

literaturkritischen Maßstab.

603 Beide Zitate: M. F. (= Frehsee, Martin): Freilicht-Theater. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35055, 07.06.1920. 604 Vgl. mf. (= Frehsee, Martin): [Wenn Schiller Expressionist gewesen wäre]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34087, 03.11.1918. 605 Johann Wolfgang Goethe; Friedrich Schiller: Über epische und dramatische Dichtung. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 79–81, S. 79 und vgl. Frehsee 1918.11.03.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Als Kritiker war es ihm daher ein Anliegen, die abstrakte Handhabe der Sprache

abzuwehren und das ästhetische Erbe zu pflegen. Dementsprechend bemängelte er

das Fehlen der Logik und die sprachlich unklaren Ausdrucksweisen, anhand derer der

Sinn und Zweck, der Aussagegehalt moderner Stücke nur erraten werden könne.606

Frehsee stand in Anlehnung an die genannten Vorbilder ein für den

gehaltsästhetischen Grundsatz, nach dem der ideelle Inhalt eben immer auch einer

bestimmten Formgestaltung bedurfte, damit „edelste[], vornehmste[], reinste[] Kunst“

entstehe.607 „Es ist der Geist, der sich den Körper baut. Die Idee allein macht nicht die

Kunst, die Form in der sie sich äußert ist nicht minder wichtig.“608

Die moderne Literatur hingegen missachte sowohl inhaltliche als auch formale Aspekte

auf radikale Weise, so Frehsee,609 und zeichne sich durch die „Aufhebung aller

Kausalität“610, durch „Manier und Wesenlosigkeit“ aus.611 In ihr trete die theoretische

Konzeption zu stark in den Vordergrund, wodurch der Autor seine nicht vorhandenen

künstlerischen Fähigkeiten verschleiere. „Theorie hin und Theorie her! Sein oder

Scheinen ist hier die Frage. In der Kunst geht es immer ums Können, und Können gibt

sich eigene Gesetze!“612 In expressionistischen und insbesondere dadaistischen

Werken hingegen werde der deutschen Sprache Gewalt angetan. Die Sprache als das

dem Menschen vorbehaltene Kommunikationsmittel laufe durch die Missachtung

„einfachste[r], unentbehrlichste[r] Regeln der Grammatik“, durch die Aufgabe von

determinierenden Wörtern und Personalpronomen Gefahr, in „allmähliche geistige

Verblödung“ zu entgleisen. Der allgemeinen Demoralisierung zum Trotz würden nun

auch noch von „Volksgenossen“ Attentate „auf eines unserer höchsten Güter“ verübt.

„Dagegen muß ebenso systematisch vorgegangen werden; immer und immer wieder

muß auf die drohende Gefahr aufmerksam gemacht werden“.613 Frehsee schloss sich

demnach den allgemeinen Diskussionen zur Dekadenz an, im Zuge derer v. a.

diejenigen Künstler kritisiert wurden, die anstatt nach der Natur nach fremden

künstlerischen Vorbildern schufen und die Kunst durch Theoriebildung wieder an die

Literatur banden. Wie viele andere Kunstkritiker rekurrierte Frehsee diesbezüglich

uneingeschränkt auf das Diktum Herders, Kunst sei allein von Können abzuleiten, und

negierte neuere Theorien zum künstlerischen Schöpfungsprozess.

606 Vgl. mf. (= Frehsee, Martin): [Walter Hasenclever]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34785, 18.12.1919. 607 Frehsee 1920.05.08. 608 M. F. (= Frehsee, Martin): Neue Dichtung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 33776, 18.05.1918. 609 Vgl. M. F. (= Frehsee, Martin): Kestner-Bühne. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34993, 28.04.1920. 610 Frehsee 1918.05.18. 611 Frehsee 1920.04.28. 612 M. F. (= Frehsee, Martin): Vom Komischen. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35299, 27.10.1920. 613 Alle Zitate: Frehsee 1918.11.03.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Die Polarisierung zwischen kranker, volksfremder und gesunder, deutscher Kunst, die

in Frehsees Artikeln häufig Erwähnung fand, nutzte der Kritiker als

Abwertungsstrategie gegen die Avantgardekunst.614 Allgemein kam dieser

Antagonismus zwischen gesunder und kranker Kunst in den Kunstkritiken des

„Hannoverschen Kurier“ sehr oft zur Sprache. Diese Differenzierung war durchaus

pathologisierend gedacht und meist mit dem Dekadenzdiskurs verbunden. Denn die

Auffassung der zeitgenössischen Kunst als Symptom des kulturellen Verfalls und die

Stigmatisierung der Künstler als krank hatte ihre breitenwirksame und mustergültige

Ausformulierung bereits um die Jahrhundertwende in Max Nordaus Publikation

„Entartung“ erhalten. In den 1920er Jahren wurde die Einstellung, eine groteske oder

antimimetische Darstellungsweise gehe mit einer psychischen Erkrankung des

Künstlers einher, vermehrt und zumeist von Psychiatern geäußert.615 Die Redakteure

des „Hannoverschen Kurier“ führten, damit vergleichbar, die völlig naturferne, abstrakte

Art der Darstellung auf „überhitzte[] Phantasie“616 und auf die „vielen Verirrungen

unserer nervenkranken Zeit“617 zurück oder kategorisierten diese als „Fieberträume

eines kranken Hirns“.618 Auch die national konnotierte Unterscheidung, die v. a. bei

Frehsee ausgesprochen deutschtümelnde Züge trug und mit der Abwertung

vermeintlich undeutscher und mithin kranker Kunst korrelierte, war nicht untypisch für

die konservative Haltung der Schriftleitung des „Hannoverschen Kurier“.619 Mit dieser

Unterscheidung zwischen deutsch und undeutsch nahmen die Journalisten Bezug auf

eine Reihe von Kulturkritikern, u. a. wiederum auch Nordau, die die deutsche Kultur als

Identitätsstifterin des deutschen Volkes und als die Nation fördernde Instanz

gegenüber anderen Kulturen herausstellten, mit dem Ziel, die geistig-kulturelle Einheit

und nationale Größe Deutschlands wiederherzustellen. Kunstrichtungen, die diesen

Zielen widerstrebten, wurden als gefährlich gewertet.620 Um diese Gefahr abzuwenden,

forderte Frehsee in Bezug auf den mutmaßlichen kulturellen Werteverfall den „ungern

zu Hilfe gerufene[n] Staat“ auf, das Problem zu lösen.621 Das erinnert an die oben

beleuchteten Diskussionen zur „Schmutz- und Schundliteratur“, die innerhalb des

614 Vgl. ebd. und Frehsee 1920.04.28. 615 S.w.u. Kap. 1.5.1. 616 Adolf Schaer: Götz von Seckendorff und Otto Schulze. Gedächtnis-Ausstellung der Kestner-Gesellschaft, August 1919 II. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34563, 09.08.1919. 617 G. M.: Vom Expressionismus. Gedanken anläßlich einer Kunstausstellung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34279, 21.02.1919. 618 Frehsee 1920.04.28. 619 Vgl. ebd.: Frehsee sprach mit Blick auf moderne Theaterstücke u. a. „Gespenster“ von Henrik Ibsen, „Tod und Teufel“ von Frank Wedekind und „Scheiterhaufen“ von August Strindberg, die die Kestner-Bühne zur Aufführung gebracht hatte, von einer „verhängnisvolle[n] Vergiftung deutschen Empfindens und Fühlens“, die „volksfremd, volksfeindlich, volksschädlich und volksschändlich“ sei. 620 Vgl. Joes Segal: Krieg als Erlösung. Die deutschen Kunstdebatten 1910-1918. München 1997, S. 15-25. 621 Frehsee 1918.11.03.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Schwitters-Diskurses v. a. von Felix Neumann angesprochen wurden und im Rahmen

derer auf der Basis des Artikels 118 der Weimarer Verfassung die Bekämpfung der

betreffenden Schriften gefordert wurde.

Den Tiefpunkt der sprachlichen Dekadenz markierte für Frehsee das Schwitterssche

Gedicht „An Anna Blume“, das u. a. auch im „Hannoverschen Kurier“ abgedruckt

worden wurde.622 Der Kritiker bringt in seinem Zeitungsartikel „Eine Probe allerneuester

Dramatik“ die im Merzgedicht zum Ausdruck kommende Kunstanschauung mit Dantes

„Göttlicher Komödie“ in Verbindung und vergleicht die Rezeption von „An Anna Blume“

mit dem Eintritt in die Hölle in dem Hauptwerk des italienischen Dichters. Damit stellt er

das Merzgedicht als Chiffre des kulturellen Niedergangs dar. Auf den neunten Vers des

dritten Gesanges der „Göttlichen Komödie“ rekurrierend macht Frehsee die

Aussichtslosigkeit auf eine weitere Entwicklungsmöglichkeit für die hohe Sprachkunst

deutlich. Der an klassischen Idealen orientierte Rezipient, der diese moderne Dichtung

auf sich wirken lasse und das Tor passiere, das „zur Hölle der modernen Kunst führt,

der muß außer der Vernunft vor allen Dingen Logik, gesunden Menschenverstand,

Freude an Schönheit und Klarheit fahren lassen.“ Denn in „An Anna Blume“ seien alle

ästhetischen Kategorien der traditionellen Literatur verletzt worden. Mehr noch: „Kurt

Schwitters bekennt in seinem Gedicht an Anna Blume sich zu 27 Sinnen. Mehrere muß

man jedenfalls der bisher auf fünf beschränkten Zahl sich aneignen, wenn man“ ein

Verständnis für die moderne Dichtung entwickeln möchte, so Frehsee weiter.623

Der eigentliche Anlass des Berichtes war eine Rezitation von Grete Sehlmeyers Drama

„Der Erlöser“, das an unterschiedlichen Orten und „zum Teil im äußeren Erleben, zum

Teil in seelischer Wirklichkeit, zum Teil im Unterbewußtsein“ spielt.624 Der Kritiker zieht

in seinem Kommentar zu diesem Stück eine Parallele zwischen der für ihn

unorganischen, sprachlichen Handhabe der Dichterin und dem Sprachduktus des

Merzgedichtes auf der wirkungsästhetischen Ebene. Da beide Dichter eine jeweils

individuelle und subjektive Ausgangsbasis hatten und ebenso individuelle

Ausdrucksmöglichkeiten anwendeten, anstatt wie die klassische Literatur gemeinsam

zugrundeliegenden poetologischen Prinzipien zu folgen, kann Frehsee beider

Dichtungen nicht verstehen. Der inhaltlich wie gestalterisch fragmentarisch angelegten

und additiv zusammengefügten Dichtung, deren Codierung dem Organismusgedanken

622 Vgl. Kurt Schwitters: Lose Blätter. [Der hannoversche Maler Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34723, 11.11.1919. 623 Beide Zitate: mf. (= Frehsee, Martin): [Eine Probe allerneuester Dramatik]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34733, 17.11.1919. 624 Ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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widerspricht und die sich einer vernunftmäßigen Sinnerschließung verweigert, kann der

Kritiker also keinen Gehalt beimessen.

Frehsees Besprechung, in der der Literaturkritiker das erste Merzgedicht nur im

Zusammenhang mit diesem Rezitationsabend erwähnt, wird Schwitters als

Vorlagentext für die Antikritik „Du meiner, ich deiner, wir mir“ dienen. Frehsees Notiz

war neben der Rezension Felix Neumanns, Hans Waldemar Fischers, Leo Reins und

Alois Vogedes’625 eine der wenigen kritischen Wertungen von „An Anna Blume“, der

Schwitters entgegnete.626

1.2.2 Adolf Schaer Adolf Schaer, ein weiterer Hannoverscher Hauptkritiker Schwitters’, war ab Mitte 1919

etwa ein Jahr lang als Redakteur für das Ressort bildende Kunst des „Hannoverschen

Kurier“ tätig. Als Kunstkritiker folgte er der durch die Zeitung und deren Schriftleitung

vorgegebenen Linie. Zu allernächst müsse demnach Kunst ethisch ausgerichtet sein.

Nach vier langen Kriegsjahren, in denen das gesellschaftliche Leben zum Erliegen

gekommen war, bleibe „als einzigstes [sic] Mittel der Erholung, der Ablenkung und der

Unterhaltung die Kunst.“627

Der Gedanke, Kunst als Therapeutikum und als Mittel der Zerstreuung zu betrachten,

knüpfte an die Ästhetik Schillers an. Schiller hatte die Kunst als Gegenpol zum

Alltagsleben gesehen, das von Fremdbestimmung und zweckgerichtetem

Pragmatismus geprägt sei. Die Kunst stelle mithin eine Möglichkeit dar, sich von

Sachzwängen zu befreien und die in der Lebenswelt verloren gegangene

Totalitätserfahrung zu kompensieren. Nach ontologischer Lesart, wie sie Schaer in

seinen Aussagen nahe legt, wurde in der Schillerschen Ästhetik die ästhetische

Erziehung als Ablenkung v. a. von der politischen Situation gedeutet.628

In produktionsästhetischer Hinsicht vertrat Schaer eine moderat moderne Position.

Dem Kunstkritiker zufolge musste eine Wechselbeziehung zwischen starker

künstlerischer Begabung, ernsthaftem Kunstwollen und außerordentlichem Können

gegeben sein, damit anspruchsvolle Kunst entstehe. Mit dieser Ansicht ging er über

das z. B. von Frehsee kommunizierte Primat des Könnens hinaus und schloss sich

teils der neueren Theorie Alois Riegls an, wobei Schaer immer auf die Ernsthaftigkeit

und Orientierung an der empirischen Welt als Basis für die künstlerische Praxis

insistierte. Gegen ein willkürliches Abweichen von Naturformen, gegen maßlos

625 Zu Alois Vogedes s.w.u. Kap. 1.2.7. 626 Vgl. Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 48 und s.w.u. Kap. 2.1. 627 Frehsee 1918.05.18. 628 Vgl. K. B. (= Berghahn, Klaus L.): Über die ästhetische Erziehung des Menschen. In: Bondy, François; Frenzel, Ivo; Kaiser, Joachim u. a. (Hgg.): Harenberg. Lexikon der Weltliteratur. Autoren, Werke, Begriffe. 5 Bde. Bd. 5: San-Z. Dortmund 1995, S. 2912–2913, S. 2913.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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gesteigerte Ausdruckskraft, „abstoßend häßliche Malart“, aber müsse im Sinne der

Gefühlsästhetik „aufs schärfste Verwahrung eingelegt werden.“ Die Reduktion der

ästhetischen Werte auf abstrakte Farb-Form-Kompositionen lehnte Schaer denn als

Erniedrigung der Malerei zu „Farbenkunststücke[n]“, als „allgemeine[] Verrohung des

Empfindens“ und als ästhetische Unzulänglichkeit ab.629 Ein Bild habe in sich schlüssig

und durchkomponiert zu sein, weder im Sinne des „nackte[n] brutale[n] Naturalismus“

als unmittelbare Entsprechung der äußeren Erscheinungen noch im Sinne einer

völligen Loslösung von der Wirklichkeit, die eine überreizte, nicht mehr

nachvollziehbare Phantasie in bildnerische Schöpfungen umsetze. „Nur der Künstler,

der uns wirklich großartige Erscheinungen seiner Seele auf die Leinwand zu bannen

vermag, hat Anspruch auf den Namen eines bedeutenden Talentes!“ Damit bezog der

Journalist einen Standpunkt, der mit der Auffassung vieler Berliner Kritiker etwa Paul

Westheims vergleichbar ist. Ebenso wie dieser forderte der Hannoversche Kunstkritiker

eine a-mimetische, aber organische Kunstform.630

Demgemäß lehnte Schaer die progressive Kunst ab. Die auf visuelle Divergenz zum

Gegebenen und auf ästhetische Erschütterung der Sehgewohnheiten ausgelegten

Werke bezeichnete er sogar als „krankhafte Erzeugnisse“. Bei dem abstrakten

Expressionismus handle es sich um eine innere Krise der „deutsche[n] Volksseele“, die

es zu überwinden gilt.631 Die Konsequenz des Impressionismus sei die allmählich

hinfällig werdende Fähigkeit, „Dinge in ihrer vollen Körperlichkeit“ abzubilden. Darauf

reagierten die Künstler, indem sie die formalen Verhältnisse stark verfremdeten, so

Frehsee. „Eine Ueberspannung dieses Ideals führt dann schließlich zu den vom

Gegenständlichen losgelösten Phantasiegebildeten [sic] des Kubismus bei Pablo

Picasso und seinen Gefolgsleuten. Fortan wird in die Natur eine geometrische

Grundform hineingetragen, die im Bilde nach neuen Formeln zusammengebaut wird.“

Diese Konstruktionsweise aber sei nach organischem Verständnis schwer

nachzuvollziehen. Bleibe jedoch bei Bildern mit geringfügigem Deformationsgrad das

reale Modell noch sichtbar, „vermag sich auch der Laie noch in das Bestreben einer

solchen Richtung hineinzudenken“.632

Über die künstlerischen Ausprägungen sei mithin das Einfühlungsvermögen des

Betrachters gestellt, der eine gewisse Kommensurabilität zwischen künstlerischer und

realer Wirklichkeit voraussetze.633 Schaers Kunstauffassung fußte demnach auch auf

629 Alle Zitate: Adolf Schaer: Götz von Seckendorff und Otto Schulze. Gedächtnis-Ausstellung der Kestner-Gesellschaft, August 1919 I. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34561, 08.08.1919. 630 Beide Zitate: Schaer 1919.08.09. 631 Beide Zitate: Ebd. 632 Alle Zitate: Adolf Schaer: Sonderausstellung 17 der Kestner-Gesellschaft. Französische Malerei bis 1914. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34619, 11.09.1919. 633 Vgl. ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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der Gefühls- und Erlebnisästhetik, wie sie etwa Ernst Cohn-Wiener vertrat, wonach die

Phantasie des Malers an die Wirklichkeit gebunden bleiben sollte. Zudem sollten

malerisch umzusetzende Erlebnisse „aus lebendiger Empfindung geschaffen“ sein und

dem Betrachter authentisch vermittelt werden.634 Angesichts der „entsetzlichen grob

materiellen Zeit“635 habe Kunst nicht zur „brutale[n] Verhöhnung der höchsten

menschlichen Gefühle“ beizutragen, nicht als etwas Abstoßendes, sondern

grundsätzlich als positiver und angenehmer Sinnenreiz zu wirken636:

„Wenn man die herrliche Schönheit des menschlichen Körpers bedenkt und bei dem Wandeln durch die Säle es immer wieder über sich ergehen lassen muß, welche ekelerregenden Akte und Fratzen die meisten ‚Künstler’ nach diesem schönsten Kunstwerke der Natur zu gestalten wissen - man glaubt sich plötzlich von einem Pesthauch angeweht, dem man schleunigst wieder entrinnen möchte!“637

Malerische Verfahren, mittels derer das Naturvorbild stark verzerrt wird, nahm Schaer

also als einen Verfall künstlerischer Werte wahr, da diese seiner Meinung nach zu

„widerlicher grobschlächtiger Roheit“ führten. In Komposition und Einzelform zur Natur

in hohem Maße abweichende Bilder galten dem Kritiker als krankhafte Phänomene

und deren Maler z. T. als „undeutsch bis auf die Knochen“, als unrühmlich für die

„reiche deutsche noch gesund verbliebene Kunstkultur“.638 Schaer teilte damit die oben

dargelegte kulturkritische Haltung der Redaktion des „Hannoverschen Kurier“.

Schwitters’ Werke betrachtete Schaer als Kulmination dieser „gefährlichen“

Entwicklung.639 In seiner Rezension zur dritten Ausstellung der „Hannoverschen

Sezession“ umschreibt er die Merzbilder in Abgrenzung zur wahren Kunst als bloße

Objektansammlung:

„Was soll man sagen zu den wunderlichen Schöpfungen von Kurt Schwitters, der die Welt aufs neue mit seinen Merzzeichnungen usw. zum Besten hat? Soll man wirklich aufgeklebte Papierfetzen und Hosenflicken für ‚Kunst’ hinnehmen? Soll man solche Verirrungen ernst nehmen? Soll man sie der Ehre zornigen Widerspruchs würdigen? Am besten ist’s, man hält sich an den Satz: ‚Der Rest ist Schweigen’, hoffend, daß Schweigen am ehesten dem ganzen Unfug ‚den Rest gibt’.“640

634 Adolf Schaer: Herbstausstellung hannoverscher Künstler im Kunstverein. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34673, 13.10.1919. 635 Adolf Schaer: Herbstausstellung Hannoverscher Künstler im Kunstverein II. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34681, 17.10.1919. 636 Schaer 1919.08.08. 637 Adolf Schaer: Dritte Ausstellung der Hannoverschen Sezession in den Räumen der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34869, 09.02.1920. 638 Alle Zitate: Adolf Schaer: XXVIII. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. James Ensor und Künstler des Café du Dôme. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34725, 12.11.1919. 639 Schaer 1919.08.08. 640 Schaer 1920.02.09. Eine Rezension desselben Inhaltes publizierte Schaer auch in der „Rheinisch-

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Indem er Shakespeare zitiert,641 der an anderer Stelle im „Hannoverschen Kurier“ als

volkstümlicher Dichter par excellence genannt wurde,642 empfiehlt Schaer der

Leserschaft, Schwitters besser keine öffentliche Aufmerksamkeit zu schenken. Wegen

der für Ausstellungsbilder ungewöhnlichen Technik und ihrer heterogenen sowie

inkohärenten Wirkung hebt er deren Bedeutungs- und Wertlosigkeit hervor und wertet

die Bilder als Verstoß gegen die ästhetischen Konventionen. Durch die Nennung von

nachimpressionistischen und figurativ-expressionistischen Bildern als vergleichsweise

„gesunde, tüchtige, ausdrucksvolle Kunst“ lässt er den Lesern den Umkehrschluss

ziehen, dass die Merzbilder krankhafte, unseriöse Gebilde seien, womit er eine

bekannte kunstkritische Abwertungsstrategie anwendet.643 Eine kunsthistorische

Zuordnung der Merzwerke indes nimmt Schaer nicht vor.

In der Besprechung zur „Graphischen Ausstellung“ des Zweemann-Verlages

distanziert sich Schaer, abweichend von seinem ersten Urteil, ironisch von Schwitters’

Bildern. Im Vergleich zu kubo-expressionistischen Werken, die durch starke

Formzertrümmerung und -auflösung gekennzeichnet seien, nähmen sich Schwitters’

Arbeiten, so der Kritiker, weniger abstoßend, als vielmehr komisch aus. Bspw. die

„Merzzeichnung 9 von K. Schwitters oder das Aquarell Nr. 2 ‚Anna Blume und ich’

haben wenigsten noch den Vorzug, erheiternd zu wirken.“644 Demnach fasst Schaer die

montierten Werke im Gegensatz zu avantgardistischen Gemälden, die ihm im

Zusammenhang der Ausstellung als grober Konventionsbruch gelten, als Scherze auf.

Der Scherz war nach Schopenhauer „[d]as absichtlich Lächerliche“. Er habe die

Intention, „zwischen den Begriffen des Andern und der Realität, durch Verschieben des

Einen dieser Beiden, eine Diskrepanz zu Wege zu bringen“. Der Ernst als dessen

Gegenpol hingegen bestehe in der Übereinstimmung der beiden Auffassungen.645 Die

Quelle des Lächerlichen wiederum sei

„allemal die paradoxe und daher unerwartete Subsumtion eines Gegenstandes unter einen ihm übrigens heterogenen Begriff, und bezeichnet demgemäß das Phänomen des Lachens allemal die plötzliche Wahrnehmung einer Inkongruenz zwischen einem solchen Begriff und dem durch denselben gedachten realen Gegenstand, also zwischen dem Abstrakten und dem Anschaulichen.“646

Westphälische Zeitung“, vgl. Adolf Schaer: Hannoversche Sezession. In: Rheinisch-Westphälische Zeitung. Ausgabe 123a, 25.02.1920. 641 Schaer gibt hier die letzten Worte Hamlets aus Shakespeares gleichnamiger Tragödie wieder, vgl. Shakespeare 2004/1975 (02), S. 17480 (vgl. Shakespeare-Schlegel/Tieck Bd. 4, S. 385). 642 Vgl. Frehsee 1920.05.08. 643 Schaer 1920.02.09. 644 A. Sch. (= Schaer, Adolf): [Graphische Ausstellung des Zweemann-Verlages]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34879, 14.02.1920. 645 Beide Zitate: Schopenhauer 2004/1819, S. 64369 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 3, S. 119). 646 Ebd., S. 64352 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 3, S. 109-110).

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Bloße Ansammlungen von Fundmaterialien unter Ausstellungskunst zu subsumieren,

sei demnach eine absichtlich lächerliche Geste. Der Merzkünstler mache sich damit, so

legt es die Aussage Schaers nahe, nur über die konventionelle Kunst lustig und daher

wiederum sei „sein Treiben der Lächerlichkeit preiszugeben.“647

Für diese Ausstellungskritik wird sich Schwitters seinerseits bei dem Kritiker

revanchieren, indem er dessen lapidare Kommentare zur künstlerischen Gestaltung

eines Abschnittes von „Tran Nummer 7. Generalpardon an meine hannoverschen

Kritiker in Merzstil“ verwendet, um die Art der Rezensionen zu karikieren und die

Unkenntnis des Kritikers vorzuführen.648

1.2.3 Johann Frerking Johann Frerking, der in der Zeit zwischen den Kriegen eine wichtige Rolle in der

Kulturszene Hannovers spielte, studierte nach dem Abitur Germanistik, Geschichte und

Kunstgeschichte in Göttingen. Nach dem Ersten Weltkrieg war er als Journalist

zunächst für das „Hannoversche Tageblatt“ später auch für den „Hannoverschen

Kurier“ tätig. In den Jahren von 1923 bis 1926 arbeitete er als Dramaturg an den

Städtischen Bühnen. Frerking war Mitglied der Kestner-Gesellschaft und gehörte dem

literarischen Zirkel um den Verleger Paul Steegemann an. Daneben schrieb er Kritiken

und groteske Stücke für Zeitschriften wie „Die Pille“, „Der Störtebeker“, „Der

Zweemann“ und „Das Hohe Ufer“.649 Johann Frerking trug selbst im Rahmen von

Veranstaltungen u. a. des Zweemann-Verlages zeitgenössische Dichtungen vor.650 Er

zählt zu Schwitters’ Hannoverschen Hauptkritikern, denn der Merzkünstler wird ihm

einen Abschnitt in seinem „Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in

Merzstil“ widmet.

Mit seinem Kunstverständnis ging Frerking von dem traditionellen Werkbegriff wie auch

von einem konventionellen Werkprozess aus, dessen vollendetes Resultat durch

Skizzen und Zeichnungen vorbereitet werden sollte. Der Künstler müsse bei jedem

einzelnen Werk danach streben, „ins Eigenste zu wachsen.“651 Ebenso habe die

Komposition eines Kunstwerkes in sich stimmig, homogen und formvollendet und bis

zur „allseitigen Vollendung“ ausgearbeitet zu sein.652 „Fertig muß ein Kunstwerk sein,

647 Schaer 1920.02.25. 648 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 53-54 und s.w.u. Kap. 2.1. 649 Zur Biographie Frerkings, vgl. Dirk Böttcher; Klaus Mlynek; Waldemar Rohrbein u. a. (Hgg.): Hannoversches biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hannover 2002, S. 121. Zu seiner Tätigkeit als Kritiker und Dramaturg in Hannover, vgl. Katenhusen 1998, S. 441-460. 650 Vgl. pck. (= Madsack, Paul): Kunst, Wissen, Leben. [Die groteske Stunde]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 5, 07.01.1920. 651 J. F. (= Frerking, Johann): Die hannoversche Sezession. Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 51a, 20.02.1918. 652 Fg. (= Frerking, Johann): Aus dem Kunstleben. Neue Kunst. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 20,

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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reif muß es werden, ehe es das Licht der Oeffentlichkeit suchen darf.“653 Auch Frerking

orientierte sich also wie die meisten seiner Kollegen innerhalb des Schwitters-

Diskurses am Organismusgedanken. Daher beanstandete er bei vielen skizzenhaften,

zur reinen Abstraktion neigenden expressionistischen Gemälden einen „Mangel an

Durcharbeitung und stellenweise [eine] Vernachlässigung des Zeichnerischen“,

während er bei Papierarbeiten einer lockeren Formgestaltung gegenüber nachsichtig

war, da ihm bspw. Handzeichnungen und Aquarelle lediglich als Vorstudien galten.

„Viele Gemälde erscheinen infolgedessen wie Studien oder wie die ersten, noch sehr

der Ausführung bedürftigen Anfänge von Gemälden, und je mehr künstlerisches

Können sich in diesen Anfängen offenbart, um so mehr ist zu bedauern, daß solche

Arbeiten als fertige Kunstwerke die Begabung der Maler repräsentieren sollen.“654 So

richtete er seine Kritik immer wieder gegen einen groben und derben, spontanen

malerischen Duktus und gegen auffallende Missachtung von Naturähnlichkeit, von

„Proportion und Anatomie“655, womit er Goethes Denkfigur der „zweiten Natur“ teilte.

Darstellungsweisen, die sich durch formale Deformierung und Verzerrung teilweise

oder durch Abstraktion völlig vom Naturvorbild abhoben, lehnte Frerking dezidiert ab:

„Wenn aber der Maler oder Zeichner sich vollständig vom Gegenständlichen abwendet, wenn er sich offen auf den Standpunkt stellt, daß die wirkliche Welt für ihn und seine Kunst nicht mehr vorhanden ist, [...] wenn er in sinnlosem Chaos Bestandteile des menschlichen Körpers, grauenhaft verzerrt und verzeichnet, mit willkürlichen Formen von Blättern zungenförmigen Gebilden, geometrischen Flächenbegrenzungen und tausend anderen Raumeinteilungen zusammenbringt und durcheinanderwirft, da versagt mir - das Verständnis, selbst dann, wenn eine harmonische Anordnung und Verteilung der Farben sich bemerklich macht.“656

Ungegenständliche und polyperspektivisch angelegte Bilder würfen demnach die Frage

nach der „Unfähigkeit des Verfertigers“ auf.657 Handwerkliches Können und

zielbewusstes Wollen sollten auf einzigartige Weise miteinander korrelieren, damit ein

wertbeständiges Kunstwerk entstehe. Ähnlich wie bei Adolf Schaer paarte sich auch in

Frerkings Anschauung die idealistische mit der modernen Ästhetik. Auf der Basis

traditioneller künstlerischer Kategorien wie Farbharmonie und der Ausgeglichenheit

malerischer und zeichnerischer Elemente schwankte seine Position in der Beurteilung

20.01.1920. 653 Fg. (= Frerking, Johann): [Erich-Heckel-Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 26, 20.01.1919. 654 Beide Zitate: Fg. (= Frerking, Johann): [Die Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 211, 01.08.1918. 655 Frerking, J. 1919.01.20. 656 Fg. (= Frerking, Johann): [Die Hannoversche Sezession der Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 73, 14.03.1919. 657 Frerking, J. 1920.01.20.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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moderner Kunstwerke daher zwischen wägender Anerkennung, Ambivalenz und

heftiger Zurückweisung.658

Aufgrund seiner regen kunstkritischen Tätigkeit lässt sich Frerkings Urteil über die

Avantgardebewegungen im Allgemeinen und über Schwitters im Besonderen von den

ersten Ausstellungsbeteiligungen des Merzkünstlers in Hannover bis zu dessen

letztmaligen Werkpräsentationen zu Beginn des NS-Regimes besonders gut

nachskizzieren. In der ersten Ausstellung der 1917 gegründeten „Hannoverschen

Sezession“ im Februar 1918 sah Frerking figurativ-expressionistische Gemälde und

kubo-futuristische Abstraktionen von Schwitters, die, so der Kritiker, „ein eigenartig sich

auswirkendes Gefühl für die fast spukhafte Wucht moderner Industriebetriebe [sichtbar

machen]; seine ‚Abstraktionen’ zeigen den Künstler jedoch auf einem Wege, auf dem

die Gefahr lauert, sich an unfruchtbare Experimente zu verlieren.“659

Wenig später berichtet Frerking in seiner Besprechung zur 86. Kunst-Ausstellung des

Hannoverschen Kunstvereins über zwei verschollene Gemälde - das „Historienbild ‚Die

Vertreibung aus dem Paradiese’ und die Landschaft ‚Bauernhaus’“ - von Schwitters:

„[B]eide derb, sogar scheinbar absichtsvoll übertrieben derb in der Technik. Seine

früheren Arbeiten waren sorgfältiger ausgeführt.“660 Bereits in den gezeigten Werken

scheint die Entwicklung in Schwitters’ Schaffen nach Ansicht des Rezensenten einen

negativen Verlauf genommen zu haben, da der Künstler bewusst und auf willkürliche

Weise seine Formgestaltung von der sichtbaren Wirklichkeit noch stärker abstrahiere,

was sich vermutlich in der technischen Umsetzung niederschlug.

Skeptisch macht Frerking in der Rezension zur zweiten Ausstellung der

„Hannoverschen Sezession“ im März 1919 auf das Gewöhnungsbedürftige der neuen

Kunst aufmerksam. „Wer mit seinen durch langjährige Gewohnheit befestigten und bis

vor kurzem auch noch allgemein anerkannten Ansichten über die Kunst und ihre

Erzeugnisse die Ausstellungsräume der Kestner-Gesellschaft in der Königsstraße

betritt, der wird sich wundern.“ Der Kritiker bemerkt zu einigen positiv aufzunehmenden

Bildern mit gemäßigt abstrahierendem Formgepräge und angesichts der hierzu

kontrastierenden Gesamtauswahl von durchaus progressiverem Charakter, dass sich

die Kunst in der Nachkriegszeit in einem Veränderungsprozess befinde, der zunächst

einmal hinzunehmen sei. Er kommentiert die Situation lapidar im Winzerjargon: „Der

658 Vgl. Frerking, J. 1919.03.14. 659 Frerking, J. 1918.02.20. 660 Beide Zitate: Fg. (= Frerking, Johann): 86. Kunst-Ausstellung III. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 74a, 15.03.1918 und s.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. Zu den beiden von Frerking erwähnten Gemälden existieren keine Reproduktionen, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 226 und 280. Insofern lässt sich Frerkings Aussage nur im Sinne der Entwicklung von Schwitters deuten.

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Wein im Fasse muß erst gären, bevor er reif und wohlschmeckend wird“.661 Den

Gemälden mit stark abstrahierter Formensprache gegenüber bezieht er also eine

eindeutig ablehnende Haltung. Er qualifiziert die Werke, die aus einer fragmentarisch

und heterogen wiedergegebenen Vielfalt von Einzelformen komponiert waren, als

willkürliche Absage an die „wirkliche Welt“, als widersinniges und chaotisches

Durcheinander von fremdartigen Formen und menschlichen Gliedern und als Zeugnis

für nicht vorhandene künstlerische Fähigkeiten ab. Viele der Avantgardekünstler stellen

Werke aus, die über den Rang kunstgewerblicher Objekte nicht hinauskämen, so

Frerking, „und mancher wandelt dabei die Bahnen der vielverspotteten Kubisten und

Futuristen.“662

Der Kubismus galt dem Kritiker als eine Stilbewegung, die es sich zur Aufgabe mache,

lediglich geometrische Grundformen auf der Bildfläche zu verteilen, um die Bilder dann

mit traditionellen Bildtiteln zu versehen. Den Futurismus behandelte er lediglich als

Phrase, als Gegenstand kritischer Betrachtung ignorierte er das Stilphänomen völlig.663

Generell aber traf Frerking kaum kunsthistorische Zuschreibungen. Die Ismen der

Avantgarde betrachtete er letztlich als Schlagworte einer Tagesmode, während er den

Expressionismus weiter fasste. Zum einem verstand Frerking den Begriff als bloße

Sammelbezeichnung, als Etikett für farblich übersteigerte und formal reduzierte oder

durch Formverzerrung bzw. -zertrümmerung gekennzeichnete Bilder, die er negativ

bewertete. Diese Variante bezeichnete er gelegentlich auch als „Pseudo-

Expressionismus, der [mit] Bluff und Kinderei“, mit Selbstgefälligkeit und Geltungssucht

auftrete. Implizit zählte Frerking Schwitters hierzu, explizit verortete er den

Merzkünstler als Nachahmer des Kubismus. Bilder bspw. von Klee, Feininger, Arp

sowie Merzwerke waren für ihn „verschiedene Stadien der deutschen Bemühung“, d. h.

Varianten des französischen Kubismus.664 Zum anderen charakterisierte sich der

Expressionismus für Frerking als ein überzeitliches Phänomen, denn Tendenzen einer

expressiven künstlerischen Ausdrucksweise habe es in der Kunstgeschichte von den

Werken der Ägypter bis hin zu den alten Meistern immer gegeben,665 womit er auf

anerkannte Deutungsansätze rekurrierte.666 So gelang es ihm, in den Werken der

Expressionisten, die das Bild als Blick auf einen Naturausschnitt auffassten,

661 Beide Zitate: Frerking, J. 1919.03.14. 662 Beide Zitate: Ebd. 663 Vgl. Frerking, J. 1920.01.20. 664 Beide Zitate: Johann Frerking: Neues im Provinzial-Museum. Peru-Sammlung. - Abstrakten Kabinett. - Leihgaben und Neuerwerbungen. - Veröffentlichungen. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 67, 09.02.1928. 665 Vgl. Johann Frerking: Expressionismus? In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 253, 12.09.1926. 666 Vgl. etwa Oskar Walzel: Der Expressionismus in der deutschen Dichtung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34447, 02.06.1919 und Worringer 1996/1908.

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„unzweifelhaftes Können“ zu erkennen.667

Zu einem ähnlichen Urteil gelangte Frerking in der „Graphischen Ausstellung“ des

Zweemann-Verlages im Februar 1920 mit Blick auf die Werke, die eine „gute Technik“,

also mittels malerischer oder zeichnerischer Gestaltungsweisen geschlossene und

kohärente, an die sichtbare Erscheinungswelt erinnernde Kompositionen zeigten. Über

die ihm missliebigen Bilder, die seine Kriterien nicht erfüllten, geht Frerking weiterhin in

der Rezension zur Ausstellung summarisch hinweg und erwähnt kurz „phantastische

Grotesken“ von Otto Gleichmann, „figürliche[s] Durcheinander und Köpfe“ von Max

Burchartz und Bilder von Käte Steinitz, die sich „unzulängliche hypernaive

Figurengebilde leistete“. Überleitend von diesen für ihn halbwegs diskutablen

Leistungen kommt er auf die Merzwerke von Schwitters als Höhepunkt des

Unkünstlerischen in der Ausstellung zu sprechen:

„Und endlich Kurt Schwitters, der vielgenannte Erfinder der ‚Merzbilder’. Hier sind solche: ein Porträt aus Papier- und Stoffetzen, aus einem Bieruntersatze, Drähte, einer Zigarette zusammengenagelt, ist trotzdem nicht ganz wertlos, denn den Ingredienzien aus dem Mülleimer fügte er ein wirkliches kupfernes Zweipfennigstück hinzu. Ein anderes ‚Merzbild’ ist aus zusammengeklebten Druckpapierlappen gekleistert. Seine konfusen Zeichnungen tragen zum Teil seltsame Unterschriften, wie ‚Ostfriesische Landschaft’, ‚Der Kopf unter der Mühle’. Seine ‚Merzplastik’ gleicht einem unordentlichen Häufchen Gerümpel aus dem Spielkasten eines Kindes. Und das soll noch unter den Namen Kunst fallen. Oh Anna Bluhme [sic]!“668

Bildelemente wie Papier- und Stoff-Fetzen sowie Zigaretten gelten für Frerking wegen

seiner auf traditionell künstlerischen Repräsentationsweisen fußenden

Kunstauffassung nicht als kunstwürdig. Frerking kategorisiert das ausgestellte Merzbild

als Porträt und ordnet es somit inhaltlich einer traditionellen Gattung der Malerei zu.669

Der Versuch einer Subsumtion der einzelnen Bildbestandteile unter ein Ganzes mittels

Aufzählung der Bildkomponenten unterstreicht zudem seine konventionelle

Herangehensweise an die Merzkunst. Nicht nur aufgrund der ästhetischen

Grenzüberschreitung standen Schwitters’ Bilder außerhalb des Kunstverständnisses

Frerkings. Denn sie tragen weder Ansätze einer entwurfsmäßigen Tendenz noch

zeigen sie Spuren vergangener Kunst in Form von rezipierbaren und genuin

malerischen Gestaltungsmomenten. Insbesondere die Technik des Klebens und

Nagelns aber zeuge nicht von künstlerischem Vermögen, sodass Frerking die

Merzwerke dem Bereich des Handwerks zuordnet. In seinem Statement über

667 Frerking, Johann: [Eine graphische Ausstellung]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 30, 05.02.1920. 668 Alle Zitate: Ebd. 669 Der Begriff Porträt ist in der Rezension nicht in Anführungsstriche gefasst, insofern ist davon auszugehen, dass der Versuch einer Kategorisierung ernsthaft motiviert war und keine zynische Spitzmarke darstellt.

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Schwitters nimmt der Kritiker ferner Bezug auf den eben aktuellen Diskurs zum

künstlerischen Infantilismus. Im Gegensatz zu Leopold Zahn, der die diesbezügliche

Diskussion maßgeblich beeinflusst hat, kann Frerking dieser Richtung keinen

ästhetischen Wert beimessen, da nach infantilistischem Kunstverständnis

künstlerisches Können und Kunstwollen nicht zwingend gepaart sein mussten und

letzteres auch in reiner Ausprägung Akzeptanz fand. Aufgrund des für Frerking

offensichtlichen Mankos handwerklich-technischer Kompetenzen spricht er den

Merzwerken jeglichen Kunstcharakter ab und betrachtet diese als Bruch mit bisherigen

ästhetischen Konventionen. Mit dem Ausruf: „Oh Anna Bluhme!“ am Ende seiner

Besprechung stellt er die Berechtigung, diese Bilder in einer öffentlichen Ausstellung

zu zeigen, gänzlich in Abrede.

V. a. auf diese Rezension zur „Graphischen Ausstellung“ des Zweemann-Verlages von

Frerking sollte Schwitters reagieren. Sie diente ihm als Ausgangstext für seine

antikritische Schrift „TRAN Nummer 7. Generalpardon an meine hannoverschen

Kritiker in Merzstil“, in der Schwitters auch kunstkritisches Material von drei weiteren

Hannoverschen Feuilletonredakteuren verwertet. Während Frerking die weiteren

künstlerischen Aktivitäten Schwitters’ mit Unterbrechungen publizistisch verfolgte,

erwiderte der Merzkünstler keine der nachfolgenden Rezensionen.670

Ebenso kritisch wie über die Merzbildwerke äußert sich Frerking über „Die Kathedrale“,

eine Grafikmappe mit insgesamt acht Lithografien, die Schwitters in der Buchreihe „Die

Silbergäule“ 1920 veröffentlichte. Auf deren Umschlagseite ist die Aufschrift „Vorsicht:

Anti-dada“ zu lesen. Bei den acht Lithografien wandte Schwitters unterschiedliche

Techniken an. Z. T. gibt er Motive wieder, wie sie auch auf seinen

Aquarellzeichnungen zu sehen sind, bspw. Räder, Zahlen, Strichmännchen oder

Windmühlen, z. T. experimentierte er mit Abdrücken von Spitzenpapier oder auf Holz

genagelten Lederstücken.671 Frerking bezeichnet die Veröffentlichung - nach der

Publikation von „Anna Blume. Dichtungen“ und der Ausstellung der ersten Merzbilder -

als „neuer 3. Bluff“, die Druckgrafiken als „Pinseluebungen und Kritzeleien“.672

Wie bereits in der Rezension zur dritten Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“673

des Vorjahres stellt Frerking 1921 anlässlich der vierten Sezessionsausstellung noch

einmal fest, dass die Zusammensetzung der Gruppe sehr heterogen sei und bekräftigt

damit seine allgemeine Unzufriedenheit mit der künstlerischen Situation. Seiner

670 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52 und s.w.u. Kap. 2.1. 671 Vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 767.1-767.8. 672 Beide Zitate: Frerking, J. 1920.03.14. 673 Vgl. Fg. (= Frerking, Johann): Aus dem Kunstleben. Dritte Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 48, 17.02.1920.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Kunstauffassung gemäß berichtet Frerking über den gemäßigteren Flügel der

„Hannoverschen Sezession“ sehr wohlwollend. Im Gegenzug betont er nochmals die

außerkünstlerischen Momente der Merzkunst und wiederholt seine Gegenargumente

lediglich: „Den Gipfel des Unsinnigen bilden die aus Papierfetzen, Zeuglappen,

Holzstücken und Gerümpel jeder Art zusammengeklebten und genagelten

sogenannten Merzbilder. Es soll darüber weiter kein Wort verloren werden.“674

In der Tat verlor Johann Frerking über die Merzkunst für längere Zeit kein Wort mehr.

Er berichtete erst wieder in seiner Rezension zur 67. Ausstellung der Kestner-

Gesellschaft im Oktober 1924, die Alexander Jawlensky, Schwitters und Hans Arp

gewidmet war, namentlich über Schwitters’ Kunstschaffen. Die Auswahl zahlreicher

darin präsentierter Werke resümiert Frerking einleitend als Dominanz der Farbe über

die Form. In Bezug auf die gezeigten Merzwerke kann Frerking keine künstlerische

Weiterentwicklung konstatieren. Summarisch kommentiert er die 54 ausgestellten

Bilder: „Sie machen denselben Eindruck wie seine früheren, an mehreren haben

Kleberei, Tischlerei und Stellmacherei mehr Anteil als die Malerkunst.“ Resigniert

darüber, dass sich die abstrakte Kunst nun in Hannover etabliert hat, distanziert er sich

von der Avantgardekunst. „Daß die Kestner-Gesellschaft sie ausstellt, soll nicht

beanstandet werden. Da solche Sachen einmal vorhanden sind, ist es sogar

notwendig, sie vorzuführen, damit sich jeder aus eigenem Anschauen eine Meinung

bilden kann.“675

Der in seiner Zuspitzung überreizte sprachliche Gestus in älteren

Ausstellungsbesprechungen schien ab Mitte der 1920er Jahre deutlich

zurückgenommen, Frerkings einstiger ablehnender, kämpferischer Ton war nur noch

durch die Wahl negativ konnotierter Wörter präsent. In seiner Rezension zur

„Herbstausstellung“ im Kunstverein Hannover 1927 weist er dementsprechend sachlich

auf die Nähe der abstrakten Kunst zu angewandten Künsten, zu „Dekorationsmaler[n],

[zum] Tapetenfachmann, Reklamezeichner, Gebrauchsgraphiker, Buchdrucker und

Buchbinder“ hin. Im Gegensatz zum Kunsthandwerker, so Frerking weiter, müsse der

„Kunstschöpfer [...] hinausgelangen zu einem Höheren, das Spiel und Werk, Geist und

Gnade in einem ist, zu einem Neuen-Uralten, oder - er ist keiner.“ Und eben dieses

spielerische Moment zeigten Schwitters’ Werke, wobei der Kritiker für diese sogar

anerkennende Worte findet:

674 Fg. (= Frerking, Johann): [In der Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 85, 27.03.1921. 675 Beide Zitate: Fg. (= Frerking, Johann): [Die Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 326, 23.11.1924.

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„Kurt Schwitters weiß etwas von solchem Spiel, sein ‚Relief in Weiß’, das weit in den Raum vorstößt, hat einen Zug unbegreiflicher Selbstverständlichkeit, der die gezückte Ironie abstumpft, und unter seinen aus Fetzen und Abfall gefügten kleinen Merz-Kompositionen ist immer wieder das eine oder andere Blatt, das zu wohlgefälligem Entträumen und phantastischen Abenteuern lockt; aber sein Spiel wird reichlich oft Spielerei: siehe das ‚Richard Freitag-Bild’, mit dem versteckten Männchen oben rechts, das der heimliche Herr und Regulator des ganzen Stell- und Spielwerks ist.“676

Wenn Frerking zwischen Spiel und Spielerei differenziert und letzteres auf das konkret

genannte Werk bezieht, so umschreibt er rein anschaulich den Kontrast zwischen

kleinteiligen und großflächigen Gestaltungsmerkmalen auf dem „Richard Freitag-

Bild“.677 Dem Kunstverständnis nach unterscheidet er der klassischen Auffassung

folgend zwischen dem „freien Spiel“ und dem avantgardistischen „absoluten Spiel“, das

Frerking als Spielerei bezeichnet. Diente das „freie Spiel“, das gewissen Regeln

unterliegt und in dem ernste und spielerische Momente zum Ausgleich kommen, etwa

in der deutschen Klassik als Medium und Möglichkeit zur Distanzierung von der

Realität sowie vom Alltag, so setzte sich das „absolute Spiel“ seine eigenen Regeln

und nahm bspw. bei den historischen Avantgardebewegungen mehr und mehr

selbstreferentielle Züge an.678 Diesem Prinzip der selbstgewählten Spielregeln folgte

auch Schwitters zum maßgeblichen Teil.

Anlässlich der Großen Kunstausstellung im Künstlerhaus 1929 hebt Frerking in einer

Besprechung neutral und beiläufig hervor, „daß Kurt Schwitters und Carl Buchheister

zäh und charaktervoll beim Fähnlein der Abstrakten aushalten, ohne daß ihre neueste

Bemühung zu neuerlichen Anmerkungen Anlaß gäbe.“679 Hatte sich gegen Ende der

1920er Jahre ein Wandel in seiner Einstellung zur progressiven Kunst abgezeichnet,

so hält Frerking zur „Herbstausstellung“ des Hannoverschen Kunstvereins 1934 - zur

letzten Ausstellung, an der Schwitters überhaupt innerhalb Deutschlands teilnahm -

euphemistisch fest, es sei allgemeine „Einkehr, Besinnung, Bescheidung“ eingetreten.

In dieser Rezension wird sogar eine sprachliche Affinität zur Kunstideologie der neuen

Machthaber deutlich, denn darin bedient der Kritiker die für das NS-Regime typischen

Metaphern: „‚Unsere Wurzeln stehen im Boden der Heimat. Nun hoffen wir, der Boden

676 Alle Zitate: J. F. (= Frerking, Johann): Herbstausstellung im Kunstverein III. Die Abstrakten. - Plastik. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 511, 01.11.1927. 677 Vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1496. Es ist nicht eindeutig festzustellen, was Frerking „mit dem versteckten Männchen“ meinte. Auf der im Werkverzeichnis wiedergegebenen Reproduktion befindet sich oben rechts ein kleines Rechteck, auf das andere geometrische Formen aus dünnen Holzplättchen gestaffelt aufgeklebt sind. Es hebt sich relativ markant hervor, so dass es als ins sich abgeschlossenes Bild im Bild und als kontrastierendes Moment zur ansonsten großflächigen Gestaltung des Bildes erscheint. 678 Vgl. Wetzel 2003, S. 578 und 588-589. 679 Johann Frerking: Große Kunstausstellung im Künstlerhaus IV. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 149, 29.03.1929.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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möge die Wurzeln nicht verdorren lassen. Kunst braucht auch die Sonne der Kunst.’“

Weiter erwies sich Frerking als opportun der NS-Regierung gegenüber, wenn er über

den oktroyierten künstlerischen Wandel schreibt: „Die ehemaligen Abstrakten Carl

Buchheister und Schwitters haben sich der Natur zugewandt“.680 Die hier als freiwillig

dargestellte Hinwendung zur Natur fand indes keineswegs auf der Basis

selbstbestimmter Entscheidungen statt, wie das in dem kurzen Statement Frerkings

anklingt. Vielmehr malte Buchheister ab 1934 ausschließlich gegenständliche Bilder,

da ihm abstraktes Kunstschaffen aufs Strengste untersagt wurde. Schwitters hingegen

arbeitete weiterhin an Merzbildern und -zeichnungen, konnte allerdings nach der

Machtergreifung Hitlers und damit als „entartet“ geltender Künstler nur noch

unverfängliche Werke zeigen, naturalistische Bilder also, die dem klassischen

Bildbegriff entsprachen.

1.2.4 Erich Madsack Ein weiterer Hauptkritiker Schwitters’ war der Verlegersohn Erich Madsack. Er nahm

nach seinem Volontariat beim Stuttgarter „Neuen Tageblatt“ ein Studium in den

Fächern Germanistik, Geschichte, Philosophie und Kunstgeschichte auf und studierte

in München, Berlin und schließlich in Leipzig. Ab 1918 war er als Feuilletonredakteur

des „Hannoverschen Anzeiger“ tätig, den sein Vater August Madsack 1893 gegründet

hatte. Zwei Jahre später wurde Madsack Schriftleiter des Feuilletons und bereits 1921

Hauptschriftleiter der überparteilichen und unabhängigen Zeitung, wobei er als solcher

nur noch gelegentlich Kritiken publizierte. Seit 1933 leitete er das Verlagsunternehmen

bis der „Hannoversche Anzeiger“ 1943 verboten und von der „Niederdeutschen

Tageszeitung“ übernommen wurde.681 Unter seiner Schriftleitung trat die redaktionelle

Arbeit besonders im Feuilleton in den Vordergrund. Der Unterhaltungsteil erhielt

allmählich mehr Raum und diverse kulturell unterhaltende Beilagen wurden

eingeführt.682 Inhaltlich zielte die Zeitung auf die Unterstützung beim Wiederaufbau

Deutschlands und bei der „Wiederherstellung seines Ansehens in der Welt“ ab.683

Daneben trugen die Textbeiträge des „Hannoverschen Anzeiger“ dem Bedürfnis des

Publikums nach Unterhaltung und Abwechslung Rechnung.684

680 Alle Zitate: J. F. (= Frerking, Johann): Herbstausstellung im Kunstverein. Erster Rundgang. Die hannoversche Situation. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 508/509, 31.10.1934. 681 Vgl. Böttcher u. a. 2002, S. 242. 682 Vgl. Jochen Mangelsen: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Hannoverscher Anzeiger. Untersuchung zur Entwicklung einer Tageszeitung seit ihrer Gründung im Jahre 1893. Ein Beitrag zur Zeitungsgeschichte der letzten fünfundsiebzig Jahre. Diss. Univ. Berlin 1968, S. 205 und 197-198. 683 Erich Madsack: Die Krise des Feuilletons. (Verlagsmanuskript, um 1930 entstanden), S. 2, zit. nach Mangelsen 1968, S. 210. 684 Vgl. Mangelsen 1968, S. 208.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Madsack zählte zu den Kunstkritikern, die der moderaten Moderne offen gegenüber

standen. In seinen Ausstellungsrezensionen setzte er sich lobend für die Künstler ein,

deren Werk eine logische, konsequente Weiterentwicklung zeigte. Abrupte Stilbrüche

oder -wechsel hingegen lehnte Madsack ab. Er ging dabei vom klassischen

dreistufigen Entwicklungsmodell eines Künstlers aus: Auf der Grundlage von

„ehrliche[m] Können“ werde der Künstler zunächst einmal geprägt von dem Schaffen

anderer großer Künstler. Durch ein eigenständiges Naturstudium gelange der

Kunstschaffende „zur selbständigen Freiheit der Form und zur vollen Beherrschung der

Elemente“, um dann zu einem eigentümlichen „Stil [zu finden], in dem er nun eine

reiche innere Anschauungswelt offenbart.“ Das ideale Ziel sei es, sowohl formal als

auch geistig, seine voll ausgeprägte persönliche „Individualität [...] ganz

auszudrücken.“685 Ein Künstler jedoch, der nicht fähig sei, die rezipierten fremden

Anregungen zu überwinden und seinen eigenen charakteristischen Ausdruck zu

entfalten, bleibe immer ein unzulängliches Talent. Und die Entwicklung hin „zum rein

Malerischen“ sei immer die konsequente und einzige, bedeutende Möglichkeit zur

künstlerischen Entfaltung. Bilder müssten „[a]us dem rein Gefühlsmäßigen“686 die

„Illusion eines Gesamten“ und über das Dekorative hinaus einen evidenten Inhalt

vermitteln, um zu einer sinnlich erhebenden visuellen Erfahrung und zu einem Erlebnis

zu werden.687 Die neue Kunst, die nur graduell von der Wirklichkeit abweiche, sei

demnach eine bereichernde und „berechtigte Bewegung“. Hier liege der

Bewertungsmaßstab bei der „ureigentümliche[n] Wesenheit des Schaffenden und [der]

individuelle[n] Echtheit und Gewalt des Ausdrucks.“688 Mit der Forderung nach

künstlerischer Individualität, nach einem organologischen Werkbegriff und -prozess

sowie nach „organische[r] Zusammengehörigkeit des Gesamten“ knüpfte also auch

Madsack an die klassische Ästhetik an.689 Ebenso erwies er sich mit seiner Haltung

auch als Exponent der Genieästhetik, der zufolge der originelle Schöpfer ohne

Nachahmung fremder Eigentümlichkeiten nur abhängig von Naturgesetzen schaffen

sollte. Mit Blick auf die Rezeption und die Erlebnishaltigkeit von Kunst stand Madsack

wiederum der Erlebnisästhetik nahe. Das ästhetische Erlebnis, ein wichtiges

Bewertungskriterium Madsacks und ein Diskurspunkt, der in der vorliegenden

Untersuchung noch keine eingehendere Berücksichtigung gefunden hat, war nach 685 Alle Zitate: Erich Madsack: Christian Rohlfs. 24. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 107, 08.05.1919. 686 Beide Zitate: Erich Madsack: 27. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. Französische Malerei bis 1914. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 222, 21.09.1919. 687 Erich Madsack: XXVI. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 197, 23.08.1919. 688 Beide Zitate: Erich Madsack: Erich Heckel. 22. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 28, 02.02.1919. 689 Erich Madsack: XXIX. Sonderausstellung der Kestnergesellschaft. Lyonel Feininger. Paul Klee. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 298, 20.12.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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damaliger Auffassung gebunden an die Rahmenbedingungen, innerhalb derer es

evoziert wurde.690 Ähnlich wie die ästhetische Einfühlung war das Erlebnis abhängig

von Lust- und Unlustgefühlen. Dies setzte eine organische Repräsentationsweise mit

originär künstlerischen Mitteln voraus, die die tradierten, von der Lebensempirie

geprägten Sehgewohnheiten weder unter- noch überfordern durften. Die moderne

Erlebnisästhetik ging davon aus, dass der Künstler sein Erlebnis spontan durch

vollständige Ausgestaltung ins Werk setzte. Erlebnis- und Gestaltungsakt sollten im

Werk aufgehen.691

Den Expressionismus als Stilphänomen sah Madsack vor diesem Hintergrund eher

kritisch, „denn das (tragische) Pathos seelischer Spannung läßt sich nicht als

ästhetische Formel brauchen.“692 Ohne einen „optischen und konventionellen“, von

außen kommenden Anstoß schaffe die moderne Kunst „neue sinnliche

Erscheinungen“. So sei ein „Formalismus [...] entstanden, der voller geheimer Zeichen

von seelischer, von geistig dynamischer Bedeutung ist.“ Die Künstler, die die

expressionistische Ausdruckssprache „mit großem schöpferischen Eigenvermögen“

und „geschlossener Intensität“ gestalteten, erkannte Madsack als große und

bedeutende an. Sie schüfen Werke „ohne Manier und Zwang in Ausgeglichenheit“.693

Dementsprechend äußert sich Madsack anlässlich der dritten Ausstellung der

„Hannoverschen Sezession“ im Frühjahr 1920 missbilligend über die Auswahl v. a. der

progressiven Künstler sowie deren Werke. Die Wahl der Exponate sei zu uneinheitlich

getroffen, dem Besucher biete die Ausstellung wenig Anerkennenswertes, dafür sei

aber eine „Fülle des Mittelmäßigen oder gänzlich Unbrauchbaren“ aufzufinden. Die

künstlerischen Fehlleistungen aber, so der Kunstkritiker, würden in ihrem visuellen

Eindruck noch überboten durch die Merzwerke von Schwitters, die Madsack in dieser

Ausstellung zum ersten Mal sah:

„Man hat es für notwendig gehalten, die Pappdeckelnageleien von Kurt Schwitters, die hübsch verziert sind mit Schneiderwerkstättenkehricht und internationalem Emballageabfall ebenfalls in die Kestnergesellschaft zu hängen. Weshalb diese Dinge als Gemälde angesehen werden, bleibt immerdar dunkel: es ließe sich vielleicht mit Hilfe der Erfindung des Herrn Schwitters eine neue Spielwarenindustrie für große Kinder begründen, damit würde die Hannoversche Kunstpflege zugleich wesentlich entlastet.“694

690 Vgl. Madsack, E. 1919, Madsack, E. 1919.05.08 und Madsack, E. 1919.08.23. 691 Vgl. Willy Krogmann: Erlebnis. In: Kohlschmidt, Werner; Mohr, Wolfgang (Hgg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. 5 Bde. Bd. 1: a-k. Berlin u. a. 2001, S. 405–408, S. 406. 692 Erich Madsack: Bruno Krauskopf und Wilhelm Kohlhoff. In: Das Kunstblatt 3. Jg., H. 10 (1919), S. 305–306. 693 Alle Zitate: Madsack, E. 1919.02.02. 694 Beide Zitate: Erich Madsack: Die XXXI. Sonder-Ausstellung der Kestnergesellschaft. Hannoversche

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Madsack betrachtet die mit wertlosen Alltagsresten beklebten, gewöhnlichen und

trivialen „Pappdeckelnageleien“ im Kontext einer Ausstellung als Trivialisierung der

Kunst. Der Sinn der Merzwerke beschränkt sich für den Kritiker auf den eines

Spielzeugs „für große Kinder“. Der Kunstkritiker übernimmt hierbei Frerkings zehn

Tage zuvor kommunizierten Rekurs auf die Diskussion zum Infantilismus und ergänzt

den Vorwurf lediglich um ein Adjektiv. Diesem Phänomen stand Madsack ebenso

ablehnend gegenüber wie dem des Kitsches als einem Vorwurf, den der Kritiker mit

den Ausdrücken „Pappdeckelnageleien“ und „hübsch verziert“ implizit erhebt und damit

den oben beleuchteten, von Curt Glaser angestoßenen Kitschdiskurs tangiert. Mithin

grenzt auch Madsack die Merzmalerei scharf von der hohen ausstellungswürdigen

Kunst ab. Die Ablehnung beruht unmittelbar auf der sinnlichen Anschauung. Denn das

erlebnisästhetische Rezeptionsmodell der deutschen Klassik, an dem sich Madsack

orientierte, ließ sich nicht auf die Betrachtung der Merzkunst übertragen, da die

zeitgenössischen Rezipienten darin keine organisch geschlossene, der äußeren

Erscheinungswelt annähernd entsprechende Komposition erkennen konnten. Weil der

Merzmalerei diese geforderte malerische Illusion fehlt, hatte Schwitters’ Kunst für den

Kritiker keinen Kunstcharakter.

Der Künstlervereinigung der „Hannoverschen Sezession“ konnte der Kritiker auch in

einigem zeitlichen Abstand keinen besonderen künstlerischen Wert beimessen. Nach

anfänglichem Bestreben, eine einheitliche Gruppendynamik zu entfalten, seien die

Bemühungen im Ergebnis nicht über „Manieren“ hinausgelangt. Von einer

„besondere[n] künstlerische[n] Eigenart im Sinne einer irgendwie

zusammenhängenden ‚Kultur’ der Malerei mit positiven, gemeinsam erkannten Idealen

und Werten“ könne in Hannover auch weiterhin nicht gesprochen werden. Demgemäß

schreibt er in der Rezension zur vierten Ausstellung der Sezession, dass die

Gesamtwirkung dieser Werkschau ausgesprochen misslungen sei:

„Entartete und verfehlte Machwerke überwiegen. Von den pathologischen Merkwürdigkeiten eines Schwitters [...] ganz abgesehen, hat man auch im übrigen Mühe, aus der Fülle des Mißratenen und Verstiegenen die Leute herauszufinden, denen es um die Malerei wenigstens noch ernst ist, und auch nur das nötige Können besitzen, daß sie überhaupt verständlich zu reden vermögen.“695

Indem Madsack hier die Werkzusammenstellung der Avantgardekünstler nicht nur mit

abwertenden Begriffen umschreibt, sondern mit Wendungen wie „entartet“ und

Sezession. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 39, 15.02.1920. 695 Alle Zitate: Erich Madsack: 41. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 77, 03.04.1921.

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„pathologisch“ auch der sich langsam abzeichnenden verbalen Entgleisung und im

Laufe der 1920er Jahre zum gängigen Kritikervokabular gehörenden

Verunglimpfungen gegenüber abstraktem Kunstschaffen Rechnung trägt, schließt er

sich den Diffamierungsversuchen innerhalb des frühen Diskurses zur „entarteten“

Kunst an. Denn er rückt die Bilder und damit auch die Künstler in einen

psychopathologischen Zusammenhang. Der Begriff entartet, mit dem die

Avantgardekünstler im Dritten Reich verfemt werden sollten, ist bereits vereinzelt vor

dem Ersten Weltkrieg in den Feuilletons zu lesen. In den frühen Debatten zur

modernen Kunst fand er eine Vorformulierung in Gestalt der Dichotomie „gesund und

krank“, die von zahlreichen Hannoverschen Kritikern übernommen wurde. Die

Kennzeichnung als entartet war hier noch verbitterter Ausdruck für die gescheiterte

Illusion, die Kunst könne den Verlust sozialer und politischer Leitbilder durch

ästhetische Zerstreuung ausgleichen.696 Madsack rekurriert lediglich mittels

Schlagwörtern auf diesen Diskurs, während bei anderen Kritikern die von bildnerischer

Kohärenz abweichenden Gestaltungsprinzipien im Fokus ihres Urteils über abstrakte

Kunst standen und die Künstler, die sich dieser Gestaltungsweise bedienten, von ihnen

als „entartet“ denunziert wurden.697 Da eine derart als krankhaft bezeichnete

Abweichung von gegebenen Normen unerwünscht war, galt es für einige Gegner der

modernen Kunst, diese zu beseitigen.

Erich Madsack ging in seinen Feuilletonartikeln insgesamt nur zwei Mal auf die

Merzkunst ein. Das Wortmaterial, das der Kritiker in seiner Besprechung zur dritten

Sezessionsausstellung publizierte, sollte Schwitters zur Textgestalt der kollektiven,

auch an Adolf Schaer und Johann Frerking adressierten Antikritik „TRAN Nummer 7.

Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in Merzstil“ nutzen. Die ihn

denunzierende Rezension zur vierten Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“ von

Madsack indes ignorierte der Merzkünstler.698

1.2.5 Hein Wiesenwald / Silvanus In den im April 1920 veröffentlichten „Generalpardon“ fanden auch Artikel des

Feuilletonisten Aufnahme, der unter dem Pseudonym Hein Wiesenwald resp. Silvanus

für den Hannoverschen „Volkswillen“ schrieb.699 Der unbekannte Redakteur verfasste

für das Organ der Hannoverschen SPD als Hein Wiesenwald parodistische

Geschichten für den Unterhaltungsteil des „Volkswillen“, dessen Leserschaft

696 Vgl. Segal 1997, S. 60-64. 697 S.w.u. Kap. 1.5.1. 698 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52-53 und s.w.u. Kap. 2.1. 699 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 54.

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überwiegend aus dem Arbeitermilieu stammte. Die Zeitung sah ihren kulturellen

Auftrag darin, „dem Volksganzen im Sinne vergeistigter Kulturerneuerung“ zu

dienen.700

Den Bemühungen der neuen Kunstbewegungen begegnete der Feuilletonleiter des

„Volkswillen“ Albert Meyer sehr skeptisch. Zu den Aktivitäten seines ehemaligen

Mitarbeiters Christof Spengemann veröffentlichte der „Volkswille“ einige Polemiken.701

In Abgrenzung zu dessen Engagement für die neue Kunst, die im „Volkswillen“ als

nicht ernst zu nehmen wahrgenommen und ironisch kommentiert wurde, schreibt

Meyer:

„Aber der echten Kunst und allen ihren Richtungen nach dem Maßstabe ihres wahren bleibenden Wertes, der unabhängig von den Tagesmodeströmungen festzustellen ist, eine von persönlichen Launen freie sachbegeisterte Pflege zuteil werden zu lassen, das gehört in der Tat zu den Aufgaben des neuen Hannovers.“702

Die Schriftleitung setzte demnach auf eine Weiterführung der künstlerischen Tradition.

Eine ironisch-polemische Haltung nahm auch Hein Wiesenwald bezüglich der neuen

Kunst ein. Er publizierte zwei Parodien zu Schwitters’ Gedicht „An Anna Blume“ bzw.

zur Merzkunst im Frühjahr 1920. In der ersten Parodie unterhält sich der Verfasser

Wiesenwald im Rahmen eines fiktionalen Gesprächs mit Professor Dorenbusch, den er

zufällig in der Eilenriede Hannovers trifft, über die neueste Publikation des

Steegemann-Verlags: „‚Wiesenwald, haben Sie neulich im ‚Volkswillen’ das Gedicht

von der ‚Anna Blume’ gelesen, das dolle Ding? Wiesenwald, Mann des Volkes, was hat

Ihr gesunder Menschenverstand dazu gesagt? Ist es nicht ein Skandal?’“ Der liberaler

eingestellte Gesprächspartner Wiesenwald entgegnet, er habe sich darüber amüsiert

und Dorenbusch hält dem entgegen:

700 am. (= Meyer, Albert): Zwei hannoversche Zeitschriften für neueste Literatur und Kunst. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 293, 14.12.1919. 701 Spengemann, der als Redakteur künstlerisches und politisches Streben nach Neuem verknüpfte und die neue Kunst mit progressiven Mitteln unterstützte, stieß in der Redaktion des „Volkswillen“ nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend auf Ablehnung. In einem Brief an Albert Meyer forderte er den Feuilletonchef auf, nun endlich auch eine progressivere Position für die Avantgarde in Hannover zu beziehen. Gerade ein sozialdemokratisches Blatt habe die Aufgabe, in der Politik wie in der Kunst einen moderneren Standpunkt als die bürgerliche Tagespresse zu vertreten. Daraufhin wurde er Ende Dezember 1918 aufgrund seines radikalen Einsatzes und seines unkonventionellen Stils aus der Redaktion entlassen. In seinen unabhängigen Publikationen und seiner eigenen Ende 1919 gegründeten Zeitschrift „Der Zweemann“ ergriff er fortan jede Gelegenheit, gegen die konservative Kunstauffassung des „Volkswillen“ zu polemisieren, was wiederum in der sozialdemokratischen Zeitung Resonanz fand, vgl. Katenhusen 1998, S. 413-416, am. (= Meyer, Albert): „Die bildende Kunst im neuen Hannover“. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 237, 09.10.1919 und Meyer 1919.12.14. 702 Meyer 1919.10.09.

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„‚Na, schließlich ist alles schon mal da gewesen, und dieser junge Mann soll sich nur nicht einbilden, nun mit dem Vogel der ‚Anna Blume’ in der Neukunst den Vogel abgeschossen zu haben. [...] Wiesenwald, wissen Sie, was noch viel ulkiger ist als der Vogel der ‚Anna Blume’?’“703

Viel spaßiger sei es, „‚[w]enn so ein richtiger Vogel erst einen Vogel kriegt’“, so

Dorenbusch. Weiter erzählt dieser anschließend, um das eben Angedeutete

auszuführen, über das Werbe- und Nestbauverhalten des australischen Kragenvogels,

der „seiner Anna“ eine Liebeslaube baut:

„‚Wie unsere Kleinen zu Hause auf dem Tische aus schräg gegeneinandergestellten Streichhölzern einen Schuppen bauen, so stellt der Kragenvogel mit seiner Liebsten aus Reisig eine Art Schutzzelt auf, das ein Meter oder noch mehr lang wird. Vorn und hinten hat der kleine Baumeister eine niedliche Spitzbogentür gelassen, und mitten durch die Laube zieht sich ein langer, schmaler Gang. Ist der Rohbau fertig, dann wird der Zauber erst doll. Der Architekt Dr. Ing. Kragenvogel verwandelt sich nun in einen raffinierten Dekorateur und Tapezierer, der die Innenwände mit Stofftapete in Form von gleichmäßigen, grünen Grashalmen dicht und glatt bespannt. Hierauf entpuppt sich der vielseitige junge Mann als Mosaikkünstler, indem er den Boden seiner Liebeslaube mit weißen Flußkieseln pflastert und auf dem so geschaffenen Pflaster geschmackvoll kleine Steinhäufchen aufschichtet und dazwischen schmale Wege freiläßt, auf denen er sich in Liebeslust und -leid ergehen und vor seiner Anna scharwenzeln und dienern kann, und sich mit ihr am neckischen Haschespiel erfreut. In solchem Hochzeitshause darf es natürlich auch nicht an Fahnen, Schleifen und sonstigem Zierrat fehlen. Was der Liebestolle draußen im Busch an bunten Federn, knallroten Beeren und dergleichen aufstöbert, das schleppt er in seine Halle und steckt es an die Wände.’“704

Wiesenwald reagiert mit „Der Kragenvogel. Eine fast unglaubliche Geschichte“, so der

Titel des Feuilletonbeitrages, auf die vielen kurz kommentierten Abdrucke des ersten

Merzgedichtes von Schwitters in Tageszeitungen mit einer parodistischen Antwort.705

Er verbindet darin das literarische Vogelmotiv in der Preisfrage von „An Anna Blume“

mit Naturbeobachtungen und Erkenntnissen aus der Ornithologie. Bei der

Verhaltensschilderung des Vogels handelt es sich um eine authentische Beschreibung

der Gewohnheiten und Eigenarten von Kragen- oder Laubenvögeln, die im Binnenland

von Australien leben. Die scheuen Vögel errichten aus Reisig lange Laubengänge, die

sie, in der Art wie es Wiesenwald allerdings überpointiert schildert, in regelmäßiger

Anordnung ausschmücken.706 Wiesenwald überträgt diese Einsichten, die er einem

Eintrag aus dem „großen Dingsda“707, einem Konversationslexikon, entnommen hat,

703 Beide Zitate: Hein Wiesenwald: Der Kragenvogel. Eine fast unglaubliche Geschichte. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 7, 09.01.1920. 704 Alle Zitate: Ebd. 705 Vgl. z. B. Anonym 1919.11.26 und Anonym 1919.12.11. 706 Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon 2005/1905-1909, Art. Kragenvogel, S. 107995 (vgl. Meyer Bd. 11, S. 557). 707 Wiesenwald 1920.01.09.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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zunächst auf das poetologische Motiv und dann auf den Merzkünstler selbst. Wenn

Dorenbusch Schwitters einen jungen Mann nennt und Wiesenwald den Kragenvogel

ebenso bezeichnet, werden beide miteinander identifiziert. Mit der Schilderung der

Methode des Laubenbaues wird demnach Schwitters’ Materialsuche und -verarbeitung

parodiert. Dass der „liebestolle“ Kragenvogel in der Feuilletongeschichte für seine

„Anna“ mit dem Gesammelten eine „Liebeslaube“ schafft, legt dem Leser des

„Volkswillen“ nahe, den Artikel als erweiternde und interpretierende Parodie auf das

Merzgedicht und das Gedicht selbst als Liebesgedicht zu lesen. Durch die

Gleichsetzung des Kragenvogels mit Schwitters wird die beschriebene

Ausschmückung der „Liebeslaube“ zur Metapher für die Entstehung der Merzkunst. Die

Charakterisierung des Vogels als „Mosaikkünstler“ projiziert Wiesenwald somit auch

auf Schwitters und nimmt damit Rekurs auf den Diskurs zur Trennung zwischen hoher

Kunst und Dekoration innerhalb der Kunstkritik seit dem Aufkommen der abstrakten

Kunst.

Wiesenwalds zweite Parodie auf das Vogelmotiv in „An Anna Blume“ hat ebenfalls

einen authentischen Hintergrund. Sie ist der Vogelart Talegallus bzw. Wallnister

gewidmet und ebenfalls als Dialog zwischen Wiesenwald und Dorenbusch angelegt.708

In Dorenbuschs Bericht wird der Talegallus als „‚Nachbar[] des verrückten

Kragenvogels im australischen Busch’“ beschrieben. Wenn es für den Hühnervogel

Zeit werde, ein Nest zu bauen, „dann erweckt es dem streifenden Buschmann den

Eindruck, als wollte es sich, gleich den törichten Leuten Babel in der Ebene Sinear,

einen Namen über ganz Australien machen; denn es geht allen Ernstes an die

Errichtung eines babylonischen Turmes.“ Nachdem er die „Frauen seines Harems“ um

sich geschart habe, lässt Wiesenwald Dohrenbusch weiter ausführen, beginne der

Vogel mit dem Hausbau.

„‚Wie ein Besessener rennt er bald wieder um seinen Turmbau, schafft neue Baustoffe heran, fliegt hinauf und prüft Gleichmäßigkeit und Festigkeit der Stockwerke und ruht nicht eher, bis sein Turm eine Höhe von zwei bis vier Metern erreicht hat und der Umfang vier Meter und mehr beträgt.’“709

Ist der Turmbau beendet, sorge sich der Talegallus um seinen Nachwuchs:

„‚Nach einiger Zeit erwachen die Kleinen zum Leben, und die weiße Wand der schützenden Kammer wird ihnen nun zur ungemütlichen Gefängnismauer,

708 Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon 2005/1905-1909, Art. Wallnister, S. 207957 (vgl. Meyer Bd. 20, S. 352). 709 Alle Zitate: Hein Wiesenwald: Talegallus. Die zweifelhafte Geschichte eines schnurrigen Huhnes. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 47, 25.02.1920.

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welche durch die nach Freiheit strebende Jugend gesprengt werden muß. Bei diesen Sprengungsversuchen von innen beteiligt sich der freudig bewegte Vater von außen mit Umsicht und Vorsicht. Er leidet auch nicht, daß die Jungen in ihrem noch feuchten Daunenkleid sogleich aus dem warmen Brutofen auf die zugige Plattform des Turmes klettern. Mindestens zwölf Stunden hält er sie noch durch Zureden, Märchenerzählen und allerlei Gaukeleien hin, bis sie hinter den Ohren ganz trocken geworden sind.’“710

Wiesenwald verfährt hier wiederum nach dem in seiner ersten Parodie angelegten

Muster. Er greift auf die bereits oft zitierten, kunstkritischen Argumente der

handwerklichen Verfahrensweisen und Stilvermischungen der Avantgardekünstler

mittels metaphorischer Andeutungen zurück und persifliert damit die Merzkunst. So

kann der Turmbau auch als Sinnbild für die Selbsterhebung zum Künstler seitens

Schwitters’ gelesen werden. Die Sprengungsversuche der Jungen stehen dann

metaphorisch für die ästhetischen Grenzüberschreitungen des Merzkünstlers.

Unter dem Pseudonym Silvanus verfasste derselbe Autor Besprechungen von

Kunstausstellungen in Hannover. Neben zahlreichen intertextuellen Parallelen lässt

auch die Wahl der Pseudonyme auf eine Identität der beiden Autoren schließen.711 Die

mythologische Bestimmung von Silvanus als römischer Schutzgott des Waldes und der

Felder findet sich in dem Namen Hein Wiesenwald als Umschreibung seiner

Wirkungsbereiche wieder. In seinen Rezensionen zu Ausstellungen, in denen er meist

einen Besuch gemeinsam mit einem imaginären Bekannten oder in Begleitung seiner

ebenfalls imaginären Familie schildert, gibt Silvanus in der Ich-Erzählsituation und aus

der Perspektive vor Ort eine Unterhaltung mit seinen Begleitern wieder. Während er

eine offene und naive Haltung einnimmt, gibt sich sein Gesprächspartner dezidiert

kritisch, ähnlich der Rollenverteilung zwischen Wiesenwald und Dorenbusch.

Die dialogische Form der Kunstkritik erinnert an die Salonbesprechungen von Denis

Diderot, der seine Rezensionen als Dialog zwischen ihm und einem fiktiven

Gesprächspartner mit jeweils unterschiedlichen ästhetischen Positionen angelegt

hat.712 Auch die gelegentliche Bezeichnung der Ausstellungsbesprechungen von

710 Ebd. 711 Zwischen den beiden Autoren lassen sich folgende Analogien feststellen: Anspielungen auf literarische Quellen (Schillers „Lied von der Glocke“, vgl. Wiesenwald 1920.01.09; Bibel, vgl. Wiesenwald 1920.02.25; u. a. „Lied von der Glocke“ und Dantes „Göttliche Komödie, vgl. Silvanus 1920.02.10), auf Vogelmotive („Wandervogel“, vgl. Silvanus: Kleines Feuilleton. 88. Große Kunstausstellung im Künstlerhaus zu Hannover I. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 55, 05.03.1920 und Silvanus: Kleines Feuilleton. 88. Große Kunstausstellung im Künstlerhaus zu Hannover I (Schluß). In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 56, 06.03.1920; Meisen, vgl. Silvanus 1920.02.10; Meisen, Eichelhäher, Drossel, Kragenvogel, vgl. Wiesenwald 1920.01.09; Rekurs auf den Kragenvogel, Talegallus, vgl. Wiesenwald 1920.02.25) und in beiden Fällen heißt die Gattin des Feuilletonisten Friedericke, vgl. Wiesenwald 1920.02.25 und Silvanus 1920.02.10. 712 Vgl. etwa Denis Diderot: Salon von 1775. An meinen Freund Grimm. In: Denis Diderot. Ästhetische Schriften. Hrsg. von Friedrich Bassenge. 2 Bde. Bd. 2. Berlin 1984, S. 545-563.

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Silvanus als „Plauderei“ und der familiäre und ungezwungene Ton können als

Reminiszenz an Diderot gedeutet werden.713 Durch den dialogischen Aufbau seiner

Artikel erwirkt der Verfasser eine gezielte und direkte Vermittlung an seine Zielgruppe.

In einem narrativen Stil artikuliert Silvanus im Rahmen von Einzelbildbeschreibungen,

ähnlich wie Diderot, seine ganz persönlichen Assoziationen während der

Bildbetrachtung. „Es ist etwas Natürliches und Selbstverständliches, daß sich bei

häufigerem Besuch einer Kunstausstellung zwischen Beschauer und Bild ein gewisses

persönliches Verhältnis entwickelt.“714 Die Einfühlung und das Hineinträumen in die

Kunst gehen in den meisten Besprechungen soweit, dass die gedanklichen

Verknüpfungen als imaginierte Szenen in den Ausstellungsräumen konkret in

Erscheinung treten.715 Dass der Autor eine klassisch humanistische Bildung genossen

hat, zeigt sich in zahlreichen Anspielungen auf die Literatur des Altertums, der

Renaissance oder der Weimarer Klassik. Darüber hinaus machte Silvanus viele

Referenzen auf volkstümliche Dichtungen. Einmal zitierte er das Lebensmotto Johann

Gottfried Herders - „Licht, Liebe, Leben“ - und brachte damit seine eigene Forderung

nach Originalität anstatt mimetischer Darstellungsweise,716 nach der Überwindung des

Antagonismus zwischen Vernunft und Gefühl und nach lebens- und volksnahen

Ausdrucksformen zum Ausdruck.717 Demnach sah Silvanus Kunst als ein Resultat der

Zusammenführung von Erkenntnis des Gegebenen, von seelischen Empfindungen und

Können.718

In seiner parodistischen Rezension zur „Graphischen Ausstellung“ des Zweemann-

Verlages im Frühjahr 1920 schildert sich Silvanus eingangs auf einem Spaziergang

durch Hannover, wobei er einen alten Bekannten namens „Offen heraus“ trifft, der ihn

auffordert, ihn zu begleiten. Dieser gibt vor, ihn nach Babel el-Mandeb, dem Tor der

Tränen, mitzunehmen. Der Bekannte führt Silvanus in die Verlagsräume von Robert

Goldschmidt, wo dieser „ein kleines Laubengartenpförtchen“ öffnet. Dahinter offenbart

sich den beiden Ausstellungsbesuchern ein Anblick, den Silvanus zunächst nicht

713 Silvanus: Kleines Feuilleton. 33. Große Kunstausstellung im Künstlerhaus zu Hannover. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 104, 05.05.1920 und vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon 2005/1905-1909, Art. Diderot, S. 42238 (vgl. Meyer Bd. 4, S. 881) sowie Silvanus: Kleines Feuilleton. Ohne Katalog bei der Hannoverschen Sezession in den Räumen der Kestner-Gesellschaft. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 41, 18.02.1920. 714 Silvanus 1920.05.05. 715 Vgl. bspw. Silvanus: Kleines Feuilleton. Neukunst im Gewerbeverein am Georgsplatz zu Hannover. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 85, 11.04.1920. 716 Silvanus 1920.03.06. 717 Vgl. E. B. (= Bracht, Edgar): Herder, Johann Gottfried. In: Bondy, François; Frenzel, Ivo; Kaiser, Joachim u. a. (Hgg.): Harenberg. Lexikon der Weltliteratur. Autoren, Werke, Begriffe. 5 Bde. Bd. 3: Heb-Maq. Dortmund 1995, S. 1315–1316, S. 1315-1316. 718 Vgl. Kultermann 1998, S. 100.

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einzuordnen weiß. Mit seiner Deutung, wo er sich befinde, schwankt er zwischen

„Dantes Hölle“ und „Avalum“. Er wähnt sich schließlich im „Inferno“: „Ausgeburten der

Hölle glotzen und grinsen mich von oben an.“ Sein Begleiter klärt ihn jedoch auf: „‚Sie

befinden sich im neuen Kunsttempel der Neukunst! Sie sind in Bab el-Mandeb!’“ Im

ersten Teil ihres Rundganges sehen die beiden u. a. Werke von Otto Gleichmann,

Ernst Schütte und Max Burchartz und am Ende des Ausstellungsbesuches stoßen sie

auf Bilder von Schwitters:

„Nun noch ins Raritätenkabinett zu Kurt Schwitters! Jetzt wird mein Begleiter wild. Ich versuche ihn zu beruhigen: ‚Sehen Sie hier und dort: Geheimnisvoll und doch kindlich!’ ‚Jawohl’, platzt er los: ‚Einiges kindlich und mehreres kindisch! Nun sehen Sie sich nur in der Ecke rechts am Fenster das Herrenbild an!’ Er holt seinen Katalog aus der Tasche und liest: ‚Bildnis des Herrn X., Erfinder des Wechselsacksystems seligen Angedenkens’. ‚Famos’, sage ich, ‚hier haben Sie die Verstofflichung der Allegorie im Bildnis’. Er: ‚Ja, aber beim Kunstgenuß muß doch auch wieder Entstofflichung eintreten’ und damit zieht er sich in die äußerste Ecke der entgegengesetzten Wand zurück, so daß das Minarett der niedlichen, plastischen ‚Fata Morgana’ ins Schwanken gerät. Dort verharrt er minutenlang und starrt das Bildnis des Herrn X. an; dann kehrt er zu mir zurück mit dem Ergebnis: ‚Keine Kunst mehr, mein Lieber, noch nicht einmal ein eigener Gedanke, sondern bewußte oder unbewußte Umbiegung der Einfälle eines Pablo Picasso zur blutigen Grimasse.’“719

Auch dieser Feuilletonartikel enthält zahlreiche Verweise auf den Diskurs über die

Merzkunst. Silvanus übernimmt die von Kahnweiler gelenkte Rezeption des

Merzkünstlers als Picasso-Nachahmer und wirft Schwitters somit eine Verwässerung

kubistischer Verfahrensweisen vor. Mit der dialektischen Abwägung zwischen kindlich

und kindisch rekurriert er auf die Diskussionen über den künstlerischen Infantilismus

und spielt insbesondere auf dessen reine Ausprägung an.720

Die Zuschreibung des Merzwerkes zur Gattung der Porträtmalerei wird insofern zur

Satire der Merzkunst, als „Offen heraus“ das Bild als Hommage an den Erfinder eines

1901 neu eingeführten Müllentsorgungssystems deutet. Die Weissagung des

Untergangs Trojas in Homers „Ilias“ münzt Silvanus um auf das Ende des

Expressionismus - „‚Einst wird kommen der Tag, da der heilige Expressionismus

719 Alle Zitate: Silvanus 1920.02.10. 720 Vgl. Zahn 1920 (02), S. 84 und s.w.o. Kap. 1.1.1. Die dialektische Nennung von kindlich und kindisch ist in einer weiteren Ausstellungsbesprechung von Silvanus zu finden. Er macht darin eine Anspielung auf die Entstehungsgeschichte des ersten Merzgedichtes, über die Christof Spengemann zuvor geschrieben hatte: „Durftest du aber kaum Kind sein in deinen Kindertagen, ruht auf deinen Schultern gar die schwere Last höherer Schulbildung bis zum Maturium, und du gehst dann als Erwachsener durch die Gassen der Armen und bestaunst die Malereien und Schmierereien kleiner Patschhände an Planken und Mauern und läßt sie dir als Anregung zu neuen ‚Schöpfungen’ dienen, dann darfst du uns nicht böse sein, wenn uns deine neuesten Erzeugnisse nicht kindlich, sondern kindisch anmuten“, Silvanus: Kleines Feuilleton. 33. Ausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 116, 20.05.1920 und vgl. Christof Spengemann: Die Wahrheit über Anna Blume. Kritik der Kunst. Kritik der Kritik. Kritik der Zeit. Hannover 1920 (Nachdr. Berlin 1985), S. 16.

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hinsinkt, Kurtchen selbst, Silbergäule und Mystik fördernder Zweemann!’“721 - und

nimmt damit Rekurs auf die Diskussionen über das Ende des Expressionismus.722

Nach diesem Artikel ging Silvanus nur noch lapidar und sporadisch auf die Merzkunst

ein. In einer Rezension zur 88. Großen Kunstausstellung im Kunstverein, an der

Schwitters nicht beteiligt war, beklagt er sich im Stil Martin Frehsees über den

Stilpluralismus in der zeitgenössischen Kunst. Bisweilen, da die Rezipienten sowohl mit

ausdruckslosem Impressionismus als auch mit Werken von

„Neukünstlern zu rechnen haben, die uns trotz des fabelhaften Ausdrucks ihrer Schöpfungen durchaus keinen Eindruck machen können (und wenn sie sich auch bezüglich ihrer Sinnenzahl rühmen, es zu dem immerhin schon ganz erklecklichen Sümmchen von 27 gebracht zu haben) - so lange wollen wir in diesem Kampfe um die Kunst den lachenden Dritten spielen und dem Schönen, Erhebenden und Erschütternden nachgehen und es aufsuchen, wo es uns etwas zu sagen hat, wo es uns zum Erlebnis wird!“723

Als lachender Dritter distanziert sich Silvanus von dem zeitgenössischen

Kunstschaffen und bezieht eine idealistische Position. In Abgrenzung zum aktuellen

„Kampfe um die Kunst“ nennt er idealistische Kategorien wie sie sich in der Ästhetik

Kants finden.724

Mit Blick auf Schwitters’ Schaffen hebt der Kritiker in einer Besprechung der XIX.

Ausstellung der Galerie von Garvens, in der sich Silvanus letztmalig zur Merzkunst

äußerte, ein tragikomisches Moment hervor:

„Wir kommen zu Kurt Schwitters, zu Fridolin, dem getreuen Knecht einer inneren Stimme aus Kindheitstagen. Nichts Grausiges schreckt uns hier zurück; nein, überall treffen wir auf frohes, zufriedenes Sichbescheiden und Sichbesinnen. Es werden nicht alle, die in der Kunst noch etwas Hohes und Heiliges suchen, bei ihm auf ihre Kosten kommen [...] und auch etliche der von Formelkram und Tradition Niedergebeugten werden in seinem Schatten ein bescheidenes ‚Freiheit, die ich meine’ anstimmen können. Henry David Thoreau [...] schrieb vor fünfundsiebzig Jahren den Satz: ‚Jede Generation verläßt die Unternehmungen der vorigen wie gestrandete Schiffe.’ Diesem Satze huldigt Kurt Schwitters aus vollem Herzen: doch ab und an gelüstet’s ihn (wie einige Arbeiten ehemaliger Richtung zeigen) hinüberzurudern nach dem

721 Silvanus 1920.02.10. 722 S.w.u. Kap. 1.4. 723 Silvanus 1920.03.05. 724 Als schön definierte Kant ein Objekt, dessen Erscheinungsform nicht im Widerspruch zur Natur stehe, das „interesseloses Wohlgefallen“ erzeuge und eine kontemplative Rezeption ermögliche. Die „Vorstellung des Erhabenen in der Natur“, ausgelöst durch die Erfahrung des Großen, aber rufe eine Gemütsbewegung hervor, die einer „Erschütterung“ gleichkomme, Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 25904 (vgl. Kant-W Bd. 10, S. 181). Die Diskrepanz zwischen der Vorstellung von Erhabenheit als „Idee[] der Vernunft“ und ihrem Abbild evoziere, so Kant, eine Gemütsbewegung, die als Erlebnis wahrgenommen werden könne, ebd., S. 25881 (vgl. Kant-W Bd. 10, S. 166).

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alten Wrack, um dort zum Rechten zu sehen. [...] Seine dreidimensionalen Werke haben auf ihrem Werdegange das hochgebaute Morgentor des Schönen in weitem Bogen geflissentlich umschritten, um sich dafür durch das enge Pförtchen allerbescheidenster Anspruchslosigkeit zu zwängen [...] Der Schöpfer dieser Dinge ist und bleibt nun einmal der geborene Meister in allerlei Eisen-, Holz-, Textil- und Papierabfällen“.725

Silvanus spielt hier auf mehrere literarische Vorlagen an, um Schwitters ironisch zu

charakterisieren. Der Rezensent bezieht sich in der Bezeichnung Schwitters’ als

Fridolin auf Schillers Ballade „Der Gang nach dem Eisenhammer“, in der der kindliche,

ganz seiner Pflicht und Bestimmung ergebene Knecht als tragischer Held dargestellt

wird. In Ableitung der Eigenschaften der literarischen Figur wird Schwitters als Künstler

gedeutet, der ebenso treu wie der Protagonist Schillers an seiner Überzeugung

festhält, auch wenn er damit Gefahr läuft, einem Irrtum aufzusitzen. Mit dem

„bescheidenen ‚Die Freiheit, die ich meine’“ nimmt Silvanus Bezug auf das

romantische, 1815 erschienene Gedicht von Max Schenkendorf. Hierin bringt der

patriotische Freiheitskämpfer seine unklar vorgetragene Sehnsucht nach individueller,

religiöser und literarischer Freiheit zum Ausdruck. Der Deutungshorizont des Gedichtes

ist wegen seiner gedanklichen Unschärfe relativ offen für eine subjektiv-assoziative

Lesart,726 insofern zieht Silvanus eine Parallele zwischen der Merzkunst und dem

romantischen Gedicht. Ferner zitiert der Kritiker einen Satz aus Henry David Thoreaus

Roman „Walden, or life in the woods“. Thoreau galt als Sonderling und Individualist,

der bewusst auf Luxus verzichtete. In seinem sozialkritischen Roman thematisiert er

ein alternatives Lebensmodell im Einklang mit der Natur und kritisiert die

zivilisatorischen und industriell-produktiven Zwänge. Die Wendung an die

Generationen ist als Appell an die Jugend und als Misstrauensvotum gegen Vorbilder

oder die Älteren zu verstehen.727 Wenn Silvanus diese Forderungen mit der Person

Schwitters’ verbindet, hebt er ab auf die oft in der Kritik erhobenen Vorwürfe des

Antitraditionalismus.

In dem an Wiesenwald adressierten Abschnitt von „Tran Nummer 7. Generalpardon an

meine hannoverschen Kritiker in Merzstil“ wird Schwitters nur auf dessen frühe

Rezensionen und v. a. die beiden erwähnten Parodien eingehen, ohne jedoch die

Artikel des Kritikers als Hypotexte zu verwerten.

725 Sil (= Silvanus): Kleines Feuilleton. Abseits der Heerstraße. Zur XIX. Ausstellung der Galerie von Garvens. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 259, 14.11.1922. 726 Vgl. Michael Fischer: Freiheit, die ich meine, URL: http://www.liederlexikon.de/lieder/freiheit_die_ich_meine. 727 Vgl. M. Mat. (= Matzer, Michael): Thoreau, Henry David. In: Bondy, François; Frenzel, Ivo; Kaiser, Joachim u. a. (Hgg.): Harenberg. Lexikon der Weltliteratur. Autoren, Werke, Begriffe. 5 Bde. Bd. 1: A-Cli. Dortmund 1995, S. 2840–2841, S. 2840-2841.

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1.2.6 Paul Madsack Paul Madsack, der ältere Bruder von Erich Madsack und einer der Hannoverschen

Hauptkritiker Schwitters’, absolvierte 1910 ein Jurastudium an der Universität in Leipzig

und arbeitete anschließend als Jurist in Hannover u. a. auch für die väterliche

Verlagsgesellschaft. In Fischerhude und Worpswede nahm er eine weitere Ausbildung

zum Maler auf, die er 1913 in Paris anschloss. Die Kriegsjahre verbrachte Madsack in

Frankreich und Spanien, wo er sich der Malerei widmete. Nach Hannover

zurückgekehrt verarbeitete er die Erlebnisse des Krieges in seinem ersten Buch „Vae

victis“ und trat Ende 1919 in die Redaktion des „Hannoverschen Anzeiger“ ein, dessen

Feuilleton er von 1926 bis 1943 leitete.728 Nebenbei nahm er an Ausstellungen der

Kestner-Gesellschaft sowie des Kunstvereins in Hannover und im Kunstsalon Gurlitt in

Berlin teil.729

Als Kritiker plädierte er für eine Kunst, die äußeres und inneres Erlebnis, Realität und

Phantasie „in meisterhafter Verschmelzung“ veranschaulicht. Sie sollte weder nur

abstrakter und geistiger noch rein „naturalistischer oder materialistischer“ Art sein. Um

„künstlerische Illusionskraft“ so darzustellen, dass die Rezipienten eben diese

Ausdruckskraft so aufnehmen, wie sie motiviert war, bedürfe es eines hohen Maßes an

Individualität, an Klarheit und „logischer Notwendigkeit.“ Die Kunst könne auf

Anregungen aus dem physisch greifbaren Leben nicht verzichten, „weil erst das

Erleben in Wechselwirkung jene Kraft des Ausdrucks und der Wahrheit wachruft, die

auch in anderen die gleich starke Illusion hervorzurufen vermag.“ Bedeutende

künstlerische Leistungen könnten nur eigenständig und unabhängig von „Richtungen

und Zeitströmungen“ geschaffen werden und dokumentierten „den ungeheuren

Reichtum, die Phantasie und den vielseitigen Gedankeninhalt“ eines Künstlers. Das

künstlerische Ausdrucksvermögen sollte fortwährend weiterentwickelt werden, um

einem Erstarrungsprozess vorzubeugen. Ein großer Künstler schaffe instinktiv und

intuitiv und gelange so zu jeweils charakteristischen, individuellen künstlerischen

Lösungen. In seinen Kritiken kommunizierte Madsack darüber hinaus, dass ihm v. a.

an einer Möglichkeit zur Empathie und der Verständlichkeit der Kunst gelegen sei.

Demnach orientierte sich Madsack am Organismusbegriff der deutschen Klassik und

an deren Verdikt der Nachahmung fremder ästhetischer Eigenheiten. Ebenso wie sein

728 Zu seinem Wirken als Feuilletonkritiker und Kunstschaffender, vgl. Katenhusen 1998, S. 461-472. 729 Vgl. 1. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1918, Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1931 und Wilhelm Frerking: Ausstellung Hannoverscher Kunst in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 273, 02.10.1926 sowie Anonym: Kunst, Wissen, Leben. [Gemälde-Ausstellung Dr. Paul Madsack]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 76, 30.03.1919.

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Bruder folgte er auch deren Erlebnisästhetik. Dementsprechend skeptisch trat er den

Avantgardebewegungen entgegen: Und

„jene Ismen, die immer von Zeit zu Zeit in entgegengesetzter Richtung sich bemerkbar machen, sind nichts anderes als Brillen für die Schwachsichtigen, die aus eigenem Anschauungsvermögen nichts zu sehen vermögen, für den Künstler selber aber sind es höchstens nur Brücken, um das erstarrte Anschauungsvermögen wieder in Bewegung zu bringen.“730

Das, was Madsack am Expressionismus kritisierte, war die Einseitigkeit der

Gestaltung, die nur das innere, abstrakte, anderen unzugängliche Erlebnis

widerspiegele und den stimulierenden Anstoß von außen, den Gegenstand völlig

vernachlässige.731

So schreibt der Kritiker nach dem Besuch der expressionistischen Matinee im alten

Rathaus in Hannover, im Rahmen derer Rudolf Blümner Dichtungen u. a. von August

Stramm, Kurt Heynicke und Mynona vorgetragen hat, die Begabung Einzelner

innerhalb des Sturm-Kreises sei nicht anzuzweifeln, aber er müsse bekennen, „daß mir

das Meiste unverständlich ist, oder wenigstens nur insoweit verständlich ist, als ich das

Jaulen der Katze, wenn man sie auf den Schwanz tritt, sehr wohl verstehe, ohne die

Katze aber deswegen für eine poetisch angelegte Natur oder eine Expressionistin zu

halten.“ Aus der Perspektive der klassischen Literatur, die die Sprache mit den Regeln

der Grammatik und Semantik als verbales Kommunikationsmittel verwendete,

vergleicht Madsack demnach die Sturm-Dichtungen mit dissonanten, Schmerz

implizierenden Tierlauten.732

In diesem Sinne rezensierte er auch das Erscheinen des vierten Sturm-Bilderbuches,

das Schwitters gewidmet war. Die einzelnen Folgen der insgesamt sieben Sturm-

Bilderbücher erschienen als bibliophile Ausgaben und dienten der Popularisierung der

herausragenden Sturm-Künstler. Für diese waren die Bilderbücher ein öffentlicher

Ausweis für die Zugehörigkeit zu dieser Vereinigung. Das Sturm-Bilderbuch von

Schwitters beinhaltet neben Bildreproduktionen von u. a. Chagall, Delaunay, Geizes

und Klee, 15 Stempelzeichnungen sowie 15 Gedichte im Merzstil von Schwitters

selbst. Dem Vorwort von Otto Nebel - in dem er schreibt: „Zahlen und Buchstaben

bleiben rein bildhaft. Ihre Begrifflichkeit ist künstlerisch belanglos. An sich ist Schrift

730 Alle Zitate: pck. (= Madsack, Paul): Kubin-Ausstellung. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 243, 16.10.1921. 731 Vgl. ebd. und P. M. (= Madsack, Paul): Neue Literatur. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 100, 30.04.1921. 732 pck. (= Madsack, Paul): Expressionistische Matinee. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 288, 09.12.1919.

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graphische Spur eines Wortes. Im Merzbild wird Schrift wortloser Klang reiner Linien.

Begriffliches wird ausgemerzt“733 - folgt eine autobiografische Skizze von Schwitters.734

Hierzu merkt Madsack zunächst an, über das Schaffen des Merzkünstlers habe er

keine neuen Erkenntnisse mitzuteilen, denn „Herr Spengemann hat die tiefgründigen

Seiten dieses Problems bereits erschöpfend klargelegt.“ Nur müsse eingeräumt

werden, dass

„Bücher aber [...] ja gedruckt [werden], damit sie jemand kauft - und liest. Ich sinne nun, wer dieses Buch wohl kaufen und auch lesen könnte, ohne dadurch enttäuscht zu sein, und ich habe jetzt gefunden, wer in Frage kommt: die Neugeborenen. Sie müssen aber eben erst sozusagen aus dem Ei geschlüpft sein, um nicht schon selber zu deutliche und klare Vorstellungen zu haben. Ich denke mir die Neugeborenen, wenn sie zum ersten Male das Licht der Welt erblicken, wenn man ihnen dann das Sturm-Bilderbuch vorhielte, so glaube ich, daß in der Seele der Neugeborenen durch diese Bilder und gleichzeitiges Hersagen der Geschichte bereits ein recht erheblicher Kunstgenuß ausgelöst werden könnte.“735

Eindeutige, dem Werk immanente Sinnzuweisungen seien in den Werken im Merzstil

letztlich nicht gegeben, diese ließen sich nur über Assoziationen oder durch

Entschlüsselung des Zeichenhaften erschließen. Mithin handele es sich, so Madsack,

um eine an den Publikumsinteressen vorbei zielende Literaturform, eine rein

ästhetizistische, hermetische Erscheinung. Das Buch könne nur für ein kulturloses oder

von der Hochkultur noch nicht geprägtes Publikum gedacht sein, da die darin

enthaltenen Texte selbst von einem unterentwickelten Anschauungsvermögen

zeugten. Die Textcollagen widersprachen also Madsacks Literaturauffassung, wonach,

Goethe folgend, in der Kunst sich „Sinnlichkeit und Vernunft, Einbildungskraft und

Verstand“ wechselseitig durchdringen und zu einer geschlossenen Harmonie ergänzen

sollten.736 Der Kritiker reagiert in seinem Kommentar zudem auf das kunstkritische

Schlagwort Infantilismus. Wahrscheinlich übernimmt Madsack bei seiner Wertung das

Statement seines Bruders, der die Merzbildkunst als „Spielwarenindustrie für große

Kinder“ bezeichnete,737 überträgt es auf die Merzliteratur und steigert die Stoßkraft der

Aussage durch Übertreibung.

733 Otto Nebel: Kurt Schwitters. In: Sturm-Bilderbuch. Bd. 4. Berlin 1920, o. S., zit. nach Schmalenbach 1984/1967, S. 112. 734 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Kurt Schwitters. 735 Beide Zitate: pck. (= Madsack, Paul): Sturm-Bilderbücher. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 298, 19.12.1920. 736 Johann Wolfgang von Goethe: Ernst Stiedenroth. Psychologie zur Erklärung der Seelenerscheinungen. Erster Teil. Berlin 1824. In: Goethes Werke. Naturwissenschaftliche Schriften. Hrsg. von Ernst Trunz. 14 Bde. Bd. 13. 3. Aufl. Hamburg 1966, S. 41–43, S. 42 und vgl. Madsack, P. 1921.10.16. 737 Madsack, E. 1920.02.15.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Avantgardistische Dichtungen galten Madsack generell als „Abfallprodukte einer

literarischen Mode“738, weil hier die von ihm geforderte in Kunst transformierte

Synthese aus Phantasie und Vernunft aus seiner Sicht nicht deutlich wurde. Er deutete

die Lyrik der Avantgarde als

„Unter- und Uebergang, und Aufgang erst als fahler Schatten vorm Morgendämmer. Sie ist der Ausklang einer Kultur, die mit der Renaissance begann. Dieser Ausgang ist tragisch, und schmerzlich das Schicksal, das uns in ihm zu leben zwingt: da wir nichts besitzen, als diese Erkenntnis des Endes und noch nichts über den Ort der Neugeburt aussagen können.“739

Anders als bspw. Leo Rein und Silvanus, die mit ihrem Rekurs auf die These vom

Ende eines Ismus die Hoffnung auf einen Neuanfang im Sinne der Tradition

verbanden, fasste Madsack den Gedanken bezüglich der literarischen Abstraktion viel

weiter und konstatierte das Ende der anthropozentrischen Kultur.

Paul Madsack äußerte sich einmalig anlässlich der Publikation des Sturm-Bilderbuchs

über die Merzkunst. Schwitters wird diese Rezension mit dem sehr knappen

antikritischen Text „Tran Nr. 17. Der gefesselte Paul Madsack“ replizieren.740

1.2.7 Alois Vogedes Alois Vogedes war als Journalist an unterschiedlichen Orten, u. a. in Speyer,

Aschaffenburg, Heilsberg in Ostpreußen und um 1920 als Feuilletonredakteur in

Hannover bei der „Hannoverschen Volkszeitung“ tätig. Unter den Pseudonymen A.

Glitz-Holzhausen und Stefan Stamm veröffentlichte er Gedicht- und

Novellensammlungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg publizierte Vogedes 1947 die erste

umfassende Monografie über Peter Hille, nachdem er Ende der 1920er Jahre

begonnen hatte, den Nachlass des Dichters zu sichten.741

Die „Hannoversche Volkszeitung“ repräsentierte als Organ der Zentrumspartei, die den

politisch orientierten Katholizismus vertrat, die konservativ-liberale Mitte der

Gesellschaft Anfang der 1920er Jahre. Die Kulturredakteure der Zeitung hatten ein

durchaus ambivalentes Verhältnis zur modernen Kunst. Künstlern, die im Rahmen der

klassischen Kunst- und Literaturauffassung schufen, standen sie wohlwollend

738 Frank Thiess: Freiheit bis Mitternacht. Wien 1965, zit. nach Karl Riha: Hannoversches Lesebuch oder was in Hannover und über Hannover geschrieben, gedruckt und gelesen wurde. 1850-1950. 2 Bde. Bd. 2. Velber 1978, S. 249. 739 Madsack, P. 1921.04.30. 740 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 17 und s.w.u. Kap. 2.1. 741 Vgl. Literaturkommission für Westfalen (Hg.): Westfälisches Autorenlexikon 1750-1950, URL: http://www.lwl.org/literaturkommission/alex/index.php?id=00000003&letter=V&layout=2&author_id=00000915, Art. Aloys Vogedes.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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gegenüber. Denn Kunst galt ihnen im Sinne Goethes als „Verschmelzung von Form

und Gehalt“ und mit Kant als „Abbild seelischer Erregung“. Schriftkunst- sowie

Bildkunstwerke hätten eine „ganz unbekannte und eigentümliche Vertiefung“ der Ideen

und Vorstellungen zu veranschaulichen und sollten immer „Abglanz einer höheren als

der sinnlichen Schönheit“ sein, so ein Journalist der „Hannoverschen Volkszeitung“.742

Demgemäß wurden Werke mit abstrahierend-figurativer Ausprägung und harmonischer

Komposition als anerkennenswerte Kunstschöpfungen akzeptiert, rein abstrakte

Richtungen jedoch abgelehnt. Was die völlige Emanzipation von der

Wirklichkeitsabbildung betrifft, lasse sich der Künstler ohne äußeren Einfluss allein

„von dem eigenen lieben Ich“ anregen. Die künstlerischen Resultate zeigten dann

keinen „Zusammenhang mehr zwischen ihm und seinem Werk, zwischen Erlebnis und

Kunstwerk“. An dem Punkt, an dem das stimulierende Motiv und die „innere[]

Notwendigkeit“ vergessen würden, sei die Grenze des künstlerischen Werkes

erreicht.743

Insofern sei es bedauerlich, schrieb einer der Redakteure der „Hannoverschen

Volkszeitung“, dass Schwitters seine Ausdruckskraft „an lächerlichen Tändeleien

verschwende[]“. Das in den expressionistischen Bildern anfänglich gezeigte

schöpferische Vermögen „wäre zu ganz anderem fähig“. Die Merzkunst jedoch sei

bemerkenswert, weil „der Schöpfer der ‚Merzzeichnungen’, der ‚Dichter’ jener

berüchtigten ‚Anna Blume’, übrigens noch immer den Anspruch erhebt, ernst

genommen zu werden“, obwohl dadurch die Kunst zu einem „kindischen Bluff“

degradiert werde. Sein elliptisch formuliertes Fazit lautet: „Also ein hoffnungsloser

Fall.“744

Die literarischen Merzwerke wurden dem Leser der „Hannoverschen Volkszeitung“ als

ebenso unkünstlerische Erscheinungen vermittelt. Die in „Anna Blume. Dichtungen“

veröffentlichten Texte seien „‚sadistische[]’ poetische[] Ergüsse[] dadaistischer Art“.

Wegen ihres teilweisen montageartigen Charakters wurden die Merzgedichte als

„willkürliche[s]“ Zusammensetzen von Worten sowie als „bizarres Gefasel“ bezeichnet.

Da der Autor „denselben Gedanken keine fünf minutenlang halten kann, ohne daß ein

Nebengedanke dazwischen schießt“, galten die Merztexte als Ausweis für sein

kognitives Unvermögen.745 Innerhalb der Bücherreihe „Die Silbergäule“ nehme „Anna

Blume. Dichtungen“ wegen der Distanz zur konventionellen Literatur eine

Sonderposition ein, so heißt es in einer Rezension zum Sammelband in der

742 Alle Zitate: Anonym: Der Geist des Expressionismus. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 63, 23.03.1920. 743 Alle Zitate: R. T. 1920.02.28. 744 Alle Zitate: Ebd. 745 Alle Zitate: B-d.: Büchermarkt. „Die Silbergäule“. In: Hannoversche Volkszeitung, 11.01.1920.

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„Hannoverschen Volkszeitung“, neben expressionistischen Werken wie Carl

Hauptmanns „Lesseps“ und Victor Curt Habichts Mysterienspiel „Der Triumph des

Todes“, das trotz seiner expressiven Sprachhaltung formal der Tradition des Dramas

verpflichtet ist.746 Darüber hinaus wurde insbesondere das Gedicht „An Anna Blume“ in

der Hannoverschen Tageszeitung als Zeichen für die zerrüttete, gärende und

aufgewühlte Zeit gewertet.747

Diese Einstellung vertrat auch Vogedes, gegen den Schwitters eine Kritik der Kritik

richten sollte. Der Merzkünstler setzt in seiner Antikritik bei der Anerkennung seiner

Kunst als singuläre Erscheinung an, wie sie Vogedes in seinem Artikel „Der weiße

Reiter“ ausgesprochen hat, und wählt für „Tran Nr. 15. Die Durchschnittserscheinung

mit hellen Augen“ nach materialästhetischen Kriterien, Wörter und Satzfragmente aus

dem Zeitungsaufsatz Vogedes’ aus, die er zu einer antikritischen, die Textvorlage

verfremdenden Schrift neu zusammensetzt.748

Vogedes vergleicht eingangs in der von Schwitters replizierten Rezension zum 1920

von Karl Gabriel Pfeill herausgegebenen Sammelband „Der weiße Reiter“749 die

gegenwärtige künstlerische Situation mit den politischen Verhältnissen: „Auch im Reich

der Kunst haben wir es heute mit Bolschewisten und Spartakisten, mit Unabhängigen

und Demokraten zu tun, nur daß die Namen andere sind: Dadaisten, Futuristen,

Impressionisten und Expressionisten oder wie sie sich sonst nennen mögen.“ Aber wer

die Lage „hellen Auges“ überblicke, so der Kritiker, der bemerke bereits einige

Anzeichen der Klärung. Denn im „Kampf um die neue Kunst“ zeichne sich eine neue

Entwicklung ab. Insofern sei die häufig ausgesprochene Annahme irreführend, die

Gegenwartskunst sei ausschließlich „‚snobistische Verrücktheit, Bluff oder äußere

Geschäftsmache’“.750

746 Vgl. F. W-ck.: Neue Bücher und Zeitschriften. Die Silbergäule. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 300, 31.12.1919 und Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900-1918. Von der Jahrhundertwende bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (= Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart 9,2). München 2004, S. 484. 747 Vgl. F. W-ck. 1919.12.31. 748 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 15, S. 70 und s.w.u. Kap. 2.1. 749 Der Sammelband enthält Beiträge von Peter Bauer, Max Fischer, Romano Guardini, Karl Gabriel Pfeill, Maximilian Maria Ströter, Werner E. Thormann, Ernst Thrasolt, Franz Johannes Weinrich, Leo Weismantel, Konrad Weiss, Josef Winckler u. a. und Tafeln nach Hermann Cossmann, Ewald Dülberg, Josef Enseling, Karl Kriete, Ewald Malzburg, Jan Thorn-Prikker und Joseph Urbach. Mit dem Titel „Der weiße Reiter“ nahm Pfeill direkt Bezug auf den Almanach „Der Blaue Reiter“ und die künstlerische Anschauung der Künstlervereinigung, vgl. hierzu Bernd Feiler: Der Blaue Reiter und der Erzbischof. Religiöse Tendenzen, christlicher Glaube und kirchliches Bekenntnis in der Malerei Münchens von 1911 bis 1925. Diss. Univ. München 2002, URL: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3968/1/Feiler_Bernd.pdf, S. 34-46. Den Zusammenhang zum „Blauen Reiter“ als wichtiger Impulsgeber für die Abstraktion schien Vogedes allerdings nicht erkannt zu haben, denn er verurteilte den Expressionismus ebenso pauschal wie alle anderen Avantgardeströmungen. 750 Alle Zitate: Vogedes 1920.08.15. Die undifferenzierte Gleichsetzung von künstlerischen Neuerern mit politisch-revolutionären Bewegungen ist bereits im Ramdohr-Streit thematisiert worden, vgl. Friedrich

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Um ein ausnehmendes Beispiel für diesen Irrtum zu nennen, geht Vogedes kurz auf

Schwitters’ Merzgedicht ein:

„Das mag in Einzelfällen zutreffen, ich erinnere an Kurt Schwitters’ ‚Anna Blume’ und sein sonstiges dadaistisches Gestammel, sowie an seine Merzbilder. Daß derartige Erscheinungen der großen Sache ungeheuer schaden, darüber bin ich mir vollkommen klar, aber für das Irrenhaus reicht’s nach unseren gerichtlichen Bestimmungen noch nicht hin und das ist zu bedauern im Interesse der neuen Kunst, die sich ihre Wege bahnen wird.“751

Bei der literarhistorischen Einschätzung der Merzdichtung als dadaistische Literatur

folgt Vogedes offenbar, ebenso wie die übrigen Kommentatoren von „An Anna Blume“

in der „Hannoverschen Volkszeitung“, der Rezeption Steegemanns. Hinsichtlich der

äußerlichen Charakteristik der Merzdichtung als Schwachsinn oder profitorientierte

Irreführung nennt Vogedes gängige Schlagwörter der Kunstkritik gegen die

dadaistische Bewegung bzw. nimmt deren eigene Argumentationsfiguren aus ihren

Manifesten auf. Mit dem Bedauern über die ungenügende Gesetzeslage zur

gesellschaftlichen Ausgrenzung vermeintlich psychisch kranker Künstler referiert

Vogedes auf die Diffamierungskampagnen, die u. a. von Max Nordau propagiert

worden sind.

Neue, zukunftsweisende Bestrebungen hingegen sieht der Kritiker im „Jungrheinischen

Bund für kulturelle Erneuerung“, zu dem sich die katholische Jugend unter dem Namen

„Der weiße Reiter“ in Anlehnung an die Offenbarung Johannes’ und rekurrierend auf

Novalis’ Leitgedanken - „Europa hat keine Zukunft mehr, es sei den eine christliche“ -

1919 zusammengeschlossen hat. Dieser Bund stehe ein, so Vogedes weiter, für einen

künstlerischen Wandel auf der Grundlage wirklichkeitsbezogener „schöpferischer

Urtümlichkeit“, die der „Erneuerung des Menschentums“ folge. Er propagiere eine

entschiedene Rückbesinnung auf den Katholizismus, um dem gesellschaftlichen

Chaos durch „Tiefe, Klarheit und Ungebrochenheit“ entgegen zu wirken. Der

katholische Glaube bedeute für die Anhänger der Vereinigung eine entschlossene

Bejahung des Lebens und eine „tiefere gegenseitige Durchdringung von Geist und

Stoff, Sinnlichem und Seelisch-Übersinnlichem, von Gott und Mensch, von Zeit und

Wilhelm Basilius von Ramdohr: Über kritischen Despotismus und künstlerische Originalität, als Beantwortung der Bemerkungen des Herrn von Kügelgen über eine von mir herrührende Kritik eines Gemäldes des Herrn Friedrich. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 172–176, S. S. 175 und s.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. Nach dem Ersten Weltkrieg war dieser Gedanke in Gestalt der Dichotomie von links und rechts in der Kunstkritik wieder zu finden, vgl. u. a. Julius Bab: Große Berliner Kunstausstellung. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 153, 03.06.1922, Glaser 1920.05.22, Glaser 1919.04.30 und Osborn 1920.05.21. Das Aufkommen dieser Gedankenfigur fiel in die Zeit der Restauration in Frankreich nachdem der militärische Begriff Avantgarde von Henri de Saint-Simon auf progressive Kunstschaffende übertragen worden war, vgl. Barck 2000, S. 549. 751 Vogedes 1920.08.15.

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Ewigkeit“. Die Mitglieder von „Der weiße Reiter“ begriffen sich als Bahnbrecher einer

neuen christlichen Kunstanschauung. Auf der Basis des katholischen Mysteriums

rückten sie die christliche Idee durch die bildende Kunst und die Literatur in einen

neuen Fokus, so Vogedes.752

In seiner Rezension zum Sammelband konfrontiert der Kritiker die Merzkunst mit der

Kunst der religiösen Vereinigung und polarisiert so zwischen beiden Positionen. Auf

der einen Seite platziert er eine Vereinigung, die alte Werte lediglich neu konstituierte

und direkt an die Tradition der katholischen Literatur des 19. Jahrhunderts

anknüpfte.753 Auf der anderen Seite stellt er dem Leser einen entschieden

avantgardistischen Standpunkt als Negativbeispiel vor. Indem Vogedes Schwitters’

Schaffen der dadaistischen Bewegung zuordnet, kommuniziert er der Leserschaft der

„Hannoverschen Volkszeitung“, die Merzwerke implizierten eine Infragestellung aller

Werte. Insofern bietet er dem Leser ein Bild in Schwarz und Weiß und macht in

Schwitters den „führenden Geist“ einer radikalen Richtung aus, die in die Sinnlosigkeit

und Leere führe und damit der wahren Kunst schade. Mit der Bezeichnung der

Merzdichtung als „dadaistisches Gestammel“ und deren Konfrontation mit der

katholischen Literatur war Vogedes daran gelegen, seinen Lesern zu zeigen, dass

nicht Sinnnegation, sondern nur Sinnsuche und augenscheinliche Sinnvermittlung als

einzige Aufgabe der Kunst gelten könne. Eindeutige Sinngebung ist dem Kritiker also

ein maßgebender Ausweis für den Kunststatus eines Werkes. Dem christlichen

Glauben als Perspektive auf das Ewige sollte eine Kunst zur Seite gestellt werden, die,

ausgehend von ihren Wurzeln, das „eigentlich Lebendige in Natur und Übernatur“

abbilde.754 Im Gegenzug müsse eine vermeintlich künstlerische Ausübung, die auf

Unsinn abziele, unterbunden werden.

1.2.8 Kurt Brauweiler, Friedrich-Karl Kobbe und andere Kritiker von Merzabenden Innerhalb der Textgruppe der Tran-Schriften nehmen die Kritiker von Merzabenden

eine marginale Rolle ein, denn Schwitters reagierte nur auf jeweils einen

Feuilletonbeitrag von zwei Hannoverschen Rezensenten. Kurt Brauweiler war einer

dieser Kritiker. Er besuchte im Dezember 1921 als Redakteur des „Hannoverschen

Kurier“ Schwitters’ Merzabend in der Galerie von Garvens, über den er anschließend

im „Hannoverschen Kurier“ ein negatives Urteil fällte. Die Soireen, die Schwitters in

752 Alle Zitate: Ebd. 753 Vgl. Bernd Kortländer: Religiöse Dichtung am Niederrhein im 19. und 20. Jahrhundert. Über Kirchenlieder und Gesangsbücher. Ein Vortrag, URL: http://www.literatur-archiv-nrw.de/lesesaal/Essays/Bernd_Kortl_nder__Religi_se_Dichtung_am_Niederrhein_im_19__und_20__Jahrhundert/seite_1.html, S. 2. 754 Alle Zitate: Vogedes 1920.08.15.

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Hannover veranstaltete, fanden meist in kleinem oder privatem Rahmen statt. Daneben

organisierte er mit Raoul Hausmann und Theo van Doesburg größere

Veranstaltungstourneen.755 Zudem richtete er Merzabende u. a. in Dresden, Jena,

Hildesheim und Braunschweig aus.756 In der Regel trug Schwitters bei diesen Anlässen

Merzdichtungen wie „An Anna Blume“ oder „Die Zwiebel“ sowie sein Prosastück „Franz

Müllers Drahtfrühling“757, später auch die „Ursonate“ vor.758

Bei seinen Rezitationen wirke der Merzkünstler oft selbstüberheblich und polemisiere

gegen die Dada-Bewegung, so ein Kritiker.759 Die „kaleidoskopartige[] Nachahmung

der Alogik alltäglicher Lebenstatsachen“ in den Dichtungen wurde indes meist als

dadaistisches Charakteristikum gewertet.760 Und die „Art der Polemik, Parodie und

Selbstreklame“ wurde als Respektlosigkeit aufgenommen.761 Andere Feuilletonkritiker

betonten Schwitters’ Witz und Humor.762 Sehr oft wurde der Vorwurf des persönlichen

Profits erhoben oder er klang zumindest an.763 Einige Autoren verunglimpften den

Merzkünstler sogar durch die Mutmaßung, er sei verrückt.764

Während des Merzabends in der Galerie von Garvens vermittelte Schwitters dem

Publikum einführend die Unterschiede zwischen Dada und Merz, wie sie der

Merzkünstler etwa in „Merz. (Für den ‚Ararat’ geschrieben 19. Dezember 1920)“

festhielt,765 und rezitierte im Anschluss daran groteske Gedichte sowie Passagen aus

dem Fragment gebliebenen Roman „Franz Müllers Drahtfrühling“.766

Wie die meisten Rezensenten der Merzabende weist auch Brauweiler in seiner

Besprechung der Veranstaltung auf das kommerzielle Moment solcher Darbietungen

hin. Damit knüpft er an den Vorwurf der Profitorientierung an, der besonders von Felix

Neumann innerhalb des Schwitters-Diskurses thematisiert wurde. Die Kritiker konnten

dabei Rekurs auf Kritikpunkte nehmen, die seit jeher mit der Etablierung eines Marktes

und der Kommerzialisierung kultureller Güter einhergingen.767

755 Im September 1921 veranstalteten Schwitters und Raoul Hausmann die „Anti-Dada-Merz“-Tournee in Prag. Im Januar 1923 begann die mit Theo van Doesburg organisierte, vier Monate dauernde „Holland-Dada-Tournee“, vgl. hierzu Eric M. Beekman: Dada in Holland. In: Paulsen, Wolfgang; Hermann, Helmut G. (Hgg.): Sinn aus Unsinn. Bern u. a. 1982, S. 229–248. 756 S.w.u. Dokumentation der Merzabende. 757 Vgl. a 1921.02.22 und ab: [Kurt Schwitters-Abend]. In: Dresdner Anzeiger, 20.02.1921. 758 Vgl. Kobbe 1924.01 und Walter Tappe: Kurt Schwitters liest! In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 248, 23.10.1931. 759 Vgl. Anonym: „Antidada“-Abend. In: Unabhängige Volkszeitung, Dresden, 22.02.1921. 760 ab 1921.02.20. 761 F. Z. (= Zimmermann, Felix): Kurt Schwitters. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 86, 20.02.1921. 762 Vgl. ab 1921.02.20 und B. G. (= Gröttrup, Bernhard): Kurt Schwitters. In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 2. Jg., H. 7 (1921), S. 193. 763 Vgl. a 1921.02.22, Anonym 1921.07.05 und Kobbe 1924.01. 764 Vgl. Anonym: [Eigene „Dichtungen“]. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 24.04.1922. 765 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Merz, v. a. S. 77-78. 766 Vgl. Gröttrup 1921. 767 S.w.o. Kap. 1.1.3.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Brauweilers sehr knapper Kommentar zur Soiree in der Hannoverschen Galerie lässt

kaum erahnen, aus welcher Perspektive der Kritiker den Merzabend beurteilte. Seine

Abwehrhaltung rechtfertigt der Kritiker mit der Aussage, „Berichterstattung wäre hier

Mißbrauch der Pressefreiheit“ und daher verweigere er sich einer

„ästhetischen Kritik und öffentlichen Erörterung. [...] Ebenso pflegt selbst der Menschenfreund nur Minuten auf solche Veranstaltungen zu verwenden, in dem unseres Erachtens berechtigten Drang, seinen Weg in seiner eigenen Richtung zunächst fortzusetzen (Serz). Dieser Meinung war die Mehrzahl der Teilnehmer an der letzten Veranstaltung der Galerie Garvens nicht, die es im Gegenteil vorzog, durch schweigende Duldung Herrn Schwitters den Beweis zu liefern, daß seine Auffassung von der Konjunktur für Snobismus die richtige ist.“768

Eine Rezension zu einer Lesung von Hans Schiebelhuth, der im Juli 1921 Lautgedichte

in der Galerie von Garvens vorgetragen hat, ist für das Verständnis Brauweilers

Reaktion auf den Merzabend dagegen aufschlussreicher. Schiebelhuth hielt in seiner

spätexpressionistischen Dichtung weitestgehend an natürlicher Satzsyntax und

lexikalischer Wortbildung fest. Die Textsyntax in seinen Dichtungen hingegen ist

expressionistisch verfremdet, sodass sich semantische Bezüge innerhalb der

Satzfolgen nur assoziieren lassen. Diese Abweichungen von der natürlichen Sprache

bezeichnet Brauweiler als „Sprache ohne Direktion der Logik“, die wie ein „Kaleidoskop

und Artikulation“ wirke. Inhaltliches könne „nur durch den absoluten Gefühlswert der

einzelnen Glieder der Wortreihen und den Urwert der Worte“ sowie durch „die

Ausdrucksbedeutung der Laute selbst“ erschlossen werden.769 Brauweiler geht mithin

bei der Beurteilung von einer natürlichen oder klassischen Sprachtypologie aus, der

zufolge sich Form und Inhalt, Vernunft und Phantasie zu einer organischen Einheit

entfalten sollten.

Mit dieser Einstellung begegnet Brauweiler auch dem während des Merzabends

Dargebotenen. Unklar bleibt dabei allerdings, wie lange Brauweiler Schwitters’ Vortrag

über seine Ansichten zum Kern- und Huelsendadaismus zu Beginn der Veranstaltung

beigewohnt hat. Wie dem „Offenen Brief an Herrn Brauweiler“ von Schwitters zu

entnehmen ist, hat der Kritiker bereits nach zehn Minuten die Galerie verlassen.770

Falls er dennoch die Ausführungen zur Differenzierung zwischen den unterschiedlichen

Dadapositionen verfolgt haben sollte, dürften v. a. einzelne semantisch unsinnige

Inhalte des Merztextes seine Missbilligung gefunden haben. Passagen wie, „das

Abschälen vollzog sich unter lautem Geheul, Absingen der Marseillaise und Verteilen

768 Beide Zitate: Brauweiler 1921.12.08. 769 Alle Zitate: Beh. (= Brauweiler, Kurt): [Vorlesung Hans Schiebelhuth]. In: Hannoverscher Kurier, 09.07.1921. 770 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Antworten auf die Kritik, S. 93.

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von Fußtritten mit den Ellenbogen, eine Taktik, deren sich Hülsenbeck noch heute

bedient“ als Umschreibung von Huelsenbecks Trennung von Dada Zürich, müssten

angesichts der paradoxen Aufzählung der Trennungsumstände aus klassisch-

poetologischer Perspektive wie eine groteske Sinnverzerrung erscheinen.771 Aus der

Sicht der gehaltsästhetischen Rezeptionsweise verfehlten die Merzdichtungen daher

ihre Wirkung. Offensichtlich aber befand sich Brauweiler viel zu kurze Zeit unter der

Zuhörerschaft, als dass er ein umfassendes Bild von dem Vorgetragenen hätte

gewinnen können.

Die Unsachlichkeit seiner Haltung wird Schwitters Brauweiler in seiner

Gegendarstellung „Antworten auf die Kritik meines Abends bei Garvens am 8.12.1921“

zum Vorwurf machen und ihm entgegenhalten, es sei deplatziert, aufgrund

persönlichen Widerwillens öffentlich Kritik zu üben.772

Friedrich Carl Kobbe, ein weiterer Hauptkritiker von Schwitters, der sich negativ über

einen Merzabend äußerte, konkretisierte seine Vorbehalte avantgardistischen

Literaturveranstaltungen gegenüber stärker als Brauweiler, bezog aber eine ähnliche

Position wie der Redakteur des „Hannoverschen Kurier“. Kobbe war seit 1919 als

Feuilletonkritiker in Kassel, München und Braunschweig tätig, bis er 1930

Chefredakteur der „Hamburger Nachrichten“ wurde.773 Nach seinem Besuch des

Merzabends im Operettenhaus in Braunschweig im Januar 1924 veröffentlichte er

einen Bericht im „Hannoverschen Kurier“, in dem er Merz als Spielart des Dadaismus

definiert. Der Sachverhalt, dass die Bewegung noch existiere, so Kobbe, sei „als ein an

Trostlosigkeit nicht zu überbietendes Charakteristikum für eine Zeit und ihr Publikum“

zu betrachten. Beim Dadaismus handele es sich um „Charlatanerie, Spekulation

niedrigster Art auf das Portemonnaie des Hammelherden-Publikums“ und um „[e]ine

Gefahr, die man nicht unterschätzen sollte.“ Die Propagierung des Unsinns führe

letztendlich zur „Auflösung der Literatur“. Schlimmer aber als die Dadaisten seien die

Besucher solcher Veranstaltungen. „Sie gehen hin, um des Klamauks willen, und

spielen nachher die Dada gegenüber sittlich Entrüsteten.“ Auch Schwitters, der

„Charlatan“, profitiere von dieser Mentalität und habe sogar „seine Vortragsfolge in

771 Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 77. 772 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Antworten auf die Kritik und s.w.u. Kap. 2.1. Im Vergleich zu Brauweilers Rezension fiel der Bericht von Bernhard Gröttrup, des Herausgebers der dada-affinen Zeitschrift „Die Pille“ über denselben Merzabend aufgrund dessen avantgardistischer Haltung positiv aus. Er bezeichnet den Abend als ein „Fest“ und zeigt sich darüber „überrascht, wieviel buntes, keckes, lustiges, höhnendes, lachendes Leben in der Tiefe der Schwitterschen Dichtungen verborgen ruht.“ In seinem Kommentar reflektiert Gröttrup die Schwittersschen Paradoxien, wenn er schreibt die Gedankensprünge in der Merzdichtung zeigten eine „wohl abgerundete Schönheit, wie etwa der Vergleich eines buntgefärbten Ostereies mit dem üppigen Mädchenbusen in der Batikbluse“, Gröttrup 1921. 773 Vgl. Albert Knoll: NL/14 Nachlass Friedrich Carl Kobbe (1892-1957). Historisches Archiv, Bayerischer Rundfunk, URL: http://www.br-online.de/content/cms/Universalseite/2008/04/03/cumulus/BR-online-Publikation--107587-20080402132945.pdf, o. S.

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genauester Kenntnis einer Psyche jenes Publikums aufgebaut.“ Der Rezensent bringt

der Rezitationsweise Schwitters’ aber auch eine gewisse Beachtung entgegen, denn

der Merzkünstler „brachte seine durch alle Mittel und durch alle Effekte einer

traditionellen Literatur wirkenden Absurditäten mit einer Technik zum Ausdruck, die

frappieren konnte, und mit einem Elan, der, bisweilen, zündete.“774

Zum Schluss hin habe Schwitters „nur noch langweilig“ gewirkt. Des Weiteren geht

Kobbe auf die Ambivalenz zwischen „kleinbürgerliche[m]“ und dadaistischem Habitus

ein, die er bei Schwitters wahrgenommen hat. Zwar „zittert durch die jungenhafte

Stimme der Ton des Fanatikers“, dennoch hinterlasse er einen sehr melancholischen

Eindruck:

„Man geht von ihm wie von einem kranken Tier. Im Saal dann, inmitten der Klamaukmacher, hat man Mühe, sich zurechtzufinden, zurück zu sich selbst. Der Mann dort oben ist allein. Man möchte ihn um einer Sache willen totschlagen, und man möchte ihm die Hand reichen: Armes Luder!“775

Auch Kobbe thematisiert den Vorwurf der gewinnorientierten Ausrichtung solcher

Veranstaltungen, legt aber das Hauptgewicht seiner Kritik auf einen

massenphänomenalen Aspekt. Er weist mit warnendem Ton auf die

publikumswirksame Suggestivkraft von Schwitters hin, die dieser gezielt und bewusst

beim Auditorium zur Anwendung gebracht habe. Der Merzkünstler wird dem Leser

demnach implizit als geschickter Demagoge vermittelt. Die unterschwellig

psychologisierende Ablehnung gilt hier nicht nur dem Künstler allein. Das Publikum

wird im Kontrast zu dessen Person als unbewusste und unreflektierte Masse

dargestellt und als fremdbestimmte Hammelherde bezeichnet. Diese

Gegenüberstellung erinnert an die Versuche, Erkenntnisse der Massenpsychologie auf

die kulturelle Situation zu übertragen, wie sie sich bspw. in den Kritiken Curt Glasers

und Julius Meier-Graefes finden.776

774 Alle Zitate: Kobbe 1924.01. Kobbe veröffentlichte den Text nochmals leicht modifiziert im Hannoverschen „Volkwillen“, vgl. Anonym (= Kobbe, Friedrich Carl): Dada-Nachtvorstellung. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 25, 30.01.1924. Während Kobbe die Zugehörigkeit Schwitters’ zur dadaistischen Bewegung betont, geht Dr. H. U. in seiner Rezension zur gleichen Veranstaltung auf die Entwicklung des Merzkünstlers ein. Auch aus dessen Rezension geht nicht hervor, welche konkreten Werke an dem Abend vorgetragen wurden. Schwitters, so Dr. H. U., sei „von seinem einst so abgerittenen Holzpferdchen herabgestiegen [...] und [hat] auf irdischem Boden als solider Humorist debütiert.“ Seine „feuilletonistisch aufgeputzte[n] Grotesken“ seien nun weniger formlos und hätten inhaltlich komische und beißend-satirische Züge angenommen. Mit seinen den spießigen Kleinbürger verhöhnenden Stücken „greift [er] eine überwundene und nicht mehr zeitgemäße Kultur und Weltanschauung an“, Dr. H. U.: Kurt Schwitters’ Nachtvorstellung im Operettenhaus. In: Unbekannte Zeitung, 01.1924 (Quelle: Schwitters – Kladde „Kritiken“, vgl. Kocher/Schulz 2014, S. 510-511). 775 Alle Zitate: Kobbe 1924.01. 776 S.w.o. Kap. 1.1.1.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Schwitters wird auch diese Rezension erwidern und nimmt in seiner Antikritik „Tran 50“

Kobbes behauptete Subsumtion von Merz unter Dada zum Anlass, sich lautmalerisch

mit den unterschiedlichen dadaistischen Positionen auseinanderzusetzen.777

1.2.9 Wilhelm Lange Wilhelm Lange, ein weiterer Hauptkritiker von Schwitters, der sich einmal über die

Merzkunst zu Wort meldete, rezensierte in der „Göttinger Zeitung“778 eine Sturm-

Ausstellung, die 1922 im Göttinger Kunstverein am Geistor veranstaltet worden ist.779

In seinem Bericht über diese Ausstellung differenziert der leitende Redakteur der

„Göttinger Zeitung“ den Expressionismus als eine „geistige Bewegung“, die von

Künstlern wie „Nolde, Rohlfs, Heckel, Picasso, Modersohn, Nauen usw.“ getragen

werde, und als eine Erscheinung derjenigen Künstler, die sich dieses Etikettes lediglich

bedienten. Erstere hätten „mit den Salon-Kindereien geschäftstüchtiger Nichts-Könner

gar nichts gemein“. Der Journalist polemisiert gegen die Künstler der zweiten

Expressionistengeneration, die dem Prinzip der reinen Abstraktion folgten, und

positioniert sich für den klassischen Grundsatz des handwerklichen Könnens. Die von

der Wirklichkeit abstrahierende Darstellungsweise führe, so Lange, aufgrund der

wahrnehmbaren geistigen Auseinandersetzung mit der sinnlichen Welt zu

künstlerischen Resultaten. Die Pionierleistungen würdigend verwirft der Redakteur

jedoch das Schaffen der dem Frühexpressionismus nachfolgenden Künstler: „Erst kam

der Futurismus, dann der Kubismus, dann der Marinellismus [sic], dann der

Dadaismus, welcher zu den abgrundtiefen künstlerischen Offenbarungen des

Säuglingslallens hinabstieg.“780

Die Gruppe um Herwarth Walden, „Vater und Gott dieser Künstler-Gesellschaft“, finde

in seiner Person ihren „Lobredner“, der den „jeweils letzte[n] ‚dernier cri’“ der Kunstwelt

„reißerisch“, öffentlichkeitswirksam und „mit der nötigen Reklame“ als „höchste

Offenbarung“ vermarkte. Es sei lächerlich, eine ernstzunehmende Bewegung wie die

des Expressionismus erster Generation „mit den Abstrusitäten verkalkter Jünglinge“

777 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 50. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 178–181 und s.w.u. Kap. 2.3. 778 Aufgrund der örtlichen Nähe Göttingens zu Hannover und da keine weiteren Kunstkritiken zur Göttinger Sturm-Ausstellung vorliegen, wird Wilhelm Lange Schwitters’ Hannoverschen Hauptkritikern zugeordnet. 779 Der Kunstverein ging aus der „Vereinigung Göttinger Kunstfreunde“ hervor, die im Februar 1898 gegründet wurde. Erste Ausstellungen waren Hans Thoma und Max Klinger gewidmet. In den 1920er wurde der Kunstverein von Hermann Thiersch geleitet, der zahlreiche Werkpräsentationen u. a. von Lovis Corinth und regional tätigen Künstlern veranstaltete. In der heutigen Form besteht der Kunstverein erst seit 1968. Allerdings ist sowohl über die Sturm-Ausstellung als auch über die Aktivitäten des Kunstvereins in den 1920er Jahren kaum etwas bekannt. Der Kunstverein Göttingen wie auch das Stadtarchiv Göttingen verfügen über den Artikel Langes hinaus über keine weiteren Informationen zur Ausstellung von 1922. Für die Auskunft danke ich Herrn Ernst Böhme vom Stadtarchiv Göttingen und Herrn Helmut Wenzel vom Kunstverein Göttingen. 780 Alle Zitate: Lange 1922.03.03.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

176

verwässern zu wollen. Denn dabei handele es sich nur um „Produkte eines kindlichen

Intellektualismus, (günstigenfalls), häufig aber auch [um] eine geschäftstüchtige

Spekulation auf die Zeitgenossen“. Durch werbewirksames und lautstarkes Auftreten

vermittle der Sturm-Kreis dem Publikum in ihrem künstlerischen Wert zweifelhafte

Werke als Kunst. Die „Zeitschrift ‚Der Sturm’, im größten Format, fand als

ausgezeichnetes Witzblatt reißenden Absatz, wenn ihr textlicher Inhalt auch

meerschendeels aus Gedankenstrichen bestand und ihre Illustrierung verzweifelt an

die hochwertigen Klexographien aus den seligen Zeiten des ‚Guten Kameraden’

erinnerte.“ Lange betont die Reminiszenz an „Spemanns Illustrierte Knaben-Zeitung“,

eine unterhaltende Wochenzeitung, die von 1887 bis 1944 erschien und in der u. a.

Karl May publiziert hat, womit der Kunstkritiker auf den Trennungsdiskurs zwischen

Hoch- und Trivialkultur rekurriert.781

Daneben befinde sich unter den Sturm-Künstlern gelegentlich „ein nettes Talent“,

bspw. Kandinsky, der „aus einem inneren Reichtum und einer feinen Begnadung

heraus“ male. Das seinen Bildern eigene „Gefühl für klangschöne und reizvolle Farben“

verdiene im Gegensatz zu den „phantastische[n] Form- und Farborgien […] wenigstens

ein wenig Beachtung“. An der Avantgardekunst kritisiert Lange weniger die aus

traditioneller Perspektive neuartigen Darstellungsprinzipien, vielmehr übt er Kritik an

außerkünstlerischen Aspekten: „Der Mangel an Stofflichkeit, das Fehlen des Klar-

Inhaltlichen, das dem geruhigen Bürger so angenehm eingeht, das ist es also nicht,

was wir diesen jüngsten Ausschreitungen vorwerfen. Es ist etwas anderes: die

Disziplinlosigkeit, die lächerliche Aufgeblasenheit, die geistige Austrocknung, das

spielerische Hinwegtändeln über technisch künstlerische Probleme, das Haschen nach

reklamehaftem Effekt, das geltende Übertrumphen des Konkurrenten“. Zentraler

Wertungsmaßstab ist auch bei Lange das Herdersche Diktum, Kunst komme von

Können, womit v. a. handwerkliche Sauberkeit gemeint ist. „Wenn einer die besitzt,

wenn er eine anständige technische Leistung mit künstlerischer Intuition zeigen kann

und dann zu dieser eigenartigen Ausdruckssprache kommt, dann sei er ernst

genommen.“782

Die Verwendung kunstfremder Materialien für Ausstellungskunst betrachtet Lange als

Rückgriff auf handwerklich-mechanische Produktionsweisen:

„Sieht man sich z. B. Schwitters Arbeiterbild an, dessen Utensilien einer Müllablagerungsstätte entnommen zu sein scheinen, so ist heiteres Lachen noch die mildeste Kritik. Mag auch ein gewisser sympathischer Farbakkord im Gebilde liegen, so entschuldigt das doch noch keineswegs die

781 Alle Zitate: Ebd. 782 Alle Zitate: Ebd.

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177

Unverschämtheit, ein mit Stiefelsohlen, Papierfetzen, alten Brettern und dreckiger Watte zusammengepapptes und zusammengenageltes Sammelsurium als Kunst auszugeben. Gewiß ist das kleine aus Zeuglappen geklebte Dingelchen (im gleichen Saal am Fenster) ein nettes Ornament.“783

Schwitters wage es, das was einst als Handarbeit von „unsere[n] Mütter[n] und

Großmütter[n]“ gepflegt worden ist, „als Versinnlichung irgend einer konfusen

Geistigkeit auszustellen.“ Daher sei angemahnt, sorgsam zwischen schöpferischen

Künstlern und solchen, die derartige „Sächelchen dauernd fabrizieren“ zu

unterscheiden. Zwischen dem Expressionismus erster und zweiter Generation macht

der Kunstkritiker eine Konkurrenzsituation aus, wobei die nachfolgenden Künstler den

Versuch unternehmen, die älteren, anerkannten Leistungen in den Hintergrund zu

drängen. Als Beispiel für dieses „Übertrumpfen“ nennt er die Dramen „Gas“ von Georg

Kaiser und das Gedicht „An Anna Blume“ von Schwitters:

„Der Expressionismus oder besser gesagt: das, was die Vertreter dieser Richtung wollen (die wurzelechten, die Könner) - das hat mit dem Tam-Tam und den ornamentalen Floskeln derer um Walden gar nichts gemein. Ihr verhöhnt doch auch nicht Kaisers ‚Gas’, weil Schwitters Anna Blume, das tropfe Tier, besabbelt. Der mächtige, zeitlose, befruchtende Impuls in der sogenannten expressionistischen Bewegung wird nicht gekränkt durch die kindischen Extravaganzen unlauterer Wettbewerber oder halbidiotischer Bohemiens.“784

Langes Expressionismusbegriff ist sehr weit gefasst, wenn er darunter alle

Avantgardeströmungen wie auch Schwitters’ Kunst subsumiert. Indes akzeptiert er nur

das Schaffen der Künstler, die die klassischen Repräsentationsweisen zwar stark

vereinfachten, ihre Gefühls- und Erlebniswelt dennoch mittels figurativer, an der

Dingwelt orientierter Vergegenständlichung ausdrückten. Somit erweist sich auch

Lange als Exponent der Gehalts- und Erlebnisästhetik.

Lange nimmt in seiner Ausstellungsrezension mit Blick auf die Merzkunst Bezug auf

unterschiedliche Diskurspunkte. Wie viele zeitgenössische Kommentatoren bemängelt

auch er die Tendenz zum Ornamentalen durch semantische Undeutlichkeit und die

fehlende Bildkohärenz sowie den Fragmentcharakter der einzelnen Collage- bzw.

Montageelemente. Hinter der künstlerischen Haltung vermutet er eine „konfuse[]

Geistigkeit“. Mit diesem Argument bringt er psychologisierende Momente in seine

Rezension ein, wie sie von Paul Westheim und Wilhelm Weygandt ebenso genannt

worden sind. Wenn der Kunstkritiker von Fabrizieren anstatt von Schaffen spricht,

tangiert er erneut Argumentationsmuster anderer Kritiker zum Trennungsdiskurs

783 Ebd. 784 Alle Zitate: Ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

178

zwischen freier und industriell hergestellter, angewandter Kunst, und verknüpft implizit

mit diesem Vorwurf die Vorstellungen der Genieästhetik, die von einem schöpferisch-

geistigen Werkprozess ausging. Dies lässt sich auch auf die Floskel „die wurzelechten,

die Könner“ beziehen, mit der er auf die Debatten zur künstlerischen Dekadenz und

Entwurzelung innerhalb der zweiten Generation der Expressionisten anspielt.

Schwitters wird Langes Rezension mit einer langen Replik entgegnen, in der er v. a.

die Formulierung „wurzelecht“ als Vorlage zu einem mitunter entlarvenden,

sprachkritischen Spiel mit dem von Lange dargebotenem Wortmaterial nutzt.785

1.2.10 Alexander Dorner und andere Kritiker der XIX. Ausstellung in der

Galerie von Garvens Alexander Dorner studierte zunächst in seiner Geburtsstadt Königsberg Archäologie,

Geschichte und Philosophie, bevor er an der Berliner Universität sein Studium im Fach

Kunstgeschichte bei Adolph Goldschmidt abschloss. Seit 1919 war er als Volontär und

ab 1923 als Leiter der Gemäldegalerie am Hannoverschen Provinzialmuseum tätig.

Nebenbei lehrte er an der Technischen Hochschule Hannover und verfasste

Ausstellungskritiken für den „Hannoverschen Kurier“. Er war der erste deutsche

Museumsleiter, der der zeitgenössischen Kunst eine repräsentative Vertretung im

musealen Rahmen bot. Zu seiner großen Leistung zählte die Neuordnung der

Gemäldeabteilung des Hannoverschen Provinzialmuseums nach

entwicklungsgeschichtlichen und didaktischen Gesichtspunkten. In chronologischer

Reihenfolge ordnete er die Bilderhängung in den Sälen von den mittelalterlichen

Meistern bis hin zur zeitgenössischen Kunst. Vorläufiger Endpunkt dieses Rundganges

war das „Kabinett der Abstrakten“, das 1927 nach dem Entwurf von El Lissitzky

eingerichtet wurde. Dieser Raum beinhaltete Werke von Pablo Picasso, Fernand

Léger, Piet Mondrian, László Moholy-Nagy und El Lissitzky selbst. Für die

Gemäldesammlung erwarb Dorner auch zahlreiche Bilder von Schwitters.786

Für Dorner war der Grad der Loslösung von der künstlerischen Tradition entscheidend,

ob er das Werk eines Gegenwartskünstlers positiv oder eher negativ bewertete. Daher

nahm er den Rückgriff auf Vergangenes oder ein Verharren in einer einmal

785 Vgl. Kurt Schwitters: TRAN 25. Sämischgares Rindleder. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 108–114 und s.w.u. Kap. 2.2. 786 Bild mit großem P., Merzbild, Ankaufszeitpunkt unbekannt, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1356; Stubaital, Öl auf Leinwand, 1932 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 1829; Merzbild 28 B Kinderfrühling, 1923 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 599; 29/22, Merzzeichnung, 1929 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 1596; Ohne Titel (wird angezündet), Merzzeichnung, vermutlich 1926 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 1561; Mz 1926,52 Pee, Merzzeichnung, 1928 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 1421; Mz 1926,35 Rum, Merzzeichnung, 1928 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 1406; Mz 459. Zahlen., Merzzeichnung, 1929 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 1005; Mz. 395. Ein Erdbeben., Merzzeichnung, 1929 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 982; Mz 444, Merzzeichnung, 1924 erworben, vgl. ebd., WV-Nr. 998.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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gefundenen Darstellungsweise bei zeitgenössischen Künstlern skeptisch auf. In seinen

Rezensionen urteilte er als Kunsthistoriker aus entwicklungsgeschichtlicher

Perspektive. Die Wende vom Impressionismus zum Expressionismus, von der

Tendenz der Formauflösung zur völligen Abstraktion, kennzeichnete er als

„Teilerscheinung der Gesamtheit unserer Geistesentwicklung.“ Kunst resultierte für ihn

nicht mehr aus der Verschränkung von Naturstudien und der Auseinandersetzung mit

bereits vorliegenden künstlerischen Ergebnissen, sondern aus dem jeweiligen

zeitgenössischen Kontext, der Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften und die

Berücksichtigung gesellschaftlicher Veränderungen einschloss. Demnach habe jede

Generation ihre sich jeweils neu zu ergründende Sicht auf die Welt mit eigenen

künstlerischen Mitteln umzusetzen. Mit der Stilwende zur Abstraktion erhalte die Kunst

neue Funktionen, die darin bestünden, die Wiedergabe der Weltanschauung „in

Formen und Farben“ malerisch zu steigern und zu verdichten. Angesicht der

veränderten Wahrnehmung der Realität aufgrund neuer naturwissenschaftlicher

Theorien sei eine abbildende oder organische Sichtweise nicht mehr zeitgemäß. Diese

Veränderungen in der Kunst bewirkten, dass die Grundelemente der Malerei eine

eigenständige Bedeutung erhalten und losgelöst von Bildthemen gestaltet werden

sollten.787

Was die allgemeine Disposition der Kunst Anfang der 1920er Jahre betraf, bezog

Dorner eine eindeutige Stellung für die abstrakte Kunst. Ihr Ziel sei es, die Trennung

zwischen Kunst und Leben durch Einschließen aller wissenschaftlichen und

gesellschaftlichen Prozesse aufzuheben. Dorner richtete sich mithin gegen das

statische und autonome Kunstsystem der klassischen Auffassung und plädierte

dezidiert für eine prozesshafte, dynamische Kunstform. Mit seinem Kunstverständnis

setzte er bei der abstrakten Kunst an und orientierte sich am Suprematismus und v. a.

am Konstruktivismus.788 Der „aus überindividuellem Weltgefühl“ entstandene

Konstruktivismus stelle durch die Verquickung von Wissenschaft, Technik und

gesellschaftlicher Funktionen eine erste kulturelle Einheit her. Da sich die Kunst nun

endlich von allen traditionellen Momenten getrennt habe, komme der alte

Antagonismus zwischen Inhalt und Form nun zur Klärung.789

„Die abstrakte Bewegung will [die Gegenstände] von dieser äußeren Ordnung [von der perspektivischen Komposition] befreien und sich durch die Spannung ihrer inneren Werte untereinander gegenseitig halten, so daß sie frei im unendlichen Raum schweben. Die Körper mit dem Gewicht ihrer

787 Beide Zitate: Alexander Dorner: Emil Nolde I. Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 242, 24.05.1922. 788 Zum Ausgangspunkt und zur Entwicklung von Dorners Kunstbegriff, vgl. Wall 2003, S. 183-191. 789 Alexander Dorner: Kestner-Gesellschaft. Vortrag von Dr. v. Sydow. - Vereinsgabe. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 44, 27.01.1923.

