Humer pro und contra Effekte von Wieseneinsaaten im Frühjahr 2015

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Futterwiesenexperte mit 30jähriger Landwirtschaftskammer Erfahrung und Beratung 3 März 2015, Wien Fachbeitrag für bessere Futterwiesen Erfolg und scheitern von Wieseneinsaaten im Frühjahr Autor: Oberlandwirtschaftsrat Dipl.-Ing. Johann HUMER, Futterwiesenexperte mit über 30jähriger Erfahrung Wieseneinsaaten im Frühjahr sollen lückige Grasnarben von Futterwiesen schließen und Wiesen wieder die volle Ertragskraft geben. Nur hochwertige Futtergräser und Kleearten können gute Futtererträge und Tierleistungen liefern. Über den Winter geht erfahrungsgemäß immer ein Teil guten Grasarten durch verschiedene Schadeinflüsse verloren, die im Frühjahr wieder durch Einsaaten ergänzt werden sollten. Ohne Ausbesserungsaaten geht der Jahresertrag schadhafter und lückiger Futterwiesen immer weiter zurück. Und in den Lücken breiten sich meist immer lästige Unkräuter wie Ampfer und Schadgräser wie Gemeine Rispe noch stärker aus. Gut wirtschaftende Landwirte lassen die Lücken der Grasnarbe nicht selbst der Selbstberasung mit Unkraut über. Der Beitrag zeigt die Möglichkeiten auf, wie im Frühjahr Futterwiesen wieder in vollen Ertrag gebracht werden können. Mit dem Gräserführerschein „Spreu und Weizen“ in Futterwiesen erkennen J HUMER, Grünlanderneuerung - erfolgreich oder erfolglos? 03. März 2015 Seite 16/16

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Futterwiesenexperte mit30jähriger Landwirtschaftskammer Erfahrung und Beratung3 März 2015, Wien

Fachbeitrag für bessere Futterwiesen

Erfolg und scheitern von Wieseneinsaaten im Frühjahr

Autor: Oberlandwirtschaftsrat Dipl.-Ing. Johann HUMER,

Futterwiesenexperte mit über 30jähriger Erfahrung

Wieseneinsaaten im Frühjahr sollen lückige Grasnarben von Futterwiesen schließen und Wiesen wieder die volle Ertragskraft geben. Nur hochwertige Futtergräser und Kleearten können gute Futtererträge und Tierleistungen liefern. Über den Winter geht erfahrungsgemäß immer ein Teil guten Grasarten durch verschiedene Schadeinflüsse verloren, die im Frühjahr wieder durch Einsaaten ergänzt werden sollten. Ohne Ausbesserungsaaten geht der Jahresertrag schadhafter und lückiger Futterwiesen immer weiter zurück. Und in den Lücken breiten sich meist immer lästige Unkräuter wie Ampfer und Schadgräser wie Gemeine Rispe noch stärker aus. Gut wirtschaftende Landwirte lassen die Lücken der Grasnarbe nicht selbst der Selbstberasung mit Unkraut über. Der Beitrag zeigt die Möglichkeiten auf, wie im Frühjahr Futterwiesen wieder in vollen Ertrag gebracht werden können.Mit dem Gräserführerschein „Spreu und Weizen“ in Futterwiesen erkennen

Grünlandbauern sollten dazu ihre guten und schlechten Wiesenfutterpflanzen mit einem diagnostischen Blick spontan erkennen, um die „Spreu vom Weizen“ trennen zu können. Dazu habe ich in den letzten Jahren unter „GRÄSERFÜHRERSCHEIN“ eine einfache und freidownloadbare Beratungsunterlage entwickelt. Mit dem GRÄSERFÜHRERSCHEIN lernen Sie unter Anleitung in Praxisseminaren die wichtigsten Hauptgräser im Grünland erkennen. Bei den Seminaren werden die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Futtergräser und Grünlandpflanzen erklärt und besprochen. Dabei erfahren Sie auch den landwirtschaftlichen Zeigerwert, den Futterwert sowie das Ertragspotential, die Nutzbarkeit und die Ausdauer von Gräsern und Kleearten. Es wird auch auf die neuerdings regional verschiedene Zunahme von Giftpflanzen und Unkräutern aufmerksam gemacht

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und ihre Giftigkeit und die Möglichkeiten ihrer Eindämmung in Futterwiesen besprochen. Bei den Seminaren mit Wiesenbegehungen erfahren Sie auch die besondere ökologische Schutzwirkung der Grünlandvegetation im Naturhaushalt. Dabei werden Sie auch befähigt den Wert auch kleiner ökologisch wertvoller und schützenswerter Wiesenbiotope zu erkennen - als Lebensräume und Naturreservate schützenswerter Natur wie Trockenrasen oder Feuchtwiesen. In naturbedingt ohnedies benachteiligten ertragsschwachen Wiesen mit hoher Artenvielfalt dominieren meist nur energiearme Wiesenfutterpflanzen. Aber in klimatisch und bodenbedingt ertragsfähigen Wiesenlagen gilt es das genetische Ertragspotential der Futterwiesen mit unseren standörtlich am besten wachsenden Futtergräsern gut und sachgerecht zu nutzen. Dabei gilt es die besonders qualitäts-und ertragsmindernden Ungräser zu erkennen, die sich unter in den guten Futtergräsern leicht unbemerkt ausbreiten können. Das sind in Österreich: Gemeine Rispe, Wolliges Honiggras, Flechtstraußgras, Weiche Trespe, Rasenschmiele und Bürstling. Auch zu krautige Wiesen mit viel Ampfer, Hahnenfußarten, Doldenblütlern und Lückenfüllern wie Löwenzahn oder Giftpflanzen sind für das Vieh leistungshemmend. Die sich seit Jahren auffällig ausbreitenden tödlichen Giftpflanzen wie Herbstzeitlose, Germer und Kreuzkräuter in Futterwiesen und die gleichzeitige Abnahme guter Futtergräser sind zumeist Indikatoren für jahrelangen Stillstand in sachgerechter Pflege und Nutzung, Düngung, Pflanzenschutz und das Fehlen eines regelmäßigen Samennachschubes hochwertiger Futtergräser. Viele wirtschaftlich vernachlässigte Wiesen liefern nur mehr Bruchteile ihrer natürlichen Ertragsfähigkeit. Der laufende Schwund guter Futtergräser und die Zunahme von Unkräutern mindert der Futterwert von Wiesen. Neu angelegte Futterwiesen bringen Trockenmasseerträge um 12 t TM /ha, wie Versuche mehrfach zeigen. Ohne guter Futtergräser sinkt der Viehfuttertrag langfristig auf sogar unter die Hälfte des Ausgangsertrages. Die Ursache ist die mit der Zeit nachlassende Ertragskraft guter Futtergräser. Beim Feldfutter gilt das Gleiche - die Ausbreitung und Vielfalt ertragsschwacher und wenig wertvoller Wiesenpflanzen. Nur sieht man es dort vor den Augen im Zeitraffertempo. So wie im Stall nur bestes Zuchtvieh beste Leistungen bringen kann, führen nur junge Zuchtgräser in der Futterwiese zu Spitze in Ertrag und Qualität.Ursachen des Rückganges guter Futtergräser

