HSW6 2008 - Hochschulwesen

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Das 56. Jahrgang ISSN 0018-2974 6 2008 Verbesserung von Einzelveranstaltungen Lern-Engagement der Studierenden Indikator für die Qualität und Effektivität von Lehre und Studium Forschungs- und theoriebasierte Studiengangentwicklung Dialog mit 200 Studierenden – geht das? Blended Learning in einer Vorlesung mit hoher Teilnehmerzahl Fallstudien schreibt man nicht am grünen Tisch Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik Hochschulwesen HSW www.hochschulwesen.info www.universitaetsverlagwebler.de UVW UniversitätsVerlagWebler

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Lern-Engagement der StudierendenIndikator für die Qualität und Effektivität

von Lehre und Studium

Forschungs- und theoriebasierte Studiengangentwicklung

Dialog mit 200 Studierenden – geht das?Blended Learning in einer Vorlesung

mit hoher Teilnehmerzahl

Fallstudien schreibt man nicht am grünen Tisch

Forum für Hochschulforschung, -ppraxis und -ppolitik

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Christa Cremer-Renz, Prof. Dr. päd.,bis Mai 2006 Präsidentin der Universität Lüneburg

Gustav-Wilhelm Bathke, Prof. Dr. sc.phil.,Universität Halle-Wittenberg

Ludwig Huber, Prof. em. Dr. phil., Dr. h.c.,Universität Bielefeld

Jürgen Lüthje, Dr. jur., Dr. h.c.,bis Oktober 2006 Präsident der Universität Hamburg

Beate Meffert, Prof. Dr.-Ing.,Humboldt-Universität zu Berlin

Klaus Palandt, Dr. jur., Min. Dirig. a.D.,Landesbergen b. Hannover

Ulrich Teichler, Prof. Dr. phil., Universität Kassel

Wolff-Dietrich Webler, Prof. Dr. rer. soc., Universität Bergen (Norwegen),Institut für Wissenschafts- und BildungsforschungBielefeld (geschäftsführend)

Andrä Wolter, Prof. Dr. phil., TU Dresden,bis Dezember 2006 Hochschul-Informations-SystemGmbH, Hannover

HHeerraauussggeebbeerr

HHeerraauussggeebbeerr-BBeeiirraattHermann Avenarius, Prof. Dr., Frankfurt (M.)Ralf Bartz, Univ. Kanzler, HagenJost Bauer, Prof., ReutlingenWinfried Benz, Dr., Gen. Sekr. WR i. R., Köln Christian Bode, Dr., Gen. Sekr. DAAD, Bonn Rüdiger vom Bruch, Prof. Dr., Berlin Gertraude Buck-Bechler, Prof. em. Dr., Berlin Matthias Bunge, Min.Dirig., Wiesbaden Rik van den Bussche, Prof. Dr., Hamburg Michael Deneke, Dr., Darmstadt Gerhild Framhein, Dr., Konstanz Karin Gavin-Kramer, M.A., Berlin Gernot Graeßner, akad. Dir. Dr., Deutsche Gesellschaft für

wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium(DGWF), Bielefeld

Lydia Hartwig, Dr., stellv. Leiterin, Bayer. Staatsinstitut fürHochschulforschung und -planung

Jürgen Heß, Dr., BonnSigurd Höllinger, Prof. Dr., Sektionschef im BM. Wiss. u.

Fo., WienGerd Köhler, Frankfurt am MainArtur Meier, Prof. Dr., Berlin Sigrid Metz-Göckel, Prof. Dr., Dortmund Jürgen Mittelstraß, Prof. Dr., Konstanz Ronald Mönch, Prof. Dr. h.c., Bremen Jan H. Olbertz, Prof. Dr. sc., Halle, Kultusminister des

Landes Sachsen-Anhalt Jürgen Schlegel, Min.Dirig., Gen. Sekr. BLK, Bonn Klaus Schnitzer, Dr., HannoverCarl-Hellmut Wagemann, Prof. em. Dr.-Ing., Berlin Karl Weber, Prof. Dr., Bern Johannes Wildt, Prof. Dr. Dr. h.c., Dortmund; Bundesvorsit-

zender der Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik(AHD)

HHiinnwweeiissee ffüürr ddiiee AAuuttoorreennDie Zeittschrriftt verröffennttlichtt nnurr (i..d..R.. zzweifach) begutt-achttette Aufsättzze.. Senden Sie bitte zwei Exemplare des Ma-nuskripts in Papierform sowie einmal in Dateiform (kannals Daten-CCD der Papierform beigelegt oder per E-MMail zu-geschickt werden) an die Redaktion (Adresse siehe Impres-sum). Beiträge werden nur dann angenommen, wenn dieAutor/innen den Gegenstand nicht gleichzeitig in einer an-deren Zeitschrift behandeln.

Wichtige Vorgaben zu Textformatierungen und beigefüg-ten Fotos, Zeichnungen sowie Abbildungen erhalten Sie inden „Autorenhinweisen” auf unserer Verlags-HHomepage„www.universitaetsverlagwebler.de”. Ausführliche Informationen zu den in diesem Heft aufge-führten Verlagsprodukten erhalten Sie ebenfalls auf derzuvor genannten Verlags-HHomepage.

IImmpprreessssuummVerlag und AbonnementverwaltungUVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für HochschulthemenBünder Str. 1-3, 33613 BielefeldTel.: (0521) 92 36 10-12, Fax: (0521) 92 36 10-22

Satz: K. Gerber, E-Mail: [email protected]Übersetzung editorial: Gabi Heißenberg

Druck:Hans Gieselmann, Ackerstr. 54, 33649 Bielefeld

Anzeigen:Das HSW veröffentlicht Verlagsanzeigen, Ausschreibungen undStellenanzeigen. Aufträge sind an den Verlag zu richten. Die je-weils gültigen Anzeigenpreise sind folgender Homepage zuentnehmen: „www.hochschulwesen.info”.

Erscheinungsweise: 6mal jährlich

Redaktionsschluss: 10. Dezember 2008

Bezugspreis:Jahresabonnement: 92 Euro/Einzelpreis: 15 EuroAlle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. Das Jahresabonnement verlängert sich automatisch um 1 Jahr,wenn es nicht bis 6 Wochen vor Jahresende schriftlich gekün-digt wird.

Grafik:Ute Weber Grafik Design, MünchenGesetzt in der Linotype Syntax Regular

Copyright: UVW UniversitätsVerlagWeblerDie mit Verfassernamen gekennzeichneten Beiträge gebennicht in jedem Falle die Auffassung der Herausgeber bzw. Re-daktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte/Re-zenzionsexemplare wird keine Verpflichtung zur Veröffentli-chung/Besprechung übernommen. Sie können nur zurückge-geben werden, wenn ausreichendes Rückporto beigefügt ist.Die Urheberrechte der Artikel, Fotos und Anzeigenentwürfebleiben bei der Redaktion. Der Nachdruck ist nur mit schriftli-cher Genehmigung des Verlages gestattet

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Gegründet 1953 als „Das Hochschulwesen”, vereinigtmit „Hochschulausbildung. Zeitschrift für Hochschulfor-schung und Hochschuldidaktik”, gegründet 1982 vonder Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik (AHD).

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Forum für Hochschulforschung, -ppraxis und -ppolitik

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SSeeiitteennbbll iicckk aauuff ddiiee SScchhwweesstteerrzzeeiittsscchhrr ii fftteenn

IVHauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OOE und QiW

AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerr iicchhttee

HHoocchhsscchhuull ffoorrsscchhuunngg

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Antonia Scholkmann, Bianca Roters, Judith Ricken & Mark Höcker (Hg.): Hochschulforschung und Hochschulmanagement im Dialog. Zur Praxisrelevanz empirischer Forschung über die Hochschule(Aylâ Neusel)

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Elena Wilhelm & Luzia TrunigerForschungs- und theoriebasierte Studiengangentwicklung

Adi Winteler & Peter ForsterLern-EEngagement der StudierendenIndikator für die Qualität und Effektivität von Lehre und Studium

Susan Müller & Thierry VoleryFallstudien schreibt man nicht am grünen Tisch

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Tobias Zimmermann, Daniel Hurtado, Mirjam Berther & Felix WinterDialog mit 200 Studierenden – geht das?Blended Learning in einer Vorlesung mit hoher Teilnehmerzahl

HHoocchhsscchhuulleennttwwiicckklluunngg

RReezzeennssiioonn

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HSW 6/2008

Frauke Gützkow und Gunter Quaißer (Hg.):Jahrbuch Hochschule gestalten 2007/2008 - Denkanstöße in einer föderalisierten Hochschullandschaft

Die Auswirkungen der Föderalismusreform I auf das Hochschulwesen zeich-nen sich ab: Nichts weniger als die Abkehr vom kooperativen Föderalismussteht an, das Hochschulrahmengesetz wird abgeschafft, die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) auf eineGemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) reduziert – der Rückzug desBundes hat regelrecht ein Vakuum hinterlassen. Das Prinzip der Kooperationwird zugunsten des Wettbewerbs aufgegeben, einem zentralen Begriff ausder neoliberalen Ökonomie. Anscheinend arbeitet jeder darauf hin, zu denGewinnern im Wettbewerb zu gehören – dass es zwangsläufig Verlierergeben wird, nicht nur unter den Hochschulen sondern auch zwischen denHochschulsystemen der Länder, wird noch viel zu wenig thematisiert. DieInteressen der Studierenden und der Beschäftigten der Hochschule werdengenauso vernachlässigt wie die demokratische Legitimation und die Transpa-renz von Entscheidungsverfahren.

Uns erinnert die Föderalismusreform an den Kaiser aus Hans Christian An-dersens Märchen. Er wird angeblich mit neuen Kleidern heraus geputzt undkommt tatsächlich ziemlich nackt daher.

Mit Beiträgen von: Matthias Anbuhl, Olaf Bartz, Roland Bloch, Rolf Do-bischat, Andreas Geiger, Andreas Keller, Claudia Kleinwächter, ReinhardKreckel, Diethard Kuhne, Bernhard Liebscher, André Lottmann, Jens Maeße,Dorothea Mey, Peer Pasternack, Herbert Schui, Luzia Vorspel und CarstenWürmann.R

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ISBN 3-937026-58-4, Bielefeld 2008, 216 S., 27.90 Euro

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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Barbara Schwarze, Michaela David, Bettina Charlotte Belker (Hg.): Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik

ISBN 3-937026-59-2, Bielefeld 2008, 239 S., 29.80 Euro

Gender- und Diversityelemente in Lehre und Forschung an den Hoch-schulen tragen zu einer verstärkten Zielgruppenorientierung bei und stei-gern die Qualität durch die bewusste Einbindung der Nutzerinnen undNutzer – seien es Studierende, Lehrende oder Anwenderinnen und An-wender in der Praxis. Die Integration in die Lehrinhalte und –methodenträgt dazu bei, die Leistungen von Frauen in der Geschichte der Technikebenso sichtbar zu machen wie ihre Beiträge zur aktuellen technischenEntwicklung. Sie werden als Anwenderinnen, Entwicklerinnen, Forsche-rinnen und Vermarkterinnen von Technik neu gesehen und sind eine in-teressante Zielgruppe für innovative Hochschulen und Unternehmen. Parallel zeigt sich – unter Gender- und Diversityaspekten betrachtet – dieVielfalt bei Frauen und Männern: Sie ermöglicht eine neue Sicht auf älte-re Frauen und Männer, auf Menschen mit Benachteiligungen und/oderBehinderungen, mit anderem kulturellen Hintergrund oder aus anderenLändern. In diesem Band stehen vor allem Entwicklungen und Beispiele aus Lehre,Praxis und Forschung der Ingenieurwissenschaften und der Informatik imVordergrund, aber es werden auch Rahmenbedingungen diskutiert, diediese Entwicklung auf struktureller und kultureller Ebene vorbereiten. Der Vielfalt dieser Themen entsprechen auch die verschiedenen Perspek-tiven der Beiträge in den Bereichen:• Strukturelle und inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten einer familien-

und gendergerechten Hochschule,• Zielgruppenspezifische Perspektiven für technische Fakultäten,• Gender- und Diversityaspekte in der Lehre,• Gendergerechten Didaktik am Beispiel der Physik und der Mathematik,• Gender und Diversity in der angewandten Forschung und Praxis.

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Neuerscheinungen im UniversitätsVerlagWebler:

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Ed i to r i a lHSW

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NNicht zuletzt wegen der sich konti-uierlich verschlechternden Personal-relation an Hochschulen haben Vor-lesungen seit den 70er Jahren desabgelaufenen Jahrhunderts wiederstark zugenommen. Bildungsökono-misch betrachtet scheint auch un-schlagbar, bis zu 1.200 Studierende(z.B. im AudiMax der UniversitätBielefeld) von einer Lehrperson„versorgen” zu lassen. Der Lerner-folg zumindest des häufigsten Typs von Vorlesung, derstoffintensiven Grundvorlesung, ist relativ gering. (Wer esnicht glaubt, sollte seinen ganzen Mut zusammen nehmenund direkt anschließend eine Spontanklausur über die letz-ten 90 Minuten schreiben lassen, wenn er/sie sich für psy-chisch stabil genug hält, mit den Ergebnissen umzugehen.)Aber es gibt Möglichkeiten, Vorlesungen in ihrem Lernef-fekt erheblich zu steigern. Tobias Zimmermann, DanielHurtade, Mirjam Berther & Felix Winter stellen ihren Bei-trag unter die Frage: Dialog mit 200 Studierenden - gehtdas? Blended Learning in einer Vorlesung mit hoher Teil-nehmerzahl. Sie haben eine große Lehrveranstaltung mitHilfe des Dialogischen Lernens auf Lernplattformen erfolg-reich gestaltet. Das Konzept ist bei heutiger Ausstattungvielfach übertragbar und verdient Verbreitung, was ihm ineiner ersten Stufe hier widerfährt.