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dreidimensionalen Masse, die Fläche mit ihrer Ausdehnung und die Linien durch die Energie ihrer Richtungen wachsen zu einem neuen Kosmos zusammen, der sich nur durch die Ausbalancierung dieser inneren Energien und ihre gegenseitige Durchdringung hält. Körper, Ebenen und Linien werden von der Erdoberfläche gleichsam ins All versetzt, wo auch die Massen und die Energieströme sich gegenseitig ausbalancieren und durchdringen. So entspricht der Weg dieser neuen Malerei durchaus den Vorstellungen, die die Erkenntnisse unserer modernen Naturwissenschaften geschaffen haben.“790

Und erst bei El Lissitzkys Werken bspw. handele es sich um einen „reinen

Expressionismus“ mit neuem, zeitgemäßem Inhalt, aus dem heraus der Künstler sein

eigenes neues Formenrepertoire entwickelt habe.791 Die Reduktion auf Grundfarben

und einfache geometrische Formen sowie die Verteilung der Formelemente auf der

Fläche bildeten die erstrebte, völlig neue Bildräumlichkeit, „eine allräumliche

Dreidimensionalität“.792 Dorner gelangte zu diesen Gedanken durch die Rezeption von

Lissitzkys Werk und Theorie unter besonderer Berücksichtigung seiner Raumtheorie.793

Ansetzend bei dem „Schwarzen Quadrat“ als ein paradigmatischer Nullpunkt in der

Kunstentwicklung schreibt Lissitzky in „Die Überwindung der Kunst“, das Werk von

Kasimir Malewitsch sei „nicht mehr länger ein Bild“, sondern eher als „Gebäude“ zu

umschreiben. An die Stelle der abbildenden Komposition trete die Bildkonstruktion, die

mit den elementaren Mitteln „Ausdehnung, Flächen, Linien“ gestalte, „zu dem Zweck,

ein System neuer Komposition der wirklichen Welt zu schaffen.“ Diese neue

Komposition bezeichnet Lissitzky als „Proun“. Der Name sei Ausdruck für die

„Überwindung der Kunst“, für die Aufgabe des statischen Werkbegriffs zugunsten einer

Objektform, die Lissitzky als „Station auf dem Weg der schöpferischen Gestaltung der

neuen Form“ begreift. „Proun komponiert nicht, sondern konstruiert“ einen unendlich

dreidimensionalen Raum, in dem die einzelnen Raumkörper so positioniert sind, dass

sie im Objektraum als optisch freischwebende Elemente erscheinen.794 Sowohl für

Lissitzky als auch für Dorner explizierte der neue Kunstbegriff nicht mehr die

künstlerische Gestaltung nach der empirischen Wirklichkeit, sondern die Gestaltung

der künstlerischen Wirklichkeit selbst. Dies erforderte aus ihrer Sicht eine Abkehr vom

Prinzip des l’art pour l’art und vom ästhetischen Subjektivismus. Im Zuge der

geforderten Zusammenführung von Kunst und Lebenspraxis nach

790 Alexander Dorner: Zur abstrakten Malerei. In: Rischbieter, Henning (Hg.): Die zwanziger Jahre in Hannover. Bildende Kunst, Literatur, Theater, Tanz, Architektur 1916-1933. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1962, S. 196–197, S. 196. 791 Alexander Dorner: El Lissitzky. Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 67, 09.02.1923. 792 Dorner 1962/1928, S. 197. 793 Als Rezeptionsvorlage für seine Theorie diente Dorner v. a. Lissitzkys Aufsatz „Die Überwindung der Kunst“, dessen Titel er für seine wichtigste kunsttheoretische, 1959 erschienene Schrift „Die Überwindung der ‚Kunst’“ nahezu identisch übernommen hatte, vgl. Wall 2003, S. 187, Anm. 285. 794 Alle Zitate: El Lissitzky: Die Überwindung der Kunst. In: Nobis, Norbert (Hg.): El Lissitzky 1890-1941. Retrospektive. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover. Frankfurt a. M. u. a. 1988, S. 70–72, S. 71.

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naturwissenschaftlichen Prinzipien, sollten sich Künstler von ihrer gesellschaftlichen

Isolierung befreien, indem sie sich analog zu gesellschaftlichen und kulturellen

Veränderungen weiterentwickelten.795

Demgemäß konstatiert Dorner anlässlich der XIX. Ausstellung der Galerie von Garvens

im November 1922, die Otto Gleichmann, Schwitters und Wilhelm Gross gewidmet

war, die Kunst befinde sich - nach der Wende vom Impressionismus zum

Expressionismus - erneut in einem Übergangsstadium: „Unsere Zeit hängt zwischen

einer ausgehenden Kultur und einer kommenden.“ Die Exponate der Ausstellungen

stünden hinter den progressiven Strömungen der Zeit zurück und würden im Vergleich

zum Konstruktivismus „das große Sterben“ darstellen, weil die Künstler noch mit alten

Darstellungsmodi operierten.796

Die für Dorner zeitgemäße, konstruktive Gestaltungsweise vermisst der Kunsthistoriker

bei Schwitters’ Werken, „wenn er Faßteile, Glasscherben und nun einen Holzgriff

vernagelt. Es bleibt bei einer Realienromantik für den Zimmergebrauch“, wofür es

angesichts der neuesten Entwicklung in der Kunst keine künstlerische Rechtfertigung

mehr gäbe.797 Die in der Ausstellung hängenden Merzbilder repräsentieren für Dorner

traditionelle Bilder im Sinne eines gerahmten Ausschnittes und der Fixierung von

Figuren auf einem Grund.798 Schwitters’ Merzbilder verschlössen sich der

Lebenspraxis, indem sie sich als Versinnbildlichung einer privaten Anschauung

genügten, anstatt Ausdruck eines überindividuellen Zeitgeistes zu sein, so der konkrete

Vorwurf Dorners. Das Montageverfahren in Kombination mit gemalten Bildpartien

qualifiziert er als „auch so können“-Methode ab. „Daß man heutzutage ‚auch so’ malen

muß, ist persönliches Pech und Pech faßt man eigentlich ungern an.“ Die auf

subjektiven und intuitiven Maßstäben fußenden und aus formal sowie farblich äußerst

heterogenem Material bestehenden Bilder erachtet Dorner als Chiffre romantischer

Lebensentfremdung. Sehr kryptisch spielt Dorner auf die ausgestellten, altmeisterlich

gemalten gegenständlichen Gemälde von Schwitters an:

„Daß man noch ‚so malen kann’, keine Herrlichkeit; daß man’s noch fertig bringt, traurig genug. Jedenfalls aber kein Gegenstand für Reklame. So kitschig empfindet kein Kunstpublikum. Auch der Primitivste fragt, woran glaubst du noch selbst? Und das ist immer ekelhaft, am ekelhaftesten beim Künstler. Es ist im übrigen immer dumm, nicht zu bekennen. Denn es gehört zum Selbsterhaltungstrieb in der Natur, daß nicht mal der Feind das lohnen kann.“ 799

795 Vgl. Wall 2003, S. 188. 796 Beide Zitate: Alexander Dorner: Galerie von Garvens. Gleichmann - Schwitters - Groß. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 518, 03.11.1922. 797 Ebd. 798 Vgl. Ausst. Hannover 1922 und s.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. 799 Beide Zitate: Dorner 1922.11.03.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Die Auswahl von naturalistischen Gemälden und Merzbildern neben kunstgewerblichen

Arbeiten erscheint Dorner inkonsequent. Daher betont er die Bedeutung einer

eindeutigen Positionierung für einen Kunstschaffenden, entweder für die Kunst im

zeitgemäßen Sinne oder für eine anachronistische Darstellungsweise.

Dorner nimmt hier einen Bruch zwischen Intention und Praxis wahr. Schwitters

propagierte in der Tat seine Merzkunst in seiner Theorie stets als progressiv und

wertete im Gegenzug die gegenständliche Malerei ab. Schwitters stellte oftmals in der

Provinz ältere, naturalistische Werke aus, um seine Entwicklung „von den

naturalistischen Studien bis zu den Merzabstraktionen“ zu demonstrieren.800

Naturstudien betrachtete er als unkünstlerische Übungen.801 Zum

Ausstellungszeitpunkt jedoch galten Schwitters die naturalistischen Bilder mittels

theoretischer Erweiterung von Merz zum Merz-Gesamtweltbild als integraler

Bestandteil seines Kunstkonzeptes. Dorner indes lässt diese theoretische Subsumtion

außer Acht und nimmt zwei diametral entgegengesetzte Positionen wahr, sowohl eine

überholte Haltung als auch eine progressivere Auffassung, die der Kunsthistoriker

beide gleichermaßen wegen seiner Forderung nach einer überindividuellen,

lebensrelevanten Kunstform ablehnt.

Dagegen lobt Dorner ältere Merzzeichnungen mit dem

„wahrhaft entzückenden, allerfeinsten Farbensinn, wie ihn Schwitters in seinen geklebten Bildchen hat. Und diese Farben sind zu Kuben zur höchsten Farben- und Raumwirkung konzentriert -, wahre Meisterwerke. Man muß ihn lieben, diesen eigentlichen Schwitters und weil man das von Herzen tut, so ärgert man sich auch von Herzen über den falschen Schwitters.“802

Der Kunstkritiker unterscheidet demnach zwischen Schwitters’ Assemblagen, die er als

bloßes dinghaftes, eine individualistische Anschauung zum Ausdruck bringendes

Sammelsurium bewertet und dessen Collagen, die seiner, an eine ganz spezifische

Raumbehandlung und an konstruktiv-gestalterische Mittel gebundenen

Kunstauffassung entsprechen. V. a. der Erweiterung des Prinzips der Collage zu einem

dreidimensionalen Materialbild gilt Dorners heftige Absage, weil sie der logischen und

konsequenten „Entwicklung des menschlichen Geistes“ widerstrebe.803 Während er

das konstruktiv-geordnete Übereinander der Flächen und die Farbgebung der

800 Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 74. Anlässlich einer Kollektivausstellung in der Galerie von Hans Goltz in München im Januar 1921 beschreibt Schwitters diesen Prozess ausführlich in diesem Artikel für die Zeitschrift „Der Ararat“. 801 Vgl. Schwitters 1974, S. 261, Brief an Katherine S. Dreier vom Januar 1947. In einem Tran-Text schreibt Schwitters, „man kann solche Naturstudien nicht als Kunst bezeichnen“, Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22, S. 98. 802 Dorner 1922.11.03. 803 Alexander Dorner: Zur 75-Jahr-Feier des Provinzial-Museums. Festwünsche der Museumsleiter. Die Kunstsammlung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 473, 09.10.1927.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Merzzeichnungen als gelungene Symbiose und als Ansatz zur Überwindung der alten

Raumordnung erkennt, sieht er die Übertragung der Grundidee auf die Merzbilder ins

Absurde geführt. Dem Bildbegriff verhaftet, der eine konstruktivistische Organisation

räumlicher Verhältnisse einschließt, erfasst Dorner das Prinzip der Merzkunst nicht. Er

befindet, dass die allgemeine und universelle Intention der neuen Kunst nach freiem

Oszillieren der Elemente im unendlichen Raum dabei missachtet werde. Da die

Gegenstände in den Merzbildern „vernagelt“ seien, könnten die Bildelemente nicht

ausbalanciert werden und sich so gegenseitig durchdringen. Für Dorner widerspricht

v. a. die Nageltechnik der Assemblagen dem allgemeinen Stilwollen. Somit liegt für ihn

diese Verfahrensweise außerhalb des von ihm aufgezeigten Entwicklungsprozesses

der jüngsten Gegenwart, denn er beurteilt die technischen Belange im Zusammenhang

mit den universellen Tendenzen, berücksichtigt aber nicht das bisher geschaffene

Gesamtœuvre Schwitters’ einschließlich der theoretischen Reflexionen.

Insbesondere die Differenzierung zwischen Merzzeichnungen und -bildern seitens

Dorners sollte Schwitters zur Reaktion in Form eines Tran-Textes veranlassen. In der

gegen den Kunsthistoriker gerichteten Antikritik „Tran 31“ diente dem Merzkünstler

dessen Ausstellungsrezension im Sinne der Merztheorie als „Abfallprodukt[] des

Lebens“ zur „künstlerische[n] Formung“ für einen „hochwertigen Tran“.804

Die in der XIX. Ausstellung der Galerie von Garvens präsentierten ungleichen

künstlerischen Positionen von Schwitters wurden in Hannover unterschiedlich

aufgenommen. Weniger ablehnend als Dorner macht auch Bernhard Gröttrup auf

diesen Widerspruch anlässlich derselben Ausstellung aufmerksam. „Wohl als

bürgerliches Leumundszeugnis: seht ich kann auch was im landläufigen Sinne, hängen

da noch 2 konventionelle Bilder, die Kurt Schwitters als sehr talentierten Porträtmaler

ausweisen“.805 Hans Thies hebt in seiner Rezension der Ausstellung der Galerie von

Garvens das ausgeprägte Gefühl für Farben bei den Merzwerken lobend hervor, das

dem Laien erst im Vergleich mit den Gemälden verständlich werde.806 Anlässlich der

92. Ausstellung des Hannoverschen Kunstvereins greift Albert Buesche Dorners

geteilte Einschätzung von Schwitters’ Schaffen wieder auf: „Seine ‚Studie aus

Degenbostel’ ist ein gutes unbedeutendes Bild, vom wahren Schwitters ist darin keine

Spur.“807 Wilhelm Frerking hingegen bezeichnet dieselbe Studie als „einfach und

804 Kurt Schwitters: Tran 31. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 118–119 und s.w.u. Kap. 2.2. 805 B. G. (= Gröttrup, Bernhard): XIX. Ausstellung in der Galerie von Garvens 1. Oktober bis 22. November. Otto Gleichmann, Kurt Schwitters, Wilhelm Groß. In: Gröttrupsche Illustrierte Zeitung. Ausgabe 10, 1922. 806 Hans Thies: Phantastisches Hannover. In: Niederdeutsche Zeitung, 21.10.1922. 807 Albert Buesche: Die Frühjahrs-Kunstausstellung II. Landschaften. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 117, 09.03.1924.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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markig“, sowie als „solide und wirkungsvoll gemaltes Landschaftsbild“.808 Insbesondere

hierbei fällt auf, dass die konventionellen Gemälde Schwitters’ von fortschrittlichen

Kritikern eher negativ und als unvereinbar mit dem avantgardistischen Anspruch

eingeschätzt wurden, während eher konservative Journalisten, die seine abstrakten

Arbeiten nicht ernst nahmen, sich erstaunt zeigten, dass der Merzkünstler auch

konventionelle malerische Techniken beherrschte.809

Zur XIX. Ausstellung der Galerie von Garvens im November 1922 verfasste ein

weiterer, anonym zeichnender Redakteur des „Hannoverschen Anzeiger“ eine knappe

Rezension, zu der Schwitters eine Entgegnung planen sollte.810 Der Kritiker urteilt aus

einer klassisch-organologischen Auffassung heraus. Die abstrakte Malerei mit ihrer

inkohärenten und dissonanten Gestaltungsweise bewertet er demzufolge als

unkünstlerische Haltung. Der Autor schreibt, „ein Trisolium hannoverscher Künstler“

zeige seine Werke in der Galerie von Garvens, wobei Gleichmann der einzige sei, der

die Bezeichnung „Künstler“ verdiene. „Denn Kurt Schwitters will es mit seinen

‚Merzbildern’, die ja populär genug sind und näherer Charakterisierung kaum bedürfen,

nicht sein“.811 Er attestiert dem Merzkünstler somit implizit eine antikünstlerische,

dadaistische Haltung, wie das viele andere Kommentatoren Schwitters ebenso und

weiterhin unterstellten.812

Sowohl Alexander Dorner als auch der Journalist des „Hannoverschen Anzeiger“

sprachen dem Schaffen Schwitters’ ästhetischen Charakter ab. Während Dorner die

Exponate des Merzkünstlers wegen ihres Mangels an konstruktiver Gestaltung

kritisierte, subsumierte letzterer die Werke unausgesprochen immer noch unter eine

808 Beide Zitate: W. Fg. (= Frerking, Wilhelm): 92. Kunst-Ausstellung V. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 99, 08.04.1924. Für einige Hildesheimer Kritiker erbrachten die naturalistischen Werke, die sie in der Merz-Ausstellung im März 1922 im Roemer-Museum in Hildesheim - eine Überblickschau über Schwitters’ bisheriges Schaffen - sahen, ebenfalls den Beweis des handwerklichen Könnens, wohingegen sie die Avantgardewerke ablehnten, vgl. Br.: Ausstellung „Kurt Schwitters“ im Roemer-Museum. In: Hildesheimer Volksblatt, 29.03.1922 und J. S.: Kunst und Wissen. Ausstellung „Kurt Schwitters“ im Roemermuseum. In: Hildesheimer Zeitung, 12.04.1922. 809 Zu diesem Aspekt vgl. auch st. (= Steglich, Rudolf): 92. Große Kunstausstellung des Hannoverschen Kunstvereins. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 64, 15.03.1924, Wilhelm Frerking: Juryfreie Kunstausstellung II. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 299, 28.10.1925, V. (= Voss, Kurt): Die erste „Juryfreie“. Herbstausstellung im Kunstverein II. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 519, 05.11.1925 und V. (= Voss, Kurt): Die Herbstausstellung im Kunstverein. Hannoversche Künstler im Künstlerhaus. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 510, 31.10.1933. 810 Vgl. Kurt Schwitters: Tran 32. Ein Künstler, der es nicht sein will, unveröffentlicht, o. D. (nach 12.11.1922). (Quelle: Schwitters – Kladde „8uur“, s. Kocher/Schulz 2014, S. 436-437 und s.w.u. Kap. 2.2. 811 Anonym: [In der Galerie von Garvens]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 267, 12.11.1922. 812 Vgl. hierzu Br. 1922.03.29, Anonym: [Merz]. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft. Ausgabe 63, 29.03.1923, Kobbe 1924.01, Heinz Jansen: Dadas Geburt und Tod. In: Hellweg. Westdeutsche Wochenschrift für deutsche Kunst 5. Jg., H. 10 (1925), S. 171–173, S. 171 und 172, Erdmann-Czapski 1926, S. 218, Neumann 1926, Albert Soergel: Dichtung und Dichter der Zeit. Neue Folgen. Im Banne des Expressionismus. Leipzig 1927, S. 623 und Dr. Ra.: Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 247, 23.10.1931.

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nicht mehr aktiv bestehende Bewegung, von der sich Schwitters schon mehrfach

distanziert und im Gegenzug seine rein künstlerische Intention betont hatte.

1.2.11 Schwitters’ Hannoversche Fürsprecher Neben all den Hannoverschen Hauptkritikern fand Schwitters in Christof Spengemann

einen Fürsprecher, der dem Merzkünstler in den Zeitschriften „Der Cicerone“ und „Das

Hohe Ufer“ sowie in seiner eigenen Zeitschrift „Der Zweemann“ und unabhängigen

Veröffentlichungen zur Publizität verhalf und ihm ein zeitgenössisches Forum für seine

Arbeiten bot. Der Werbegrafiker, Verleger, Kunstkritiker und Schriftsteller Spengemann

war seit 1908 bis 1918 als freier Mitarbeiter des Hannoverschen „Volkswillen“ tätig.813

Später schrieb er, häufig unter dem Pseudonym Christof Immergrün, für das

„Hannoversche Tageblatt“ Ausstellungsberichte und Glossen. Gemeinsam mit Theo

van Doesburg, Tristan Tzara und Schwitters verfasste er das „Manifest Proletkunst“.814

In seinen Publikationen setzte er sich für die neue Kunst und eine an dieser

orientierten Kunstpolitik ein. Spengemann vertrat einen mystisch verklärenden

Kunstbegriff, der sich in einigen Punkten mit dem von Schwitters deckte und punktuell

eng verwandt mit der Sturm-Theorie war. Auch er folgte der Auffassung des l’art pour

l’art ohne moralischen Anspruch. „Kunstschaffen hat konkrete Ziele und Schulmäßiges

überwunden.“815 Gemeinsam mit dem Merzkünstler war ihm, Kunst und Leben als

Identität zu betrachten. „Kunst ist gesteigertes Leben. Verschärftes Spiegelbild.“816

Kunst entstand nach Spengemanns Verständnis immer zunächst aus einer durch ein

Erlebnis hervorgerufenen Emotion und durchlaufe insgesamt drei Entstehungsphasen.

An diese erste emotional bestimmte Phase, innerhalb derer der Künstler eine „geniale

Intuition“ empfange, schließe sich eine zweite, in der das Gefühl den Künstler durch

einen inneren Zwang zum Ausdruck dränge. Die letzte Werkphase bestehe aus der

Geburt des Kunstwerkes, die sich mittels „Verstand und Technik“ als äußerliche

Phänomene vollziehe.817 Auf diesem immer emotional bestimmten Weg entfalte sich

ein Kunstwerk „unter dem Zwange der Naturnotwendigkeit“, das somit jeglichem

Dogmatismus fern stehe. „So ist die Reihenfolge: unbewußtes Gefühl - bewußtes

Gefühl - Verstand und Technik, gefühlsmäßig gehandhabt“, die Spengemann als „das

813 Zum Wirken Spengemanns in Hannover, vgl. Katenhusen 1998, S. 395-440. 814 Vgl. Theo van Doesburg; Kurt Schwitters; Tristan Tzara u. a.: Manifest Proletkunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 143–144. 815 Christof Spengemann: Kritik als Tat. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 10 (1919), S. 294–295, S. 295. 816 Christof Spengemann: Junge Kunst. In: Das Hohe Ufer 1. Jg., H. 1 (1919), S. 25–26, S. 25. 817 Beide Zitate: Christof Spengemann: Kunst, Künstler und Publikum II. Werkaufstellung. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 24 (1919), S. 804–807, S. 805.

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Naturgesetz der organischen Werkentstehung“ bestimmte.818 Für den

Expressionismus, der die objektbezogene Auffassung des Impressionismus

überwunden habe, habe der Gegenstand keinen eigenständigen Wert mehr. Der

expressionistische Künstler „will selbst gestalten, will nicht als endgültig übernehmen,

was von der Natur, durch eine Situation oder sonstwie schon gestaltet wurde.“819

Dementsprechend und im Sinne der Theorie Schwitters’ bewertete Spengemann

montierte Bildwerke. Durch die intuitionsbestimmte Integration ehemals kunstfremder

Bestandteile in ein Werk habe Schwitters das Objekt von seiner Materialität befreit, es

gehe als immanenter Teil im Werk auf und werde von seiner „Begrenztheit und

Zeitlichkeit“ entbunden. „Es hat keine Beziehung mehr zur Wirklichkeit. Es hat nur noch

Beziehung zum Werk: ist aus seiner Körperlichkeit zur Geistigkeit gelangt.“ Die derart

eingebundenen Elemente hätten keinen „Individualwert“ mehr, ihnen komme nur noch

„Formwert“ zu.820 Spengemann umschreibt hier einen Prozess der Entmaterialisierung,

den der Merzkünstler als „Entformung“821 bezeichnete, und rechtfertigt damit ebenso

wie der Merzkünstler die Verwendung jedweder Materialien für Kunstwerke. Damit

ziele der Künstler auf „die absolute Form: auf die Kunstform.“ Indem er darauf

verzichte, die äußere Wirklichkeit abzubilden, und nur Objektbeziehungen innerhalb

eines Werkes gelten lasse, veranschauliche er ein „kosmische[s] Erlebnis“822, eine

„geistige Weltanschauung“.823 Genauso wie Schwitters hielt auch Spengemann an der

Rolle des Künstlers als Schöpfer fest. Der Kunstschaffende „ist ein mit dem ewigen

Gefühl, mit der Fähigkeit des Erlebnisses und der Erlebnisgestaltung ausgestatteter

Mensch. So ist ihm die Gabe vergönnt, mit dem Gefühl allein die logische Linie zu

geben.“824 Vor diesem Hintergrund setzte sich Spengemann für Schwitters unmittelbar

nach dessen Debüt als Merzkünstler publizistisch ein.

Stück für Stück habe Schwitters sich dem „Universalen“ genähert, so Spengemann,

und „die alten Grenzen“ überschritten, zunächst durch die „Konzentration auf das

Abstrakte“, dann durch die gattungsverschränkenden Gestaltungsweisen sowie durch

die Verknüpfung von herkömmlichen und neuen Techniken und Materialien.825 Weiter

sei die „starke[] echte[] Bildwirkung“ der Merzbildwerke hervorzuheben, wobei jedes

Einzelwerk für sich nur eine „Entwicklungsphase“ markiere.826 Selbst bei Bildern, deren

818 Alle Zitate: Ebd., S. 806. 819 Christof Spengemann: Die Kunst von heute. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 8/10 (1920), S. 28–30, S. 28. 820 Alle Zitate: Ebd. 821 Schwitters 2005/1919 – Die Merzbühne. 822 Beide Zitate: Spengemann 1920 (14), S. 28. 823 Ebd., S. 29. 824 Ebd., S. 30. 825 Alle Zitate: Christof Spengemann: Kurt Schwitters. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 18 (1919), S. 573–582, S. 577. 826 Beide Zitate: Ebd., S. 578.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Titel ein Sujet impliziere, komme es dem Künstler nur auf „das abstrakte Gefühl“ an.827

Das Merzgedicht „An Anna Blume“ charakterisiert Spengemann demgemäß in der

Apologie „Die Wahrheit über Anna Blume. Kritik der Kunst. Kritik der Kritik. Kritik der

Zeit“ als „Zeitdokument“828, als Zeugnis einer „Zeit kosmischen Fühlens“, aus der

heraus die Notwendigkeit eines neuen künstlerischen Strebens und einer

„elementare[n] Bewegung“ wiedererstanden sei.829 In bewusster Polarisierung stellt er

in derselben Broschüre den Dadaismus als „Verzweiflungsakt“ und Merz als „Arznei“

dar, um den kursierenden Zuschreibungsversuchen von Merz zur dadaistischen

Bewegung, insbesondere in Bezug auf das Gedicht „An Anna Blume“ zu entgegnen.830

Schwitters sei „als Mensch unpolitisch wie ein Kind, harmlos, gütig, friedfertig [...]. Er

saugt die Atmosphäre ein, die ihn umgibt. Unbewußt. Er strömt ihre Wirkung aus im

Schaffen. Unbewußt.“ Vermutlich antworte Schwitters mit seiner Kunst auf das

„sinnlose[] Zeitgeschehen[]“ und das Gedicht im Merzstil sei ihm nunmehr „zu einem

Symbol“ geworden, dessen Tenor „die Heiterkeit seiner Seele, [deren] Gesicht das

Groteske“ sei.831 Sowohl die Merzdichtung als auch die Merzmalerei rückt

Spengemann mithin in die Nähe des abstrakten Expressionismus.

Durch seine mystifizierende Vermittlungsarbeit und durch die hohe Affinität zu

Schwitters’ eigenen theoretischen Texten trug Spengemann jedoch kaum zur positiven

Rezeption der Merzkunst bei. Da seine Schriften über Schwitters selbst in Sprachwahl

und Inhalt auf eine expressionistisch-metaphysische Erhöhung des Merzkünstlers

abzielten und die geistige Durchdringung der Merzwerke in den Vordergrund stellten,

blieb sie für Rezipienten, die dem Expressionismus fern standen, unverständlich. Mehr

noch, die Texte wirkten mitunter sehr provokant, bspw., wenn Spengemann Schwitters’

Schaffen vorstellt als „[d]ie offizielle Kunst“, so der Titel eines Aufsatzes, in dem er von

der behördlichen Bestimmung der Merzarchitektur „Haus Merz“ als Kunstwerk seitens

des Umsatzsteueramtes berichtet.832 In einigen „Kritiken der Kritik“ polemisierte

Spengemann darüber hinaus gegen die Tagespresse und verteidigte die Merzkunst.833

Bernhard Gröttrup, Herausgeber der Zeitschrift „Die Pille“ war ein weiterer

publizistischer Anwalt von Schwitters. Auch seine Zeitschrift diente dem Merzkünstler

als Publikationsforum für Schriftkunstwerke. Gröttrups eigene Beträge in seiner

Zeitschrift zeigen z. T. eine nahe Verwandtschaft zum Dadaismus. Anders als

827 Ebd., S. 579. 828 Spengemann 1985/1920, S. 5. 829 Beide Zitate: Ebd., S. 7. 830 Beide Zitate: Ebd., S. 8. 831 Alle Zitate: Ebd., S. 16. 832 Vgl. Christof Spengemann: Merz. Die offizielle Kunst. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 8/10 (1920), S. 40–41, S. 41. 833 S.w.u. Kap. 2.1.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Spengemann präsentierte Gröttrup dementsprechend den Merzkünstler als „einzige[n]

Dadaist Deutschlands mit Geist und Witz“.834 Auch ging er gemäß der satirischen

Ausrichtung seines Organs ironischer und weniger ernst mit den Aktivitäten seiner

Zeitgenossen im Allgemeinen und mit dem künstlerischen Schaffen Schwitters’ im

Besonderen um. Im Oktober 1921 veröffentlichte er nach dem Besuch bei Schwitters

zu Hause ein Interview mit dem Künstler, in dem zum ersten Mal überhaupt über das

Atelier des Merzkünstlers berichtet wird. Ironisch überzeichnet erscheint darin der

Merzkünstler seiner äußeren Erscheinung nach zunächst als „simple[r], nüchterne[r],

kulturlose[r], normale[r], vernünftige[r] Mensch“. Nach längerem Gespräch habe sich

dann seine Anschauung als „eine solch zarte, durchgeistigte, geradlinige, bewußt

selbständige Kunst- und Lebensauffassung“ erwiesen. Das Atelier beschreibt Gröttrup

folgendermaßen: „Kolossalgemälde füllen kulissenartig ein Drittel der Räume. Auf

einem besonderen Gestell lagern die Malutensilien. Der Unrat einer kleinen Gemeinde:

alte Topfdeckel, Porzellanreste, Lumpen, Knochen, Alteisen, Blechreste, Schiefer usw.

- und noch viel mehr.“835 Nach eingehender Betrachtung der herumstehenden Bilder

lobt Gröttrup deren Komposition und farbliche Harmonie. Die natürlichen Farbtöne der

Objektpatina und die malerische Gestaltung steigerten sich wechselseitig, so Gröttrup

weiter. „In der Farbenwirkung haben seine Gemälde das Plus der Farbtöne seiner

Materialien. Ich sah in seinen Gemälden z. B. verwitterte Bleche, deren Farbentöne mit

Malerfarben nicht wieder zu geben sind.“836 Zum Abschluss des Gespräches habe

Schwitters erwähnt, dass er aus ökonomischen Gründen weiterhin Bilder im

traditionellen Stil male, die sein Besucher als „schlicht und kunstlos“ bezeichnet.837

Gröttrup trat in Hannover für kurze Zeit als Befürworter der Avantgarde hervor, sein

Engagement blieb daher im Gegensatz zu Christof Spengemanns oder Paul

Steegemanns Wirken für Schwitters eher marginal.

Steegemann zählte ebenfalls zu denjenigen, die Schwitters publizistisch unterstützten.

Auch er gehörte zu Schwitters’ Befürwortern und verhalf dem Merzkünstler oftmals

durch werbewirksame Statements zur Publizität. Z. B. warb er für Schwitters als „das

dadaistische Genie Europas“838, was die kunst- und literarhistorische Einordnung der

Merzkunst als Dada Hannover maßgeblich beeinflusste. In seiner Zeitschrift „Der

Marstall. Zeit- und Streitschrift des Verlages Paul Steegemann“ setzte er sich für

Schwitters und die Merzkunst ein, indem er eine Auswahl von zeitgenössischen

834 Gröttrup 1921. 835 Alle Zitate: B. G. (= Gröttrup, Bernhard): Ein Besuch bei Anna Blume. In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 1. Jg., H. 7 (1920), S. 149–152, S. 150. 836 Ebd., S. 151. 837 Ebd., S. 152. 838 Anzeige des Paul Steegemann Verlages, zit. nach Webster 2004, S. 312–313, S. 312, Text 14.

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Rezensionen und Leserbriefen veröffentlichte, die ein negatives Urteil über Schwitters

und seine Kunst fällten, und so die darin enthaltenen Schmähungen spiegelbildlich

replizierte.839

1.3 Dresden Bevor die Lampenfabrik Seifert 1906, der Kunstsalon Emil Richter 1907, 1908 und

1909 sowie die Galerie Ernst Arnold im Jahr 1910 Werke von Malern der

Künstlergruppe „Die Brücke“ zeigten, womit der Avantgardekunst erstmals ein Forum

in der Residenzstadt geboten wurde, fand in Dresden eine Reihe bedeutender

internationaler Kunstausstellungen statt.840 Noch um 1900 bestand die Kulturpraxis in

Dresden jedoch mehr in der Bewahrung der traditionellen Werte der Barockstadt als in

der Öffnung hin zu modernen Kunstströmungen. Das Streben nach kultureller

Neuerung korrelierte in Dresden mit einem, im Vergleich zu deutschen Großstädten,

etwas verzögerten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturwandel, der

Bedingung für die Entwicklung der Avantgarde war.841 In den 1910er Jahren fand die

neue Kunst in Dresden wichtige Unterstützung durch private Mäzene, bspw. Ida

Bienert842 oder Oskar Walzel, der als Literaturwissenschaftler die expressionistische

Literatur im Rahmen von Vorträgen und Publikationen als wissenschaftlichen

Gegenstand behandelte.843 Die Galerien Richter und Arnold boten progressiven

Kunstschaffenden in der Vorkriegszeit zahlreiche Ausstellungsgelegenheiten und

avancierten zu den beiden modernsten Kunsthandlungen in Dresden. Im Januar 1914

war die Ausstellung „Die Neue Malerei“ in der Galerie Arnold zu sehen, die die

Vereinigung „Der Blaue Reiter“ in Dresden vorstellte und direkten Bezug auf die

Konzeption des „Ersten Deutschen Herbstsalons“ in der Galerie „Der Sturm“ von 1913

nahm. Zur gleichen Zeit präsentierte Emil Richter Werke von Picasso. Zwei Jahre

später zeigte die Galerie Emil Richter im Rahmen einer Expressionisten-Ausstellung

Werke u. a. von Conrad Felixmüller, Ludwig Meidner, Oskar Kokoschka und Ernst

Ludwig Kirchner.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Dresden zu einem der wichtigsten Wirkungsorte der

Expressionisten zweiter Generation. 1919 eröffnete Rudolf Probst die „Neue Kunst

839 Vgl. Steegemann 1920. 840 Vgl. Ruth Negendanck: Die Galerie Ernst Arnold (1893-1951). Kunsthandel und Zeitgeschichte. Weimar 1998, zugl. Diss. Univ. Eichstätt 1998, S. 56-58 und 130. 841 Vgl. Frank Almai: Expressionismus in Dresden. Zentrenbildung der literarischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dresden 2005, zugl. Habil.-Schr. Techn. Univ. Dresden 2001, S. 29-48. 842 Zum Engagement Bienerts für moderne Kunst, vgl. ebd., S. 109-117. Ida Bienert unterstützte auch Schwitters. Sie besaß mehrere Merzzeichnungen und beauftragte den Merzkünstler, einige ihrer Privaträume auszugestalten vgl. Schwitters 1974, S. 110, Brief an Katherine Dreier vom 16.09.1926 und ebd., S. 112, Brief an Katherine Dreier vom 29.01.1927. 843 Zum Engagement Walzels für den Expressionismus, vgl. Almai 2005, S. 191-199 und 286-293.

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Fides“ als dritte Ausstellungsinstitution für Avantgardekunst. Daneben wurden

expressionistische Verlage gegründet, die die neue Kunst medial vertraten, bspw. der

Verlag von Felix Stiemer im Dezember 1917,844 der als Distributionsplattform der

„Expressionistischen Arbeitsgemeinschaft“ fungierte, u. a. eine Grafikmappe von

Felixmüller herausgab und zahlreiche Autorenabende veranstaltete sowie der Rudolf

Kaemmerer-Verlag, der die Zeitschriften „Die neue Schaubühne“ und „Die neue

Bühne“ edierte und u. a. Iwan Goll und Walter Mehring zu seinen Autoren zählte.845 Ab

dem Frühjahr 1918 wurden die Zeitschriften „Menschen“ in Heinar Schillings Dresdner

Verlag von 1917846 sowie „Neue Blätter für Kunst und Dichtung“ von Jakob Hegner847

herausgegeben und dienten der expressionistischen Kunst und Literatur als Organ zur

Bekanntmachung und Propagierung ihrer Ideen. Auch außerhalb Dresdens wurden

Distributionsmöglichkeiten zur Vermittlung des expressionistischen Kunstschaffens

Dresdner Provenienz erschlossen.848 Insbesondere Schilling versuchte eine markt- und

publikumsorientierte, offene publizistische Tätigkeit zu entfalten, um eine möglichst

breite öffentliche Wirkung zu erzielen.849 Inhaltlich war die von ihm herausgegebene

Zeitschrift „Menschen“ auf eine Balance zwischen Tradition und Innovation

ausgerichtet.850

Vor 1917 gab es in Dresden jedoch keine progressive Kunstzeitschrift. Die

publizistische Auseinandersetzung mit der neuen Kunst beschränkte sich auf die

kritische Diskussion in den Feuilletons der lokalen Zeitungen, die bei der Besprechung

von kulturellen Ereignissen dem Gedanken der leserorientierten Kunstvermittlung

folgten und so zum Verständnis des Publikums für das moderne Kunstschaffen

beitrugen. Einige Feuilletonredakteure gehörten expressionistischen Zirkeln selbst an

oder standen in Kontakt zu diesen, wodurch sich eine teilweise Verschränkung von

künstlerischen und publizistischen Interessen ergab.851 In Dresden entwickelte sich ein

kooperatives Netzwerk innerhalb der „Neuen Vereinigung für Kunst“, die im Juni 1918

von Hugo Zehder gegründet wurde und unter deren Mitgliedern sich u. a. Oskar

844 Vgl. ebd., S. 146: Der Verlag von Felix Stiemer existierte nur für relativ kurze Zeit und ging um die Jahreswende 1918/19 in den Verlag von 1917 von Heinar Schilling über. 845 Vgl. ebd., S. 155, Anm. 193: Rudolf Kaemmerer übernahm 1920 Schillings Verlag. Mit dieser Übernahme ging die Aufnahme von dezidiert innovativen, literarischen Beiträgen einher. 846 Vgl. ebd., S. 146-163 und 409. Die Zeitschrift diente auch Schwitters als Publikationsforum, vgl. Kurt Schwitters: Gedichte. In: Menschen 2. Jg., H. 7 (1919), S. 55–58. 847 Vgl. Almai 2005, S. 136-145. 848 Vgl. ebd., S. 259-263, bes. S. 261, Anm. 54: Die Verleger knüpften ebenso Kooperationskontakte mit anderen Herausgebern progressiver Zeitschriften. U. a. bestanden Beziehungen zu Christof Spengemann, der in seiner Zeitschrift „Der Zweemann“ Veröffentlichungen des Jakob Hegers Verlages und des Dresdner Verlages von 1917 rezensierte oder für deren Periodika Werbeannoncen in „Der Zweemann“ abdruckte. 849 Vgl. ebd., S. 147-148. 850 Vgl. ebd., S. 154-155: Die Beiträge in „Menschen” entsprachen weder dadaistischen Texten noch zeigten sie Tendenzen zu einer radikalen sprachlichen Reduktion. Die Autoren der Zeitschrift griffen eher auf konventionelle Textsorten und Stilausprägungen zurück. 851 Vgl. ebd., S. 81-91.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Walzel, Julius Meier-Graefe, Cornelius Gurlitt und Karl Woermann, großbürgerliche

Mäzene, Künstler und Schriftsteller sowie Feuilletonisten befanden.852

Eine der wichtigsten Künstlervereinigungen in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg

war die „Dresdner Sezession ‚Gruppe 1919’“. Sie ging aus der politisch engagierten

„Gruppe 1917“ hervor und wurde im Januar 1919 von den Künstlern Lasar Segall,

Constantin Mitschke-Collande, Conrad Felixmüller, Otto Dix und anderen initiiert. Die

„Dresdner Sezession“ setzte sich zum Ziel, der materialistischen Anschauung in all

ihren Spielarten, durch „künstlerische[], politische[] und praktische[] Tat ihren

prinzipiellen Idealismus entgegen[zuhalten]“ und bekannte sich zum Expressionismus

als Geisteshaltung.853 „[D]as natürliche Menschendasein, das Geheimnis seiner

Substanz und seiner ewig neuen Spaltungen und Entscheidungen“ definierte sie als

Triebfeder und Inhalt ihres Kunstschaffens. Nicht „die Natur und ihre Gesetze“ galten

ihr als Programm, sondern der existenzielle Urgrund, „wo der Mensch [...] das aus sich

Herausgestellte, [...] seine eigenste Erfindung wieder in sich zurücknimmt, um sich in

mystischer Ehe über sich selbst fortzuzeugen.“854 Stilistisch vertraten die Künstler der

Gruppe, zumindest in den ersten Jahren ihres Bestehens, einen „ekstatische[n]

Expressionismus“.855 Generell waren die Dresdner Expressionisten einem abstrakt-

figurativen Avantgardestil verpflichtet und distanzierten sich mithin nicht dezidiert von

der naturnahen Darstellungsweise. In ihren Bildern setzten sie eine expressiv

gesteigerte Wirklichkeitswiedergabe um, die in Kongruenz zur anthropologisch

orientierten Programmatik der Gruppe stand. Auch entsprachen ihre Werke

weitestgehend dem konventionellen Bildbegriff und den klassischen künstlerischen

Realisationsmethoden.

Im April 1919 veranstaltete die Galerie Ernst Arnold die „Sonder-Ausstellung. Der

Sturm. Expressionisten, Futuristen, Kubisten“, an der auch Schwitters mit acht

abstrakten Arbeiten erstmals an einer Dresdner Werkschau teilnahm. Noch im selben

Jahr schickte er anlässlich der zweiten Ausstellung der „Dresdner Sezession ‚Gruppe

1919’“ im Sommer ein Gemälde und ein Merzbild in die Galerie Emil Richter. Bevor

Schwitters nochmals gemeinsam mit der „Dresdner Sezession“ in der Galerie Arnold

im Herbst 1920 ausstellte, war er einige Monate zuvor in derselben Kunsthandlung

neben Oskar Schlemmer und Willi Baumeister mit Werken präsent. 1923 beteiligte er

852 Vgl. ebd., S. 166. 853 Fritz Löffler: ‚Dresdner Sezession Gruppe 1919’. In: Barron, Stephanie (Hg.): Expressionismus. Die zweite Generation 1915-1925. Kat. Ausst. Kunstmuseum, Düsseldorf; Staatliche Galerie Moritzburg, Halle. München 1989, S. 61–84, S. 62. 854 Alle Zitate: Rudolf Probst: Vorwort. Zweite Sonder-Ausstellung. Dresdner Sezession Gruppe 1919. Mit auswärtigen Gästen. Kat. Ausst. Galerie Emil Richter, Dresden. Hrsg. von Dems. Dresden 1919, o. S. 855 Löffler 1989, S. 62.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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sich an einer Kollektivschau der Galerie Richter. Die letzten bedeutenden

Präsentationen zu Lebzeiten in Dresden erfolgten 1925 im Rahmen der Werkschau

„Der Sturm“ in der Galerie „Neue Kunst Fides“ vermutlich im März sowie der

Ausstellung „Pieter Mondrian. Man Ray. Kurt Schwitters“ in der Galerie Kühl & Kühn im

September.856

Die unmittelbare Resonanz auf die ersten Ausstellungen neuer Kunst war in Dresden

zunächst negativ und gespalten. Die Rezensenten konstatierten ihre Bedenken der

expressionistischen Bilder der Brücke-Künstler gegenüber.857 Anfangs war von einer

„als Überästhetik sich gebärdende[n] Impotenz“ die Rede.858 Auch die Reaktionen auf

die Ausstellung „Die neue Malerei“ waren sehr reserviert. Ohne „ein starkes Erlebnis

und eine hinreißende Leidenschaft“ zu erkennen, waren die Kritiker konsterniert und

sahen sich mit Resultaten der „kältesten Rechnerei“ konfrontiert.859 Nicht nur die

Ungegenständlichkeit Kandinskyscher Kompositionen wurde angegriffen, auch der

Abstraktionsgrad kubistischer Bilder von Picasso galt als anstößig und hatte einen

Protest „gegen die ‚Kunst’, die unsre Körper [...] in eine darstellende Geometrie

auflösen will“, zur Folge.860 Ab 1916 begann die moderne Malerei sich nach

langwierigen Kontroversen durchzusetzen. An der Anerkennung der Avantgarde in

Dresden hatte die Feuilletonkritik bedeutenden Anteil.861 Die Kritiken zur

Expressionisten-Ausstellung im Herbst 1916 fielen im Hinblick auf Kunstwerke, die am

figurativen Abbildungskanon festhielten, nach wie vor differenzierter und wohlwollender

aus. Besonders das Interesse des Publikums an der neuen Kunst wurde in der Presse

hervorgehoben.862 Dennoch nahmen einige Pressevertreter die erste Ausstellung der

„Dresdner Sezession ‚Gruppe 1919’“ eher skeptisch auf.863 Etwa um 1920 jedoch,

nachdem ein „ideologische[r] Rückfall in antidemokratische Denkmuster“ stattgefunden

hatte, der mit einer rückwärtsgewandten Pressearbeit einherging, und sich gleichzeitig

ein Wandel in der Kunstszene Dresdens abzeichnete, nahm die negative Beurteilung

856 Zur Werkpräsentation von Schwitters in Dresdner Ausstellungen, s.w.u. Dokumentation der Ausstellungen. 857 Vgl. Negendanck 1998, S. 131-133. 858 Dr. S. (= Stiller, Richard): Zweite Brücke-Ausstellung bei Beyer & Sohn, Leipzig. In: Leipziger Volkszeitung, 22.08.1906, zit. nach Chronik (1905-1920). In: März, Roland (Red.): Expressionisten. Die Avantgarde in Deutschland 1905-1920. Kat. Ausst. Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie und Kupferstichkabinett. Berlin 1986, S. 74–175, S. 79 (zu finden unter dem Kurztitel: Chronik in Ausst. Berlin 1986). 859 Beide Zitate: Emil Waldmann: Dresden. Neue Kunst. Ausstellung im Kunstsalon E. Arnold. Pablo Picasso. Ausstellung im Kunstsalon E. Richter. In: Kunst und Künstler, 12. Jg. (1914), S. 344, zit. nach Negendanck 1998, S. 137. 860 Paul Adler: Picasso-Epilog. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Ausgabe 14, 25.01.1914, zit. nach Almai 2005, S. 91, Anm. 149. 861 Vgl. Almai 2005, S. 62-66. 862 Vgl. ebd., S. 108, Anm. 262. 863 Vgl. Löffler 1989, S. 62.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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der Avantgardekunst in den Dresdner Printmedien entschieden zu.864 Im Vergleich zum

moderat-revolutionären Gestus der Dresdner Expressionisten wurde die radikal-

agitatorische Haltung der Berliner Dadaisten, die im Januar 1920 einen Dada-Abend in

Dresden veranstalteten, als „zügellose[r] Ausbruch“865, als „Auftreten der literarischen

Clowns“, „als letzte Ausartung des geistigen und sittlichen Nihilismus“866 abqualifiziert

und die Protagonisten wurden als „Konjunkturgewinnler der neuesten Richtung“

desavouiert.867

Über die ersten in Dresden ausgestellten abstrakten Gemälde und Zeichnungen von

Schwitters wurde in den Ausstellungsrezensionen überhaupt nicht berichtet.868 Die

Kunstkritiker der Dresdner Tagespresse reagierten erst auf die erste Präsentation des

verschollenen Bildes „Komposition“ und der unter dem Titel „Bild Iga Lo“ ausgestellten

Assemblage in der zweiten Ausstellung der „Dresdner Sezession“.

Unter den Dresdner Kritikern befand sich ein einziger Kommentator, Felix

Zimmermann, mit dessen Berichterstattung sich Schwitters antikritisch

auseinandersetzen sollte. Ergänzend zu Zimmermanns Kommentaren zur Merzkunst

werden im Folgenden die kritischen Bewertungen der Dresdner Nebenkritiker

Schwitters’ mitberücksichtigt.

1.3.1 Felix Zimmermann und andere Dresdner Kritiker Felix Zimmermann war Referent für bildende Kunst, Theater und Literatur der

konservativen Zeitung „Dresdner Nachrichten“, die v. a. im bürgerlichen, im mittleren

Beamten- und im Militärmilieu gelesen wurde. Zimmermann schrieb regelmäßig über

die kulturellen Veranstaltungen in der Residenzstadt. Die Aktivitäten der

Nachkriegsavantgarde beobachtete er kritisch:

„Überall fühlt man den Drang, erst einmal wieder den Bürger zu kränen [sic], über alle Schranken zu springen, aber auch gierig irgendwo das völlig Neue, nie gesehene aus der Natur herauszureißen. Vorläufig ist die Losung der ‚Gruppe 1919’ Revolution, und Ziel und Abschluß der Bewegung liegt in weiter Ferne. [...] Da aber die Stärke und Triebkraft der jungen Bewegung nicht zu leugnen

864 Paul Ferdinand Schmidt: Lebenslauf. O. O. und o. J. (um 1954, Manuskript), S. 108-109, zit. nach Almai 2005, S. 298 und vgl. ebd., S. 299-306. 865 X: [Der „Oberdada“ in Dresden]. In: Dresdner Lokalanzeiger, 20.01.1920. 866 Beide Zitate: F. Z. (= Zimmermann, Felix): Dadaisten-Abend. In: Dresdner Nachrichten, 21.01.1920. 867 Julius Ferdinand Wolff: Dada. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 21.01.1920. 868 Vgl. Carl Puetzfeld: Expressionistische Kunst. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 103, 16.04.1919, Carl Puetzfeld: Der Sturm. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 104, 17.04.1919, R. S. (= Stiller, Richard): [Die Galerie Arnold]. In: Dresdner Anzeiger. Ausgabe 101, 07.04.1919, Richard Stiller: Sonderausstellung bei Arnold. Der Sturm. In: Dresdner Anzeiger. Ausgabe 125, 20.04.1919 und Richard Stiller: Sonderausstellung bei Arnold. Der Sturm (Schluß). In: Dresdner Anzeiger. Ausgabe 136, 27.04.1919.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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ist, so wird ihr Fortschreiten unaufhaltsam und reißend, ihr Weg noch lange stürmisch sein.“869

Was er an der neuen Kunst monierte, war v. a. die Überakzentuierung emotionaler

Aspekte:

„Die Berufung darauf, daß nur das Gefühl entscheidend sei, nützt niemanden. Sie ist auch nicht einmal zutreffend. Der Intellekt läßt sich auch beim Kunstgenuß nicht restlos ausschalten, erst recht bei der Kunstbetrachtung. Wie es psychologisch kein Fürsichbestehen des reinen Gefühls ohne Anteil der Vorstellungskraft gibt, so auch keine rein sinnliche Aufnahme ohne verstandesmäßige Verarbeitung. In Verkennung dieser Sachlage liegt ein Grundfehler der expressionistischen Theorie“.870

Zimmermann vertrat dabei eine traditionelle Kunstauffassung, die als wesentliches

Kriterium eine natürliche, ausgewogene Einheit von Gefühlswerten, Phantasie und

Vernunft beinhaltete. Dementsprechend bewertete er die absolute Malerei negativ und

erkannte in der reinen Abstraktion „das Schematische der verschiedenen

Künstlerpersönlichkeiten“, das bei den Sturm-Künstlern „geradezu pedantisch wirkt.“

Die starke Reduktion der künstlerischen Mittel und die Modulation von Farb- und

Formrhythmen betrachtete er als methodische, entwicklungshemmende Wiederholung,

hinter der sich „‚expressionistische Akademie’“ verberge.871 Der Rezensent rekurrierte

mithin auf die Argumentationsmuster der frühen Kritiker abstrakter Kunst, bspw. auf

Julius Meier-Graefe, der in der neuen Malerei eine Steigerung akademischer Prinzipien

wahrgenommen hatte.872

Anlässlich der Eröffnung der Kollektivausstellung von Willi Baumeister, Oskar

Schlemmer und Schwitters in der Galerie Arnold im Sommer 1920, zu der „eine

stattliche Schar von Kunstfreunden“ gekommen war, verfasste Zimmermann eine sehr

knappe Rezension, die Schwitters zu einer Antikritik motivieren sollte. Der Merzkünstler

intendiere, so Zimmermann, durch die Einbindung von heterogenem Material in seine

„Materialmalerei“,

„den Stoff selbst zu künstlerischer Geltung [zu] bringen und läßt sich schließlich unter der Idee des künstlerisch organisierten kosmischen Müllhaufens erfassen. Angesichts der fremdartigen Erzeugnisse dieses neuen Kunstwillens fanden Dr. Schmidts Zukunftsgläubige und entschlossen sich einfühlende Ausführungen mehr Zweifler und Spötter als willige Gefolgsleute, und es bedarf

869 Felix Zimmermann: Eröffnung neuer Kunstausstellungen. [Die erste Ausstellung der Dresdner Sezession, Gruppe 1919]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 95, 06.04.1919. 870 Felix Zimmermann: [Ueber Expressionismus]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 130, 12.05.1919. 871 Alle Zitate: Felix Zimmermann: Sturm-Ausstellung. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 101, 12.04.1919. 872 Vgl. Meier-Graefe 1913, S. 499.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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ruhiger, kritischer Nachprüfung, um den Wert solcher äußerster Entwicklungsformen sachlich festzustellen.“873

Die Merzkunst ordnet der Kunstkritiker der kosmisch ausgerichteten Sturm-Kunst und

mithin dem späteren Expressionismus zu, der seiner organologischen Kunstauffassung

zufolge bereits ein Höchstmaß an künstlerischer Willkür veranschauliche und einen

reinen Formalismus darstelle. Implizit weist er mit der Charakterisierung der

Merzbildwerke als „fremdartige Erzeugnisse“ auf den Trennungsdiskurs zwischen freier

Kunst und Kunstgewerbe und auf den Bruch mit traditionellen Repräsentationsweisen

hin. Die Umschreibung als „äußerste Entwicklungsformen“ kann als Implikation für die

These vom Ende der Kunst oder konkreter vom Ende einer künstlerischen

Entwicklungslinie gelesen werden. Somit sieht Zimmermann in der Merzkunst einen

letzten Ausläufer der abstrakten Richtung. Die im Ausstellungsbericht angekündigte

ruhige, kritische Revision und eine eingehendere Auseinandersetzung allerdings

blieben aus. Diese Aufgabe sollte Schwitters in seiner Replik „Tran 18“ übernehmen, in

der er Zimmermanns Rezeption der Merzbilder als „fremdartige Erzeugnisse“ einer

Korrektur unterzieht.874

Bereits in seiner ersten Kritik zur Merzkunst anlässlich der „Zweiten Sonderausstellung.

Dresdner Sezession Gruppe 1919“ bezieht der Kunstkritiker eine ablehnende Position

den Materialbildern von Schwitters gegenüber: „Schlimmer allerdings ist noch, daß

man den Unfug der sogenannten ‚Merzbilder’, die mit aufgeklebten Papierschnitzeln

hergestellt sind, an dieser Stelle ernst zu nehmen scheint. Daß das mit Malerei nichts

mehr zu tun hat, müßte auch der Ausstellungsleitung klar sein.“875 An dieser

Einschätzung hält Zimmermann auch in der Besprechung zur Ausstellung der

„Dresdner Sezession“ in der Galerie Arnold im Herbst 1920 fest: „Die kleinen

Stoffklebereien von Schwitters gehen so als eigenwillige Kuriosität wieder nebenher“,

neben den eigentlichen Kunstwerken, die mehr oder weniger deutliche Reminiszenzen

organischer Darstellungsweisen zeigen.876 Aus ähnlicher Perspektive schließt sich der

Redakteur Dr. N. Zimmermanns Meinung an, der nach dem Besuch der Ausstellung

„Schwitters, Schlemmer, Baumeister“ die Merzkunst als „Merzbilderfabrikation und

ähnlichen extremen Schwindel“ bezeichnet.877

Als „Erzeugnisse“ betrachtet Zimmermann ebenso die Merzdichtungen, die Schwitters

während des Merzabends in der Dresdner Kaufmannschaft im Februar 1921 873 Alle Zitate: Felix Zimmermann: In der Galerie Arnold. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 226, 19.07.1920. 874 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Tran 18 und s.w.u. Kap. 2.1. 875 Felix Zimmermann: Dresdner Sezession. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 204, 26.07.1919. 876 Felix Zimmermann: Ausstellung der Dresdner Sezession „Gruppe 1919“. In: Dresdner Nachrichten, 31.10.1920. 877 Dr. N. 9.7.1920 der Besprechung der „Kunstausstellung Dresden 1920“, zit. nach Schwitters 2005/1921 – Tran 18, S. 86.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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dargeboten hat.878 Sie zeigten „Witz, Einfälle, Frechheit und eine Manier des höheren

Blödsinns“. In seinem Bericht über die Veranstaltung vergleicht der Kunstkritiker

Schwitters’ Grotesken zudem mit Otto Teichs Unsinnslied „Stumpfsinn, Stumpfsinn, du

mein Vergnügen“, in dem der Autor banale Aussagen syntaktisch unverbunden

aneinandergereiht hat. Schwitters’ frecher Humor erinnere an Oskar Seifert, der auf der

Leipziger Kleinmesse, einem Volksfest in Leipzig, als reißerischer Verkäufer seine

Waren angepriesen hat. Am Ende der Rezension bemerkt Zimmermann: „‚Hinter

meinem Angesicht’ gab es auch Enttäuschte, die ‚den Humor davon’ nicht fanden und

Unzufriedene, die nicht auf ihre Radaukosten kamen.“879 Die abgewandelte und als

Zitat ausgewiesene Phrase „Hinter meinem Angesicht“ entlehnt Zimmermann dem ihm

gewidmeten „Tran 18. An Dresdner Kritiker, vermischt mit Eindrücken von der Berner

Fochelwiehße (Hier gannsde dir nachdrächlich das E. K. einz verdienen, hierr.)“, in den

Schwitters wiederum die Floskel „Angesichts der fremdartigen Erzeugnisse“ aus

Zimmermanns Kritik zur Kollektivausstellung von Baumeister, Schlemmer und

Schwitters integriert hat.880 Dieses Zitat ist die einzige nachweisbare Reaktion eines

Kritikers auf Schwitters’ antikritische Schriften. Alle anderen Kunstkritiker schienen den

Tran-Texten keine Aufmerksamkeit entgegengebracht zu haben.

Ein weiterer Dresdner Kritiker, Richard Stiller, stellt anlässlich der Sturm-

Sonderausstellung in der Galerie Arnold im April 1919 eine Grenzverwischung

„zwischen sogenannter hoher Kunst und Kunstgewerbe“ fest. Die auf Farben und

ungegenständliche Formen reduzierte expressionistische Malerei begreift Stiller als

Weltdeutung und -entrückung, in der „[e]ine neue Romantik“ im Sinne Ludwig Tiecks

Künstlerroman „Sternbalds Wanderungen“ zu erkennen und der „Geist der Gotik“

auszumachen sei. An der semantikfreien Malerei könne der Betrachter allerdings nicht

„mehr als die farblichen, tonlichen und kompositionellen Schönheiten und Reize [...]

bewundern“, sodass diese Kunstform zwangsläufig „auf ein totes Gleis läuft und der

Verarmung anheim fallen muß.“881 Das Fehlen des Inhalts lasse ein

„Erklärungsbedürfnis“ bei „nur in der hellen Wirklichkeit lebenden Beschauern“

entstehen, das durch die Kunsttheorien nicht hinreichend befriedigt werde.882 Der

Mehrzahl der Dresdner Kritiker konform schreibt Stiller seiner konventionellen

Sichtweise gemäß über die Ausstellung „Schwitters, Schlemmer, Baumeister“, sie

zeige die „absonderlichsten Ergebnisse des Expressionismus in den Klebearbeiten von

878 Zu den rezitierten Stücken s.w.u. Dokumentation der Merzabende. 879 Alle Zitate: Zimmermann 1921.02.20. 880 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Tran 18 und s.w.u. Kap. 2.1. 881 Alle Zitate: Stiller 1919.04.20. 882 Beide Zitate: Stiller 1919.04.27.

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Schlemmer und Schwitters“.883 Demnach verortet Stiller die Merzkunst ebenso wie

Zimmermann im Spätexpressionismus.

Vor dem Hintergrund einer ähnlichen Auffassung wie die Zimmermanns und Stillers,

z. T. auch mit derselben Wortwahl, argumentierte Carl Puetzfeld, Redakteur der

„Dresdner Neuesten Nachrichten“. Während er Schwitters’ Zeichnungen und

Abstraktionen, wie alle anderen Dresdner Kritiker auch, in seiner Besprechung zur

zweiten Expressionismusausstellung in der Galerie Arnold unerwähnt lässt,884 geht er

ausführlich erst auf die erstmalige Präsentation eines Merzbildwerkes in Dresden ein.

Er umschreibt

„der Merkwürdigkeit halber zwei Bilder von Schwitters, der aus Lacksiegeln, Straßenbahnscheinen, Postabschnitten, Zeitungsfetzen, Briefmarken, Postkarten, Streifbändern und dergleichen mehr den Malgrund zusammensetzt. Die Stückchen sind zum Teil aufgeklebt, zum Teil aufgenagelt und entweder übermalt oder durchsichtig überstrichen oder auch unberührt gelassen.“885

Die Merzwerke erinnern an die futuristischen Collagen im „Ersten Deutschen

Herbstsalon“, so Puetzfeld weiter. Die Machart der Merzwerke bezeichnet er als

„Anarchie der Technik“. Als Ausstellungskunst wertet er die Bilder nicht, vielmehr als

humorvolle Trivialität, deren kunsthistorische Bedeutung er in Frage stellt: „Hat dieses

neckische Spiel einen tieferen Sinn oder gehört es nur einfach in das Bild der Zeit?“886

Implizit lässt diese Frage den Kritiker als Exponenten der Gehaltsästhetik erscheinen,

der versucht, den vordergründig fehlenden Inhalt als Symptom der Zeitumstände und

des allgemeinen Verfalls zu deuten.

Daneben finden sich auch wohlwollende, differenziertere Urteile über Schwitters’ Kunst

in der Dresdner Presse. Aus offenbar formanalytischer Sicht urteilte Rudolf

Kaemmerer, der über die beiden Exponate Schwitters’ in der zweiten Ausstellung der

„Dresdner Sezession“ positiv berichtet: „Von Schwitters war eine ‚Komposition’ und das

Bild ‚Iga Lo’ zu sehen, die beide Ursprünglichkeit und eine starke künstlerische

Persönlichkeit verraten.“887

Die bei Puetzfeld offen gebliebene Frage nach der Relevanz der Merzkunst

beantwortet Marie Frommer, Feuilletonredakteurin der „Dresdner Volks-Zeitung“, in

ihrer Rezension zur Ausstellung „Schwitters, Schlemmer, Baumeister“. Der

Merzkünstler

883 Richard Stiller: Die Dresdner Kunst 1919/20. In: Dresdner Kalender 1921, 1921, S. 61–69, S. 66. 884 Vgl. Puetzfeld 1919.04.16 und Puetzfeld 1919.04.17. 885 Puetzfeld 1919.06.12. 886 Beide Zitate: Ebd. 887 R. H. Kaemmerer (= Kaemmerer, Rudolf H.): Dresdner Sommerausstellungen. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 15 (1919), S. 496–497, S. 497.

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„zieht die letzte Konsequenz des Impressionismus, er gibt das Kaleidoskop, die quälende Zufälligkeit unseres äußeren Lebens, doch nicht mehr in den malerischen Momenteindruck umgegossen, sondern gesteigert durch einen geistigen Prozeß der Komposition. Er abstrahiert nicht mehr von den Zufälligkeiten, sondern gibt die Abstraktion der Zufälligkeiten selbst im gegenständlichen Material, ohne Rücksicht auf unser Aufnahmevermögen, das aus der gefühlsmäßigen Einstellung auf material- und farbunterschiedene Flächen in begriffliche Assoziationen gerissen wird durch die Verwendung bedruckten Papiers. Er erlöst uns nicht von dem Bewußtsein unsrer Zersplitterung, sondern er fügt ihre einzelnen Elemente sozusagen in Reinkultur zusammen, schafft in bewußter, komprimierter Form das fragwürdige Bild einer veräußerlichten Zivilisation.“888

Indem Schwitters den tradierten Bildbegriff sprenge, ermögliche er mit seiner Kunst

aufgrund der materiellen Gleichwertigkeit eine Neubestimmung der künstlerischen

Werkstoffe. Diese Grenzauslotung der Kunst bewertet Frommer durchaus positiv. Das

Prinzip der „Entformelung“ als metaphysisches Moment lässt sie jedoch außer Acht,

sodass die Kunstkritikerin die Merzwerke als spätimpressionistische Bilder, als

Wiedergabe der flüchtigen Wirklichkeit deutet. So betrachtet sie die Gestaltung aus

den Trümmern der Realität als Abbild der modernen Welt im Sinne der Theorie des

neuen Materials. Demnach hält auch Frommer an der Gehaltsästhetik fest, denn sie

fordert implizit, dass die Kunst inhaltliche Momente veranschaulichen sollte, ohne die

sie zu einem regellosen Spiel degradiert werde.889

Die spielerischen Aspekte der Merzkunst rückt Ernst Meunier in seiner Besprechung

der Herbstausstellung der „Dresdner Sezession“ 1920 stärker in den Vordergrund der

Betrachtung. Für ihn sind

„die ‚Merzbilder’ von Kurt Schwitters, zwar Spielereien, reiner Dadaismus, abstrakte Kunst, aber als solche doch von einer gewissen Einheitlichkeit des Gepräges und der Wirkung. Das künstlerische Ereignis soll ganz mit der Wirklichkeit des Lebens verschwistert werden. Viel Künstelei, viel Pose, aber Kraft und Rhythmus.“890

Dem Urteil schließt sich Hildebrandt Gurlitt nach dem Besuch der Kollektivschau in der

Galerie Richter im Sommer 1923 an: „Kurt Schwitters’ Bilder bleiben, was sie immer

waren, mehr entzückende Experimente als revolutionäre Taten.“891

Im „Berliner Börsen-Courier“ wird Schwitters anlässlich seiner Beteiligung an der ihm,

Schlemmer und Baumeister gewidmeten Gruppenausstellung als „Dadaist und

888 Marie Frommer: Kunstsalon Arnold. In: Dresdner Volks-Zeitung, 04.08.1920. 889 Vgl. ebd. 890 Ernst Meunier: Ausstellung der Dresdner Sezession III. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 271, 04.11.1920. 891 Hildebrand Gurlitt: „Konstruktivisten“ in Dresden. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 273, 12.06.1923.

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Merzmaler“ bezeichnet, der seine „Farbenkompositionen aus Stoffen,

Straßenbahnfahrscheinen, Holzbrettchen, Drahtgittern, Messingringen“ ausstelle.892

Demgegenüber fand Paul F. Schmidt zu einem durchweg positiven Urteil über die

Merzkunst. Schmidt, seit 1919 Leiter des Dresdner Stadtmuseums, nahm innerhalb

des kunstkritischen Diskurses in Dresden eine Sonderstellung ein, indem er sich als

unbedingter Fürsprecher der neuen Kunst publizistisch engagierte. Auch was die

unkonventionellen Werke von Schwitters betraf, bildete Schmidt eine seltene

Ausnahme. Er war einer der wenigen, die sich in Dresden für den Merzkünstler

einsetzten.893 Vergleichbar mit Marie Frommers Einschätzung machte aber auch

Schmidt auf ein mögliches Abdriften ins Dekorative aufmerksam. Der „Anwalt des

Neuesten“894 schreibt zur Werkschau „Willy Baumeister, Oskar Schlemmer, Kurt

Schwitters“ in „Der Cicerone“ über den Merzkünstler, Schwitters präsentiere

„durchweg neuere Materialmalereien, die ihn noch kultivierter, farbig von einem unübertrefflichen Feingefühl zeigen und eine Gefahr seiner Merzmalerei leise heraufdämmern lassen: daß sie einer exquisiten Geschmackskunst für den Feinschmecker werde. Aber soweit ich ihn kenne, ist ihm dieser Gedanke schon so peinlich, daß er alles tun wird, um auf einen neuen Weg überzuleiten, der den ‚kosmischen Müllhaufen’ etwas eindringlicher ausgestaltet.“895

Mithin vertritt Schmidt, ähnlich wie Alexander Dorner, den Standpunkt der

eigenwertigen Raumwirkung, mittels derer die Kunst eine deutlichere Gestaltung und

damit einen zeitgemäßen Gehalt erhielt. Dies wird deutlich, wenn Schmidt etwa zwei

Jahre später Schwitters’ „Verwendung geklebter und genagelter Materialien wie Papier,

Kork, Metallteile, Zeugfetzen“ lobend erwähnt, „die durch die geistreiche Art ihrer

Verwendung entmaterialisiert, in Ausdruck abstrakter Raumvorstellungen verwandt

werden.“896 Da Schmidt Schwitters’ Theorie mitberücksichtigt, akzeptiert er konträr zu

Dorner den Gebrauch heterogener Fremdmaterialien nicht nur für Collagen, sondern

auch für Assemblagen als konzeptuelles Prinzip.

Die von Frommer und Schmidt konstatierte mögliche Entwicklung in die semantische

Leere betrachtete Hans Weigert in Schwitters’ Exponaten in der Ausstellung „Pieter

Mondrian. Man Ray. Kurt Schwitters“ in der Galerie Kühl & Kühn als erreicht. Im 892 Beide Zitate: A. G.: Vom Expressionismus zum Kompressionismus. Dresdner Sommerausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 361, 05.08.1920. 893 Schmidt kaufte für die von ihm im Stadtmuseum aufgebaute Abteilung der Gegenwartskunst neben Werken der Brücke-Künstler, Bilder u. a. von Otto Dix, Conrad Felixmüller, Lasar Segall, George Grosz und Oskar Kokoschka. 1920 erwarb er auch das Merzbild, L Merzbild L 3 (Das Merzbild.), vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436, das Schwitters’ Ein-Mann-Bewegung den Namen gab, sowie 1921 das „Ringbild und Merzbild mit Ring“, vgl. ebd., WV-Nr. 611. Für seine Erwerbungen wurde er bereits 1924 als „Kunstbolschewist“ gebrandmarkt und aus seinem Amt entlassen, vgl. Negendanck 1998, S. 61-62. 894 Zimmermann 1920.07.19. 895 Paul F. Schmidt: Schwitters, Schlemmer, Baumeister. (Ausstellung bei Arnold in Dresden). In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 16 (1920), S. 621–622, S. 621. 896 Beide Zitate: Paul F. Schmidt: Die Kunst der Gegenwart. Berlin 1922, S. 113.

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Prinzip, so Weigert, hätten die ausgestellten Werke eine große Ähnlichkeit zu seinen

älteren „Produkte[n]“. Der Rezensent erkennt zwar eine Weiterentwicklung von Merz

aufgrund der „Klärung und Festigung des Bildgefüges“. In manchen der Exponate aber

sieht er die Idee der autonomen Kunst wie auch den traditionellen Bildbegriff nivelliert.

Schwitters führe die bildnerische

„Schönheit ins Leere [...]. L’art pour l’art in seiner letzten, grausamsten Konsequenz. Diese Kunst, die alle Bindungen mit dem Leben, zumal durch ihre Gegenstandslosigkeit, durch die Ablehnung aller Inhalte zerstört hat, muß sich ja in ihrer Vereinsamung sinnlos vorkommen und [...] zu der Einsicht gelangen, daß sie nur durch Einfügung in Architektur und Kunstgewerbe eine Lebensmöglichkeit hat.“897

Wie die meisten Dresdner Kritiker rekurriert Weigert hier ebenso auf die Forderung

nach einer eindeutigen Trennung zwischen hoher und dekorativer Kunst. Weigerts

Kritik richtet sich darüber hinaus gegen den künstlerischen Solipsismus. Indem der

Kunstkritiker eine Vereinsamung der Kunst feststellt, knüpft er direkt an das Schlagwort

des „Artistentums und der Atelierprobleme“ von Paul Westheim an, das der

Herausgeber von „Das Kunstblatt“ mehrmals in Bezug auf die abstrakte Kunst

nannte.898 Zudem erhebt auch Weigert „Form und Inhalt“ zu den essentiellen

Elementen der Malerei.899 Schwitters’ Sinnverweigerung setzt er deshalb gleich mit

dem Ende der Gehaltsästhetik und der Erfüllung der von Hegel ausgehenden These

vom Ende der Kunst.

1.4 Darmstadt und die Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ Schwitters beschickte zu Lebzeiten nur ein einziges Mal eine Ausstellung in Darmstadt.

Er beteiligte sich als Sturm-Künstler an der vom Ständigen Rat zur Pflege der Kunst in

Hessen, vom Verband der bildenden Künstler Hessens und der „Darmstädter

Sezession“ veranstalteten Werkschau „Deutscher Expressionismus“900, die von Juni bis

September 1920 im Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe stattfand, mit

insgesamt sieben Werken.901 Insofern beschränkte sich Schwitters’ Verhältnis zu

Kritikern, die aus Darmstadt berichteten, auf die Kommentare zu dieser Ausstellung.

Die Ausstellung gilt als eine der bedeutendsten deutschen Präsentationen

zeitgenössischer Kunst nach dem Ersten Weltkrieg. Sie zeigte als Retrospektive und als

aktueller Überblick sowie als Ausblick auf die Entwicklung der Kunst sowohl Werke der

897 Alle Zitate: Weigert 1925.09.26. 898 Westheim 1924, o. S. und vgl. Westheim 1921 (17). 899 Weigert 1925.09.26. 900 Zur Ausstellung, vgl. Kirsten de Vos: „Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920“. In: Welsch, Sabine; Wolbert, Klaus (Hgg.): Die Darmstädter Sezession 1919-1997. Die Kunst des 20. Jahrhunderts im Spiegel einer Künstlervereinigung. Kat. Ausst. Institut Mathildenhöhe, Darmstadt 1997, S. 71–100. 901 S.w.u. Dokumentation der Ausstellungen.

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Künstlergruppen „Die Brücke“ und „Der Blaue Reiter“ als auch kubistische, futuristische

Bilder sowie solche mit abstrakten, konstruktivistischen und veristischen

Darstellungsweisen. In der Ausstellung waren u. a. Exponenten der „Berliner Freien

Sezession“, des Sturm-Kreises, der „Novembergruppe“, des „Jungen Rheinlandes“ und

der „Dresdner Sezession ‚Gruppe 1919’“ mit Gemälden und grafischen Arbeiten

vertreten. Das Anliegen der Organisatoren war, in Anlehnung an die

„Sonderbundausstellung“ in Köln im Jahr 1912, „den ganzen Durchschnitt der

Generation zu zeigen.“902 Um der inhaltlichen Ausrichtung der Ausstellung gerecht zu

werden, wurde die Zahl der teilnehmenden Gäste aus dem Ausland beschränkt und

deren Bilder „unter Wahrung des deutschen Charakters der Ausstellung nur als Annex“

gezeigt.903 Die Auswahl der Werke wurde nicht durch die Ausstellungsorganisatoren

getroffen, sondern den Künstlern oder deren jeweiligem Kunsthändler überantwortet.904

Aus der Menge der Einsendungen wählte die Ausstellungsjury etwa 1000 Werke von

146 Künstlern aus. Die Bilder, besonders die der führenden zeitgenössischen Künstler,

stellten jedoch zum großen Teil keine repräsentativen und bedeutenden Beispiele ihres

Schaffens dar, sodass das Publikum eher zweitrangige Exponate zu sehen bekam.905

Die Ausstellung fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem bereits einige einstige Wortführer

und Befürworter des Expressionismus diesen durch Nachahmer und Mitläufer v. a. der

zweiten Generation als im Verfall begriffen betrachteten.906 Ehemalige Anhänger der

Kunstbewegung warfen den Künstlern vor, nichts Schöpferisches und substanziell

Neues zu entwickeln und lediglich auf ein ausgeformtes stilistisches Vokabular

zurückzugreifen. Bereits 1917 wies Kasimir Edschmid diesbezüglich in seinem Vortrag

über den „Expressionismus in der Dichtung“ auf den eingetretenen Umstand der

Verwässerung durch ein „bewußt durchgeführte[s] Programm“ der Nachahmung hin.

„Schon wird das, was Ausbruch war, Mode. Schon schleicht übler Geist herein.“ Er

beklagte die Einförmigkeit und die völlige Abstraktion in der Kunst, die ins Grenzenlose

tendiere, innerhalb derer nichts mehr „gestaltet, umgeformt, aufgesucht wird“ und die

aufgrund der programmatischen Überbetonung jegliche Sinnlichkeit entbehre.907

902 Anonym: Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Darmstädter Zeitung. Ausgabe 134, 11.06.1920. 903 Protokoll der 3. Sitzung des Arbeits-Ausschusses vom 26.01.1920, zit. nach de Vos 1997, S. 76. 904 Vgl. de Vos 1997, S. 77. 905 Zur räumlichen Aufteilung in der Ausstellung und zur Hängung der ausgestellten Arbeiten, vgl. ebd., S. 79-81. 906 Zu den Diskussionen über das Ende des Expressionismus, vgl. Andreas Hüneke: Der Anfang vom Ende - oder: Wann starb der Expressionismus? In: Nowak, Cornelia; Schierz, Kai Uwe (Hgg.): Expressionismus in Thüringen. Facetten eines kulturellen Aufbruchs. Kat. Ausst. Galerie Fischmarkt, Erfurt; Angermuseum, Erfurt. Jena 1999, S. 326–328. 907 Alle Zitate: Kasimir Edschmid: Expressionismus in der Dichtung. Rede, gehalten am 13. Dezember 1917 vor dem Bund Deutscher Gelehrter und Künstler und der Deutschen Gesellschaft 1914. In: Mayer, Hans (Hg.): Deutsche Literaturkritik im 20. Jahrhundert. Stuttgart 1965, S. 259–282, S. 275.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Wilhelm Hausenstein kritisierte 1918, der Expressionismus befinde sich „bereits in dem

Moment seiner historischen und sachlichen Vollendung“ und beginne zu verflachen.908

Durch die nachfolgenden, jüngeren Kunstschaffenden der „zweiten und dritten Reihe“

werde er trivialisiert und sein revolutionäres Moment entkräftet:

„Sie reden von Gott und machen expressionistisches Kunstgewerbe; sie reden von Religion und Kirche und machen Tapetendekor. [...] Nachdenken, an sich Vertiefung der Kunst, wurde als artistische Intellektualität Ersatz unzureichender Sinnlichkeit, beschränkter geistiger Raumweite.“909

Und 1920 erklärte Hausenstein den Expressionismus schließlich für „tot“.910 Auch

Wilhelm Worringer, einst einer der wichtigsten Verfechter der expressionistischen

Bewegung, konstatierte 1920 das durch die „Krise“ der Kunst bedingte „Ende des

Expressionismus“.911 Die expressionistische Bewegung erster Generation galt indes um

1920 durch die Einrichtung der Neuen Abteilung in der Berliner Nationalgalerie, durch

zahlreiche Ankäufe von expressionistischen Werken durch andere Museen und der

hohen Nachfrage auf dem Kunstmarkt als voll anerkannt und arriviert.

Eröffnet wurde die Ausstellung am 10. Juni durch Vorträge des Darmstädter

Bürgermeisters Rudolf Mueller, Kasimir Edschmids, Präsident der „Darmstädter

Sezession“, des Präsidenten des Landesbildungsamtes Richard Strecker und des

Reichskulturwarts Edwin Redslob.

Redslob akzentuierte in der abschließenden Rede die potentielle Tragweite der

Ausstellung, durch die wahrscheinlich „uns weitere neue Wege zur Entwicklung

unserer Kultur gewiesen werden.“ Die Werkschau erwecke den Eindruck einer

künstlerischen Übergangszeit „aus dem widerstrebenden rücksichtslosen Kampf zu

einer feinen, stillen Sachlichkeit“ und zeige durch die angenehme und konsolidierte

Atmosphäre in den Ausstellungsräumen, dass die Phase der Zertrümmerung

überwunden sei und die Kunst nun das Moment des „Wiederaufbau[s]“

veranschauliche. Die Besonderheit der Ausstellung bestehe in dem Nebeneinander

von hervorragenden und weniger bedeutenden Künstlern, von „wertvolle[n] Menschen

und eine[r] große[n] Anzahl von Schafsköpfen. Diese Mitläufer aber scheiden mit der

908 Wilhelm Hausenstein: Vom Expressionismus in bildender Kunst. Vortrag, gehalten am 14.03.1918 vor dem Bund Deutscher Gelehrter und Künstler und der Deutschen Gesellschaft 1914. In: Die neue Rundschau 29. Jg., Bd. 2 (1918), S. 913–930, S. 927. 909 Beide Zitate: Wilhelm Hausenstein: Über Expressionismus in der Malerei. Berlin 1919, S. 64-65 und 73, zit. nach Hüneke 1999, S. 326. 910 Wilhelm Hausenstein: Über Expressionismus. Aus „Die Kunst in diesem Augenblick“ München 1920. In: Die Kunst in diesem Augenblick. Aufsätze und Tagebuchblätter aus 50 Jahren. Hrsg. von Dems; Hans Melchers. München 1954, S. 246–286, S. 265. 911 Beide Zitate: Wilhelm Worringer: Künstlerische Zeitfragen, Vortrag, gehalten am 19.10.1920 in der Ortsgruppe München der Deutschen Goethegesellschaft. München 1921, S. 7.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Zeit von selbst aus.“ Damit sei eine „stille[] Aufbauarbeit“ geleistet, der zu wünschen

wäre, „daß sie der Stilwille einer neuen Zeit wird.“912

Edschmid unterstrich als zweiter Redner zunächst den „revolutionären geistigen

Gehalt“ der „Darmstädter Sezession“ und erläuterte die Intention der Ausstellung. Um

eine ähnlich kühne Leistung wie die Sonderbundausstellung bewerkstelligen zu

können, hätte diese Präsentation expressionistischer Kunst allerdings einige Jahre

zuvor veranstaltet werden müssen, womit er das Moment der Nachzeitigkeit betonte.

„Heute ist der Kampf nicht mehr so heftig, die Jugend hat ihr Recht, die Bewegung ist

allerorten durchgesetzt, ja, die bedeutendsten Festungen der wenig offenherzigen

Akademien und Schulen sind bereits gefallen“. So bestehe der Gewinn der Ausstellung

in „einer guten Registrierung“, die dem Besucher die Möglichkeit biete, „den

ungewöhnlichen Reiz, das Zersplitterte einmal zum Abwägen zusammenzusehen.“

Nicht als eine „Qualitätsausstellung“ der führenden Exponenten des Expressionismus

konzipiert wolle diese die künstlerische Situation realistisch wiedergeben und umfasse

daher neben bedeutsamen auch marginale Werke. Als Vorgriff auf die Kritik bemerkte

Edschmid weiter, dieser besondere Sachverhalt könne nur von einem „Troddel und

Idioten [...], der die besten Zeiten deutscher Vergangenheit in ähnlichen Formen

stempelte“, und von „Subalternen des Geistes“ kritisiert werden. Trotz der z. T.

ungeschickten Zusammenstellung „und gerade durch die dem Licht qualvoll

zudrängende Schwere“ sei diese Ausstellung „ein Dokument deutschen Geistes.“913

In dem Vorwort des Kataloges zur Ausstellung griff Edschmid zudem weiteren

möglichen gegnerischen Argumenten der Kunstkritik vor. Die Bewegung sei

mittlerweile zehn Jahre alt und es gebe nunmehr keinerlei Anlass zur Aufregung. Der

Begriff Expressionismus bezeichne nichts weiter, „als daß so innerliche Tendenzen

und so ins Äußere weit und sichtbar greifende neue Formgefühle sich einer Linie

genähert haben, auf der die einfachen Ausdrucksmittel vieler vergangener Epochen

von Grünewald bis zu den Chinesen, von Ramses bis zu den Pompejanern lagen.“914

Aber es handele sich um ein „Mißverständnis eines Nachwuchses“ aus dem

Expressionismus eine Modeerscheinung gemacht und ihn durch „kosmische[] Tapeten

und hysterische[] Gedichte[]“ trivialisiert zu haben. Durch unkritische Aneignung könne

912 Alle Zitate: Zit. nach Anonym 1920.06.11. 913 Alle Zitate: Zit. nach ebd. Edschmid nahm hier Bezug auf die Jugendstilausstellung „Ein Dokument deutscher Kunst“, die 1901 ebenfalls in Darmstadt stattfand. Er spielte auf die Bedeutung der Ausstellung an, durch die Darmstadt zu einem Zentrum des Jugendstil avancierte. Das Hauptaugenmerk des Vergleichs lag hierbei auf dem Aspekt einer umfassenden Werkschau, die die modernen künstlerischen Bestrebungen ihrer Zeit dokumentierte. Insofern und um die Analogie Edschmids auszudeuten, war die Ausstellung nicht als Schau von künstlerischen Innovationen zu sehen, vielmehr sollte ihr dokumentarischer Wert unterstrichen werden. 914 Edschmid 1920, S. 19.

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nie ein Stil entstehen, der in die „schöpferische Breite“ gehe.915 So bedürfe es in einer

Zeit des Überganges der „Selbstbesinnung, Arbeit und Geduld“, denn erst aus

zeitlicher Distanz werde sich die Bedeutung der Bewegung zeigen.916

Die Darmstädter Ausstellung erreichte eine große Resonanz in der deutschen Presse.

Die meisten Kommentatoren kamen zu einem ambivalenten bis negativen Urteil über

den „Stand des Expressionismus“917. In ihren Ausstellungsberichten griffen die

Berichterstatter einzelne Anmerkungen aus den Beiträgen der Eröffnungsreden auf

und werteten die positiv angeführten Sachverhalte zu Kritikpunkten um: Dieser

künstlerische Überblick zeige „zu viel Altes“, bereits an anderen Orten Gesehenes und

stelle die grafischen Arbeiten „überstark“ aus. Der Titel sei irreführend, da der Begriff

des Expressionismus viel zu weit gefasst sei.918 Diese Rückschau könne nur „die

Jugend - aber auch nur sie!“ ansprechen, für den älteren Laien erwecke sie eher den

Eindruck einer „ins Riesenhafte erweiterte[n] Schreckenskammer von

mittelalterischster Raffiniertheit“.919 Auch lege sie Zeugnis darüber ab, „auf welche

Irrwege die Kunst unserer Tage geraten ist.“920 Relative Einigkeit herrschte darüber,

dass sich die Kunst in einer Krisensituation befand, in einer noch nicht gefestigten

Position zwischen sinnverneinender Abstraktion und beginnender Rückwendung zum

Gegenstand. Die Ausstellung belege, so heißt es diesbezüglich in der Presse, die

„gewaltige Krise“ wie auch den „Stillstand“ innerhalb der aktuellen Kunstentwicklung

und die ursprünglich „großartige[] Intention“ der expressionistischen Bewegung werde

durch eine Vielzahl von Kunstschaffenden der zweiten Generation imitiert und durch

die völlige Abstraktion nivelliert.921

Trotz der überaus großen Anzahl von Exponaten und der misslungenen Hängung, die

oftmals beklagt wurde,922 erhielten die von Herwarth Walden ausgewählten

Einsendungen hohe Aufmerksamkeit in den Ausstellungskritiken.923 Aus dem Kreis um

Walden nahmen 17 Künstler mit insgesamt 67 in drei Kabinetten untergebrachten

Werken teil, die, wenn sie in den Kritiken nicht völlig ignoriert wurden, fast durchweg

915 Alle Zitate: Ebd., S. 23. 916 Ebd., S. 24-25. 917 Ebd., S. 18. 918 Beide Zitate: Anonym: Welt und Wissen. Die Darmstädter Expressionisten-Ausstellung. In: Kölnische Volkszeitung. Ausgabe 679, 04.09.1920. 919 Beide Zitate: Richard Braungart: Deutscher Expressionismus (Zur Ausstellung in Darmstadt). In: Münchner Zeitung. Ausgabe 174, 25.06.1920. 920 Fritz Droop: Die Heerschau der Expressionisten in Darmstadt. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 31.07.1920. 921 Alle Zitate: Hartlaub 1920.07.15. 922 Vgl. ebd. und Anonym 1920.09.04. 923 Vgl. de Vos 1997, S. 80.

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negative Reaktionen hervorriefen, weil die meisten von ihnen als „Mitläufer“924 oder als

„gedanken- und gefühllose[] Nachahmer“925 der Vorreiter der Bewegung

wahrgenommen wurden. Viele der Rezensenten betrachteten die vertretenen Sturm-

Künstler als „Extreme“ der Ausstellung und besprachen insbesondere Schwitters’

Bilder ausgesprochen herabwürdigend. Aufgrund der Materialwahl, der technischen

Umsetzung und der nicht figurativen Gestaltungsweise nahmen sich die Merzwerke als

abstrakte „Experimente“926 aus und widersprachen dem gängigen, an der

Gehaltsästhetik orientierten Kunstverständnis. Schwitters wurde überwiegend als

Exponent der Sturm-Kunst aufgenommen, weil er im Zusammenhang mit dem

Künstlerkreis ausstellte.

Schwitters’ Darmstädter Hauptkritiker waren Max Strese und Gustav F. Hartlaub.

Daneben gabt es eine Reihe anonymer Rezensenten und Kritiken von namentlich

zeichnenden Berichterstattern, die auf die Werke des Merzkünstlers in ihren Artikeln zu

sprechen kamen. Obgleich im Zusammenhang der Studie v. a. die Kommentare der

beiden Darmstädter Hauptkritiker von Interesse sind, so sollen im Folgenden die

Statements der Nebenkritiker zur Merzkunst gleichwohl zur Ergänzung des

Kritikenspiegels kurz beleuchtet werden.

1.4.1 Max Strese Angesichts des großen Umfangs der Ausstellung konstatiert Max Strese,

Feuilletonredakteur der „Leipziger Neuesten Nachrichten“, in seiner Besprechung der

Werkschau „Deutscher Expressionismus“, „[d]er erste Eindruck ist naturgemäß ein

sinnverwirrender“. Die Auswahl der Exponate für die Ausstellung lasse aber erkennen,

„daß die Zeit der Gärung vorübergeht und den gewaltsamen oder aus innerem Drang

herbeigeführten Zertrümmern bisheriger Kunstbegriffe und Anschauungen sich

langsam ein Weg und Ziel zum Wiederaufbau herauskristallisiert.“ Die Werkschau

beweise, dass sich der Expressionismus von der chaotischen Auffassung weg

entwickle, „wieder in gesunde Bahnen überläuft“ und sogar einen „typische[n]

deutsche[n] Charakter“ ausbilde. Strese bemerkt ein allmähliches Wiederanknüpfen an

klassisch-organische Abbildungsweisen und eine Rückkehr zum Gegenständlichen.

Die deutsche Kunst aber hinke „im Wiederaufbau auf dem Trümmerfeld überlebter

Kunstanschauungen“ der Kunstentwicklung in Frankreich hinterher, wobei im

924 Hartlaub 1920.07.15, Braungart 1920.06.25, Wilhelm Michel: Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Feuer. Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur 1. Jg., Bd. 1 (1919/20), S. 789–802, S. 790, Richard Strecker: Darmstädter Kunstausstellung von 1920. In: Leipziger Tageblatt. Morgenausgabe, 12.09.1920 und Max Strese: Theater, Kunst, Wissen. Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 143, 20.06.1920. 925 Braungart 1920.06.25. 926 Beide Zitate: Strese 1920.06.20.

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Allgemeinen der Stilwandel Picassos, dessen ausgestellte Bilder seine stilistische

Wandlungsfähigkeit dokumentierten, und seine Orientierung an Ingres als

symptomatische Tendenz gewertet werden könnten. Die Mehrheit der ausstellenden

Künstler zeige daneben eine „erfreulich gesunde[] Entwicklung“ und „kraftvolle“,

künstlerische Resultate. Das Charakteristikum der Ausstellung sei die Dominanz der

qualitativ „wirklich Schaffenden“, die die Mitläuferschaft deutlich „auszuschalten

beginnt.“ Mit dem Denkmodell der Abkehr vom „gewaltsame[n] Zertrümmern“ hin zu

„einer erfreulich gesunden Entwicklung“ knüpft Strese mithin an die Aufteilung der

Kunst in eine gesunde und eine kranke Ausprägungsform an, wie sie v. a. in den

Debatten der Hannoverschen Journalisten vorherrschte.927

In der Ausstellung, so Strese weiter,

„fehlen selbstverständlich auch die Extremen nicht, aber Bilder wie ‚Sturmgruppe’, können zweifellos als Experimente bezeichnet werden. Ebenso die Arbeiterbilder von Kurt Schwitters und anderen. Schwitters malt überhaupt nicht mehr, sondern sucht Auslese aus den Kehrichthaufen, Straßenbahnbillets, Topfdeckel, Dosen, Zigarettenschachteln, Holzfelgen, Drahtgittern und dergleichen zusammen, nagelt und klebt diese Dinge auf ein Brett und verbindet sie mit breiten Pinselstrichen ‚harmonisch’. Über diese Anfänge sind wir Gott sei Dank hinaus.“928

Aus der Sicht der Schulästhetik hatte die praktische Erprobung des Montageverfahrens

keinen Kunstwert. Daher gelten Strese die Merzwerke als gewagte Versuche, die für

den Kunstkritiker kein in sich geschlossenes und v. a. endgültiges Resultat darstellen.

Die begriffliche Bezeichnung als „Experimente“ rückt die Werke in den Bereich der

experimentell ausgerichteten Wissenschaften, bei denen in Versuchsanordnungen

neue Entdeckungen gemacht und die zuvor getroffenen Hypothesen verifiziert werden.

Unausgesprochen beinhaltet die Negativeinschätzung eines Werkes als Experiment

demnach die Ablehnung eines formal und inhaltlich relativ offenen Werkcharakters

ebenso wie das Verdikt der Theoriebildung.929

Außer auf Picassos Neuorientierung geht Strese in seiner kritischen und kurzen

Ausstellungsübersicht namentlich nur auf die Bilder des Merzmalers ein. Mit dem durch

927 Alle Zitate: Strese 1920.06.20. Den Artikel veröffentlichte Strese in leicht abgewandelter Form im „Darmstädter Tageblatt“ vom 13.06.1920 und in den „Leipziger Neuesten Nachrichten“ vom 15.06.1920. Zitiert wird hier aus der Kritik, die im „Hannoverschen Anzeiger“ am 20.06.1920 erschien und sich lose eingelegt in Schwitters’ Kladde „8uur“ befindet. Strese publizierte zwei weitere, z. T. von dem Aufsatz im „Hannoverschen Anzeiger“ abweichende Berichte in der „Ostsee-Zeitung, Stettin“ und „Magdeburgischen Zeitung“, vgl. Strese 1920.06.15 a und Anonym (= Strese, Max): Deutscher Expressionismus, Darmstadt 1920. In: Magdeburgische Zeitung. Morgenausgabe, 17.06.1920. 928 Strese 1920.06.20. 929 Aufgrund der Koppelung von Theorie und Praxis in der Avantgardekunst schlossen manche Kunstkritiker auf eine methodische Nähe zu den exakten Wissenschaften, vgl. Glaser 1919.07.20, Curt Glaser: Proun. Zwei Ausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 41, 25.01.1924 und Westheim 1921 (17), S. 292.

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Anführungsstriche ironisierten Kommentar zur malerischen Harmonisierung rekurriert

er auf die Kunstkritiker, die den farblichen Rhythmus der Merzbilder lobend betonten.930

Die Art der Rezeption des Werkprozesses als „Auslese aus den Kehrichthaufen“ und

die bloße Aufzählung der Bildkomponenten erinnern an die Besprechung von seinem

Hannoverschen Kritikerkollegen Erich Madsack, dessen Rezension zur dritten

Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“ Strese als Mitarbeiter des

„Hannoverschen Anzeiger“ sicherlich kannte.931

In seinem Bericht „Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920“ unterscheidet Strese

zwischen drei Künstlertypen, zwischen dem Typus des „wirklich Schaffenden“ im Sinne

einer gesunden, organischen Entwicklung, dem der künstlerischen „Uebergänge“

sowie dem der Extreme. Im Hinblick auf letzteren konstatiert er eine Überwindung und

damit das Ende der progressiveren Avantgardebewegungen wie auch eine

Neuorientierung an der Tradition.932

Mit der These der Überwindung abstrakter Regellosigkeit v. a. aber mit der dreifachen

Nennung des Wortes „Wiederaufbau“ lieferte der Kritiker Schlagwörter, die Schwitters

leitmotivisch in seinem an Strese adressierten Text „Tran Nummer 11“ einsetzen sollte,

in dem er das Wortmaterial für ein semantisches und rhetorisches Spiel verwendet.933

1.4.2 Gustav Friedrich Hartlaub Gustav Hartlaub war der zweite Kritiker der Darmstädter Ausstellung, dem Schwitters

eine Replik widmen sollte. Hartlaub studierte Kunstgeschichte, Archäologie und

Philosophie u. a. bei Robert Vischer. Mit der Dissertation „Siena im Quattrocento“

schloss er sein Studium 1910 in Göttingen ab. Nach seinem Volontariat in der

Kunsthalle Bremen wurde er 1913 zunächst Kustos, 1923 in der Nachfolge Fritz

Wicherts Direktor der Städtischen Kunsthalle Mannheim, in der er im Rahmen der

Ausstellung „Der Genius im Kinde“ eine Vielzahl von Kinderbildern zeigte und 1925 die

bedeutende Ausstellung „Neue Sachlichkeit“ veranstaltete. Daneben war er als

Kunstkritiker und Autor für die „Frankfurter Zeitung“ und verschiedene Fachzeitschriften

u. a. für „Das Kunstblatt“ tätig. In seine kunsthistorischen wie auch kunstkritischen

930 Vgl. Schacht 1920, S. 43, Schikowski 1920 und Schikowski 1920.04.15. 931 Vgl. Madsack, E. 1920.02.15. Über die Art der Materialbeschaffung für die Merzwerke mutmaßte, neben Strese und Madsack, auch Oskar Beyer anlässlich der 86. Sturm-Ausstellung: „Unermüdlich muß er draußen auf der Suche sein nach Straßenbahnbilletten, Eisen-, Blech- und Drahtstücken, alten Kochtopfdeckeln, Lattenfragmenten, Kinderwagenrädern und anderem, was man auf den Straßen liegen sieht und aus Müllkästen und Abfuhrstellen auflesen könnte, unermüdlich muß er sammeln: Annoncen, Adressen, Briefmarken, Packungen, gemusterte Stoffreste, Wattebäusche, Knöpfe, Spielkarten, Papierfetzen u. a. m.“, Beyer 1920, S. 644. 932 Beide Zitate: Strese 1920.06.20. 933 Vgl. Kurt Schwitters: Tran Nummer 11. Deutsche Volkskritik, die Kritik des Wiederaufbaus. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 61–63 und s.w.u. Kap. 2.1.

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Einschätzungen bezog er „magische[], mystische[] und mythologische[] Denkweisen“

ebenso wie Ansätze aus anderen Disziplinen wie der Musik und Kunstpsychologie mit

ein.934

Mit der Ausstellung „Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“

prägte Hartlaub einen Begriff, der eine der wesentlichen Kulturströmungen der

Weimarer Republik erstmals theoretisch erfasste. Der Terminus war konkreter

Ausdruck für den Beginn einer Neuorientierung der Kunst und eine Abkehr von der

Abstraktion. Das Phänomen wurde bereits namentlich in einer Umfrage der Zeitschrift

„Das Kunstblatt“, zu der Hartlaub ebenfalls einen Beitrag lieferte, als Möglichkeit

erörtert, die spätexpressionistische Malerei zu überwinden.

Prinzipiell gehörte Hartlaub zu den Befürwortern des frühen Expressionismus. Seiner

Vorstellung nach sollte dieser eng mit einem „religiösen Erneuerungswillen[]“

verbunden werden und anthropologisch ausgerichtet sein.935 In dem Schaffen vieler

Künstler der zweiten Generation sei dieses gemeinsame Bestreben nicht mehr

erkennbar, so Hartlaub, da sie radikal mit dem Organismusgedanken gebrochen

hätten. Ihre Werke zeigten lediglich Schematisierungen des neuen Formenvokabulars

oder eine Tendenz zum Experimentellen, zu „kunsthaften Mechanismen“.936 Auch

Hartlaub warnte davor, dass sich die Bewegung „infolge der Kriegskonjunktur zu einer

gefährlichen Mode“ entwickeln könnte.937 Demgegenüber betonte der Kunsthistoriker,

das Wesentliche künstlerischer Veranschaulichung sei die „Form, sinnfällig gestaltetes

Symbol [...], nicht bloßes Bedeutungszeichen, das ‚literarische’, in diesem Fall religiöse

Assoziationen hervorruft.“938

Im Zentrum von Hartlaubs Auffassung stand die Forderung nach einer individuellen, in

Auseinandersetzung mit der Natur entfalteten Kunst. Für Hartlaub bedeutete Kunst,

seelisch begründete Vergegenständlichung,

„schöpferische Tätigkeit des Menschen zur Hervorbringung sinnfälliger Symbole der Gefühle, die durch äußere und innere Eindrücke und Vorstellungen in seiner Seele hervorgerufen sind, gestaltet innerhalb gewisser ewig gültiger Gesetze künstlerischer Formung, ewig gültiger Anspruch menschlichen

934 Feist 1999, S. 150. Zur Laufbahn und zu Hartlaubs Arbeitsgebieten, vgl. auch Hille 1992. 935 Redaktion des Kunstblatts 1922 [Beitrag von G. F. Hartlaub], S. 389. 936 Ebd., S. 390. 937 Brief von Gustav F. Hartlaub an Fritz Wiechert vom 17. September 1918, zit. nach Hüneke 1999, S. 326. 938 Gustav F. Hartlaub: Kunst und Religion. Ein Versuch über die Möglichkeit neuer Kunst. Leipzig 1919, S. 26. Hartlaub ging dabei von Goethes Unterscheidung zwischen Symbol und Allegorie aus. Für diesen versinnbildlichte das Symbol eine Ganzheitlichkeit, es lasse als gegenstandsgebundene Veranschaulichung vielfache Deutungen zu und bedürfe wegen seiner mittelbaren Wirkung keines Kommentars. Die Allegorie zeige das Besondere als ein bloßes Beispiel des Allgemeinen, während Objekt und Subjekt im Symbol identisch seien, vgl. Johann Wolfgang Goethe: Aphoristisches aus den „Maximen und Reflexionen“. In: Schriften zur Kunst und Literatur. Hrsg. von Harald Steinhagen. Stuttgart 1999, S. 311–325, S. 314-316.

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Gefühles, die man mit einem altmodischen Wort als die Norm der ‚Schönheit’ bezeichnen kann.“939

Auch der Zugang zur Kunst vollziehe sich daher auf einfühlendem, nicht auf

intellektuellem Weg. Mithin folgte Hartlaub der Gefühlsästhetik, wie sie innerhalb des

Diskurses zur Merzkunst v. a. von Ernst Cohn-Wiener vertreten wurde.

Anlässlich der Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ hebt Hartlaub in seiner

Rezension der Werkschau eine Abwendung von der künstlerischen Verspanntheit

sowie vom Chaos und eine Hinwendung zu „Arrivismus und Reaktion“ hervor, eine

Entwicklung wie sie auch von Edwin Redslob in seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung

angedeutet worden ist. Hartlaub begreift den Expressionismus als heterogene

Strömung, wobei er zwischen Expressionisten der ersten Generation, die ihr Schaffen

an der künstlerischen Tradition orientierten, und den der zweiten Generation

differenziert, die radikal mit der Tradition brächen. Der frühe Expressionismus

präsentiere „nichts grundsätzlich Neues und Umstürzendes [...], sondern nur ein

Auseinanderlegen und gesondertes Weiterverfolgen der vorhandenen Möglichkeiten im

Gesamtwollen der letzten 20 Jahre.“ Trotz aller gewollter Unterschiedlichkeit ergäben

sich so innerhalb der neuesten Tendenzen durchaus gewisse Gemeinsamkeiten „in der

Formensprache der Künstler und in ihrem Verhältnis zur Natur, eine Sprache, die auf

eine neue gemeinschaftliche Einstellung zur inneren und äußeren Erfahrung, auf ein

besonderes Gemeinschaftserlebnis der Welt“ hindeute. Diese Auffassung zeige sich

„durch das Herausarbeiten gewißer rein formaler Gestaltungselemente, die an sich

letzten Endes jedem Kunstwerk, jeder Richtung innewohnen, aber hier nicht wie sonst

auf Naturvorbilder angewandt, sondern unmittelbar an abstrakten oder frei

hervorgebrachten Form- und Farbgebilden aufgezeigt“ würden. Die Künstlerschaft

orientiere sich „am Unsichtbaren, Übersinnlichen, Metaphysischen der Dinge, so wie

es des Künstlers eigenes Ich zu erleben meinte.“ Das Icherlebnis und die

Ausdruckskraft seien auf der Seite der Künstler zum ästhetischen Kriterium

geworden.940

Auf Seiten der Kommentatoren aber, werde bereits an der Verflachung und

Verwässerung innerhalb des Expressionismus scharfe Kritik geübt. „In einem solchen

kritischen Augenblick, da alle kaum gewonnenen Maßstäbe wieder problematisch

werden zu drohen“, besuche man diese Werkschau „mit besonderer Spannung.“ Und

diese „Rückschau“ bestätige aufgrund der Werkauswahl die ambivalenten

Bewertungen „der jüngsten Entwicklung“ seitens der einstmaligen Wortführer, wie

939 Hartlaub 1919, S. 1. 940 Alle Zitate: Hartlaub 1920.07.15.

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Worringer und Hausenstein. Als Manko der Ausstellung kritisiert Hartlaub, dass in ihr

sehr wenige starke und individuelle Künstlerpersönlichkeiten vertreten seien, „die den

Weg zu sich selber gefunden haben“. So seien die wichtigsten Maler des frühen

Expressionismus nur mit wenig bedeutenden Bildern in der Ausstellung präsent. Und

die Hängung sei derart unvorteilhaft vorgenommen, dass das Einzelne „in den Massen

untergeht, untergeht vor allem in der Menge von Nachahmern, Mitläufern und

Abhängigen, deren geborgter Glanz das hier ohnehin schwachstrahlende Urlicht der

Meister überfunkelt“, sodass ein „geschlossener Eindruck“ nicht entstehen könne. Aus

der Perspektive der „Rückschau“ schließt sich Hartlaub also der Rhetorik des

Nachahmungsdiskurses an, etwa dem Urteil Paul Westheims und Curt Glasers. Auch

aus dem Fokus einer „Umschau“, die die künstlerischen Wechselwirkungen auf

internationaler Ebene zu veranschaulichen habe, biete sich ein ähnliches Bild:

„Bleibt, was uns die Ausstellung über den gegenwärtigen Stand [...] die Fortbildung der im Inland und Ausland empfangenen Antriebe zu sagen hat. Hier sollte doch jede größere Schau - selbst im provinziellen Zentrum, ja selbst bei liebloser, gleichsam in Ausverkaufs-, um nicht zu sagen in Bankerottstimmung vollzogener Aufhängung des ‚Materials’ - automatisch eine Art von Querschnitt zustande bringen.“941

Dennoch spiegle die Ausstellung die momentane Situation der bildenden Kunst. Auf

der einen Seite sei „die Bildung eines durchgehenden Niveaus“ und ihre Tendenz zur

„Vereinfachung und Intensivierung des Formalen, der Kultur der reinen Linien, reinen

Farben, reinen Kompositionen“ und eine „erstaunliche Sicherheit und Leichtigkeit der

Farbphantasien, der Formrhythmisierung, der Flächenbewältigung“ gegeben. Farbe

und Form gingen hier auf in einem metaphysischen Gehalt. Innerhalb einer zweiten

Tendenz habe sich eine „Farbenromantik, wollüstige Farbentraumkunst, die beständig

hemmungslos in Geheimnissen, oft auch Süßlichkeiten der reinen Farbe schwelgt, [...]

herausgebildet, eine Art von Hellsichtigkeit für Halbseelisch-Fluidales, Aurisches, das

alle Lebewesen umgibt und sich in Farben versinnlicht, scheint Allgemeingut

geworden“ zu sein in der zweiten Generation. Und es sei furchtbar zu beobachten, „wie

sich dies Verlieren, dies gestaltlose Schwärmen, dies Gemisch von Theoretik,

mystischer Schwelgerei rächt, wie das Geistige im Materiellen der kosmischen Wirbel

auf der Tapete, dem Vorsatzpapier endigt, endlich: wie dabei die Einheit der

schöpferischen Persönlichkeit in fast krankhaftem Sinne sich aufzulösen droht.“ Aus

der Menge der Kunstproduktion hebe sich eine dritte Tendenz heraus, innerhalb der

die Künstler „beständig zwischen geistigsten und sinnlichsten Erlebnissen behende

voltigierend“ sich „noch in unverbindlichen Märchen und Träumen [...] übersinnlich

941 Alle Zitate: Ebd.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

211

aus[]leben“. Und diese Richtung stelle eine Bereicherung für den Expressionismus dar.

Das Wiederanknüpfen an den Gegenstand und an eine inhaltliche Ausrichtung zeige,

so Hartlaub, dass „der Weg aus der Sackgasse der ‚reinen’ Malerei gefunden“ sei.942

Zur zweiten Tendenz zählt Hartlaub die ausstellenden Sturm-Künstler, die das Werk

Kandinskys und Picassos zu leeren Abstraktionen weitergeführt hätten, wie etwa „der

ganz über Verdienst bestaunte und bespottete Schwitters“, der „mit kunstgewerblichem

Witz den Kubismus Picassos in alten Plunder umsetzt.“943 Hartlaub als Mitarbeiter der

Zeitschrift „Das Kunstblatt“ orientiert sich bei der Rezeption der Merzkunst offenbar an

der kunstkritischen Einschätzung von Paul Westheim resp. Daniel-Henry Kahnweiler.

Der Kritiker, dessen Augenmerk auf eine auf Bedeutung zielende Darstellungsweise -

sei sie metaphysisch oder konzeptuell begründet - gerichtet war, sieht in den

Merzbildwerken lediglich ein mit Dingen aus der Alltagswelt ausgefülltes

Sammelsurium. Die bei Picasso zu einem Gegenstand zusammengefassten und an

einen bestimmten inhaltlichen Kontext gekoppelten Fragmente ergeben für Hartlaub

vermutlich noch einen Sinn, weil sie zusammen gesehen werden können als eine

einzelne Bildgestalt mit erkennbarer Ikonografie. Demgegenüber lassen sich in den

Merzkunstwerken zwischen den eingeklebten und aufgenagelten Gegenständen nur

aufgrund ihrer Farb- und Formwerte Verbindungen erschließen. Die völlige Auflösung

der Kohärenz, das Fehlen einer offensichtlichen inhaltlichen resp. formalen Klammer

wird hier demnach als Verwässerung des Kubismus gewertet. Implizit tangiert Hartlaub

mit der Bezeichnung der Merzwerke als „alter Plunder“ zudem den Kitschdiskurs und

referiert damit auf die Betrachtungsweise von Glaser.

Auch der Kritik Hartlaubs wird Schwitters mit einem antikritischen Text entgegnen.

Während das Wort „Wiederaufbau“ in Max Streses Kritik Schwitters zu einem Wort-

und Buchstabenspiel in „Tran Nummer 11“ animierte, war es zweifelsohne das

Pathetische in Hartlaubs Sprachhaltung, das der Merzkünstler in „Tran Nummer 13“

aufgreifen sollte.944

Neben Max Strese und Gustav F. Hartlaub kommentierten zahlreiche andere Kritiker

die Merzwerke in der Ausstellung „Deutscher Expressionismus“. Ergänzend seien

einige Rezensionen ebenso mitberücksichtigt, die der Merzkünstler trotz partieller

Kenntnis für eine antikritische Schrift nicht heranziehen sollte.945

942 Alle Zitate: Ebd. 943 Beide Zitate: Ebd. 944 Vgl. Kurt Schwitters: Tran Nummer 13. Das Privatscheuertuch. (Beiträge zur Phänomenologie des kritischen Genusses). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 65–67 und s.w.u. Kap. 2.1. 945 Folgende Rezensionen bewahrte Schwitters lose einliegend in „Kladde 8uur“: Strecker 1920.09.12, Strese 1920.06.15 a und Strese 1920.06.17.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

212

Ein anonym zeichnender Autor erinnert in seiner Ausstellungsrezension im

„Heidelberger Tageblatt“ an das Gedicht „An Anna Blume“ und rechnet Schwitters aus

dem Kontext der Werbung Steegemanns heraus zu den Dadaisten. In Anlehnung an

deren Propagierung des Primitiven betont der Redakteur, der „Primitivismus ist mit

voller Bewußtheit zum ‚Lallen des unschöpferischen, geistlosen Kindes’ ausgeartet.“

Vor dem Hintergrund der kunsthistorischen Zuordnung betrachtet der Kritiker

Schwitters als Antikünstler. „Denn Beziehungen zur Kunst hat Schwitters nun nicht“.946

Dieser Einschätzung schließt sich ein weiterer anonymer Rezensent an: „Auch die

Auswüchse dieser Richtung im Dadaismus fehlen nicht. Kurt Schwitters der bekannte

Liebesdichter der Anna Blume, vertritt ihn am besten.“947 In diesem Sinne urteilen auch

Fritz Droop, Feuilletonredakteur und Theaterkritiker verschiedener Zeitungen u. a. der

„Leipziger Neuesten Nachrichten“ sowie Richard Strecker, die den Lesern in Rekurs

auf die Diskussionen zum künstlerischen Infantilismus vermitteln, Merzbilder könnten

auch von Kindern948 oder schlechterdings von jedem gefertigt werden.949

Richard Braungart, Redakteur der „Münchner Zeitung“, stellt in seiner Besprechung

„Deutscher Expressionismus“ den avantgardetypischen Überbietungsgestus der

Merzwerke heraus: „Und dann kommt der Knalleffekt des Ganzen: die Berliner Sturm-

Gruppe, die sich in krampfigem Uebertrumpfen von oft Dagewesenem nicht genug tun

kann. Ist es da ein Wunder, wenn innerhalb dieser Gruppe Leute wie Kurt Schwitters

(man merke sich, bitte, den Namen!) ihre ‚Bilder’ nicht mehr malen, sondern zur

Propaganda der Tat übergehen“.950

Eine der wenigen positiven Kritiken zur Merzkunst stammt von Wilhelm Michel,

Mitarbeiter zahlreicher Zeitschriften u. a. von „Die Weltbühne“ und Mitglied der

„Darmstädter Sezession“. Das Hauptaugenmerk auf Form- und Ausdruckswerte bei der

Bildbetrachtung legend erkennt er die differenzierten Qualitäten des Materials:

„Aber sehr anziehend wirkt dann doch die schöne, tiefe Harmonie, zu der er seine wunderlichen Ausdruckszeichen bindet. Natürlich ist eine Menge soziales Pathos in diesen Eimerböden, Latten, Watteflocken und Zeitungsfetzen, die er durch Menschlich-Geistiges verklärt: Die Schönheit als Erlöser der Enterbten [...]. Aber er macht selbst das dürr Begriffliche durch Reize aller Art schmackhaft und veredelt es zu einer unzweifelhaften Sublimität.“951

946 Beide Zitate: Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zur Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ im Städtischen Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe, Darmstadt 1920]. In: Heidelberger Tageblatt, 09.08.1920 und vgl. Tristan Tzara: Dada-Manifest 1918 *). In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 116–131, S. 119. 947 Anonym 1920.09.04. 948 Vgl. Droop 1920.07.31. 949 Vgl. Strecker 1920.09.12. 950 Braungart 1920.06.25. 951 Michel 1919/20, S. 796-797.

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An anderer Stelle weist er auf die „Schönheit im Kehricht“ hin.952

Die sinnliche Qualität der Materialien betont auch Heinrich von Wedderkop in seiner

Ausstellungsbesprechung, betrachtet die Merzkunst allerdings aufgrund der

Nichtberücksichtigung der Theorie als naturalistische Stilausprägung:

„Die Arbeiterbilder Kurt Schwitters’ ergeben völlig neue Farbenklänge, erreicht durch die Gegenstände selbst. Man kann nicht naturalistischer sein als Draht, Leder, Fell und Zeitungspapier selbst agieren zu lassen, dies zu steigern durch das Hochrelief der Gegenstände und das Ganze in einem Kasten zusammenzuschließen. [...] Es sind samtene Klänge in diesem Mülleimermaterial, die man bisher nicht vernahm.“953

1.5 Hamburg In Hamburg, der letzten für die Arbeit relevanten Wirkungsstätte Schwitters’, in der er

einen Hauptkritiker fand, bildete sich erst nach dem Ersten Weltkrieg eine

eigenständige Avantgardeszene aus. 1919 gründete sich die „Hamburgische

Sezession“ als wichtigste progressive Künstlervereinigung der Hansestadt. Deren

Mitglieder vertraten einen z. T. kubistisch, z. T. vom Expressionismus der Vorkriegszeit

beeinflussten Stil und hielten somit an abstrahierend figurativen

Repräsentationsweisen fest.954 Als Förderer und Fürsprecher standen den

Avantgardekünstlern Sammler und Publizisten wie Gustav Schiefler und Rosa

Schapire zur Seite. Schapire unterstützte als Mäzenin ehemalige Brücke-Künstler, v. a.

Karl Schmidt-Rottluff, und setzte sich publizistisch als Herausgeberin und Autorin der

1919 erstmals und bis 1922 erscheinenden Zeitschrift „Die Rote Erde“ für die neue

Kunst ein.955 Darin publizierte sie eine Rezension zum in Hannover edierten

„Kestnerbuch“, das sie als „ein bleibendes Dokument der Tätigkeit der Vereinigung“

charakterisiert.956 Die Zusammenstellung der Originalgrafiken957 zeuge allerdings von

„Unsicherheit“ und einem „merkwürdige[n] Schwanken“, da neben „Harmlosigkeiten“

und bedeutsamen Werken auch künstlerisch schwache Leistungen gezeigt werden.

„Und mußte Schwitters vertreten sein, dieser neueste Ableger der ‚Sturmkunst’, der

innere Leere und mangelnde Gestaltungskraft vergebens hinter einem anspruchsvollen

952 Wilhelm Michel: Darmstädter Kunstsommer. Ein Nachwort. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt, 30.09.1920. 953 Heinrich von Wedderkop: Ausstellungen im westlichen Kulturgebiet. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg. (1920), S. 574–576, S. 576. 954 Zur Hamburgischen Sezession, vgl. Frederike Weimar: Die Hamburgische Sezession 1919-1933. Geschichte und Künstlerlexikon. Fischerhude 2003. 955 Zu Schapires Engagement für bildende Kunst, vgl. Maike Bruhns: Rosa Schapire und der Frauenbund zur Förderung deutscher bildender Kunst. In: Junge, Henrike (Hg.): Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905-1933. Köln u. a. 1992, S. 269–282. 956 Rosa Schapire: Das Kestnerbuch. In: Die rote Erde. Monatsschrift für Kunst und Kultur 1. Jg., H. 8/9/10 (Januar-März) (1920), S. 349. 957 S.w.o. Kap. 1.2.

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Programm zu verbergen sucht?“958 Schapire differenziert dabei, wie viele andere

Förderer der expressionistischen Kunst, zwischen den abstrahierenden Tendenzen

und der abstrakten Richtung der Bewegung. Sie erweist sich mithin als eine

Verfechterin der Gehaltsästhetik, denn sie qualifiziert die Sinnverweigerung der Sturm-

Kunst ab. Implizit plädiert sie für die klassische Trennung von Praxis und Theorie.

Neben „Die Rote Erde“ sind als weitere Neugründungen von Zeitschriften, die sich

modernen Kunstströmungen öffneten, „Die Kündung“ und „Kräfte“ zu nennen. Die

kurzlebige, von Kinner von Dresler ab Mitte 1919 herausgegebene Zeitschrift „Kräfte“

fungierte als Hamburger Organ der Berliner „Novembergruppe“ und arbeitete eng mit

der Dresdner Zeitschrift „Menschen“, anfangs auch mit dem Sturm-Kreis zusammen,

dessen eigene Zeitschrift „Der Sturm“ dem Hamburger Periodikum als Vorbild

diente.959 Schwitters bot die Zeitschrift „Kräfte“ ebenfalls ein Publikationsforum für

expressionistische Gedichte in der zweiten und vorletzten Ausgabe.960 Über den

Sturm-Kreis dürfte auch Schwitters’ Verbindung zum Kunsthaus Louis Bock und Sohn,

in dem seit 1913 zahlreiche Sturm-Ausstellungen stattfanden,961 zustande gekommen

sein. Schwitters stellte dort einmalig im Oktober 1920 aus. Es folgten in

unregelmäßigen Abständen eine Ausstellungsbeteiligung im Graphischen Kabinett

Georg Maulhardt und insgesamt vier Werkpräsentationen im Kunstsalon Maria Kunde.

Darüber hinaus nahm Schwitters 1929 an der Kunstausstellung des Altonaer

Kunstvereins teil.962

Die ablehnenden Reaktionen auf Schwitters’ montierte Bilder zeigen, dass auch in

Hamburg die progressivere Avantgardekunst nicht akzeptiert wurde. Die Kommentare

in den Hamburger Zeitungen und Zeitschriften knüpften dabei häufig an die in Berlin

und Hannover geführten Diskussionen über die Merzkunst an. Der Rezensent des

„Hamburgischen Correspondenten“, der über die Werkschau in der Galerie Louis Bock

und Sohn berichtet, kündigt Schwitters als „Sensation dieser Ausstellung“ an, an der

u. a. noch Karl Fluhme, Oskar Bögel und Ascan Lutteroth mit Gemälden, Aquarellen

und Zeichnungen teilnahmen. Schwitters selbst gab einen Überblick seines Schaffens

von frühen gegenständlichen Gemälden und Abstraktionen bis hinzu seinen

Merzwerken. Die älteren Werke bezeichnet der Kritiker als „tüchtige Arbeiten eines

958 Alle Zitate: Schapire 1920, S. 349. Ihre Kritik an den im „Kestnerbuch“ enthaltenen Beiträgen von Schwitters wurde von Otto Nebel repliziert, s.w.u. Exkurs zur Antikritik. 959 Vgl. Volker Pirsich: Der „Sturm“ und seine Beziehungen zu Hamburg und zu Hamburger Künstlern. Begleitheft zur Ausstellung der „Sturm“ 1910-1932 in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Göttingen 1981, S. 40-42. 960 Vgl. Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 36-38 und S. 289-290, Anm. 36-38 (zu finden unter dem Kurztitel: Lach 1). 961 Vgl. Pirsich 1981, S. 18 und 23-24. 962 Zur Teilnahme an Kunstausstellungen in Hamburg s.w.u. Dokumentation der Ausstellungen.

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soliden Könners, der auf dem festen Boden alter Schule steh[t]“ und beschreibt sie als

„schön und stimmungsvoll“. Von da aus habe sich Schwitters sukzessiv „nach links

hinüber entwickelt“. Der Wert der ausgestellten Abstraktionen und der Gemälde, die

vom Kubismus inspiriert waren, sei unbestritten, da sie mittels genuin künstlerischer

Mittel umgesetzt seien. „Aber dann kommt der angebliche ‚Clou’ der Ausstellung, die

‚Merz’-Bilder: das Papierfetzenbild, der Kinderfrühling und die ‚Abstraktion für edle

Frauen’“. Aufgrund ihrer Machart könnten die Merzwerke entweder nur als gewollte

Verblüffung des Publikums oder als Schöpfungen eines „überzeugte[n] Dadaist[en]“,

als „Beweisstücke zum Dadaisten-Programm, der Bankrott-Erklärung der Kunst“

gelten.963

Ein Kritiker des „Hamburger Fremdenblattes“ nimmt die heterogene Auswahl der

Exponate in derselben Ausstellung zum Anlass für den Vorwurf, Schwitters’ Bilder

seien Kitsch, eine Unterstellung, die Curt Glaser als erster aufgriff: „Am einen Ende der

blühende Kitsch, am andern die Panoptikumskunst eines Dadaisten - wie reimt sich

das zusammen?“ Trotz der künstlerischen „Bocksprünge“, die Schwitters mache und

die lediglich „auf Unsinn, auf einen dadaistischen Witz“ zielten, seien seine

avantgardistischen Arbeiten „ganz bildmäßig gestaltet“. Das Bemerkenswerte an den

Ausstellungsstücken sei, dass sie „immerhin die Wandlungsfähigkeit“ des Künstlers

demonstrierten. Und der Rezipient fragt sich, „wie man sich in so kurzer Zeitspanne,

wie sie die Entstehungsreihe umfaßt, aus einem ganz braven Maler, der dazu

zweifellos über Begabung verfügt (siehe einige der ‚früheren’ Bildnisse und

Landschaften), zum wildesten Modernen umformt.“964 Der Rezensent akzentuiert die

Fragwürdigkeit der künstlerischen Entwicklung von Schwitters, weil er einen

Arbeitsprozess erwartet, dessen einzelne Schritte organisch aufeinander bezogen sind

und sich nicht sprunghaft von einander abheben. Beide Hamburger Kritiker bezeichnen

Schwitters als Dadaisten und folgen dabei vermutlich der Rezeptionsvorlage

Steegemanns.

Im Gesamtzusammenhang der vorliegenden Untersuchung dient die Darstellung der

kritischen Reaktionen der Hamburger Journalisten der Bestimmung der allgemeinen

Rezeption der Merzkunst in Hamburg. Während Schwitters auf die Besprechungen

seiner ersten Ausstellung in der Galerie Louis Bock und Sohn, die ihm nachweislich

963 Alle Zitate: Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zu einer Gruppenausstellung mit unbekanntem Titel (Kurt Schwitters, Karl Fluhme, Oskar Vögel, Ascan Lutteroth u. a.) im Kunsthaus Louis Bock und Sohn, Hamburg]. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft, 17.10.1920. 964 Alle Zitate: M. R.: Theater, Kunst und Wissenschaft. Aus Hamburgs Kunstsälen. Kunsthaus Louis Bock & Sohn. In: Hamburger Fremdenblatt. Ausgabe 514, 23.10.1920.

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bekannt waren,965 nicht reagieren sollte, wird er nur einem Hamburger Kritiker

entgegnen, der sein Urteil nicht aus kunsthistorischer, sondern aus

psychopathologischer Perspektive gewann. Schwitters’ einziger Hamburger

Hauptkritiker war der bekannte Psychiater Wilhelm Weygandt.

1.5.1 Wilhelm Weygandt Weygandt promovierte mit der Dissertation „Entstehung der Träume“ (1893) an der

Universität Leipzig zum Dr. phil. und mit der Abhandlung „Ein Beitrag zur Histologie der

Syphilis des Centralnervensystems“ (1896) an der Universität Würzburg zum Dr. med.

Nach seiner Assistenzzeit bei Emil Kraepelin in Heidelberg habilitierte Weygandt und

wurde 1908 zum Leiter der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg in Hamburg berufen.

Ab 1919 war er auch als Professor für Psychiatrie an der Hamburger Universität

tätig.966

Weygandt beschäftigte sich mit bildnerischen Gestaltungsweisen von psychisch

Krankten und zeitgenössischen Künstlern. Bei der ästhetischen Bewertung ging der

Psychiater von einem am „nachbiedermeierlichen Realismus“ bzw. an „epigonaler

klassizistischer Abbildkunst“ orientierten Kunstverständnis aus.967 Er versuchte in

Anlehnung an Max Nordau, Cesare Lombroso und Kraepelin in Studien, die er im

Rahmen von Vorträgen referierte und z. T. in nicht-fachlichen Zeitschriften und

Zeitungen veröffentlichte, Beziehungen zwischen Bildern von Patienten und den

Kunstwerken von Avantgardekünstlern nachzuweisen.968 Zu diesem Zweck legte er

eine umfangreiche Studiensammlung von Patientenbildern an.969 Im Gegensatz zu

Hans Prinzhorn, dem es in seiner Studie „Bildnerei der Geisteskranken“ darum ging,970

die ästhetische Eigenwertigkeit der Werke seiner Patienten im Vergleich mit Bildern

965 Folgende Rezensionen bewahrte Schwitters lose einliegend in Kladde „8uur“: Anonym 1920.10.17 und M. R. 1920.10.23. 966 Zum Werdegang Weygandts, vgl. Kreuter: Weygandt, Wilhelm. In: Killy, Walter (Hg.): Deutsche biographische Enzyklopädie. 12 Bde. Bd. 10: Thibaud-Zycha. München 1999, S. 466, S. 466. 967 Beide Zitate: Brand-Clausen 2001, S. 282. 968 Vgl. ebd., S. 280: Zum Themenkomplex „Kunst und Wahnsinn“ sprach Weygandt weltweit im Rahmen von etwa 20 Vorträgen und veröffentlichte hierzu zahlreiche Aufsätze, vgl. Weygandt 1921.06.04, Wilhelm Weygandt: Moderne Kunst oder Wahnsinn. In: Germania. Ausgabe 734, 27.11.1921, Wilhelm Weygandt: Pathologische Erscheinungen in der modernen Kunst. In: Der Deutsche, 08.12.1921 und Wilhelm Weygandt: Zur Frage der pathologischen Kunst. In: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 94 (1925), S. 421–429. 969 Vgl. Brand-Clausen 2001, S. 278. Weygandt griff dabei auf eine Lehrmethode von Kraepelin zurück. Bereits sein Lehrer hatte Dokumente und Bilder von psychisch Kranken gesammelt, die er in seinen Lehrveranstaltungen in direktem Vergleich mit bildnerischen Werken zeitgenössischer Künstler seinen Studenten als Unterrichtsmaterial vorlegte, vgl. ebd., S. 266. 970 Hans Prinzhorn: Bildnerei der Geisteskranken. Ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung. Berlin 1922, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/prinzhorn1922. Prinzhorns Publikation wurde von Kunstwissenschaftlern und Psychologen begeistert aufgenommen. Bei Künstlern wie etwa Paul Klee, Oskar Schlemmer, Pablo Picasso oder Alfred Kubin, Ernst Ludwig Kirchner und Max Ernst stieß das Buch mit seinen Patientenbildern auf überaus großes Interesse.

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von modernen Malern zu zeigen, war Weygandt daran gelegen, die avantgardistische

Kunst durch Denunziation zu beseitigen.971 Entgegen der Warnung Prinzhorns vor der

Gleichsetzung zwischen Patienten- und Ausstellungskunst bezüglich der

künstlerischen Motivation implizierte die Art der Abweichung von der mimetischen

Darstellungsweise in Weygandts Auffassung eine spezifische psychische Störung bei

den jeweiligen Künstlern. Weygandt übertrug die klinischen Untersuchungsmethoden

auf die Bewertung von Kunstwerken, ohne dabei kunsthistorische

Entwicklungszusammenhänge zu berücksichtigen. Auch die ästhetische

Eigengesetzlichkeit von Kunstbildern spielte in Weygandts Konzeption keine Rolle,

denn er korrelierte lediglich die sichtbaren Gestaltungsmerkmale. Die motivischen und

formalen Ähnlichkeiten zwischen modernen Bildern und solchen, die von psychiatrisch

Behandelten gemalt worden waren, lieferten ihm vorgebliche Indizien für den geistigen

Verfall der Kunstschaffenden.

Gemeinsam mit Paul Schultze-Naumann, dem er für dessen Publikation „Kunst und

Rasse“ Fotos von Patienten mit körperlicher Behinderung überließ, erbrachte er ein

Konzept, das die Methode der Pathologisierung der Avantgardekunst durch die direkte

Konfrontation von Avantgardewerken mit Fotos von körperlich Behinderten und

psychisch Kranken in der Ausstellung „Entartete Kunst“ direkt vorwegnahm.972

Zum Thema „Kunst und Wahnsinn“ und die zweite Ausstellung der „Hamburgischen

Sezession“ begleitend hielt Weygandt im Januar 1921 einen Vortrag im Conventgarten

in Hamburg,973 den er im Juni in der Berliner illustrierten Zeitschrift „Die Woche“ unter

dem genannten Titel veröffentlichte. Er legt darin zunächst die spezifischen

Eigenheiten der gestalterischen Ausdrucksweisen von Psychiatriepatienten mit jeweils

speziellen psychischen Erkrankungen dar. Die vom Naturvorbild stark abweichende

Darstellungsweise, so Weygandt weiter mit Blick auf die Ausstellungskunst, gehe bei

den Kunstschaffenden hingegen nicht zwangsläufig mit einer geistigen Krankheit

einher. Jedoch ließen sich bei den „schroffsten Auswüchsen“ der modernen Kunst

überraschende visuelle Analogien zur Patientenkunst aufzeigen. Die Untersuchung von

avantgardistischen Bildern „ergibt öfter eine Verwandtschaft der Einzelzüge, nach

971 Vgl. Brand-Clausen 2001, S. 279. 972 Vgl. ebd., S. 283-284 und Thomas Röske: „Eine Bewegung von übermenschlicher Wucht“. Ausnahmeerfahrung in expressionistischer Kunstgeschichtsschreibung. In: Pfisterer, Ulrich; Zimmermann, Anja (Hgg.): Animationen/Transgressionen. Das Kunstwerk als Lebewesen (= Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte 4). Berlin 2005, S. 229–248, S. 243. 973 Im „Hamburger Echo“ wurde über diesen Vortrag berichtet. Der Referent, heißt es in dem Artikel, sei „[i]n sausendem Galopp“ und „[r]asend in Wort und Bild“ die Kunstgeschichte von den frühesten Anfängen bis zur aktuellen Entwicklung abgeschritten. Die Auswahl der Diabilder habe der Vortragende zu unsachlich und undifferenziert sowie mit all zu offensichtlicher Absicht getroffen, den „Schöpfungen moderner expressionistischer Maler [...] Parallelen mit den Kritzeleien Geisteskranker“ nachzuweisen, Ll.: Kunst, Wissenschaft und Leben. [Kunst und Wahnsinn]. In: Hamburger Echo, 24.01.1921.

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Absicht und Technik.“974 Nach einem analytisch oberflächlichen Vergleich der

„Schweizerlandschaft“ von Paul Klee, in der der Künstler die schemenhaft reduzierte

Darstellung einer Kuh als Grundmotiv variiert hat, mit einem „Porträt“ von einem an

Schizophrenie Erkrankten, sowie des abgebildeten Aquarells eines unter Paralyse

leidenden Patienten mit dem kontrastreichen Kolorismus und der groben Formgebung

in Bildern von Karl Schmidt-Rottluff geht Weygandt auf die abstrakte Kunst und

dadaistische Bilder ein. Für den Leitartikel der populären Wochenzeitschrift wählt er als

Bildbeispiel für diese Kunstströmung die „Konstruktion für edle Frauen“ von Schwitters

in Gegenüberstellung mit einem Schriftdokument mit collagierten Elementen eines

„paranoiden Schizophrenen“ aus. Die Kunstwerke mit realen Materialien hätten, so

Weygandts Kommentar zu dem Merzbild, ihr „Widerspiel in der Pathologie“. Solche

Absonderlichkeiten wie die von Schwitters, der „Gummistempel, Stoff- und

Druckpapierfetzen sowie Altmaterial verwendet“, seien oft in Werken von

bewusstseinsgespaltenen Persönlichkeiten anzutreffen.975 Und „die Erzeugnisse von

Kranken aus der großen Gruppe der jugendlichen Verblödungsprozesse (Dementia

praecox oder Schizophrenie)“ wirkten im Vergleich mit bildkünstlerischen Montagen am

aufschlussreichsten:

„Der assoziative Zusammenhang ist gespalten, das logische Denken verzerrt, autistische Vorstellungen mißachten den Widerspruch mit der Wirtschaftlichkeit, dunkle Symbole verdrängen inhaltklare Begriffe, Einzelheiten kehren stereotyp immer wieder. So zeigen auch die schriftlichen und bildnerischen Äußerungen oft wirre, bizarre Züge, bruchstückhafte Andeutungen, eintönige Wiederholungen, Begriffsmalerei, manchmal unter sexuellem Einschlag, gelegentlich auch unter Verwendung fremden Materials.“976

Zwar betont Weygandt die Unzulässigkeit einer Gleichstellung moderner Künstler mit

psychisch Kranken, er unterstreicht aber erneut die punktuell sichtbaren Ähnlichkeiten

„in der Hemmungslosigkeit, Flüchtigkeit, technischen Rohheit, Kritiklosigkeit, Bizarrerie,

unklaren Symbolik, grimassenhaften Phantastik wie auch in der maßlosen

Selbstüberschätzung“.977

In einem weiteren Aufsatz über den Zusammenhang von „Kunst und Krankheit“

schreibt Weygandt in der Zeitung „Germania“978, es habe seit jeher Kunstwerke

gegeben, die auf „bis zur Grenze des Krankhaften gesteigerte Leidenschaften“

hindeuten. Beispielhaft verweist er auf Michelangelo, Courbet, Manet und van Gogh.

„Aber den Kunstwerken neuester Zeit gegenüber erwacht auf den Lippen Tausender

974 Beide Zitate: Weygandt 1921.06.04, S. 484. 975 Alle Zitate: Ebd., S. 485. 976 Beide Zitate: Ebd., S. 484. 977 Ebd., S. 485. 978 Zur Zeitung „Germania“, vgl. Klaus Maria Stiegler: Germania (1870-1938). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. München 1972, S. 299–313.

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die Frage, ob da nicht im Gegensatz zur Darstellung des geistig Abnormen, der

Künstler selbst krankhaft beeinflußt erscheint.“ Die Integration von kunstfremdem

Material, „der Verzicht, ein Bild mit einheitlichen Kunstmitteln darzustellen, die Sucht,

durch Anhäufung von allerhand Kram, eine malerische Wirkung herauszufordern“ sei

besonders bei Dadaisten verbreitet.

„Noch weiter geht Kurt Schwitters, der beispielsweise in seiner ‚Konstruktion für edle Frauen’ das Rad eines Kinderwagens, Fahrradbestandteile, Holzlatten, ein Stück Drahtgeflecht, einen zerbrochenen Trichter usw. nebeneinandernagelt. Andere Bilder bestehen vorwiegend aus durcheinander geklebten Plakatfetzen oder aus Gummistempelabdrücken usw. Die Bezeichnung seiner Kunstrichtung als ‚Merzgruppe’ rührt von einem Papierrest her, auf dem noch die letzte Silbe des Wortes Commerz zu lesen war. Bekanntlich hat sich Schwitters auch von der auf einer Planke angetroffenen kindlichen Inschrift ‚Anna Blume hat ein Vogel’ zu dichterischen Leistungen begeistern lassen, denen eine bedenkliche Aehnlichkeit mit den Erzeugnissen Schizophrener innewohnt.“979

Der Betrachter könne sich zwar „vom physiologisch-psychologischen Standpunkt

vorstellen, daß es den Künstlern darauf ankäme, ungeordnete Bewußtseinsinhalte

wiederzugeben, so daß die Bilder zunächst an chaotische Traumvorstellungen oder an

momentane, noch nicht verarbeitete Gesichtswahrnehmungen erinnern.“ Im Hinblick

auf die anmaßenden Titel aber würden Bilder solcher Art Fehlleistungen darstellen und

implizierten Lesarten, „denen [die Urheber] nur in ihrer Separatwelt zu folgen

vermögen, während jeder andere Mensch zunächst ratlos dasteht.“ Der Psychiater

suggeriert somit seinen Lesern durch das argumentative Hin- und Herlavieren einen

direkten Zusammenhang zwischen beziehungsloser Gestaltungsweise und durch

psychische Störungen bedingter „inkohärente[r] Denkweise“. Zudem diagnostiziert

Weygandt, „[n]icht Irrsinn, sondern Entartung“ sei das Symptom der Zeit. Eine

sukzessive „Gesundung der Volksseele“ habe zur wünschenswerten Folge, „daß auch

die krankhaften Auswüchse modernster Kunst dereinst überwunden und in die nur den

Kunsthistoriker und Kunstpathologen interessierenden Bildermagazine verwiesen

werden.“980

Implizite wie auch explizite Ansätze, Avantgardekünstler durch Pathologisierung

öffentlich zu diffamieren, waren in den 1920er Jahren weit verbreitet. Mit derselben

Intention und vergleichbaren Methoden verfolgten die jeweiligen Autoren das Ziel,981

979 Alle Zitate: Weygandt 1921.11.27. 980 Alle Zitate: Ebd. 981 Ebenfalls in einer populären Zeitschrift und vergleichbar mit Weygandt unterstellte auch Martin Minden, Arzt und Maler, anhand von vier paarweisen Bildvergleichen, dass die Grenzen zwischen Kunstbildern und den Werken von Kranken, „zwischen gesund und krank“ nicht exakt gezogen werden könnten. Psychische Krankheiten seien immer „Steigerung und Schädigung normal vorhandener Anlagen“, Martin Minden: Die moderne Malerei an der Grenze des Verrückten. In: Reclams Universum 36. Jg., H. 28 (1920), S. 451–

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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moderne Künstler des 20. Jahrhunderts vor einem Laienpublikum zu stigmatisieren

und als Phänomen der „Entartung“982 bzw. der „Degeneration“983 sozial auszugrenzen,

ein Versuch, der in der Verfemung und Verfolgung als entartet inkriminierter Künstler

im Dritten Reich gipfeln sollte.

Bereits Max Nordau hatte mit der von ihm initiierten Übertragung des Begriffes

„Entartung“ auf die Kunst,984 besonders auf die des Fin-de-siècle, eine

„Naturgeschichte de[r] Degenerirten“985 resümiert und damit versucht, die betreffenden

Künstler zu pathologisieren. Es handele sich bei psychisch Kranken nicht immer um

„Verbrecher, Anarchisten und erklärte Wahnsinnige. Sie sind manchmal Schriftsteller

und Künstler.“ Zwischen beiden Gruppen bestehe eine „anthropologische[]“

Verwandtschaft mit dem Unterschied, dass betroffene Kunstschaffende „ihre

ungesunden Triebe [...] mit der Feder oder dem Pinsel befriedigen“ statt durch Mord

oder politische Subversion.986 Nordau stellt die Maler, die sich von der mimetischen

Darstellungsweise distanziert haben, unter den Generalverdacht, psychisch krank zu

sein. Auch er macht Gebrauch von einer undifferenzierten und denunziatorischen

Vergleichsmethode:

„Die merkwürdige Vortragsweise gewisser neuerer Maler, der Impressionisten, der Punktirer oder Mosaisten, der Zitterer oder Flimmerer wird uns sofort verständlich, wenn wir uns die Untersuchungen der Charcot’schen Schule über die Sehstörungen der Entarteten und Hysteriker gegenwärtig halten. Die Maler, welche versichern, daß sie aufrichtig sind und die Natur so wiedergeben, wie sie sie sehen, sagen die Wahrheit. Der Degenerierte, der an Hystagmus oder Zittern des Augapfels leidet, wird in der That die Welterscheinung bebend, ruhelos, ohne feste Umrisse wahrnehmen“.987

Den Pinselduktus impressionistischer Maler bspw. führt Nordau auf eine

psychosomatische Erkrankung zurück, die eng mit den modernen Lebensbedingungen

verknüpft sei. Bemerkenswert ist v. a., dass Nordau in seinem kulturkritischen Werk

„Entartung“ weder bei der Malerei zwischen der ästhetischen Umsetzung von

Wirklichkeit bzw. Erlebtem und der faktisch wahrgenommenen Umwelt noch bei

Schriftkunstwerken zwischen literarischer und Alltagssprache differenziert. Fiktionale

454, S. 451. Bei seiner komparatistischen Untersuchung berief sich Minden, im Gegensatz zu Weygandt, auf zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen, die das kreative Schaffen von Betroffenen mit moderner Ausstellungskunst in Korrelation setzten. Im Zusammenhang mit einem Aquarell eines Paranoikers nennt Minden in einer unabhängig erschienenen Publikation die Werke „Abstraktion 18“ und „Iga Lo“ von Schwitters, vgl. Martin Minden: Aufstieg oder Abstieg? Ein Beitrag zur Deutung moderner Kunst. Dresden u. a. 1920, S. 20. 982 Weygandt 1921.06.04, S. 485. 983 Minden 1920, S. 454. 984 Zur historischen Herleitung des Begriffes „entartete“ Kunst, vgl. Jens Malte Fischer: „Entartete Kunst“. Zur Geschichte eines Begriffs. In: Merkur 38. Jg., H. 4 (1984), S. 346–352. 985 Max Nordau: Entartung. 2 Bde. Bd. 1. Berlin 1896, S. 43. 986 Alle Zitate: Ebd., S. VII. 987 Ebd., S. 51.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

221

und kreative Momente werden dabei vollkommen ausgeklammert. Die Kunst als

eigenwertiges und autonomes Phänomen wird in seinem Konzept völlig negiert,

ebenso wie später in Weygandts Kunstbetrachtung.

Nordaus Auffassung zufolge war Kunst „eine Kundgebung der Lebenskraft und

Gesundheit, eine Offenbarung der Entwicklungsfähigkeit der Gattung“.988 Der Künstler

schaffe sich durch seine gestalterische Tätigkeit einen physischen und psychischen

Ausgleich. Der subjektive Nutzen des Schaffensprozesses sei die Befreiung von

inneren Spannungen, die objektive Funktion liege in der Wirkung auf Andere.989 Die

ästhetischen Resultate sollten daher „sittlich sein“, da ihnen die Aufgabe zufalle,

„Emotionen auszudrücken und zu erregen“. Die Kunstkritik habe die Aufgabe, „alle

Emotionen auf ihre Nützlichkeit oder Schädlichkeit für das Einzelwesen oder die

Gattung“ hin zu untersuchen. Falls das Kunstwerk sich als unsittlich erweisen sollte,

müsse es „verurtheilt und unterdrückt [...] werden wie jede andere zweckwidrige

organische Thätigkeit.“ In einem Kunstwerk müssten Schönheit, die gleichbedeutend

mit Sittlichkeit sei, und Naturwahrheit gleichermaßen gegeben sein, damit es

„wenigstens in letzter Linie, vorwiegend Lustgefühle erweckt“.990

Die Symptome der künstlerischen „Entartung“ waren nach Nordau u. a. die

„Auflehnung gegen das Gesetz des organischen Zusammenklanges“, die „wie eine

gewollte Dissonanz wirke“991, das Streben, „mit irgend einer Seltsamkeit des Umrisses,

der Haltung, des Schnittes, der Farbe die Aufmerksamkeit heftig wachzurütteln“992 oder

die Intention, „verschiedene Kunstarten in neuen Verknüpfungen auf alle Sinne

zugleich [...] wirken“ zu lassen.993

Nordau nahm in seiner viel beachteten Publikation mit Blick auf den sprachlichen

Duktus die ablehnende Haltung, wie sie später den Avantgarden der 1920er Jahre

entgegenschlagen sollte, direkt vorweg und griff zahlreichen Argumenten der

Kunstkritik voraus, so bspw. den Vorwürfen, den unschöpferischen modernen

Künstlern gehe es um bloße Gesinnungszugehörigkeit994 oder um die bewusste

Missachtung aller tradierter Werte einhergehend mit dem Zwang, die visuellen

Reizimpulse von Bild zu Bild zu steigern,995 während die originellen Begabungen von

988 Max Nordau: Entartung. 2 Bde. Bd. 2. Berlin 1896, S. 162. 989 Vgl. ebd., S. 144-145. 990 Alle Zitate: Ebd., S. 162. 991 Beide Zitate: Nordau 1896, S. 15. 992 Ebd., S. 19. 993 Ebd., S. 27. 994 Ebd., S. 55: Nordau formuliert diesen Sachverhalt als ein Einschwören „auf ein Schlagwort“. 995 Ebd., S. 10-11: Nordau unterscheidet bei modernen Kunstschaffenden diverse Persönlichkeitstypen. Dem Typus des „Feinfühligen, nach ästhetischen Nervenschwingungen Verlangenden“ attestiert er ein „Schwinden des Ideals in der Kunst und [ein] Unvermögen, mit den alten Formen noch Empfindungen zu erregen.“

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

222

der Masse der Nachahmer unterdrückt würden.996 Thematisiert wird auch die These

vom Ende der Kunst. Denn alle modernen Schöpfungen würden, so Nordau, „das Ende

einer Weltordnung, die Jahrtausende lang die Logik befriedigt, die Ruchlosigkeit

gebändigt und in allen Künsten Schönes gezeitigt hat“997, veranschaulichen. In seiner

Prognose für das 20. Jahrhundert spricht Nordau von einer „Seuche“, die

möglicherweise „ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat.“998 Zur Therapie der sich

mutmaßlich zu einem Massenphänomen entwickelnden „Entartung“ schlägt Nordau

eine publizistische Kriminalisierung und Diffamierung durch die Presse vor, die „gegen

die Pfleger gesellschaftsfeindlicher, unsittlicher und verrückter Richtungen in Kunst und

Schriftthum keine Schonung üben“ dürfe. Um die modernen Künstler zu befehden,

propagiert er, nicht „ihren Namen ins Publikum zu tragen, und die Aufmerksamkeit auf

ihre Faseleien oder Unfläthereien hinzulenken, die ohne die meist unabsichtliche

Mitschuld der Presse unbekannt bleiben und keinen Schaden stiften, keine

Nachahmung anregen würden.“999 An seine Fachkollegen appelliert er, die qualifizierte

Masse durch Vorträge und Abhandlungen in Fachzeitschriften über „die Geistesstörung

der entarteten Künstler und Schriftsteller“ aufzuklären und sie in Kenntnis darüber zu

setzen, „daß die Modewerke verschriebene und gemalte Delirien sind“1000, mit dem

Ziel, „Geistesgesunde davon ab[zu]halten, sich den Entartungs-Richtungen

anzuschließen.“1001 Das Phänomen „Entartung“ beinhaltet also bei Nordau einen

epidemischen Wesenszug, dem es massiv entgegenzuwirken gilt. Auf eben diesen

Aspekt sollte die Feuilletonkritik um 1920 oftmals Rekurs nehmen.1002

996 Ebd., S. 59: Nordau bezeichnet die Nachahmer als „ungezieferhaft wimmelnde Menge“, die „oft genug das wahre, ursprüngliche Talent“ erdrücke. „Sie nun sind es, welche sich beeilen, jeder neuen Richtung, die in Mode zu kommen scheint, den Troß zu liefern.“ 997 Ebd., S. 11. 998 Beide Zitate: Nordau 1896 (02), S. 521. 999 Beide Zitate: Ebd., S. 556. 1000 Beide Zitate: Ebd., S. 557. 1001 Ebd., S. 558. Die hier geforderten Konsequenzen erhielten zwei Jahrzehnte später breitere und radikalere Basis durch die Schrift „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ der Psychiater Karl Binding und Alfred E. Hoche, deren Ziel im Titel bereits genannt war. Darin wird die Nutzlosigkeit des Lebens von behinderten Menschen, von „unheilbar Blödsinnigen“ und die gesamtgesellschaftlich untragbare Belastung durch „halbe, Viertels- und Achtels-Kräfte“ mit einer propagierten „größtmögliche[n] Leistungsfähigkeit“ konstatiert, wodurch der sozialdarwinistischen Komponente innerhalb des Entartungsdiskurses mehr Gewicht zukam. Angesichts des verlorenen Krieges und der Reglementierungen durch den Versailler Vertrag könne sich das deutsche Volk „Ballastexistenzen“ nicht länger leisten. Zur Krankheit der Jugenddemenz heißt es, sie könne zu „geistige[m] Tod[]“ führen, alle Zitate: Karl Binding; Alfred Hoche: Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form, URL: http://www.staff.uni-marburg.de/~rohrmann/Literatur/binding.html, o. S. Dieser abgründige Diskursstrang, innerhalb dessen „Entartung“ zur Unzweckmäßigkeit des Menschen erklärt wurde, entwickelte sich in Deutschland in direkter Nachfolge von Nordau, vgl. Wolfgang Klein: Dekadent/Dekadenz. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 2: Dekadent-Grotesk. Stuttgart u. a. 2001, S. 1–41, S. 29. 1002 Vgl. z. B. einen Bericht über die erste Dada-Soiree, in dem vor einer „bösartige[n] Wucherung“ sowie vor der „Gefahr der Ansteckung“ seitens des Dadaismus gewarnt und an die „Tatkraft gegen diese Krankheit“ appelliert wird, wg. 1918.04.13 oder vgl. H. N.: Expressionistisches Schiebertum. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 74, 27.03.1920, der den literarischen Expressionismus als „Seuche“ bezeichnet, die sich immer weiter ausbreitet. Felix Neumann spricht in einer Rezension zur Ausstellung

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

223

Weygandts Ausführungen zum Thema „Kunst und Wahnsinn“ sind sowohl auf Nordaus

Kunstauffassung und Entartungskonzept als auch auf Kraepelins Untersuchungen zur

Schizophrenie zu beziehen. Er knüpft direkt an deren Methode an, die optischen

Eigenheiten von Kunst- und Patientenbildern argumentativ und visuell zu

verschränken. Die Symptomatik der fachterminologischen Zuschreibung „Dementia

praecox oder Schizophrenie“, deren begriffliche Setzung auf Weygandts Lehrer

Kraepelin zurückgeht,1003 wird jedoch in Weygandts Artikeln dem in klinischer

Psychologie nicht versierten Leser von Tageszeitungen bzw.

Unterhaltungszeitschriften als dissoziative Verknüpfung von unterschiedlichen

Sachverhalten, als verzerrtes „logische[s] Denken“, ökonomisches Fehlverhalten

aufgrund „autistische[r] Vorstellungen“, oder als die Verwendung von unlogischen

Sinnbildern, die Missachtung inhaltlicher Momente und Stereotypsierung von Details

kurz umschrieben,1004 während Kraepelin die Darstellung der Dementia praecox

ausführlich und differenziert abgehandelt hat.1005 Bei dem durch exakte klinische

Untersuchungsmethoden am Patienten selbst diagnostizierten Krankheitsbild der

Schizophrenie, deren Verlauf nach damaligem Wissensstand im völligen

Persönlichkeitsverfall enden konnte und mutmaßlich mit einer körperlichen Erkrankung

einherging,1006 handelt es sich um eine gravierende Störung der Persönlichkeit mit

unterschiedlichen Erscheinungsformen. Kraepelin grenzte die psychopathologischen

Typen der Verrücktheit und der Dementia Praecox gegeneinander ab.1007 Der

Psychiater ordnete die Dementia praecox, die er wiederum in eine „hebephrenische,

katatonische und paranoide“1008 Ausprägung untergliederte, unter die „Gruppe der

degenerativen Zustände“.1009 Diese Unterscheidung wird später durch die Kunstkritiker

nivelliert, indem diese die Erscheinung pauschal unter den Begriff Entartung

subsumierten.

der Novembergruppe ebenfalls von einer „Seuche“, der allein mit öffentlich bekundeter Ablehnung nicht beizukommen sei, vgl. Neumann 1920.06.25. Felix Zimmermann berichtet in einer Rezension zu einem Dada-Abend in Dresden von der „epidemischen, internationalen Verbreitung“, derer sich die Dadaisten rühmten, Zimmermann 1920.01.21. Und Paul Westheim schrieb rückblickend und mit Blick auf die Sturm-Kunst über die Infektion „mit der Modekrankheit jener Kunstjahre: einer Aufgeblasenheit von Elephantiasis-Dimensionen. Bei der Bekämpfung dieser Seuche ist von mir einmal [...] das Beispiel von den Gummischweinchen gebraucht worden“, d. h. dem Vergleich zwischen dem Aufblasen und Platzenlassen von Gummischweinchen durch wetteifernde Kinder und der verbissenen Stilisierung von dekorativen Bildern zu hoher Kunst, Westheim 1925, S. 143. 1003 Vgl. Silke Feldmann: Die Verbreitung der Kraepelinischen Krankheitslehre im deutschen Sprachraum von 1893 bis 1921 am Beispiel der Dementia praecox. Diss. Univ. Gießen 2005, URL: http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=981579280&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=981579280.pdf, S. 3. 1004 Beide Zitate: Weygandt 1921.06.04. 1005 Vgl. Feldmann 2005, S. 22-23. 1006 Vgl. Wienberg 1998, S. 71-72. 1007 Der Terminus Dementia Praecox wurde allerdings 1911 durch den Begriff Schizophrenie abgelöst, vgl. Feldmann 2005, S. 4. 1008 Ebd., S. 21. 1009 Ebd., S. 26.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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Weygandt, als Fachvertreter der Psychiatrie und als Verfechter des Kraepelinischen

Schizophrenie-Konzeptes1010, begann innerhalb des Diskurses zur Avantgardekunst

als einer der ersten, die klinische Differenzierung aufzuweichen und die

Krankheitserscheinungen summarisch als Symptomkomplexe zu behandeln, indem er

die avantgardistische Kunst generell bezeichnete als „eine Abirrung vom Wege

normalen Denkens und Fühlens, eine Entartung, die in unserer kranken und

aufgewühlten Zeit wesentlich dazu beiträgt, die Würde der Menschheit noch tiefer

sinken zu lassen“.1011

Im Falle Weygandts, der namentlich in seinen Aufsätzen „Kunst und Wahnsinn“ und

„Moderne Kunst und Wahnsinn“ seinen Lesern durch den insistierenden Vergleich

gestalterische und intentionale Analogien zwischen Collagen und Assemblagen und

Bildwerken von an Dementia praecox bzw. Paranoia Erkrankten suggeriert, gewann

die intendierte Stigmatisierung der avantgardistischen Künstler jedoch eine weitere

abgründige Dimension, da er sich mit seinen Publikationen in populären Zeitschriften

an ein Laienpublikum wendet. Denn „Die Woche“ bspw. gehörte zu den illustrierten

Wochenschriften, die auf moderne Unterhaltungskultur und Massenkommunikation

ausgerichtet waren und mit ihren hohen Auflagen eine große publizistische

Wirksamkeit entfalteten.1012 Die Stigmatisierung von Personen als „geisteskrank“,

zumal in ihrer Breitenwirkung, hatte und hat schwerwiegende Konsequenzen für die

soziale Integrität der Betreffenden. So könne „manches sogenannte populär-

medizinische Buch in der Hand Ungebildeter oder Aengstlicher schweren Schaden

anrichten“ und ein „schlecht geschriebenes psychiatrisches Werk bei sensiblen

Naturen das größte Unheil herbeiführen“, wie ein Zeitgenosse bemerkte.1013 Durch die

Wahl einer Unterhaltungszeitschrift als Distributionsmedium trug Weygandt demnach

maßgeblich zur Popularisierung seiner Thesen und zur Stigmatisierung der

Avantgardekünstler bei, indem er den Lesern eine einseitige, vorurteilsbeladene und

irreführende Rezeptionshaltung zur zeitgenössischen Kunst anbietet. Als

wissenschaftliche Autorität und mit Ausweis seines akademischen Grades bringt

Weygandt zwei komplexe Sachverhalte durch einen mehr oder weniger statistischen

Vergleich in direkte Korrelation und reduziert und verkürzt deren Zusammenhänge zu

Unterhaltungsstoff. Gleichzeitig aber verliert die als wissenschaftlich vorgetragene

Verschränkung von „Kunst und Wahnsinn“ dadurch ihren Objektivitätsanspruch und

1010 Vgl. hierzu ebd., S. 47-48. 1011 Weygandt 1921.06.04, S. 485. 1012 Vgl. Frank R. Max: Der Reclam Verlag. Eine kurze Chronik, URL: http://www.reclam.de/data/media/Der_Reclam_Verlag.pdf, S. 18. 1013 Beide Zitate: Ed. Kl.: [Die Kunst der Irren]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 571, 05.12.1924.