Die Hauptursache für die zunehmende Ertragsschwäche von Dauermähwiesen ist das schleichende Verschwinden guter Massengräser wie Knaulgras, Englisches Raygras und Glatthafer bei gleichzeitiger Ausbreitung weniger wertvoller Wiesenpflanzen. Ursache dafür ist sicher der heute immer noch früher werdende und häufigere Silageschnitt. Teils wird in Gunstlagen schon vor dem Mai zwecks möglichst hoher Energiegehalte gemäht. Inzwischen werden auch in Niederösterreich immer mehr Wiesen 5x gemäht und es gibt auch schon 7-Schnittwiesen. Es ist ohnedies jedem Grünlandwirt einleuchtend, dass die immer frühere Schnittzeit und die immer öftere Mahd die Lebenskraft der Gräser entsprechend früher verbraucht. Den besten Beweis liefern hoch ertragsreiche Wechselwiesen oder das Feldfutter mit dem laufenden Ertragsrückgang der Erträge im Laufe ihrer Lebenszeit. Stark betroffen sind beim Ertragsrückgang die spätblühenden und horstbildenden Obergräser mit Massenertrag. Der frühe Schnitt nimmt ihnen die natürliche Vermehrungsmöglichkeit und die Reservestoffeinlagerung in den Wurzelstock. In der Folge treten in den entstehenden Lücken oft sehr anpassungsfähige niedrigwüchsige, qualitätsmindernde Ungräser und Unkräuter auf. Wer bei immer früherer Wiesenmahd die Wieseneinsaat unterlässt, muss sowie bei Monokulturen mit immer geringeren Erträgen rechnen.Wie man den Mineralstoffgehalt mit jungen Gräsern steigern kann

Noch viel zu wenig bekannt ist auch, dass die Wurzeln alter Graspflanzen nämlich mit zunehmenden Alter immer weniger Nährstoffe aufnehmen können. Das sieht man eindrucksvoll am viel geringeren Mineralstoffgehalt der Gräser alter Wiesen im Vergleich zu jungen Saaten. Die Futteranalyse der Mineralstoffgehalte des Grases (aber nicht der Kräuter!) ausgelichteter Futterwiesen ist ein ganz einfach funktionierender Alarmzeiger für alte ausgedünnte Wiesen und mineral- und nährstoffarmes Futter. Nur mit jungen und immer wieder neu gesäten Gräsern lässt sich neues hochwertiges, mineralstoffreiches und energiereiches Futter schaffen.

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Wann Wieseneinsaaten im Frühjahr notwendig sind

Wichtig sind Wieseneinsaaten im Frühjahr, wenn Wiesen verletzte und damit stark geöffnete Grasnarben haben. Zahlreiche Gründe, warum Wiesen jährlich und immer wieder ausgebessert werden müssen sind, wenn natürliche Schädlinge wie Maulwürfe, Engerlinge, Schnakenlarven die Grasnarbe zerstört haben.

Großflächig und schwer durch Engerlinge geschädigte südhängige Mähweide am 29. März 2004 in Petersberg, NÖ mit flächenhaftem Absterben der Grasnarbe, weil die Engerlinge die Wurzeln der Gräser abfrassen. Durch die sofortige Wieseneinsaat und Düngung lieferte die Wiese bereits im Sommer wieder junges Futter.

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Aufgang und Wuchs der jungen und wüchsigen feinen Grasarten (hier Rotschwingel) nach Düngung und Wieseneinsaat in Petersberg am 23.6.2004 nach Engerlingsschäden.Bei mechanischen Verletzungen der Grasnarbe durch Fahrspuren, Erntegeräte, temporäre Lagerplätze wie zB für Holz, Silo oder Wirtschaftsdünger sowie die Narbenaufwühlung durch Wild sollte man den Boden sofort wieder begrünen. Eine solche schnellwüchsige und andauernde Mischung für die Lückenbegrünung kann man sich selbst leicht herstellen: Für die raschwüchsige Lückenfüllmischung - die man auch immer nach einer Ampferbekämpfung, wo besonders große Lücken entstehen, einsetzen sollte - mischt man einen Teil Englisches Raygrases (oder notfalls eine Feldfuttermischung) mit einem Teil Dauerwiesenmischung A,B,C oder D als langfristige Komponente.Im Frühjahr kann es auch durch Auswinterung und durch die natürliche Alterung der Narbe durch Erschöpfung bei hohen Erträgen zum Rückgang und Absterben wertvoller Futtergräser kommen, der zum weiteren Ertragsabfall führt. Sichtbare Lücken im Bestand sind immer sobald als möglich zu besämen. Ansonsten breiten sich in den Lücken bevorzugt unerwünschte Arten aus. Schon wenn handgroße Lücken bestehen, ist immer eine Begrünung der Lücken angebracht. Der Rückgang wertvoller Futtergräser und damit verbundene Ertragsabfall kann nur durch den ständigen Saatgutnachschub ausgeglichen werden.