OObwohl die weite Mehrheit der Bevölkerung in ihren Lern-bedürfnissen holistisch, d.h. ganzheitlich veranlagt ist, wer-den ihr auf den meisten Bildungsstufen als Zugang zumLernen überwiegend serielle, also systematisch aufgebauteVeranstaltungen angeboten; Lern-, insbesondere Motiva-tionsprobleme sind die Folge. Komplexere, in Handlungssi-tuationen eingebettete Lerngelegenheiten wirken auf dieseMehrheit weitaus motivierender, machen neugierig, gebenAnstöße zum Weiterlernen. Außerdem fördern sie durchihren Handlungsbezug den Praxisbezug des Studiums unddie Handlungsfähigkeit der Studierenden erheblich. DerSchritt zur theoretischen Ordnung, zur Systematik, findetnicht vorab, sondern nachträglich statt. Die Verfasser SusanMüller & Thierry Volery, erfahrene Autoren von Fallstu-dien, geben in ihrem Beitrag Fallstudien schreibt man nichtam grünen Tisch eine Anleitung zur Erzeugung solcherTexte. Ein späterer Beitrag wird sich im HSW spezifisch mitdem Lernen durch Fallstudien befassen.

W.-D.Webler

NNach den Versuchen des Nachrichtenmagazins DER SPIE-GEL (1989, 1990), Lehrqualität mit öffentlicher Wirksam-keit zu erfassen und breit zu publizieren, folgten ebensoöffentliche Forderungen, die Qualität der Lehre zu er-höhen. Die (mangelnde) Professionalität der Lehre undder (von Ausnahmen abgesehen) unzureichende Lehrer-folg wurden als Karrierefehler zum Politikum. Was guteLehre ausmacht, ist aus der Lehr-/Lernforschung undHochschuldidaktik bekannt. Erfolgreiche Konzepte zurSteigerung der Lehrqualität praktiziert die Hochschuldi-daktik in der Weiterbildung und Beratung national und in-ternational seit Jahrzehnten (Educational Development,Pedagogy). Aber wie kann erreicht werden, dass der pro-fessionelle Auf- und Ausbau von Lehrkompetenz so selbst-verständlich und ebenso bedeutsam für die akademischeKarriere an Hochschulen wird wie die Forschungskompe-tenz und auch in dieser Lesart die „Einheit von Forschungund Lehre” hergestellt wird? Aufwertung von Lehrleistun-gen heißt das politische Stichwort. Sollen Lehrleistungennicht nur ideell anerkannt, sondern in Berufungsverfahrenund in Leistungszulagen stärker berücksichtigt werden(etwa in der W- Besoldung), müssen sie erfassbar und ver-gleichbar sein. KMK und Wissenschaftsrat beraten darü-ber. In dieser Situation publiziert das HSW gerne den Bei-trag von Adi Winteler & Peter Forster: Student Engage-ment: Lern-EEngagement der Studierenden - Indikator fürdie Qualität und Effektivität von Lehre und Studium,einem Instrumentarium, mit dem die Entwicklung vorangebracht werden kann.

CCurriculumentwicklung sucht immer noch Modelle. Ander Hochschule für Soziale Arbeit in der Schweiz hat eineungewöhnlich gründliche Vorarbeit für die Entwicklungeines Studiengangs stattgefunden. Sie wird hier - samt Er-gebnis - vorgestellt. Luzia Truniger & Elena Wilhelm refe-rieren eine Forschungs- und theoriebasierte Studiengangs-entwicklung, deren begriffliche Grundüberlegungen, derenProzess und Ergebnis. Angesichts vieler Hilflosigkeiten inder nie gelernten wissenschaftlichen Curricum-Entwick-lung an vielen Fachbereichen ist dies ein Entwicklungspro-zess, dem ein auf viele Studiengänge übertragbarer Mo-dellcharakter zukommt. Das HSW stellt gerne den Publika-tionsrahmen zur Verfügung. Der Aufsatz verwendet einenBegriff der Fachkompetenz, der mit den sonst üblichen Be-griffsverständnissen nicht identisch ist, sodass eigene Wis-sensfelder aufgebaut werden müssen. Andernorts ist dasalles zentraler Teil der Fachkompetenz. Trotzdem - odergerade deswegen - wirkt der Aufsatz sehr anregend.

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HSWHochschu l fo r s chung

„Learning results from what the student does and thinksand only from what the student does and thinks.The teacher can advance learning only by influencingwhat the student does to learn.”Herbert A. Simon (1916-2001),Nobel Prize in Economic Sciences

Im Rahmen der „Exzellenzinitiative Lehre“ und der „Qua-litätsoffensive exzellente Lehre“ der Kultusministerkonfe-renz (KMK) gewinnt die Frage nach der Entwicklung vongeeigneten Instrumenten zur Erfassung eben dieser Exzel-lenz eine zunehmende Bedeutung. So beabsichtigt der Wis-senschaftsrat (WR), ein Ratingverfahren zur vergleichendenBewertung der Lehre zu entwickeln und Empfehlungenzum „Aufbau adäquater Qualitätsbewertungssysteme undder Herstellung von Leistungstransparenz und Wettbewerbim Bereich der Lehre“ zu erarbeiten. „Die systematischeProfessionalisierung der Lehrtätigkeit verlangt ein struktu-riertes Angebot zur Vermittlung von Lehrkompetenzen, dieHerausbildung von Standards hinsichtlich dieser Kompe-tenzen sowie die Etablierung von Instrumenten zu derenÜberprüfung.“ (Empfehlungen des WR zu einer lehrorien-tierten Reform der Personalstruktur, Berlin, 26.1.2007). Inseinen „Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Lehreund Studium“ (Berlin, 4.7.2008) fordert der WR hierfür 1,1Milliarden Euro. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK)hat auf ihrer 3. Mitgliederversammlung (22.4.2008) einStrategiepapier für eine Reform der Lehre in den Hochschu-len verfasst. Auch der Hochschulausschuss der Kultusmini-sterkonferenz (KMK) prüft Möglichkeiten für ein Rating inder Lehre. Im Gespräch ist ein so genanntes Indikatorenset,das Ratings überflüssig machen soll.Was gute Lehre ausmacht, ist hinreichend bekannt und em-pirisch belegt (Abrami et al. 2007; Berendt 2000; Hattie1999; Marzano 1998; Webler 1991, 1993, 2002, 2004;Winteler 2002a,b, 2006, 2008; Winteler/Forster 2007). ImFolgenden beschäftigen wir uns nicht mit der Qualität derLehre selbst, sondern mit der Erfassung der daraus resultie-renden Lernergebnisse (learning outcome) der Studieren-den, d.h., mit der Effektivität von Lehre und Studium gene-rell. Die bisher verwendeten Instrumente der Lehrveran-staltungsevaluation können zu diesem Zweck nur bedingtgenutzt werden, da mit ihnen in der Regel der Prozess undweniger das Ergebnis (einer Veranstaltung) gemessen wird.Der Erfolg der Ausbildung nach den Bologna-KKriterien kanndamit nicht nachgewiesen werden. Zentrale Kriterien hier-für sind:• Student centredness: Im Mittelpunkt stehen die Studie-

renden und deren tatsächliche gesamte Arbeitsbelastung.

Der Anteil des Selbststudiums erhält einen erheblichenStellenwert für die curriculare und didaktische Planung.

• Learning outcome: Die Curricula sind am erwarteten Er-gebnis ausgerichtet, das in der Form von Lernergebnissen(learning outcome) beschrieben wird. Die Lernergebnissewerden als Kompetenzerwartungen formuliert.

• Competence orientation: Kriterium für den Studienerfolgsind die erworbenen Kompetenzen (Fachkompetenzenund Schlüsselkompetenzen).

Ein erster Beitrag, der auf die Erfassung der erworbenenKompetenzen in Lehrveranstaltungen ausgerichtet ist, liegtmit dem „Berliner Evaluationsinstrument für selbst einge-schätzte, studentische Kompetenzen (BEvaKomp)“ vor(Braun et al. 2008).Der Erfolg der Ausbildung im Hinblick sowohl auf die zen-tralen Kriterien als auch im Hinblick auf die für den Lerner-

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Lern-EEngagement der StudierendenIndikator für die Qualität und Effektivität von Lehre und Studium

Peter ForsterAdi Winteler

After the news magazine DER SPIEGEL (1989, 1990)had tried to measure teaching quality in a public-orien-ted manner and publish it broadly, public calls for in-creasing quality in Higher Education followed. The(lack of) professionalism in Higher Education and (apartfrom some exceptions) the insufficient teaching successas an error in carrier became a political issue. Whatmakes up good Higher Education is known from tea-ching/learning research and Academic Instruction. Fordecades, Academic Instruction has been implementingsuccessful concepts to increase teaching quality in fur-ther education and consulting on a national and inter-national basis (Educational Development, Pedagogy).But how can it be achieved that professional develop-ment and upgrading of teaching competence becomeas self-evident und likewise meaningful for academiccarriers at Higher Education Institutes as research com-petence and thus "unity of research and teaching" canbe established? The political keyword is the upgradingof teaching performance. If teaching performance isnot only to be accepted ideally, but should also be in-creasingly considered in call procedures and perfor-mance bonuses (e. g. W-salaries), it must be measura-ble and comparable. The KMK and the German Councilof Science and Humanities are deliberating on thisissue. In this situation the HSW is happy to publish thecontribution by Adi Winteler & Peter Forster: StudentEngagement - indicator for quality and effectiveness ofteaching and academic studies, instruments of bringingforward development.

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A. Winteler & P. Forster Lern-EEngagement der StudierendenHSWfolg wesentlichen Variablen kann zuverlässig und validedurch die Befragung der Studierenden zu Art und Ausmaßihres Engagements im Studium generell festgestellt werden.Im vorliegenden Beitrag wird ein Instrumentarium vorge-stellt und begründet, das gegenwärtig wohl als bester Indi-kator für die Qualität und Effektivität von Lehre und Studi-um gelten kann, das sogenannte „Survey of Student Enga-gement“.

11.. PPaarraaddiiggmmeennwwaannddeell:: ffrroomm tteeaacchhiinngg ttoo lleeaarrnniinngg

BBarr und Tagg haben in ihrem Artikel „Shift from teachingto learning“ bereits 1995 einen Paradigmenwechsel vorge-schlagen, um die Qualität des Studiums zu verbessern.Hierbei handelt es sich um einen Wechsel von der Dozen-tenzentrierten Wissensvermittlung zur Studentenorientier-ten Erleichterung des Lernens. Lehren wird damit als Er-möglichung von Lernen verstanden. Um eine solche Stu-dentenzentrierung und ein entsprechendes Studium zu eta-blieren, ist es notwendig, zu wissen, wie Studenten lernen,welche Hindernisse es auf dem Weg zu einem erfolgreichenStudium gibt, und wie eine Lernumgebung beschaffen seinsollte, in der effektives Lernen gefördert wird.Dies erfordert ein besseres Verständnis darüber, welche Va-riablen auf welche Weise zum effektiven Lernen beitragen.Die Literatur zur Wirkung von Hochschulen auf die studen-tische Entwicklung hat bisher wenig zum Wissen über dasstudentische Lernen beigetragen (National Center for Pu-blic Policy and Higher Education 2002). Die traditionellenQualitätsmaße sind für die Messung der Effektivität vonLehre und Studium ungeeignet, da sie nichts darüber aussa-gen, wie und warum Studenten sich aktiv im Lernprozessengagieren, über das Ausmaß und die Art der studentischenInteraktion mit den Lehrenden, welche Erfahrungen im Stu-dium gesammelt werden und über das studentische Enga-gement insgesamt (Kuh 2001; Pascarella 2001). Auch überIndikatoren der Unterrichtspraxis, die das studentische En-gagement vorhersagen, liegt bisher wenig Wissen vor (Pas-carella 2001). Kuh und Pascarella betonen, dass ein qualita-tiv hochstehendes Studium dadurch gekennzeichnet ist,dass in ihm die Studierenden „engaged“ werden.(e.g., focusand quality of undergraduate teaching, interactions with fa-culty and peers, and involvement in coursework).

22.. VVoorrllääuuffeerr vvoonn ssttuuddeenntt eennggaaggeemmeenntt

SStudent engagement ist aus der Forschung zum Lernen undzur Entwicklung von Studierenden im Laufe ihres Studiumsheraus entstanden. Es geht im wesentlichen zurück auf dreiVorläufer: Die „quality of effort“ Idee von Pace (1979,1995); Chickering & Gamson’s (1987) Arbeit zu den „7principles of good practice“; Astin’s (1979, 1985, 1993) ‘in-volvement principle’ und schließlich das „student engage-ment“ von Kuh/Schuh/Whitt (1991). Auch die Arbeitenvon Pascarella/Terenzini (1991, 2005), Tinto (1993), Ewell/Jones (1993, 1996), betonen die Bedeutung der aktivenstudentischen Integration in das akademische und sozialeLeben an der Hochschule.Obwohl die verwendete Terminologie für die Beschreibungder Konzepte unterschiedlich ist (quality of effort, involve-ment, engagement), basieren sie sämtlich auf der Prämisse,

dass Studierende durch das lernen, was sie aktiv TUN (Stu-dents learn from what they do; Kuh 2003). Die hierzu vor-liegenden Studien kommen übereinstimmend zu demSchluss:The time and energy students devote to educationally pur-poseful activities is the single best predictor of their lear-ning and personal development (Astin 1993; Pace 1980;Pascarella/Terenzini 1991, 2005).

33.. IInnddiikkaattoorreenn ddeess ssttuuddeenntt eennggaaggeemmeenntt

AAus der bisherigen Forschung geht hervor, dass der wich-tigste Faktor für das studentische Lernen und die persönli-che Entwicklung während der Studienzeit das studentischeEngagement ist, d.h., die Qualität der Anstrengungen, dieStudenten solchen sinnvollen Aktivitäten widmen, die di-rekt zu den angestrebten Lernergebnissen führen: der Zeit-aufwand für das Studium, fachbezogene Interaktionen mitden Lehrenden und den Kommilitonen, Nutzung der Res-sourcen, wie Bibliothek und Technologie (Astin 1993;Chickering and Reisser 1993; Kuh/Schuh/White/Associates1991; Pascarella/Terenzini 1991). Die bekanntesten Indikatoren für student engagement sinddie “Seven Principles for Good Practice in UndergraduateEducation” (Chickering/Gamson 1987). Diese Grundsätzeumfassen• student–faculty contact,• cooperation among students,• active learning,• prompt feedback,• time on task,• high expectations,• respect for diverse talents and ways of learning.