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Kurt Schwitters und Merz im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

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erhält einen tendenziösen Charakter, worauf Schwitters in seiner Entgegnung

„Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“ hinweisen sollte.1014

Mit Weygandt endet die Reihe der Schwitters-Kritiker, deren Kunstanschauung und

kunstkritische Rekursnahmen deshalb ausführlich besprochen wurden, weil der

Merzkünstler eine oder mehrere Antikritiken im Merzstil an sie adressierte. Schwitters

war einer der wenigen Künstler, der auf die Kritik reagierte. Er nahm, wenn er sich mit

einer Kritik der Kritik im Merzstil an alle hier vorgestellten Hauptkritiker wandte und

hinsichtlich des Umgangs mit der Kunstkritik und den Kunstkritikern, eine Sonderrolle

ein. Im 19. Jahrhundert entgegneten Künstler der Kunstkritik eher im Kollektiv und auf

argumentative, z. T. bereits auch auf satirische Weise. Dies waren jedoch seltene

Ausnahmen, denn noch um die Jahrhundertwende galt es als Majestätsbeleidigung

bzw. als dem Künstler unwürdig, selbst Antikritik zu üben. Daher gab es nur vereinzelte

Reaktionen auf die kunstkritische Aufnahme seitens der Künstler. Zuallermeist ließen

sich zu Unrecht kritisierte Kunstschaffende durch jemand anderen verteidigen.1015

1014 Vgl. Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22, S. 101 und s.w.u. Kap. 2.2. 1015 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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2 KURT SCHWITTERS’ ANTWORTEN AUF DIE KRITIK

Schwitters unterschied im Hinblick auf sein literarisches Schaffen drei Arten von

Dichtung: die abstrakte Lyrik, in der er durch Wortkombinationen eine Stimmung

erzielt, „wie die Farben in der Malerei, die Töne in der Musik“, die grotesken

Dichtungen, die alltägliche Ereignisse thematisieren sowie die reinen Merzdichtungen.

In diesen „werden nicht nur Worte gegen Worte gewertet, sondern auch Sätze, welche

Gedanken ausdrücken, als gleichwertiges Material gegen Worte und gegen andere

Sätze abgestimmt. Solche Sätze stammen aus Zeitungen, Briefen, Plakaten,

Gesprächen.“1016 Ebenso wie in seiner Bildkunst verwendete er auch in seinem

literarischen Werk vorgeformte Komponenten „mit und ohne Abänderungen.“1017 Das

Materialrepertoire umfasst außerdem: „Buchstabe, Silbe, Wort, Satz, Absatz. Worte

und Sätze sind in der Dichtung weiter nichts als Teile. Ihre Beziehung untereinander ist

nicht die übliche der Umgangssprache, die ja einen anderen Zweck hat: etwas

auszudrücken. In der Dichtung werden die Worte aus ihrem alten Zusammenhang

gerissen, entformelt und in einen neuen, künstlerischen Zusammenhang gebracht“.1018

Zu den reinen Merzdichtungen gehören Schwitters’ Tran-Texte, eine Reihe von

antikritischen Aufsätzen bestehend aus insgesamt 29 Schriften, wovon der

Merzkünstler 23 explizit als Tran-Texte auswies. Mit den in den Jahren von 1919 bis

1924 verfassten Tran-Texten schloss er an die antikritische Praxis des Sturm-Kreises

und Christof Spengemanns an und nahm am kunstkritischen Diskurs auf künstlerische

Weise teil. Schwitters bediente sich dabei nicht der Textsorte der Glosse, um Kritik an

seinen Kritikern zu üben - wie das seine Fürsprecher aus Berlin und Hannover taten -,

sondern erfand die Tran-Texte als eine Form der Merzliteratur.1019

Der Titel „Tran“ hat mehrfache Bedeutung. In einem Fall nannte Schwitters die

Bezeichnung im Sinne von Lebertran als Heilmittel gegen die geistige Labilität der

Kritiker.1020 Einige Male verwendete er den Begriff in der Pluralform und bezeichnete

die Texte zum Ausdruck seiner vorgeblichen Kränkung als „Träne(n)“.1021 Tran, der bis

Anfang des 20. Jahrhunderts als Lampenöl gedient hatte, fungierte bei Schwitters über

1016 Beide Zitate: Kurt Schwitters: Literarische Rätselecke. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst 49. Jg., 1. Aprilheft (1920), S. 151–152, S. 151. 1017 Schwitters 2005/1919 – Selbstbestimmungsrecht, S. 38. 1018 Schwitters 2005/1923 – Die Bedeutung des Merzgedankens, S. 134. 1019 Hierzu und zur Bestimmung des Begriffs Antikritik s.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. 1020 Vgl. Kurt Schwitters: Tran Nr. 30. AUGUSTE BOLTE. (ein Lebertran.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 68–93 und Ernst Nündel: Kurt Schwitters. 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg 1999, S. 40. 1021 Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 90, Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 108 und Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 175.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

227

die negative Konnotation hinaus als Mittel der Erhellung bzw. Aufklärung der

Kritiker.1022

Die als „Tran“ betitelten Antikritiken sind mit Nummern von 1 bis 50 versehen, jedoch

wurde die Nummerierung analog zu den Merzbildwerken nicht fortlaufend

durchgehalten. Die sprechenden Titel der Tran-Texte bzw. die der tran-ähnlichen

Schriften bezeichnen z. T. den antikritischen Inhalt des Textes oder implizieren die

mitgedachte Anschauung des jeweiligen Kunstkritikers.

Abhängig von der Herkunft bzw. dem Verlagsort des Distributionsorgans des jeweiligen

Kritikers veröffentlichte Schwitters die antikritischen Schriften in der Berliner Zeitschrift

„Der Sturm“, in den Hannoverschen Zeitschriften „Der Zweemann“ und „Die Pille“, in

seiner eigenen Zeitschrift „Merz“ oder in eigenen Anthologien. Die zeitlichen Abstände

zwischen dem Erscheinen der kunstkritischen Vorlage und der Publikation der Antikritik

differierten zwischen wenigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten. Zumeist

entgegnete Schwitters in den Texten Ausstellungskritiken, gefolgt von Rezensionen

von Merzdichtungen. Die Repliken auf Besprechungen von Merzabenden sind indes

nachrangig. Ein Tran-Text blieb unveröffentlicht1023, ein anderer lediglich Entwurf.1024

Schwitters antwortete fast ausschließlich namentlich gezeichneten Berichten, die er

über Zeitungsausschnittbüros bezog, selbst sammelte oder von Freunden erhielt.1025

Die erste der antikritischen Schriften verfasste er im Zuge seiner ersten großen

Berliner Ausstellung im Juli 1919. Die Rezensionen zu seinen abstrakten Vor-

Merzbildern boten ihm dagegen keinerlei Anlass zu reagieren. Kurz nach seinem

Debüt als Merzkünstler kontaktierte er einmal Herwarth Walden mit der Bitte, eine

Replik zu verfassen.1026 Daneben finden sich einige für Schwitters geschriebene

Antikritiken von anderen Autoren aus dem Sturm-Kreis oder aus Hannover. In der

Regel aber übte er selbst Kritik an der Kritik und erwiderte jeweils eine konkrete

einzelne Kritik, replizierte mehrere Rezensionen eines Kritikers oder eines Feuilletons

einer Zeitung. Den Antworten waren zumeist Kunstkritiken vorausgegangen, in denen

die Merzkunst Gegenstand des Artikels ist oder diese zumindest erwähnt wird. In

diesen anlassbedingten Schriften verwertete Schwitters das Sprachmaterial aus den

Kunstkritiken im Sinne seiner reinen Merzdichtungen. Bei den antikritischen Texten 1022 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 68 und s.w.u. Kap. 2.1. 1023 Schwitters 2005/1922 – Tran 31. 1024 Schwitters o. J. – Tran 32. 1025 Vgl. Schwitters 1974, S. 21, Brief an Walter Dexel vom 14.07.1919. 1026 Vgl. ebd., S. 22, Brief an Herwarth Walden vom 30.12.1919, in dem Schwitters Walden fragte, ob er eine Antikritik „gegen das B. T.“ verfassen könne. Gemeint ist die „Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt“, in der Ernst Cohn-Wiener eine Kritik zur 76. Sturm-Ausstellung veröffentlicht hatte. Dieser Ausstellungsbesprechung wurde sowohl von Rudolf Blümner als auch von Schwitters selbst entgegnet, vgl. Rudolf Blümner: Auch ein Kunstkritiker. In: Der Sturm 10. Jg., H. 5 (1919), S. 74–76, Schwitters 2005/1919 – Tran 1 und s.w.u. Kap. 2.1 wie auch den Exkurs zur antikritischen Praxis.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

228

ohne unmittelbaren Anlass handelt es sich demgegenüber um Sinnbilder der Kritik,

d. h. eine bildliche Umschreibung der Kritiker, um mitunter ironische Reflexionen über

die Kunstkritik oder im Fall von „Tran Nr. 30. AUGUSTE BOLTE (ein Lebertran.)“ um

eine Parabel auf die Kunstkritik.1027

Schwitters verfolgte insbesondere in seinen anlassbedingten, personenbezogenen

Antikritiken unterschiedliche Strategien. Die Texte dienten ihm teils zur Gegenwehr

gegen kunstkritische Verrisse, etwa aufgrund von in ihrer Ausschließlichkeit verfehlten

Methoden, Merzkunstwerke durch Aufzählung der Werkkomponenten zu beschreiben.

Z. T. unterstützte er in seinen antikritischen Texten Walden im Kampf um die abstrakte

Kunst und um dessen alleinige Inanspruchnahme auf die adäquate Vertretung

avantgardistischer Künstler. Oftmals verwehrte sich Schwitters gegen die

Zuschreibung der Merzkunst zum Dadaismus und betonte im Gegenzug die

Eigenständigkeit von Merz. Schwitters nahm sich in seinen antikritischen Schriften

nicht nur seiner eigenen Sache an, sondern setzte sich auch für Künstlerfreunde ein.

Vereinzelt nutzte er die Texte zur nochmaligen kunsttheoretischen Erläuterung seines

Merzkonzeptes. Daneben zeigen die antikritischen Texte auch satirische

Reaktionsweisen.

Innerhalb der meisten antikritischen Schriften wechseln sich argumentative,

deskriptive, appellative und narrative Texttypologien ab. Diese Typen kommen

punktuell zur Anwendung und zielen in den ersten beiden Fällen ab auf die fachliche

Inkompetenz der Kunstkritiker oder auf deren Belehrung, während Schwitters mittels

auffordernder oder erzählender Textsequenzen den literarischen Charakter der

Antikritiken betonte. Argumentative Kritik an der Kritik oder beschreibende

Rechtfertigung seines Standpunktes sind nicht die eigentlichen Intentionen der Texte.

Bei der Texttypologie folgte Schwitters weniger konventionellen Mustern. Eine

bestimmte Absicht wird zwar oftmals vorgetragen, im weiteren Verlauf aber wird die

antikritische Intention zumeist ins Spielerische transponiert. „Wesentliche Kritik wird [...]

nicht explizit ausgesprochen, sondern ist satirisch“1028 oder metaphorisch codiert. Der

antikritische Gehalt äußert sich auch in der Wahl und Realisierung bestimmter

1027 Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 12, Kurt Schwitters: Einleitung. Tran Nr. 26. An alle Kritiker. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 116, Kurt Schwitters: Kritiker. Tran 27. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 117, Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30 und Kurt Schwitters: Tran 24 / die Schwanenjungfrau. Was man kaut, wird Brei (Ernst Lehmann). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 107. 1028 Hirtler 1985, S. 61.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

229

Verfahren, die Hinweise auf das Verhalten und die Kunstauffassung der Kunstkritiker

geben.

Obwohl Schwitters aufgrund der Materialwahl und Gestaltungsweise seiner Kunst und

definitiv vor den Exponenten des Expressionismus zweiter Generation innerhalb des

Sturm-Kreises derjenige Künstler war, der von der Kritik am häufigsten und heftigsten

angegriffen wurde,1029 waren seine Antikritiken zwar manchmal polemisch-

argumentativ, jedoch nie emotional motiviert. Eben sowenig ließ er sich von den

Kunstkritikern beeinflussen.1030 Vielmehr agierte er auch hier als Künstler.1031

„Schwitters verteidigte sich nicht, er erklärte nicht, er polemisierte nicht, er vermerzte

einfach seine Kritiker“.1032 Als „Vergeltungsliteratur“ können die Tran-Texte daher nicht

bezeichnet werden.1033 In ihnen setzte Schwitters zwar die kunstkritischen

Diskussionen fort, allerdings nicht mit Strategien der Ausgrenzung oder Diffamierung,

sondern mit künstlerischen Mitteln.

Analog zur Merzbildkunst lassen sich die Merzliteratur und in diesem Fall die Tran-

Texte keiner singulären Textform zuordnen. Der Grundstruktur nach sind die

antikritischen Texte als Interview, offener Brief, refrainartig als Lied, als Essay oder

Erzählung angelegt. Es handelt sich um montierte Texte, in denen Schwitters nach

dem Merzprinzip „als gegebene Teile fertige Sätze aus Zeitungen, Plakaten,

Katalogen, Gesprächen“ v. a. aber aus den kunstkritischen Ausgangstexten

verwendete und Textsorten und -typologien vermischte.1034 Ihr Bauplan folgt nicht der

konsequenten Entkräftung kunstkritischer Aussagen, die Bezugsfäden sind nicht auf

die logische Darstellung angelegt, sondern entwickeln sich in unterschiedliche

Richtungen und driften häufig in eine semantische Eigendynamik ab.

Ebenso wie bei den Bildwerken widerspricht die fragmentierende Kompositionsweise

der Antikritiken den Kontinuitäts- und Kohärenzprinzipien des natürlichen

Sprachgebrauchs und unterstreicht die Konstruktion von Einzelteilen aus

unterschiedlichen Quellen, was sie zunächst als Montagen definiert. Außerdem sind

die syntaktischen Bruch- oder Schnittstellen zwischen Eigen- und Fremdtext meist

nicht überblendet. Die fremden Textanteile werden entweder als Zitat durch

Anführungszeichen oder Klammersetzung gekennzeichnet oder verweisen aufgrund 1029 Vgl. Rudolf Blümner: Was ich so träume … In: Der Sturm 11. Jg., H. 6 (1920), S. 86–87. 1030 Vgl. Kurt Schwitters: Kurt Schwitters. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 250–254, S. 252. 1031 Vgl. Hirtler 1985, S. 138. 1032 Nündel 1999, S. 40. 1033 Lothar Baumann: Die erzählende Prosa der deutschsprachigen Dadaisten dargestellt am Beispiel von Hugo Ball, Richard Huelsenbeck und Kurt Schwitters. Diss. Univ. Mainz 1977, S. 116-117. Derart bewertet der Autor die Erzählungen von Schwitters in der Schaffensphase von 1922 bis 1924, v. a. „Tran Nr. 30“, aufgrund der fehlenden Subtilität in der Darstellung der Kunstkritiker. 1034 Schwitters 2005/1919 – Selbstbestimmungsrecht, S. 38.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

230

ihrer Geläufigkeit bzw. ihres sprachlichen Duktus’ auf ihren Fundort, womit die Tran-

Texte und tran-ähnlichen Schriften über die literarische Montage hinaus als

Textcollagen zu bestimmen sind.1035

Zumeist wies Schwitters die Tran-Texte explizit als Hypertexte und damit als Ableitung

von einem kunstkritischen Hypotext aus, den er oftmals mit weiteren Hypotexten

kontaminierte.1036 Durch das Prinzip Collage bzw. der Kontamination, die

„unterschiedlich dosierte Mischung zweier (oder mehrerer Hypotexte)“, generierte

Schwitters reine Merzdichtungen.1037 Die einzelnen Fragmente bilden meist

abgeschossene Textelemente, sind aber semantisch, z. T. auch syntaktisch

abgekoppelt von den vorausgehenden und nachfolgenden Komponenten. Sie

unterbrechen den Bedeutungszusammenhang des Textes und dienen, so Schwitters,

der „Typisierung der Ablenkung durch Gedanken des Zuhörers“.1038 Die Bezüge

zwischen den einzelnen Einheiten lassen sich über Gedanken- oder Wortfelder

assoziativ herleiten. Schwitters korrelierte in „harten Fügungen“ seine Aussagen und

die Kritikerzitate mit Satzfragmenten, die zeitgenössische Themen wie Sport und

Politik, aber auch Tiere und Werbung ansprechen.1039 Z. T. entwickelte der

1035 Die Differenzierung zwischen Montage und Collage wird in der Literatur unterschiedlich gehandhabt. Meist werden die Begriffe synonym verwandt. Die Bestimmung von Montage als allgemeinerer Terminus folgt hier der begrifflichen Klärung Volker Hages. Collage wird danach als zusammengesetzter Text bestimmt, dessen einzelne Komponenten als Zitatmaterial erkennbar sind, vgl. Volker Hage: Collagen in der deutschen Literatur. Zur Praxis und Theorie eines Schreibverfahrens. Frankfurt a. M. 1984, zugl. Diss. Univ. Siegen 1983 (= Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 5), S. 68. In den meisten Antikritiken hat die Einbindung von Kritikerzitaten dokumentarische, „aufklärerische Funktion“. Werden zitierte Fragmente hingegen, wie bei Schwitters, „neu kombiniert und arrangiert“, so dienen diese als textuelles Material zur Komposition eines neuen Textes. Das fremde Material bildet dann „selbst die Struktur. Der Verfasser ist der Arrangeur“, ebd., S. 72. 1036 Aufgrund ihrer Anlage als Textcollagen lassen sich die Tran-Texte mit Hilfe von Gérard Genettes Konzept der Transtextualität analysieren. Genette differenziert Transtextualität insgesamt in fünf Typen, wobei die Grenzen zwischen den einzelnen Kategorien durchaus fließend verlaufen. Hypertextualität ist eine dieser Unterkategorien und bezeichnet die Überlagerung oder Überschreibung eines Hypotextes durch einen Hypertext in Form einer einfachen Transformation (Verlagerung von Stilen und Stoffen eines Hypotextes in einen Hypertext durch Parodie oder Travestie) oder indirekte Transformation (Nachahmung des Stils, der Aussage, Bildlichkeit, Figuralität, der Manier und Textgattung eines Hypotextes durch Pastiche oder Persiflage), vgl. Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt a. M. 1993, S. 14-18. 1037 Genette 1993, S. 359: Die hypertextuelle Praxis der Kontamination geht auf Terenz zurück, der durch Vermischung zweier Komödien den darin angelegten Stoff vertieft wissen wollte. Mittels Vermischung von Hypotexten können verschiedene neue Texte entstehen, „die als ihre Transformation gelten können.“ Dabei handelt es sich um hybride Formen der Literatur wie etwa dem Cento oder der Schimäre. Durch die Mischung erzielt der Autor des Hypertextes eine eigenartige und humoristische Mehrdeutigkeit, die den besonderen Reiz dieser Textsorte ausmacht, ebd., S. 67-69. Die literarische Praxis des „Neubildens“ auf der Basis von „additive[n] und kombinierende[n] oder steigernde[n] und entwickelte[n] Verfahren“ v. a. in Märchen und klassisch antiken Tragödien ist bereits in den 1920er Jahren Gegenstand philologischer Untersuchungen, vgl. Oskar Walzel: Gehalt und Gestalt im Kunstwerk des Dichters. Berlin 1929 (Nachdr. d. Neudr. Darmstadt 1957. EA Berlin 1923), S. 168-169. 1038 Schwitters 1920 – Literarische Rätselecke, S. 152. 1039 Norbert von Hellingrath unterscheidet in seiner Dissertation harte und glatte Fügung. Dabei nimmt sich die Charakterisierung der harten Fügungen, die Hellingrath im Stil Hölderlins wie auch Pindars feststellt, aus wie eine Vorstufe des Collagestils. Fügungen, so Hellingrath, „mache[n] sich geltend durch härte und glätte der fugen zwischen den einzelnen elementen/ und dies durch die drei gleichlaufenden schichten hindurch: den rhythmus der worte/ des melos/ der laute. diese drei parallelen rhythmen werden in harter fügung irrationalere minder übersichtliche minder gebundene (nicht etwa minder gehaltene) und in

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

231

Merzkünstler diese Verbindungen selbst in Gestalt eines überwiegend ironisierenden

Kommentars. Insgesamt ergibt sich so eine textinterne Vielstimmigkeit und eine für die

Avantgarde typische „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“1040 oder eine

Gleichzeitigkeit aller Lebenserscheinungen, wobei das Sinnangebot inkohärent wird

und zwischen unterschiedlichen Inhalten oszilliert. Diesen Sachverhalt der Polyvalenz

brachte Schwitters selbst auf den Punkt, als er schrieb, ihm gehe es darum, lediglich

Phänomene, die „es in dieser Welt auch [...] gibt“, und keine Positionierung für oder

gegen etwas aufzuzeigen.1041

Das Bemerkenswerte an den Tran-Schriften ist, dass Schwitters darin v. a.

unterschiedliche künstlerische Verfahren realisierte. Er entformelte das kunstkritische

Ausgangsmaterial durch phonetische, syntaktische und semantische Verschiebung,

durch verfremdende Spiegelung der Argumente, durch Zitatsatire, Überschreibung von

kunstkritischen Texten und durch die Verwendung von rhetorischen Figuren, oftmals

verbunden mit Wortspielen. Spielerisch und experimentell verarbeitete er

außerliterarische Methoden, eignete sich Rollen oder Haltungen an und bildete

semantische Oppositionen oder Analogien als Spiegel für kunstkritische, tendenziöse

Vergleiche oder Nivellierungen. Das Experimentelle der Tran-Schriften besteht darin,

dass die Texte „den Widerspruch ihres eigenen schematischen oder modellhaften

Charakters durch die mit benannte Reflexion ihrer eigenen Literarität entkräften“ wie

auch, dass grammatikalische Regeln und Sprache überhaupt in verfremdender Weise

verwandt werden, wodurch sich Schwitters neue Möglichkeiten literarischen Sprechens

erschloss.1042 Mit der Verfremdung der natürlichen Sprache und der damit

einhergehenden Auslotung der Grenzen des allgemeinen Sprachgebrauchs werden im

Text auch immer die Beziehungen von Kunst und Welt hinterfragt. Durch die daraus

höherem grade einzige bildungen aufweisen. für uns/ die wir von der begrifflich unsinnlichen seite herkommen/ wird als wesentlich erscheinen dass in harter fügung möglichst das einzelne wort selbst taktische einheit sei/ in glatter dagegen das bild oder ein gedanklicher zusammenhang meist mehrere wörter sich unterordnend. […] harte fügung dagegen tut alles das wort selbst zu betonen und dem hörer einzuprägen/ es möglichst der gefühls- und bildhaften associationen entkleidend auf die es dort gerade ankam. hier wird also in der wortwahl/ auch wo man keine besondere dichtersprache hat/ das tägliche und gewohnte vornehmlich aber die hergebrachte verbindung gemieden/ das schwere prangende und die vielsylbige zusammensetzung gesucht/ als welche von selbst ton und sinn auf sich lenken“, Norbert von Hellingrath: Pindar-Übertragungen von Hölderlin. Prolegomena zu einer Erstausgabe. Jena 1911, zugl. Diss. Berlin 1910, URL: http://www.uni-due.de/lyriktheorie/texte/1911_hellingrath.html, S. 1-5. 1040 Wilhelm Pinder: Das Problem der Generation in der Kunstgeschichte Europas. Berlin 1926, S. 21. „Jeder lebt mit Gleichaltrigen und Verschiedenartigen in einer Fülle gleichzeitiger Möglichkeiten. Für jeden ist die gleiche Zeit eine andere Zeit, nämlich ein anderes Zeitalter seiner selbst, das er nur mit Gleichaltrigen teilt“. Pinder umschreibt damit das Phänomen, dass es verschiedene stilistische Ausprägungen innerhalb der zeitgleich wirkenden Künstlergenerationen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegeben hat. Auf Schwitters’ Werk lässt sich die Denkfigur insofern übertragen, als sich innerhalb seines Werkes gleichzeitig unterschiedliche Stilformen finden. Ebenso kann Pinders Diktum als Paraphrase der inhaltlichen wie formalen Anlage von montierten Werken gelesen werden. 1041 Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 78. 1042 Scheffer 1978, S. 104 und 11.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

232

resultierende „Distanz gegenüber den Möglichkeiten der Festlegung und Interpretation“

gewinnt die Merzdichtung eine starke spielerische Dimension. Das Spiel, „das der Leser

aktiv mitgestalten muß, will er die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten wahrnehmen“,

vollzieht sich auf der Textebene mitunter auch elementarer auf der Wortebene.1043

Außerdem zeichnet sich das Spielerische der Merzkunst aus durch die

Wiederaufnahme eigener wie auch fremder Elemente und ihrer kontextunabhängigen

Weiterentwicklung. Fremde Teile werden dabei nivelliert, eigene hingegen bestätigt.

Die intramediale, transmediale und intermediale Arbeitsweise von Schwitters, mit der

der hohe Grad an künstlerischer Strategie und Vernetzung deutlich wird, lässt sich auch

in den Tran-Texten belegen.1044 Diese Texte stellen zum einen ein intramediales

Bindeglied zwischen der Merzdichtung oder genauer der Prosa und den

Merzmanifesten dar. Darüber hinaus finden sich darin zahlreiche intratextuelle Hinweise

auf andere eigene Merzdichtungen oder intertextuelle Bezüge zu fremden, mitunter

auch avantgardistischen Texten.1045 In den Tran-Texten brachte der Künstler mithin den

Merzgedanken der vielfältigen Verknüpfungen zur Realisierung, indem er Literatur- und

Alltagssprache, bildhafte Figuren, bildlich gestaltete Sinnbilder, Werbegrafik sowie

1043 Beide Zitate: Harald Henzler: Literatur an der Grenze zum Spiel. Eine Untersuchung zu Walser, Ball und Kurt Schwitters. Würzburg 1992, zugl. Diss. Univ. Würzburg 1992, S. 146. Zu einem konkreten Beispiel für das Verfahren des Spielens s.w.u. Kap. 2.1. 1044 Die Arbeit stützt sich auf folgende Definition der Termini: Transmedialität als übergeordnete Kategorie von Intermedialität und Intramedialität bezeichnet „medienunspezifische Phänomene, [...] die sich jenseits von Mediengrenzen bzw. ‚über Mediengrenzen hinweg’ manifestieren“. Zu den transmedialen Erscheinungen gehört etwa das Vorkommen „desselben Stoffes oder die Umsetzung einer bestimmten Ästhetik bzw. eines bestimmten Diskurstyps in verschiedenen Medien“, Irina Rajewsky: Intermedialität. Tübingen u. a. 2002, S. 12-13. Als „Mediengrenzen überschreitende Phänomene, die mindestens zwei konventionell als distinkt wahrgenommene Medien involvieren“ wird Intermedialität definiert, ebd., S. 157. Untergeordnete Kategorien der Intermedialität sind die Medienkombination, das mediale Zusammenwirken etwa im Fotoroman, Film oder in der Oper, der Medienwechsel, z. B. die Transformation von Literatur in einen Film oder ein Hörspiel sowie die intermediale Bezugnahme, wozu die „‚Filmisierung der Literatur’, die ‚Literarisierung des Films’, die ‚Musikalisierung literarischer Texte’ die ‚Narrativierung der Musik’“, die „‚Ekphrasis’“ wie auch die „‚transposition d’art’“ gehören, ebd. S. 15-17. Mit dem Begriff Intramedialität werden Bezüge innerhalb eines Mediums charakterisiert, etwa Text-Text-Bezüge oder Film-Film-Bezüge, vgl. ebd., S. 12. Intertextualität definiert sich mithin als Sonderfall der Intramedialität. Ferner wird von einem weitgefassten Medienbegriff ausgegangen und Medium als „frame of reference als distinkt angesehenes Kommunikationsdispositiv“ verstanden. Dieses zeichnet sich zunächst durch eine spezifische, etwa symbolische oder ikonische Verwendung eines Zeichensystems, mitunter durch Kombination mehrerer semiotischer Systeme („Kompositsystem“ aus Sprache, Bild und akustischen Ereignissen) zur Vermittlung kultureller Inhalte aus. Sekundär ist die Bestimmung des Begriffs Medium hinsichtlich seiner materiellen Träger bzw. Distributionsmittel, Werner Wolf: Intermedialität. Ein weites Feld und eine Herausforderung für die Literaturwissenschaft. In: Foltinek, Herbert; Leitgeb, Christoph (Hgg.): Literaturwissenschaft. Intermedial - interdisziplinär. Wien 2002, S. 163–192, S. 165. 1045 Intertextualität ist eine von fünf Unterkategorien transtextueller Beziehungen und kennzeichnet eine „effektive Präsenz eines Textes in einem anderen Text“ in Form des Zitats, des Plagiats oder der Anspielung, die der Leser nur erkennt und versteht, wenn ihm der Ausgangstext bekannt ist, Genette 1993, S. 10. Zu den untergeordneten Kategorien der Transtextualität gehören ferner: Paratextualität (Bezüge des Haupttextes zu Titel, Vor- und Nachwort, Motti, Fußnoten, Illustration), vgl. ebd., S. 11, Metatextualität (Bezüge, die durch einen Kommentar u. a. kritischer oder wissenschaftlicher Art hergestellt werden), vgl. ebd., S. 13 und Architextualität (Bezüge zwischen Text und Textsorte), vgl. ebd., S. 13-14. Innerhalb des Typus’ Paratextualität unterscheidet Genette zwischen auktorialem Peritext (Bezüge auf denselben Text, vgl. ebd., S. 12) und auktorialem Epitext (Bezüge auf andere Texte desselben Autors, vgl. ebd., S. 329), was im Folgenden als Intratextualität bezeichnet wird.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

233

musikalische Phänomene und Strukturen1046 oder Merkmale anderer Kunstformen je

unterschiedlich miteinander verband, um seiner Forderung nach der Vermählung der

Kunstarten im Hinblick auf das Merzgesamtkunstwerk nachzukommen.1047

Analog zu den formal- und materialästhetischen Qualitäten seiner Bildwerke

bestimmen die in die Tran-Texte eingebundenen Materialien durch ihren semantisch,

phonetisch und syntaktisch verfremdenden Charakter den künstlerischen Reiz der

Texte. Während es der idealistischen Ästhetik und der daran orientierten Kunstkritik

galt, die Materialität der Kunstwerke zu verschleiern und im Gegenzug die malerische

bzw. literarische Transformation des Stoffes hervorzuheben, lag es im Interesse

Schwitters’, die je unterschiedliche Qualität der Fundstücke zu zeigen und damit auch

die künstlerische Produktionsweise transparent zu machen. In den antikritischen

Schriften ist es v. a. das kunstkritische Ausgangsmaterial, das zur Gestaltung für

literarische Texte im Sinne seiner Forderung nach „abstrakte[r] Verwendung der

Kritiker“1048 und der „Unteilbarkeit aller ihrer Aufsätze“ diente.1049

Schwitters übernahm das systematisch gesammelte, fremde Sprachmaterial aus den

Kunstkritiken, nutzte es als vokabulären Fundus und eignete sich das Material unter

mehrfacher Verwendung als selbstreferentielles Sprachrepertoire an. Mit der

Produktion der Bildwerke vergleichbar traf Schwitters aus diesem Repertoire eine

bewusste Auswahl des Sprachmaterials für die einzelnen Texte. Einige der

gesammelten und replizierten Rezensionen, die ihm als Zeitungsausschnitt vorlagen,

bearbeitete Schwitters durch Markierungen, indem er seinen darin abgedruckten

Namen, den ganzen Text, nur die Überschrift, einzelne Wörter, ganze Textpassagen

oder die ihn betreffenden Abschnitte unterstrich. Z. T. markierte er die Texte auch

durch Klammersetzung oder durch vertikale Striche. Exemplarisch anhand von „Tran

Nummer 11. Deutsche Volkskritik, die Kritik des Wiederaufbaus“ und „Tran Nr. 14. Herr

Dr. Frosch hungert den Geist aus“ sollen diese Skizzen zur Art der Auswahl des

textuellen Materials beleuchtet werden.

1046 „Musikalisierung literarischer Texte“ oder „Musik in Literatur“ ist ein spezielles intermediales Verfahren, das in drei Hauptformen differenziert wird: „Wortmusik“ (Nachahmung von musikalischem Klang durch die akustische Qualität der Wörter etwa in der Lautmalerei), vgl. Werner Wolf: The Musicalization of Fiction. A Study in the Theory and History of Intermediality. Amsterdam 1999, S. 58, „musikalische Form- und Strukturparallelen“ (Analogien in den Organisationsprinzipien wie Aufbau und Komposition als strukturelle Parallele und formale Ähnlichkeit bezüglich der textuellen Materialität wie phonologische, syntaktische, z. T. auch semantische Dimensionen oder die formale Aufteilung von Strophen, Kapiteln, Abschnitten, Musterbildung von motivischen oder thematischen Aspekten in Gestalt von Leitmotiven, Variation oder Kontrapunkt), vgl. ebd., S. 58-89, und drittens „verbal music“ (literarische Annäherung im Modus der Imitation oder Thematisierung an wirklich vorhandene oder fiktive Musik mit den Mitteln der Erzählung oder Beschreibung), vgl. ebd. 64. 1047 Vgl. Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 79. 1048 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40 und Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1049 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

234

Die Kriterien für die Auswahl der gesammelten kunstkritischen Texte selbst sowie des

darin enthaltenen Sprachmaterials sind vielfältig. Aus dem Textfundus wählte

Schwitters nur Kritiken mit einer ganz spezifischen Qualität aus. Mit Ausnahme Paul

Westheims und Curt Glasers, den beiden Meinungsführern innerhalb des Schwitters-

Diskurses, sowie Martin Frehsees als einem besonders konservativen Kritiker war die

Auswahl der Texte weniger personenabhängig.1050 Denn ausschlaggebend für eine

antikritische Reaktion war die sprachliche Eigenart der Kritik. Daher ließ Schwitters

einige der ihm nachweislich bekannten Rezensionen unberücksichtigt,1051 andere

wiederum verwertete er mehrmals. Den tran-würdigen Kritiken entnahm er ganze

Sätze, Satzfragmente, Denkfiguren, Metaphern oder Kritikernamen und integrierte die

Versatzstücke direkt oder abgeändert in seine eigenen Texte. Gegenstand der

antikritischen Vermerzung ist oftmals die reaktionäre Geisteshaltung seiner Kritiker, die

Schwitters u. a. durch Klassikerzitate zum Ausdruck brachte. Auch der

Sprachgebrauch unterschiedlicher Provenienz wurde zum textuellen Material. Darüber

hinaus war es in einigen Fällen eine bestimmte, pathetische, sentimentale oder

deutschtümelnde Sprachhaltung, die den Merzkünstler zur Reaktion motivierte. Sein

Hauptaugenmerk bezüglich der Materialwahl aus den Kunstkritiken war v. a. gerichtet

auf Wortwiederholung, schiefe Bildhaftigkeit oder sprachliche Stilblüten, auf geflügelte

Worte, kunstkritische Schlagwörter, Ausdrücke mit semantischer Ambivalenz sowie

Widersprüche in der Auffassung der Kunstkritiker. Die sprachlichen Fragmente suchte

sich Schwitters auch nach Kriterien wie der semantischen, klanglichen oder grafischen

Verwertbarkeit oder der Anwendbarkeit von bestimmten Verfahren aus. Denn es ging

ihm v. a. um die Gestaltung eines mehrschichtigen und polyvalenten

Sprachkunstwerkes mit vorgefundenen Komponenten. Wies ein Ausgangstext ein

Materialdefizit auf, übernahm er Textmaterial aus anderen Kritiken oder fasste mehrere

Kritiken zusammen. Bei einem Überschuss an brauchbarem Material wiederum

speicherte Schwitters dieses ab und brachte es bei sich bietender Gelegenheit zum

Einsatz. In beiden Fällen kontaminierte er die kunstkritischen Textauszüge zumeist

auch mit weiterem Sprachmaterial literarischer oder außerliterarischer Art.

Schwitters war sich der Wirkung seiner Merzkunst auf die Kunstkritik mit Sicherheit

bewusst, zumal in Berlin, wo der Sturm-Kreis für seine antikritische Praxis berüchtigt 1050 Bezüglich der Auswahl der zu kritisierenden Kritiker konstatiert Friedhelm Lach eine gewisse Abhängigkeit von den Gegnern Waldens seitens Schwitters’, vgl. Lach 1971, S. 157. Dies lässt sich neben den genannten Kritikern nur für Ernst Cohn-Wiener und Franz Servaes bestätigen. 1051 Vgl. etwa Br. 1922.03.24, Brieger 1919.07.09, ee: Die Merz-Ausstellung im Roemer-Museum. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 08.04.1922, Hausenstein 1921.01.25, Herrmann 1920.12.20, Rudolf Paulsen: „Merzdichtung“. In: Deutsche Zeitung. Unparteiisches Volksblatt Berlin. Ausgabe 161, 16.04.1920 und Friedrich Wulle: „Anna, du ungezähltes Frauenzimmer …“. In: Volks-Zeitung, Berlin. Morgenausgabe, 31.12.1919.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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und daher das Hauptziel negativer Presseresonanz war. Mit dem ersten öffentlichen

Auftreten als Merzkünstler und in Verbindung mit dem oben erwähnten Werbeaufwand

für die 76. Sturm-Ausstellung musste Schwitters auch gleichzeitig mit auffälligen

Reaktionen in der Presse gerechnet haben. Insofern der erste Tran-Text einem

Berliner Redakteur gewidmet ist, der die Merzkunst im Zusammenhang mit Schwitters’

erster großer Ausstellung in der Galerie „Der Sturm“ und somit der ersten Präsentation

von Merzbildwerken überhaupt kritisiert hatte, und insofern dieser Text mit dem Titel

„Tran 1. Ein solider Artikel. Eine Anwienerung im Sturm“ unmittelbar nach dem

Erscheinen der Ausstellungsrezension am 1. August 1919 noch in der Ausgabe der

Zeitschrift „Der Sturm“ vom 10. August veröffentlicht wurde - gemeinsam mit dem

Gedicht „An Anna Blume“ -, ist davon auszugehen, dass Schwitters von vornherein

beabsichtigte, nicht nur als Sturm- und Merzkünstler bekannt zu werden, sondern auch

als Antikritiker in Erscheinung zu treten. Schon im Manifest „Die Merzmalerei“,

veröffentlicht im Juliheft von „Der Sturm“, dachte er an potentielle Gegner und

bemerkte im Hinblick auf diese: „Sie werden meine neuen Arbeiten so empfangen wie

sie es immer getan haben, wenn das Neue sich zeigte: mit Entrüstung und mit

Hohngeschrei.“1052 Seine Merzmalerei war als solche bereits seit seiner Beteiligung an

der „2. Sonderausstellung Dresdner Sezession Gruppe“ im Juni 1919 in der Galerie

Richter in Dresden bekannt. Auf die ersten Rezensionen aus Dresden reagierte

Schwitters jedoch nicht, obwohl er zumindest die in der „Kladde Kritiken“ aufbewahrte,

tran-würdige Kritik Carl Puetzfelds kannte.1053 Dies lässt den Schluss zu, dass

Schwitters sowohl seine Collagen und Assemblagen, seine Dichtungen als auch seine

Tran-Texte als integrale Elemente seines Merzkonzeptes begriff und dies zeitgleich

kommunizieren wollte. Zwar sammelte er bereits vorher Ausstellungskritiken, lies sich

jedoch wahrscheinlich erst im Zuge der Vorbereitungen zur 76. Sturm-Ausstellung im

Juli 1919 von den Sturm-Antikritikern anregen, die Kunstkritiken zum „künstlerischen

1052 Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. 1053 Vgl. Puetzfeld 1919.06.12. Ebenso wie Johann Frerking, dem Schwitters in „Tran Nummer 7. Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in Merzstil“ im Frühjahr 1920 entgegnet, zählt Carl Puetzfeld in seiner Besprechung der „2. Sonderausstellung Dresdner Sezession Gruppe“ im Juni 1919 die Bestandteile des ausgestellten Bildes auf. Gleichzeitig erinnert der Dresdner Kritiker an die Materialbilder der Futuristen im „Ersten Deutschen Herbstsalon“. Während Schwitters Frerking die Einseitigkeit seiner kunstkritischen Herangehensweise in „Tran Nummer 7“ vorhält, ignorierte er die Besprechung von Puetzfeld. Dieser argumentierte auf ähnliche Weise wie der ebenfalls für eine Dresdner Zeitung tätige Felix Zimmermann, an den Schwitters „Tran 18“ adressierte, vgl. Kap. 2.1. Der kunstkritische Umgang wie auch die kunstkritische Argumentationsweise Puetzfelds machen dessen Rezension mithin zu einem tran-würdigen Hypotext. Und in der Tat schien der Merzkünstler eine Antikritik zu planen, denn er entwarf in der Kladde „Kritiken“ auf der eingeklebten Rezension Puetzfelds folgenden Text: „Auch Sie, Herr Puetzfeld, treiben ,ein neckisches Spiel’ mit dem ,tieferen Sinn meiner Merzbilder’. Jedoch gehört das einfach in das Bild unserer Zeit.’ Es tut mir leid, daß ich Sie nicht der ,Merkwürdigkeit halber’ erwähnen kann, wie Sie mich, auch Sie sind nicht anders als die anderen“, zit. nach Kocher/Schulz 2014, S. 534. Eine Weiterbearbeitung und Veröffentlichung der Replik erfolgte vermutlich aus nachfolgend dargelegten Gründen nicht.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Spiel“ zu nutzen.1054

Galt es bisher, wie weiter oben bereits angemerkt, als Majestätsbeleidigung oder

unwürdig für einen Künstler, sich gegenüber der Presse selbst zu behaupten, und

stattdessen als angemessener, sich durch seinen Kunsthändler gegen einen

Kunstkritiker öffentlich vertreten zu lassen, so bot die literarische Kritik der Kritik dem

Merzkünstler vielmehr die Gelegenheit, seine künstlerische Vielseitigkeit auch auf dem

Gebiet der Antikritik unter Beweis zu stellen.1055 Mit den antikritischen Schriften

intendierte Schwitters über die Verwertung des kunstkritischen Materials hinaus

weiterreichende mediale Wirkung. Zum einen dienten sie ihm der Eigenwerbung, denn

indem er die Texte z. T. mehrfach veröffentlichte, beabsichtigte er auch eine

Steigerung der publizistischen Wirksamkeit von Merz zu erzielen. Zum anderen

versuchte er durch die persönliche Wendung an die Kunstkritiker in den

personenbezogenen Schriften und die teils explizite, teils implizite Aufforderung zu

erneuter Reaktion, eine Interaktion in Gang zu setzen. Des Weiteren strebte Schwitters

in den Antikritiken als Teil von Merz eine Zusammenführung von Kunst und Leben an.

Als aktionales Moment zielte Merz auf die Verlebendigung der Kunst, indem

lebensnahe Komponenten in die Kunst aufgenommen wurden, und insofern auf die

Ästhetisierung der Lebenswelt durch das Feedback des Publikums. Wie Schwitters

anhand der Spiegelmetapher in einem Bericht über die Holland-Dada-Tournee die

Reaktionen des Publikums aufzeigte,1056 versuchte er in seinen Antikritiken durch

Spiegelung und Rückprojektion der kunstkritischen Argumente und Aussagen sowie

durch direkte Fragestellungen oder Aufforderungen, die Kritiker wiederum dazu zu

animieren, erneut auf seine Aktivitäten zu antworten, um so eine wechselseitige

Befruchtung von Leben und Kunst zu erwirken.1057 Daher können die teils in den Tran-

Texten enthaltenen Einschübe, wie „(Komm spiel mit mir)“1058 oder „Komm, spiel mit

mir!“1059, als Aufforderung zur Bereitstellung von vorgeformtem Material und zur

Interaktion gelesen werden. Ähnlich wie Schwitters während seiner Merzabende ein

Feedback seitens des Publikums erwartete und z. T. auch herausforderte, wollte er

auch mit seinen Kritikern durch die Tran-Schriften in Dialog treten.1060 Anders als die

1054 Herwarth Walden: Fall Westheim. In: Der Sturm 11. Jg., H. 4 (1920), S. 61. 1055 Vgl. Hirtler 1985, S. 57. 1056 Vgl. Kurt Schwitters: Holland Dada. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 124–132, S. 131. 1057 Vgl. Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 48 sowie Schwitters 2005/1921 – Antworten auf die Kritik, S. 93. 1058 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 50. 1059 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 53. 1060 Vgl. a 1921.02.22 und Karl Schodder: Hannovers erste Merz-Matinée. In: Störtebeker 1. Jg., H. 1 (1924), S. 21–22, S. 22. Verwandte Ziele verfolgte Schwitters vermutlich auch mit der Plakataktion im Sommer 1920 als „happening avant la lettre“, Ewig 1999, S. 248, im Rahmen derer der Merzkünstler ein Plakat mit dem Gedicht „An Anna Blume“ an eine Litfaßsäule anbrachte und die zur Bewerbung der zweiten Auflage von „Anna Blume. Dichtungen“ diente, vgl. Sinje Gerlach: Anna Blume im bildnerischen

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

237

während der Merzveranstaltungen rezitierten Texte waren die meisten seiner

antikritischen Schriften jedoch nicht für Vorträge konzipiert,1061 wobei der Merzkünstler

doch zumindest „Tran Nr. 26. An alle Kritiker“ sowie „Was Kunst ist; eine Regel für

große Kritiker“ einmal nachweislich vortrug.1062

Da aber die Kunstkritik einen einfühlenden, stillen Monolog über die Kunst bevorzugte

und auf die antikritischen Schriften Schwitters nicht reagierte, scheiterte der

Kommunikationsversuch.1063 Dies lag nicht nur daran, dass zwei unterschiedliche

Kunstauffassungen miteinander kollidierten oder dass aufgrund des verschiedenartigen

Kunstverständnisses die Kritiker sich gar nicht eingehend mit den kritischen Schriften

von Schwitters auseinandersetzten. Auch die Wahl der Avantgardezeitschriften „Der

Sturm“, „Der Zweemann“ und „Die Pille“ wie auch eigener Publikationen als

Distributionskanäle, die ohnehin nur diejenigen erreichten, die sich für progressive

Kunstformen interessierten, trug dazu bei, dass sich der Diskursrahmen nicht

erweiterte.

Vorab kann weiter festgehalten werden, dass Schwitters’ Kernintention, „Beziehungen

[zu] schaffen“, auch die Kunstkritik mit einschloss. Diese wurde als nichtkünstlerischer

und interagierender Faktor in das Merzkonzept aufgenommen und als Komponente mit

prosaischen und manifestartigen Sequenzen, mit literarischen und anderen

nichtliterarischen Textteilen gegeneinander gewertet. Aus dieser Perspektive werden

im Hinblick auf die antikritische Praxis von Schwitters bestimmte theoretische

Dimensionen nochmals relevant. Nicht nur akzentuierte er in den Tran-Schriften das

Desiderat „Beziehungen [zu] schaffen, am liebsten zwischen allen Dingen der Welt“1064

neu, sondern gab auch dem Statement, Merz bringe „Gegensätze durch Wertung

innerhalb eines Kunstwerks“1065, durch Wertung der Gegensätze als Gegen-Sätze oder

Gegen-Worte zum Ausgleich, eine weitere praktische Anwendbarkeit. Schwitters setzte

dabei den kunstkritischen und daher unkünstlerischen Worten antikritische Gegen-

Worte entgegen und schuf durch die textuelle Komposition einen Text mit literarischer

Werk von Kurt Schwitters. Mag.-Arb. Univ. Osnabrück 2000, S. 25 und vgl. die Reaktionen auf die Aktion Steegemann 1920, S. 26-31. Über die Aktion wurde in den Hannoverschen Medien berichtet, vgl. z. B. B.: Ein Protest [Zuschrift]. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 144, 23.06. 1920, worin die Reaktionen des Publikums auf das Plakat mit dem Abdruck von „An Anna Blume“ geschildert werden. 1061 Im Rahmen eines Leseabends teilte Schwitters seinem Publikum mit, dass „Tran 18“ ungeeignet für eine Rezitation sei, vgl. Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 409, Anm. 85 (zu finden unter dem Kurztitel: Lach 5). 1062 Vgl. awo: Dada in Jena. In: Jenaer Volksblatt, 28.11.1922 und Lach 5, S. 410, Anm. 85. 1063 Felix Zimmermann war der einzige Kritiker, der auf seinen ihm gewidmeten Tran-Text reagierte, s.w.o. Kap. 1.3.1. 1064 Schwitters 2005/1924 – Merz. 1065 Kurt Schwitters: Banalitäten (3). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 148.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Qualität. „ausgleich der kräfte ist die gestaltung“, so schrieb Schwitters später

übertragen auf die typografische Gestaltung.1066 Mittels Synthese werden These bzw.

kunstkritische Worte und Antithese resp. antikritische Gegen-Worte mit einander

versöhnt, oder im Sinne der Dialektik Hegels „aufgehoben“ bzw. im Sinne von Merz

gegeneinander gewertet und so Teil eines in sich geschlossenen Textsystems. Das

bedeutet im Fall der antikritischen Texte von Schwitters im dreifachen Wortsinn

zunächst die Beseitigung des Gegensatzes durch gegenseitige Wertung, dann die

Bewahrung des Gegensatzes durch schriftliche Fixierung und nicht zuletzt die

Transformation von Nichtkunst zu Kunst und damit die Überführung „auf eine höhere

Ebene, auf der beide nicht mehr als sich ausschließende Gegensätze erscheinen.“1067

Was den künstlerischen Umgang mit dem kunstkritischen Sprachmaterial betrifft,

knüpfte Schwitters bei der Sturm-Antikritik und deren Wortkunsttheorie an und

erweiterte den Anwendungsbereich von sprachlichen Materialien und literarischen

Verfahrensweisen. In Anlehnung an die Sturm-Antikritiken übernahm er die Verfahren

der Bildung von Metaphern oder des „wortetymologischen Sprachspiels“, des

„Wörtlichnehmens von bildlichen Redewendungen“, der „Montage von Sprichwörtern

und Literaturzitaten“ wie auch des „namensetymologischen Wortspiels“, v. a. aber das

Verfahren der „Rückbeziehung der Kritik“1068 bzw. der Rückspiegelung, wenn er die

Argumentation seines kunstkritischen Gegenüber aufgriff, diese mittels entformelnder

Modifikation spiegelte und derart auf den Kritiker übertrug.

Mit Blick auf die literarische Dimension seiner Dichtungen erhielt Schwitters wichtige

theoretische Anregungen von Kandinsky. Für Kandinsky waren die Materialität von

Wörtern und Sprache, deren Eigenwertigkeit und die freie Verfügbarkeit des Materials

wichtige Kriterien für die literarische Produktion.1069 Sowohl durch das Prinzip der

Elementarisierung - „das Wort […] ist das reine Material der Dichtung“ - als auch durch

Wiederholen des Gegebenen erläuterte Kandinsky die Abstraktion der Sprache, denn

„bei öfterer Wiederholung des Wortes […] verliert es den äußeren Sinn der Benennung.

Ebenso wird sogar der abstrakt gewordene Sinn des bezeichneten Gegenstandes

vergessen und nur der reine Klang des Wortes entblößt.“1070 Damit umschrieb

Kandinsky eine Konzentration auf das einzelne Wort, die für die Wortkunsttheorie des

1066 Kurt Schwitters: der ring neue werbegestalter. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 337. 1067 Hans Joachim Störig: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. Frankfurt a. M. 1998, S. 460-461. 1068 Alle Zitate: Hirtler 1985, S. 51-52. 1069 „Jeder Gegenstand (ohne Unterschied, ob er direkt von der ‚Natur’ geschaffen wurde oder durch menschliche Hand entstanden ist) ist ein Wesen mit eigenem Leben und daraus unvermeidlich fließender Wirkung“, Wassily Kandinsky: Formen- und Farben-Sprache. In: Der Sturm 3. Jg., H. 105 (1912), S. 11–13, S. 11. 1070 Beide Zitate: Wassily Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst. 4. Aufl. Bern 1952, S. 45-46.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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„Sturm“ maßgebend werden sollte.1071 Schwitters selbst betonte die abstrakte Qualität

für einen großen Teil seines literarischen Œuvres, wie sie auch von dem russischen

Künstler gefordert wurde. An Kandinsky anknüpfend schrieb Walden, „nicht die

Sprache, sondern das Wort“ sei Material der Dichtung. „Das Wort ist unmittelbar, denn

es ist die typische Gestaltung eines äußern oder inneren Erlebnisses. Die

Zusammenstellung der Wörter, ihre Komposition, ist das dichterische Kunstwerk.“1072

Dichtung sei Wertung „der einzelnen Wörter zu einander nur nach dem Klanggefühl.

Oder einfacher gesagt: man unterscheidet betonte und unbetonte Silben.“ Signifikante

Faktoren für die Dichtung seien der klangliche und assoziative Wert des Wortes.1073

Die Sturm-Theoretiker differenzierten nicht mehr zwischen unterschiedlichen

Literaturgattungen, sondern nur mehr zwischen „Kunstwerke[n] und

Nichtkunstwerke[n]“1074 wie auch zwischen „Kunstsprache und Umgangssprache“. Die

Kunstsprache entstehe aus „innere[r] Notwendigkeit“.1075 Dabei folge das

Wortkunstwerk einzig der künstlerischen Logik, die verstandesmäßige Logik habe im

Bereich der Kunst keinerlei Relevanz.1076 Denn die Kunst werde als eigenständiges, in

sich geschlossenes System bestimmt durch ihre eigenen, ausschließlich

kunstimmanenten Gesetzmäßigkeiten. Ebenso wenig habe die Grammatik des

allgemeinen Sprachgebrauchs Gültigkeit für die Dichtung.1077 Das Wortkunstwerk

bestehe aus einer „rhythmische[n] Wortreihe“, dessen Inhalt ergebe sich aus

Assoziationen1078:

„Die rhythmische Gestalt der Vorstellung ist entweder konzentrisch oder dezentrisch. Durch einen konzentrischen Rhythmus der Gestaltung wird die Lautkomposition knapp, der Wortinhalt kurz gefaßt. Durch die Dezentration wird die Vorstellung zersplittert, in ihre Teile aufgelöst oder in besondere Wortfiguren gebracht. Dezentrisch wirkt die Assoziation von Wort zu Wortform.“1079

1071 Zur Bedeutung der Überlegungen Kandinskys zur Dichtkunst für die Wortkunsttheorie des Sturm, vgl. Pirsich 1985, S. 213-217. 1072 Beide Zitate: Herwarth Walden: Kritik der vorexpressionistischen Dichtung. In: Der Sturm 11. Jg., H. 7/8 (1920), S. 98–100, S. 100 und vgl. zur Sturm-Wortkunsttheorie, Pirsich 1985, S. 246-286. 1073 Herwarth Walden: Kritik der vorexpressionistischen Dichtung. In: Der Sturm 11. Jg., H. 9/10 (1920), S. 122–125, S. 123. 1074 Lothar Schreyer: Die neue Kunst. In: Der Sturm 10. Jg., H. 8 (1919), S. 118–125, S. 119. 1075 Beide Zitate: Ebd., S. 120. 1076 Herwarth Walden: Das Begriffliche in der Dichtung. In: Ders. (Hg.): Expressionismus. Die Kunstwende. Berlin 1918 (Nachdr. Nedeln/Liechtenstein 1973), S. 30–38, S. 36: „Jede Dichtung ist aber alogisch. Die Dichtung als Kunstwerk hat nichts mit der Logik zu tun, die aus der Erfahrung hergeleitet wird, aus der Erfahrung der Sinne oder aus der Erfahrung der Tatsachen“. 1077 Schreyer 1919, S. 120: „Die Logik der Umgangssprache hat die Grammatik geschaffen. Die Grammatik besteht aus verabredeten Formen, die das logische Verhältnis der Sprache bezeichnen sollen. Die Dichtung kann auf die Grammatik grundsätzlich keine Rücksicht nehmen. Eine grammatikalische Form wird nur dort notwendig, […] wo der Inhalt der Wortreihe nicht anders als durch einen grammatikalischen Zusammenhang gestaltet werden kann.“ 1078 Ebd., S. 119. 1079 Ebd., S. 120.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Seine vollständige Realisierung erfahre das Wortkunstwerk erst durch seine

Verklanglichung.1080

V. a. die Differenzierung zwischen der Sprache als Medium der Kommunikation und der

Sprache als künstlerisches Mittel wie auch die Hinwendung zum einzelnen Wort

entlehnte Schwitters der Wortkunsttheorie für seine literarische Praxis.

Gegen die Tradition und gegen den konventionellen Sprachgebrauch gerichtet forderte

auch Filippo T. Marinetti neue literarische Ausdrucksformen. Mittels

Metaphernbildungen und von Gedankenassoziationen getragenem Telegrammstil

wurde in der futuristischen Literatur die Dynamik und Geschwindigkeit des modernen

Lebens wie auch der industriellen Welt sprachlich erfasst. Das für den Futurismus

maßgebliche Prinzip der Simultaneität realisierten die Exponenten der Bewegung durch

die Montage von Realitätsfragmenten aus anderen Kontexten.1081 In der futuristischen

Literatur spielten außerdem die heterogene typografische Textgestaltung und die

Einbindung unterschiedlicher Medien eine tragende Rolle.1082 Diese Gestaltungsweise

ersetzte die grammatikalisch festgelegte Konstruktion von Sprache.1083 Mit Blick auf die

zu behandelnde Textproduktion von Schwitters ist die Befreiung der Worte von ihrer seit

der Antike gebräuchlichen syntaxzentrierten Verwendung von besonderer Relevanz. In

seinem, in der Zeitschrift „Der Sturm“ erschienenen Manifest „Die futuristische Literatur“

propagierte Marinetti die Zerstörung der Grammatik und damit die Auflösung der

formalen Bezüge. Anstatt dessen setzte er auf die Erschließung von „wenn auch sehr

fernliegende[n] Beziehungen“ in Gestalt von Analogien und Oppositionen. Das Ziel war

ein „orchestraler Stil, der gleichzeitig polychrom, polyphon und polymorph ist“.1084

Außerdem sollte die empirische Logik in der Literatur abgeschafft werden, denn der

„unsyntaktische Dichter […] bindet Wort an Wort nach der unlogischen Entstehung“.1085

Die Ablehnung der natürlichen syntaktischen Ordnung, wie sie in der Collagetechnik der

Tran-Texte und anderer montierter Merzdichtungen gegeben ist, wurde damit bereits

von den Futuristen praktiziert und floss auch ein in die Wortkunsttheorie des „Sturm“.

1080 Vgl. Rudolf Blümner: Die absolute Dichtung. In: Der Sturm 12. Jg., H. 7 (1921), S. 121–123, S. 121. 1081 Zur futuristischen Literaturästhetik, vgl. Christoph Hoch: Scrabrrrrraanng! Zu Programm und Literaturästhetik des Futurismus im europäischen Kontext. In: Nobis, Norbert (Hg.): Der Lärm der Straße. Italienischer Futurismus 1909-1918. Kat. Ausst. Sprengel Museum Hannover. Mailand 2001, S. 258–275. 1082 Zur Typografie des Futurismus, vgl. Luigi Sansone: „Parole in libertà“. „Worte in Freiheit“ und die typografische Revolution der Futuristen. In: Benesch, Evelyn; Brugger, Ingried (Hgg.): Futurismus. Radikale Avantgarde. Kat. Ausst. Kunstforum, Wien. Mailand 2003, S. 71–79. 1083 Vgl. Christa Baumgarth: Geschichte des Futurismus. Reinbek bei Hamburg 1966, S. 140. 1084 Beide Zitate: Filippo Tomaso Marinetti: Die futuristische Literatur. Technisches Manifest. In: Der Sturm 3. Jg., H. 132 (1912), S. 194–195, S. 194. 1085 Ebd., S. 195.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Die Darstellungsweise der Zergliederung der Objektbezüge und das konstruktive

Zusammenfügen der so geschaffenen Elemente in den literarischen Collagen von

Schwitters korrespondiert mit der Kubismustheorie Pierre Reverdys und dessen

Vorstellung der „poésie plastique“, die der französische Dichter auch in den

kubistischen Bildern verwirklicht sah, wobei die kubistischen Maler die maßgeblichen

Darstellungsprinzipien „dégager les rapports“ und deren „reformation“ von den Dichtern

übernommen hätten, so Reverdy.1086 Mit Hinblick auf eine „art de structure solide et

synthétique“ müsse die Kunst von ihrer Abbildungs- bzw. Beschreibungsfunktion

entbunden werden.1087

Im Werk des Merzkünstlers und Reverdys lassen sich ähnliche Strategien v. a. der

Grenzüberschreitung zwischen Bildkunst und Literatur auffinden. Wie dieser erprobte

auch Reverdy eine textuelle Umsetzung bildkünstlerischer Darstellungs- und

Gestaltungsweise. Mittels Integration von Elementen aus der Alltagssprache und

Einbindung von Sprach- und Bildfragmenten aus der Großstadt, durch betont moderne

Metaphorik, trivial lyrische Motive und die Abkehr von der tradierten Grammatik und

Interpunktion sowie durch amimetische Sprachwiedergabe erzielte er eine Literaturform

mit hoher Affinität zur Malerei des Kubismus. In seinen frühen Prosagedichten gelangte

er zu einer sprachlichen Polyperspektivität, indem er die Motive von unterschiedlichen

Standpunkten aus entwickelte.1088 Reverdy experimentierte daneben mit typografischen

Leerstellen in seinen Prosagedichten, die den Text rhythmisch und semantisch gliedern.

Die von ihm vollzogene Aufkündigung der Syntax suspendierte das Prinzip des einen

singulären Sinngehalts und ermöglichte die Verknüpfung unterschiedlicher Bezüge

seitens des Rezipienten.1089 Mittels anschaulicher Versprachlichung versuchte er, die

bildkünstlerischen Themen und Motive in den „critiques synthétiques“ textuell zu fassen.

Der Diskontinuität und Inkohärenz avantgardistischer Malerei analog ergibt sich aus der

typografischen Gestaltung der „critiques synthétiques“ ein Textaufbau, in dem die Verse

unterschiedlich positioniert sind, mal linksbündig, mal zentriert, und in den

1086 Alle Zitate: Pierre Reverdy: Le cubisme, poésie plastique. In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 142–148, S. 144. Ausgangspunkt der Kubismustheorie Reverdys wie auch Guillaume Apollinaires waren die von Baudelaire formulierten Verfahren „von Analyse und Synthese: Synthese als Re-komposition des (Bild-)Materials, das aus der Analyse, d. h. De-komposition des vorgefundenen gewonnen wurde“ zur Neuschöpfung einer künstlerischen Welt, Winfried Wehle: Orpheus’ zerbrochene Leier. Zur ‚Poetik des Machens’ in avantgardistischer Poetik (Apollinaire). In: Warning, Rainer; Ders. (Hgg.): Lyrik und Malerei der Avantgarde. München 1982, S. 381–420, S. 389. 1087 Pierre Reverdy: L’Esthétique et l’esprit (Paru dans „L’Esprit nouveau“, mars 1921). In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 165–181, S. 179. 1088 Zu Reverdys Kubismustheorie als Programm für eine a-mimetische Lyrik, vgl. Klaus Discherl: Wirklichkeit und Kunstwirklichkeit. Reverdys Kubismustheorie als Programm für eine a-mimetische Lyrik. In: Warning, Rainer; Wehle, Winfried (Hgg.): Lyrik und Malerei der Avantgarde. München 1982, S. 445–480. 1089 Vgl. Michel Collot: La syntaxe du visible. Reverdy et l’esthétique cubiste. In: Ders. (Hg.): Reverdy aujour’dhui. Paris 1992, S. 67–76, S. 70 und 74.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Schlüsselwörter der Malerei eingebunden sind, so dass ein die visuellen

Gestaltungsmittel sprachlich nachschöpfendes Schriftkunstwerk entstand.1090 In seinen

kunsttheoretischen Schriften betonte Reverdy das autonome Verhältnis der

kubistischen Kunst zur empirischen Welt1091 und die tiefere Durchdringung der Natur in

der Malerei durch Einbindung realer Fundstücke zu einer größeren Wirklichkeit.1092

Analog zu Schwitters’ Praxis präsentierte Reverdy Wirklichkeit nicht um ihrer Abbildung

willen, sondern inszenierte sie so, dass „ihre ‚Ereignisse’ auch als Momente eines

ästhetischen Geschehens gelesen werden können, daß ihr Primärsinn immer auch

einen ästhetisch relevanten Sekundärsinn enthüllt.“1093

Die kubistische bildkünstlerische Collagetechnik und deren „Multiperspektive als

aperspektivische Verfremdung“ wiederum gab den Schriftstellern des russischen Kubo-

Futurismus sowie der literaturtheoretischen Schule des Russischen Formalismus

maßgebliche Anregungen.1094 Parallel zu Schwitters’ Werk, aber ohne nachweisbaren

direkten Zusammenhang, existierte die Auffassung innerhalb der russischen

Avantgardeliteratur, die Phänomene der vorangegangenen Kunstströmungen als

„Vorrat der Formeln“ zu gebrauchen. Der Literaturwissenschaftler Aleksandr N.

1090 Vgl. Pierre Reverdy: Critique synthétique (Paru dans „Littérature“, mai 1919). In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 148–151, Pierre Reverdy: 199 - Cs (Paru dans „Anthologie Dada“, 15 mai 1919). In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 152–154 und Pierre Reverdy: Critique synthétique (Exposition Henri Matisse) (Paru dans „Littérature“, juin 1919). In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 155–158. Die paratextuelle Vorgabe einer „critique synthétique“ vermochte Reverdy in den kritischen Gedichten aufgrund der fehlenden kritischen Bewertung und der ausbleibenden theoretischen wie auch historischen Auseinandersetzung laut Fleckner nicht umzusetzen, vgl. Uwe Fleckner: Das zerschlagene Wort. Kunstkritik des Kubismus und „kubistische“ Kunstkritik von Pierre Revery, Guillaume Apollinaire und Carl Einstein. In: Fleckner, Uwe; Gaehtgens, Thomas W. (Hgg.): Prenez garde à la peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900-1945 (= Passagen/Passages. Deutsches Forum für Kunstgeschichte 1). Berlin 1999, S. 481–535, S. 495. Dennoch können die „critiques synthétiques“, entgegen Fleckner, als Ekphrasis klassifiziert werden, da darin der Gehalt im Sinne der Summe von Form und Inhalt wie auch die Wirkung der Bilder mittels medialer Transposition sprachlich und textuell evoziert werden, vgl. Wolf, W. 2002, S. 182, Anm. 45. 1091 Vgl. Pierre Reverdy: L’image (1918). In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 73–75, S. 73. 1092 Vgl. Pierre Reverdy: Sur le cubisme. In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 12: Nord-Sud, Self Defence et autres écrits sur l’art et la poésie (1917-1926). Paris 1975, S. 14–21, S. 20. 1093 Discherl 1982, S. 466. 1094 Vgl. Aage Ansgar Hansen-Löve: Der russische Formalismus. Methodologische Rekonstruktion seiner Entwicklung aus dem Prinzip der Verfremdung. Wien 1978, zugl. Diss. Univ. Wien 1975, S. 82-89. Der Russische Formalismus war eine literaturtheoretische Schule, die um 1915 entstand, 1930 jedoch unterbunden wurde. Sie kann als erste streng textimmanent vorgehende Theorie betrachtet werden, die sich auf die konstruktiven Verfahren literarischer Texte konzentrierte, um deren Literarizität bzw. Poetizität zu erforschen und sie gegen Alltagssprache abzugrenzen. Aus dem Russischen Formalismus ging, v. a. durch Roman Jakobsons Arbeit, der Strukturalismus hervor, vgl. W. E. (= Wolfgang Eismann): Formalismus. In: Bondy, François; Frenzel, Ivo; Kaiser, Joachim u. a. (Hgg.): Harenberg. Lexikon der Weltliteratur. Autoren, Werke, Begriffe. 5 Bde. Bd. 2: Coc-Hea. Dortmund 1995, S. 975–976.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Veselovskij, auf den sich die Formalisten u. a. beriefen, sprach diesbezüglich von der

„Schule der Geschichte: Sie wählt für uns die Materialien unserer poetischen Sprache,

den Vorrat der Formeln und Farben aus“.1095 Diese Anschauung wurde zu einem

bestimmenden Faktor des formalistischen Evolutionsmodells, demzufolge die Künstler

und Theoretiker die künstlerische Entwicklung als dynamische Abfolge einander

ersetzender und antagonistischer Stilerscheinungen verstanden. Dabei wurde die

fortwährende Überarbeitung und Neubelebung der Kunst zum wichtigsten Antrieb des

künstlerischen Schaffens. Die Verfremdung des Gegebenen als Prinzip, das

transformierender, deformierender, demotivierender Art sein konnte, wurde realisiert,

um gebräuchliche Kategorien zu ersetzen und die traditionelle Kontinuität zu

unterbrechen. Leitende Idee des Verfremdungsprinzips war die Erschwerung der

Wahrnehmung des Sprachmaterials, dessen Gebrauch und Gehalt „automatisiert,

lexikalisiert, konventionalisiert“ war.1096 Unter besonderer Berücksichtigung der

lautlichen Disposition wurde das Sprachmaterial mittels verfremdender Verfahren neu

bearbeitet und damit aktualisiert.1097 Die Formalisten begriffen die Verfremdung als

sprachkritische Operation, mit dem Ziel, die Gegenstände neu zu sehen und neu zu

erleben.1098 Streng differenziert wurden in der Theorie des Formalismus nicht nur

literarische Genres, wie die Prosa- und die Versdichtung, sondern auch

unterschiedliche Medien.1099

Partielle Übereinstimmung bezüglich der methodischen Disposition der Tran-Texte lässt

sich im Prinzip der Substitution der Form-Inhalt-Dialektik durch die „Gegenüberstellung

von Verfahren (priem) und Material, das von den Verfahren bearbeitet wird“,

konstatieren. Victor Šklovskij definierte Verfahren als „Faktor der (Neu-)Verteilung des

Materials“.1100 „Ein neuer Inhalt wird nur zu Tage gefördert“, so Aleksej E. Kručenych,

„wenn neue Verfahren des Ausdrucks, eine neue Form erlangt werden. […] Auf diese

Weise bedingt die Form den Inhalt“.1101 Literatur bzw. die Literarizität von Texten

1095 Zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 51. 1096 Hansen-Löve 1978, S. 48. 1097 Ebd. Der Materialbegriff innerhalb des Russischen Formalismus war vielschichtig. Er umfasste den unbearbeiteten, konventionell-literarischen „‚Stoff’ (Materialbegriff I)“, der „zum ästhetischen, werkimmanenten Material (Materialbegriff II) ‚um[ge]arbeitet’“ wurde. Die Differenzqualität des transformierten Materials (vešč) stand in Abhängigkeit vom Stoff, vor dessen Hintergrund die primären Verfremdungseffekte wahrgenommen werden. Der Materialbegriff I bezeichnete zunächst auf der materiell-sinnlichen Ebene haptische und visuelle, v. a. aber lautliche Merkmale des Stoffes (Zaum-Dichtung) und in der späteren Entwicklungsphase des Formalismus, auch auf der inhaltlichen Ebene, Motive und Fakten, „alle semantischen, etymologischen, lexikalischen u. a. Faktoren“, ebd., S. 193-194 und 196. 1098 Vgl. ebd., S. 48-49 und 69. 1099 Vgl. ebd., S. 320, Anm. 531 und 339. Erst in der späteren Phase und im Zuge der Realisierung von Tonfilmen wurde die Medienautonomie aufgehoben, vgl. ebd., S. 356. 1100 Beide Zitate: Zit. nach ebd., S. 55. 1101 Aleksej E. Kručenych: Novye puti slova (1913). In: Manifesty i programmy russkich futuristov. Hrsg. von Vladimir Markov. München 1967, S. 64-73, S. 72, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 114.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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bestimmte sich somit als Summe der realisierten Verfahren.1102 Die wissenschaftliche

Analyse der Sprache und der Prozesse der Textproduktion und -konstruktion wurden zu

wesentlichen Untersuchungsmethoden der künstlerischen Prinzipien erhoben.1103 In

literarischen Texten wurden Materialien nach Kriterien wie der Klangeigenschaften und

der „Faktur“1104 hin ausgewählt, einem konventionellen Kontext entnommen, von ihrer

ursprünglichen Bestimmung befreit und zu einer neuen Einheit organisiert. Dass

literarische Werke und deren Elemente als Material für neue Textproduktion verwendet

werden konnten, wurde mit der Auffassung der Kunst als „vešč“, als Objekt

gerechtfertigt.1105 Korrespondierend mit den Tran-Texten bestehen viele der von den

Russischen Formalisten untersuchten Texte, wie etwa solchen des Konstruktivismus,

aus der „weitgehend asyntaktische[n], alogische[n] Montage heterogener,

semantischer und stilistischer Elemente“.1106 Die „‚Umarbeitung’ des außerästhetischen

Materials“, welches in ein literarisches Werk aufgenommen werden konnte und damit

ästhetischen Status erhielt, spielte im Formalismus ebenso wie in der Merzdichtung

eine wichtige Rolle.1107

1102 Viktor Šklovskij: Kunst als Verfahren (1916). In: Striedter, Juri (Hg.): Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa. 2 Bde. Bd.1. München 1971, S. 11–32, S. 13: „Die gesamte Arbeit dichterischer Schulen besteht in der Sammlung und Darlegung neuer Verfahren zur Anordnung und Bearbeitung des sprachlichen Materials und im einzelnen eher in der Anordnung als in der Schaffung von Bildern.“ 1103 Ebd., S. 18: „Durch die Kunst erleben wird das Machen der Dinge, das Gemachte ist ihr unwichtig.“ 1104 Der Wladimir Markow entlehnte Begriff der Faktur, den dieser mit Blick auf Werke der bildenden Kunst prägte und als „Geräusch“ bestimmte, bezeichnete zunächst die phonetische Verschiebung bei gebräuchlichen Ausdrücken, vgl. Wladimir Markow: Grundfaktoren, die die Faktur bestimmen und das Geräusch. In: Rübel, Dietmar; Wagner, Monika; Wolff, Vera (Hgg.): Materialästhetik. Quellentexte zu Kunst, Design und Architektur. Berlin 2005, S. 276–280, S. 279-280. Während die russischen Futuristen in Bezug auf das Theorem „Faktur“ Konsonanten als Träger von Farben betrachteten, fassten die Formalisten in ihren Theorien den Begriff als Modus der Konstruktion weiter: „Die Struktur des Wortes oder Verses - das sind seine Bestandteile (Laut, Buchstabe, Silbe etc.). Bezeichnen wir sie als a-b-c-d. Die faktura des Wortes - das ist die Verteilung diese Bestandteile a-b-c-d. / Die faktura - das ist das Machen (delanie) des Wortes, seine Konstruktion, die Verteilung … von Silben, Buchstaben und Wörtern“, Aleksej E. Kručenych: Faktura slova. Moskau 1923, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 95-96. 1105 Vgl. Rainer Grübel: Russischer Konstruktivismus. Künstlerische Konzeptionen, literarische Theorie und kultureller Kontext. Wiesbaden 1981, S. 43-48. 1106 Hansen-Löve 1978, S. 453. 1107 Ebd., S. 54-55. In der Merzdichtung wie auch in den Literaturanalysen der Russischen Formalisten wurden Elemente aus künstlerischen und außerkünstlerischen Bereichen korreliert: „Der Prozeß des künstlerischen Schaffens besteht in der Umgestaltung (Umbildung) der ästhetisch irrelevanten dinglichen Reihe [...] des Objekts des Schaffens in eine ästhetisch bedeutungshafte (das Kunstwerk)“, Boris M. Ėngel’gardt: Formal'nyi metod v istorii literatury (Voprosy poėtiki, Vyp. XI). Leningrad 1927, S. 35, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 193. Mithin wurden nichtliterarische Formen wie „Publizistik, private Korrespondenz, Feuilletonistik, Journalistik, Rhetorik, Werbung, Kunstkritik“ aufgegriffen, ein weiterer Aspekt, der sich mit der Konzeption der Merzdichtung deckt, ebd., S. 400. Bei dieser Vermischung stand im Vordergrund, das Material neu zu empfinden und neue literarische Genres zu konstituieren. Zur „Ästhetisierung des Faktenmaterials“, vgl. ebd., S. 538-542. Die Russischen Formalisten hoben in ihren theoretischen Schriften hervor, dass außerliterarische Fakten durch literarische Evolution zu Literatur werden konnten, und umgekehrt, literarische Elemente zu außerliterarischen Elementen absinken konnten. Diese Sachverhalte standen v. a. in den literaturwissenschaftlichen Arbeiten von Juri Tynjanow im Vordergrund, vgl. Juri Tynjanow: Das literarische Faktum (1924). In: Striedter, Juri (Hg.): Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa. 2 Bde. Bd.1. München 1971, S. 361–383, S. 364-365 und Juri Tynjanow: Über die literarische Evolution (1927). In: Striedter, Juri (Hg.): Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa. 2 Bde. Bd.1. München 1971, S. 405–421, bes. S. 409-410.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Die literarische Praxis der „Auferweckung des Wortes“1108 - der Eigenwertigkeit des

Wortes, dessen Sinn erst im Rezeptionsprozess generiert wird - und der Integration

heterogener Sprachelemente in die Dichtung innerhalb der zaum-Dichtung wurde über

Kandinsky an die Künstler des Cabaret Voltaire weiter vermittelt.1109 Als Motivation für

die Beschäftigung mit neuen Möglichkeiten im Umgang mit der Sprache nannte Hugo

Ball die „vom Journalismus verdorbene und unmöglich gewordene Sprache“. In

Ableitung und Weiterentwicklung der von Marinetti propagierten „Parole in Libertà“ wie

auch in begrifflicher Anlehnung an Stéphane Mallarmé konzentrierte Ball die Sprache

auf die „Alchimie des Wortes“.1110 Damit forderte er eine unbedingt neuartige

Verwendung der Sprache und reduzierte diese in seinen Dichtungen v. a. auf ihre

klangliche Qualität. Die hier zur Folge von den Dadaisten während ihrer Soireen

realisierten bruitistischen und simultanistischen Gedichte zeichnen sich durch die

Kernprinzipien von Dada, durch „die Beziehungslosigkeit gegenüber allen Dingen“1111

aus und sind als „parodistische[], zynische[] oder satirische[] Darstellung der

Wirklichkeit“1112, der Realität als „ein chaotisches Sammelsurium“ zu lesen bzw. zu

hören.1113 In den simultanen Gedichten, die als „kontrapunktisches Rezitativ“1114

angelegt sind, wurden unterschiedlichste Sprachstile zu einem polyphonen Ganzen

verarbeitet, das zeitliche Nacheinander der Literatur wurde in ein simultanes

„Durcheinanderjagen[] aller Dinge“1115, in ein Textgefüge überführt, „das in

verschiedenen Sprachen, Rhythmen, Tönen zugleich von mehreren Personen

vorgetragen wird“.1116 V. a. die Berliner Dadaisten verstanden ihre Arbeit u. a. auch als

„die Überleitung zu der neuen Freude an den realen Dingen“1117 und gebrauchten zur

Textproduktion „verachtete oder edle Materialien, Klischees von Redensarten oder aus

alten Zeitschriften, Gemeinplätze, Reklame-Slogans, Abfälle, [...], heteroklite Elemente,

deren Zusammenstellung sich in einen unvorhergesehenen homogenen

Zusammenhang verwandelt, wenn sie in einer neuen Komposition ihren Platz

1108 Vgl. ebd., S. 111-114. 1109 Vgl. Wolf-Dieter Stempel: Velimir Chlebnikov oder die Grenzen der Entgrenzung. In: Warning, Rainer; Wehle, Winfried (Hgg.): Lyrik und Malerei der Avantgarde. München 1982, S. 359–380, S. 373. 1110 Beide Zitate: Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, URL: http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Ball/bal_zei2.html, Tagebucheintrag vom 24. Juni 1916. 1111 Richard Huelsenbeck: Einleitung. In: Dada Almanach. Hrsg. von Dems. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 3–9, S. 5-6. 1112 Daimonisdes: Zur Theorie des Dadaismus. In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 54–62, S. 55. 1113 Richard Sheppard: Dada und Futurismus. In: Paulsen, Wolfgang; Hermann, Helmut G. (Hgg.): Sinn aus Unsinn. Bern u. a. 1982, S. 29–70, S. 52. 1114 Ball 1998/1927, Tagebucheintrag vom 30. März 1916. 1115 Tzara u. a. 1920, S. 16. 1116 Richard Huelsenbeck: Erste Dadarede in Deutschland, gehalten von R. Huelsenbeck im Februar 1918 (Saal der Neuen Sezession. I. B. Neumann). In: Riha, Karl (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 1991, S. 16–19, S. 17. 1117 Ebd., S. 18.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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finden“.1118 Auch Hans Arp dienten Printmedien als eine Materialquelle für seine

Dichtungen: „Wörter, Schlagwörter, Sätze, die ich aus Tageszeitungen und besonders

aus ihren Inseraten wählte, bildeten 1917 die Fundamente meiner Gedichte. Öfters

bestimmte ich auch mit geschlossenen Augen Wörter und Sätze, indem ich sie mit

Bleistift anstrich. Ich nannte diese Gedichte ‚Arpaden’.“1119 All diese Prinzipien,

vornehmlich das Prinzip der Kontrastmontage, der Aufnahme von Materialien gleich

welcher Herkunft und nicht zuletzt die prinzipielle „Bedeutungsverweigerung“1120,

wirkten maßgeblich auf die Konzeption von Merz v. a. in den ersten Jahren ein und

kennzeichnen Schwitters’ antikritische Praxis in der Anfangsphase.

2.1 Die Tran-Texte und tran-ähnliche Schriften 1919-1921

Tran 1 Ein solider Artikel Eine Anwienerung im Sturm

In seiner ersten Antikritik „Tran 1. Ein solider Artikel. Eine Anwienerung im Sturm“

wendet sich Schwitters an Ernst Cohn-Wiener, der in der „Neuen Berliner Zeitung“ vom

1. August 1919 die 76. Sturm-Ausstellung in Form eines Interviews besprochen und die

Collagetechnik sowie die Merztheorie parodiert hat.1121 Den Tran-Text, der wie alle

1118 Raoul Hausmann: Massenpsychologie Dadas. In: Riha, Karl (Hg.): Da Dada da war ist Dada da. Aufsätze und Dokumente. München u. a. 1980, S. 144–147, S. 147. 1119 Hans Arp: Wortträume und schwarze Sterne. Auswahl aus den Gedichten der Jahre 1911-1952. Wiesbaden 1953, S. 6. 1120 Walter Fähnders: Avantgarde und Moderne 1890-1933. Stuttgart 1998, S. 191. 1121 Vgl. Cohn-Wiener 1919.08.01. Neben der Kritik Cohn-Wieners gibt es einige Rezensionen zur 76. Sturm-Ausstellung, die Schwitters aufbewahrte und auf die weder die Sturm-Theoretiker oder Spengemann noch er selbst reagierten. Eine Rezension von Lothar Brieger, in der dem Künstler ein Einschlag „ins weibisch hysterische“ attestiert wird, beantwortete Schwitters nicht, Brieger 1919.07.09. In der Kladde „Kritiken“, in der er die Kritik von Brieger verwahrte, machte er zwar eine Notiz in Kurzschrift - „Bei Lothar Brieger schlägt die Feinfühligkeit des weisen Herrn so in weibisch-hysterisches um.’ Es liegt scheinbar, wie er selbst sagt, ‚an dieser bodenlos zerfahrenen, kulturarmen, verhetzten Zeit.’ Statt zu kritisieren, zitiert er über die Gattung meiner Kunst, wie ein hysterisches Weib, die ihrem Mann Vorwürfe macht, dass sie ihn nicht lieben kann. Die Ähnlichkeit zwischen ‚Andersens Märchen’ und meinen Merzbildern ist ja so in die Augen stechend, daß es einfach banal ist, wenn Herr Lothar Brieger sie erwähnt. Aber wenn man nicht einmal mehr eine Kritik anständig zu formen vermag. Darum wollen wir über die Quasselei von Lothar Brieger nicht viel reden“, zit. nach Kocher/Schulz 2014, S. 532 - die belegt, dass er eine Replik gegen Brieger plante. Dieser Entwurf fällt allerdings aus der Reihe der ersten Antikritiken im Merzstil heraus, sodass Schwitters vermutlich auch aus Gründen der materialästhetischen Relevanz des Ausgangstextes den Plan verwarf, diesen tran-ähnlichen Text weiter zu formen. Der Merzkünstler zog es offensichtlich vor, den Text Cohn-Wieners zu replizieren, der ihm aufgrund der parodistischen Form und der teils absurden Inhalte mehr antikritische und literarische Angriffsfläche geboten zu haben schien als die Rezension von Brieger. Ein weiterer, nicht replizierter Bericht von Paul Fechter über die 76. Sturm-Ausstellung wiederum nahm sich vermutlich für Schwitters relativ konventionell aus, da der Kritiker zwar Erwägungen über die Quellen von Merz angestellt, diese aber im journalistischen Sprachduktus kommuniziert hatte, vgl. Fechter 1919.07.05. Hier zeigt sich, um dies nochmals zu verdeutlichen, dass der Merzkünstler aus dem ihm zur Verfügung stehenden Kritikenmaterial nur das auswählte, das die oben dargelegten materialästhetischen Kriterien erfüllt. Andererseits befindet sich in Paul Steegemanns antikritischer Schrift „Das enthüllte Geheimnis der Anna Blume“ eine Passage aus Fechters Kritik, die als reine Zitatmontage antikritischen Charakter hat und damit als Replik gelten kann, vgl. Steegemann 1920, S. 13.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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anderen antikritischen Schriften - mit Ausnahme der 1922 erschienenen - typografisch

neutral gestaltet ist, publizierte Schwitters, wie erwähnt, unmittelbar nach Erscheinen

der Ausstellungsbesprechung noch im August in der Zeitschrift „Der Sturm“.1122 Darin

übernimmt er die Textform des Gespräches von Cohn-Wiener und führt die imaginäre

Unterhaltung fort. Die Textstruktur von „Tran 1“ ist somit geprägt vom Alternieren von

Frage und Antwort und wird zudem durch zahlreiche Einschübe unterbrochen, wodurch

die Textsemantik inkohärent erscheint und die Linearität des Textverlaufes

aufgebrochen wird. Die montierten Textpassagen stammen größtenteils aus Cohn-

Wieners Artikel „Auch eine Kunstausstellung“. Wie bereits die Untertitel von „Tran 1“

zeigen, entnimmt Schwitters dem kunstkritischen Hypotext darin häufig genannte

Wörter wie „solide“, absurde Vergleiche wie der der Sturm-Bewegung mit einem

„(Junge[n] Mädchen)“ bzw. mit einem „Mauerblümchen“1123 oder der 76. Sturm-

Ausstellung mit einer „solide[n] Brockensammlung“.1124 Für den ersten Untertitel wählt

er das Wort „solide“ aus Cohn-Wieners Text aus, mit dem dieser die Merzbilder als

„solider Müllhaufen“ umschrieben bzw. den Leim als „unbegreiflich soliden Klebstoff“

spezifiziert hat,1125 und überträgt es auf den Kritiker und seinen Artikel.1126 Das Wort

verwendet er danach für zahlreiche neue und klanglich ähnliche Konstellationen:

„soliden Sinn“, „Ich liebe das Wort ‚solide’“, „solide Brockensammlung“, „soliden

Namen“ oder „Solide Oberlehrer“.1127 Bei dem zweiten Untertitel handelt es sich um ein

Wortspiel, mittels dessen der Kritikername sowie das Wort anwidern miteinander

gekreuzt werden.1128 Wie im Manifest „An alle Bühnen der Welt“ gefordert zerreißt und

deformiert er das Wortmaterial, um die einzelnen Bestandteile anschließend

„miteinander zu vermählen.“1129 Der Name des Kritikers wird durch satirische

„Entformelung“ zum Material und Teil des antikritischen künstlerischen Spiels.1130

Die weiteren, aus dem Ausgangstext übernommenen Phrasen oder Wörter sind z. T.

als Zitate ausgewiesen, z. T. in Klammern gesetzt oder überhaupt nicht

1122 Der Text erschien nochmals in „Anna Blume. Dichtungen“ in der Auflage von 1922 leicht modifiziert und unter dem Titel „Tran 1. Ein solider Artikel. Berlin soll nicht zur Ruhe kommen. Ein Zwiegespräch, Herrn Cohn-Wiener gewidmet“, vgl. Lach 5, S. 402, Anm. 45. 1123 Alle Zitate: Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 46. Cohn-Wiener hat mit dem Vergleich auf den nachlassenden Erfolg von Herwarth Walden und seine randständige Position auf dem Kunstmarkt angespielt, vgl. Cohn-Wiener 1919.08.01. 1124 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45. 1125 Beide Zitate: Cohn-Wiener 1919.08.01. 1126 Vgl. Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45, wo es in einer Antwort des Interviewers heißt: „Der solide Doktor: […] Ich schreibe doch meine soliden Artikel auch selbst.“ 1127 Ebd., passim. 1128 Vgl. Ewig 1999, S. 244. 1129 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 41. 1130 Die „Entformelung“ resp. semantische Verfremdung wurde auch in den Analysen der Russischen Formalisten „als Instrument der entblößenden Verfremdung der ‚gegnerischen’ Positionen“ thematisiert, Hansen-Löve 1978, S. 176.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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gekennzeichnet. Im letzteren Fall fügen sie sich auch ungebrochen ein in die

semantische und syntaktische Kohärenz des Tran-Textes.

Schwitters beginnt das Interview ohne Einleitung zunächst mit der Frage nach der

Bedeutung des Wortes „Merz“, die er seinen Gesprächspartner „Doktor“ stellen lässt,

und dann nach der Herkunft des Begriffes. Der Interviewte antwortet auf die erste

Frage „ich wählte es zur Bezeichnung meines Stils“, auf die zweite „Merz nannte sich

selbst“ und fragt den Interviewer als nächstes, ob er lesen könne. Dieser entgegnet

wiederum: „Lesen? Manchmal, wenn das Wort einen soliden Sinn hat. Ich liebe das

Wort ‚solide’.“1131 Der Gesprächsverlauf nimmt sodann aufgrund des nicht punktgenau

geführten Gesprächs, v. a. aber durch die Integration von Versatzstücken aus anderen

Zeitungsartikeln einen zunehmend absurden Charakter an.

Mit der im Text genannten Erwägung der eingeschränkten Lesefähigkeit des

Interviewers zielt Schwitters auf die gehaltsästhetische Auffassung des

Kunsthistorikers ab, der für die Rezeption einen erkennbaren Inhalt bzw. „soliden Sinn“

voraussetzte. Gleichzeitig knüpft der Merzkünstler an die Zusammenhanglosigkeit

zwischen Frage und Antwort in Cohn-Wieners Feuilletonartikel in Form von

Gedankensprüngen an.

Die dispositiven Verfahren der Montage verschiedener Textsorten und Medien in

Zeitungen und Magazinen beeinflussten die Textproduktion der Avantgarde, v. a. der

Dadaisten in hohem Maße.1132 Die Inhalte von Zeitungen wurden nach Kriterien wie

dem Aktualitätswert und der Relevanz der Informationen oder dem Unterhaltungswert

selektiert und nach Ressorts aufgeteilt. Bereits ab der zweiten Hälfte des 19.

Jahrhunderts wies das Feuilleton, das nach 1918 eine wesentliche Erweiterung und

Ausdifferenzierung erfuhr, Brüche bezüglich textueller Zusammenhänge und

Aufspaltungen von grundsätzlichen Diskursen auf, so dass die nachrichtliche

Wirklichkeit konstruiert erschien.1133 Auch die Rubrik „Vermischtes“ oder die Beilagen,

1131 Alle Zitate: Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45. 1132 Zur Zeitungs- und Werbetypografie als Modelle dadaistischer Textgestaltung, vgl. Susanne Wehde: Typographische Kultur. Eine zeichentheoretische und kulturgeschichtliche Studie zur Typographie und ihrer Entwicklung. Tübingen 2000, zugl. Diss. Univ. München 1995 (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 69), S. 392-399. In den Zeitungen und Zeitschriften war „inhaltlich [...] die Nivellierung traditioneller Sinn- und Wertordnungen vorgezeichnet, formal ist hier ein Darstellungsschema der neuen simultanen Wirklichkeitserfahrung angelegt“, ebd., S. 399. Großes Interesse an der inhaltlichen Disposition wie formalen Struktur der Zeitung, v. a. des Feuilletons, war innerhalb des Russischen Formalismus gleichermaßen gegeben, vgl. Hansen-Löve 1978, S. 542-545. 1133 Vgl. Almut Todorow: Das Feuilleton im medialen Wandel der Tageszeitung im 20. Jahrhundert. Konzeptionelle und methodische Überlegungen zu einer kulturwissenschaftlichen Feuilletonforschung. In: Kauffmann, Kai; Schütz, Erhard (Hgg.): Die lange Geschichte der Kleinen Form. Beiträge zur Feuilletonforschung. Berlin 2000, S. 25–39, S. 29 und Erhard Schütz: „Ich zeichne das Gesicht der Zeit“. Skizzen zu Feuilleton und Feuilletonforschung aus der und zu der Zeit von 1918 bis 1945. In: Kauffmann,

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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in denen sich ebenso wie im Feuilleton Berichte über das kulturelle Geschehen fanden,

zeichneten sich durch formale wie auch inhaltliche Heterogenität, durch das

unvermittelte Nebeneinander bildlich und typografisch gestalteter Annoncen, Teilen

von Feuilletonromanen, Nachrichten und Humoristischem in unterschiedlichen

Sprachhaltungen und Stilhöhen aus.

Schwitters orientiert sich bei der Auswahl und Komposition des Materials auch für

seine erste antikritische Schrift nicht nur am eigentlichen Ausgangstext, sondern

bedient sich zudem des Montageverfahrens der Zeitung als Folie. Weiteres

Sprachmaterial bezieht er im Fall von „Tran 1“ aus der Zeitungsausgabe, in der auch

die parodistische Besprechung von Cohn-Wiener abgedruckt war. Die Textzeile

„(Automatischer Kohlensäuretrockenlöscher ‚Total’.)“ bspw. erschien dort als Inserat für

den Universal-Feuerlöscher der Deutschen Total-Gesellschaft, der aufgrund der

innovativen und wirkungsvollen Technik zu einem erfolgreichen Produkt avanciert war.

In „Tran 1“ ist das Textfragment in die erklärende Antwort, woher das Wort „Merz“

stamme, zwischen zwei Sätzen eingeschoben und wird in abgewandelter Form als

„(Junges Mädchen total automatisch.)“ noch ein Mal eingesetzt.1134 Hierbei vermischen

sich die unterschiedlichsten Textgattungen wie auch literarische und nichtliterarische

Texte, denn Schwitters zieht zur Gestaltung des avantgardistischen Schriftwerkes

diverse Gebrauchstexte heran. Mit der intermedialen Korrelation der Annonce und der

Kunstkritik überträgt er zudem die Eigenschaften des Feuerlöschers auf Merz bzw. auf

den „Sturm“, den Cohn-Wiener mit einem Mädchen bzw. mit einem Mauerblümchen

verglichen hat. Während das Fragment im Kontext der Zeitung nur werbende Funktion

hatte, nutzt es Schwitters auch metaphorisch als codierte Reaktion auf die

kunstkritische Stellungnahme und entformelt letztere durch ein inhaltlich gegenläufiges

Textkonstrukt.

In den eingeschobenen Sequenzen spricht der Merzkünstler unterschiedliche Themen

an. Bspw. wandelt er die Phrase Cohn-Wieners, „Zeig deine Reize her, lieber Sturm,

und wir werden dich wieder lieben“1135, um in ein Liebesmotiv in Einschüben wie „(Ob

Kai; Schütz, Erhard (Hgg.): Die lange Geschichte der Kleinen Form. Beiträge zur Feuilletonforschung. Berlin 2000, S. 177–188, S. 181. 1134 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45. In anderen Fällen übernimmt er die journalistische Praxis der Kommentierung durch metakommunikative Einschübe wie z. B. „Beifall“. Die zeitgenössischen Berichterstatter machten die Leser in ihren Artikeln über öffentliche Versammlungen so auf Unterbrechungen durch Zurufe oder nonverbale Gegenreaktionen seitens der Hörerschaft aufmerksam, um auch die Resonanz Einzelner zu kommunizieren, vgl. Anonym: Die Nationalversammlung zum Regierungsprogramm. Von unserem Weimarer Sonderberichterstatter. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 204, 26.07.1919 und Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 47. 1135 Cohn-Wiener 1919.08.01. Ebenso entnimmt Schwitters die Einschübe „(Ein ausgeruhtes Köpfchen.)“ und „(Ob er auch gesund ist?)“ neben der Kunstkritik stehenden Meldungen, die über berufsrechtliche Belange berichten, vgl. die diversen Meldungen neben Cohn-Wieners Artikel, in der „Neuen Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt“, Nr. 168, 01.08. 1919. Als Kommentar bezieht Schwitters den Aussagegehalt

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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er mich liebt?)“, „Sehr, Lieber Herr, sehr. Du Deine: Dich Dir. Ich habe Sie so gern.

(Werde mein!)“, „(Morgen kommt mein Schatz.)“, „(Ob er weiß, wie ich ihn liebe?)“ „(Ob

ich ihm so gefalle?)“, das den gesamten Text durchzieht.1136 Die intratextuellen

Verweise auf „An Anna Blume“ runden den Motivkreis ab.1137 Des Weiteren

thematisiert er das populäre Phänomen Sport in Parenthesen wie etwa „(Berliner

Leichtathletikmeisterschaften.)“ und (Berliner Ringkämpfe.)“1138, die motivisch zu einem

„(Herausforderungskampf Cohn-Wiener - Anna Blume, Anfang 8 Uhr)“ in der

Schlusspassage des Textes hinleiten.1139 Die imaginäre Zweikampfsituation impliziert

die Intention und den Gehalt des Textes, die dialektische Verarbeitung des

kunstkritischen Materials bzw. des Kritikers zu künstlerischem Stoff. Dem ästhetischen

Material aus „An Anna Blume“ wird konventionelles Material zur Seite gestellt, das auf

diese Weise zum werkimmanenten Teil einer aus Vorgefundenem bestehenden und

neu organisierten Einheit wird.

Die selbstreferentielle Weiterführung von Anna Blume oder anderer Motive aus der

Merzdichtung illusioniert die intratextuelle Zusammengehörigkeit aller Texte, in denen

diese aufgerufen werden. Es ist ein Verfahren, über das der Erfolg des Gedichtes

wieder in Erinnerung gerufen, wie auch in einem neuen Kontext aktualisiert und

zugleich die literarische Existenz der Figur weiterentwickelt werden. Bezüglich Anna

Blume spricht Schwitters selbst von einer Ausschlachtung der Kunstfigur.1140 Er

formuliert damit einen Verwertungs- bzw. Wiederverwertungsgedanken,1141 der

folgendes beinhaltet: die Sammlung automatisierter Phänomene, die Auswahl der

brauchbaren Teile und drittens die Wiederverwendung in unterschiedlichen

Zusammenhängen, wodurch das konventionalisierte Material entautomatisiert wird, um

in der Terminologie der Russischen Formalisten zu sprechen.

Ist das einzelne Werk im bildnerischen wie auch im literarischen Tätigkeitsfeld von

Schwitters immer ein abgeschlossenes, öffnet sich mit diesem Verfahren der der Textfragmente ironisch auf den Kritiker bzw. lässt er den Leser diese Bezüge herstellen. In derselben Funktion und bezogen auf die Kunstkritik Cohn-Wieners gebraucht er das montierte Fragment „(Süßer und Saurer Kitsch)“ in „Tran 1“ erstmalig, der Titel einer Rezension Curt Glasers zur selben Ausstellung, die Schwitters sieben Monate später replizierte, Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45 und s.w.u. 1136 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, passim. 1137 Vgl. ebd., S. 46. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das erste Merzgedicht „An Anna Blume“ in der Literatur als Replik auf die Kritik von Ernst Cohn-Wiener gelesen wird, vgl. Armin Arnold: Kurt Schwitters’ Gedicht ‚An Anna Blume’. Sinn oder Unsinn? In: Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur 35/36 (1972), S. 13–23, oder besser in einem Partialsinn als Mittel verstanden wird, „um den Kunstkritikern in Erinnerung zu rufen, daß Wahrnehmung im Bereich zumal der bildenden Kunst nicht konstitutionslogisch abläuft“, Eckhard Philipp: Dadaismus. Einführung in den literarischen Dadaismus und die Wortkunst des Sturm-Kreises. München 1980, S. 276. 1138 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45. 1139 Ebd., S. 46. 1140 Kurt Schwitters: Nennen Sie es Ausschlachtung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 64. 1141 Mersmann 1999, S. 168-169. Schwitters nutze das ihm vorliegende Material, so die Autorin, bis dessen Stoffpotential ausgeschöpft sei. Dabei recycle der Merzkünstler jegliches textuelle Material, das ihm zur Verfügung steht, vom Gebrauchstext bis zum Schriftkunstwerk.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Verwertung bzw. Wiederverwertung das Schwitterssche Werk als Ganzes und nimmt

prozessualen Charakter an. Insbesondere Anna Blume wird damit zu einem

transmedialen Phänomen, das im literarischen wie auch im bildkünstlerischen Œuvre

auftritt.1142

Neben der „abstrakte[n] Verwendung der Kritiker“1143, die Schwitters in „Tran 1“ bei der

Namensverfremdung im Untertitel realisiert, setzt er ebenso die methodische

Rückspiegelung des kunstkritischen Ausgangsmaterials auf die Kritik bzw. den Kritiker

von Anfang an ein, sodass das Verfahren ab da zum antikritischen Prinzip wird. Durch

die Reflexion der Argumente entformelt er das Material der Kritik und wertet die

kunstkritische These gegen eine antikritische Antithese z. B. mittels Substitution von

„Kritiker“ und „Künstler“ resp. „Kritik“ und „Kunst“. Der Austausch von Wörtern als

einfache und daher reine Verneinung ist eine minimale Umgestaltung des Hypotextes

und damit eine Spielart der Parodie, „deren Register und Funktionen je nach Kontext

und Situation verschieden sind.“ Mit der partiellen Transposition des Ausgangstextes

geht eine Transformation des Sinngehalts, in diesem Fall eine Umkehrung der

kunstkritischen Ideologie einher.1144 Schwitters verfolgt mit dieser Art der

Texttransformation in den Tran-Texten immer satirische Absichten. In „Tran 1“ bietet

Cohn-Wieners Schlagwort „Brockensammlung“ die Motivation für dieses Verfahren der

Substitution:

„Der Doktor: Ich sage einfach: ‚So und so und so macht man Kunst, wer das nicht so und so macht, drückt einfach nichts Empfundenes aus.’ (Die Ostmark ist in höchster Gefahr.) Sie verzeihen wohl meine vielen Fragen, ich sammle nämlich Brocken, (Riesenidiot) weil ich sonst nicht weiß, was ich schreiben soll. (Nieder mit dem pourquoi, hoch warum.) Mir liegt eben eine solide Brockensammlung mehr, als eine Kritik. (Ein ausgeruhtes Köpfchen.) (Blaue Maus.) Und wenn ich diese Brocken dann feierlich rahme, und wenn ich diese Brocken dann feierlich rahme, (Ein unbegreiflich solider Klebstoff.) dann dann brauche ich nur noch: ‚Auch eine Kunstausstellung’ darüber zu schreiben, (Süßer und Saurer Kitsch). Dann habe ich einen soliden Artikel für die Neue Berliner. [...] Kritiken kann ich nicht schreiben, der Effekt wäre die Leistung eines unverhältnismäßig anständigen Oberlehrers mit untauglichen Mitteln.

1142 Vgl. Gerlach 2000. Die Vorgehensweise der Verarbeitung sprachlicher Materialien, nicht nur über den Weg der Umfunktionierung und Ableitung von Sprachkonventionen neue sprachliche Bezüge, sondern auch Sprachmaterial durch fortwährende Wiederaufnahme bestimmter sprachlicher Elemente zu generieren, zeigt eine gewisse Verwandtschaft zu Viktor Chlebnikovs Dichtungskonzept. Während der russische Futurist in seinen seriellen Montagen durch fortwährenden Rückgriff auf ein bestimmtes Repertoire ein relativ abgeschlossenes poetisches System herausbildete, schuf Schwitters durch dasselbe Verfahren ein stetig wachsendes System, vgl. Hansen-Löve 1978, S. 115-119. Ähnliches beschrieb Šklovskij zur Entwicklung von Motiven zu „intertextuelle[n] Leitmotiv[en], [die] nicht nur die Motivreihen eines Sujets, sondern gleich mehrere Werke zu einem ‚corpus’ konfigurier[en]“, ebd., S. 553. 1143 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40 und Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1144 Genette 1993, S. 57 und 288.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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(Vollblut.) Darum schreibe ich solide Artikel. (Storch zahlt gute Preise.) (Wir wollen Ernst machen.) Sehen Sie, eine Kritik ist ein Wagnis.“1145

Der antikritischen Strategie nach setzt Schwitters bei der von Cohn-Wiener normativ

gesetzten Einfühlungsästhetik an.1146 Bei der Rezeption sammelt demnach der

Betrachter einzelne Eindrücke, die sich im Akt der Einfühlung zu Empfindungen

konkretisieren. Schwitters spiegelt diese Vorstellung mittels Substitution der

Redewendung „Eindrücke sammeln“ durch „Brocken sammeln“. Die Auffassung der

Merzwerke als „solider Müllhaufen“, ihrer Werkgenese als „feierliche Rahmung“ von

Fundstücken sowie einer Kunstausstellung als Brockensammlung überträgt er auf die

Produktionsweise von Cohn-Wieners Kunstkritiken. Damit kehrt der Merzkünstler nicht

nur das Verhältnis von Kunst und Kunstkritik um, eine Verfahrensweise, die die

Antikritiker aus dem Sturm-Kreis häufig praktizierten,1147 sondern erhebt mittels

Gegenkopplung den Vorwurf des leichtfertigen kunstkritischen Umgangs gegen Cohn-

Wiener. Der Rollentausch gerät zur „axiologischen Umkehrung der Angaben des

Hypotextes“.1148

Darüber hinaus bringt Schwitters eine weitere antikritische Strategie von Walden zum

Einsatz, wenn er eine bildhafte Formulierung des Kunstkritikers aufgreift und diese

phantasievoll und ebenso bildhaft weiterführt:

„Der Titel ist ein Schutzwall. (Morgen kommt mein Schatz.) Solide Oberlehrer können nicht darüber hinwegsehen. (Boxmeisterschaft von Europa.) Ein Kritiker aber übersteigt den Wall und sieht, was dahinter ist. (Mauerblümchen.) (Ob er weiß, wie ich ihn liebe?) Vor dem Wall ist Wind, hinter dem Wall ist Sturm. (Neuzeitliche Siedlung.) Ich würde Ihnen darum raten, bleiben Sie, du lieber Doktor, lieber Herr Doktor, Lieber lieber Vor vor dem Wall wall.“1149

1145 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45-46. 1146 „Es kommt beim Bilde natürlich nicht darauf an, daß es etwas darstellt, was man beschreiben oder erzählen kann. Aber darauf allerdings, ob es etwas Empfundenes ausdrückt, und diese Artefakte, diese schon geformten Materialien bringen dazu keine einzige Fähigkeit mit“, Cohn-Wiener 1919.08.01 und s.w.o. Kap. 1.1.2. 1147 Vgl. Hirtler 1985, S. 61. Das Verfahren der Umkehrung der gegebenen Ordnung trägt bei Schwitters karnevalistische Züge, vgl. hierzu Manfred Engel: Collage als Karnevalisierung: Schwitters’ Merzkunst. In: May, Markus; Rudtke, Tanja (Hgg.): Bachtin im Dialog. FS Jürgen Lehmann. Heidelberg 2006, S. 271–295. Diese Umwertung der gegebenen „vertikalen Ordnung“ vollzieht sich bspw. bei Michail M. Bachtin durch die Verwandlung der hierarchischen Strukturen „in eine horizontale Ordnung des Kontaktes aller mit allen […], in die fröhliche Ambivalenz aller Positionen“, während traditionelle, literarische Leistungen affirmative Beiträge zur bestehenden Ordnung darstellen. Diese Art der Umwertung ist ein „‚Spiel mit der Negation’, das die feststehenden Wertungen der offiziellen Welt verkehrt und alle Elemente umfunktioniert“ und mit den Thesen zu Verfremdungsprinzipien der Formalisten korrespondiert, Hansen-Löve 1978, S. 457 und vgl. ebd. 459. Die Methode der Inversion ist ein wichtiges Gestaltungsmittel bei Schwitters, vgl. Marion Brandt: Von hinten wie von vorne erzählen. Umkehrung als Teil der künstlerischen Logik von Kurt Schwitters. In: Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik 9 (2004), S. 11–31. 1148 Genette 1993, S. 504. 1149 Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 46.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Die Aussage „viel weniger ‚Sturm’ als Wind“1150 aus Cohn-Wieners Text nutzt

Schwitters als Material und in Korrelation mit weiteren Motiven, die hier Eingang in ein

phonetisches, mit Wortwiederholungen und der Betonung von L- und W-Lauten

operierendes Sprachspiel finden. Schwitters allerdings löst die metaphorische Figur auf

und entwickelt sie unabhängig von der Ausgangsmetapher weiter. Damit verwischt er

die Grenze zwischen dem Ausgangstext und seinem eigenen Text und lässt die

vorgegebenen Motive sich verselbständigen.

Das künstlerische Spiel mit den Ausgangsmaterialien bleibt hier auf der Wortebene.

Bei der Rekombination der Fragmente aus der kunstkritischen Quelle berücksichtigt

Schwitters sowohl das Wort als Ganzes als auch innerhalb der klar konturierten

Sequenzen die natürliche Semantik und Syntax. Der Textverlauf ist aufgrund der

Einschübe additiv gestaltet. Die Typografie zeigt durch die gerade Linienführung ein

homogenes Erscheinungsbild. Schwitters verfremdet nur die Textsyntax, folgt aber

nicht der von Marinetti propagierten, vollständigen Zerstörung der Syntax. Mit der

Reihung, die sichtbar wird durch die mit Satzeichen markierten Textanteile, also durch

semantische und optische Brüche, durch direkte wie auch indirekte Rede erzielt er eine

rhythmisch-plastische Textgestaltung sowie eine Zergliederung in mehrere

Textebenen, die der Multiperspektivität in den Bildcollagen entspricht. Die „Gegensätze

in der Gliederung einer Dichtung“ oder das Isolieren der Dinge sind maßgeblich für die

plastische Wirkung aller Kunstarten, so Oskar Walzel.1151

Durch die dem Collagestil immanente Reihung von Fragmenten aus Hypotexten

werden diese Elemente in Relation und damit in Rhythmus gesetzt. Der Rhythmus

wurde in der Merztheorie zu einem wichtigen Kriterium erhoben.1152 Dieser, so

Schwitters, entstehe aus der „Abwechslung von Klang und Zwieklang“, wie auch aus

1150 Cohn-Wiener 1919.08.01: „Aber dann waren ja Anton von Werner, Kaulbach, Thumann unverhältnismäßig anständig, und hier wird viel weniger ‚Sturm’ als Wind gemacht“. 1151 Walzel 1957/1929, S. 318. Der Literaturwissenschaftler machte diese Beobachtung im Hinblick auf Friedrich Schlegels Äußerungen über Pindars Stil und bezüglich der strengen Gliederung in Werken der Dichtkunst, im Gegensatz zu Dichtungen, deren Wechsel von Abschnitt zu Abschnitt fließender gestaltet sind. Letztere bezeichnete Walzel als linear und übertrug dabei Heinrich Wölfflins Begriffspaar des Linearen und Malerischen resp. Plastischen auf die Analyse literarischer Werke. Wichtige Impulse für die Merzkunst schien Schwitters nicht nur von den oben genannten literarischen Konzeptionen und der disziplinübergreifenden Praxis zeitgenössischer Künstler erhalten zu haben. Sein Merzkonzept geht auch in Teilen konform mit Walzels Untersuchungen zur „Wechselseitigen Erhellung der Künste“, so der Titel seiner 1917 erschienenen Schrift. Der Literaturwissenschaftler übte mit seinem interdisziplinären Ansatz maßgeblichen Einfluss auf das Kunstschaffen seiner Zeit aus. Walzel untersuchte die Interdependenz zwischen unterschiedlichen Kunstarten und legitimierte die Vermischung von Kunstarten damit für künstlerische Gestaltung. Schwitters besuchte während seines Studiums in Dresden fünf Vorlesungen von Walzel, vgl. Schwitters 1974, S. 19, Brief an Richard Schlösser vom 02.05.1909. Was Schwitters in den Lehrveranstaltungen von Walzel hörte, ist allerdings nicht überliefert. 1152 Zum Thema des Rhythmischen in der Merztheorie, vgl. Monika Schmitz-Emans: Rhythmisierung als Musikalisierung. Zu Selbstbeschreibungen und ästhetischer Praxis in der experimentellen Dichtung des 20. Jahrhunderts. In: Colloquium Helveticum 32 (2001), S. 245–289, S. 254-258.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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dem Wechsel von sprachlichen Komponenten unterschiedlicher Eigenart.1153 Der

Kompositionstechnik des Kontrapunkts1154 entsprechend werden dabei die einzelnen

Sequenzen für eine dynamische Abfolge von Stimme und Gegenstimme als formale

Analogie zur Musik genutzt,1155 womit Schwitters seine Forderung nach „musikalischer

Durchtränkung“ verwirklichte.1156 Rhythmisierung und Musikalisierung sind neben den

oben dargelegten Verfahren zwei weitere Modi der Stilisierung in den Tran-Texten.1157

In „Tran 1“ erzeugt der Merzkünstler darüber hinaus eine polyphone Simultanität von

unterschiedlichen Sprachstilen, wie sie von den Dadaisten für das simultanistische

Gedicht proklamiert wurde.

Du meiner, ich deiner, wir mir (Und Sonne Unendlichkeit lichten die Sterne) Offener Brief an Herrn Martin Frehsee

Die antikritische Schrift „Du meiner, ich deiner, wir mir“ publizierte Schwitters nicht als

Tran-Text, sondern als offenen Brief in der Dezemberausgabe der Zeitschrift „Der

Zweemann“ von 1919. Der Haupttitel ist ein intratextueller Verweis auf das Gedicht „An

Anna Blume“ und zugleich eine Referenz auf Frehsees Bericht, in dem der Kritiker kurz

auf das Gedicht eingegangen ist. Der Merzkünstler reagiert zunächst inhaltlich und

wiederholt paraphrasierend die Aussagen Frehsees wie auch wesentliche Passagen

aus seinen theoretischen Reflexionen: 1153 Kurt Schwitters: Einleitung. Was ist Bleie? In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 59–60, S. 59. Schwitters’ Rhythmusbegriff bezog sich weniger auf die Akzentverteilung, vielmehr entstehe „Rhythmus […] durch Werten unterschiedlicher Dinge, nicht etwa von gleichen Dingen“, Kurt Schwitters: optophonetisch, Verkehrsschrift, dynamisch. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 273. 1154 Komponiert werden die unterschiedlichen Versatzstücke nach kontrapunktischen Prinzipien, d. h. Aussagen werden durch gegenläufige oder andersartige Aussagen ergänzt und so ironisch gebrochen. Bei der Komposition der Texte vermied Schwitters Festlegungen auf nur eine Materialquelle oder eine Textintention. Zur Kompositionstheorie von Merz, vgl. Holger Schulze: Das aleatorische Spiel. Erkundung und Anwendung der nichtintentionalen Werkgenese im 20. Jahrhundert. München 2000, zugl. Diss. Univ. Erlangen-Nürnberg 1998, S. 102-109. Vergleichbar mit der Disposition von kubo-futuristischen Kontrastmontagen bildete Schwitters in seinen Textcollagen z. T. Oppositionen aus. Die Funktion der Kontrastmontage in der bildenden Kunst wie auch in der Literatur ist nach Roman O. Jakobson Folgende: „1. Der Gegenstand wird gleichzeitig von verschiedenen Gesichtspunkten her dargestellt; 2. anstelle des ganzen Gegenstandes werden bloß einzelne Teile von ihm genommen; 3. diese Teile werden nach dem Gesetz des Kontrastes gruppiert. Die Eigentümlichkeit der kubistischen Komposition besteht darin, daß sie durch und durch aus Kontrasten und Verschiebungen […] gebildet ist“, Roman O. Jakobson: Kubizm. In: Iskusstvo 6 (1919), S. 2, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 88. Wurde in der bildenden Kunst die Zentralperspektive durch die Multiperspektive ersetzt, so forderten Marinetti analog dazu die „Zerstörung der Syntax“ und Aleksej Kručenych in Anlehnung an den italienischen Futuristen die „Zerhackung der Grammatik“. Die verschobene Zusammenstellung der Bildelemente sollte dabei der a-syntaktischen Verbindung der Sprachelemente entsprechen, Manifesty i programmy russkich futuristov. Hrsg. von Vladimir Markov. München 1967, S. 71, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 91. 1155 Vgl. Wolf, W. 1999, S. 21. 1156 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 41. 1157 Zu diesem Aspekt, vgl. Petra Kunzelmann: Text und Rhythmus. Zur rhythmischen Gestaltung und „musikalischen Durchtränkung“ in Kurt Schwitters’ Tran-Texten. In: Delabar, Walter; Kocher, Ursula; Schulz, Isabel (Hgg.): Transgression und Intermedialität. Die Texte von Kurt Schwitters (= Moderne Studien 18). Bielefeld 2014 (im Druck).

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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„Angenommen, Sie hätten 27 Sinne (ich wünsche sie Ihnen ja gern) oder auch nur ein paar mehr als 5 (wie Sie es sich selber zu wünschen scheinen), dann hätten Sie vielleicht auch einen Sinn für Kunst dabei. Dann würden Sie vielleicht auch wissen, daß es in der Kunst eine Form gibt, (auf die Formung kommt es an) und, daß die künstlerische Logik verschieden ist von der verstandsmäßigen Logik. (Immer angenommen, Sie hätten.) Dann würde es Ihnen vielleicht nicht vorkommen (o Tannenbaum) daß Sie (Kain, ich liebe dir!) einen künstlerischen Ausspruch für Ernst nähmen. (Beifall.)“1158

Mit der Differenzierung zwischen künstlerischer und verstandesmäßiger Logik nennt

Schwitters zum einen eine an anderen Stellen häufig ausgesprochene Rechtfertigung

der Sturm-Kunst, die sich nicht mehr an der verstandesmäßig erfassbaren Umwelt

orientierte, und zum anderen ein wesentliches Kriterium für die angemessene

Bewertung moderner Kunst. Nachdem Schwitters zahlreiche Programmschriften

veröffentlicht hat, diese aber bei der Rezeption der Merzkunst von der Kritik nach wie

vor nicht berücksichtigt wurden, wendet er sich nochmals persönlich mit theoretischen

Erläuterungen an einen Kritiker. Damit trägt er wiederholt der Kommentarbedürftigkeit

moderner Kunst Rechnung. Den manifestartigen Charakter des tran-ähnlichen Textes

verdeutlicht Schwitters schon mit dem zweiten Untertitel. Der Textstatus von „Du

meiner, ich deiner, wir mir“ ist dennoch keineswegs eindeutig. Aufgrund der Anlage als

Textcollage und durch die Vermischung unterschiedlicher Textgattungen wie auch

Literaturgattungen - worauf noch zurückzukommen sein wird - changiert der Text

zwischen Theorie und literarischer Praxis.

Operiert Schwitters in „Tran 1“ auf der Basis einer Abfolge von absurden Fragen und

daran vorbei zielenden Antworten, in die er Fremdtextfragmente montiert, so schichtet

er diesen Text in zwei voneinander getrennte Textebenen. „Du meiner, ich deiner, wir

mir“ präsentiert sich vordergründig als argumentativ-explikativer Kommentar auf die

Kritik Frehsees, in dessen Struktur semantisch und syntaktisch eingeebnete, durch

Anführungszeichen markierte Zitate des Kunstkritikers eingeschoben sind. Die

weiteren, in diesen Textverlauf montierten, z. T. kommentierenden Fragmente sind

durch Klammersetzung kenntlich gemacht, stören den Sinnzusammenhang wie auch

die Textsyntax der argumentativen Sequenz und bilden damit eine zweite Ebene

aus.1159 Die argumentativ-explikative Textintention wird in diesem Fall durch die

materielle und semantische Heterogenität verfremdet.

1158 Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 47. 1159 Das Verfahren, kommentierende Einschübe in einen Textverlauf zu montieren, war in der russischen Avantgardeliteratur weit verbreitet. Besonders Dawid D. Burljuk praktizierte es, indem er Wörter mit Gleichheitszeichen verbunden in den Text einschob oder das Verfahren des Verfremdungskommentars (Kommentar in Klammern gesetzt oder als Fußnote) umsetzte, vgl. Hansen-Löve 1978, S. 151.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Auf beiden Ebenen finden sich Fremdzitate, die unterschiedlichen Quellen entnommen

sind. Da der kurze Ausgangstext Frehsees wenig antikritische Substanz und kaum

Potenzial für künstlerische Zwecke bietet, greift Schwitters auf weiteres

Fremdtextmaterial zurück, das er ebenfalls im „Hannoverschen Kurier“ gefunden hat.

Ausgangspunkt und durchgängig präsenter Inhalt des ersten Abschnittes auf der

antikritischen Primärebene ist die auf „An Anna Blume“ referierende Sinneserweiterung

von fünf auf 27 Sinne, deren Aneignung Frehsee als Voraussetzung für das Verstehen

moderner Dichtung betrachtet hat.1160

Als antikritische Strategie wendet Schwitters wiederum die kunstkritischen Mittel gegen

die Kritiker selbst. Dabei verwertet er in diesem Fall bspw. auch die Stellungnahme

Adolf Schaers im „Hannoverschen Kurier“ über Max Burchartz - „Seine große Mappe

zeigt die Begabung dieses Künstlers, der sich mit der Vorliebe in grotesken

Verzerrungen der Natur gefällt! Seine Begabung ist auf Irrwege der gegenwärtigen für

viele Kunstjünger zeitgemäßen absonderlichen Formkünstlei geraten“.1161 Das

konstatierte, fehlgeleitete Talent münzt Schwitters um auf die kunstkritische Fähigkeit

Frehsees. Denn für die Inhalte der Kritiken Schaers, der aus seiner traditionellen

Sichtweise die expressionistischen Werke als Normabweichung verstand, nimmt

Schwitters nicht ihn in die Pflicht, sondern Frehsee als hauptverantwortlichen

Schriftleiter des Feuilletons der Hannoverschen Zeitung. Diesen wiederum fordert er im

Text auf, unter rein ästhetischen Aspekten zu urteilen und Berichte abzulehnen, „die

einen der bedeutendsten Künstler unserer Zeit, Max Burchartz, mit Redensarten, wie

‚grotesker Verzerrung’ und ‚Formkünstelei’ abtun.“1162

In dem als Post Scriptum ausgewiesenen Paratext verwendet Schwitters außerdem

eine Rezension von Ella Neuhahn, der Berliner Korrespondentin des „Hannoverschen

Kurier“, die „‚mit gutem Willen’“ die 79. Sturm-Ausstellung besucht hat, deren „‚Auge

schließlich müde ward von der unbegriffenen Buntheit und dem vergeblichen

Suchen’“1163 nach ewig gültigen Werten in Johannes Molzahns Bildern - als ironisch-

antikritische Überleitung zu seinem „Gedicht 37“ „An Johannes Molzahn!:

Kreisen Welten Du. Du kreist Welten. Du überwindest zwitschern Apyl, den Wassern die Maschine. Welten schleudern Raum.

1160 Vgl. Frehsee 1919.11.17. 1161 Schaer 1919.11.12. 1162 Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 47. 1163 Ebd., S. 48 und E. Neuhahn (= Neuhahn, Ella): „Der Sturm“. Eine Berliner Kunstausstellung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34735, 18.11.1919.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Du schleuderst Welten Raum. Welten wenden die neue Maschine Dir. Dir. Du, deiner die neue Maschine Raum. Und Achsen brechen Ewigkeit. Das Werk, dem wir, uns Erbe, Du.“1164

Insbesondere im Zusammenhang des offenen Briefes ist das Gedicht als sprachliches

Äquivalent zu einem Bildwerk Johannes Molzahns sowie als ideale Kunstkritik zu lesen

und korrespondiert damit mit Schwitters’ Auffassung von „Kritik als Kunstwerk“.1165

Schwitters erfasst das Thema der Zeichnung „Das Kreisen“ von Molzahn von 1918

assoziativ: Die verbale Suggestion des Schwebens und der kreisenden, gleichförmigen

Bewegung verdeutlicht die kosmologischen Dimensionen der visualisierten

Geisteshaltung. In freien, fließenden Rhythmen entwickelt Schwitters das Thema

Kreisen, durch Wortwahl, Assoziation und formaler Gestaltung, etwa durch die

Wiederaufnahme der letzten Silbe des ersten Verses zu Beginn der zweiten Zeile. Die

Bestimmung des Gedichtes als lyrische Ekphrasis wird daher im Kontext der Antikritik

evident. Schwitters überführt das Thema und die formale Wirkung der Zeichnung in

das Medium der Sprache, was einer intermedialen Transposition entspricht. Mit der

Einbindung dieses Zitats und anderer lyrischer Passagen in die Antikritik demonstriert

Schwitters darüber hinaus die Grenzverwischung zwischen den Gattungen Prosa und

Lyrik, denn er kombiniert beide Literaturgattungen in „Du meiner, ich deiner, wir mir“.

Die intratextuellen Referenzen auf eigene Dichtungen werden leitmotivisch eingesetzt,

sodass nicht nur die etablierten Gattungen hybridisiert werden, durchkreuzt wird damit

auch fortlaufend die vorgeblich präsentierte Intention des Textes. Zahlreiche literarisch

motivierte Sequenzen lenken die Aufmerksamkeit von der antikritischen Argumentation

weg auf eine Vielzahl von Text-Text-Bezügen. Neben Passagen aus dem ersten

Merzgedicht und „An Johannes Molzahn“ verweist der erste Untertitel „(Und Sonne

Unendlichkeit lichten die Sterne)“ auf „Die Mordmaschine 43“.1166 Mit der

eingebundenen Annonce „(Füttert die Vögel, besonders Anna Blumes Vogel.)“1167, die

sich auf ein Inserat sowie auf den Abdruck von „An Anna Blume“ im „Hannoverschen

Kurier“ bezieht,1168 wie auch mit der Druckerlaubnis für den gesamten Text, die

Schwitters Frehsee am Ende seiner Schrift erteilt, gerät der offene Brief neben der

1164 Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 48. 1165 Vgl. Nill 1990, S. 268-269. 1166 Kurt Schwitters: Die Mordmaschine 43. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 77–79, S. 77. 1167 Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 47. 1168 Im „Hannoverschen Kurier“ findet sich folgendes Inserat: „Füttert die Vögel“, Anzeige. In: Hannoverscher Kurier, Nr. 34723, 11.11.1919. In derselben Ausgabe ist auch das Gedicht „An Anna Blume“ abgedruckt, vgl. Schwitters 1919.11.11.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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eigentlichen, literarischen Motivation auch zu einem öffentlichkeitswirksamen

Instrument zur Bewerbung von „Anna Blume. Dichtungen“, erschien dieser

Sammelband doch zur gleichen Zeit wie der „Offene Brief an Herrn Martin Frehsee“.

Diese erste unabhängige Publikation enthält u. a. das erste Merzgedicht wie auch

„Gedicht 37“ und wurde an vielen anderen Stellen beworben.

Das eingesetzte Leitmotiv in Gestalt von Referenzen auf eigene Werke ergänzt

Schwitters durch die Montage von Titeln einiger Schriftwerke Frehsees.

„O Tannebaum! Ein neues deutsches Wintermärchen“ (1911), „Tante Tüschen.

Volksstück in drei Aufzügen“ (1919), „Als ich noch im Flügelkleide. Ein fröhliches Spiel

in vier Aufzügen“ (1914) und „Cain. Ein dramatisches Gedicht“ (1920) sind pathetisch-

triviale Volksstücke. Die Nennung der eigenen sowie der fremden Dichtungen dient

mithin der Aufstellung von Oppositionen zwischen alter und moderner Dichtung. In der

Parenthese „(Kain, ich liebe dir!)“ gleicht Schwitters aber die Gegensätze zwischen alt

und neu aus, wenn er den Titel des „dramatischen Gedichtes“ mit einem Zitat aus „An

Anna Blume“ kombiniert. In gleicher Funktion reichert Schwitters den Text mit Anteilen

„des alten guten Feuilletonstils“ an.1169 Das Herausgreifen des Zitats „(‚in Saal 10 fallen

Holzschnitte ins Auge’; Vorsicht! Augen zu!)“ etwa aus einer Kritik Adolf Schaers und

dessen ironisch-sprachkritische Hinterfragung zeigt darüber hinaus Schwitters’

Vorliebe für die Aneignung mehrdeutiger Redewendungen, die ihm Anlass zu einem

antikritischen Spiel mit den Sinnebenen gibt.1170

Seinem eigenen Postulat der intermedialen und umfassenden Verknüpfung folgend

zitiert Schwitters die Einschübe „(eine Kritik ist ein Wagnis)“ und „(Ob er wohl gesund

ist?)“ aus „Tran 1“.1171 Die Vernetzung in Form von Zitaten oder Anspielungen zieht

sich wie ein roter Faden durch das gesamte Œuvre des Merzkünstlers und ist v. a. in

seinen antikritischen Schriften nachweisbar. Schwitters verwendet dabei die eigenen

Vorläufertexte, um sie durch den neuen Kontext weiterzuentwickeln und das

entnommene Material neu zu formen. Mit den fremden Vorlagetexten wiederum

verfährt er im Sinne von Um- oder Überschreibungen. All diese Bezugnahmen bilden

ein Referenznetz aus, das auf die Grundidee von Merz zurückgeht: die Vermählung

der Materialien wie auch der künstlerischen Disziplinen und nicht zuletzt die Schaffung

von Beziehungen. In den von den Russischen Formalisten untersuchten Texten

1169 Kurt Schwitters: [Vorwort]. Die Merzbühne. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 39. 1170 Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 47 und vgl. Schaer 1919.10.13. 1171 Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner, S. 48 und vgl. Schwitters 2005/1919 – Tran 1, S. 45 und 46.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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wurden Selbst- und Fremdzitate in ähnlicher Weise eingesetzt, wie das Schwitters tut.

Während in der russischen Avantgardeliteratur fremde Zitate eingebunden wurden, um

eine bestimmte künstlerische Konzeption zu parodieren, dienten Selbstzitate dazu, „die

Position des eigenen Werkes […] im intertextuellen corpus zu kanonisieren und damit

den Prozeß der ‚natürlichen’ evolutionären Kanonisierung gleichsam ‚vorwegnehmend’

zu akzelerieren und zu verfremden“.1172

Daneben schöpfte Schwitters sein Sprachmaterial in vielen seiner Schriften aus bereits

kanonisierten Werken v. a. der deutschen Klassiker. Bspw. fügt er in den offenen Brief

an Martin Frehsee ein Diktum Schillers ein und vermerzt durch Vertauschen zweier

Substantive dessen Aussagegehalt: „(Ernst ist die Kunst und heiter das Leben.)“1173

Schwitters verwendet ein Zitat aus dem Drama „Wallenstein“, das bereits zuvor aus

seinem textuellen Zusammenhang genommen worden ist und sich zu einem

„geflügelten Wort“ durch die Aufnahme in Büchmanns gleichnamige Zitatensammlung

verselbständigt hat.1174 Als isoliertes Versatzstück wurde das Zitat vordem

dekontextualisiert, fand Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch und wurde so

mündlich weiterverbreitet. Diese Eigenständigkeit des Zitates äußerte sich durch den

rein situativen, oftmals auf einen neuen Kontext bezogenen Gebrauch, ohne dass sein

Ursprung und Autor unbedingt mit tradiert wurden.

In diesem Fall greift der Merzkünstler demnach ein „Zitatzitat“ auf, ein Textteil, das

sowohl auf seine ursprüngliche Quelle als auch auf den dieses zitierenden Text

verweist.1175 Insbesondere Schwitters’ Hannoversche Kritiker bedienten sich häufig

solcher Versatzstücke aus der klassischen Literatur zum Ausweis ihrer Zugehörigkeit

zum Bildungsbürgertum. Die Redefigur wurde also auch durch die journalistische

Praxis dekonstruiert. Das bedeutet, dass Schwitters analog zur Merzmalerei ebenfalls

im Bereich der Dichtung mit verbrauchtem und gewissermaßen zerstörtem Material

arbeitete. Somit liegt hier nicht ein Fall von Trivialisierung der Kunst resp. der

klassischen Literatur vor, Schwitters nimmt vielmehr in seinen Text allgemein

1172 Hansen-Löve 1978 S. 548. 1173 Bei Schiller heißt es „Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst“, Friedrich Schiller: Wallenstein, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 477376 (vgl. Schiller-SW Bd. 2, S. 274). 1174 Georg Büchmann: Geflügelte Worte. Der Citatenschatz des deutschen Volkes, URL: http://www.aronsson.se/buchmann, S. 0238.html/S. 204. Schwitters verarbeitete zahlreiche geflügelte Worte in den Tran-Texten. Schillers Sprichwort „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“ aus Wilhelm Tell, Büchmann 2005/1898, S. 0251.html formt er in „Tran 19“ zu „Die Axt im Haus zersetzt den Zimmermann“ um, Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 89. Das ebenfalls Schiller entlehnte „Da werden Weiber zu Hyänen“ aus dem „Lied von der Glocke“, Büchmann 2005/1898, S. 0243.html, wird in „Tran 11“ zu „Da werden Waube zu Hyänen?“ verfremdet, Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11, S. 62. „Edel sei der Mensch, / hülfreich und gut“ aus Goethes Gedicht „Das Göttliche“, Büchmann 2005/1898, S. 0195.html, wird in „Tran Nummer 7“ zu „(edel sei der Mensch, hilfreich und gut.)“ transformiert, Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 54. 1175 Renate Lachmann; Schamma Schahadat: Intertextualität. In: Brackert, Helmut; Stückrath, Jörn (Hgg.): Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek bei Hamburg 1992, S. 678–687 1992, S. 686.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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bekanntes Wortmaterial auf, das durch den Gebrauch in mitunter beliebig

erscheinenden Situationen bereits trivialisiert worden ist.

Ähnlich wie die Russischen Formalisten dies beschrieben, greift Schwitters somit auf

einen „Vorrat der Formeln“ zurück. Mit der Wortumstellung entautomatisiert und

aktualisiert er die Wahrnehmung der geflügelten Worte durch semantische wie auch

metrisch-rhythmische Verschiebung, verfremdet er doch dabei auch das Versmaß der

Sentenz. Das Wiedererkennen der Redewendung wird dadurch zwar erschwert, die

„Entformelung“ ist aber aufgrund der Geläufigkeit des Ausgangszitats leicht zu

entschlüsseln. Der parodistische Umgang mit dem Zitatenschatz gilt jedoch nicht dem

ursprünglichen Werk, an das natürlich ebenso erinnert wird. Zielscheibe der

parodistischen Überschreibung von Sprichwörtern ist die Geisteshaltung der Kritiker,

die auf die ästhetische Auffassung des Urhebers des Zitats rekurrierte.

Mit der Vermerzung des Klassikerzitats verfolgt Schwitters eine doppelte Strategie.

Neben der Offenlegung der kunstkritischen Auffassung Frehsees resp. der Kurier-

Redakteure dient das Verfahren der Erinnerung an die Hoffnung Schillers, dass die

Kunst durch ihre katalysatorisch-heitere Wirkung den Menschen vom Ernst des Lebens

befreien könne.1176 Schwitters signalisiert mit der Umschreibung des Zitats in eine

moderne Form die Weiterentwicklung der idealistischen Auffassung durch Merz und

reiht sich damit in die Tradition der Literaturgeschichte ein. Zugleich setzt er sich

ironisch über die statische Haltung Frehsees hinweg und zeigt diesem gegenüber

seine Souveränität. Ferner greift er damit in den Dekadenzdiskurs produktiv ein,

dessen Exponenten sich auch auf die Klassiker beriefen, u. a. Frehsee und die ihm

unterstehenden Redakteure, indem er künstlerisch darauf reagiert.

Nichts tötet schneller als die Lächerlichkeit

Mit dem Titel des antikritischen Textes „Nichts tötet schneller als die Lächerlichkeit“

eignet sich Schwitters eine Phrase aus Felix Neumanns Aufsatz und tran-würdigen

Hypotext „Aus dem Reiche der Dadaisten“ zum Ende des Dadaismus an und

verwendet sie mehrfach. Zunächst spiegelt er deren Inhalt direkt wider, kommentiert

Neumanns Aufsatz somit als lächerlich und wertet die Publikation des Artikels

1176 In der Sentenz hatte der Dramatiker seine Forderung nach künstlerischer Freiheit von Realitätszwängen und strikter Trennung von Kunst und Leben bzw. Wirklichkeit zum Ausdruck gebracht. Schwitters ging jedoch von umgekehrten Prämissen aus. Für ihn war die Kunst „gar nicht ernst genug [zu] nehmen“, da sie nun mehr völlig autonom von außerkünstlerischen Belangen sei, Schwitters 2005/1926 – Der Rhythmus, S. 245. Das Ziel des Lebens war für ihn zwar auch ernst, der Weg hingegen heiter, Schwitters 1974, S. 261, Brief an Christof Spengemann vom 24.07.1946. Übereinstimmend mit Schiller hatte für Schwitters die Kunst als „eine geistige Funktion des Menschen“ die Bestimmung, „ihn aus dem Chaos des Lebens (Tragik) zu erlösen“, van Doesburg u. a. 2005/1923, S. 143, und „ein Stück Leben künstlerisch [zu] formen“, wodurch für den Merzkünstler allerdings der Gegensatz zwischen Kunst und Leben aufgehoben wurde, Schwitters 1920 – Literarische Rätselecke, S. 152.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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schlussfolgernd als „Selbstmord“. Die Umkehrung der argumentativen Ordnung des

Ausgangstextes als satirisches Mittel der antikritischen Widerlegung zieht sich durch

den gesamten tran-ähnlichen Text. Sprachkritisch fährt Schwitters fort, den Sinngehalt

einzelner Aussagen Neumanns zu analysieren und deren Floskelhaftigkeit

vorzuführen:

„Ich zitiere wörtlich: ‚Die Umrisse aller Begebenheiten sind ins Ungeheuerliche gerückt’. Wir wollen uns einmal diesen einen Satz ‚ergreifen’, heute einmal. Was haben Sie sich wohl dabei gedacht? (Damenringkampf mit Turbinen.) Ach, zeigen Sie mir doch einmal den Umriß einer Begebenheit, oder einen ins Ungeheuerliche gerückten Umriß.“1177

Der Merzkünstler hält dem Kritiker einen Spiegel in Bezug auf dessen Umgang mit der

Sprache vor. Dem Journalisten, der in seinem Artikel versucht hat, die natürliche

Sprache sogar mit Diffamierungen und Denunziationen der Künstler zu verteidigen,

wird hier die Aussagelosigkeit einer an der Beschreibungsfunktion ausgerichteten

Sprache entgegengehalten. Indem Schwitters dabei die Äußerungen bildlich auffasst,

verdeutlicht er den willkürlichen Gebrauch von Sprache seitens der Kritiker, die

wiederum die vom organischen Kunstprinzip abweichende Kunst als willkürlich

bezeichneten. Die kritische Bespiegelung der kunstkritischen Sprache durch Zitierung

einzelner Passagen und deren inhaltliche Gegenkopplung auf den Kritiker nutzt

Schwitters zudem als rhetorische Strategie: „Ich brauche bloß abzuschreiben, was Sie

selbst geschrieben haben, das genügt. Ich brauche bloß Ihre eigenen Worte, ‚auf den

Büchermarkt zu werfen’, ich brauche Sie gar nicht erst ‚in den dadaistischen

Dichterschlund zu reißen.’“1178

Die Struktur des Textes zeichnet sich durch das Alternieren von Zitaten Neumanns und

deren Kommentierung durch Schwitters aus. Bspw. entgegnet der Merzkünstler dem

Vergleich von Avantgardekünstlern mit Ratten, die „an den Wurzeln unserer Kraft“1179

nagen:

„Sie meinen wohl: Ihrer Kraft? Nein, Millionenmal nein, ich nage nicht, seien Sie unbesorgt, ich bin keine Ratte und Sie sind kein Baum. Ich wüßte auch gar nicht die Wurzeln Ihrer Kraft zu finden. Außerdem würde ich auch meinen Weg allein nagen, ohne tausend Mitnager. Aber ich bin kein Nagetier, sondern man nagt mich an. Wollen Sie wohl gleich auf hören, mich anzunagen, sonst mache ich Sie lächerlich, jawohl! Ich mache Sie sonst lächerlich. Sie wissen doch, das tötet.“1180

1177 Beide Zitate: Schwitters 2005/1920 – Nichts tötet schneller, S. 49. 1178 Ebd. 1179 Neumann 1920.01.06. 1180 Schwitters 2005/1920 – Nichts tötet schneller, S. 49.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Gegenüber den oben erwähnten antikritischen Methoden von Walden kommt hier ein

spielerisches Moment hinzu. In der Antikritik greift Schwitters den von Neumann

bemühten Topos der Entwurzelung zum Spiel mit Projektionen und Gegen- bzw.

modifizierten Rückprojektionen auf, wenn er dessen Vergleich der deutschen Kultur mit

einem Baum und der Dadaisten mit Ratten wörtlich aufnimmt und in Umkehrung der

Ausgangssituation weiter schreibt.1181 So verfremdet Schwitters das Gleichnis

Neumanns satirisch und führt den kunstkritischen Diskurs mit künstlerischen Mitteln

fort:

„Da muß ich allerdings widersprechen. Kritiken, wie die Ihrigen, ‚vernichten’ (Schmutz in Wort und Bild) zu Tausenden unter Ausnutzung der jetzt günstigen Konjunktur den Rest von Feingefühl im deutschen Volke und unterhöhlen den Baum der Kunst. ‚Aber nichts tötet schneller als Lächerlichkeit.’ Und der Baum der Kunst ist eine Schlange (fein, was?) mit tausend Köpfen am Fuße und wenn Sie einen abgenagt haben, dann wachsen tausend Zehen aus jedem Hühnerauge seiner Wurzeln, und das ist schlimm für Sie.“1182

Schwitters setzt wiederum bei der Baummetapher an und entwickelt die Anspielung auf

die Bibel in Neumanns Text weiter, indem er die darin enthaltene Symbolik umkehrt. Er

nutzt das hypertextuelle Verfahren der figurativen Transposition, defiguriert er doch die

von Neumann verwendete Metapher und refiguriert sie zu einer bildhaften Groteske,

mit der er auf parodistischem Weg ein konventionelles Sinnbild entautomatisiert.1183

Hat Neumann den Baum der Erkenntnis mit den „stolzen Früchte[n] deutscher Poesie,

Musik, Dramatik“ gleichgesetzt, lässt Schwitters daraus eine Schlange werden, die

nach Neumanns Auffassung für die „Vernichter des deutschen Geisteslebens“ resp. die

Dadaisten stand.1184 Schwitters spielt den Vergleich weiter, vertauscht die

syntaktischen Kategorien Subjekt und Objekt des Ausgangstextes und stellt Neumann

selbst als Aggressor dar, der das dynamische Wachstum der Schlange bzw. die

Entwicklung der Kunst nicht aufhalten kann. Die fremde textuelle Vorgabe verschmilzt

in der grotesken Weiterentwicklung der antikritischen und literarischen Motive zu einem

diesen inhaltlich wie stilistisch überschreibenden Text.

Der Spruch „nichts tötet schneller als Lächerlichkeit“, der in der antikritischen Schrift

auch als Paratext fungiert und damit eine spezifische Verfahrensweise andeutend

vorwegnimmt, wird in der zuletzt zitierten Passage zum fünften Mal wiederholt, einmal

1181 Vgl. Hirtler 1985, S. 63. 1182 Schwitters 2005/1920 – Nichts tötet schneller, S. 49-50. 1183 Vgl. Genette 1993, S. 304-305. Schwitters realisiert somit ein Verfahren, das bereits im Russischen Formalismus mit Hinblick auf die Verfremdungs-Metaphorik thematisiert worden ist. Filippo T. Marinetti, dessen Konzeption des Futurismus in Russland rezipiert wurde, schrieb bezüglich der Zerstörung von Klischees, sie habe das Ziel „in Erstaunen zu versetzen“, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 147. 1184 Beide Zitate: Neumann 1920.01.06.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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wird er paraphrasiert. Im Text hat die Phrase nicht nur eine kommentierende Funktion,

sie nimmt durch die Wiederholungen auch einen leitmotivischen Charakter an. Die

Wiederholungsfigur in Dichtungen, so Walzel, sei eine beliebte Methode, „irgendeine

Gebärde oder ein Wort zu Beginn zu bringen und in überraschendem Zusammenhang

mehrfach wiedererscheinen zu lassen.“1185 Sie wirke vertiefend oder könne als

Haltepunkt innerhalb der Textfolge dienen und so eine Gliederung des scheinbar

Ungeordneten schaffen. Ihre „ästhetische Wirkung entspricht dem Eindruck, den der

künstlerische Rhythmus auf uns macht.“1186 Parallel zu Walzels Forschungen und z. T.

auch angeregt durch dessen Erkenntnisse beschrieben die Russischen Formalisten

solche wiederholt zum Einsatz gebrachten poetischen Figuren, um außerästhetische

Sprache zu ästhetisieren und somit zu entideologisieren.1187 In diesem Sinne

gebraucht Schwitters die Phrase und garniert damit in ironischer Süffisanz die

kritischen Argumente Neumanns mit dessen eigenen Worten. Die Wiederkehr des

Leitmotivs erzeugt auch in der antikritischen Schrift aufgrund der gleich bleibenden

rhythmischen Sprachstruktur akzentuierende musikalische Wirkung. Während das

Leitmotiv als Verfahren in der vorangegangenen antikritischen Schrift inhaltliche

Wirkung entfaltet, wird es hier über den rhythmischen Aspekt hinaus durch den

strukturierenden Einsatz (zweimal ganz am Anfang und zweimal bevor der Text am

Ende zu einer eigenständigen, überschreibenden Passage hinläuft) zum formal

bestimmenden Faktor und gibt dem Text eine relativ strenge tektonische Form.1188

Die Diversität des fremden Sprachmaterials ist in dieser Antikritik geringer als in den

ersten beiden. Die Zitate oder in Klammern gesetzten Einschübe sind meist dem Text

von Neumann entnommen und z. T. abgeändert. In den wenigen, aus anderen

Kontexten stammenden Parenthesen wie etwa „(Preisfrisierwettbewerb mit

Salonmusik.)“1189 bezieht sich Schwitters auf Neumanns Bezeichnung der

musikalischen Darbietungen während dadaistischer Veranstaltungen als

„Irrenhausmusik“.1190 Die entformelnde Substitution von Irrenhausmusik zu Salonmusik

1185 Oskar Walzel: Leitmotive in Dichtungen. In: Zeitschrift für Bücherfreunde N. F. 8 (1917), S. 261–274, S. 261. 1186 Ebd., S. 264. 1187 Vgl. Hansen-Löve 1978, S. 130. 1188 Die Idee, literarische Werke in Analogie zur Architektur bzw. zum Atektonischen oder nach geometrischen Vorgaben aufzubauen, stellte Walzel bereits für die Struktur klassischer Dramen v. a. von Shakespeare fest, vgl. Walzel 1957/1929, S. 282-296. Für das collageartige Werk Jean Pauls konstatierte Walzel diesbezüglich „lockere[] Führung der Vorgänge“ durch Einschübe, die die Texte fächerwerkartig gestalten, ebd., S. 284. Im Hinblick auf den Einsatz von Leitmotiven bzw. von Wörtern und Wortfolgen, die sich kehrreimartig in einem Werk wiederfinden, bemerkte er, sie wirkten musikalisch und nähmen sich wie „musikalische Baukunst“ aus, ebd., S. 346. 1189 Schwitters 2005/1920 – Nichts tötet schneller, S. 49-50. 1190 Neumann 1920.01.06.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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ist eine antikritische Bespiegelung des kulturellen Verständnisses von Neumann und

sie polarisiert zwischen unterhaltender und avantgardistischer Kunst.

Schwitters replizierte nur den Text „Aus dem Reiche der Dadaisten“. Die in Kapitel 1

besprochene Parodie „Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert“1191, die der

Kunstkritiker in drei unterschiedlichen Tageszeitungen publiziert hatte und die

Schwitters bekannt war, beantwortete der Merzkünstler jedoch nicht mit einer Tran-

Schrift. Die von Schwitters verwahrten Zeitungsausschnitte der Parodie weisen

Bearbeitungsspuren auf, die darauf hindeuten, dass er eine Replik auf die Parodie

plante. Da die im Februar 1920 veröffentlichte antikritische Schrift „Nichts tötet

schneller als die Lächerlichkeit“ höchst wahrscheinlich in ihrer endgültigen Fassung

zum Publikationszeitpunkt der Parodie Neumanns Ende Januar bzw. Anfang Februar

1920 bereits vorlag, verwarf der Merzkünstler offenbar diesen Plan, zumal die zuvor

erschienene Rezension Neumanns einen höheren Materialwert aufweist, denn der

replizierte Ausgangstext „Aus dem Reiche der Dadaisten“ von Neumann bietet durch

zahlreiche Metaphern und sprachliche Stilblüten sogar einen Materialüberschuss,

dessen sich Schwitters in dem antikritischen Text „Erweiterung“ gegen Franz Servaes

nochmals bedienen wird.

Berliner BörsenKukukunst

Erst im Februar 1920 veröffentlicht, erschien die Antikritik „Berliner BörsenKukukunst“

wesentlich später als der hierfür wichtigste Ausgangstext vom 20. Juli 1919 von Curt

Glaser. Schwitters bezieht sich bei der Titelwahl auf den „Berliner Börsen-Courier“, für

den der Kunstkritiker arbeitete, wandelt diesen jedoch ab. Der lautspielerisch

verfremdete Titel verweist darauf, dass Schwitters sich in dem Text nicht nur gegen

konkrete Redakteure wendet bzw. bestimmte Zeitungsartikel verwertet, sondern auch

das Medium Zeitung als Materialquelle nutzt.

Einleitend bemerkt Schwitters, der „Berliner Börsen-Courier“ publiziere „immer so

drollige Artikelchen über Kunst“. Einen besonders „kukomischen Artikel“ habe „ein Herr

KuKurt Glaser“ geschrieben, „in dem er mich (Abstrakte Kritik.) immer ‚der junge Mann’

nannte.“ In der als eine Art Zwischenspiel angelegten Auftragsvergabe von „Kurt

Glaser an seinen Glasermeister“ nimmt Schwitters Bezug auf die Kritik „Vom süßen

1191 Neumann 1920.01.24, Neumann 1920.01.28 und Neumann 1920.02.06. Bei dieser Parodie Neumanns handelt es sich keineswegs um eine Gegenreaktion des Literaturkritikers auf die Antikritik „Nichts tötet schneller als die Lächerlichkeit“, wie dies Hans-Jürgen Hereth konstatiert, denn die tran-ähnliche Schrift wurde erst nach der letztmaligen Veröffentlichung der Parodie am 06.02.1920 publiziert, vgl. Hans-Jürgen Hereth: Dada-Parodien (= Vergessene Autoren der Moderne 72). Siegen 1998, S. 61.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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und sauren Kitsch“, dem maßgeblichen Ausgangstext der tran-ähnlichen Schrift. Der

fingierte Brief wird zugleich als eine Kritik Glasers vorgeführt. Darin berichtet der als

Philister und Stubenhocker dargestellte Kritiker, ein junger Mann habe eines seiner

Fenster seines Hauses „anscheinend mit einem richtigen Messinghahn oder einem

ähnlichen Gegenstande entzweigeworfen“, woraufhin sich Glaser mit der Bitte an

seinen Glasermeister wendet, den Schaden zu reparieren.1192 In diesem Interludium

verarbeitet Schwitters in Anspielungen die Vorwürfe des Kunstkritikers. Glaser selbst

hat in seinem Artikel zur 76. Sturm-Ausstellung einen kurzen Überblick über die

Entwicklung der Collage als Kunstform gegeben. In diesem Kontext hat er Schwitters

als Picasso-Epigone charakterisiert und hinzugefügt, es liege lange zurück, dass ein

Bild mit einmontiertem „richtige[m] Messinghahn“ ausgestellt worden sei.1193 Schwitters

greift die Versatzstücke „junger Mann“ und „richtiger Messinghahn“ aus der Kritik

heraus und nutzt sie für eine ironische Brechung, fungiert das montierte Element doch

als wörtlich genommenes Objekt des Anstoßes und als Corpus Delicti, das in der

fingierten Schilderung Glasers ein junger Mann für ein Vergehen verwendet hat.