Mein Universitätslehrer für Grünlandwirtschaft, Dr. SCHECHTNER hat für die gute fachliche Praxis diesen einprägsamen Fachbegriff als Gedankenstütze eingeführt: Wiesen brauchen eine„Einsaat in geduldiger Wiederholung“.

SCHECHTNER hat erkannt, dass die Ertragskraft heutiger Futterwiesen nur durch Regeneration, also durch ständige und geduldige Begrünung der lückigen Grasnarben mittels Einsaat hochwertigen Wiesensaatgutes erhalten werden kann. Bei der früheren breit üblichen EGART-Wirtschaft der Wiesen,

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hat man verstanden die gute Wuchskraft junger und neu keimender Gräser zu nutzen. Dadurch ist man früher auch bei guten Bergwiesen ohne Mineraldünger und ohne Wiesensaatgut durchgekommen. Mit einer rotierenden Fruchtfolge aus: zwei Jahren Wiesland und ein Brachejahr zur Regeneration - dann ein Hackfruchtjahr mit Kartoffel und - ein Sommergetreidejahr mit Kleeuntersaat und - folgender Selbstberasung der Wiesen aus dem natürlichen Samenspeicher der Böden. Gute Dauerwiesen sind nur möglich, wenn ein regelmäßiger und hochwertiger Samennachschub durch Saatgut erfolgt. Erst diese Schubumkehr führt wieder in die Richtung ertragreicher Wiesen mit dichten Grasnarben. Nur der Samennachschub mit neuer Genetik - führt genauso wie im Kuhstall – zu hochleistenden Futterwiesen. Gleichzeitig ist es der natürlichste Weg zu höheren Mineralstoffgehalten und zu einer jungen, dichten Grasnarbe zu kommen. Der dichte Narbenschluß verhindert auf natürlichem Weg die Ausbreitung unerwünschter Verunkrautung. Die innere Natur vieler Gräser tendiert aber zu aufgelockerten Wiesennarben. Damit wird auch ein Freiraum für Symbiosen zB mit Klee andere Arten geschaffen.Die punktuelle Reparatur verletzter Wiesennarben sollte vom Frühjahr an und auch nach jeder Ernte eine Selbstverständlichkeit sein. Solange Lückenfüller wie Löwenzahn offenen Boden in den Wiesen besetzen können und Wiesen gelbfarbig überziehen, ist dringend ein Regenerationsbedarf bei Wiesen durch jüngere Gräser gegeben. Erst wenn Futterwiesen im Frühjahr mit einem saftigen grasgrünen Teppich aus jungen Futtergräsern überzogen sind, ist das Ziel bester und hochleistenden Futterwiesen erreicht.Für dauerhaft hochwertiges Futter, ist daher oft ein jahrelanger regelmäßiger Samennachschub notwendig. Um die regional und standörtlich besten und wuchsfreudigsten Futtergräser fördern zu können, tut man gut daran sie spontan zu erkennen. Erst dann kann man gut entscheiden, was in einem wertvollen Futterwieseninventar fehlt. Daher erkennen gute Grünlandwirte ihre Wiesenpflanzen und wissen über ihre Eigenschaften und Ansprüche gut Bescheid. Dazu gelangt man nur durch Wissen wie Seminare und Wiesenbegehungen. ZB mit meinen GRÄSERFÜHRERSCHEIN-Crash Kurs zum Erkennen und Bestimmen von Wiesenfutterpflanzen.

Technik der Frühjahreseinsaat

Im Frühjahr führt man die Wieseneinsaat schlagkräftig in Verbindung mit dem Abschleppen und Wieseneggen und einem aufgebauten Kleinsamenstreuer durch. Gewöhnlich gibt es im Frühjahr genug Bodenfeuchte und viel Tau für einen guten Aufgang der Saat. Bei Trockenheit ist ein Anwalzen der Saat angebracht. Allerdings habe ich auch schon sehr trockene Frühjahre erlebt, wo der Aufgang der Saat in der Wiesenaltnarbe so gut wie erfolglos war. Weil bei Trockenheit immer das Risiko des mangelnden Aufgangs besteht, rate ich zur Risikoteilung. Erfolg versprechend ist die regelmäßige Frühjahresübersaat mit 10 kg/ha Saatgutmischung beim Wieseneggen.In der Sommerzeit um August rate ich zur Sommerübersaat mit ebenfalls 10 kg/ha unmittelbar nach der Ernte, wenn der Boden am ehesten offen ist und am wenigsten bewachsen ist. Das Saatgut würde ich noch vor oder gemeinsam mit der Gülleausbringung mit einem Kleinsamenstreuer ausbringen. Bei der Risikoteilung durch die anfangs jedenfalls jährlich geratene kombinierte Frühjahres- und Sommersaat kann der Boden idealerweise als Samenbank fungieren.Risikoteilung durch Boden Samenbank mit Frühjahres- und Sommereinsaaaten