Die Messung von Lern-Engagement konzentriert sich aufdie Quantität und Qualität des Engagements in diesen stu-dienrelevanten Aktivitäten und Gegebenheiten. Die Datenwerden mit Fragebogen erhoben. Ebenso wichtig und effektiv für das studentische Lernensind Lernumgebungen, in denen die notwendigen Ressour-cen zur Verfügung gestellt werden, die es den Studierendenermöglichen, sich akademisch und sozial zu integrieren undin denen hohe (und erreichbare) Erwartungen an die stu-dentischen Leistungen klar formuliert werden (EducationCommission of the States 1995; Kuh 2001; Kuh et al. 1991;Meier/O’Toole 2002; Pascarella 2001; Pike/Kuh/Gonyea2003; Prebble et al. 2004; Schacter/Thum 2004; Young/Shaw 1999).All diese Faktoren und Bedingungen stehen in positivem Zu-sammenhang zur studentischen Zufriedenheit und zur Leis-tung in einer Reihe von Dimensionen (Astin 1984, 1985,1993; Bruffee 1993; Goodsell/Maher/Tinto 1992; Johnson/Johnson/Smith 1991; Kuh et al. 2007; McKeachie/Pintrich/Lin/Smith 1986; Pascarella/Terenzini 1991; Pike 1993; Sor-cinelli 1991). So haben Kuh et al. (2007) festgestellt: “Enga-gement had positive, statistically significant effects on gra-des and persistence between the first and second year ofstudy for students from different racial and ethnic backgro-unds. Equally important, engagement had compensatory ef-fects for historically underserved students in that they bene-fited more from participating in educationally purposeful ac-

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HHoocchhsscchhuullffoorrsscchhuunngg HSWtivities in terms of earning higher grades and being more li-kely to persist.”In einer weiteren Studie (s. AAC&U 2007; Kuh et al. 2008),konnten 10 besonders effektive Maßnahmen für die Förde-rung des student engagement (“high impact activities”)herauskristallisiert werden:• first year seminars,• common intellectual experiences,• learning communities,• service learning,• writing intensive courses,• collaborative assignments and projects,• undergraduate research,• study abroad & other experiences with diversity,• internships,• capstone courses and projects.

Eine Erläuterung hierzu findet sich im Anhang 1.

44.. DDaass KKoonnzzeepptt ddeess ssttuuddeenntt eennggaaggeemmeenntt

IIn der Literatur wird mit Student Engagement das Ausmaß,die Art und die Intensität des „Investment“ von Studieren-den in ihr Studium bezeichnet. Student engagement kanndefiniert werden als “…an individual’s involvement withthe educationally relevant activities and conditions that areinstrumental to their learning” (Coates 2005). Student en-gagement beschäftigt sich mit der Interaktion zwischenStudierenden und den Dingen, die kritisch für ihr Lernen imStudium sind. Es stellt einen einzelnen und hinreichendenIndikator für die Beziehungen dar, die Lernende in ihremStudium, mit den Lehrenden und der Institution haben.Das grundlegende Konzept ist einfach (und nicht leicht zuerreichen): Je mehr Zeit und Anstrengung Studierendeihrem Studium widmen und je intensiver sie an Aktivitätenbeteiligt sind, die das Lernen unterstützen, umso mehr undbesser lernen sie und umso eher verbleiben sie im Studiumund schließen es erfolgreich ab. Was Studenten währendihres Studiums tatsächlich TUN, ist damit wichtiger als wersie sind oder an welcher Hochschule sie studieren.Dies bedeutet: der wichtigste Faktor für das Lernergebnis istdas, was der Lernende tatsächlich TUT. Ebenso wichtig istdas, was die Lehrenden und die Institution TUN, um dasstudentische Lern-Engagement zu fördern und zu unterstüt-zen. Denn dies ist das Mittel, um das studentische Lernenund die Leistung zu verbessern. Damit besteht eine gemein-same Verantwortung für das Erreichen von qualitativ hoch-stehenden, relevanten und überdauernden Lernergebnissen.Das Konzept des Student Engagement stellt bestehendeKonzeptionen der Qualität von Lehre und Studium inFrage. So stellen Indikatoren institutioneller Ressourcenoder die Reputation einer Hochschule inadäquate und un-angemessene Größen dar. Ebenso sind Maßnahmen, diesich ausschließlich auf die Lehre beziehen, zwar wichtige,jedoch nicht hinreichende Indizes der Qualität von Lehreund Studium. Auch die Erhebung studentischer Eingangs-variablen sagt nichts über den Beitrag einer Institution zurStudienleistung aus. Generell können traditionelle Qua-litätsmaße (wie Zulassungsbeschränkungen, Anzahl der Dis-sertationen, Bibliotheksausstattung, Relation Lehrende -Lernende, finanzielle und materielle Ressourcen, Prestige,Forschungsleistung, Drittmittel…) keine Auskunft darüber

geben, wie und warum Studierende sich aktiv in ihrem Stu-dium und Lernprozess engagieren, über Ausmaß und Artder Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden, überSchwerpunkt und Intensität akademischer Erfahrungen undüber das Lern-Engagement der Studierenden insgesamt(Kuh 2001; Pascarella 2001).

55.. SSttuuddeenntt eennggaaggeemmeenntt uunndd ssttuuddeenntt eexxppeerriieennccee

EEs ist wichtig, zwischen student engagement und studentexperience zu unterscheiden.Hauptmerkmale der Idee des student engagement sind diefolgenden (Astin 1993):• Studierende lernen durch verhaltensmäßiges, kognitives

und affektives Engagement in wesentlichen Aspekten undBereichen von Studium und Lehre.

• Studierende lernen, wenn Lehrende und die InstitutionBetreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen bereitstel-len, die dieses Engagement fördern.

• Messungen des engagement zeigen an, ob Studenten sichin ihrem Studium auf eine Weise engagieren, die zu quali-tativ hochstehendem Lernen führt.

• Student engagement bedeutet nicht „Zufriedenheit”,nicht Verbleib im Studium (‘retention’), nicht nur odervornehmlich Evaluation der Lehre, nicht die Erfassungvon Einstellungen oder Meinungen, und nicht studenti-sche Erfahrungen im Studium (student experience).

66.. DDiiee MMeessssuunngg vvoonn ssttuuddeenntt eennggaaggeemmeenntt

DDas Konzept des Lern-Engagements Studierender ist theo-retisch fundiert und wird durch Jahrzehnte internationalerForschung unterstützt. Der große Vorteil der Messung vonLernengagement liegt in der Fokussierung auf spezifischeLern- und Lehraktivitäten, die evaluiert werden können,entsprechend verändert werden können und re-evaluiertwerden können, um festzustellen, ob die Veränderungen zuVerbesserungen geführt haben.In klassischen Evaluationen von Lehrveranstaltungen wer-den die Studierenden eher als passive Konsumenten vonWissensbeständen gesehen denn als aktive, verantwortli-che Teilnehmer an einem gemeinsam gestalteten Lehr-Lernprozess. Dies gilt insbesondere für die Erfassung derstudentischen Zufriedenheit mit der Veranstaltung, die inZeiten der Studiengebühren eine „I pay, you play“ Konsum-haltung fördern kann.Die Messung des Lern-Engagements der Studierenden da-gegen fördert die Erkenntnis der gemeinsamen Verantwor-tung für das Lernen und für die komplexe Relation zwi-schen der Quantität und Qualität der investierten Zeit undAnstrengung der Studierenden und der Qualität der er-reichten Lernergebnisse.Eine vergleichende Analyse der Instrumente in Deutsch-land, den USA, Großbritannien und Australien kommt zudem Ergebnis, dass gegenwärtig ein Instrument zur Erfas-sung von student engagement vorliegt (National Survey ofStudent Engagement, NSSE), das nach allen Regeln derKunst entwickelt (Ewell/Jones 1996; Kuh et al. 1997) undempirisch validiert ist (Anaya 1999; Pace 1985; Pike 1995,1996, 1999). Es erfüllt auch die Bedingungen für die Vali-dität von Selbstberichten (Baird 1976; Lowman/Williams,

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HSW 6/2008 165

A. Winteler & P. Forster Lern-EEngagement der Studierenden HSW1987; Pace 1985; Pike 1989, 1995; Pohlman/Beggs 1974;Turner/Martin 1984). Das NSSE (www.nsse.iub.edu) ist im wesentlichen aus den„Seven Principles“ heraus entwickelt worden. Es misst fünfDimensionen des studentischen Engagements und wirdnach dem 1. Studienjahr und am Ende des Studiums einge-setzt. Die Studierenden werden nach ihrem Engagement imStudium während dieser Zeiträume gefragt. NSSE wird inden USA zunehmend als benchmark, für den self-report derFakultäten und für Akkreditierungszwecke verwendet.Das NSSE wird seit 1998 fortentwickelt, um• die Qualität der “undergraduate education” zu verbes-

sern;• Daten über effektive Ausbildungspraxis zur Verfügung zu

stellen;• Informationen über die Qualität der “undergraduate edu-

cation” auf nationalem, sektoralem und anderen Ebenenzu sammeln.

Kuh (2001) beschreibt die Ziele wie folgt: “NSSE is an at-tempt to shift the nature of the public conversation aboutcollegiate quality. For years we have focussed on the some-times sensationalised rankings that appear in various maga-zines. These rankings are based almost exclusively on an in-stitution's resources and reputation, and say little about thestudent experience. NSSE data focus on what is far moreimportant to student learning - how students actually usethe resources for learning that their school provides.”Der Fragebogen misst das Ausmaß, zu dem Studierende anden Arten von Aktivitäten teilnehmen, die für ihr Lernenund ihre persönliche Entwicklung bedeutsam sind.NSSE misst zwei wesentliche Komponenten des Engage-ments Studierender:1. Was Studierende tun, die Zeit und Energie, welche sie

studienrelevanten Aktivitäten widmen (studieren, lesen,schreiben, Kontakt mit Lehrenden und Kommilitonen in-nerhalb und außerhalb der Lehrveranstaltungen,…). DieQualität der Beziehungen zu den Lehrenden, zu Kommi-litonen und zur Verwaltung wird ebenfalls erfasst.

2. Die zweite Komponente bezieht sich darauf, was die In-stitution tut, um das studentische Engagement zu för-dern – curriculare Maßnahmen, Qualität der Lehre, Ser-vice Einrichtungen, die Studenten unterstützen, undweitere Aspekte der Hochschulkultur, welche die Studie-renden veranlassen, an studienrelevanten Aktivitätenteilzunehmen.

NSSE umfasst 42 Fragen. Die Studierenden werden gebe-ten, die Häufigkeit anzugeben, mit der sie in Aktivitäten en-gagiert waren, die für ihr Studium und ihren Lernerfolg för-derlich sind (‘Reading and Writing and Educational Pro-gram Activities’), wie sie Merkmale der Lernumgebungwahrnehmen, die mit ihrem Lernerfolg verbunden sind(‘Opinions about the school’), und ihre fachliche und per-sönliche Entwicklung einzuschätzen (‘Educational and Per-sonal Growth’). Die Fragen beziehen sich für Vergleichszwecke auf fünf“benchmarks“:• Level of academic challenge (for example, coursework

emphasises synthesising and organising ideas, informa-tion, or experiences);

• Student interactions with faculty members (for example,

received prompt feedback from faculty on academic per-formance);

• Supportive campus environment (for example, quality ofrelationships with other students);

• Active and collaborative learning (for example, askedquestions in class or contributed to class discussions);

• Enriching educational experiences (for example, talkingwith students with different religious beliefs, political opi-nions, or values).

Wenngleich die benchmarks hilfreich für einen Überblicküber student engagement sind, so sind sie doch noch zubreit gefasst, um spezifische Verbesserungsstrategien zuempfehlen. Scalelets, Cluster von 3-5 Fragen, die sich je-weils auf eine spezifische Art des student engagement be-ziehen, bilden einen nützlicheren Rahmen, um den Fort-schritt einer Hochschule auf dem Weg zur Verbesserungvon Studium und Lehre zu evaluieren (Pike 2006; Impro-ving Undergraduate Education at IUPUI 2007). Sie werdenmit zusätzlichen Fragen zur persönlichen und sozialen Ent-wicklung angereichert. Eine Zusammenstellung solcher sca-lelets findet sich im Anhang 2. Eine erste deutsche Versiondes Student Engagement Inventars (LernEStudi) befindetsich in Vorbereitung (Winteler/Forster, in Vorber.).Die Hochschulen werden dabei unterstützt, die Daten sinn-voll zu verwenden und zu interpretieren ('Using NSSE data')und die Ergebnisse nach innen und außen zu kommunizie-ren. Die Daten können außerdem sowohl mit den Ergebnis-sen anderer Hochschulen als auch mit zuvor festgelegtenStandards verglichen werden.Die Ergebnisse eines weiteren Projekts (DEEP: Documen-ting Effective Educational Practice) zeigen: Effektiven Hoch-schulen gelingt es, die studentischen Energien auf ange-messene Lernaktivitäten zu lenken und das Lern-Engage-ment der Studenten auf einem hohen Niveau zu halten(Educational Commission of the States 1995; The StudyGroup on the Conditions of Excellence in American HigherEducation 1984). Aus diesem Projekt heraus ist ein Fragen-katalog entwickelt worden, der die Fakultäten bei der wei-teren Entwicklung der Qualität von Lehre und Studium un-terstützen kann: „The Inventory for Student Engagementand Success (ISES) (Kuh et al. 2005).In einer großangelegten Studie von Umbach/Wawrzynski(2005) wurde der Zusammenhang zwischen den studienbe-zogenen Aktivitäten der Lehrenden und dem Engagementder Studierenden untersucht. Ein höheres Engagement derStudierenden und bessere Lernergebnisse waren an solchenHochschulen anzutreffen, deren Lehrende aktive und ko-operative Lernmethoden einsetzen, die Studierende aktiveigene Erfahrungen sammeln lassen, die höhere kognitiveAnforderungen im Unterricht stellen, in häufige Interaktionmit den Studenten treten, die Studenten im Studium her-ausfordern, und die ihnen zusätzliche Erfahrungen im Stu-dium bieten. Die Schlussfolgerung der Autoren: “We foundthat faculty behaviors and attitudes affect students profo-undly, which suggests that faculty members may play thesingle most important role in student learning.”In neueren Studien wurde festgestellt, dass ein erheblicherAnteil der Studierenden (etwa 20%) sich nicht im akademi-schen oder im sozialen oder in beiden Bereichen an derHochschule engagiert. Flacks und Thomas (1998) bezeich-nen dieses Phänomen als “culture of disengagement” und

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166 HSW 6/2008

HHoocchhsscchhuullffoorrsscchhuunngg HSWdefinieren es als “…scoring well below the average effortdevoted to educationally purposeful activities.” Auch dieersten Daten zum Erfolg im Bachelor-Studium zeigen eineerschreckend hohe Ausfallquote von Studierenden, insbe-sondere in den technischen Fächern (Fischer/Minks 2008).Angesichts dieser Entwicklungstendenzen erscheint esumso wichtiger, das Lern-Engagement der Studierenden zuuntersuchen und systematisch zu fördern.