Dem folgt ein Absatz, in dem Schwitters über das große Interesse der Berliner Zeitung

an der Merzkunst schreibt. Diese Passage ist durchbrochen mit Einschüben aus einer

Werbeannonce für Damenwäsche, die sich unterhalb des im November ebenfalls im

„Berliner Börsen-Courier“ erschienenen parodistischen Berichtes „Merz“ über einen

Besuch bei einem „Schüler des Erfinders der Merzmalerei“ befindet. Diese Parodie

stellt den Zusammenhang zwischen Merz und der Verwendung von Kleidungsstücken

zu künstlerischen Zwecken her, den Schwitters wiederum aufgreift und zusätzlich mit

Teilen des Werbetextes anreichert.1194 Auf den mit rd zeichnenden Verfasser dieses

Artikels geht Schwitters kurz ein, bevor er im Schluss- und Hauptteil des Textes das

Konzept von Merz erläuternd „die abstrakte Verwendung der Kritiker“1195

vergegenwärtigt:

„Die Bilder der Merzmalerei sind abstrakte Kunstwerke. […] Der Künstler schafft durch Wahl, Verteilung der Materialien. (Auch Unterröcke.) Wenn ich zum Beispiel Herrn Kurt Glaser, ein Damenbeinkleid und einen Berliner Börsenkurier (Verzeihung ‚Courier’) als Material verwendete (Ich würde diese

1192 Alle Zitate: Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 50. „Berliner BörsenKukukunst“ korrespondiert in diesem Zwischenspiel inhaltlich mit Waldens Antikritik „Nachrevolutionäre“, s.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. 1193 Glaser 1919.07.20. 1194 rd 1919.11.30. In dem mit dem Verlagskürzel rd versehenen Artikel schildert der Redakteur die Entstehung eines Merzbildes, das er als ein Stillleben aus einem Unterrock umschreibt. Die übrigen Bilder, die rd im Atelier des „Merzist“ zu sehen bekommt, ordnet er auch dieser traditionellen Gattung zu. Für seinen Besucher rd rezitiert der Merzkünstler in dem Artikel zudem aus einer Merzdichtung zum „Thema: ‚Kunstunverstand.’“, in der ein Träger eines „schwarz-rot gewürfelten Unterrocks“ um die Gabe des Kleidungsstückes angefleht wird. 1195 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40 und Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Zusammenstellung übrigens wahrscheinlich nicht treffen.), dann würde ich etwa den B. Bcourier trotz seiner netten Artikelchen als Malgrund verwenden. Den alten Herrn und das Damenbeinkleid würde ich zerteilen und entformeln und nach den Gesetzen der künstlerischen Logik auf der Bildfläche verteilen. Ich würde also Herrn Kurt Glaser als schöne und ausdrucksvolle Form, als Rhythmus und als helldunkel modellierte Masse verwenden.“1196

Mit der intratextuellen Bezugnahme durch Zitate aus seinen theoretischen Schriften

aktualisiert Schwitters die Manifeste „Die Merzmalerei“1197 sowie „An alle Bühnen der

Welt“1198 und erneuert damit ihr Wirkungspotential, indem er sie im Kontext der

antikritischen Schrift aufruft und zugleich die in letztgenannter Schrift geforderte

„abstrakte Verwendung der Kritiker“ schilderungsweise textuell umsetzt. Die

argumentativ-explikative Textintention wird auch hier durch fremdes textuelles Material

gebrochen und schlägt um in die praktische Demonstration des eigenen Konzeptes.

Wenn Schwitters weiter schreibt, sein Schüler würde anstatt die Ausgangsmaterialien

zu entformeln, einen „richtigen Kritiker verwenden“, weil er eher einen

Panoptikumseffekt als einen ästhetischen erzielen wolle,1199 so bringt er die

kunstkritischen Vorwürfe Glasers des „verklappten Panoptikum[s]“ durch ironische

Spiegelung mit in seinen Text ein.1200 Gleichzeitig impliziert er damit die auf

Gegenständlichkeit bezogene Kunstauffassung und die auf Empirisch-Reales

ausgerichteten Sehgewohnheiten der Kritiker. Da die zwar polemisch aufgeladene,

aber sonst trocken-schlichte Fachsprache des kunstkritischen Ausgangstextes von

Glaser wenig Anregung für die antikritische Merzmethode bietet und daher eher

defizitären Materialcharakter hat, nimmt Schwitters auch Bezug auf die Parodie des

Redakteurs rd „als Gegengabe für seinen deliciösen Unterrockartikel“ und hält beiden

metaphorisch ihre klassische Auffassung vor.1201

Schwitters gibt hier ein konkretes Beispiel, wie er einen Kritiker vermerzen würde,

wobei er sich mit dem imaginären Materialspiel auf der Ebene der Schilderung bewegt

und auf der Wortebene bleibt. In einer weiteren gegen Glaser gerichteten Antikritik

hingegen wird er dessen Namen ananymisch verschlüsseln und damit den

Kritikernamen selbst als Material um- und neu formen.1202

1196 Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1197 Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei, woraus folgendes Zitat stammt: „Die Bilder der Merzmalerei sind abstrakte Kunstwerke. […] Der Künstler schafft durch Wahl, Verteilung der Materialien.“ 1198 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 39: Schwitters fordert darin die Merzbühne, welche er im an Glaser adressierten Text ganz am Ende nennt, vgl. Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1199 Ebd. 1200 Glaser 1919.07.20. 1201 Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1202 S.w.u. Kap. 2.3.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Tran Nummer 7 Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in Merzstil

Weil „die Zahl“ seiner Hannoverschen Kritiker „zu groß“ sei, so Schwitters in „Tran

Nummer 7. Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in Merzstil“, wendet er

sich stellvertretend an die um 1920 am häufigsten publizierenden Kritiker der vier

großen Hannoverschen Tageszeitungen. Der Gerechtigkeit halber kritisiere er die

Kunstkritiker in alphabetischer Reihenfolge und widme jedem einen einzelnen

Abschnitt.1203 Wiederum unterbricht er den eigenen, antikritischen Text durch

Kritikerzitate, Werbeslogans und kommentierende Elemente, die z. T. selbst

fragmentiert werden. Dementsprechend ist auch die Satzsyntax verfremdet. Die

Fremdzitate sind nicht immer durch Klammersetzung oder Anführungszeichen

gekennzeichnet, lassen sich aber über ihre gegenläufige Semantik als solche

bestimmen. Im Unterschied zu den bisher beleuchteten, antikritischen Texten sind die

einzelnen heterogenen Textteile in „Tran Nummer 7“ derart durchmischt, dass sich

keine konkreten Textebenen herauskristallisieren. Aufgrund dieser Verwischung der

Ebenen ist eine stärkere Rhythmisierung gegeben.

Der erste Kritiker, an dessen Rezensionen Schwitters Kritik übt, ist Johann Frerking,

der für das „Hannoversche Tageblatt“ schrieb. Schwitters bezieht sich auf zwei Artikel

Frerkings, denen er das Sprachmaterial entnimmt, um es spielerisch in seinen eigenen

Text zu integrieren. Die von Frerking übernommenen Textteile stammen sowohl aus

einer Rezension zur zweiten Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“ von 1919 als

auch aus einer Kritik zu einer Ausstellung des Zweemann-Verlages von 1920.1204 In

der argumentativen Textsequenz verwendet Schwitters die Äußerungen Frerkings

gegen den Kritiker und greift dabei einmal eine unspezifische Redewendung aus der

Besprechung von 1919 und eine spezifische, seine Kunst betreffende Aussage aus der

Kritik von 1920 auf. Der allgemeinen und geläufigen Redensart „‚Der Wein im Fasse

muß erst gären, bevor er reif und wohlschmeckend wird’“1205 setzt er „(Oh Ihr

ungegorenen Kritiker!)“ entgegen. Die kunstkritische Stellungnahme zu den

Merzwerken überträgt er analog zu „Tran 1“ auf die Schreibweise Frerkings:

„Faule Witze sind bei einer ernsthaften Kritik nicht von Vorteil. (Augen auf!) ‚trotzdem nicht ganz wertlos, denn den Ingredienzien aus dem Mülleimer fügte er ein wirkliches kupfernes Zweipfennigstück hinzu’. (Ich nämlich.) (Nie wiederkehrende günstige Gelegenheit!) Was wollten Sie wohl sagen, Herr Fg.,

1203 Beide Zitate: Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52. Die Antikritik veröffentlichte Schwitters im Aprilheft der Zeitschrift „Der Sturm“ von 1920. 1204 Vgl. Frerking, J. 1919.03.14 und Frerking, J. 1920.02.05. 1205 Zit. nach Frerking, J. 1919.03.14.

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wenn ich von Ihren biederen Besprechungen etwa schriebe, sie wären konfus (praktische leicht faßliche Unterweisung in Lehre und Beispielen nebst Übungsaufgaben), und glichen einem unordentlichen Häufchen Gerümpel (kaufe alte Zahngebisse, Bruchstücke und einzelne Zähne.), aber sie wären trotzdem nicht ganz wertlos (pro Zahn 15 M. u. mehr.), weil sie dem zwanglosen Gemengsel in einem Mülleimer verblüffend ähnlich sähen. (Bettfedern, Betten ein sehr lohnendes Geschäft für Möbel- und Polsterwarenhandlungen.)“1206

Wenn Schwitters dem vorwegnimmt, dass „[a]uch ein Kritiker [...] über ein gewisses

Etwas verfügen [müsse], sagen wir mal: Urteilsvermögen“1207, dann macht er seine

antikritische Verfahrensweise offen kenntlich. Er operiert hier erneut auf der Basis des

umwertenden Sprachspiels und macht sich die Forderungen nach künstlerischem

Können von Frerking unter divergenten Vorzeichen zu eigen.1208 Die Aberkennung der

Urteilskompetenz nahm schon in der Antikritik des Sturm-Kreises breiten Raum ein,

eine antikritische Strategie, auf die Schwitters hierbei rekurriert. Den fehlenden

Sachverstand belegt Schwitters in diesem Fall mit der Art des Kritikers, die Eigenheit

der Merzwerke sprachlich zu erfassen: „Mit Aufzählen des Materials, aus dem ein

Kunstwerk geformt ist, verrät man nur seine Unfähigkeit zu kritisieren.“1209 Für

Schwitters hingegen hatte eine Kritik die Aufgabe, die durch genaue Beobachtung

gewonnenen ästhetischen Erkenntnisse zu kommunizieren.1210

Die Einfügung der Inserate für den Ankauf von Zähnen, die in der Nachkriegszeit

allgegenwärtig in der Tagespresse waren, dient zunächst der entformelnden

Fragmentierung des Satzes, hat aber gleichzeitig die Funktion eines Metakommentars.

Zum einen sind die Anzeigen zu lesen als Aufstellung einer Opposition zwischen

falschen bzw. Ersatzzähnen und echten, die mit Frerkings Aussage korrespondiert, der

Merzkünstler habe einem seiner Bilder ein „wirkliches kupfernes Zweipfennigstück“1211

anstatt eines mit malerischen Mitteln repräsentierten Gegenstandes hinzugefügt. Zum

anderen nimmt Schwitters hier Rekurs auf das eingangs vermutete Alter des Kritikers,

denn der Zahnersatz ist Implikation dafür, dass Frerking „ein wenig zu alt“ zu sein

1206 Beide Zitate: Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52 und vgl. das Ankaufsinserat für „Platingebisse und Brennstifte“ unter dem Artikel von Frerking zur Dritten Ausstellung der Hannoverschen Sezession, das Schwitters in der zitierten Passage mit verwertet, Fg. (= Frerking, Johann): Aus dem Kunstleben. Dritte Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 48, 17.02.1920. 1207 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52. 1208 Vgl. Frerking, J. 1920.01.20 und Fg. (= Frerking, Johann): [Sonderausstellung Paul Klee und Lyonel Feininger]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 336, 07.12.1919. 1209 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52. 1210 Vgl. Kurt Schwitters: Über den Wert der Kritik (Nachtrag). Meine Ansicht über den Wert der Kritik (Für den Ararat). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 87–88, S. 87-88. 1211 Frerking, J. 1920.02.05.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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scheint. In Verbindung mit der Augenmetapher - „(Augen auf!)“1212 - spielt der Einschub

mit der gängigen Assoziation von Auge und Zahn in Exodus 21, 24 „Auge um Auge,

Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß“ und kommuniziert Schwitters’ Methode

der Erwiderung mit gleichen Mitteln. Das für Lehrmittel werbende Fragment -

„(praktische leicht faßliche Unterweisung in Lehre und Beispielen nebst

Übungsaufgaben)“ - zielt auf die schulästhetische Einstellung des Kritikers ab, der, so

legt es Schwitters nahe, die Rezeption von Avantgardewerken noch einüben müsse.

Als zweites wendet der Merzkünstler sich gegen Erich Madsack, der die Merzwerke

anlässlich der dritten Ausstellung der „Hannoverschen Sezession“ 1920 in ähnlicher

Weise wie Frerking kritisiert hat.1213 Bei dieser Antikritik setzt Schwitters das gleiche

Verfahren der Entgegnung um. Schwitters übernimmt das seine Kunst betreffende Zitat

Madsacks teilweise, verändert es aber durch Einschübe, Wortumstellungen und

Substitution des Wortes Künstler durch Kritiker oder von Wörtern durch einen

semantisch gegenläufigen Ausdruck:

„(und ca. 30-40 M. können Sie an jeder Bettstelle verdienen,) da halte ich es doch für überflüssig, daß (extra verdienen, wenn) Sie meinen (Sie auch die Betten dazu liefern.) ‚Pappdeckelnageleien’ (Alleiniger Fabrikant des weltberühmten Merzstils) mit Ihrem ‚Schneiderwerkstättenkehricht’ hübsch verzieren (Gekochte Krankheit ist Gesundheit, gekochte Gesundheit ist ewiges Leben.) und diese internationalen Emballageschneiderwerkstättenpappdeckelkehrichtverzierungen unter Außerachtlassung Ihrer mit Selbstbewußtsein zur Schau getragenen Hilflosigkeit (Mann mit Zaunpfahl.) mit Hilfe meiner Spielwarenindustrie für große Kinder. (Wen meinen Sie mit der Bezeichnung ‚großes Kind?’ Bislang ist jedenfalls außer Ihnen noch niemand auf den Gedanken gekommen.) Komm, spiel mit mir! […] Ihre Kritik, Herr Doktor, dagegen beweist, zu welch bedauerlichen Mißverständnissen die jüngsten die jüngsten Kunstrichtungen Kritiker zu verführen vermag, die nicht hinter die Oberfläche künstlerischen Schaffens zu schauen vermögen.“1214

Neben der Rückspiegelung der kunstkritischen Stellungnahme wird hier das

künstlerische Verfahren des Spiels signifikant.1215 Die Aufforderung zum

Zusammenspiel steht für das ludistische Prinzip von Merz, das Schwitters zur

Befreiung von sprachlichen Konventionen diente. Das Charakteristische dieses

Verfahrens ist die unbegrenzte Disponibilität und Verwertbarkeit des vorgeformten

Materials, wobei der Merzkünstler die Reihung einzelner Sprachfragmente als

1212 Beide Zitate: Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52. 1213 Vgl. Madsack, E. 1920.02.15. 1214 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 53. 1215 Vgl. ebd. Hinsichtlich der Gegenkopplung von Madsacks Aussagen, vgl. Madsack, E. 1920.02.15, wo es heißt: „zu welch bedauerlichen Mißverständnissen die jüngste Kunstrichtung Talente zu verführen vermag, die nicht hinter die Oberfläche künstlerischen Schaffens zu schauen vermögen.“

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

270

Materialverknüpfung begriff. Der Verlauf einer Merzdichtung folgt weniger narrativen

Prinzipien, vielmehr nimmt Schwitters wiederholt Bezug auf einen thematischen

Sachverhalt oder ein Themenfeld,1216 das jeweils spielerisch weiterentwickelt wird. Mit

der Auffassung von Kunst als Spiel führte er nicht nur das funktionsgebundene Spiel

der deutschen Klassiker fort, wie es von seinen Kritikern befürwortet wurde, sondern

knüpfte auch an das „freie Spiel“ mit Stoffen und Formen der Romantik an, innerhalb

der v. a. das Spiel mit Wörtern als Grundprinzip neu bestimmt worden war. Dieses

Spiel konstituierte sich aus einer widersprüchlichen Mischung von Konventionen und

Regellosigkeit und war durch Selbstreferenzialität gekennzeichnet.1217 Ebenfalls mit der

Intention, Kunst und Leben zu verbinden, setzte Schwitters im künstlerischen Spiel

konventionelle, an die verstandesmäßige Logik gebundene Regeln außer Kraft und

folgte ausschließlich der Eigengesetzlichkeit der Kunst, was sich für seine Kritiker als

reine Willkür ausnahm. Für Schwitters hingegen war Kunst ein „Spiel mit ernsten

Problemen.“1218 Die Kunst dürfe sich aber nur an das „Spiel des Kindes“ annähern,

solange sie autonom von pragmatischer Zweckausrichtung bleibe.1219 Gegenstand des

antikritischen Spiels war bei Schwitters zunächst das literarische, alltagssprachliche

und v. a. das kunstkritische Ausgangsmaterial und die darin enthaltenen Projektionen.

Auf einer elementareren Ebene spielte er mit einzelnen Sätzen und deren

kommunikativem Gehalt oder mit Wörtern und deren Wortsinn. Z. T. erprobte er

spielerisch neue Kombinationen etwa durch Anagrammierung eines Wortes oder eines

Kritikernamens und verbrauchte sie derart im künstlerischen Spiel.

Im vorliegenden Fall verknüpft er die Wörter „Emballageabfall“,

„Schneiderwerkstättenkehricht“, „Pappdeckelnageleien“ und „verziert“ aus Madsacks

Kritik zur grotesken Wortkonstruktion

„Emballageschneiderwerkstättenpappdeckelkehrichtverzierungen“, deren

lautmalerische Qualität die gekünstelt manierierte Sprachhaltung des Kritikers

konterkariert. Diese Verkettung erinnert an eine Forderung Hugo Balls, für seine

Dichtungen wolle er „fueglich Worte [verwenden], die sieben Ellen lang sind. Die Worte

des Herrn Schulze haben nur zwei ein halb Zentimeter.“1220

Ebenso wenig wie in den vorangegangenen Tran-Texten kündigt Schwitters auch hier

die Syntax nicht vollständig auf, arbeitet aber mit einem im Vergleich zum allgemeinen

1216 Vgl. Gunda Luyken: Zur Strategie des dadaistischen Spiels. In: Bätzner, Nike (Hg.): Kunst und Spiel seit Dada. Faites vos jeux! Kat. Ausst. Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz; Akademie der Künste, Berlin; Museum für Gegenwartskunst, Siegen. Ostfildern-Ruit 2005, S. 55–70, S. 57. 1217 Vgl. Wetzel 2003, S. 590. 1218 Schwitters 1974, S. 216, Brief an Raoul Hausmann vom 08.08.1946. 1219 Kurt Schwitters: Kunst und Zeiten. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 236–240, S. 239. 1220 Hugo Ball: Eroeffnungs-Manifest, 1. Dada-Abend, Zuerich, 14. Juli 1916, URL: http://gutenberg.spiegel.de/buch/4681/1.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

271

Sprachgebrauch regelwidrigen Satzbau, der laut formalistischer Theorie „Bewegung

und eine neue Wahrnehmung der Welt [schafft] - und umgekehrt: Bewegung und

Veränderung der Psyche erzeugen fremdartige ‚sinnlose’ Gebilde von Wörtern.“1221

Ferner scheint die der Behördensprache entnommene Formulierung „unter

Außerachtlassung“ Schwitters inspiriert zu haben, diese zu unterschiedlichen

Variationen wie „(unter Hinterachtlassung)“, „(hinter über Gegenachtlassung) von

wegen!“ und „gegen von wegen hinter“ durch spielerische Verwendung verschiedener

Lokaladverbien und durch syntaktische Verschiebung abzuwandeln.1222 Der Austausch

von Lokaladverbien suggeriert wiederum einen Wechsel des Standortes und somit

„Bewegung und eine neue Wahrnehmung“.

Der dritte Kritiker, an den sich Schwitters in „Tran Nummer 7“ wendet, ist Adolf Schaer.

Der Merzkünstler reagiert auf zwei Artikel des Kritikers zur dritten Ausstellung der

„Hannoverschen Sezession“ in der Kestner-Gesellschaft sowie auf einen zur

„Graphischen Ausstellung“ des Zweemann-Verlages 1920.1223 Zu Beginn zitiert

Schwitters die gesamte, seine Merzkunst behandelnde Passage aus Schaers erster

Rezension zur Hannoverschen Sezessionsausstellung aus dem „Hannoverschen

Kurier“ vom 9. Februar 1920. Dieses in den Tran-Texten häufig eingesetzte Verfahren

der Zitatmontage realisiert Schwitters in Anlehnung an die antikritische Praxis im

Sturm-Kreis. Zunächst wird damit die Authentizität des Materials betont, um

anschließend durch Kommentar den Aussagegehalt der kunstkritischen Statements

argumentativ zu widerlegen. Werden bei transformierten Texten, in denen die

verwendeten Zitate nicht als solche gekennzeichnet sind, in der Regel die

Differenzqualitäten zwischen konventionellen und verfremdeten Elementen aufgrund

der Geläufigkeit der Hypotexte vom Rezipienten erkannt, weist Schwitters den Tran-

Text mittels Zitatmontage explizit als Hypertext eines bestimmten kunstkritischen

Hypotextes aus und legt damit seine Verfahrensweisen offen. Diesen

Konstruktcharakter literarischer Texte betonten v. a. die Russischen Formalisten in

ihren wissenschaftlichen Analysen, das Sichtbarmachen der Konstruktionsprinzipien

wurde insofern zur zentralen Aufgabe der Literaturtheorie erhoben. Die optische

Herausstellung der Konstruktionsweise, wie etwa das Zusammenfügen durch

Schrauben, Nägel, Knoten, Nieten, und die Auswahl der Materialien nach Kriterien wie

Faktur, Farbe und deren Eigenschaften, bildete ein wesentliches Merkmal und Novum

1221 Aleksej E. Kručenych: Novye puti slova (1913). In: Manifesty i programmy russkich futuristov. Hrsg. von Vladimir Markov. München 1967, S. 64–73, S. 68, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 113. 1222 Alle Zitate: Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 53. 1223 Vgl. Schaer 1920.02.09, Schaer 1920.02.14 und Schaer 1920.02.25.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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in der konstruktivistischen Kunst. Beispielhaft dafür sind die „Konterreliefs“ von

Wladimir Tatlin.1224

Das Offenlegen der textuellen Konstruktionsweise wie auch die Gegenkopplung der

kunstkritischen Argumente dient Schwitters in der Antwort auf Schaers Rezension als

antikritische Strategie:

„Ich stelle die Gegenfrage: ‚Soll man wirklich solche Quasseleien ernst nehmen?’ Was sie ‚schweigen’ nennen, das nenne ich nämlich quasseln. (Leistungsfähige Bezugsquelle für Tran, weil direkt aus der Transiederei bezogen.) Kritik ist ja bekanntlich die Feststellung, mit welcher Sorte von Pinseln ein Maler gearbeitet hat.“1225

Der von Schaer übernommenen Aneinanderreihung von Fragen setzt er sogleich eine

Gegenfrage hinzu, die Schaer der Riege der ernstzunehmenden Kunstkritiker verweist.

Den Wunsch Schaers, Schwitters „Treiben der Lächerlichkeit preiszugeben“1226 und

den behaupteten „Vorzug [der Merzbildwerke], erheiternd zu wirken“, reflektiert der

Merzkünstler ebenso.1227 Metaphorisch spricht er auch Schaer die Urteilsbefähigung

ab, indem er ihm vorwirft, seine Kritik reduziere sich auf „die Feststellung, mit welcher

Sorte Pinsel der Maler gearbeitet hat.“1228 Der sich anschließende parenthetische

Hinweis auf „(Achtung! Achtung, Scheuklappen! Achtung! Patent-Scheuklappen!

Patentscheuklappen sind die leichtesten der Welt, die den richtigen Winkel, in dem sie

stehen, nie verändern können. [...])“ kann wiederum als Metatext zur Rezension bzw.

zur Beobachtungsgabe des Kritikers verstanden werden.1229 Dem Kunstkritiker wird

dabei unterstellt, dass er immer aus derselben, unabänderbaren und eingeschränkten

Perspektive urteile.

Schwitters’ ironisch-antikritische Haltung gegenüber Schaer äußert sich außerdem in

der Aufdeckung von orthografischen Fehlern:

„Übrigens erlaube ich mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß mein Kollege, Herr Marc Chagall, Sie wissen doch, der Herr mit dem seelenvollen Bildnis, (edel sei der Mensch, hilfreich und gut.), den Sie bereits dreimal Max Chagall genannt haben, nicht Max Chagall heißt, sondern Marc Chagall. […] Trotzdem warne ich Sie, meinen Kollegen immer wieder Max Chagall zu nennen. Wenn Sie mir nicht glauben, so fragen Sie die Besitzerin dieses Chagall, Frau Amalie von Garten (Eugenie von Garvens), sonst behaupte ich nächstens, Sie hießen August Adalbert von Scheere. (Hochwertige Qualität.)

1224 Vgl. Tatjana Gorjatschewa: Suprematismus und Konstruktivismus. Antagonismus und Ähnlichkeit, Polemik und Zusammenarbeit. In: Malsch, Friedemann (Hg.): Malewitsch und sein Einfluss. Kat. Ausst. Kunstmuseum Liechtenstein Vaduz; Staatliche Kunsthalle Baden-Baden. Ostfildern-Ruit 2008, S. 30–42, S. 30. 1225 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 53-54. 1226 Schaer 1920.02.25. 1227 Schaer 1920.02.14 und vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 54. 1228 Ebd., S. 53-54. 1229 Ebd., S. 54.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Dann könnte aber ein böser Mensch behaupten, August von Scheere schnitte mit einer adligen Scherre aus, was einem August edel erschiene, statt Kunst zu kritisieren. Und es täte mir wirklich leid, wenn man ‚Ihr Treiben der Lächerlichkeit preisgäbe’.“1230

Schaer hat in der Rezension zur dritten Sezessionsausstellung „Max Chapell“ statt

Marc Chagall geschrieben.1231 Schwitters nimmt dies zum Anlass, den Nachnamen des

Rezensenten und das homophone Wort Schere zu Scherre und Scheere durch

phonetische Verschiebung zu vermerzen. Mit dem phonetischen Spiel ironisiert

Schwitters Schaers selektive, nachlässige und subjektive Art zu kritisieren. Angeregt

durch die Namensverwechslung in der Ausstellungskritik wird Adolf zu August, womit

Schwitters sicherlich auf den dummen August anspielt, der im Zirkus traditionellerweise

die Rolle des scheiternden Mimen übernimmt und das Publikum mit seiner

unbeholfenen Art belustigt. Die Vermerzung des Kritikernamens1232 durch einen

Adelstitel und die Erwähnung der kunstkritischen Vorliebe für Edles, ist ein

intertextueller Rekurs auf Schaers Rezension zur „Herbstausstellung“ Hannoverscher

Künstler von 19191233 sowie ein textinterner Bezug auf den einmontierten Ausspruch

Goethes „(edel sei der Mensch, hilfreich und gut.)“1234 Mit letzterem spricht Schwitters

die geistige Provenienz Schaers an.

„Edel, hilfreich und gut“ sind die Eigenschaften, die den Menschen Goethe zufolge von

anderen Wesen trennten. Für Schwitters wiederum waren Kritiker besondere

Geschöpfe, die eher eine Verwandtschaft zu Tieren als zu Menschen haben. Der

Kunstkritiker, so der Merzkünstler, sei ein „merkwürdiges Tier, hinten Fenster, und vorn

Kamel“.1235 Den Vergleich der Kritiker mit Tieren hinsichtlich ihrer Eigenschaften

thematisieren die zahlreichen Einschübe in Gestalt der Werbeannoncen für Tierbedarf,

wie bspw. auch der Verweis auf die Scheuklappen für Zugtiere in „Tran Nummer 7“.

Schwitters nannte mit Blick auf seine Kunstkritiker bevorzugt Herdentiere wie Kühe, die

für Dummheit stehen, Pferde, die scheu auf fremde Reize reagieren und Schafe, die

1230 Ebd., S. 54. 1231 Schaer 1920.02.09. 1232 Den Namen August Scheere nahm Schwitters noch einmal in die kritische Schrift „Was Kunst ist; eine Regel für große Kritiker“ auf: „(Spezialgeschäft August Scheere, Hannover, Kurierstraße 1a. [...])“. Darin parodiert er die kunstkritische Forderung nach Naturähnlichkeit und erläutert, welche Materialien zu wählen seien, um eine „adelige Plastik“ zu gestalten, die die größte Affinität zur Natur besitzt, Kurt Schwitters: Was Kunst ist; eine Regel für große Kritiker. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 57–58, S. 58. 1233 „Die Schwierigkeiten, ein solches vielseitiges Problem künstlerisch edel zu lösen, waren zweifellos sehr beträchtlich. Die seltene Wahrhaftigkeit und Lauterkeit des Künstlers hat sie ideal gemeistert. Welch ein keuscher Adel liegt über dem Ganzen trotz der Darstellung des Augenblicks der höchsten seelischen und leiblichen Lust!“, Schaer 1919.10.17. 1234 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 54. 1235 Eintrag von Kurt Schwitters in ein Album, o. O. vom 27.07.1921, SAH 36:3, zit. nach Maria Haldenwanger; Marion Beaujean: Bestandsverzeichnis des Schwitters-Archivs, Hannover. Hannover 1986, S. 107.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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als einfältig gelten. Die Gleichsetzung von Kritikern mit Herdentieren, die sich einem

Leittier unterordnen, ist zugleich eine Metapher für die Kunstkritiker, die nicht

individuell, sondern abhängig vom allgemeinen Diskurs urteilten.1236 Gegenläufig zu

Tierfabeln, in denen Tieren menschliche Eigenschaften zugesprochen werden, wird

hier wie auch in der Kunstform der Karikatur das Wesen von Tieren analog zur

spezifischen Charakterisierung der Fabeltiere auf die Kritiker übertragen.1237 Der

antikritische Vergleich zwischen Kritikern und Tieren findet sich bereits bei Johann

Christian Reinhart.1238 Das Motiv des Kritikers als Tier hebt die philosophische

Trennung zwischen Menschen und Tieren auf. Der leitende Gedanke der Aufklärung,

dass dem Menschen aufgrund seiner geistigen und vernunftbegabten Disposition den

Tieren gegenüber eine herausgehobene Stellung zukomme, wird hier umgewertet.

Schwitters widmete dem Thema einen eigenen antikritischen, ironischen Text. In dem

nicht anlassbedingten „Kritiker / Tran 27“ wählt er eine explikative, deklamatorische

Typologie, um die Identität von Kunstkritikern und Schafen zu verdeutlichen. „Zum

Kritiker muß man geboren sein. Mit ganz gewöhnlichem Schaafsinn findet der

geborene Kritiker das heraus, worauf es nicht ankommt.“ Bei der Betrachtung erkenne

er „durch angeborenen Schaaafsinn gewißermaßen seinen eigenen Fehler durch das

Kunstwerk. Das ist die Tragik aller Kritiker, sie sehen Fehler, statt Kunst.“ Daher

bestehe eine gravierende Differenz zwischen dem Kritiker und dem Künstler: „Der

Künstler schafft, während der Kritiker schaaft.“ Und da Kritiker „schafgeboren“ sind,

reagieren sie aus dem Instinkt heraus und folgen dem Herdentrieb.1239 Schwitters

orientierte sich dabei vermutlich an der Vorstellung Schopenhauers, der dem

Menschen individuellen und unabhängigen Charakter attestiert hatte, während Tiere für

ihn nur einen „Gattungscharakter“ besaßen.1240 Für den Merzkünstler wiederum waren

„Kritiker [...] eine besondere Art von Menschen.“1241

Der vierte und letzte Hannoversche Kritiker, den Schwitters in dem „Generalpardon“

berücksichtigt, ist Hein Wiesenwald resp. Silvanus. Schwitters identifiziert beide

1236 Diesen Sachverhalt thematisiert Schwitters später nochmals in „Kettenhund aus Überzeugung“: „Das ist nämlich der typische Kunstkritiker! / Jeder Kritiker wird das bestreiten! Stolz und frei steht er hinter seiner Überzeugung, aber es ist nicht seine Überzeugung, sondern die seiner Partei oder seiner Zeitung, die er männlich stark zum zweckbewußten Ausdruck bringt“, Kurt Schwitters: Kettenhund aus Überzeugung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 174. 1237 Kritiker wurden in den Karikaturen seit dem frühen 18. Jahrhundert in Frankreich als Tiere dargestellt. Seit dem frühen 19. Jahrhundert arbeiteten die Künstler an der bewussten formalen und verhaltensmäßigen Angleichung von Tier und Mensch, vgl. Bernadette Collenberg-Plotnikov: Klassizismus und Karikatur. Eine Konstellation der Kunst am Beginn der Moderne. Berlin 1998, zugl. Diss. Univ. Berlin 1996, S. 128. 1238 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. 1239 Alle Zitate: Schwitters 2005/1922 – Tran 27. 1240 Schopenhauer 2004/1819, S. 63536 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 1, S. 280). 1241 Schwitters 2005/1922 – Tran 27.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Pseudonyme miteinander, reagiert er doch sowohl auf die mit Hein Wiesenwald

gezeichneten Parodien auf „An Anna Blume“ als auch auf die unter dem Namen des

Waldgottes veröffentlichten Rezensionen, in denen der Autor die gemeinsam mit seiner

Familie und einer Schar von Tieren besuchten Hannoverschen Ausstellungen

besprochen hat. Im Text wird aber nur der Name Wiesenwalds genannt. Der ihm

gewidmete Abschnitt von „Tran Nummer 7“ ist abgesehen von einigen

Werbeeinschüben eher inhaltlicher Art. Das Material aus den Feuilletonbeiträgen nutzt

Schwitters fast ausschließlich paraphrasierend für einen Text argumentativen Typs.

V. a. übt der Merzkünstler an der naiv-narrativen Eindruckswiedergabe des

Rezensenten Kritik:

„Und Sie haben es in Ihren Kritiken so oft erzählt, daß Sie sich Ihre Anregung zu Besprechungen der Kunst in der Unterhaltung mit den Vögeln holen, daß man Ihnen, so komisch es an sich klingt, ohne weiteres glauben muß. (Laß dein Pferd nur ruhig weiterarbeiten, jede Büchse trägt diese Fabrikmarke.) So etwas nennen Sie also Kunstkritiken? (Man nimmt einem weichen Lappen über den Finger, fährt damit sanft über der Oberfläche der Creme herum. Hat sich etwas angehängt, so trage man dieses Wenige in dünnster Schicht auf.) Das ist also Kritik für das Volk? Mein Herr, ich hoffe, das Volk wird gegenüber dieser Art von Kritik kritisch sein, selbst ohne meine Kritik an Ihrer Kritik.“1242

Ohne Beispiele für eine gelungene Kritik zu nennen, stellt Schwitters, wie er das auch

bei Schaer tut, eine Gegenfrage, mit der er durch Rückspiegelung des implizierten

Vorwurfs, bei der Merzkunst handele es sich nicht um ernstzunehmende Kunst,

seinerseits den kritischen Wert der über Unterhaltungsmomente kaum

hinausgehenden Feuilletonartikel in Frage stellt. Der Einschub „(Ein fast unglaublicher

Kritiker.)“1243 referiert auf den Untertitel der Parodie Wiesenwalds „Der Kragenvogel.

Eine fast unglaubliche Geschichte“1244 und zeigt erneut die Umkehrung des

Verhältnisses zwischen Kritiker und Künstler.

Insbesondere der Stil der Kritiken von Silvanus bzw. Wiesenwald stand Schwitters’

kunstkritischer Auffassung entgegen. Eine in imaginären Gesprächen mit Vögeln

angelegte Kritik hielt Schwitters für lächerlich. Demgegenüber schreibt er in „Meine

Ansicht über den Wert der Kritik“, damit das „Wesen der Kunst und von Kunstwerken“

adäquat erfasst und vermittelt werden könne, müsse sich der Rezipient aus eigener

„Anschauung und Übung im Betrachten von Kunstwerken“ intensiv mit dem Werk

auseinandersetzen. Er müsse zudem eine eigene „Schöpferkraft“ entfalten und

nachschöpfend durch seine Vermittlungstätigkeit die Leser dazu anregen, sich direkt

1242 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 55. 1243 Ebd. 1244 Wiesenwald 1920.01.09.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

276

mit dem Kunstwerk zu beschäftigen. Nehme ein Kritiker seine Sache ernst, könne er

selbst zum Künstler werden.1245 Während etwa Carl Hoff wie auch Herwarth Walden

dem Nichtkünstler eine dem Werk angemessene Beurteilung nicht zugestanden

haben,1246 begreift Schwitters den künstlerischen Laien unter der Prämisse der

Bereitschaft zur Vertiefung und der Fähigkeit zur sprachlichen Nachschöpfung selbst

als Künstler. In dem nicht anlassbezogenen Text „Tran Nr. 12 / Kritik als Kunstwerk“,

einer explikativen, kritischen Schrift, formuliert er die Voraussetzungen dafür konkreter.

Darin unterscheidet er die beiden Hauptprinzipien der Kritik, „pathetisch und

humoristisch. Zwischen diesen beiden Polen liegen alle Stilarten.“ Zwischen dem

kunstkritischen Stil und dem Wesen des zu besprechenden Werkes bestehe eine

unumgängliche Abhängigkeit. „Darum muß gerade in der Kritik der Stil rein und klar

herausgearbeitet werden. Nur dann, daß darin nichts verfehlt wird, erkennt man den

guten Kritiker.“1247 Wenn es dem Kritiker gelinge, das Charakteristische eines Werkes

unter Berücksichtigung des Wissensstandes seiner Leserschaft und mit einem

gewissen Maß an schöpferischer Kraft zu vermitteln, dann sei er selbst Künstler. „Ich

selbst habe eine Vorliebe für die Kritik, die selbst Kunstwerk ist, d. h. ein dem zu

kritisierenden Werke analoges Werk mit den Mitteln der Sprache“1248, wofür das

Gedicht „An Johannes Molzahn“ als Beispiel steht.1249

Die Auffassung von der „Kritik als Kunstwerk“ ist mit Christof Spengemanns

kunstkritischem Verständnis verwandt, der von einer zweck- und regelbefreiten Kunst

ausging und die Kritik als Analogon zur Kunst begriff. Mithin sollte, so Spengemann,

„Kritik des Heutigen nie mehr vergleichen, berichten, zensieren.“ Kunst wie auch

Kunstkritik seien absolut geworden und nur ausgerichtet auf ihre eigensten Mittel.

Kunstkritische Wertschätzung habe nicht mehr phrasenhaftes, „kunstleeres Wort [zu]

sein, sondern kunsterfüllte Tat. Nicht gewollte Zweckform, sondern gemußte

Kunstform. Kritik muß wieder Kunstwerk sein.“1250 Spengemann forderte, die Trennung

zwischen künstlerischer und kunstkritischer Praxis dahingehend aufzuheben, dass

Kunst nur auf künstlerische Weise zu beurteilen sei. Dieser Gedanke rekurrierte auf

Friedrich Schlegel, der im Rahmen der „progressiven Universalpoesie“ nicht nur die

literarischen Gattungsgrenzen und Höhenlagen eingeebnet hatte, sondern auch die

Philosophie, Rhetorik, Kunst und Kritik vermischt oder verschmolzen sehen wollte und

das Diktum von der Kritik als Kunstwerk geprägt hatte:

1245 Alle Zitate: Schwitters 2005/1921 – Über den Wert der Kritik, S. 88. 1246 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. 1247 Beide Zitate: Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 12. 1248 Schwitters 2005/1921 – Über den Wert der Kritik, S. 88. 1249 S.w.o in diesem Kapitel. 1250 Beide Zitate: Spengemann 1919 (04), S. 295.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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„Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden. Ein Kunsturteil, welches nicht selbst ein Kunstwerk ist, entweder im Stoff, als Darstellung des notwendigen Eindrucks in seinem Werden, oder durch eine schöne Form, und einen im Geist der alten römischen Satire liberalen Ton, hat gar kein Bürgerrecht im Reiche der Kunst.“1251

Kritik als „angewandte und anwendende Charakteristik“1252 müsse aber dem

Gegenstand exakt entsprechen und die Wahrnehmung absolut präzise sein, so

Schlegel über die Voraussetzungen eines Kunsturteils.1253 Die Eindrücke müssten

durch eigene Beobachtungen klar erfasst und streng bestimmt werden, damit das

Kunstwerk zwischen den Polen von „Geist“ (Manier, Tendenz, Ton) und „Buchstaben“

(Form, Stoff, Stil) verortet werden könne, bevor sich der Kritiker an die Öffentlichkeit

wendet.1254

Der Tran-Text gegen die Hannoverschen Kritiker schließt, wie viele andere antikritische

Schriften von Schwitters und in Anlehnung an die Briefform, die den Wunsch nach

einem produktiven Verhältnis zwischen Künstler und Kritiker kommuniziert, mit der

Grußformel „Mit vorzüglicher Hochachtung / Kurt Schwitters / (Hauptmann von

Köpenick in der Malerei)“.1255 Der an Carl Zuckmayer erinnernde Titel ist keine

Selbstbezeichnung Schwitters’, sondern eine textuelle Übernahme von Paul Erich

Küppers, der den Merzkünstler als „‚Der Hauptmann von Köpenick der

Kunstgeschichte’“ charakterisiert hat.1256

Auffallend ist, dass Schwitters in diesem Tran-Text keine Referenzen an andere

Merzdichtungen macht. Dafür finden sich neben zahlreichen intermedialen Verweisen

auf die Werbung für Tierbedarf, die Schwitters wahrscheinlich wie in „TRAN 25“ der

„Sattler- und Tapezierermeister-Zeitung“1257 entnommen hat, und den intertextuellen

Beziehungen zu den Kunstkritiken auch textinterne Bezüge. Bspw. wird das Alter des

Kritikers Johann Frerking und dessen Urteil, Schwitters’ Bilder seien „nicht ganz

wertlos“, gedanklich komplettiert durch die Montage der Werbeannoncen für den

Ankauf von Zahnersatz inklusive Preisangabe. Auch die doppelte Nennung des Wortes

„edel“ in der an Schaer gerichteten Passage demonstriert den textuellen Rückbezug

1251 Friedrich Schlegel: Kritische Fragmente. Lyceums-Fragmente, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 481677 (vgl. Schlegel-KFSA, 1. Abt. Bd. 2, S. 162). 1252 Friedrich Schlegel: Fragmente. Athenäums-Fragmente, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 61109 (vgl. Schlegel-KFSA, 1. Abt. Bd. 2, S. 253). 1253 Vgl. Friedrich Schlegel: Über das Studium der griechischen Poesie, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 482047 (vgl. SchlegelF-KFSA, 1. Abt. Bd. 1, S. 310). 1254 Friedrich Schlegel: Gespräch über die Poesie, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 482342 (vgl. Schlegel-KFSA, 1. Abt. Bd. 2, S. 162) und Schlegel 2005/1797, S. 481665 (vgl. Schlegel-KFSA, 1. Abt. Bd. 2, S. 155). 1255 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 55. 1256 Küppers 1920.01.29. 1257 Hierzu s.w.u. Kap. 2.2.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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innerhalb der Antikritik durch Aneignung der Vokabel. Den montierten

Werbesequenzen kommt mithin die Funktion zu, die vier Abschnitte thematisch und

strukturell zu verbinden. Die wiederkehrenden Elemente in ihrer semantischen

Äquivalenz und ihrem gelegentlichen Auftreten bilden eine Selbstreferentialität

innerhalb des Textes mit einer gewissen Affinität zur Musik aus, wenn Schwitters

musikalische Verfahren wie Wiederholung, Umkehrung, Verkürzung oder

Vergrößerung des vorgegebenen Materials realisiert.1258 Bei der Lektüre fügen sich die

thematisch korrelierenden Versatzstücke zu Mustern zusammen, die sich aufgrund des

Wiederaufrufens bestimmter Themenfelder wie Musik entfalten.1259 Der Einschub

„(Bettfedern, Betten ein sehr lohnendes Geschäft für Möbel- und

Polsterwarenhandlungen.)“1260 etwa im ersten Abschnitt hat seine thematische

Entsprechung in „(und ca. 50-40 M. können Sie an jeder Bettstelle verdienen,)“ und

„(Sie auch die Betten dazu liefern.)“ in der zweiten Passage. Dort wird die Werbung für

Pflegemittel - „(Ferner empfehle ich Lederglanz, Lederappretur, Momentlederschwärze,

fertig gezogenen Pech usw.)“ - aufgenommen als thematisches Pendant zu

„(Leistungsfähige Bezugsquelle für Tran, weil direkt aus der Transiederei

bezogen.)“1261 im dritten Teil des Tran-Textes.

„Tran“ wird hier aufgerufen als Rohstoff zur Herstellung für Schmierstoffe oder

Reinigungsprodukte bzw. als Basis für die Erzeugung pharmazeutischer Mittel

genannt. Eine Anweisung zu dessen Anwendung gibt Schwitters dann in der letzten

Textpassage: „(Man nimmt einen weichen Lappen über den Finger, fährt damit sanft

über der Oberfläche der Creme herum. Hat sich etwas angehängt, so trage man dieses

Wenige in dünnster Schichte auf.)“, womit er jeweils die Antworten auf Schaer und

Wiesenwald thematisch verknüpft.1262

Diesen vier Journalisten erteilt Schwitters einen „Generalpardon an meine

hannoverschen Kritiker in Merzstil“, indem er durch den Wechsel der verschiedenen

Sprachstile, also „Gegensätze durch Wertung innerhalb eines Kunstwerks“ zum

Ausgleich bringt.1263 Analog zu seinem bildkünstlerischen Werk ‚wertet’ er „alle[]

erdenklichen Materialien für künstlerische Zwecke [durch] prinzipiell gleiche Wertung“

gegeneinander und setzt die abwertende Sprachhaltung der Kunstkritik gegen seine

1258 Vgl. Wolf, W. 1999, S. 34. 1259 Vgl. Monika Schmitz-Emans: Die Darstellung von Musik im Spannungsfeld bildkünstlerischer und poetischer Formen. Zu Poesie und Poetik der Partitur. In: Schmidt, Wolf Gerhard; Valk, Thorsten (Hgg.): Literatur intermedial. Paradigmenbildung zwischen 1918 und 1968 (= Spectrum Literaturwissenschaft 19). Berlin u. a. 2009, S. 265–294, S. 288. 1260 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52. 1261 Alle Zitate: Ebd., S. 53 . 1262 Ebd., S. 55. 1263 Schwitters 2005/1923 – Banalitäten 3.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

279

umwertende Gegenrede und die aufwertende Sprachhaltung der Werbung, mithin den

allgemeinen gegen den literarischen Sprachgebrauch, womit er eine literarische

Textkomposition erzielt.1264 Durch den Ausweis seiner Antikritik als generelle Amnestie

demonstriert Schwitters seine Souveränität gegenüber seinen Kritikern. Das Verhältnis

zwischen Kunst und Kritik gewinnt damit eine richterliche Dimension, wenn er seinen

Kritikern einen „Generalpardon“ öffentlich ausspricht. In Anlehnung an die antikritische

Praxis der Sturm-Theoretiker fasst er die Bezeichnung Kunstrichter wörtlich auf und

verkehrt den Status der Urteilenden in den der Beurteilten, die aber dann von ihm

amnestiert werden.1265 Wiederum wertet Schwitters die bestehende Ordnung zu

künstlerischen Zwecken um. Den vier Hannoverschen Kritikern wird er mit keinem

weiteren Tran-Text antworten, da er hier bereits deren antikritische Begnadigung

ausspricht.

Erweiterung

Den Titel der tran-ähnlichen Schrift „Erweiterung“, die Schwitters drei Monate nach

„Tran Nummer 7“ ebenfalls in der Zeitschrift „Der Sturm“ veröffentlichte, wählt er

angeregt durch Franz Servaes, an den der antikritische Text adressiert ist, und in

Anlehnung an Arthur Schopenhauers ersten Kunstgriff „Die Erweiterung“. In „Eristische

Dialektik oder die Kunst Recht zu behalten“ hat Schopenhauer in 38 Kunstgriffen

rhetorische Strategien dargelegt, in einem Streit so zu disputieren, dass der Gegner

immer in der unterlegenen Position erscheint.1266 Schwitters greift Servaes’ in der

Rezension zur 85. Sturm-Ausstellung erwähnten Vergleich zwischen Schopenhauers

Gedanken über die Polygamie und dem Expressionismus bezüglich der Notwendigkeit

ihrer beider Reglementierung1267 auf und verknüpft sie im Merzstil mit der Empfehlung

des Philosophen, der Kritiker solle die

„Behauptung des Gegners über ihre natürliche Grenze hinausführen, sie möglichst allgemein deuten, in möglichst weitem Sinne nehmen und sie übertreiben; seine eigne dagegen in möglichst eingeschränktem Sinne, in möglichst enge Grenzen zusammenziehn: weil je allgemeiner eine Behauptung

1264 Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. Die Verfremdungseffekte unterschiedlicher Sprachhaltungen (Archaismen, Sozio- und Idiolekte) im Kontrast zu einem Stil der natürlichen Sprache wurden auch in der Literatur des frühen Russischen Formalismus erforscht und v. a. als spontane mündliche Rede eines bestimmten Erzählers analysiert. Dabei stand der neuartige und andersartige Charakter des verfremdeten Materials im Zentrum des Interesses, vgl. Hansen-Löve 1978, S. 288. 1265 Vgl. Herwarth Walden: Kenner. In: Der Sturm 8. Jg., H. 8 (1917), S. 114–120, S. 114. 1266 Vgl. Arthur Schopenhauer: Die Kunst, Recht zu behalten, URL: http://gutenberg.spiegel.de/buch/4994/1 bis http://gutenberg.spiegel.de/buch/4994/40. 1267 „Was Schopenhauer von der Polygamie sagt, gilt ebenso auch vom Expressionismus. Nämlich, daß darüber nicht zu streiten ist, daß er vielmehr als eine überall bestehende Tatsache zu behandeln sei, deren Regulierung uns obliegt.“, Servaes 1920.04.27.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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wird, desto mehreren Angriffen sie bloß steht. Das Gegenmittel ist die genaue Aufstellung des puncti oder status controversiae.“1268

Nach der Zitatmontage der ihn betreffenden Passage aus Servaes’ Kritik beginnt

Schwitters mit der Nacherzählung eines „Interwju[s]“1269 mit dem Kunstkritiker, dem er

zufällig in den Ausstellungsräumen des „Sturm“ begegnet ist. In Servaes’ Bericht ist

Schwitters als „einer der ärgsten Schuster“ bezeichnet worden, und als solcher stellt

sich der Merzkünstler dem Kritiker vor.1270 Darauf folgt eine groteske Schilderung des

Gespräches, im Zuge dessen sich das kommunikative Unvermögen des Kritikers

offenbart. In dieses Interview integriert Schwitters wiederum zahlreiche heterogene

Sequenzen von unterschiedlicher semantischer Qualität. Der montierte Werbespruch

für „[d]ie geniale Erfindung, langersehnter Wunsch der Damen. Franz Müllers

Korsetterweiterer ‚Einfalt’. Weltneuheit!“1271 zu Beginn des „Interwjus“ hat zunächst die

Funktion, den „status controversiae“ aufzustellen. Das Motiv des Korsetts bzw. des

Korsetterweiterers als Beispiel resp. Gegenbeispiel zur eng gefassten Kunstauffassung

von Servaes ist parenthetisch mit weiteren Einschüben eingebettet in eine narrative

Textstruktur. Durch dessen Korrelation mit Annoncefragmenten für Miederwaren wird

es assoziativ weiterentwickelt und dominiert so den gesamten weiteren Textverlauf:

„(Franz Müllers Erweiterer ‚Einfalt’ wiegt nicht mehr als die durch sein Anbringen entbehrlich gewordenen Fischbeinstangen und ist genau so biegsam und schmiegsam.) [...] (Hautana Lendenschutz, direkt unter der Haut zu tragen.) [...] (endlich ist es gelungen, den Wunsch der Damen zu erfüllen und dieselben von den bisher durch das eingeschnürte Korsett entstandenen Beschwerden und Qualen zu erlösen) [...] (Es ist bekannt, daß Damen, um die Figur zu verschönen, ein Korsett tragen.) [...] (Bei Mahlzeiten, Spaziergängen, Tanzen, sowie durch Wärme wird das Korsett lästig und verursacht den Damen unerträgliche Beschwerden.) [...] (Die Trägerin des Korsetts würde sich in diesem Falle glücklich schätzen, wenn sie unauffällig das Korsett 3-4 cm im Umfange, auch mehr, erweitern könnte.) [...] (Diesem Übelstande ist mit einem Schlage durch Franz Müllers Korsetterweiterer ‚Einfalt’ abgeholfen. D. R. G. Müller.)“1272

Servaes hat in seiner Besprechung das Merzbild „Franz Müllers Drahtfrühling“ erwähnt,

dessen Titel Schwitters hier nun mit Schopenhauers Kunstgriff „Erweiterung“ zu dem

Motiv des Korsetterweiterers Franz Müllers „Einfalt“ verschränkt. Der Merzkünstler

setzt mit der Metapher des Korsetterweiterers nicht bei einer konkreten Behauptung

seines Gegners an, so wie es Schopenhauer empfohlen hat, sondern bei der 1268 Schopenhauer 1994-2007/1864, Kapitel 3. 1269 Schwitters 2005/1920 – Erweiterung, S. 59. 1270 Servaes 1920.04.27. Die Begebenheit ist als Anekdote in die Memoirenliteratur eingegangen. Den Erinnerungen Lothar Schreyers zufolge bemerkte Servaes lautstark über Schwitters während einer Veranstaltung in der Galerie „Der Sturm“, „Schuster sollte der Mann werden, aber kein Maler“, Schreyer 1966, S. 68. 1271 Schwitters 2005/1920 – Erweiterung, S. 59. 1272 Ebd., passim.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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gegnerischen kunstkritischen Position. Die einschränkenden Bedingungen bzw. den

„Übelstande“ bringt er in wörtlichem Sinne mit dem Bild des Korsetts auf den Begriff

und assoziiert damit die Behinderung der künstlerischen Kreativität durch die

unzeitgemäße Anschauung des Kunstkritikers. Das rhetorische Verfahren der

„Erweiterung“ des entgegengesetzten Standpunktes in Gestalt des „Korsetterweiterers

‚Einfalt’“ fungiert demnach als ästhetisch-poetologische Zusammenführung zweier

gegensätzlicher Positionen.

Der intratextuelle Verweis auf Franz Müller gilt dem Fragment gebliebenen Roman

„Franz Müllers Drahtfrühling“, dessen Protagonist ebenso wie Anna Blume eine

Kunstfigur des Merzkonzeptes ist. Dient die Nennung weiterer Merzwerke in den Tran-

Texten im Allgemeinen zur Fortentwicklung des Beziehungsgeflechtes innerhalb von

Merz, so ruft Schwitters hier im Besonderen einen fiktiven Revolutionär in Erinnerung,

der durch einen banalen Sachverhalt die große glorreiche Revolution in Revon

herbeigeführt hat.1273 Im Kontext der Antikritik „Erweiterung“ und durch den im Text

allgegenwärtigen Werbeduktus legt es Schwitters dem Leser nahe, Franz Müller mit

dem Merzkünstler und „Franz Müllers Erweiterer ‚Einfalt’“ mit Merz im Sinne einer

künstlerischen Revolution und Befreiung von traditionellen Fesseln zu identifizieren.

Aus diesem Grund nennt Schwitters das neue Produkt Franz Müllers auch ganz gezielt

„Korsetterweiterer ‚Einfalt’“, reflektiert er doch mit diesem neugeschaffenen

Produktnamen die kognitive Einfältigkeit und den Starrsinn des Kritikers, Eigenschaften

also, die er seinen Kritikern oftmals zuschrieb. Der Herstellername und die

Produktbezeichnung bilden einen Widerspruch in sich. Diese rhetorische Figur nutzt

Schwitters, um das Missverhältnis zwischen Kunst und Kritik nochmals sinnfällig zu

machen. Denn die zeitgemäße, auf Offenheit ausgerichtete Kunst und die etablierte,

starr an der Tradition festhaltende, in eng gesteckten Grenzen denkende Kritik sind

zwei bipolare Bereiche. Dem Kritiker gegenüber wiederum bezeichnet sich der

1273 Die Erzählung handelt von den „Ursachen und [dem] Beginn der großen glorreichen Revolution in Revon“, die durch einen Mann ausgelöst wird, weil er an einem öffentlichen Platz steht und den Grund für sein Stehen der sich allmählich um ihn gruppierenden Menge nicht kommuniziert. Ob der Verweigerung, die Bewandtnis seines Verharrens zu rechtfertigen, gerät die Menschenmenge in Aufregung, die sich zum Tumult steigert. Im Verlauf der Erzählung tritt auch Anna Blume in Erscheinung und erkennt als einzige, dass es sich bei dem Mann um Franz Müller handelt, der einer Merzplastik ähnelt. In dieser Menge befindet sich ein Kunstkritiker, Herr Dr. Feuerhake nebst Gemahlin, der sich der Klärung des Vorfalles annimmt, den Grund für das Dastehen des Mannes aber nicht in Erfahrung bringen kann. Auch er nimmt als bekannter Kritiker und Leiter der Zeitung von Revon den Dastehenden, angestachelt durch Alves Bäsenstiel, nur als Aufrührer wahr und alarmiert die Polizei. Aus dem Nichterkennen der ästhetischen Dimension des Dastehenden seitens des Kritikers entwickelt Schwitters durch das insistierende Fragen nach der Motivation des dastehenden Mannes eine satirische Darstellung. Dieser Sachverhalt reiht den Text nach Ralph Homayr ein in die Gruppe der antikritischen Schriften von Schwitters, vgl. Kurt Schwitters: Franz Müllers Drahtfrühling. Erstes Kapitel. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 29–38 und Homayr 1991, S. 72-74. Zur antikritischen Lesart des Textes, vgl. auch Philipp 1980, S. 282-292.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Merzkünstler als „Freund der beweglichen Front“ und kommt Servaes im Verlauf des

Gespräches entgegen, indem er ihm erklärt, mit welchen Mitteln er arbeitet.1274

Am Ende des Textes „Erweiterung“ verknüpft er den Eigennamen „Einfalt“ mit dem

Bibelzitat aus Matth. 7, 3 zu einem Wortspiel:

„Verzeihen Sie mir, daß ich ein wenig einfallend geworden bin. Ich habe nämlich die Augeneinfältigkeit, die Splitter im Auge des anderen aus Prinzip stets gern zu sehen, meine eigenen Balken aber sehe ich niemals. Dadurch unterscheide ich mir von Sie und mich von Ihnen. Außerdem wünsche ich Ihnen weiter angenehme Bettruhe. (Diesem Übelstande ist mit einem Schlage durch Franz Müller Korsetterweiterer ‚Einfalt’ abgeholfen. D. R. G. Müller.)“1275

Wenn Schwitters den biblischen Tadel auf sich selbst bezieht, stellt er sich nach Matth.

7, 5 als „Splitterrichter“, als ein kleinlicher Tadler dar, der kleine Fehler bei anderen

sieht und anmahnt, seine großen Schwächen hingegen nicht wahrnimmt. Mit dem

Eingeständnis des Defizits signalisiert er aber zugleich die Selbsterkenntnis als

Prämisse für das Verständnis anderer. Wenn Schwitters daher im Gegenzug die

Unterschiede zwischen Servaes und ihm betont, kehrt er die Fehlermetapher um und

spricht dem Kunstkritiker damit die Befähigung zur Selbsterkenntnis ab. Die implizit

mitformulierte Stilisierung Servaes’ zum „Balkenrichter“ wird gleichzeitig durch

Vertauschen von Dativ und Akkusativ ironisch gebrochen.1276

Weiteres umgewertetes Wortmaterial entnimmt Schwitters nicht nur dem

Feuilletonartikel, sondern auch dem Namen der Zeitung, für die Servaes schrieb. Der

semantisch verfremdete Satz -

„‚Jawohl, der Lokalschuster, der im Berliner Lokalanzeiger vom 27.4. sein Lokalmaul aufreißt (die falschen Zähne erfrage man an Ort und Stelle. Sperrsitz) […].’ (Im lokalen Maul nämlich.) Die lokalen Zähne (Lokalzähne, Sperrsitz) bilden einen gewißen Lokalsperrsitz, nämlich, und zwar falsche Zähne, Sperrzähne natürlich, (Damen- und Herrenfriseur.) Hier werden Künstler frisiert, hier werden Künstler mit Lokalzahnersatz durchgekaut.“1277

- setzt sich, vergleichbar mit der Titelwahl für die Antikritik „Berliner BörsenKukukunst“

gegen Curt Glaser, aus Wortkreuzungen zusammen. Schwitters operiert mit dem

mehrmaligen Einsatz des Gleichklanges der beiden Silben „lo“ und „kal“ und dessen

rhythmischer Spannung von Hebung und Senkung. Nach dem Setzkastenprinzip

1274 Schwitters 2005/1920 – Erweiterung, S. 60. 1275 Ebd., S. 61. 1276 Der Ausdruck geht auf Martin Luther zurück und bezeichnet den Gegensatz zu Splitterrichter, vgl. Philipp Dietz: Wörterbuch zu Dr. Martin Luthers Deutschen Schriften. 2 Bde. Bd. 1: A-Hals. Leipzig 1870, S. 204. 1277 Schwitters 2005/1920 – Erweiterung, S. 59-60.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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verfährt er mit dem vorgefundenen Wortmaterial und spielt verschiedene

Kombinationsmöglichkeiten und unterschiedliche Klangvariationen durch.

Um den Text motivisch und phonetisch zusätzlich anzureichern, nimmt Schwitters die

Wurzelmetapher aus dem Text „Nichts tötet schneller als die Lächerlichkeit“ von Felix

Neumann wieder auf, und entwickelt sie spielerisch weiter:

„An dieser Stelle bäumte sich der Gaul, die Gaul, das Gaul. Da liegt nun der Baum, die Baum, das Baum. Der Baum ist wurzelkrank, ästekrank, blätterkrank. Der Sturm hat ihn angeweht, schiefgeweht, umgeweht. [...] Wie trostlos ist der Anblick eines umgeworfenen Baumes, dem der Schlachter die Zweige abgebissen hat.“1278

Mit der Erprobung der Genusbestimmung innerhalb zweier Nominalreihen bzw. der

Kombination verschiedener Präfixe mit gleichen Suffixen hinterfragt er das sprachliche

Material hinsichtlich seiner grammatikalischen und lexikalischen Festlegungen und

verletzt die Konventionen des allgemeinen Sprachgebrauchs. Das Verfahren der

Präfigierung bzw. der Suffigierung war eine im Russischen Futurismus beschriebene

Methode zur Bildung von Neologismen, mit denen neuartige Gegenstände und

Zusammenhänge benannt wurden.1279 Schwitters überführt mittels Sprachspiel und mit

parodistischer Intention die verstandesmäßige grammatikalische Logik des Hypotextes

in eine künstlerische Eigendynamik. Aus der Wortwiederholung bzw. der Wortvariation

ergibt sich aufgrund der gleich bleibenden Silbenanzahl und des Gleichklanges der

Endsilben eine rhythmische, phonetisch, also formal bestimmte Reihe.

Mit der eingangs zitierten Kritik Servaes’ erschließt Schwitters nicht nur den Kontext

und seine weitere Vorgehensweise für den Leser, sondern weist seinem Text abermals

den Status einer antikritischen Ableitung von einem kunstkritischen Ausgangstext zu.

Das als solches gekennzeichnete Zitat hat einen paratextuellen Status, da es der

Antikritik durch Absätze abgetrennt voransteht. Zusammen mit dem Titel legt

Schwitters damit klar und deutlich die Methode der Textproduktion dar, wie er auch

seinen karikaturistischen Vorsatz verrät.1280 Durch die Kontamination von Werbetexten,

eigenen Merztexten sowie durch die Anwendung der „eristischen Dialektik“, die er von

Schopenhauer in seiner kunstkritischen Vorbildfunktion für Servaes ableitet, weidet und

weitet er den Hypotext parodierend aus und korrigiert diesen im Merzstil. Mithin handelt

es sich um eine Transstilisierung qualitativer wie auch quantitativer Art, da der

1278 Ebd., S. 60-61. 1279 Vgl. Hansen-Löve 1978, S. 124. Referenzpunkt bei diesem Verfahren ist das Wahrnehmungsprinzip, wonach bei der Wiederholung des Gleichen das Augenmerk auf die Variablen gelegt wird. Dadurch wird der Ausgangspunkt der Variationen aktualisiert. 1280 Vgl. Genette 1993, S. 118.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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ursprüngliche Text und dessen „status controversiae“ formal wie auch inhaltlich

erweitert werden.1281

In „Erweiterung“ erwähnt Schwitters zweimal Otto Nebel und nimmt damit Bezug auf

dessen Antikritik gegen Servaes, die einen Monat vor Schwitters’ Text in der Zeitschrift

„Der Sturm“ zur Unterstützung Schwitters’ erschienen war.1282

Tran Nummer 11 Deutsche Volkskritik, die Kritik des Wiederaufbaus

In der Chronologie der antikritischen Schriften ist „Tran Nummer 11. Deutsche

Volkskritik, die Kritik des Wiederaufbaus“ gegen Max Strese die erste der bisher

untersuchten, für die eine durch signifikante Textmarkierungen bearbeitete

kunstkritische Vorlage überliefert ist. Schwitters verwahrte die Besprechung Streses

zur Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ in Darmstadt im Sommer 1920 in der

„Kladde 8uur“.

Fast alle hierin markierten Wörter wurden in den Tran-Text aufgenommen. Im

Vergleich der Markierungen in der Vorlage mit dem antikritischen Resultat zeigt sich,

dass sich Schwitters etwa die Hälfte des Wortmaterials aus der eineinhalbspaltigen

Kritik aneignet. Seine textlichen Hervorhebungen bestehen aus Unter- und

Durchstreichungen einzelner Wörter bzw. Textpassagen, die er, z. T. als Zitat

gekennzeichnet, in seine Antikritik integriert. Unterstrichen sind v. a. mehrdeutige bzw.

bildhafte Aussagen wie etwa „Der erste Eindruck ist naturgemäß ein sinnverwirrender“

oder „daß die Zeit der Gärung vorübergeht und den gewaltsamen oder aus innerem

Drang herbeigeführten Zertrümmern bisheriger Kunstbegriffe und Anschauungen sich

langsam ein Weg und Ziel zum Wiederaufbau herauskristallisiert.“ Weiter finden sich

markierte Passagen oder Wörter, die Fortschritt und Bewegung implizieren, bspw.

„Wiederaufbau“, „daß die expressionistische Bewegung in absehbarer Zeit, wieder in

gesunde Bahnen überläuft“ - die Wörter dieser Passage sind sowohl unter- als auch

durchgestrichen - oder „Über diese Anfänge sind wir Gott sei Dank hinaus. Die

Mehrzahl der Künstler geht ihren Weg zielbewußt vorwärts und kommt zu einer

erfreulich gesunden Entwicklung“. Der Abschnitt, in dem die Merzkunst besprochen

wird, ist durch Unterstreichen, einem dicken vertikalen Randstrich sowie durch den

Vermerk „b2“ besonders hervorgehoben. Diesen Passus übernimmt Schwitters

1281 Transstilisierung ist eine hypertextuelle Technik, deren Funktion es ist, einen Stil in einen anderen zu transponieren, vgl. ebd., S. 309. Während die quantitative Transformation eher auf die formale Ebene bezogen wird, wirkt sich die qualitative Transformation auf der thematischen Ebene aus, vgl. ebd. S. 313-314. Gleichwohl zieht ein erweiterter Textumfang auch eine Veränderung der inhaltlichen Anlage nach sich. 1282 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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abgesehen von der Aufzählung einzelner Werkkomponenten in Gänze. Daneben ist in

„Tran Nummer 11“ zu einem geringen Teil Wortmaterial aus der bearbeiteten Vorlage

enthalten, das gar nicht markiert ist.1283

Den narrativ angelegten Text „Tran Nummer 11“ teilt Schwitters in sieben

Verlaufsphasen: 1. Einschätzung des Kritikers und Vorstellung des

Erscheinungskontextes der Kritik; 2. Schilderung, wie der Kritiker sich in der

Ausstellung verhält; 3. erste Klimax durch Wortspiel; 4. zweite Klimax durch

spielerische Weiterentwicklung einer kunstkritischen Aussage; 5. Schilderung, was der

Kritiker über die Avantgarde- und Merzkunst denkt; 6. Perspektivwechsel, der Kritiker

spricht in der Ichform; 7. Schwitters wendet sich direkt an Strese.

Das angeeignete Material verteilt Schwitters, die Häufung der Fremdmaterialien in der

zweiten und fünften Verlaufsphase ausnehmend, gleichmäßig über den Gesamttext

und fügt zwischen die einzelnen Fremdtextpassagen weiteres vorgeformtes Material

u. a. in Gestalt eines Hymnentitels - „Heil dir im Siegerkranz“1284 - oder eines

abgeänderten Bibelverses (Lk 18, 11) - „Ich danke dir Gott, daß ich nicht so bin, wie

diese Sünder und Zöllner, Ehebrecher, Sturmkünstler, Expressionisten und

Merzmaler“, den Schwitters dem Abdruck der ihn betreffenden Passage aus Streses

Kritik folgen lässt.1285 In beiden Fällen fungieren die intertextuellen Referenzen als

Metatexte. Die Nennung der populären preußischen Volkshymne verweist mit ihrem

patriotischen Hintergrund auf Streses Gesinnung, der in seiner Kritik auf die

Herausbildung eines „typische[n] deutsche[n] Charakter[s]“ in der expressionistischen

Kunst aufmerksam gemacht hat. Mit dem Aufrufen des Bibelzitates weist Schwitters

den Kritiker als Heuchler aus, der Klischees bedient, um die figurative Kunst

aufzuwerten und im Gegenzug Merz als extreme Kunstform abzuwerten. Im Kontext

des biblischen Verses erinnert Schwitters an Streses Stellungnahme, der

Expressionismus sei ihm eine „ureigentlich wesensfremde“ Kunst und entlarvt damit

das vorgeblich gerechte Urteil als kunstkritische Voreingenommenheit.1286

Wiederum weist Schwitters die gegnerischen Argumente durch Umwertung zurück,

indem er bspw. die Adjektivierung ‚sinnverwirrt’ auf den „Wiederaufbaukritiker“ bezieht

1283 Alle Zitate: Strese 1920.06.20, lose in Schwitters – Kladde „8uur“ und zu den Markierungen, vgl. Kocher/Schulz 2014, S. 633-635. 1284 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11, S. 62. „Tran Nummer 11“ wurde erstmals im August 1920 in der Zeitschrift „Der Sturm“ veröffentlicht. 1285 Ebd., S. 63. 1286 Beide Zitate: Strese 1920.06.20 und Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11, S. 62 und 63.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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und gegen dessen Behauptung, Schwitters betreibe lediglich „Auslese aus dem

Kehrichthaufen“ ‚wertet’.1287

Bereits im Titel „Tran Nummer 11. Deutsche Volkskritik, die Kritik des Wiederaufbaus“

zitiert Schwitters ein sprachliches Versatzstück, das im Vor-Text mehrfach genannt

worden ist. Das in Streses Text zweimal wiederholte Wort „Wiederaufbau“ setzt

Schwitters textbeherrschend ein. Er rückt es als Teil des Titels an den Anfang des

Textes und beendet diesen mit dem Wort „Wiederaufbaupartei“, wodurch er eine

leitmotivische Klammer setzt und den Text als formal geschlossene Einheit ausweist.

Darüber hinaus nutzt er das Wort in der dritten Verlaufsphase des Textes für eine

ironische Pointe mittels rhetorischer Figur. Die darin übertrieben angelegte, groteske

Imagination, dass die Bilder zum Kritiker sprächen, zielt auf die Orientierung Streses

an der Einfühlungsästhetik. Das Übertreiben einer kunstkritischen Auffassung ins

Extreme und Imaginative könnte durch die Darstellungsweise in den Rezensionen des

Hannoverschen Kritikers Silvanus motiviert sein.1288

„Also: Herrn Streeses Sinne sind verwirrt. Gleichsam Hallucinationen. Reden etwa die Bilder? ‚Raufediewaub.’ Herr Streese faßt sich an den Kopf. Es ist ihm, als ob die Bilder fortwährend das Wort ‚Raufediewaub’ riefen. Was ist das für ein entsetzliches Wort? Das ist wahrscheinlich Gärung. So ähnlich wie Revolution. Sogar die Waub rauft. Herrn Streese sprühen Funken vor den Ohren. Soll das etwa ‚Weib’ heißen. Da werden Waube zu Hyänen? Richtig, die Waube sind mit dem Worte ‚Waub’ gemeint. Es ist ja bekannt, alle Künstler haben einen weiblichen Einschlag. Und treiben mit Entsetzen Spott, diese entsetzlichen Spötter! Herr Streese besinnt sich. Vielleicht kommt man mit Ruhe und Überlegung doch hinter den Sinn dieses Expressionismus. Und nun beschaut er die Gärung eingehend. Raufediewaub, das ist ja Wiederaufbau, weiter nichts als Wiederaufbau.“1289

Schwitters isoliert das Wort „Wiederaufbau“ aus dem ursprünglichen Zusammenhang

und macht daraus ein anagrammatisches, klangmalerisches Wortspiel, indem er es

komplett zerschneidet und zu „Raufediewaub“ neu zusammensetzt. Das Spiel mit dem

Material findet auf einer elementareren Ebene als in den vorangegangenen Tran-

Texten statt, denn Schwitters arbeitet mit Buchstaben. Das Wort wird dabei zum reinen

„Laut-Ding“, wie es sich auch als Theorem in der Zvuk-zaum-Dichtung und in der

formalistischen Lauttheorie finden lässt. Aleksej Kručenych definierte die „phonetische

Seite des zaum’-Wortes [als] eine selbständige, immer ungewöhnliche

1287 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11, S. 63. 1288 S.w.o. Kap. 1.2.5. 1289 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11, S. 62. Der Kommentar - „Es ist ja bekannt, alle Künstler haben einen weiblichen Einschlag“ - ist möglicherweise ein Reflex auf die von Lothar Brieger in einem Bericht über die 76. Sturm-Ausstellung konstatierte Verweiblichung der Avantgardekünstler, vgl. Brieger 1919.07.09.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Lautkombination […]. Aufgabe der zaum’-Sprache ist es, immerzu eine für die

gegebene Sprache ungewöhnliche, neue Lautreihe anzubieten“, wobei die

semantische Dimension des Wortes aufgehoben werde.1290 Ästhetisch geadelt zielt die

auf Laute reduzierte Dichtung vorsätzlich parodistisch auf die Instrumentierung

konventioneller Lyrik. In der poetischen Sprache wird das Wortmaterial um einer

neuartigen Wahrnehmung und der Evokation von Gefühlen willen phonetisch

verfremdet, während in der Alltagssprache die klangliche Qualität von Wörtern

unbewusst bleibt.1291

In „Tran Nummer 11“ finden sich partiell musikalische Form- und Strukturparallelen in

Gestalt kompositorischer Techniken wie Umstellung der Elemente oder

Wortkreuzungen, Lautkombination, Lautkettenbildung v. a. aber durch Wiederholung

abstrahierten Lautmaterials ohne Referenzen an die natürliche Sprache. Aufgrund

seiner lautmalerischen Qualität sowie seiner Selbstbezüglichkeit fällt das Anagramm

als Figur in den Bereich der „Wortmusik“. Es ahmt die klangliche Seite der Musik nach

und wird wie diese aus einem begrenzten Ausgangsmaterial zu einer neuen und

abweichenden Sinneinheit generiert.1292 Schwitters erprobt somit die Anwendung

musikalischer Techniken im Medium der Literatur, womit eine verdeckte Intermedialität

zwischen Musik und Literatur vorliegt. Das Anagramm „Raufediewaub“ ist syntaktisch

in die Textsequenz integriert, hebt sich aber aufgrund der ungewohnten

Lautkombination von den anderen Satzelementen ab und bildet einen eigenen

Klangraum aus. Deshalb und wegen des gehäuften Einsatzes der rhythmischen Figur

innerhalb eines kurzen Textabschnittes markiert die Passage den formalen

Spannungshöhepunkt des antikritischen Prosatextes.

Der wiederholte Einsatz der rhythmisch in sich geschlossenen Figur schafft zahlreiche

Haltepunkte innerhalb des Textflusses.1293 Zudem dient das Anagramm in der zitierten

Passage der inhaltlichen wie auch formalen Gestaltung der erzählerischen Pointe.

Mittels Anagrammierung von „Wiederaufbau“ zu „Raufediewaub“ deformiert Schwitters

in satirischer Absicht einen Schlüsselbegriff von Streses Vorstellung hinsichtlich der

weiteren Kunstentwicklung. Der Begriff „Wiederaufbau“ stand in Streses Auffassung

stellvertretend für die Rückkehr zum Gegenständlichen in der Kunst auf der Basis des

klassischen Organismusgedankens. Schwitters ging von diametral entgegengesetzten 1290 Beide Zitate: Aleksej E. Kručenych: Fonetika teatra. Moskau 1923, S. 42, zit. nach Hansen-Löve 1978, S. 102. 1291 Vgl. Hansen-Löve 1978, S. 102 und 108-109. 1292 Vgl. Hans Emons: Sprache als Musik. Berlin 2011, S. 56. Mit dieser Art der Verarbeitung des in der Kunstkritik Streses gefundenen Materials realisiert Schwitters ein Verfahren, wie es ebenso bei der Komposition mit musikalischen Motiven zum Einsatz kommt, vgl. hierzu Kunzelmann 2014. 1293 Vgl. Oskar Walzel: Leitmotive in Dichtungen (1917). In: Ders. (Hg.): Das Wortkunstwerk. Mittel seiner Erforschung. Leipzig 1926 (Nachdr. Darmstadt 1973), S. 152–181, S. 159.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

288

Voraussetzungen aus. „Jede folgende Entwicklung kann nur aufbauen auf dem Grunde

der Abstraktion“, so der Merzkünstler.1294 Die „Zeit der Gärung“, in der die Künstler mit

antirealistischen, abstrakten Darstellungsweisen experimentierten, hatte Strese negativ

ausgelegt, weil sie für ihn widernatürlich und daher krankhaft war. Schwitters hingegen

nahm den Aufbruch als Befreiung wahr und als Chance, aus den Trümmern „bisheriger

Kunstbegriffe und Anschauungen“1295 etwas „Neues zu bauen.“1296

Durch die Wortparodie und die semantische Entleerung zielt Schwitters somit

antikritisch auf die gehaltsästhetische Auffassung Streses ab und entformelt sie. Das

Fundwort „Wiederaufbau“ abstrahiert er und überschreitet somit zunächst die Grenze

der Sprachlichkeit hin zur Klangmalerei. Durch die Abstraktion wird auch die

rhythmische Organisation des lexikalischen Wortes „Wiederaufbau“ verändert. Sie

wechselt von einer trochäischen Formation mit zurückdrängender Klangwirkung zu

einem jambischen und somit vorwärtsdrängenden Rhythmus in der Lautkonstellation

„Raufediewaub“. Mit dieser rhythmisch formalen Manipulation gibt Schwitters einen

Rückverweis auf seine Einstellung zur Kunst und signalisiert einen kausalen

Zusammenhang zwischen der Richtung des Wortrhythmus von „Raufediewaub“ und

der Zielrichtung der Kunstentwicklung. Über die formale Umgestaltung und die

Richtungsgegensätze in den beiden rhythmischen Formationen lässt sich somit auch

Inhaltliches erschließen. Denn mit dem Rhythmus des lexikalischen Wortes verweist

Schwitters auf eine rückwärtsgewandte Entwicklung, auf etwas Zurückliegendes - im

übertragenen Sinne auf das Abbildungs- und Beschreibungsprinzip in der Kunst und

Literatur. Das rhythmische Gepräge des von „Wiederaufbau“ abstrahierten Wortes

hingegen zielt auf eine Vorwärtsbewegung und demnach auf eine zukunftsorientierte

künstlerische Entwicklung in Richtung Abstraktion als einzig denkbare und letzte

logische Entwicklungsstufe in der Kunst.1297 „Raufediewaub“ ist mit seiner

rhythmischen Bewegungsrichtung also ein klares Statement für die abstrakte Kunst.

Die Entsemantisierung des lexikalischen Wortes nimmt Schwitters jedoch am Schluss

der Passage zurück, indem er seine Vorgehensweise selbst entblößt. Denn, wenn er

„Wiederaufbau“ mit „Raufediewaub“ gleichsetzt, macht er das Verfahren der

Permutation evident.

Nebenbei verwendet Schwitters einen Teil des Anagramms, um ein Zitat aus Friedrich

Schillers Gedicht „Das Lied von der Glocke“ phonetisch zu verwerten. Die Verse „Da

1294 Schwitters 2005/1931 – Ich und meine Ziele, S. 341. 1295 Strese 1920.06.20. 1296 Schwitters 2005/1930 – Kurt Schwitters Hannover, S. 335. 1297 Vgl. Schwitters 2005/1931 – Ich und meine Ziele, S. 341.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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werden Weiber zu Hyänen / Und treiben mit Entsetzen Scherz“1298, die bei Schiller auf

die Wirren der Französischen Revolution bezogen sind, werden hier mit Streses

Verständnis der künstlerischen Revolution verschränkt und rekurrieren auf die

Analogisierung der Umwälzung staatlicher Ordnung mit dem „gewaltsamen [...]

Zertrümmern bisheriger Kunstbegriffe und Anschauungen“.1299 Schwitters repliziert die

diesem Gedanken inhärente Behauptung gleichsam, die Abstraktion in der Kunst sei

nicht eine innere Notwendigkeit der Kunstentwicklung, sondern gehe mit einer zeit- und

krisenbedingten Situation einher. Schwitters vermerzt einen Teil eines kanonisierten

Gedichtes sowie einen zum geflügelten Wort gewordenen Vers, den er der

zeitgenössischen Kritik als Sprachmaterial entnommen haben könnte.1300 In diesem

Falle wiederum aktualisiert er das konventionalisierte Diktum, um durch dessen

Verfremdung die Quelle von Servaes’ Kunstanschauung zu entblößen. Wenn er das

Wort Scherz aus dem Schillerschen Vers durch Spott substituiert, so spielt er auf die

ihm unterstellte Absicht an, mit der hohen Kunst Spott zu treiben.1301 Dem Wort Weib

indes nimmt er durch die Wortkreuzung von Weib und Frau zu „Waub“ die pejorative

Konnotation.

Dem zweiten grotesken Höhepunkt eignet die in der Vorlage doppelt markierte

Passage als Ausgangspunkt für eine sich verselbständigende narrative Sequenz:

„Und nun erkennt Herr Streese, ‚daß die expressionistische Bewegung in absehbarer Zeit wieder in gesunde Bahnen überläuft’. Offenbar ist die expressionistische Bewegung ein Topf. Die vielen Mitläufer, die Herr Max Streese bereits ‚auszuschalten’ beginnt, offenbar hängen diese Mitläufer an einer elektrischen Leitung, diese Mitläufer haben ihn voll gemacht, den Topf nämlich, und nun läuft er über, und zwar in die sehr gesunden Bahnen des Wiederaufbaus, die neben dem Topf vorbeifahren. Hier scheint es sich um elektrische Materialförderbahnen zu handeln, die ähnlich wie die Mitläufer ausgeschaltet werden können (confer Brockhaus). Es scheint sehr wichtig zu sein, daß der Expressionismus in diese Bahnen überläuft. Expressionismus scheint etwa eine Schmierflüssigkeit zu sein, offenbar müssen die sehr gesunden Bahnen des Wiederaufbaus wieder mal geschmiert werden.“1302

Im Zusammenhang mit diesem Verfahren der freien „Fortspinnung“1303 eines Motivs

spricht Walzel von „einem Weiterfluten der Motive, das zu Verdichtungen und

1298 Friedrich Schiller: Das Lied von der Glocke, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 474848 (vgl. Schiller-SW Bd. 1, S. 440). 1299 Strese 1920.06.20. 1300 Vgl. Silvanus 1920.02.10. 1301 Vgl. z. B. Droop 1920.07.31 und Anonym 1920.08.19. 1302 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11, S. 62. 1303 Der Begriff Fortspinnung wurde von Wilhelm Fischer geprägt und umschreibt einen spezifischen Entwicklungsprozess eines musikalischen Themas oder Motivs, der v. a. in barocken Kompositionen realisiert wurde, vgl. Wilhelm Fischer: Zur Entwicklungsgeschichte des Wiener klassischen Stils. In: Studien zur Musikwissenschaft H. 3 (1915), S. 24–84.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Steigerungen drängt“, die Motive sammle und „zu wuchtigstem Ausdruck“ bringe.1304

Auf diese Weise erzielt der Merzkünstler mit der freien Fortführung des vorgegebenen

Materials eine Ausdrucksstärke, die dem Vor-Text nicht eigen ist. Nach

nietzscheanischer Lesart wiederum bemächtigt sich Schwitters der Vorlage mittels

dieser Fortschreibung und mit dem Willen zur Kunst analog zum Willen zur Macht „over

texts“, mithin über den kunstkritischen Text, und formt diesen durch literarische

Überschreibung um.1305 Dem „triatic process of limitation, sustitution, and

representation […] as governing dialectic of Post-Enlightment or Revisionst poetry“

folgend wendet er sich vom vorangegangenen Text ab und entledigt sich damit der

Fesseln der Tradition, deren Fortbestehen von dem Kunstkritiker so vehement

eingefordert wurde. Bezüglich dieser Dialektik wird die Literaturgeschichte als „concept

of happening“ begriffen, das Bewusstsein um den literarischen Einfluss und dessen

Verarbeitung wiederum als Ereignis.1306 Nachahmung und Ablehnung des

Vorangegangenen wechseln sich einander ab und gehen mit einem „misreading“ der

Hypotexte und einem „re-writing of the father“ als Akt der Revision einher.1307 So

gesehen überträgt Schwitters zeitgenössische, rezeptionsgeschichtliche Erkenntnisse,

dass bei Autoren „im Augenblick der Gestaltung ein bewußtes oder unbewußtes

Anknüpfen an ältere dichterische Arbeit anderer sich einstell[t] und zugleich der Wille,

sie zu überholen“ auf seine antikritische Tätigkeit.1308 Mithin macht sich Schwitters

fremdes, bildhaftes Sprachmaterial wie „Wiederaufbau“, „Mitläufer“ und „daß die

expressionistische Bewegung in absehbarer Zeit wieder in gesunde Bahnen überläuft“

zu eigen und transformiert die Anleihen durch Überschreibung, indem er die Streses

Text entlehnten Metaphern weiterentwickelt und in einen technisch-maschinellen

Kontext stellt. Die Implikationen für Fortschritt und Bewegung in dem kunstkritischen

Vokabular nutzt er dabei für die Metaphorisierung der künstlerischen Entwicklung zu

einer rationellen Angelegenheit.

Tran Nummer 13 Das Privatscheuertuch (Beiträge zur Phänomenologie des kritischen Genusses)

Ebenfalls zur Darmstädter Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ hat Schwitters -

wie er im Text bemerkt - eine Rezension von Gustav F. Hartlaub in der „Frankfurter

Zeitung“ vom 15. Juli 1920 gefunden, die er mit „Tran Nummer 13. Das

1304 Beide Zitate: Walzel 1957/1929, S. 362. 1305 Harald Bloom: Kabbalah and Criticism. New York 1975, S. 100. 1306 Beide Zitate: Ebd., S. 61 und 63. Unter Einfluss versteht Bloom „a composite trope for poetic tradition, indeed for poetry itself“, ebd., S. 114. 1307 Beide Zitate: Ebd., S. 63 und 111 sowie Harald Bloom: A Map of Misreading. New York 1975, S. 19. 1308 Walzel 1957/1929, S. 50.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Privatscheuertuch (Beiträge zur Phänomenologie des kritischen Genusses)“ erwidert.

Der in der Zeitschrift „Der Sturm“ im Oktober 1920 publizierte Text zeigt in puncto

antikritischer Antwortstrategie, Umsetzung künstlerischer Methoden und

Wortmaterialverarbeitung eine hohe Affinität zu „Tran Nummer 11“.

Im Titel von „Tran Nummer 13“ vermerzt Schwitters die mutmaßliche Quelle von

Hartlaubs Kunstanschauung. Schwitters seinerseits betreibt Quellensuche bezüglich

der kunstkritischen Wurzeln seiner Kritiker, so wie eben diese zum geringen Teil auch

Mutmaßungen über die künstlerischen Rekursnahmen des Merzkünstlers äußerten.

Schwitters entlehnt den Untertitel seiner Schrift der Abhandlung „Phänomenologie des

ästhetischen Genusses“ von Moritz Geiger und substituiert das Adjektiv ästhetisch

durch kritisch.1309 Mit dem Titelzitat verortet er Hartlaub somit als Exponent der

Gefühlsästhetik. Diesen Sachverhalt spiegelt Schwitters asymmetrisch und schreibt

einen Beitrag „zur Phänomenologie des kritischen Genusses“.1310

„‚Man taucht in sinnlich-übersinnliche Farbenstrudel, Gefühls- und Gedankenformen’, Sehen und Hören vergeht Herrn G. F. Hartlaub, es wird ihm ganz wässerig vor den Ohren. ‚Aber es ist erschreckend, wie sich dies Verlieren, dies gestaltlose Schwärmen, dies Gemisch von Theoretik, mystischer Schwelgerei rächt.’ Na endlich, aber warum tun Sie denn das, Herr G. F. Hartlaub? Ich bin auch ganz erschrocken über Ihr sich Verlieren, Ihr gestaltliches Schwärmen, dies Gemisch aus Theoretik und Schwelgerei in Ihrer Kritik. Nennen Sie so etwas ja einen ‚kosmischen Wirbel’, nicht wahr? (Wir müssen siegen!) Und Sie meinen ja, da? sich dabei ‚die Einheit der schöpferischen Persönlichkeit in fast krankhaftem Sinne aufzulösen droht’.“1311

Mittels Zitatmontage und anschließender Gegenkopplung fällt der Aussagegehalt der

Kritik Hartlaubs auf diesen selbst zurück. Motiviert durch die Sprachhaltung, die eine

kontemplative Betrachtungsweise verrät, realisiert Schwitters den eristischen

Kunstgriff, den Gegner mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen, indem er sich dessen

Wortwahl aneignet und die groteske Art zu kritisieren übertreibend vorführt. Damit

deckt er die Diskrepanz zwischen der kunstkritischen Forderung nach Versachlichung

bezüglich der Kunstentwicklung, d. h. zur Rückkehr zum Gegenständlichen, und der

gefühlsbetonten, manierierten Ausdrucksweise des Kunstkritikers auf.

Dass Hartlaub ein Exponent der Einfühlungsästhetik und damit Anhänger der

„Metaphysik des subjektiven Idealismus“1312 war, leitet der Merzkünstler von dessen

pathetischem Sprachstil ab, der Hauptgegenstand der Vermerzung ist. Die Zitate

1309 Vgl. zu Moritz Geiger Kap. 1.1.2. 1310 Bereits Herwarth Walden wies daraufhin, dass Kriterien wie „Geschmack und Genuß“ keine adäquaten Mittel zur kunstkritischen Beurteilung seien, denn sie würden immer vom „Aufnehmenden“ beansprucht und seien daher rein subjektiver Art, Herwarth Walden: Kritik der vorexpressionistischen Dichtung. In: Der Sturm 12. Jg., H. 1 (1921), S. 3–8, S. 6. 1311 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 13, S. 66. 1312 Fontius 2001, S. 132.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Hartlaubs weist er in der nachfolgenden Passage nicht als solche aus, gleichwohl

bilden sie einen deutlichen formal-stilistischen Gegensatz zu seinen Formulierungen:

„Vielleicht finden Sie doch noch einmal behende volgitierend oder auch voltigierend den Weg aus der kosmischen Sackgasse der theoretisch mystischen Kritik, sagen wir mal aus dem steril gewordenen, kosmischen, wollüstig feudal, halbseelisch fluidalaurischen Strudel zur Wirklichkeit. Überlassen Sie es nur den Künstlern, selber zu beurteilen, ob reine Malerei eine Sackgasse ist. Ich behaupte: ‚Die reine Malerei ist keine Sackgasse, auch wenn alle Gassenjungen sie in den Sack stecken.’ (Lesen Sie die Formulare des Jacques, des berühmten Toilette[n]mannes [sic], über Wissenschaft und Haarwuchs.) Kritiker sind kosmische Kleinigkeiten.“1313

Die Person Hartlaubs indes wird zu einem kosmischen Wirbel verfremdet, der nicht

mehr selbstbestimmt agiert, sondern in eine passive Rolle gedrängt wird:

„Schade, daß er [Hartlaub] gerade in diesem aufgelösten Zustande des kosmischen Wirbels vor die ‚anspruchsvollen Sinfonien und Kompositionen’ Muches, Bauers und vieler anderer ‚in Fortsetzung des hier ganz ungenügend vertretenen Kandinsky’, sowie vor meine Bilder gewirbelt wird: (Menschen sind kosmische Lächerlichkeiten, confer Nebel) ‚oder der ganz über Verdienst bestaunte und bespottete Schwitters mit kunstgewerblichem Witz den Kubismus Picassos in alten Plunder umsetzt.’ Wir alle werden in einem Satze umgeschaut.“1314

Die Antikritik wendet sich gegen die publizistische Darstellungsweise, denn durch die

auf Phrasen verkürzte kunstkritische Vermittlung werde das öffentliche Image der

Künstler verzerrt und verfälscht, ihre Kunst auf Schlagwörter reduziert, so Schwitters.

Auf den ihn betreffenden epigonalisierenden Hinweis Hartlaubs geht der Merzkünstler

jedoch nicht weiter ein.1315

Tran Nr. 14 Herr Dr. Frosch hungert den Geist aus

In der ebenfalls im Oktober 1920 erschienenen Antikritik „Tran Nr. 14. Herr Dr. Frosch

hungert den Geist aus“ integriert Schwitters die aus der Besprechung „Dada“ von

Dr. Frosch resp. Hans Waldemar Fischer stammenden Zitate analog zu seinen bisher

1313 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 13, S. 67 und vgl. Hartlaubs Formulierungen in Hartlaub 1920.07.15: „behende voltigierend“, „Weg aus der Sackgasse der ‚reinen’ Malerei gefunden“, „allmählich steril werdende“, „wollüstige Farbentraumkunst [...] eine Art von Hellsichtigkeit für Halbseelisch-Fluidales, Aurisches“ und „Farbenstrudel“. 1314 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 13, S. 66. 1315 Sehr häufig berücksichtigte Schwitters die ihn betreffenden kunsthistorischen Zuschreibungen in seinen antikritischen Schriften nicht. Ebenso wenig verwertete er das ihm bekannte Kritikenmaterial vollständig. Im Fall der Rezension von Richard Strecker zur selben Ausstellung, die sich in der Kladde „8uur“ befindet, ignorierte er dessen Kritik. Während ihm die Berichte von Strese und Hartlaub ausreichend literarischen und sprachkritischen Rohstoff für zwei Tran-Texte lieferten, verzichtete er auf eine Erwiderung des Artikels von Strecker, weil dieser zum einen erst in der Endphase der Ausstellung erschien und zum anderen lediglich eine Reihe sachlich formulierter Fragen bezüglich der Sinnhaftigkeit der Merzkunst beinhaltet, vgl. Strecker 1920.09.12.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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dargelegten Verfahren. Bereits der Titel besteht aus vorgeformtem kunstkritischem

Material. Maßgeblich und dezidierter verfolgt Schwitters in „Tran Nr. 14“ die

Textstrategie der Rückspiegelung kunstkritischer Urteile, realisiert er das Verfahren

doch textbeherrschend. Vergleichbar mit „Erweiterung“ und „Tran Nummer 11“ bindet

er die Aussagen Dr. Froschs und andere Fremdtextfragmente ein in ein Textgefüge

narrativer Typologie.

Eingangs erzählt Schwitters von dem durch eine Vision angestoßenen Entschluss des

Kritikers, „den Geist [Dadas] ‚gelassen auszuhungern’“:

„Und Herr Frosch sagte sich hierauf ganz richtig, daß man nur Blödsinn zu schreiben braucht, dann kommt der Artikel sicherlich in jedes ‚Kümmelblättchen’ der Provinz. Ich habe den Artikel des Herrn Dr. Frosch, in dem er auch meine Spezialmarke MERZ erwähnt, in der freien Meinung, Hannover, den 9. Oktober 1920 gelesen. / Man braucht nur Blödsinn zu schreiben. ‚Der Trick ist so entsetzlich einfach, daß auch der Geistigarme ihn begreift. Und es sind gewiß der Mehrzahl Geistigarme, die sich seiner bedienen.’ Auch Herr Frosch hat den entsetzlich einfachen Trick begriffen. / Herr Frosch ist übrigens Dadaist, wenn seine Definition über den Dadaismus stimmt: ‚Es ist die Kunst, ohne geistige Anstrengung in den Mund aller Bildungsphilister zu kommen.’“1316

Im weiteren Textverlauf und in einer einmaligen Wendung an den Kritiker enthüllt

Schwitters sein antikritisches Verfahren und gibt dem Begriff „Tran“ eine weitere

Bedeutung: „Ich zünde Ihnen ein Talglicht an, Herr Dr. Frosch. Sehen Sie sich

‚blindlings’ in einen Spiegel.“1317 Talg wurde ebenso wie Tran zur Herstellung von

Reinigungs- oder therapeutischen Mitteln wie auch zur Lederbereitung verwandt.

Ebenso wie Tran besteht Talg aus tierischem Fett und diente bis Anfang des 20.

Jahrhunderts als Leuchtstoff und mithin als Quelle der Beleuchtung oder Erhellung.

Schwitters bedient in der Wendung an Fischer die Lichtmetaphorik der Aufklärung, um

in die Rolle des Erkenntnisbringers zu schlüpfen resp. dem Kunstkritiker Hilfe zur

Selbsterkenntnis zu leisten. Damit stellt er sich auf eine Stufe mit Exponenten der

Moralphilosophie, die eine neue Weltanschauung begründet haben und für die

Emanzipation von traditionellen Fesseln und willkürlichen Autoritäten sowie für

Toleranz und persönliche Handlungsfreiheit eingetreten sind. So schreibt Schwitters an

anderer Stelle, „Merz will Befreiung von jeder Fessel“ und er sei „tolerant und lasse

jedem seine Weltanschauung“.1318 Des Weiteren erhebt er Merz selbst zu einer

Weltanschauung.1319 Zudem verortet er sich in „Tran Nr. 14“ mit der

Rollenzuschreibung in der Avantgarde, die sich als Vorkämpfer und Aufklärer der

1316 Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 67-68. 1317 Ebd., S. 68. 1318 Beide Zitate: Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 76-77. 1319 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Kurt Schwitters, S. 84.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Nachhut verstand und neue Kunstformen durchsetzen wollte.1320 Die Stilisierung zum

Aufklärer bleibt metaphorisch, ihr folgt keine Passage mit explikativer Typologie, denn

Schwitters sieht keine Veranlassung, „auf Blödsinn ernst zu antworten.“1321

Der Merzkünstler legt außerdem mit der Spiegelmetapher sein Verfahren der

antikritischen Bespiegelung der Kritik durch Rückprojektion der Kritikpunkte auf den

Rezensenten offen. Mit der Metapher beleuchtet Schwitters verschiedene Sachverhalte

aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Dem Schulästhetiker Fischer, der behauptet

hat, Schwitters sei Dadaist, hält er, dessen Aussagen zitierend, einen Spiegel vor. Im

reflektierten Bild aber ist die Ausgangssituation umgekehrt und zeigt den Kritiker selbst

als Dadaisten, „so geschieht das mit einem Spiegelbild“, in dem rechts und links

vertauscht sind. Bezüglich seiner Rolle als Spiegelträger vergleicht sich Schwitters

selbst mit den Dadaisten: „Aber natürlich bin ich insofern Dadaist, als ich diesen

Apparat genau kenne und ihn oft der Menschheit vor Augen halte. Und die Menschheit

sieht sich dann im Spiegel wieder!“1322

Aufschlussreich für die inhaltliche Anlage des Dr. Frosch gewidmeten Tran-Textes ist

die durch Markierungen bearbeitete kunstkritische Vorlage, die sich lose einliegend in

der Kladde „8uur“ befindet. Bei der Kennzeichnung des Vorlagentextes und der

Übernahme des vorgeformten Materials folgt Schwitters weniger formalen Prinzipien,

als vielmehr der Empfehlung in Schopenhauers Kunstgriff „Erweiterung“. Daher

kennzeichnete er zwar z. T. die ihn betreffenden, spezifischen Ausführungen, integriert

sie aber nicht in seinen eigenen Text, sondern verwertet darin letztlich eher

kunstkritische Allgemeinplätze. Insbesondere versah er diejenigen Passagen mit

Markierungen, die ein Potential für Übertreibungen boten und übernimmt sie mit oder

ohne Abänderung. Das Fundmaterial gleicht Schwitters dabei der neuen

Satzkonstruktion syntaktisch an: „‚Es liegt mir fern, gerade einem Dadaisten zarte

Gefühle entgegenzubringen. Auch Herrn Dr. Frosch nicht, ich bringe nur Anna Blume

zarte Gefühle entgegen.’ Du deiner dich dir, ich dir, du mir, - wir? (Das gehört beiläufig

nicht hierher.)“1323 Oder: „‚gelobte darauf für seine Person Besserung’“.1324 Auch

unterstrich er agitatorische Parolen wie „Hungert den Dada gelassen aus“.1325

1320 Vgl. Barck 2000, S. 551. 1321 Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 68. 1322 Beide Zitate: Kurt Schwitters: Der Dadaismus. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 193–196, S. 193. 1323 Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 68 und vgl. Fischer, H. W. 1920.10.09, lose in Schwitters – Kladde „8uur“ und zu den Markierungen, vgl. Kocher/Schulz 2014, S. 619-621. 1324 Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 67 und vgl. Fischer, H. W. 1920.10.09, wo es heißt: „habe ich für meine Person Besserung gelobt“. 1325 Fischer, H. W. 1920.10.09 und vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 67: „den Geist ‚gelassen auszuhungern’“ wie auch ebd., S. 68: „das Geistige ,blindlings’ auszuhungern“.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Vorzugsweise aber wählt Schwitters unspezifisch gehaltene Behauptungen dann auch

für den Text aus, die sich ausnehmen wie negative Projektionen:

„[1] Es ist die Kunst, ohne geistige Anstrengung, in den Mund aller Bildungsphilister und zu mehr oder minder beträchtlichen Einnahmen zu kommen. [...] [2] Der Trick ist so entsetzlich einfach, daß auch der Geistigarme ihn sofort begreift. Und es sind gewiß der Mehrzahl Geistigarme, die sich seiner bedienen. [...] [3] Ich habe niemals Mitgefühl mit Leuten gehabt, die im Kümmelblättchen geneppt wurden oder sich ‚Pillen’ zur Behebung der Kurzsichtigkeit kaufen. Wer zu den Dadaisten läuft, hat keinen Grund dazu, sich zu empören. [...] [4] Es gibt heut’ allenthalben Versuche, Versammlungen und Vorträge durch wüste Gewalt zu stören. Da es überall die weniger Intelligenten sind, die sich dieser Mittel bedienen, muß man das Mittel selbst bekämpfen.“1326

Die von Schwitters durchnummerierten, markierten Textstellen in der Vorlage Fischers

finden sich in „Tran Nr. 14“ in der Überleitung wie auch im rhythmisch gestalteten

Hauptteil und sind als kunstkritische Zitate ausgewiesen.

Neu in „Tran Nr. 14“ ist gegenüber den älteren antikritischen Merzdichtungen, dass

Schwitters den Text durch die formale Bezugnahme auf musikalische

Kompositionsweisen künstlerisch aufwertet. Nutzt er in „Tran Nummer 11“ das

Anagramm „Raufediewaub“ als musikalische Einzelfigur, so organisiert er hier mit Hilfe

eines Fremdtextfragmentes eine Textpassage, um verschiedene „Kunstarten“

zusammenzufassen.1327

Der Tran-Text ist insgesamt in vier Teile gegliedert: eine Einführung, in der die

Materialquelle vorgestellt wird, eine Exposition als kurze Überleitung, in der der

Kernsatz aus Fischers Kritik zitiert wird, der Hauptteil sowie ein Schlussteil.

Im Hauptteil wird die Phrase „(Naivität ist Polemik mit der Milchflasche.)“ als Kehrvers

eingesetzt.1328 Durch deren regelmäßige Wiederaufnahme wird sie zu einem

poetischen Mittel, das die Struktur des Hauptabschnittes rhythmisch gestaltet und die

Annäherung an die Musik deutlich macht. Als unveränderter Refrain folgt sie jeweils

sechs Couplets, die sich auf den Text von Dr. Frosch resp. Fischer beziehen und

diesen satirisch kommentieren. Die Couplets weisen unterschiedliche Längen auf (zwei

Sätze, fünf Sätze, fünf Sätze, zwei Sätze, ein Satz, ein Satz jeweils syntaktisch

geschlossen), wodurch der rhythmische Wechsel zwischen Refrain und den ihn

umgebenden Strophen zunächst durch kurze Abfolgen dynamisch ansteigt, im Mittelteil

durch die längeren Coupletanteile ein gleiches Niveau erreicht und zum Schluss wieder

durch kürzere Coupletsequenzen dynamischer gerichtet ist. Das Fremdtextzitat

1326 Fischer, H. W. 1920.10.09. Die Nummerierung wurde aus der von Schwitters mit Textmarkierungen versehenen Kopie des Aufsatzes von Fischer übernommen. 1327 Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 79. 1328 Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14, S. 68.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

296

„(Naivität ist Polemik mit der Milchflasche.)“ hat rhythmisierende, strukturgebende

Funktion, wodurch „Tran Nr. 14“ in weit stärkerem Maße den Charakter eines

Schriftkunstwerkes annimmt. Mithin entfernt sich Schwitters von seinen antikritischen

Vorbildern.

Die Verschränkung von Antikritik und Musik im Modus der musikalischen Form- und

Strukturparallelen wird hier noch nicht explizit, da der musikalisch strukturierte

Hauptabschnitt keine Strophen betonende Absätze aufweist. Erst in seinem letzten als

solchem ausgewiesenen Tran-Text wird der liedartige Aufbau deutlicher.1329 In beiden

Fällen erprobt Schwitters eine Zusammenführung von Literatur und Musik, wobei der

Ausgangspunkt und das Resultat klar dem Bereich der Literatur zu zuordnen ist.

Mit Blick auf den Aufbau sowohl des Tran-Textes als Ganzem als auch des

Hauptsatzes von Schwitters’ „Ursonate“ lässt sich konstatieren, dass beide in ihrer

groben Struktur vergleichbar sind. Der Merzkünstler selbst schrieb über seine „Sonate

in Urlauten“: „Die Sonate besteht aus 4 Sätzen, einer Einleitung, einem Schluß, […]

Der erste Satz ist ein Rondo mit vier Hauptthemen“.1330 Der Einleitung folgen ein

„erster teil“, eine „überleitung“, eine „durcharbeitung“ sowie der „schluss“.1331 Strukturell

entspricht diese Aufteilung ab dem „ersten teil“ der oben dargelegten Gliederung des

antikritischen Textes. Formal und was die Behandlung der motivischen und

thematischen Aspekte angeht, stimmen hingegen die „durcharbeitung“ in der Ursonate

und der Hauptteil von „Tran Nr. 14“ überein. Dieser ist angelegt als Durchführung, in

der das in der Exposition vorgestellte Material verarbeitet wird. Der „erste teil“ der

„Sonate in Urlauten“ wiederum deckt sich in dieser Hinsicht mit der Exposition des

Tran-Textes. Mithin erweist sich „Tran Nr. 14“ als verdeckte mediale Interferenz im

Modus der musikalischen Form- und Strukturparallele, indem die

Organisationsprinzipien der Sonatenhauptsatzform in einem Schriftkunstwerk

angewendet werden, auf den ersten Blick aber nicht erkennbar sind. Damit bewegt sich

der Text an der Grenze hin zur Musik.1332 Das Experiment mit musikalischen Strukturen

im Medium der Literatur sollte ein in die Beschäftigung mit der „Ursonate“ einfließen,

an der Schwitters von 1922 bis 1932 arbeitete und in der er Musik und Literatur in eine

transmediale Korrelation überführte, ohne dass die Möglichkeit einer medienspezifisch

eindeutigen Zuordnung gegeben ist.1333 Gestaltet ist die „Ursonate“ als „Partitur“, als

1329 S.w.u. Kap. 2.3. 1330 Kurt Schwitters: Meine Sonate in Urlauten. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 288–292, S. 290. 1331 Vgl. Kurt Schwitters: ursonate. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 214–242. 1332 Zur intermedialen Referenz in „Tran Nr. 14“ auf die „Ursonate“, vgl. ausführlicher Kunzelmann 2014. 1333 Vgl. Franz 2009, S. 147.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

297

visuelles Äquivalent der akustischen Ereignisse.1334 Die „Sonate in Urlauten“ nimmt

ihren Ausgangspunkt in der Dichtung,1335 im Resultat vermählt Schwitters dann zwei

verwandte, aber disziplinär getrennte Kunstarten. „Tran Nr. 14“ kann somit, was die

Textstruktur und Kompositionstechnik betrifft, als experimenteller Testlauf für die

„Ursonate“ betrachtet werden.

Tran Nummer 16 Das Leben auf blindem Fuße

Die erste Entgegnung einer Kritik Paul Westheims lässt der Merzkünstler mit einer

Einleitung beginnen, in der er die bibliografische Quelle der Rezension zur 90. Sturm-

Ausstellung nennt und den ihn betreffenden Satz daraus zitiert: „‚Ob es nach so vielen

Jahren nicht auch peinlich sein wird, an Bauer, Wauer, Nell Walden, Schwitters und

Nebel erinnert zu werden?’“.1336 Dann wendet er sich mit einer förmlichen, aber

ironisch gebrochenen Anrede an den Kunstkritiker, wohl wissend, dass es sich um den

Hauptkritiker des Sturm-Kreises handelt:

„Sehr geehrter und wenig geschätzter Herr Westheim! Sie sind ein typisches Beispiel für den Kritiker. Der Kritiker hat keine Urteilsfähigkeit. Sie auch nicht. Der Kritiker urteilt infolgedessen stets verkehrt; Sie auch. Der Kritiker weiß es, daß er verkehrt urteilt, und richtet sich deshalb, um sich nicht dauernd zu blamieren, nach dem Urteil Anderer; Sie auch. Es ist Ihnen nicht wesentlich, ob jemand Künstler ist, sondern ob er nach Jahren sich gegen Euch Kritiker durchsetzt, oder nicht. / Wir Künstler urteilen sicherer. Ich weiß es z. B. schon seit meiner ersten Begegnung mit Ihnen, daß es schon fast peinlich ist, an Ihre Unfähigkeit erinnert zu werden.“1337

Schwitters spricht Westheim die Befähigung zu einem kunstkritischen Urteil ab und

knüpft damit wieder stärker an die Antikritik der Sturm-Theoretiker an. Er tangiert die

Debatte über die nachträgliche Anerkennung von Avantgardekünstlern seitens

Westheims, die innerhalb der Kontroverse zwischen Walden und Westheim eines der

Hauptthemen war.1338 Der Haltung Waldens entsprechend konstatiert Schwitters die

Gegenbehauptung, Westheims kritische Einschätzung sei abhängig von der Bewertung

anderer und daher nicht unmittelbar, sondern im Nachhinein getroffen. Auch

Westheims erstes Urteil über Schwitters hatte eine gewisse Nachträglichkeit, denn er

beurteilte den Merzkünstler implizit in einem auf den Ausstellungssommer 1919

rückblickenden Artikel und in Anlehnung an Daniel-Henry Kahnweiler als Picasso-

1334 Vgl. Schmitz-Emans 2009, S. 277. 1335 Vgl. Schwitters 2005/1931 – Ich und meine Ziele, S. 342. 1336 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16, S. 72. Der Text erschien erstmals 1920 in der Dezemberausgabe der Zeitschrift „Der Sturm“. Es handelt sich um die Antwort auf Westheim 1920.11.25. 1337 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16, S. 72. 1338 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Epigone.1339 Den oftmals erhobenen und ihn ebenso betreffenden Vorwurf, Walden

zeige nur noch sturm-konforme Einheitskunst, wirft Schwitters spiegelverkehrt mit dem

gegen Westheim gerichteten Argument zurück. Dass der Merzkünstler es als peinlich

empfindet, an die Inkompetenz Westheims erinnert zu werden, mag an der

gleichartigen Anlage seiner Rezensionen liegen, hat doch Westheim bereits im

Frühjahr 1920 eine Kritik über den Merzkünstler veröffentlicht, in der der Kunstkritiker

sinngemäß und fast wörtlich das gleiche Urteil wiedergegeben hat wie in der hier

replizierten Rezension.1340

Schwitters reagiert in diesem Text überwiegend auf der inhaltlichen Ebene, denn

eigentlich möchte er Westheim „heraus[]fordern zu einer kurzen Erklärung“1341, was in

Form des gegenkoppelnden Verfahrens geschieht. Um das zu verdeutlichen, wählt er

das Stilmittel des tautologischen bzw. des antithetischen Parallelismus, der nach

Šklovskij „denselben Zweck wie überhaupt alle sogenannten Redefiguren, wie alle

Arten, das Empfinden für einen Gegenstand zu steigern (das können auch die Worte

oder selbst der Sprachklang eines Werkes sein)“ verfolgt.1342 Die

rhythmusunterstützende phonetische wie auch syntaktische Äquivalenz des

Parallelismus gehe mit einer semantischen Verstärkung einher, so dass das

Bewusstsein auf den, in diesem Fall antikritischen Aussagegehalt gelenkt werde. Die

Funktion des rhetorischen Mittels sei es, einen Gegenstand aus der gewohnten

Perspektive in einen anderen Wahrnehmungsbereich zu überführen, um dessen

Rezeption zu hemmen, zu verstärken oder zu verlängern, so der

Literaturtheoretiker.1343

Der tautologische Parallelismus in der oben zitierten Passage besteht in der

dreigliedrigen, wechselnden Abfolge von gleich konstruierten Sätzen: Einer

allgemeinen Aussage über Kunstkritiker folgt der affirmative Rückbezug ihres

1339 Westheim 1919.09.04: „Kurt Schwitters vermeint in seinen ‚Merzbildern’ durch Einfügung plastischer Fremdkörper die Ausdrucksmöglichkeiten der Malerei erweitern zu müssen.“ 1340 Westheim 1920 (03), S. 126: „[...] In der Tat, das, was er jetzt bringt: Wauer, Bauer, Nell Walden, Schwitters ist im Wesen das gleiche. [...].“ Die Kritik wurde im Sturm-Kreis wahrgenommen und von Rudolf Blümner ungefähr ein Jahr später im letzten seiner „Briefe an Paul Westheim“ erwähnt, vgl. Rudolf Blümner: Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus. Briefe gegen Paul Westheim. Fünfzehnter Brief . In: Der Sturm 12. Jg., H. 12 (1921), S. 213–216, S. 213. 1341 „Ich habe mich riesig gefreut, daß Tran 16 noch im Dezember erscheint, dann wird man den Torfmann noch rufen hören können. Ich hatte ursprünglich gedacht, Herrn Westheim herauszufordern zu einer kurzen Erklärung, weshalb er es als peinlich empfinden würde, an uns abstrakte Künstler erinnert zu werden, und dann, wie er es begründen könnte, daß er abstrakte Malerei allgemein als Liebhaberei bezeichnet. Man müßte Westheim einmal veranlassen, mit Gründen aufzuwarten. Westheim ist nicht sehr klug, und Gründe gegen die abstrakte Malerei kann der Klügste nicht anführen, weil es keine gibt. Die Gründe, die ein Westheim finden könnte, müßten sehr komisch sein“, Schwitters 1974, S. 40, Brief an Herwarth Walden vom 01.12.1920. 1342 Šklovskij 1971/1916, S. 14. 1343 Vgl. ebd., S. 29-30.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Aussagegehalts auf die Person Westheims in Gestalt der Formulierung „Sie auch

nicht“ bzw. „Sie auch“.

Im Mittelteil der Antikritik lockert Schwitters die inhaltlich-argumentative Texttypologie

auf, indem er einen als einfachen Parallelismus, syntaktisch ebenso wie oben

angelegten Vergleich zwischen Westheim und einem Torfverkäufer zieht. Die

parallelisierende Kette wird allerdings im zweiten Schritt bereits durch eine

semantische wie auch syntaktische Verschiebung abrupt abgebrochen:

„Draußen auf der Straße ruft jemand: ‚Torf, Torf!’ Auch dieser Mann kann die Entwicklung in der Kunst nicht mehr aufhalten; und wenn er noch so laut schreit. Auch sonst sind manche Ähnlichkeiten zwischen Ihnen und dem Torfmann. Ich hoffe, es wird Ihnen nach ebensoviel Jahren nicht peinlich sein, an mich erinnert zu werden. Der Torfmann bleibt sich immer gleich mit seinem Geschrei, Sie auch, in Ihren Kritiken. Der Torfmann handelt mit der einer Ware, die ihn nicht wärmt, Sie schreiben über ‚moderne Kunst’.“1344

Das Verfahren der Verfremdung wird selbst verfremdet, denn Schwitters überführt den

Parallelismus in einen absurden Vergleich zwischen den Tätigkeiten der verglichenen

Personen.

Die rhetorische Figur wandelt er in der vorletzten und letzten Textpassage um in einen

negativen, zweigliedrigen Parallelismus. Schwitters hebt zunächst die Leistungen

Waldens hervor mit Formulierungen, die er dessen Antikritiken entlehnt zu haben

scheint.1345 Die Stoßkraft der Redefigur steigernd fügt er diesen Aussagen die

modifizierte Phrase „Das ist Ihnen peinlich“ aus der „Tran Nummer 16“ motivierenden

Kritik Westheims an:

„Der Sturm ist konsequent. Herwarth Walden verwirft nicht, was er erkannt hat und erkennt nicht an, was er verwerfen muß. Das ist Ihnen peinlich. Können Sie mir hier folgen? Herwarth Walden erkennt, er erkennt nicht an. Das ist Ihnen sehr peinlich. / Herwarth Walden kämpft für die Kunst, Sie kämpfen gegen die Kunst.“1346

In der letzten Zeile löst Schwitters den negativen Parallelismus sinnfällig auf, wenn er

die als gegenläufig dargestellte Einstellung zur Kunst seitens Waldens und Westheims

in der inhaltlich asymmetrischen und syntaktisch gleichen Satzfigur konfrontiert.

1344 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16, S. 72. 1345 Z. B. Herwarth Walden: Ableger. In: Der Sturm 9. Jg., H. 9 (1918), S. 114–115, S. 114: „Ich habe mich in künstlerischen Wertungen nie geirrt. Die Herren Kunstkenner und Kunstkritiker haben noch immer bestätigen müssen, was ich als erster erkannte und anerkannte“ und vgl. Herwarth Walden: Fall Westheim. In: Der Sturm 11. Jg., H. 3 (1920), S. 45. 1346 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16, S. 73.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

300

Am Ende seines Textes führt Schwitters, nachdem er Westheim im selben Text mit

einem Torfmann verglichen hat, einen weiteren Marktschreier ein:

„Der Torfmann draußen ist längst vorbei. Und draußen ruft ein Anderer. Der Andere ruft: ‚Hasenfelle, Hasenfelle!’ Was kümmert das die Kunst? Haben Sie keine Hasenfelle zu verkaufen, Herr Westheim?“1347

Die an Westheim gerichtete Frage legt es nahe, auch den zweiten Händler mit dem

Kunstkritiker zu identifizieren. Das ephemere Auftreten der marktschreierischen

Figuren fungiert mithin als Sinnbild für die Bedeutungslosigkeit des kunstkritischen

Urteils für die abstrakte Kunst. Schwitters lässt ganz gezielt einen Händler auftreten,

der für Hasenfälle wirbt. Das Wort Felle bildet einen Gleichklang mit dem Wort Fälle.

Mit dieser Homophonie spielt Schwitters auf die juristischen Fälle an, die in der Walden

Westheim-Kontroverse thematisiert wurden.1348 Über den Kalauer signalisiert

Schwitters einen inhaltlichen, einseitig belasteten Zusammenhang zwischen der

kunstkritischen Praxis Westheims und den antikritischen Reaktionen aus dem Sturm-

Kreis. Gezielt realisiert er das „Verfahren der Annäherung zweier Einheiten“1349, das

sich auf der phonetischen Ebene als Sprachspiel, auf der semantischen Ebene als

Gegenkopplung des Vorwurfs der Marginalität von Merz erweist.

Schwitters wird sich noch in insgesamt drei Antikritiken an Westheim wenden, in denen

er Rezensionen des Kunstkritikers repliziert. Einige Äußerungen Westheims über die

Merzkunst ließ Schwitters jedoch außer Acht. Der Rezension zur 85. oder 86. Sturm-

Ausstellung vom 10. Mai 1920 folgte keine antikritische Antwort. Auch die im

„Kunstblatt“ erschienene Kunstkritik Kahnweilers beantwortete Schwitters nicht. Dafür

verfassten Christof Spengemann und Herwarth Walden anlässlich der Besprechung

zur 76. Sturm-Ausstellung von Kahnweiler jeweils eine Antikritik. Im Zuge seiner

journalistisch groß angelegten Kampagne übte Rudolf Blümner u. a. Kritik an der von

Schwitters nicht replizierten Kritik Westheims zur Werkschau „Der Sturm. 96.

Ausstellung. Kurt Schwitters“ im April 1921, die dem Inhalt nach der in „Tran Nummer

16“ entgegneten sehr ähnlich ist.1350 Die „erste Begegnung“ zwischen Schwitters und

Westheim hatte im Rahmen der Kritik zur 76. oder 77. Sturm-Ausstellung in der

1347 Ebd. 1348 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis. 1349 Hansen-Löve 1978, S. 131 und 135: V. a. der Russische Formalist Roman O. Jakobson analysierte dieses Verfahren oftmals in Verbindung mit Kalauern. Die Realisierung dieser Methode hat die Funktion, die Willkürlichkeit beim Gebrauch der natürlichen Sprache aufzudecken. Mit parodistischer oder auch selbstparodistischer Absicht wurde die Bedeutungsdimension zugunsten von lautlichen Qualitäten in den Hintergrund gerückt. Aus der Verknüpfung der Wiederholung homophoner Ereignisse mit bildhaft dargestellten Vergleichen resultiert aus formalistischer Sicht Literarizität. 1350 S.w.u. Exkurs zur antikritischen Praxis.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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„Frankfurter Zeitung“ vom 4. September 1919 stattgefunden. Auch diese Besprechung

blieb unerwidert.

Ab August 1921, nach der Veröffentlichung von „Tran 19“, Schwitters’ zweiter Replik

gegen Westheim, ignorierte der Merzkünstler vorerst Westheims Kritiken, weil dieser in

seinen Artikeln kaum noch explizit auf die Merzkunst einging. Im März und Dezember

1924 publizierte Schwitters nochmals und letztmalig zwei gegen den Berliner

Kunstkritiker gerichtete antikritische Texte.

Tran Nr. 17 Der gefesselte Paul Madsack

In „Tran Nr. 17“ wendet Schwitters sich gegen Paul Madsack:

„Der Hannov. Anz. vom 19.12.20 zitiert einen Ausspruch Goethes über Luther: ‚Wir wissen gar nicht, was wir Luthern und der Reformation im allgemeinen zu verdanken haben. Wir sind frei geworden von geistiger Borniertheit.’ / Unmittelbar darunter schreibt pck. (Paul Madsack) über mein Sturmbilderbuch Nr. 4 Kurt Schwitters: ‚Ich sinne nun, wer dieses Buch wohl kaufen und auch lesen könnte, ohne dadurch enttäuscht zu sein.’ / Sinnen Sie nicht länger, Herr pck, ich will es Ihnen sagen: ‚Wer frei ist von geistiger Borniertheit’ (nach Goethe).“1351

Der Merzkünstler schneidet den formal wie inhaltlich zentralen Satz aus Madsacks

Rezension zu seinem Sturm-Bilderbuch aus, in der der Kritiker über die potenzielle

Zielgruppe des Sturm-Bilderbuches von Schwitters nachgedacht hat, und setzt die

vorgefundene sprachliche Einheit in eine textuelle Klammer. Die zeichenhafte

Umklammerung verstärkt formal die inhaltliche, persiflierende Stoßrichtung der

Antikritik. Die Form der Aussage entspricht dabei der Aussage selbst.

Den ersten Teil der Einfassung in „Tran Nr. 17“ bezieht Schwitters aus einem Bericht

zur Publikation „Luther-Anekdoten“, der in der genannten Zeitungsausgabe über

Madsacks Artikel abgedruckt wurde.1352 Das sich anschließende Kritikerzitat

kommentiert er innerhalb des zweiten Klammersatzes mit der teilweisen Wiederholung

von Goethes Diktum.

Bei der Korrelation unterschiedlicher Zitate aus der Presse konnte sich Schwitters an

der medienkritischen Methode der Reproduktion von Zeitungsausschnitten von Karl

Kraus orientieren, die er indirekt über Herwarth Waldens antikritisches Verfahren

rezipierte. Durch den unkommentierten, partiellen Abdruck von nebeneinander oder

1351 Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 17. Erstmals wurde die Antikritik in der Dezemberausgabe der Zeitschrift „Die Pille“ von 1920 abgedruckt. Einen Monat später erschien sie nochmals in der Zeitschrift „Der Sturm“. 1352 Vgl. Anonym: Luther-Anekdoten. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 298, 19.12.1920.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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nacheinander gesetzten Artikeln und Inseraten hatte Kraus die wirtschaftliche

Abhängigkeit der redaktionellen Pressearbeit vom Anzeigengeschäft enthüllt.1353

In Anlehnung daran nutzt Schwitters Goethes Spruch als Zustimmungsgeste an den

Klassiker,1354 wenn er dessen Gedanken für eine Widerrede gebraucht und diese dem

gleichzeitig zitierten Vorwurf der mangelnden ästhetischen Distanz seitens des

Hannoverschen Kritikers inhaltlich entgegensetzt.1355 Indem Schwitters die Quelle der

kunstkritischen Anschauung als argumentativ-dialektische Waffe gegen den Kritiker

wendet und gleichzeitig den „Hannoverschen Anzeiger“ als authentische Materialquelle

für seinen Tran-Text angibt, erhält der Text neben der medienkritischen auch eine

ironische Dimension. Denn der Merzkünstler kontaminiert zwei Texte miteinander,

spielt sie gegeneinander aus und lässt die beiden Autoren mit auf Madsack gerichteter,

satirischer Absicht sich wechselseitig parodieren. Formal verwendet er die Anleihe bei

Goethe als Einschließung der Aussage Madsacks und versinnbildlicht damit die im

Untertitel aufgerufene Metapher der Gefangenschaft. Wohl wissend, dass sich

Madsack an der Ästhetik des Weimarer Klassikers orientierte, umklammert er dessen

Stellungnahme mit der Diktion seines kunstkritischen Vorbildes. Mithin bezieht „Tran

Nr. 17“ eine bildliche, den Text als visuelles Gebilde auffassende Lesart als

Textstrategie mit ein, sodass Form- und Inhaltsebene ineinander wirken.

Tran Nr. 15 Die Durchschnittserscheinung mit hellen Augen

Vergleichbar mit der Antwort an Franz Servaes beginnt Schwitters seine an Alois

Vogedes adressierte Antikritik „Tran Nr. 15 / Die Durchschnittserscheinung mit hellen

Augen“ mit dem Abdruck einer Passage aus Vogedes’ Artikel, in der der Kritiker die

Merzkunst behandelt, diese als Einzelerscheinung dadaistischer Prägung eingeschätzt

und als ungeheuren Schaden für die „große Sache“ bezeichnet hat. Ähnlich wie in der

antikritischen Schrift „Nichts tötet schneller als die Lächerlichkeit“ löst der Merzkünstler

ein Zitat aus dem Zusammenhang der Kritik - in diesem Fall „hellen Auges“1356 - und

verwendet es nicht nur als Teil des Untertitels, sondern integriert das Fragment auch

1353 Kraus allerdings übte weniger Antikritik. Vielmehr trat er als Kritiker der durch die Presse vermittelten und vertretenen wirtschaftlichen und politischen Ordnung auf. Durch unkommentierten Abdruck von Zitaten, durch Abdruck und Gegenüberstellung mehrerer Ausschnitte aus der Presse sowie durch kommentierte Zitate bildete Kraus die publizistischen Darstellungsweisen ab und entlarvte durch diese unmittelbare Abbildung den geistigen Verfall der Gesellschaft wie auch die mediale Meinungssteuerung, Tendenzen und Eigeninteressen der Presse. Zu Kraus’ Medienkritik und Methoden der Antikritik, vgl. Hirtler 1985, S. 35-43. 1354 Die Zitate in Schwitters’ Text veranschaulichen durch den einfachen Abdruck keine entlarvende Wirkung, so Hirtler, vielmehr signalisiere er seine Komplizenschaft mit Goethe, um die provokante Intention deutlich zu machen, vgl. ebd., S. 64. 1355 Vgl. Madsack, P. 1920.12.19. 1356 Beide Zitate: Vogedes 1920.08.15.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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als leitmotivisches Element wiederholt in den Text. Schwitters konzentriert sich bei der

Konzeption des Textes auf die Rezension von Vogedes als Vorlage, ohne weitere

Zitate aus der Werbung oder anderen Materialquellen hinzuzuziehen.

Schwitters greift einzelne Begriffe aus dem Vorlagentext heraus und analysiert sie

vorgeblich im Sinne der Logik als Lehre der vernünftigen Schlussfolgerung. Den Begriff

Geist relativierend geht er von zwei diametral entgegengesetzten Möglichkeiten der

Begriffsklärung aus. Dementsprechend formuliert er zwei unterschiedliche Prämissen

und zieht daraus jeweils andere Schlüsse:

„Hier wäre zunächst zu untersuchen, was der Mensch im allgemeinen mit Geist bezeichnet. Lebten wir in einer Zeit allgemeiner Verblödung, so wäre der Durchschnittsmensch, diese angenehme Species Skatspieler, der Geist unserer Zeit. Lebten wir in einer Zeit der Genies, so wäre ein vorgestelltes Wesen, das unendlich gut und unendlich klug oder unendlich dumm und unendlich teuflisch ist, der Geist. Der Geist ist immer die Einzelerscheinung, die die Eigenschaften hat, auf die Menge anregend zu wirken.“1357

Ausgehend von an die logische Vernunft gebundenen Überlegungen, schweift die eine

Annahme ab in eine groteske Schlussfolgerung, die zweite hingegen mündet in ein

antithetisches Resümee. Beide Male wird das philosophische Verfahren verfremdet

und in einer Digression vom argumentativen Ausgangspunkt aufgelöst. Schwitters geht

hier nicht nach dem Prinzip der Rückbeziehung der Kritik auf einen Kritiker vor,

vielmehr verwendet er eine Strategie der Abschweifung von einer angeeigneten

wissenschaftlichen Methode zur Relativierung des kunstkritischen Standpunktes. Mit

der Bespiegelung des Begriffes Geist aus unterschiedlichen Perspektiven verdeutlicht

er - motiviert durch die Polarisierung Vogedes’ zwischen dem Innovationsstreben

moderner Künstler und dem Erneuerungswillen innerhalb der katholischen

Jugendvereinigung „Der weiße Reiter“1358 - die Relativität der von Vogedes als Ideal

propagierten Entwicklungsmöglichkeit der Kunst.

Das Material aus Vogedes’ Artikel dient Schwitters weniger zum Spiel mit der

kunstkritischen Sprache, als vielmehr zum spielerischen Umgang mit dessen

polarisierenden Schlussfolgerungen. Er geht den Vorlagentext der Abfolge nach durch

und nimmt das beschriebene Verfahren immer wieder auf:

„Herr Alois Vogedes ist sich vollkommen darüber klar, daß Anna Blume und Merz der großen Sache ungeheuer schaden. Was ist die große Sache in diesem Falle? Antwort: Die ‚Kunst’ des ‚weißen Reiters’. Die weiße Reiterkunst

1357 Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 15, S. 70. Die Antikritik veröffentlichte Schwitters erstmals 1921 im Januarheft der Zeitschrift „Die Pille“. 1358 S. hierzu w.o. Kap. 1.2.7.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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ist aber nach den Erklärungen eines Dichters des weißen Reiters die bewußte Rückgewinnung der führenden geistigen Schichten zum Katholizismus hin. Das kann nicht Kunst sein, denn Kunst ist unbewußt und zwecklos; unbewußt und zwecklos im Sinne des Durchschnittsmenschen. Wer also der großen Sache, d. h. der weißen Reiterkunst, schadet, nutzt der Kunst. Und ich werde schamviolett ins Gesicht, daß Herr Vogedes fürchtet, ich könnte der Kunst nützen. Herr Vogedes fürchtet hellen Auges.“1359

Durch vordergründig logisches Argumentieren und anschließende ironische

Brechungen widerlegt er die Logik in Vogedes’ Aussagen und führt sie ab absurdum.

Schwitters wertet die Positionierung des Kritikers und der Künstler des weißen Reiters

für die Rückbesinnung auf die katholische Tradition durch Herausgreifen eines Zitats,

das er nicht als solches kennzeichnet, gegen die bürgerliche Kunstanschauung und

führt die Paradoxie kunstkritischer Erwartungen und die Haltlosigkeit eindimensionaler

Folgerung vor Augen. Diese Paradoxie exemplifiziert er durch die Erinnerung an das

„Gleichnis Christi vom Pharisäer und Zöllner“1360 als Sinnbild für die Selbsterhöhung

bei gleichzeitiger Erniedrigung anderer wie auch durch den siebenmaligen,

leitmotivischen Einsatz des Fragments „hellen Auges“. In der Zusammenschau des

Tran-Textes und dem Ausgangstext von Vogedes verwendet Schwitters diese

Formulierung ironisch, da Vogedes damit seine bewusst eingesetzte Urteilsfähigkeit

über die künstlerische Situation zum Ausdruck gebracht hat, während Schwitters damit

das Gegenteil dessen belegt.

Die Erinnerung an das biblische Gleichnis als intratextueller Verweis auf „Tran Nummer

11“, in dem Schwitters den Vers vermerzt, dient der Schaffung von Beziehungen

innerhalb der antikritischen Merzdichtungen. Als intertextuelle Referenz nutzt er diese

für eine doppelte Strategie im Sinne Lk 18, 14. Zunächst weist er Vogedes damit die

Rolle des Sünders zu, der sich in seiner Kritik selbst erhöht und die modernen Künstler

erniedrigt hat. In der Schlusspassage von „Tran Nr. 15“ hingegen reicht Schwitters dem

Kritiker die „Hand zur Versöhnung“ und übernimmt damit die Rolle Christi als

vergebende Instanz.1361

Tran 18 an Dresdener Kritiker, vermischt mit Eindrücken von der Berner Fochelwiehße (Hier gannsde dirr nachdrächlich das E.K. einz verdienen, hierr.)

Der Titel der „Tran Nr. 15“ nachfolgend publizierten, antikritischen Schrift „Tran 18 / An

Dresdener Kritiker, vermischt mit Eindrücken von der Berner Fochelwiehße“ deutet

bereits an, wie Schwitters die in Klammern gesetzten Fremdtexteinschübe innerhalb

1359 Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 15, S. 71 und vgl. Vogedes 1920.08.15. 1360 Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 15, S. 71. 1361 Ebd.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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des Textes verstanden wissen will. Die montierten Parenthesen wie „(Keine Niete,

jeder Wurf gewinnt.)“, „(Der Liebling des Volks sind überall die kleinen

Marionettenkünstler.)“1362, „(Obstweinschank zum ollen, ehrlichen Seemann.)“1363 oder

„(Aaaaaale - Aale, Aale, Aale, Aaaaaale, 3 Mark zum Feierabend hier!)“1364 sind

Impressionen von der Dresdner Vogelwiese, dem traditionsreichen Volksfest der Stadt,

das im Sommer 1920 zum ersten Mal nach dem Krieg wieder stattfand. Mit dem

Aufrufen dieser Eindrücke mit kommentierender Funktion konterkariert Schwitters die

volkstümliche Auffassung der Dresdner Kritiker und erinnert an die beiden

Marktschreier in „Tran Nummer 16 / Das Leben auf blindem Fuße“.

Zeitgleich zu dem Volksfest veranstaltete die Galerie Arnold die Ausstellung

„Baumeister, Schlemmer, Schwitters“, die der Adressat des Tran-Textes, Felix

Zimmermann, in den „Dresdner Nachrichten“ rezensiert hat. In seiner Antwort auf die

Ausstellungsbesprechung des Kunstkritikers nimmt Schwitters nach einleitenden

Worten die ihn betreffende Passage aus der Kunstkritik als Zitatmontage auf. Aus dem

Fremdzitat Zimmermanns isoliert er die Phrase „Angesichts der fremdartigen

Erzeugnisse“1365 und verwendet sie mehrfach im weiteren Textverlauf, zumeist in

erneut fragmentierter Form. V. a. das Wort angesichts in substantivierter Form gibt ihm

Anlass zu einem Wortspiel mit lokalen Präpositionen. Er variiert die Floskel zu

„Angesicht zu Angesicht“, „hinter Ihrem Angesicht“ oder „hinter meinem Angesicht“ und

impliziert damit einen Perspektivenwechsel, den der Kritiker in Bezug auf die

Kunstentwicklung noch nicht vollzogen hat. Dies verdeutlicht Schwitters, indem er

ironisch sein Bedauern über den geistigen Stillstand des Kritikers zum Ausdruck bringt,

„daß Sie ihren Kopf nicht einmal umgedreht haben.“1366 Schwitters realisiert anhand

dieses Beispieles und übereinstimmend mit Pierre Reverdys kubismusaffinen Texten

das kubistische Prinzip der Polyperspektivität in einem literarischen Werk.

Im Rahmen einer Belehrung zur Geschichte der Collage, die mit Leonardo da Vinci

einsetzt und in der Picasso sowie Braque und zahlreiche Dadakünstler erwähnt

werden, reagiert Schwitters in diesem Tran-Text vorgeblich inhaltlich-erklärend. Die

scheinbar explikative Texttypologie des unterweisenden Textabschnittes wird jedoch

wiederum durchbrochen durch ironische Kommentare. Die Entwicklung der

künstlerischen Technik, so Schwitters, sei an dem Kritiker vorbei gegangen. „Alles

hinter Ihrem Angesicht. Heute würden Sie staunen, wenn Sie Ihr Angesicht umdrehen

1362 Beide Zitate: Schwitters 2005/1921 – Tran 18, S. 85. Schwitters publizierte den Tran-Text erstmals im Februar 1921 in der Zeitschrift „Die Pille“. 1363 Ebd., S. 86. 1364 Ebd., S. 87. 1365 Zimmermann 1920.07.19. 1366 Alle Zitate: Schwitters 2005/1921 – Tran 18, S. 86.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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würden, wie groß die Fabrikation dieser Art Erzeugnisse und ähnlichen extremen

Schwindels geworden ist.“1367 Zudem diversifiziert er die berücksichtigten

Materialquellen, weil der Text von Zimmermann keinen umfangreichen sprachlichen

Materialwert aufweist. Als weiteres Fremdmaterial bindet er innerhalb der belehrenden

Passage eine Bemerkung Kahnweilers zur Erweiterung des Materialbegriffs durch die

Kubisten aus dessen Buch „Der Weg zum Kubismus“ ein. Picasso und Braque, heißt

es in der ersten bedeutenden Publikation zum Kubismus, hätten neue

Gestaltungsmittel aus verschiedenen Materialien, wie „‚aufgeklebte farbige

Papierstreifen, Lackfarben, Sägemehl, Wachsleinewand, Glas’ usw.“ entdeckt.1368 Das

Zitat dient Schwitters als Beleg für die Tradition der Collage und damit als

Rechtfertigung des neuen künstlerischen Mediums wie auch als ironische Antithese zu

Zimmermanns Behauptung, die Merzwerke seien „fremdartige Erzeugnisse“, deren

Wert noch zu überprüfen sei, obwohl die künstlerische Innovation durch produktive

Rezeption, wie Schwitters dies durch Aufzählung weiterer Collagekünstler

demonstriert, sich bereits etabliert hat.

Der eigentliche Inhalt des Textes ist allerdings weniger die kunsthistorische Belehrung,

vielmehr wird der Antagonismus zwischen Kritiker und Kunstentwicklung resp.

zwischen kunstkritischem Stillstand und künstlerischem Fortschritt mittels Metaphern

der Bewegung und Bewegungslosigkeit thematisiert. Schwitters setzt für die

Versinnbildlichung von Bewegung das erwähnte Spiel mit Präpositionen und der damit

einhergehenden Positionsveränderung oder Wörter wie umgedreht, vorgeht umdrehen

und Entwicklung ein. Das Friedrich Schlegel entlehnte Verfahren der Ironie, als „steter

Wechsel“1369 zwischen Gegensätzen, in diesem Fall zwischen Statik und Dynamik,

nutzt Schwitters, um sich von der kunstkritischen Anschauung zu distanzieren und

v. a., um das dynamische Moment auf der inhaltlichen Ebene zu betonen. Auf der

formalen Ebene wird die Textur des Textes wiederum durch die zahlreichen Einschübe

dynamisiert. Der Aspekt von Dynamik bzw. Statik wird nochmals im Schlussteil des

Textes evident, wenn Schwitters den Kritiker auffordert, in ruhender Sitzhaltung zu

internalisieren, was er eigentlich schreiben wolle. In der Anweisung wiederum wird die

Strategie der Gegenkopplung realisiert, indem Schwitters dem Kunstkritiker Unkenntnis

der Kunstentwicklung attestiert und dessen Inkompetenz vorführt:

1367 Ebd. 1368 Ebd. und vgl. Daniel-Henry Kahnweiler: Der Weg zum Kubismus. München 1920 (Neuaufl. Stuttgart 1958), S. 86. 1369 Schlegel 2005/1797-1798, S. 481696 (vgl. SchlegelF-KFSA, 1. Abt. Bd. 2, S. 172).

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

307

„Also Herr Dr. Phil. Felix Zimmermann, bleiben Sie ruhig sitzen und lesen Sie den ganzen korregierten Satz ruhig kritisch 3 mal durch, bis er sitzt: ‚1. Angesichts meiner Unkenntnis ... begann zu zweifeln und zu spotten ... ruhiger kritischer Nachprüfung ... Wert meiner Kritik festzustellen.’ 2. Den ganzen Satz wiederholen. 3. Dasselbe noch einmal. - So - ich danke. - Sie können nach Hause gehen.“1370

Der Merzkünstler plante eine weitere Replik auf einen anderen Dresdner Kritiker, die er

während eines Merzabends ankündigte und deren Veröffentlichung er für die siebte

Ausgabe von 1921 der Hannoverschen Zeitschrift „Die Pille“ vorsah.1371 Die Publikation

des Tran-Textes erfolgte allerdings nicht.

Tran 19 Mein Zerfahren gegen Paul Westheim, zur Gewinnung aromatischer, alkoholfreier Säfte. (Die Axt im Haus zersetzt den Zimmermann.)

Im Juli 1921 schrieb Schwitters den zweiten gegen Paul Westheim gerichteten und

wiederum als Brief angelegten Tran-Text, nachdem dieser ihm in seiner Rezension zur

Sturm-Ausstellung im Mai desselben Jahres „Zerfahrenheit“ unterstellt hatte.1372 Der

erste, sprechende Untertitel von „Tran 19“1373 nimmt Schwitters’ Umgang mit dem

Kritiker bzw. mit dessen Kritik vorweg. Analog zur Herstellung von Säften werden der

Kritiker resp. das vorgefundene Textmaterial gereinigt, zerquetscht, ausgekocht,

abgepresst und schließlich gefiltert. Schwitters wählt Sprachpartikel spezifischer

Provenienz aus, bearbeitet sie durch Vermischung, Aussparung, Substitution oder

Verkettung und komponiert mit den Elementen einen Text im Merzstil.

Im zweiten Subtitel zitiert Schwitters ein Sprichwort aus Schillers „Wilhelm Tell“, nimmt

aber eine Abänderung vor, indem er das Verb „erspart“ in der Vorlage durch „ersetzt“

austauscht und das Präfix er durch zer in Ableitung von „Zerfahrenheit“ und analog zu

„Zerfahren“ statt Verfahren im ersten Untertitel substituiert.1374 Hat Schiller die Sentenz

als Kommentar für eine Handwerksleistung von bleibender Beständigkeit gebraucht, so

verwendet Schwitters das geflügelte Wort mittels semantischer Verschiebung als

Metapher für die antikritische Methode der Rückbeziehung der kunstkritischen

Stellungnahmen auf deren Urheber.

1370 Schwitters 2005/1921 – Tran 18, S. 87. 1371 Vgl. Lach 5, S. 409-410, Anm. 85: Während eines Leseabends kommunizierte Schwitters seine Absicht, eine Kritik von Richard Stiller zu replizieren. Vermutlich handelt es sich dabei um Stiller 1921, bes. S. 66. 1372 Westheim 10.05.1920. 1373 Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 89. „Tran 19“ erschien in der Augustausgabe 1921 der Zeitschrift „Der Sturm“. Geringfügig verändert nahm Schwitters den Text in seinen Sammelband „Anna Blume. Dichtungen“ von 1922 nochmals auf. 1374 „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“, Friedrich Schiller: Wilhelm Tell, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 477973 (vgl. Schiller-SW Bd. 2, S. 967).

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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„Tran 19“ setzt sich aus argumentativen wie auch unterhaltenden Passagen

zusammen, deren Intention durch Einschübe innerhalb der Sätze oder nach Satzende

zu einem Spiel mit der Sprache verschoben wird. Schwitters nimmt Bezug auf die

Vorwürfe der Zerfahrenheit und der Manier. Im ersten Abschnitt greift er das Substantiv

„Zerfahrenheit“ heraus, wandelt es in die Verbform um, trennt das Präfix ab und

gebraucht diese nominale Beifügung zur Bildung einer verbialen Reihung als

Demonstration der Bedeutung der „Vorsilbe ‚zer’“ wie auch als rhythmische Anordnung:

„‚zerkleinern, zerbröckeln, zerteilen, zernagen, zersetzen, zerfahren usw.’“1375

Auch das Verfahren der „abstrakte[n] Verwendung“1376 des Kritikers wird gedanklich

vollzogen:

„Nehme ich Sie als Objekt oder Subjekt des Verbs zerfahren (Krankheit des einen wirkt schädigend auf die Gesundheit des andern.), es stimmt beides (gar mancher ist krank, ohne es überhaupt zu wissen.), Sie zerfahren die Kunst (10000 Mark zahlt die Direktion der Pantherweibschau demjenigen, der nachweist, daß Tohrah das Pantherweib ein künstlerisches Fell am Körper trägt) und werden zerfahren von den Ereignissen, die Sie nicht beherrschen.“1377

Die Einschübe können als kommentierende Metatexte gelesen werden. Diese

thematisieren im ersten Teilabschnitt u. a. das Phänomen Krankheit - „(Krankheit des

einen wirkt schädigend auf die Gesundheit des andern.)“ und „(gar mancher ist krank,

ohne es überhaupt zu wissen.)“ - bzw. geistige und physische Labilität - „(Bier macht

faul, dumm und indolent)“1378 - und sind eine Reaktion auf die pathologisierende

Konnotation des Wortes Zerfahrenheit, denn sie folgen der Bitte, über die Bedeutung

des Begriffes Zerfahrenheit nachzudenken oder der Überlegung über die Art, wie der

Kritiker zerfahren werden soll. Analog zum tran-ähnlichen Text „Erweiterung“ nimmt

Schwitters eine Transstilisierung am Ausgangstext vor, indem er Westheims Stil durch

Zitate aufgreift und diesen in seinen eigenen Stil überführt. Dabei nennt er jedoch

weder die Quelle des Hypotextes noch macht er den Leser durch eine Vorbemerkung

damit vertraut. Anders als bei der Montage des ganzen ihn betreffenden

kunstkritischen Zitats, wie etwa in der tran-ähnlichen Schrift „Erweiterung“, wählt er in

diesem Fall einzelne ihn kompromittierende Wörter oder aus seiner Sicht sachlich

falsche Statements aus. Mit der Selektion einzelner Elemente aus dem Hypotext wird

dieser auf kunstkritische Schlagwörter reduziert und damit dessen Wert vermindert.

1375 Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 89. 1376 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40 und Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1377 Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 89-90. 1378 Ebd., S. 89. Der veränderte Ausspruch stammt von Otto von Bismarck: „Bier macht dumm, faul und impotent. Es ist schuld an der demokratischen Kannegiesserei“. Schwitters zielt damit auf das schwätzerische Polarisieren ohne viel Sachkompetenz seitens der Kritiker ab.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Gleichzeitig wird die Aufmerksamkeit des Lesers auf diese ausgewählten Fragmente

gelenkt und damit der Fokus auf die kunstkritische Absicht in den Blick genommen wie

auch der antikritischen Intention Nachdruck verliehen.1379 Durch die Transformation

des Ausgangsmaterials in ein Wortspiel einerseits und dessen Einbindung in ein

syntaktisch wie auch semantisch heterogenes und inkohärentes Textgebilde

andererseits bricht Schwitters das argumentative Gerüst auf und stilisiert „Tran 19“ zu

einer Merzdichtung. Aufgrund des Umstandes, dass Schwitters zwischen den

Textebenen der Kritik und der Antikritik nicht differenziert, wendet er sich mit dieser

Tran-Schrift offensichtlich an einen Leser, der die Kritiken Westheims kannte und von

den Inhalten der Walden Westheim-Kontroverse Kenntnis hatte.

Im zweiten Textabschnitt reagiert der Merzkünstler inhaltlich auf das von der Kunstkritik

vielfach bemühte Schlagwort Manier. Den Begriff definiert Schwitters selbst als „tote

Formel, nach der man ohne inneren Zwang sich bei seiner Arbeit richtet“ und projiziert

die Behauptung auf Westheims kunstkritische Methode zurück. Zum tieferen

Verständnis und zur adäquaten Beurteilung der Schwittersschen Kunst solle der

Kunstkritiker „in meine[n] Tränen und anderen Merzpublikationen“ nachlesen, um sich

zu informieren.1380 Schwitters meint hier, wenn er Tran in der Pluralform nennt, nicht

etwa Tränen der Kränkung, sondern Lachtränen oder Tränen der Schadenfreude,

hervorgerufen durch eine blamable kunstkritische Leistung, wie er eingangs

parenthetisch feststellt.

Der zweite an Westheim adressierte Tran-Text beinhaltet neben der Erinnerung an „An

Anna Blume“ auch intratextuelle Verweise auf antikritische Merztexte. Die

kommentierende Passage „(Die erste Tugend eines Kritikers sei Bescheidenheit) Ein

Kritiker sollte Bescheid wissen“1381 findet sich wortwörtlich in dem rein explikativ-

belehrenden „Tran Nr. 26 / An alle Kritiker“ wieder, der den Duktus einer

Gebrauchsanweisung hat. Im Imperativ ruft Schwitters darin die Kritiker zur Mäßigung

ihrer kunstkritischen Ansprüche auf und gibt eine ironisch überspitzte Unterweisung im

Umgang mit der Kunst.1382 In „Tran 19“ folgt der zitierten Frage Westheims nach der

offiziellen zeitgenössischen Kunst die Aufforderung zur Bescheidenheit.1383 Nach

1379 Vgl. Genette 1993, S. 315-316. 1380 Beide Zitate: Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 90. 1381 Ebd. 1382 Vgl. Schwitters 2005/1922 – Tran Nr. 26. „Tran Nr. 26“ stellt Schwitters das Motto „Der Weg zur Vollkommenheit und zu jedem Fortschritt ist fortwährende Selbstkritik“ von Arnold Böcklin voran, vgl. Rudolf Schick; Hugo von Tschudi: Tagebuch-Aufzeichnungen aus den Jahren 1866, 1868, 1869 über Arnold Böcklin. Berlin 1901, S. 141, und ergänzt es durch den Kommentar „nicht zu verwechseln mit Kunstkritik“, um sich gegen die vorurteilsbehaftete Kritik an anderen auszusprechen. 1383 Vgl. Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 90 und Westheim 1921, S. 192.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

310

diesem Appell entlarvt Schwitters den Ehrgeiz Westheims, die nach der Meinung des

Kunstkritikers „akademisch“ gewordene Merzkunst und den Künstler als zerfahren zu

stigmatisieren,1384 während dieser es im gleichen Zuge unternehme, nach einem

Rezept, nach einer „umfassenden Formel (:) (Sagten Sie nicht Formel?) für all das

Werden unserer Zeit [zu] fragen“.1385 Schwitters führt die beiden Zitate Westheims mit

gegenläufigem Aussagegehalt zusammen, um so die Paradoxie des kunstkritischen

Urteils aufzudecken.

Am Ende des Textes werden wiederum topisch ausgerichtete Parenthesen integriert,

wie „(Ein Schaf ist bekanntlich ein dummes Tier.) [...] (Es erwächst nun die Frage: ist

die Summe von Schafen, also eine Schafherde, dümmer oder klüger als das einzelne

Schaf?)“ und „(‚Bä’ sagt das Schaf.)“.1386 Die Schafsmetaphorik, die Schwitters in

„Kritiker / Tran 27“1387 weiter verarbeiten wird, umschreibt seine Einstellung Westheim

gegenüber, den er für „nicht sehr klug“ hält.1388 Die Einschübe übernehmen somit

erneut satirisch-kommentierende Funktionen.

Antworten auf die Kritik meines Abends bei Garvens am 8.12.1921

In „Antworten auf die Kritik meines Abends bei Garvens am 8.12.1921“ - die letzte

antikritische Schrift, die Schwitters 1921 veröffentlichte, und neben „Tran 50“, die

einzige, in der er einer Besprechung eines Merzabends entgegnet - reagiert der

Merzkünstler auf rein inhaltlicher Ebene. Nach der Reproduktion des gesamten

Presseartikels von Kurt Brauweiler wendet er sich im Rahmen eines offenen Briefes

vom 13. Dezember an den Kritiker. Schwitters versuchte zunächst, das Schreiben im

„Hannoverschen Kurier“ zu publizieren. Zu diesem Zweck ist der Text nicht wie die

anderen in Antiqua, sondern in Frakturschrift gesetzt. Nachdem die Zeitung jedoch die

Veröffentlichung wegen angeblicher Unsachlichkeit verweigert hatte, kontaktierte

Schwitters Bernhard Gröttrup, der den offenen Brief noch in der Dezemberausgabe

seiner Zeitschrift „Die Pille“ abdruckte. Der antikritische Text differiert insofern stark von

den anderen, als Schwitters diesen als Medium zur Richtigstellung unsachlicher und

nach persönlichem Geschmack ausgerichteter öffentlicher Darstellung seines

Vortragsabends nutzt, wohingegen die bisher besprochenen Texte durch rhetorische

und poetologische Mittel literarisch stilisiert sind. Schwitters spricht von Irreführung,

1384 Ebd. und Westheim 10.05.1920. 1385 Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 90-91. 1386 Beide Zitate: Ebd., S. 91. 1387 Sowohl „Tran Nr. 26 / An alle Kritiker“ als auch „Kritiker / Tran 27“ erschienen in der Einbecker Politurausgabe „Elementar. Die Blume Anna. Die neue Anna Blume“ von 1922 im Sturm-Verlag. „Tran 27“ wurde nochmals im Januar 1932 in der Zeitschrift „Der Sturm“ leicht verändert publiziert. 1388 Schwitters 1974, S. 40, Brief an Herwarth Walden vom 01.12.1920.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

311

weil er die Behauptungen des Kritikers für fragwürdig hält und dieser offenbar für zu

kurze Dauer in der Galerie von Garvens anwesend gewesen sei, um zu einem

gerechten Urteil zu gelangen. „Persönliche Abneigung ist kein Grund“, schreibt der

Merzkünstler in dem Brief und bittet den Kritiker, seinen Standpunkt zu begründen.1389

2.2 Die Tran-Texte und tran-ähnliche Schriften 1922

Tran 21 Rede am Grabe Leo Reins (In der Berliner Börsenzeitung 547 v. 27.11.1921)

In „Tran 21 / Rede am Grabe Leo Reins / (In der Berliner Börsenzeitung 547

v. 27.11.1921)“ greift Schwitters weniger die kunstkritischen Aussagen aus Leo Reins

Artikel „Grabrede auf Dada“ auf, sondern nutzt den Inhalt des Ausgangstextes als

Material für seinen Tran-Text. Daher finden sich in seiner Replik keine Zitate von Leo

Rein. Denn Schwitters verwendet das Material des Hypotextes als Paraphrasierung.

Der Merzkünstler reagiert auf die Zuschreibung der Merzkunst zum Dadaismus sowie

auf die Rede zum Ende der dadaistischen Bewegung, indem er die Behauptung des

Kritikers auf diesen zurück projiziert und ihn für tot erklärt. Das Ableben des

Kunstkritikers ist ein zentrales Motiv in „Tran 21“. Schwitters nimmt unterschiedliche

imaginative Rollen ein, um aus verschiedenen Perspektiven das Verhalten des

Kritikers posthum zu tadeln. In der Rolle eines Kriminalisten konstatiert er die

Todesursache:

„Ich bin Kriminalist, verschtehste? Selbstmord? Leider ja. Der Löw hat sich solange hinten in seinen eigenen Schwanz gebissen, bis er tot umfuhl. (Weniger gebräuchliches Imperfekt von fallen.) Nun lügt er da und schreit so sehr.“1390

Schwitters verschränkt die namensetymologische Substitution von Leo durch Löw mit

der Redewendung „die Katze beißt sich in den eigenen Schwanz“ und fasst den

umgangssprachlich umschriebenen Circulus vitiosus als einen Prozess mit tödlichem

Ausgang. Die Idee wird ironisch gebrochen durch die Darstellung als suizidale

Methode.