Je öfter Wiesen eingesät werden, umso eher fällt Samen auf offenen Boden und kann keimen. Mit der geduldig wiederholten Saat baut sich außerdem eine gewisse Samenbank gesäter und noch ungekeimter Samen im Boden auf. Der Boden fungiert bekanntlich als eine besondere Samenbank. Ähnlich wie für alle Samenunkräuter ist der Boden überhaupt scheinbar ein unerschöpflicher Samenspeicher. Man denke allein an den riesigen Samenvorrat die der Ampfer oder andere Unkräuter in vielen Wiesenböden haben. Wenn keine günstigen Keim- und Wachstumsbedingungen herrschen, besteht mit der Samenbank die Chance, dass ein Teil der ungekeimten Gräsersamen auch noch Monate bis Jahre nach der Saat keimen, so wie das bei vielen Unkrautarten der Fall ist. Dieses Prinzip nutzt man auch bei der SCHLAFSAAT, wo man im Herbst oder teils sogar erst auf Schnee aussät und dass die Keimung erst bei passender Witterung erfolgt. Die regelmäßige wiederholte Saat hat deswegen eine so hohe Bedeutung, weil in bestimmten Gebieten der Regel mit einer einzigen Saat bei bewachsenen Wiesen selten ein guter Aufgang gelingt. Den Schlüssel für erfolgreiche Einsaaten halte

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ich deshalb in der jährlich wiederholten Einsaat, so wie es neuerdings deutsche Experten sogar bei Raygräsern raten. Dort wird nun sogar bei jedem Aufwuchs nachgesät um die maximal möglichen Futtererträge zu erreichen und jeden Rückgang an Raygras ausgleichen.

Wiesenneuanlage im Frühjahr als Ausnahme

Die Wiesenneuanlage im Frühjahr kommt nur in besonderen Fällen in Frage. Und zwar dann, wenn ein Totalausfall der Wiese erfolgt ist. Erfahrungsgemäß kann das sein, wenn ein großer flächiger Befall durch Engerlinge, Mäuse oder Auswinterung vorliegt. In dem Fall eggt man kräftig, bricht um oder sät in einem Zug mit dem Rototiller wieder neu an. Bei einem starken Engerlingsbefall mit Dutzenden Larven je m², muß man für einen Erfolg meist mehrere wühlende Bodenbearbeitungen mit mehreren Grubbergängen machen, um möglichst viele Larven und Eigelege der Engerlinge nachhaltig zu stören.

Schlitzdrillsaaten oder Striegel-Einsaatenbringen im Frühjahr wenig

Es liegen dem Autor folgende wissenschaftsbasierten Wieseneinsaatversuche vor: SCHECHTNER (1983, Schlitzdrillsaat), PÖTSCH (2012, Schlitzeinsaat, Einsaatstriegel) und SUTER et al (2013, Grünlandstriegel, Vertikutierer, Belüfter, Wiesenegge). Allen diesen Einsaatversuchen ist auffällig gemeinsam: die Einsaatwirkung war mit den angeführten Einsaatechniken im Frühjahr entweder: so gut wie kaum, nicht, minimal oder sogar etwas schlechter war als gar keine Einsaat. Es ist sicher kein Zufall, daß in allen diesen Versuchen keine klar eindeutige Ertragsverbesserung erkennbar war. Es gibt also triftige Gründe, warum die untersuchten Frühjahreseinsaaten im KLARTEXT gesprochen so erfolglos und ohne spürbarer Ertragsverbesserung sind.Gründe für das Versagen von Frühjahreseinsaaten

Das Versagen von Frühjahreseinsaaten ist aus folgenden Gründen vorstellbar: Im Frühjahr ist die Konkurrenz und Unterdrückung der viel schneller wachsenden Altnarbe auf die junge und sehr licht- und wasserbedürftige Einsaat bis in den Sommer hinein um ein Vielfaches grösser. Nur im Sommer hat die Altnarbe einen schwächeren Nachwuchs. Das tiefere und größere Wurzelsystem der Altnarbe nimmt im Frühjahr der jungen Saat viel Wasser, Nährstoffe wie Lebensraum weg. Weitere Widersacher der jungen Saat sind in zahlreichen Böden lebende Schädlinge und Wurzelparasiten. Es gibt auch allelopathische keimhemmende Wurzelexsudate der Altnarbe, die die jung gesäten Keimlinge der wüchsigsten Saatgräser hemmen oder gar dezimieren. Keimung und Aufkommen der jungen Saat ist daher im Frühjahr sehr behindert. Bei einem minimalem Wuchs der jungen Saat im kalten Frühjahr muß mit einer starken unkalkulierbaren Dezimierung von Saatgut und Keimlingen durch Schädlinge im Boden gerechnet werden. Andererseits vertrocknen die jungen Sämlinge bei anhalten Frühjahrestrockenheit leicht und sind damit auch für die Samenbank verloren.

Botanische und ertragliche Wirkung von Frühjahreseinsaaten und Nachsaaten in Exaktversuchen der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein

Abbildung 1 zeigt den wissenschaftlich untersuchten Einsaaterfolg beim Timothegras in den Einsaatversuchsblöcken Gumpenstein und Piber von 2005 bis 2010 (PÖTSCH, 2012). Dargestellt ist, wie sich der 15%ige bzw. 20%ige Timotheanteil der ÖAG-Saatgutmischungen NA und NI entwickelte. Die Einsaat erfolgte immer nur im Frühjahr mit der Saatmenge von 15kg/ha. Das bekanntlich konkurrenzschwache Gras Timothe führte im Mittel statt einer Zunahme unverständlicherweise zu einer Abnahme um 0,1% bei einem schon sehr geringen mittleren Ausgangsbestand von nur 1,43% Timothe auf der Fläche. Wer über Timothe gut informiert ist, weiß dass, es einzelne Pflanzen sehr konkurrenzschwach sind. Daher ist auch klar, dass es sich genauso wie der Wiesenschwingel in

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dichten wüchsigen Wiesen nicht durchsetzen kann. Nur wenn Timothe in vielen eng stehende Büscheln stark konzentriert ist, vermag es durch das extreme Geflecht kurzer Stolonenwurzeln die meisten Wiesenpflanzen verdrängen. Dann wird es zum beherrschenden Alleinherscher meist schattiger und feuchterer Wiesenböden. bestimmter Wiesenstellen.