77.. FFaazziitt:: DDiiee BBeeddeeuuttssaammkkeeiitt vvoonn SSttuuddeenntt EEnnggaaggeemmeenntt

In diesem Beitrag ist deutlich geworden:• Student Engagement widerspiegelt die intrinsische Betei-

ligung von Studenten an ihrem Studium,• Student Engagement ist ein generelles mittelbares Maß

der Lern- und Studienergebnisse,• Student Engagement ist ein direktes Maß der Beteiligung

an Schlüsselprozessen des Studiums,• Student Engagement konzentriert sich auf die Qualität

des studentischen Lernens,• Student Engagement reflektiert den großen Bereich für

das Studium bedeutsamer Interaktionen der Studentenmit ihrer Hochschule,

• Student Engagement ist ein einheitliches Maß studenti-scher Aktivitäten, das eingesetzt und verwendet werdenkann, um die Qualität von Lehre und Studium zu eva-luieren und zu gestalten,

• Student Engagement kann als Indikator und Vergleichs-maß der Effektivität von Lehre und Studium angesehenwerden.

Im nächsten Beitrag berichten wir über die Ergebnisse derersten deutschen Version des Student Engagement Inven-tars, den „Fragebogen zum Lern-Engagement Studierender(LernEStudi)“.

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Anhang 1: Appendix A - A Guide to Effective Educational Practices

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First-Year Seminars and ExperiencesMany schools now build into the curriculum first-year seminars or other programs that bring small groups of students to-gether with faculty or staff on a regular basis. Typically, first-year experiences place a strong emphasis on critical inquiry,frequent writing, information literacy, collaborative learning, and other skills that develop students’ intellectual and prac-tical competencies. First-year seminars can involve students with cutting-edge questions in scholarship and with facultymembers’ own research.

Common Intellectual ExperiencesThe older idea of a “core” curriculum has evolved into a variety of modern forms such as a set of required common cour-ses, or a vertically organized general education program that includes advanced integrative studies and/or required parti-cipation in a learning community (see below). These programs often combine broad themes—e.g., technology and so-ciety, or global interdependence— with a variety of curricular and cocurricular options for students.

Learning CommunitiesThe key goals for learning communities are to encourage integration of learning across courses and to involve studentswith “big questions” that matter beyond the classroom. Students take two or more linked courses as a group and workclosely with one another and with their professors. Many learning communities explore a common topic and/or commonreadings through the lenses of different disciplines. Some deliberately link “liberal arts” and “professional courses”; othersfeature service learning (see below).

Writing-Intensive CoursesThese courses emphasize writing at all levels of instruction and across the curriculum, including final-year projects. Stu-dents are encouraged to produce and revise various forms of writing for different audiences in different disciplines. Theeffectiveness of this repeated practice “across the curriculum” has led to parallel efforts in such areas as quantitative rea-soning, oral communication, information literacy, and on some campuses, ethical inquiry.

Collaborative Assignments and ProjectsCollaborative learning combines two key goals: learning to work and solve problems in the company of others, and shar-pening one’s own understanding by listening seriously to the insights of others, especially those with different back

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168 HSW 6/2008

HHoocchhsscchhuullffoorrsscchhuunngg HSW

grounds and life experiences. Approaches range from forming study groups within a course, to team-based assignmentsand writing, to cooperative projects and research.

“Science as Science Is Done”/ Undergraduate ResearchWith strong support from the National Science Foundation and the research community, scientists are reshaping theircourses to connect key concepts and questions with students’ early and active involvement in systematic investigationand research. The goal is to involve students with actively contested questions, empirical observation, cutting-edge tech-nologies, and the sense of excitement that comes from working to answer important questions. Thesereforms are part of a broader movement to provide research experiences for students in all disciplines.

Diversity/Global LearningMany colleges and universities now emphasize courses and programs that help students explore cultures, life experien-ces, and worldviews different from their own. These studies—which may address U.S. diversity, world cultures, or both—often explore “difficult differences” such as racial, ethnic, and gender inequality, or continuing struggles around the globefor human rights, freedom, and power. Frequently, intercultural studies are augmented by experiential learning in thecommunity and/or by study abroad.

Service Learning, Community-Based LearningIn these programs, field-based “experiential learning” with community partners is an instructional strategy—and often arequired part of the course. The idea is to give students direct experience with issues they are studying in the curriculumand with ongoing efforts to analyze and solve problems in the community. These programs model the idea that givingsomething back to the community is an important college outcome, and that working with community partners is goodpreparation for citizenship, work, and life.

InternshipsInternships are another increasingly common form of experiential learning. The idea is to provide students with direct ex-perience in a work setting—usually related to their career interests—and to give them the benefit of supervision and coaching from professionals in the field. If the internship is taken for “course credit,” students complete a project orpaper that is approved by a faculty member.

Capstone Courses and ProjectsWhether they’re called “senior capstones” or some other name, these culminating experiences require students nearingthe end of their college years to create a project of some sort that integrates and applies what they’ve learned. The pro-ject might be a research paper, a performance, a portfolio of “best work,” or an exhibit of artwork. Capstones are offeredboth in departmental programs and, increasingly, in general education as well.

QQuueelllleeAAC&U (Association of American Colleges and Universities) (2007). College Learning for the New Global Century. Washington, DC.

Anhang 2: Questions Comprising the NSSE Scalelets

Level of Academic ChallengeCourse Challenge• How often have you … worked harder than you thought you could to meet an instructor’s standards or expectations? • How often have you … come to class without completing readings or assignments? {Reverse Scored} • To what extent have … your examinations during the current school year challenged you to do your best work? • How many hours a week do you spend … preparing for class (studying, reading, writing, rehearsing, and other activities

related to you academic program)? • To what extent does your institution emphasize … spending significant amounts of time studying and on academic

work?

Writing • How often have you … prepared two or more drafts of a paper or assignment before turning it in? • How often have you … worked on a paper or project that required integrating ideas or information from various sour-

ces? • During the current school year … number of written papers or reports of 20 pages or more? • During the current school year … number of written papers or reports between 5 and 19 pages? • During the current school year … number of written papers or reports of fewer than 5 pages?

Higher-Order Thinking Skills• During the current school year, to what extent has your coursework emphasized … memorizing facts, ideas, or methods

from your courses and readings so you can repeat them in pretty much the same form? {Reverse Scored} • During the current school year, to what extent has your coursework emphasized … analyzing the basic elements of an

idea, experience, or theory, such as examining a particular case or situation in depth and considering its components? • During the current school year, to what extent has your coursework emphasized … synthesizing and organizing ideas,

information, or experiences into new, more complex interpretations and relationships? • During the current school year, to what extent has your coursework emphasized … making judgments about the value

of information, arguments, or methods such as examining how others gathered and interpreted data and assessing thesoundness of their conclusions?

• During the current school year, to what extent has your coursework emphasized … Applying theories or concepts topractical problems or in new situations?

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169HSW 6/2008

A. Winteler & P. Forster Lern-EEngagement der StudierendenHSW

Active and Collaborative LearningActive Learning • How often have you … asked questions in class or contributed to class discussions? • How often have you … made a class presentation? • How often have you … participated in a community-based project as part of a regular course?

Collaborative Learning • How often have you … worked with other students on projects during class? • How often have you … worked with classmates outside of class to prepare class assignments? • How often have you … tutored or taught other students (paid or voluntary)? • How often have you … discussed ideas from your readings or classes with others outside of class (students, family mem-

bers, coworkers, etc.)?

Student Interaction with Faculty MembersCourse Interaction • How often have you … discussed grades or assignments with an instructor? • How often have you … discussed ideas from your readings or classes with faculty members outside of class? • How often have you … received prompt feedback from faculty on your academic performance (written or oral)?

Out-of-Class Interaction • How often have you … talked about career plans with a faculty member or advisor? • How often have you … worked with faculty members on activities other than coursework (committees, orientation,

student-life activities, etc.)? • Have you, or do you plan to, … work on a research project with a faculty member outside of course or program require-

ments?

Enriching Educational ExperiencesVaried Experiences • Have you, or do you plan to, … participate in a practicum, internship, field experiences, co-op experience, or clinical as-

signment? • Have you, or do you plan to, … participate in community service or volunteer work? • Have you, or do you plan to, … participate in a learning community or some other formal program where groups of stu-

dents take two or more classes together? • Have you, or do you plan to, … take foreign-language coursework? • Have you, or do you plan to, … study abroad? • Have you, or do you plan to, … participate in an independent study or self-designed major? • Have you, or do you plan to, … participate in a culminating senior experiences (comprehensive exam, capstone course,

thesis, project, etc.)? • How many hours a week do you spend … participating in co-curricular activities (organizations, campus publications,

student government, social fraternity or sorority, intercollegiate or intramural sports, etc.)? • To what extent does your institution emphasize … attending campus events and activities (special speakers, cultural

performances, athletic events, etc.)?

Information Technology • How often have you … used an electronic medium (list-serv, chat group, Internet, etc.) to discuss or complete and as-

signment? • How often have you … used e-mail to communicate with an instructor? • To what extent does your institution emphasize … using computers in academic work?

Diversity• How often have you … had serious conversations with students of a different race or ethnicity than your own? • How often have you … had serious conversations with students who differ from you in terms of their religious beliefs,

political opinions, or personal values? • To what extent does your institution emphasize … encouraging contact among students from different economic, so-

cial, and racial or ethnic backgrounds?

Supportive Campus EnvironmentSupport for Student Success • To what extent does your institution emphasize … providing the support you need to help you succeed academically? • To what extent does your institution emphasize … helping you cope with your non-academic responsibilities (work, fa-

mily, etc.)? • To what extent does your institution emphasize … providing the support you need to thrive socially?

Interpersonal Environment • Quality of your relationships with … other students? • Quality of your relationships with … faculty members? • Quality of your relationships with … administrative personnel and offices?

Outcome MeasuresGains in Personal and Social Skills • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … developing a personal code of values and ethics? • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … understanding people of other racial and ethnic backgrounds?

Page 14: HSW6 2008 - Hochschulwesen

170 HSW 6/2008

HHoocchhsscchhuullffoorrsscchhuunngg HSW

• To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal developmentin … understanding yourself?

• To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal developmentin … contributing to the welfare of your community?

• To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal developmentin … voting in local, state, or national elections?

• To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal developmentin … learning effectively on your own?

• To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal developmentin … working effectively with others?

Gains in Practical Skills • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … using computing and information technology? • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … analyzing quantitative problems? • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … acquiring job or work-related knowledge and skills?

Gains in General Education • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … writing clearly and effectively? • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … speaking clearly and effectively? • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … thinking critically and analytically? • To what extent has you experience at this institution contributed to your knowledge, skills, and personal development

in … acquiring a broad general education?

QQuueelllleennImproving Undergraduate Education at IUPUI: Trends in Performance on the National Survey of Student Engagement 2002–2006. Research Brief. March 2007

Indiana University-Purdue University Indianapolis Vol. 13 No. 1.Pike, G. R. (2006). The Convergent and Discriminant Validity of NSSE Scalelet Scores. Journal of College Student Development - Volume 47, Number 5, Sep-

tember/October 2006, pp. 551-564.

Dr. Adi Winteler, Beauftragter der Präsidentinfür die Förderung der Hochschullehre, Zentralin-stitut studium plus, Universität der BundeswehrMünchen,E-Mail: [email protected]

Peter Forster, Geschäftsführer forum momen-tum, human resources & values, Forster & Part-ner, E-Mail: [email protected]

Anke Hanft (Hg.): Grundbegriffe des Hochschulmanagements

Das Buch liefert grundlegende Informationen zu Managementkonzeptenund -methoden sowie zu den derzeit diskutierten Reformansätzen imHochschulbereich. Erstmalig werden dabei auch die durch den Einsatz derInformations- und Kommunikationstechnologien in Lehre und Admini-stration ausgelösten Veränderungen umfassend berücksichtigt.

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RReeiihhee

HHoocchhsscchhuullww

eesseenn:: WWiisssseennsscchhaafftt uunndd PPrraaxxiiss

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HSW 6/2008 171

Im vorliegenden Beitrag stellen wir am Beispiel der Ent-wicklung des Studiengangs Soziale Arbeit der Fachhoch-schule Nordwestschweiz vor, wie auf der Grundlage bil-dungs- und gesellschaftstheoretischer Vergewisserungensowie verschiedener empirischer Untersuchungen ein Stu-diengang in einem „iterativen Prozess” entwickelt wurdeund welches dabei die Chancen und Herausforderungen fürdie beteiligten Akteurinnen und Akteure sind. Kernstückder Ausführungen bildet zum einen die Auseinanderset-zung mit dem Bildungs- und Kompetenzbegriff sowie zumanderen die Darlegung der Fundierung und Entwicklungeines dreistufigen Kompetenzprofils als Grundlage für dieEntwicklung des Studienprogramms.