Mit moralisierendem Gestus schlüpft Schwitters sodann in die Rolle eines Geistlichen.

Dabei repliziert er die Kategorisierung der Merzkunst als Spielart des nach

Einschätzung Reins nicht mehr existierenden Dadaismus, indem er auf die sachlich 1389 Schwitters 2005/1921 – Antworten auf die Kritik, S. 92-93. 1390 Schwitters 2005/1922 – Tran 21, S. 94. Der Text fand sich erstmals publiziert im Januarheft von 1922 der Zeitschrift „Der Sturm“. Aufgrund des Zeitpunktes der Veröffentlichung wird der Text hier bei den Tran-Texten von 1922 geführt.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

312

falsche Verallgemeinerung des Kritikers und damit auf dessen mangelnden

Sachverstand aufmerksam macht:

„Ich bin Pastor und wende mich gegen Leos Lebenswandel, besonders an seinem Lebensabend, seine Grabrede auf meine Kunscht. Warum verallgemeinern Sie? (Allgemeinheit im All.) Wer gibt Ihnen z. B. ein Recht, etwas Dadaismus zu nennen, das sachlich MERZ und nicht dada ist? Ich meine meine Kunst. Wenn Sie nicht gut fundamentiert sind, dann wenden Sie sich nur gleich einer anderen Brangsche zu. Ick werde Ihnen mal fundamentieren.“1391

Den an der Gehaltsästhetik orientierten Ansatz Reins, aufgrund dessen der Kritiker

wegen der gebrochenen Semantik von „An Anna Blume“ zu der Einschätzung gelangt

ist, Schwitters sei ein Exponent des Dadaismus und seine Kunst Unsinn, korrigiert der

Merzkünstler mit inhaltlichen Argumenten. Er erklärt Rein, dass Merz Unwichtiges wie

Material sowie motivische Aspekte gleichwertig behandele und im Gegenzug die

konsequente formale ausdrucksorientierte Gestaltung zum Primat erhebe:

„Nach diesem fundamentalen Grundsatz frage ich Sie: Wer gibt Ihnen ein Recht dazu, ein Kunstwerk Unsinn zu nennen, weil sein Motiv Unsinn war. (Toter Kritiker, hören Sie eigentlich?) Sie verwerfen meine Kunstwerke, weil Sie nicht gut fundamentiert sind, infolge Verwechslung des Motivs mit der Gestaltung. Kunst ist niemals Unsinn. Kunst ist Logik. Jawohl, da staunen Sie! Sie aber verwechseln die Begriffe und begreifen Ihre Verwechslung nicht.“1392

Schwitters entgegnet nicht dem Argument des puren Wahnsinns, mit dem Rein den

Künstler zu diskreditieren versucht hat.1393 Der Merzkünstler verwehrt sich nur gegen

die „Verwechslung des Motivs mit der Gestaltung“, also dagegen, die inhaltliche und

motivische Sinnfreiheit auf die Bedeutung des Werkes als Ganzes zu projizieren und

stellt damit das geringe Differenzierungsvermögen des Kritikers bloß.

Am Textschluss erinnert Schwitters den Kritiker an „die übliche Rückwärtsbewegung

der Herren von der Kritik“, nachdem er ihn gebeten hat zurückzutreten, damit er seine

Lebenskraft unter Beweis stellen könne.1394 Wie in „Tran 18“ spielt Schwitters hier auf

die kunstkritische Trägheit der Kunstentwicklung gegenüber an, steigert das Motiv der

Bewegungslosigkeit allerdings durch das einer rückschrittlichen Veränderung der

Position.

Die erste kunstkritische Reaktion Reins, die der Kunstkritiker am 15. Januar 1920 als

Rezension zu „Anna Blume. Dichtungen“ veröffentlicht hatte, erwiderte Schwitters

1391 Ebd. 1392 Ebd. 1393 Vgl. Rein 1921.11.27. 1394 Schwitters 2005/1922 – Tran 21, S. 95.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

313

nicht.1395 Die Besprechung nimmt sich insofern sehr konventionell aus, als darin, wie in

vielen anderen zeitgenössischen Kommentaren, das Merzgedicht als „Künstlerulk“ und

als „Zeiterscheinung“ charakterisiert worden ist.1396 Der Artikel beinhaltet über

zahlreiche Zitate aus den Merzschriften hinaus keinen spezifischen Eigenwert. Außer

dem Rekurs auf Shakespeare, den Schwitters auch in der zweiten in „Tran 21“

erwiderten Rezension Reins ignoriert, enthält der Artikel keine sprachlichen oder

inhaltlichen Eigenheiten, die Schwitters künstlerisch verwerten konnte.1397 Daher

verarbeitete der Merzkünstler nur Reins zweiten Text, allerdings nur auf der

inhaltlichen Ebene, denn die formalen und sprachlichen Mittel der „Grabrede auf Dada“

haben ihm für eine Schrift im Merzstil eben einen sehr geringen Materialwert geboten.

Tragödie Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt

Während bei fast allen übrigen Antikritiken von Schwitters das Wort Tran im Haupttitel

zu finden ist, rückt es in „Tragödie / Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med.

Weygandt“1398 an die zweite Stelle. Die „Tragödie“, so der übergeordnete Titel der

Schrift, besteht - analog zu Nietzsches Tragödienauffassung - darin, dass der

Protagonist von seiner Individuation befreit und in literarischen Stoff transformiert

wird.1399 Die Lehre der Tragödie hat nach Nietzsche „die Grunderkenntnis von der

1395 Dass er in Erwägung zog, eine Antwort auf Reins Parodie von „An Anna Blume“ auszuarbeiten, zeigt eine Kurzschriftnotiz in der Kladde „Kritiken“, in die Schwitters den parodistischen Artikel einklebte. Darin ist folgender Textentwurf zu lesen: „Herrn Leo Rein (Neue Berliner 12-Uhr-Zeitung, 15. Jan. 20:) / „Jeder Kritiker, der in die Breite wirken will, wird sich bequemen müssen, zu kritisieren, statt Äußerlichkeiten aufzuzählen, und er wird einsehen, um wieviel schwieriger es ist, zu kritisieren als Kritiken zu schreiben, als wahllos Schmutz um sich zu werfen. [Diese Passage ist von Schwitters gestrichen worden, Anm. PK] (Der Poet hat eine Formel). Sie nehmen sich zu heilig und zu ernst. Sie sind aber gar nicht so. Mein Gedicht an Anna Blume ist nicht Afterpoesie. Jedoch Ihre Afterbesprechung hat ganz unnötigerweise den After Anna Blumes besprochen. Aber Ihnen sollte eine so zarte unanständige [Das Wort ist von Schwitters gestrichen worden, Anm. PK] Stelle doch ein wenig heilig sein; wenigstens in einer ernsten Kritik und nicht unanständig geradezu!“, zit. nach Kocher/Schulz 2014, S. 572. Ebenso wie die anderen oben erwähnten, gegen Carl Puetzfeld und Lothar Brieger gerichteten Entwürfe ist dieser Text im Vergleich zu den anderen publizierten Antikritiken im Merzstil und über die genannten fehlenden materialästhetischen Qualitäten des Hypotextes hinaus zu einseitig, was die antikritische Strategie und die rhetorischen Mittel betrifft, weshalb Schwitters vermutlich diesen Entwurf einer Replik nicht weiterentwickelte und veröffentlichte. Und ebenso deutet folgende Notiz zu einer weiteren Kritik in der Kladde „Kritiken“ daraufhin, dass Schwitters vorsah auf den mit Bf. gezeichneten Aufsatz mit einer Replik zu reagieren - „Herrn Bf, Kölnische Volkszeitung, 27.1.20 / Würden nicht in Tageszeitungen fortgesetzt Besprechungen ähnlichen Wertes wie die Ihrige, veröffentlicht, so bräuchte an sich um diese geistlosen Verrenkungen nicht zu bekümmern. Aber deshalb braucht doch nicht faustdicker Unsinn sich die Gebärde einer Kritik anzumaßen. O du arme Kritik!“, zit. nach Kocher/Schulz 2014, S. 549. Der mit dem Kürzel Bf. zeichnende Autor hat, ähnlich wie Leo Rein, Schwitters’ Gedicht „An Anna Blume“ verrissen und als „geistige[] Verrenkung[] bezeichnet, Bf.: Die Politik in der expressionistischen Poesie. In: Kölnische Volkszeitung, 27.01.1920. Die öffentliche Replik darauf erfolgte jedoch nicht. 1396 Rein 1920.01.15. 1397 Aus denselben Gründen reagierte Schwitters auch nicht auf die Rezension von Rudolf Paulsen über die „Merzdichtung“, die er in der Kladde „8uur“ aufbewahrte, vgl. Paulsen 1920.04.16. 1398 Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22, S. 97. Schwitters publizierte den Text erstmals in der Maiausgabe 1922 der Zeitschrift „Der Sturm“. 1399 Vgl. R. G. (= Galle, Roland): Tragödie. In: Bondy, François; Frenzel, Ivo; Kaiser, Joachim u. a. (Hgg.):

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

314

Einheit alles Vorhandenen, die Betrachtung der Individuation als des Urgrundes des

Übels, die Kunst als die freudige Hoffnung, daß der Bann der Individuation zu

zerbrechen sei, als die Ahnung einer wiederhergestellten Einheit“ beinhaltet. Diesen

Standpunkt veranschaulichte Nietzsche, an die Überlieferung erinnernd, nach der der

Held Dionysos als Kind von den Titanen zerstückelt wurde und „daß diese

Zerstückelung, das eigentlich dionysische Leiden“, gleichsam eine Transformation in

die vier Grundelemente sei und, „daß wir also den Zustand der Individuation als den

Quell und Urgrund alles Leidens, als etwas an sich Verwerfliches, zu betrachten

hätten.“ Die Annahme eines restituierten „kommenden dritten Dionysus“ aber stelle

eine neue Einheit in Aussicht.1400 Die Realisierung der Tragödie bleibe dem

„plastischen Künstler[]“1401 vorbehalten, der als Regisseur die Kunst „vor allem mit dem

Wort, mit der Dialektik“ zur Herrschaft bringen werde.1402

Im Unterschied zu Nietzsches Tragödienkonzept ist es allerdings nicht der Held, dem

in „Tran No. 22“ ein tragisches Schicksal widerfährt, sondern der kunstkritische

Hypotext, in dem Weygandt versucht hat, durch den insistierenden Vergleich von

Patientenbildern und Bildern von Avantgardekünstlern, u. a. von Schwitters’ Werken,

einen kausalen Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und der

Motivation von abstrakter Kunst aufzuzeigen, um die Künstler damit als psychisch

krank zu denunzieren. Schwitters realisiert im Gegenzug dazu als Künstler und damit,

nach seinem Selbstverständnis, als „uneingeschränkter Souverän“1403 seines

Kunstsystems die Tragödie durch Destruktion der textuellen Einheit der Kunstkritik und

Konstruktion eines neuen textuellen Gefüges. Mittels Separation aus dem Hypotext

und Integration in den Tran-Text werden die Teile aus Weygandts Aufsatz in

literarisches Material umgeformt, antikritisch verwertet, und zu einer neuen Einheit

zusammengesetzt. Die tendenziöse Einseitigkeit der Kritik wird somit durch die Kunst

aufgehoben.

Produktionsästhetisch folgt Schwitters dabei der Tradition der Tragödie seit der Antike,

unterschiedliche Stoffe aus dramatischen Hypotexten miteinander zu kontaminieren,

um diesen einen neuen Ausdruck zu geben. Ähnlich wie die Dichter der Aufklärung

entnimmt Schwitters aus der vorangegangenen literarischen Produktion, was ihm

Harenberg. Lexikon der Weltliteratur. Autoren, Werke, Begriffe. 5 Bde. Bd. 5: San-Z. Dortmund 1995, S. 2871–2873., S. 2872. 1400 Alle Zitate: Friedrich Nietzsche: Die Geburt der Tragödie, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 66595-66596 (vgl. Nietzsche-W Bd. 1, S. 62). 1401 Friedrich Nietzsche: Unzeitgemäße Betrachtungen, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm, S. 4225 (vgl. Nietzsche-W Bd. 1, S. 417). 1402 Friedrich Nietzsche: Nachgelassene Fragmente (1869-1870), in: Ders. (Kritische Gesamtausgabe), Abt. 3, Bd. 3 1978, S. 67-68, zit. nach Wolfgang Storch: Gesamtkunstwerk. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 2: Dekadent-Grotesk. Stuttgart u. a. 2001, S. 730–791, S. 757. 1403 Genz 2011, S. 269.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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brauchbar erscheint. Die Kombination von verschiedenen textuellen Versatzstücken,

aber auch die Einbindung von Bildmaterial sowie die Ausdifferenzierung der

typografischen Gestaltung dienen ihm insbesondere in diesem Tran-Text über die

„Mittelaktualisierung“ hinaus dazu, Analogien bzw. Oppositionen zur kunstkritischen

Auffassung seines Kontrahenten aufzustellen.1404 Mit der Analogie- bzw.

Oppositionsbildung bespiegelt er die Art des Kunstverständnisses von Weygandt aus

unterschiedlichen Perspektiven, worauf noch ausführlicher eingegangen wird.

Was die formale Anlage von „Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med.

Weygandt“ betrifft, ist kurz vorwegzunehmen, dass der Text aus alternierenden

Elementen unterschiedlicher Provenienz und Qualität besteht, die zu einer Parallel-

und in Teilen auch zu einer Kontrastmontage zusammengesetzt werden. Inhaltlich-

argumentative Passagen gegen Weygandt wechseln sich ab mit kunsttheoretisch

explikativen Sequenzen, mit Zitatfragmenten aus dem Vorlagentext von Weygandt und

Teilen einer Feuilletongeschichte mit dem Titel „Ein Frühlingsabend am Rhein“.1405 Die

Geschichte thematisiert den Besuch eines Frühlingsfestes und erinnert an die

Fremdtextfragmente in „Tran 18“, die das Dresdner Volksfest aufrufen. Die linear-

sequentielle Anordnung dieser in Blocksatz gedruckten Passagen wird unterbrochen

durch typografisch heterogen gestaltete, einmontierte Annoncen u. a. für Tran,

Klebstoff sowie für Merzbilder.

Außerdem montiert Schwitters Verse u. a. von Heinrich Heine in den Text. Mithin

vermischt er nicht nur literarische Gattungen wie Dramatik, Epik und Lyrik, sondern

auch unterschiedliche Textsorten z. B. Erzählung, Manifest, Werbetext, Gedicht und

Kunstkritik. Darüber hinaus vollzieht er eine Ausdifferenzierung typografischer

Gestaltung, wenn er etwa unterschiedliche Schrifttypen zusammenführt oder mit einer

Bild-Text-Relation operiert. Durch die Kontamination von verschiedenen Medien und

Texten wird eine „eigenartige [...] Mehrdeutigkeit“1406 erzielt, wobei die paratextuelle

Vorgabe im Titel das Hauptgewicht auf eine antikritische Lesart lenkt. Die inhaltliche

Dimension dieser medialen Verquickungen wird weiter unten beleuchtet.

1404 Walzel 1957/1929, S. 175 und 169-170. 1405 Zum inhaltlichen und antikritischen Hintergrund der Feuilletongeschichte, vgl. Hirtler 1985, S. 117-122. Gesine Hirtler untersucht diesen Text im Rahmen ihrer Magisterarbeit eingehend unter den Aspekten der Collagetechnik und der Annoncentypologie - vgl. ebd., S. 92-103 - sowie unter Berücksichtigung der inhaltlichen Bezüge zur Medizin, zur Moral des Geldes und zur Bedeutung von Zahlen bei Schwitters, vgl. ebd., S. 122-129. Bei der Montage von Werbegrafiken in die Tran-Texte handelt es sich nicht um das Photocollageverfahren, vielmehr werden die einzelnen Textsequenzen inklusive der typografischen Elemente neu gesetzt. Somit können die Fremdtextfragmente nachträglich auch modifiziert werden, vgl. ebd., S. 93-94. 1406 Genette 1993, S. 69.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

316

Die inhaltlich antikritisch angelegten Textteile zeichnen sich durch eine genaue

Argumentationsweise aus. Der Sachverstand einer breiten Leserschaft wird mit

reflektiert und der Manipulationsversuch entlarvt, indem Schwitters die Methoden von

Weygandt benennt.1407 Antikritischer Streitpunkt ist einmal der Missbrauch seiner

Autorität durch die Nennung der Titel „Dr. phil. et med.“, mit denen Weygandt ein

Urteilsvermögen vorspiegele, um seiner Leserschaft einen Kausalzusammenhang

zwischen „Kunst und Wahnsinn“ bei abstrakt schaffenden Künstlern zu suggerieren.1408

Zum anderen kritisiert Schwitters die Wahl des Distributionsmediums in Form einer

Tageszeitung anstatt einer fachwissenschaftlichen Zeitschrift, mit der Weygandt gezielt

eine unkundige Zielgruppe anspreche.1409 Außerdem knüpft Schwitters in den

manifestartigen Sequenzen der gegen Weygandt gerichteten Schrift wieder an die

Differenzierung zwischen verstandesmäßiger und künstlerischer Logik an, die zuvor in

„Tran 21“ implizit, in „Du meiner, ich deiner, wir mir / (Und Sonne Unendlichkeit lichten

die Sterne) / Offener Brief an Herrn Martin Frehsee“ explizit thematisiert worden ist.

Daher macht Schwitters insbesondere in „Tran No. 22“ die Abgrenzung der Logik der

Kunst von der des Verstandes zum Thema. Bei dieser Unterscheidung ist die

Eigengesetzlichkeit der Kunst und mithin das Primat der Form völlig abgekoppelt von

logisch korrekten Darstellungen der empirischen Welt. Ganz zu Recht weist Schwitters

darauf hin, denn der Kunstkritiker hat diese Trennung beim Vergleich der beiden

Kunstformen nicht getroffen und konnte somit dem Leser in beiden Fällen die gleiche

pathologisch bedingte Motivierung vermitteln.

Aus diesem Grund unterstreicht Schwitters die Bedeutung der Form für die moderne

Kunst. Dahingehend erläutert er insbesondere den essentiellen Stellenwert des

Rhythmus für die formale Gestaltung. Die für Merz hoch relevante „rhythmische[]

Wertung der Mittel“1410 veranschaulicht Schwitters in zweifacher Hinsicht in „Tragödie /

Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“. Inhaltlich zeigt sich das

rhythmische Moment im dynamischen Wechsel der erzählerischen und argumentativen

Sequenzen mit unterschiedlichem Aussagegehalt und verschiedenartiger

Sprachhaltung. Formal bestimmend sind die typografische, rhythmisierende

Gestaltungsweise und der Medienwechsel von bildlichen und textuellen Teilen

unterschiedlicher Kunstgattungen und Textsorten. Die Realisierung des rhythmischen

Aspektes erfolgt hier nicht wie in „Nichts tötet schneller als die Lächerlichkeit“ durch die

wiederholte Einbindung einer als Kehrvers fungierenden Phrase, sondern durch die

1407 Vgl. Hirtler 1985, S. 66. 1408 Vgl. Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22, S. 97-98. 1409 Vgl. ebd., S. 101. 1410 Ebd., S. 99.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

317

heterogene typografische Anlage und deren Gliederung in formale Gruppen.

Umrahmte Annoncen alternieren mit Textpassagen in Blocksatz, die optisch und

inhaltlich unterbrochen werden durch zentriert gesetzte Inserate. Um das optisch

Rhythmische zusätzlich zu betonen, verwendet Schwitters unterschiedliche

Schriftgrade und -schnitte. Sind die Schriftzeilen aufgrund der einheitlich gesetzten

Schrift in den Tran-Texten bisher geradlinig verlaufen, wird der Schriftsatz nun in einen

plastisch gestalteten Zeilenverlauf überführt. Die Variation der Zeilenlänge wie auch

der Schriftgröße, der Schriftart und des Schriftschnittes bestimmt dabei die

rhythmische Dynamik. Damit gewinnt die Collagetechnik ein Plus an grafischer

Ausdifferenzierung.

Schwitters’ Hinwendung zu typografischer Gestaltung im literarischen Werk setzte ein

in „Aufruf! (ein Epos)“, der im Dezember 1921 in der Zeitschrift „Der Sturm“

erschien.1411 Die Beschäftigung mit Typografie als bildkünstlerisches Gestaltungsmittel

findet sich bereits bei den ersten Merzzeichnungen und Merzbildern, in die Schwitters

Zeitungsausrisse oder wie in „L Merzbild L 3 (Das Merzbild.)“1412 den seiner Ein-Mann-

Bewegung namensgebenden Schriftzug MERZ aus „einer Anzeige der KOMMERZ

UND PRIVATBANK“ einklebte und so phänotypisch wertete.1413 In „Tragödie / Tran No.

22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“ und später in „TRAN 25 / Sämischgares

Rindleder“ experimentierte er mit der Montage von Anzeigenklischees und Zitaten aus

der Werbung in unterschiedlicher typografischer Differenzierung und erprobte so

Gestaltungsweisen, die ab 1923 in seiner Zeitschrift „Merz“ in elementarer und

eigenständiger Ausprägung zu finden sind.1414 „Thesen über Typographie“ formulierte

Schwitters erstmals 1925. Darin bringt er angewandte und freie Kunst in relative Nähe

zueinander, wenn er schreibt, „Typographie kann unter Umständen Kunst sein.“1415

Im Duktus der Werbesprache betont Schwitters in „Tragödie / Tran No. 22, gegen

Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“ von 1922 die Vorzüge seiner Merzkunst:

1411 Vgl. Kurt Schwitters: Aufruf! (ein Epos). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 60–63. 1412 Vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436. 1413 Schwitters 2005/1927 – Kurt Schwitters, S. 252. 1414 Im Merzheft „Nasci“, ein Gemeinschaftsprojekt mit El Lissitzky, setzten beide Künstler Standards für die Neue Typografie, vgl. Schmalenbach 1984/1967, S. 180-193. 1415 Kurt Schwitters: Thesen über Typographie. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 192. Zum typografischen Werk von Schwitters, vgl. Volker Rattemeyer; Dietrich Helms (Hgg.): „Typographie kann unter Umständen Kunst sein“. Ring neue werbegestalter. Ein Überblick. Kat. Ausst. Landesmuseum, Wiesbaden; Sprengel Museum Hannover; Museum für Gestaltung, Zürich. Wiesbaden 1990.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

318

Abb. 1

Die Länge der mittelachsial gesetzten Formteile korrespondiert mit der Länge der

Abschnitte im Blocksatz.1416 Auf die sukzessive Ausdehnung der alternierenden Teile

folgt eine Verkürzung der letzten beiden Abschnitte und damit eine formale

Dynamisierung, die sich semantisch in der Wendung an Weygandt spiegelt und die

Aufmerksamkeit des Lesers auf dessen einseitige gehaltsästhetische Auffassung lenkt:

Abb. 2

In den zitierten manifestartigen Passagen macht Schwitters explizit, dass die Werbung

integraler Bestandteil seiner Kunst wie auch seiner metaartistischen

Programmschriften ist. Jene dienten ihm, wie anderen Avantgardekünstlern auch, zur

Werbung für die eigene Kunst.1417 In den typografisch hervorgehobenen Textstellen in

1416 Vgl. Hirtler 1985, S. 112. 1417 Vgl. Thomas Wegmann: Dichtung und Warenzeichen. Reklame im literarischen Feld 1850-2000. Göttingen 2011, S. 202-214.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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„Tran No. 22“ reflektiert Schwitters die Strategien der Werbung und erhebt die „für die

Werbekommunikation so fundamentale nichtsemantische Wirkungsweise über die

Typografie […] zur alleingültigen poetischen Wirkungsweise“.1418

Ein wichtiges Prinzip bei der Umsetzung von Werbestrategien sei, so Schwitters, „die

aufmerksamkeit auf ein ding lenken“.1419 Aufmerksamkeit zu wecken, steht auch an

erster Stelle der Aida-Regel (A = Attention, I = Interest, D = Desire, A = Action), die

Elmo Lewis 1898 entwickelt hatte. Diese Formel diente nachfolgenden

Marketingmodellen als Vorbild. Für eine werbewirksame Gestaltung empfiehlt die

Werbepsychologie, die Orientierung an den Konsumenten, die Kongruenz in Form und

Inhalt der Informationen, die Prägnanz des Layouts im Hinblick auf die Gestaltgesetze,

eine einfache Gestaltung, die Gewichtung verbaler und visueller Aussagen, die

Innovation der Informationen, Kreativität, Glaubwürdigkeit, Kontinuität des

Erscheinungsbildes sowie Wiederholung der Werbebotschaften.1420 Ebenso ist das

Erzielen von konzentrierter Bewusstheit aus wahrnehmungspsychologischer

Perspektive von entscheidender Relevanz. Diese lässt sich durch die Intensivierung

physischer Reize, durch so genannte Anmutungen, also Reize, die mit affektiven

Bedeutungsinhalten und Gefühlsassoziationen verknüpft sind, und durch die

Berücksichtigung der Gestaltgesetze bewirken.1421 Diese Grundsätze resümiert

Schwitters im Wesentlichen in der Schrift „Die neue Gestaltung in der Typographie“ und

realisiert sie in seiner Tran-Schrift gegen Weygandt, indem er die positiven

Eigenschaften von Merz typografisch hervorhebt.1422

Die typografisch differenzierten Elemente erfüllen zudem formal, ähnlich wie die

Fremdzitate als Montageteile, die Funktion, den Verlauf des Textes zu unterbrechen

und diesen in verschiedene inhaltliche Ebenen zu zergliedern, die ohne semantischen

Zusammenhang nebeneinander stehen, aber assoziativ aufeinander bezogen sind. In

dem gezeigten Beispiel setzt Schwitters Passagen unterschiedlichen Inhalts in eine

rhythmisch gleichmäßig gegliederte Abfolge und thematisiert die medizinische Wirkung

und die Vorzüge von Merzbildern, verquickt mit werbenden Empfehlungen zur

Vorbeugung von Krankheiten und alternierend mit Auszügen aus seiner Kunsttheorie,

als künstlerischer Reflex auf die Vorwürfe Weygandts.

1418 Urs Meyer: Poetik der Werbung. Berlin 2010, zugl. Habil.-Schr. Univ. Fribourg 2006, S. 278. 1419 Schwitters 2005/1930 – der ring neue werbegestalter. 1420 Vgl. Klaus Linneweh: Werbepsychologie. In: Geffken, Michael (Hg.): Das große Handbuch der Werbung. Landsberg a. Lech 1999, S. 187–196, S. 195-196. 1421 Vgl. ebd., S. 189-190. 1422 Vgl. Kurt Schwitters: Die neue Gestaltung in der Typographie. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 214–230.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

320

1423

Abb. 3 In dieser Passage korreliert der Merzkünstler zwei Schriftarten mit unterschiedlicher

optischer Qualität. Ist das Schriftbild in den antikritischen Schriften aufgrund der Wahl

neutraler und einheitlicher Drucktypen zuvor nur plastisch mittels kenntlich gemachter

Einschübe gestaltet worden, operiert Schwitters hier mit verschiedenen fakturalen und

texturalen Werten. Schwitters setzt die klarere Schriftart Antiqua gegen die gebrochene

Frakturschrift, in der Weygandts Artikel gesetzt ist und die in den 1920er Jahren

zunächst im Bereich des Buchdruckes und dann auch in Zeitungen von der modernen

Antiqua abgelöst wurde. Das Zeitungsfragment, das Schwitters als repräsentativen Teil

aus der Kritik Weygandts ausschneidet, setzt er neu und fügt es zwischen zwei, in

Antiqua gedruckten Textkomponenten ein.1424 Eine derartige typografische

Konstellation kann als „Mutation“ bezeichnet werden, die „auf dem radikalen Wechsel

des Systems von Bedeutungen [basiert], das in diesen Textstücken seine Form des

Ausdrucks findet; es ist kein sprachliches, sondern ein nichtsprachliches

Bedeutungssystem“.1425

Der Ausgangstext wird sowohl durch die Dekontextualisierung und Neubearbeitung als

auch durch den kommentierenden Nachsatz semantisch entformelt. Schwitters

vergegenwärtigt den antikritischen Gehalt nicht auf der inhaltlichen, sondern auf der

formalen Ebene, wertet er doch in der Typografie kaum noch gebräuchliche alte

Schrifttypen gegen die klarer strukturierte und daher zeitgemäßere Antiqua.

Diese Konfrontation ruft den Streit um Fraktur und Antiqua in Erinnerung. Seit der

Bibelübersetzung Luthers stand die Frakturschrift in enger wertbesetzter, konnotativer

Verbindung mit der deutschen Sprache. Die Antiqua-Schrift hingegen galt seitdem als

deren formaler wie auch inhaltlicher Gegensatz. Virulent wurde der Schriftstreit

erstmals um 1800, innerhalb dessen die nationale Konnotation der gebrochenen Schrift 1423 Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22, S. 103. Schwitters zitiert hier aus Weygandt 1921.11.27. 1424 Die durch textuelle Einklammerung charakterisierte Gestaltungsweise erinnert an das Verfahren der Zitatmontage in „Tran Nr. 17“. 1425 Beide Zitate: Helmut Glück: Schrift und Schriftlichkeit. Eine sprach- und kulturwissenschaftliche Studie. Stuttgart 1987, S. 238, zit. nach Wehde 2000, S. 51.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

321

explizit zum Thema gemacht wurde.1426 Während Exponenten der Aufklärung und der

Klassik im Hinblick auf eine interkulturelle Öffnung Deutschlands für die im Ausland,

v. a. in Frankreich verwendete Antiquaschrift plädierten, setzten sich die Nationalisten

für die gebrochene Schrift ein. Im Zuge der napoleonischen Besetzung und durch das

erstarkende Nationalbewusstsein wurde die Fraktur zum Symbol für die kulturelle und

politische Eigenständigkeit Deutschlands gegenüber Frankreich.1427 Bezüglich der

inhaltlichen Akzentsetzung auf deutschnationales und völkisches Gedankengut erfuhr

der Streit um die Schriftarten um 1900 einen Höhepunkt und entwickelte sich zum

„Kulturkampf“, der eine Ideologisierung der Schrifttypen nach sich zog. In

rechtskonservativen Kreisen wurde die Fraktur zum „Kollektivsymbol des Deutschen,

d. h. zur Projektionsfläche deutscher Identität und zum Garanten der Einheit von

Nation und Volk“ erhoben. Nach dem Ersten Weltkrieg stilisierten Rechtskonservative

die Frakturschrift zur identitätsstiftenden Instanz für das deutsche Volk. Auf der Seite

der künstlerisch oder gestalterisch Schaffenden hingegen waren es v. a. die

Fortschrittlichen, die die als unzeitgemäß empfundene, gebrochene Schrift auch wegen

ihrer spezifischen konnotativen Aufladung ablehnten. Sie favorisierten die Antiqua

aufgrund ihres klareren Schriftbildes und mithin wegen der besseren Lesbarkeit, um

die Typografie in ihren formalen und funktionalen Ausprägungen zu modernisieren.1428

Vor diesem Hintergrund und mit der Integration der Geschichte „Ein Frühlingsabend

am Rhein“ sowie des hier nachfolgend abgebildeten Biedermeierkleides verortet

Schwitters Weygandt und dessen kunstkritische Denkweise im frühen 19. Jahrhundert.

Die Nennung des Grenzflusses zwischen Deutschland und Frankreich als patriotisches

Symbol dient dem Merzkünstler dabei ebenso wie die Frakturschrift zur Abgrenzung

gegen eine andere Kultur. Schwitters spielt hier in Analogie zu Weygandts

Verfahrensweise zwei Erscheinungen gegeneinander aus, mit dem Ziel moderne

Erscheinungsformen - mit Blick auf Frankreich könnte die Collagetechnik hier implizit

aufgerufen sein, ist diese neue Gestaltungsweise doch eben in diesem Land zur

Kunstform erhoben worden - aufzuwerten und traditionelle Phänomene zu

marginalisieren. Weygandt wiederum hat versucht, die moderne Kunst abzuwerten und

damit von dem Bereich der Hochkultur abzutrennen. Da dem Kunstkritiker die

Loslösung von der Wirklichkeit in der Kunst als Indiz für eine psychische Erkrankung

1426 Vgl. Wehde 2000, S. 219. 1427 Vgl. ebd., S. 227 und 238. 1428 Beide Zitate: Ebd., S. 246 und vgl. ebd., S. 247. Zur Ideologisierung des Schriftstreites, vgl. ebd., S. 248-250. Mit der typografischen Anlage des Textes und insbesondere mit dem Wechsel zweier Schriftarten greift Schwitters die Praxis der Zeitungen auf, Anzeigen mit redaktionellen Komponenten zu vermischen, und macht so die Divergenz zwischen journalistischen Standards und ökonomischen Interessen deutlich und das in Analogie zu Weygandts ideologischer Vorgehensweise, pseudowissenschaftliche Erkenntnisse in populären Medien „als dem gesellschaftlich anerkannten Ort von Faktizität als wissenschaftliche Tatsachen“ zu vermitteln, ebd., S. 407.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

322

des Künstlers galt, führte er seinen eigenen „Kulturkampf“ gegen die Avantgarde mit

den Mitteln der Psychopathologie. Schwitters wiederum antwortet mit künstlerischen

Mitteln.

Mithin spricht Schwitters mit der Einbindung eines Teiles aus Weygandts Artikel, der

Wertung der beiden Schriftarten sowie der Empfehlung von Merz für „das Wohl Ihrer

Familie“ die Oppositionsschemata alt versus neu, deutsch versus nichtdeutsch, krank

versus gesund und national begrenzt versus weltoffen an, die in den zeitgenössischen

Kritiken häufig thematisiert wurden. Die polarisierende Haltung Weygandts aufgreifend

visualisiert der Merzkünstler mittels der beiden Schrifttypen mit ihren seinerzeit

üblichen Semantisierungen den Gegensatz zwischen der gehaltsästhetischen

Auffassung der Kunstkritik (Abb. 2) und der formalästhetischen, an zeitgemäßen

Erscheinungsformen orientierten Position progressiver Künstler (Abb. 1).

Zur weiteren Verstärkung der antikritischen Stoßrichtung des Textes fügt Schwitters die

Abbildung eines Kleides im Biedermeierstil als Zeichen für die kunstkritische Quelle

von Weygandt in den Tran-Text ein und betont damit zusätzlich die Antiquiertheit des

Kritikers. Denn damit, wie auch mit dem Einsatz der aus Weygandts Artikel

entnommenen Frakturschrift, erweckt er den Eindruck des Vergangenen,

Geschichtlichen und verstärkt den diesbezüglichen Gegensatz zu seiner

avantgardistischen Position und zur modernen und zeitgemäßen Schrift.

Abb. 4 Der grafischen Darstellung, durch die er den Text piktoralisiert,1429 schickt Schwitters

folgende sukzessiv erweiterten Parallelismen voran, um die antikritische Wirkung des

bildlichen Zeichens zu steigern:

1429 Vgl. Wolfgang Max Faust: Worte werden Bilder. Zum Verständnis von bildender Kunst und Literatur im 20. Jahrhundert oder vom Anfang der Kunst im Ende der Künste. München 1977, S. 198. Aus der Verknüpfung von Schrift und Bild entstehen hybride Kunstformen, die sich „in der Typographie als einem tertium comparatonis“ treffen, Reinhard Döhl: Poesie zum Ansehen, Bilder zum Lesen? Notwendiger Vorbericht und Hinweise zum Problem der Mischformen im 20. Jahrhundert. Gestaltungs- und

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

323

„ein Bild aus der lieben alten Zeit [...] ein Bild aus der schönen alten Zeit [...] ein Bild aus der seligen alten Zeit“ […] ein Bild aus der nie wiederkehrenden alten Zeit [...] „ein Bild aus der alten Zeit, in der Sie sich so wohl fühlten, damit Sie nicht traurig sind“.1430

Das Bild und der Text erhellen sich inhaltlich wechselseitig und verweisen auf die

zeitliche Verortung der Kunstauffassung Weygandts, konkreter auf die Zeit der

Restauration, in der die alten Herrschaftsstrukturen wieder hergestellt und die

europäischen Grenzen nach der napoleonischen Fremdherrschaft neu geordnet

worden sind. In der Kunst des Biedermeier herrschten realistische und idealisierte

Darstellungen vor, wie sie Weygandts Verständnis einer „gesunden“ Kunst

entsprachen. V. a. solides Können galt in der Biedermeierzeit wie auch in der

Kunstauffassung Weygandts als wesentliches künstlerisches Prinzip. Durch die

Wiederkehr des syntaktisch identisch organisierten Sprachmaterials in der zuletzt

zitierten Passage lässt Schwitters einen gleichmäßigen, einförmigen Rhythmus sich

entfalten. Das immer gleiche Schema des Parallelismus korrespondiert dabei mit den

immer gleichen Forderungen „aus der schönen alten Zeit“, womit der Merzkünstler die

Analogiebildung zwischen Weygandts Einstellung und dem Zeitgeist des Biedermeier

zusätzlich eindringlich und einprägsam macht.

Parallel und entgegengesetzt zum Biedermeier verlief die Bewegung des Vormärz,

deren demokratische Bestrebungen v. a. im Werk Heinrich Heines literarischen

Ausdruck fanden.

Bezeichnend für diese pluralistische Situation zu Beginn des 19. Jahrhunderts lässt

Schwitters dem Abbild des Biedermeierkleides eine Strophe aus Heines Ballade

„Schelm von Bergen“ folgen:

„Und die Trompeten schmettern drein, Der närrische Brummbaß brummt, Bis endlich der Tanz ein Ende nimmt Und die Musik verstummt.“1431

Heine hat darin die karnevalistische Umkehrung der etablierten Ordnung von Adel und

Volk thematisiert. Schwitters wiederum macht die volkstümliche und derbe Blasmusik

zum Thema, wenn er die fünfte Strophe aus der Ballade ausschneidet und an das

Ende seines Textes platziert. Der Grund für die Einbindung der Verse Heines liegt

indes nicht nur in werkimmanenten Überlegungen, sondern auch in der Person des

Gesellschaftsgeschichte. In: Weisstein, Ulrich (Hg.): Literatur und bildende Kunst. Ein Handbuch zur Theorie und Praxis eines komparatistischen Grenzgebietes. Berlin 1992, S. 158–172, S. 169. 1430 Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22, S. 103. 1431 Ebd., S. 104 und vgl. Heinrich Heine: Romanzero, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 243686 (vgl. Heine-WuB Bd. 2, S. 16-17): „Und die Trompeten schmettern drein, / Der närrische Brummbaß brummet, / Bis endlich der Tanz ein Ende nimmt / Und die Musik verstummet.“

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Verfassers. Heine wird hier nicht nur zitiert, weil er einer der ersten deutschen

Schriftsteller war, der „den Spielraum der sprachlichen Mittel ausnutzt[e]“ und die

Eigenwertigkeit der Sprache hervorhob,1432 womit Schwitters ihn als Legitimationsfigur

für seine Kunst nennt. Auch Heine setzte sich mit Ironie und Witz für die künstlerische

Freiheit, v. a. aber für die Meinungsfreiheit und Demokratie ein und ging gegen

restaurative Kräfte vor. Der versuchten Anwendung einer „Ideenguillotine“ - bei Heine

als Synonym für die Zensur verwandt - seitens Weygandts begegnet Schwitters

ebenso wie Heine den zensurbehörlichen Einschränkungen mit hintergründigem

Humor.1433

Mit dem intertextuellen Verweis auf den „Schelm von Bergen“ führt Schwitters zudem

„schon gegebene Rhythmen“1434 in seinen Tran-Text ein, die er insofern modifiziert, als

er die veraltete Flexionsform in eine moderne wandelt. Der Merzkünstler bewirkt

außerdem mit dem Zitat, das eine konkrete Art von Musik beschreibt, auch eine

Musikalisierung durch Thematisierung als einen Typus von verdeckter

Intermedialität.1435

Tran Nr. 30 AUGUSTE BOLTE (ein Lebertran.)

Die Abbildung des Biedermeierkleides als Sinnbild für die Kunstkritik (Abb. 4) findet

sich auf der Titelseite von „Tran Nr. 30. Auguste Bolte (ein Lebertran.)“ wieder, den

Schwitters am 22.7.1922 fertig stellte.1436 Im Unterschied zu den personenbezogenen

Antikritiken wählt der Merzkünstler für diesen allgemein gegen die Kunstkritik

gerichteten Tran-Text eine reiner ausgeprägte narrative Texttypologie.1437 Nicht nur der

Titel, sondern auch die Lesart der Erzählung als Parabel auf die Kunstkritik reihen den

Text ein in die Gruppe der Tran-Schriften.1438 In „Tran Nr. 30“ lässt Schwitters die

Protagonistin einer Gruppe von Leuten folgen, die sich fortlaufend teilt. Um den

1432 Karsten Imm: Absurd und grotesk. Zum Erzählwerk von Wilhelm Busch und Kurt Schwitters. Bielefeld 1994, S. 84. 1433 Heinrich Heine: Einleitung zu „Kahldorf über den Adel“ in Briefen an den Grafen M. von Moltke, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm, S. 247592 (vgl. Heine-WuB Bd. 4, S. 279). 1434 Kurt Schwitters: Schloß und Kathedrale mit Hofbrunnen. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 95–96, S. 96. 1435 Vgl. Wolf, W. 1999, S. 44. 1436 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 68. Erstmals veröffentlicht wurde „Tran Nr. 30“ 1923 als selbständige Publikation im Sturm-Verlag. 1437 Vgl. Friedrich, H.-E. 2009, S. 195. 1438 Zu weiteren hier relevanten Analysen von „Tran Nr. 30“, vgl. Friedrich, H.-E. 2009, Fux 2007, S. 95-107 und Kemper 1972. Das Sinnbild ist nochmals auf einer collagierten Werbepostkarte für Schwitters’ Mai-Ausstellung im „Sturm“ 1922 unter der Überschrift „Moderne Kunst oder Wahnsinn“ zu finden. Hier bringt Schwitters den Artikel von Wilhelm Weygandt in Zusammenhang mit Auguste Bolte, denn er schreibt an Margarthe Dexel mit einem auf das Kleid gerichteten Pfeil: „Dieses ist Auguste Bolte“, vgl. Schwitters 1974, S. 65 und die Abbildung auf S. 66-67, Brief an Grete Dexel vom 14.07.1922.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

325

Anschluss nicht zu verlieren, läuft diese aus einem inneren Zwang heraus

abwechselnd mal dem einen und mal dem anderen Teil hinterher, ähnlich wie die

Kunstkritiker den Avantgardestilen aus Schwitters’ Sicht. Auguste Boltes Verhalten ist

demnach eine Metapher für die kunstkritische Herangehensweise. Wie die

Kunstkritiker richtet Auguste ihre Aufmerksamkeit auf neue, ihr verdächtig

erscheinende Ereignisse, wie diese kann sie wichtige Vorkommnisse nicht von

unbedeutenden unterscheiden, verschafft sich durch inadäquate und an

verstandesmäßigen Grundsätzen und Schulwissen orientierte Handlungen Autorität

und ist unfähig zu zwischenmenschlicher Kommunikation.1439

Der gegen Ende der Erzählung auftauchende Richard Eckemecker ist der Gegenpart

zu Auguste Bolte, der im Gegensatz zu ihr eher ein Instinktmensch denn ein

Verstandesmensch ist.1440 Das legt es nahe, ihn einstweilen der Denkweise Schwitters’

gemäß als Sinnbild für den Künstler zu deuten, der seiner künstlerischen Intuition folgt

und die verstandesmäßige Logik ignoriert, während Auguste mit ihrer vermeintlich

logischen Vorgehensweise und der Art ihrer Welterfassung zunächst als Sinnbild für

die Kunstkritik erscheint. Wenn Eckemecker aber zudem als scheuer Charakter mit

Scheuklappen dargestellt wird, der Angst vor Tieren und gleichzeitig eine Scheu vor

Menschen hat, ein Wesenszug, den Schwitters in der Erzählung mit der Eigenschaft

von Pferden verbindet,1441 dann oszilliert seine Figur ebenso wie die Augustes

zwischen der Versinnbildlichung sowohl der Kritik als auch der Kunst bzw. des

Künstlers.1442 Denn Schwitters sieht die Kritiker als Träger von Scheuklappen oder

setzt diese sehr häufig gleich mit Tieren. Eckemecker wiederum zeigt sich skeptisch

Menschen sowie Tieren gegenüber, wie eben auch der Künstler gegenüber dem

Kritiker. Zudem wird Eckemecker charakterisiert als hochsensibler und „weibischer“1443

Mensch, der in manchen Situationen zu hysterischem Verhalten neigt und damit

Persönlichkeitsmerkmale aufweist wie sie Künstlern seitens der zeitgenössischen

Kritiker zugeschrieben wurden.1444

1439 Vgl. Kemper 1972, S. 56-57. 1440 Vgl. ebd., S. 59. 1441 Vgl. Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 89. 1442 Kemper bezieht die Deutung als Sinnbild für die Kritik und für den Künstler nur auf die Protagonistin, vgl. Kemper 1972, S. 56 und 64: Insofern sich Augustes Verhalten ausnehme wie das einer Paranoikerin und ihre Art zu denken Parallelen sowohl zur Logik der Schizophrenen als auch zur künstlerischen Logik aufweise, könne die Protagonistin als „Sinnbild für den Künstler seiner Zeit“ stehen, zumal einige Kritiker diese Zusammenhänge explizit erwähnten. Auf die antikritische Dimension des Textes bezogen bedeutet die Darstellung von Auguste als Paranoikerin eine Projektion der Vorwürfe Weygandts auf die Protagonistin resp. auf die Kunstkritik, für die sie als Sinnbild steht. 1443 Georg Jäger: Auguste Bolte wußte immer, was sie wollte. In: Erlhoff, Michael; Guckel, Sabine (Hgg.): Kurt Schwitters Almanach (= Veröffentlichung des Kulturamtes der Stadt Hannover 3). Hannover 1984, S. 37–53, S. 47. 1444 Vgl. Brieger 1919.07.09.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

326

Im Untertitel von „Tran Nr. 30“ nennt Schwitters eine weitere, medizinische

Bedeutungsdimension seiner Tran-Texte. Lebertran wurde v. a. zur Vorbeugung von

Rachitis eingenommen. Der Schwittersschen Logik nach verabreicht der Merzkünstler

mithin durch die Publikation der Tran-Texte seinen Kritikern Lebertran zur Behandlung

ihrer mentalen Beschränktheit.1445 Die „Doktorarbeit mit Fußnoten“, wie der Autor in

den Vorbemerkungen schreibt, ist „I. AUGUSTE / II. Der Kunstkritik / III. Der Fakultät

Leb, / IV. Allen meinen lieben Freunden“ gewidmet.1446 Die der Widmung nachfolgende

Einleitung der Auseinandersetzung, die Schwitters in etwas abgewandelter Form

nochmals als „Tran 24 / die Schwanenjungfrau / Was man kaut, wird Brei“

veröffentlichte,1447 beinhaltet ein „merkwürdiges Sinnbild für die brave Kkunstkkritik“.1448

Das in „Tran Nr. 30“ als Schema in Gestalt eines mit dem Haupt- und Subtitel von

„Tran 24“ gerahmten leeren Rechteckes gezeigte Sinnbild wird in der späteren

Fassung durch eine Gestalt im biedermeierlichen Kleid ersetzt:

Abb. 5

Bei dem „Sinnbild für die brave Kritik“ handele es sich um „eine naturgetreue

Nachbildung aus den Kritiken in Tageszeitungen“, so Schwitters. Die „sogenannte

Tageskunstpresse“ habe weder Arme noch Beine. Anstatt des Kopfes besitze sie

lediglich einen Kleiderhaken, an dem der Tageskunstjournalismus hängt. Sie kann sich

demnach weder zu Fuß bewegen noch kann sie mit den Händen greifen. Zum Denken

ist ein Ersatzkopf beigefügt, der den „eigentümlich bellenden Ausdruck der Kunstkritik“

zeige. Das Sinnbild als Einleitung der Doktorarbeit diene der Bestechung der Kritik,

„damit sie meinem Buche recht gute Zensuren schreibt.“1449 Mit der Wahl eines

Kinderkleidchens für sein Sinnbild knüpft Schwitters an den Diskurs über den

Infantilismus in der Kunst an, insbesondere wie ihn Curt Glaser in Bezug auf die

1445 Vgl. Kemper 1972, S. 56. 1446 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 69. 1447 Vgl. Schwitters 2005/1922 – Tran 24. „Tran 24“ erschien erstmals im März 1924 in der Zeitschrift „Der Sturm“. Der Untertitel „die Schwanenjungfrau“ stellt durch die Wortkreuzung von „Jungfernstieg“ an der Binnenalster und „Schwanenhäuschen“ an der Außenalster einen Zusammenhang zu Hamburg, Weygandts Wirkungsort her, vgl. Nill 1990, S. 279. 1448 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 70. 1449 Alle Zitate: Ebd., S. 70-71.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

327

Merzkunst thematisiert hat, und projiziert die Vorwürfe durch bildliche Verarbeitung

zurück.1450

Innerhalb des Haupttextes versucht Auguste, indem sie fortwährend der sich teilenden

Gruppe hinterherläuft, den Sinn des Lebens zu erforschen. Auf der Basis der daraus

gewonnenen empirischen Erkenntnisse gedenkt sie ihre Dissertation in der Fakultät

Leb. zu verfassen. Bei der Verfolgung der „1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 Menschen“ geht

sie nach streng wissenschaftlichem Prinzip etwa „in bezug der Gehungsdauer“1451 vor,

denn „[a]uf das System kommt es immer an.“1452 In dem permanenten Versuch, die

Ursache und die Bedeutung des menschlichen Verhaltens und die Entwicklung des

Lebens zu durchdringen, scheitert sie jedoch, wie die Kritiker bei der Beurteilung der

Merzkunst,1453 schlägt doch die Ergründung der Verhaltensweise der verfolgten

Personengruppe eben wegen der abwegigen Herangehensweise Augustes fehl.

Schwitters spielt ein hermeneutisches Spiel mit den Sinnebenen und damit mit einer

wissenschaftlichen Methode, ein Kunstwerk zu interpretieren. Diese Sinnbefragung

wird hier zum literarischen Thema.

Die Einfügung von diversen Paratexten ersetzt weitestgehend den montierten

Textkorpus der bisher verfassten Textcollagen, wenn Schwitters hier zwischen

Haupttext und Begleittexten differenziert. Ein der Erzählung vorangehendes Motto und

Gedicht sowie die „Tran Nr. 30“ beigefügten Fußnoten sind aufgrund ihres

tautologischen Verhältnisses zum Haupt- bzw. Erzähltext Ergänzungen, deren

paratextueller Charakter durch die Isolierung vom Kernstück des Textes erkennbar ist.

Die an die Kunstkritik gerichtete Einleitung und ein Nachwort bilden als nicht zum

Basistext gehörende Teile eine Klammer um die Erzählung.1454

Schwitters weist das dem Kerntext vorangestellte Gedicht -

„Gedicht: O Mensch, tu dieser nichts zu leide, Die ist kein Bleistift, sondern Kreise. Sie hat Berechtigung zu denken. Drum wolln wir ihr nich weiter kränken.“1455

- explizit als solches aus und betont damit den Status der literarischen Gattung Lyrik.

Der paratextuelle Bezug des Gedichtes zum Haupttext ist, was das literarische

1450 Vgl. Zahn 1920 (02) und s.w.o. Kap. 1.1.1. 1451 Beide Zitate: Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 74. 1452 Ebd., S. 77. 1453 Vgl. Nündel 1999, S. 43. 1454 Diese Paratexte geben „Tran Nr. 30“ einen manifestartigen Charakter, vgl. Friedrich, H.-E. 2009, S. 205. 1455 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 69.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

328

Verfahren betrifft, vorwegnehmender Natur, handelt es sich doch um ein

Collagegedicht, das „Tran Nr. 30“ als Textcollage narrativen Typs vorangestellt ist.1456

Zudem erweist sich „Auguste Bolte“ als eine Montage unterschiedlicher Textsorten, wie

Erzählung, Gedicht, wissenschaftlicher Arbeit.1457 Den Erzählverlauf des Basistextes

wiederum bricht Schwitters mit einer Wendung des nun auktorialen Erzählers an den

Leser zum Ende des Textes hin abrupt ab. Wenn Schwitters darin dem Rezipienten

erklärt, dieser habe „kein Recht, jedenfalls kein Recht, im Kunstwerk irgend etwas zu

erfahren“1458, so endet „Tran Nr. 30“ wiederum deutlich kunsttheoretisch. Mithin stellt

Schwitters nicht nur unterschiedliche literarische Genres nebeneinander, sondern gibt

der Erzählung mit der Textbezeichnung als Doktorarbeit und den Anmerkungen den

Anschein eines nicht-literarischen, teils wissenschaftlichen, teils programmatischen

Textes. Hat Schwitters in den bisher analysierten antikritischen Texten theoretisch-

reflexive Sequenzen als diesem hinzugefügte Elemente eingestreut, so lässt er hier

den narrativen Haupttext von Gebrauchstexten und literarischen Versatzstücken

flankieren, womit er unterschiedliche Textsorten wie auch verschiedene Gattungen der

Literatur vermischt und damit die bisher gültige Auffassung von Literatur aufhebt.

Analog zur Rezeption des Konstruktivismus in seinen Bildwerken gliedert er „Tran Nr.

30 / Auguste Bolte / (ein Lebertran.)“ somit wesentlich strenger als andere Tran-Texte.

Neben der oben erwähnten Lesart von „Tran Nr. 30“ als Parabel auf die Kunstkritik

zeigt sich noch eine weitere antikritische Dimension des Textes. Zum einen fügt

Schwitters, über die ironischen Momente wie die Widmung, das Sinnbild und die

Bestechung der Kunstkritik hinaus, noch einige offene Hinweise auf seine antikritische

Haltung in Form von Fußnoten in den Text ein.

Im Laufe der Verfolgung der Personengruppe entledigt sich die Protagonistin ihrer

Kleider, um schneller laufen zu können, was ihrer Autorität nicht schade, auch wenn

sie „nur im Unterrock dastand“, so heißt es im Erzähltext. Dem ist als Fußnote „11)

etwa wie die Kunstkritik“ beigefügt.1459 Das Motiv der Entblößung bis auf die

Unterwäsche ist gleichzeitig ein intratextueller Verweis auf die antikritische Schrift

„Berliner BörsenKukukunst“, in der Schwitters die Vermerzung eines Kritikers, eines

1456 Das Verfahren, Gedichte in Prosatexte zu montieren, setzt nach formalistischer Auffassung eine bestimmte Motivierung voraus, etwa als Motto, das der „Entblößung des Verfahrens“ dient, Viktor Šklovskij: Literatur ohne Sujet (1921). In: Striedter, Juri (Hg.): Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa. 2 Bde. Bd.1. München 1971, S. 33–58, S. 49. 1457 Vgl. Fux 2007, S. 96. 1458 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 93. 1459 Beide Zitate: Ebd., S. 82.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

329

Wäscheartikels und einer Tageszeitung zu einem Merzkunstwerk „als Gegengabe für

seinen deliciösen Unterrockartikel“ demonstriert.1460

Der Satz „Auguste war schon als Kind ein gescheiteltes Mädchen gewesen“ wird in

einer Anmerkung durch die Erläuterung „12) s. Kritiker“ ergänzt.1461 Die

anspielungsreichen Kreuzungen der Wörter gescheit, gescheitelt - im Sinne von brav -

und gescheitert zu „gescheitelt“ stehen hier für die Ambivalenz zwischen

Eigenwahrnehmung und tatsächlicher Kompetenz der Kritiker, die trotz vorgeblicher

fachlicher Autorität beim Versuch scheitern, einen adäquaten Überblick über die

künstlerische Situation zu geben.

Nachdem Auguste im weiteren Fortgang ihrer Erforschung einen Teil der zu

verfolgenden Menschen in einem Haus wähnt und dieses durchsucht, stellt sie fest,

dass sich darin niemand von den Betreffenden befindet und verlässt „mit Würde wie

eine Autorität [...] das Lokal“.1462 Ebenfalls in einer Fußnote verweist Schwitters hier auf

die Kunstkritik, die er ironischerweise würdevoll reagieren lässt, angesichts der

Erkenntnis, dass nicht alles mittels ein- und desselben Prinzips, d. h. durch die immer

gleiche Herangehensweise erklärbar ist. Während die realen Kunstkritiker sich in

ähnlichen Situationen ausnehmend würdelos verhielten, wenn sie aus einer

unangemessenen Auffassung heraus neue künstlerische Phänomene beurteilten und

sich dabei im Ton vergriffen.

Weitere ironische und konkrete Querverweise setzt er bezüglich des kunsthistorischen

Differenzierungsvermögens der Kritiker und ihrer Haltung künstlerischen

Veränderungen gegenüber.1463 Auch ein Vergleich zwischen Tier und Kritik, in diesem

Fall mit einem wütenden „Dorfhund“, wird erwähnt, der ähnlich wie die Kritiker sein

Revier verteidigt.1464 Nicht von ungefähr nennt Schwitters seine Protagonistin „Auguste,

auf deutsch ‚Die Erhabene’“1465, denn damit benennt und personifiziert er eine

ästhetische Kategorie, die v. a. von seinen Hannoverschen Kunstkritikern auch noch

für die zeitgenössische Kunst eingefordert wurde. Das Erhabene als ein Grundbegriff

der modernen Ästhetik umschreibt etwas Wahrnehmbares, etwa ein Kunstwerk, das

erhabene Ideen oder Gefühle im Rezipienten evoziert, für sich gefällt und über das

1460 Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1461 Beide Zitate: Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 83. 1462 Ebd., S. 86. 1463 Ebd., S. 88: Einmal kommen Auguste die großen Erfinder und die Relativität aller Dinge in den Sinn. Ihre Überlegungen über die Ungewissheiten in der Welt führen zur Frage, wie das Pulver erfunden wurde und schließlich zu einem Vergleich zwischen einem, der „alles zu Pulver zermahlen würde“, und den Kunstkritikern. Der Vergleich steht für die Forderung der Kunstkritiker nach einer homogenen Kunstform und der Bekämpfung der Heterogenität auf dem Gebiet der Kunst. Wenig später lässt Schwitters die Protagonistin zum Stehen kommen „wie eine Schmuckfigur in den Anlagen“ und vergleicht diese Situation mit dem Ausstellungsbesuch eines Kritikers. Die starre und bewegungslose äußere Haltung Augustes bzw. des Kritikers lässt demnach auf die innere Verfassung und Einstellung zur Kunst schließen. 1464 Ebd., S. 91. 1465 Ebd., S. 78.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

330

gewöhnlich Schöne hinausreicht. Als Eigenschaft steht Erhabenheit auch für die

Unantastbarkeit einer Person.

Zum anderen werden in „Tran Nr. 30“ antikritische Momente bezüglich der Wahl und

Verwendung des Wortmaterials deutlich. Schwitters nimmt darin einige intertextuelle

Bezugnahmen auf die kunstkritischen Texte bzw. auf andere Tran-Schriften vor. Gleich

zweimal rekurriert er auf die Baummetapher aus „Nichts tötet schneller als die

Lächerlichkeit“ und lässt Auguste einmal „wie angewurzelt, gewissermaßen wie ein

Baum, stehen“1466, ein anderes Mal schießt der Protagonistin „das Wort ‚Baum’ durch

den Kopf.“1467 Mit der Befürchtung, Auguste könne „wie eine alte Jungfer

behandel[t]“1468 werden, bezieht sich Schwitters auf den Vergleich des „Sturm“ mit

einem „Mauerblümchen“ von Ernst Cohn-Wiener.1469 Angesichts dessen, dass die

Menschengruppe am Beginn der Erzählung in ein- und dieselbe Richtung geht und

sich eine gewisse Tendenz der Bewegung abzeichnet, wähnt Auguste Bolte eine

„Massenpsychose“, deren Symptomatik sie „ganz genau“1470 kennt, womit Schwitters

auf die Diagnose Curt Glasers reagiert, es zeichne sich eine „eine Art

Massenpsychose“ in der Entwicklung der Avantgardekünstler bezüglich der

„Massenproduktion der Nachahmer und Mitläufer“ ab.1471 Auf den allgemein

kursierenden kunstkritischen Vorwurf des Epigonentums referiert er in einer

Fußnote.1472 Die Bezeichnung Augustes als „harmlose Irre“ wiederum ist ein Reflex auf

die Diffamierungsversuche innerhalb des Diskurses um die Avantgardekunst.1473

Diese intertextuellen Verweise verdeutlichen nochmals das oben beschriebene Prinzip

der Verwertung bzw. Wiederverwertung von Materialien. Wenn Schwitters die Bezüge

zur Kunstkritik in dem als „Tran“ ausgewiesenen Text allerdings nahezu ausschließlich

innerhalb der Paratexte oder durch intertextuelle Andeutungen herstellt, bedeutet dies,

dass er den Status der Kritik in seiner Antikritik zugunsten der narrativen Intention

marginalisiert. Das heißt auch, dass die Kunstkritik als Materialquelle für

Merzdichtungen bereits in „Tran Nr. 30“ an Bedeutung verliert.

1466 Ebd., S. 73. 1467 Ebd., S. 78. 1468 Ebd., S. 73. 1469 Cohn-Wiener 1919.08.01. 1470 Beide Zitate: Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 74. 1471 Beide Zitate: Glaser 1920.05.22. 1472 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 87. Auguste Bolte zieht in Erwägung, ob es sich bei der gleichgerichteten Bewegung der Personengruppe um ein Täuschungsmanöver handele, gleichwie beim „Nachläufertum (Epigone).“ 1473 Ebd., S. 86. Die Charakterisierung kann ebenso als Abgrenzung zum Dadaismus gelesen werden. Denn in der zeitgenössischen Berichterstattung wird dieser gelegentlich nicht als „harmloser, sondern gefährlicher Irrsinn“ bezeichnet, Anonym 1921.07.05.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Darüber hinaus integriert Schwitters intermediale Bezugnahmen auf den Film in den

Text, so beansprucht er zum einen in den Vorbemerkungen „das Recht für […]

Verfilmung“1474 für sich. Zum anderen gestaltet er die mit Einführung der Figur

Eckemecker sich beschleunigende Verfolgungsszene nach Art der finalen

Verfolgungsjagd in Slapstick-Filmen.1475 Schwitters selbst thematisiert die

Zusammenhänge mit dem Medium Film in mehreren Textstellen, indem er den

Vergleich „wie im Kino“ zieht und zuletzt die Verfolgung zu einer „angstverzerrte[n]

Jagd, wie im Kino“ steigert.1476 Im rasanten Pendelverkehr und mit hoher

Geschwindigkeit verfolgt Auguste gleichzeitig eine zum Ende der Erzählung hin

auftretende Gruppe von zehn kleinen Mädchen und den plötzlich erblickten

Eckemecker im Auto, wodurch filmische Aktionen nachgeahmt und konventionelle

Erzählformen aufgebrochen werden. Filmtechniken wie rasche Einstellungswechsel,

Nahaufnahme, Schnitt und Manipulation des Zeitablaufs durch Zeitraffer oder Zeitlupe

werden durch Szenenwechsel, durch die Beschreibung eines Details, der Ansicht des

„schwitzend[en], schäumend[en] und zitternd[en]“ Eckemeckers etwa oder durch

eingeblendete Erläuterungen zu dessen Person erzählerisch umgesetzt.1477 Mit dieser

literarischen Annäherung an ein fremdes, neuartiges, grundsätzlich narratives Medium

stand Schwitters ganz auf der Höhe der Zeit.1478

Tran 23 BLUmen (Der Kritiker visavis der absoluten Stofflichkeit)

Etwa zeitgleich mit „Tran 30“ verfasste Schwitters die Antikritik „Tran 23“ gegen Oskar

Bie, der in seiner Rezension zur großen Hans Thoma-Ausstellung im März 1922 in

Berlin konstatiert hatte, die Betrachtung der Bilder Thomas habe im Gegensatz zum

Beschauen von Avantgardewerken eine wahrhaft erholsame Wirkung. Der 1474 Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 69. 1475 Vgl. Jäger 1984, S. 41-42. 1476 Beide Zitate: Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30, S. 88, 90 und 91. 1477 Ebd., S. 90. 1478 Das Interesse an der Intermedialität zwischen Film und Dichtung war bei den historischen Avantgardebewegungen weit verbreitet. Als parallel zu Schwitters’ Bemühungen verlaufende Anstrengungen sind etwa Philippe Soupaults „poèmes cinématographiques“, Blaise Cendrars Roman „La Fin du monde filmée par l’Ange“ von 1919 oder Ivan Golls „Die Chaplinade. Kleines Kino der Menschlichkeit - ein kinematographisches Poem“ von 1920 zu nennen, vgl. Oksana Bulgakowa: Film/filmisch. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 2: Dekadent-Grotesk. Stuttgart u. a. 2001, S. 429–462, S. 459-461. Analogien zum Medium Film zeigen sich v. a. in der Literatur der Russischen Formalisten, die dem neuen Medium entsprechend die „Verkürzung von Motiven und ihren rasanten Wechseln“ sowie die Bremsung von Sujets oder von Ereignisabläufen untersuchten und so eine „poėtika kino“ beschrieben. Die frühe Montagedefinition Šklovskijs weist terminologische Parallelen zwischen Film und Literatur auf, wenn er von der Montage als technisches Schnittverfahren und von der Kontrastmontage eigenständiger Motive sprach oder Montage und Komposition gleichsetzte. In seiner Montagetheorie ging Šklovskij, analog zu Textmontagen, von paradigmatisch isolierten Einheiten und der „perspektivischen Statik ihrer Verknüpfung“ aus, Hansen-Löve 1978, S. 341 und 345.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Merzkünstler wiederum übt in ironischem Ton Kritik an Bies Art zu kritisieren. In seinem

antikritischen Fokus stehen v. a. die schiefe Bildhaftigkeit der Sprache und die

sentimental-pathetische, schwärmerische Sprachhaltung sowie die „deutsch-

tümelnd[e]“ Einstellung von Bie.1479 Der Untertitel „Blumen“ bezieht sich in Ableitung

vom lateinischen Wort flosculus für Blümchen auf die Sprachfloskeln des Kritikers. In

diesem Sinne charakterisiert Schwitters Bie als „köstliche[n] Humorist“. Mittels

kommentierter Zitatmontage deckt Schwitters Bies absurden Sprachgebrauch auf:

„‚Es ist eine wahre Erholung, einmal stofflich sein zu dürfen. Die wenigsten Kunstfreunde geben zu, daß sie diesem Reize unterliegen.’ Es ist mir nicht klar geworden, dem Reize welcher Stofflichkeit unterliegen denn nun die meisten ‚Kunst’freunde? (Kunstfreund ist nicht Stofffreund.) Man kann doch nicht bei ‚Kunst’-freunden von der sogenannten Stoffelichkeit sprechen, ebensowenig wie bei den Herren Kritikern. Das wäre vielleicht übertrieben ausgedrückt. Jeder, so gut er kann. Und wenn einer statt einer Kritik sentimentalen Unsinn schreibt, so ist das eben sentimentaler Unsinn, aber doch nicht Stoffelichkeit.“1480

Schwitters greift zunächst das Wort „Stofflichkeit“ aus Bies Kunstkritik heraus, das er

auch im Untertitel nennt, und verwendet es zu einem klanglichen, aber auch

sprachkritischen Spiel, indem er es durch die Wortkreuzung „Stoffelichkeit“ ersetzt.

Mittels spielerischer Andeutung auf Stoffeligkeit, also flegelhafte Ungeschicklichkeit

erteilt er Bie, der sprachlichen Unzulänglichkeit wegen, einen impliziten Seitenhieb und

thematisiert dann explizit dessen kunstkritisches Unvermögen. Anschließend

unternimmt er Mutmaßungen darüber, um wessen Stoffelichkeit es sich handeln und

welcher Art der „Reiz der Stofflichkeit“ in den realistischen Bildern sein könnte, über

den Bie ins Schwärmen gekommen ist. Schließlich klärt Schwitters den Kunstkritiker

auf, dass er „nicht den Reiz der Stofflichkeit der Bilder“ gemeint, „sondern den Reiz der

auf den Bildern wiedergegebenen Natur“1481, und dass er das Signifikat mit dem

Signifikanten verwechselt habe. Um derartige Fehleinschätzungen zu vermeiden, sei

es besser „doch einmal nur zum Spaß die Werke des Künstlers selbst“ zu

beurteilen.1482 Des Weiteren stößt sich Schwitters an Formulierungen, die die nationale

Einstellung des Autors verraten und hinsichtlich der Argumentationsweise paradox

wirken:

„‚Deutsche Kunst ist doch wirklich nur sachliche Kunst.’ Dann werden Sie mir zugeben, daß deutsche Kritik wirklich nur sachliche Kritik ist. Leider ist Ihre Kritik nicht deutsch, sie ist nicht sachlich. Sie haben natürlich recht, wenn Sie behaupten, kein Kritiker wäre sachlich. Das ist nur eine Folge der eingebildeten Macht dieser

1479 Lach 5, S. 410-411, Anm. 104. Schwitters publizierte „Tran 23“ im September 1922 in der Zeitschrift „Der Sturm“. 1480 Beide Zitate: Schwitters 2005/1922 – Tran 23, S. 104. 1481 Beide Zitate: Ebd., S. 105. 1482 Ebd., S. 106.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Herren. Zuletzt schaden aber Sie nur ihrer Kritik und sich, aber nicht der Kunst, die sie vielleicht schädigen wollen. Kritiker schreiben sich meist ins eigene Fleisch, wenn sie schneiden wollen. Sie selbst nun, Herr Bie, lassen den ‚Stoff so stark auf sich wirken, daß Sie die Kunst dabei vergessen’.“1483

Schwitters überträgt eine die Kunst betreffende Stellungnahme auf die Kritik. Mit der

Übertragung geht eine kritische Hinterfragung einher, die die Absurdität der patriotisch

gefärbten Aussage mit Mitteln der verstandesmäßigen Logik offen legt.

Über die bereits zitierten sprachlichen Stilblüten hinaus nimmt Schwitters zahlreiche

floskelhafte Fremdtextfragmente auf, die er nicht immer als Zitat kennzeichnet - bspw.

„‚weinen Tränen der Rührung’“ oder „[v]oran die lustig hüpfenden Ziegen. (‚Ich bin gar

nicht sentimental.’)“ - und variiert sie durch Oppositionsbildung zu „Sentimental sind

Sie nicht, voran die lustig hüpfenden, gemütlichen Oberlehrer, hinterdrein die traurig

hinkenden Ziegen.“1484 Die Rolle des Oberlehrers, die Schwitters seinen Kritikern

oftmals unterschiebt, nimmt er allerdings in diesem Text gleichsam selbst ein, denn der

Typologie nach ist die Antikritik auf sprachliche Unterweisung und Explikation

ausgerichtet. Zu diesem Zweck bedient er sich in „Tran 23“ der natürlichen Sprache,

die er nur zum geringen Teil semantisch verfremdet.

Am Ende des Textes wendet sich Schwitters nochmals persönlich an Oskar Bie, um

Werbung in eigener Sache zu machen. Aufgrund der Vorliebe für den „Stoffreiz“ des

Kritikers empfiehlt er ihm, einer Ausstellung seiner Merzbilder in der Galerie „Der

Sturm“ einen Besuch abzustatten, um sich von der „denkbar konsequenteste[n]

Gestaltung verschiedener Stofflichkeit in einem Bilde“ zu überzeugen. Dazu gibt er

noch eine überpointierte, auf die Einstellung des Kunstkritikers satirisch abzielende

Versicherung:

„Ich versichere Sie, daß sämtliche verwendeten Stoffe und Stoffreste, echt deutsch, auf deutschen Müllhaufen gesammelt sind. Und Sie werden, da Sie ja doch die Gestaltung nicht sehen können, Gelegenheit haben, zu staunen, welche Schätze man auf deutschen Müllhaufen finden kann. Ich freue mich auf Ihre Kritik. Sie werden schreiben: ‚Diese reizenden roten Haare auf der schimmeligen Perücke, diese satten aufsteigenden Bindfäden, dies gemütlich rollende Gebiß, diese Reibeisen und Trichter, dieses braune Packpapier, diese märchenhaften Stacheldrähte, diese Herden von Bacillen, alles chemisch gereinigt, voran die munter hüpfenden Wanzen!’ Nicht wahr? Und deutsche Wanzen, jeder Blutstropfen ist deutsch.“1485

1483 Ebd., S. 105. 1484 Alle Zitate: Ebd. und vgl. Bie 1922.03.19. 1485 Alle Zitate: Schwitters 2005/1922 – Tran 23, S. 106.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

334

Schwitters überschreibt den Hypotext Oscar Bies insofern, als er dessen Stil imitiert

und auf ein anderes Thema, auf die Charakterisierung von Merzbildern überträgt.

Besonders betont er dabei die ungewöhnliche „Stofflichkeit“ in Anlehnung an Bies

Schwärmerei für Hans Thomas Bilder. Der Merzkünstler realisiert damit nicht nur das

Referenzverfahren der Überschreibung als Machtdemonstration,1486 sondern auch das

der Persiflage, um den Hypotext oder genauer die Schwächen von Bies Stil durch

dessen humoristische Nachahmung satirisch zu kritisieren. Der Ausgangstext wird in

dieser Passage inhaltlich verfremdet, stilistisch aber nimmt der Hypertext

mimotextuellen Charakter an, zumal er diesen als Zitat ausweist.1487

Ganz anders geht Schwitters bei Übermalungen - einer der Überschreibung analogen

Technik - vorgefundener Drucke bekannter Künstler vor. In Merzzeichnungen wie etwa

„Mz. 151 Wenzel Kind Madonna mit Pferd“1488 verwendet er einen Stich von Raffaels

„Sixtinischer Madonna“ als Ausgangsbild und transformiert es mittels Bekleben der

Insignien der Heiligen durch moderne Symbole aus den Bereichen Mode, Sport,

Technik und Wirtschaft in den Merzstil wie er auch die religiöse Thematik in die der

modernen Lebenswelt übersetzt. Mithin setzt er das Verfahren der Travestie um, mit

der Absicht, das reproduzierte Ausgangsbild satirisch zu verfremden, dessen Vorbild,

das Original hingegen zu aktualisieren und der durch Reproduktion „verkümmerten

Aura“ eine neue, moderne Einmaligkeit zu verleihen.1489

In dem satirischen Kommentar zur Merzkunst vermischt Schwitters Textfragmente aus

Bies Artikel mit anderen Motiven aus kunstkritischen Texten. Der Vergleich von

Merzwerken mit einem Müllhaufen oder die Vermutung, die Materialien für Schwitters’

Bilder würden von einem solchen stammen, ist häufig in zeitgenössischen

1486 Überschreibung meint hier Umformung bzw. Verfremdung eines bestimmten Hypotextes im Sinne Genettes und im Gegensatz zu Birgit Mersmann, die in ihrer Dissertation zum Thema „Übermalung und Überschreibung im 20. Jahrhundert“ Überschreibung im Hinblick auf Schwitters’ Werk allgemeiner als ein „über die Gesetzmäßigkeiten hinausführendes, grenzüberschreitendes Schreiben“ definiert, Mersmann 1999, S. 160. 1487 Die Persiflage operiert mit dem Stil des Hypotextes und legt diesen auf ein anderes Thema, vgl. Genette 1993, S. 40. Das hier gegebene Merkmal der Nachahmung eines Stiles, der zur Behandlung eines thematisch anderen Sachverhalts adaptiert wird, eignet dem Wesen eines Mimotextes, vgl. ebd., S. 108-109. 1488 Vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 799. 1489 Vgl. Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit. In: Ders. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstsoziologie. 4. Aufl. Frankfurt a. M. 1977, S. 7–44, S. 13-14. Satirisch kommentiert wird nicht das Gemälde, wie das John Elderfield nahe legt, vgl. Elderfield 1987, S. 82, sondern, analog zur Überschreibung von geflügelten Worten - s. hierzu Kap. 2.1. -, dessen Reproduktion. Ebenso wenig wird die Lesart im Sinne Marcel Duchamps Werk „L.H.O.O.Q.“ oder einer Verhöhnung des „Kunstgeschmack[s] des breiten Publikums“, einer „systematische[n] Diskreditierung der Sixtinischen Madonna“ dem Bild gerecht, Ulrike Kristin Schmidt: Kunstzitat im 20. Jahrhundert. Weimar 2000, zugl. Diss. Univ. Erlangen-Nürnberg 1999, S. 75. Vielmehr reihte sich Schwitters mit der Übermalung selbst in die Tradition der Kunstgeschichte ein und demonstrierte damit seine künstlerische Position, vgl. Dietrich 1993, S. 156. Gleichwohl knüpfte er an die neuere Tradition der Übermalung an, die mit der Korrektur von Meisterwerken zu satirischen Zwecken arbeitete, vgl. hierzu Mersmann 1999, S. 57-64.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

335

Ausstellungsrezensionen zu finden.1490 Bei der formalen Anlage der Passage in Gestalt

einer Aufzählung von Einzelelementen kann er ebenso auf eine in vielen Kritiken

praktizierte Annäherungsweise an die Merzkunst zurückgreifen.1491 Gegenstand der

Vermerzung ist in diesem Fall nicht das kunstkritische Urteil Bies über die Merzkunst,

denn der Kritiker hat sich gar nicht über Schwitters geäußert, sondern lediglich die

Avantgardeismen in Abgrenzung zur Kunst Hans Thomas aufgezählt. Vielmehr

verarbeitet Schwitters den deutschtümelnden Ton und die blumigen Formulierungen

des Kritikers in seinem Tran-Text.

TRAN 25 Sämischgares Rindleder

Ähnlich wie in „Tran No. 22“ verwendet Schwitters in „TRAN 25 / Sämischgares

Rindleder“ Versatzstücke aus der Werbung, paraphrasierte oder unveränderte Zitate

aus der Rezension Wilhelm Langes, gegen den die Antikritik gerichtet ist, Zahlenreihen

und Banalitäten. Wiederum spielt Schwitters mit den kunstkritischen Aussagen durch

Gegenkopplung, phantasievolle Weiterentwicklung der kunstkritischen Metaphern oder

durch ironische Kommentare. Im Gegensatz zu den anderen Antikritiken und neben

„Tran Nr. 30“ weist diese Tran-Schrift eine ausgesprochen narrative Typologie auf. Die

narrativen Sequenzabfolgen in Blocksatz und einheitlichem Schriftsatz werden

regelmäßig durch neu gesetzte, typografische Elemente mit unterschiedlichen

Schriftgraden, -schnitten und -arten sowie verschiedener Satzausrichtung

unterbrochen.1492 Vermeintlich explikative oder argumentative Momente zum Beleg der

Inkompetenz des Kritikers bzw. reaktive Gesten in eigener Sache werden ironisch

gebrochen:

„Ich kann ihnen aber am Fusse Ihrer Besprechung in der Göttinger Ztg. vom 3. 3. beweisen, dass Sie keine anständige Kritik schreiben können. Sie können aus mindestens zwei Gründen nicht sachlich kritisieren, und zwar zweitens, weil sie von Kunst keinen Geruch haben. Ich will Sie einmal künstlerisch aufklären. Vor allen Dingen merken Sie sich, dass man Bilder mit der Nase sieht. [...] Und jetzt werden Sie mein ‚kleines aus Zeuglappen geklebtes Dingelchen’ nicht mehr ein ‚nettes Ornament’ nennen, wenn Sie bitte einmal die Bewegung darin gerochen haben werden.“1493

1490 Vgl. Cohn-Wiener 1919.08.01, Zimmermann 1920.07.19, Beyer 1920, S. 644 und Strese 1920.06.20. 1491 Vgl. z. B. Cohn-Wiener 1919.08.01, Frerking, J. 1920.02.05, Servaes 1920.04.27, Strese 1920.06.20 und Weygandt 1921.06.04. 1492 Auch diesen Text analysiert Gesine Hirtler mit Blick auf die Verwertung des kunstkritischen Materials und die Collagetechnik - vgl. Hirtler 1985, S. 70-73 und 93-102 - sowie hinsichtlich typografischer und inhaltlicher Aspekte - vgl. ebd., 115-117 und 129-137. 1493 Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 111. Der Text erschien erstmals im Juniheft 1922 der Zeitschrift „Der Sturm“.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Langes Differenzierung zwischen den „verkalkten Jünglingen“ des „Sturm“ und den

„wurzelechten Könnern“1494 als Bezeichnung für die Expressionisten erster Generation

dominiert als Fremdzitat oder Paraphrasierung einen Teil des antikritischen Textes:

„Wie die nicht abfliessende Mutterbrust erkrankt dem Wurzelechten die nicht abfliessende Seele. Wer ist wurzelecht? Herr Lange ist wurzelecht. Warum ist Herr Lange wurzelecht? Weil er das Echte bei der Wurzel fast und entwurzelt, weil er den ‚Pulsschlag lebendigen Blutes spürt’, und zwar bei den soeben entwurzelten Echten. Wollen Sie mal meinen lebendigen Pulsschlag spüren? (Der Vorderschluß vereint Gracie mit Bequemlichkeit.) Ziehen Sie nur dreist Ihr Korsett aus.“1495

Der Ausgangstext bietet ausreichend textuelles Material, dennoch kontaminiert

Schwitters diesen mit intratextuellen Komponenten zur künstlerischen Gestaltung des

Hypertextes. In dem hier zitierten ersten Textabschnitt nimmt er das Wort „wurzelecht“

auf und verschränkt es mit einer Textzeile aus einer seiner eigenen Schriften. Hierbei

handelt es sich um „Analyse“, eine Textcollage bestehend aus Werbeslogans und

Zahlenreihen, in der auch prosaische und lyrische Sequenzen alternieren. Sie

beinhaltet folgenden Satz: „Wie die nicht abfließende Mutterbrust, erkrankt dem nicht

abfließenden schöpferischen Menschen die nicht abfließende Seele.“1496 Mit der

Referenz betont Schwitters die analoge Anlage der beiden Texte als literarische

Collagen und das Prinzip der Vernetzung von Merz.

Das Fragment aus „Analyse“ wird durch Substitution von Wörtern verändert, in den

antikritischen Text integriert und erfährt innerhalb des neuen Schriftkunstwerkes

zahlreiche Umformungen - bspw. zu „nicht abkugelnde Mutterbrust“, „nicht

abfliessende Wurzel“, „nicht abfliessende Wurzelseele“ oder „nicht abfliessender,

wurzelechter Kenner“1497 -, die den ersten Teil des Tran-Textes durchziehen, bis sie in

der Variation „Herr Lange lässt seine kritische Mutterbrust über und über überfliessen“

kulminieren und mit dieser Klimax zum zweiten Textteil überleiten.1498

1494 Beide Zitate: Lange 1922.03.03 und s.w.o Kap. 1.2.9. 1495 Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 108. 1496 Kurt Schwitters: Analyse. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 66–67, S. 67. In dem Text realisiert Schwitters das, was oben als das ludistische Prinzip von Merz beschrieben wurde, wenn er ausgehend von einem bestimmten Materialfundus diesen durch wiederholten und modifizierten Rückgriff aus sich selbst heraus thematisch weiterentwickelt. Der Titel „Analyse“ benennt das umgesetzte Verfahren, analysiert Schwitters doch die Entwicklungsmöglichkeiten des vorgefundenen Sprachmaterials. 1497 Alle Zitate: Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 109. 1498 Ebd., S. 110. Mit diesem Verfahren verwandt ist die funktionale Verwendung von Neologismen in der russischen Avantgardeliteratur „als eine im Höhepunkt des expressiven Hervortretens des Subjekts erzeugte sprachliche Überentäußerung, die nun durchaus in dem Chlebnikov-Šklovskijschen Sinne als Faszinosum der ‚zaum’ begriffen werden kann und zwar allein deshalb, weil es der Organisation des Textes selbst entspringt.“ Mit der Wechselwirkung zwischen realisierter Ausdrucksfigur und struktureller Disposition des Textes wird auch das Verfahren entblößt, da es textintern motiviert ist, Stempel 1982, S. 370-371.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

337

„Analyse“ ist gleichzeitig ein textuelles Bindeglied zu „Tran Nummer 7“, denn die darin

enthaltenen werbesprachlichen Sequenzen wie „Patentscheuklappen sind die

leichtesten der Welt“ oder „[z]u jeder Bettstelle und Matratze gehört ein Bett“ sind dem

„Generalpardon“ entnommen.1499 „TRAN 25“ selbst weist einen intratextuellen Bezug

zu dieser Antikritik von 1920 auf. Während dort das Fremdzitat „Leichenpferdedecken,

hervorragende Neuheit. Verlangen Sie bitte Ansichtsendungen“1500 dem Textbild durch

den Schriftsatz angeglichen ist, hebt sich das gleiche Versatzstück hier durch einen

größeren Schriftgrad von den benachbarten Drucktypen ab.1501 Die Wendung an den

Kunstkritiker - „Ziehen Sie nur dreist Ihr Korsett aus“ - korrespondiert mit „Franz Müllers

Korsetterweiterer ‚Einfalt’“ in der antikritischen Schrift „Erweiterung“. Diese

Verknüpfungen dienen nicht nur der Aktualisierung der eigenen Texte und der

Verdichtung des Beziehungsgeflechts von Merz, sondern auch der wechselseitigen

Anreicherung des Materialangebots.

Analog zu „Tran Nummer 7“ entwickelt Schwitters im gleichen Sinne in „TRAN 25“

textinterne Bezüge. Das Eingangsbild als Sinnbild für den Kunstkritiker und

insbesondere der Inhalt des Rechtecks -

Abb. 6

- erhält seine textuelle Entsprechung in einer im weiteren Textverlauf erwähnten

Erinnerung an Kentauren, die als metaphorische Anspielung auf den Charakter des

Kritikers dient: „Ich fasse die Sache so auf: die Wurzel des Echten ist die Hand, die

beim Pferde aus dem Hinten zurückgreift in bessere Zeiten. Ich erinnere an die

herrlichen mittelalterischen Kentauern.“1502 Der Vergleich des Kritikers mit den

mythischen Mischwesen, halb Pferd, halb Mensch, zielt auf die Eigenschaften der 1499 Beide Zitate: Schwitters 2005/1922 – Analyse, S. 66 und 67 und vgl. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 52 und 54. 1500 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 54. 1501 Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 110. 1502 Ebd., S. 109.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Böswilligkeit und Unbeherrschtheit ab, die beide gleichermaßen teilen. In der Nennung

weiterer Tiere (Schaf, Hund, Andeutungs-Biene)1503 und tierischer Produkte

(sämischgares Rindleder, Filze, Kälberhaare, Kunsthonig)1504 wird diese Gleichsetzung

über den in der antikritischen Schrift „Kritiker / Tran 27“ enthaltenen einfachen

Vergleich von Kunstkritikern mit Tieren hinausgehend weiter gebildet.

Der Hinweis „(Kann nach der Weise: ‚Es braust ein Ruf wie Donnerhall’ gesungen

werden)“ nimmt sich aus wie eine Rezeptionsanweisung, „TRAN 25“ nach der Melodie

des patriotischen Liedes „Die Wacht am Rhein“ von Max Schneckenburger, das im

Zuge der Reichsgründung 1870/71 zur deutschen Volkshymne erhoben worden ist, zu

singen, zitiert Schwitters doch im Eingangsbild den ersten Vers daraus. Die

typografische Anlage des Textes legt es jedoch nahe, den Vers nicht als intermediale

Referenz zwischen Literatur und Musik aufzufassen, sondern als Anspielung auf die

Redewendung, jemandem „die Wacht am Rhein singen“, d. h. jemandem eine

eindringliche Warnung auszusprechen bzw. ein Ultimatum zu setzen, zu verstehen.

Mithin kündigt Schwitters seinem Kritiker eine deutliche Ermahnung zur sachlichen

Kritik bzw. eine Warnung vor materieller Verwertung des Kritikers an. Ein ähnlicher

Hinweis findet sich in „Tran 35“. Während Schwitters hier aber auf eine

umgangssprachliche Formulierung rekurriert, bindet er in den späteren Tran-Text

tatsächlich Liedsequenzen mit der Aufforderung, diese zu singen, ein.1505

In der zweiten Hälfte der Antikritik „TRAN 25“ wird die Typologie des Textes

zunehmend argumentativ. Unter Zuhilfenahme von Aussagen und Zitaten Herwarth

Waldens bezieht Schwitters Position für den „Sturm“ und gegen den Kunstkritiker

Lange, der sich negativ über den Sturm-Kreis geäußert hat. Die Stellungnahme aber

versieht Schwitters mit einigen satirischen Stilmitteln.

Zum einen ist die Antikritik aufgelockert durch ironische Brechungen mittels

synästhetisierender Andeutungen, die bereits in der oben zitierten Passage beinhaltet

sind. Mit der Verquickung zweier oder mehrerer eigentlich physisch getrennter

Bereiche der Wahrnehmung von Sinnesreizen lassen sich unterschiedliche

Phänomene in der Merzwelt in Verbindung bringen. Einmal wird zum Beispiel Anna

Blume im gleichnamigen Gedicht, in dem sie die 27 Sinne des Autors reizt, wie auch

durch ihre Präsenz in unterschiedlichen Ausdrucksformen und Medien zur

Synästhetikerin stilisiert. Ein anderes Mal spielt Schwitters mit den synästhetischen

Momenten auf die Sinnverwirrung Max Streses in „Tran Nummer 11“ an. Nicht zuletzt

1503 Ebd., S. 109: Schaf, ebd., S. 109: Hund, ebd., S. 113: Andeutungs-Biene. 1504 Ebd. S. 108 und 109: Filze, ebd., S. 110: Kälberhaare, ebd., S. 113: Kunsthonig. 1505 S.w.u. Kap. 2.3.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

339

kann Synästhesie krankheitsbedingt, etwa durch Schizophrenie, auftreten, wodurch die

Anspielung zur Gegenkopplung kunstkritischer Vorwürfe gerät und Langes Wendung

an die Leser seiner Kritik reflektiert, sie sollten nach dem Ausstellungsbesuch nicht

schimpfen, wenn sie „zu Dreivierteln meschugge geworden“ sind.1506

Zum anderen erinnert der Merzkünstler an den Torfmann aus „Tran 16“ und vergleicht

Lange mit Paul Westheim. Bei beiden, so lässt der Vergleich vermuten, handele es

sich gleichermaßen um typische Exponenten der Kunstkritik, da sie beide zwar

versuchten, gegen die künstlerische Entwicklung vorzugehen, diese aber durch ihre

Tätigkeit nicht behindern konnten. Darüber hinaus verknüpft er folgende Passage

wiederum mit einem spielerischen Element, wenn er mit den Konnotationen des

Wortes Fall spielt:

„Ihr Fall ist nämlich typisch, wie Westheims Fall. Ihr Fall ist mir sonst gleichgültig, Sie fallen, wie Westheim, ganz allein. Wie ein wurzelkranker Baum. / O, Schatz, wenn du das tätest, mir einen Pralinee an die Hose nähtest! Ihr Fall ist weiter nichts, als typisch, Herr Lange.“1507

Als neuen Aspekt innerhalb der Reihe der Antikritiken im Merzstil kommuniziert

Schwitters die Quelle des Titels „Tran“. Nach Abdruck einer Fremdtextsequenz schreibt

er, diese habe er sich angeeignet aus „der Deutschen Sattler- und Tapeziererzeitung,

der ich auch das Wort ‚Tran’ entnommen habe.“1508 Aus dieser Zeitung, die unter dem

Titel „Der Sattler- und Tapezierermeister“ erschien, stammt auch der Untertitel von

„TRAN 25 / Sämischgares Rindleder“. Mit diesen Angaben erhält die Textbezeichnung

„Tran“ eine zusätzliche Bedeutungsdimension. In der Lederindustrie wurde Tran, d. h.

tierisches Fett zur Sämischgerbung von Tierhäuten eingesetzt - ein aufwendiges

Verfahren, im Rahmen dessen die enthaarten Häute mit Tran eingerieben, gewalkt und

erwärmt wurden, wodurch das Leder eine besonders weiche Qualität erhielt. Schwitters

gebraucht „Tran“ analog hierzu, wenn er kunstkritisches Material aufwendig

weiterverarbeitet zu einem Merzprodukt. Diesen Sachverhalt expliziert er in „TRAN 25“

folgendermaßen:

„Tausende von Kritikern ‚spreizen sich’, wie Sie und ‚sabbeln’ wie Sie. Ich bitte diese tausend Kritikusse, ihr sämischgares Rindleder hiermit als gegerbt zu betrachten. Aber an sich wäre es unnötig, diesen 1000 das Leder zu gerben, es ist sowie sämischgar. Und die 1000 Sabbelspreizer können die Entwicklung doch nicht mehr aufhalten“.1509

1506 Lange 1922.03.03. 1507 Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 112. 1508 Vgl. ebd., S. 113. 1509 Ebd., S. 112.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

340

Wurden in der Industrie tierische Sekundärprodukte für die Herstellung von speziellen

Ledersorten verwandt, so nutzt Schwitters übereinstimmend mit dieser Arbeitsweise

kunstkritisches Abfallmaterial wie auch Kunstkritiker zur Textproduktion. Die Kritiker

bzw. Teile von ihnen werden damit selbst zum Material des Textes.1510 Bislang hat

Schwitters die kunstkritischen Ausgangstexte als Material für seine Antikritiken

verwendet. Nun setzt er auch die Forderung nach „abstrakte[r] Verwendung der

Kritiker“ auf der metaphorischen Ebene um.1511 Aus dieser produktionsästhetischen

Perspektive lassen sich auch Einschübe wie „(Man nimmt einen weichen Lappen über

den Finger, fährt damit sanft über der Oberfläche der Creme herum. Hat sich etwas

angehängt, so trage man dieses Wenige in dünnster Schicht auf.)“ in „Tran Nummer 7“

als Anweisung zur Realisierung einer Kompositionstechnik erklären.1512 Schwitters

metaphorisiert die Textgestaltung dem Prinzip der „Entformelung“ der

Werkkomponenten in der Merzmalerei entsprechend durch „Verteilung auf der

Bildfläche“ resp. Textfläche: „Der Künstler schafft durch Wahl, Verteilung und

Entformung der Materialien. / Das Entformeln der Materialien kann schon erfolgen

durch ihre Verteilung auf der Bildfläche. Es wird noch unterstützt durch Zerteilen,

Verbiegen, Überdecken oder Übermalen.“1513 In der genannten Textstelle in „Tran

Nummer 7“ reflektiert Schwitters die Bedingungen seiner Kunstproduktion, einer

spezifischen Literaturform oder konkreter, die Kompositionsweise seiner Textcollage

und realisiert damit das Verfahren der Mise en abyme als autoreflexiver Kunstgriff und

Enthüllung der Entstehungsbedingungen.1514 In dem Tran-Text von 1920 macht

Schwitters eine weitere Andeutung bezüglich dieser Verfahrensweise. Die Frage „(Wer

fabriziert gut gegerbte Roßleder, zu Kummeten geeignet?)“ lässt sich nun im Kontext

von „TRAN 25“ beantworten, ist doch Schwitters selbst mit demjenigen zu

identifizieren, der Materialien bzw. Antikritiken bereitstellt, mit denen er seinen Kritikern

das Leder gerbt bzw. diese künstlerisch im Zaum hält.1515

Der Untertitel „Sämischgares Rindleder“ ist darüber hinaus ein intermedialer Verweis

auf die Merzzeichnung „Mz. 158 Das Kotsbild“ von 1920,1516 in der ein Collageteil

1510 Vgl. Hirtler 1985, S. 131. 1511 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40 und Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst, S. 51. 1512 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 55. 1513 Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. 1514 Lucien Dällenbach: Le récit spéculaire. Essai sur la mise en abyme. Paris 1977, S. 52. Dällenbach definiert diese Form der Reflexivität folgendermaßen: „est mise en abyme tout miroir interne réfléchissant du récit par réduplication simple, répétée ou spécieuse.“ Speziell die hier zutreffende textuelle „mise en abyme de l’énonciation“ spiegelt die Textorganisation oder den Produktionsprozess wider, vgl. ebd., S. 100 und 123. 1515 Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7, S. 54-55. Kummeten gehören zum Zaumzeug für Zugtiere. Es handelt sich um gepolsterte Bügel, die um den Hals von Pferden oder Kühen gelegt werden. 1516 Vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 696.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

341

vermutlich auch aus der Zeitung „Der Sattler- und Tapezierermeister“ mit der Aufschrift

„Sämischgares Rindleder / in Häuten und Kernstücken“ eingeklebt ist. Die Collage

veranschaulicht Schwitters’ Frauenbild.1517 Die Frauen hatten in der damaligen Zeit

keinen dem Mann gleichberechtigten Status, ähnlich wie die Kritiker dem Künstler

gegenüber aus der Sicht Schwitters’.

Während in den übrigen Tran-Texten das Textbild durch die Wahl neutraler und

einheitlicher Drucktypen eingeebnet ist und sich damit optisch eine in einer Linie

verlaufende Zeichenfolge ergibt, entfaltet Schwitters in „Tragödie / Tran No. 22, gegen

Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“ wie auch in „TRAN 25 / Sämischgares Rindleder“

durch die Einbindung visuell heterogener Schriftmaterialien eine zweidimensionale

Disposition auf der Textfläche. Schwitters ersetzt die „Textlinie durch die Textfläche“

und rekurriert damit auf die Gestaltungsweisen der Zeitungen.1518 Die typografisch

differenzierte Anordnung der Schrift erfordert unterschiedliche Leseweisen, das

konsekutive Lesen linear angelegter Texte wird kombiniert mit der Lesetechnik des

„Cross-Reading“.1519

Im Zusammenhang mit der plastischen Textgestaltung ist es signifikant, dass

Schwitters in „TRAN 25“ die Passage „Rauf, runter, rauf, Pünktchen drauf. Was ist

das? Ein i“ aus einem Manifest der i-Kunst einfügt und das wesentliche Element, den

Buchstaben i, zentriert und vergrößert setzt.1520 Bei der i-Kunst als Sonderform von

Merz wird die bloße Wahl des Materials zum schöpferisch-künstlerischen Akt erhoben:

„Material und Kunstwerk sind dasselbe. i erfaßt das Kunstwerk in der Natur. Die

künstlerische Gestaltung ist hier das Erkennen von Rhythmus und Ausdruck im Teil der

Natur.“1521 Schwitters präsentiert sich in der Programmschrift „i / („assis sur l’horizon /

les autres vont chanter.“ PIERRE REVERDY.)“ als „der Künstler, der den Gesang der

Anderen, der vielleicht aber schlecht ist, durch Abgrenzung zum Kunstwerk gemacht

hat.“1522 In diesem theoretischen Text wiederum nimmt er die Verse „Assis sur

l’horizon / Les autres vont chanter“ aus Pierre Reverdys Gedicht „Regard“ zur

1517 Zur eingehenderen Analyse der Merzzeichnung, vgl. Dietrich 1993, S. 142-145. 1518 Hirtler 1985, S. 102. 1519 Wehde 2000, S. 125. 1520 Schwitters 2005/1922 – Tran 25, S. 111-112. 1521 Schwitters 2005/1922 – i Ein Manifest. Das Konzept der i-Kunst erinnert an die Ready-mades von Marcel Duchamp. In der i-Kunst aber muss keine museale Kontextualisierung stattfinden, damit das Werk als Kunst wahrgenommen wird, vgl. Schmalenbach 1984/1967, S. 133 und 215. i „ist das Auffinden eines künstlerischen Komplexes in der unkünstlerischen Welt und das Schaffen eines Kunstwerkes aus diesem Komplex durch Begrenzung, sonst nichts“, Schwitters 2005/1923 – Banalitäten 3. Während Duchamp der Vorstellung des Künstlers als prometheischer Schöpfer eine Absage erteilte, blieb bei Schwitters die künstlerische Urheberschaft desjenigen, der das Werk gefunden hat, unangetastet: „Nun ist nicht [derjenige], der diese Aufnahmen gemacht hat, Urheber des Kunstwerks, sondern ich, der ihren künstlerischen Gehalt erkannt hat“, Schwitters 2005/1923 – i, S. 140. 1522 Ebd., S. 137-138.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Demonstration seines i-Konzeptes auf.1523 Bezüglich der Materialauswahl und des

Bearbeitungsgrades ist die i-Kunst eine konsequente Weiterentwicklung der

Merzkunst, denn „i setzt [den] Weg = null. Idee, Material und Kunstwerk sind

dasselbe“.1524 Wählt Schwitters für die Gestaltung der Merzwerke und damit auch der

Tran-Texte zahlreiche einzelne vorgefundene Komponenten aus, so wird in der i-Kunst

das einzelne ausgewählte Objekt zu einer selbständigen Werkeinheit, ein Konzept, das

er in seinen antikritischen Schriften allerdings nicht umsetzt. Mit der intertextuellen

Referenz bekundet der Merzkünstler eine Wesensverwandtschaft zwischen seinem

künstlerischen Denken und dem des französischen Dichters, veranschaulicht doch das

Gedicht „Regard“ von Reverdy dessen Vorstellung der „poésie plastique“. Diese

Vorstellung setzt Schwitters in „TRAN 25“ mittels ausdifferenzierter typografischer

Gestaltung ins Werk.

Tran 31

In „Tran 31“1525 gegen Alexander Dorner bringt Schwitters ein explikatives Moment ein.

Er erklärt dem Kunsthistoriker, der in der für „Tran 31“ anlassgebenden Kunstkritik

zwischen Merzzeichnungen und Merzbildern und damit zwischen wirklich zeitgemäßer

und falscher, rückschrittlicher Kunst einen ästhetisch-wertenden Unterschied

ausgemacht hat,1526 dass Merz, „die künstlerische Formung der Abfallprodukte des

Lebens“ sei, ein Prinzip, das allen Werkteilen von Schwitters’ Merzkonzept inhärent sei

und alle dazugehörenden Komponenten gleich-gültig mache. Ob dieser Erklärung ist

der Text, ebenso wie die meisten Tran-Schriften, nicht als Gegendarstellung zu lesen,

denn im Sinne von Merz, so Schwitters weiter, „verwerte ich Ihre Kurier-Besprechung

zu diesem hochwertigen Tran“.1527 Antikritische Wirkung sollte der Text gar nicht

entfalten, denn er bleibt zu Lebzeiten Schwitters’ unveröffentlicht. Derart offenherzige

Gedanken darüber, dass es sich bei dem Autor der Rezension zur Ausstellung

„Gleichmann - Schwitters - Groß“ in der Galerie von Garvens im Herbst 1922 wohl um

ein „eigentlich dämliches Rindvieh“1528 handeln müsse, hat Schwitters ganz bewusst

nicht publiziert, da er den Kustos des Provinzialmuseums Hannover persönlich kannte

und „weil ich den eigentlichen Dorner so liebe“.1529

1523 Pierre Reverdy: Regard (1918). In: Pierre Reverdy. Œuvres complètes. Hrsg. von Etienne Alain Hubert. 14 Bde. Bd. 1: Plupart du temps. Poèmes (1915-1922). Paris 1967, S. 245. 1524 Schwitters 2005/1922 – i Ein Manifest. 1525 „Tran 31“ ist laut Friedhelm Lach auf Oktober 1922 datiert und befindet sich in Schwitters’ „Schwarzem Notizbuch VI“, vgl. Lach 5, S. 411, Anm. 118. 1526 S.w.o. Kap. 1.2.10. 1527 Beide Zitate: Schwitters 2005/1922 – Tran 31, S. 119. 1528 Ebd., S. 118. 1529 Ebd., S. 119.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

343

„Eigentlich“ und „lieben“ sind Stichwörter, die Schwitters dem kunstkritischen

Vorlagentext entnimmt. Nach wiederholt angewandtem Verfahren separiert Schwitters

aus der Ausstellungskritik signifikante Textfragmente und nutzt sie als Collageteile.

Wörter wie „Pech“ oder „falsch“ aus Dorners Artikel1530 - ergänzt durch einen ihnen

semantisch gegenläufigen Begriff - dienen ihm dazu, an die polarisierende Art des

Kunsthistorikers anzuknüpfen und dessen Aufforderung zu einer eindeutigeren

Positionierung durch Rückprojektion wie auch Oppositionsbildungen zu erwidern:

„Nämlich jemand ist Künstler oder nicht. Und wenn jemand a popo Künstler ist, kann er nicht bald Meisterwerke, bald Pech schaffen. Er ist entweder Pechmarie oder Goldmarie, aber nicht beides. [...] Wie fürchterlich, wenn Sie an meinem Pech kleben bleiben, wie eine Fliege, eine persönliche Fliege. Da hängt sich’s noch tausendmal besser an einem aufgenagelten Glasscherben. a a popo, apopo, Ihre Liebe. (‚man muß ihn lieben, diesen eigentlichen Schwitters!’). [...] Fühlen Sie es denn nicht selbst, wie lächerlich es ist, bald zu lieben, bald zu hassen.“1531

„A popo“ ist das vermerzte Wort des Adverbs „a propos“, das Dorner in dem

Postscriptum seiner Besprechung erwähnt hat. Die klanglich umgewertete Vokabel

findet in „Tran 31“ häufige Verwendung und wird z. T. im Rahmen eines Sprachspieles

variiert zu „a a popo“ oder „apopogieren“.1532

Tran 32 Ein Künstler, der es nicht sein will

Zu einer Kritik, die ebenfalls die Ausstellung „Gleichmann - Schwitters - Groß“ in der

Galerie von Garvens behandelt hat, entwirft Schwitters „Tran 32 / Ein Künstler, der es

nicht sein will“. Der Entwurf besteht aus Notizen in Gabelsberger Kurzschrift auf dem

Zeitungsausriss mit der Ausstellungsbesprechung, der sich in der Kladde „8uur“

befindet. Er ist wie folgt konzipiert:

„Der Hann. Anzeiger schreibt am 12.11.: ‚Kurt Schwitters will mit seinen Merz-Bildern, die ja populär geworden sind, nicht Künstler sein.’ / ‚Bei Ihrer hartnäckigen Verstopfung greifen sie zu dem richtigen Mittel, wenn sie echte Regenerationspillen kaufen.’ / Also bitte, liebe Kritik, kaufen sie. NB: Nennen Sie so etwas Kritik?“1533

Bei dem Einschub in der Mitte handelt es sich um eine Werbeannonce der

Hannoverschen Löwen-Apotheke, die auf derselben Seite der Tageszeitung wie die

Kritik abgedruckt ist. Wie Schwitters durch Zitat nachweist, entlehnt er den Untertitel

1530 Alle Zitate: Dorner 1922.11.03. 1531 Schwitters 2005/1922 – Tran 31, S. 118-119. 1532 Beide Zitate: Ebd. 1533 Schwitters o. J. – Tran 32 und vgl. Anonym 1922.11.12.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

344

der Kritik des anonym zeichnenden Redakteurs, in der dieser implizit eine Dada-

Rezeption in der Merzkunst nahegelegt hat. Der Merzkünstler knüpft für den

Textentwurf an die Konstruktionsweise und die Materialauswahl von „Tran Nr. 17“ / Der

gefesselte Paul Madsack“ an. In diesem Fall jedoch umklammert er die kunstkritische

Aussage nicht mit dem inhaltlich gegenteiligen Zeitungsmaterial, sondern setzt es

kommentierend inklusive eigener, nachfolgender Anmerkungen darunter. Die beiden

auch durch einen Absatz getrennten Teile werden durch die Aufforderung,

„Regenerationspillen“ zu kaufen, inhaltlich aufeinander bezogen. Schwitters attestiert

dem Rezensenten mit dieser Verschränkung habituelle „hartnäckige[] Verstopfung“

geistiger Art, da dieser dem Merzkünstler weiterhin eine antikünstlerische und damit

dadaistische Haltung unterstellt hat, obwohl in den kunsttheoretischen Merztexten zur

Abgrenzung von der dadaistischen Bewegung von Anfang an die ausschließlich auf die

Kunst ausgerichteten Intentionen immer wieder kommuniziert worden sind. Zur

Linderung seiner Begriffsstutzigkeit empfiehlt Schwitters dem Redakteur des

„Hannoverschen Anzeigers“ regenerative Medizin einzunehmen. Damit macht

Schwitters einerseits die medizinische Bedeutungsdimension seiner Tran-Texte

deutlich. Andererseits streift er die pathologisierenden kunstkritischen Vorwürfe, die

innerhalb des Entartungsdiskurses thematisiert wurden, spricht dabei aber nicht den

anonym zeichnenden Autoren des Artikels, sondern die „liebe Kritik“ im Allgemeinen

an.1534 Der Grund dafür, dass der Text nur Entwurf blieb, dürfte an der fehlenden

Substanz sowohl des Ausgangstextes als auch des Tran-Textes selbst liegen.

2.3 Die Tran-Texte und tran-ähnliche Schriften 1923-1924

Tran 50

Nachdem Schwitters vormals bereits zwischen „zwei Gruppen von Dadaisten, die

Kern- und die Hülsendadas“1535 unterschieden hat, unternimmt er nun eine weitere

begriffliche Differenzierung des Dadaismus in der Antikritik „Tran 50“, in der er sich

1534 Schwitters o. J. – Tran 32. Weshalb der Textentwurf zu „Tran 32. Ein Künstler, der es nicht sein will“ hier im Gegensatz zu den anderen geplanten Repliken gegen Carl Puetzfeld (s.w.o. Kap. 2), Lothar Brieger (s.w.o. Kap. 2.1), Leo Rein sowie gegen den mit Bf. zeichnenden Redakteur der Kölnischen Volkszeitung (s.w.o. Kap. 2.2) ausführlich im Rahmen eines Unterkapitels besprochen wird, hat zum einen textimmanente Gründe, da Schwitters für „Tran 32“ eine Textdisposition entwarf, die mit der seiner anderen Antikritiken im Merzstil vergleichbar ist, wodurch der Grad künstlerischer Gestaltung wesentlich höher erscheint als bei den antikritischen Notizen. Zudem verschränkt er den kunstkritischen Hypotext mit weiterem Zeitungsmaterial, was ebenso einen gestalterischen Mehrwert bedeutet, im Gegensatz zu den rein argumentativen Kommentaren. Und drittens weist der Textentwurf ein entscheidendes über den reinen Entwurfscharakter der anderen Kommentare hinausreichendes Merkmal auf, ist er doch mit einem explizit auf den Kontext der Antikritik zielenden Paratext versehen, während die anderen Notizen lediglich einen Reflex auf den jeweiligen Text darstellen und somit nur metatextuellen Charakter haben. 1535 Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 77.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

345

zunächst persönlich an Friedrich Carl Kobbe wendet. Kobbe hat Schwitters’

Merzabend im Braunschweiger Operettenhaus am 26. Januar 1924 rezensiert. In

seiner Kritik hat Kobbe Merz unter den Dadaismus subsumiert, den er „als eine Gefahr,

die man nicht unterschätzen sollte“, bezeichnet hat,1536 wie Schwitters in seinem Tran-

Text paraphrasiert. Auf die weiteren kunstkritischen Vorwürfe Kobbes geht Schwitters

nicht ein. Stattdessen macht er den Kunstkritiker auf eine Modifizierung Dadas durch

Akzentsetzung aufmerksam, die er am 30. Dezember 1923 in seine kunsttheoretischen

Reflexionen eingeführt hat:

„Man kann nun schreiben dáda, dada oder dadá. Im ersten Falle ruht der Ton auf der ersten, im letzten auf der letzten Silbe, im zweiten Falle ist jede Silbe gleichmäßig betont. Sie sehen den Zweck nicht ein? Bitte sprechen Sie es aus: dáda klingt sächsisch, trivial; dadá klingt französisch, etwa wie Berlin, eben Elan oder Weltstadt; dada dagegen klingt indifferent, wie jemand, der nicht weiß, was er will.“1537

Das innovative Moment, so Schwitters, sei lediglich die „offizielle Einführung des

Akzentes“1538, während die Begründer der dadaistischen Bewegung die

dementsprechende Intonation nur mündlich überliefert, den „Elan“ in der Modulation

von dadá aber klar erkannt hätten. Der Kommentar zur klanglichen Dimension

impliziert, dass Schwitters zwischen den folgenden drei Spielarten des Dadaismus

unterscheidet: dadá als der ursprüngliche, künstlerisch orientierte, der sich zu einer

internationalen Bewegung entwickelt hat, und dáda als der triviale, regional begrenzte

und unkünstlerische, weil politisch vereinnahmte Dadaismus sowie dada, der als etwas

Indifferentes ohne konkrete Position aufzufassen sei. Die kunstkritische Aussage, bei

Dada handele es sich um eine „Gefahr, die man nicht unterschätzen sollte“ wertet

Schwitters sodann um zur Charakterisierung Dadás als „nicht zu unterschätzendes

Heilmittel“.1539 Ist „Tran“ im Sinne von Lebertran die medizinische Dimension inhärent,

so überträgt er diese auch auf Dadá resp. Merz, das mit dem ursprünglichen

Dadaismus durch „eine enge künstlerische Freundschaft“ verbunden ist.1540

Über den zitierten Nebensatz hinaus verwendet Schwitters kein weiteres Wortmaterial

aus Kobbes Artikel. Daher dient ihm seine antikritische Schrift nicht zur Verwertung von

kunstkritischem Material, sondern zur Bestimmung der Bedeutung von Dadá in seiner

1536 Kobbe 1924.01 und s.w.o. Kap. 1.2.8. 1537 Schwitters 2005/1924 – Tran 50, S. 178. Der Text erschien in der siebten Ausgabe von Schwitters’ eigener Zeitschrift „Merz“ im Januar 1924. In dem so genannten „Tapsheft“ setzte sich Schwitters darüber hinaus für den Dadaismus ein, indem er Aussprüche einiger Exponenten der Bewegung abdruckte. 1538 Schwitters 2005/1924 – Tran 50, S. 179. 1539 Ebd., S. 178. Als Heilmittel hatte zuvor Christof Spengemann Merz bezeichnet, vgl. Spengemann 1985/1920, S. 11. 1540 Schwitters 2005/1920 – Merz, S. 78.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

346

Weiterentwicklung zu einem Stilelement. Unter Dadá versteht Schwitters nun - in „Tran

50“ selbst aus dem ersten Heft seiner Zeitschrift „Merz“ zitierend - „‚[...] das Bekenntnis

zur Stillosigkeit. Dadá ist der Stil unserer Zeit.’“1541 Er begreift Dadá als Spiegel der

Welt und sich selbst als Spiegelträger des Dadaismus.1542 Mittels Spiegel zeige Dadá

der Welt ihr Gesicht mit dem Ziel, „die Zeit zu heilen, indem sie die Diagnose stellt.“ Die

bespiegelnde Untersuchung soll letztendlich zur Erkenntnis führen, dass die

Generation schwer erkrankt sei. Mithin sei Dadá ein Therapeutikum „für das dáda-

Zeitalter, daher sieht der bürgerliche, total indifferente dada-Kritiker in dadá eine nicht

zu unterschätzende Gefahr“, weil dieser im Gegenzug nicht Stillosigkeit, sondern einen

einheitlichen Stil fordere. Die Kunstkritiker, so Schwitters weiter, betrachteten den

Dadaismus als eine gleichgültige Sache, weshalb sie „stets nur ‚dada’ geschrieben

[haben], ohne Akzent, um dadurch zu beweisen, daß sie gegenüber dadá ebenso

indifferent ist, wie gegenüber der Kunst.“1543 Bei der Einschätzung Dadás aber

verwechseln diese immer Motivation und Wirkung, wenn sie gegen die Symptome

kämpfen, die Ursachen ignorieren und den Arzt für die gestellte Diagnose abstrafen

würden. Sie rügten die Künstler dafür, dass sie in ihren Werken und Taten den Wandel

der Zeit und neue Weltanschauungen reflektieren und vor Augen führen. Mit dieser

Bespiegelung der Verhältnisse und der bipolaren Konstellation von kollektiver

Erkrankung und Heilung durch Dadá greift Schwitters aus ironischer Distanz in den

diesbezüglichen Diskurs ein, wie er v. a. von den Kritikern aus Hannover geführt

wurde.

In den darauffolgenden Textpassagen richtet sich Schwitters an alle „Totsager des

Dadaismus“ wie „Kritik und Künstler, Museumsdirektoren, Kunstsammler, Kunsthändler

und der kleine Kunstgelehrte.“ Da Dadá nach Schwitters’ Auffassung aufgrund der

reflektierenden Dimension entwicklungsfähig ist, setzt er der Rede zum Ende des

Dadaismus das typografisch hervorgehobene Statement „dadá ist ewig“ entgegen.

Zunächst stellt sich Schwitters selbst in die Reihe derjenigen, die Dadá insofern

weiterentwickeln, als sie dieses als Gestaltungselement verwenden: „Ich z. B. Sie

sehen, obgleich ich Merz bin, lebe, male, dichte, obgleich ich Gegner von dadá bin,

muß ich doch zugeben, daß dadá lebt, und bediene ich mich zeitweise dieses Mittels.“

Als weitere Beispiele für das Fortleben Dadás erwähnt er Theo van Doesburgs

Engagement für Dadá durch seine Zeitschrift „De Stijl“ und ebenso „G“, das Journal

Hans Richters, von dem er die, seine These bestätigende Aussage - „Eine Zeitschrift

1541 Schwitters 2005/1924 – Tran 50, S. 179. 1542 Vgl. Schwitters 2005/1923 – Holland, S. 131. 1543 Alle Zitate: Schwitters 2005/1924 – Tran 50, S. 179.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

347

ohne dadá ist nicht denkbar.“ - in „Tran 50“ integriert.1544 Wenn Schwitters im Tran-Text

aus seiner eigenen Zeitschrift zitiert und auch andere avantgardistische Medien zum

Thema macht, nutzt er in erster Linie die Tran-Schrift als öffentlichkeitswirksames

Instrument zur Bewerbung der progressiven Kunst. Der Text zielt damit weniger auf

eine antikritische Wirkung ab, auch wenn Schwitters Kobbe persönlich anspricht und

versucht, ihn zu motivieren, „sich dazu bitte [zu] äußern“.1545 V. a. kommuniziert

Schwitters darin seine künstlerische Überzeugung von der Wirkungskraft seiner Kunst

und dessen, was er nun als „dadá“ definiert.

Die Verwertung des Materials aus Kobbes Rezension rückt in dieser Tran-Schrift

dezidiert in den Hintergrund. Auch finden sich kaum weitere Fremdtextfragmente in

„Tran 50“, abgesehen von den als Zitate gekennzeichneten Aussagen, die Schwitters

den Kunstkritikern in den Mund legt, sowie den Bemerkungen aus den

Avantgardezeitschriften. Da der kunstkritische Diskurs über die Merzkunst nun

allmählich eine Homogenität erreicht hat, einzelne Kritiker sogar kaum noch über die

Merzkunst schrieben und die formale wie inhaltliche Qualität des Wortmaterials keine

wesentlich neuen Aspekte umfasste, sinkt auch die Verwertbarkeit des kunstkritischen

Materials für einen „hochwertigen Tran“.1546 Dies hatte zur Folge, dass Schwitters in

seinem nächsten Tran-Text auf gar keine konkreten kunstkritischen Quellen

zurückgreift, sondern die Kunstkritiker selbst als Material betrachtet.

Tran 35 Dada ist eine Hypothese

„Gelegentlich des Jahreswechsel 1923 reißt mir endlich der bekannte Faden der

Geduld“, bemerkt Schwitters zu Beginn seines letzten, als solchen betitelten Tran-

Textes. Unter folgendem Motto kündigt er eine Tiershow an, die von seinen Berliner

Kunstkritikern Paul Westheim, Curt Glaser, Ernst Cohn-Wiener und Fritz Stahl

bestritten wird:

„Motto: I think the world’s menagerie the greatest kind of show, that any one could wish to see whereever they may go, t’will be a pleasant task to me to introduce to you the different sorts of animals you’ll find are here on view. First come, first served.”1547

1544 Alle Zitate: Ebd., S. 180. 1545 Ebd., S. 178. 1546 Schwitters 2005/1922 – Tran 31, S. 119. 1547 Beide Zitate: Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 172. „Tran 35“ publizierte Schwitters erstmals im

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

348

Im Rahmen eines Prologs beschwert er sich anschließend über die Resistenz der

Kunstkritiker seinen theoretischen Reflexionen gegenüber. Hätten die Kritiker seine

Zeitschrift „Merz“ gelesen, dann hätten sie sich über sein Kunstkonzept und den

Unterschied zwischen Dada und Merz informieren können und würden erkennen,1548

„daß der Dadaismus nicht Weltanschauung, sondern nur Mittel ist, etwa wie ein

lebendiger Tran“,1549 im Gegensatz zu Merz, das Schwitters vormals zu einer

Weltanschauung bzw. zum „Merz-Gesamtweltbild“ erklärt hatte.1550 In „Tran 35“ nun

weist er „Tran“ den Status eines Instrumentes zu, um damit ein „Stück Leben

künstlerisch [zu] formen“1551 und dem Hauptziel von Merz, der Generierung von

„Beziehungen [...], am liebsten zwischen allen Dingen der Welt“ zu dienen.1552

Darüber hinaus hätten die Kritiker Schwitters’ Zeitschrift entnehmen können, dass sich

Merz durch die Rezeption des Konstruktivismus weiterentwickelt hat:

„Warum schreiben eigentlich die Zeitungen immer noch nicht: ‚Merz ist der Konstruktivismus, den unsere Zeit braucht?’ Sehr einfach, weil ich selbst es schreibe. Aber sie werden schreiben: ‚Der Expressionismus ist schon längst großer Merz geworden, nun ist auch der ganze Konstruktivismus mitsamt dem Kubismus Merz, nichts als MERZ. Das Kunstblatt wird sich Merzblatt nennen und von den Aftermerzen fünf Jahrgänge mit Abbildungen drucken. Und so werde ich auch in den großen deutschen Konzern mit eingemerzt werden, wenigstens meine Brut.“1553

Der Merzkünstler macht aus gutem Grund auf die Erweiterung seines Merzkonzeptes

aufmerksam, denn seitens der Kunstkritiker waren bisher nur die Befürworter seiner

Kunst, nicht aber deren kunstkritische Gegner auf seine Rezeption des

Konstruktivismus eingegangen.

Daraufhin gibt er an, eine Passage aus seinem Roman „Franz Müllers Drahtfrühling“ zu

zitieren, die er jedoch in dieser Form nur in „Tran 35“ veröffentlichte:

„‚Das Wort Merz stammte aber von ‚ausmerzen’ und war von Herrn ComMERZienrat Katz sehr sinnreich erfunden. MERZ war nämlich Ironie, indem es die Lichtseiten des sogenannten Dadaismus, den in Revon so recht niemand kannte, und die Schattenseiten des sogenannten Expressionismus, der in Revon mit recht so gefürchtet war, und in dem Herren Westcohn und Heimwiener ihr Wesen trieben, beleuchtete, wodurch die Herren Westwiener und Heimcohn zu phosphoreszieren begannen. Nun sind sie Glühwürmchen geworden und schwirren in Berlin umher.’“1554

Märzheft von 1924 in der Zeitschrift „Der Sturm“. 1548 Vgl. Ernst Schwitters: Gebrauchsanweisung. In: Ders. (Hg.): Anna Blume und ich. Die gesammelten „Anna Blume“-Texte. Zürich 1965, S. 13–39, bes. S. 16. 1549 Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 173. 1550 Schwitters 2005/1921 – Kurt Schwitters, S. 84. 1551 Schwitters 1920 – Literarische Rätselecke, S. 152. 1552 Schwitters 2005/1924 – Merz. 1553 Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 172. 1554 Ebd., S. 172.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Mit dem Ausweis von Merz als Ironie signalisiert Schwitters die Überwindung seiner

dadaistischen wie auch expressionistischen Schaffensphase und seine Hinwendung zu

einer elementaren Kunstform, als die er den Konstruktivismus begreift. Wenn er

Expressionismus und Dadaismus in einem Zusammenhang nennt, so zeigt Schwitters

gleichzeitig die Entstehungsbedingungen seiner Kunst auf und versucht, den

dadaistischen Zweifel und die expressionistische Wesensschau in Korrelation zu Merz

zu setzen wie er damit auch sein Konzept selbst als Vernetzung entgegengesetzter

Vorstellungen auslegt.1555

In formaler Hinsicht schlägt sich diese Stilwende im Text in der Konzentration auf

Fremdtextfragmente in Gestalt der Kritikernamen und ihrer Bearbeitung nieder.

Daneben verwertet Schwitters für „Tran 35“ nicht mehr kunstkritische, sondern

deutschlandweit bekannte Hypotexte in Form von Schlagern und Hymnen.1556 Z. T.

trägt Schwitters damit der dichterischen Elementarisierung im Rahmen seiner

Konstruktivismusrezeption Rechnung, wie er sie in der Schrift „Konsequente Dichtung“

dargelegt.1557 Die flächenhafte Textausbreitung und die Stufung des Textmaterials zu

parallelistisch angelegten Passagen korrespondiert mit der kompositorischen

Vereinfachung und elementaren Gestaltung mit einem reduzierten Repertoire an

künstlerischen Mitteln in seinem bildkünstlerischen Werk. Abgesehen davon zeigt sich

in den Tran-Texten von Anfang an aufgrund der darin enthaltenen Realisierungen

bestimmter Verfahren eine gewisse Verwandtschaft zur konstruktivistischen bzw.

formalistischen Literaturauffassung.

Bereits in der 1919 erschienenen Schrift „An alle Bühnen der Welt“ hat Schwitters „die

abstrakte Verwendung der Kritiker und die Unteilbarkeit aller ihrer Aufsätze über die

Veränderlichkeit des Bühnenbildes und die Unzulänglichkeit der menschlichen

Erkenntnisse überhaupt“ gefordert.1558 Auf den ersten Teil der Forderung kommt er

jetzt zurück, den zweiten hingegen scheint er als erfüllt zu betrachten, da er keine

kunstkritischen Aufsätze, die es weiter bis zur „Unteilbarkeit“ zu parzellieren gilt, als

1555 Vgl. Wiesing 1991, S. 97. 1556 Das Verfahren, sich Lieder anzueignen und in seinen eigenen Werken zu zitieren, hat auch Goethe praktiziert, wenn er im „Faust“ Mephisto ein Lied aus Shakespeares „Hamlet“ singen lässt, vgl. Walzel 1957/1929, S. 176. Goethe rechtfertigte das folgendermaßen: „‚So singt mein Mephistopheles ein Lied von Shakespeare, und warum sollte er das nicht? Warum sollte ich mir die Mühe geben, ein eigenes zu erfinden, wenn das von Shakespeare eben recht war und eben das sagte, was es sollte? Hat daher auch die Exposition meines ‚Faust’ mit der des ‚Hiob’ einige Ähnlichkeit, so ist das wiederum ganz recht, und ich bin deswegen eher zu loben als zu tadeln’“, Johann Wolfgang von Goethe: Briefe, Tagebücher, Gespräche, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band10.htm, S. 30270 (vgl. Goethe-Gespr. Bd. 5, S. 132-133), Gespräch mit Johann Peter Eckermann, Wilhelm Rehbein und Friedrich Wilhelm Riemer vom 18.01.1825. 1557 Vgl. Kurt Schwitters: Konsequente Dichtung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 190–191. 1558 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

350

Ausgangsmaterial bei der Textgestaltung mehr berücksichtigt. Das Verfahren der

abstrakten Verwendung realisiert er in „Tran 35“, indem er zu Beginn des Textes

Westheim und Cohn-Wiener vorerst in Glühwürmchen verwandelt. Mithin werden die

Kritiker zu Figuren des Textes, die Schwitters mit auktorialer Macht dann mehrfach

umformt. Damit wird nicht wie bisher ihr kunstkritisches Material verwertet, vielmehr

überführt Schwitters die Kritiker selbst umwertend auf der narrativen Ebene in eine je

andere Daseinsform. Die Verwendung der Kritiker als Objekte des Textes wird in „Tran

19“ in den grammatikalischen Erwägungen Schwitters’ antizipiert, ob er Westheim als

Satzsubjekt oder Satzobjekt verwenden solle.1559 In „Tran 35“ setzt er diese Idee um

und transformiert die Kunstkritiker in Gegenstände des Textes, macht sie zum bloßen

figurativen Inventar.

Das Anliegen des Textes ist zunächst, den Kritikern „die Kluft zwischen Merz und

Dada“ sowie das i-Prinzip anhand von Beispielen der abstrakten Verwendung von

Kritikern zu demonstrieren. Nach der Verwandlung der Kunstkritiker in Insekten erfolgt

die Umarbeitung in Material für die i-Kunst, um deren Prinzipien auf verfremdende

Weise zu erläutern. Wären seine Kritiker selbst Künstler, heißt es weiter im Text,

könnten sie nach dem i-Prinzip und durch die bloße Auswahl des Materials auch ein

Kunstwerk schaffen. Da diesen die Auswahlkompetenz aber fehle, verwendet er sie als

künstlerisches Material für seinen Tran-Text, denn „in Verbindung mit dem Kunstwerk

[...] wird alles i.“1560 Schwitters transformiert die beiden genannten Kritiker sowie Curt

Glaser und Fritz Stahl sodann gemäß dieses Verfahrens:

„Sehen Sie, das nenne ich i. Sie sind plötzlich selber i, indem Sie sich selber erfaßt haben. Herr Westheim ist plötzlich i, Herr Cohn-Wiener plötzlich i, Herr Kurt Glaser plötzlich i, Herr Fritz Stahl plötzlich bester i-Stahl. Plötzlich geht ihnen selber ein i auf; die Welt ist i, wenn sie es nur wollen? O nein, so einfach ist die Sache mit i nicht, und so steche ich ihnen ein i mit den Banalitäten auf.“1561

Fritz Stahl hat sich ein einziges Mal und nur marginal über die Merzkunst geäußert.

Dass er in „Tran 35“ Aufnahme findet, ist durch die Doppeldeutigkeit seines Namens

bedingt, der selbst für veredeltes Material steht. Ebenso verweist der Name Glaser auf

ein handwerkliches Berufsfeld, in dem Rohstoffe zu einem wertvollen Werkstoff

umgewandelt werden. Die Nachnamen der beiden anderen Kritiker erweisen sich indes

aufgrund ihres Wortklanges, ihrer Trennbarkeit und ihrer Verwendbarkeit für

Wortkreuzungen als tran-würdiges Material.

1559 Schwitters 2005/1921 – Tran 19, S. 89-90. 1560 Beide Zitate: Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 173. 1561 Ebd., S. 174.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Die Schwitterssche Auffassung von Dada „ohne Akzent“, der zufolge jeder Dadaist,

also Gegner der Kunst sein könne, galt insbesondere für die Kritiker.1562 In diesem

Sinne vermerzt Schwitters seine Berliner Kunstkritiker übereinstimmend mit der zuvor

vollzogenen antikritischen Umsetzung des Verfahrens der i-Kunst zu Dadaisten:

„Herr Westheim ist plötzlich Dadaist, Herr Cohn-Wiener ist plötzlich Dadaist, Herr Kurt Glaser ist plötzlich Dadaist, Herr Fritz Stahl ist plötzlich bester Stahl-Dadaist. und plötzlich geht ihnen ein Dada auf, die ganze Welt ist Dadaist; [...]. Punkt. Leider nicht Punkt. So einfach ist die Sache immer noch nicht, denn sie haben Dada noch nicht in sich überwunden; Beweis: jeder Kunstgelehrte behauptet, Dada wäre eine längst überwundene Angelegenheit. Und dabei sind die Herren Kunstgelehrten die für den Dada fähigsten Leute.“1563

In diesem Fall präzisiert Schwitters die Bestimmung Dadas resp. Dadás in

gedanklicher Verknüpfung mit dem zuvor publizierten „Tran 50“ als „Kritik an der Kritik,

Dada ist die Opposition auf die Opposition.“ Schwitters rekurriert auf die den Akzent

betreffende Differenzierung von Dáda, Dada bzw. Dadá in der etwas älteren

antikritischen Schrift, ohne jedoch die Akzentsetzung zu übernehmen. Demnach ist für

Schwitters Dadá resp. „Dada [...] nicht Kunst aus Selbstbescheidung. Dada ist nicht

Kunst, die für die Kunst arbeitet. Dada setzt sich ein für die Kunst nach Dada, die Dada

selbst nicht schaffen will, Dada ist die Ausmistung des Augiasstalles.“1564 Danach

„erkennen alle, daß auch sie Dadaisten sind, weil auch sie für etwas anderes kämpfen

als für die Kunst.“1565 Insofern steht Dada für eine antikünstlerische Haltung, welche

auch auf die Kunstkritik zutrifft. Außerdem nimmt Schwitters in „Tran 35“ den von der

Kunstkritik unterstellten Gedanken aus „Tran 50“ wieder auf, der Dadaismus sei „eine

längst überwundene Angelegenheit“.1566 In Anlehnung daran erklärt er sodann, dass er

selbst „der Mann ist, der Dada in sich überwunden hat“.1567 D. h., er präsentiert sich

hier als Überwinder des Dadaismus, als derjenige, der Dada als Material

weiterverarbeitet sowie als Antikritiker, der die Kunstkritik - nun gleichbedeutend mit

dem Dadaismus - überwindet, indem er den kunstkritischen „Augiasstall“ ausmistet und

die Ingredienzien zu einem „lebendigen Tran“ formt.1568 Im Stall des Augias befanden

sich bekanntlich zahllose Rinder, deren Exkremente von Herkules beseitigt wurden.

Dieses literarische Motiv überträgt Schwitters auf sich selbst, metaphorisiert die

Berliner Kritiker zu Rindern und recycelt sie selbst, nachdem er zuvor nur ihren

1562 Schwitters 2005/1924 – Tran 50, S. 179. Diese Rollenzuschreibung erinnert an „Tran Nr. 15“, in dem Schwitters Alois Vogedes zum Dadaisten erklärt. Auch Hans Waldemar Fischer bzw. Dr. Frosch weist Schwitters in „Tran Nr. 14“ durch Bespiegelung der kunstkritischen Argumente nach, Dadaist zu sein. 1563 Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 174. 1564 Beide Zitate: Ebd. 1565 Ebd., S. 174-175. 1566 Ebd., S. 174 und vgl. Schwitters 2005/1924 – Tran 50, S. 179-180. 1567 Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 174. 1568 Diese Metapher eignet sich Schwitters aus einer frühen Kunstkritik an, vgl. Neumann 1920.06.25.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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kunstkritischen Output verwertet hat, zu i, dann zu Dadaisten und im weiteren Verlauf

des Textes zu Fäden, zu Asketen wie er auch ihre Namen am Textende verfremdet.1569

Gegen Ende von „Tran 35“ revidiert er seine Charakterisierung der Kritiker als

Dadaisten. „Sie können einfach nicht Dadaisten sein, weil Verneinung einer Sache

zunächst einmal bedingt, daß man sie besessen hat. Sie können nicht Kunst

verneinen, weil Sie nicht einmal vorher gewußt haben, was Kunst ist.“ Abschließend

geht er auf das „wahre Wesen“ des Dadaismus ein:

„Nämlich das wahre Wesen des Dadaismus existiert überhaupt nicht und hat nie existiert, weil seine Vorkämpfer nicht fähig, nicht mutig und nicht dadaistisch genug waren. Das Wesen des Dadaismus ist das absolute Gegenteil von Kunst. Wer Kunst kennt, dazu Fähigkeiten, Mut, Veranlassung und Gelegenheit hat, Kunst in ihr Gegenteil umzukehren, ist Dadaist.“1570

Das Verb „umzukehren“ als Implikation von Bewegung leitet zur Schlusspassage über.

Darin löst er die Ankündigung der Tiershow zu Beginn des Textes ein, indem er seine

Berliner Kritiker satirisch vorführt:

„Und plötzlich drehen alle sich selbst um. Herr Westheim dreht sich um (zum wievielten Male?), Herr Cohn-Wiener dreht sich um, Herr Kurt Glaser dreht sich um, Herr Fritz Stahl dreht sich um, der ganze Konzern dreht sich um. Jetzt lesen sie sich von hinten und staunen selbst. Denn sie heißen jetzt Nreznok, Lhats, ja, L hats, Resalg, Nhoc oder Reneiwnhoc, so ähnlich wie Renaissance, Miehtsew [...].“1571

Schwitters verwertet weniger die kommunizierten Gedanken, Wörter oder Statements

der Kunstkritiker, wie in den meisten seiner bisherigen antikritischen Texte. Vielmehr

werden die Namen der Kritiker selbst zum Material des Tran-Textes. Vermerzt er in

„Tran Nummer 11“ ein kunstkritisches Schlüsselwort zu einem Anagramm, so geht er

hier nun einen Schritt weiter und nimmt eine ananymische Operation an den

Kritikernamen vor. Der Leseverlauf ist dabei in diametral entgegengesetzter Richtung

zu konventionellen Formen des Lesens gerichtet. Durch das Ananymieren und die

geschilderte Drehbewegung um 180 Grad symbolisiert und metaphorisiert er den

Rückblick der Kunstkritiker auf eine zurückliegende, ideale Ordnung. Die Nennung der

Klangähnlichkeit von „Reneiwnhoc“ und „Renaissance“ konkretisiert den Gedanken,

dass die Kunstkritiker an der Wiedergeburt klassischer Prinzipien festhielten. Hat

Schwitters bisher seine Kritiker als bewegungslos und auf einen Standstandpunkt

fixiert dargestellt, wie in „Tran 18“, oder als rückwärts schreitend, ohne die

1569 Vgl. Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 174-175. 1570 Alle Zitate: Ebd., S. 175. 1571 Ebd.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

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Blickrichtung zu ändern, wie im Fall von „Tran 21“, so lässt er sie hier, sich ein halbes

Mal um die eigene Achse drehen und rückwärts blicken.

Der Merzkünstler kündigt am Ende an, „in meinen nächsten Tränen den kompletten

Dadaismus“ zu behandeln. Eine weitere als „Tran“ benannte Antikritik sollte er jedoch

nicht veröffentlichen. „Tran 35 / Dada ist eine Hypothese“ endet sodann mit den

lateinischen Worten: „Difficile est, satyram non scribere. / Es grüßen herzlichst meine

Frau und ihr / Kurt Schwitters.“1572 Schwitters bezeichnet also diesen Tran-Text selbst

als Satire. Die Schreibweise des Begriffs „satyra“ legt es nahe, dass er sich nicht nur

der Satire als literarische Textsorte bzw. Darstellungsweise bedient, mittels derer er die

verzerrende kunstkritische Darstellung seiner Kunst durch spielerische Wertung

ausbalanciert. Darüber hinaus rekurriert er zudem auf die von der Spätantike bis in das

17. Jahrhundert verbreitete Verknüpfung des Begriffs mit Satyrn und Satyrspiel, dem

parodistischen Nachspiel der griechischen Tragödientrilogie mit Satyrchor.1573 In dem

heiteren, szenisch aufgebauten Nachspiel travestieren die Satyrne - mit Kentauren

verwandte Mischwesen zwischen Mensch und Tier (Esel oder Pferd) und insofern an

„TRAN 25“ erinnernd - singend und musizierend den Stoff der zuvor aufgeführten

Tragödie durch groteske Belustigung.1574 Schwitters verkehrt allerdings das satirische

Spiel. Die Satyrne resp. die Kritiker sind nicht Protagonisten des Satyrspiels, sondern

sein Gegenstand. Damit löst er die paratextuelle Vorgabe des tragischen Schicksals

von „Tragödie / Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt“ als eine Art

satirischen Abgesang auf den Untergang der Helden bzw. der Kunstkritiker ein.

An die Verwandlung der Kunstkritiker Westheim und Cohn-Wiener in Glühwürmchen

als tragisches Element schließt sich der Abdruck einer Gesangssequenz mit der

Aufforderung zur performativen Realisierung an:

„Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre, flimmre, Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre, flimmre, Schimmerst mir auf Lehmbruchwegen Mit dem Kitsch dem Geld entgegen; Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre, flimmre, Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre, flimmre, Zeigst im Kitschblatt expressiv Mit deinen Genetiv.

1572 Beide Zitate: Ebd. 1573 Vgl. Jürgen Brumnick: Satire. In: Kohlschmidt, Werner; Mohr, Wolfgang (Hgg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. 5 Bde. Bd. 3: p-sk. Berlin u. a. 2001, S. 601–614, S. 601. 1574 Vgl. S. Rö. (= Röhse, Susanne): Satyrspiele. In: Bondy, François; Frenzel, Ivo; Kaiser, Joachim u. a. (Hgg.): Harenberg. Lexikon der Weltliteratur. Autoren, Werke, Begriffe. 5 Bde. Bd. 4: Mar-Dam. Dortmund 1995, S. 2562.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

354

(Zu singen nach bekannter Melodie.) Sogleich bei dem Worte ‚Kitschblatt’ sprang bums Dr. Rudolf Bluemner mit ‚Hurrah’ aus der kleinen Spieldose, welche dazu Kitschblatt, Kitschblatt über alles, spielte, Über alles in der Welt, Wenn es stets zu Mistwehs Trotze Von den Schiebern Geld erhält. Von Steinpech bis zu Defregger, Alles schmiert den Kitsch ums Geld, Kitschblatt, Kitschblatt über alles, Über alles in der Welt.“1575

Anders als in „TRAN 25“ spielt er hier nicht mit einer umgangssprachlichen

Redewendung, sondern integriert umgeformte, längere Verse aus Liedern in den Text.

Schwitters bindet Strophen aus dem bekannten Schlager „Glühwürmchen-Idyll“ von

Paul Lincke und einen Teil der Nationalhymne in seine Antikritik ein und textet sie zu

seinen Zwecken um.

Dem Schlager ist eine Walzermelodie unterlegt, zu der in schnellen Drehungen und mit

einem festen Schrittmuster getanzt wird. Mit dem assoziierten Motiv der Drehung wird

an dieser Stelle vorweggenommen, was sich im Schlussrefrain ereignet. Darin

wiederum löst Schwitters ein, was er eingangs mit dem Motto angekündigt hat. Denn,

wie erwähnt, veranstaltet er eine Tiershow mit seinen Berliner Kritikern, deren

Dompteur er selbst ist. Er bestimmt die Regeln und verfährt nach den künstlerischen

Prinzipien von Merz.1576 Die Bestimmung des Textes als Personalsatire in Gestalt einer

Tiershow entspricht in etwa dem „Revuetypus“, wie er von Oskar Walzel in Bezug auf

Goethes „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ charakterisiert worden ist:

„Sein Wesen ist, daß einzelne Gestalten oder ganze Gruppen von Gestalten der Reihe nach auftreten, ihr Wesen und ihren Sinn zu erkennen geben und wieder abgehen, ohne daß eine dramatische Verknüpfung zwischen ihnen sich ergäbe. Gestalten wie Gruppen haben ihre repräsentative Bedeutung, sie sind als einzelne Persönlichkeiten oder als Vertreter eines Menschentypus oder als Verkörperung eines Begriffs (also als allegorische Erscheinungen) dem Beschauer wichtig.“1577

Schwitters zieht zur Gestaltung von „Tran 35“ Exponenten eines bestimmten

Menschentypus, in diesem Fall die Kunstkritiker als „eine besondere Art von

Menschen“1578 heran, lässt sie der Reihe nach in unterschiedlichen

1575 Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 173. 1576 Parallel hierzu verläuft Bachtins Auffassung vom Autor, „die diesen als uneingeschränkten, ausschließlich durch die immanenten Spielregeln der Kunst gebundenen Demiurgen auffassen mußte, der in der Art des Schachspielers seine von ihm geschaffenen Figuren nach objektiven Regeln und subjektiv variierbaren Taktiken (den V-Verfahren) bewegen konnte“, Hansen-Löve 1978, S. 452. 1577 Walzel 1957/1929, S. 246. 1578 Schwitters 2005/1922 – Tran 27.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

355

Erscheinungsformen auftreten und macht sie so zu allegorischen Gestalten. Die

einzelnen Auftritte der allegorischen Figuren allerdings verknüpft er nicht nach der Art

des Dramas, sondern lässt die Motivation für die Stoffentwicklung völlig offen.

In Anspielung auf das von Paul Westheim kritisierte Merzbild „Das Weihnachtsbild“ in

der Rezension zur 96. Sturm-Ausstellung, in das Schwitters eine Spieldose montiert

hat, lässt der Merzkünstler in der oben zitierten Gesangssequenz eine solche das

umgedichtete und damit gegen Westheims „Kunstblatt“ gerichtete „Deutschlandlied“

von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben singen. Mit der Textmanipulation von

„Kunstblatt“ zu „Kitschblatt“ reflektiert Schwitters die von Ferdinand Avenarius

angestoßene Diskussion über den Kitschcharakter der abstrakten Kunst, die von Curt

Glaser in den zeitgenössischen Schwitters-Diskurs eingebracht und von Paul

Westheim wieder aufgegriffen worden ist und überträgt den Kitschvorwurf auf

Westheims Zeitschrift. Demnach überschreibt er den Text der Hymne mit satirischer

Absicht.

Ferner ist der Textteil nach der abgeänderten Liedsequenz durch fünf Refrains

unterteilt, die der Passage einen liedartigen Aufbau geben. Die Refrains, in denen

Schwitters, wie ausgeführt, die Transformation der Kritiker demonstriert, sind alle

nahezu gleich strukturiert, die Modifikation des Wortlautes ist davon abhängig, welches

Verfahren er exemplifiziert. Er geht die Riege der vier Berliner Kritiker durch, erklärt

ihnen zunächst die Prinzipien von „i“ und „Dada“ aus seiner Sicht und auf groteske

Weise, vermerzt die Kritiker und hängt eine Metapher für die vermeintliche

kunstkritische Erkenntnis an: Nachdem Schwitters die Internalisierung des i-Prinzips

fingiert hat, folgt „Plötzlich geht ihnen selber ein i auf; die Welt ist i“; nachdem die

Kritiker erkannt hätten, dass sie selbst Dadaisten sind, schließt sich „und plötzlich geht

ihnen ein Dada auf, die ganze Welt ist Dadaist“ an, nachdem den Kritikern der

Geduldsfaden gerissen ist, fügt Schwitters „und plötzlich geht ihnen ein Faden auf“ an

und zuletzt werden die Kritiker in Asketen verwandelt, ohne dass eine entsprechende

Metapher genannt wird.1579 Schwitters lässt den Erkenntnisprozess der

„Unzulänglichkeit der menschlichen Erkenntnisse“ wegen immer wieder scheitern, um

1579 Alle Zitate: Schwitters 2005/1924 – Tran 35, S. 174-175. Schwitters vermerzt in den Refrains die Redensart „jemanden geht ein Licht auf“, mit der eine plötzliche Erkenntnis umschrieben wird. Mit der Lichtmetaphorik, die auf die Bibel zurückgeht (Ps 97, 11), ruft Schwitters seine Rolle als Aufklärer in „Tran Nr. 14“ auf und aktualisiert sie. Die hier fingierte Aufklärung der Kritiker scheitert allerdings. In diesem Zusammenhang wird wiederum der Vergleich der Kritiker mit Tieren über den Status der Kunstkritiker als Protagonisten einer Tiershow hinaus nochmals signifikant, da diese aufgrund ihrer Instinktgeleitetheit nicht vernunftbegabt sind und ergo keine Erkenntnisfähigkeit besitzen.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

356

die Verfahrensweise fortwährend weiterzuentwickeln.1580

So ergeben sich vier Kehrreime von annähernd gleicher Länge und ein Schlussrefrain,

in dem die Kritiker sich drehen und ihre Namen von hinten lesen. Schwitters setzt

dabei den erwähnten Revuetypus um, wie ihn Walzel in „Gehalt und Gestalt im

Kunstwerk des Dichters“ beschrieben hat. Zwischen die oben zitierte Gesangspartie

und die Refrains mit der Verwandlung der Kritiker schiebt Schwitters ironisch

gebrochene Überlegungen beispielsweise über Dada, womit er diesen Text in die Nähe

zur darstellenden Kunst rückt. Die Tiershow als Handlungsrahmen dient dabei zu einer

lockeren Aneinanderreihung von Nummern, innerhalb derer der Plot entwickelt wird. In

den Refrains erfüllt Schwitters wiederum nicht nur die in der Schrift „An alle Bühnen der

Welt“ geforderte „abstrakte Verwendung der Kritiker“, er setzt auch den darin

enthaltenen Vorschlag um, Menschen als Material für die Realisierung der Merzbühne

heranzuziehen.1581

Neben der Grenzverwischung zwischen Literatur und modernem Musiktheater lassen

sich in „Tran 35“ auch unterschiedliche musikalische Organisationsprinzipien

nachweisen, womit Schwitters die Grenzen der Literatur hin zur Musik öffnet. Zunächst

handelt es sich dabei um eine intermediale Referenz in Gestalt der strukturellen

Imitation, in diesem Fall auch mit intertextuellen Bezugnahmen auf populäre und

seinerzeit allseits bekannte Liedtexte, wenn der Merzkünstler den Text als Abfolge von

Strophen und Refrains konzipiert. Darüber hinaus erweitert er in „Tran 35“ die

Möglichkeiten, Kunstarten miteinander zu vermählen, um einen weiteren intermedialen

Modus durch intertextuelle Bezugnahmen praktisch anzuwenden. Denn durch das

breiten Raum einnehmende Zitat zweier Lieder in Kompilation mit größeren Teilen von

Prosa tritt das Schriftwerk als mediale Hybridform in Erscheinung.1582 Zudem macht der

Rezeptionshinweis „(Zu singen nach bekannter Melodie.)“, der explizit ein zweites

Medium aufruft, den Text zu einer Medienkombination zwischen Literatur,

musikalischen Texten und der zu singenden Melodie. Diese Verschränkung entspricht

der Musik-Literatur-Relation der „Verbal Music“, die auf eine der Musik ähnliche, in

diesem Fall sogar identische ästhetische Erfahrung abzielt.1583 Den intermedialen

Typus der „evocation of vocal music trough associative quotation“ erfüllt Schwitters

nicht nur über die Assoziation von Melodie und Rhythmus, sondern er setzt die

Kopplung der beiden Medien durch die für jeden identifizierbare Einzelwerkreferenz

1580 Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 40. 1581 Vgl. Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt, S. 41. 1582 Vgl. Wolf, W. 1999, S. 40. 1583 Vgl. Albert Gier: Musik in der Literatur. Einflüsse und Analogien. In: Zima, Peter (Hg.): Literatur intermedial. Musik, Malerei, Photographie, Film. Darmstadt 1995, S. 61–92, S. 70.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

357

und v. a. durch die performative Aufforderung ganz konkret ins Werk.1584 Somit zeigt

„Tran 35“, anders als „Tran Nummer 11“ oder „Tran Nr. 14“, eine offene Intermedialität

zwischen Musik und Literatur.1585 In all diesen Texten werden zwar die Grenzen einer

künstlerischen Disziplin mit Blick auf die Qualität der unterschiedlichen intermedialen

Erscheinungsformen ausgelotet, die Literatur aber bleibt dabei das dominante Korrelat.

Wenn Schwitters seine antikritische Schrift mit Scheinzitaten aus Merzdichtungen, die

in der Form nicht existieren, und v. a. mit Liedtexten aus einer Hymne und einem

Schlager kontaminiert und somit Kunst und Kitsch kombiniert, vollzieht er die von ihm

selbst geforderte „Vereinigung von Kunst und Nichtkunst zum Merz-

Gesamtweltbilde.“1586 Mit der Einbindung von Trivialem durchbricht der Merzkünstler

die starren Muster vorangegangener Dichtungen und nivelliert deren automatisierte

Rezeption.1587 Die Verwendung von trivialen Elementen als Teile eines literarischen

Textes finden sich auch in Reinform in Gestalt von gesammelten Banalitäten im Werk

von Schwitters.1588 Die Integration von Zitaten aus einem unkünstlerischen Bereich in

einen künstlerischen wird in den Banalitäten-Sammlungen, in denen der Merzkünstler

banale Aussprüchen lediglich aneinanderreiht, insofern konsequent weitergeführt, als

Schwitters ausschließlich Fragmente aus dem nichtkünstlerischen Bereich

zusammenstellt und so bewußte Nichtkunst hervorbringt: „Ich schreibe über Banalität;

sie ist das Auffinden eines unkünstlerischen Komplexes in der unkünstlerischen Welt

und das Schaffen eines Dadawerks (bewußte Nichtkunst) aus diesem Komplex durch

Begrenzung“.1589

„Tran 35“ ist die letzte literarisch stilisierte Antikritik von Schwitters. Die Literarizität des

Textes äußert sich in dem Sachverhalt, dass er den Text mit rhythmisierenden

Momenten verknüpft, die in zweierlei Hinsicht deutlich werden. Zum einen verwendet

er die entformelten Kritiker zur rhythmischen Gestaltung des Textes nach

musikalischen Prinzipien, die Merz inhärent sind: „[E]s ist das Lied, das in mir klang,

als ich arbeitete, das ich in die Form hineingegossen habe, das nun auch zu Ihnen

klingt durch die Form.“1590 Zum anderen demonstriert er, wie dargelegt, wesentliche

1584 Wolf, W. 1999, S. 67. 1585 Vgl. ebd., S. 50. 1586 Schwitters 2005/1921 – Kurt Schwitters, S. 84. 1587 Zur bewussten Trivialität im Werk von Schwitters, vgl. Imm 1994, S. 92-96. 1588 Vgl. Kurt Schwitters: Banalitäten (1). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 172–173 und Kurt Schwitters: Banalitäten (2). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 173–174. Zu den Banalitätensammlungen von Schwitters, vgl. Genz 2011, S. 138-149. 1589 Schwitters 2005/1923 – Banalitäten 3. 1590 Kurt Schwitters: 1926 Mein Merz und Meine Monstre Merz Muster Messe im Sturm. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

358

Prinzipien von Merz. Der Tran-Text ist inhaltlich wie formal der komplexeste der 29

antikritischen Schriften. Denn die insbesondere für die Tran-Texte relevante „abstrakte

Verwendung der Kritiker“ vollzieht sich nicht auf der Ebene der Schilderung, wie in der

antikritischen Schrift „Berliner BörsenKukukunst“, oder erhält eine metaphorische

Dimension, wie in „TRAN 25“. Die abstrakte Handhabe der Kritiker wird praktisch

umgesetzt, indem die Kritiker selbst als Textobjekt geformt werden und als verwandelte

literarische Motive den Text rhythmisch als Abfolge von Strophen und Refrains

konstituieren.

Noch einmal die Gefahr Westheim

An Paul Westheim ist auch die allerletzte explizite Antikritik von Schwitters adressiert.

In dem knapp halbseitigen Text „Noch einmal die Gefahr Westheim“ reagiert der

Merzkünstler auf den Aufsatz „La situation des arts plastique en Allemagne“ von

Westheim zur allgemeinen künstlerischen Situation in Deutschland, unabhängig von

seiner Person, denn der Name Schwitters ist darin nicht erwähnt worden. Bei „Noch

einmal die Gefahr Westheim“ handelt es sich um eine rein argumentative Antikritik, in

die der Merzkünstler den die Replik anstoßenden Satz „‚La réaction devait venir’“

montiert.1591 In diesem Falle wird das Zitat nicht als Zitatsatire verwendet, sondern

dient zusammen mit der Nennung der bibliografischen Angaben des

Zeitschriftenartikels als authentifizierendes Fragment. Westheim hat mit diesem

Statement den Wunsch nach einer Rückkehr zur organischen Kunstauffassung und zur

gegenständlichen Malerei geäußert. Schwitters wiederum entgegnet als Exponent der

abstrakten Kunst und kommuniziert seine Überzeugung als abstrakt schaffender

Künstler. Westheim gebe „ein vollständig falsches Bild über das Neue Werden sowie

das Stagnieren und Abfaulen alles Alten in Deutschland [...]. Das Bild ist so falsch, daß

ich an Westheims Absicht, irrezuführen, glauben muß.“1592 Die Reaktionäre seitens der

Kunstkritiker geraten aber zum Glück allmählich ins Hintertreffen und nähmen die

Kunstentwicklung, so wie sie verlaufen ist, hin, im Gegensatz zu Westheim, der den

künstlerischen Wert der abstrakten Kunst immer noch nicht erkannt habe, so

Schwitters weiter. Zur Untermauerung seiner Überzeugung setzt er den Ausspruch Le

Corbusiers - „‚Il y a toujours des cadavres vivants qui se dressent pour combattre le

vrai’“ - ans Ende seiner tran-ähnlichen Schrift, den er ebenso wie Westheims Text in

3. Aufl. München 2005, S. 242–244, S. 243. 1591 Westheim 1924, o. S. 1592 Schwitters 2005/1924 – Noch einmal die Gefahr Westheim, S. 198. Die Antikritik erschien im Dezember 1924 in der Zeitschrift der „Sturm“.