Die Kosten für das Timothe in diesem Saatgut waren also ein nutzloser Aufwand für Ertrag und Biodiversität, wie ich das schon wiederholt aufgezeigt habe. Dr. Karl Buchgraber von der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein begründet aber die Beimischung von kaum wüchsigen Arten in Nachsaatmischungen als nicht evidenzbasierte These eine Biodiversität fördernde -------------maßnahme und mit dem schwachen Argument, weil sie manchmal vielleicht anwachsen könnten.

Abbilung 1: Der Versuch zeigt die untaugliche Effizienz der Frühjahres-Einsaat von Timothe bei einmaliger und dreimaliger Frühjahreseinsaat mit 15 kg/ha ÖAG-Nachsaatmischungen NI und NIK des Wiesenverbesserungsversuchs von PÖTSCH (2012) in Gumpenstein und Piber. Die Median-Werte unter dem Mittelwert zeigen, dass mehr Versuchsvarianten unter als über dem Mittelwert lagen. Grafik: HUMER

Bei der Nutzungssteigerung von drei- und vier Schnitten nahm Timothe immerhin gering um 0,1% zu. Erfolgt die Nachsaatwiederholung in 6 Jahren im 2-Jahrestakt, nimmt der Timotheanteil auch immerhin minimal um 0,1% zu. Durch die inzwischen bekanntlich viel weniger wirksame Frühjahreseinsaat und weil nicht im Ein-Jahresabstand nachgesät wurde, ergab sich vermutlich nur diese minimale Steigerungsrate bei Timothe. Zumindest ist angedeutet - öfter säen bringt mehr. Es bestätigt sich hier auch meine Erfahrung, dass Timothe als extrem spätreifes Gras durch Lichtmangel bei langsamer Jugendentwicklung gar keine guten Ausgangschancen für Einsaaterfolge hat. Diese 6jährigen Ergebnisse mit extrem schlechter Einsaatwirkung bei Timothe stehen völlig im Widerspruch zu den

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euphorischen ÖAG-Nachsaatempfehlungen von Buchgraber für Mischungen mit Timothe und seiner bevorzugten Timothesorte TILLER. Auch die weitere Erhöhung um 12% von Timothe in der Saatmischung verbessert den Timotheanteil nicht wünschenswert. Das zeigen die Wiesenverbesserungsversuche in der Buckligen Welt in NÖ von KODYM von 2004 -2007, wie folgende Darstellung belegt.

Abbilung 1b: zeigt den bereits geringen und laufend schwindenden Anteil von Timothe von unter 5% bei Wiesenverbesserungsversuchen im Grünlandprojekt der BBK Neunkirchen in NÖ von KODYM (2007). Dabei hatten die Wiesenmischungen einen Timotheanteil von 10% bzw. 22% bei einer TILLER-Zugabe von 12% um das Timothegras zu forcieren.

Der schlechte Aufgang bei Einsaaten gilt nach meinen Erfahrungen im Wesentlichen auch für Wiesenschwingel, Rotschwingel und Luzerne in Nachsaatmischungen. Die angesprochene sehr schlechte Wirkungseffizienz der vorher genannten Gräser in ÖAG-Nachsaatmischungen, steht im klaren Widerspruch zu den immer wiederholten enorm propagierten und gelobten Wirkungen in Vorträgen und ÖAG-Broschüren der ÖAG-Grünlandexperten Buchgraber, Pötsch und Krautzer in Gumpenstein. Die unbefriedigende Wirkung von Einsaaten spiegelt sich bei mir in den vielen negativen Rückmeldungen und auch bei meinen eigenen Landwirtbefragungen bei Wiesenbegehungen. Die schlechte Einsaatwirkung bestätigt auch der deutsche Grünlandexperte Dr. Martin Elsäßer. Er schreibt 2009: „Bei Nachsaaten wird häufig eine wirkungslose Übersaat vorgenommen.“ Auch in der Schweiz konnte SUTER et al (2013) in Einsaatversuchen mit den Geräten Grünlandstriegel, Vertikutierer, Belüfter und Wiesenegge bei Frühjahreseinsaaten keine besondere Ertragsverbesserung feststellen.

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Unklare Einsaatertragseffekte im Vierschnittblock des Grünlandemeuerungsversuchs Gumpensein 2005-2010.

Abbildung 2 zeigt den Mehr – oder Minderertrag von 12 Einsaatvarianten der 6 Versuchsjahre vom Vierschnittblock Gumpenstein des Einsaatversuches Gumpenstein/Piber 2005-2010, (PÖTSCH 2012). Grafik:HUMER