11.. SSiittuuiieerruunngg ddeerr SSttuuddiieennggaannggeennttwwiicckklluunngg iimmKKoonntteexxtt nnaattiioonnaalleerr uunndd iinntteerrnnaattiioonnaalleerrQQuuaalliiffiikkaattiioonnssrraahhmmeenn

IIm Zentrum der aktuellen Entwicklungen an SchweizerFachhochschulen steht die Implementierung der in denletzten zwei Jahren konzipierten und vom Bund bewilligtenkonsekutiven Master-Studienangebote auf das Studienjahr2008/09. Die stark von der Bologna-Reform getriebeneEntwicklung prägte auch die Studiengangentwicklung derHochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nord-westschweiz (HSA FHNW). Zum einen bestand in derHochschule der Anspruch, die Kompetenz- bzw. Out-comeorientierung kritisch zu reflektieren und umzusetzen.Als Basis der Entwicklung diente ein Kompetenzprofil, dasüber alle drei Studienstufen erstellt und den Studiengangals Ganzes – mit speziellem Fokus auf die beiden Stufen Ba-chelor und Master – in den Blick nimmt. Zum anderen warerklärter Anspruch, die Studiengangentwicklung theore-tisch und empirisch zu fundieren. Die institutionelle Veror-tung der Entwicklung (Fachhochschule), der disziplinäreBezugsrahmen (Soziale Arbeit) sowie der Anspruch einergesellschafts- und bildungstheoretischen sowie empiri-schen Fundierung der Studiengangentwicklung verweisenzugleich auf die Grenzen der Generalisierbarkeit der vorlie-genden Ausführungen. An den Universitäten und in ande-ren Disziplinen mögen andere Vorgehensweisen notwendigund adäquater sein.Unabhängig von der institutionellen und disziplinären Ver-ortung hat eine Studiengangentwicklung unseres Erachtensim Kontext nationaler und internationaler hochschul- und

bildungspolitischer Vorgaben und Empfehlungen zu erfol-gen. Als Basis für eine Studiengangentwicklung soll in derSchweiz künftig der nationale Qualifikationsrahmen(nqf.ch-HS) dienen, der den generellen Rahmen beschreibt,innerhalb dessen die Hochschulen ihre Studiengänge ge-stalten und ihre Profile ausbilden. Der Qualifikationsrah-men schlägt Kategorien zur Beschreibung des Studienange-bots vor. Die Hochschulen können bei der Darstellung ihrerStudienangebote aber über die vorgeschlagenen Katego-rien hinausgehen und Schwerpunkte setzen. Die im schwei-zerischen Qualifikationsrahmen verwendeten Kategorienbeziehen sich auf Vorschläge, die im Rahmen der Bologna-Reform auf europäischer Ebene entwickelt wurden. Im Ver-ständnis der Bildungsministerinnen und Bildungsministerder am Bologna-Prozess beteiligten Länder sind die natio-nalen Qualifikationsrahmen wichtige Instrumente zur Her-stellung von Vergleichbarkeit und Transparenz innerhalbdes Europäischen Hochschulraums sowie zur Erleichterungder Mobilität innerhalb und zwischen den Hochschulsyste-men. Über die europäische Vergleichbarkeit, Transparenzund Anerkennung der Bildungsabschlüsse hinaus soll derSchweizerische Qualifikationsrahmen auch der Informationüber das Hochschulsystem dienen und den Hochschulenzur Orientierung bei der Ausgestaltung und Beschreibungihrer Studienprogramme helfen, welche sich insbesondereauf die Deskriptoren für die Formulierung der Lernergebnis-

EElleennaa WWiillhheellmm && LLuuzziiaa TTrruunniiggeerr

Forschungs- und theoriebasierte Studiengangentwicklung

Curriculum development is still looking for models. TheUniversity for Social Work in Switzerland has done ex-ceptionally thorough preliminary work for the develop-ment of a study course. This work and its results arepresented here. Luzia Truniger & Elena Wilhelm reporta Research- and theory-bbased development of studycourses, its conceptual basic considerations, processand results. In view of helplessness emerging from thenever-learned scientific development of curricula inmany faculties, this is a development process with ashowcase function transferrable to many study courses.The HSW looks forward to publishing it. The article isusing a term of professional competence which is quitewithout meaning compared to most definitions so thatown fields of knowledge have to be established. Else-where all this is a central part of professional compe-tence. In spite of this – or even because of it – this ar-ticle is quite inspiring.

Luzia TrunigerElena Wilhelm

Hochschu lentw ick lungHSW

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172 HSW 6/2008

HHoocchhsscchhuulleennttwwiicckklluunngg HSWse (Learning Outcomes) abstützen sollen. Zum Zeitpunktder Entwicklung unseres Studiengangs in Sozialer Arbeit(Januar 2006 bis Mai 2007) lag dieser nationale Qualifika-tionsrahmen noch nicht vor. Aus diesem Grunde stütztenwir uns für die Entwicklung des dreistufigen Kompetenz-profils (Bachelor, Master und Doktorat)1 und des zweistufi-gen Studiengangs (Bachelor und Master) auf europäische„Meta-Frameworks”, im Wissen darum, dass sie zu einemspäteren Zeitpunkt auch die Basis für die Entwicklung desschweizerischen Qualifikationsrahmens bilden würden.Der übergreifende Qualifikationsrahmen für den europäi-schen Hochschulraum – „A Framework for Qualifications ofThe European Higher Education Area (QF-EHEA)” – wurdevon der Bologna-Minister-Konferenz 2005 in Bergen verab-schiedet und 2007 in London bekräftigt. Der QF-EHEA be-inhaltet erstens drei Stufen, zweitens so genannte „generi-sche Deskriptoren” für jede Stufe, die auf Lernergebnisseverweisen und drittens den Umfang in ECTS-Credits für dieerste und die zweite Stufe. Die Bildungsministerinnen und-minister der beteiligten Länder haben sich verpflichtet, bisins Jahr 2010 nationale Qualifikationsrahmen einzuführen,die mit diesem übergreifenden Qualifikationsrahmen kom-patibel sind. Nebst der Herstellung von Vergleichbarkeit und Transpa-renz sowie der Erleichterung von Mobilität in Europa ist daswichtigste inhaltliche Ziel der Bildungsreform, die 1999 inBologna beschlossen wurde, der Wechsel von dem zu ver-mittelnden Wissen zu den von den Studierenden zu ent-wickelnden Kompetenzen, wofür generische Deskriptorendie Grundlage bieten. Die generischen Deskriptoren desQF-EHEA sowie des künftigen nationalen Qualifikations-rahmen der Schweiz sind die so genanten „Dublin De-scriptors”. Sie wurden von einer informellen Arbeitsgruppe,der „Joint Quality Initiative”, erarbeitet. 2002 wurden sieim „Amsterdam Consensus” bestätigt. Die Dublin De-scriptors sind eine fächerübergreifende Beschreibung desBachelor- und Master-Niveaus und gelten als allgemeineDefinition von Qualifikation. Die Deskriptoren sind output-orientiert und geben Qualifikationen vor, welche die Stu-dierenden am Ende einer Stufe beherrschen müssen. Nebstdiesen Deskriptoren bildeten die Empfehlungen der Rekto-renkonferenz der Fachhochschulen der Schweiz (KFH)(2004) – auch „Best Practices” genannt – eine wichtigeGrundlage für die Entwicklung unseres Studiengangs. DieseEmpfehlungen waren hilfreich für alle Prozessschritte: vonder Entwicklung des Kompetenzprofils bis zur Detailpla-nung der Module, des Studienaufwandes und der ECTS.Für die Entwicklung der bildungs- und gesellschaftstheore-tischen Grundlagen, des dreistufigen Kompetenzprofils unddes darauf aufbauenden Studiengangs wurde ein fünfköpfi-ges Projektteam eingesetzt. Die theoretischen Grundlagen,das Kompetenzprofil und das darauf aufbauende Studien-gangskonzept wurden während der etwa fünfzehn Monatedauernden Entwicklungsphase verschiedenen Gremien undPersonen zur schriftlichen Vernehmlassung und zur Diskus-sion in Workshops vorgelegt: Der aus Mitgliedern derHochschulleitung bestehenden Steuergruppe des Entwick-lungsprojektes, den Dozierenden, wissenschaftlichen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule sowie demPraxisbeirat der Hochschule. Darüber hinaus wurden dieEntwicklungen in vierzehntäglich stattfinden Sitzungen mit

der Direktorin der Hochschule permanent diskutiert. DasEndprodukt wurde von der Hochschulleitung verabschiedetund von der Direktorin dem Bund zur Bewilligung einge-reicht. Die Phase der Implementierung erfolgte getrenntnach den beiden Stufen Bachelor und Master und wurdevon den designierten Leiterinnen und Leitern des neuenBachelor- und Master-Studiums geleitet. Die Entscheidung,Co-Leitungen einzusetzen (sowohl das Bachelor- als auchdas Master-Studium werden von zwei Personen gemeinsamgeleitet), erwies sich dabei als äußerst vorteilhaft: Den Stu-dienleiterinnen und -leitern bleibt dadurch Zeit für eigeneForschungs- und Lehrtätigkeit, sie können sich in verschie-denen Wissens- und Kompetenzbereichen ergänzen unddie Studienleitung „diskursiv” wahrnehmen. Diese positi-ven Erfahrungen führten dazu, dass auch für die Leitung derModule Co-Leitungen eingesetzt wurden. Dazu mehr imvierten Kapitel.

22.. BBiilldduunnggss- uunndd ggeesseellllsscchhaaffttsstthheeoorreettiisscchheeVVeerraannkkeerruunngg eeiinneerr SSttuuddiieennggaannggsseennttwwiicckk-lluunngg:: DDeerr ddiisskkuurrssiivvee AAnnffaanngg2

EEine Studiengangentwicklung muss unseres Erachtens nichtnur in die bildungspolitischen Rahmenbedingungen einge-bettet werden, sondern hat auch vor dem Hintergrund bil-dungs- und gesellschaftstheoretischer Erkenntnisse undselbstverständlich auch auf der Grundlage disziplinspezifi-scher (Selbst-)Vergewisserungen zu erfolgen. Es gilt, die bil-dungspolitischen Postulate theoriekritisch zu durchleuch-ten. Aus diesem Grunde wurde im Kollegium der Hoch-schule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwest-schweiz ein Diskurs über bildungstheoretische Fragen (ins-besondere über das Verhältnis von Bildung, Wissen undKompetenzen) sowie über das gesellschaftliche Bedin-gungsgefüge von Bildung und Sozialer Arbeit angeregt.Der oben geschilderte Wechsel von dem zu vermittelndenWissen zu den von den Studierenden zu entwickelndenKompetenzen – der ja mitunter auch Grundlage der PISA-Studien ist – wurde im Kollegium nicht nur begrüßt. Auchbei manchen Bildungstheoretikerinnen und Philosophenstößt er auf Skepsis und Ablehnung (vgl. exemplarischFuhrmann 2004 sowie Liessmann 2006). Die Abkehr vomWissen und die Hinwendung zu den Kompetenzen werdenvon den Kritikern und Kritikerinnen vor allem unter demAspekt der Ökonomisierung der Bildung interpretiert. DerKompetenzbegriff sei ökonomisch zentriert und Kompetenzwerde im Hinblick auf die Erwerbsarbeit domestiziert.Dabei sei nicht mehr die „Wahrung der Schöpfung” das Zielvon Bildung, sondern die „Steigerung der Wertschöpfung”(vgl. Geissler/Orthey 2002, S. 72). Wir teilten diese Skepsis,wollten dieser mit der Bildungsreform, den Qualifikations-

1 Obwohl die dritte Stufe (Doktorat) an den Fachhochschulen vorläufignicht angeboten wird, ist es unabdingbar, ein dreistufiges Kompetenzprofilzu entwickeln, um das jeweilige Niveau der drei Stufen richtig „austarie-ren” zu können.

2 Die Ausführungen in den Kapiteln 2, 3 und 5 beruhen auf Darlegungen inder Publikation: Forrer Kasteel, E./Markwalder, S./Parpan-Blaser, A./Wil-helm, E. (2008): Theoretisch und empirisch fundiertes Kompetenzprofil alsKernstück der Studiengangsentwicklung. Erscheint in: neue praxis, Nr. 3.

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173HSW 6/2008

E. Wilhelm & L. Truniger Forschungs- und theoriebasierte StudiengangentwicklungHSWrahmen und den Deskriptoren evozierten Tendenz der„Überbetonung” der Kompetenzen allerdings etwas ande-res entgegensetzten, als die von Konrad Paul Liessmann an-geregte Flucht zum Bildungsbegriff des 19. Jahrhunderts.Die interne Verständigung führte zur Schlussfolgerung, dassin der Hinwendung zu den zu entwickelnden Kompetenzendurchaus auch eine Chance liege – vorausgesetzt allerdings,dass nicht unnötigerweise zwischen Kompetenzen undWissen polarisiert bzw. Wissen und Kompetenzen nicht ge-geneinander ausgespielt würden. In Anlehnung an Christia-ne Hof (2002) fassten wir Kompetenz als einen relationalenBegriff, der eine Beziehung herstellt zwischen den individu-ell vorhandenen Kenntnissen, den Fähigkeiten und Fertig-keiten, den Motiven und Interessen auf der einen Seite undden Möglichkeiten, Anforderungen und Restriktionen derUmwelt auf der anderen Seite. Kompetenz als Fähigkeit zurRelationierung zwischen Person und Umwelt verdeutlicht,dass Kompetenz unabdingbar auf Wissen, Werten, Erfah-rungen und Fähigkeiten basiert. Es ging uns also wenigerum die Frage, ob der Wissens- oder der Kompetenzbegriffzur Beschreibung von Bildungszielen geeignet ist, sondernum die Frage, wie sich der Zusammenhang zwischen Wis-sen und Kompetenz bzw. zwischen Wissenserwerb undKompetenzentwicklung darstellt und was dies letztlich fürdie Bildung und im Besonderen natürlich für die Ausbildungin der Sozialen Arbeit bedeuten würde. In der sich bildenden und lernenden Person muss sich dasWissen in einem permanent reflexiven Prozess in situativeHandlungskompetenz transformieren. Eine Ausbildungmuss es deshalb fertig bringen, Wissen, Fähigkeiten undFertigkeiten in der Person zu verankern. Kompetenzorien-tierung nimmt in dieser Auffassung eine Figur auf, die imKontext professionstheoretischer Überlegungen im Grundeschon lange bekannt ist, denn das Handeln von Profes-sionsangehörigen ist dadurch gekennzeichnet, dass sich dieAngemessenheit von Handlungen und Entscheidungenhäufig nicht in einem eindeutigen Kriterium erweist undmeist mehrere und manchmal miteinander konkurrierendeGesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden müs-sen. Für die gekonnte Bewältigung solcher Handlungsanfor-derungen bedarf es eines komplexen Wissens und derFähigkeit und Fertigkeiten, dieses Wissen unter Berücksich-tigung der Kontextbedingungen situativ zu verwenden.Damit werden sowohl Person als auch Situation ins Blick-feld gerückt und die Ausbildung ist demnach immer schonWissenserwerb, Kompetenzentwicklung und Habitusbil-dung zugleich. Hierfür braucht es eine Sozialisation in einer„scientific community” und eine Sozialisation in einer „pro-fessional community”. Kompetenzorientierung bedeutet in-sofern auch eine „Differenzierung und Entgrenzung derLernorte” (Kade/Nittel 1995, S. 202), eine „Pluralisierungder Lernorte und Lernverfahren” (Arnold/Münch 1996, S.1996). Kompetenzorientierung, so das Fazit, ist für die Aus-bildung von Professionen im Grunde also gar nicht neu. Mitden begrifflichen Klärungen und der Setzung, dass der Wis-sensbegriff nach wie vor zentraler Bestandteil des Kompe-tenzprofils und des Studienprogramms sein soll, war nun al-lerdings die Frage noch nicht beantwortet, wie Kompetenz-orientierung im Rahmen einer Ausbildung umsetzbar istbzw. wie und ob ein Prozess der Kompetenzentwicklunggezielt unterstützt werden kann. Es ist nach wie vor nicht