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Kurt Schwitters’ Antworten auf die Kritik

359

der Zeitschrift „L’Esprit nouveau“ gefunden hat.1593 Damit nivelliert er die Aussage

Westheims und unterstreicht noch einmal seine Auffassung der folgerichtigen und v. a.

geradlinigen Entwicklung der Kunst hin zur Abstraktion und die Differenz zur

kunstkritischen Sicht, die von einer zyklischen Entwicklung ausging.

Mit diesem antikritischen, tran-ähnlichen Text endet die Reihe der Antikritiken des

Merzkünstlers. Danach äußerte er sich nur noch im Rahmen von kurzen Bemerkungen

zur Kunstkritik. Ab Mitte der 1920er Jahre konzentrierte sich Schwitters v. a. auf die

künstlerische Elementarisierung. Materialästhetische Aspekte und die

Auseinandersetzung mit der Collagetechnik rückten demgegenüber in den Hintergrund

seines Schaffens. Diese Entwicklung zeichnete sich ausgeprägter in seinem

literarischen Werk ab, während er weiterhin zahlreiche Bildcollagen und Assemblagen

mit elementarisiertem Formenvokabular fertigte.

1593 Ebd., S. 199.

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Zusammenfassung und Ausblick

360

3 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Wie sich gezeigt hat, wurde die künstlerische Eigenständigkeit von Schwitters

anfänglich z. T. nur von seinen Befürwortern erkannt. Seine Gegner hingegen ordneten

seine Kunst je nach Art des Erstkontaktes entweder der dadaistischen Bewegung zu

oder betrachteten ihn als Epigonen des synthetischen Kubismus. Hatten die

Kunstkritiker die Merzkunst über das erste Merzgedicht „An Anna Blume“

kennengelernt, so subsumierten sie diese eher in Anlehnung an Paul Steegemanns

Werbemaßnahmen und aufgrund der fehlenden Textsyntax sowie des uneindeutigen

und daher schwer erfassbaren Inhalts und der formalen Vielgestaltigkeit unter den

Dadaismus. Die Merzbildkunst dagegen wurde vielmehr als typische Sturm-Kunst

wahrgenommen und somit als spätexpressionistische Kunst respektive als spezielle und

extreme Ausprägung des Kubismus von Picasso verortet. Ausschlaggebend für die

Rezeption von Schwitters als Picasso-Epigone war die seitens der Kritiker als

unorthodox empfundene Materialwahl und -kombination, wobei die theoretischen

Reflexionen des Merzkünstlers bei der kunstkritischen Aufnahme wegen dezidierter

Ablehnung von Programmatiken kaum berücksichtigt wurden. Viele der Kritiker

schenkten zumindest dem ersten Manifest „Die Merzmalerei“ eine gewisse

Aufmerksamkeit, was dadurch deutlich wird, dass sie den Inhalt in ihren Rezensionen

paraphrasierten. Dessen wesentliches programmatisches Stichwort der „Entformelung“

hatte dennoch für die kunstkritische Rezeption der Merzkunstwerke kaum eine

Relevanz. Zu einer weiteren Beachtung der nachfolgenden Programmtexte des

Merzkünstlers finden sich sehr wenige Belege. Auch die praktische Weiterentwicklung,

die mit der sukzessiven Erweiterung des Merzkonzeptes einherging, wurde in der

Kunstkritik kaum reflektiert. Die Theorie als integralen Bestandteil des Werkes mit zu

lesen, waren die Kunstkritiker nicht gewohnt. Doch erkannten sie, dass der

theoretischen Positionierung ein Differenzierungsgestus eigen war.

In einer Zeit des allgemeinen weltanschaulichen Sinnverlustes erhofften die meisten

Kritiker, dass die Kunst als Identifikationsmedium ihrer Aufgabe, ethische oder

zumindest menschliche Werte zu vermitteln, nachkomme. Kunstformen, die sich diesen

Forderungen verweigerten und vorgeblich der reinen Formästhetik folgten, wurden

daher nahezu einvernehmlich abgelehnt. Die Argumentationsweisen der Gegnerschaft

erwiesen sich durch Wahl der Schlagworte bzw. der Diskurspunkte als relativ homogen.

Dabei unterlagen die Reaktionsweisen konservativer Kritiker einer Kontinuität seit der

Etablierung der modernen Kunst und deren Organisation. Bis auf Alexander Dorner

vertraten die Kritiker von Schwitters eine Kunstauffassung, mit der sie sich mehr oder

weniger stark an den Prinzipien der deutschen Klassik orientierten. Während die

Gegenredner ihr Urteil anhand von idealistischen bzw. klassischen Kriterien bildeten

und die Merzwerke als Absage an konventionelle ästhetische Wertvorstellungen

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Zusammenfassung und Ausblick

361

betrachteten, rekurrierten die Befürworter bei der Beurteilung der Schwittersschen

Werke auf zeitgenössische Theorien. Der Diskurshorizont war demnach innerhalb der

Schwitters-Kritik nicht sehr breit gestreut.

Die meisten Verfechter des klassischen Kunstverständnisses akzeptierten die formal

abstrahierenden Exponenten des frühen Expressionismus. Die völlige Abstraktion oder

gar die Collage- und Montagetechnik indes wurden aufgrund der Absage an den

Organismusgedanken vorwiegend abqualifiziert. Nur die Kritiker, die die Merzwerke

eingehender betrachteten, erkannten wenigstens formale und farbliche ästhetische

Qualitäten. Öfter aber wurde, wie die summarische kunstkritische Beurteilung der

Zeitgenossen zeigt, die Merzkunst eher oberflächlich und in Abhängigkeit der

Meinungsführer unter den Kritikern rezipiert. Die Bewertung der Merzkunst basierte

gelegentlich auch lediglich auf Vermutungen. Die Diskursführer innerhalb der Debatten

über die Merzkunst waren die Journalisten der Hauptstadt, v. a. Curt Glaser und Paul

Westheim als Hauptgegner des Sturm-Kreises. Besonders Glaser brachte als erster die

wesentlichen Kritikpunkte in den Schwitters-Diskurs ein und fungierte als kunstkritisches

Vorbild für viele weitere Kommentatoren. Aber auch die in der Zeitschrift „Das

Kunstblatt“ kommunizierte Sichtweise auf die Merzkunst wirkte prägend. Die von Glaser

ins 19. Jahrhundert bezüglich der mutmaßlichen Vorbilder der Merzkunst geschlagene

Brücke wurde nur von wenigen Kritikern weiter verfolgt, indem sie selbst über mögliche

künstlerische Quellen von Schwitters nachdachten. Oftmals jedoch wurden die

Vorbehalte der Meinungsführer nur paraphrasiert oder gar wörtlich übernommen.

Innerhalb des Kritikenspiegels dominieren Texte in journalistischer Form, die sich in Ton

und Wortwahl z. T. äußerst scharf ausnehmen. Erschreckend viele thematisieren offen

oder in Andeutungen und in Rekurs auf Max Nordau den Entartungsdiskurs und

nehmen partiell die Diktionen der Aktion „Entartete Kunst“ vorweg. Teils sind die

Berichte durch eine metaphorische oder pathetische Sprachhaltung gekennzeichnet

und mit sprachlichen Stilblüten durchsetzt. Unter Implikation der klassischen Werte

beinhalten die kunstkritischen Berichte z. T. zahlreiche, zu geflügelten Worten

gewordene Zitate der kanonisierten Literatur. Daneben gibt es wenige Rezensionen mit

literarischer Stilisierung, wie etwa bei Hein Wiesenwald respektive Silvanus oder bei

Leo Rein.

Die Aufnahme der Merzkunst war zunächst geprägt von vehementer Ablehnung

seitens der Gegner und ist Teil einer Abwehrhaltung gegen eine bereits vollzogene und

auch erkannte Auflösung des klassisch-ästhetischen Systems gewesen. Mit

Bekanntwerden eines weiteren neuen Ismus, dem Konstruktivismus, schlug der

scharfe Ton entweder um in eine ironische Haltung oder in allmähliche Akzeptanz,

wobei die Kritiker gegen Ende der 1920er Jahre oftmals die Argumente der frühen

Befürworter zu übernehmen schienen.1594 Andere kommunizierten zu dieser Zeit auf

1594 Vgl. z. B. Brinkmann 1928.03.15, Wilhelm Frerking: 95. Kunstausstellung V. In: Hannoversches

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Zusammenfassung und Ausblick

362

mehr oder minder moderate Weise ihren Überdruss an abstrakter Malerei und

beklagten deren Gehaltlosigkeit.1595 Viele Kritiker jedoch äußerten sich, nachdem sich

Schwitters spätestens um 1924 als Künstler wie auch als Werbegrafiker etabliert hatte,

gar nicht mehr über die Merzkunst und richteten ihr Augenmerk hauptsächlich auf

andere künstlerische Strömungen. Merz war zu dieser Zeit nichts Neues mehr und

verlor allmählich den Status einer künstlerischen Sensation. Daher wurde die

Merzkunst publizistisch nicht mehr befehdet, sie wurde entweder einfach

hingenommen oder akzeptiert und in einigen Fällen sogar anerkannt. Auch gegen

Ende der 1920er Jahre finden sich allerdings nach wie vor nur wenige Kommentare,

die eine differenzierte Betrachtung aufgrund veränderter Sehgewohnheiten erkennen

lassen oder gar die wichtigsten Prinzipien von Merz begrifflich fassen.1596

Mit der „Machtergreifung“ Hitlers änderte sich die Situation für Avantgardekünstler

einschneidend. Vielen wurde die Ausübung ihres Berufes verboten. Schwitters selbst

war von diesem Verbot zunächst nicht betroffen, sah sich dann ab Herbst 1934 jedoch

auch gezwungen, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Bereits Ende 1930 trat er

letztmalig als Vortragskünstler in Deutschland auf. In der „Großen Berliner

Kunstausstellung“ von 1930 und in der Ausstellung „Fotomontage“ von 1931 sowie in

Hannover in der „Großen Kunstausstellung“ des Kunstvereins im Frühjahr 1933 stellte

er zum letzten Mal freiwillig Avantgardewerke aus. Nach der Teilnahme an der

„Herbstausstellung“ des Hannoverschen Kunstvereins 1934, Schwitters’ letzter

selbstautorisierter Ausstellungsbeteiligung in Deutschland, in der er mit zwei

naturalistischen Gemälden vertreten war, war er nochmals, nun aber

gezwungenermaßen in der groß angelegten Femeschau „Entartete Kunst“ mit

Merzbildwerken präsent. Gemäß der nationalsozialistischen Ideologie schlug die

Haltung in der Presse spätestens ab 1933 Avantgardekünstlern gegenüber erneut um.

Was die Beurteilung der Merzkunst betrifft, schienen die Kunstkritiker an die frühen

Diffamierungsversuche besonders Anfang der 1920er Jahre anzuknüpfen, wie sie

innerhalb des Schwittersdiskurses v. a. von Wilhelm Weygandt angestrengt wurden.

Die Kunst, die dem weiterhin dominierenden organischen Kunstverständnis

widersprach, wurde nun wieder als bolschewistisch und ekelhaft denunziert und die

Collage- und Assemblagekünstler wurden gelegentlich als „‚Merz-Künstler’“

Tageblatt. Ausgabe 78, 20.03.1927, Erich Traumann: Abstrakte Kunst. Die neue Ausstellung des Kunstvereins. In: Nordhäuser Zeitung und General Anzeiger. Mittagsausgabe, 05.07.1928, Scholz, M. 1928.10.20, st. (= Steglich, Rudolf): Herbstausstellung hannoverscher Künstler II. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 267, 11.11.1928 und SA. (= Sarter, Eberhard): Frühjahrs-Ausstellung des Kunstvereins. Im Künstlerhaus I. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 146, 27.03.1930. 1595 Vgl. z. B. Anonym: [Die „Abstrakten“]. In: Cellesche Zeitung, 07.04.1927, Anonym: Städtische Gemäldegalerie. In: Märkischer Sprecher, 11.05.1927, Prof. B. 1927.03.23, Kurt Voss: [Eine Ausstellung hannoverscher Künstler]. In: Kölnische Zeitung. Ausgabe 577b, 19.10.1928, M. K. R.: Kunst-Ausstellung Altona 1929. In: Hamburger Fremdenblatt. Ausgabe 272, 01.10.1929 und ph. 1929.03.14. 1596 Vgl. E. P. (= Peterich, Eckart): Abstrakte Kunst in Hannover. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 76, 29.03.1928 und Marckwart 1928.05.22.

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Zusammenfassung und Ausblick

363

bezeichnet.1597 Die Merzwerke selbst stempelten die Kritiker wieder als „[s]innlose

Machwerke“ ab.1598 Auch der Kampf gegen Schund und Schmutz - als solcher wurde

die Avantgardekunst nun wieder stigmatisiert - wurde erneut virulent, wobei die

Künstler, damit einhergehend, als entartet verfemt wurden und sich aufgrund der

Abweichungen von der nationalsozialistischen Normenästhetik in Lebensgefahr

brachten. War in den 1920er Jahren das erklärte Ziel, die Werke der

Avantgardekünstler aus dem Kunstbetrieb auszusondern, steigerte sich dieses Motiv

nun zu einer gegen die Künstler selbst gerichteten Vernichtungsabsicht. Rekurrierend

auf die Untersuchungen von Wilhelm Weygandt kategorisierten die Feuilletonisten die

verfemten Künstler als psychisch krank. Die Idee, mit Abfallstoffen Kunst zu schaffen,

erschien nun nicht mehr nur mit Patientenbildern vergleichbar, sondern wurde sogar

als noch wahnsinniger diffamiert.1599 In der Ausstellung „Entartete Kunst“ selbst hingen

die Merzwerke in der Abteilung „Vollendeter Wahnsinn“ neben stark abstrahierenden

oder rein abstrakten Bildern.1600 Und ganz unverhohlen brandmarkte der

Medienwissenschaftler und Schriftsteller Adolf Dresler in seiner Propagandaschrift

„Deutsche Kunst und entartete ‚Kunst’“ Schwitters’ Bilder als „Spielereien eines

Geisteskranken“.1601 Neben der Diffamierung der Avantgardekunst, deren Machart die

Kunstkritiker mit der geistigen Verfassung ihrer Urheber korrelierten und als

degeneriert verfemten, rückten abermals die Preise für moderne Kunst ins Zentrum der

Argumentation. Der Geldwert der Avantgardewerke wurde als zu hoch empfunden, weil

diese schließlich als „Machwerke“ entarteter und kranker Künstler galten.1602

Prinzipiell kann festgehalten werden, dass die Avantgardekunst und besonders

avantgardistische Kunstformen wie Collage und Assemblage auf einen „negativen

Resonanzboden“ trafen, der auf Denkfiguren der klassisch-idealistischen Ästhetik

aufbaute.1603 Die Hoffnungen auf die „Wiedergeburt des deutschen Idealismus“, die

insbesondere um die Jahrhundertwende und noch entschiedener und nachdrücklicher

während des Ersten Weltkrieges wieder aufkeimten, wurden auch mit der weiteren

künstlerischen Entwicklung verknüpft.1604 Somit unterlagen die Forderungen nach einer

idealistischen Ästhetik einer Kontinuität, die bis in die Zeit des Dritten Reiches reichte.

1597 Rudolf Paulsen: Der Verrat an der Kunst. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“. In: Illustrierter Beobachter. Ausgabe 50, 16.12.1933, S. 1713–1715, 1742, S. 1713-1714. 1598 Hans Wieczorek: „Entartete Kunst“. Zur Ausstellung in Wien. In: Die Pause. Kultur, Kunst, Bildung, Leben 4. Jg., H. 6 (1939), S. 65–68, 85, S. 68. 1599 Vgl. Anonym: Entartung der Kunst. Die Ausstellung „künstlerischer“ Schandprodukte von München nach Berlin übersiedelt - Gemalte und geschnitzte Pamphlete. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 47, 25.02.1938. 1600 Vgl. Fritz Kaiser: Führer durch die Ausstellung Entartete Kunst. Berlin 1937, S. 22. 1601 Adolf Dresler: Deutsche Kunst und entartete „Kunst“. Kunstwerk und Zerrbild als Spiegel der Weltanschauung. München 1938, S. 64. 1602 Vgl. Anonym: Überwundene „Kunst“. In: Neues Volk. Blätter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP. Ausgabe Ostern, 1935, S. 32–36, S. 35. 1603 Georg Bollenbeck: Der negative Resonanzboden. Avantgarde und Antiavantgardismus in Deutschland. In: Asholt, Wolfgang; Fähnders, Walter (Hgg.): Blick vom Wolkenkratzer. Avantgarde. Avantgardekritik. Avantgardeforschung (= Critical Studies 14). Amsterdam u. a. 2000, S. 467–504, S. 471-472. 1604 Segal 1997, S. 116.

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Zusammenfassung und Ausblick

364

Das Denken in Gegensatzpaaren, das sich etwa bei Julius Langbehn und Momme

Nissen in der Dichotomie Idealität versus „Auflösung, Zersetzung, Verwesung“1605 also

Entartung äußerte, fand sich in der Nachkriegszeit in der Gegenüberstellung von

kranker und gesunder Kunst wieder. Und der Ruf nach einer von ihrer eigenen Zeit

abgekoppelten Kunst präformierte die ausgrenzende Intention der NS-Ideologie. Wenn

Hitler von der „jüdischen Entdeckung der Zeitgebundenheit der Kunst“1606 sprach, zielte

er ebenso auf ewig gültige oder zumindest für eine längere Dauer verbindliche

künstlerische Prinzipien wie manche Kritiker in den 1920er Jahren.

V. a. mit der Ausbildung der autonomen Kunst setzten Reaktionen auf unangemessene

Kritik seitens bildender Künstler ein. Die antikritischen Schriften von Künstlern oder

deren Unterstützern zielten auf die Durchsetzung neuer künstlerischer Strömungen

oder auf die Wahrung eigener künstlerischer Interessen ab. War im 19. Jahrhundert die

Kritik an der Urteilsfähigkeit der Laien ein zentrales Thema der antikritischen

Publizistik, wurde diese Akzentsetzung im 20. Jahrhundert zwar weiterhin thematisiert,

verlagerte sich aber entscheidend hin zur Forderung nach künstlerischer

Selbstbestimmung und nach der Befreiung von kunstkritischen Reglements. Stilisierte,

oftmals satirische oder ironische Formen von Antikritik finden sich bereits im 19.

Jahrhundert. Während Carl Hoff und Johann Christian Reinhart in ihren Texten die

Parenthese als satirischen Kommentar oder als ironischen Gedankeneinschub nutzten

oder innerhalb des Sturm-Kreises Zitate und Zwischenbemerkungen überwiegend zu

Zitatsatiren verwendet wurden (s. Exkurs zur antikritischen Praxis), bediente sich

Schwitters der Textcollage, um seine Antikritiken künstlerisch zu gestalten. Die

Semantik wie auch die Text- und Satzsyntax sind bei Schwitters meist in stärkerem

Maße gebrochen als bei den Sturm-Antikritikern oder Christof Spengemann. Aufgrund

der Entgegnung von konkreten Vorwürfen mittels Kritikerzitaten zum Ausweis der

Authentizität sind die Antikritiken der Sturm-Theoretiker weit weniger stilisiert als die

von Schwitters. Sie repräsentieren eher eine zweckorientierte Kollektivmeinung als

eine künstlerische Haltung. Zeigten sich dort erste Ansätze zur künstlerischen

Verfahrensweise im Umgang mit der Sprache, so erweiterte Schwitters bezüglich

seiner antikritischen Praxis den Materialgebrauch sowie die Verwendung von

rhetorischen Mitteln und gebrauchte nahezu alles aus dem bereits durch Kunstkritik,

Literatur, Alltagssprache und Werbung ausgeprägten sprachlichen Fundus. Analog zu

den Merzbildern und -zeichnungen erweisen sich die Tran-Texte und tran-ähnlichen

Schriften als textuelle Abstraktion von bereits vorgeformtem bzw. verselbständigtem

Sprachmaterial. Auch hier operierte Schwitters oft mit bereits durch formale wie 1605 Momme Nissen: Momentmalerei. In: Der Lotse 1 Bd. 2, 1901/02, S. 291, zit. nach Hilmar Frank: Bildende Kunst. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 1: Absenz-Darstellung. Stuttgart u. a. 2000, S. 669–695, S. 679. 1606 Adolf Hitler: Rede zur Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung (1937). In: Die Kunst im Dritten Reich 1 (1937), S. 48 und 50, zit. nach Frank 2000, S. 679.

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Zusammenfassung und Ausblick

365

inhaltliche Verfremdung zerstörten Materialien. Trotz der aufgebrochenen sprachlichen

Kontinuität und Kohärenz ist die Lesbarkeit und Verstehbarkeit der Tran-Texte und

tran-ähnlichen Schriften gegeben, denn sie intendierten neben der künstlerischen

Dimension einen Dialog mit den Kunstkritikern und eine werbewirksame Präsentation

von Merz.

Mit wenigen Ausnahmen - nämlich „Antworten auf die Kritik meines Abends bei

Garvens am 8.12.1921“ und „Noch einmal die Gefahr Westheim“, zwei nicht als „Tran“

betitelte Texte - zeichnen sich die Schwittersschen Antikritiken durch eine hohe

Literarizität aus, die im Vordergrund seiner Textintention steht, wohingegen die Kritik

der Kritik vor Schwitters’ antikritisch-künstlerischer Praxis durch eine meist eindeutig

argumentative Texttypologie charakterisiert ist. Mit Blick auf die Typologie lassen sich

die personenbezogenen antikritischen Schriften von Schwitters insofern von den nicht

anlassbedingten Tran-Texten differenzieren, als hier die Textintention variiert, während

dort ein Texttypus in reinerer Ausprägung beibehalten wurde, wie anhand von „Tran

Nr. 30 / Auguste Bolte / (ein Lebertran)“ dargelegt wurde. Zwischen den als „Tran“

bezeichneten Texten und den ihnen verwandten tran-ähnlichen Schriften, die

Schwitters an einen Kritiker adressierte, sind indes, bis auf die beiden erwähnten

Exzeptionen argumentativen Typs und abgesehen davon, dass sie durch den Titel

nicht explizit als „Tran“ ausgewiesen sind, keine Unterschiede festzustellen.

Die Entwicklung der antikritischen Texte von Schwitters vollzog sich von der Reihung

von eigenen abgeschlossenen Textelementen, Zitaten und anderem Sprachmaterial,

hin zur Dynamisierung der Reihung mittels Unterbrechung des eigenen Textes durch

fremde Textfragmente, dann zur typografischen Gestaltung, bis hin zu liedartiger

Textstruktur und elementarisierter Materialverwertung oder zum akzentsetzenden

Wort- und Gedankenspiel. Dabei setzte der Merzkünstler, vergleichbar mit seiner

bildnerischen Praxis, Techniken und stilistische Prinzipien um, die in der literarischen

Produktion der maßgeblichen Strömungen der Zeit schon ausgeprägt waren.

Signifikant in den Tran-Texten ist v. a. das zu diesen parallel verlaufende

Literaturverständnis als Sammlung und Realisierung neuer Verfahren im Russischen

Formalismus.

Während das Verhältnis der Kunstkritiker zur Merzkunst aufgrund der divergierenden

Anschauungen von Anbeginn ein sehr angespanntes war und vielfach auch blieb,

verhält es sich bezüglich des Verhältnisses von Schwitters zur Kunstkritik anders.

Schon von dem ersten Tran-Text an stand die künstlerische Motivation bei seiner

antikritischen Praxis im Vordergrund, mit dem Ziel, diesen Bereich in das

Gesamtkunstwerk und dann in sein Merz-Gesamtweltbild, das sich durch Toleranz

auszeichnet, zu integrieren. Von den kunstkritischen Anfeindungen distanzierte

Schwitters sich durch spielerische Ironie und satirische Verfahren. Durch künstlerische

Synthese nivellierte er deren ablehnenden Aussagegehalt. Die kunstkritischen

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Zusammenfassung und Ausblick

366

Wertungen entformelte er und nutzte sie kreativ als literarisches Material. Die

Kunstkritik wurde zu einem weiteren ästhetischen Faktor unter vielen gleich gültigen

Faktoren. Mit den antikritischen Schriften erschloss sich Schwitters somit einen

weiteren Bereich, in dem er seine Idee der medialen Vernetzung verwirklichen konnte.

Nach 1924 verfasste Schwitters keine Antikritiken mehr. Dass die Kunstkritik als

wichtige Materialressource für sein literarisches Schaffen an Relevanz verlor, hatte

mehrere Gründe. Zum einen erweiterte sich sein Schaffensbereich um 1924

maßgeblich, indem er neben seinen künstlerischen Aktivitäten auch als Verleger und

Grafiker tätig wurde. Daher gab er vermutlich schon aus rein zeitlichen Gründen das

Schreiben von Antikritiken auf. Zum anderen, und das ist der wesentliche Grund,

rückte das Interesse an elementaren Gestaltungsweisen und die Konzentration auf

minimale sprachliche Einheiten, auf die Komposition mit Buchstaben in den

Vordergrund seines literarischen Schaffens. Die Integration von individuellem,

kunstkritischem oder von diskursabhängigem Sprachmaterial in sein eigenes Werk

nahm in der Entwicklung der antikritischen Praxis allmählich ab, zugunsten eines

rhythmisch gestalteten Textcorpus, wie auch generell die Beschäftigung mit

Textcollagen als literarische Verfahrensweise allmählich nachrangig wurde. Bereits in

den beiden letzten als „Tran“ ausgewiesenen Schriften spielen Kunstkritiken als

textuelles Ausgangsmaterial nur noch eine marginale oder gar keine Rolle.

Auf Seiten der Kunstkritiker versachlichte sich der Diskurs um die Merzkunst später

entweder oder wurde jedenfalls nicht mehr forciert. In den Kritiken beispielsweise von

Curt Glaser und Paul Westheim findet die Merzkunst ab 1924 kaum mehr Erwähnung.

Das kunstkritische Material, das weiterhin publiziert wurde, blieb subjektivistischer Art

und bot aufgrund fehlender neuer Momente keine künstlerische Angriffsfläche. Einige

Kritiker lehnten auch weiterhin die abstrakte Kunst im Allgemeinen und die Merzkunst

im Besonderen ab und kommunizierten dies durch negative Kritiken, die auf bereits

ausformulierte Argumentationsmuster zurückgriffen und eher im journalistisch-

nüchternen Ton gehalten sind, als dass sie sich durch eine auffällige sprachliche

Eigenart auszeichnen. Der nachlassende Gebrauch von kunstkritischem

Ausgangsmaterial für die Textgestaltung im Merzstil war demnach bedingt durch

Schwitters’ eigene theoretische und künstlerische Weiterentwicklung wie auch durch

die sinkende materialästhetische Qualität der Kunstkritiken.

Darüber hinaus blieb der in den Tran-Texten intendierte Dialog mit den Kunstkritikern

aus. Während im Zuge des Ramdohr-Streites die Normenästhetik wie auch die

Gattungshierarchien aufgebrochen wurden, die Antikritiken von Carl Hoff und Heinrich

Deiters nachfragebedingt eine zweite Auflage erfuhren und die antikritischen

Polemiken des Sturm-Kreises zumindest in der Kunstkritik erwähnt und z. T. erwidert

wurden (s. Exkurs zur antikritischen Praxis), fanden die antikritischen Texte von

Schwitters nahezu keine spürbare Resonanz in der zeitgenössischen Presse.

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Zusammenfassung und Ausblick

367

Diesbezüglich ist einzig in einer Kritik Felix Zimmermanns eine Reaktion nachweisbar.

Eine literarische Rezeption der Tran-Texte ist nicht belegbar.

Ein weiteres Motiv für die Aufgabe der antikritischen Praxis lag darin begründet, dass

Schwitters sich zunehmend auf Prinzipien konzentrierte, die er in den Tran-Texten

lediglich experimentell erarbeitet hatte. Die Tran-Texte waren für ihn ein

Experimentierfeld, innerhalb dessen er unterschiedliche Textgattungen miteinander

kompilierte, insbesondere aber die Grenzen der Literatur unscharf werden ließ und in

Richtung auf andere Kunstarten hin öffnete. Die aus der wechselseitigen

Verschränkung von Literatur, Musik, bildender wie auch darstellender Kunst und

Typografie gewonnenen Erfahrungen wirkten sich auf andere Tätigkeitsbereiche und

Merzprojekte aus.

Zu den Anschlusswerken zählt allen voran, wie bereits erwähnt, die „Ursonate“, an der

Schwitters von 1922 bis 1932 arbeitete und bei der konsequente Dichtung und

Lautmusik nicht mehr klar voneinander zu trennen sind. Als medienübergreifendes

Werk wäre beispielsweise auch das unvollendete Libretto für „Zusammenstoß /

Groteske Oper in 10 Bildern“ von 1927 zu nennen, eine Bühnenkomposition, in der

Schwitters beabsichtigte, Schauspiel, Musik - vor allem Schlager -, Dichtung - u. a.

Zahlengedichte - Bühnenausstattung und Tanz zu einem Gesamtkunstwerk

zusammenzufassen. Im Bereich der Literatur richtete der Merzkünstler seine

Aufmerksamkeit auf die konsequente Dichtung oder auf groteske Erzählungen.

Daneben verfasste er gegen Ende der 1920er Jahre zahlreiche Texte für Lieder und

Schlager so wie er auch eigene Theaterstücke konzipierte. Die Erprobung von

Typografie und Werbung v. a. in den antikritischen Texten von 1922 wurde im Zuge der

Gründung der Merz-Werbezentrale im Jahr 1924 weiterentwickelt und floss ein in seine

Tätigkeit als Werbe- und Gebrauchsgrafiker, mit der Schwitters einen wichtigen Beitrag

zur Entwicklung der „Neuen Typographie“ leistete. Außer für seine eigene Zeitschrift

„Merz“ besorgte er die typografische Gestaltung von Drucksachen für die Stadt

Hannover, die Hannoverschen Firmen Bahlsen und Pelikan sowie für das von Walter

Gropius geleitete Großprojekt Dammerstock-Siedlung in Karlsruhe. Anzuführen ist

neben all diesen Projekten fernerhin der seit vermutlich 1923 entstehende „Merzbau“ in

Schwitters’ Wohnhaus in Hannover, dessen Ausgestaltung bis zu seiner Flucht nach

Norwegen Ende 1936 breiten Raum im Schaffen des Merzkünstlers einnahm. In

Schwitters’ Hauptwerk verdichtete sich und kulminierte die gesamte Ideenwelt von

Merz, die auch in den Tran-Texten ihren Niederschlag fand.

Ab Mitte der 1920er Jahre finden sich in den theoretischen Schriften von Schwitters nur

noch sporadische Äußerungen über Kritiker und Kunsthistoriker. Er reagierte auf die

Kritik nur noch vereinzelt und auf lapidare Weise. So schreibt er etwa eingedenk der

Betrachtungsweise seitens der zeitgenössischen Kunstkritiker im Jahre 1931: „Meine

Zeit wird kommen, das weiß ich, und dann werden später dieselben Kritiker schreiben:

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Zusammenfassung und Ausblick

368

‚Wie dumm waren doch früher die Menschen, als sie Schwitters nicht erkannten,

hingegen wie gescheit sind wir, daß wir ihn jetzt erkennen’.“1607

V. a. die produktive Rezeption seines Werkes sollte diese Einschätzung bestätigen.

Heute gilt Schwitters als einer der vielseitigsten und innovativsten Künstler des

20. Jahrhunderts, dessen Ideen und künstlerische Praxis von vielen Kunstschaffenden

aufgenommen und weiterentwickelt wurden.

Bei seiner Auseinandersetzung mit der Kunstkritik wiederum handelt es sich um eine

höchst kunstvolle und spielerische Form der Kritik der Kritik. Weder vor noch nach

Schwitters ist ein derart facettenreiches Zusammenspiel zwischen Kritik und Antikritik

anzutreffen, was die Tran-Texte einzigartig in der Literaturgeschichte macht. Mit ihrer

Vielschichtigkeit nehmen diese Texte einen wichtigen Platz innerhalb des literarischen

Werkes von Schwitters ein; innerhalb des Gesamtœuvres kommt ihnen maßgebliche

Bedeutung zu, da Schwitters darin nicht nur Bezugspunkte zu seinen anderen Werken

knüpft, sondern auch seine Beschäftigung mit unterschiedlichen Kunstarten und -

formen bündelt und diese künstlerischen Erscheinungsformen miteinander verschränkt.

1607 Schwitters 2005/1931 – Ich und meine Ziele, S. 348.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

369

Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme der Avantgardebewegungen in Deutschland In der deutschen Publizistik zeichnete sich um 1890 ein Kurswechsel innerhalb der

Kunstkritik ab. Mit der allmählichen Anerkennung des Impressionismus vollzog sich eine

qualitativ wie auch quantitativ veränderte Haltung bei den Kunstkritikern.1608 Infolge

zahlreicher Neugründungen von Kunst- und Rundschauzeitschriften um die

Jahrhundertwende - u. a. „Kunst für Alle“, „Kunstwart“, „Die neue Rundschau“ - gewann

die Kunstkritik an Bedeutung. Die bildenden Künste, insbesondere die Malerei, traten

dabei gegenüber dem Theater und der Literatur in den Vordergrund.1609 In

Fachzeitschriften wie auch in der Tagespresse wurden aufgrund des wachsenden

Kunstmarktes und Publikumsinteresses nicht mehr nur kulturelle Großereignisse

besprochen, sondern es wurde auch zunehmend auf kleinere Sonderausstellungen

aufmerksam gemacht.1610 Der Kunstkritiker verstand sich nun nicht mehr als

Kunstrichter, sondern als Vermittler zwischen dem Publikum und der Kunst. Paul

Schultze-Naumann umschreibt die veränderte Situation und die neue Aufgabe der

Kunstkritik. Diese ist

„für Leute da, die nicht die Fähigkeit oder auch die Muse haben, die Kunst und namentlich Neues in der Kunst, das sie keine Tradition schön finden lehrte, zu verstehen und zu genießen. Sie brauchen einen Vermittler, der ihnen die Poesie der Farben, der Formen, die sie stutzig macht, ins Litterarische übersetzt.“1611

Die Kunstkritiker begannen, sich von der offiziellen akademischen Kunst zu distanzieren

und bezogen sich verstärkt auf die zu beurteilenden Gegenstände. Auf der einen Seite

kristallisierte sich eine Tendenz innerhalb der Kunstkritik heraus, die sich einem

„kulturelle[n] Erziehungsprogramm zur geistigen Erhebung des Volkes“ verschrieb.1612

Das Programm war oftmals mit einer Konzentration auf die deutsche Kunst verbunden.

Auf der anderen Seite fand sich eine elitäre Kunstkritik, die sich für moderne Kunst

einsetzte und das Prinzip des l’art pour l’art zum wichtigsten Maßstab erhob.1613 Das

1608 Zum Wandel der Kunstkritik um die Jahrhundertwende, vgl. Philip Ursprung: Kritik und Sezession. „Das Atelier“. Kunstkritik in Berlin zwischen 1890 und 1897. Basel 1996, zugl. Diss. Univ. Berlin 1993, S. 63-88. 1609 Vgl. Birgit Kuhlhoff: Bürgerliche Selbstbehauptung im Spiegel der Kunst. Untersuchung zur Kulturpublizistik der Rundschauzeitschriften im Kaiserreich (1871-1914). Diss. Univ. Bochum 1990, URL: http://www.buergertum.com/Buergertum.pdf, S. 149. 1610 Vgl. Strobl 2006, S. 134-135. 1611 Paul Schultze-Naumann: Deutsche Kunstkritiker. In: Kunst für Alle, 10. Jg., Nr. 11 (1895), S. 161–166, S. 165, zit. nach Strobl 2006, S. 133. 1612 Segal 1997, S. 21. 1613 Vgl. ebd., S. 20-22. Auf der einen Seite fanden sich z. B. Alfred Lichtwark oder Ferdinand Avenarius, die für eine am Volk orientierte Kunst u. a. von Hans Thoma, Arnold Böcklin und Max Klinger einstanden. Die antiakademische, großbürgerliche Richtung wurde etwa durch Karl Scheffler, Max Osborn und Julius Meier-Graefe vertreten, die sich für den Impressionismus und die sezessionistischen Bewegungen engagierten.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

370

Bewertungskriterium der künstlerischen Innovation gewann innerhalb der neuen

Kunstkritik zunehmend an Bedeutung.1614

Die erste große Kontroverse innerhalb dieser neuen Kunstkritik entbrannte an der

Auseinandersetzung um die Ausstellung Edvard Munchs im Herbst 1892 in Berlin, die

die Gründung der „Berliner Sezession“ zur Folge hatte. Die Diskussionen über die

Munch-Ausstellung markierten die Hinwendung Berlins zur Moderne.1615

Einen weiteren kontroversen Höhepunkt stellte die Auseinandersetzung um Gustav

Paulis Erwerbung von Vincent van Goghs Gemälde „Mohnfeld“ im Jahre 1911 dar. Der

Bildankauf von einem von Carl Vinnen als französischer Maler wahrgenommenen

Künstler veranlasste den deutschen Maler zu der Verteidigungsschrift „Ein Protest

deutscher Künstler“, in der er gegen den überrepräsentativen Anteil ausländischer

Kunstwerke in deutschen Sammlungen protestierte. Zahlreiche renommierte

Kunstkritiker und Künstler beteiligten sich an der Broschüre mit eigenen Beiträgen

gegen die Überfremdung des Kunstmarktes und der öffentlichen Sammlungen in

Deutschland. Zu den Unterzeichnern des Protestes zählten u. a. Gotthard Kuehl, Paul

Schultze-Naumann, Franz Servaes und Wilhelm Trübner.1616 In einer Gegendarstellung

mit dem Titel „Im Kampf um die neue Kunst“ bezogen bedeutende Kunstschaffende,

Literaten, Kunsthändler und -sammler Position für die moderne Kunst.1617

Diese Kontroversen sind vor einem spezifischen Hintergrund zu betrachten. Denn mit

dem Aufkommen der Avantgardeströmungen gerieten die an Impressionismus

orientierten Sehgewohnheiten und am Symbolismus evozierten Erlebnisweisen ins

Wanken. Die Exponenten der älteren antiakademischen Malerei fühlten sich existenziell

bedroht, da sie nun sowohl in Konkurrenz zur Kunst, die durch die Akademien sowie

durch die nationale Reformbewegung verfochten wurde, als auch zu den sich neu

entwickelnden mit alten Darstellungsmodi brechenden Bewegungen standen. Einige

Kunstkritiker reagierten zur Verteidigung des Impressionismus mit dem Argument, er

habe die Ausdrucksmöglichkeiten der Malerei maßgeblich und künstlerisch

weiterentwickelt und die bildende Kunst von literarischen und akademischen Tendenzen

1614 Vgl. Monika Krisch: Die Munch-Affäre. Rehabilitierung der Zeitungskritik. Eine Analyse ästhetischer und kulturpolitischer Beurteilungskriterien in der Kunstberichterstattung der Berliner Tagespresse zu Munchs Ausstellung 1892. Mahlow bei Berlin 1997, zugl. Diss. Univ. Berlin 1997, S. 123. 1615 Vgl. ebd., S. ix. 1616 Vgl. Segal 1997, S. 24: Inhaltlich bezogen sich Vinnen und die anderen Unterzeichner des Protestes auf die Kontroverse zwischen Julius Meier-Graefe und Henry Thode um den „Fall Böcklin“. Spätere Diskussionen um die Avantgardestile näherten sich in Anlehnung an diese Auseinandersetzungen an die Kulturkritik an, indem von allgemeinem Verfall etc. gesprochen wurde und „das Verschwinden traditioneller, erdgebundener Lebensweisen und Mentalitäten“ beklagt wurde, ebd., S. 30. Zum Bremer Bilderstreit, vgl. Andreas Strobl: Stimmengewirr, Positionen der Kunstkritik im Künstlerstreit von 1911. In: Hansen, Dorothee; Nierhoff, Barbara (Hgg.): Van Gogh. Felder. Das „Mohnfeld“ und der Künstlerstreit. Kat. Ausst. Kunsthalle, Bremen. Ostfildern-Ruit 2002, S. 176–185. 1617 Vgl. Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 99-102. U. a. beteiligten sich Gustav Pauli, Max Beckmann, Wassily Kandinsky, Max Pechstein, Wilhelm Worringer, Franz Marc und Herwarth Walden.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

371

befreit. Andere wiederum kritisierten bereits dessen Nähe zur positivistischen

Geisteshaltung des vergangenen Jahrhunderts.1618

Im weiteren Verlauf der Kunstentwicklung bildeten sich innerhalb weniger Jahre z. T.

nacheinander, z. T. parallel verlaufend Expressionismus, Kubismus und Futurismus mit

zahlreichen Unterströmungen und unterschiedlichen Akzentsetzungen aus. Mit dieser

Entwicklung korrespondierte die Neugründung zahlreicher Künstlervereinigungen und

eine hohe Fluktuation der Kunstschaffenden zwischen den einzelnen

Künstlergemeinschaften. Zur Differenzierung von anderen Künstlergruppen und zur

Bestimmung der eigenen Position verfassten die einzelnen Bewegungen,

Gruppierungen bzw. Künstler programmatische Schriften. Im Streit um die

Durchsetzung der neuen Kunst dienten diese der ästhetischen Rechtfertigung sowie der

Abgrenzung von der größer werdenden Konkurrenz und waren integraler Teil der

künstlerischen Strategie. Begleitet wurde der rasante künstlerische Fortschritt durch

z. T. heftige Auseinandersetzungen in der Kunstkritik. Je radikaler die jungen Künstler

sich präsentierten, desto vehementer reagierten die Kritiker. Der Grad der Abweichung

von tradierten künstlerischen Prinzipien und das Verhalten innerhalb der resp. zur

Gesellschaft spielte oftmals auch angesichts des zeitbedingten Gewöhnungsprozesses

eine maßgebliche Rolle für die Akzeptanz oder Ablehnung der jeweiligen

Kunstschaffenden seitens der Kunstkritiker. Dabei setzte ein Überbietungsgestus in der

Kunstkritik hinsichtlich der negativen Beurteilung der Avantgardebewegungen ein, der

sich einhergehend mit dem Innovationsanspruch der künstlerischen Progression

steigerte. Die Kunstkritiker versuchten, dem Prozess permanenter Absetzung entgegen

zu wirken und den traditionellen Kunstbegriff zu verteidigen.

Die Vielfalt der Kunstauffassungen führte dazu, dass die Bezeichnungen der

unterschiedlichen Richtungen aufgrund der Versuche vereinheitlichender Vermittlung

undifferenziert und summarisch gehandhabt wurden.1619 Anfänglich wurde der

Impressionismus als ästhetische Voraussetzung des Expressionismus betrachtet,1620

1618 Vgl. Segal 1997, S. 36-37. 1619 Das galt v. a. für den Expressionismus, der als Sammelbegriff fungierte. Die Eröffnungsausstellung der Galerie „Der Sturm“ etwa zeigte unter dem Titel „Expressionisten“ Werke von Kubisten, Orphisten, russischen Futuristen und expressionistische Werke aus den Künstlerkreisen des „Blauen Reiter“ und der „Brücke“, vgl. Pirsich 1985, S. 671. Paul Fechters monografische Darstellung „Der Expressionismus“ behandelt den Kubismus und den Futurismus als Varianten des Expressionismus, vgl. Paul Fechter: Expressionismus. 3. Aufl. München 1919. Auch in der großen Überblickschau „Deutscher Expressionismus“ von 1920 in Darmstadt wurden Werke nahezu aller Avantgardeströmungen ausgestellt. Vertreten waren u. a. Picasso und Braque, Franz Marc, Max Pechstein und Max Beckmann, Otto Dix und George Grosz, Paul Klee, Wassily Kandinsky und Schwitters. Zu den Diskussionen über die Ausstellung, s.w.o. Kap. 1.4. 1620 Vgl. M. R. Schönlank resp. Max Raphael, der in seinem Vorwort des Kataloges zur dritten Ausstellung der „Neuen Sezession“ 1912 in Berlin auf den Zusammenhang zwischen den beiden Richtungen hinweist. „Eine Dekoration, gewonnen aus den Farbanschauungen des Impressionismus: das ist das Programm der

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

372

später jedoch stellten einige Kritiker die neue Malerei als notwendige Gegenreaktion auf

den Impressionismus als letztem Ausläufer naturalistischer Repräsentationsweisen

dar.1621 Der Begriff „Expressionismus“ wurde nicht nur von den Kunstkritikern als

Sammelname für alle antinaturalistischen und antikonventionellen Richtungen mit

künstlerisch-revolutionärem Anspruch bis hin zum Konstruktivismus verwandt. Auch

Herwarth Walden subsumierte die unterschiedlichen zeitgenössischen Strömungen

unter dieser Bezeichnung.1622

V. a. durch die Aktivitäten der seit 1905 bestehenden Dresdner Künstlergemeinschaft

„Brücke“1623, 1911 durch die Gründung der Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ und deren

Ausstellungsaktivitäten in den Münchner Galerien von Hans Goltz und Heinrich

Thannhauser1624, durch die „Internationale Sonderbund-Ausstellung“ von 1912 in

Köln1625 sowie durch die Zeitschrift und Galerie „Der Sturm“ in Berlin1626 gewann der

Expressionismus ein konturiertes Profil in der deutschen Öffentlichkeit. Die öffentlichen

Debatten über die neue Kunst, über das Schaffen der Brücke-Künstler etwa, begannen

allerdings erst im Zuge der ersten Ausstellung der „Neuen Sezession“ im Kunstsalon

jungen Künstler aller Länder“, zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 98. Otto Grautoff behandelt in der seinerzeit vielzitierten Publikation „Formzertrümmerung und Formaufbau in der bildenden Kunst“ Zertrümmerung und Aufbau als dualistische Tendenzen, die sich im Verlauf der kunstgeschichtlichen Evolution in Stilwellen abwechseln oder miteinander verschränken können. Den Expressionismus betrachtet er - entgegen der nun mehr durchgesetzten Auffassung einer Gegenbewegung - als „logische Fortführung [des Impressionismus], in deren Verlauf die Formauflösung bis zu ihren letzten Konsequenzen getrieben wird“, Otto Grautoff: Formzertrümmerung und Formaufbau in der bildenden Kunst. Ein Versuch zur Deutung der Formzertrümmerung in der Kunst unserer Welt. Berlin 1919, S. 49. 1621 „Es gilt vom Impressionismus loszukommen: nicht das wahllose Wiedergeben einer Wirklichkeit mit Luft und Licht dünkt jenen Künstlern das Ziel, sondern die Auslese; nicht ein idealistisches Verfälschen, wohl aber das Aufsuchen der starken und reinen Klänge in der Natur und ihre ausdrucksvolle Darstellung bedeutet ihnen ihre Tätigkeit“, Paul F. Schmidt: Die Expressionisten. In: Der Sturm 3. Jg., H. 92 (1912), S. 734–736, S. 734. Adolf Behne bezeichnete den Expressionismus als „Gegenschlag gegen den Impressionismus“, Adolf Behne: Zur neuen Kunst. In: Der Sturm 5. Jg., H. 1 (1914), S. 2–3, S. 3. Auch Paul Fechter sah im Expressionismus den „Protest[] gegen den Impressionismus“, Fechter 1919/1914, S. 21. 1622 Er vermittelte die futuristische Bewegung als Vorstufe des Expressionismus, den Kubismus als französische Entsprechung des deutschen Expressionismus, als „Bezeichnung desselben künstlerischen Wollens in Frankreich“, Herwarth Walden: Zur Formulierung der neuen Kunst. In: Einblick in Kunst. Expressionismus, Futurismus, Kubismus. Hrsg. von Dems. Berlin 1924, S. 123–124, S. 124. 1623 Bspw. zur Ausstellung der Künstlergemeinschaft in der Galerie Arnold in Dresden 1910, vgl. Mario-Andreas von Lüttichau: Künstlergemeinschaft Brücke. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 89–96. 1624 Zur Ausstellung „Der Blaue Reiter“ in der Modernen Galerie Thannhäuser in München, vgl. Mario-Andreas von Lüttichau: Der Blaue Reiter. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 109–118. 1625 „Die Ausstellung ist so erfolgreich, daß [...] die Kunstkritik beginnt, sich ernsthaft mit der neuen Kunst auseinanderzusetzen“, Emil Utitz: Die Grundlagen der jüngsten Kunstbewegung. Stuttgart 1913, S. 3-4, zit. nach Werner Altmeier: Die Bildende Kunst des Deutschen Expressionismus im Spiegel der Buch- und Zeitschriftenpublikationen zwischen 1910 und 1925. Zur Debatte um ihre Ziele, Theorien und Utopien. Saarbrücken 1972, zugl. Diss. Univ. Saarbrücken 1971, S. 33. Eckart von Sydow bezeichnete die Ausstellung als „monumentalsten Durchbruch des Neuen“, Eckart von Sydow: Die deutsche expressionistische Kultur und Malerei. Berlin 1920, S. 130. 1626 Vgl. Pirsich 1985, bes. S. 61-71.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

373

Macht in Berlin im Sommer 1910.1627 Auch „Der Blaue Reiter“ erfuhr erst durch die

Eröffnungsausstellung der Galerie „Der Sturm“ im März 1912 eine überregionale

publizistische Resonanz.1628

Die Reaktionen auf die neue Kunst fielen sehr unterschiedlich aus.1629 Während Georg

Biermann „die Empfindung für Rhythmus und das Problem der reinen Form“1630 als

künstlerischen Maßstab der neuen Malerei in Abkehr zu mimetischen Darstellungen und

somit das kompositorische Moment unterstrich, definierte Adolf Behne die neue Malerei

als konstruktive Gestaltungsweise, als „Arbeiten mit Farben, mit Linien, mit Hell und

Dunkel, sie ist das Füllen einer gegebenen Fläche aus Papier oder Leinewand!“1631 Die

heterogene Vielfalt der Darstellungsweisen des Expressionismus habe, so Paul

Schmidt, einzig „[d]as Aufatmen vom Zwange der ‚Korrektheit’“ als gemeinsamen

kleinsten Nenner.1632 Mit der positiven Rezeption des frühen Expressionismus gingen

auch mystifizierende Deutungsansätze einher. Walter Serner stellte den

Expressionismus als ideelle Aneignung der Abstraktionen der ägyptischen Kunst und

der Kunst von Michelangelo, Grünewald, Dürer sowie von Rembrandt dar. Die Intention

des neuen Stils, wie seiner genannten Vorbilder, „ist das persönliche Auflösen des

Gegenstandes in der Idee, um von ihm sich zu befreien und in ihr zu erlösen. Diese

Idee, völlig undenkerisch, rein intuitiv, ist letzten Endes ein Mysterium.“1633 Den Bildern

seien „feinste[] geistige[] und physische[] Strahlung[en]“ und transzendente Momente

eingeschrieben, „die irgendwie mit den kosmischen Kräften zusammenhängen.“1634

Z. T. nahm diese Auffassung irrationale Züge an: „In allen Ekstasen und Fiebern hat

die Sehnsucht dieser neuen Kunst doch nur das eine Ziel, jene letzten Höhen der

Vollendung zu erklimmen, wo der mystische Duft aus den feinsten Blüten

entströmt.“1635 Eine ähnliche, kontemplative Rezeptionsweise schlug Paul Erich

Küppers vor. Es gehe bei der Aufnahme neuer Kunst nicht darum, so Küppers, diese

nach ihren technischen Mitteln hin zu untersuchen. Das metaphysische Innenleben 1627 Die Kunstkritik nahm erst etwa fünf Jahre nach der Gründung der Künstlervereinigung „Die Brücke”, die den Beginn des deutschen Expressionismus markierte, von tief greifenden ästhetischen Veränderungen Notiz. Die ersten Ausstellungen der Dresdner Gruppe fanden zunächst nur in Dresdner oder sächsischen Zeitungen Resonanz, vgl. Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 76-81. 1628 Vgl. Kuhlhoff 1990, S. 232-233. 1629 Zur Rezeption des Expressionismus in Deutschland, vgl. Mario-Andreas von Lüttichau: Zur Rezeptionsgeschichte des „Expressionismus“ in Deutschland. In: Belgin, Tayfun (Hg.): Von der Brücke zum Blauen Reiter. Farbe, Form und Ausdruck in der deutschen Kunst von 1905 bis 1914. Kat. Ausst. Museum am Ostwall Dortmund. Heidelberg 1996, S. 104–113. 1630 Zit. nach Segal 1997, S. 38. 1631 Behne 1914, S. 3. 1632 Schmidt 1912, S. 735. 1633 Walter Serner: Der neue Stil. In: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst 4. Jg., H. 7 (1914), Sp. 142–145, Sp. 144. 1634 Beide Zitate: Joseph August Lux: [Titel unbekannt]. In: Berliner Zeitung am Mittag, 18.03.1915, zit. nach Herwarth Walden: Jos. & Joseph. In: Kunstkritik und Kunstmaler. Hrsg. von Dems. Berlin 1916, S. 45–48, S. 48. 1635 Joseph August Lux: [Titel unbekannt]. In: Frankfurter Zeitung, 01.02.1914, zit. nach Walden 1916 (02), S. 45.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

374

eines Kunstwerkes zu fühlen, sei das Wesentliche und dies „gelingt nur innigem

Nachempfinden, nur einem stillen Sichversenken, einem andächtigen Hineinlauschen

in das Werk.“1636 Gustav Hartlaub sah in der Verschränkung von Expressionismus und

Religion eine „Möglichkeit neuer religiöser Kunst“1637, die das Wesen der Beziehung

zwischen Mensch und Gott veranschauliche.

Die Wende zu dem neuen Stil bedeutete für viele der Kommentatoren also keinen

Bruch mit der malerischen Tradition. Tendenzen des Expressiven, der

Ausdruckskunst1638 und der Abstraktion1639 habe es in der Entwicklung künstlerischer

Praxis immer gegeben, so die Einschätzung, die von vielen geteilt wurde. Eine

besondere Stellung nahm dabei die deutsche Gotik als Voraussetzung für den

Avantgardeexpressionismus in der Vermittlung ein.1640 Die überindividuellen und

primitivistischen Aspekte der expressionistischen Kunst wurden wahrgenommen als

„Reaktion nicht nur auf den Impressionismus, sondern auf die ganze vorhergehende

Entwicklung, in der wir seit der europäischen Renaissance stehen und deren

Ausgangspunkt und Richtung durch Burckhardts lapidares Wort von der Entdeckung

des Individuums umfassend bezeichnet wird“.1641 Die formale Reduktion der

Bildsprache zur Steigerung der Ausdruckskraft finde sich bei aller nichtklassischer

Kunst, hieß es an anderer Stelle. Die Handwerker der Gotik „waren Expressionisten,

ebenso waren es die Aegypter, die Griechen der vorklassischen Zeit.“1642

Die Durchsetzung des Expressionismus nahm sich trotzdem sehr schwierig aus, da den

Befürwortern des neuen Stils eine große Gruppe von dem Impressionismus

verpflichteten Kritikern gegenüber stand. Beklagt wurde auf kulturkritischer Ebene die

„Entfremdung, Verflachung und Richtungslosigkeit“ der gesellschaftlichen und

kulturellen Situation.1643 Aus der gegnerischen Perspektive waren es die Nachahmung

1636 Paul Erich Küppers: Kunstauffassung und Weltgefühl. In: Das Kunstblatt 1. Jg., H. 7 (1917), S. 210–212, S. 210. 1637 Hartlaub 1919: So lautet der Untertitel seiner viel beachteten Schrift „Kunst und Religion“. Darin fordert Hartlaub, für das künstlerische Schaffen eine religiöse Haltung und diese mit religiösen Themen zu verknüpfen. 1638 „Die Ausdruckskunst ist sich bewußt, daß sie Ahnen hat, daß sie nicht wie etwas unerhört Neues in die Welt hineintritt. Sie findet sich wieder in primitiver Religiosität, bei Aegyptern, Assyrern und Persern, in der Gotik, bei altdeutschen Malern, bei Shakespeare“, Walzel 1919.06.02. 1639 „Wie weit der Abstraktionsdrang das Kunstwollen bestimmt hat, können wir [...] an den Kunstwerken ablesen. Dabei finden wir, daß das Kunstwollen der Naturvölker, [...] dann das Kunstwollen aller primitiven Kunstepochen und schließlich das Kunstwollen gewisser entwickelter orientalischer Kulturvölker diese abstrakte Tendenz zeigt. Der Abstraktionsdrang steht also am Anfange jeder Kunst und bleibt bei gewissen auf hoher Kulturstufe stehenden Völkern der herrschende“, Worringer 1996/1908, S. 48-49. 1640 Vgl. z. B. Adolf Behne: Deutsche Expressionisten. In: Der Sturm 5. Jg., H. 17/18 (1914), S. 114–115, S. 114 und Wilhelm Uhde: Formzertrümmerung und Formaufbau in der bildenden Kunst. In: Das Kunstblatt 3. Jg., H. 10 (1919), S. 317–319, S. 317. 1641 Wilhelm Worringer: Zur Entwicklungsgeschichte der modernen Malerei. In: Der Sturm 2. Jg., H. 75 (1911), S. 597–598, S. 598. 1642 Behne 1914 (02), S. 114. 1643 Segal 1997, S. 42.

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375

französischer Künstler wie Cézanne, Gauguin und van Gogh,1644 die Abkehr von der

künstlerischen Autonomie und die Tendenz zum Kunstgewerblichen,1645 die ästhetische

Bedeutungslosigkeit und das Fehlen künstlerischer Persönlichkeit1646 sowie „klassischer

Traditionen“1647, Akademisierung der modernen Kunst durch rezepthafte Stilübernahme

und die fortschreitende Vereinfachung der Ausdrucksmittel1648 oder eine

intellektualistische Auffassung des Schöpfertums,1649 die als Argumente gegen die

Avantgarde angeführt wurden. Auch die Unterwanderung der älteren Maler durch den

„proletarischen Anarchismus der Jüngsten“1650 gehörte zu den Kritikpunkten, wobei die

künstlerische Situation in Analogie zur sich verändernden politischen Ordnung durch die

erstarkende Sozialdemokratie gesetzt wurde. Hauptgegenstand der Kritik waren neben

der praktischen Umsetzung der neuen Gestaltungsmittel die programmatischen

Stellungnahmen. Im Zusammenhang mit Kandinskys Einführung der Abstraktion in die

Kunst, die in Deutschland bis 1933 nie völlig anerkannt und danach als „entartet“

verfemt wurde,1651 sprachen die Kritiker zum ersten Mal von „Vermodung“, von der

Degradierung der Kunst zur Mode.1652

Die in den Avantgardeprogrammen formulierten sozial-utopischen Ziele, die der

intendierten Verschränkung von Kunst und Leben und damit dem Wunsch nach einem

Wandel der Lebensbedingungen Ausdruck verliehen,1653 wurden als Angriff auf die

bürgerliche Ordnung gewertet. Die mit dieser Utopie einhergehende Betonung des

werdenden, nicht abgeschlossenen Kunstwerks galt als Affront gegen die Kunst als

Statussymbol und gegen deren sinnstiftende Funktion. Das Bürgertum und viele der

übrigen Träger der etablierten, fortschrittshemmenden Anschauungen, wie

Kunstwissenschaftler und Kunstkritiker wurden andererseits als Feinde der Kunst und

als Philister von der progressiven Kunstpublizistik befehdet.1654 Insbesondere bezüglich

1644 Vgl. Hans Rosenhagen: Die 20. Ausstellung der Berliner Secession. In: Grenzboten 69. Jg., H. 2 (1910), S. 217–222, S. 218. 1645 Vgl. Bie 1910, S. 1623 und Karl Scheffler: Die Jüngsten. In: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für Kunst und Kunstgewerbe 11 (1912/13), S. 391–409, S. 397. Scheffler spricht darin von „Verkunstgewerblichung“, „Unkünstlerischen“, „Außerkünstlerischen“ und „Tendenzmalerei“. 1646 Karl Scheffler: „Neue Secession“ bei Maximilian Macht. In: Kunst und Künstler 8. Jg. (1910), S. 525, zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 89. 1647 Scheffler 1912/13, S. 406. 1648 Meier-Graefe 1913, S. 496 und 498. 1649 Vgl. Bie 1912, S. 880 und 882. 1650 Redaktion von „Kunst und Künstler“: Aus der Erklärung der Redaktion. In: Kunst und Künstler 9. Jg. (1911), S. 211, zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 94-95. 1651 Zur Rezeption Kandinskys in Deutschland, vgl. Charles W. Haxthausen: Kandinsky und die deutsche Kunstkritik. In: Hahn, Peter (Hg.): Kandinsky. Russische Zeit und Bauhausjahre 1915-1933. Kat. Ausst. Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung, Berlin 1984, S. 72–89. 1652 Avenarius 1913, S. 86. 1653 Vgl. Kandinsky 1952/1912, S. 143. 1654 „Der Bürger haßt die Kunst, weil sie ihm zwecklos scheint. Sie vermittelt keine Nachrichten, sie bringt keine Tatsache, sie trägt keine Zinsen“, schreibt Herwarth Walden, Trust (= Walden, Herwarth): Kunstverständnis. In: Der Sturm 2. Jg., H. 45 (1911), S. 359. Paul Hatvani bezeichnete den „Philister als ruhebedürftigen Bürger, der alles Neue bestürzt aufnimmt und das alte Bekannte beruhigend findet“, Paul Hatvani: Betrachtung. In: Der Sturm 5. Jg., H. 8 (1914), S. 63. Christof Spengemann forderte in seiner

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

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der antibürgerlichen Tendenzen der Avantgardebewegungen zeigte sich die

Reziprozität der Reaktionsweisen innerhalb des Diskurses.1655 Auch die massierten

Aufspaltungen der großen Künstlervereinigungen, wie im Falle der Berliner und

Münchner Sezession, und die Bildung immer neuer und kleinerer Gruppierungen

wurden als ein Symptom für die gesellschaftliche Ausgrenzung der Künstler als Elite

gedeutet.1656 Nach Julius Meier-Graefe stehe der Kunst wegen der unvermeidbaren und

„unaufhaltsame[n] Versumpfung und Verstumpfung der Masse“ ein bestürzendes Ende

durch „Erstarrung“ bevor.1657 Wilhelm von Bode wertete die neue Malerei als bewussten

Bruch mit künstlerischen, kulturellen und zivilisatorischen Werten und als Sachverhalt,

der eng mit der politischen Entwicklung in Zusammenhang stehe.1658

Im Zuge der anfänglichen Expressionismusrezeption war das Repertoire der wichtigsten

kunstkritischen Argumente gegen die Avantgardekunst bereits angelegt.1659 Innerhalb

des kunstkritischen Diskurses wurden Argumentationsmuster und Schlagwörter für und

wider die Avantgarde gebildet, deren Vokabular zwar sukzessiv mit den Erscheinungen

der Vorkriegsavantgarden erweitert wurde, in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg im

Wesentlichen aber nur noch paraphrasiert oder durch Akzentverschiebung variiert

wurde. In kurzem zeitlichen Abstand zu den Ausstellungen der Expressionisten in Berlin

wurde dem deutschen Publikum der italienische Futurismus in der zweiten Ausstellung

der Galerie „Der Sturm“ im April und Mai 1912 vorgestellt.1660 Die Ausstellung wurde

durch eine für die damalige Zeit spektakuläre Werbekampagne begleitet. Diese bestand

aus einer Flugblattaktion1661 sowie der Veröffentlichung der wichtigsten, ins Deutsche

übersetzten futuristischen Manifeste in der Zeitschrift „Der Sturm“, mit denen die

Futuristen einen Beitrag zur Radikalisierung des Kampfes um die neue Kunst leisteten.

Positive Aufnahme erfuhr der Futurismus lediglich in der Zeitschrift „Die Aktion“ und im

Sturm-Kreis selbst. Alfred Döblin vermittelte ihn als einen „große[n] Schritt“ und

„Befreiungsakt“ und betrachtete ihn als eine Bewegung, deren zentrales Anliegen die

Glosse „O Insel der Bierseligen“, in der er gegen den Hannoverschen Provinzialismus polemisiert, „Geist unter das Bürgerpack!“, Spengemann, Christof: Glossen. Hannover. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 1 (1919), S. 16. An anderer Stelle grenzte Spengemann den Künstler ab vom Bürger: „Wenn bürgerliche Logik dem Künstler nicht folgen kann, schreit man halt und zieht eine Grenze. Jenseits beginnt der Irrsinn. Man vergißt, daß der Künstler eben kein Bürger sein kann“, Spengemann 1985/1920, S. 23. 1655 „Was sind Widerstände? Was ist Spott? Der Sturm lebt, der Sturm fegt Vorurteile weg. Der Sturm knickt Menschenleben. Tod dem Philister! Tod dem Ewig-gestrigen! Und Tod, erbärmlichen Schindertod jeder Art von Kunst, die klar ist“, schreibt ein Herr Hnn. in einer Polemik gegen den „Sturm“, zit. nach Herwarth Walden: Geschäftliches. In: Der Sturm 9. Jg., H. 2 (1918), S. 29–30, S. 29. 1656 Vgl. Kuhlhoff 1990 S. 242. 1657 Beide Zitate: Meier-Graefe 1913, S. 500. 1658 Vgl. Segal 1997, S. 41. 1659 Vgl. Kuhlhoff 1990, S. 234. 1660 Zur Ausstellung, vgl. Baumgarth 1966, S. 83-87. 1661 Vgl. Walden 1954, S. 15.

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Veranschaulichung seelischer Ausdrücke sei. Er betonte neben der Ablehnung der

malerischen „Theatralik“ die Mehrdimensionalität der Darstellungsweise, die keinem

singulären Gestaltungsgesetz folge, sondern „elementare Einsichten“ einschließe.1662

Herwarth Walden stellte die futuristische Bewegung als „Uebergang vom

Neoimpressionismus (Pointillismus) zum Expressionismus“ dar. „Die Futuristen gehen

vom Gegenständlichen aus, verwenden es aber nicht mehr zum Zweck und im Sinn

der Nachahmung. Sie verwandeln das individuelle Erlebnis zum Typischen und vor

allen Dingen zum Optischen.“1663 Waldens Einschätzung und die Selbstaussage der

Futuristen in der Adresse „Die Aussteller an das Publikum“, in der sie schreiben, „wir

verfolgen einen anderen Weg, der in mancher Hinsicht dem der Spätimpressionisten,

Synthetisten und Kubisten gleicht“1664, bedingte die Rezeption der futuristischen

Bewegung als eine ephemere, vom Pointillismus abhängige Kunstrichtung.1665 Die

kunstkritische Vermittlung der futuristischen Bildtheorie und ihrer Begriffe wie

„Dynamismus“ und „Simultaneität“, die in den Manifesten propagiert wurden, erfolgte

nur ansatzweise am Beispiel Gino Serverinis. Die Intention des Künstlers sei „die

Suggestion der Bewegung“, so Behne in der Zeitschrift „Der Sturm“. Durch eine

konzentrierte, synthetische Darstellungsweise, die alles Unwesentliche

unberücksichtigt lasse, ziele er auf die visuelle Umsetzung der „innere[n] Lebendigkeit,

[der] allen Dingen innewohnende[n] Beweglichkeit.“1666 Für Oskar Kanehl stellte der

Futurismus, wie für Walzel und Worringer der Expressionismus, ein überzeitliches

Phänomen dar: „Miquel Angelos Werk [...] war von allem was die Kunst vor ihm bot [...]

abgründig getrennt, und die Pharisäer von damals [...] standen sicher nicht minder

maulgesperrt vor diesem Futuristen, wie die von heute vor unsern. Futurist ist jeder

Künstler, dessen Zeichen neu und fremd, der die Gegenwart noch nicht zu deuten

weiß.“1667

1662 Alle Zitate: Alfred Döblin: Die Bilder der Futuristen. In: Der Sturm 3. Jg., H. 110 (1912), S. 41–42, S. 42. 1663 Beide Zitate: Walden 1924, S. 123. 1664 Umberto Boccioni; Carlo Carrà; Luigi Russlolo u. a.: Die Aussteller an das Publikum (Auswahl). In: Der Sturm 3. Jg., H. 105 (1912), S. 3–4, S. 3. 1665 „Die Impressionisten brauchten Luft und Sonnenlicht, der Futurismus protestiert, er will bloß elektrisches Licht (Severini). Übrigens hat das bereits Georges Seurat schöpferisch verwertet“, Theodor Däubler: Acht Jahre „Sturm“. In: Das Kunstblatt 1. Jg., H. 2 (1917), S. 46–50, S. 48-49. Paul Fechter bezeichnete die Bewegung als „illegitimen Sproß des Impressionismus“. Die gegenständliche Darstellung kehre in futuristischen Bildern durch die Umsetzung von „sich heraushebenden Einzelwahrnehmungen und -vorstellungen“ zurück und so würden die Ansätze des Impressionismus durch den Versuch „Bewegung und Bewegtheit ‚darzustellen’“ nur übersteigert und ad absurdum geführt, Fechter 1919/1914, S. 49-50. Nach Otto Grautoff waren die im Impressionismus vorhandenen formauflösenden Tendenzen durch Seurat und Signac weiter verfolgt worden. Durch Marinettis „Ideen brachen die schon mehr oder minder aufgelösten Formen ganz zusammen, und es gab ein großes Trümmerfeld. Das sind die Bilder der Futuristen“, Grautoff 1919, S. 45. 1666 Beide Zitate: Adolf Behne: Gino Severini. In: Der Sturm 4. Jg., H. 172/173 (1913), S. 74. 1667 Oskar Kanehl: Futurismus. Ein nüchternes Manifest. In: Die Aktion H. 28 (1913), Sp. 671–672, zit. nach Janos Riesz: Deutsche Reaktionen auf den italienischen Futurismus. In: Arcadia. Internationale Zeitschrift für Literaturwissenschaft 11 (1976), S. 256–271, S. 265.

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Die publizistische Öffentlichkeit reagierte auf den Futurismus wegen seiner

antibürgerlichen Ziele, der in den Manifesten zum Ausdruck gebrachten destruktiven

Geisteshaltung und nicht zuletzt wegen der forcierten Maßnahmen zur Bewerbung der

Aktivitäten der Futuristen in Deutschland hingegen ablehnend und vorurteilsbehaftet. Zu

den genannten Vorbehalten dem Expressionismus gegenüber traten das Argument der

Sensationshascherei1668, der Geistesarmut1669, der Kommentarbedürftigkeit und der

„Spielerei“1670, sowie der Vorwurf der Abkehr vom „visuellen Erfassen der Welt“, der

bloßen Illustration der Theorie und der Kitschmalerei hinzu.1671

„Panoptikumsscherz“1672, „Verrücktheiten und Bluff“, „Spekulation auf einen Teil

verlebter Großstadtmenschen“1673 wurden als Schlagworte der Kunstkritik in den

Diskurs eingeführt.1674 Neu war auch die Abqualifizierung des Futurismus als

oberflächliche Aneignung eines neuen Etikettes, um sich anders zu gebärden als die

anderen.1675

Etwa gleichzeitig mit dem öffentlichen Bekanntwerden des deutschen Expressionismus

wurden kubistische Werke in den Galerien Heinrich Thannhausers und Hans Goltz’ in

München ausgestellt. Wenige Monate nach der Futuristenausstellung waren Bilder von

„Französischen Expressionisten“ in der 5. Sturm-Ausstellung im Sommer 1912 zu

sehen.1676 Wichtigster früher publizistischer und theoretischer Wegbegleiter der

Kubisten und Vermittler in Deutschland war neben Roger Allard Guillaume Apollinaire.

Der Dichter stellte dem deutschen Publikum in der Zeitschrift „Der Sturm“ Pablo

Picasso und Robert Delaunay als herausragende Exponenten des Kubismus bzw. des

Orphismus vor, die einer „erhabenen, die perspektivischen und andere Konventionen

ausschließenden Aesthetik“ folgten.1677 Der wahre Kubismus veranschauliche neu

kombinierte, formale Elemente, „die nicht der Realität der Vision, sondern der der 1668 Vgl. Paul Westheim: Der Sturm der Mittelmäßigkeit. In: März 7. Jg. (1913), S. 541–542, S. 542. 1669 Vgl. Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zur „Ersten Gesamtausstellung“ in der Galerie „Hans Golz - Neue Kunst]. In: Münchner Neueste Nachrichten, 24.10.1912. 1670 Breuer 1912.04.20. 1671 Glaser 1912. Auch Karl Scheffler sah in den futuristischen Bildern Kitsch, vgl. Karl Scheffler: Die Futuristen im Sturm. In: Kunst und Künstler 10. Jg. (1912), S. 467, zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 111-112. Robert Breuer hält die Bilder der Futuristen ebenso wie Glaser für eine illustrative Veranschaulichung der Manifeste, vgl. Breuer 1912.04.20. 1672 Rbr. (= Breuer, Robert): Kleines Feuilleton. [Die Bluffer von St. Veit]. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 245, 20.09.1913. 1673 Beide Zitate: Willy Pastor: Herbstausstellung der „Sturm“. In: Tägliche Rundschau, Berlin, 19.09.1913. 1674 Zur ausführlichen Besprechung der Futurismusrezeption durch die deutsche Kunstkritik unmittelbar nach der Ausstellung, vgl. Carmine Chiellino: Die Futurismusdebatte. Zur Bestimmung des futuristischen Einflusses in Deutschland. Frankfurt a. M. 1978, zugl. Diss. Univ. Gießen 1976 (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Literatur und Germanistik 252), S. 55-82. 1675 Max Osborn sprach von einem „ultramodernen Mäntelchen“, M. O. (= Osborn, Max): Ausstellungen. Berliner Ausstellungen. In: Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe 25. Jg., H. 5 (1913), Sp. 75–76, Sp. 76. 1676 Vgl. Pirsich 1985, S. 672 1677 Guillaume Apollinaire: Realité, peinture pure. In: Der Sturm 3. Jg., H. 138/139 (1912), S. 224–225, S. 224.

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Begriffe entlehnt“ seien, um den Gegenstand in seiner Vielansichtigkeit

wiederzugeben. In diesem Sinne würden auch gemalte Buchstaben oder

Fremdmaterialien zur plastischen Gestaltung in die Malerei integriert.1678 Apollinaires

Bestimmungsversuch des Kubismus als Gestaltungsprinzip der Begriffe bestimmte die

Ablehnung des Kubismus als intellektualistische Begriffsmalerei. Allard definierte den

Kubismus im Almanach „Der Blaue Reiter“ als „der bewußte Wille, in der Malerei die

Kenntnis von Maß, Volumen und Gewicht wiederherzustellen.“1679 Als wesentliches

Prinzip des Kubismus kennzeichnete Wilhelm Hausenstein die Destruktion des

Gegenstandes, der bildnerisch neu zusammengesetzt wurde, um „die räumliche und

zeitliche Totalität des Objekts ins Bild [zu] bringen.“ Die kubistischen Maler wendeten

dabei ähnliche gestalterische Grundsätze wie die Futuristen an, nur dass in

kubistischen Bildern die Gegenstände marginale Bedeutung hätten und in erster Linie

der „bildnerische[n] Herstellung eines Gleichungsverhältnisses zwischen den

Bildelementen“ dienten.1680 Paul Fechter stellte den Kubismus als „eine Variante des

Expressionismus“ dar. Beide Richtungen würden vom Impressionismus ausgehen.1681

Während jedoch der Expressionismus sich von der wissenschaftlichen

Kunstauffassung ab- und sich zur Wiedergabe von Gefühlsausdrücken hinwende,

versuche der Kubismus die verstandesmäßigen Komponenten zur völligen

Ungegenständlichkeit zu steigern. „Wenn der Expressionismus die Rückkehr zur

‚Mystik des Herzens’ bedeutet, ist der Kubismus ein Vorstoß in der Richtung zur

‚Mystik des Kopfes’“.1682 Die Kubisten negierten die Endlichkeit, indem sie die

Bildbestandteile „in an sich bedeutungslose Fragmente“ auflösen, so Fechter.1683

Die Kritiker, die sich dem Kubismus ablehnend gegenüber verhielten, brachten nur

wenige substantiell neue Argumente in die Auseinandersetzung über die progressive

Malerei ein. Im Vorgriff auf den Vorwurf der Überbewertung von Theorien1684 sprach

Max Osborn von „Doktrinarismus“1685 und wies den Kubismus damit als Dokument

1678 Guillaume Apollinaire: Die moderne Malerei. In: Der Sturm 3. Jg., H. 148/149 (1913), S. 272. 1679 Zit. nach Wilhelm Hausenstein: Vom Kubismus. In: Der Sturm 4. Jg., H. 170/171 (1913), S. 67–70, S. 68. 1680 Beide Zitate: Ebd. Zu den zeitgenössischen Deutungsmodellen des Kubismus in Deutschland am Beispiel Picassos, vgl. Andreas Holleczek: Picassos Kubismus. Deutsch-französische Deutungsdifferenzen. In: Kostka, Alexandra; Lucbert, Françoise (Hgg.): Distanz und Aneignung. Relations artistiques entre la France et l’Allemagne 1870-1945. Kunstbeziehungen zwischen Deutschland und Frankreich 1870-1945 (= Passagen/Passages. Deutsches Forum für Kunstgeschichte 8). Berlin 2004, S. 365–386. 1681 Fechter 1919/1914, S. 35. 1682 Ebd., S. 35. 1683 Ebd., S. 41. 1684 Vgl. Avenarius 1913, S. 82. 1685 Zit. nach Rudolf Blümner: Briefe an Paul Westheim. Dritter Brief. In: Der Sturm 11. Jg., H. 11/12 (1920), S. 153–160, S. 155. Auch Paul Westheim erkannte im Kubismus einen Dogmatismus. Für ihn bestand im Hinblick insbesondere auf die kubistischen Bilder im „Ersten Deutschen Herbstsalon“ kein Zweifel, dass sich wegen der Abkehr von herkömmlichen malerischen Repräsentationsmodi „hinter der Mehrzahl dieser so mühsam ertüftelten Doktrinen [...] eine bildnerische Ohnmacht“ verberge, Paul

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einer starren Verschränkung von Wissenschaft, Realitätsferne und Kunst zurück. Mit

dem Schlagwort „Literatentum“1686 drückte Osborn seine Ablehnung der Rückbindung

an einen die Bilder komplementierenden Gebrauchstext aus und deutete einen

Vergleich mit der Orientierung an literarischen Texten als Sujetvorgabe in der

vorimpressionistischen Malerei an. Die Gegenstimmen waren insgesamt jedoch

wesentlich weniger scharf und vehement als die Opposition gegen den Futurismus. Im

Vergleich zu diesem wirkten „die Kubisten [wie] kultivierte Europäer“, wie Meier-Graefe

schrieb.1687 Auffällig ist bei vielen Kritikern das Bemühen um differenzierte Betrachtung,

sofern es sich um Bilder handelte, die mit herkömmlichen künstlerischen Techniken

und Mitteln umgesetzt worden sind. Das Verdikt galt hingegen den kubistischen

Collagen, die als leichtfertige Überwindung einer ästhetischen Entwicklungsstufe durch

eine Theorie und eine Praxis „mit Schere und Kleister“1688 oder als „ausgeartete[],

kubistische[] Spielereien“1689 charakterisiert wurden. Picasso wurde auch nach dem

Ersten Weltkrieg als Hauptexponent des Kubismus betrachtet. Seine Abwendung von

der Bewegung werteten viele Kritiker als Scheitern des Kubismus.1690

Der Höhepunkt der kunstkritisch negativ geprägten Auseinandersetzung um die

Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg traf mit dem „Ersten Deutschen Herbstsalon“ in

der Galerie „Der Sturm“ im Jahre 1913 zusammen, in dem nach dem Vorbild des

Pariser Salon d’Autumne die wichtigsten Strömungen der neuen Kunst vertreten

waren.1691 In der Presse zur Ausstellung bündelten sich alle genannten Vorwürfe und

steigerten sich z. T. zu tiradischen Entrüstungen gegen die progressive Malerei. Nun

wurden neben den dargelegten Einwendungen völkisch-nationale Schlagwörter wie

„entartete[]“ oder „fremde[] Absurditäten“ in die Diskussion eingebracht.1692 Auch traten

erste pathologisierende Tendenzen in den Rezensionen auf. Die Künstler würden als

„Pinsler des St. Veit“ in die Kunstgeschichte eingehen, die ihre Krankheit durch Malen

Westheim: Die Kunst der Jungen. (Zum Herbstsalon des „Sturm“ in Berlin.). In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 254, 13.09.1913. 1686 Osborn 1913, Sp. 76. 1687 Julius Meier-Graefe: Kunst-Dämmerung. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 151, 02.06.1912. 1688 Westheim 1913.09.13. 1689 Stahl 1913.09.20. 1690 Der Kubismus sei ohne jede Relevanz und müsse so zwangsläufig in eine Sackgasse führen. „Das beweist Picasso selbst, wenn er imstande ist, an irgend einer Stelle umzukehren und bei Ingres Anschluß an die Malerei im alten Sinne zu suchen“, Glaser 1920.09.11. Max Osborn wähnte eine Rückkehr zu neuer formaler Disziplin in der Malerei: „Gewiß liegt ein Vorzeichen darin, wenn jetzt in Paris Picasso, wie vor einiger Zeit an dieser Stelle berichtet wurde, ‚à la Ingres’ zeichnet“, Max Osborn: Die Lage des Expressionismus. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 543, 06.11.1920. Fritz Stahl sah darin den Beginn einer neuen sachlichen Hauptströmung in der Kunst, vgl. Stahl 1920.07.16. 1691 Zur Ausstellung, vgl. Mario-Andreas von Lüttichau: Erster Deutscher Herbstsalon. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 131–140. 1692 Beide Zitate: Anonym: Berliner Kunstbericht. In: Deutsche Rundschau 38. Jg., H. Oktober (1912), S. 144–148, S. 147.

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auslebten, lautete ein Kommentar Robert Breuers.1693 Die Anfeindungen fasste

Herwarth Walden in einem auf Schlagwörter verkürzten Katalog unter dem Titel

„Lexikon der deutschen Kunstkritik“ zusammen, den er in der Zeitschrift „Der Sturm“ wie

auch als antikritisches Flugblatt drucken ließ.1694

Mit dem Ausbruch des Krieges wurden Hoffnungen auf eine künstlerische Einheit

formuliert, die in Analogie zur allgemeinen Kriegsbegeisterung gesetzt wurden. „Der

Geist, der unsere Ehre entflammt, beschwinge des Künstlers Auge. Einheit gab uns

Krieg. Alle Parteien gehen zum Ziel. Die Kunst folge!“1695 Karl Scheffler bezeichnete den

Krieg als eine Art „Kunstwerk“ in dem Glauben, dass die Entwicklung der Kunst mit der

politischen Konsolidierung nach dem für Deutschland siegreichen Ausgang des Krieges

und der zukünftigen kulturellen Vormachtstellung Deutschlands in Europa parallel

verlaufe und hoffte auf einen weltweit konstant hohen „Kurswert“ der deutschen

Kunst.1696

Indes entwickelte sich der Expressionismus weiter und trieb den Abstraktionsprozess in

der bildenden Kunst und der Literatur voran. Besonders innerhalb des Sturm-Kreises

bildeten sich Kunstformen aus, die metaphysische und kosmologisch verklärte

Vorstellungen durch rhythmische Steigerung der Ausdruckskraft in den Farb-Form-

Konstellationen veranschaulichten. Die expressionistischen Dichter distanzierten sich

noch weiter von der Wirklichkeitsbeschreibung und steigerten die emotionale

Eindringlichkeit der Sprache mittels Wortneuschöpfungen, neologistischer

Zusammenführung von Wörtern und Auflösung grammatikalischer Konventionen.

Diesem Prozess der Vereinfachung der künstlerischen Mittel bei gleichzeitiger

Intensivierung der Wirkung standen viele Kritiker distanziert gegenüber, so dass bereits

während des Krieges die Debatte über den Expressionismus in eine neue Phase

überging. Nun wurde den Künstlern die Vergewaltigung der „Wirklichkeit“, des

„Augenschein[s]“ und der „Sinnenwelt“ vorgeworfen.1697 Die neue Kunst beängstige den

Rezipienten und sei „ein Symptom einer unheimlich wirkenden Krankheit [mit]

gefährlicher Ansteckungskraft“.1698

1693 Breuer 1913.09.20. 1694 Vgl. Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 124. Das Flugblatt veröffentlichte Walden nochmals drei Jahre später, vgl. Herwarth Walden: Lexikon der deutschen Kunstkritik. In: Der Sturm 4. Jg., H. 182/183 (1913), S. 115 und Herwarth Walden: Lexikon der deutschen Kunstkritik. In: Kunstkritik und Kunstmaler. Hrsg. von Dems. Berlin 1916, S. 32. Zur Antikritik des „Sturm“ s. Exkurs zur antikritischen Praxis. 1695 Julius Meier-Graefe: Der Krieg als Bescherung. In: Kriegszeit. Künstlerblätter H. 1 (1914), zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 126. 1696 Beide Zitate: Karl Scheffler: Der Krieg. In: Kunst und Künstler 13. Jg. (1914/15), S. 3–5, zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 132. 1697 Alle Zitate: Hermann Bahr: Expressionismus. In: Tenzler, Wolfgang (Hg.): Über die Schönheit häßlicher Bilder. Dichter und Schriftsteller über Maler und Malerei (1880-1933). Berlin 1984, S. 203–208, S. 203. 1698 Anonym: Chronik. Expressionismus. In: Kunst und Künstler 15. Jg. (1916/17), S. 100, zit. nach Chronik in Ausst. Berlin 1986, S. 146.

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Im weiteren Verlauf des Krieges schlug der anfängliche, von vielen geteilte

Kriegsenthusiasmus um in Ablehnung und Protesthaltung. In Zürich schloss sich ein

Kreis junger Künstler und Literaten im Cabaret Voltaire im Frühjahr 1916 zusammen,

um ihrem Widerstand gegen das Kriegsereignis und den damit verbundenen Verfall der

sozialen und ethischen Werte durch künstlerische Aktivität Ausdruck zu verleihen. Zur

Bezeichnung ihrer Gruppenzusammengehörigkeit wählten sie den Namen „Dada“. Der

Interessengemeinschaft gehörten u. a. Hans Arp, Hugo Ball, Richard Huelsenbeck und

Tristan Tzara an. Nach seiner Rückkehr nach Berlin gründete Huelsenbeck Anfang

1918 mit George Grosz, Franz Jung und John Heartfield den „Club Dada“, dem später

auch Raoul Hausmann und Johannes Baader beitraten. Innerhalb der Berliner Dada-

Bewegung kam es zu einer Radikalisierung und Links-Politisierung gegen das

Bürgertum, das für die Kriegskatastrophe verantwortlich gemacht wurde. Als

maßgeblicher und bedeutender Teil der bürgerlichen Ordnung wurde alles

vorangegangene Kunst- und Kulturschaffen betrachtet und bekämpft.1699 Zur

Propagierung des Dadaismus erschienen zahlreiche Manifeste und programmatische

Texte als Flugblätter, in eigenen Zeitschriften oder monografischen Publikationen, wie

dem Dada-Almanach. In letzterem wird „Dada“ zwar als vom Kubismus und Futurismus

ausgehende, diese Richtungen aber nivellierende Bewegung propagiert.1700 Im

„dadaistischen Manifest“ opponiert die Bewegung insbesondere gegen die Pathetik des

Expressionismus, gegen dessen arrivistische Intentionen und „melioristische[]

Weltauffassung“. „Dada“ hingegen bedeute „das primitivste Verhältnis zur umgebenden

Wirklichkeit“, in der das Leben „als ein simultanes Gewirr von Geräuschen, Farben und

geistigen Rhythmen erscheint“.1701 „Dada“ grenzte sich mithin scharf von allen

Kunstbewegungen ab und nahm eine nichtästhetische Position ein, indem es durch

das „bruitistische Gedicht“, das „simultanistische Gedicht“ und das „statische Gedicht“

als propagierte Mittel alle überkommenen Werte „in seine Bestandteile zerfetzt.“1702 In

der Öffentlichkeit erregten die Berliner Dadaisten durch die zahlreichen, vorher in der

Presse angekündigten Dada-Soireen, die oft aufgrund aggressiven und

provozierenden Verhaltens in Tumulten endeten, durch die Gründung des „Zentralrates

der deutschen Dada-Bewegung“, durch Flugblattpublikationen, die gegen die

1699 Zur Entstehung und weiteren Entwicklung, vgl. Hermann Korte: Die Dadaisten. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 59-86. 1700 Vgl. Huelsenbeck 1991/1918. Die „erste Dadarede in Deutschland“ wurde als „Expressionistenabend“ in der Presse angekündigt und am 22. Januar 1918 in der Galerie I. B. Neumann im Rahmen einer ersten dadaistischen Veranstaltung gehalten. 1701 Alle Zitate: Tzara u. a. 1920, S. 15. Das Manifest wurde zunächst als Flugblatt verteilt und während der ersten Dada-Soiree am 12. April 1918 bei I. B. Neumann vorgetragen. Als Wiederabdruck erschien es im Dada-Almanach, wobei Huelsenbeck hier als Verfasser zeichnete, sowie in der Hannoverschen Zeitschrift „Der Zweemann“, worin es u. a. von Tristan Tzara, George Grosz, Marcel Janco, Richard Huelsenbeck und Raoul Hausmann unterzeichnet wurde. 1702 Alle Zitate: Ebd., S. 16.

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reaktionären Tendenzen in der Weimarer Republik gerichtet waren sowie durch die

skandalträchtige „Erste Internationale Dada-Messe“ zweifelhaftes Aufsehen.1703 Die

Affinität zu politisch radikalen und revolutionären Gruppen, ihre nihilistische

Weltanschauung, der experimentelle Charakter ihrer Werke und die antikünstlerische

Haltung machte die dadaistische Bewegung beim Publikum verdächtig, das zum ersten

Mal mit der Erfahrung der Fremdheit, der Entfremdung durch Neuerungen, durch den

Ersten Weltkrieg und die Revolution konfrontiert war. Die schnelle Abfolge von zeitlich

bedingten Phänomenen erzeugte ein Gefühl von Endlichkeit und verstärkte das

Krisenbewusstsein in einer Welt, die ethisch und politisch in Trümmern lag.1704 Vor

diesem Hintergrund wurde der Dadaismus durchweg skeptisch und negativ

aufgenommen. Dem evolutionären Anspruch an die Kunst seitens der Kritiker stand ein

revolutionäres, antikünstlerisches Auftreten seitens der neuen Bewegung gegenüber,

während sich die Kunstkritiker für einen Wiederaufbau der gesellschaftlichen und

kulturellen Werte und einen einheitlichen Stil in der Kunst einsetzten.

Das Freiwerden bisher gebundener schöpferischer Kräfte war in seiner Dynamik

getragen von der Hoffnung auf eine neue Rolle der Kunst und der Künstler innerhalb

einer neuen zensurbefreiten Ordnung, die eine Neuverortung der Kunst und Kultur

durch den Kulturartikel 142 - „Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Der

Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil“ - verfassungsrechtlich

verankerte.1705 Der Individualisierungsprozess, der um 1905 angestoßen wurde,

beschleunigte sich nach 1918 dadurch, dass viele junge Künstler und aus dem Krieg

zurückgekehrte Kunstschaffende gleichzeitig auf den Kunstmarkt drängten. Die

Konkurrenz auf dem größer werdenden Marktsektor wuchs und insbesondere Künstler,

die gerade debütierten oder bisher unabhängig aufgetreten waren, sahen sich nun in

der ambivalenten Situation, sich einerseits als Einzelpersönlichkeiten auf dem Markt zu

positionieren und andererseits zur Durchsetzung ihrer Interessen, v. a. im Hinblick auf

ihre ökonomische Lage, Netzwerke zu bilden. So gründeten sich zahlreiche neue

Künstlervereinigungen, -kreise und -räte, die sich stark machten für die Einflussnahme

auf die Kulturpolitik und eine Befreiung der Kunst von ästhetischen Normen, u. a. die

„Novembergruppe“1706, der Arbeiterrat für Kunst, die „Dresdner Sezession“1707, die

1703 Zur Ausstellung, vgl. Erste Internationale Dada-Messe. Kat. Ausst. Kunstsalon Burchard, Berlin 1920 und zur kunstkritischen Rezeption der „Dada-Messe“, vgl. Helen Adkins: Erste internationale Dada-Messe. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 157–183. 1704 Vgl. Georg Bollenbeck: Eine Geschichte der Kulturkritik. München 2007, S. 482. 1705 Die Verfassung des Deutschen Reichs 1919, Art. 142, 1. 1706 Zur Entwicklung der „Novembergruppe“, ihren Aktivitäten und ihrer Rezeption, vgl. Helga Kliemann: Die Novembergruppe. Berlin 1969. 1707 S.w.o. Kap. 1.3.

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„Hannoversche Sezession“1708 und die „Darmstädter Sezession“. Innerhalb dieser

Zusammenschlüsse und durch Kontakte zu Verlegern, Publizisten und Kunsthändlern

bildeten sich Vertriebsnetze zur Vermittlung und Konturierung ihrer ästhetischen

Konzepte. Im gerade anbrechenden Zeitalter der Massenkommunikation konnten

einzelne Künstler und Künstlergruppen durch diese Foren ihre Ideen publizistisch und

ihre Kunst in Ausstellungen dem Publikum bekannt machen. Zur Vermarktung ihrer

Kunstwerke wurden neben den Ausstellungsmöglichkeiten die Bindung an einen

Kunsthändler und Verbindungen zu Privatsammlern immer wichtiger. Viele einzeln

auftretenden Künstler und die meisten Gruppen leisteten zudem durch Programmtexte

in Ausstellungskatalogen oder Zeitschriften, von denen nach dem Krieg eine Vielzahl

neugegründet wurden,1709 durch Flugblätter oder Veranstaltungen Öffentlichkeitsarbeit,

um sich Aufmerksamkeit in der unübersichtlichen Kunstszene zu verschaffen.

Angesichts dieser krisenhaften Situation schreibt Worringer:

„Die Luft ist überfüllt von Kunstgeschrei. Ein Kunstbetrieb ohne Grenzen und Maß erfüllt den Hohlraum, den die organisch gewachsene und lebensnotwendige Kunst bei ihrem Scheiden zurückgelassen hat. Nie wurde die Kunst mehr zur Selbstverständlichkeit als jetzt, wo sie ein Problem ist. Nie wurde sie mehr als allen gehörig betrachtet als jetzt, wo sie keinem mehr gehört. Eine Phantasmagorie unserer unbewußten Kulturheuchelei ist die bildende Kunst heute, kein lebendiges und gegenwärtiges Sein.“1710

In dieser Gemengelage kam dem Dadaismus besonderer Aufmerksamkeitswert zu,

denn nach Meinung der zeitgenössischen Kommentatoren hatte er „seinen nicht zu

leugnenden Erfolg zwei Umständen zu [ver]danken: der skrupellosen Reklame, die er

allerorten sich vorausschickte, und seiner Rätselhaftigkeit, die ihn teils beabsichtigt,

teils unbeabsichtigt umgab.“1711 Andere schrieben diesen Sachverhalt der

„Sensationsgier“ des Publikums als Ursache zu.1712 Der Anspruch auf Authentizität und

schöpferische Beispiellosigkeit wurde von Anfang an in Zweifel gezogen. Der

Dadaismus „spielt Revolution gegen die unerträgliche Verzopftheit der Expressionisten,

Melioristen, Aktivisten, Aeternisten, denen er die Schlagworte geklaut hat, um sie jetzt

zu beschuldigen, den Kampf gegen den Bourgeois erfolgsjägerisch verraten zu

haben.“1713 Der Theaterkritiker Alfred Kerr bezeichnete die dadaistische Bewegung als

„Wurstigkeit gegen alles Heroische; gegen alles Ernstzunehmende, gegen alles

1708 S.w.o. Kap. 1.2. 1709 Zu einem Überblick über Zeitschriften, Jahrbücher, Anthologien, Sammelwerke, Schriftenreihen und Almanache des Expressionismus, vgl. Raabe 1964. 1710 Worringer 1921, S. 22. 1711 Bahnweiler 1921, S. 323. 1712 Zimmermann 1920.01.21. 1713 K. (= Kander): „Dadaismus“. In: Berliner Zeitung am Mittag. Ausgabe 85, 13.04.1918.

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Kulturlose; gegen alles Pathetische“ und als „Ulk mit Weltanschauung“.1714 Früh wurde

die Bewegung auch mit der „Schlaraffia“1715 oder mit Jahrmarktsspektakeln1716 in

Bezug gesetzt oder in einem karnevalistischen Zusammenhang gesehen und Dada-

Abende als „mißlungene[r], armselige[r] Karnevalsabend“1717, als „Karnevalsorgie“1718

bezeichnet. Der Dadaismus beinhalte etwas Trügerisches, denn er verberge seine

Absichten hinter einer Maske, die aber leicht zu durchschauen sei, wie Worringer

bemerkte. Die Dadaisten

„haben ja aus dem verzweifelten Lachen über diesen Fiktionstrug so etwas wie eine Theorie, ja eine Religion gemacht. Spotten ihrer selbst und der Kunst und wissen leider nur zu gut, wie und warum. Schindluder treiben sie mit der Kunst, um dem Bürger die Augen endlich darüber zu öffnen, daß sie nicht mehr da ist und daß er vor einer Attrape opfert.“1719

Ihre politischen Bekenntnisse führten viele Kritiker dazu, in Berichten über den

Dadaismus von „Kunstbolschewismus“1720 oder „Kultur-Bolschewismus“1721 zu

sprechen. Zunächst allerdings wurden russische Avantgardekünstler in diesem

Zusammenhang in der Tagespresse gesehen.1722 In Anlehnung an den Zeitgeist und

an die allgemeine Charakterisierung der zweiten Generation des Expressionismus

wurde auch der Dadaismus als Zeichen für die kranke Moderne, als „ein Spiegelbild

unserer blödsinnigen, verrückten Gesellschaftszustände“1723 oder als „Menetekel und

Zeitmesser der unglaublichen Verwirrung aller sittlichen und geistigen Begriffe“1724

umschrieben. Bei einigen dieser Zuschreibungen scheint es sich nicht nur um konkrete

1714 Beide Zitate: Kerr 1919.12.01. 1715 Ebd. und Paul Landau: Die Ahnen des „Dada“. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 329, 17.07.1920. 1716 Vgl. Glaser 1919.04.30. 1717 Anonym: Dadaistenkrach in Dresden. In: Allgemeine Zeitung, Chemnitz, 24.01.1920. 1718 E. D.: Vortragsabend der Dadaisten. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 25.02.1920. 1719 Worringer 1921, S. 22-23. Missbilligender formulierte diesen Sachverhalt Willi Wolfradt: „Trotz ihrer anmaßlichen Pose der Bindungslosigkeit sind die Dadaisten zappelnde Puppen nur einer labyrinthisch verkrampften Epoche, deren von Widersprüche zerrissenes, in Fiebern fleckiges, in Schwäche zuckendes Gesicht dreist-verlegen durch alle Lücken der dadaistischen Maske grinst.“, Willi Wolfradt: Der Dadaismus. In: Der Friede. Wochenschrift für Politik, Volkswirtschaft und Literatur 1. Jg., H. 18 (1918), S. 434–435, S. 434. 1720 Peter Panter (= Tucholsky, Kurt): Dada. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 337, 20.07.1920. 1721 P. F. 1920.07.03. 1722 „Der Futurismus ist die offizielle und, wenn man bei seiner Art so sagen könnte, akademische Kunst der Bolschewiki geworden“, Anonym: Bildende Kunst. [Der Futurismus der Bolschewiki]. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 366, 07.08.1918. „Die Analogie dieser Malereien der Gontscharowa und Larionoffs [sic] mit dem Programm des Bolschewismus ist in der Tat vollkommen, und man kann nur den Wunsch aussprechen, daß die einen wie das andere als abschreckendes mehr denn als zu Nacheiferung lockendes Beispiel wirken mögen“, Glaser 1918.11.17. Zur geschichtlichen Entwicklung des Begriffs „Kulturbolschewismus“ und dessen Anwendung auf die Kunst, vgl. Georg Bollenbeck: Von der „Rinnsteinkunst“ zur hysterischen Angst vor dem „Kulturbolschewismus“. In: Nowak, Cornelia; Schierz, Kai Uwe (Hgg.): Expressionismus in Thüringen. Facetten eines kulturellen Aufbruchs. Kat. Ausst. Galerie Fischmarkt, Erfurt; Angermuseum, Erfurt. Jena 1999, S. 398–405. 1723 Anonym: Dadaismus. In: Hamburger Volkszeitung, 20.02.1920. 1724 P. F. 1920.07.03.

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kritische, weltanschauliche Vorwürfe gehandelt zu haben, sondern auch um eine

Übernahme der Schlagwörter bzw. um Paraphrasen der Wendungen aus Dada-

Manifesten.1725 Z. T. könnten diese dem Forderungskatalog Dadas in dem Manifest

„Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland?“ entnommen worden sein, in

dem die Berliner Dadaisten u. a. „die internationale revolutionäre Vereinigung aller

schöpferischen und geistigen Menschen der ganzen Welt auf dem Boden des

radikalen Kommunismus“, „die sofortige Expropriation des Besitzes“ oder „die

Verpflichtung der Geistlichen und Lehrer auf die dadaistischen Glaubenssätze“

propagierten.1726 Dass diese Einschätzungen von den entsprechenden

Pressemeldungen abgeleitet wurden, ist sehr wahrscheinlich, denn über das erwähnte

Manifest wurde deutschlandweit berichtet.1727

Als neuer Aspekt kam in der Nachkriegspresse hinzu, dass die Kommentatoren ihr

Urteil nicht mehr nur aus einer ernsthaften, aber abqualifizierenden Haltung heraus

fällten, sondern die Kunst und Literatur einer extremen Position selbst parodierten oder

persiflierten. Zielscheibe dieser kunstkritischen Texte waren die

Avantgardebewegungen im Allgemeinen oder deren sprachliche bzw. bildkünstlerische

Ausdrucksformen, die als aggressiv, suspekt oder als krankhaft wahrgenommen

wurden.1728 Kurt Walter Goldschmidt parodierte bspw. die Verherrlichung der Jugend

und die Verachtung der Älteren seitens der Futuristen, indem er Bezug auf die

Textpassage des „Manifestes des Futurismus“ nahm, in der Marinetti geschrieben

hatte, dass das Werk eines Künstlers nach zehn Jahren bereits als nutzlos zu

verwerfen sei. Goldschmidt verknüpfte karikierend die Riten unzivilisierter Völker mit

der Haltung der Futuristen.1729 Ein anonymer Autor berichtete von den Erinnerungen

1725 Zum Schlagwort Reklame: „Die Unterzeichner dieses Manifests haben sich unter dem Streitruf DADA!!!! zur Propaganda einer Kunst gesammelt, von der sie die Verwirklichung neuer Ideale erwarten“, Tzara u. a. 1920, S. 15 oder „Unsere Reklame ist skrupellos“, Anonym: Dada-Reklame-Gesellschaft. In: Huelsenbeck, Richard (Hg.): Dada Almanach. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 157. Zum Topos des Unsinns: „Wir haben das Recht zu jeder Belustigung, sei es in Worten, in Formen, Farben, Geräuschen; dies alles aber ist ein herrlicher Blödsinn [...]: die exakte Technik des endgültig eingesehenen Unsinns als Sinn der Welt!!“, Hausmann 1980/1919, S. 81 und „Wir wollen weitergehen und die Vernichtung jedes Sinnes bis zum absoluten Blödsinn steigern“, Raoul Hausmann: Alitterel Delitterel Sublitterel. In: Riha, Karl (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 1991, S. 54–56, S. 54. Zur Affinität zum Kommunismus: „Den kommunistischen Elan gegen den Bürger“, ebd., S. 56 oder „Weltrevolution des Kommunismus“, Johannes Baader: Deutschlands Größe und Untergang oder Die phantastische Lebensgeschichte des Oberdada. In: Riha, Karl (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 1991, S. 121–124, S. 124. Zum Stichwort Maske: „Der Dadaist hat die Freiheit, sich jede Maske zu leihen, er kann jede ‚Kunstrichtung’ vertreten, da er zu keiner Richtung gehört“, Huelsenbeck 1980/1920, S. 9. 1726 Alle Zitate: Hausmann u. a. 1991/1918, S. 61. 1727 Vgl. Anonym: [Ein eigenartiges Kulturdokument]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34543, 29.07.1919, Glaser 1919.04.30 und Leopold Zahn: Dadaismus oder Klassizismus? In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 7 (April) (1920), S. 50–52. 1728 Vgl. Hereth 1998, S. 58. 1729 Vgl. Kurt Walter Goldschmidt: Wie ich Futurist wurde. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 461, 03.10.1919 und Filippo Tomaso Marinetti: Manifest des Futurismus. In: Der Sturm 3. Jg., H. 104 (1912), S. 23–29, S. 28.

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des Berliner Kunsthändlers Karl Meder an ein Gespräch mit Max Klinger. Der Maler sei

im Verlauf der Unterhaltung mit dem Kunsthändler über die dadaistische Bewegung

„immer amüsanter“ geworden. Und Klinger habe sogar selbst in fortgeschrittenem Alter

und angeregt durch die Unterhaltung eine dada-affine Verhaltensweise

angenommen.1730 Friedrich Kroner imaginierte eine Szene, in der er 1960 als alter Mann

gemeinsam mit seinem Enkel in alten Sachen kramt und dadaistische Texte findet.

Nachdem sein Enkel bemerkt hat, dass diese Hefte nun mehr „unbezahlbar“ seien,

entgegnet er mit Ironie, er habe deren Potenzial als Anlageobjekt bereits zur

Entstehungszeit erkannt.1731 In der zeitgenössischen Rezeption des Dadaismus wurde

darüber hinaus der Topos des Überbietungszwanges in Form der Phrase „Sucht nach

‚Neuestem’“1732 geprägt, der sich in Max Nordaus Abhandlung „Entartung“ bereits

vorformuliert gefunden hatte.1733

Mit dem Aufkommen des expressionistischen Films wurde 1920 der Vorwurf von der

Vermischung angewandter und freier Kunst erneut laut. Einige Kritiker konstatierten

nun, der Expressionismus sei Mode geworden,1734 und erklärten die Bewegung

aufgrund ihrer ästhetischen Verflachung schließlich für tot.1735

Ebenso skeptisch wie die vorangegangenen Avantgardeströmungen wurde auch der

Konstruktivismus aufgenommen, dem erstmals im Rahmen der „Ersten Internationalen

Kunstausstellung“ im Sommer 1922 in Düsseldorf und im Herbst desselben Jahres in

der „Ersten Russischen Kunstausstellung“ in der Berliner Galerie van Diemen

repräsentative Werkschauen in Deutschland gewidmet wurden.1736 In der Berliner

Ausstellung erschien Curt Glaser der „typische Kubismus“ als „Vorstudie“ der

konstruktivistischen Kunst, die „die ‚bürgerliche Malerei’ der Vergangenheit vollends

zertrümmer[t].“ Die intendierte Rückbindung der Kunst an das Leben wurde als

deplatziert erachtet: „Aber der Schritt ins Leben, von dem so viel geredet wird, scheint

gerade dem letzten Radikalismus noch am wenigsten geglückt zu sein.“1737 Interpretiert

wurde der Konstruktivismus einerseits als Veranschaulichung des „Wunsch[es], in

einem Neubau der Formvorstellungen den Neuaufbau der staatlichen und

1730 Anonym: [Klinger und die Dadaisten]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 206, 31.07.1920. 1731 Friedrich Kroner: Dada 1960. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 467, 22.09.1920. 1732 P. F. 1920.07.03. 1733 Vgl. Nordau 1896, S. 10-11 und s.w.o. Kap. 1.5.1. 1734 Vgl. Glaser 1920.03.28 und Oskar Bie: Expressionismus als Mode. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 68, 11.03.1920. 1735 Zur Diskussion über das „Ende des Expressionismus“, s.w.o. Kap. 1.4. 1736 Zur Ausstellung und ihrer kunstkritischen Resonanz, vgl. Helen Adkins: Erste Russische Kunstausstellung. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 185–196. 1737 Alle Zitate: Curt Glaser: Erste russische Kunstausstellung. Eröffnung des neuen Hauses van Diemen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 487, 17.10.1922.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

388

wirtschaftlichen Welt zu deuten.“ Die konstruktivistischen Bilder seien „nur als

Ausdruck einer Empfindungswelt [zu] nehmen, die aus einem Chaos zu neuen

Prinzipien fester und geschlossener Formfügungen aufsteigen will. Auch hier spricht, in

einer gleichsam stummen Sprache, tiefes Erleben, Schmerz und Sehnsucht.“1738

Andererseits wurde die konstruktivistische Kunst als intellektuelle „Gehirnakrobatik“

abqualifiziert, der es vollkommen „an Sinnlichkeit“ mangele. In Analogie zur Akademie

arbeite der Konstruktivismus ebenfalls mit einem vorgefassten Formenrepertoire, eine

Vorgehensweise, die diametral entgegengesetzt zur schöpferischen Kunstauffassung

stehe.1739 Auffällig ist, dass die neue Bewegung zunächst als „folgerechte

Weiterentwicklung“ des Expressionismus, „d. h. seelische Ausdruckskunst“ gedeutet

wurde, also ausgehend von einer individuellen Sichtweise anstatt von dem

überindividuellen kollektiven Streben der Künstler.1740 Erst später und mit vermehrter

publizistischer Verbreitung der konstruktivistischen Ideen in Kunstzeitschriften wie „De

Stijl“, „Merz“ oder „G.“ sowie durch die 1925 erschienene Publikation „Die Kunstismen“

von Hans Arp und El Lissitzky,1741 wurde der Konstruktivismus rezipiert als

„Widerspruch gegen die Formlosigkeiten und die Anarchie des Subjektivismus in der

jüngstvergangenen Epoche, die Notwendigkeit, mit jeder Gefühlsromantik und

Unbestimmtheit des Ausdrucks ein Ende zu machen“.1742 Indem sie an die

Nüchternheit der Maschinenwelt anknüpfe, sei die neue Bewegung als „umfassendes

Bekenntnis zu neuer Ethik“ und als „Rückkehr zur Ruhe“ zu verstehen. Die kollektiven

Bestrebungen zielen auf eine Neugestaltung des Lebens ab, „indem sie ihm eine

bestimmte und hochentwickelte Form verleiht, ein Gewand, dessen der Mensch sich

würdig erweisen muß, und das ihn zu reineren Höhen der Existenz verlockt.“1743 Der

Konstruktivismus sei eine konsequente und zeitgemäße Kunstform, „die alle

Errungenschaften des modernen Geistes bejaht und für ihren inneren Arbeitsprozeß

nutzbar macht.“1744

1738 Beide Zitate: Max Osborn: Russische Kunstausstellung. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 490, 16.10.1922. 1739 Beide Zitate: Fritz Stahl: Russische Kunstausstellung Galerie van Diemen. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 472, 18.10.1922. 1740 Beide Zitate: John Schikowski: Russische Kunstausstellung. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 495, 19.10.1922. 1741 Die Autoren unterscheiden darin zwischen den Richtungen des Kubismus, Futurismus, Expressionismus, der abstrakten Kunst, der Kunst der Metaphysiker, des Suprematismus, Simultanismus, Dadaismus, Purismus, Neoplastizismus, Merz, Proun, Verismus, Konstruktivismus sowie des abstrakten Films, vgl. Hans Arp; El Lissitzky: Die Kunstismen. Les ismes de l’art. The Isms of Art. Zürich 1925 (Nachdr. New York 1968), S. VIII-XI. Zum Konstruktivismus heißt es: „Diese Künstler sehen die Welt durch das Prisma der Technik. Sie wollen keine Illusion mit Farbe auf Leinwand geben und arbeiten direkt in Eisen, Holz, Glas. Die Kurzsichtigen sehen darin nur die Maschine. Der Konstruktivismus beweist, daß die Grenze zwischen Mathematik und Kunst, zwischen einem Kunstwerk und einer Erfindung der Technik, nicht feststellbar ist.“, ebd., S. XI. 1742 Schmidt 1924, S. 83. 1743 Alle Zitate: Ebd., S. 85. 1744 Behne 1923.01.12.

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ANHANG Exkurs zur kunstkritischen Aufnahme

389

Zu dem Zeitpunkt, als Schwitters über ein Jahr nach dem Bekanntwerden des Berliner

Dadaismus seine Merzkunst der Öffentlichkeit präsentierte, waren die einzelnen

Richtungen, mit Ausnahme des Expressionismus erster Generation, trotz der

zahlreichen Vermittlungsversuche keineswegs voll anerkannt. Über die breitere, positive

Aufnahme des Neuen entschieden nach wie vor die Erkennbarkeit einer linearen,

evolutionären künstlerischen Entwicklung und ein Abstraktionsgrad, der nicht radikal

von der Wirklichkeitsrepräsentation abwich. Die Steigerung des antitraditionellen

Zerstörungsgestus, die bis zur völligen Formauflösung getrieben wurde und

antipassaistische Tendenzen wurden aufgrund ihrer Distanz zur Tradition und zur

empirischen Welt von den meisten Kunstkritikern vehement abgelehnt. Das sinnfällige

Verhältnis zwischen Form und Inhalt, das vom Künstler geleistet werden und im Werk

zur Anschauung kommen musste und nicht durch die eigenständige, ergänzende

Rezeptionsleistung seitens des Betrachters erbracht werden sollte, eine

Rezeptionsleitung also, die unter zu Hilfenahme der künstlerischen Programmatik

hergeleitet werden konnte, war weiterhin einer der wichtigsten Gradmesser für die

künstlerische Qualität und somit für die Akzeptanz neuer Ausdrucksformen. Ferner

waren herkömmliche künstlerische Techniken, im Gegensatz zu im traditionellen Sinne

handwerklichen Produktionsweisen, hoch relevante Kriterien für die Würdigung oder

Ablehnung der Ausstellungskunst. Stilausprägungen, die einen evidenten Bezug zur

Traditionslinie aufwiesen und spürbar organisch aus der Tradition gewachsen waren,

wurden indes vom Gros der Kunstkritiker anerkannt. Insofern wurden die vielen

abstrakten Beiträge zur Nachkriegskunst, die an bestimmte Ausprägungen der

Avantgardeströmungen der Vorkriegszeit anknüpften und daraus eigene ästhetische

Ansätze ableiteten, als Nachahmung und Mitläuferschaft abqualifiziert.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

390

Exkurs zur antikritischen Praxis vom Ramdohr-Streit bis Dada

Sachlich falsche und dem Stil nach inadäquate Kritik wurde seit jeher von der Kritik der

Kritik begleitet.1745 Während mit der Institutionalisierung der Literaturkritik auch eine

Institutionalisierung der Antikritik gegen eine unangemessene Literaturkritik durch

Rezensionszeitschriften einherging, fand eine solche gegen ungerechte Beurteilung von

bildenden Künstlern nicht statt.1746 Demgemäß ist der Terminus Antikritik, griechisch

Gegenbeurteilung, lexikalisch als Replik eines Verfassers auf eine ungünstige

publizistische Bewertung eines Schriftwerkes definiert.1747 Der Begriff beschränkt sich

aber nicht nur auf den Bereich der Literatur. Stellungnahmen gegen die Kritik, ob

anlassbedingt oder allgemein gegen eine feindselige Haltung gerichtet, fanden sich in

allen öffentlich relevanten Bereichen, so auch in der bildenden Kunst. Hier war es eher

üblich, mit Aufkommen der Kunstkritik die erfahrene Kritik künstlerisch in Gestalt von

Karikaturen zu kompensieren. Der Kunstkritiker wurde so ab Anfang des

18. Jahrhunderts zum Gegenstand künstlerischer Auseinandersetzung. Die in diesem

Zusammenhang entstandenen Karikaturen wurden bis ins 19. Jahrhundert überwiegend

anonym veröffentlicht.1748 Dass bildende Künstler aber zur Feder greifen und öffentlich

Kritik an der Kritik üben, ist ein Phänomen der Moderne.

Der Exkurs, der sich auf die antikritische literarische Praxis deutscher bildender Künstler

beschränkt, nimmt ausschließlich publizistisch geäußerte, ablehnende,

zurechtweisende oder satirische Gegendarstellungen von Künstlern selbst bzw. durch

gleichgesinnte Dritte in publizistischer Form seit dem Ramdohr-Streit in den Blick.

Äußerungen mit privatem Charakter, wie etwa in Briefen oder Tagebucheinträgen

werden nicht berücksichtigt, so bspw. im Fall Ludwig Feuerbachs, dessen private

Korrespondenz mit seinen Kunstkritikern erst posthum erschien. Auch die Vermeidung

schlechter Kritik als antikritisches Verhalten durch den Verzicht auf öffentliche Präsenz

ist in diesem Zusammenhang irrelevant.1749 Ebenso wenig wird der Bremer

1745 Vgl. Fee-Alexandra Haase: Kritik. Historische Begriffe der Sprache und Literatur einer Wissenschaft und Kunst von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, URL: http://www.fachpublikationen.de/dokumente/01/1a/, bes. S. 01010.html#top. 1746 Vgl. Carlos Spoerhase: Ausweitung der kritischen Kampfzone. Was die Geschichte der aufklärerischen Rezensionskultur die aktuelle Reflexion über Literaturkritik lehren könnte. In: Zeitschrift für Germanistik 1 (2009), S. 171–178, URL: http://www.ndl-medien.uni-kiel.de/personal/mitarbeiter/assistenten/carlos-spoerhase/ausweitung_spoerhase.pdf, S. 172. 1747 Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon 2005/1905-1909, Art. Antikritik, S. 7372 (vgl. Meyer Bd. 1, S. 576) und ID (= Denissenko, Irina): Antikritik. In: Burdorf, Dieter; Fasbender, Christoph; Moennighoff, Burkhard (Hgg.): Metzler Lexikon Literatur. Begriffe und Definitionen. Straßburg 2007, S. 34. 1748 Vgl. Collenberg-Plotnikov 1998, S. 126-130 und Oskar Bätschmann: Ausstellungskünstler. Kult und Karriere im modernen Kunstsystem. Köln 1997, S. 56-57. 1749 Zu den unterschiedlichen Formen der Antikritik, vgl. Kurt Fassmann: Die Kunstkritik der Presse in der Antikritik bildender Künstler. Diss. Univ. München 1951 (= Studien zur Geschichte der deutschen

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

391

Künstlerstreit beleuchtet, der zwar eine Polemik von Künstlern nach sich zog, aber

inhaltlich nicht gegen einen Kunstkritiker, sondern gegen Gustav Pauli als

Museumsdirektor wegen des Ankaufs von Werken ausländischer Künstler gerichtet war.

Des Weiteren findet auch der Fall Ernst Ludwig Kirchners keine Aufnahme, weil der

Künstler in den unter dem Pseudonym Louis de Marsalle von 1921 bis 1927 verfassten

Kunstkritiken nicht Kritik an der Kritik übte, sondern ausschließlich seine Kunst

charakterisierte, um Vorsorge für den eigenen Ruhm zu leisten.1750 Der Streit ums

Bauhaus wiederum wurde überwiegend im Rahmen von öffentlichen Debatten und nicht

in publizierten Gegendarstellungen ausgetragen, sodass diese antikritischen Diskurse

ebenso wenig Relevanz für den Exkurs zur antikritischen Praxis haben.1751

Mit der Autonomie und Institutionalisierung der Kunst ging im 19. Jahrhundert ein

Prozess einher, innerhalb dessen sich die Kunstkritik in Deutschland etablierte. Bedingt

durch marktwirtschaftliche Zwänge und durch die Notwendigkeit der künstlerischen

Profilierung setzten erste Richtungskämpfe zwischen einzelnen Künstlern und

Künstlergruppen ein. Mit dieser Entwicklung vollzog sich eine Trennung zwischen der

Kunst und der Gesellschaft. Im Zuge der immer umfänglicheren Ausstellungen stieg der

Bedarf an kritischer Wertung bei Kunstinteressierten. Die Berücksichtigung der

Publikumsinteressen wurde zunehmend wichtiger, denn die Kaufkraft des bürgerlichen

Publikums wirkte marktregulierend. Während beim Bildungsbürgertum ein hohes Maß

an Vorwissen bzw. die Bereitschaft zur intensiveren Auseinandersetzung vorhanden

war, achtete das Publikum aus anderen Schichten mehr auf die inhaltliche

Eingängigkeit der Kunst.1752 Da die Kunstkritiker als Teil der Gesellschaft entweder die

bürgerlichen Bedürfnisse nach Unterhaltung bedienten oder die klassizistische

Kunstkritik im 19. Jahrhundert), S. 35-49. Fassmann fasst den Begriff relativ weit und zählt auch die Vermeidungsstrategie zu den möglichen antikritischen Verhaltensweisen, vgl. ebd., S. 45. 1750 Vgl. L. de Marsalle (= Kirchner, Ernst Ludwig): Über die plastischen Arbeiten von E. L. Kirchner. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 17. Jg., H. 14 (1925), S. 695–401, L. de Marsalle (= Kirchner, Ernst Ludwig): Über die Schweizer Arbeiten von E. L. Kirchner. In: Europa-Almanach. Malerei. Literatur. Musik. Architektur. Plastik. Bühne. Film. Mode. Außerdem nicht unwichtige Nebenbemerkungen. Hrsg. von Carl Einstein; Paul Westheim. Potsdam 1925, S. 66–74, L. de Marsalle (= Kirchner, Ernst Ludwig): Zeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner. In: Ernst Ludwig Kirchners Davoser Tagebuch. Eine Darstellung des Malers und eine Sammlung seiner Schriften. Hrsg. von Lothar Grisebach. Stuttgart 1997, S. 221–224, L. de Marsalle (= Kirchner, Ernst Ludwig): Über Kirchners Graphik. In: Ernst Ludwig Kirchners Davoser Tagebuch. Eine Darstellung des Malers und eine Sammlung seiner Schriften. Hrsg. von Lothar Grisebach. Stuttgart 1997, S. 226–229 und L. De Marsalle (= Kirchner, Ernst Ludwig): Vorwort zum Katalog der Ausstellung der Graphik von E. L. Kirchner. In: Ernst Ludwig Kirchners Davoser Tagebuch. Eine Darstellung des Malers und eine Sammlung seiner Schriften. Hrsg. von Lothar Grisebach. Stuttgart 1997, S. 261–262. 1751 Vgl. Justus H. Ulbricht: „Kunstwerk“ versus „Zerrbild“. Der Kampf gegen das Bauhaus im Kontext antiavantgardistischer Kunst- und Kulturkritik. In: Seemann, Hellmut Th.; Valk, Thorsten (Hgg.): Klassik und Avantgarde. Das Bauhaus in Weimar 1919-1925. Jahrbuch der Klassik Stiftung Weimar. Göttingen 2009, S. 304–325 und Volker Wahl: Die Kontroverse um die moderne Kunst in Weimar 1919. Der Beginn des „Bauhausstreits“. In: Seemann, Hellmut Th.; Valk, Thorsten (Hgg.): Klassik und Avantgarde. Das Bauhaus in Weimar 1919-1925. Jahrbuch der Klassik Stiftung Weimar. Göttingen 2009, S. 287–303. 1752 Vgl. Grossmann 1994, S. 117-125.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

392

Regelästhetik vertraten, erachteten die Kritisierten die kunstkritische Instanz als wenig

geeignet, zwischen Kunst und Gesellschaft zu vermitteln. Aus der Kollision von

rückwärtsgewandter oder marktorientierter Einstellung seitens der Kunstkritiker und

dem modernen, romantischen Ideen zugewandten Verständnis seitens der Künstler

ergab sich ein Spannungsverhältnis, eine mitunter binäre Opposition, aus der

antikritische Reaktionen durch Künstler oder Verfechter neuer Kunstströmungen

resultierten, die nicht kompromissbereit waren, die Forderungen der Kunstkritiker zu

erfüllen. Die kunstkritische Einflussnahme, die auf verstandesmäßigen Überlegungen

gründete und im Verlauf des 19. Jahrhunderts an soziologischer und existentieller

Relevanz gewann, sollte zugunsten des künstlerischen Freiheitsstrebens

zurückgedrängt werden.1753 Während im 19. Jahrhundert die wichtigen

Auseinandersetzungen zwischen Kritikern und Künstlern weniger auf der publizistischen

Ebene, als vielmehr in den großen Kunstausstellungen stattfanden1754 und Antikritik bis

zum Ende des Jahrhunderts z. T. als Vergehen gegen öffentliche Autoritäten betrachtet

wurde,1755 rückten parallel zur Ausbildung der Avantgardebewegungen antikritische

Reaktionen zunehmend in den Bereich der publizistischen Öffentlichkeit. Im

19. Jahrhundert wie auch im 20. Jahrhundert waren es künstlerische, persönliche

und/oder existenzielle Beweggründe, die zu antikritischem Verhalten führten.1756

Ebenso erfuhren auch die Inhalte antikritischer Praxis nur graduelle Veränderungen.

Gegenstand der Antikritiken waren auch im 20. Jahrhundert die Methoden und das

Kunstverständnis sowie die Erwartungen der Kunstkritik, die zu allermeist von einem

überambitionierten anachronistischen Kunstbegriff abgeleitet worden waren. Insofern

kann hinsichtlich einer allgemeinen Entwicklung der Antikritik nur ein Sinken der

Hemmschwelle konstatiert werden, da vermehrt Gebrauch von ihr gemacht wurde,

sowie eine partiell schärfer werdende Diktion, die oftmals mit der kunstkritischen

Ausdrucksweise in wechselseitigem Verhältnis stand. Die vorzustellenden Antikritiken

sind vornehmlich argumentativer oder satirischer Art. Ausgewählt wurden Texte, die als

unabhängige oder abhängige Publikation erschienen sind und/oder eine gewisse

publizistische Wirkung entfalteten.

Als Instrument der Gegendarstellung ist der antikritischen Praxis das Montageverfahren

inhärent. Montage bezeichnet hierbei zunächst einmal die Integration von fremden

textuellen Komponenten in einen neuen Text. Eine spezielle Form der Montage ist die

literarische Collage, in die Zitate, die als solche auch ohne typografische Hervorhebung

1753 Vgl. Fassmann 1951, S. 9-16. 1754 Vgl. ebd., S. 41. 1755 Vgl. Quidam (= Stinde, Julius): Berliner Kunstkritik mit Randglossen von Quidam. Berlin 1883, o. S. 1756 Vgl. Fassmann 1951, S. 50.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

393

erkennbar sind, integriert werden. Das Spektrum der Collage erstreckt sich vom

isolierten Zitat bis hin zur reinen Zitatmontage. Die Einbindung von Kritikerzitaten hat

v. a. dokumentarischen Charakter und dient als Beleg für das, was anschließend

widerlegt werden soll. Die antikritischen Schriften im 19. Jahrhundert waren in der Regel

Gebrauchstexte, die die Abgrenzung eines künstlerischen Standpunktes von einer

kunstkritischen Haltung verdeutlichten. Zum Zwecke der Widerlegung der gegnerischen

Meinung wurden früh satirische Darstellungsweisen bspw. durch Zitatsatire eingesetzt.

Das montierte einzelne Zitat überwog in der antikritischen Praxis. Reine Zitatmontagen

finden sich selten und erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Antikritiken. Literarizität

erlangten die im Zusammenhang des Exkurses relevanten antikritischen Texte erstmals

zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In zunehmendem Maße wurden bereits vorher Zitate

stilisierend verwendet, aber erst später für spielerisch-antikritische Verfahrensweisen

herangezogen und mit rhetorischen Stilmitteln verschränkt. Analog zur

bildkünstlerischen Montage erhielt auch die antikritische Textcollage Kunstcharakter.

Insofern zeichnete sich eine Entwicklung der antikritischen Praxis hin zu

Schriftkunstwerken ab. Dem dokumentarischen Zitatmaterial kam nun künstlerischer

Materialwert zu.

Die erste bedeutende Kunstkontroverse in der Moderne, die antikritische Reaktionen

hervorrief, war der Streit um Caspar David Friedrichs Landschaftsgemälde „Kreuz im

Gebirge“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Jurist, Journalist und Schriftsteller

Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr, nach dem der Streit benannt ist,

veröffentlichte nachdem er das in Friedrichs Dresdner Atelier ausgestellte Werk

gesehen hatte, in der „Zeitung für die elegante Welt“ eine Kritik gegen das zum

Ausstellungszeitpunkt bereits als Tetschener Altarbild bestimmte Gemälde. Aufgrund

dieser Bestimmung kritisiert er darin vom Standpunkt der klassizistisch-akademischen

Ästhetik aus das Landschaftsgemälde und mit ihm „das System“ der romantischen

Bewegung, „das daraus hervorleuchtet“.1757 Der Aufsatz „war als Signal zum

Vernichtungskrieg gegen die gesamte Romantik gedacht und ist von den Zeitgenossen

auch sofort in diesem Sinne verstanden worden.“1758 Ramdohr begründet und

rechtfertigt den Beweggrund und die Ausführlichkeit seiner Publikation mit dem

begangenen Traditionsbruch und den in dem Bild veranschaulichten „blinden Glauben

1757 Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr: Über ein zum Altarblatte bestimmtes Landschaftsgemälde von Herrn Friedrich in Dresden, und über Landschaftsmalerei, Allegorie und Mystizismus. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 134–151, S. 134. 1758 Hilmar Frank: Der Ramdohrstreit. Caspar David Friedrichs „Kreuz im Gebirge“. In: Möseneder, Karl (Hg.): Streit um Bilder. Von Byzanz bis Duchamp. Berlin 1997, S. 141–160, S. 142.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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an herrschende Manier“.1759 Sich auf die Landschaftsmalerei von Claude Lorrain und

Jacob van Ruisdael berufend konstatiert er zahlreiche formale Mängel: u. a. das

Fehlen der räumlichen Gliederung und der kompositorischen Geschlossenheit, die

Missachtung der Luftperspektive sowie die der Forderung nach einem singulären

Betrachterstandpunkt und schließlich die Fragment- und Ausschnitthaftigkeit des

Bildes. Wirkungsästhetisch ziele Friedrich zudem auf effektvolle, oberflächliche und

„pathologische Rührung“ anstatt auf ein ästhetisches Gefühl.1760 Den Affront aber

bedingte die Wahl der Bildgattung, denn in der klassizistischen Gattungshierarchie

waren einem Altarbild ausschließlich historische Sujets vorbehalten.

Landschaftsdarstellungen durften allenfalls als Beiwerk eingesetzt werden. Seiner

Empörung ob dieser Regelverletzung verleiht Ramdohr mit dem berühmt gewordenen

Diktum Ausdruck: „In der Tat ist es eine wahre Anmaßung, wenn die

Landschaftsmalerei sich in die Kirchen schleichen und auf Altäre kriechen will.“1761 Das

Spezifische der neuen romantischen Malerei klar erkennend, verwirf er deren Stilmittel

und stellt ihnen die klassizistischen Kategorien der Wahrscheinlichkeit und Wahrheit

entgegen. Mit dem Hinweis auf die anomale Wirkung des Bildes wertet er die moderne

Gefühlsästhetik ab zugunsten der Regelästhetik des 18. Jahrhunderts. Er grenzt es

von dem Kanon hoher Kunst aus und kolportiert somit den ephemeren Charakter der

Richtung.1762

Die rückwärtsgewandte Kritik Ramdohrs fand vielfach antikritische Resonanz. Friedrich

selbst und die mit ihm befreundeten Künstler Christian Ferdinand Hartmann und

Gerhard von Kügelgen u. a. reagierten ablehnend und argumentierten mit der

Unvereinbarkeit von klassizistisch-strenger, nunmehr anachronistischer Regelästhetik

und lebensnaher Unmittelbarkeit. Sie plädierten für eine religiöse Sensibilität, deren

adäquater Ausdruck die Landschaft sei.1763 In einer ersten Gegenreaktion verteidigte

Hartmann den Maler Friedrich. In der im „Phöbus“ erschienenen Replik verwehrt er

sich zunächst gegen das Urteil der Kunstkenner und Malerdilettanten, die die Meinung

des breiten Publikums nicht mehr gelten lassen.1764 Die Ablehnung gegenüber

theoretischer Stellungnahme von Kunstkennern erinnert an die etwa in der Mitte des

18. Jahrhunderts einsetzenden Angriffe gegen die „Tyrannei des Kennertums“.1765

Besonders Denis Diderot hatte in dem Kenner als Vermittler zwischen Künstler und

1759 Ramdohr 1974/1809, S. 135. 1760 Ramdohr 1974/1809, S. 146. 1761 Ebd., S. 149-150. 1762 Vgl. Frank 1997, S. 144. 1763 Vgl. ebd., S. 147. 1764 Vgl. Ferdinand Hartmann: Über Kunstausstellungen und Kunstkritik. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 154–168, S. 155. 1765 Vgl. Albert Dresdner: Die Entstehung der Kunstkritik im Zusammenhang der Geschichte des europäischen Kunstlebens. 3. Aufl. Dresden 2001, S. 186-190.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Publikum „die verfluchte Rasse der Amateure“ gesehen, die durch ihre Kritik über den

Erfolg oder Misserfolg der Künstler entschieden.1766 Hartmann indes betrachtet das

Urteil der Kunstrichter über das handwerkliche und „geistige[] Vermögen“ der Künstler

als künstlerisches Hemmnis. Bei aller öffentlichen Kritik werde nicht berücksichtigt,

„dass der Gelehrte immer von den Gelehrten, der Künstler aber nie von den Künstlern

beurteilt wird.“1767 Weil aber die sprachliche Vermittlung eines literarischen oder

wissenschaftlichen Werkes mit den gleichen Mitteln operiere wie die Schriftwerke

selbst, bei bildnerischen Werken hingegen sich die sprachliche Übersetzung der nicht

wesensgleichen Ausdrucksmittel weitaus schwieriger gestalte und auf der Anschauung

des Betrachters basiere, „sollte dem Beurteiler schöner Kunstwerke Wahrheit,

Behutsamkeit und Bescheidenheit zur zweifachen Pflicht werden.“ Nach diesen

Vorbemerkungen geht der Antikritiker die Argumente Ramdohrs Schritt für Schritt ab

und belegt durch Zitierung einzelner wesentlicher Textpassagen die inneren

Widersprüche der Kritik Ramdohrs. Hartmann rechtfertigt seinerseits seine Erwiderung

durch die Erkenntnis, dass Ramdohr ohne „den leisesten Scharfsinn“ und „nach den

plattesten Regeln und Theorien“ verfahre, „die nicht dem innern Wesen der Kunst,

sondern nur der Oberfläche verschiedener Kunstwerke oberflächlich abgenommen

wurden“.1768 Dem Hauptvorwurf Ramdohrs entgegnet Hartmann mit dem Argument,

ihm fehle der „vertraute[] Umgang“ mit der Natur. Mittels dieser Fertigkeit vermöge der

Maler sehr wohl „mit der Landschaft Ideen und Empfindungen auszudrücken [...]. Wem

aber dieser Sinn für das Hohe und Bedeutende in der Natur abgeht, der wird auch nie

in den Geist und das Wesen der Kunst eindringen und ihre Natur und Bedeutung

ergründen können, der mag es denn auch als Profanation der Kirche ansehen, wenn“

Landschaftsdarstellungen überhaupt in Kirchen präsent seien oder gar als Altarbild

dienten.1769 Dass er dieses Statement gegen Ramdohr anführen kann, lag an der

neuen Haltung dem subjektiven Erleben der Welt gegenüber wie auch an der

veränderten Wahrnehmung von Naturphänomenen, die mit einer neuen

gefühlsgeleiteten Naturverbundenheit einherging. Hartmann markiert hier die Grenzen

der normativen Ästhetik.1770

Kurz nach dem Erscheinen von Hartmanns Antikritik publizierte Kügelgen antikritische

Bemerkungen in der „Zeitung für die elegante Welt“, mit denen er „als ausübender

Künstler“ gegen die allzu enge Begrenztheit der Ramdohrschen Kunstauffassung

Protest einlege, heißt es darin. Ramdohrs Vorgehen sei „diktatorisch“ und seine

1766 Denis Diderot: Salon de 1767. In: Ders.: Œuvres complètes. Bd. 11. Paris 1875-77, S. 7–8, zit. nach Dresdner 2001/1915, S. 186. 1767 Beide Zitate: Hartmann: 1974/1809, S. 155. 1768 Alle Zitate: Ebd., S. 156. 1769 Beide Zitate: Ebd., S. 166. 1770 Vgl. Frank 1997, S. 147-148.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Motivation zur Kritik an Friedrichs Bild sei angesichts des sich etablierenden neuen

Kunstverständnisses nicht zu akzeptieren. Während Ramdohr die Kunst nach

mimetischen und exakten Maßstäben beurteile, die er „in den alten Klassikern findet“

und die Gefühlsästhetik ausklammere, könne er bereits in älteren Bildern formale,

seelische und emotionale Werte „als Einheit im schönsten Verein“ wahrnehmen. Die

Kunst speise sich neben diesen sicht- und spürbaren Qualitäten seit jeher sowohl aus

bereits vorgefundenen als auch aus erfundenen Formen. Kügelgen wendet sich zudem

mit einer rhetorischen Frage an den Leser resp. an Ramdohr: „Wenn nun die Alten es

auch immer beim alten gelassen hätten, wäre die Kunst fortgeschritten?“1771 Damit

verweist er nicht nur auf die „Zukunftsoffenheit“1772 der Kunstentwicklung, sondern

auch auf das Fortschrittsparadigma der Moderne. Anstatt widersprüchliche

Forderungen an die Kunst zu stellen, sollten die Kunstkritiker „auf die ganz einfache

Idee kommen, jedes Kunstwerk nach dem lebenswarmen Eindruck zu würdigen, den

es auf Sinn und Gemüt macht“.1773 Regeln gebe es in der Kunst ebenso wie im Leben,

aber diese Regelhaftigkeit „im geistigen Leben der Kunst“ zu erkennen und

aufrechtzuerhalten, sei ungleich schwieriger. Deshalb sei die „Originalität“ der Werke

Friedrichs zu befürworten, „da sie uns eine bisher weniger beachtete Form der

Landschaftsmalerei darbietet, in welcher sich bei seiner Eigentümlichkeit ein

gemütvolles Streben nach Wahrheit zu erkennen gibt.“1774 Insbesondere die

Landschaft könne als bedeutende geistige Inspirationsquelle für Form- und

Sinngebung gelten. Kügelgen impliziert mit der Betonung der schöpferischen

Eigentümlichkeit Friedrichs und der Bezeichnung seiner Bilder als originell ein

individuelles Schöpferpotential, das dem inneren Prinzip des Lebens und der Natur,

anstatt von außen diktierten Gesetzen folgt.1775 Mit dieser Aussage distanziert er sich

von den Forderungen nach mimetischer Darstellung und propagiert die moderne

Genieästhetik im Sinne Kants, der Originalität als eine „angeborene Gemüthslage“1776

und als „ein Talent [...], wozu sich keine bestimmte Regel geben läßt“, definiert hat.1777

Wenn Kügelgen zudem die „nachäffende[] Formsucht nach antiken Statuen“1778

kritisiert, so spielt er auf Johann Joachim Winkelmann an und erinnert an die

1771 Alle Zitate: Gerhard von Kügelgen: Bemerkungen eines Künstlers über die Kritik des Kammerherrn von Ramdohr, ein von Herrn Friedrich ausgestelltes Bild betreffend. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 169–171, S. 169. 1772 Frank 1997, S. 147. 1773 Gerhard von Kügelgen: Bemerkungen eines Künstlers über die Kritik des Kammerherrn von Ramdohr, ein von Herrn Friedrich ausgestelltes Bild betreffend. In: Zeitung für die elegante Welt Bd. 9, H. 49 (1809), Sp. 391, zit. nach Frank 1997, S. 147 und vgl. ebd., S. 158 (Anm. 33). 1774 Alle Zitate: Kügelgen 1974/1809, S. 170-171. 1775 Vgl. Jens Häseler: Original/Originalität. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 4: Medien-Populär. Stuttgart u. a. 2002, S. 638–655, S. 650-651. 1776 Kant 2004/1790, S. 25994 (vgl. Kant-W Bd. 10, S. 241-242). 1777 Ebd., S. 25996 (vgl. Kant-W Bd. 10, S. 242). 1778 Kügelgen 1974/1809, S. 171.

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Kontroverse, die die Schrift „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke

in der Malerei und Bildhauerkunst“ ausgelöst hat. Winckelmann entwarf darin anhand

der Laokoongruppe ein vollkommenes, normatives Regelsystem für die Kunst, das

Gotthold Ephraim Lessing mit seiner Abhandlung „Laokoon oder über die Grenzen der

Malerei und Poesie“ insofern stark relativierte, als er die Forderung der Nachahmung

abwertete zugunsten der schöpferischen, originellen Eigenleistung des Künstlers. In

der Auseinandersetzung um die Deutung der Laokoongruppe hatten sich

paradigmatisch Tendenzen der theoretischen Reflexion kristallisiert, auf deren

fortschrittlichere Argumentationsweise sich Kügelgen in seinem Plädoyer für die

Moderne berufen konnte.1779 Aus dieser Perspektive wirft er Ramdohr in seiner

Gegenkritik gar kritische Despotie vor, worauf der Kammerherr mit einer zweiten

Streitschrift antwortet sollte. Hierin insistiert Ramdohr erneut auf der für die Kunst

verbindlichen und auf ewigen Naturgesetzen beruhenden Regelhaftigkeit und

qualifiziert künstlerisches Innovationsstreben ab. Er verwirft die moderne Kategorie der

Originalität als bloße Rechtfertigung dafür, „daß der Nachfolger des ersten, Aufsehen

machenden Revolutionärs immer seinen Vorgänger an Abenteuerlichkeit übertreffen

muß, um wieder als Originalität zu erscheinen.“ Aus dieser modernen Einstellung

resultiere ein Solipsismus, „ein Zustand von Zurückgezogenheit von der wirklichen

Welt, um in einer phantastischen mit abstrakten Ideen, Chimären, Hirngespinsten zu

leben.“1780 Diese beiden Argumentationsfiguren entfalteten in der Folge eine große

Wirkungsmacht, sollten sie sich doch in den Diskussionen um die abstrakte Kunst im

20. Jahrhundert in Gestalt der Schlagworte „Originalitätssucht“1781 und

„Atelierprobleme“1782 wieder finden.

Der dritte Verteidiger Friedrichs war Christian August Semler, der in seiner Antikritik

ebenfalls die Bedeutung der künstlerischen Individualität unterstreicht und darüber

hinaus den Stellenwert der subjektivistischen Rezeptionsweise akzentuiert. Die

Versinnlichung von Emotionen und Phantasie in der neuen Kunst sei kein Defizit

gegenüber der klassizistischen Kunst, sofern die Intention des Künstlers und die

Erwartung des Betrachters „nicht ganz aus einander fahren, sondern in ähnlicher

Richtung nach einer Gegend hinstreben.“ Im Hinblick auf den modernen

Subjektivismus seien sowohl eine gewisse Deutungsoffenheit als auch eine individuelle

Betrachtungsweise legitim, wie sie sich anhand Friedrichs Gemälde exemplifizieren

ließen.1783 Zwar bringe das Bild „religiöse Gedanken über Verhältnisse zwischen

1779 Vgl. Häseler 2002, S. 646-649. 1780 Beide Zitate: Ramdohr 1974/1809 (02), S. 175. 1781 Landau 1920.04.24. 1782 Westheim 1924, o. S. 1783 Christian August Semler: Ueber einige Landschaften des Malers Friedrich in Dresden. In: Journal des

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Heiland, Erde und Himmel“ zum Ausdruck, darüber hinaus aber lasse sich keine

konkrete, inhaltliche Bestimmung geben. Bedeutung ist demnach kein konstantes

Phänomen mehr, sondern unterliegt dynamischen Prozessen und ist abhängig von den

Beziehungen zwischen Subjekt und Objekt sowie von historischen und diskursiven

Zusammenhängen. „Natürlich aber fielen diese religiösen Gedanken bei der großen

Verschiedenheit des mehr oder weniger mit alter oder neuer Philosophie und Poesie

vermischten positiven Religionsglaubens der Anschauer sehr verschieden aus“.1784

Semler liefert damit einen positiven und affirmativen Beitrag zur Heterogenität

moderner Anschauungen.

Der Künstler selbst äußerte sich zu der Kontroverse mit einer im „Journal des Luxus

und der Mode“ publizierten, ausgesprochen schwermütigen Bildinterpretation, in der er

das „Kreuz im Gebirge“ als Darstellung einer gottverlassenen Welt beschreibt,

versinnbildlicht durch die sinkende Sonne. Der noch existierende und sinngebende

Fixpunkt stelle das Kreuz dar, das so unveränderlich indisponibel sei „wie unser

Glaube an Jesum Christum“. Um das Kreuz gruppieren sich Tannen, die Friedrich als

„Hoffnung der Menschen auf ihn, den Gekreuzigten“ deutet.1785

Mit einer entschiedeneren antikritischen Haltung wandte sich der Maler an Professor

Johannes Hartwig Schulze aus Weimar in einem Brief, der 1933 im „Kunstblatt“

erstmals abgedruckt wurde.1786 Als private, nicht veröffentlichte Antikritik wird deren

Inhalt deshalb nur kurz resümiert. Darin weist Friedrich keineswegs die älteren Werke

zurück, die auf der Regelästhetik beruhen, vielmehr hebt er hervor, dass es immer

schon verschiedene künstlerische Herangehensweisen gegeben habe, „[d]enn die

Verschiedenheit des Standpunkts ist die Verschiedenheit der Gemüter“. Es sei lediglich

eine Behauptung „herzloser Kunstrichter“, „daß nur ein einziger Weg zur Kunst

führe“.1787 Mit dieser perspektivenabhängigen Betrachtungsweise rekurriert Friedrich

auf Schleiermachers Modell unterschiedlicher religiöser Auffassungen, die demzufolge

vom jeweiligen Standpunkt des Individuums abhängig waren. Diese verschiedenen

Ansichten wirkten nach Schleiermacher komplementär aufeinander und ergaben

zusammen eine objektive Ganzheit.1788 Die individuelle Anschauung basiere wiederum

auf den Erkenntnissen des Einzelnen, so Friedrich weiter, im speziellen Fall auf der

Luxus und der Moden, Bd. 24, H. 57 (1809), Sp. 454, zit. nach Frank 1997, S. 149. 1784 Beide Zitate: Zit. nach Frank 1997, S. 150. 1785 Beide Zitate: Caspar David Friedrich: Der Tetschener Altar. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 133, S. 133. 1786 Vgl. Frank 1997, S. 153. 1787 Alle Zitate: Caspar David Friedrich: Brief an den Akademieprofessor Schulz vom 8. Februar 1809. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 151–153, S. 152. 1788 Vgl. Frank 1997, S. 153-154.

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individuellen Auseinandersetzung mit der Kunst und der Natur und unabhängig von

äußerlichen, normativen „Krücken der Kunst“.1789

Das entscheidende Argument für die Neubestimmung der Landschaftsmalerei

innerhalb der Bildgattungen aber erbrachte Johann Jakob Otto August Rühle von

Lilienstern, der sich in seiner Gegendarstellung empört zeigt über den „Strom von

Schmähungen“ seitens Ramdohrs.1790 In Abgrenzung zur Naturnachahmung definiert

sich Kunst für den Antikritiker als „gesetzliche Freiheit“.1791 Er beruft sich v. a. auf

Schillers Kunstbegriff, für den Gefühle und Ideen des Menschen mit Blick auf das

künstlerische Schaffen konstitutiv gewesen sind. Auch Rühle geht von einer

anthropozentrischen Bestimmung der Kunst aus, durch die die Landschaftsmalerei

keineswegs ausgegrenzt, sondern vielmehr in den künstlerischen Kanon mittels

„symbolische[r] Operation“ aufgenommen wurde.1792 Diese Denkfigur ermögliche eine

künstlerische Annäherung an die Erhabenheit der Natur und diese Annäherung an das

Vorbild, so Schiller, bestimme den Grad der Vollkommenheit von Kunst. Da sich aber

die „landschaftliche Natur“ so grundsätzlich von der des Menschen unterscheide,

könne der Künstler nur versuchen, diese „durch eine symbolische Operation in die

menschliche zu verwandeln“.1793 Damit waren zunächst unterschiedliche Auffassungen

von Landschaftsmalerei eingeebnet und konnten gleichwertig nebeneinander

anerkannt werden. Im nächsten Argumentationsschritt plädiert Rühle für die Originalität

und damit verbunden für die Genieästhetik. Schiller zitierend schreibt er, allein der

geniale Schöpfer könne sich von dem „Bekannten“ entfernen, nur er dürfe „die Natur

[...] erweitern, ohne über sie hinauszugehen.“ In Umkehr zu Ramdohrs Verdikt solle

sich das Genie, so Rühle, sogar „überall neue Bahn brechen und an eigner Erfahrung

reifen, wie es sich denn ohnehin auch keine Regel von außen aufdringen läßt.“1794

Auch bezüglich der „Erfindung des Stoffes und der Anordnung zum Behuf der

Darstellung einer Idee, d. i. für die Composition, giebt es für ihn keine Regel.“ Woraus

der Antikritiker sodann unter Berufung auf das künstlerisch-handwerkliche Vermögen

ableitet: „Er darf was er kann.“ Rühle setzt damit die gattungsspezifische

Hierarchisierung innerhalb der Malerei außer Kraft und weist die Landschaftsmalerei

als gleichberechtigte Gattung aus. „Wenn andere Zweige der Kunst sich einer

classischen Vorwelt und unübertroffener Muster rühmen, so ist gerade die Unschuld, 1789 Friedrich, C. D. 1974/1809 (02), S. 151. 1790 Johann Jakob Otto August Rühle von Lilienstern: Reise mit der Armee im Jahre 1809. Rudolstadt 1810, S. 67, zit. nach Frank 1997, S. 156. 1791 Johann Jakob Otto August Rühle von Lilienstern: Nähere Beleuchtung der von Ramdohrschen Antastung eines Friedrichschen Gemäldes. Genie und Genius. Mittelmäßigkeit, die schlechteste aller Einsichten. In der Kunst gesetzliche Freiheit. In: Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Hrsg. von Sigrid Hinz. Berlin 1974, S. 183–190, S. 190. 1792 Frank 1997, S. 156. 1793 Beide Zitate: Schiller 2005/1794, S. 478921 (vgl. Schiller-SW Bd. 5, S. 998). 1794 Alle Zitate: Rühle von Lilienstern 1974/1810, S. 188.

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die völlige Freiheit, sich mit unbefangener Kraft, nach eignem Gesetze und Gefühle

aus sich selbst heraus zu entwickeln, ein nicht genugsam zu schätzender Vorzug der

landschaftlichen Malerei.“1795 Mit der dreihundert Jahre alten, hierarchisierenden

Tradition brechend und Kügelgens These von der Offenheit der Kunstentwicklung

bestärkend gemahnt Rühle, „daß sich der Mensch überall als ein Werdendes begreife,

daß es uns offenbar werde, wie wir stets [...] in der unendlichen Annäherung zu einem

in der Realität nie erreichbaren Ideale begriffen sind“.1796 Und diese Annäherung an die

Ideale erfolge eben auch auf subjektivem Wege.

Mithin kann festgehalten werden, dass der Ramdohr-Streit nicht nur eine Aufwertung

der Landschaftsmalerei und damit einhergehend eine Ausdifferenzierung der

Bildgattung nach sich zog, auch die Künstler wurden in ihrem Streben nach Autonomie

bestätigt und erlangten größeres Selbstbewusstsein, sich gegen reaktionäre Kritik zur

Wehr zu setzen.

Den Anlass für Johann Christian Reinhart, auf eine Rezension von Ludwig Schorn zur

Münchner Kunstausstellung von 1829 mit einer schriftlich geäußerten Kritik der Kritik

zu reagieren, bot Schorns widersprüchlicher, kunstkritischer Kommentar zu dem

Gemälde „Ideallandschaft mit Psyche und Adler“ des Landschaftsmalers. Ludwig

Schorn war von 1820 bis zu seinem Tod 1842 Herausgeber der Zeitschrift „Das

Kunstblatt“, die sich zum wichtigsten Medium auf dem Gebiet der Kunst, v. a. der

Gegenwartskunst entwickelt hatte. Im „Sendschreiben an Herrn Dr. Schorn“1797

bezeichnet Reinhart den Kritiker als „artistisch-kritische[n] Freischütz“, der stets am Ziel

vorbeischieße, denn es mangele ihm an notwendigem Wissen, über Kunst zu

urteilen.1798 Er sei nicht grundsätzlich ein Gegner der Kunstkritik, im Gegenteil vielmehr

ein Befürworter „einer auf Kenntnisse und richtige Grundsätze gestützten Kritik“, so

Reinhart in seinen Vorbemerkungen.1799

Im Fokus seiner Antikritik steht demnach die künstlerische Inkompetenz des Kritikers.

Inhaltlich wie auch sprachkritisch stellt Reinhart dessen Fähigkeiten in Frage, indem er

1795 Alle Zitate: Zit. nach Frank 1997, S. 156. 1796 Rühle von Lilienstern 1974/1810, S. 190. 1797 Das Sendschreiben erreichte Schorn zunächst in Briefform per Post. Nachdem Reinhart von Freunden überzeugt worden war, es zu veröffentlichen, kontaktierte er mehrere Verleger, die den Abdruck der Antikritik allerdings vermutlich wegen der inhaltlichen Brisanz, ablehnten, vgl. Andreas Andresen: Die deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts, nach ihren Leben und Werken. 5 Bde. Bd. 1. Leipzig 1866, S. 224. Publiziert wurde die Schrift schließlich 1833 in „Drei Schreiben aus Rom gegen Kunstschreiberei in Deutschland“. 1798 Johann Christian Reinhart: Sendschreiben an Herrn Dr. Schorn in München von Joh. Chr. Reinhart in Rom. In: Drei Schreiben aus Rom gegen Kunstschreiberei in Deutschland. Erlassen und unterzeichnet von F. Catel, Jos. Koch, Friedr. Riepenhausen, Joh. Riepenhausen, von Rohden, Alb. Thorwaldsen, Ph. Veit, Joh. Chr. Reinhart, Friedr. Rud. Meyer. Hrsg. von Franz Catel, Friedrich Riepenhausen, Johannes Riepenhausen u. a. Dessau 1833, S. 27–52, S. 29. 1799 Ebd., S. 30.

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zunächst die entsprechende bildbeschreibende Textstelle zitiert und diese

anschließend durch unterbrechende Parenthesen kommentiert:

„,Sehr künstlich und geleckt erscheint gegen dieses Bild (Sie waren eben mit der Recension eines andern Gemäldes fertig) die Composition eines andern römischen Meisters, Christian Reinhart.’ / Wie kann eine Composition geleckt sein? (Insanie, Paule: multae te litterae ad insaniam converant.) / ‚In der Umgebung hoher Felsen sieht man den Quell, woraus Psyche den Becher füllen soll, doch vor demselben schwebt der Adler zu ihr herab, der den Auftrag für sie erfüllt hat. Das Furchtbare des Quells ist nur durch eine große Schlange angedeutet, die zwischen den Felsen hervorkommt, sonst ist er von schön gruppirten Bäumen beschattet und gewährt einen freundlichen Anblick.’“1800

Mit detaillierter Darlegung der Bildquelle zeigt er die fehlenden Kenntnisse des Kritikers

auf.1801 Nach dieser Methode untersucht Reinhart Schorns Kritik Stück für Stück,

korrigiert dessen kunstkritische Formulierungen und enthüllt sie so als sachlich falsch.