Sechs der schwächsten 12 Einsaatvarianten verursachen beim TM-Ertrag nur marginale Ertragsänderungen und tendenzielle Mindererträge bis 100 kg TM/ha (siehe dazu die oberen Hälfte der Balkengrafiktabelle). Auch die besten 6 Varianten liefern nur geringe Mehrerträge von 200-500 kg TM/ha (siehe dazu die unteren Hälfte der Balkengrafiktabelle). Wirtschaftlich signifikant sind aber erst Mehrerträge ab etwa 1000 kg TM/ha. Überaus zusammenhanglos und unklar erscheinen die Mehr- bzw Mindererträge im Grünlandemeuerungsversuch Gumpenstein. Welches Einsaatsystem bei Sägerät und Saatmischung nun eindeutig klar überlegene Ertragswirkungen bringt, ist eher zusammenhanglos scheint mehr von Zufällen abzuhängen. Der Versuch zeigt keine klaren Unterschiede welches Einsaatgerät oder welche Mischung zuverlässig besser ist oder ob man mit ein- oder mehrmaliger Einsaat besser fährt. Es fällt nur auf, daß das Schlitzdrillsägerät und die Kampfmischung Ka (mit Knaulgras und Englischem Raygras 1:1) zur Gruppe der eher höheren Mehrerträge tendiert, aber auch nicht durchgängig. Buchgraber disqualifiziert aber die Erfolgsdauer der Kampfmischung mit nur 2-3 Jahren Erfolgsdauer in seinen Lehrunterlagen, im Widerspruch was dieser Exaktversuch zeigt. In Abbildung 3 sticht die Kampfmischung vielmehr durch mehrere Ertragsausschläge nach oben im zweiten, dritten und sechsten Jahr mit Mehrerträgen von +10% hervor. Diese disqualifizierenden Aussagen dürften also nur Vermutungen und nicht evidenzbasierte Wissenschaft sein.Im Widerspruch zu diesen Exaktversuchen propagiert Buchgraber aber seit Jahren in seinen Vorträgen und Artikeln folgende Linie: Buchgraber propagiert zB Maschinenringen nur einen bestimmten Einsaatstriegel (GÜTTLER) und die zuverlässige Überlegenheit seiner ÖAG-Nachsaatmischungen mit 10-15 Jahren Erfolgsdauer. Seit 1991, hat Buchgraber laut eigener Aussagen auf tausenden Hektaren Praxiseinsaatversuche samt Futteruntersuchungen dazu bei Bauern durchgeführt. Von seinen 24 Jahre langen Beobachtungen sind mir und dem österreichischen Fachpublikum von diesem riesigen Fundus an Informationen weder langjährige Ergebnisauswertungen noch daraus entstandene national oder international fachwissenschaftliche zitierbare Publikationen bekannt. Das betrifft die evidenzbasierte Wissenschaftlichkeit der Begründung der als überlegen propagierten Sätechnik mit bestimmten Starkstriegeln. Aber es liegen auch bislang keine authentischen und üblich statistisch fachwissenschaftliche abgesicherten Beweismaterialien vor, was die bislang inzwischen langjährig behauptete nachhaltige Überlegenheit im Massenertrag, Qualitätsertrag und der Narbendichte seiner ÖAG-Nachsaatmischungen mit 10-15 Jahren Erfolgsdauer betrifft.

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Keine zuverlässlich besseren Qualitätserträge bei Einsaaten. Hier die Qualitätserträge in GJ NEL/ha im Mittel der ersten 2 Jahre in Gumpenstein und Piber, 2005-2007

Kaum zu glauben ist und ratlos ist man, weil 16 von den 20 auf Qualitätsertrag als GJ NEL/ha untersuchten Einsaat-Varianten oder 80% des Versuchs schlechtere Energieerträge liefern als gar keine Wieseneinsaat. Dies steht im totalen Widerspruch zu der wiederholt behaupteten Spitzenqualität der ÖAG-Nachsaatmischungen. Es sei denn, der aufwändige 6jährige Einsaatversuch hat gravierende Fehler und irreführen Qualitätsergebnisse. Diese Vermutung wird bestärkt, da Nachsaaten in jeden zweiten Jahr mit 48,4 GJ NEL/ha markant weniger Energieertrag bringen als die einmalige Saat mit 50 GJ. Keine Einsaat würde sogar überhaupt mit 50,8 GJ/ha das Beste sein. Demnach würden wiederholte Einsaaten den energetischen Futterertrag verschlechtern als verbessern, was recht unlogisch wie widersprüchlich ist. Diese Forschungsergebnisse sollten zukunftsweisend sein und stehen als Gut in der öffentlichen "Datenbank für Forschung zur Nachhaltigen Entwicklung" DAFNE als hochwertig qualifizierte Information öffentlich zur Verfügung. Diese Einsaatversuchsergebnisse stehen aber im krassen Gegensatz zu den euphorischen Lehraussagen der Gumpensteiner Wiesenforscher über den Nutzen von Wieseneinsaaten mit ÖAG-Einsaatmischungen. Also muß man entweder die Repräsentativität oder Richtigkeit der Versuchsergebnisse bezweifeln oder den dogmaähnlich behaupteten Einsaat-Lehraussagen und Beratungsaussagen aus Gumpenstein fehlt die Glaubwürdigkeit. Bei der vielfältigen Widersprüchlichkeit dieser Fakten ist unklar was wirklich stimmt. Sind Wieseneinsaaten mit den propagierten Geräten und Nachsaatgutmischungen nun effizient oder unwirksam investiertes Geld und vielleicht letztlich sogar nutzlos und damit ein finanzieller Schaden?

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Keine klaren Ertragseffekte im Einsaatversuch Gumpenstein 2005-2010. Die 6jährige Ertragswirkung von 12 Einsaatvarianten.

Abbildung 3: Relativer Ertragsverlauf der jährlichen Mehr – oder Mindererträge von 12 Einsaatvarianten vom Vierschnittblock Gumpenstein des Einsaatversuchs Gumpenstein/Piber 2005-2010, (PÖTSCH 2012). Grafik: HUMER

Eindeutig ist nur, dass der Kombistriegel im ersten Jahr den Wiesenertrag statt zu steigern um 15% senkt! Danach liegen im Mittel der Varianten die Erträge um +5% der Kontrolle. Man fragt sich warum die Gumpensteiner Wiesenexperten, genau diesen mit viel Aufwand betriebenen Exaktversuch des eigenen Instituts vor Bauern, Studenten und Berater bislang in Lehre und Beratung und in Fachartikeln und Vorträgen nie breit erwähnten und nicht mit gewohntem Eifer hinaustragen und zu keinen jährlichen Besichtigungen des Versuchs die Kammer-Berater einluden – trotz der vielen jährlichen Grünlandveranstaltungen in Gumpenstein und ÖAG-Grünlandtage.