geklärt, wie Kompetenz „entsteht” und wie Kompetenz zuPerformanz wird, in der Neues entsteht. Überdies stellt sichdie Frage, wie und ob die Entwicklung dieser Kompetenzenüberprüft werden kann. Jedenfalls relativiert die Kompe-tenzorientierung die üblichen Bewertungsinstrumente, daKompetenzen nicht direkt prüfbar sind und sie erfordert dieEntwicklung von neuen Instrumenten. Dazu im dritten undvierten Kapitel mehr.Die Entwicklung eines Studiengangs hat unseres Erachtensnicht nur auf der Grundlage einer Verständigung über denBildungsbegriff zu erfolgen. (Aus-)Bildung hat sich auch ineinem gesellschaftlichen Gefüge zu situieren und auf natio-nal- und globalgesellschaftliche Entwicklungen Bezug zunehmen. Nach der internen Verständigung über den Bil-dungsbegriff und das Verhältnis von Bildung, Wissen undKompetenz, schien es uns deshalb angezeigt, den zu konzi-pierenden Studiengang in einen gesellschaftlichen Kontextzu rücken. Hierfür griffen wir auf das Konstrukt der Wis-sensgesellschaft zurück. Die Aufgaben der Professionellen(nicht nur in der Sozialen Arbeit) stellen sich im Kontexteiner Wissensgesellschaft, d.h. unter der Voraussetzung derzunehmenden Bedeutung von Wissen und des beschleunig-ten Wandels, immer komplexer dar. Entscheidend wird inder Wissensgesellschaft die Gestaltung des Zugangs zu unddes Umgangs mit Wissen. Martin Heidenreich verweist alszentrales Merkmal der Wissensgesellschaft auf die Verände-rungsbereitschaft und die Fragilität von gesellschaftlichenStrukturen (vgl. Heidenreich 2002). Die Grenze zwischenWissenschaft und anderen gesellschaftlichen Teilsystemenwird in der Wissensgesellschaft durchlässiger. Modalitätender Forschungspraxis können zu Alltagspraxis werden,womit auch experimentelle Vorgehensweisen und hypothe-tische Diskurse in die Gesellschaft eindringen. Das ermög-licht zum einen Innovation auch in jenen Systemen, dieträge und konservativ sind. Zum anderen erhöht die Durch-mischung auch das Risiko für unvorhergesehene Fehlent-wicklungen. „Wissensgesellschaft würde dann eine Gesell-schaft bezeichnen, die ihre Existenz auf solche experimen-tellen Praktiken gründet, die unvorhersagbar in ihrem Aus-gang und unbekannt in ihren Nebenfolgen sind und daherständiger Beobachtung, Auswertung und Justierung bedür-fen” (Krohn 1997, S. 70). Wolfgang Krohn spricht von einersolchen experimentellen Praxis, wenn ein Netzwerk vonAkteurinnen und Akteuren verschiedene Modi des Lernens(„learning by using, doing, designing, researching, reflec-ting”) integriert und institutionell die Möglichkeiten füreine „Rückfütterung der Erfahrungen” aus der Praxis in denInnovationsprozess eingerichtet sind (vgl. Krohn 1997, S.66). Ein Merkmal von Wissensgesellschaften sind also neueModi der Wissensproduktion. Es entwickeln sich Koopera-tions- und Innovationsnetzwerke, in denen politische, wis-senschaftliche, wirtschaftliche und technische Gesichts-punkte stärker als bisher aufeinander bezogen werden müs-sen (vgl. Heidenreich 2002; Gibbons et al. 1994; Nowotny2003). Für die Bewältigung dieser gesellschaftlichen Aufga-ben braucht es „ergebnisverantwortliche, eigenständige,flexible Wissensarbeiter” (Heidenreich 2002, S. 11). Dieseidentifizieren und lösen komplexe Probleme. Wichtig seienhierfür abstraktes Denkvermögen, Systemdenken, eine ex-perimentelle Haltung zur Welt sowie die Fähigkeit zur Ko-operation (vgl. Reich 1992, zit. in: Heidenreich 2002, S.

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174 HSW 6/2008

HHoocchhsscchhuulleennttwwiicckklluunngg HSW12). Eine Ausbildung hat diesen Erfordernissen Rechnungzu tragen. Vor dem Hintergrund der diagnostizierten Wis-sensgesellschaft würden künftig in der Sozialen Arbeit be-stimmte Kompetenzen und ein bestimmtes Wissen unab-dingbar sein. Insbesondere erhöht der Wandel der Mustersozialer Ungleichheiten und der sozialen Integrationsaufga-ben den Bedarf an neuen und flexiblen Modellen, Konzep-ten und Problemlösungsstrategien. Die bildungs- und gesellschaftstheoretischen Diskurse derHochschule führten zur Gewissheit, dass der Wissensbegriff– entgegen den Empfehlungen („Best Practice”) der Konfe-renz der Fachhochschulen der Schweiz (vgl. KFH 2004), indenen nur noch von Kompetenzen die Rede ist – unabding-barer und konstitutiver Bestandteil des künftigen Kompe-tenzprofils der Sozialen Arbeit sein würde, und dass sich diezu definierenden Kompetenzen an den Ansprüchen einerWissensgesellschaft – durchaus auch kritisch – bewährenmüssten. Aufbauend auf diesen bildungs- und gesell-schaftstheoretischen Vergewisserungen und unter Bezug-nahme auf die disziplinären Diskurse in der Sozialen Arbeitentwickelten wir ein erstes Kompetenzprofil, das aus ver-schiedenen Wissens- und Kompetenzbereichen bestand(vgl. Abb. 1).

33.. TThheeoorreettiisscchh ffuunnddiieerrtteess uunndd eemmppiirriisscchh „„vvaalliiddiieerrtteess”” KKoommppeetteennzzpprrooffiill:: DDiiee aannaallyyttiisscchhee PPhhaassee

DDie entwickelten Wissens- und Kompetenzbereiche wur-den in einem zweiten Schritt auf der Grundlage verschiede-ner Untersuchungen überprüft und modifiziert sowie in ver-schiedenen kommunikativen Verfahren validiert. Alle Un-tersuchungen fokussierten insbesondere die Master-Stufe,da für den Kompetenzbereich auf Bachelor-Stufe bereitsvertiefte Kenntnisse vorhanden waren. Nachfolgend wirdder Prozess der empirischen Validierung kurz dargestellt.In einem ersten Schritt wurden Arbeitgebende in der Sozia-len Arbeit und Sozialpolitik befragt. Diese Befragung wurdeaus Gründen der Unabhängigkeit von einer Unternehmens-

beratung durchgeführt. Die Untersuchung sollte Auskunftdarüber geben, ob die im provisorischen Kompetenzprofilskizzierten Kompetenzen mit denjenigen korrespondieren,welche die anvisierten Arbeitsfelder und Funktionen ver-langen, wie die Verantwortlichen in diesen Arbeitsfeldernden Bedarf an entsprechenden Fachkräften überhaupt ein-schätzen und welche Anpassungen im Kompetenzprofil al-lenfalls vorzunehmen wären. Die Befragung basierte aufzwanzig leitfadenorientierten Interviews mit Exekutivpoliti-kerinnen und -politikern, mit Verantwortlichen von Verwal-tungseinheiten des Bundes, von Kantonen und großenStädten sowie mit Verantwortlichen privater Non-Profit-Organisationen. Die Befragten erhielten zur Vorbereitungdes Interviews eine Kurzbeschreibung der Ausgangslage,die als Grundlage für die Studiengangskonzeption diente,das provisorische Kompetenzprofil sowie die Arbeitsfelderund Funktionen, für welche die Studierenden vorbereitetwerden sollten. Die Untersuchung bestätigte weitgehenddie im provisorischen Kompetenzprofil skizzierten Kompe-tenzen und gab wertvolle Hinweise zur Verfeinerung undKonkretisierung. Eine zweite Untersuchung hatte zum Ziel, anhand des aktu-ellen Stellenangebots die Aufgaben und Anforderungen auf

dem mit dem Studium angestrebtenArbeitsmarkt in der Sozialen Arbeitund Sozialpolitik zu sichten. Hierfürwurden Stelleninserate analysiert.Von Anfang Juli bis Mitte August2006 wurden insgesamt 53 Stellenin-serate eruiert, die im Kompetenzbe-reich der Sozialen Arbeit lagen. Fürdie Auswertung wurden die in denInseraten genannten Aufgaben undAnforderungen in fünfzehn Aufga-ben- bzw. Anforderungsbereiche ka-tegorisiert und ausgewertet. Die Ana-lyse der Stelleninserate diente insbe-sondere der späteren Gewichtung dereinzelnen Wissens- und Kompetenz-bereiche und damit auch der Profilie-rung der beiden Stufen Bachelor undMaster. In einer dritten Untersuchung wur-den 1.200 Studierende der Hoch-schule für Soziale Arbeit mit Studien-beginn zwischen 2001 und 2006 hin-sichtlich ihrer Einschätzung der Be-

deutung der einzelnen Wissens- und Kompetenzbereichedes provisorischen Kompetenzprofils befragt. Neben demFragebogen erhielten die Befragten eine Broschüre mit demprovisorischen Kompetenzprofil. Der Fragebogen umfasstedie Themen berufliche Perspektiven, Qualifikationsbedarfder Befragten, wahrgenommene Bedeutung einzelner Wis-sensbereiche und Kompetenzen im Arbeitsfeld der SozialenArbeit und künftige Entwicklungen sowie Angaben zu Per-son und Ausbildungsstand. Die Wissens- und Kompetenz-gebiete wurden von den Studierenden als aktuell undzukünftig hoch relevant erachtet. In den nächsten zehn bisfünfzehn Jahren auf dem Arbeitsmarkt an Bedeutung ge-winnen würden in den Augen der Studierenden vor allemdie „Fähigkeit zur Prozessgestaltung”, die „Fähigkeit zur In-novation” und die „Fähigkeit zu leiten und zu führen”. Die

Abbildung 1: Kompetenzprofil Soziale Arbeit mit zehn Wissens- und acht Kompe-tenzbereichen

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175HSW 6/2008

E. Wilhelm & L. Truniger Forschungs- und theoriebasierte StudiengangentwicklungHSWUntersuchung gab auch wertvolle Hinweise über das Er-kenntnisinteresse hinaus.In der vierten Untersuchung wurde eruiert, welche Ange-bote im deutschsprachigen Raum bereits existierten. Zielwar die Überprüfung des „state of the art”, die Gewährleis-tung der europäischen Kompatibilität und die Initiierungvon Kooperationen mit ähnlich profilierten Hochschulen. Schließlich wurde das auf der Grundlage der neuen Erkennt-nisse immer wieder angepasste Kompetenzprofil dem Praxis-beirat der Hochschule zwei Mal zur Beratung vorgelegt, umes in seiner Ausrichtung bei Vertreterinnen und Vertreterndes Berufsfeldes zu validieren. Dessen Einschätzung decktesich mit derjenigen der Studierenden in hohem Masse. Ins-besondere betonten sowohl die Studierenden als auch derPraxisbeirat die „Fähigkeit zu führen” auf Masterstufe stär-ker, als dies im provisorischen Kompetenzprofil der Fall war.Abschließendes Ergebnis dieser theoretischen und empiri-schen Fundierungen war die Anpassung und Ausdifferenzie-rung des provisorischen Kompetenzprofils. Die nachfolgen-

de Abbildung (vgl. Abb. 2) illustriert am Beispiel der „Fähig-keit zu forschen” die Ausdifferenzierung der Fähigkeitenentlang der drei Stufen Bachelor, Master und Doktorat.Das Kompetenzprofil gilt als Gesamtmodell für alle Stufen.Den Kompetenzen liegen aber je nach Stufe andere Inhaltezugrunde, sie markieren ein anderes Niveau und sie habeneine andere Gewichtung. Die nachfolgende Abbildung (vgl.Abb. 3) illustriert die unterschiedliche Gewichtung derFähigkeiten im gestuften Kompetenzprofil am Beispiel derFach- und Methodenkompetenz. Die zu Grunde gelegtenWerte sind Annäherungen. Im Studienprogramm korrespon-dieren sie mit den erworbenen Credits. Zu beachten ist, dassdie höhere Stufe die untere Stufe immer umfasst und dieseKompetenzen demnach bereits entwickelt wurden.Sie können Forschungsergebnisse nutzen und in konkretenHandlungssituationen mit Hilfe adaptierter qualitativer undquantitativer Verfahren fallspezifisch-situative Daten erhe-ben, auswerten und interpretieren und Wissen für die Bear-beitung und Lösung von konkreten Handlungsproblemen

entwickeln. Sie können mit Hilfe von qualitativenund quantitativen Forschungsmethoden und auf derGrundlage ihres Fachwissens, Infrastrukturdaten derVersorgung erschließen und erheben, sich wandeln-de soziale Problemlagen in ihren sozialräumlichen,gruppen- und generationenspezifischen Ausprägun-gen, die Lebens- und Bedarfslagen, die Sozialisati-ons- und Bildungsbedingungen von Individuen undGruppen analysieren und verstehen. Sie könnenselbständig mit Hilfe von historischen, qualitativ- undquantitativ-empirischen Forschungsmethoden dieTheoriebildung in der Sozialen Arbeit in interdiszi-plinärer und internationaler Zusammenarbeit voran-treiben sowie in ihren jeweiligen Spezialgebietenneues Wissen generieren.