Den Rezensenten vergleicht er dabei immer wieder mit Tieren, etwa mit einem

„Stockfisch“1802, mit Raupen1803 oder einem „Wallfisch“.1804 Eingangs bemerkt er, dass

er bei der Lektüre von Schorns Bildbesprechung folgenden Gedanken gehabt habe:

„Sonderbar aber ist es doch, daß, da ich den Stoff zu meinem Gemälde aus Apulejus goldnem Esel genommen, der als Mensch in Eselsgestalt uns die herrliche Fabel der Psyche erhalten und so schön erzählt hat, nun ein .... in Menschengestalt mein Gemälde rezensiert.“1805

Als streitbarer Künstler setzte sich Reinhart immer wieder in Schriften wie auch in

seinen Karikaturen mit Kunstkritikern oder -theoretikern auseinander. Bereits in der von

ihm mitunterzeichneten Schrift „Betrachtungen und Meinungen über die jetzt in

Deutschland herrschende Kunstschreiberei, von Künstlern in Rom“ war der Vergleich

von Kunstkritikern mit „Kunst-Säugethieren“ erwähnt worden.1806 Diesem Sammelband

fügte der Künstler eine Karikatur bei, die Schorn mit übergroßer Lupe, einen von einem

Schaf gezogenen Rezensierkasten-Wagen und zwei Affen vor dem fraglichen

Gemälde zeigt, das der Herausgeber der Zeitschrift „Das Kunstblatt“ kritisiert hatte.

Einer Kritik von Heinrich Meyer antwortete Reinhart ebenfalls mit einem polemischen

1800 Ebd., S. 33-34. 1801 Vgl. ebd., S. 34-35. 1802 Ebd., S. 35. 1803 Ebd., S. 46. 1804 Ebd., S. 36. 1805 Ebd., S. 31-32. 1806 Franz Catel; Johann Christian Reinhart; Friedrich Riepenhausen u. a.: Betrachtungen und Meinungen über die in Deutschland herrschende Kunstschreiberei. Drei Schreiben aus Rom gegen Kunstschreiberei in Deutschland. Erlassen und unterzeichnet von F. Catel, Jos. Koch, Friedr. Riepenhausen, Joh. Riepenhausen, von Rohden, Alb. Thorwaldsen, Ph. Veit, Joh. Chr. Reinhart, Friedr. Rud. Meyer. Hrsg. von Dens. u. a. Dessau 1833, S. 3–26, S. 20.

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Brief. Diesem Kritiker widmete er auch eine Radierung, in der er den Kritiker als

blökenden Schafskopf karikiert.1807

Die Erwägung, dass der Verfasser aus dem Tierreich stamme, erinnert an die

einleitenden Worte Schwitters’ zu „Tran 31“ wie auch an die Gleichsetzung von

Kritikern mit Tieren in den antikritischen Schriften des Merzkünstlers, der darin einen

der leitenden Gedanken der Aufklärung umwertete.1808

Reinharts Beweggrund für die Entgegnung war weniger die tradierten Normen

verhaftete Auffassung des Kunsthistorikers, für dessen kunstkritische Position

Schellings Vortrag „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ eine

wesentliche Folie bildete.1809 Die Quelle von Schorns Kunstverständnis verortet

Reinhart selbst in Winckelmanns Ideal von edler Einfalt und stiller Größe und dessen

Erwartung nach gesteigerter Naturwahrheit.1810 Es waren auch weniger ökonomische

Belange, die Reinhart zu antikritischer Reaktion bewegten, um sich damit gegen

andere, neu formierte und einschränkende Faktoren, oder konkreter gegen eine als

unangemessen empfundene Kritik zu verwehren, die als Orientierungshilfe für das

Kunstpublikum beim Erwerb von Kunst oder bei der Unterstützung von Künstlern

fungierte. Im Vordergrund des antikritischen Interesses von Reinhart, der wirtschaftlich

erfolgreich war und als Künstler hohe Anerkennung genoss, steht vielmehr die

Anmaßung des Kritikers und die Verteidigung der künstlerischen Freiheit nach dem

Verständnis der oben diskutierten Gedanken Schillers, mit dem Reinhart seit 1785

freundschaftlich verbunden war.1811

Als Strategie der Antikritik wählt Reinhart die Darstellungsweise der Satire, da diese

Norm- und Personenangriffe ermöglichte, die in anderer Form unangemessen

gewesen wären. Mittels Zitatsatire deckt er das Phrasenhafte im kunstkritischen

Umgang mit der Sprache und Logik auf:

„[...] ‚und dem Ganzen mehr das Ansehn einer künstlichen Gartenanlage, als einer Landschaft giebt.’ (O der Ungereimtheit! Als ob eine Gartenanlage nichts mit einer Landschaft gemein hätte? Die gute Gartenkunst bestrebt sich ja, die wilde Natur bei Anlagen nachzuahmen [...]) [...] ‚Die Bäume sind ausgeputzt, (vorher sprachen Sie Mann Gottes ja von trefflichem Baumschlag!) ‚die Felsen sorgfältig behauen’, (Doktorchen! das ist Ihretwegen geschehen, damit Ihr Fuß an keinen Stein stoße)“.1812

1807 Zur Auseinandersetzung mit Meyer, vgl. Markus Bertsch: Fernow und Reinhart. Strategien der Naturaneignung um 1800. In: Wegner, Reinhard (Hg.): Kunst als Wissenschaft. Carl Ludwig Fernow. Ein Begründer der Kunstgeschichte. Göttingen 2005, S. 98–130, S. 127-129. 1808 S.w.o. Kap. 2.2 und 2.1. 1809 Vgl. Andresen 1866, S. 227. 1810 Vgl. Reinhart 1833, S. 42. 1811 Vgl. ebd., S. 42. 1812 Ebd., S. 37.

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Inhaltliche Angriffsfläche bietet Reinhart insbesondere die Unkenntnis Schorns

bezüglich technischer Belange. Der Ansatzpunkt, von dem aus er seine Polemik mit

didaktischem Gestus weiterführt, ist das Schlagwort „geleckt“. Er verstehe darunter, so

Reinhart, die „Vernachlässigung der Zeichnung und des Charakters der Formen“ sowie

eine rein feinmalerische Intention. Die Wirkung des Gemäldes, die der Kritiker als

„geleckt“ bezeichnet hat, resultiere aus der Primamaltechnik, die Reinhart bei Bildern

größeren Formats immer anzuwenden pflege. Sie setze ein außerordentliches

zeichnerisches Talent und eine schnelle Umsetzungsgabe voraus. Wichtig dabei sei

ferner, „eine gewisse Leichtigkeit im Vortrag zu behalten, damit das Ganze das Ansehn

bekommt, als sei es so leicht zu malen, wie eine Schorn’sche Recension.“1813 Reinhart

greift hierbei den Vorwurf der künstlerischen Leichtfertigkeit auf und überträgt diesen

auf die Art des Kritikers, Bildbesprechungen zu schreiben. Es handelt sich demnach

um die Methode der Gegenkopplung, die sich hier erstmals in der antikritischen Praxis

nachweisen lässt und die später innerhalb des Sturm-Kreises und v. a. in Schwitters’

antikritischem Verhalten zur Strategie im Umgang mit der Kunstkritik werden sollte.

Des Weiteren wirft Reinhart dem Kunstkritiker vor, er leide offenbar an

Sprachverwirrung und seine widersprüchliche Beschreibung lege die Annahme

nahe,1814 er konzipiere seine Rezension nicht nach eigener Anschauung, sondern

mittels eines

„Kasten[s] [...] (denn auf dem Wege der Regel und des Verstandes sind Ihre Recensionen doch nicht gemacht), in dem auf Stückchen Papier allerlei Ingredienzien zu Recensionen als Bruchstücke geschrieben sein sollen; als da ist: ‚gemüthvoll, gemüthlich, künstlich und geleckt, großartig, glatt, kräftig [...] usw.’ [...]. Diese Zettelchen nun, sagt man, sollen Sie je eine gewisse Anzahl, nachdem Sie Lust haben, sich kurz oder lang zu fassen, mit Ihren langen Fingern auf gut Glück und blindlings hervorziehen, und den zu machenden Rezensionen anpassen, so gut sich’s tun läßt. Sagen Sie, lieber goldner Schorn, haben sie wirklich einen solchen Kasten?“1815

Reinhart entlarvt Schorns kunstkritische Praxis als phrasenhafte Kommunikation. Die

Haltung des Kritikers beruhe mehr auf Routine oder auf den Prinzipien des

Glücksspiels,1816 als auf einem auf Kenntnisse und Grundsätze basierenden

Urteilsvermögen, womit dieser eher monetäre Interessen als ästhetische verfolge, wie

1813 Beide Zitate: Ebd., S. 39. 1814 Vgl. ebd., S. 37-38. 1815 Ebd., S. 39. Mit der Umschreibung der kunstkritischen Methode spielt Reinhart auf das Rubrikenschema an, das Heinrich Meyer gemeinsam mit Goethe entwickelt hat, um den Wert von Kunstwerken mittels definierter Kategorien zu bestimmen, vgl. Ernst Osterkamp: Im Buchstabenbilde. Studien zum Verfahren Goethescher Bildbeschreibungen. Stuttgart 1991, zugl. Habil.-Schr. Univ. Regensburg 1988 (= Germanistische Abhandlungen 70), S. 92-102. 1816 Vgl. Reinhart 1833, S. 41.

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das der Künstler auch an anderer Stelle andeutet.1817

Reinharts Ziel ist es offenbar, die Autorität des Kritikers zu untergraben, denn er geht

ausführlich auf dessen Lebenslauf ein.1818 Außerdem führt Reinhart neben dem

Nachweis fehlender Kenntnisse ein weiteres Argument ins Feld, um damit die

Überschreitung des kunstkritischen Zuständigkeitsbereichs zu markieren. Auf Fabius

Pictor referierend betont er den höheren Wert des Urteils von Künstlern gegenüber

dem Laienurteil.1819 Seit jeher seien es die Künstler gewesen, die Kunstliteratur

abgefasst und Fachwissenschaftler, die über ihr eigenes Fachgebiet geschrieben

hätten. Nur in neuerer Zeit und besonders in Deutschland könne jeder sein Urteil über

Kunst bekunden. In Erinnerung an das Diktum Apelles über einen Schuster - „‚ne sutor

ultra crepidam!’“ - schreibt Reinhart in eigener Ausdeutung und im imperativen Duktus:

„Du sollst nicht wie Schorn urtheilen!“1820

Reinhart begreift seine Antikritik als „Belehrung der Unwissenden“. Das

Selbstverständnis für die Art und Weise aber, mit der er Schorn zuweilen satirisch, z. T.

auch grob beleidigend begegnet, rechtfertigt die Berufung auf die kritische antike

Tradition nur partiell. Bei seiner Antikritik, so begründet sich Reinhart weiter, handele

es sich nur um „eine allgemeine Stimme unter den Künstlern“.1821 Es sei darüber

hinaus ein „Repetitorium“ der unter dem Titel „Betrachtungen und Meinungen über die

jetzt in Deutschland herrschende Kunstschreiberei, von Künstlern in Rom“

veröffentlichten Schrift.1822 Diese antikritische, kollektive, auch von Reinhart

unterzeichnete Stellungnahme ist bereits im April 1826 in der „Augsburger Allgemeinen

Zeitung“ publiziert und gemeinsam mit Reinharts Replik auf Schorn nochmals als

Beitrag des Sammelbandes „Drei Schreiben aus Rom gegen Kunstschreiberei in

Deutschland“ 1833 veröffentlicht worden. Die Antikritik „Betrachtungen und Meinungen

über die jetzt in Deutschland herrschende Kunstschreiberei, von Künstlern in Rom“ ist

nicht personenbezogen, sondern ganz allgemein gegen die Kunstkritik gerichtet. Was

das Recht auf ein öffentliches Kunsturteil anbelangt, nennt diese die gleichen

Argumente wie Reinharts „Sendschreiben an Herrn Dr. Schorn in München“. Auf Kant

rekurrierend fordert Reinhart in beiden Schriften eine interessenlose Kunstbetrachtung

1817 Vgl. ebd., S. 36 und 43. 1818 Vgl. ebd., S. 42-43. 1819 Vgl. ebd., S. 43. 1820 Beide Zitate: Ebd., S. 45. Als Beleg für die These zitiert Reinhart aus dem in Fragmenten erhaltenen Geschichtswerk von Fabius Pictor (um 225 v. Chr.) - „Felices futurae artes, si soli de iis artifices iudicarent“ - und beruft sich somit auf die Antike, in der die Künstler als erste Kunstkritiker auftraten. Die hier angerissenen Diskussionen darüber, ob die Kompetenz des Urteils eher den Künstlern, den Kennern oder den Laien vorbehalten sei, gewannen zu Beginn des 18. Jahrhunderts breite Basis in den Debatten zwischen Kritikern und Künstlern und wurden bis ins 20. Jahrhundert immer wieder aktualisiert. 1821 Beide Zitate: Reinhart 1833, S. 51. 1822 Ebd., S. 46.

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und -beurteilung anstatt einer normativen Haltung.1823 Die Kunstkritik verfolge weniger

das Ziel, die Rezipienten zu unterrichten, als vielmehr die Künstler selbst zu belehren

und dieser Sachverhalt sei der „geeignetste [Ansatzpunkt], ihnen zu begegnen, und

ihnen über ihre Fehlgriffe Aufschluß zu geben“1824, schreibt Reinhart zusammen mit

seinen Mitstreitern in „Betrachtungen und Meinungen über die in Deutschland

herrschende Kunstschreiberei“. Das aus sieben namhaften deutschen und in Rom

lebenden Künstlern bestehende Autorenkollektiv des Sammelbandes versteht, ebenso

wie Reinhart selbst, Antikritik als Belehrung der sonst Belehrenden und möchte zur

„eigene[n] Selbstkenntnis [der Kunstkritiker] beitragen“, um auch der Vermittlung

sachlich falscher Urteile vorzubeugen.1825 Die Verfasser bringen ihre Bedenken

bezüglich der wachsenden publizistischen Einflussnahme durch die Kunstkritik auf das

Publikum zum Ausdruck.1826

Bestärkt durch die den Sammelband mitunterzeichnenden Künstlerfreunde - u. a.

Franz Catel, Joseph Anton Koch, Franz von Rohden, Bertel Thorwaldsen und Philipp

Veit - kritisiert Reinhart also als Einzelner einen speziellen Kunstkritiker mit dem Ziel,

das Routinierte der kunstkritischen Arbeit zu enthüllen.1827 Den sachlichen Standpunkt,

der innerhalb des Autorenkollektivs kommuniziert worden ist, ersetzt Reinhart jedoch

zum größten Teil durch eine satirische Diktion. Das Selbstbewusstsein hierfür

entwickelte Reinhart sicherlich im Zusammenhang mit seinen bildkünstlerischen,

bissigen Karikaturen, die zur gängigen antikritischen Kunstpraxis seiner Zeit gehörten.

Reinharts antikritische Attacke hatte weitreichende Konsequenzen für den Kritiker,

wurde er doch in der Folge von König Ludwig aus seinem Lehramt an der Münchner

Universität entlassen.1828 Auch in der Kunstpublizistik erregte das Sendschreiben

großes Aufsehen und wurde noch in den 1860er Jahren als bedeutsam

eingeschätzt.1829 Der Mitbegründer des Hannoverschen Kunstvereins Johann Heinrich

Detmold etwa setzte die Methoden Reinharts fort, wenn er in seiner Schrift von einem

Schlagwortkatalog, einer „Kunstphraseologie, richtiger wohl Kunstkennerphraseologie“

voller satirischer Schärfe spricht. Er liefere eine „Anleitung zur Kunstkennerschaft“, so

der Titel der Broschüre, in Gestalt einer „Sammlung derjenigen Ausdrücke, Phrasen,

1823 Vgl. Catel u. a. 1833, S. 16. 1824 Ebd., S. 11. 1825 Ebd. 1826 Die zunehmende Einflussnahme der Kritiker auf die Künstler wird der „Betrachtungen und Meinungen über die jetzt in Deutschland herrschende Kunstschreiberei, von Künstlern in Rom“ mitunterzeichnende Maler Joseph Anton Koch in seiner eigenen antikritischen Schrift nochmals thematisieren, vgl. Joseph Anton Koch: Moderne Kunstchronik. Briefe zweier Freunde in Rom und in der Tartarei über das moderne Kunstleben und Treiben, oder die Rumfordsche Suppe, gekocht und geschrieben von J. A. Koch. Hrsg. von Hilmar Frank. Karlsruhe 1834 (Nachdr. Leipzig u. a. 1984), S. 177, Anm. 48. 1827 Vgl. Hilmar Frank: Lebensinteressen der Kunstkritik, URL: http://www.aica.de/symp99/frank-d-html, S. 4. 1828 Vgl. Collenberg-Plotnikov 1998, S. 129-130. 1829 Vgl. Andresen 1866, S. 224.

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Floskeln, Interjektionen und Gesten, die ganz allein den Kunstkenner ausmachen“, da

der Bedarf an Kunstvermittlung in Hannover ob des plötzlich erwachten

Kunstinteresses groß sei.1830 Und Franz Kugler empörte sich noch in den 1850er

Jahren über die seiner Meinung nach impertinente Antikritik und die schlechte Qualität

der beigefügten Zeichnung Reinharts.1831

Aufgrund des wachsenden Kunsthandels befürchtete Joseph Anton Koch eine partielle

marktorientierte Verwässerung der Kunst durch „Kunsthecker und Mäzenaten“, durch

die „Kunstakademien“, die „Kunstschreiberei“, „Kunstantiquariate“, die „Kunstindustrie“,

das „Galeriewesen“ sowie durch die „Kunstkennerschaft“.1832 Seine Schrift „Moderne

Kunstchronik. Briefe zweier Freunde in Rom und der Tartarei über das moderne

Kunstleben und Treiben; oder die Rumfordische Suppe, gekocht und geschrieben von

Joseph Anton Koch in Rom“, in der er diese einschränkenden Faktoren benennt und

umschreibt, ist eine satirische Antwort auf die künstlerische Situation in Rom zu Beginn

des 19. Jahrhunderts in Form eines fiktiven Briefwechsels, in dem die Kunstkritik als zu

replizierende Instanz eine eher marginale Rolle einnimmt. Die „Moderne Kunstchronik“

erschien ein Jahr nach dem Wiederabdruck von „Betrachtungen und Meinungen über

die jetzt in Deutschland herrschende Kunstschreiberei, von Künstlern in Rom“ und

beinhaltet einige Passagen, die Reinhart verfasst hatte. Der Text setzt sich darüber

hinaus aus Gesprächen zwischen Koch und seinen Künstlerkollegen wie auch aus der

schriftlichen Korrespondenz mit diesen zusammen.1833

Vor dem Hintergrund, dass die Kunst ihre Funktion als sittlich-moralische Instanz

verloren und damit eine Entkopplung der Kunst von der Lebenspraxis stattgefunden hat,

versucht Koch in dieser Satire, die Selbstbestimmung des Künstlers und die Autonomie

der Kunst gegen die Unterwanderung durch ökonomische Interessen zu verteidigen.

Das moderne Kunstsystem, das er mit den sieben Todsünden gleichsetzt, stellt er dar

als einen sich gegenseitig bedingenden und befördernden Komplex.1834 Während er in

der Akademie eine Institution sieht, die die Doktrinarisierung und damit die Vernichtung

des künstlerisch Charakteristischen eher nur forciere,1835 sei die Bedrohung der Kunst

durch „überkluge[] und unvernünftige[]“1836, gelehrte Kunstschreiber ungleich größer.

Die Theoriefeindlichkeit, die Koch hier zum Ausdruck bringt, steht im Zeichen eines

1830 Alle Zitate: Johann Heinrich Detmold: Anleitung zur Kunstkennerschaft oder Kunst, in drei Stunden ein Kenner zu werden. Ein Versuch bei Gelegenheit der zweiten Ausstellung. Hannover 1834, S. 19. 1831 Vgl. Franz Theodor Kugler: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten. Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte. 3 Bde. Bd. 3. Stuttgart 1854, S. 47. 1832 Alle Zitate: Koch 1984/1834, S. 40-41. 1833 Vgl. Ernst Jaffé: Joseph Anton Koch. Sein Leben und sein Schaffen. Innsbruck 1905, S. 75-76. 1834 Vgl. Koch 1984/1834, S. 40-41. 1835 Vgl. ebd., S. 45. 1836 Ebd., S. 47.

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Überangebots an kunsttheoretischen Kommentaren.1837 Die Kunstkritiker wiederum

„loben alles, was im Kredit und Kalender der Mode steht; die Werke der Verstorbenen

erheben sie, und die der Lebendigen töten sie.“1838 Ihre Urteile mache die Kritik

entweder vom Publikumsgeschmack oder von einer zufälligen Eingebung abhängig. Zu

Beginn des 19. Jahrhunderts orientierten sich die Kritiker bezüglich ihrer Urteilsfindung

entweder an der Auffassung älterer Kunstschriftsteller - etwa an Winckelmanns Ideal

der Nachahmung der Alten, das ohne lebendige Impulse weitergeführt wurde - oder an

den Geschmacksmustern der bürgerlichen Käufer. Koch umschreibt in seiner

„Kunstchronik“ somit ein Dilemma, das für andere Künstler gleichermaßen galt. Der

Künstler befand sich demnach in einer Konfliktsituation zwischen den Erwartungen des

Publikums und seinem Streben nach individueller Freiheit und Selbstständigkeit.1839

Meistens handele es sich bei den Kritikern um gescheiterte Akademiker, die von dem

aufkommenden Kunstjournalismus wirtschaftlich profitieren wollen, so Koch weiter.1840

Das Argument sollte später auch von Heinrich Deiters verwendet werden, wenn dieser

von den Kunstkritikern als „verfehlte Berufe“ spricht.1841 Mit diesem übereinstimmend

hält Koch das Laienurteil für höchst fragwürdig, denn der Kritiker „versteht [...] natürlich

von dem, was er schwatzt und schreibt, außer dem von Künstlern Erschnappten wenig

oder nichts“, da er selbst kein Künstler sei. Koch vergleicht die Kunstschreiber mit „auf

das Empfinden und Tränenvergießen abgerichtet[en]“ rührseligen Maschinen. Die

Kalkulation mit Empfindungen spreche das bürgerliche Publikum in besonderer Weise

an und steigere die Verkaufschancen. Z. T. habe das Gebaren große Ähnlichkeit mit

den „Trauer- und Klageweibern des Altertums“, denn die Kritiker erweckten den

Eindruck, „der zu Grabe gehenden Kunst eine Leichenrede“ zu halten.1842 Hiermit

erinnert Koch an die These vom Ende der Kunst und an die Ablösung der akademisch-

doktrinären Antikennachahmung durch die künstlerische Freiheit, wie sie etwa Rühle

von Lilienstern dem Künstler zugestanden hat. Das Bewusstsein der Vergänglichkeit

kompensierend trauern die Kritiker also über die allmähliche Auflösung der

Regelästhetik. Außerdem moniert Koch, dass augenfällige Unwahrheiten von den

Kunstkritikern übernommen und als Fakten über Kunst verbreitet würden.1843 Zudem

1837 Vgl. Collenberg-Plotnikov 1998, S. 66-67. 1838 Koch 1984/1834, S. 47. 1839 Zu diesem Konflikt, vgl. Hilmar Frank: Nachwort. In: Joseph Anton Koch. Moderne Kunstchronik. Briefe zweier Freunde in Rom und in der Tartarei über das moderne Kunstleben und Treiben, oder die Rumfordsche Suppe, gekocht und geschrieben von J. A. Koch. Hrsg. von Hilmar Frank. Leipzig u. a. 1984, S. 210–226, S. 211-212. Der „Modernen Kunstchronik“ ging eine Karikatur voran, die ebendiese Situation zeigt. Koch stellt darin das moderne Kunstpublikum dar, das sich aus an Luxus orientierten Adligen oder Bürgerlichen mit niederem Geschmack zusammensetzt, vgl. Bätschmann 1997, S. 68-70. 1840 Vgl. Koch 1984/1834, S. 48. 1841 Heinrich Deiters: Künstler, Kunstschreiber und der gesunde Menschenverstand. München 1898, S. 17. 1842 Alle Zitate: Koch 1984/1834, S. 49. 1843 Vgl. ebd., S. 48-49.

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werde die Kunst durch den Mangel an Originalität, durch die Etablierung der

Fachmalerei sowie durch das subjektive Urteil der Kunstkritiker degradiert zu einem

„Vehikel und Luxusartikel der Ausmöblierung der Zimmer reicher Verschwender,

moderner Kunstliebhaber und Kunstgelehrten“.1844 Der Sinn für Kunst hingegen

stamme „einfach aus der Natur, der einheimischen Religion und volkstümlichen Ideen“

anstatt aus marktorientierten Prinzipien.1845 Der Verfall der Kunst setzt für Koch ein mit

der Trennung der bildenden Künste in verschiedene Gattungen und kulminiert in der

Ausbildung der Fachmalerei.1846 Die „Verschönerungsphilosophie“ sei Teil dieser

Dekadenz, die an die Stelle der Beurteilung der Kunst nach Gefühl und Vernunft die

Wertung nach statistischen Maßstäben setze, wie Koch am Beispiel der in vier

Kategorien differenzierten 20-Punkte-Bewertungsskala von Roger de Piles zeigt. Damit

habe der französische Kunstkritiker bereits die künstlerischen Kriterien Zeichnung,

Farbe, Komposition und Ausdruck nach handelsüblichen Verfahren gehandhabt.1847 In

diesem antikritischen Aspekt deutet sich die Ablehnung der kunstkritischen Methode

an, anhand von rein verstandesmäßigen Kriterien über Kunst zu urteilen, eine Haltung,

die im 20. Jahrhundert zum antikritischen Selbstverständnis der Künstler gehören

sollte.

Kochs Darstellungsweise der Kunstkritik entspricht einer indirekten Satire, eine Form,

die eine derartige antikritische Verhaltensweise der Zensur gegenüber erst möglich

machte. Dazu gehören die verzerrende Umschreibung der Neuorientierungsphase, in

der sich die Künstler und die Rezipienten zu Beginn des 19. Jahrhunderts befanden,

und die satirische Verschlüsselung realer Personen.

In der Öffentlichkeit stieß Kochs Satire auf reges Interesse. Im Morgenblatt vom

4. Februar 1834 erschien, unmittelbar nach der Veröffentlichung der „Modernen

Kunstchronik“, ein affirmativer Bericht über die Antikritik.1848 An prominenter Stelle, in

Georg Kaspar Naglers standardsetztendem Werk „Neuem allgemeinen

Künstlerlexikon“, wurde sogar die Lektüre der Schrift empfohlen.1849 Reinhart und v. a.

Koch, dessen Streitschrift noch im 19. Jahrhundert ebenso zum zweiten Mal aufgelegt

wurde, stärkten mithin mit ihrer Kritik der Kritik und deren Publizität das Recht auf

künstlerische Selbstständigkeit und ermutigten andere Künstler zu antikritischen

Reaktionen.

1844 Ebd., S. 107. 1845 Ebd., S. 108. 1846 Vgl. ebd., S. 108-109. 1847 Ebd., S. 117. 1848 Vgl. ber. (= Schreiber, Aloys Wilhelm): Aus dem Badischen. In: Morgenblatt für gebildete Leser Bd. 28, H. 4 (1834), S. 107–108, S. 108. 1849 Vgl. Georg Kaspar Nagler: Neues allgemeines Künstlerlexikon oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Lithographen, Formschneider, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter, etc … 25 Bde. Bd. 7: Hirt-Koch. Leipzig 1839, S. 110.

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Kritik an der Kritik übte auch der Genremaler Carl Hoff, der sich in seiner Polemik

„Künstler und Kunstschreiber. Ein Act der Notwehr“ u. a. gegen die Behauptungen des

Kunsthistorikers Alfred von Wurzbach verwehrt, nur der gebildete Laie könne ein

Kunstwerk kompetent einschätzen. Mit seiner 1882 unabhängig erschienenen Schrift

und auf das Statement Wurzbachs reagierend wirft Hoff die seit Roger de Piles

kontrovers diskutierte Frage auf, ob die Künstler oder aber die Kunsthistoriker und

Kritiker zu einem zutreffenderen Kunsturteil berufen seien, wie sie auch von Johann

Christian Reinhart und Joseph Anton Koch angesprochen worden ist.

Im Streit zwischen Rubenisten und Poussinisten gewann das Phänomen des

Laienurteils an der Wende des 17. zum 18. Jahrhundert große Relevanz. Während in

der Nachfolge von Aristoteles dem Künstler wie auch dem Laien gleichermaßen ein

evaluatives Recht zuerkannt worden war,1850 kam es im Zuge der Jahrzehnte

andauernden Auseinandersetzung um den Vorrang der Zeichnung und das Primat der

Farbe um 1700 zu einem ebenso weitreichenden Streit um die Protagonisten der

Kunstkritik. Roger de Piles, einer der wichtigsten Kunstschriftsteller seiner Zeit, trat als

Sprachrohr der Laienkritiker gegen die Akademie hervor.1851 Zur Durchsetzung der

Laienkritik aber war ein Paradigmenwechsel notwendig, im Rahmen dessen das

akademische Beurteilungssystem nach „Bienseance“ und „Convenance“ durch

allgemeinere Kriterien ersetzt werden sollte. Als Jean Bapstiste Du Bos in seiner

Schrift „Réflexions critiques sur la poésie et sur la peinture“ von 1719 anstatt des

Verstandes die Empfindung als allgemein menschliche Fähigkeit zum maßgeblichen

Beurteilungskriterium erhob, legitimierte er das gebildete Publikum als Instanz zur

Bewertung von Kunst. Künstlern war es danach weiterhin möglich, über Kunst zu

urteilen, sie waren aber nach Du Bos aufgrund ihrer künstlerischen Desensibilisierung

dazu weniger prädestiniert als gebildete Laien.1852 Mit der anschließend vollzogenen

Lockerung der akademischen Doktrin und dem kunstkritischen Engagement des

gebildeten Laienpublikums gingen die Entstehung des modernen Kunstlebens und die

Begründung der modernen Kunstkritik einher.1853

Etienne La Font de Saint-Yenne, der in seinen „Réflections sur quelques causes de

l’état des présence de la peinture en France“ von 1747 als einer der Ersten den

individuellen Charakter der Künstler und ihre Stärken sowie Voraussetzungen und

Entwicklungsmöglichkeiten der Kunst berücksichtigte, gilt als Begründer der

öffentlichen Kunstkritik. Er brachte die beiden erwähnten kunstkritischen Positionen zur

1850 Vgl. Dresdner 2001/1915, S. 53-55. 1851 Vgl. ebd., S. 173. 1852 Vgl. ebd., S. 176-177. 1853 Zu den Anfängen des modernen Kunstlebens, vgl. ebd., S. 178-179 und zur Begründung der modernen Kunstkritik, vgl. ebd., S. 210-250.

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Synthese, wenn er konstatierte, jeder, insbesondere das Publikum als Adressat der

Kunst, habe ein Anrecht darauf, Kunst zu beurteilen. Daher ging er in seinen

Rezensionen auch unmittelbar auf die Reaktionen des Publikums in den Ausstellungen

ein und betrachtete sich selbst als Vermittler zwischen der Kunst und den

Rezipienten.1854 Auf der Seite der Künstler jedoch setzte mit der Etablierung der

Laienkritik auch eine latente bis offene Gegnerschaft dem neuen Kunstkennertum

gegenüber ein, zumal die Kritik den Beurteilungsmaßstab für Kunst weiterhin an der

Antike als künstlerisches Vorbild festmachte und an der Gattungshierarchie festhielt,

wohingegen sich die Künstler allmählich anderen, bisher unkonventionellen Sujets wie

Natur- oder Genredarstellungen zuwandten.1855

Einer der ersten, der auf diesen Wandel reagierte, war der Maler Antoine Coypel, der

die Laienkritik keineswegs dezidiert ablehnte. Er kritisierte allerdings die neue,

regelnsetzende, methodische Rezeptionsweise und die Erwartungshaltung nach

planmäßiger Rührung, wie er auch monierte, dass das falsche Kennertum darauf aus

sei, der Reputation der Künstler zu schaden, Indizien für das Unvermögen der Künstler

zu suchen oder alte Kunst auf- und zeitgenössische Kunst abzuwerten, ähnlich wie das

Joseph Anton Koch später in seiner satirischen Schrift bemerkte. Manche Kritiker

wiederum, so Coypel, folgten bei der ästhetischen Beurteilung nur ihren persönlichen

Interessen und speziellen Kenntnissen, während ihre Kritik den Sinn für wirkliche

Schönheit entbehre.1856 In dem generellen Fähigkeitsausweis sah Coypel zudem die

Gefahr der Subjektivierung des Kunsturteils. Des Weiteren wies er auf das

unterschiedliche Wesen der einzelnen Künste hin. Eine gefühlsmäßige Affinität zur

Kunst könne jeder entwickeln, eine gerechte Beurteilung aber könne nur derjenige

leisten, der das künstlerische Schaffen wirklich durchdrungen habe.1857

Mutmaßlich an diesen Diskurs anknüpfend nimmt Carl Hoff den Ausgangspunkt für

seine Antikritik „Künstler und Kunstschreiber. Ein Act der Notwehr“ bei der Tatsache,

dass nunmehr Ende des 19. Jahrhunderts seitens von Nichtkünstlern soviel über Kunst

und Künstler publizistisch reflektiert werde und jeder dafür das Recht in Anspruch

nehme, „daß es wirklich an der Zeit ist, auch einmal in derselben Sache aus dem

Kreise der Künstler ein Urtheil über die Kunst und die Nichtkünstler zur Geltung

kommen zu lassen.“1858 Das kritisierende Kennertum sei allen Künstlern „ein

parasitäres Wesen, welches wie ein Schatten der schöpferischen Thätigkeit der

Künstler folgt, aus dieser seine Lebensfähigkeit saugt“ und dem Kunstschaffenden nur

1854 Vgl. ebd., S. 223-225. 1855 Vgl. ebd., S. 189-190. 1856 Vgl. ebd., S. 182-186. 1857 Vgl. ebd., S. 233-234. 1858 Carl Hoff: Künstler und Kunstschreiber. Ein Act der Notwehr. München 1883, S. 14-15.

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ein vorgeprägtes, subjektives Interesse entgegen bringe. Die Werke, die außerhalb

ihres Interessensbereiches lägen, ignorierten die Nichtkünslter indes. Der Tageskritik

wirft Hoff die „Schiefheit der Urtheile“ und eine „Dilettantensignatur der Gesichtspunkte“

vor. Die Reaktionen der Künstler auf die Kritik seien daher immer spiegelbildlich

aufzufassen. Werde ihnen ernsthaftes Interesse entgegengebracht, würden sie ebenso

wohlwollend die Kritikpunkte annehmen, um ihre eigenen Kenntnisse zu erweitern.

„[N]ur das Recht einer Suprematie des Urtheils über den künstlerischen Werth oder

Unwerth [...] eines Werks der bildenden Kunst aus der Eigenschaft des

Kunsthistorikers abzuleiten“, würden die Kunstschaffenden niemals akzeptieren.1859

Dieses Recht dürfe die Kennerschaft nur in Bezug auf den historischen Wert, nicht

aber für die Beurteilung des künstlerischen, individuellen Wertes jedes einzelnen

Kunstwerkes beanspruchen. Hoff stellt sich in seiner Antikritik keineswegs gegen eine

Laienkritik, die dem Betrachter die Ideen des Kunstwerkes vermittele und somit auch

Kunstgenuss ermögliche. Denn der künstlerische Genuss war für ihn ebenso Teil

seines Kunstbegriffes wie das Prinzip des L’art pour l’art,1860 technisches Vermögen

sowie die Verschränkung von Form und Inhalt oder von „Technik und Gedanke“.1861

Kunst sei die Übersetzung eines Natureindruckes in eine Bildform „mit anderen

stofflichen Mitteln“.1862 Diese Kriterien, so der Antikritiker, bestimmten als Einheit den

Wert eines Werkes.

Für Hoff war dagegen die Form der Kunstkritik zu replizieren, „welche den Anspruch

erhebt, aus dem Verständniß des Wesens der Kunst heraus, objectiv den Kunstwerth

eines Werkes der bildenden Kunst beurtheilen zu können, und durch die Bedeutung

und die Wahrheit ihres Rechtsanspruches Einfluß auf das Schaffen der Künstler und

die Werthschätzung der Kunstwerke ausüben zu können.“1863 Allein die Künstler haben

ein Anrecht auf diese Art der Bewertung. Über die Behauptung der Kritik, der Künstler

könne aufgrund seiner auf Individualität ausgerichteten Auffassung und weil er nicht für

sich selbst, sondern für ein Publikum schaffe, nicht objektiv über Kunst urteilen, könne

sich die Künstlerschaft nur amüsieren. Denn mit dem subjektiven Kunstverständnis

eines Künstlers gehe immer die objektive Urteilsfähigkeit einher und die praktische

Erfahrung habe bei der Wertung von Kunst einen Mehrwert gegenüber dem Laienurteil.

Dieser Vorzug resultiere schließlich daraus, dass dem Kunstschaffen immer

„eingehendstes tiefstes Studium der Natur“ vorausgehe, das zur Fortentwicklung der

schöpferischen und visuellen Fähigkeiten des Künstlers notwendig sei. Auch diese

1859 Alle Zitate: Ebd., S. 15. 1860 Vgl. ebd., S. 16. 1861 Ebd., S. 18. 1862 Ebd., S. 19. 1863 Ebd., S. 16-17.

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Qualifikationen trügen zu besserer Urteilskraft bei.1864 Interessant ist, dass Hoff zur

Rechtfertigung seines Standpunktes bei der Differenzierung zwischen bildenden

Künstlern und Nichtkünstlern auf die schöpferische Fähigkeit des ersteren hinweist,

Bilder, die durch Netzhautstimulation entstehen oder durch Gehörtes evoziert werden,

wesentlich deutlicher in Form von Vorstellungs- bzw. Schattenbildern abspeichern zu

können als der Laie:

„Der Maler stellt sich die inneren Bilder, welche er beschreibt, weit klarer vor und pflanzt dieselben daher mit größerer Energie in den Kopf des Lesenden, als ein solcher, dem diese Klarheit der innerlichen Bilder nicht so zu eigen ist und der eben mehr Begriffe der von ihm beschriebenen Dinge empfindet, welche durch alle Sinneseindrücke gestützt werden.“1865

Während „Begriffe, als Facit des Verstandes“ den Bereichen des kognitiv Erworbenem

zu zuordnen seien, gehöre die „bildliche Vorstellungs- (ev. Reproductions-)kraft“ als

sinnlicher Eindruck „zum Können und nicht zu dem durch Erfahrung zu gewinnenden,

obgleich sie durch diese weiterentwickelt wird.“1866 Durch die Orientierung an der Natur

und die Weiterentwicklung geistiger Fähigkeiten werde „das Können [...] zum Wissen.“

Die Phänomene durchdrängen sich aber keineswegs wechselseitig. „Versiegte das

Wissen durch ein Verhängniß, welches die menschliche Kultur beträfe, die Wurzel des

Könnens würde nicht davon berührt werden. Deshalb ist das Können ohne Erfahrung,

ohne Wissen“.1867 Diese Fähigkeit als Schlüssel zur Kunst sei genuin dem bildenden

Künstler vorbehalten, da der Künstler per se Schöpferkraft besitze und sich Wissen

immer aneignen, der Nichtkünstler aber schöpferisches Vermögen nicht erlernen

könne.1868 Mit dieser Ausdifferenzierung der Argumente gegen eine generelle

ästhetische Urteilsfähigkeit präzisiert Hoff die bis dahin von Künstlern vorgetragenen

Standpunkte entschieden.

Der oft genannten kunstkritischen Forderung nach „‚Bescheidenheit, welche den

ächten Künstler ziert’“1869, die viele Künstler davon abhielt, Kritik an der Kritik zu üben

und die Schwitters später als Verhaltensregel spiegelbildlich auf seine Kritiker

projizieren sollte, hält Hoff entgegen, dass es sich vielmehr um eine Form des

Selbstschutzes handele, wenn der Künstler sein Werk öffentlich verteidigt, was

hingegen von außen meist als „,Hochmuth’“ oder „‚Launen’“ wahrgenommen werde.

1864 Ebd., S. 18-19. 1865 Ebd., S. 20. 1866 Alle Zitate: Ebd. 1867 Beide Zitate: Ebd., S. 20-21. Dieser Gedanke nimmt sich aus wie eine Vorwegnahme der Trennung zwischen Verstand und Kunst, zwischen verstandesmäßiger und künstlerischer Logik wie sie den Sturm-Künstlern und Schwitters zur Verteidigung ihres eigenen Schaffens diente. Die Avantgardekünstler gingen allerdings nicht mehr von einem an der Natur geschultem Können, sondern von der willentlichen Gestaltung von Eingegebenem aus. 1868 Ebd., S. 21. 1869 Ebd., S. 23.

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Bereits während des Schaffensprozesses sei sich der Künstler selbst „der strengste

und unerbittlichste Kritiker“1870 und daher könne er an der Rezeption seiner Bilder nicht

ganz teilnahmslos sein und akzeptiere Kritik von außen „nur von solchen, deren Urtheil

er hoch schätzt - von Künstlern.“1871 Hoff überträgt den Appell zur „‚Bescheidenheit’“

auch auf die Kritiker und deutet im Gegenzug den oft von diesen behaupteten

Selbstanspruch auf Unfehlbarkeit und „Universalität des Urtheils“ als Resultat von

„Größenwahn und Arroganz“.1872

Hatte Hoff in seiner Antikritik zunächst seinen Standpunkt zementiert, indem er den

implizit erwähnten Vorwürfen der sporadisch namentlich genannten Kritiker seine

Gegenargumente entgegenhielt, geht er in der zweiten Hälfte seiner Schrift dazu über,

die nun explizit und als Zitat ausgewiesenen Einwürfe der Kunstkritiker zu replizieren.

Ausführlich entgegnet er v. a. dem Kunsthistoriker Alfred von Wurzbach, der für die

„Wiener Allgemeine Zeitung“ als Kunstkritiker tätig war. Hoff zitiert Teile aus einer

Rezension Wurzbachs und kommentiert diese einzelnen Textabschnitte. Der Kritiker

hat insbesondere den um 1880 verstärkt einsetzenden Stilpluralismus, die

Nachahmung großer Kunstleistungen sowie die Masse der Exponate kritisiert und

damit in seinem Artikel bereits wichtige Kritikpunkte genannt, die zum großen Teil im

kunstkritischen Diskurs zur Avantgarde der 1910er und 1920er Jahre abermals moniert

werden sollten. Hoff fragmentiert den ersten von ihm z. T. fortlaufend zitierten

Textabschnitt Wurzbachs und setzt ihn zu einem neuen, wertenden Text zusammen.

Durch die neue, montierte Zusammensetzung der Satzteile aber auch durch eine

geringfügige Veränderung und Eigenkommentierung wird der Inhalt der Textvorlage

stark verfremdet und die Autorität des Autors untergraben.

Hoff rechtfertigt seine Replik weniger durch die Polarisierung zweier unterschiedlicher

Auffassungen. Zwar begründet er implizit sein Verhalten durch die Kollision seines

nach der Natur orientierten, autonomen, seiner Zeit verpflichteten Kunstbegriffs mit

dem statischen Kunstverständnis Wurzbachs, das der Antikritiker als eines darstellt,

demzufolge ein Kunstwerk für „alle[] Zeiten, alle[] Nationen“ gleiche Bedeutung und

gleichen Wert besitzen müsse. Der eigentliche Grund für seine Reaktion ist jedoch

nicht konkreter, sondern prinzipieller Art, denn Hoff verteidigt nicht sich alleine,

vielmehr nimmt er die Künstlerschaft als Ganze in Schutz vor einem Laienkritiker, dem

er, weil dieser eben Nichtkünstler ist, seiner oben erläuterten Auffassung gemäß die

Urteilsfähigkeit abspricht.1873

1870 Alle Zitate: Ebd., S. 22. 1871 Ebd., S. 23. 1872 Alle Zitate: Ebd., S. 18. 1873 Ebd., S. 23-24.

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Um die anachronistische Auffassung Wurzbachs zu entblößen, beruft Hoff sich auf

eine weitere Aussage des Kritikers: „‚Bisher entwickelten sich die großen und

berühmten Schulen, wie die italienischen, die spanischen, die niederländischen und die

französischen in ihren territorialen Rahmen.’“ Dem entgegnet der Antikritiker: „Ja, ja,

die Schachteln reichen nicht mehr, Herr Wurzbach! Daher die peinliche Anmuthung!“

Dieser ironische Vermerk erinnert an Johann Christian Reinharts Antikritik, in der er

dem Kunstkritiker mit der Metapher des Zettelkastens eine vorgefasste Haltung

vorgeworfen hatte.1874 Hoff steigert dieses Bild aber noch:

„Ja, Herr von Wurzbach, ich begreife die peinliche Anwandlung, die Sie befiel, vollkommen; denn wie viele Schachteln soll denn der es mit der Kunst redlich meinende Kunstgelehrte eigentlich heutzutage machen lassen? [...] Oder - brauchte man am Ende gar keine Schachtel!? - Das grenzt an Blasphemie; denn damit wäre ja ausgesprochen, daß die Gelehrsamkeit eigentlich bei der Kunst völlig - Pst - nicht so laut - peinlich.“1875

Im weiteren Textverlauf nimmt die wiederholte Aufnahme von umformulierten Zitaten

und der assoziativ weitergedachten Haltung des Kunstkritikers durch die

Schachtelmetapher leitmotivischen Charakter an. Hoff operiert, ähnlich wie Reinhart, in

seiner antikritischen Schrift mit dem rhetorischen Mittel der Parenthese als satirischem

Kommentar, wenn er bspw. einem Zitat Wurzbachs nicht einen eigenen Gedanken

folgen lässt, sondern diesen in das Zitat einschiebt:

„‚Die oben hervorgehobene Wanderlust der fremden Formen und Ideen, mit andern Worten die technischen Erfindungen unserer Zeit haben auf den Entwicklungsgang der Kunst einen enormen Einfluß gewonnen und förmlich entmannend auf das Genie gewirkt.’ (Welt! Welt! o Welt! Dir bleibt die Potenz Wurzbach, nachdem dein Genius entmannt ist.) ‚Alles fluthet bunt durcheinander, als hätte der electrische Strom mitten durch die Werkstätte des Talentes gespielt und das Genie in seine einzelnen Elemente zersetzt’“.1876

Auf der inhaltlichen Ebene reagiert Hoff auf die zahlreichen Widersprüche in der

Rezension Wurzbachs. So weist er bspw. daraufhin, der Kunstkritiker habe an anderer

Stelle seines Textes die Einschränkung des künstlerischen Einflussbereichs gelobt,

während er etwas später geschrieben habe, dass nur wirklich große Schöpfer

unabhängig von ihrem Wirkungsort schaffen. Einerseits rühme der Gelehrte die alten

Meister und erhebe sie durch sein Lob zu überzeitlichen Vorbildern, andererseits

fordere er von den Künstlern, sich ausschließlich an der Natur zu orientieren.1877 In

Gegenüberstellung der betreffenden Kritikeraussagen entlarvt Hoff deren Paradoxie,

1874 Beide Zitate: Ebd., S. 26. Hoff kannte die Publikation „Drei Schreiben aus Rom gegen Kunstschreiberei in Deutschland“ nachweislich, vgl. hierzu ebd., S. IX. 1875 Ebd., S. 27. 1876 Ebd., S. 28. 1877 Vgl. ebd., S. 30-31.

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welche er auch explizit benennt: „Das ist also das Recept à la Wurzbach, das an die

Natur klammern, auf die Gesammtheit der alten Meister angewandt. Man muß so

etwas lesen, um es für möglich zu halten.“1878 Die Antikritik gegen Wurzbach

abschließend empfiehlt er dem Gelehrten, der den Wert eines Kunstwerkes nach dem

Grad der Übereinstimmung mit dem Naturbild und dem der Orientierung an regionalen

Gegebenheiten bemessen hat, „sich einen Spiegel anzuschaffen, mit demselben

spazierengehend, sich und die Welt darin zu betrachten, oder beim nächsten besten

Photographen in Kunstgenüssen zu schwelgen, er hat dann Alles was er wünscht, und

kann Kunst und Künstler in Frieden lassen.“1879

Wie dem Vorwort der zweiten Auflage zu entnehmen ist, rief „Künstler und

Kunstschreiber“ eine große Resonanz in der Presse hervor.1880 Im Rahmen der durch

seine Veröffentlichung ausgelösten Diskussionen, so Hoff, werde erneut über die seit

de Piles virulente Frage, wem die kunstkritische Überlegenheit zu eigen sei,

verhandelt, was Hoff selbst eingangs mit einem Zitat des Kunsthistorikers Moritz

Thausings in der zweiten Auflage von „Künstler und Kunstschreiber“ belegt:

„‚Durch theoretische Bemühung wie durch praktische Erfahrung bin ich aber zu der ganz entgegengesetzten Meinung gelangt, daß nämlich die Laien, und nur die Laien, die kompetenten Kunstrichter sind, und daß ein Werk, welches nicht Jedermann gefällt und nicht von Jedermann, wenn auch von Jedem in seiner Art verstanden wird, eben kein Kunstwerk ist. Nur so ist die Kunst als das edelste geistige Bedürfniß des Menschen zu erklären’“1881,

so Thausing im „Schwäbischen Merkur“ vom 25.01.1883. Dagegen verwehrt sich Hoff

ganz im Sinne Coypels. Hoff thematisiert in seiner Antikritik außerdem die „Macht der

Presse“1882, womit sein antikritisches Verhalten an die oben genannten Bemerkungen

Diderots gegen die Laienkritiker erinnert.

Unter dem Pseudonym D. Quidam publizierte Julius Stinde, Schriftsteller und

Chemiker, 1883 die Schrift „Berliner Kunstkritik mit Randglossen von Quidam“. Die

Broschüre ist insofern als antikritische Publikation zu betrachten, als Stinde hierin über

400 Rezensionen aus der Berliner Tagespresse zur 56. Ausstellung der Akademie von

1883 wieder abdrucken lässt und so die Kunstkritik zu dieser Ausstellung

spiegelbildlich reflektiert. Es handelt sich demnach um eine reine Zitatmontage.

Stindes Vorgehen dürfte mit dieser antikritischen Strategie vorbildlich für Repliken in

1878 Ebd., S. 31. 1879 Ebd., S. 36. 1880 Vgl. ebd., S. VII. Bspw. reagierte Adolf Rosenberg in der Zeitschrift „Die Grenzboten“ auf die Publikation Hoffs, vgl. Adolf Rosenberg: Künstler und Kunstschreiber. In: Die Grenzboten 42. Jg., H. 1 (1883), S. 419–422. 1881 Hoff 1883, S. V. 1882 Ebd., S. VI.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Zeitschriften wie „Der Sturm“, „Der Marstall. Zeit- und Streitschrift des Verlages Paul

Steegemann“ oder „Der Ararat“ gewesen sein. Die Ausstellungskritiken spiegeln in

ihrer Summe die Widersprüchlichkeiten der kunstkritischen Urteile. „Diese Kritik bietet

in ihrer Gesammtheit betrachtet, ein so eigenthümliches Bild der Zerfahrenheit, der

Regellosigkeit, des Widerspruchs und der Willkür, wie es die Herren Kritiker selbst

wohl kaum für möglich halten“, so Stinde in der Einleitung. Gezielt setzt er

gegenläufige Einschätzungen von Einzelwerken nebeneinander, um die

Gegensätzlichkeiten in der Betrachtungsweise offen zu legen und um damit zu

beweisen, „daß die Kritik, wie sie gehandhabt wird, die Kunst weder beim Künstler,

noch beim Publikum zu fördern im Stande ist“. Daneben schiebt er eigene

Kommentare in die Zitatmontage und eine Zusammenstellung von Stilblüten ein.

Unwichtiges, sich wiederholende oder ganz undeutliche Aussagen und Redundanzen

hingegen nimmt er in die Broschüre nicht auf. Beim Wiederabdruck der Kritiken seien

keine wesentlichen inhaltlich entfremdenden Modifikationen vorgenommen worden,

bemerkt Stinde.1883

Seine antikritische Motivation begründet er mit dem 8. Gebot „Du sollst nicht falsches

Zeugnis reden wider deinen Nächsten.“ Da mehrere widersprüchliche Urteile

voraussetzten, dass eines davon der Wahrheit entspreche, der Rest aber erlogen sei

und es gegen diese Folgerichtigkeit keinen zu rechtfertigenden Einspruch gebe, sehe

sich Stinde veranlasst, wie er im Text schreibt, diesen Schwindel seitens der

Kunstkritik aufzudecken. Aus der Widersprüchlichkeit folgert er, dass die Urteile eher

aus Willkür, denn aus sicherem Kunstverständnis resultierten.1884

Stinde fordert als „Nichtkunstkenner“, wie er gesteht, offensichtlich ein sehr hohes Maß

an Objektivität vom Urteilenden, der „Beweise[] und Belege[]“ liefern und seinem

gesunden Menschenverstand wie auch seinem Gefühl für Gerechtigkeit nach bestem

Willen folgen solle. Ein Kritiker dürfe nicht von statischen Beurteilungskriterien

ausgehen, denn dann wirke sein Urteil zerstörend und er könne damit dem

zeitgenössischen Stilpluralismus nicht gerecht werden. Insbesondere betont er, die

Kunstkritik habe die Funktion, „durch Erziehung des Künstlers und des Publikums die

Kunst zu fördern, den Geschmack zu bilden, den Sinn für das Schöne zu erwecken

und zu beleben; zu berathen, zu leiten“.1885 Insofern betrachtet er seine Publikation als

Evaluation dieses Auftrages und als Appell, diesem nachzukommen, damit die für den

kunstkritischen Standpunkt erforderliche Unvoreingenommenheit gewahrt bleibe. In

den Schlussbemerkungen geht Stinde auf das Monitum der Dekadenz in den Künsten

1883 Beide Zitate: Stinde 1883, o. S. 1884 Ebd. 1885 Alle Zitate: Ebd.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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seitens der Kritiker ein. Sollte die Kritik in dem Punkt Recht haben, so habe sie ihre

Aufgabe in ungenügender Weise erfüllt und es vernachlässigt, die Künstler zu fördern.

Dies könne aber eine in ihrer Summe sich widersprechende Berichterstattung ohnehin

nicht leisten. Der Künstler werde durch diese Widersprüchlichkeit in seiner

Schaffenskraft behindert und das Publikum, das sich oftmals kein eigenes

Urteilsvermögen bilde und sich bei Kaufentscheidungen an der Kritik orientiere, werde

wegen des Anspruchs auf „Unfehlbarkeit der Kritik“ getäuscht. Stinde rät dem Künstler,

gewissenhaft nach seinen Ideen und seinen Talenten weiterzuarbeiten und die

Tageskritik zu ignorieren, denn würde dieser, auf sein Renommee bedacht, die

Kritikpunkte beherzigen, gerate er auf Irrwege.1886

Mit seiner antikritischen Broschüre löste auch Stinde kontroverse Reaktionen aus und

entfachte eine Auseinandersetzung zwischen Karl Frenzel und Anton von Werner.

Frenzel, Schriftsteller und Theaterkritiker, vertrat in der „National-Zeitung“ die

kunstkritische Position der auf die Individualität sich gründenden „völlige[n] Subjektivität

aller ästhetischen Urtheile“.1887 Daher sei es für den Kritiker legitim, schreibt Frenzel in

einem Artikel in Reaktion auf „Berliner Kunstkritik mit Randglossen von Quidam“, sich

zu widersprechen. Der Theaterkritiker beruft sich dabei auf die Institutionalisierung des

Kunsturteils, wodurch die Tageskritik aus der Öffentlichkeit nicht mehr wegzudenken

sei. Mit seiner zeitraubenden und um Erkenntnis bemühten Tätigkeit stehe der Kritiker

sogar über dem Künstler. Provokant behauptet Frenzel, Kritiker selbst empfangen

täglich Künstler an ihrer Haustür. „Die Kritik zuckt gelassen die Schultern über all

dieses Gerede in den Wind: sie weiß, daß ganz andere Größen und Talente, [...] den

Hut in der Hand, jeden Tag an ihrer Klingelthür erscheinen.“1888 Damit spielt Frenzel

auf den Sachverhalt an, dass vorgeblich alle Berliner Kritiker zur Präsentation des von

Anton von Werner 1883 geschaffenen Sedan-Panoramas eingeladen worden seien

und macht zudem eine Anspielung auf eine mögliche Einflussnahme seitens von

Werner auf die kunstkritische Aufnahme seines eigenen Werkes. Von Werner schrieb

umgehend in seiner Funktion als Direktor der Berliner Akademie an die „National-

Zeitung“, um auf die durch Frenzels Artikel ausgelöste Empörung im Kunstverein zu

reagieren. Denn seinerzeit wurde vermutet, dass es sich bei dem Autor der „Berliner

Kunstkritik mit Randglossen von Quidam“ um ein Mitglied des Kunstvereins handele.

Da von Werner sich selbst unter den ausstellenden Künstlern in der fraglichen

1886 Ebd. 1887 Karl Frenzel: Titel unbekannt. In: National-Zeitung, 02.12.1883, S. 3, zit. nach Ulrich Goerdten: Julius Stinde. Berliner Kunstkritik mit Randglossen von Quidam, URL: http://www.ub.fu-berlin.de/~goerdten/stinde34.html, o. S. 1888 Ebd.

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Werkschau befand, hatte er Grund, Frenzels Behauptungen persönlich zu nehmen.1889

Auf die Affäre wiederum reagierten zahlreiche Journalisten in der Berliner Presse wie

auch an anderer Stelle.1890

Die antikritische Schrift „Künstler, Kunstschreiber und der gesunde Menschenverstand“

von Heinrich Deiters rief Reaktionen bestätigender Art, v. a. von Münchner Künstlern

hervor, sodass der Landschaftsmaler den 1898 in der „Deutschen Revue“

erschienenen Aufsatz noch im selben Jahr als Broschüre zum „Schutze[] künstlerischer

Interessen“, wie er schreibt, nochmals drucken ließ.1891 Der Text ist in drei Teile

gegliedert, der erste thematisiert Deiters’ Kriterien „Geschmack und Urteil“. Für ihn, so

bemerkt er im ersten Teil, hänge die Urteilsfähigkeit vom Grad der Freiheit von

subjektiven Empfindlichkeiten ab und müsse mit „Wollen und Können“ verbunden

sowie frei von „Vorurteilen“ und „fremden Einflüssen“ sein. Seine Forderung nach

Objektivität in der Kritik älteren wie auch jüngeren Malern gegenüber gelte für Gelehrte

und Künstler gleichermaßen.1892 Auf Kunstgelehrte träfen diese Kriterien hinsichtlich

der Anerkennung von Kunstwerken selten zu, zumal sie oftmals abhängig von

„feststehenden Urteilen und Vorurteilen“ werteten und ihnen somit die notwendige

„Freiheit eines selbstständigen Geschmackes“ fehle. Auch die Einschätzung des

technischen Vermögens sei bei Gelehrten sehr zweifelhaft. Indes habe jeder, der die

genannten Bedingungen erfüllt, ein Recht öffentlich Kritik am Kunstschaffen zu

üben.1893 Ebenso wie bei Hoff lassen auch Deiters’ Ausführungen an die

Argumentationsweise Coypels denken. Zwischen Hoffs und Deiters’ Haltung bezüglich

des Primats der Kunstkritik bestehen keine prinzipiellen Unterschiede, jedoch setzen

beide jeweils andere Akzente. Während für jenen, der sich Kunstgelehrten gegenüber

wesentlich skeptischer geäußert hat, Können und Wissen als Maxime für die

Beurteilungsbefähigung galten und er das Kriterium „Geschmack“ schlichtweg

ablehnte, lässt der Landschaftsmaler Deiters Geschmackskriterien gelten, sofern diese

unabhängig von emotionalen Sachverhalten seien. Nach Deiters’ kunstkritischen

Grundsätzen sollte die Beurteilung des künstlerischen Könnens aus der Erfahrung und

die des Kunstwerkes aus dem Verstand heraus erfolgen.1894 Für den Landschaftsmaler

war der gesunde Menschenverstand ein weiterer wichtiger Maßstab für die

Urteilsfähigkeit. 1889 Vgl. Goerdten o. J., o. S. 1890 Vgl. Heinrich Hart: Mongolenhorden im Zoologischen Garten. Berliner Briefe. Berlin 2005, S. 125-126, zit. nach Goerdten o. J., o. S. und Anonym: Von unserem Büchertisch. In: Kladderadatsch. Humoristisch-satirisches Wochenblatt 36. Jg., H. 56 (09.12.1883), S. 2. 1891 Deiters 1898, S. 2. 1892 Alle Zitate: Ebd., S. 5. 1893 Beide Zitate: Ebd., S. 6. 1894 Ebd., S. 5.

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Das Kunstverständnis der beiden Maler jedoch lag weit auseinander. Deiters’

Kunstbegriff stützte sich auf die „organisch[e]“ Weiterentwicklung und auf die

künstlerische Orientierung an Mensch und Natur.1895 „Das Heutige geht aus dem

Gestrigen hervor, wie dieses aus dem Vorgestrigen“.1896 Kunst solle „das Leben

erfreu[en] und verschön[en] und den Menschen veredel[n]“.1897 Hatte sich Hoff offen

gegenüber der Pluralisierung und Internationalisierung der Kunst gezeigt, so verhielt

sich Deiters hinsichtlich der Beeinflussung durch ausländische Kunst1898 und der

Sezessionsbildungen1899 skeptisch, da dadurch die künstlerische Einheit und das

„ewige[] Gesetze der Schönheit“ ins Wanken gerate.1900

Insgesamt spielte die Diskussion um das Vorrecht auf Kritik bei Deiters eine

untergeordnete Rolle. Vielmehr ist seine Schrift als Kritik an der kulturellen Situation zu

verstehen. Kunstkritik habe die Aufgabe, dem Betrachter Sensibilität für die Schönheit

zu vermitteln. Das Gefühl für Kunst sieht Deiters bei Künstlern wie auch bei

Kunstkritikern korrumpiert durch „Ehrgeiz, Eitelkeit, vermischt mit Geschichts- und

Kunstanschauungen ohne jede Klarheit, mit Realismus und Phantastik, mit zügellos

Sinnlichem und Sentimentalität, mit Parteigezänke und einer gewaltigen Dosis

Anmaßung“.1901 Den Kritikern hält er zudem vor, ihre eigene Inkompetenz hinter

überambitionierten Ansprüchen zu verstecken, was „kaum anders als pathologisch zu

betrachten“ sei. Sowohl Kunstschaffende wie auch Kunstkritiker propagierten Neues,

ohne Rücksicht auf die Tradition zu nehmen.1902

Nach Deiters’ Kommentar zu „Geschmack und Urteil“ folgt die Schilderung der

gegenwärtigen Situation der Künstler. Hierin reflektiert der Maler die Marktbedingungen

und die sich daran orientierenden Künstler kritisch und erweist sich v. a. in Bezug auf

die Sezessionskünstler und Impressionisten als Exponent der Dekadenztheorie.1903

Hinsichtlich der antikritischen Tradition ist v. a. der letzte Teil in Deiters’ Schrift

interessant, der „die Presse und das Publikum“ behandelt. Anders als die anderen

Antikritiker, die sich gegen eine, im Vergleich zu ihrer Kunstanschauung,

rückwärtsgewandte Kunstkritik zur Wehr setzten, vertritt der Landschaftsmaler der

Presse gegenüber eine konservativere Meinung und klagt diese an, einen Kampf

„gegen das Bestandene und Bestehende, für das Sensationelle“ und gegen diejenigen

Künstler und das Publikum zu führen, die das Neue nicht akzeptierten. Auch die 1895 Ebd., S. 7-8. 1896 Ebd., S. 14. 1897 Ebd., S. 7-8. Die Vorstellung der Kunst als Erhöhung des Menschen findet sich bereits in Schillers ästhetischem Erziehungsprogramm. 1898 Vgl. ebd., S. 12 und 19. 1899 Vgl. ebd., S. 11. 1900 Ebd., S. 20. 1901 Ebd., S. 18. 1902 Ebd., S. 7. 1903 Vgl. ebd., S. 14.

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Zeitungen untereinander ergingen sich in einem Konkurrenzkampf, um „dem Bizarrsten

das Wort zu reden und alle bisherige Kunst als Handwerksleistung“ zu degradieren.1904

Des Weiteren wirft Deiters den Journalisten eine voreingenommene und ambivalente

Haltung vor, die einem objektiven Urteil entgegenstehe. Die Kunstkritik lege nunmehr

bei ihrer Urteilsfindung mehr Wert auf die Berücksichtigung der Theorie als auf die

Betrachtung der Kunstwerke selbst.

Im letzten Abschnitt von „Künstler, Kunstschreiber und der gesunde Menschenverstand“

differenziert Deiters zwischen zwei Gruppen von Kunstkritikern. Zum einen gebe es

respektable Kunsthistoriker, die durch intensives Studium anschauliche Erfahrungen

sammelten und so die mangelnde praktische Durchdringung ausgleichen könnten.1905

Diesen sei es zu verdanken, „daß das deutsche Publikum nicht von der krankhaften

Sinnverwirrung angesteckt worden ist“.1906 Zum anderen aber seien es z. T.

inkompetente, „verschrobene Köpfe“, die von ihrer eigenen Subjektivität, bisweilen vom

„Sozialismus“ oder von Suggestionen durch Meinungsführer beeinflusst kunstkritische

Artikel verfassten. Diese Art der Kunstkritik trage maßgeblich zur finanziellen

Benachteiligung der ehrlichen Künstler bei.1907 Anstatt den künstlerischen Nachwuchs

zu fördern würden diese „‚modernen’ Kunstschreiber“ die jungen Künstler irreleiten,

indem sie immer neue Trends propagierten. Als dritte neutrale und diese Entwicklung

auffangende Urteilsinstanz kann Deiters das „gesund denkende Publikum“

ausmachen.1908 Im Sinne der Dekadenztheorie polarisiert er also zwischen einer von

„gestörten Künstler[n] und Kunstschreiber[n]“ bestimmten und daher krankhaften

Entwicklung und einem Publikum, das sich Dank besonnener Kunstgelehrter weiterhin

am „gesunden Menschenverstand“ orientiere.1909

Der Beweggrund für seine Antikritik lag darin, dass die geschilderte Entwicklung sich

negativ auf seine persönliche, existenzielle Lage auswirkte. Deiters erwehrte sich als

Maler der älteren Generation gegen das respektlose Verhalten den älteren Künstlern

gegenüber und zielte v. a. auf die Kunstjournalisten ab, die die moderne Kunst, die

„zersetzenden Tendenzen der Zeit“ publizistisch unterstützten.1910 Seine Schrift

erschien zu einem Zeitpunkt, zu dem der Impressionismus mehr und mehr an

Akzeptanz gewann, v. a. durch die publizistische Vermittlung seitens namhafter

Kunstkritiker und -historiker. Daher sah der Maler sich gezwungen, sich auch gegen den

neuen impressionistischen Stil zu behaupten und um weitere Anerkennung seiner

1904 Beide Zitate: Ebd., S. 15-16. 1905 Vgl. ebd., S. 16. 1906 Ebd., S. 19. 1907 Beide Zitate: Ebd., S. 17. 1908 Beide Zitate: Ebd., S. 18. 1909 Beide Zitate: Ebd., S. 20. 1910 Ebd., S. 19-20.

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idealisierenden und detailgetreuen Malerei zu kämpfen. Deiters’ antikritische

Stellungnahme ist insofern eine Ausnahmeerscheinung, als er aus einem älteren

Kunstverständnis heraus, die modernere Kunstauffassung der Kritiker angriff, während

sich die meisten Antikritiker sich in ihren Schriften für die Durchsetzung von

künstlerischen Innovationen stark machten.

Zwischen 1900 und dem Beginn der Ausstellungstätigkeit in der Galerie „Der Sturm“

wurden keine bedeutsamen Antikritiken in Deutschland veröffentlicht. Die um 1910

verstärkt einsetzende antikritische Praxis v. a. innerhalb des Kreises um Herwarth

Walden aber nahm sich dafür umso streitbarer aus. Antikritiken wurden nun nicht nur

allein als Mittel der Gegendarstellung, sondern auch als Instrument zur Bewerbung des

künstlerischen Schaffens wahrgenommen.1911 Die Kampagnen Waldens gegen die

Presse waren von Anfang an Teil seines publizistischen Programms: „Wir haben uns

entschlossen, unsere eigenen Verleger zu sein. Denn wir sind so glücklich, glauben zu

können, daß an die Stelle des Journalismus und des Feuilletonismus wieder Kultur und

die Künste treten können.“1912 Somit gehörte die Kritik der Kritik in der Zeitschrift „Der

Sturm“ zu den wichtigen publizistischen Interessen, mit dem Ziel, die Kritiker zu

„zwingen, nicht gedankenlos Frechheiten und Torheiten zu verbreiten.“1913 Durch sein

Engagement für die neue Kunst wurde der Sturm-Kreis automatisch zur Zielscheibe

der Kunstkritik, denn diese versuchte der öffentlichen Anerkennung avantgardistischer

Kunst entgegenzuwirken. Mit Blick auf die mitunter scharfe Ablehnung und die

mangelnde Fundiertheit der kunstkritischen Urteile machte der Kreis um Walden dem

Journalismus nur ein einziges Zugeständnis: Sein Auftrag sei es lediglich, „Nachrichten

zu vermitteln“.1914

Einerseits reagierten die Kunstkritiker in Verteidigung der klassischen Kunstprinzipien

sehr ablehnend auf den Künstlerkreis. Andererseits war die Abqualifizierung des

Sturm-Kreises seitens der Kritiker eben auch wegen Waldens heftiger Kritik an der

medialen Berichterstattung überaus vehement,1915 denn seine Kritikerschelten waren

mit ihrer scharfen Polemik sehr impulsiv und irritierten z. T. die kunstkritische

Öffentlichkeit.1916

Walden setzte in seinen antikritischen Verteidigungsschriften, in denen er für die

Durchsetzung der neuen Kunst und bisweilen gegen die älteren Kunstströmungen 1911 Vgl. Ewig 1999, S. 239. 1912 Die Schriftleitung der Wochenschrift DER STURM: Zwei Worte. In: Der Sturm 1. Jg., H. 1 (1910), S. 1. 1913 Die Redaktion der Wochenschrift Der Sturm: Warnung an die Provinzpresse. In: Der Sturm, 1. Jg., H. 22 (1910), S. 176. 1914 Trust (= Walden, Herwarth): Die Woche. In: Der Sturm, 1. Jg., H. 37 (1910), S. 295 und vgl. Pirsich 1985, S. 609. 1915 Vgl. Hirtler 1985, S. 45. 1916 Vgl. Walden 1954, S. 23-24.

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kämpfte, bei der Sprachkritik von Karl Kraus an, der insbesondere die durch die Medien

kommunizierte Ideologie mittels Zitatsatire angriff. Walden replizierte die Kunstkritiken

inhaltlich unter Zitierung einzelner Textausschnitte, um deren sprachkritische

Widerlegung in Form von Glossen zu betreiben. Er reagierte auf die Kritik, um den

Status des „Sturm“ als Avantgardeinstitution gegenüber konkurrierenden Initiativen und

innerhalb des expandierenden Kunstmarktes zu verteidigen.

War in der Anfangsphase der Gegenstand der Antikritik eher allgemeinerer Art, so

verlagerte sich ihr Schwerpunkt innerhalb der Zeitschrift, nachdem die Galerie „Der

Sturm“ eröffnet hatte, auf die Kunstkritik. Die Ausfälle der Presse gegenüber den

Sturm-Ausstellungen waren derart heftig, dass es den Antikritikern galt, die „Ignoranz

der Kunstkritik“ bezüglich der durch Walden vertretenen Kunst zu bekämpfen.1917 Es

erschienen zahlreiche Erwiderungen, die dem Texttypus nach überwiegend polemisch-

argumentativ ausgerichtet sind und in denen die Sturm-Antikritiker nahezu

seismografisch auf jede kunstkritische Äußerung reagierten. Die Glossen dienten

zunächst der Fürsprache für einzelne Künstler und der Förderung der Aktivitäten des

Kreises. Im Zuge der Entwicklung der Sturm-Theorie wurde auch diese in

zunehmendem Umfang verteidigt.1918 Die wesentlichen antikritischen Argumente gegen

die Kritik waren die kunstkritische Unfähigkeit zu kompetenten Urteilen1919 und die

Eigengesetzlichkeit der Kunst und damit die künstlerische Unabhängigkeit von der

verstandesmäßigen Logik und dem bisher gültigen Abbildungsprinzip empirischer

Phänomene.1920 Antikritisch behandelt wurden auch Texte von kunstkritischen Gegnern

über ältere Künstler. In allen Fällen wurde vornehmlich auf Zitate der jeweiligen Kritiker

zurückgegriffen, um diese inhaltlich oder satirisch zu widerlegen. Dies geschah durch

Rückbeziehung des Zitats auf den Kritiker, durch Metaphernbildung, durch

etymologische bzw. hermeneutische Sprach- und Wortspiele oder durch Montage von

Sprichwörtern und Literaturzitaten.1921 Die Kritikerzitate wurden in die Antikritiken durch

syntaktische und semantische Einebnung integriert. Gelegentlich wurden kunstkritische

Zitate auch mit Einschüben aus Zeitungen wie „(Lebhafter Beifall.)“ oder „(Heiterkeit)“

glossiert, die im Original als Metakommentar fungierten.1922 Gezielt versuchten die

Sturm-Antikritiker, mit dem authentischen Zitatmaterial die Autorität der Kunstkritiker zu

untergraben. Walden sprach den Feuilletonkritikern generell die Befähigung zur

1917 Pirsich 1985, S. 611. 1918 Vgl. Hirtler 1985, S. 46. 1919 Vgl. Rudolf Blümner: Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus. Briefe gegen Paul Westheim. Zehnter Brief . In: Der Sturm 12. Jg., H. 7 (1921), S. 132–136, S. 132 und Herwarth Walden: Kritiker. In: Der Sturm 8. Jg., H. 6 (1917), S. 88–94. 1920 Vgl. Blümner 1920 (05), S. 156 1921 Vgl. Hirtler 1985, S. 51-52. 1922 Beide Zitate: Herwarth Walden: Von den schönen Künsten. Immer noch Anton von Werner. In: Der Sturm 4. Jg., H. 158/159 (1913), S. 18–20, S. 19.

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Evaluation von Kunst ab, denn diese neigten stets zum „Vergleich, der immer zu

seinem Nachteil ausfällt und kein Urteil ist. Sein Vorurteil ist stets ein Nachurteil“.1923

Sie seien immer beeinflusst von persönlichen oder redaktionellen Interessen1924 oder

orientierten sich stark an den Einschätzungen anderer Kritiker.1925

Bereits in der frühen Phase kristallisierten sich einige Kritiker innerhalb des

publizistischen Diskurses als Hauptgegner des „Sturm“ heraus. Dazu gehörten neben

älteren wie Karl Scheffler und Max Osborn auch Kritiker, die sich an den Diskussionen

zur Merzkunst beteiligten, wie Curt Glaser,1926 Ernst Cohn-Wiener,1927 Franz

Servaes,1928 Oskar Bie1929 und Fritz Stahl.1930 Der antikritische Umgang mit den

Kunstkritikern war daher vermehrt personenbezogen und z. T. sehr persönlicher Art.

Die Attacken gegen die Kritiker wurden anfänglich eher auf deren kunstkritische

Aussagen bezogen, in zunehmendem Maße aber dann auch gegen die Person selbst

gerichtet.1931

Eine zentrale Rolle innerhalb der Antikritik des Sturm-Kreises nahm die

Auseinandersetzung mit Paul Westheim ein, gegen dessen erste Rezension der ersten

Sturm-Ausstellung Heinrich Richter ein antikritisches Veto einlegte. Als favorisierter

Analysestil des Rezensionsmaterials erwies sich bereits hier „der kommentierte

Abdruck von Feuilletonpassagen“ bzw. von einzelnen Zitaten.1932 In seiner Antikritik

gibt Richter eingangs die bibliografischen Daten des zu replizierenden Artikels von

Westheim an, damit seine Argumentation für den Leser überprüfbar ist, eine

Handhabung, die bereits Julius Stinde in „Berliner Kunstkritik mit Randglossen von

Quidam“ praktiziert hat und später in den antikritischen Texten von Schwitters z. T.

übernommen werden sollte. Richter setzt in seiner Antikritik das Verfahren der

Rückbeziehung kunstkritischer Zitate auf den Kritiker um, indem er in den Zitaten

Westheims, die er in seinen Text aufnimmt, das Wort Künstler durch Kritiker

1923 Herwarth Walden: Kunstvermittler. In: Der Sturm 7. Jg., H. 3 (1916), S. 32–35. 1924 Vgl. Walden 1917, S. 93. 1925 Vgl. Walden 1918 (03), S. 114. 1926 Vgl. z. B. Herwarth Walden: Nachrevolutionäre. In: Der Sturm 9. Jg., H. 12 (1918), S. 150, Walden 1919 (03), Herwarth Walden: Die Freiheit in der Fachkritik. In: Der Sturm 10. Jg., H. 4 (1919), S. 51–52 und Strobl 2006, S. 145-147. 1927 Vgl. z. B. Walden 1919 (03). 1928 Vgl. z. B. Walden 1917, Walden 1917 (06), Herwarth Walden: Gute Kritik. In: Der Sturm 9. Jg., H. 3 (1918), S. 46) und Herwarth Walden: Scherz beiseite. In: Der Sturm 9. Jg., H. 4 (1918), S. 62. 1929 Vgl. z. B. Herwarth Walden: Nachrichtung. In: Der Sturm 4. Jg., H. 182/183 (1913), S. 114 und Walden 1917 (02). 1930 Vgl. z. B. Rudolf Blümner: Die Sache mit Fritz Stahl. In: Der Sturm 12. Jg., H. 4 (1921), S. 74–76, Kurt Hiller: Fritz Stahl. In: Der Sturm 3. Jg., H. 108 (1912), S. 27, Herwarth Walden: Enthüllungen. Deutsche Künstler, wie man es nennt, ohne Form. (nach Herrn Fritz Stahl ist jetzt Form Uebersetzung für Mode). In: Der Sturm 5. Jg., H. 17/18 (1914), S. 123 und Herwarth Walden: Kubismus in Stahl. In: Der Sturm 12. Jg., H. 2 (1921), S. 25–28. 1931 Vgl. Pirsich 1985, S. 614 und 616. 1932 Ebd., S. 610.

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substituiert oder mit einem in Klammern gesetzten Kommentar versieht und die

Aussagen des Kunstkritikers direkt auf diesen zurückprojiziert.

„‚Gräßlich viel Menschen (Herr Westheim), werden heut zu Kritikern gemacht. Gräßlich für die, die da glauben, durch ehrliche Arbeit weiter kommen zu müssen; noch gräßlicher für uns, die wir gute Kunst lieben wie die schöne Natur, wie das weite Meer’“.1933

Das widerspiegelnde Verfahren gehörte zum antikritisch-methodischen Repertoire des

Sturm-Kreises und wird später von Schwitters rezipiert. Ebenso wie der Merzkünstler

greift Richter einzelne Floskeln des Kritikers auf und reflektiert diese wiederum auf den

jeweiligen Kritiker: „‚So charakterlos und unkritisch es an sich ist’, über Dinge, die man

seines romantischen Geblüts wegen nicht versteht, zu urteilen, ‚so sehr ist es für sie

Selbsterhaltung.’ Denn man bekommt dafür bezahlt“.1934 Der Antikritiker wiederholt hier

Zitate aus der Vorlage Westheims zwar mehrmals, bspw. „romantisches Geblüt“,

verwendet sie allerdings nicht leitmotivisch, wie etwa Carl Hoff und später Schwitters.

Im Gegensatz zu Johann Christian Reinharts antikritischem Verfahren des isolierten

Zitats mit gedanklichen Einschüben, werden hier Veränderungen an dem zu

replizierenden Ausgangstext selbst vorgenommen. Vergleichbar mit Hoffs antikritischer

Strategie zitiert Richter zunächst eine Passage aus Westheims Kritik und demontiert

anschließend den ursprünglichen Text, wählt einzelne Satzteile oder -passagen nach

ihrer inhaltlichen Verwertbarkeit aus und fügt sie in seine Antikritik, teils mittels

Wortsubstitutionen modifiziert oder unverändert und unter Ausweis als Zitat wie auch

unter Berücksichtigung der natürlichen Syntax, ein. So erzielt er eine Verfremdung des

Ausgangstextes, mit der er die Beliebigkeit und Unbestimmtheit der Stellungnahme

Westheims entlarvt.

Die Presseresonanz auf den „Ersten Deutschen Herbstsalon“ war besonders heftig und

negativ. Entsprechend zahlreich waren die antikritischen Reaktionen innerhalb des

Sturm-Kreises auf die Ausstellungsrezensionen. Walden publizierte gleich zwei

Repliken. In der einen veranschaulicht er den Sachverhalt, dass auch Kritiker bei der

Meinungsbildung voneinander abhängig sind:

„Nie konnte einer schreiben, ohne daß er den anderen zitierte. Wie Robert Breuer sagt. Wie Paul Westheim bemerkte. Wie Robert Breuer bemerkte. Wie Paul Westheim sagt. Es ist nicht zu sagen, nur zu bemerken. Breuer konnte kein Schimpfwort erfinden, was Westheini nicht anwandte. Und wenn Paul

1933 Heinrich Richter: Maler-Kritiker. Eine Erwiderung. In: Der Sturm 3. Jg., H. 105 (1912), S. 4–6, S. 4. Richters Antikritik ist eine Antwort auf: Paul Westheim: Die vielen, vielen Künstler. In: Pan 2. Jg. (1911/12), S. 509–515. 1934 Ebd., S. 5.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Westheim schrieb: ‚eine Reihe buntscheckiger Schießscheiben’, so schrieb Robert Breuer: ‚Schützenscheibenbilder’.“1935

Plakativ entgegnet er dem Vorwurf des Mitläufertums und überträgt ihn auf die Kritiker.

Dieser Entgegnung nachfolgend ließ er das „Lexikon der deutschen Kunstkritik“, eine

Auswahl von Phrasen aus der Tagespresse über den Herbstsalon abdrucken, von

denen auch einige von Westheim stammten. Das Verfahren des bloßen

Wiederabdrucks lässt an Julius Stindes Broschüre denken, Walden aber nennt im

Gegensatz zu Stinde weder Autoren noch Erscheinungsquelle. Durch das

Herausgreifen und Zusammenstellen der heftigsten Invektiven reproduziert er die

kunstkritische Gehässigkeit in frappanter Massierung.1936 Zudem wurde das „Lexikon“

in Form eines Flugblattes in Umlauf gebracht und erhielt so eine größtmögliche

öffentliche Wirksamkeit. Die gesammelten Kritiken dienten Walden als Fundus, auf den

er später oft und gezielt personenbezogen, v. a. im Zuge der Kontroverse mit

Westheim zurückgreifen sollte.1937

War in den Jahren vor und zu Beginn des Weltkrieges in der Antikritik des Sturm-

Kreises keine spezifische Konzentration auf wenige bestimmte Kritiker der neuen

Kunst auszumachen, so erhielt die Auseinandersetzung mit Westheim wegen der

Gründung seiner eigenen Zeitschrift „Das Kunstblatt“ 1917 besonderen Vorrang in den

Gegendarstellungen Waldens.1938 Nachdem die Kontroverse zwischen dem

Kunstkritiker und dem Sturm-Kreis nach dem „Ersten Deutschen Herbstsalon“ zum

Erliegen kam, begann sie ob der veränderten Situation von neuem. Während

Westheim zuvor ein kunstkritischer Gegner unter vielen war, trat er jetzt auch in seiner

Funktion als Herausgeber einer Zeitschrift, die sich ebenfalls für den Expressionismus

engagierte, als publizistischer Konkurrent auf. Und eben dieser Interessenkampf um

die maßgebende Vermittlerrolle bezüglich der expressionistischen Kunst war das neue

Thema der antikritischen Beiträge Waldens. Dies machte der Sturm-Theoretiker etwa

in seiner Schrift „Ableger“ deutlich. Anlass- und titelgebend war eine Bemerkung in

„Das Kunstblatt“ über die „kleinen Ableger[]“ der bereits etablierten Sturm-Künstler.1939

Walden stellt in einer Antikritik klar, dass es sein Verdienst sei, „sich aber sieben Jahre

ausschließlich und allein mit dem Expressionismus“ beschäftigt und diesen in

1935 Walden 1913. 1936 Vgl. Walden 1913 (03). Einen noch reproduktiveren Charakter hat die Antikritik gegen Karl Küchler, die Swarzenski im Frühjahr 1913 in der Zeitschrift „Der Sturm“ veröffentlichte. Diese Antikritik enthält einen Ausschnitt aus der Rezension des Kritikers zu einer Einzelausstellung Kandinskys in Hamburg und diese replizierende Kommentare namhafter Kunsthistoriker, vgl. Swarzenski: Für Kandinsky. In: Der Sturm 3. Jg., H. 150/151 (1913), S. 277–278. 1937 Vgl. Walden 1918 (03), S. 114, Herwarth Walden: Nachsicht! Zeugen! In: Der Sturm 10. Jg., H. 9 (1919), S. 131–132, S. 131 und Herwarth Walden: Vorsicht! Zeugen! In: Der Sturm 10. Jg., H. 9 (1919), S. 130–131. 1938 Zu Westheim s.w.o Kap. 1.1.4. 1939 Paul Westheim: Triumph der Organisation. In: Das Kunstblatt 2. Jg., H. 12 (1918), S. 390–392, S. 390.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Deutschland bekannt gemacht zu haben. Nun aber präsentiere sich Westheim

unvermittelt als das Sprachrohr der neuen Kunst, als „reinster Expressionist“,

wohingegen er es als Redakteur der „Frankfurter Zeitung“ bisher vermieden habe, die

Leserschaft „sein wahres Antlitz sehen [zu] lassen“. Westheims plötzliches

Engagement sei zweifelhaft angesichts seiner früheren Urteile über die damals noch

nicht anerkannte Avantgardekunst. Um die Unglaubwürdigkeit des Kritikers zu

demonstrieren, druckte Walden einige ältere Rezensionen von Westheim

passagenweise ab. Walden ging es bei seiner gegen Westheim gerichteten

antikritischen Praxis darum, seine Vorreiterrolle als Förderer der Avantgarde zu

behaupten und sich seine Position als Vorkämpfer nicht streitig machen zu lassen: „Ich

habe mich in künstlerischen Wertungen nie geirrt. Die Herren Kunstkenner und

Kunstkritiker haben noch immer bestätigen müssen, was ich als erster erkannte und

anerkannte.“1940 Walden beobachtete die Aktivitäten seines Konkurrenten minutiös und

reagierte auf nahezu jede Publikation Westheims bzw. auf Erörterungen seiner

Berichte durch Dritte. Seine eigenen Leistungen verteidigend warf er seinem Gegner

immer wieder vor, übergangslos damit begonnen zu haben, „unwesentlich Schaffende[]

dieser Zeit zu erkennen und anzuerkennen“ und wirklich wesentliche Hervorbringungen

seit jeher zu verkennen und zu bekämpfen.1941 Immer wieder zitiert Walden aus

Westheims früheren, antiavantgardistischen Kritiken, die in Widerspruch zu dessen

gegenwärtiger Haltung standen, um so die Urteilsfähigkeit seines Gegners zu

demontieren.1942 „Herr Paul Westheim bestreitet sogar noch im Jahr 1918 Kandinsky

die Künstlerschaft. Um so erfreulicher ist es, daß er 1919 über die jungen Leutchen

klagt, die nun falsch verstandene Kandinsky nachkubisteln.“1943 Walden versuchte

damit Westheims Hauptvorwurf zu widerlegen, er trete nur noch für epigonenhafte

Künstler ein. Stets zielte er durch den Hinweis auf dessen schwankende Urteile darauf

ab, die Autorität des Kritikers zu untergraben, um im Gegenzug seine Stellung zu

bekräftigen. Diese Demontage findet auch in sprachkritischer Bloßstellung ihren

Ausdruck:

„‚Es wäre wohl widersinnig, nicht zu erwarten, daß eine so ganz aus allen Gleisen geratene Zeit nicht auch ihre Unmoral in die Kunst hineinprojizieren würde!’ Hinein in die entgleiste aber immerhin noch projizierende Zeit putscht ein Moralischer“.1944

1940 Alle Zitate: Walden 1918 (03), S. 114. 1941 Walden 1918 (02). 1942 Vgl. Walden 1919. 1943 Walden 1919 (05), S. 130. 1944 Walden 1920, S. 20.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Ähnlich wie Hoff übernahm Walden einzelne Wörter aus dem Zitat und verändert sie

durch grammatikalische Umformung. In diesem Fall verbalisiert Walden einen

nominalen Ausdruck und adjektiviert eine verbale Wendung. Das Wort „Unmoral“

verkehrt er in die gegenläufige Bedeutung, um es dann auf Westheim durch

persönliche Bezugnahme zu projizieren. Die z. T. sinnergebende, z. T. dem natürlichen

Sprachgebrauch entgegengesetzte Veränderung sowie die oxymoronale Pointe dienen

Walden zur entlarvenden Darstellung der doppelbödigen Haltung Westheims. In der

Glosse „Die Unbedenklichen“ geht es dem Antikritiker nämlich um die Demaskierung

von Westheims Verfahren, den Status eines Wegbereiters zu beanspruchen, sich aber

erst dann für Künstler publizistisch einzusetzen, wenn diese bereits anerkannt waren.

Dies wird deutlich, wenn Walden den etablierten Bildhauer Wilhelm Lehmbruck als

Westheims „sicherer Lehmbruck“ bezeichnet.1945 Die Einschätzung, dass „Westheim

nur dann für die Jungen ein[tritt], wenn die längst erkannt sind“, wurde auch von

Anderen geteilt.1946

Bevor Walden die Position des Sturm-Hauptantikritikers an Rudolf Blümner abtrat,

veröffentlichte er noch zwei antikritische Schriften jeweils mit dem Titel „Fall

Westheim“. In der ersten Polemik polarisiert er zwischen den von Westheim

geäußerten „künstlerischen Dummheiten“ und dem „ahnungslosen Publikum“, das sich

durch die Vermittlungsarbeit in „Das Kunstblatt“ beeinflussen lasse. Dieses

„journalistische System“ aber werde er demolieren. Außer Ausfällen, in denen Walden

die Argumente des Kritikers auf dessen Person reprojiziert, und der Konkretisierung

alter Vorwürfe kommen kaum neue Aspekte antikritischen Verhaltens hinzu.1947

Im zweiten Teil von der „Fall Westheim“ misst Walden seinen polemischen Texten

ästhetischen Charakter bei, gibt damit aber etwas vor, was nur z. T. zutrifft: „Meine

Polemik ist Gleichnis, also Kunst. Mich interessieren verbrauchte Kunstkritiker zum

Beispiel persönlich nicht das geringste. Ich verbrauche sie im künstlerischen Spiel.“1948

Stilistisch weisen Waldens Antikritiken zwar ein hohes Niveau und durch das freie Spiel

mit der Sprache literarischen Charakter auf. Im Sinne der Sturm-Theorie aber, d. h.

dem Prinzip des l’art pour l’art entsprechend, können seine antikritischen Texte nur

bedingt als Literatur gelten, da sie offensichtlich stark zweckorientiert sind. Es handelt

sich um stilisierte Glossen, in denen Walden in erster Linie zweckbezogen und pointiert

1945 Ebd. Lehmbruck war um 1920 als Künstler voll anerkannt, während sein Werk zuvor eher ambivalent von der Kunstkritik aufgenommen wurde, Vgl. Gerhard Händler: Wilhelm Lehmbruck in den Ausstellungen und der Kritik seiner Zeit. In: Roden, Günter von (Hg.): Wilhelm Lehmbruck. Sieben Beiträge zum Gedenken seines 50. Todestages. Duisburg 1969, S. 21–82. 1946 So z. B. ließ Bruno Taut in der Vertretung von Walter Gropius während einer präsidialen Sitzung des Deutschen Werkbundes 1919 anmerken, Bericht über die Vorstandssitzung des Deutschen Werkbundes am 30. Juli 1919, S. 8 (Karl-Ernst Osthaus Archiv, Hagen, Nr. DWB I/270), zit. nach Windhöfel 1995, S. 82. 1947 Alle Zitate: Walden 1920 (03). 1948 Walden 1920 (04).

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versucht, seine nicht mehr auf der Höhe der Zeit stehende Position als Publizist zu

konsolidieren und zu verteidigen, mit dem Ziel, den Gegner zu desavouieren. Das

künstlerische Spiel bleibt bei Walden im Prinzip an die natürliche Sprache gebunden,

abgesehen von einigen sinnentfremdenden Wortkombinationen. Sprach- bzw.

Wortspiele bewegen sich meist im Rahmen der lexikalischen Wortbildung.

Die Kontroverse zwischen Walden und Westheim spitzte sich nach dem Ersten

Weltkrieg zu und nahm insofern schärfere Formen an, als z. T. auch über einen Anwalt

kommuniziert, z. T. über Fälle im juristischen Sinne verhandelt wurde, oder zumindest

versucht wurde, solche zu konstruieren.1949 Bereits in der Auseinandersetzung

zwischen Westheim und Walden wurde deutlich, dass sich zwischen ursprünglicher

Kunstkritik und eigentlicher Antikritik nicht mehr differenzieren ließ. Die Kontroverse

hatte den Charakter eines undurchdringlichen Schlagabtausches angenommen. Rede

und Gegenrede, Polemik und Gegenpolemik bestanden aus einem sich

amalgamierenden Wechselspiel von persönlichen Angriffen und Selbstbestätigungen.

Auf der einen Seite ging es um die Kompensation des Machtverlustes, auf der anderen

handelte es sich um die Lancierung von Unwahrheiten oder um verbale beleidigende

Überspitzungen von Tatsachen.1950

In diesem Sinne lässt sich auch die Antwort von Walden auf Daniel-Henry Kahnweilers

Artikel die „Merzmalerei“ in „Das Kunstblatt“ lesen. Walden verwehrt sich darin gegen

den Versuch, den Wert der Merzkunst herabzusetzen. In Kahnweiler sieht Walden

einen Adepten des „Kunstblattes“ und tritt diesem dementsprechend apodiktisch

entgegen. Das Argument Kahnweilers, der Legendenbildung seitens des „Sturm“

bezüglich der Erfindung der Collage vorbeugen zu wollen, lenkt Walden auch auf

Westheim: „Die ach so rasche Legendenbildung hat Herrn Westheim zu einem

Vorkämpfer des Expressionismus gemacht, während der Wissenschaftler Herr Henry

die künftige Kunstgeschichte fahrlässig fälscht.“ Den von Kahnweiler erläuterten

Rezeptionsweg der Collagetechnik korrigiert Walden, indem er auf den „Ersten

Deutschen Herbstsalon“ hinweist, in dem erstmals in Deutschland Collagen zu sehen

1949 Vgl. z. B. den „‚Fall Jawlensky’“, Westheim 1920 (16), S. 314 und Rudolf Blümner: Briefe an Paul Westheim. Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus. Erster Brief. In: Der Sturm 11. Jg., H. 7/8 (1920), S. 100–108 oder „Kokoschka, Klee, Feininger, ganz zu schweigen von den Fällen Marc, Macke, Essig, Jawlensky“ und Chagall, Westheim 1920 (03), S. 127 und vgl. Rudolf Blümner: Briefe an Paul Westheim. Zweiter Brief. In: Der Sturm 11. Jg., H. 9/10 (1920), S. 125–132 (Wassily Kandinsky und Marc Chagall) sowie Rudolf Blümner: Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus. Briefe gegen Paul Westheim. Elfter Brief. In: Der Sturm 12. Jg., H. 8 (1921), S. 148–152 (Franz Marc). 1950 Z. B. fragte Westheim in „Das Kunstblatt“: „warum entlaufen immer mehr alle die Künstler, die nicht bloß nur ‚Sturmkünstler’ sind, dem Geschäftsbetrieb des Herrn Walden“, wobei Westheim die Betonung auf „Geschäftsbetrieb“ legte, Westheim 1920 (03), S. 126-127. Walden entgegnete dem Herausgeber von „Das Kunstblatt“, einige Künstler haben sich „aus materiellen Gründen Geschäftsbetrieben verpflichtet, weil Herr Walden kein Geschäftsbetrieb ist“, Walden 1920 (03). Faktisch entsprach dies nicht der Wahrheit, denn gleichwohl verfolgte der „Sturm“ wirtschaftliche Interessen, wie es etwa aus einigen Statements von Künstlern hervorgeht, vgl. Windhöfel 1995, S. 106-108.

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gewesen seien. „Jedenfalls hat also Schwitters es nicht erst nötig gehabt, sich bei den

sogenannten Dadaisten zu bilden.“1951 Die Antikritik allerdings ist weniger eine

Verteidigung der Merzkunst gegen die Beurteilung Kahnweilers, vielmehr ist sie als

eine Polemik gegen Westheim zu verstehen.

An der polemisch-argumentativen Texttypologie orientierte sich auch Rudolf Blümner,

der ab Ende 1920 Walden als Hauptantikritiker des Sturm-Kreises gegen Westheim

ablöste. Gegen Ende 1920 übergab Walden das Rezensionsmaterial an seinen

Mitstreiter Rudolf Blümner, der bis Ende 1921 insgesamt fünfzehn antikritische „Briefe

an Paul Westheim“ schrieb.1952 Blümner verfasste zuvor antikritische, parodistische

Anekdoten unter dem Titel „Kleine kritische Fabeln“, die mit satirischen rhetorischen

Mitteln stilisiert sind. Seine Texte in Briefform gegen Westheim fungierten dann als

antikritische Waffe gegen die Behauptungen des Kunstkritikers, wobei Blümner v. a.

das Verfahren des Zitatvergleichs anwendete. Zugunsten der Aufdeckung des

systematischen Widerspruchs der kunstkritischen Aussagen verzichtete Blümner nun

weitestgehend auf rhetorische Stilmittel. In den Briefen an Westheim setzte Blümner

inhaltlich da an, wo Walden mit seinen Glossen aufgehört hatte, und trieb die

Entblößung der ambivalenten kunstkritischen Haltung Westheims systematisch und

z. T. mit einer starken Tendenz zur Einseitigkeit voran. In Hinblick auf die natürlich-

sprachliche und formale Ebene entwickelte er die Antikritik des „Sturm“ nicht

wesentlich weiter. Auch seine Texte verfolgten das Ziel, das Renommee des Kreises

hervorzuheben und die Fehlurteile Westheims zu akzentuieren. In der mit Westheim

ausgetragenen Kontroverse präzisierte Blümner die sprachliche Schärfe. Mit einem

hohen Grad an sprachlicher Kunstfertigkeit kritisierte er die sprachliche Form von

Westheims Kritiken. Argumentativ aber wurde „letztendlich nur noch in geringerem

Maße der Gehalt der Kunstkritiken untersucht bzw. zerpflückt.“1953

Von den Sturm-Mitgliedern wurde die Brieffolge Blümners gegen Westheim auch später

noch als „ein unersetzliches und unübersehbares Dokument für die Wahrheit und für die

Geschichte der Kunstwende“ wahrgenommen.1954 In drei der Repliken findet auch der

Merzkünstler Erwähnung. Schwitters’ Kunst dient in diesen Texten wiederum eher als

Aushängeschild, als dass sie verteidigt würde. Einmal schlägt Blümner Westheim

zynischerweise vor, den Merzkünstler mit der Bitte zu kontaktieren, ihn als Mitarbeiter

von „Das Kunstblatt“ anzuwerben und sich in dieser Funktion gegen Walden zu 1951 Beide Zitate: Walden 1919, S. 131. 1952 Dieser Umstand wurde auch von der Presse registriert, vgl. B. (= Bahnweiler, Friedrich): Der Sturm. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 13. Jg., H. 13/14 (1921), S. 410. 1953 Pirsich 1985, S. 616. 1954 Lothar Schreyer: Herwarth Waldens Werk. In: Walden, Nell; Schreyer, Lothar (Hgg.): Der Sturm. Ein Erinnerungsbuch an Herwarth Walden und die Künstler aus dem Sturmkreis. Baden-Baden 1954, S. 113–151, S. 126 und vgl. Walden 1954, S. 42.

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verwenden, wie Westheim das in anderen Fällen auch getan habe.1955 An anderer Stelle

fungiert Schwitters’ Namensnennung als Ausweis der Leistungen des „Sturm“.1956 In

seinem letzten Brief kommt Blümner nochmals auf das Thema der Fallkonstruktionen zu

sprechen und vermutet, eine mögliche Anerkennung Schwitters’ seitens Westheim

hinge auf lange Sicht nur von der Bereitschaft des Künstlers ab, sich vom Sturm-Kreis

zu distanzieren und mit dem „Kunstblatt“ zu kooperieren, da der Merzkünstler bereits

auch Anhänger außerhalb des „Sturm“ gefunden habe.1957

Noch bevor Blümner die Brieffolge gegen Westheim aufnahm, reagiert er in

Verteidigung Schwitters’ auf die Rezension Cohn-Wieners und wendet sich in „Auch ein

Kunstkritiker“ gegen diesen. Darin thematisiert er die kunstkritische Einstellung,

abhängig vom Urteil anderer Kunstkritiker Kunst zu beurteilen und diese erst

anzuerkennen, wenn sich bereits neuere Strömungen entfaltet hätten. Diese evaluative

Nachzeitigkeit wertet Blümner als Beleg für die Inkompetenz des Kritikers. Ferner

unterstreicht der Antikritiker zur zusätzlichen Abwertung des kunstkritischen Urteils das

Interesse seitens des Publikums und der Kunsthändler an der Merzkunst. Formal

wendet sich Blümner in der Du-Form an Cohn-Wiener, die er von dessen Kritik

übernimmt.1958 Ebenso macht er sich den Titel „Auch eine Kunstausstellung“ von Cohn-

Wieners Besprechung zu eigen, substituiert in der Antikritik aber das Wort

Kunstausstellung durch Kunstkritiker, womit Blümner die Rolle des Kritisierenden mit

dem kunstkritischen Gegenstand vertauscht und das Hauptgewicht des Textes auf die

inhaltliche Ebene, auf die Betonung der künstlerischen Überlegenheit gegenüber der

kunstkritischen Leistung legt.1959

Zudem verfasste Blümner eine Replik mit narrativer Texttypologie auf die Rezension zur

76. Sturm-Ausstellung von Curt Glaser. Darin nimmt der Antikritiker Rekurs auf den

fiktiven Brief in der tran-ähnlichen Schrift „Berliner BörsenKukukunst“ von Schwitters

sowie auf Waldens Empfehlung, der Kunstkritiker solle Scherbensammler werden

anstatt Kunstkritiken zu schreiben, denn Glaser habe den falschen Beruf gewählt.1960

Blümner erzählt in der Tradition der Schelmengeschichten von dem Glasermeister, der

in der Antikritik zum Bilderstürmer stilisiert und von den Schildbürgern für sein Talent im

Zertrümmern von Glasbildern gerühmt wird. Metaphorisch zielt Blümner dabei auf die

berufliche Verfehlung resp. mangelhafte Urteilsfähigkeit Glasers ab.1961

1955 Vgl. Blümner 1921, S. 117. 1956 Vgl. Blümner 1921 (02), S. 134. 1957 Vgl. Blümner 1921 (03), S. 214. 1958 Vgl. Blümner 1919. 1959 Vgl. Cohn-Wiener 1919.08.01. 1960 Vgl. Walden 1918 (02). 1961 Vgl. Rudolf Blümner: Kleine kritische Fabeln. In: Der Sturm 11. Jg., H. 5 (1920), S. 71–72, S. 71.

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Auch in Otto Nebel fand Schwitters einen Antikritiker aus dem Sturm-Kreis, der sich für

ihn einsetzte. Nebel entgegnet in „Einschweifungen. Was Schopenhauer von Servaes

weiß“ zunächst Franz Servaes’ Kritik „Expressionisten-Parade“, in der der Kritiker die

Merzbilder als „Exkremente“ bezeichnet hat.1962 Angeregt von der Ausstellungskritik, in

der Servaes eine Aussage Arthur Schopenhauers paraphrasiert hat, greift Nebel einen

Gedanken des Philosophen auf. Dessen Diktum über den Journalismus, den dieser als

trivialste literarische Spielart betrachtet hat,1963 wendet Nebel mit der Wortwahl

Servaes’ gegen den Kritiker selbst:

„Was Schopenhauer von Servaes weiß, was Schopenhauer von der Polygamie sagt, das wissen Sie, Herr Journalist Servaes. Was er gegen Journalisten sagt, das lassen Sie sich nachgesagt sein! Ich werde es Ihnen ganz kurz vorflüstern. Journalisten sind unbegabte Persönlichkeiten, die zur Zeit (sozusagen Ewigkeit) das Maul aufreissen.“1964

Formal orientiert sich Nebel am Collagestil von Schwitters, während er in den meisten

seiner weiteren Antikritiken auf die antikritischen Strategien Waldens rekurrierte.

Im selben Text reagiert Nebel auch auf Rosa Schapire, die Schwitters in ihrer

Besprechung des Kestnerbuches einen „Ableger der ‚Sturmkunst’“ genannt hat.1965 In

Erwiderung Schapires nutzt Nebel das im „Sturm“ übliche Verfahren der

Gegenkopplung:

„Du hast in der roten Erde ohne Anführungszeichen Sturmkunst in Anführungszeichen geklammert. Du wolltest etwas Gutes tun. Du wolltest etwas vertreten. Sieh Deine schiefen Absätze. Sieh, Deine schiefen Aufsätze finden reißenden Absatz. Also wie sehr stellst Du Dich bloß. Ich will Dich klarstellen. Ich habe Dich nie gekannt. Da kommst Du, streust rotgelbe Hasserde auf Schwitters’ Haupt, um Deine innere Leere und mangelnde Gestaltungskraft vergebens zu zerstreuen.“1966

Schapires Vorwurf der „inneren Leere und mangelnden Gestaltungskraft“1967, den der

Antikritiker in den Text montiert, aber nicht als Zitat ausweist, reprojiziert Nebel also auf

die Kritikerin selbst.

Eine charakteristische antikritische Praxis entwickelte auch Christof Spengemann in

seiner Zeitschrift „Der Zweemann“ parallel zu Schwitters’ z. T. darin publizierten

Erwiderungen. Die bürgerliche Kritik war für Spengemann „Einheitsstoff für

1962 Servaes 1920.04.27. 1963 Vgl. Schopenhauer 2004/1819, S. 64417 (vgl. Schopenhauer-ZA Bd. 3, S. 147). 1964 Otto Nebel: Einschweifungen. Was Schopenhauer von Servaes weiß. In: Der Sturm 11. Jg., H. 2 (1920), S. 22–23, S. 22. 1965 Schapire 1920. 1966 Nebel 1920, S. 23. 1967 Schapire 1920.

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Wickelgamaschen, Ulster und Smoking“1968, während er selbst „Kritik als Tat“

propagierte.1969 Er zielte in seinen Antikritiken auf Hannoversche, Bremer und Berliner

Kunstkritiker der Avantgarde und auf deren überkritische Haltung zum

Expressionismus zweiter Generation. Was seine Einstellung zur Kunstkritik betraf,

forderte Spengemann im Sinne der zweckfreien Kunst, „Kritik muß wieder Kunstwerk

sein“.1970 In seinen Antikritiken jedoch hielt er an der zweckorientierten Textsorte der

Glosse fest und betitelte diese sinngemäß als „Glossen. Tagesweisheiten“.

Formal zeigt sich in seinen Schriften eine Auflösung der Textsyntax durch einmontierte

Elemente und damit eine Aufnahme von Strategien der Avantgardeliteratur:

„Sankt Martinstag im Hannoverschen Kurier, vormals Courier (deutsch bis ins Mark; - deß sind wir gewiß!): / Herr Martin Frehsee, verantwortlich, greift selbst zur Feder und schreibt lose Blätter in losem Zusammenhang mit der Kunst. / Der Heimatkitsch wird in den Himmel gehoben, denn das Kosmische ist Bolschewismus. Zillertal, du bist mei Fraid!“1971

Ähnlich wie Schwitters mit Zitaten aus der klassischen Literatur oder Volksliedern

umging, kommentiert Spengemann seine eigene Gegenrede auf Martin Frehsee hier

mit einer Zeile aus einem Lied der Volksmusik, um auf die volkstümliche Anschauung

des Kritikers und des „Hannoverschen Kurier“ anzuspielen. Ganz im Sinne des

Merzkünstlers kombiniert er Paraphrasen mit Fragmenten aus Werbeanzeigen, deren

Zusammenstellung nicht sinnverbunden ist: „Eine reiche Blüte gesunder deutscher

Wortkunst wird zutage getreten. (‚Von ihm selbst erfundene Technik. Mit Stearin

getränkt.’)“. Ziel seiner Polemik ist hierbei die deutschnationale Ausrichtung des

„Hannoverschen Kurier“. Spengemanns Texte sind also durchflochten von

Kritikerzitaten, die z. T. durch sinnentfremdende Parenthesen unterbrochen werden,

ein antikritisches Verfahren wie es bereits bei Carl Hoff fast 40 Jahre zuvor zu finden

ist. Während die Einschübe bei Hoff den zitierten Text kommentierten, bildet die

Parenthese in Spengemanns antikritischen Schriften eine inhaltliche Leerstelle im

Sinne der literarischen Textcollage:

„Im Pradomuseum zu Madrid finden sich ‚beispielsweise’ Werke ‚auf denen statt des herrlich goldenen Regens, in dessen Gestalt Jupiter nach der Mythe Danae liebend umarmte eine Wolke dargestellt, aus der leibhaftige Goldstücke herunterregnen. (Merzmalerei mit Mechanismus.) Zum Überfluß werden - welch seltsame Komik! - diese überdies noch von einer alten Dienerin aufgesammelt,

1968 Christof Spengemann: Glossen. Tagesweisheiten I und II. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 2 (Dezember) (1919), S. 17–18, S. 17. 1969 Spengemann 1919 (04), S. 294. 1970 Ebd., S. 295. 1971 Spengemann 1919 (05), S. 17.

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deren Anwesenheit in diesem Höchst persönlichen feierlichen Moment recht eigentümlich wirkt!’“1972

Einer der Hauptkritikpunkte des Zweemann-Verlegers war der konservative politische

und künstlerische Standpunkt der meisten Kunstkritiker. Besonders gegen die

Forderung der Redakteure des „Hannoverschen Kurier“ nach der Orientierung an der

sichtbaren Natur sowie nach einer deutschnationalen Beschränkung der Kunst

polemisierte Spengemann immer wieder. Seiner avantgardistischen und

demokratischen Einstellung entsprechend paraphrasierte er die Aussagen bspw. von

Frehsee, den er als Schriftleiter des „Kurier“ für die Feuilletoninhalte der Zeitung

verantwortlich machte: „Die Unterscheidung zwischen rechts und links wird natürlich

beibehalten. Rechts ist eine Frage des Lebens, links eine Frage der Zerstörung. [...] Er

muß die Fragen des Lebens also im rechtspolitischen Sinne lösen.“1973 Spengemann

reproduziert dabei v. a. die bipolaren Denkmuster, im Rahmen derer die Analogien

zwischen politischen Gesinnungen und künstlerischen Positionen gesetzt wurden.

Verwandt mit der sprachkritischen Haltung, wie sie sich in den Antikritiken des Sturm-

Kreises zeigte, wies auch Spengemann insistierend und polemisierend auf Stilblüten in

den Kunstkritiken hin: „‚Er darf nicht die künstlerische Form erniedrigen zu

durchsichtiger Verhüllung unkünstlerischer Absichten.’ Recht so! Durchsichtige

Verhüllungen sind unbürgerlich und gehören in den unsittlichen Komplex der modernen

Tänze.“1974 Hier pointiert der Antikritiker die oxymoronale Äußerung Frehsees und

reflektiert sie, indem er die im Sinne der von der Kunstkritik geforderten natürlichen

Sprache widersinnige Aussage als eine dem Zeitungsprogramm gegenläufige

charakterisiert. Somit entlarvt er die Ambivalenz zwischen den überambitionierten

Ansprüchen an die Kultur und der kulturkritischen Praxis.

Auch Spengemann unterstützte Schwitters publizistisch, nutzte seine Antikritiken aber

im Gegensatz zu den Sturm-Theoretikern weniger in eigener Sache. In einem

antikritischen Text verweist er zur Unterstützung des Merzkünstlers auf die Differenz

zwischen der am Verstand und der an künstlerischen Werten orientierten

Rezeptionsweise, wie im Fall Karl Goldfeld, der Schwitters’ expressionistische Gedichte

als „Undinge“ kritisiert hat.1975 Von Kahnweilers kunsthistorischem Überblick zur

Collagetechnik in der bereits diskutierten Rezension „Merzmalerei“ und der Einordnung

dieser in einen geschichtlichen Zusammenhang leitet Spengemann an anderer Stelle

„eine künstlerische Bedingtheit“ der Merzkunst vom Kubismus ab und attestiert

1972 Beide Zitate: Ebd. 1973 Christof Spengemann: Glossen. Tagesweisheiten VI. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 6 (April) (1920), S. 8–11, S. 11. 1974 Ebd. 1975 Vgl. Christof Spengemann: Wer hilft? In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 2 (1919), S. 18 und Goldfeld 1919, S. 3.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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Kahnweiler in Folge von dessen Aussage „eine öde Stimmungsmache“.1976 Ideen

könnten auch parallel und unabhängig voneinander entwickelt werden und die Kunst,

die daraus resultiere, sei daher nicht Nachahmung eines Vorbildes, sondern besitze

schöpferischen Eigenwert, so schreibt Spengemann zur Entkräftung von Kahnweilers

Vorwurf, bei Schwitters handle es sich lediglich um einen Epigonen von Picasso und

Braque. Grundlegend für Spengemanns Argumentation ist aber, dass er in seiner

Verteidigung von Schwitters auf einen konkreten Unterschied zu anderen

Collagekünstlern hinweist und damit auf die Weiterentwicklung des Prinzips Collage zu

einer abstrakten Kunstform aufmerksam macht: „Aus dem Gefühl, daß die Herrschaft

von Stoff und Material zu stürzen ist, entspringen abstrakte Gestaltung und

Verleugnung der bisherigen conditio sine qua non hinsichtlich der Ausdrucksmittel.“1977

Paul Steegemann, der Verleger des Sammelbandes „Anna Blume. Dichtungen“, setzte

sich ebenso antikritisch für Schwitters ein. Er publizierte in seiner Zeitschrift „Der

Marstall“ den Aufsatz „Das enthüllte Geheimnis der Anna Blume“, in dem er zahlreiche

Reaktionen auf die erste Merzpublikation oder auf die damit verbundenen

Werbemaßnahme, wie bspw. die oben erwähnte Plakataktion, in Form von Briefen,

Zeitungsartikeln oder Kommentaren, teilweise oder in Gänze wieder abdruckte, um die

Einstellung des Publikums der Merzkunst gegenüber abzubilden und die gegen

Schwitters gerichteten Vorwürfe der Scharlatanerie und der Verrücktheit

aufzuzeigen.1978 Der Beitrag wurde von Schwitters selbst redigiert.1979 Diese

publizistische Strategie der reinen Zitatmontage erinnert an das antikritische Verfahren,

wie es zuvor von Julius Stinde, im Zuge des „Ersten Deutschen Herbstsalons“ von

Herwarth Walden oder in der Münchner Zeitschrift „Der Ararat“ in Bezug auf Kritiken zu

Paul Klee und George Grosz praktiziert worden war.1980 Die Resonanz auf die einmalig

erschienene Zeitschrift „Der Marstall“ war nicht sonderlich groß.1981

Während die antikritische Haltung bei den Sturm-Theoretikern und ihnen

nahestehenden Publizisten eine sehr ausgeprägte war, blieb die Kritik der Kunstkritik

1976 Beide Zitate: Christof Spengemann: Nichts Neues. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 3 (Januar) (1920), S. 13–14, S. 14. 1977 Ebd. 1978 Vgl. Steegemann 1920. 1979 Vgl. Ewig 1999, S. 248. 1980 Vgl. Anonym: Die Arche. Paul Klee und die Kritik. Eine Auswahl. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 8 (1920), S. 80 und Hirschfeld 1920. 1981 Vgl. Hans Benzmann: Das dadaistische Gedicht. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst 50. Jg., H. 1-2 (1921), S. 208–213, S. 211-212, Bernhard Gröttrup: Haut die Dadaisten! In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 1. Jg., H. 2 (1920), S. 44–45, Herrmann 1920.12.20 und Ossip Kalenter: Die Silbergäule. Ein Aufklärungsfilm. In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 1. Jg., H. 16 (1920), S. 377–380.

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ANHANG Exkurs zur antikritischen Praxis

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innerhalb der dadaistischen Bewegung ein eher marginales Thema. Die Züricher

Dada-Bewegung ignorierte die Kunstkritik, weil sie diese für obsolet hielt. „Ein

Kunstwerk ist niemals [...] objektiv für alle. Folglich ist Kritik unnütz, sie existiert

lediglich subjektiv für den einzelnen ohne den geringsten Charakter von

Allgemeingültigkeit.“1982

Die Kritik von Dada Berlin zielte auf die Presse als Vermittler von Nachrichten jeglicher

Art. Die Kunstkritik spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Nur vereinzelt finden sich

Beispiele etwa für reine, antikritisch gerichtete Zitatmontagen in der zeitgenössischen

Dada-Literatur.1983 Da die Dadaisten ihre Aktivitäten als alles umfassende Kritik

auffassten und insbesondere bürgerliche Ein- und Vorstellungen angriffen, wurde die

negative Presseresonanz zur dadaistischen Bewegung für Dada Berlin zu einem

Faktor, mit dem die Dadaisten besonders im Hinblick auf öffentliche Auftritte im

Rahmen von Dada-Abenden bewusst kalkulierten. Denn die Reaktionen der

bürgerlichen Presse waren integraler Bestandteil des dadaistischen Konzeptes:

„Täglich liest man sich in seinem Stammkaffee die Kritiken vor, die [...] durch ihre Entrüstung zeigen, daß man mit Dada irgend jemand ins Herz getroffen hat. Man ist betroffen, man schweigt und freut sich seines Ruhmes.“1984

Systematisch wurden Bilder und Texte aus der Presse als Material für bildnerische wie

auch literarische Montagen verwandt, um selbst Kritik an der bürgerlichen Welt zu üben.

Zielstrebig nutzten die Dadaisten die Mechanismen der Massen- und Sensationspresse

für ihre eigenen Zwecke. In ihren Manifesten gaben sie den Kulturjournalisten, wie

erörtert, Vorlagen für kunstkritische Schlagwörter, die sie wiederum von der öffentlichen

Rezeption aufnahmen, um eine größtmögliche Publizität zu erreichen. An dem Beitrag

„Was die Kunstkritik nach Ansicht des Dadasophen zur Dadaausstellung sagen wird“ im

Katalog zur „Ersten Internationalen Dada-Messe“ wird deutlich, dass das Verhältnis der

dadaistischen Bewegung zur Kunstkritik bzw. zur Presse auf Wechselseitigkeit beruhte.

Der Katalog zur Dadaausstellung 1920 erschien erst etwa drei Wochen nach der

Ausstellungseröffnung und beinhaltet jenen Beitrag, in dem Hausmann eine Kunstkritik

zur Ausstellung aus der nationalistisch ausgerichteten „Neuen Preussischen (Kreuz-

)Zeitung“ mit minimalen Modifikationen wieder abdruckt. Diese Kunstkritik summierte

alle erdenklichen Verdikte gegen die dadaistische Bewegung. Mit dem Wiederabdruck

reprojiziert Hausmann somit nahezu unmittelbar die Summe der wichtigsten Vorbehalte

1982 Tzara 1980/1918, S. 119. 1983 Vgl. Anonym: Kritiken aus allen Zeitungen der Welt. In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 41–44 und Anonym: Kritiken aus allen Zeitungen der Welt. In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 110–114. 1984 Richard Huelsenbeck: Aus der Geschichte des Dadaismus. In: Der Marstall. Zeit- und Streitschrift des Verlages Paul Steegemann 1. Jg., H. 1-2 (1920), S. 33–37, S. 33.

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der dadaistischen Bewegung gegenüber. Indem er den Ausgangstext durch polemische

Überspitzungen modifiziert, wird der Katalogbeitrag zumal durch die ergänzten

vorgeblichen und übertriebenen Mutmaßungen zur Presseresonanz zur Mediensatire.

So komplettiert Hausmann z. B. die ursprüngliche Äußerung - „Vorweg sei betont, daß

auch diese Dada-Ausstellung ein ganz gewöhnlicher Bluff ist, dessen Besichtigung nicht

lohnt“1985 - zu folgender pointierteren Formulierung: „Vorweg sei betont, daß auch diese

Dada-Ausstellung ein ganz gewöhnlicher Bluff, eine niedere Spekulation auf die Neugier

des Publikums ist - eine Besichtigung lohnt nicht.“1986 Der Vorlage entsprechend handelt

es sich um einen journalistischen Text, der im Rahmen der natürlichen

Sprachwiedergabe bleibt. Aus der Steigerung des ohnehin negativen Sprachgestus

aber resultiert eine Textverfremdung durch Übertreibung, wodurch die Kunstkritik selbst

karikiert wird.1987 Und mit einer derartigen Manipulation der Kunstkritik trieben die

Dadaisten die antikritische Praxis in ihrer gegnerischen Position zum

Kunstjournalismus auf die Spitze des zuvor Ausgeprägten.

1985 P. F. 1920.07.03. 1986 Raoul Hausmann: Was die Kunstkritik nach Ansicht des Dadasophen zur Dada-Ausstellung sagen wird. In: Riha, Karl (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 1991, S. 115–116, S. 115. 1987 Zur Vorlage und deren Veränderungen durch Hausmann, vgl. Hanne Bergius: Montage und Metamechanik. Dada Berlin. Artistik von Polaritäten. Berlin 2000, zugl. Habil.-Schrift, Freie Univ. Berlin 1992, S. 292-293 und zu Dada und die Presse, vgl. ebd., S. 87-90 und Hanne Bergius: Dada-Berlin and its Aesthetic of Effect. Playing the Press. Press Reception: Dada-Berlin. Articles about Dada-Berlin in Daily Newspapers. Selected Bibliography. In: Watts, Harriett (Hg.): Dada and the Press (= Crisis and the Arts. The History of Dada 9). New Haven u. a. 2004, S. 67–152.

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ANHANG Literatur

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Verzeichnis der verwendeten Literatur Bei den Literaturangaben in den Fußnoten erscheint nach der ersten Zitierung der vollständigen bibliografischen Angaben die jeweilige Quelle als Kurztitel. Dieser Kurztitel setzt sich aus dem Nachnamen des Verfassers oder Herausgebers und dem Erscheinungsjahr sowie in seltenen Fällen aus dem abgekürzten Titel der Publikation zusammen. Kurztitel von Ausstellungskatalogen werden mit „Ausst.“, dem Ort der Ausstellung und dem Erscheinungsjahr der Publikation abgekürzt. Existieren von einer Veröffentlichung mehrere Auflagen, so wird zunächst das Erscheinungsjahr der verwendeten Ausgabe und dann das Jahr der Ersterscheinung oder das Jahr der Fertigstellung genannt. Erschienen mehrere Publikationen eines Verfassers innerhalb eines Jahres, wird die Jahresangabe durch eine z. T. nicht fortlaufende Nummerierung ergänzt, die nicht der Chronologie der Veröffentlichungen entspricht. Bei Aufsätzen aus der Tagespresse wird zunächst das Jahr, dann der Monat und schließlich der Tag der Zeitungsausgabe im Kurztitel zitiert. Soweit die Zeitungsartikel nicht namentlich gezeichnet oder nicht mit einem Verlagskürzel versehen sind, werden diese als „Anonym“ ausgewiesen. In den Fällen, bei denen es möglich war, Verlagskürzel oder Synonyme aufzulösen, wird der bürgerliche Name des Verfassers im Kurztitel verwandt. Kurze Aufsätze in zeitgenössischen Zeitungen hatten oftmals keinen eigenständigen Titel. Dafür wurden die Wörter zu Beginn des Zeitungsartikels fett gedruckt, welche sodann im nachfolgenden Literaturverzeichnis als Titel in eckigen Klammern erscheinen. Gleichfalls in eckige Klammern gesetzt werden unbekannte Titel von Rezensionen, wobei in diesen Fällen nachfolgend kurz der Gegenstand des jeweiligen Aufsatzes vermerkt wird. Schwitters' eigene literarische Schriften und Manifeste werden nicht als Kurznachweis im Fließtext behandelt, sondern als abhängig publizierte, aber literarisch eigenständige Werke aufgelistet, da sie als solche konzipiert sind. Dabei setzt sich der Kurztitel wie folgt zusammen: Nachname des Autors, Jahr aus der verwendeten Ausgabe des literarischen Werkes und Jahr der Ersterscheinung bzw. das Jahr der Abfassung sowie ein abgekürzt zitierter Titel zur besseren Auffindbarkeit. a 1921.02.22 a: [Kurt Schwitters-Vortrag in der Kaufmannschaft]. In: Dresdner Lokalanzeiger. Ausgabe 44, 22.02.1921. A. G. 1920.08.05 A. G.: Vom Expressionismus zum Kompressionismus. Dresdner Sommerausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 361, 05.08.1920. ab 1921.02.20 ab: [Kurt Schwitters-Abend]. In: Dresdner Anzeiger, 20.02.1921. Abbetmeyer o. D. Abbetmeyer, Theo: Literatur. Neue Bücher. Kurt Schwitters, Anna Blume. Dada-Dichtungen. In: Deutsche Volkszeitung, Hannover, o. D. Adelung 2004/1793-1801 Adelung, Johann Christoph: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, URL: http://www.digitale-bibliothek.de/band40.htm (Stand: 03.12.2009). Adkins 1988 Adkins, Helen: Erste internationale Dada-Messe. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne

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ANHANG Literatur

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Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 157–183. Adkins 1988 (02) Adkins, Helen: Erste Russische Kunstausstellung. In: Bollé, Michael; Züchner, Eva (Red.): Stationen der Moderne. Die bedeutendsten Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Kat. Ausst. Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur Berlin. Köln 1988, S. 185–196. Almai 2005 Almai, Frank: Expressionismus in Dresden. Zentrenbildung der literarischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dresden 2005, zugl. Habil.-Schr. Techn. Univ. Dresden 2001. Altmeier 1972 Altmeier, Werner: Die Bildende Kunst des Deutschen Expressionismus im Spiegel der Buch- und Zeitschriftenpublikationen zwischen 1910 und 1925. Zur Debatte um ihre Ziele, Theorien und Utopien. Saarbrücken 1972, zugl. Diss. Univ. Saarbrücken 1971. Andresen 1866 Andresen, Andreas: Die deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts, nach ihren Leben und Werken. 5 Bde. Bd. 1. Leipzig 1866. Anonym 1883 Anonym: Von unserem Büchertisch. In: Kladderadatsch. Humoristisch-satirisches Wochenblatt 36. Jg., H. 56 (09.12.1883), S. 2. Anonym 1912 Anonym: Berliner Kunstbericht. In: Deutsche Rundschau 38. Jg., H. Oktober (1912), S. 144–148. Anonym 1912.10.24 Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zur „Ersten Gesamtausstellung“ in der Galerie „Hans Golz - Neue Kunst]. In: Münchner Neueste Nachrichten, 24.10.1912. Anonym 1918.08.07 Anonym: Bildende Kunst. [Der Futurismus der Bolschewiki]. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 366, 07.08.1918. Anonym 1919.01.22 Anonym: [Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 20, 22.01.1919. Anonym 1919.02.04 Anonym: Eindrücke eines Achtzigjährigen über „Die Zukunft der deutschen Kunst“. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34248, 04.02.1919. Anonym 1919.03.23 Anonym: [Kestner-Gesellschaft, E. B. Königstraße 8]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 70, 23.03.1919. Anonym 1919.03.30 Anonym: Kunst, Wissen, Leben. [Gemälde-Ausstellung Dr. Paul Madsack]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 76, 30.03.1919. Anonym 1919.07.26 Anonym: Die Nationalversammlung zum Regierungsprogramm. Von unserem

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ANHANG Literatur

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Weimarer Sonderberichterstatter. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 204, 26.07.1919. Anonym 1919.07.29 Anonym: [Ein eigenartiges Kulturdokument]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34543, 29.07.1919. Anonym 1919.07.30 Anonym: Kunst und Wissenschaft. In: Jenaische Zeitung, 30.07.1919. Anonym 1919.07.31 Anonym: Der neueste Kunststil. In: Kölner Tageblatt. Ausgabe 371, 31.07.1919. Anonym 1919.07.31 a Anonym: [Vom neuesten Kunststil]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 209, 31.07.1919. Anonym 1919.08.03 Anonym: [„Merzbilder“. Der neueste Kunststil]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 211, 03.08.1919. Anonym 1919.08.16 Anonym: [„Merzbilder“. Der neueste Kunststil]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34575, 16.08.1919. Anonym 1919.11.24 Anonym: [Das Gegenstück zur Merzmalerei]. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 548, 24.11.1919. Anonym 1919.11.26 Anonym: Vermischtes. [Das Gegenstück zur Merzmalerei]. In: Saale-Zeitung, 26.11.1919. Anonym 1919.12.11 Anonym: Die allerneueste Richtung. In: Augsburger Postzeitung, 11.12.1919. Anonym 1919.12.12 Anonym: [Die allerneueste Kunstrichtung]. In: Fränkischer Kurier, Nürnberg. Ausgabe morgens, 12.12.1919. Anonym 1919.12.20 Anonym: Zeitschriftenschau. [Neue Kunstzeitschriften]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 297, 20.12.1919. Anonym 1919.12.29 Anonym: [Dadaistische Liebeslyrik]. In: Welt am Montag, Berlin, 29.12.1919. Anonym 1920 Anonym: Die Arche. Paul Klee und die Kritik. Eine Auswahl. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 8 (1920), S. 80. Anonym 1920.01.24 Anonym: Dadaistenkrach in Dresden. In: Allgemeine Zeitung, Chemnitz, 24.01.1920. Anonym 1920.01.26 Anonym: [Dadaistische Liebeslyrik]. In: Münchner Post, 26.01.1920.

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ANHANG Literatur

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Anonym 1920.02.20 Anonym: Dadaismus. In: Hamburger Volkszeitung, 20.02.1920. Anonym 1920.03.23 Anonym: Der Geist des Expressionismus. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 63, 23.03.1920. Anonym 1920.05.19 Anonym: Lose Blätter. [Zwei Zuschriften, die moderne Kunst in Hannover betreffend]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35025, 19.05.1920. Anonym 1920.06.11 Anonym: Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Darmstädter Zeitung. Ausgabe 134, 11.06.1920. Anonym 1920.07.11 Anonym: Das Ende des Dadaismus. In: Rheinisch-Westphälische Zeitung. Ausgabe 599, 11.07.1920. Anonym 1920.07.31 Anonym: [Klinger und die Dadaisten]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 206, 31.07.1920. Anonym 1920.08.09 Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zur Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ im Städtischen Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe, Darmstadt 1920]. In: Heidelberger Tageblatt, 09.08.1920. Anonym 1920.09.04 Anonym: Welt und Wissen. Die Darmstädter Expressionisten-Ausstellung. In: Kölnische Volkszeitung. Ausgabe 679, 04.09.1920. Anonym 1920.10.17 Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zu einer Gruppenausstellung mit unbekanntem Titel (Kurt Schwitters, Karl Fluhme, Oskar Vögel, Ascan Lutteroth u. a.) im Kunsthaus Louis Bock und Sohn, Hamburg]. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft, 17.10.1920. Anonym 1920.11.10 Anonym: [Martin Frehsee]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 35322, 10.11.1920. Anonym 1920.12.19 Anonym: Luther-Anekdoten. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 298, 19.12.1920. Anonym 1921 Anonym: [Die Dada-Dichtungen]. In: Der Gral. Monatsschrift für schöne Literatur Bd. 14 (1921), S. 63. Anonym 1921.02.22 Anonym: „Antidada“-Abend. In: Unabhängige Volkszeitung, Dresden, 22.02.1921. Anonym 1921.07.05 Anonym: Dadaisten-Abend im Rosensaal. In: Jenaische Zeitung, 05.07.1921.

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ANHANG Literatur

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Anonym 1922.04.24 Anonym: [Eigene „Dichtungen“]. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 24.04.1922 (Quelle: Schwitters, Kurt: „GäsTebuch FÜR Die mERrzausstellunG“, 1922, o. S., s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 1: 1905-1922. Ostfildern-Ruit 2000, WV-Nr. 1048). Anonym 1922.11.12 Anonym: [In der Galerie von Garvens]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 267, 12.11.1922. Anonym 1923.03.29 Anonym: [Merz]. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft. Ausgabe 63, 29.03.1923. Anonym 1927.04.07 Anonym: [Die „Abstrakten“]. In: Cellesche Zeitung, 07.04.1927. Anonym 1927.05.11 Anonym: Städtische Gemäldegalerie. In: Märkischer Sprecher, 11.05.1927. Anonym 1930.12 Anonym: [Titel unbekannt. Künstler in Front]. In: Hannoversches Tageblatt, 12.1930 (Quelle: Rischbieter, Henning (Hg.): Die zwanziger Jahre in Hannover. Bildende Kunst, Literatur, Theater, Tanz, Architektur 1916-1933. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1962, S. 151). Anonym 1935 Anonym: Überwundene „Kunst“. In: Neues Volk. Blätter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP Ostern (1935), S. 32–36. Anonym 1938.02.25 Anonym: Entartung der Kunst. Die Ausstellung „künstlerischer“ Schandprodukte von München nach Berlin übersiedelt - Gemalte und geschnitzte Pamphlete. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 47, 25.02.1938. Anonym 1980/1920 Anonym: Dada-Reklame-Gesellschaft. In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 157. Anonym 1980/1920 (03) Anonym: Kritiken aus allen Zeitungen der Welt. In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 41–44. Anonym 1980/1920 (04) Anonym: Kritiken aus allen Zeitungen der Welt. In: Dada Almanach. Hrsg. von Richard Huelsenbeck. Berlin 1920 (Nachdr. Hamburg 1980), S. 110–114. Anonym 1995 Anonym: Cohn-Wiener, Ernst. In: Killy, Walter (Hg.): Deutsche biographische Enzyklopädie. 12 Bde. Bd. 2: Bohacz-Ebhardt. München 1995, S. 353. Apollinaire 1912 Apollinaire, Guillaume: Realité, peinture pure. In: Der Sturm 3. Jg., H. 138/139 (1912), S. 224–225.

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ANHANG Literatur

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Apollinaire 1913 Apollinaire, Guillaume: Die moderne Malerei. In: Der Sturm 3. Jg., H. 148/149 (1913), S. 272. Arens 1920 Arens, Hanns: Dadaismus. In: Die Hochwacht. Monatsschrift zur Wahrung u. Pflege deutscher Geisteskultur 6. Jg., H. 2 (1920), S. 138–140. Arnold 1972 Arnold, Armin: Kurt Schwitters' Gedicht ‚An Anna Blume’. Sinn oder Unsinn? In: Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur 35/36 (1972), S. 13–23. Arp 1953 Arp, Hans: Wortträume und schwarze Sterne. Auswahl aus den Gedichten der Jahre 1911-1952. Wiesbaden 1953. Arp/Lissitzky 1968/1925 Arp, Hans; Lissitzky, El: Die Kunstismen. Les ismes de l’art. The Isms of Art. Zürich 1925 (Nachdr. New York 1968). Ausst. Berlin 1919 (01) Der Sturm. 75. Ausstellung. Oswald Herzog. Oskar Fischer. Heinrich von Boddien. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919. Ausst. Berlin 1919 (03) Der Sturm. 76. Ausstellung. Kurt Schwitters, M. Langenstrass-Uhlig. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919. Ausst. Berlin 1919 (05) Der Sturm. 77. Ausstellung. Maria Uhden Gedächtnisausstellung. Paul Busch. Paul Nietsche. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919. Ausst. Berlin 1920 (05) Erste Internationale Dada-Messe. Kat. Ausst. Kunstsalon Burchard, Berlin 1920. Ausst. Berlin 1922 (02) Gemälde von Hans Thoma aus deutschem Privatbesitz ausgestellt in der National-Galerie. Betrachtungen und Verzeichnis. Kat. Ausst. Nationalgalerie, Berlin 1922. Ausst. Hannover 1918 1. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1918. Ausst. Hannover 1920 Graphische Ausstellung. Burchartz, Gleichmann, Steinitz, Kuron, Schütte u. a. Liste Ausst. Verlag Robert Goldschmidt; Der Zweemann, Ausstellungsräume in der Münzstraße 2. Hannover. Hannover 1920. Ausst. Hannover 1920 (02) 31. Ausstellung. 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Gemälde, Graphik, Architektur, Plastik. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1920. Ausst. Hannover 1921 (03) VII. Ausstellung der Galerie von Garvens. Neuerwerbungen 1920/21. Kat. Ausst. Galerie Garvens, Hannover 1921.

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ANHANG Literatur

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Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt Schwitters, Kurt: An alle Bühnen der Welt. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 39–41. Schwitters 2005/1919 – Die Merzbühne Schwitters, Kurt: [Vorwort]. Die Merzbühne. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 39. Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei Schwitters, Kurt: Die Merzmalerei. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 37. Schwitters 2005/1919 – Die Mordmaschine Schwitters, Kurt: Die Mordmaschine 43. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 77–79. Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner Schwitters, Kurt: Du meiner, ich deiner, wir mir. (Und Sonne Unendlichkeit lichten die Sterne). Offener Brief an Herrn Martin Frehsee. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 47–48. Schwitters 2005/1919 – Nennen Sie es Ausschlachtung Schwitters, Kurt: Nennen Sie es Ausschlachtung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 64. Schwitters 2005/1919 – Selbstbestimmungsrecht Schwitters, Kurt: Selbstbestimmungsrecht der Künstler. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 38–39. Schwitters 2005/1919 – Tran 1 Schwitters, Kurt: Tran 1. Ein solider Artikel. Eine Anwienerung im Sturm. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 45–46. Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst Schwitters, Kurt: Berliner BörsenKukukunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 50–51. Schwitters 2005/1920 – Erweiterung Schwitters, Kurt: Erweiterung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 59–61. Schwitters 2005/1920 – Merz Schwitters, Kurt: Merz (Für den ‚Ararat’ geschrieben 19. Dezember 1920). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 74–82.

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Schwitters 2005/1920 – Nichts tötet schneller Schwitters, Kurt: Nichts tötet schneller als Lächerlichkeit. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 49–50. Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 12 Schwitters, Kurt: Tran Nr. 12. Kritik als Kunstwerk. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 64–65. Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14 Schwitters, Kurt: Tran Nr. 14. Herr Dr. Frosch hungert den Geist aus. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 67–68. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11 Schwitters, Kurt: Tran Nummer 11. Deutsche Volkskritik, die Kritik des Wiederaufbaus. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 61–63. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 13 Schwitters, Kurt: Tran Nummer 13. Das Privatscheuertuch. (Beiträge zur Phänomenologie des kritischen Genusses). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 65–67. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16 Schwitters, Kurt: Tran Nummer 16. Das Leben auf blindem Fuße. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 72–73. Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7 Schwitters, Kurt: Tran Nummer 7. Generalpardon an meine hannoverschen Kritiker in Merzstil. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 52–55. Schwitters 2005/1920 – Was Kunst ist Schwitters, Kurt: Was Kunst ist; eine Regel für große Kritiker. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 57–58. Schwitters 2005/1921 – Antworten auf die Kritik Schwitters, Kurt: Antworten auf die Kritik meines Abends bei Garvens am 8.12.1921. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 92–93. Schwitters 2005/1921 – Aufruf! Schwitters, Kurt: Aufruf! (ein Epos). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 60–63. Schwitters 2005/1921 – Kurt Schwitters Schwitters, Kurt: Kurt Schwitters. Herkunft, Werden und Entfaltung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 82–84.

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Schwitters 2005/1921 – Tran 18 Schwitters, Kurt: Tran 18 an Dresdener Kritiker, vermischt mit Eindrücken von der Bernaer Fochelwiehße. (Hier gannsde dir nachdrächlich das E.K. einz verdienen, hierr.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 85–87. Schwitters 2005/1921 – Tran 19 Schwitters, Kurt: Tran 19. Mein Zerfahren gegen Paul Westheim, zur Gewinnung aromatischer, alkoholfreier Säfte. (Die Axt im Haus zersetzt den Zimmermann.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 89–91. Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 15 Schwitters, Kurt: Tran Nr. 15. Die Durchschnittserscheinung mit hellen Augen. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 69–71. Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 17 Schwitters, Kurt: Tran Nr. 17. Der gefesselte Paul Madsack. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 73. Schwitters 2005/1921 – Über den Wert der Kritik Schwitters, Kurt: Über den Wert der Kritik (Nachtrag). Meine Ansicht über den Wert der Kritik (Für den Ararat). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 87–88. Schwitters 2005/1922 – Analyse Schwitters, Kurt: Analyse. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 66–67. Schwitters 2005/1922 – Einleitung Schwitters, Kurt: Einleitung. Was ist Bleie? In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 59–60. Schwitters 2005/1922 – i Ein Manifest Schwitters, Kurt: i (Ein Manifest). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 120. Schwitters 2005/1922 – Schloß und Kathedrale Schwitters, Kurt: Schloß und Kathedrale mit Hofbrunnen. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 95–96. Schwitters 2005/1922 – Tran 21 Schwitters, Kurt: Tran 21. Rede am Grabe Leo Reins. (In der Berliner Börsenzeitung 547 v. 27.11.1921). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 94–95. Schwitters 2005/1922 – Tran 23 Schwitters, Kurt: Tran 23. Blumen. (Der Kritiker visavis der absoluten Stofflichkeit). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 104–106.

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Schwitters 2005/1922 – Tran 24 Schwitters, Kurt: Tran 24 / die Schwanenjungfrau. Was man kaut, wird Brei (Ernst Lehmann). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 107. Schwitters 2005/1922 – Tran 25 Schwitters, Kurt: TRAN 25. Sämischgares Rindleder. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 108–114. Schwitters 2005/1922 – Tran 27 Schwitters, Kurt: Kritiker. Tran 27. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 117. Schwitters 2005/1922 – Tran 31 Schwitters, Kurt: Tran 31. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 118–119. Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22 Schwitters, Kurt: Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 97–104. Schwitters 2005/1922 – Tran Nr. 26 Schwitters, Kurt: Einleitung. Tran Nr. 26. An alle Kritiker. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 116. Schwitters 2005/1922-1932 – ursonate Schwitters, Kurt: ursonate. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 214–242. Schwitters 2005/1923 – Banalitäten 1 Schwitters, Kurt: Banalitäten (1). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 172–173. Schwitters 2005/1923 – Banalitäten 2 Schwitters, Kurt: Banalitäten (2). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 173–174. Schwitters 2005/1923 – Banalitäten 3 Schwitters, Kurt: Banalitäten (3). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 148. Schwitters 2005/1923 – Die Bedeutung des Merzgedankens Schwitters, Kurt: Die Bedeutung des Merzgedankens in der Welt. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 133–135. Schwitters 2005/1923 – Holland Schwitters, Kurt: Holland Dada. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005,

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S. 124–132. Schwitters 2005/1923 – i Schwitters, Kurt: i. („assis sur l'horizon / les autres vont chanter.“ PIERRE REVERDY.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 136–142. Schwitters 2005/1923 – Tran Nr. 30 Schwitters, Kurt: Tran Nr. 30. AUGUSTE BOLTE. (ein Lebertran.). In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 68–93. Schwitters 2005/1923-1924 – Kettenhund Schwitters, Kurt: Kettenhund aus Überzeugung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 174. Schwitters 2005/1924 – Der Dadaismus Schwitters, Kurt: Der Dadaismus. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 193–196. Schwitters 2005/1924 – Konsequente Dichtung Schwitters, Kurt: Konsequente Dichtung. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 190–191. Schwitters 2005/1924 – Merz Schwitters, Kurt: Merz. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 187. Schwitters 2005/1924 – Noch einmal die Gefahr Westheim Schwitters, Kurt: Noch einmal die Gefahr Westheim. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 198–199. Schwitters 2005/1924 – Tran 35 Schwitters, Kurt: Tran 35. Dada ist eine Hypothese. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 172–175. Schwitters 2005/1924 – Tran 50 Schwitters, Kurt: Tran 50. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 178–181. Schwitters 2005/1925 – Die neue Gestaltung Schwitters, Kurt: Die neue Gestaltung in der Typographie. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 214–230. Schwitters 2005/1925 – Thesen über Typographie Schwitters, Kurt: Thesen über Typographie. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 192.

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Schwitters 2005/1926 – Der Rhythmus Schwitters, Kurt: Der Rhythmus im Kunstwerk. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 245–246. Schwitters 2005/1926 – Kunst und Zeiten Schwitters, Kurt: Kunst und Zeiten. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 236–240. Schwitters 2005/1926 – Mein Merz und Meine Schwitters, Kurt: 1926 Mein Merz und Meine Monstre Merz Muster Messe im Sturm. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 242–244. Schwitters 2005/1926 – Merzbuch I Schwitters, Kurt: Merzbuch I. Die Kunst der Gegenwart ist die Zukunft der Kunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 247–248. Schwitters 2005/1927 – Kurt Schwitters Schwitters, Kurt: Kurt Schwitters. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 250–254. Schwitters 2005/1927 – Meine Sonate in Urlauten Schwitters, Kurt: Meine Sonate in Urlauten. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 288–292. Schwitters 2005/1927 – optophonetisch Schwitters, Kurt: optophonetisch, Verkehrsschrift, dynamisch. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 273. Schwitters 2005/1930 – der ring neue werbegestalter Schwitters, Kurt: der ring neue werbegestalter. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 337. Schwitters 2005/1930 – Kurt Schwitters Hannover Schwitters, Kurt: Kurt Schwitters Hannover, Waldhausenstr. 5. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 335–336. Schwitters 2005/1931 – Ich und meine Ziele Schwitters, Kurt: Ich und meine Ziele. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 340–348. Schwitters 2005/1938 – Das Ziel meiner Merzkunst Schwitters, Kurt: Das Ziel meiner Merzkunst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. 3. Aufl. München 2005, S. 362–365.

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Schwitters – Kladde „8uur“ Schwitters, Kurt: „Ohne Titel (Kladde ‚8 uur’)“, 1923, o. S., s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 2: 1923-1936. Ostfildern-Ruit 2003, WV-Nr. 1148 und Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 290-490. Schwitters – Kladde „Bleichsucht und Blutarmut“ Schwitters, Kurt: „Ohne Titel (Collagierter Einband der Kladde ‚Bleichsucht und Blutarmut’)“, 1920, o. S., s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 1: 1905-1922. Ostfildern-Ruit 2000, WV-Nr. 730 und Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 7-58. Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“ Schwitters, Kurt: „GäsTebuch FÜR Die mERrzausstellunG“, 1922, o. S., s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 1: 1905-1922. Ostfildern-Ruit 2000, WV-Nr. 1048 und Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 66-96. Schwitters – Kladde „Kritiken“ Schwitters, Kurt: „Ohne Titel (Kladde „Kritiken“), o. S., s. Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 498-579. Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“ Schwitters, Kurt: Schwarzes Notizbuch VI, o. S., s. Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 199-270. Schwitters o. J. – Tran 32 Schwitters, Kurt: Tran 32. Ein Künstler, der es nicht sein will, unveröffentlicht, o. D. (nach 12.11.1922). (Quelle: Schwitters, Kurt: „Ohne Titel (Kladde ‚8 uur’)“, 1923, o. S., s. Karin Orchard; Isabel Schulz: Catalogue raisonné. Kurt Schwitters. 3 Bde. Bd. 2: 1923-1936. Ostfildern-Ruit 2003, WV-Nr. 1148 und s. Kurt Schwitters. Alle Texte. Hrsg. von Ursula Kocher; Isabel Schulz. 9. Bde. Bd. 3: Die Sammelkladden 1919-1923. Bleichsucht und Blutarmut, Gästebuch für die Merzausstellung, Schwarzes Notizbuch VI, 8 uur, Kritiken. Spezialhaus für Abfälle, Lose Kritiken. Bearb. von Julia Nantke; Antje Wulff. Berlin 2014, S. 436-437). Schwitters, E. 1965 Schwitters, Ernst: Gebrauchsanweisung. In: Ders. (Hg.): Anna Blume und ich. Die gesammelten „Anna Blume“-Texte. Zürich 1965, S. 13–39.

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ANHANG Literatur

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Nebenbemerkungen. Hrsg. von Carl Einstein; Paul Westheim. Potsdam 1925, S. 272–273. Westheim 1925 (04) Westheim, Paul: Die tote Kunst der Gegenwart. In: Das Kunstblatt, Jg. 9, H. 4 (1925), S. 106–114. Westheim 1931.05.31 Westheim, Paul: Hannoversche Sezession. Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 125, 31.05.1931. Wetzel 2003 Wetzel, Tanja: Spiel. In: Barck, Karlheinz (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. 7 Bde. Bd. 5: Postmoderne-Synästhesie. Stuttgart u. a. 2003, S. 577–618. Weygandt 1921.06.04 Weygandt, Wilhelm: Kunst und Wahnsinn. In: Die Woche. Moderne Illustrierte Zeitschrift 23. Jg., H. 22 (4. Juni) (1921), S. 483–485. Weygandt 1921.11.27 Weygandt, Wilhelm: Moderne Kunst oder Wahnsinn. In: Germania. Ausgabe 734, 27.11.1921. Weygandt 1921.12.08 Weygandt, Wilhelm: Pathologische Erscheinungen in der modernen Kunst. In: Der Deutsche, 08.12.1921. Weygandt 1925 Weygandt, Wilhelm: Zur Frage der pathologischen Kunst. In: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 94 (1925), S. 421–429. wg. 1918.04.13 wg.: Literarische Vergiftung. In: Deutsche Zeitung. Unparteiisches Volksblatt Berlin. Ausgabe 187, 13.04.1918. Wieczorek 1939 Wieczorek, Hans: „Entartete Kunst“. Zur Ausstellung in Wien. In: Die Pause. Kultur, Kunst, Bildung, Leben 4. Jg., H. 6 (1939), S. 65–68, 85. Wienberg 1998 Wienberg, Günther: Gesundheitsförderung bei chronischen psychischen Erkrankungen. Das Beispiel der psychoeduktiven Gruppentherapie mit Schizophrenen und schizoaffektiv Erkrankten. Diss. Univ. Bielefeld 1998, URL: http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=98137347x&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=98137347x.pdf (Stand: 09.04.2009). Wiesenwald 1920.01.09 Wiesenwald, Hein: Der Kragenvogel. Eine fast unglaubliche Geschichte. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 7, 09.01.1920. Wiesenwald 1920.02.25 Wiesenwald, Hein: Talegallus. Die zweifelhafte Geschichte eines schnurrigen Huhnes.

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ANHANG Literatur

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In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 47, 25.02.1920. Wiesing 1991 Wiesing, Lambert: Stil statt Wahrheit. Kurt Schwitters und Ludwig Wittgenstein über ästhetische Lebensformen. München 1991. Windhöfel 1995 Windhöfel, Lutz: Paul Westheim und Das Kunstblatt. Eine Zeitschrift und ihr Herausgeber in der Weimarer Republik. Köln 1995, zugl. Diss. Univ. Heidelberg (= Dissertationen zur Kunstgeschichte 35). Winkelmann 1995 Winkelmann, Judith: Abstraktion als stilbildendes Mittel in der Lyrik von Hans Arp und Kurt Schwitters. Frankfurt a. M. u. a. 1995, zugl. Diss. Univ. Bochum 1994. Wolf, N. 2002 Wolf, Norbert: Epochen der Kunst. 12 Bde. Bd. 10: 19. Jahrhundert. Stuttgart 2002. Wolf, W. 1999 Wolf, Werner: The Musicalization of Fiction. A Study in the Theory and History of Intermediality. Amsterdam 1999. Wolf, W. 2002 Wolf, Werner: Intermedialität. Ein weites Feld und eine Herausforderung für die Literaturwissenschaft. In: Foltinek, Herbert; Leitgeb, Christoph (Hgg.): Literaturwissenschaft. Intermedial - interdisziplinär. Wien 2002, S. 163–192. Wolff, G. 1904 Wolff, Gustav: Psychiatrie und Dichtkunst. In: Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens. Einzel-Darstellungen für Gebildete aller Stände Bd. 4, H. 22 (1904), S. 16–22. Wolff, J. F. 1920.01.21 Wolff, Julius Ferdinand: Dada. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 21.01.1920. Wölfflin 1886 Wölfflin, Heinrich: Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur. Diss. Univ. München 1886. Wolfradt 1918 Wolfradt, Willi: Der Dadaismus. In: Der Friede. Wochenschrift für Politik, Volkswirtschaft und Literatur 1. Jg., H. 18 (1918), S. 434–435. Wolfradt 1921 Wolfradt, Willi: München. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 5 (1921), S. 156. Worringer 1911 Worringer, Wilhelm: Zur Entwicklungsgeschichte der modernen Malerei. In: Der Sturm 2. Jg., H. 75 (1911), S. 597–598. Worringer 1921 Worringer, Wilhelm: Künstlerische Zeitfragen, Vortrag, gehalten am 19.10.1920 in der Ortsgruppe München der Deutschen Goethegesellschaft. München 1921.

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ANHANG Literatur

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Worringer 1996/1908 Worringer, Wilhelm: Abstraktion und Einfühlung. Ein Beitrag zur Stilpsychologie (= Fundus-Bücher 144). Dresden 1996 (EA München 1908, zugl. Diss. Univ. Bern 1907). Wulle 1919.12.31 Wulle, Friedrich: „Anna, du ungezähltes Frauenzimmer …“. In: Volks-Zeitung, Berlin. Morgenausgabe, 31.12.1919. X 1920.01.20 X: [Der „Oberdada“ in Dresden]. In: Dresdner Lokalanzeiger, 20.01.1920. Zahn 1920 Zahn, Leopold: Dadaismus oder Klassizismus? In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 7 (April) (1920), S. 50–52. Zahn 1920 (02) Zahn, Leopold: Über den Infantilismus in der Kunst. In: Das Kunstblatt 4. Jg., H. 3 (1920), S. 84–86. Zerull 1982 Zerull, Ludwig: 1916. Die Kestner-Gesellschaft als Provokation für den Kunstverein. In: Barz, Anne (Red.): Bürger und Bilder. 150 Jahre Kunstverein Hannover 1832-1982. Kunstverein, Hannover 1982, S. 94–99. Zimmermann 1919.04.06 Zimmermann, Felix: Eröffnung neuer Kunstausstellungen. [Die erste Ausstellung der Dresdner Sezession, Gruppe 1919]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 95, 06.04.1919. Zimmermann 1919.04.12 Zimmermann, Felix: Sturm-Ausstellung. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 101, 12.04.1919. Zimmermann 1919.05.12 Zimmermann, Felix: [Ueber Expressionismus]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 130, 12.05.1919. Zimmermann 1919.07.26 Zimmermann, Felix: Dresdner Sezession. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 204, 26.07.1919. Zimmermann 1920.01.21 F. Z. (= Zimmermann, Felix): Dadaisten-Abend. In: Dresdner Nachrichten, 21.01.1920. Zimmermann 1920.07.19 Zimmermann, Felix: In der Galerie Arnold. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 226, 19.07.1920. Zimmermann 1920.10.31 Zimmermann, Felix: Ausstellung der Dresdner Sezession „Gruppe 1919“. In: Dresdner Nachrichten, 31.10.1920.

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ANHANG Literatur

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Zimmermann 1921.02.20 F. Z. (= Zimmermann, Felix): Kurt Schwitters. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 86, 20.02.1921. Zimmermann 1999 Zimmermann, Michael F.: Kritik und Theorie des Kubismus. Ardengo Soffici und Daniel-Henry Kahnweiler. In: Fleckner, Uwe; Gaehtgens, Thomas W. (Hgg.): Prenez garde à la peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900-1945 (= Passagen/Passages. Deutsches Forum für Kunstgeschichte 1). Berlin 1999, S. 425–480.