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Ertragswirkung der ÖAG-Nachsaatmischungen NA-und NI sowie einer Kampfmischung im 6jährigen Mittel bei 4-Schnittnutzung in Gumpenstein

Abbildung 3a:

Ertragswirkung der ÖAG-Nachsaatmischungen NA-und NI sowie der Kampfmischung im 6jährigen Mittel von 12 Einsaatvarianten vom Vierschnittblock Gumpenstein des Einsaatversuchs Gumpenstein/Piber 2005-2010

Der Ergebnisse zeigen, daß Einsaatmischungen recht unterschiedliche Nutzeffekte auf den Trockenmasseertrag haben. Völlig versagt hat die NIK. NI und die Kampfmischungen liefern mit etwa +2% Mehrerträge von rund 200 kg TM/ha/Jahr. Das ist weit unter den Mehrerträgen die BUCHGRABER 2014 seinen Studenten zeigte. Seine Folien zeigen Mehrerträge von 10-20%, das sind 700-1400 kg/ha und monetär 140 – 285 €/ha am Papier. Das ist eine völlig illusionär euphorische Überschätzung der Nachsaateffekte gegenüber den an seinem eigenen Institut real gemessen und publizierten Versuchserträge von Gumpenstein um das 3fache bis 6fache. Das vergleichweise gute Abschneiden der von mir konzipierten Kampfmischung hat Buchgraber für ÖAG-Grünland-Saatgutmischungen ignoriert und dagegen die NIK Mischung gegen meinen Widerstand 2011 neu eingeführt.

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Die eigene Kostenrechnung für jährliche Einsaaten und Nachsaaten mit geduldiger Wiederholung

Meine Kostenrechnung zeigt, dass man um die jährlichen Einsaatkosten mit Samenstreuer und Egge 882 kg also etwa 1 t TM-Mehrertrag braucht - allein um den Aufwand einzulösen. Bei den viel zu geringen Mehrerträgen der besten Gumpensteiner Einsaatversuche mit etwa 225 kg TM/ha sind Einsaaten unrentabel. Erst wenn 2-4 TM/ha Mehrertrag erreicht werden, sind Wiesenverbesserungen wirtschaftlich interessant, zeigt die einfache Wirtschaftlichkeitsrechnung.

Ertragseffekte im SCHECHTNER Nachsaatversuch mit Schlitzdrillmaschine und Wiesengräsern, Admont, Bischofshofen und Piber 1983

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Abbildung 4: Mehr- oder Mindererträge der Düngungs- und Nutzungsversuche Admont mit Schlitzdrilleinsaat in Bischofshofen und Piber gegenüber Varianten ohne Nachsaat im Jahre 1983 (= erstes Hauptnutzungsjahr der erneuerten Anlage) in dt TM je Hektar. Nachsaat-Mischung: Knaulgras, Wiesenschwingel, Timothe, Wiesenrispe, Rotschwingel. Schnitte: 3, 4, 5 und 6mal. N-Düngung: 0, 30, 60, 90 und 120 kg N/ha (SCHECHTNER, 1984)

Ertragseffekte im SCHECHTNER Nachsaatversuch mit Frühjahres-einsaat von Bastardraygas. Admont, Bischofshofen und Piber 1979-1981

Abbildung 5: Wirksamkeit der Nachsaat mit Bastardraygas auf älteren Dauerwiesenneuanlagen. Nachsaattermine: Frühjahr 1976, 1978 und 1980 (SCHECHTNER, 1984). Im Mittel aller drei Versuchsstellen war das Ergebnis der Nachsaat enttäuschend schreibt Schechtner, denn es resultierte daraus nur ein Mehrertrag von 130 kg TM je Hektar und Jahr. Dass ist umso verwunderlicher, da zur Einsaat unser konkurrenzstärkstes und ertragsbestes Raygras in Österreich zum Einsatz kam. Gerade Bastardraygras ist normalerweise in der Jugend unser wüchsigstes und kampfstärkstes Futtergras, das im Feldfutter meist alle anderen gesäten Arten verdrängt. Damit geht aus diesen älteren Versuchen aus 1976 bis 1983 der Abbildungen 4 und 5 hervor, dass Frühjahres-Einsaaten in Versuchen – OHNE REGELMÄßIGER NACHSAAT - keine besondere hervorragende und zuverlässige Wirkung zeigen. Etwa die Hälfte der Raygras-Einsaaten war sogar ertragsmindernd - also paradoxerweise schlechter als ohne Einsaat! Selbst die beste Ertragsverbesserung lag beim Raygras bei nur etwa bloß 5%, liegt also im Bereich von Unsicherheit und Unwirtschaftlichkeit. Es gibt also starke Faktoren in bewachsenen Wiesenböden, die das Aufkommen von jungen Einsaaten behindern. Ich vermute es gibt große Fraßschädlinge und Fruchtfolgeparasiten im Boden, die junge Samen, Keimlinge und Wurzeln vernichten. Dazu kommt die starke Konkurrenz durch die Wurzeln der Altnarbe, gepaart mit keimhemmenden Wurzelausscheidungen.Die Einsaatversuche der 80er Jahre zeigen, daß von 32 Einsaatvarianten 27 völlig unwirtschaftlich waren und nur 5 von 32 Versuchsvarianten also 15% zumindest Mehrerträge lieferten. Diese Mehrerträge von 460 bis 980 kg TM/ha waren aber ohne sichtbarer logischer Zusammenhänge bei unterschiedlicher Schnittzahl und N-Düngung. 10 von 32 Einsaatvarianten lieferten sogar Mindererträge bis 650 kg TM/ha! Man bedenke, daß zirka 1000 kg Mehrertrag TM/ha/Jahr notwendig sind damit Nachsaaten wirtschaftlich interessant sind. Werden typische Arten von Wiesengräsern eingesät, zeigte sich in 18 von 20 Einsaatvarianten keine wissenschaftlich absicherbare Ertragsverbesserung. Aus ungeklärten Gründen wurde diese Erfolglosigkeit von Einsaaten in Gumpenstein nicht weiter hinterfragt und aufgeklärt.