44.. VVoomm KKoommppeetteennzzpprrooffiill zzuumm SSttuuddiieenn-pprrooggrraammmm:: DDeerr kkoommmmuunniikkaattiivvee uunndd kkrreeaattiivvee AAbbsscchhlluussss

DDas dreistufige Kompetenzprofil bildete die Grund-lage für die Entwicklung des Studiengangs. Bei die-sem Schritt geht es um die Frage, wie man voneinem ausdifferenzierten, mehrstufigen Kompetenz-profil zu einem kohärenten Studiengang mit einerBachelor- und Masterstufe (für die Universitäten zu-sätzlich einer Doktoratsstufe) kommt, zu einem Stu-diengang, der den Erwerb der definierten Wissens-und Kompetenzbereiche innerhalb des vorgegebe-nen Zeitrahmens gewährleistet, der ansprechend ist,sinnvoll in die Hochschule und deren weitere Tätig-keiten (wie z.B. Forschung und Entwicklung) einge-bettet ist, der von den Mitarbeitenden der Hoch-schule maßgeblich gestaltet und getragen werdenkann und in der Praxis, also dem künftigen Arbeits-feld der Absolvierenden, auf Akzeptanz und Interes-se stößt. Dies ist ein kreativer und kommunikativerund kaum operationalisierbarer Prozess, den wir hierexemplarisch anhand der Entwicklung der Master-stufe in aller Kürze vorzustellen versuchen.Die oben dargelegte Gewichtung der Kompetenzbe-reiche verdeutlicht zugleich das „Profil” der beiden

Abbildung 2: Ausdifferenzierung der Fähigkeiten nach Stufen am Bei-spiel der „Fähigkeit zu forschen"

Abbildung 3: Ausprägungen nach Stufe für die „Fach- und Methoden-kompetenz”

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Stufen. Während im Bachelor-Studium die „Fähigkeit zurProzessgestaltung” im Zentrum steht, ist es im Master-Stu-dium die „Fähigkeit zur Innovation”. Ein Master-Studiummuss sich in der Schweiz gemäß Bestimmung der Fach-hochschulmastervereinbarung durch eine enge Kopplungvon Lehre und Forschung auszeichnen. Dies bedeutet auch,dass die Forschungsaktivitäten auf einem hohen Qualitäts-niveau zu halten sind und ein beachtliches Ertragsvolumenzu erreichen ist. In der Regel soll deshalb ein Master-Studi-um nur in jenen Bereichen angeboten werden, in denen diebetreffende Fachhochschule über strategische Forschungs-schwerpunkte verfügt. Das Studienprofil „Soziale Innovati-on” korrespondiert mit dem Forschungsschwerpunkt derHochschule für Soziale Arbeit FHNW. Für die Grundlegungder zentralen Wissens- und Kompetenzbereiche konnte aufein Forschungsprogramm zurückgegriffen werden, das ander Hochschule entwickelt wurde. Das Master-Studiumwurde eng verzahnt mit dem Forschungsprogramm „Evi-dence Based Intervention Development”, in dessen Rah-men der so genannte „Praxis-Optimierungs-Zyklus” (POZ)erarbeitet wurde. Ziel dieses Forschungsprogramms ist es,wissens- und forschungsgestützte Innovationen in der Pra-xis der Sozialen Arbeit zu entwickeln, zu implementierenund zu evaluieren. So war also ein Modell vorhanden, dasdie im Zentrum stehenden Kompetenzbereiche des Master-Studiums zu fundieren vermochte. Darüber hinaus ermög-lichte die Verknüpfung von Forschungs- und Studienpro-gramm natürlich auch eine enge Verzahnung von Forschungund Lehre, von Forschenden und Lehrenden, was wir alsunabdingbar erachten. Wir entwickelten sowohl Studien-programm als auch Studienaufbau auf der Grundlage desModells des „Praxis-Optimierungs-Zyklus” (POZ), der eineMöglichkeit bot, die anvisierten Wissens- und Kompetenz-bereiche methodologisch-methodisch zu vermitteln. Wir hatten nun als Bausteine der Programmentwicklungdas Kompetenzprofil und ein Forschungs- und Entwick-lungsmodell, mit dessen Hilfe die zentralen Kompetenzen

in der Ausbildung umgesetzt werden konnten. Auf derGrundlage dieser „Bausteine” wurden im Kollegium dieModule entwickelt. Dabei musste geklärt werden, welchesWissen und welche Kompetenzen in einem Modul erwor-ben werden können und welche in verschiedenen Modulenaufgenommen, vertieft und angewandt werden müssen.Die im Kompetenzprofil vorgenommene Gewichtung derKompetenzen spielte eine Rolle bei der Zuordnung der Cre-dits zu den Modulen. Auf diese Weise kamen wir zu einemEntwurf eines Studienprogramms mit Modulen, die wir ineine bestimmte Reihenfolge brachten (die allerdings nur alsEmpfehlung und nicht als Vorschrift fungieren kann) unddenen wir die Wissens- und Kompetenzbereiche zuordne-ten. Die Abbildung 4 veranschaulicht diese Zuordnung derKompetenzen und des Wissens zu den Modulen.Im darauf folgenden Schritt wurden die Modulleitenden„kompetenzorientiert”, d.h. aufgrund ihrer eigenen Profileund Leistungen sowohl in der „professional community” alsauch in der „scientific community” von den Studienleiterin-nen gewählt. Die Studienleiterinnen entschieden sich, fürjedes Modul eine Co-Leitung zu wählen, womit der Diskursschon innerhalb des Moduls gefördert und „Ideologie” bzw.Schulenbildung vermieden werden sollten. Die Studienleite-rinnen haben die insgesamt zwanzig Modulleitenden desMaster-Studiums in der Konzeption ihrer Module und Leis-tungsnachweise je individuell aber auch im Gesamtgremiumbegleitet. Dabei gab es drei spezielle Herausforderungen: Erstens die Einhaltung des Kompetenzprofils als verbindli-che Basis, die erst nach einer ersten Evaluation eines ge-samten Durchlaufs (mindestens 1,5 Jahre) verändert wer-den dürfte. Die definierten Wissens- und Kompetenzberei-che mussten zwingend Ausgangs- und Endpunkt einerjeden Modulentwicklung sein und es sollten bei der Mo-dulentwicklung weder neue Kompetenzen hinzugefügt(was immer wieder geschah), noch welche einfach wegge-lassen werden. Das Kompetenzprofil wurde also als (vorläu-fig) absolut verbindlich erklärt.

Die zweite Her-ausforderung wardie Konzeptionvon Leis-tungsnachweisen,mit welchentatsächlich auchdie Kompetenz-entwicklung undnicht nur der Wis-senserwerb über-prüft werdenkann. Die dritte Heraus-forderung bestandin der Abstim-mung zwischenden Modulen,welche dieselbenKompetenzen för-dern. Zwischendiesen brauchte eseine umfassendeAbsprache, wel-

HHoocchhsscchhuulleennttwwiicckklluunngg HSW

Abbildung 4: Zuordnung der Kompetenzen zu den Modulen. Die Nummern 01 bis 11 sowie S und W bezeichnen die Module3

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E. Wilhelm & L. Truniger Forschungs- und theoriebasierte StudiengangentwicklungHSWche von den Studienleiterinnen initiiert und begleitetwurde. Nebst diesen „bilateralen” Begleitungen der Co-Lei-tenden der einzelnen Module durch die Studienleiterinnen,stellten die Modulleitenden ihre Module einander in einerKonferenz ausführlich vor. Dieser Prozess war sehr fruchtbarund interessant und wir erachten ihn als unabdingbar. Wirgehen davon aus, dass diese Art der Qualitätsentwicklungund -sicherung „ex ante” gewinnbringender ist, als jene auf-grund von Lehrevaluationen „ex post”. Änderungen und An-passungen im Nachhinein sind schwieriger zu vollziehen. Inder gemeinsamen Konferenz wurden auch die Leis-tungsnachweise der Module in Form, Umfang und Zeit-punkt nochmals aufeinander abgestimmt. Der gesamte Pro-zess führte dazu, dass sich die Modulleitenden vertrautmachten mit dem Kompetenzprofil und sich ein hohes Wis-sen über die Inhalte des gesamten Studiums aneignen konn-ten. Dieser hohe Kommunikationsaufwand stieß auch aufSkepsis. Er hat aber letztlich zu inhaltlichen Auseinanderset-zungen und Abstimmungen geführt, die die Beteiligten imNachhinein als gewinnbringend erachten.

55.. HHeerraauussffoorrddeerruunnggeenn uunndd EErrffoollggssffaakkttoorreenn bbeeiiddeerr IImmpplleemmeennttiieerruunngg uunndd UUmmsseettzzuunngg

DDie Entwicklung des Studiengangs Soziale Arbeit an derFachhochschule Nordwestschweiz erlaubt die folgende Bi-lanzierung (vgl. hierzu auch Forrer Kasteel et al. 2008).Ohne Zweifel bewährt hat sich das „iterative Vorgehen”, dasin wechselnden Phasen der theoretischen Erarbeitung undDiskussion, der empirischen Validierung und anschließen-den Überarbeitung und Konkretisierung zu einer sukzessi-ven Verdichtung des Kompetenzprofils und dessen hoch-schulinterner wie -externer Abstützung geführt hat. MitFokus auf die Studierenden, die Dozierenden und die Stu-dienleitung stellen sich verschiedenen Herausforderungen:Was die Studierenden anbelangt, so besteht ein zentralesAnliegen der Bologna-Beschlüsse in der Förderung der Mo-bilität. Damit geht aber tendenziell auch eine Fragmentie-rung der Bildung einher. Das modularisierte Studienpro-gramm löst das ehemalige Curriculum (logisch aufeinanderaufbauende Lehr- und Lerneinheiten, die in einer bestimm-ten Reihenfolge besucht werden) ab. Dies aber erschwertmitunter den individuellen Wissenserwerbs- und Kompe-tenzentwicklungsprozess, der unseres Erachtens einer kon-tinuierlichen und systematischen Begleitung über das ge-samte Studium hinweg bedarf. Um die von den Studieren-den zu erbringende Integrationsleistung der fragmentiertenModule zu unterstützen, wurde ein Modul eingeführt, dasden gesamten Bildungsprozess fokussiert und das gesamteStudium umfasst. Die in den einzelnen Modulen stattfin-denden Teilentwicklungsprozesse werden im Modul „Indi-viduelle Wissensintegration und Kompetenzentwicklung”(Portfolio) zu einem modulübergreifenden Entwicklungs-prozess von Professionskompetenz integriert. Die Methodedes studentischen Portfolios ist eine persönliche, selektive,reflektierte und zielgerichtete Sammlung von Dokumentenund Reflexionen zur Entwicklung ausgewählter Wissens-und Kompetenzbereiche. Die Studierenden werden ange-halten, die im Kompetenzprofil verbindlich vorgegebenenWissens- und Kompetenzbereiche konsequent zu fokussie-ren, Daten zu ihrem Bildungsprozess zu sammeln sowie

diesen permanent zu reflektieren. Insgesamt sind also beigleichzeitiger Kompetenzorientierung und Modularisierungvon Studiengängen auch „Investitionen” in integrativeMaßnahmen notwendig (vgl. Forrer et al. 2008).Die Kompetenzorientierung von Studiengängen ist aberauch eine Herausforderung für die Lehrenden, die zumeinen eine neue Rolle im Bildungsarrangement einnehmenund sich zum anderen mit erhöhten Ansprüchen im Bereichder Verständigung und Kooperation konfrontiert sehen. DieKompetenzorientierung in modularisierten Studiengängenfindet ihren strukturellen Niederschlag in einem hohen Be-darf an Koordination und Abstimmung zwischen den ein-zelnen Modulen. Es bedarf der Erarbeitung eines gemeinsa-men Verständnisses des Ausbildungsprozesses. Die Dozie-renden müssen durch die Studienleitung bei der Konzep-tion der Module und der Leistungsnachweise begleitetwerden. Das bedeutet nicht das Ende der Lehrfreiheit. Er-forderlich aber ist die Verpflichtung der Dozierenden undwissenschaftlichen Mitarbeitenden auf verbindliche Zielset-zungen und auf das Kompetenzprofil als gemeinsam geteil-te Grundlage des Studiums. Dies stellt letztlich auch erhöh-te Ansprüche an die Studienleitung bezüglich ihrer fachli-chen Anerkennung und Akzeptanz durch das gesamte Kol-legium sowie bezüglich einer umsichtigen und qualifizier-ten Steuerung von komplexen Prozessen.Auf der Ebene weiterer Forschung und Entwicklung haltenwir drei weiterführende Fragestellungen für zentral (vgl.auch Forrer Kasteel et al. 2008): Erstens müssen schlüssigeModelle zur Überprüfung der Kompetenzentwicklung ent-wickelt werden. Noch ist nicht genügend geklärt, auf wel-che Weise der Nachweis zu erfolgen hat, ob eine Kompe-tenz entwickelt werden konnte. Zweitens stellt sich ange-sichts diverser Studienangebote und -modelle die Frage,welche Studienmodelle die Entwicklung von Professions-kompetenz auf den entsprechenden Stufen am besten be-fördern. Diese Lücke muss durch Studien zur beruflichen So-zialisation in Ausbildung und Berufsfeld geschlossen wer-den. Für die operative Umsetzung des vorliegenden Kompe-tenzprofils bedeutet dies, dass eine Begleitevaluation unab-dingbar ist. Drittens stellt sich in Anbetracht des erhöhtenAnspruchs an die Leitung eines Studiengangs die Frage, wel-ches die individuellen, die organisationalen und die struktu-rellen Bedingungen für eine erfolgreiche Steuerung und Lei-tung eines kompetenzorientierten Studiengangs sind. Eine wesentliche Chance der Kompetenzorientierung liegtin der Hinwendung zu den lernenden Individuen als mündi-ge Menschen, die eine Ausbildung mit je unterschiedlichenVoraussetzungen aufnehmen sowie in der verstärkten Be-zugnahme auf die Erfordernisse der Praxis. Diese Bezugnah-me muss allerdings stets kritisch durchdacht werden, denn

3 Die Module sind: 01: Sozialer Wandel und Innovationsbedarf in der Ge-sellschaft und ihren Teilsystemen; 02: International Social Work and SocialPolicy; 03: Wissenschaftstheorie und Empirie in der Sozialen Arbeit; 04:Forschungsprozess und Forschungsmethoden; 05: Theoretische Begrün-dungen der Sozialen Arbeit in der Gegenwart; 06: Planen und Führen vonInnovationsprozessen in Sozialen Organisationen; 07: Konzepte und Me-thoden forschungsbasierter Praxis; 08: Individuelle Wissensintegrationund Kompetenzentwicklung (Portfolio); 09: Gestaltung praxisorientierterForschungsprozesse; 10: Master Thesis; 11: Initiierung und Gestaltung vonforschungs- und theoriebasierten Innovationsprozessen; S: SummerSchool; W: Winter School.