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ANHANG Abbildungsverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis1988 ABB. 1 aus: Kurt Schwitters, Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt, In: Lach, Friedhelm (Hg.): Kurt Schwitters, Das literarische Werk. Bd 5 Manifeste und kritische Prosa (c) 1981 DuMont Buchverlag, Köln, S. 97–104, S. 99. ABB. 2 aus: Kurt Schwitters, Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt, In: Lach, Friedhelm (Hg.): Kurt Schwitters, Das literarische Werk. Bd 5 Manifeste und kritische Prosa (c) 1981 DuMont Buchverlag, Köln, S. 97–104, S. 99. ABB. 3 aus: Kurt Schwitters, Tragödie. Tran No. 22, gegen Herrn Dr. phil. et med. Weygandt, In: Lach, Friedhelm (Hg.): Kurt Schwitters, Das literarische Werk. Bd 5 Manifeste und kritische Prosa (c) 1981 DuMont Buchverlag, Köln, S. 97–104, S. 103. ABB. 4 aus: Kurt Schwitters, Tran Nr. 30. Auguste Bolte (Ein Lebertran). 1923 Verlag Der Sturm, Berlin, Titelblatt. ABB. 5 aus: Kurt Schwitters, TRAN 24/ die Schwanenjungfrau. Was man kaut, wird Brei. In: Lach, Friedhelm (Hg.): Kurt Schwitters, Das literarische Werk. Bd 5 Manifeste und kritische Prosa (c) 1981 DuMont Buchverlag, Köln, S. 107. ABB. 6 aus: Kurt Schwitters, TRAN 25. Sämischgares Rindleder. In: Lach, Friedhelm (Hg.): Kurt Schwitters, Das literarische Werk. Bd 5 Manifeste und kritische Prosa (c) 1981 DuMont Buchverlag, Köln, S. 108–114, S. 108.

1988 Zitiert wird hier nach den Richtlinien des DuMont Buchverlages.

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ANHANG Bibliografie

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Kommentierte Bibliografie der Quellentexte1989 In die Bibliografie wurden zeitgenössische, in deutschen Medien erschienene Texte in alphabetischer Reihenfolge aufgenommen, in denen Schwitters oder seine Kunst über die bloße Namensnennung oder den unkommentierten Abdruck eines literarischen Werkes hinaus kurz erwähnt oder ausführlicher besprochen werden. Die Texte wurden über die in Kapitel 2 vorgestellten Hauptwirkungsorte von Schwitters hinausreichend, aber auf Deutschland beschränkt, erfasst und sind hier, trotz zahlreicher Überschneidungen mit den Angaben im Literaturverzeichnis, vollständig zitiert. Im Kommentar zu den Quellenangaben erscheinen i. d. R. Kurztitel, die sich entweder im Literaturverzeichnis oder in der Dokumentation der Beteiligungen von Schwitters an zeitgenössischen Ausstellungen von 1918 bis 1934 in den Hauptwirkungsorten des Merzkünstlers aufgelöst finden. Soweit die jeweilige Quelle weder im Literaturverzeichnis noch in der Ausstellungsdokumentation genannt wird, wird der Gegenstand des Quellentextes ausführlich zitiert. Es wurden zahlreiche bibliografische Angaben aus den Kladden von Schwitters übernommen. In den Fällen, bei denen die Quellenangabe unsicher ist, weil etwa der Name der Zeitung unbekannt ist, wird aus Gründen der Auffindbarkeit auf Kocher/Schulz 2014 verwiesen. a 1921.02.22 a: [Kurt Schwitters-Vortrag in der Kaufmannschaft]. In: Dresdner Lokalanzeiger. Ausgabe 44, 22.02.1921. Rezension zum Merzabend in der Dresdner Kaufmannschaft am 19.02.1921. A. G. 1920.08.05 A. G.: Vom Expressionismus zum Kompressionismus. Dresdner Sommerausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 361, 05.08.1920. Rezension zu Ausst. Dresden 1920 (02).

1989 Neben den angegebenen Materialsammlungen, s.w.o. Einleitung, und der Auswertung der Literaturverzeichnisse der einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen, in denen die meisten Angabe zu Rezensionen in Zeitschriften gefunden wurden, sind gezielt zeitgenössische Tageszeitungen aus den Jahren, in denen Schwitters Antikritiken veröffentlichte, mit gewissen Einschränkungen durchgesehen worden. In einigen Fällen wurde ab 1918 oder 1919 und über das Jahr 1924 hinaus bis 1933 bzw. 1934, dem Zeitpunkt, zu dem sich Schwitters aus der Öffentlichkeit zurückzog, recherchiert, um eine umfassendere Dokumentation zur zeitgenössischen Schwitters-Rezeption erstellen zu können: „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt“ (1918-1924), „Berliner Börsen-Courier“ (1918-1933), „Berliner Tageblatt und Handelszeitung“ (1918-1924), „Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt“ (1919-1924), „Die Post“, Berlin (1919), „Rheinisch-Westphälische Zeitung“ (1920), „Kölnische Zeitung“ (1919-1920), „Kölnische Volkszeitung“ (1919-1920), „Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt“ (1920), „Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (1919-1922), „Vossische Zeitung“ (1919-1924), „Hannoverscher Kurier“ (1918-1934), „Hannoversches Tageblatt“ (1918-1934), „Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover“ (1918-1924), „Hannoverscher Anzeiger“ (1918-1924), „Freie Meinung“, Hannover (1920), „Hannoversche Volkszeitung“ (1919-1920) und „Hannoversche Zeitung“ (1919-1921). Mit Hinblick auf den Publikationszeitpunkt des zu replizierenden Textes wurde in Dresdner und Hamburger Tageszeitungen eingeschränkter gesucht, weil Schwitters in diesen beiden Städten im Vergleich zu Hannover und Berlin an weniger Aktivitäten beteiligt war und dort jeweils nur einen Hauptkritiker hatte: „Dresdner Anzeiger“ (1919-1920), „Dresdner Lokalanzeiger“ (1919-1920), „Dresdner Nachrichten“ (1919-1920), „Dresdner Neueste Nachrichten“ (1919-1920), „Hamburger Echo“ (1921), „Hamburger Fremdenblatt“ (1920-1921), „Hamburger Nachrichten“ (1920-1921) und „Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft“ (1920-1921). Zur Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ in Darmstadt wurde überregional in den bereits genannten Organen berichtet.

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ANHANG Bibliografie

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A. L. 1920.10.12 A. L.: Was ist schön? Was ist Kunst? In: Leipziger Neueste Nachrichten. Ausgabe 281, 12.10.1920. Kurzkommentar zu Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume Schwitters, Kurt: An Anna Blume. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 58–59. ab 1921.02.20 ab: [Kurt Schwitters-Abend]. In: Dresdner Anzeiger, 20.02.1921. Rezension zum Merzabend in der Dresdner Kaufmannschaft am 19.02.1921. Abbetmeyer o. D. Abbetmeyer, Theo: Literatur. Neue Bücher. Kurt Schwitters, Anna Blume. Dada-Dichtungen. In: Deutsche Volkszeitung, Hannover, o. D. Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Schwitters, Kurt: „Anna Blume. Dichtungen“ (= Die Silbergäule 39/40). Hannover 1919. Achsel 1920.01.16 Achsel, Willy: A-n-n-a. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34829, 16.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu und Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Allesch 1925 Allesch, Johannes von: Die Grundkräfte des Expressionismus. In: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft. Zweiter Kongreß für Ästhethik und allgemeine Kunstwissenschaft Berlin 19 (1925), S. 112–120, S. 119. Kommentar zu Schwitters 2005/1922-1932 – ursonate. Amadeus 1920.01.11 Amadeus: Leben und Kunst. In: Kölner Tageblatt, 11.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Anlauf 1928.09.23 K. A. (= Anlauf, Karl): Kurt Schwitters. In: Niederdeutsche Zeitung, Ausgabe 11, 23.09.1928. Rezension zur Merzkunst. Anonym 1919.01.22 Anonym: [Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Anzeiger, Ausgabe 20, 22.01.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Anzeige zu Ausst. Hannover 1919 (02). Anonym 1919.01.23 Anonym: [Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34226, 23.01.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.01.22.

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ANHANG Bibliografie

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Anonym 1919.01.23 a Anonym: [Kurt Schwitters]. In: Deutsche Volkszeitung, 23.01.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.01.22. Anonym 1919.03.23 Anonym: [Kestner-Gesellschaft, E. B. Königstraße 8]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 70, 23.03.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Hannover 1919. Anonym 1919.07.04 Anonym: [Kurt Schwitters]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 181, 04.07.1919. Anzeige zu Ausst. Berlin 1919 (03). Anonym 1919.07.30 Anonym: Kunst und Wissenschaft. In: Jenaische Zeitung, 30.07.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (04). Anonym 1919.07.31 Anonym: Der neueste Kunststil. In: Kölner Tageblatt. Ausgabe 371, 31.07.1919. S. Anonym 1919.07.30. Anonym 1919.07.31 a Anonym: [Vom neuesten Kunststil]. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 209, 31.07.1919. S. Anonym 1919.07.30. Anonym 1919.08.03 Anonym: [„Merzbilder“. Der neueste Kunststil]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 211, 03.08.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.07.30. Anonym 1919.08.16 Anonym: [„Merzbilder“. Der neueste Kunststil]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34575, 16.08.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.07.30. Anonym 1919.08.19 Anonym: Ein neuer „Kunst“-Stil. In: Das illustrierte Blatt. Ausgabe 34, 19.08.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (03).

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ANHANG Bibliografie

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Anonym 1919.09.20 Anonym: [Das Programm der „Merzmalerei“]. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 440, 20.09.1919. Rezension zu und Teilabdruck von Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. Anonym 1919.09.27 Anonym: Eine neue Kunstrichtung. In: Der Bund, Bern, 27.09.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu und Teilabdruck von Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. Anonym 1919.12 Anonym: [Er fordert die Merzbühne]. In: Frankfurter Generalanzeiger, 12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu und Teilabdruck von Schwitters 2005/1919 – An alle Bühnen der Welt. Anonym 1919.12.05 Anonym: [Von der Bühne der dadaistischen Zukunftskunst]. In: Generalanzeiger für Hamburg-Altona, 05.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.12 Anonym: [„Die Bühne, die unsere Zeit braucht“]. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 580, 12.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.12 a Anonym: [Er fordert die Merzbühne]. In: Berliner Mittagszeitung, 12.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.14 Anonym: [Dadaistische Blütenlese]. In: Chemnitzer Tageblatt, 14.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.16 Anonym: Höher geht's nimmer! In: Braunschweigische Landeszeitung, 16.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.18 Anonym: [Dadaistische Blumenlese]. In: Zwickauer Zeitung, 18.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12.

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ANHANG Bibliografie

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Anonym 1919.12.19 Anonym: [„Die Bühne, die unsere Zeit braucht“]. In: Neues Wiener Tagblatt, 19.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.20 Anonym: Zeitschriftenschau. [Neue Kunstzeitschriften]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 297, 20.12.1919. Rezension u. a. zur ersten Ausgabe von „Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst“. Hrsg. von Christof Spengemann. Hannover 1919. Anonym 1919.12.24 Anonym: Die Merzbühne. In: Kleine Presse, Frankfurt a. M., 24.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.24 a Anonym: [Der dadaistische Dichter Kurt Schwitters]. In: Frankfurter Nachrichten, 24.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.24 b Anonym: Kunst und Wissen. [Er fordert die Merzbühne]. In: Rostocker Anzeiger, 24.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1919.12.25 Anonym: Kurt Schwitters, der Poet. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 617, 25.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Abdruck von und Kommentar zu Schwitters 2005/1919 – Die Rabenblüte. Schwitters, Kurt: Die Rabenblüte. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 72. Anonym 1919.12.29 Anonym: [Die Merzbühne]. In: Giessener Anzeiger, 29.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1920 (02) Anonym: An Herrn Anna Blume. In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 1. Jg., H. 2 (1920), S. 28–29. Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Anonym 1920 (03) Anonym: Dada. In: Der Bücherwurm. Eine Monatsschrift für Bücherfreund 5. Jg., H. 7/8 (1920), S. 240. Rezension zu Schwitters 2005/1919 – Selbstbestimmungsrecht.

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ANHANG Bibliografie

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Anonym 1920.01.15 Anonym: Die Silbergäule. In: Der Firn. Sozialistische Rundschau über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben 1. Jg., H. 8 (1920), S. 239 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Anonym 1920.01.30 Anonym: Anna Blume protestiert. In: Weser-Zeitung, Bremen, 30.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Anonym 1920.02.03 Anonym: [Der dadaistische „Dichter“ Kurt Schwitters]. In: Badische Landeszeitung, Karlsruhe, 03.02.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Anonym 1919.12. Anonym 1920.03.11 Anonym: Aus dem Kunstleben. „Tatlinismus“. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 71, 11.03.1920. Rezension, in der die Merzmalerei mit der Maschinenkunst Wladimir Tatlins verglichen wird. Anonym 1920.05.02 Anonym: Das Allerneueste in der Kunst. In: Berliner Illustrirte Zeitung. Ausgabe 18, 02.05.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Anonym 1920.08.09 Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zur Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ im Städtischen Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe, Darmstadt 1920]. In: Heidelberger Tageblatt, 09.08.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Anonym 1920.09.04 Anonym: Welt und Wissen. Die Darmstädter Expressionisten-Ausstellung. In: Kölnische Volkszeitung. Ausgabe 679, 04.09.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Anonym 1920.10.17 Anonym: [Titel unbekannt. Rezension zu einer Gruppenausstellung mit unbekanntem Titel (Kurt Schwitters, Karl Fluhme, Oskar Vögel, Ascan Lutteroth u. a.] im Kunsthaus Louis Bock und Sohn)]. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft, 17.10.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Hamburg 1920.

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Anonym 1920.11.27 Anonym: [Heiterer Vortrag vom Emil Kühne]. In: Breslauer Zeitung, 27.11.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Erwähnung von „An Anna Blume“. Anonym 1921 Anonym: [Die Dada-Dichtungen]. In: Der Gral. Monatsschrift für schöne Literatur 14 (1921), S. 63. Anzeige zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen und Abdruck von Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Anonym 1921.02.22 Anonym: „Antidada“-Abend. In: Unabhängige Volkszeitung, Dresden, 22.02.1921. Rezension zum Merzabend in der Dresdner Kaufmannschaft am 19.02.1921. Anonym 1921.07.05 Anonym: Dadaisten-Abend im Rosensaal. In: Jenaische Zeitung, 05.07.1921. Rezension zum Merzabend im Rosensaal in Jena am 04.07.1921. Anonym 1922.02.08 Anonym: Die neue Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 33, 08.02.1922. Rezension zur 48. Ausstellung der Kestner-Gesellschaft, Hannover (Februar 1922). Anonym 1922.04.24 Anonym: [Eigene „Dichtungen“]. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 24.04.1922 (in Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“). Rezension zur MERZ Ausstellung. Gemälde und Zeichnungen von Kurt Schwitters (Anna Blume), Roemer-Museum, Hildesheim (19.03.-30.04.1922) und zugl. Rezension zum Merzabend im Roemermuseum, Hildesheim am 09.04.1922. Anonym 1922.04.08 Anonym: Kabarett Rote Mühle. In: Hannoverscher Kurier, 08.04.1922 (Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Vergleich eines modernen Tanzpaares mit einem Merzkunstwerk. Anonym 1922.05.01 Anonym: [Die Merzausstellung im Roemer-Museum]. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 01.05.1922 (in Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Rezension zur MERZ Ausstellung. Gemälde und Zeichnungen von Kurt Schwitters (Anna Blume), Roemer-Museum, Hildesheim (19.03.-30.04.1922). Anonym 1922.10.07 Anonym: Die Galerie von Garvens. In: Freie Meinung, Hannover, 07.10.1922. Rezension zu Ausst. Hannover 1922.

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Anonym 1922.11.12 Anonym: [In der Galerie von Garvens]. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 267, 12.11.1922 (in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Hannover 1922. Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters o. J. – Tran 32. Anonym 1923.03.29 Anonym: [Merz]. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft. Ausgabe 63, 29.03.1923. Rezension zu Merz 1. Holland Dada. Hrsg. von Kurt Schwitters. Hannover 1923 (Januar). Anonym 1924.01.12 Anonym: MERZ + dAda in der Kugel. In: Magdeburgische Zeitung, 12.01.1924 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension eines Merzabends in den Räumen des Kaufmännischen Vereins Magdeburg und Teilabdruck von „An Anna Blume“. Anonym 1927.04.07 Anonym: [Die „Abstrakten“]. In: Cellesche Zeitung, 07.04.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927 (02). Anonym 1927.05.11 Anonym: Städtische Gemäldegalerie. In: Märkischer Sprecher, 11.05.1927. Rezension zu „Die Abstrakten“, Ausstellung in der Städtischen Gemäldegalerie, Bochum (09.05.-07.06.1927). Anonym 1930.12 Anonym: [Titel unbekannt. Künstler in Front]. In: Hannoversches Tageblatt, 12.1930. Zit. nach Ausst. Hannover 1962, S. 151. Rezension zur Matinée „Künstler in Front“ im Capitol-Hochhaus in Hannover am 21.12.1930. Anonym 1935 Anonym: Überwundene „Kunst“. In: Neues Volk. Blätter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP. Ausgabe Ostern, 1935, S. 32–36. Kommentar zur Merzkunst. Anonym 1938.02.25 Anonym: Entartung der Kunst. Die Ausstellung „künstlerischer“ Schandprodukte von München nach Berlin übersiedelt - Gemalte und geschnitzte Pamphlete. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 47, 25.02.1938. Rezension zur Ausstellung „Entartete Kunst“ im „Haus der Kunst“, Berlin (Frühjahr 1938).

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Arens 1920 Arens, Hanns: Dadaismus. In: Die Hochwacht. Monatsschrift zur Wahrung u. Pflege deutscher Geisteskultur 6. Jg., H. 2 (1920), S. 138–140. Kommentar zu und Abdruck von Schwitters 2005/1919 – Molkenschwere Silberblätterblüte. Gedicht 27. Schwitters, Kurt: Molkenschwere Silberblätterblüte. Gedicht 27. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 54. Arp/Lissitzky 1968/1925 Arp, Hans; Lissitzky, El: Die Kunstismen. Les ismes de l'art. The Isms of Art. Zürich 1925 (Nachdr. New York 1968). Künstlerkommentar zur Merzkunst. awo 1922.11.28 awo: Dada in Jena. In: Jenaer Volksblatt, 28.11.1922. Rezension zum Dada-Abend im Jenaer Volkshaussaal am 27.11.1922, gemeinsam mit Hans Arp, Theo van Doesburg, Tristan Tzara u. a. B. 1920.06.23 B.: Ein Protest. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 144, 23.06.1920. Rezension zur Plakataktion, im Rahmen derer Schwitters ein Plakat mit dem Gedicht „An Anna Blume“ an eine Litfaßsäule in Hannover anbrachte. Die Aktion diente der Bewerbung der zweiten Auflage von „Anna Blume. Dichtungen“. B. 1932.06.03 B.: Eröffnung der Gleichmann-Ausstellung. In der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 256, 03.06.1932. Rezension zu Ausst. Hannover 1932 (01). Bahnweiler 1920 (02) B. (= Bahnweiler, Friedrich): Ausstellungen. Hannoversche Sezession. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 4 (1920), S. 165–166. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). Bahnweiler 1920 (03) B. (= Bahnweiler, Friedrich): Die Wahrheit über Anna Blume. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 14 (1920), S. 558–559. Rezension zu Spengemann 1985/1920 und Anspielung auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Bahnweiler 1921 Bahnweiler, Friedrich: Die dadaistische Literatur. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 13. Jg., H. 10 (1921), S. 323–325. Rezension u. a. zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen.

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Bauer 1920 Bauer, Constantin: Bücherschau. [Die Silbergäule]. In: Die Flöte. Dramaturgische Blätter des Herzoglichen Sächs. Hoftheaters Coburg-Gotha. Monatsschrift der Gesellschaft für Literatur und Musik in Coburg 3. Jg., H. 5 (1920), S. 116–120. Rezension zu Schwitters 1920 – Die Kathedrale. Schwitters, Kurt: „Die Kathedrale. 8 Lithos“ (= Die Silbergäule 41/42). Hannover 1920. B-d. 1920.01.11 B-d.: Büchermarkt. „Die Silbergäule“. In: Hannoversche Volkszeitung, 11.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Behne 1919.08.09 Behne, Adolf: Expressionismus für Arbeiter. In: Freiheit. Berliner Organ der unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands, 09.08.1919. Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (02). Behne 1920 Behne, Adolf: Kurt Schwitters. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 10 (1920), S. 416 (in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Behne 1920.04.23 Behne, Adolf: Kurt Schwitters. In: Freiheit. Berliner Organ der unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands, 23.04.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“ und lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Behne 1925 (02) Behne, Adolf: Von der formalen zur funktionalen Kunst-Revolution. In: Faust. Eine Monatsschrift für Kunst, Literatur und Musik 3 (1925), S. 11–20. Kommentar zur Merzkunst. Benzmann 1921 Benzmann, Hans: Das dadaistische Gedicht. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst 50. Jg., H. 1-2 (1921), S. 208–213. Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Beyer 1920 Beyer, Oskar: Funken. Die Kunst in Berlin. In: Feuer. Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur 1. Jg., Bd. 1 (1919/20), S. 642–644. Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (03). Bf. 1920.01.27 Bf.: Die Politik in der expressionistischen Poesie. In: Kölnische Volkszeitung, 27.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“).

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Kommentar zu und Abdruck von Schwitters 2005/1919 – Von hinten und von vorne zuerst und Schwitters 2005/1919 – Drahtzieher. Schwitters, Kurt: Von hinten und von vorne zuerst. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 76. Schwitters, Kurt: Drahtzieher. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 74. B-f. 1922.04.25 B-f.: „Merz!“. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 25.04.1922 (in Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“). Rezension zum Merzabend im Roemermuseum, Hildesheim am 09.04.1922. Bie 1922.03.19 Bie, Oskar: Deutsche Malerei. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 67, 19.03.1922. Rezension zur Ausstellung „Gemälde von Hans Thoma aus deutschem Privatbesitz ausgestellt in der National-Galerie. Betrachtungen und Verzeichnis“. Berlin (März 1922). Die Rezension diente Schwitters als Hypotext zu Schwitters 2005/1922 – Tran 23. Biermann 1919.03.16 Biermann, Georg: Die Hannoverschen Kunstausstellungen. Eine Grundsätzliche Frage. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 64, 16.03.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Hannover 1919. Biermann 1921 Biermann, Georg: Ausstellungen. Hannoversche Sezession. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 13. Jg., H. 7 (1921), S. 223–224. Rezension zu Ausst. Hannover 1921. Br. 1922.03.29 Br.: Ausstellung „Kurt Schwitters“ im Roemer-Museum. In: Hildesheimer Volksblatt, 29.03.1922 (in Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“). Rezension zur MERZ Ausstellung. Gemälde und Zeichnungen von Kurt Schwitters (Anna Blume), Roemer-Museum, Hildesheim (19.03.-30.04.1922). Braungart 1920.06.25 Braungart, Richard: Deutscher Expressionismus (Zur Ausstellung in Darmstadt). In: Münchner Zeitung. Ausgabe 174, 25.06.1920. Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Brauweiler 1921.12.08 Beh. (= Brauweiler, Kurt): [Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 575, 08.12.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zum Merzabend in der Galerie van Garvens, Hannover am 08.12.1921. Schwitters bezog sich antikritisch auf diesen Bericht in Schwitters 2005/1924 – Tran 50.

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Brieger 1919.02.08 L. B. (= Brieger, Lothar): „Sturm“-Ausstellung. In: Berliner Zeitung am Mittag. Ausgabe 27, 08.02.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919. Brieger 1919.07.09 Brieger, Lothar: Sommerkunst. Berliner Ausstellungen. In: Berliner Zeitung am Mittag. Ausgabe 151, 09.07.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (03). Brinkmann 1927.10.22 Brinkmann, Karl: Herbstausstellung hannoverscher Künstler. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover, 22.10.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927. Brinkmann 1928.03.15 K. Br. (= Brinkmann, Karl): Kleines Feuilleton. Ausstellung abstrakter Kunst. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 64, 15.03.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928 (02). Brinkmann 1928.10.28 K. Br. (= Brinkmann, Karl): Herbstausstellung hannoverscher Künstler. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 254, 28.10.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928. Brinkmann 1930.04.24 Brinko (= Brinkmann, Karl): Wort und Wirklichkeit. Hannoversche Sezession. Ausstellung in der Kestnergesellschaft. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 95, 24.04.1930. Rezension zu Ausst. Hannover 1930 (01). Brinkmann 1931.03.13 Brinko (= Brinkmann, Karl): 99. Große Kunstausstellung. Gemälde und Aquarelle. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 61, 13.03.1931. Rezension zu Ausst. Hannover 1931. Brinkmann 1931.10.23 Brinkmann, Karl: Herbstausstellung hannoverscher Künstler. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover, 23.10.1931. Rezension zu Ausst. Hannover 1931 (02). Brinkmann 1932.06.09 Brinko (= Brinkmann, Karl): Wort und Wirklichkeit. Otto-Gleichmann-Ausstellung in der Kestnergesellschaft. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden

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Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 133, 09.06.1932. Rezension zu Ausst. Hannover 1932 (01). Buesche 1924.03.04 Buesche, Albert: Die Frühjahrsausstellung. Erster Besuch. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 108, 04.03.1924. Rezension zu Ausst. Hannover 1924. Buesche 1924.03.09 Buesche, Albert: Die Frühjahrs-Kunstausstellung. II. Landschaften. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 117, 09.03.1924. Rezension zu Ausst. Hannover 1924. Buonarotti 1927.10.22 Buonarotti, Cesare: Herbstausstellung hannoverscher Künstler. In: Die Hannoversche Woche. Ausgabe 21, 22.10.1927, S. 10–12. Rezension zu Ausst. Hannover 1927. C. B. 1920.06.03 C. B.: Frankfurter Kunstschau. In: Frankfurter Nachrichten, 03.06.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Ausstellung mit unbekanntem Titel in der Galerie Herbert Cramer, Frankfurt (eröffnet am 01.06.1920). C. Fr. 1920.12.10 C. Fr.: Merzkunst. In: Kleines Journal, 20.12.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Schwitters 1920 – Sturm Bilderbücher. Sturm Bilderbücher IV. Kurt Schwitters. Hrsg. von Herwarth Walden. Berlin 1920. C. M. R. 1920.12.17 C. M. R.: Kunstbücher und Kunstblätter. In: Hamburgischer Correspondent. Zeitung für Literatur, Kunst und Wissenschaft. Ausgabe 606, 17.12.1920. S. C. Fr. 1920.12.10. Capellew 1928.03.05 G. C. (= Capellew, G.): Die abstrakten hannover. In: Niederdeutsche Zeitung, 05.03.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928 (02). Cohn-Wiener 1919.08.01 Cohn-Wiener, Ernst: Auch eine Kunstausstellung. In: Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt. Ausgabe 168, 01.08.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (03). Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters 2005/1919 – Tran 1.

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Däubler 1918.06.14 Däubler, Theodor: Berliner Kunstausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 273, 14.06.1918 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1918. Dorner 1922.11.03 Dorner, Alexander: Galerie von Garvens. Gleichmann - Schwitters - Groß. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 518, 03.11.1922. Rezension zu Ausst. Hannover 1922. Dorners Rezension ist der Hypotext zu Schwitters 2005/1919 – Tran 31. Dorner 1923.01.27 Dorner, Alexander: Kestner-Gesellschaft. Vortrag von Dr. v. Sydow. - Vereinsgabe. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 44, 27.01.1923. Rezension zu Ausst. Hannover 1923. Dr. B. 1920 Dr. B.: Merz-Malerei. In: Die Republik. Wochenschrift zur Betätigung des gesunden Menschenverstandes in Staatskunst 2. Jg., H. 15 (1920). Rezension zur Merzmalerei. Dr. E. K. F. 1921. 01.23 Dr. E. K. F.: Merz-Kunst. In: Allgemeine Zeitung Chemnitz, 23.01.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Merzmalerei. Dr. H. U. 1924.01 Dr. H. U.: Kurt Schwitters’ Nachtvorstellung im Operettenhaus. In: Unbekannte Zeitung, 01.1924 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“, s. Kocher/Schulz 2014, S. 510-511). Rezension zum Merzabend im Operettenhaus, Braunschweig am 26.01.1924. Dr. Ra. 1931.10.23 Dr. Ra.: Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 247, 23.10.1931. Rezension zu Ausst. Hannover 1931 (02). Dresler 1938 Dresler, Adolf: Deutsche Kunst und entartete „Kunst“. Kunstwerk und Zerrbild als Spiegel der Weltanschauung. München 1938. Kommentar zu Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443. Dreyfuß 1926.10.07 Dreyfuß, Heinrich: Abstrakte Malerei. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 278, 07.10.1926. Rezension zu Ausst. Berlin 1926.

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Droop 1920.07.31 Droop, Fritz: Die Heerschau der Expressionisten in Darmstadt. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 31.07.1920. Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Dudelsack 1920 Dudelsack, Alfred: „Kuwitters“. Bei Schwitters. In: Braunschweigische Illustrierte Woche H. 5 (1920), Beilage (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Bericht über einen Besuch des Ateliers von Kurt Schwitters. Dülberg 1920 Dülberg, Franz: Dritte Ausstellung der Sezession. In: Das Hohe Ufer 2. Jg., H. 3/4 (1920), S. 53–57. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). ee 1922.04.08 ee: Die Merz-Ausstellung im Roemer-Museum. In: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 08.04.1922 (in Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“). Rezension zur „MERZ Ausstellung. Gemälde und Zeichnungen von Kurt Schwitters (Anna Blume)“, Roemer-Museum, Hildesheim (19.03.-30.04.1922). Effess 1920 Effess: Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. [Kurt Schwitters und die Merzkunst]. In: Fundgrube. Sammelblätter für Kunst, Wissenschaft, Leben 1. Jg. Nr. 1 (1920), S. 43–44 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Teilabdruck von Schwitters 2005/1919 – Die Zwiebel. Merzgedicht 8, Kommentar zur Merzkunst, Paraphrase von Schwitters 2005/1919 – Selbstbestimmungsrecht und Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Schwitters, Kurt: Die Zwiebel. Merzgedicht 8. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 22–27. Erdmann-Czapski 1926 Erdmann-Czapski, Veronika: Hans Arps „Pyramidenrock“. Zur Entwicklungspsychologie des Dadaismus. In: Das Kunstblatt 10. Jg., H. 6 (1926), S. 218–221. Rezension zu Hans Arp: Pyramidenrock. Zürich 1924 und kurze Erwähnung von Schwitters als Dadaist. Erenyi 1920 Erenyi, Gustav: Ästhetischer Nihilismus. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst 49. Jg., H. 1/2 (1920), S. 362–365. Rezension zur „Ersten Internationalen Dada-Messe“, Kunsthandlung Dr. Otto Burchard, Berlin (30.06.-25.08.1920) und kurze Erwähnung von Schwitters.

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F. B. 1920.11.02 F. B.: Herbstschau moderner Kunst. Ausstellung im Kunstgebäude. In: Der Sozialdemokrat, 02.11.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Ausstellung „Herbstschau Neuer Kunst 1920“, Kunstgebäude Stuttgart (Herbst 1920). F. W-ck. 1919.12.31 F. W-ck.: Neue Bücher und Zeitschriften. Die Silbergäule. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 300, 31.12.1919. Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Fechter 1919.07.05 Fechter, Paul: Ausstellungen. In: Norddeutsche Allgemeine Zeitung. Ausgabe 319, 05.07.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (03). Fischer, H. W. 1920.10.09 Dr. Frosch (= Fischer, Hans Waldemar): Dada. Was ist das? In: Freie Meinung, Hannover. Ausgabe 41, 09.10.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zum Dadaismus. Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters 2005/1920 – Tran Nr. 14. Fischer, E. K. 1920 F (= Fischer, Eugen Kurt): Merz-Kunst. In: Kunstwart und Kulturwart 34. Jg., H. 5 (1920), S. 187. Rezension zur Merzkunst. Fischer, E. K. 1921.01.23 E. K. F. (= Fischer, Eugen Kurt): [Merz-Kunst]. In: Allgemeine Zeitung, Chemnitz, 23.01.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). S. Fischer, E. K. 1920. Frehsee 1919.11.17 mf. (= Frehsee, Martin): [Eine Probe allerneuester Dramatik]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34733, 17.11.1919 (in Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Rezension zur Rezitation aus dem Drama „Der Erlöser“ der Dichterin Grete Sehlmeyer, gestaltet von der Vortragskünstlerin Helene Craney. Die Rezension diente Schwitters als Hypotext zu Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner. Frerking, J. 1918.02.20 J. F. (= Frerking, Johann): Die hannoversche Sezession. Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 51a, 20.02.1918. Rezension zu Ausst. Hannover 1918.

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Frerking, J. 1918.03.15 Fg. (= Frerking, Johann): 86. Kunst-Ausstellung III. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 74 a, 15.03.1918. Rezension zu Ausst. Hannover 1918 (02). Frerking, J. 1920.02.05 Frerking, Johann: [Eine graphische Ausstellung]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 30, 05.02.1920. Rezension zu Ausst. Hannover 1920. Schwitters verwendete die Rezension zur Gestaltung für einen Teil des Hypertextes Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7. Frerking, J. 1920.03.14 Fg. (= Frerking, Johann): [Die Kathedrale]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 74, 14.03.1920. Rezension zu Schwitters 1920 – Die Kathedrale. Frerking, J. 1921.03.27 Fg. (= Frerking, Johann): [In der Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 85, 27.03.1921. Rezension zu Ausst. Hannover 1921. Frerking, J. 1924.11.23 Fg. (= Frerking, Johann): [Die Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 326, 23.11.1924. Rezension zu Ausst. Hannover 1924 (02). Frerking, J. 1925.01.21 Brodersen (= Frerking, Johann): Altes und Neues im Provinzialmuseum. (Ausstellung der Neuerwerbungen. - Abstrakte Kunst.). In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34, 21.01.1925. Bericht über die Neuhängung im Provinzialmuseum, Hannover und die Einrichtung eines Saales für abstrakte Kunst. Frerking, J. 1927.11.01 J. F. (= Frerking, Johann): Herbstausstellung im Kunstverein III. Die Abstrakten. - Plastik. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 511, 01.11.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927. Frerking, J. 1928.02.09 Frerking, Johann: Neues im Provinzial-Museum. Peru-Sammlung. - Abstrakten Kabinett. - Leihgaben und Neuerwerbungen. - Veröffentlichungen. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 67, 09.02.1928. Bericht u. a. über die Eröffnung des „Kabinetts der Abstrakten“, das zwischen Herbst 1926 und Februar 1928 in der Gemäldegalerie des Provinzialmuseums Hannover nach Entwürfen von El Lissitzky eingerichtet wurde.

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Frerking, J. 1929.03.29 Frerking, Johann: Große Kunstausstellung im Künstlerhaus IV. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 149, 29.03.1929. Rezension zu Ausst. Hannover 1929. Frerking, J. 1934.10.31 J. F. (= Frerking, Johann): Herbstausstellung im Kunstverein. Erster Rundgang. Die hannoversche Situation. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 508/509, 31.10.1934. Rezension zu Ausst. Hannover 1934 (02). Frerking, W. 1924.04.08 W. Fg. (= Frerking, Wilhelm): 92. Kunst-Ausstellung V. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 99, 08.04.1924. Rezension zu Ausst. Hannover 1924. Frerking, W. 1925.10.28 Frerking, Wilhelm: Juryfreie Kunstausstellung II. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 299, 28.10.1925. Rezension zu Ausst. Hannover 1925]. Frerking, W. 1926.03.21 Frerking, Wilhelm: 94. Kunstausstellung V. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 80, 21.03.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (03). Frerking, W. 1926.10.02 Frerking, Wilhelm: Ausstellung Hannoverscher Kunst in der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 273, 02.10.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926. Frerking, W. 1926.11.07 Frerking, Wilhelm: 2. Juryfreie Kunstausstellung. IV. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 309, 07.11.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (02). Frerking, W. 1927.03.20 Frerking, Wilhelm: 95. Kunstausstellung. V. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 78, 20.03.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927 (02). Frerking, W. 1927.11.11 Frerking, Wilhelm: Herbstausstellung V. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 312, 11.11.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927. Frerking, W. 1928.11.16 Frerking, Wilhelm: Herbstausstellung Hannoverscher Künstler V. In: Hannoversches

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Tageblatt. Ausgabe 319, 16.11.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928. Frerking, W. 1929.04.07 Frerking, Wilhelm: 97. Ausstellung VI. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 96, 07.04.1929. Rezension zu Ausst. Hannover 1929. Frerking, W. 1929.11.17 Frerking, Wilhelm: Herbstausstellung hannoverscher Künstler V. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 319, 17.11.1929. Rezension zu Ausst. Hannover 1929 (02). Frerking, W. 1930.03.18 Frerking, Wilhelm: Die Galerie Hannoverscher Künstler im Provinzialmuseum. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 77, 18.03.1930. Bericht über die Neuhängung im Provinzialmuseum, Hannover und die Einrichtung eines Saales für abstrakte Kunst. Frerking, W. 1930.03.30 Frerking, Wilhelm: 98. Kunstausstellung VI. In: Hannoversches Tageblatt, 30.03.1930. Rezension zu Ausst. Hannover 1930. Frerking, W. 1930.11.09 Frerking, Wilhelm: Herbstausstellung Hannoverscher Künstler IV. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 311, 09.11.1930. Rezension zu Ausst. Hannover 1930 (02). Frerking, W. 1931.02.25 Frerking, Wilhelm: 99. Kunstausstellung I. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 56, 25.02.1931. Rezension zu Ausst. Hannover 1931. Frommer 1920.08.04 Frommer, Marie: Kunstsalon Arnold. In: Dresdner Volks-Zeitung, 04.08.1920. Rezension zu Ausst. Dresden 1920 (02). G. 1926.10.26 G., Mathilde: Die Jubiläums-Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft. In: Die Hannoversche Woche. Ausgabe 21, 16.10.1926, S. 2–8. Rezension zu Ausst. Hannover 1926. Ganske 1920.05.21 Ganske, Willy: Kunstausstellung Berlin 1920. Zur heutigen Eröffnung im Glaspalast. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt. Ausgabe 236, 21.05.1920.

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Rezension zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (Sommer 1920) und kurze Erwähnung von Schwitters im Zusammenhang mit Curt Eberhardts [gemeint ist Curt Ehrhardt, Anm. P. K.] „Tiefreliefs“. Ganske 1921.09.09 W. G. (= Ganske, Willy): Der Sturm. 100. Ausstellung. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt. Ausgabe 423, 09.09.1921. Rezension zu Ausst. Berlin 1921. Georg 1922.03.07 Georg, Manfred: Der Silbergaul ist los. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete, 07.03.1922 (in Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“). Erwähnung von „An Anna Blume“. Glaser 1919.07.20 Glaser, Curt: Vom süßen und vom sauren Kitsch. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 333, 20.07.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (03). Es handelt sich um einen Hypotext zu Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst. Glaser 1920.05.13 Glaser, Curt: Kunstmoden. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 221, 13.05.1920. Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (03). Glaser 1920.05.22 Glaser, Curt: Kunstausstellung Berlin 1920. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 235, 22.05.1920. Rezension zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (Sommer 1920) und kurze Erwähnung von Schwitters als „Vertreter des neuesten Infantilismus“. Glaser 1921.04.22 Glaser, Curt: Ausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 185, 22.04.1921. Rezension zu Ausst. Berlin 1921 (01). Glaser 1921.05.15 Glaser, Curt: Große Berliner Kunstausstellung 1921. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 223, 15.05.1921. Rezension zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (14.05.-30.09.1921) und kurze Erwähnung der Merzkunst.

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Glaser 1921.12.25 Glaser, Curt: Lob des Tadels. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 603, 25.12.1921. Rezension u. a. zur Merzmalerei. Glaser 1922.01.05 Glaser, Curt: „Entwicklung“. Eine Ausstellungskritik. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 7, 05.01.1922. Rezension u. a. zu Ausst. Berlin 1922 (01). Glaser 1922.10.15 Glaser, Curt: Juryfreie Kunstschau 1922. Landesausstellungsgebäude. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 485, 15.10.1922. Rezension zur „Juryfreien Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (Oktober 1922) und kurze Erwähnung von Schwitters im Zusammenhang mit einem „‚Merzgedicht’ mit obligatem Kinderwagenrad“ von Curt Ehrhardt. Glaser 1922.12.04 Glaser, Curt: Max Beckmann. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 567, 04.12.1922. Rezension zur Max Beckmann-Ausstellung in I. B. Neumanns Graphischem Kabinett, Berlin 1922 und kurze Erwähnung von Schwitters im Zusammenhang mit den aktuellen Tendenzen in der Kunst. Glaser 1924.01.25 Glaser, Curt: Proun. Zwei Ausstellungen. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 41, 25.01.1924. Rezension u. a. zu El Lissitzkys Proun-Ausstellung in I. B. Neumanns Graphischem Kabinett, Berlin 1924 und Vergleich der beiden Kunstbezeichnungen Proun und Merz als Warenzeichen. Glaser 1924.07.11 Glaser, Curt: Ausstellungen. Faktur-Kontrasta und anderes. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 321, 11.07.1924. Rezension u. a. zu Der Sturm. 132. Ausstellung. Henryk Berlewi Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin (03.-17.07.1924). Goldfeld 1919 Goldfeld, Karl: Expressionismus und Dichtung. In: Das neue Buch. Eine Zeitschrift für Bücherfreunde 1. Jg., H. 4 (September) (1919), S. 1–3 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Kommentar u. a. zu Schwitters 2005/1914-1918 – Die Welt. Gedicht 2 und Schwitters 2005/1914-1918 – Graugrüne Gier. Schwitters, Kurt: Die Welt. Gedicht 2. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 36. Schwitters, Kurt: Graugrüne Gier. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 38.

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Goldschmidt 1931 Goldschmidt, Werner: Kunststadt Hannover. In: Das Tagebuch 12. Jg., H. 23 (1931), S. 907–908. Kommentar zum Kunstleben in Hannover und Erwähnung von Schwitters im Zusammenhang der abstrakten Kunst und der „abstrakten hannover“. Greeven 1920 Greeven, E. A.: Die Wahrheit über Anna Blume von Christof Spengemann. In: Das literarische Echo. Halbmonatsschrift für Literaturfreunde 23. Jg., H. 5 (1920), Sp. 307. Rezension zu Spengemann 1985/1920. Gröttrup 1920 (02) B. G. (= Gröttrup, Bernhard): Ein Besuch bei Anna Blume. In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 1. Jg., H. 7 (1920), S. 149–152. Rezension zur Merzkunst. Gröttrup 1921 (02) B. G. (= Gröttrup, Bernhard): Kurt Schwitters. In: Die Pille. Eine aktuelle, kritische, witzige, freche, unparteiliche Wochenschrift 2. Jg., H. 7 (1921), S. 193. Rezension zum Merzabend in der Galerie van Garvens, Hannover am 8.12.1921. Gröttrup 1922 B. G. (= Gröttrup, Bernhard): XIX. Ausstellung in der Galerie von Garvens 1. Oktober bis 22. November. Otto Gleichmann, Kurt Schwitters, Wilhelm Groß. In: Gröttrupsche Illustrierte Zeitung. Ausgabe 10, 1922 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Hannover 1922. Gurlitt 1923.06.12 Gurlitt, Hildebrand: „Konstruktivisten“ in Dresden. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 273, 12.06.1923. Rezension zu Ausst. Dresden 1923. H. B. 1920 H. B.: Literarische Rätselecke. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst 49. Jg., H. 5/6 (1920), S. 71–72. Kommentar zu Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. H. D. 1920.07.28 H. D.: [Die Silbergäule. Dichtung, Graphik, Essay. In: Königsberger Allgemeine Zeitung, 28.07.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Schriftenreihe „Die Silbergäule“ des Steegemann-Verlags, Hannover. H. L. 1920.10. H. L.: [Titel unbekannt. Rezension zu einer Gruppenausstellung mit unbekanntem Titel (Kurt Schwitters, Karl Fluhme, Oskar Vögel, Ascan Lutteroth u. a.] im Kunsthaus Louis Bock und Sohn)]. In: Unbekannte Zeitung, 10.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“, s. Kocher/Schulz 2014, S. 647-648).

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Rezension zu Ausst. Hamburg 1920. Habicht 1921.06.25 Habicht, Viktor Curt: Alte und neue Unterglasmalereien. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 292, 25.06.1921. Rezension zu Ausst. Hannover 1921 (04). Hartlaub 1920.07.15 Hartlaub, Gustav F.: Deutscher Expressionismus. Zur Darmstädter Ausstellung. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 514 (Erstes Morgenblatt), 15.07.1920. Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Der Ausstellungsbericht diente Schwitters als Hypotext zu Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 13. Hausenstein 1921.01.25 w. h. (= Hausenstein, Wilhelm): Kunst in München. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 62, 25.01.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Ausstellung „Kurt Schwitters. Kurt Kroner“ in der Kunsthandlung „Neue Kunst - Hans Goltz“, München (Januar 1921). Herrmann 1920.12.20 Herrmann, Gustav: Stallmeister Steegemanns Dada Steckenpferde und Silbergäule. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 20.12.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Schriftenreihe „Die Silbergäule“ des Steegemann-Verlags, Hannover. Heyck 1921.07.16 Heyck, Hans: Generalversammlung der Kunst. In: Deutsche Allgemeine Zeitung. Morgenausgabe, 16.07.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Ironischer Kommentar zu Schwitters. Hilbersheimer 1920.07.26 Hilbersheimer, Ludwig: Bildende Kunst. Merzmalerei. In: Sozialistische Monatshefte 26. Jg., H. 26. Juli (1920), S. 625 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Hilbersheimer 1921.05.23 Hilbersheimer, Ludwig: Bildende Kunst. Berliner Ausstellungen. In: Sozialistische Monatshefte 27. Jg., H. 23. Mai (1921), S. 468. Rezension zu Ausst. Berlin 1921 (01). Hilbersheimer 1922.07.25 Hilbersheimer, Ludwig: Bildende Kunst. Berliner Ausstellungen. In: Sozialistische Monatshefte 28. Jg., H. 25. Juli (1922), S. 699. Rezension zu Ausst. Berlin 1922 (06).

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I. G. 1920 I. G.: Literarische Rätselecke. Ein Vorläufer des kubistisch-futuristischen Expressionismus. In: Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst 49. Jg., H. 2 (1920), S. 127–128. Rezension zu zeitgenössischen Dichtungen und kurze Erwähnung von Schwitters. J. S. 1922.04.12 J. S.: Kunst und Wissen. Ausstellung „Kurt Schwitters“ im Roemermuseum. In: Hildesheimer Zeitung, 12.04.1922 (in Schwitters – Kladde „Gästebuch für die Merzausstellung“). Rezension zum Merzabend im Roemermuseum, Hildesheim am 9.04.1922. Jansen 1925 Jansen, Heinz: Dadas Geburt und Tod. In: Hellweg. Westdeutsche Wochenschrift für deutsche Kunst 5. Jg., H. 10 (1925), S. 171–173. Rezension zum Dadaismus, Erwähnung von Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume und Zitat aus Schwitters 2005/1919 – Die Merzmalerei. K. P. 1924.07.14 K. P.: „Der Sturm“. Ausstellung des Kunstvereins. In: Jenaische Zeitung. Ausgabe 163, 14.07.1924. Rezension zur Ausstellung „Der Sturm“ im Kunstverein Jena (06.07.-03.08.1924). Kaemmerer 1919 Kaemmerer, R. H.: Dresdner Sommerausstellungen. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 15 (1919), S. 496–497. Rezension zu Ausst. Dresden 1919. Kageler 1928.01.10 F. Kg. (= Kageler, Fritz): Zinnober. Künstler-Kostümfest im Konzerthaus am 7. Januar. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 10, 10.01.1928. Bericht über das „Zinnoberfest“ im Hannoverschen Konzerthaus, das Schwitters im Auftrag des Reichsverbandes Bildender Künstler ausgestaltete. Kahlo 1919.05.21 G. K. (= Kahlo, Gerhard): Hannoversche Künstler. In: Jenaische Zeitung. Ausgabe 117, 21.05.1919 (in Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Rezension zur Ausstellung „Hannoverscher Künstler“ im Kunstverein Jena (11.05-15.06.1919). Kahnweiler 1919 Daniel-Henry (= Kahnweiler, Daniel-Henry): „Merzmalerei“. In: Das Kunstblatt 3. Jg., H. 11 (1919), S. 351. Rezension zur Merzmalerei.

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Kain 1923.04.15 Kain, Robert: Bremer Kunstnachrichten. Das Graphische Kabinett. In: Bremer Nachrichten. Ausgabe 103, 15.04.1923 (in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Ausstellung „Kurt Schwitters“ bei Ad. Linne und E. Ziegert, Bremen (April 1923). Kobbe 1924.01 Kobbe, Friedrich Carl: Dada in Braunschweig. Nachtvorstellung im Operettenhaus. In: Braunschweigische Landeszeitung, 01.1924. Rezension zum Merzabend im Operettenhaus, Braunschweig am 26.01.1924. Kobbe 1924.01.30 Anonym (= Kobbe, Friedrich Carl): Dada-Nachtvorstellung. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 25, 30.01.1924 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). S. Kobbe 1924.01. Der Bericht über den Merzabend diente Schwitters als Ausgangstext für Schwitters 2005/1924 – Tran 50. Kober 1920.09.05 Kober, A. H.: Lyrische Revue. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 439, 05.09.1920. Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Koch 1923.03.29 Koch, E. M.: Neue Kunst. Zur Eröffnung des Kunstsalons Linne, Ziegert u. Co, Kohlhökerstraße 14. In: Bremer Zeitung. Ausgabe 74, 29.03.1923 (in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Ausstellung „Kurt Schwitters“ bei Ad. Linne und E. Ziegert, Bremen (April 1923). Kohlhaußen 1925 Kohlhaußen: Hamburger Ausstellungen. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 17. Jg., H. 3 (1925), S. 152–154. Rezension zur Ausstellung mit unbekanntem Titel im Kunstsalon Maria Kunde, Hamburg (Februar 1925). Kreitmaier 1923 Kreitmaier, Josef: Im Irrenhaus der Kunst. In: Stimmen der Zeit 53. Jg., H. 105 (1923), S. 395–397. Rezension zu Ausst. Berlin 1923 (02). Kruse 1920.04.05 Kruse, A. E.: Zeichen der Zeit. In: Deutsche Volkszeitung, Hannover, 05.04.1920. Rezension zur Plakataktion, im Rahmen derer Schwitters ein Plakat mit dem Gedicht „An Anna Blume“ an eine Litfaßsäule in Hannover anbrachte. Küppers 1920.01.29 Küppers, Paul Erich: Hannoverscher Kunstbrief. In: Münchner Neueste Nachrichten. Ausgabe 41, 29.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“).

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Kommentar zum Kunstleben in Hannover und Erwähnung von Schwitters und seiner Merzkunst. L. 1922.11 L.: Vorlesung eigener Dichtungen. In: Unbekannte Zeitung, 11.1922 (in Schwitters – Kladde „8uur“, s. Kocher/Schulz 2014, S. 452-453). Rezension eines Merzabends in Lüneburg. Lafaire 1920.01.06 Lafaire, Franz: „Anna Blume“. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 6, 06.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Lampe 1920.01.28 Lampe, Walter: Der Zweemann. (Ein Literatur- und Kunstbrief aus Hannover). In: Niederdeutsche Zeitung, 28.01.1920. Kommentar zur Merzdichtung und Abdruck von Schwitters 2005/1919 – Frühe rundet Regen blau. Schwitters, Kurt: Frühe rundet Regen blau. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 52. Landau 1920.02.18 Landau, Paul: Aus den Ausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 81, 18.02.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (04). Landau 1920.04.24 Landau, Paul: Aus den Kunstausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 173, 24.04.1920. Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Landau 1920.09.05 L. P. (= Landau, Paul): Aus den Kunstausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 397, 05.09.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (08). Landau 1920.10.28 Landau, Paul: Aus den Kunstausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 475, 28.10.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (02). Landau 1921.02.12 Landau, Paul: Aus den Kunstausstellungen. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 71, 12.02.1921. Rezension zur 94. Sturm-Ausstellung, Iwan Puni. Xenia Bognalawskaja, Galerie „Der Sturm“, Berlin (Februar 1921) und Vergleich von ungegenständlichen, ausgestellten Arbeiten mit Merzbildwerken.

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Landau 1921.04.16 Landau, Paul: Aus den Kunstausstellungen. Altes - Allerneuestes. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 175, 16.04.1921. Rezension zu Ausst. Berlin 1921 (01). Landau 1921.09.14 Landau, Paul: Die 100. Ausstellung des „Sturm“. In: Berliner Börsenzeitung. Ausgabe 429, 14.09.1921. Rezension zu Ausst. Berlin 1921. Lange 1922.03.03 Lange, Wilhelm: Der Sturm. Ausstellung des Kunstvereins. In: Göttinger Zeitung. Ausgabe 19980, 03.03.1922 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Göttingen 1922. Die Rezension diente Schwitters als Hypotext zu Schwitters 2005/1922 – Tran 25. Ledermann 1925.12.24 Ledermann, Ida: Ein Gang durch die Graphik-Ausstellung des Kestner-Museums. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 356, 24.12.1925. Rezension zur Graphik-Ausstellung im Kestner-Museum, Hannover (Dezember 1925). Lissitzky 1992/1922 Lissitzky, El: Ausstellungen in Berlin. In: Lissitzky-Küppers, Sophie (Hrsg.): El Lissitzky. Maler, Architekt, Typograf, Fotograf. Erinnerungen, Briefe, Schriften. Dresden 1992, S. 346–347. Rezension zur 108. Ausstellung. Kurt Schwitters. L. Kosinzova-Ehrenburg. Gesamtschau, Galerie „Der Sturm“, Berlin (Mai 1922). Ll. 1921.01.24 Ll.: Kunst, Wissenschaft und Leben. [Kunst und Wahnsinn]. In: Hamburger Echo, 24.01.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zum Vortrag „Kunst und Wahnsinn“ von Wilhelm Weygandt im Conventgarten, Hamburg (Januar 1921) und kurze Erwähnung von Merzbildwerken. M. K. R. 1929.10.01 M. K. R.: Kunst-Ausstellung Altona 1929. In: Hamburger Fremdenblatt. Ausgabe 272, 01.10.1929. Rezension zu Ausst. Hamburg 1929. M. R. 1920.01.29 M. R.: Eine dadaistische Dichtung. In: Lübecker General-Anzeiger, 29.01.1920. Rezension u. a. zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen und Teilabdruck von Schwitters 2005/1919 – Molkenschwere Silberblätterblüte. Gedicht 27 und Schwitters 2005/1919 – Porträt Rudolf Blümner. Gedicht 30. Schwitters, Kurt: Porträt Rudolf Blümner. Gedicht 30. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 68.

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M. R. 1920.10.23 M. R.: Theater, Kunst und Wissenschaft. Aus Hamburgs Kunstsälen. Kunsthaus Louis Bock (&) Sohn. In: Hamburger Fremdenblatt. Ausgabe 514, 23.10.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Hamburg 1920. Madsack, E. 1920.02.15 Madsack, Erich: Die XXXI. Sonder-Ausstellung der Kestnergesellschaft. Hannoversche Sezession. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 39, 15.02.1920. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). Schwitters verwendete die Rezension zur Gestaltung für einen Teil des Hypertextes Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7. Madsack, E. 1921.04.03 Madsack, Erich: 41. Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 77, 03.04.1921. Rezension zu Ausst. Hannover 1921. Madsack, P. 1920.12.19 pck. (= Madsack, Paul): Sturm-Bilderbücher. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 298, 19.12.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Schwitters 1920 – Sturm Bilderbücher. Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 17. Marckwart 1928.05.22 gm. (= Marckwart, Gustav): Die Abstrakten. In: Nordhäuser Zeitung und General Anzeiger, 22.05.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928 (02). Mehring 1919 Mehring, Walter: Ausstellungen. Berliner Ausstellungen. Kurt Schwitters im „Sturm“. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 11. Jg., H. 14 (1919), S. 462. Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (03). Meunier 1920.11.04 Meunier, Ernst: Ausstellung der Dresdner Sezession III. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 271, 04.11.1920. Rezension zu Ausst. Dresden 1920. Michel 1919/20 (02) Michel, Wilhelm: Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Feuer. Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur 1. Jg., Bd. 1 (1919/20), S. 789–802. Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Michel 1920.09.30 Michel, Wilhelm: Darmstädter Kunstsommer. Ein Nachwort. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt, 30.09.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“).

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Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Michel 1921.01.11 Michel, Wilhelm: Die Silbergäule*). In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 24, 11.01.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Schriftenreihe „Die Silbergäule“ des Steegemann-Verlags, Hannover. Minden 1920 Minden, Martin: Die moderne Malerei an der Grenze des Verrückten. In: Reclams Universum 36. Jg., H. 28 (1920), S. 451–454. Rezension zu Ausst. Dresden 1919. Minden 1920 (02) Minden, Martin: Aufstieg oder Abstieg? Ein Beitrag zur Deutung moderner Kunst. Dresden u. a. 1920. Der Autor nennt zwei Bilder von Schwitters, die er mit Bildern psychisch Kranker vergleicht. Müller/Singer 1922 Müller, Hermann Alexander; Singer, Hans Wolfgang (Hgg.): Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Frankfurt a. M. 1922. Lexikoneintrag über Schwitters und seine Merzkunst. n 1919.03.23 n: [Kestner-Gesellschaft, E. B. Königstraße 8]. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 82, 23.03.1919. Rezension zu Ausst. Hannover 1919. Nebel 1920 (04) Nebel, Otto: Die 87. Ausstellung des Sturm. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 12 (1920), S. 480–481. Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (07). Neuhahn 1919.11.18 Neuhahn, E. (= Neuhahn, Ella): „Der Sturm“. Eine Berliner Kunstausstellung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34735, 18.11.1919. Rezension zur 79. Sturm-Ausstellung. Johannes Molzahn. Jacoba van Heemskerck, Berlin (Oktober 1919). Es handelt sich um einen Hypotext zu Schwitters 2005/1919 – Du meiner, ich deiner. Neumann 1920.01.06 Neumann, Felix: Aus dem Reiche der Dadaisten. In: Die Post, Berlin, 06.01.1920. Rezension zum Dadaismus und zu Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Den Bericht verwendete der Merzkünstler für Schwitters 2005/1920 – Nichts tötet schneller.

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Neumann 1920.01.24 Neumann, Felix: Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert. In: Die Post, Berlin. Abendausgabe, 24.01.1920 (Schwitters – Kladde „Kritiken“). Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Neumann 1920.01.28 Neumann, Felix: Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert. In: Leipziger Neueste Nachrichten, 28.01.1920 (Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Neumann 1920.01.24. Neumann 1920.02.06 Neumann, Felix: Wie Anna Blume gegen den Dadaismus protestiert. In: Geraisches Tageblatt, 06.02.1920 (Schwitters – Kladde „Kritiken“). S. Neumann 1920.01.24. Neumann 1926 Neumann, Felix: Anna Blumes Antwort an Kurt Schwitters. In: Gustav Herrmann spricht … Eine Sammlung zeitgenössischer Dichtung und Prosa. Hrsg. von Gustav Herrmann. Berlin 1926, S. 303–304. Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Osborn 1920.05.21 Osborn, Max: „Kunstausstellung Berlin 1920“. Zur heutigen Eröffnung. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 257, 21.05.1920. Rezension zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (Sommer 1920) und Kritik an der „Aufnahme des läppischen ,Merzmalerei’-Unfugs“. Osborn spricht vermutlich die ausgestellten Werke von Curt Ehrhardt an, denn Schwitters beteiligte sich nicht an der Ausstellung. Osborn 1921.01.23 Osborn, Max: Das geistige Hannover. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 37, 23.01.1921 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Kommentar zum Kunstleben in Hannover und kurze Erwähnung der Merzmalerei. Osborn 1922.10.16 Osborn, Max: Russische Kunstausstellung. In: Vossische Zeitung, Berlin. Ausgabe 490, 16.10.1922. Rezension zur „Ersten russischen Kunstausstellung“ in der Galerie van Diemen, Berlin (15.10. bis Ende Dezember 1922) und Vergleich von Tatlin „Contre-Reliefs“ mit Merzbildwerken. P. Sch. 1918.02.20 P. Sch.: Wissen, Kunst, Leben. 1. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 43, 20.02.1918. Rezension zu Ausst. Hannover 1918.

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Paulsen 1919 Paulsen, Rudolf: Kurze Anzeigen. Romane und Erzählungen. Taifun. In: Das literarische Echo. Halbmonatsschrift für Literaturfreunde 22. Jg., H. 5 (1919), S. 299 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Satirischer Kommentar zur Merzkunst. Paulsen 1920.04.16 Paulsen, Rudolf: „Merzdichtung“. In: Deutsche Zeitung. Unparteiisches Volksblatt Berlin. Ausgabe 161, 16.04.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. Paulsen 1933.12.16 Paulsen, Rudolf: Der Verrat an der Kunst. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“. In: Illustrierter Beobachter. Ausgabe 50, 16.12.1933, S. 1713-1715, 1742. Rezension zu Ausst. Dresden u. a. 1933. Peterich 1928.03.29 E. P. (= Peterich, Eckart): Abstrakte Kunst in Hannover. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 76, 29.03.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928 (02). Pf 1920.02.17 Pf: Welt und Wissen. Die expressionistische „Anna Blume“. In: Kölnische Volkszeitung. Ausgabe 128, 17.02.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Schwitters 1919 – Anna Blume. Dichtungen. ph. 1929.03.14 ph.: Große Kunstausstellung II. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 62, 14.03.1929. Rezension zu Ausst. Hannover 1929. pom. 1920.07.15 pom.: Kunstausstellung Berlin 1920. In: Neue Züricher Zeitung, 15.07.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (Sommer 1920) und Vergleich der ausgestellten „Tiefreliefs“ von Curt Ehrhardt mit Merzbildern. Prof. B. 1927.03.23 Prof. B.: Ausstellung in der Barmer Ruhmeshalles. In: Bergisch Märkische Zeitung, 23.03.1927. Rezension zur Ausstellung „Die Abstrakten“ in der Ruhmeshalle, Barmen (09.05.-07.061927). Puetzfeld 1919.06.12 Puetzfeld, Carl: Ausstellung der Gruppe 1919. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 186, 12.06.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“).

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Rezension zu Ausst. Dresden 1919. R. K. 1919.03.31 R. K.: Kunst und Kultur in Hannover. In: Peiner Zeitung, 31.03.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Hannover 1919 (02). R. T. 1920.02.28 R. T.: 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 48, 28.02.1920. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). rd 1919.11.30 rd: Merz. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 558, 30.11.1919, S. 4. Parodie auf die Merzkunst. Es handelt sich um einen Hypotext zu Schwitters 2005/1920 – Berliner BörsenKukukunst. Rein 1920.01.15 Rein, Leo: Neue Bücher. Der Poet hat ein Vogel. In: Neue Berliner Zeitung. Das 12.00 Uhr Blatt, 15.01.1920 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu und Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Rein 1921.11.27 Rein, Leo: Grabrede auf Dada. In: Berliner Börsenzeitung. Morgenausgabe 547, 27.11.1921. Rezension zum Dadaismus und zu Merz. Schwitters verwertete den Artikel in Schwitters 2005/1922 – Tran 21. rk. 1919.03.11 rk.: Die Hannoversche Sezession. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 59, 11.03.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Hannover 1919. Rockenbach 1923 Rockenbach, Martin: Zum literarischen Leben der Gegenwart. Die Blume Anna. Die neue Anna Blume. In: Der Gral. Monatsschrift für schöne Literatur 17. Jg., H. 12 (1923), S. 545. Rezension zu Schwitters 1922 – Elementar. Schwitters, Kurt: Elementar. Die Blume Anna. Die neue Anna Blume. Eine Gedichtsammlung aus den Jahren 1918-1922. Berlin 1922. Sarter 1923.12.06 SA. (= Sarter, Eberhard): Kunst und Wissenschaft. [Die Weihnachtsausstellung der Kestnergesellschaft]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 571, 06.12.1923. Rezension zu Ausst. Hannover 1923 (02).

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Sarter 1930.03.27 SA. (= Sarter, Eberhard): Frühjahrs-Ausstellung des Kunstvereins. Im Künstlerhaus I. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 146, 27.03.1930. Rezension zu Ausst. Hannover 1930. Schacht 1920 Schacht, Roland: Berliner Kunstausstellungen. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 8/9/10 (1920), S. 42–43. Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Schacht 1920 (02) Schacht, Roland: Kurt Schwitters. In: Freie Deutsche Bühne 1. Jg., H. 36 (1920), S. 845–847. Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Schaer 1920.02.09 Schaer, Adolf: Dritte Ausstellung der Hannoverschen Sezession in den Räumen der Kestner-Gesellschaft. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34869, 09.02.1920. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). Schwitters verwendete die Rezension zur Gestaltung für einen Teil des Hypertextes Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7. Schaer 1920.02.14 A. Sch. (= Schaer, Adolf): [Graphische Ausstellung des Zweemann-Verlages]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 34879, 14.02.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Hannover 1920. Es handelt sich um einen Hypotext zu Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7. Schaer 1920.02.25 Schaer, Adolf: Hannoversche Sezession. In: Rheinisch-Westphälische Zeitung. Ausgabe 123a abends, 25.02.1920. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). Schwitters verwertete den Artikel in einem Teil des Hypertextes Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7. Schapire 1920 Schapire, Rosa: Das Kestnerbuch. In: Die rote Erde. Monatsschrift für Kunst und Kultur 1. Jg., H. 8/9/10 (Januar-März) (1920), S. 349. Rezension zu Das Kestnerbuch. Hrsg. von Paul Erich Küppers. Hannover 1919. Schikowski 1919.06.29 Schikowski, John: Notizen. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 327, 29.06.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Anzeige zu Ausst. Berlin 1919 (03). Schikowski 1920 Schikowski, John: Die neue Kunst und ihr Publikum. In: Der Firn. Sozialistische

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Rundschau über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben 1. Jg., H. 21 (1920), S. 554–558. Rezension zur Merzmalerei. Schikowski 1920.04.15 J. S. (= Schikowski, John): [Merzmalerei]. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 192, 15.04.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Schikowski 1921.04.26 J. S. (= Schikowski, John): [Zwei Koloristen]. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 196, 26.04.1921. Rezension zu Ausst. Berlin 1921 (01). Schikowski 1922.10.19 Schikowski, John: Russische Kunstausstellung. In: Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentrales Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ausgabe 495, 19.10.1922. Rezension zur „Ersten russischen Kunstausstellung“ in der Galerie van Diemen, Berlin (15.10. bis Ende Dezember 1922) und kurze Erwähnung der Merzkunst. Schmidt 1920 Schmidt, Paul F.: Schwitters, Schlemmer, Baumeister. (Ausstellung bei Arnold in Dresden). In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 16 (1920), S. 621–622. Rezension zu Ausst. Dresden 1920 (02). Schmidt 1920 (03) Schmidt, Paul F.: Ausstellung der Dresdner Sezession. (Oktober - November bei Arnold in Dresden). In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg., H. 23 (1920), S. 826–827. Rezension zu Ausst. Dresden 1920. Schmidt 1920/21 Schmidt, Paul F.: Funken. Herbstausstellung der Dresdner Sezession. In: Feuer. Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur 2. Jg., Bd. 1 (1920/21), S. 234–235. Rezension zu Ausst. Dresden 1920. Schmidt 1921 Schmidt, Paul F.: Sturmbilderbücher IV. Kurt Schwitters. Verlag der Sturm, Berlin 1921. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 2. Jg., H. 3 (1921), S. 117. Rezension zu Schwitters 1920 – Sturm Bilderbücher und Abdruck von Schwitters 2005/1917 – Undumm. Schwitters, Kurt: Undumm. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 39.

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Schmidt 1922 (03) Schmidt, Paul F.: Die Kunst der Gegenwart. Berlin 1922, S. 113. Kommentar zur Merzmalerei. Schnack 1920 Schnack, Anton: Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Deutsche Kunst und Dekoration. Illustrierte Monatshefte für Moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohn-Kunst und künstlerische Frauenarbeit 23. Jg., Bd. 46, H. August (1920), S. 207–221. Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Schodder 1924 Schodder, Karl: Hannovers erste Merz-Matinée. In: Störtebeker 1. Jg., H. 1 (1924), S. 21–22. Rezension zum Merzabend im Tivoli, Hannover am 29.12.1923. Scholz 1928.10.20 Scholz, Marianne: Die Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. In: Die Hannoversche Woche. Ausgabe 21, 20.10.1928, S. 6–7. Rezension zu Ausst. Hannover 1928. S-ck 1927.05.11 S-ck: Städtische Gemäldegalerie. In: Bochumer Zeitung, 11.05.1927. Rezension zur Ausstellung „Die Abstrakten“ in der Städtischen Gemäldegalerie, Bochum (09.05.-07.06.1927). Servaes 1920.04.27 Servaes, Franz: Expressionisten-Parade. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt, 27.04.1920. Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters 2005/1920 – Erweiterung. Servaes 1920.05.01 Anonym (= Servaes, Franz): [Expressionistenparade]. In: Prager Tageblatt. Ausgabe 103, 01.05.1920. S. Servaes 1920.04.27. Servaes 1920.06.22 Servaes, Franz: „Klamauk“. Bemerkungen zur Großen Berliner Kunstausstellung. In: Berliner Lokal-Anzeiger. Zentral-Organ für die Reichshauptstadt. Ausgabe 289, 22.06.1920. Rezension zur „Großen Berliner Kunstausstellung“ im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin (Sommer 1920) und Erwähnung von Merzbildern im Zusammenhang mit Exponaten von Curt Ehrhardt und Edmund Kinzinger. Seubert 1922.02.21 Seubert, R.: Kunstverein Jena, Ausstellung aus Jenaer Privatbesitz. In: Das Volk. Ausgabe 44, 21.02.1922.

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Rezension zur Ausstellung „Sammlung Moderner Malerei und Grafik aus Jenaer Privatbesitz“ im Kunstverein Jena (Februar 1922). Silvanus 1920.02.10 Silvanus: Bab el-Mandeb. Zweemann-Verlag stellt neue Graphik aus. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 34, 10.02.1920. Rezension zu Ausst. Hannover 1920. Silvanus 1920.03.05 Silvanus: Kleines Feuilleton. 88. Große Kunstausstellung im Künstlerhaus zu Hannover. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 55, 05.03.1920. Rezension zur 88. Großem Kunstausstellung im Kunstverein, Hannover (März 1920). Silvanus 1920.04.16 Silvanus: Kleines Feuilleton. Lachen, Lächeln und Schmunzeln bei Kestners. 32. Ausstellung der Kestner-Gesellschaft. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 89, 16.04.1920. Rezension zur 32. Ausstellung der Kestner-Gesellschaft, Hannover (April 1920). Silvanus 1922.11.14 sil (= Silvanus): Kleines Feuilleton. Abseits der Heerstraße. Zur XIX. Ausstellung der Galerie von Garvens. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 259, 14.11.1922 (in Schwitters – Kladde „Schwarzes Notizbuch“). Rezension zu Ausst. Hannover 1922. Soergel 1927 Soergel, Albert: Dichtung und Dichter der Zeit. Neue Folgen. Im Banne des Expressionismus. Leipzig 1927, S. 621-623. Kommentar zur Merzdichtung. Spengemann 1920 (02) Spengemann, Christof: 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 5 (1920), S. 17–18. Rezension zu Ausst. Hannover 1920 (02). Spengemann 1920 (12) Spengemann, Christof: Merz. Die offizielle Kunst. In: Der Zweemann. Monatsblätter für Dichtung und Kunst 1. Jg., H. 8/10 (1920), S. 40–41. Rezension zur Merzkunst. Spengemann 1928.03.04 Spengemann, Christof: Die Abstrakten. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 64, 04.03.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928 (02).

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Spengemann 1929.05.12 W. Sp. (= Spengemann, Walter): Neue Kunst in Amerika. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 109, 12.05.1929. Rezension zu einem Vortrag von Catherine S. Dreier über Kunst in Amerika bei den „abstrakten hannover“ und kurze Erwähnung von Schwitters. Spengemann 1931.10.18 Immergrün, Tomas (= Spengemann, Christof): Ein Ketzer geht durchs Wunderland. Herbstausstellung des Kunstvereins. In: Hannoversches Tageblatt. Ausgabe 289, 18.10.1931. Rezension zu Ausst. Hannover 1931 (02). Stahl 1922.05.27 Stahl, Fritz: Wohin geht es? Glosse zu drei Kunstausstellungen. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung. Ausgabe 247, 27.05.1922. Rezension zu Ausst. Berlin 1922 (06). Steglich 1924.03.15 st. (= Steglich, Rudolf): 92. Große Kunstausstellung des Hannoverschen Kunstvereins. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 64, 15.03.1924. Rezension zu Ausst. Hannover 1924. Steglich 1926.03.26 R. St. (= Steglich, Rudolf): 94. Große Kunstausstellung des Kunstvereins Hannover III. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 72, 26.03.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (03). Steglich 1927.11.22 Steglich, Rudolf: Herbstausstellung hannoverscher Künstler. In: Hannoverscher Anzeiger, 22.11.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927. Steglich 1928.11.11 st. (= Steglich, Rudolf): Herbstausstellung hannoverscher Künstler II. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 267, 11.11.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928. Steglich 1929.03.29 st. (= Steglich, Rudolf): 97. Große Kunstausstellung des Kunstvereins Hannover II. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 70, 23.03.1929. Rezension zu Ausst. Hannover 1929. Stiller 1921 Stiller, Richard: Die Dresdner Kunst 1919/20. In: Dresdner Kalender 1921, 1921, S. 61–69. Rezension zu Ausst. Dresden 1920 (02).

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ANHANG Bibliografie

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Strecker 1920.09.12 Strecker, Richard: Darmstädter Kunstausstellung von 1920. In: Leipziger Tageblatt. Morgenausgabe, 12.09.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Strese 1920.06.13 St. M. (= Strese, Max): Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920 I. In: Darmstädter Tageblatt, 13.06.1920. S. Streese 1920.06.20. Strese 1920.06.15 Strese, Max: Deutscher Expressionismus. In: Leipziger Neueste Nachrichten. Ausgabe 162, 15.06.1920. S. Streese 1920.06.20. Strese 1920.06.15 a Anonym (= Strese, Max): Deutscher Expressionismus, Darmstadt 1920. In: Ostsee-Zeitung, Stettin, 15.06.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). S. Strese 1920.06.20. Strese 1920.06.17 Anonym (= Strese, Max): Deutscher Expressionismus, Darmstadt 1920. In: Magdeburgische Zeitung. Morgenausgabe, 17.06.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). S. Strese 1920.06.20. Strese 1920.06.20 Strese, Max: Theater, Kunst, Wissen. Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 143, 20.06.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Mit dem Fundmaterial aus diesem Ausstellungsbericht gestaltete Schwitters den Hypertext Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 11. Stuttmann 1924 Stuttmann, Ferdinand: Hannover. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers . 17. Jg., H. 16 (1924), S. 1149. Rezension zu Ausst. Hannover 1924 (02). Tappe 1931.10.23 Tappe, Walter: Kurt Schwitters liest! In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 248, 23.10.1931. Rezension zu einem Merzabend in Hannover (Oktober 1931). Thies 1922.10.21 Thies, Hans: Phantastisches Hannover. In: Niederdeutsche Zeitung, 21.10.1922. Rezension zu Ausst. Hannover 1922.

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Thiess 1923.02.07 Thiess, Frank: Kestner-Gesellschaft. Randbemerkungen zur letzten Ausstellung. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 31, 07.02.1923 (in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zu Ausst. Hannover 1923. Traumann 1928.07.05 Traumann, Erich: Abstrakte Kunst. Die neue Ausstellung des Kunstvereins. In: Nordhäuser Zeitung und General Anzeiger. Ausgabe mittags, 05.07.1928. Rezension zur Ausstellung „Die Abstrakten“ im Kunstverein, Nordhausen (Juli bis Oktober 1928). Umanski 1920 Umanski, Konstantin: Russland. Neue Kunstnachrichten in Rußland I. Der Tatlinismus oder die Maschinenkunst. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 4 (1920), S. 12–13. In einer Anmerkung der Redaktion werden die Merzbilder von Schwitters mit der Maschinenkunst von Wladimir Tatlin verglichen. Vikarius 1920.06.16 Vikarius, Fr.: [Kunst in Frankfurt]. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 437, 16.06.1920 (lose einliegend in Schwitters – Kladde „8uur“). Rezension zur Ausstellung mit unbekanntem Titel in der Galerie Herbert Cramer, Frankfurt (eröffnet am 01.06.1920). Vogedes 1920.08.15 Vogedes, Alois: Der weiße Reiter. In: Hannoversche Volkszeitung. Ausgabe 183, 15.08.1920. Rezension zum Sammelband „Der weiße Reiter“, Verlag A. Bagel, Düsseldorf 1920. Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters 2005/1921 – Tran Nr. 15. Voss 1924.11.20 V. (= Voss, Kurt): [Merz-Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 546, 20.11.1924. Rezension zu Ausst. Hannover 1924 (02). Voss 1924.11.25 V. (= Voss, Kurt): [Märchenabend Kurt Schwitters]. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 554, 25.11.1924. Rezension zur Märchenlesung in der Kestner-Gesellschaft, Hannover am 20.11.1924. Voss 1925.11.05 V. (= Voss, Kurt): Die erste „Juryfreie“. Herbstausstellung im Kunstverein II. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 519, 05.11.1925. Rezension zu Ausst. Hannover 1925. Voss 1926.03.16 V. (= Voss, Kurt): Die 94. „Große“. Frühjahrsausstellung im Kunstverein II. Die

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deutsche Abteilung. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 125, 16.03.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (03). Voss 1926.10.23 V. (= Voss, Kurt): Die zweite „Juryfreie“. Herbstausstellung im Hannoverschen Kunstverein I. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 498, 23.10.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (02). Voss 1926.11.04 V. (= Voss, Kurt): Die zweite „Juryfreie“. Herbstausstellung im Kunstverein II. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 517, 04.11.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (02). Voss 1928.02.21 V. (= Voss, Kurt): Gute und schlechte Abstraktion in der Kunst. Vortrag und Ausstellung bei den Abstrakten. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 87, 21.02.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928 (02). Voss 1928.10.19 Voss, Kurt: [Eine Ausstellung hannoverscher Künstler]. In: Kölnische Zeitung. Ausgabe 577 b, 19.10.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928. Voss 1928.11.17 V. (= Voss, Kurt): Ausstellung im Kunstverein. Herbstausstellung hannoverscher Künstler. II. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 543, 17.11.1928. Rezension zu Ausst. Hannover 1928. Voss 1929.10.26 Voss, Kurt: Herbstausstellung im Kunstverein. Aufmarsch der hannoverschen Künstler im Künstlerhaus. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 503, 26.10.1929. Rezension zu Ausst. Hannover 1929 (02). Voss 1930.04.19 V. (= Voss, Kurt): Ausstellung der Hannoverschen Sezession. In der Kestnergesellschaft. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 184, 19.04.1930. Rezension zu Ausst. Hannover 1930 (01). Voss 1930.10.16 Voss, Kurt: Die Herbstausstellung. Hannoversche Künstler im Künstlerhaus. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 486, 16.10.1930. Rezension zu Ausst. Hannover 1930 (02). Voss 1931.10.13 Voss, Kurt: Herbstausstellung im Kunstverein. Das Lebensrecht der bildenden Künste. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 479, 13.10.1931. Rezension zu Ausst. Hannover 1931 (02).

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Voss 1932.10.26 V. (= Voss, Kurt): Herbstausstellung im Kunstverein. Hannoversche Künstler im Künstlerhaus an der Sophienstraße. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 502/503, 26.10.1932. Rezension zu Ausst. Hannover 1932 (02). Voss 1933.10.31 V. (= Voss, Kurt): Die Herbstausstellung im Kunstverein. Hannoversche Künstler im Künstlerhaus. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 510, 31.10.1933. Rezension zu Ausst. Hannover 1933 (02). Voss 1934.04.05 V. (= Voss, Kurt): Die Frühjahrsausstellung. Im Künstlerhaus Hannover an der Sophienstraße III. In: Hannoverscher Kurier. Ausgabe 157, 05.04.1934. Rezension zu Ausst. Hannover 1934. W. 1926.11.09 W.: [Juryfreie Herbstausstellung des Hannoverschen Kunstvereins]. In: Hannoversche Landeszeitung, 09.11.1926. Rezension zu Ausst. Hannover 1926 (02). W. W. 1925.06.05 W. W.: Ausstellung im Neuen Museum. In: Wiesbadener Tageblatt, 05.06.1925. Rezension zur Mai-Juni Ausstellung im Nassauischen Kunstverein, Wiesbaden im Neuen Museum (24.05.-29.06.1925). Waldmann 1927.04.02 Waldmann, Emil: Die Kunstausstellung im Kunstverein zu Hannover. In: Hannoverscher Anzeiger. Ausgabe 78, 02.04.1927. Rezension zu Ausst. Hannover 1927 (02). Wedderkop 1920 Wedderkop, Heinrich von: Ausstellungen im westlichen Kulturgebiet. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 12. Jg. (1920), S. 574–576. Rezension zu Ausst. Darmstadt 1920. Wedekind 1921.07. Wedekind, Fritz: Galerie von Garvens. In: Hannoversche Zeitung, 07.1921. (Quelle: Webster 2004, S. 324, Text 41). Ausst. Hannover 1921 (04). Weigert 1925.09.26 Weigert, Hans: Abstrakte Kunst. Pieter Mondrian - Man Ray - Kurt Schwitters. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 26.09.1925. Rezension zu Ausst. Dresden 1925.

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Weigert 1925.09.30 Dr. H. W. (= Weigert, Hans): Über abstrakte Kunst. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Ausgabe 3, 30.09.1925. Rezension zu Ausst. Dresden 1925. Weiß 1921.01.27 K. W. (= Weiß, Konrad): Kurt Schwitters und Kurt Kroner. In: Münchner Neueste Nachrichten. Ausgabe 37, 27.01.1921. Rezension zur Ausstellung „Kurt Schwitters. Kurt Kroner“ in der Kunsthandlung „Neue Kunst - Hans Goltz“, München (Januar 1920). Westheim 1919.09.04 P. W. (= Westheim, Paul): Berliner Kunstchronik. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 657, 04.09.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Rezension zu Ausst. Berlin 1919 (05). Westheim 1920 (03) P. W. (= Westheim, Paul): Ausstellungen. In: Das Kunstblatt 4. Jg., H. 4 (1920), S. 126–127. Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (03). Westheim 1920.05.10 Westheim, Paul: Kunst in Berlin. Nolde, Meidner, Schwitters. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 341, 10.05.1920. Rezension zu Ausst. Berlin 1920. Westheim 1920.11.25 Westheim, Paul: Kunst in Berlin. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 873, 25.11.1920. Rezension zu Ausst. Berlin 1920 (02). Schwitters reagierte auf Westheims Ausstellungskritik mit dem Hypotext Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 16. Westheim 1921 Westheim, Paul: Ausstellungen. Berlin. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 6 (1921), S. 191–192. Rezension zu Ausst. Berlin 1921 (01). Es handelt sich um den Hypotext zu Schwitters 2005/1921 – Tran 19. Westheim 1921 (17) Westheim, Paul: Der Maler malt Kunstprobleme. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 10 (1921), S. 289–297. Rezension zur zeitgenössischen Malerei und kurze Umschreibung von Merzbildern. Westheim 1921.05.14 P. W. (= Westheim, Paul): Kunst in Berlin. (Munch. Valori Plastici. Fiori. Braß). In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Ausgabe 352, 14.05.1921. Rezension zu Ausst. Berlin 1921 (02) und krze Erwähnung von Schwitters.

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Westheim 1924 Westheim, Paul: La situation des arts plastiques en Allemagne. In: L’Esprit nouveau. Revue internationale d'esthétique 4. Jg., H. 20 (Jan./Feb.) (1924), o. S. Kommentar zur zeitgenössischen Kunst. Schwitters reagierte auf Westheims Artikel mit dem Hypotext Schwitters 2005/1924 – Noch einmal die Gefahr Westheim. Westheim 1925 (04) Westheim, Paul: Die tote Kunst der Gegenwart. In: Das Kunstblatt 9. Jg., H. 4 (1925), S. 106–114. Rezension zur zeitgenössischen Malerei und kurze Erwähnung von Merz. Weygandt 1921.06.04 Weygandt, Wilhelm: Kunst und Wahnsinn. In: Die Woche. Moderne Illustrierte Zeitschrift 23. Jg., H. 22 (4. Juni) (1921), S. 483–485. Der Autor erwähnt die Merzkunst von Schwitters, die er mit der Kunst psychisch Kranker vergleicht. Weygandt 1921.11.27 Weygandt, Wilhelm: Moderne Kunst oder Wahnsinn. In: Germania. Ausgabe 734, 27.11.1921. Der Autor erwähnt die Kunst von Schwitters, die er mit Patientenbildern vergleicht. Schwitters bezieht sich auf diesen Artikel Weygandts in dem Hypertext Schwitters 2005/1922 – Tran No. 22. Wieczorek 1939 Wieczorek, Hans: „Entartete Kunst“. Zur Ausstellung in Wien. In: Die Pause. Kultur, Kunst, Bildung, Leben 4. Jg., H. 6 (1939), S. 65-68 und 85. Rezension zur Ausstellung „Entartete Kunst“ im Künstlerhaus in Wien (07.05.-18.06.1939). Wiesenwald 1920.01.09 Wiesenwald, Hein: Der Kragenvogel. Eine fast unglaubliche Geschichte. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 7, 09.01.1920. Parodie auf Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Schwitters reagierte auf die Parodie in einer Passage von Schwitters 2005/1920 – Tran Nummer 7. Wiesenwald 1920.02.25 Wiesenwald, Hein: Talegallus. Die zweifelhafte Geschichte eines schnurrigen Huhnes. In: Volkswille. Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung der Provinz Hannover. Ausgabe 47, 25.02.1920. Parodie auf die Merzkunst. Wolfradt 1921 Wolfradt, Willi: München. In: Das Kunstblatt 5. Jg., H. 5 (1921), S. 156. Rezension zur Ausstellung „Kurt Schwitters. Kurt Kroner“ in der Kunsthandlung „Neue Kunst - Hans Goltz“, München (Januar 1921).

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Wolfradt 1925 Wolfradt, Willi: Berliner Ausstellungen. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 17. Jg., H. 4 (1925), S. 226–227. Rezension zu Ausst. Berlin 1925. Wulle 1919.12.31 Wulle, Friedrich: „Anna, du ungezähltes Frauenzimmer …“. In: Volks-Zeitung, Berlin. Morgenausgabe, 31.12.1919 (in Schwitters – Kladde „Kritiken“). Parodistische Rezension zu Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume. Zahn 1920 (03) Zahn, Leopold: Kurt Schwitters. Die Kathedrale. Acht Lithos. Paul Stegemann, Hannover. In: Der Ararat. Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst 1. Jg., H. 7 (1920), S. 62. Rezension zu Schwitters 1920 – Die Kathedrale. Zahn 1921 L. Z. (= Zahn, Leopold): München. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 13. Jg., H. 3 (1921), S. 97. Rezension zur Ausstellung „Kurt Schwitters. Kurt Kroner“ in der Kunsthandlung „Neue Kunst - Hans Goltz“, München (Januar 1921). Zimmermann 1919.07.26 Zimmermann, Felix: Dresdner Sezession. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 204, 26.07.1919. Rezension zu Ausst. Dresden 1919. Zimmermann 1920.07.19 Zimmermann, Felix: In der Galerie Arnold. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 226, 19.07.1920. Rezension zu Ausst. Dresden 1920 (02). Es handelt sich um einen Hypotext zu Schwitters 2005/1921 – Tran 18. Zimmermann 1920.10.31 Zimmermann, Felix: Ausstellung der Dresdner Sezession „Gruppe 1919“. In: Dresdner Nachrichten, 31.10.1920. Rezension zu Ausst. Dresden 1920. Zimmermann 1921.02.20 F. Z. (= Zimmermann, Felix): Kurt Schwitters. In: Dresdner Nachrichten. Ausgabe 86, 20.02.1921. Rezension zum Merzabend in der Dresdner Kaufmannschaft am 19.02.1921.

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ANHANG Dokumentation der Ausstellungen

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Dokumentation der Beteiligungen an zeitgenössischen Ausstellungen von 1918 bis 1934 in den Hauptwirkungsorten von Schwitters1990 Berlin Ausst. Berlin 1918 Der Sturm. 64. Ausstellung. Albert-Bloch. Emmy Klinker. Elisabeth Niemann. Kurt Schwitters. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1918 (Juni). Ausgestellte Werke: Abstraktion 1 Erhabenheit, 1917, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 176; Abstraktion Nr. II (die Gewalten), 1917, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 177; Abstraktion 3 Gotik, 1917, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 178; Abstraktion 4 Klingendes Glas, 1917 Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 179; Abstraktion 5 Der verwunschene Garten und Abstraktion I (der verwunschene Garten), 1917/18, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 180; Abstraktion 6 Theaterrokoko, 1917/18, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 181; Abstraktion 7 Raumkristalle und Abstraktion 1 (Raumkristalle), 1917/18, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 182; Abstraktion 8 Kosmischer Vorgang und H Abstraktion 2 (Kosmischer Vorgang.), 1917/18, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 183; Verstecktes Haus, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 219; Hütte (1), 1918 Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 220; Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Die blaue Sonne, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 222; Die Laterne, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 223; Abstraktion No 9 (Bindeschlips.) und H Abstraktion 3 (Bindeschlips.), 1918, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 239; Abstraktion 10 Romanze, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 240; Abstraktion 11 Das Werden, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 241; Abstraktion 12 Die Quelle, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 242; Abstraktion 13 Der Strudel, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 243; Abstraktion 14 Vorstadtstimmung, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 244. Rezension: Däubler 1918.06.14. Ausst. Berlin 1919 Der Sturm. 70. Ausstellung. Paul Klee, Johannes Molzahn, Kurt Schwitters. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (Januar). Ausgestellte Werke: Abstraktion 15, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 245; Abstraktion No 16 (Schlafender Kristall), 1918, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 246; Abstraktion 17, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 247; Abstraktion 18, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 248; Abstraktion 19 (Entschleierung), 1918, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 249; Abstraktion 20, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 250; Abstraktion 21, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 251; Abstraktion 22, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 252; Abstraktion 23, 1918, Gemälde?, vgl.

1990 Im Zusammenhang der vorliegenden Arbeit werden hier nur die für Kap. 1 relevanten Ausstellungsbeteiligungen aufgenommen. Zum Gesamtüberblick über die zeitgenössischen Ausstellungen, in denen Schwitters mit Werken präsent war, vgl. Orchard/Schulz 2000, S. 595-613. Darüber hinaus sind alle recherchierten Rezensionen im Quellenverzeichnis zu finden.

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ANHANG Dokumentation der Ausstellungen

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Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 253; Abstraktion 24, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 254; Hochgebirge (1), 1919, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 480. Rezensionen: Brieger 1919.02.08, Westheim 1919.02.28 (Schwitters nicht erwähnt). Ausst. Berlin 1919 (01) Der Sturm. 75. Ausstellung. Oswald Herzog. Oskar Fischer. Heinrich von Boddien. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (Juni). Ausgestellte Werke: Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Das Dorf, um 1919, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 591. Ausst. Berlin 1919 (02) Der Sturm. 1. Ausstellung Berlin-Osten. Gesamtschau Expressionisten. Kat. Ausst.

Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (Juli-August).

Ausgestellte Werke: Abstraktion 7 Raumkristalle und H Abstraktion 1 (Raumkristalle), 1917/18, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 182; Bild mit kugeligen Formen (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 275; Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221. Rezension: Behne 1919.08.09. Ausst. Berlin 1919 (03) Der Sturm. 76. Ausstellung. Kurt Schwitters, M. Langenstrass-Uhlig. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (29.06.-Juli). Ausgestellte Werke: 1 Kindermärchen, L Merzbild L 2 (Das Kindermärchen.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 435; 2 Bild mit Spielkarten, Merzbild 5a Spielkartenharmonika (ehemals: Bild mit Spielkarten und meiner Adresse) und Merzbild L 8 (Merzbild mit Spielkarten.) und Postkartenharmonika, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 440; 3 Das Merzbild, L Merzbild L 3 (Das Merzbild.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436; 4 Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443; 5 Bild mit Damenstein, Merzbild 9 A Bild mit Damestein und L Merzbild L 5, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 429; 6 Bild mit roten Kreuz, Merzbild 1 B Bild mit rotem Kreuz, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 426; 7 Konstruktion für edle Frauen, Merzbild 10 A und L Merzbild L 4 (Konstruktion für edle Frauen.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 431; 8 Bild mit Herz-Kirche, Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427; 9 Das Kreuz des Erlösers, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 448; 10 Bild mit heller Mitte, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 445; 11 Bild mit fliegenden Formen, 1919?, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 449; 12 Schleier (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 276; 13 Zarte Sinfonie, Abstraktion 26 Zarte Sinfonie, 1918, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 255; 14 Bild mit blühenden Formen (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 274; 15 Blühende Kreise (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 271; 16 Märchen (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 269; 17 Die Eisenbetonstimmung, Abstr. 31 (Die Eisenbetonstimmung.) und H Abstraktion 4 (Die Eisenbetonstimmung.), 1918?,

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ANHANG Dokumentation der Ausstellungen

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Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 258; 18 Die Guillotine (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 270; 19 Die Unendlichkeit (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 265; 20 Kleines Aquarell (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 277; 21 Das Blühen (Bild ohne Pilz) (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 272; 22 Bild mit kugeligen Formen (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 275; 23 Wellen blühen Sommer (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 273; 24 Stilleben (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 278; 25 Hochgebirgsfriedhof (Abstraktion), 1919, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 482; 26 Klingende Kirche (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 266; 27 Das Veilchenland (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 267; 28 Das Herz geht von Zucker zum Kaffee, N Aquarell 1. (Das Herz geht vom Zucker zum Kaffee.), 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 525; 29 Stilleben, 1919, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 564; 30 Er und Sie (Sie und Er), Aq. 5. Er und Sie, 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 527; 31 Abstraktion, Aq. 12. Abstraktion., 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 534; 32 Verlangen, 1919, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 552; 33 Die Höhe, 1919, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 553; 34 Kleinigkeit, 1919, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 554; 35 Zeichnung, 1919, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 555; 36 Zeichnung (Abstraktion), 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 420; 37 Zeichnung (Abstraktion), 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 421; 38 Zeichnung (Abstraktion), 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 422; 39 Merzzeichnung Meiner Frau gewidmet, 1919, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 501; 40 Anna Blume gewidmet, M Merzzeichnung 1. (Anna Blume gewidmet.), 1919, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 492; 41 Dem Sturm gewidmet, Merzzeichnung 5 und M Merzzeichnung 2 Dem Sturm gewidmet, 1919, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 494; 42 Abstraktion (Plastik), um 1919, Merzplastik?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 583. Rezensionen: Anonym 1919.08.19, Brieger 1919.07.09, Cohn-Wiener 1919.08.01, Fechter 1919.07.05, Glaser 1919.07.20, Mehring 1919, Schikowski 1919.06.29. Ausst. Berlin 1919 (04) Kunstausstellung Berlin 1919 im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof. Kat. Ausst. Landesausstellungsgebäude Lehrter Bahnhof, Berlin (24.07.-30.09.1919). Ausgestellte Werke: Eintrag im Katalog: Merzbilder. Rezensionen: Anonym 1919.07.30, Anonym 1919.07.31, Anonym 1919.07.31 a, Anonym 1919.08.03, Anonym 1919.08.16. Ausst. Berlin 1919 (05) Der Sturm. 77. Ausstellung. Maria Uhden Gedächtnisausstellung. Paul Busch. Paul Nietsche. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (August). Ausgestellte Werke: Bild mit heller Mitte, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 445; Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427; Die Guillotine (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 270; Hochgebirgsfriedhof (Abstraktion), 1919, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 482.

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Rezension: Westheim 1919.04.09. Ausst. Berlin 1919 (06) Der Sturm. 78. Ausstellung. Georg Muche. Hans Sittig. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (September). Ausgestellte Werke: Bild mit heller Mitte, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 445; Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427. Ausst. Berlin 1919 (07) Der Sturm. 80. Ausstellung. Hugo Händel. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1919 (November). Ausgestellte Werke: Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443; Das Merzbild, L Merzbild L 3 (Das Merzbild.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436. Ausst. Berlin 1920 Der Sturm. 85. Ausstellung. Kurt Schwitters. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (April). Ausgestellte Werke: Merzbild 1 B Bild mit rotem Kreuz, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 426; Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427; Das Merzbild, L Merzbild L 3 (Das Merzbild.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436; Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443; Bild mit heller Mitte, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 445; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446; Das Undbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 447; Schicksal, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 451; Tastende Dreiecke, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 452; Bild 400 - cao, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 453; Das Berliner Bürgerbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 454; Briefe von Willi, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 455; Königsbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 456; Porträt einer alten Dame, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 457; Das Blumenbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 458; Bild 279 Rot-Wild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 461; Bild mit verschwommener Mitte, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 461a; Der grüne Kampendonck, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 461b; Bild Nebel 23, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 461c; Die Kultpumpe, 1918/19, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 581; Der Lustgalgen, 1918/19, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 582; Merzbild 21 b, das Haar-Nabelbild., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 597; Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605; Merzz. 19., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 620; Merzzeichnung 20 gelbe Zeichnung, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 620a; Merzz. 22., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621; Merzzeichnung 23 Grünrand, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621a; Merzzeichnung 27 Parfümiert, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621c; Merzzeichnung 28 (Nell Walden gewidmet), 1920, Merzzeichnung, vgl.

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Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621d; Merzzeichnung 30, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621e; Merzzeichnung 31, 192, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621f; Mz 32, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 622; Mz 33, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 623; Merzzeichnung 34, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 623a; Merzzeichnung 35, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 623b; Mz 36, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 624; Mz 37, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 625; Mz 38, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 626; Mz 39 russisches bild., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 627; Das Das-Bild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1368. Rezensionen: Anonym 1920.05.02, Behne 1920, Behne 1920.04.23, Hilbersheimer 1920.07.26, Landau 1920.04.24, Schacht 1920, Schacht 1920 (02), Schikowski 1920.04.15, Servaes 1920.04.27, Westheim 1920.05.10. Ausst. Berlin 1920 (01) Der Sturm. 82. Ausstellung. Oskar Schlemmer. Willi Baumeister. Walter Dexel. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (Januar). Ausgestellte Werke: Die Unendlichkeit (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 265; Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Das Dorf, um 1919, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 591. Ausst. Berlin 1920 (02) Der Sturm. 90. Ausstellung. Graphische Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (Oktober). Ausgestellte Werke: N Aquarell 1. (Das Herz geht vom Zucker zum Kaffee.), 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 525; Aq. 5. Er und Sie, 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 527; Merzzeichnung 84, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 654; Merzzeichnung 85 Zickzackrot. (oder: Zickzackart.), 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 655; Mz 86 Anna Reihe 188, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 656. Rezension: Landau 1920.10.28, Westheim 1920.11.25. Ausst. Berlin 1920 (03) Der Sturm. 86. Ausstellung. Rudolf Bauer. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (April). Ausgestellte Werke: Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446; Das Undbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 447;Schicksal, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 451; Tastende Dreiecke, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 452; Bild 400 - cao, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 453; Das Berliner Bürgerbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 454; Briefe von Willi, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 455; Königsbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 456; Porträt einer alten Dame, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 457; Das Blumenbild, 1919/20,

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Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 458; Bild 279 Rot-Wild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 461; Die Kultpumpe, 1918/19, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 581; Der Lustgalgen, 1918/19, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 582; Adam, 1919/20, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 584; Eva, 1919/20, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 585; Merzbild 21 b, das Haar-Nabelbild., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 597; Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605; Merzz. 22., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621; Mz 32, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 622; Mz 37, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 625; Mz 38, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 626; Mz 39 russisches bild., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 627; HAUS MERZ, 1920, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 773. Rezensionen: Beyer 1920, Glaser 1920.05.13, Westheim 1920 (03). Ausst. Berlin 1920 (04) Der Sturm. 83. Ausstellung. Jakoba van Heemskerck. Gesamtschau in der Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (Februar). Kein Katalog, keine Ausstellungsliste, Quelle: Landau 1920.02.18. Rezension: Landau 1920.02.18. Ausst. Berlin 1920 (06) Der Sturm. 84. Ausstellung. Sonja Delaunay-Terk. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (März). Ausgestellte Werke: Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443; Das Merzbild, L Merzbild L 3 (Das Merzbild.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436; Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427; Hochgebirgsfriedhof (Abstraktion), 1919, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 482. Ausst. Berlin 1920 (07) Der Sturm. 87. Ausstellung. Nell Walden. Tour Donas. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (Juni). Ausgestellte Werke: Königsbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 456; Briefe von Willi, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 455; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446; Merzz. 22., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 621; Merzz. 19., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 620. Rezension: Nebel 1920 (04). Ausst. Berlin 1920 (08) Der Sturm. 88. Ausstellung. Reinhard Goerning. Tomas Ring. Walter Selle. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (August). Ausgestellte Werke: Abstraktion 7 Raumkristalle und Abstraktion 1 (Raumkristalle),

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1917/18, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 182; Abstraktion (Jahrmarkt), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 268; Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605. Rezension: Landau 1920.09.05. Ausst. Berlin 1920 (09) Der Sturm. 89. Ausstellung. Reinhard Goering. Paul Klee. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (September). Ausgestellte Werke: Abstraktion 7 Raumkristalle und Abstraktion 1 (Raumkristalle), 1917/18, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 182; Abstraktion (Jahrmarkt), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 268; Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605. Ausst. Berlin 1920 (10) Der Sturm. 91. Ausstellung. Johannes Molzahn. Graphische Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (November). Ausgestellte Werke: N Aquarell 1. (Das Herz geht vom Zucker zum Kaffee.), 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 525; Aq. 5. Er und Sie, 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 527; Merzzeichnung 84, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 654; Merzzeichnung 85 Zickzackrot. (oder: Zickzackart.), 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 655; Mz 86 Anna Reihe 188, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 656. Ausst. Berlin 1920 (11) Der Sturm. 92. Ausstellung. Paul Busch. Johannes Molzahn. Graphische Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1920 (Dezember). Ausgestellte Werke: Aq. 5. Er und Sie, 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 527; Merzzeichnung 84, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 654; Mz 86 Anna Reihe 188, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 656. Ausst. Berlin 1921 Der Sturm. 100. Ausstellung. Zehn Jahre Sturm. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1921 (September). Ausgestellte Werke: Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446. Rezensionen: Ganske 1921.09.09, Landau 1921.09.14. Ausst. Berlin 1921 (01) Der Sturm. 96. Ausstellung. Merzbilder, Merzbilder, Merzzeichnungen. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1921 (April). Ausgestellte Werke: 1 Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-

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Nr. 443; 2 Das Sternenbild, Merzbild 25 A Das Sternenbild, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 598; 3 Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605; 4 Das Apyl-Bild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 462; 5 Das Kreisen, Das Kreisen (ehemals: Weltenkreise), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 444; 6 Bild mit Drehrad, Merzbild 29 A. Bild mit Drehrad., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 600; 7 Bild 279 Rot-Wild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 461; 8 Strahlen Welt, Strahlen Welt Merzbild 31 B, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 602; 9 Der Irrenarzt, Merzbild 1 A (Der Irrenarzt), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 425; 10 Bild mit Rabenrad, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 463; 11 Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446; 12 Das Lackleder-Bild, Merzbild L 7 (Das Lacklederbild.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 439; 13 Die Tore des Hochgebirges, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 464; 14 Das Lampenputzer-Bild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 465; 15 Das Weihnachtsbild, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 609; 16 Das Blutbild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 466; 17 Das Sommerbild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 467; 18 Nebelblumen, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 468; 19 Das Zwiebackbild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 469; 20 Bezirk 138, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 470; 21 Walzwerk, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 471; 22 Um Viereck, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 472; 23 Bild mit heller Mitte, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 445; 24 Russischer Himmel, Merzzeichnung 132 (Russischer Himmel), 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 680; 25 Oskar, Mz 150 Oskar., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 692; 26 Vierecken, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 791; 27 Merzzeichnung 175, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 706; 28 Merzzeichnung 176; 29 Merzzeichnung 17, 1919/20, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 500; 30 Herzklee, Mz 79. Herz-Klee, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 651; 31 Schlemmerzeichnung, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 792; 32 Schwert F, Mz 123 Schwert f, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 674; 33 Gelbschwarzfleck, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 793; 34 Naturrein, Mz 143 Naturrein, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 687; 35 Weiße Spitze, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 794; 36 Schwarzoben, Mz 148 Schwarz oben., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 690; 37 Hindenburg, Mz 157. Hindenburg., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 695; 38 Rot oben links, Mz 159 rot oben links, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 697; 39 Goldblau, Merzzeichnung 160 Goldblau, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 698; 40 Ruhe rot gestreift, Mz 161. Ruhe, rot gestreift, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 699; 41 Fallen in, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 795; 42 Kreisen rot, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 796; 43 Vierecke im Raum, Mz 168. Vierecke im Raum, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 703; 44 Tasten zum Raum, Mz 172 Tasten zum Raum., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 800; 45 Figurine, Mz 180 Figurine, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 803; 46 Merzzeichnung 181, Mz 181, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 805; 47 Merzzeichnung 182, Mz 182, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 806; 48 Merzzeichnung 183, Mz 183, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 807; 49 Die Quirlsanze nach Blümner, Merzzeichnung 184 Die Quirlsanze / nach Blümner, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 709; 50 Merzzeichnung 185, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 710; 51 Merzzeichnung

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186, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 711; 52 Merzzeichnung 187, Mz 187, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 808; 53 Merzzeichnung 188, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 712; 54 Merzzeichnung 189, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 713; 55 Merzzeichnung 190, Mz 190, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 809; 56 Merzzeichnung 191, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 714; 57 Merzzeichnung 192, Mz 192, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 810; 58 Merzzeichnung 193, Mz 193, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 811; 59 Merzzeichnung 194, Mz 194, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 812; 60 Die Eine, Mz 195 Die eine., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 813; 61 Die Andere, Mz 196 die andere, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 814; 62 Merzzeichnung 197, Mz 197, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 815; 63 Merzzeichnung 198, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 715; 64 Merzzeichnung 200, Mz 200. Zeichnung rä., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 735 und 716; 65 Industriegebiet, Aq. 37. Industriegebiet., 1920, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 760; 66 Der Obelisk, 1919/21, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 587; 67 Die Kultpumpe Merzplastik, Die Kultpumpe, 1918/19, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 581; 68 Der Lustgalgen Merzplastik, Der Lustgalgen, 1918/19, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 582; 69 Das Dorf Merzarchitektur, Das Dorf, um 1919, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 591; 70 Haus Merz / Merzarchitektur, HAUS MERZ, 1920, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 773. Rezensionen: Glaser 1921.04.22, Hilbersheimer 1921.05.23, Landau 1921.04.16, Schikowski 1921.04.26, Westheim 1921. Ausst. Berlin 1921 (02) Der Sturm. 97. Ausstellung. Robert Delaunay. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1921 (Mai). Ausgestellte Werke: Das Kreisen (ehemals: Weltenkreise), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 444; Merzzeichnung 124 Gelbschwarz Fleck, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 675; Merzzeichnung 191, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 714; Mz 190, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 809; Merzzeichnung 184 Die Quirlsanze nach Blümner (WV 709); Merzzeichnung 160 Goldblau, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 698; Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605; Merzzeichnung 85 Zickzackrot. (oder: Zickzackart.), 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 655; Mz 197, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 815; Mz 195 Die eine., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 813; Mz 183, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 807; Mz 181, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 805; Vierecke im Raum, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 703. Rezension: Westheim 1921.05.14.

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Ausst. Berlin 1921 (03) Der Sturm. 98. Ausstellung. Rudolf Bauer. Vjera Biller. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1921 (Mai). Ausgestellte Werke: Das Kreisen (ehemals: Weltenkreise), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 444; Merzzeichnung 191, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 714; Mz 197, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 815; Mz 195 Die eine., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 813; Vierecke im Raum, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 703. Ausst. Berlin 1921 (04) Der Sturm. 102. Ausstellung. Jacoba van Heemskerck. Gesamtschau des Sturm. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1921 (November). Ausgestellte Werke: Strahlen Welt Merzbild 31 B, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 602. Ausst. Berlin 1921 (05) Der Sturm. 103. Ausstellung. Erich Buchholz, Gemälde, Aquarelle, Holzbilder. Versteigerungsausstellung. Werke (Bilder und Graphik) der Meister des Staatlichen Bauhauses Weimar: Feininger, Itten, Klee, Marcks, Muche, Schlemmer, Schreyer. Sturm-Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1921 (Dezember). Ausgestellte Werke: Tastende Dreiecke, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 452; Russischer Himmel, Merzzeichnung 132 (Russischer Himmel), 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 680; Merzzeichnung 176, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 707. Ausst. Berlin 1922 Der Sturm. 106. Ausstellung. Willi Baumeister. Fernand Léger. Gesamtschau des Sturm. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (März). Ausgestellte Werke: Ausgerenkte Kräfte., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 605. Ausst. Berlin 1922 (01) Der Sturm. 104. Ausstellung. Arnold Topp. Adolf Bauer-Saar. Gesamtschau des Sturm. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (Januar). Ausgestellte Werke: Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Das Dorf, um 1919, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 591; Merzzeichnung 191, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 714; Merzzeichnung 85 Zickzackrot. (oder: Zickzackart.), 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 655; Mz 195 Die eine., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 813; Merzzeichnung 176, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 707 Vierecke im Raum, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 703. Rezension: Glaser 1922.01.05.

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Ausst. Berlin 1922 (04) Der Sturm. 105. Ausstellung. Moholy-Nagy. Peri. Gesamtschau des Sturm. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (Februar). Ausgestellte Werke: Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Das Dorf, um 1919, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 591; Mz 195 Die eine., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 813; Merzzeichnung 176, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 707; Vierecke im Raum, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 703. Ausst. Berlin 1922 (05) Der Sturm. 107. Ausstellung. Georg von Poschedajew. Entwürfe für Theaterdekorationen und Kostüme. Gesamtschau des Sturm. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (April). Ausgestellte Werke: Das Undbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 447; Königsbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 456; Das Apyl-Bild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 462; Bild mit Raberad, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 463; Das Zwiebackbild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 469. Ausst. Berlin 1922 (06) Der Sturm. 108. Ausstellung. Kurt Schwitters. L. Kosinzova-Ehrenburg. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (Mai). Ausgestellte Werke: Mz. 173 Konstruktion des Raumes., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 801; i-Zeichnungen. Rezensionen: Hilbersheimer 1922.07.25, Stahl 1922.05.27. Ausst. Berlin 1922 (09) Der Sturm. 109. Ausstellung. Albert Gleizes. Walter Krug / Pa-Fa-Ma. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (Juni/Juli). Ausgestellte Werke: Merzzeichnung sauve qui peut, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 955a; Maschine wider Willen und Bild mit der 3, 1921, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 934; Box-r-Bild, 1921, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 783; Mz 330. ine Dresd., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 889; Mz 279 Pferdeschmidt., 1921, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 857. Ausst. Berlin 1922 (10) Der Sturm. 110. Ausstellung. Gösta Adrian-Nilsson. Zadkine. (Gesamtschau). Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (August). Ausgestellte Werke: Schicksal, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 451; Merzzeichnung 198, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 715; Mz. 379. Potsdamer, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 972; Mz 334. Verbürgt rein., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 892.

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Ausst. Berlin 1922 (11) Der Sturm. 111. Ausstellung. Serge Charchoune. Helene Grünhoff. Sturm-Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (September). Ausgestellte Werke: Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Box-r-Bild, 1921, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 783. Ausst. Berlin 1922 (12) 112. Ausstellung. Louis Marcoussis. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (Oktober). Ausgestellte Werke: Das Kreisen (ehemals: Weltenkreise), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 444; Maschine wider Willen und Bild mit der 3, 1921, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 934. Ausst. Berlin 1922 (13) Der Sturm. 114. Ausstellung. Alexander Bortnyik. Paul Fuhrmann. Oscar Nerlinger. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1922 (Dezember). Ausgestellte Werke: Merzzeichnung 178, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 708; Abstr. 49 Dreibild, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 264; Abstr. 48. Maschine, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 263; Abstr. 47 Kugel unter, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 262; Russischer Himmel, Merzzeichnung 132 (Russischer Himmel), 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 680. Ausst. Berlin 1923 Der Sturm. 116. Ausstellung. Moholy-Nagy. Peri. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (Februar). Ausgestellte Werke: Kugel unter, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 262; Das Schesbild, 1919/23, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 474. Ausst. Berlin 1923 (01) Der Sturm. 118. Ausstellung. M. H. Maxy, Bukarest – Gemälde und Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (März). Ausgestellte Werke: Das Undbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 447; Das Blühen (Bild ohne Pilz) (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 272; Bild mit Rabenrad, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 463; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446. Ausst. Berlin 1923 (02) Der Sturm. 119. Ausstellung. Emilio Pettoruti. Robert Storm-Petersen. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (Mai). Ausgestellte Werke: Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430; Bild mit Cylinderhut, 1919/23, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 475; Merzbild 36 A roter Schwan, 1921,

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Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 780. Rezension: Kreitmeier 1923. Ausst. Berlin 1923 (03) Der Sturm. 121. Ausstellung. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (Juli). Ausgestellte Werke: Merzbild 25 A Das Sternenbild, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 598; Das Gelb-Eibild, 1919/23, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 477; Russischer Himmel, Merzzeichnung 132 (Russischer Himmel), 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 680; Das Sommerbild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 467; Nebelblumen, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 468; Mz 196 die andere, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 814. Ausst. Berlin 1923 (04) Der Sturm. 125. Ausstellung. Ernst Oscar Albrecht. Anne Reibstein-Albrecht. Sturm-Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (November). Ausgestellte Werke: Abstr. 49 Dreibild, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 264; Abstraktion 45 Kugelkleid, 1922, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 476. Ausst. Berlin 1923 (05) Der Sturm. 126. Ausstellung. Béla Kádár. Sturm-Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (Dezember). Ausgestellte Werke: Abstr. 49 Dreibild, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 264; Abstraktion 45 Kugelkleid, 1922, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 476. Ausst. Berlin 1923 (06) Der Sturm. 115. Ausstellung. Johannes Molzahn. Robert Michel. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1923 (Januar). Ausgestellte Werke: Das Gelb-Eibild, 1919/23, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 477; Verschobene Flächen, 1923, Öl, Glas und Holz auf Holz, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1106.1. Ausst. Berlin 1924 Der Sturm. 127. Ausstellung. Hugo Scheiber. Béla Kádár. Gewebe aus Alt-Peru. Sturm-Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1924 (Januar). Ausgestellte Werke: Spiegelbild, 1919/24, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 479; Bild mit Hund und gelbem Kreuz, 1919/24, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 478; Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Die Laterne, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 223.

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Ausst. Berlin 1924 (02) Der Sturm. 132. Ausstellung. Henryk Berlewi Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 03.-17.07.1924. Ausgestellte Werke: Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430. Rezension: Glaser 1924.07.11. Ausst. Berlin 1924 (03) Der Sturm. 133. Ausstellung. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1924 (August). Ausgestellte Werke: Merzzeichnung 119, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 672; Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446; Mz 384, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 977. Ausst. Berlin 1925 Der Sturm. 138. Ausstellung. Otto Nebel. Kurt Schwitters. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1925 (Februar). Ausgestellte Werke: Merz 1005, 1924, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1205; Abstr. 49 Dreibild, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 264; Das Dorf, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 221; Stühlchen, 1919/25, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 590; Glasplastik, 1925, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1339; Die Laterne, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 223; Das Gelb-Eibild, 1919/23, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 477; Kükenbild und Bild mit Küken, 1922, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 933a; Das Blühen (Bild ohne Pilz) (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 272; Bild mit rotem Viereck, 1925, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1271; Rellekneslef, 1925, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1270; Abstraktion 39, 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 260; Merz 1006, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1206; Merz 1004, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1204; Merz 1002 Quadratische Konstruktion, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1202; Merz 1001, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1201; Merz 1000, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1200; Das Dorf, um 1919, Merzarchitektur, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 591; Merzzeichnung 160 Goldblau, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 698; Merzzeichnung 175, 1920/21, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 706; Nebelblumen, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 468; Das Weihnachtsbild, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 609; Merz 1008 Wiesbaden, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1208; Merz 1007 Stangen und Kreise, 1924, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1207; Merz 1003. Pfauenrad, 1924, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1203; Ohne Titel (Merzbild Kijkduin), 1923, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1093; Strahlen Welt Merzbild 31 B, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 602; Franz Müllers Drahtfrühling, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 446; Merzzeichnung 85 Zickzackrot. (oder: Zickzackart.), 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 655.

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Rezension: Wolfradt 1925. Ausst. Berlin 1925 (02) Der Sturm. 140. Ausstellung. Oscar Nerlinger. Adolf Küthe. Hugo Scheiber. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1925 (April). Ausgestellte Werke: Grünviereck, 1921, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 787; Das Sommerbild, 1919/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 467. Ausst. Berlin 1925 (03) Der Sturm. 144. Ausstellung. Gruppe K. Carl-Heinz Kroll. Max Olderock. Gesamtschau. Kat. Ausst. Galerie „Der Sturm“, Berlin 1925 (September). Ausgestellte Werke: Merzzeichnung 87, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 657. Ausst. Berlin 1926 Grosse Berliner Kunstausstellung. Farbige Raumkunst 1926, Kat. Ausst. Kartell der Vereinigten Verbände bildender Künstler Berlins im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof. Berlin 1926 (Mai-August). Ausgestellte Werke: Marke, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1366; Mz 282 Leipzig, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 859a; Toter Vogel, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1367; Relief mit gemaltem gelben Viereck und Merz-Relief mit schrägem Gelb, 1924, Merzplastik, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1213; Zeichnung A 2 Haus. (Hansi), 1918, Collage, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 285. Rezension: Dreyfuß 1926.10.07. Ausst. Berlin 1928 Grosse Berliner Kunstausstellung 1928. Kat. Ausst. Kartell der Vereinigten Verbände bildender Künstler Berlins. Berlin 1928 (Mai-Juli). Ausgestellte Werke: Noch einmal, 1928, Merzzeichnung?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1530; Merzbild K 6 Das Huthbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 438; Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430; Bild 1926,11 wie von Ebneth, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1351; Bild 1926,10 wie ein Stern, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1350; Bild 1926,9 blau, gelb, rot, Kreis, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1349; Bild 1926.6 mit weiß lackiertem Kreis, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1346; Bild 1926.2 Quadrat auf 8 Seiten, 1926, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1342; Bild 1926.1 Gebet über der Stadt, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1341; Der Trabant, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 236; Bouquet, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 234; Abstraktion No 9 (Bindeschlips.) und H Abstraktion 3 (Bindeschlips.), 1918, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 239; Ohlenhausen, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 235; Bild mit Kugel und Schwanz und Bild mit Kugel und roter Schwingung, 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1499; Relief und Ohne Titel (Relief mit zwei Kugeln), 1925, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1278; Relief mit Kugel und

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Zylinder, 1924/28, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1217; Merzrelief mit schwarzem Klotz, 1924, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1212; MERZ 1924,1. Relief mit Kreuz und Kugel., 1924, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1211; Relief mit einem blauen Ding, 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1495; Violinschlüssel (ehemals: Bild HR und Relief mit H. R. und Doppelschwanz), 1923, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1104; Ohne Titel (Merzbild mit grünem Ring, Version 2), 1926/27, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1355; Bild 1926,14 mit grünem Ring und Merzbild mit grünem Ring, 1926, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1354; Merz 1068, 1924, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1210; Merz 1025 mit rotem Kreis, 1924, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1209; Merz 1007 Stangen und Kreise, 1924, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1207; Ohne Titel (Zeichnung 2), 1927, Merzzeichnung?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1526; Mz Noch einmal, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1465; Ohne Titel (Zeichnung 1), 1927, Merzzeichnung?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1486; Zeichnung A 1 Delft, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1369; Mz 1926,29 Gelbes Rechteck, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1400; Mz 2075 Lao Paolo, 1924, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1230; Mz 2008 Rattengift, 1924/26, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1245; Mz 2006 Bond, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1435; Mz 2003 Peking, 1924/26, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1244; Mz 2001 Tien cents, 1924/26, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1243; Mz 437 Rio de Janeiro, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 994; (Mz?) 55 Gegitter, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 636; Gmünden, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 397; Ohne Titel (K. S. 18.), Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 399; Ohne Titel (1918. Zeichnung), Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 398; A. 167., Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 418; A. 158., Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 416; A 151, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 413; A. 134., Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 407; Ohne Titel (Hütte hinter Bäumen), Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 392; Z 82 Hütten, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 331; Z 62 a Hütten, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 320. Ausst. Berlin 1929 Neue Typographie. Ring Neuer Werbegestalter [Sonderschau innerhalb der Ausstellung „Der neue Druck - das schöne Buch“] im Lichthof des ehemaligen Kunstgewerbemuseums, Staatliche Kunstbibliothek. Berlin 1929 (20.04.-20.05.). Kein Katalog, Quelle: Glaser, Curt: Neben der Kunst. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 191, 25.04.1929. Rezension: Glaser, Curt: Neben der Kunst. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 191, 25.04.1929 (Schwitters lediglich namentlich erwähnt). Ausst. Berlin 1930 Grosse Berliner Kunstausstellung 1930. Kat. Ausst. Kartell der Vereinigten Verbände bildender Künstler Berlins. Berlin 1930 (September-Oktober). Ausgestellte Werke: Merzzeichnung (3), 1928, Merzzeichnung, Kurt Schwitters Archiv, obj 06838265; Komposition, 1929, Gemälde?, Kurt Schwitters Archiv, obj 06831599.

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Ausst. Berlin 1931 Fotomontage. Kat. Ausst. Staatliche Museen, Staatliche Kunstbibliothek im Lichthof des ehemaligen Kunstgewerbemuseums, Berlin; Kunstgewerbemuseum, Köln u. a. Berlin 1931 (April-Mai). Ausgestellte Werke: Ohne Titel (Eine Erinnerung an Norwegen), 1929/30, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1631. Rezension: Glaser, Curt: Photomontage. In: Berliner Börsen-Courier. Moderne Tageszeitung für alle Gebiete. Ausgabe 193, 26.04.1931, S. 11-13 (Schwitters nicht erwähnt). Darmstadt Ausst. Darmstadt 1920 Deutscher Expressionismus. Kat. Ausst. Städtisches Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe, Darmstadt 1920 (10.06.-30.09.). Ausgestellte Werke: Abstr. 31 (Die Eisenbetonstimmung.) und H Abstraktion 4 (Die Eisenbetonstimmung.), 1918?, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 258; Das Blühen (Bild ohne Pilz) (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 272; Merzbild 5 B (Bild rot Herz-Kirche) und K Merzbild K 4, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 427; Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443; Bild mit heller Mitte, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 445; Das Undbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 447; Das Blumenbild, 1919/20, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 458. Rezensionen: Anonym 1920.06.11 (Schwitters nicht erwähnt), Anonym 1920.08.19, Anonym 1920.09.04, Braungart 1920.06.25, Droop 1920.07.31, Hartlaub 1920.07.15, Michel 1919/20 (02), Michel 1920.09.30, Schnack 1920, Stahl 1920.07.16 (Schwitters nicht erwähnt), Strecker 1920.09.12, Strese 1920.06.13, Strese 1920.06.15, Strese 1920.06.17, Strese 1920.06.20, Wedderkop 1920. Dresden Ausst. Dresden 1919 Probst, Rudolf (Hrsg.): Zweite Sonderausstellung. Dresdner Sezession Gruppe 1919. Mit auswärtigen Gästen. Kat. Ausst. Galerie Emil Richter, Dresden 1919 (28.06.-07.). Ausgestellte Werke: 30. Bild Iga Lo, Merzbild 6 B. Bild „Iga-Lo“ und Merzbild K 2, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 428; 31. Komposition, Komposition, 1919, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 481. Rezensionen: Kaemmerer 1919, Minden 1920, Puetzfeld 1919.06.12, Zimmermann 1919.07.26. Ausst. Dresden 1919 (02) Sonder-Ausstellung. Der Sturm. Expressionisten, Futuristen, Kubisten. II. Expressionistische Ausstellung. Kat. Ausst. Galerie Ernst Arnold, Dresden 1920 (April). Ausgestellte Werke: Zeichnung, 1919, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr.

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555; Zeichnung (Abstraktion), 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 422; Zeichnung (Abstraktion), 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 420; Zeichnung (Abstraktion), 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 421; Abstraktion 23, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 253; Abstraktion 21, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 251; Abstraktion 18, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 248; Abstraktion, 1918?, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 423. Rezensionen: Puetzfeld 1919.04.16 (Schwitters nicht erwähnt), Puetzfeld 1919.04.17 (Schwitters nicht erwähnt), Stiller 1919.04.07 (Schwitters nicht erwähnt), Stiller 1919.04.20 (Schwitters nicht erwähnt), Stiller 1919.04.27 (Schwitters nicht erwähnt), Zimmermann 1919.04.12 (Schwitters nicht erwähnt). Ausst. Dresden 1920 Herbstausstellung. Dresdner Sezession Gruppe 1919. Mit ausgewählten Gästen in der Galerie Ernst Arnold, Dresden 1920 (16.10.-21.11.1920). Kein Katalog, in den Rezensionen werden die Exponate von Schwitters nicht konkret benannt. Rezensionen: Meunier 1920.11.04, Schmidt 1920 (03), Schmidt 1920/21, Zimmermann 1920.10.31. Ausst. Dresden 1920 (02) Schwitters, Schlemmer, Baumeister in der Galerie Ernst Arnold, Dresden 1920 (Juni-August). Kein Katalog, in den Rezensionen werden die Exponate von Schwitters nicht konkret benannt. Rezensionen: A. G. 1920.08.05, Frommer 1920.08.04, Schmidt 1920, Stiller 1921, Zimmermann 1920.07.19. Ausst. Dresden 1923 Kollektivschau der Galerie Richter, Dresden 1923 (Juni). Kein Katalog, in der Rezension werden die Exponate von Schwitters nicht konkret benannt. Rezension: Gurlitt 1923.06.12. Ausst. Dresden 1925 Der Sturm, Neue Kunst Fides, Dresden 1925. (vermutlich im März). Kein Katalog, Quelle: Rudolf Blümner: Aus unserer Korrespondenz. Sturm-Ausstellung in Dresden. [Berlin, den 6.4.25 Neue Kunst Fides Dresden Sehr geehrter Herr Probst!]. In: Der Sturm. 16. Jg., H. 4 (1925), S. 63–64, in dem fünf Bilder von Schwitters erwähnt werden, wovon nur zwei in der Ausstellung präsent waren.

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Ausst. Dresden 1925 Pieter Mondrian. Man Ray. Kurt Schwitters in der Galerie Kühl und Kühn, Dresden 1925 (September). Kein Katalog, in den Rezensionen werden die Exponate von Schwitters nicht konkret benannt. Rezensionen: Weigert 1925.09.26, Weigert 1925.09.30. Ausst. Dresden u. a. 1933 Entartete Kunst im Lichthof des Neuen Rathauses, Dresden 1933 (September-Oktober). Ausgestellte Werke: Das Merzbild, L Merzbild L 3 (Das Merzbild.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 436; Ringbild und Merzbild mit Ring, 1920/21, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 611. Rezension: Paulsen 1933.12.16. Göttingen Ausst. Göttingen 1922 Der Sturm im Kunstverein am Geistor, Göttingen 1922 (März). Kein Katalog, Quelle: Lange 1922.03.03. Ausgestellte Werke: Das Arbeiterbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 443. Rezension: Lange 1922.03.03. Hamburg Ausst. Hamburg 1920 Titel unbekannt. [Kurt Schwitters, Karl Fluhme, Oskar Vögel, Ascan Lutteroth u. a.] im Kunsthaus Louis Bock und Sohn, Hamburg 1920 (Oktober). Kein Katalog. Ausgestellte Werke: Die blaue Sonne, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 222; Portrait meiner Frau, 1920, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 617; Abstraktion 13 Der Strudel, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 243; Abstraktion 12 Die Quelle, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 242; Merzbild 10 A und L Merzbild L 4 (Konstruktion für edle Frauen.), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 431; Fabrikburg (Eisenwerk Wülfel), 1918, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 233; Blühende Kreise (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 271; Drehorgelstimmung, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 224; Dorfstraße (Kollerau.), 1913, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 67; Trauernde, 1916, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 154; Stilleben mit Abendmahlskelch, 1909, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 11; Abstraktion Nr. II (die Gewalten), 1917, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 177; Die Kesselträgerin, 1913, Ölbild, vgl.

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Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 63; Das Papierfetzenbild, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 607; Merzbild 28 B Kinderfrühling, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 599. Rezensionen: Anonym 1920.10.17, M. R. 1920.10.23. Ausst. Hamburg 1922 [Titel unbekannt]. Im Kunstsalon Maria Kunde, Hamburg 1922 (Dezember bis Januar 1923). Kein Katalog. Ausgestellte Werke: Mz 448 Moskau, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 999. Ausst. Hamburg 1922 (02) [Titel unbekannt]. Im Graphisches Kabinett Georg Maulhardt, Hamburg 1922 (Dezember). Ausgestellte Werke: Mz 263 ettes, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 850; Mz 251, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 842; Mz 227, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 826; Mz 215, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 819; Mz 90, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 659; Mz 63, 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 642; Mz 463. Wandsbeck., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1008; Mz 464 Die Not., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1009; Mz 462, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1007; Mz 408 Köln., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 986; Mz 331. Gold Check., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 890; Mz 308 Grau., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 873; Mz 271. Kammer., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 853; Mz 214., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 818; Mz 94. Grünfleck., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 663; Z 47 Stadt, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 314; Z 63, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 321. Ausst. Hamburg 1925 [Titel unbekannt]. Im Kunstsalon Maria Kunde, Hamburg 1925 (Januar). Kein Katalog, vgl. Orchard/Schulz 2006, S. 738. Ausgestellte Werke: unbekannte Anzahl von Merzwerken. Ausst. Hamburg 1927 [Titel unbekannt]. Im Kunstsalon Maria Kunde, Hamburg 1927. Kein Katalog, Quelle: Aufschriften auf Rückseiten von WV-Nr. 1123 und WV-Nr. 1005. Ausgestellte Werke: Mz 2000 geldig, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1433; Mz 2006 Bond, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1435; Mz 459. Zahlen., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1005;

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Mz 271. Kammer., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 853; Mz 1600 Rotterdam, 1923, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1123. Ausst. Hamburg 1929 Kunst-Ausstellung Altona 1929. Kat. Ausst. Kunstverein Altona, 1929 (Oktober). Ausgestellte Werke: Bild mit blauer Plastik, 1929, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1580; MERZ 1926,3. Cicero, 1926, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1343; Albert Finzlerbild und ALBERT FINSLERBILD, 1926, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1358; Relief mit rotem Segment., 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1498; Relief mit Kugel und Zylinder, 1924/1928, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1217; Ohne Titel (Merzbild mit grünem Ring, Version 2), 1926/27, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1355; Bild 1926,14 mit grünem Ring und Merzbild mit grünem Ring, 1926, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1354; Merz 1007 Stangen und Kreise, 1924, Merzplastik, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1207. Rezension: M. K. R. 1929.10.01. Hannover Ausst. Hannover 1918 1. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1918 (10.02.-10.03.). Ausgestellte Werke: 131. Abstraktion I (der verwunschene Garten), 1917/18, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 180; 132. Abstraktion Nr. II (die Gewalten), 1917, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 177; 133. Drehorgelstimmung, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 224; 134. Fabrikburg (Eisenwerk Wülfel), 1918, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 233; 135. Sodom und Gomorrha, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 225; Abstraktion 1 Erhabenheit, 1917, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 176. Rezensionen: Frerking, J. 1918.02.20, P. Sch. 1918.02.20. Ausst. Hannover 1918 (02) 86. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1918 (24.02.-05.05.). Ausgestellte Werke: Die Vertreibung aus dem Paradiese, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 226; Bauernhaus, 1918, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 280. Rezension: Frerking, J. 1918.03.15. Ausst. Hannover 1919 14. Ausstellung. 2. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1919 (19.03.-06.04.). Ausgestellte Werke: 114. Die Sonne im Hochgebirge, G Expression 2 Die Sonne im Hochgebirge, 1918, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 228; 115. Hochgebirgsfriedhof (Abstraktion), 1919, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-

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Nr. 482; 116. Blühende Kreise (Abstraktion), 1918/19, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 271; 117. Abstr. 31 (Die Eisenbetonstimmung.) und H Abstraktion 4 (Die Eisenbetonstimmung.), 1918, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 258; 118. Stilleben, Zinnstilleben und Stilleben, 1917, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 192; 119. Die blonde Sonne, Die blonde Sonne / Die blöde Sonne (?), 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 372; 120. Schleierhäuser, Zeichnung, Z 4 Schleierhäuser., 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 290 oder Z 95 Schleierhäuser 2, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 340; 121. Glockenläuten, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 377; 122. Hütte, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 374; 123. Betglocke, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 378; 124. Gehöft, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 391; 125. Feierliche Kirche, 1918, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 379. Rezensionen: Anonym 1919.03.23, Biermann 1919.03.16, Frerking, J. 1919.03.14, n 1919.03.23, rk. 1919.03.11. Ausst. Hannover 1919 (02) Kurt Schwitters [Schaufensterausstellung] in der Buchhandlung Schmorl und von Seefeld 1919 (Januar). Kein Katalog, keine Liste, Quelle: Anonym 1919.01.22, Anonym 1919.01.23, R. K. 1919.03.31. Ausgestellte Werke: Gemälde und Zeichnungen (Anzahl unbekannt). Rezension: R. K. 1919.03.31. Ausst. Hannover 1920 Graphische Ausstellung des Zweemann-Verlages und Robert Goldschmidt und Co. in den Ausstellungsräume Münzstraße 2. Hannover 1920 (01.02.-22.02.). Kein Katalog, Quelle: Einladungszettel zur Graphischen Ausstellung des Zweemann-Verlages, Januar 1920, in Katenhusen 1998, S. 600. Ausgestellte Werke: Mz. 9., 1919, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 495; Aq. 21. Anna Blume und ich., 1919, Aquarell, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 538. Rezensionen: Frerking, J. 1920.02.05, Schaer 1920.02.14, Silvanus 1920.02.10. Ausst. Hannover 1920 (02) 31. Ausstellung. 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Gemälde, Graphik, Architektur, Plastik. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1920 (08.02.-08.03.). Ausgestellte Werke: 84. Das Huthbild, Merzbild K 6 Das Huthbild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 438; 85. Das Kleebild, Merzbild K 5 Paul Klee gewidmet und Das Kleebild, 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 437; 86. Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430; 87. Das Frühlingsbild, Das Frühlingsbild Merzbild 20 B, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 596; 88-95. Merzzeichnungen.

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Rezensionen: Bahnweiler 1920 (02), Dülberg 1920, Frerking, J. 1920.02.17, Madsack, E. 1920.02.15, R. T. 1920.02.28, Schaer 1920.02.09, Schaer 1920.02.25, Silvanus 1920.02.18, Spengemann 1920 (02). Ausst. Hannover 1921 41. Ausstellung. 4. Ausstellung der Hannoverschen Sezession. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1921 (März-April). Ausgestellte Werke: 129. Bild mit Raumgewichten, Bild mit Raumgewächsen und Bild mit 2 kleinen Hunden., 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 614; 130. Kirschbild, Merzbild 32 A Das Kirschbild, 1921, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 778; 131. Kinderfrühling, Merzbild 28 B Kinderfrühling, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 599; 132. Papierfetzenbild, Das Papierfetzenbild, 1920, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 607; 133.-136. Merzzeichnungen. Rezensionen: Biermann 1921, Frerking, J. 1921.03.27, Madsack, E. 1921.04.03. Ausst. Hannover 1921 (02) 44. Ausstellung. Aquarelle Moderner Künstler. Gemälde von Felixmüller. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1921 (28.08.-25.09.). Eintrag im Katalog: Merzzeichnungen ohne nähere Angaben. Ausst. Hannover 1921 (03) VII. Ausstellung der Galerie von Garvens. Neuerwerbungen 1920/21 in der Galerie von Garvens, Hannover 1921 (Mai-Juni). Eintrag im Katalog: Aquarelle und Zeichnungen. Quelle: Galerie von Garvens Gedenkalbum im Schwitters Archiv Hannover in der Stadtbibliothek Hannover. Ausst. Hannover 1921 (04) VIII. Ausstellung der Galerie von Garvens (Alte und neue Hinterglasmalereien). Kat. Ausst. Galerie von Garvens, Hannover 1921 (Juni-Juli). Ausgestellte Werke: Glasbild 2 Strahlengrün, 1921, Öl auf Glas, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 0785; U 11 für Dexel, 1921, Öl auf Glas, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 786; Grünviereck, 1921, Öl auf Glas, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 0787. Rezensionen: Habicht 1921.06.25, Wedekind 1921.07. Ausst. Hannover 1921 (05) IV. Ausstellung der Galerie von Garvens. Oskar Kokoschka, Gemälde, Zeichnungen, Lithographien. Luise Spannring, Keramik. Albert Schulze, Intarsien nach Entwürfen von Joh. Thorn-Prikker und Kurt Schwitters. Kat. Ausst. Galerie von Garvens, Hannover 1921 (Januar). Ausgestellte Werke: Runder Tabakkasten, 1920/21, Kasten, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 770. Rezension: Anonym: Ausstellungen. Hannover. In: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für

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die Interessen des Kunstforschers und Sammlers 13. Jg., H. 1 (1921), S. 31 (Schwitters lediglich erwähnt). Ausst. Hannover 1922 XIX. Ausstellung der Galerie von Garvens. Otto Gleichmann, Kurt Schwitters, Wilhelm Gross. Kat. Ausst. Galerie Garvens, Hannover 1922 (01.10.-22.11.). Ausgestellte Werke: Stilleben (ehemals: Ohne Titel (Stillleben mit Teekanne und Zitronen)), 1914, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 102; Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430; Lustmordkasten, 1920/22, Kasten, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 771; Ohne Titel (Kissen), 1922, Kissen, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1088; KASTEN 7. Der Schokoladenkasten., 1922, Kasten, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1090. Rezensionen: Anonym 1922.10.07, Anonym 1922.11.12, Dorner 1922.11.03, Gröttrup 1922, Silvanus 1922.11.14, Thies 1922.10.21. Ausst. Hannover 1923 Januar-Ausstellung (El Lissitzky, Kurt Schwitters, Emil Nolde, Kallen, Schaefler, Erbslöh, u. a.) in Galerie Garvens, Hannover 1923 (Januar). Kein Katalog, Quelle: Thiess 1923.02.07. Vermutlich ausgestellt: Mz 260 Goslar, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 849a. Rezensionen: Dorner 1923.01.27, Thiess 1923.02.07. Ausst. Hannover 1923 (02) Weihnachtsausstellung in der Kestner-Gesellschaft, Hannover 1923 (Dezember). Kein Katalog, Quelle: Sarter 1923.12.06. Ausgestellte Werke: unbekannt. Rezension: Sarter 1923.12.06. Ausst. Hannover 1924 92. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1924 (24.02.-27.04.). Ausgestellte Werke: Studie aus Oegenbostel, 1924, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1218. Rezensionen: Buesche 1924.03.04, Buesche 1924.03.09, Frerking, W. 1924.04.08, Steglich 1924.03.15. Ausst. Hannover 1924 (02) 67. Ausstellung. Kurt Schwitters, Hans Arp, Alexej Jawlensky in der Kestner-Gesellschaft, Hannover 1924 (Oktober-November).

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Kein Katalog, in den Rezensionen werden die Exponate von Schwitters nicht konkret benannt. Rezensionen: Frerking, J. 1924.11.23, Stuttmann 1924 (02), Voss 1924.11.20. Ausst. Hannover 1925 1. Juryfreie Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1925 (18.10.-22.11.). Ausgestellte Werke: Gestaltung eines Quadrates, 1925, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1280; Bardowick, 1925, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1288; Landschaft (2), 1925, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1287; Merzrelief, 1925, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1272; „Ist eine Kunst, die niemand kann“, 1924, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1225; Bildnis (2), 1925, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1285; Landschaft (1), 1925, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1286; 7. Abstrakte Komposition., 1925, Öl auf Holz, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1281; Merzzeichnung und 5. Merzzeichnung: „Es recht zu machen jedermann.“, 1924, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1224. Rezensionen: Frerking, W. 1925.10.28, Voss 1925.11.05. Ausst. Hannover 1926 Ausstellung Hannoverscher Kunst anläßlich des 10jährigen Jubiläums der Kestner-Gesellschaft Hannover. Hannover. Kat. Ausst. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1926 (Oktober). Ausgestellte Werke: Bild 1926,13 mit gelbem Klotz und Merzbild mit gelbem Klotz, 1926, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1353; Bild 1926,14 mit grünem Ring und Merzbild mit grünem Ring, 1926, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1354. Rezension: Frerking, W. 1926.10.02, G. 1926.10.26. Ausst. Hannover 1926 (02) 2. Juryfreie Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1926 (17.10.-21.11.). Ausgestellte Werke: Lo (WV, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1365; Mz 602 Oude Kuk, 1924, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1226; Mz 327 Schleier, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 888; Mz 245. Mal Kah, 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 838; Mz 177. auf blau., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 802; Mz. 88. Rotstrich., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 658. Rezensionen: Frerking, W. 1926.11.07, Voss 1926.10.23, Voss 1926.11.04, W. 1926.11.09. Ausst. Hannover 1926 (03) 94. Grosse Kunstausstellung verbunden mit einer Sonderausstellung Neue Schweizer Kunst. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1926 (21.02.-18.04.). Ausgestellte Werke: Mz 367. n à 3, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000,

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WV-Nr. 961; Merzzeichnung 156 Mitte blau., 1920, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 694. Rezensionen: Frerking, W. 1926.03.21, Steglich 1926.03.26, Voss 1926.03.16. Ausst. Hannover 1927 Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1927 (09.10.-04.12.). Ausgestellte Werke: 1.weißes Relief, 1924/1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1216; Richard Freytagbild und Das Richard-Freitag-Bild, 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1496; Relief mit rotem Segment., 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1498; Bild 1926.7 Relief auf weiß, 1926, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1347; Relief mit einem blauen Ding, 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1495. Rezensionen: Brinkmann 1927.10.22, Buonarotti 1927.10.22, Frerking, J. 1927.11.01, Frerking, W. 1927.11.11, Steglich 1927.11.22. Ausst. Hannover 1927 (02) 95. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1927 (20.02.-24.04.). Ausgestellte Werke: zwei Merzzeichnungen (Frerking, W. 1927.04.07), einige Merzbilder (Waldmann 1927.04.02). Rezensionen: Anonym 1927.04.07, Frerking, W. 1927.03.20, Waldmann 1927.04.02. Ausst. Hannover 1928 Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1928 (14.10.-25.11.). Ausgestellte Werke: Bild 1926.6 mit weiß lackiertem Kreis, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1346; MERZ 1926,5 Senkrecht – wagerecht, 1926, Öl auf Leinwand, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1345; Albert Finzlerbild und ALBERT FINSLERBILD, 1926, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1358; MERZ 1925,1 Relief im blauen Quadrat, 1925, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1277; Bild 1926,14 mit grünem Ring und Merzbild mit grünem Ring, 1926, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1354. Rezensionen: Brinkmann 1928.10.28, Frerking, W. 1928.11.16, Scholz, M. 1928.10.20, Steglich 1928.11.11, Voss 1928.10.19, Voss 1928.11.17. Ausst. Hannover 1928 (02) die abstrakten hannover in den Hannoverschen Kunst- und Auktionssälen Hans Katzer 1928 (16.02.-11.03.). Kein Katalog, Quelle: Valstar 1987 (02), S. 20. Ausgestellte Werke: Reliefbilder (Capellew 1928.03.05), Merzzeichnungen und Brett-Reliefs (Peterich 1928.03.29), Merzzeichnungen und plastische Bildkompositionen (Voss 1928.02.21).

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Rezensionen: Brinkmann 1928.03.15, Capellew 1928.03.05, Marckwart 1928.05.22, Peterich 1928.03.29, Spengemann 1928.03.04, Voss 1928.02.21. Ausst. Hannover 1929 97. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1929 (24.02.24-14.04.). Ausgestellte Werke: MERZ 1926,3. Cicero, 1926, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1343; Mz 474 De schoenmaker., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 1012; Mz 448 Moskau, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 999; Mz. 395. Ein Erdbeben., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 982. Rezensionen: Frerking, J. 1929.03.29, Frerking, W. 1929.04.07, ph. 1929.03.14, Steglich 1929.03.29. Ausst. Hannover 1929 (02) Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1929 (13.10.-24.11.). Ausgestellte Werke: 1929/28, 1929, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1600; Bild mit rotem Kreis, 1929, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1583; Merzbild A, B, C, 1929, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1579; Bild mit Balken und Kreis, 1927, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1497; Bild 1926.1 Gebet über der Stadt, 1926, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1341; Merz 1008 Wiesbaden, 1924, Ölbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1208; Mz 369. tto“, 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 962; Merzzeichnung, 1927, Merzzeichnung, Kurt Schwitters Archiv, obj 06830441; Mz 228., 1921, Merzzeichnung vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 827; Merzzeichnung 176, 1920/21, Merzzeichnung vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 707). Rezensionen: Frerking, W. 1929.11.17, Voss 1929.10.26. Ausst. Hannover 1930 98. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1930 (23.02.-21.04.). Ausgestellte Werke: Djupvandshytten (Collage), 1929/30, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1628; Zahle stets ..., 1930, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1671; Rotgraues Bild, 1929/30, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1636. Rezensionen: Frerking, W. 1930.03.30, Sarter 1930.03.27. Ausst. Hannover 1930 (01) Ausstellung der Hannoverschen Sezession in der Kestner-Gesellschaft 1930 (April). Kein Katalog, Quelle: Brinkmann 1930.04.24, Voss 1930.04.19. Ausgestellte Werke: Reliefs und Merzzeichnungen (Voss 1930.04.19). Rezensionen: Brinkmann 1930.04.24, Voss 1930.04.19.

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Ausst. Hannover 1930 (02) Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1930 (12.10.-23.11.). Ausgestellte Werke: Landschaft ved (bei) Geiranger, 1930, Öl auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1666; Merzbild P. rosa, 1930, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1650; Union, 1930, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1656; Hellesylt, 1930, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1658; Das ist der Frühling für Hans Arp, 1930, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1654. Rezensionen: Frerking, W. 1930.11.09, Voss 1930.10.16. Ausst. Hannover 1931 99. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1931 (22.02.-12.04.). Ausgestellte Werke: Das Kreisen (ehemals: Weltenkreise), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 444. Rezensionen: Brinkmann 1931.03.13, Frerking, W. 1931.02.25. Ausst. Hannover 1931 (02) Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1931 (11.10.-21.11.). Ausgestellte Werke: Merzzeichnung Überschneidung, 1931, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1794; Braunes Bild, 1931, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1769; Klöterbild, 1931, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1770; Ohne Titel (FACHBLATT FÜR MALER), 1931, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1796; Merzzeichnung braun, 1931, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1795; Merzzeichnung Ekaha, 1931, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1793; Rotes Rechteck, 1931, Öl auf Sperrholz auf Pappe, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1778; Lampenbild (ehemals: liegender weisser Cylinder), 1931/32, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1777; Relief mit gelbem Viereck und Merz-Relief mit schrägem Gelb (?), 1928, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1529; Weißes Relief, 1927, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1500; plastische Merzzeichnung, 1931, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1773; Hochgebirge (Gegend Öye), 1930, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1651; Merzzeichnung Helios, 1931, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1797; Ohne Titel (Underberg), 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 921a; Ohne Titel (Oval 00133), 1930, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1730; Mz 26,43 okolade, 1926, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1414; oval, 1925/28, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1325; Mz 308 Grau., 1921, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 873; Rosa (ursprünglich: Knochen aus Arosa), 1931, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1771. Rezensionen: Brinkmann 1931.10.23, Dr. Ra. 1931.10.23, Spengemann 1931.10.18, Voss 1931.10.13.

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Ausst. Hannover 1932 Große Jubiläumsausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1932 (März-April). Ausgestellte Werke: Merzbild 9 b das grosse Ichbild und Merzbild K 7 (?), 1919, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 430; Mz. 395. Ein Erdbeben., 1922, Merzzeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2000, WV-Nr. 982. Ausst. Hannover 1932 (01) Ausstellung von Otto Gleichmann und Drucksachen der Stadt Hannover in der Kestner-Gesellschaft 1932 (Juni). Kein Katalog, Quelle: B. 1932.06.03, Brinkmann 1932.06.09. Ausgestellte Werke: Drucksachen (B. 1932.06.03). Rezensionen: B. 1932.06.03, Brinkmann 1932.06.09. Ausst. Hannover 1932 (02) Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1932 (09.10.-20.11.). Ausgestellte Werke: Bild mit großem P., 1926, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1356; Die Herbstzeitlose, 1926/29, abstrakte Skulptur, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1493; Schachtelform, 1932, abstrakte Skulptur, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1862; Lampenbild (ehemals: liegender weisser Cylinder), 1931/32, Merzrelief, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1777; ehemalige Sechs, 1932, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1827; Bild mit goldenem Ohr, 1932/35, Merzbild?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1825. Rezension: Voss 1932.10.26. Ausst. Hannover 1933 101. Grosse Kunstausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1933 (26.02.-18.04.). Ausgestellte Werke: Merzbild 1933,4 Nordsonne, 1933, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1868; Merzbild 1933,3 Himmelsschiff, 1933, Merzbild, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1866; Gefrorener Bergsee, 1933, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1869. Ausst. Hannover 1933 (02) Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1933 (20.10.-03.12.). Ausgestellte Werke: Hammerfest, 1933, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1870; Aandalsnes, 1933, Zeichnung, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1890; Hochgebirge (2), 1933, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1871. Rezension: Voss 1933.10.31.

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Ausst. Hannover 1934 102. Grosse Frühjahrsausstellung. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1934 (11.03.-29.04.). Ausgestellte Werke: Kirche in Olden, 1934, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1902. Rezension: Voss 1934.04.05. Ausst. Hannover 1934 (02) Herbstausstellung Hannoverscher Künstler. Kat. Ausst. Kunstverein, Hannover 1934 (14.10.-25.11.). Ausgestellte Werke: Pollfoß, 1934, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1903; Zwei Seen und Schneefeld auf Opplusegga, 1934, Gemälde?, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1904; Kattavaagen, 1934, Öl auf Holz, vgl. Orchard/Schulz 2003, WV-Nr. 1913. Rezension: Frerking, J. 1934.10.31.

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Dokumentation der Merzabende in Deutschland1991 Braunschweig Merz-Nachtvorstellung im Operettentheater, Braunschweig am 26. Januar 1923. Vorgetragene Werke: Grotesken (Dr. H. U. 1924.01) und Schwitters 2005/1922-1932 – ursonate (Kobbe 1924.01). Rezensionen: Anonym 1924.01.30, Dr. H. U. 1924.01, Kobbe 1924.01. Dresden Vortragsabend in der Dresdner Kaufmannschaft am 19. Februar 1921. Vorgetragene Werke: „Merz-Dada“ (aus „Merz“, vgl. Schwitters 2005/1920 – Merz) und „Ursachen und Beginn der glorreichen Revolution in Revon“ (vgl. Schwitters 2005/ um 1919-1920 – Franz Müllers Drahtfrühling) (a 1921.02.22), Schwitters 2005/1919 – Die Zwiebel. Merzgedicht 8 (ab 1921.02.20), Schwitters 2005/1919 – Die Zwiebel. Merzgedicht 8, einige Gedichte und „Ursachen und Beginn der glorreichen Revolution in Revon“ (Anonym 1921.02.22). Rezensionen: a 1921.02.22, ab 1921.02.20, Anonym 1921.02.22, Zimmermann 1921.02.20. Hannover Merzabend in der Galerie von Garvens, Hannover am 8. Dezember 1921. Vorgetragene Werke: „Merz-Dada“ (aus „Merz“, vgl. Schwitters 2005/1920 – Merz), grotesken Gedichte und Schwitters 2005/ um 1919-1920 – Franz Müllers Drahtfrühling (Gröttrup 1921 (02)). Rezensionen: Gröttrup 1921 (02), Brauweiler 1921.12.08. Große Merzmatinee im Konzerthaus Tivoli, Hannover gemeinsam mit Raoul Hausmann am 30. Dezember 1923. Vorgetragene Werke: „Merz-Dada“ (aus „Merz“, vgl. Schwitters 2005/1920 – Merz) und Lautgedichte (Schodder 1924). Rezension: Schodder 1924. Märchenlesung in der Kestner-Gesellschaft, Hannover am 20. November 1924. Rezension: Voss 1924.11.25.

1991 Im Zusammenhang der vorliegenden Arbeit werden hier nur die Veranstaltungsbeteiligungen aufgenommen, zu denen Kritiken recherchiert werden konnten. Zum Überblick über die Vortragstätigkeit von Schwitters, vgl. Orchard/Schulz 2000, S. 534-546.

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Matinée „Künstler in Front“ im Capitol-Hochhaus, Hannover am 21. Dezember 1930. Vorgetragene Werke: Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume“ und Schwitters 2005/um 1926 – Schacko/Jacco u. a. (Anonym 1930.12). Schwitters, Kurt: Schacko/Jacco. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 289–292. Rezension: Anonym 1930.12. Lesung in Hannover im Oktober 1931. Vorgetragene Werke: Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume, Schwitters 2005/1925 – Die Scheuche, Schwitters 2005/1925 – Und, Zeitungsgrotesken (Schwitters 2005/1927 – Bildung. Eine Spukgeschichte und Schwitters 2005/um 1926 – Schacko/Jacco), drei neuere Gedichte und ein Satz aus Schwitters 2005/1922-1932 – ursonate (Tappe 1931.10.23). Schwitters, Kurt: Die Scheuche. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 155–167. Schwitters, Kurt: Und. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 242–244. Schwitters, Kurt: Bildung. Eine Spukgeschichte. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 311–312. Rezension: Tappe 1931.10.23. Hildesheim Vortrag und Rezitation eigener Dichtungen im Roemermuseum, Hildesheim am 9. April 1922. Vorgetragene Werke: Schwitters 2005/1921 – Wand und Zahlengedichte (Anonym 1922.04.24), Vortrag über die Entwicklung der modernen Malerei (J. S. 1922.04.12). Schwitters, Kurt: Wand. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 1: Lyrik. 3. Aufl. München 2005, S. 203. Rezensionen: Anonym 1922.04.24, B-f. 1922.04.25, J. S. 1922.04.12. Jena Merzabend im Rosensaal, Jena am 4. Juli 1921. Vorgetragene Werke: Gedichte, u. a. Schwitters 2005/1919 – An Anna Blume und „Ursachen und Beginn der glorreichen Revolution in Revon“ (vgl. Schwitters 2005/ um 1919-1920 – Franz Müllers Drahtfrühling) (Anonym 1921.07.05). Rezension: Anonym 1921.07.05.

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Dada-Abend im Jenaer Volkshaussaal gemeinsam mit Hans Arp, Theo van Doesburg, Tristan Tzara u. a. am 27. November 1922. Vorgetragenes Werk: Schwitters 2005/1922 – Tran Nr. 26 (awo 1922.11.28). Rezensionen: Anonym 1922.11.26 (Ankündigung), awo 1922.11.28. Lüneburg Vorlesung eigener Dichtungen in Lüneburg. Vorgetragene Werke: „Ursachen und Beginn der glorreichen Revolution in Revon“ (vgl. Schwitters 2005/ um 1919-1920 – Franz Müllers Drahtfrühling), „Ratadistenmaschine“ (Schwitters 2005/1921 – Die Raddadistenmaschine) (L. 1922.11). Schwitters, Kurt: Die Raddadistenmaschine. In: Kurt Schwitters. Das literarische Werk. Hrsg. von Friedhelm Lach. 5 Bde. Bd. 2: Prosa 1918-1930. 3. Aufl. München 2005, S. 48. Rezension: L. 1922.11. Magdeburg Merzabend in den Räumen des Kaufmännischen Vereins, Magdeburg im Januar 1924. Vermutlich vorgetragene Werke: „Ursachen und Beginn der glorreichen Revolution in Revon“ (vgl. Schwitters 2005/ um 1919-1920 – Franz Müllers Drahtfrühling) und Schwitters 2005/1922-1932 – ursonate (Anonym 1924.01.12). Rezension: Anonym 1924.01.12.