Wenn diese Einsaatversuche nahezu keine wissenschaftlich nachhaltigen Ertragswirkungen zeigen, muß sich der kritische Leser und Bauer auch die Frage stellen, ob nicht auch die ÖAG- Propaganda für ÖAG-Nachsaatmischungen nicht oft hinausgewordenes Geld sind, solange die wissenschaftlichen Grundlagen über wirkliche und wirtschaftlich rentable evidenzbasierte Mehrerträge durch Einsaaten auf so unsicherem fachlichen Fundament stehen.

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Ertragseffekte Schweizer Einsaatversuche im Frühjahr 2008-2011 in Jona und Tänikon

Abbildung 3a:

Ertragswirkung von Einsaatversuchen in der Schweiz im Frühjahr 2008-2011 in Jona und Tänikon mit vier Bodenbearbeitungs- und Sägeräten. B = Belüften mit Belüfter, S =Striegeln mi Grünlandstriegel, V = Vertikutieren mit Vertikutierer, E = aggressive Wiesenegge

Es zeigt sich, dass sich die Werte der einzelnen Verfahren (Balken) stark überschneiden. Dies bedeutet, dass keine relevanten Unterschiede zwischen den Varianten bestehen. Weder die Maschinenwahl noch die Saat hatten einen messbaren Einfluss auf den Jahresertrag. Nur die Einsaat in Kombination mit einer aggressive Wiesenegge (E) verbessere zur Kontrolle (kein Maschineneinsatz) den Ertrag bis zu 700 kg TM/ ha (p < 0,05). Das entspricht einer Ertragssteigerung von 6 %.Für Österreich bestärkt das Ergebnis die Tatsache erneut, dass im Frühjahr der Grünlandstriegel keine Ertragsverbesserung bringt. Nur Einsaaten in Kombination mit einer aggressiven Wiesenegge (E) zeigen eine leichte aber wirtschaftlich noch nicht rentable Ertragsverbesserung. Das bestätigt erneut, dass die bisherigen hier obig berichteten Erfahrungen, dass im Frühjahr Wiesen Einsaaten mit der klassischen Wieseneinsätechnik keine zuverlässigen Ertragsverbesserungen bringt. Mitunter muß im Frühjahr sogar mir kleinen Ertragseinbußen gerechnet werden, weil vermutlich der erste Auswuchs durch durch die flächenhaft einwirkende Sätechnik geschädigt wird. Diese Erfahrung passt ja auch mit einem normalen Hausverstand völlig überein. Man muß schon ziemlich verrückt sein, sich im Frühjahr die Wiesen gern halb Aufreissen und gleichzeitig wieder niederbügeln zu lassen. Nachdem unter Anleitung von Buchgraber sowohl der Gumpensteiner Einsaatversuch 2005-2010 und der Schweizer Einsaatversuch 2008-2011 gelaufen ist, muß man schlei0en, dass Buchgraber selbst nicht bewußt war und nicht gewußt hat, dass Frühjahrseinsaaten eher ertragschädigend sind und fast

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keine ertragsverbessernde Wirkung haben.

FazitEinsaaten scheinen also nur unter besonderen Bedingungen erfolgreich zu sein, da mir auch sehr erfolgreiche Einsaaten gelangen. Den Schlüssel für erfolgreiche Einsaaten halte ich in der jährlich wiederholten Einsaat, so wie es neuerdings deutsche Experten bei Raygräsern raten. Ich denke der Erfolg stammt vom Überwinden der Schäden durch schnelleren Nachtrieb der jungen wüchsigen Futtergräser ab, als die sämlings- und keimlingsfressenden Schädlinge oder Parasiten zerstören. Daher gelingen Einsaaten auch im Sommer besser, wenn Gräser bei höheren Temperaturen rascher wachsen. Der jährlich regelmäßige Saatgutnachschub ist dennoch auch im Frühjahr von höchster Bedeutung, wenn nach dem Winter Lücken in der Grasnarbe auftreten. Das neuerdings massenhafte Auftreten von Maulwurfshaufen, Wühlschäden und die enorme Verkotung und Abrutschgefahr von Wiesen durch massenhafte Regenwurmausscheidungen sind neue ungelöste Schad-Phänomäne. Ein Lösungsansatz könnte die Entwicklung von extrem dichten Wiesennarben sein mit konsequenter Bodenbegrünung und die Narbendichte fördernde Unterstützungsmaßnahmen. Raschwüchsiges und dauerhaftes Wiesensaatgut kann lückige Narben am schnellsten und nachhaltigsten schließen. Und das trägt auch zu einem besseren Jahresertrag bei. Buchgraber meinte in der Wintertagung 2012 neuerdings - aber ohne statistisch abgesicherter und ohne evidenzbasierter Grundlagen – „das erfolgreiche Grünlandbauern permanent JÄHRLICH 5-8 kg/ha Nachsaatmischung einsäen“.Ich bin sehr an Zuschriften von Landwirten interessiert, wie erfolgreich oder erfolglos ihre Erfahrungen mit Grünlandnachsaaten waren. Kommen genug Antworten zustande, informiere ich gerne die Leser mit über die Breite der berichteten Erfahrungen in einem Folgebeitrag. Zuschriften erbeten an: [email protected]

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