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HHoocchhsscchhuulleennttwwiicckklluunngg HSWBildung muss selbstverständlich auch jenseits der unmittel-baren „Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt” Bestandhaben, wenn kulturelle Vielfalt und wenn Innovationen ge-wahrt werden sollen.

LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss

Arnold, R./Münch, J. (1996): Pluralisierung der Lernorte und Lernverfahrenin der betrieblichen Weiterbildung – eine Herausforderung für den er-wachsenenpädagogischen Diskurs. In: REPORT, Nr. 38, S. 39-49.

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Furhmann, M. (2004): Der europäische Bildungskanon. Frankfurt amMain/Leipzig: Insel Verlag.

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Dr. Elena Wilhelm, Professorin für Soziale Ar-beit, Hochschule für Soziale Arbeit Fachhoch-schule Nordwestschweiz, Co-Leiterin Master-Studium und Stab Forschung und Entwicklung,E-Mail: [email protected]

Dr. Luzia Truniger, Professorin für Soziale Ar-beit, Hochschule für Soziale Arbeit Fachhoch-schule Nordwestschweiz,E-Mail: [email protected]

David BaumeEin Referenzrahmen für Hochschullehre

NETTLE hat erforscht, was es bedeutet, ein Lehrender zu sein inder universitären/tertiären Ausbildung jenseits der Vielfalt undFülle der Kulturen und Institutionen, die die Partner repräsentie-ren.

Diese Information wird genutzt, um bei der Entwicklung vonRichtlinien die Entwicklung von Lehrkompetenzen adäquatberücksichtigen zu können und in diesem Zusammenhang Bei-spiele zu bieten, wie diese erworben werden können.

NETTLE hat 38 Partner in 29 europäischen Ländern.

Die hauptsächlich aus Universitäten und Fachhochschulen stam-menden Partner bilden eine Mischung aus Fachleuten für Bil-dungsentwicklung, Fachreferenten und professionellen Lehren-den.

Ein Referenzrahmen für universitäre Lehre wurde vom NETTLEThematic Network Project veröffentlicht.

NETTLE, Learning and Teaching Enhancement Unit, University ofSouthampton, UK

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ISBN 3-937026-53-3, Bielefeld 2008, 24 Seiten, 3,00 Euro

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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Universitäre Veranstaltungen mit hohen Teilnehmerzahlenverunmöglichen normalerweise einen breit geführten Dia-log von Angesicht zu Angesicht: Gewöhnlich treffen sichhunderte von Menschen lediglich einmal in der Wochewährend einer oder zwei Stunden, in denen sie nichts an-deres tun, als dem Dozenten zuzuhören und sich Notizenzu machen. Ein solches Szenario erschwert ein Lernen, dashöheren Ansprüchen genügen soll. Das Problem sehr hoherTeilnehmerzahlen macht auch uns zu schaffen: 200 bis 400Studierende besuchten in den letzten Jahren unsere Ein-führungsvorlesung für angehende Gymnasiallehrer.Um den Austausch unter den Studierenden und zwischenden Studierenden und dem Dozenten, aber auch generelldie Verarbeitungstiefe des studentischen Lernens zu er-höhen, haben wir deshalb einen Online-AAustausch organi-siert, den wir im Folgenden näher beschreiben.

11.. TThheeoorreettiisscchheerr HHiinntteerrggrruunndd uunndd BBeesscchhrreeii-bbuunngg uunnsseerreess ddiiddaakkttiisscchheenn SSzzeennaarriiooss

1.1 Dialogisches Lernen auf LernplattformenAngesichts des Einsatzes von neuen Medien in der Lehreist zu bedenken, dass der Nutzen eines Mediums von sei-nem Einsatz durch Menschen abhängt: Kein Bleistiftschreibt von allein und kein Buch liest sich von selbst. Ent-sprechend kann der durch elektronische Medien ermög-lichte didaktische Mehrwert nur auf dem Hintergrund vonkonsistenten didaktischen Arrangements beantwortet wer-den, in welchen die Technologien ihre klar definierte Auf-gabe zu erfüllen haben Ansatz (vgl. Ruf/Frei/Zimmermann2003, S. 192, sowie Zimmermann/Haab 2005, S. 17).1Aus diesem Grund möchten wir hier kurz den didaktischenAnsatz des Dialogischen Lernens erläutern, der unseremSzenario zugrunde liegt:2Der Unterricht im Dialogischen Lernen orientiert sich amGrundmuster des menschlichen Gesprächs, in welchem diePartner im Prozess der Genese eines gemeinsamen Wissensabwechselnd die Rolle des Sprechers und des Zuhörersübernehmen und sich dazwischen immer wieder auf diePosition eines aussenstehenden Beobachters zurückziehen,um über den reibungslosen Fortgang des Gesprächs zu wa-chen und Bilanz zu ziehen. Entscheidend ist der Perspekti-venwechsel, der bei jedem Sprecherwechsel von allen Be-teiligten neu vollzogen werden muss. Drei Perspektivensind konstituierende Elemente eines dialogischen Lernpro-zesses (vgl. Ruf/Frei/Zimmermann, S. 193, sowie Ruf/Gallin2003a, v.a. S. 21-26):

• Die Perspektive des lehrenden oder lernenden Sprechers,der produzierend und instruierend seine Sicht der Dingedarlegt: Ich sehe und ich mache das so!

TToobbiiaass ZZiimmmmeerrmmaannnn,, DDaanniieell HHuurrttaaddoo,, MMiirrjjaamm BBeerrtthheerr && FFeelliixx WWiinntteerr

Dialog mit 200 Studierenden – geht das?Blended Learning in einer Vorlesung mit hoher Teilnehmerzahl

Last but not least because of the continuously deterio-rating personnel relation in Higher Education Institu-tes, the number of lectures has increased since the1970s. Looking at it from an educational-economicpoint of view, it appears unbeatable to have up to1,200 students “served” by a single teacher (e. g. theAudiMax at Bielefeld University). At any rate, the lear-ning success of the most frequent type of lecture, thebasic lecture comprising a great deal of learning matter,is quite small. (Those who may not believe it shouldwork up the courage and have students done a sponta-neous exam on the past 90 minutes, provided theyconsider themselves psychically strong enough to copewith the results.) However, there are possibilities of in-creasing the learning effects of lectures. In their article,Tobias Zimmermann, Daniel Hurtade, Mirjam Berther& Felix Winter raise the question: Dialogue with 200students – is that possible? Blended Learning in a lec-ture with a large number of participants. They success-fully arranged a large lecture with the help of DialogicalLearning on learning platforms. Given present-day’sequipment, this concept is transferrable to many casesand deserves to be distributed, which is done here in afirst step.

Daniel HurtadoTobias

Zimmermann

Felix WinterMirjam Berther

Anregungen f ü r d i e P rax i s /E r f ah rungsbe r i ch teHSW

1 Die frühere Medienforschung versuchte lange, die Lernwirksamkeit ver-schiedener Medien direkt miteinander zu vergleichen (z.B. Film versusschriftliche Texte). Meta-Analysen mit grossen Zahlen solcher Studien zei-gen, dass die Ergebnisse keine Gewinner erbrachten (vgl. Cohen/Ebe-ling/Kulik 1981). So wies bereits Clark (1983, S. 453f.) darauf hin, dassman „nicht primär Medien und ihre Wirkungen untersucht, sondern Treat-ments" (Weidenmann 2001, S. 421), also Lehr-Lern-Arrangements.

2 Wie das Adjektiv „dialogisch“ vermuten lässt, wollen wir primär das kom-munikative Potential des Internet ausschöpfen.

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AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerriicchhttee HSW• Die Perspektive der Zuhörer, die den Ausführungen des

Sprechers rezipierend und rekonstruierend folgen, Rück-fragen stellen und versuchen, die Sicht des Sprechers inden Kontext ihres eigenen Horizontes einzugliedern: Wiesiehst und wie machst du es?

• Sprecher und Zuhörer nehmen zugleich aber noch einedritte Perspektive ein: Die Aussensicht auf den Verlaufdes Gesprächs, in dem sich als Ertrag eines gemeinsamenLernprozesses nach und nach eine gemeinsame Sicht derDinge, ein gemeinsames Wir, herausbildet: Das sehen wiralle so, das machen wir ab!

In unserer Methodisierung des Dialogischen Lernens verle-gen wir wesentliche Teile des Wissen generierenden Dialogsins Medium der Schriftlichkeit und ermöglichen dadurcheinen reflektierten Austausch zwischen einer grösseren An-zahl von Personen. Ein weiterer Vorteil dieses Vorgehensliegt darin, dass einmal erarbeitete Wissensbestände undVerfahrensweisen besser im Vorwissen der Person verankertund damit gut mit anderem Wissen und Können vernetztwerden (zur entscheidenden Rolle der Verknüpfung neuenWissens mit dem Vorwissen vgl. Steiner 2001, S. 172f.).

1.2 Dialogisches Lernen in einer Hochschulvorlesung mit200 TeilnehmendenUm dialogisches Lernen in diesem Sinne zu ermöglichen,setzen wir seit Herbstsemester 2000/01 ein Blended-Lear-ning-Szenario ein, also ein didaktisches Setting, in dem wirdie Präsenzlehre durch den Einsatz einer netzbasiertenLehr-Lern-Umgebung ergänzen (vgl. Ruf/Weber 2005). Lei-tend sind dabei die folgenden Ziele: • Wissen soll nicht einfach „antrainiert“ werden, sondern

fest im Vorwissen der Person verankert werden. Perspek-tivenwechsel und soziales Lernen begünstigen diesenProzess (vgl. Reinmann-Rothmeier/Mandl, S. 626–628).

• Der Dozent soll von den Leistungen und Problemen derStudierenden wissen. Dadurch kann er in seinen Vorle-sungen auf die Bedürfnisse und Interessen der Teilneh-menden eingehen und vorhandene Unklarheiten aus denvergangenen Sitzungen aufarbeiten.

• Das Geschehen auf der Online-Lernplattform soll einenNutzen für die Veranstaltung haben. Die Studierendensollen dort nicht einfach für den Leistungsnachweis nöti-ge Texte schreiben, sondern sie sollen damit die Qualitätihres persönlichen Lernerfolgs sowie jene der gesamtenVeranstaltung positiv beeinflussen.

Unser Szenario hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt und sah im Herbstsemester 2007 folgenderma-ßen aus: Die Studierenden wurden in Gruppen zu je etwa14 Studierenden eingeteilt, die sich auf der Lernplattformschriftlich austauschten. Jede unserer Gruppen wurde voneinem Moderator betreut – einem Studierenden, welcherdiese Aufgabe gegen Bezahlung übernimmt und vorgängigeine Einführung in die Tätigkeit des Online-Moderierens er-hält. Die Moderatoren können entweder finanziell oderüber zusätzliche Kreditpunkte entlöhnt werden. Der Ablaufder Veranstaltung ist in der Abbildung 1 veranschaulicht. A) In der zweistündigen Veranstaltung hält der Dozent

während jeweils 60 Minuten eine klassische Vorlesung.Zu deren Themen erhalten die Studierenden anschlies-

send einen Schreibauftrag, der auf Lernplattform bear-beitet werden soll.

B) Die Studierenden jeweils einer Hälfte der Gruppe bear-beiten den gestellten Schreibauftrag und stellen ihrenText innerhalb von 48 Stunden nach der Vorlesung aufdie Lernplattform.

C) Zu diesen Auftragsbearbeitungen verfassen nun die Stu-dierenden der anderen Hälfte der Gruppe eine Rück-meldung, wozu sie bis 72 Stunden nach der VorlesungZeit haben. So kommt ein schriftlicher Austausch aufder Lernplattform in Gang, bei dem sich die Studieren-den intensiv mit den Erfahrungen, Meinungen undSchlussfolgerungen ihrer Kommilitoninnen auseinander-setzen müssen. In der folgenden Woche werden dieRollen vertauscht: Wer letzte Woche eine Rückmeldunggeschrieben hat, kommentiert nun eine Auftragsbear-beitung und umgekehrt. Die Teilnahme an diesem Onli-ne-Austausch ist zugleich der Leistungsnachweis für dieLehrveranstaltung.

D) Die Moderatoren der Gruppen erstellen gegen Ende derWoche eine „Autographensammlung“ (vgl. Ruf/Gallin2003b, S. 244). Sie besteht hauptsächlich aus Originalzi-taten der Studierenden und soll wichtige Gedanken ausder Gruppendiskussion wiedergeben. Zudem stellt derModerierende den Austausch durch eine sachliche Ein-leitung sowie ein persönliches Schlusswort in einengrösseren Zusammenhang. Die Moderierenden ladendie Autographensammlung wöchentlich in den jeweili-gen Ordner hoch, wo sie für alle Gruppenmitgliedergleichsam als gemeinsam erarbeitetes Lehrmittel verfüg-bar ist. Ein Assistent des Dozenten erstellt in der Folgeanhand dieser Autographensammlungen und seines Ein-blicks in die Gruppendiskussionen eine übergreifendeSammlung von Studierendentexten, die querschnittartigzeigen soll, was die Studenten beschäftigte, was sie ver-standen haben und was ihnen noch unklar ist.

E) Auf dieser Basis bereitet der Dozent die folgende Sitzungvor: In deren erstem Teil geht er auf die Online-Diskus-sion zur vorangehenden Vorlesung ein, die noch mit dem

Abbildung 1: Ablaufschema der Veranstaltung

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T. Zimmermann, D. Hurtado, M. Berther & F. Winter Dialog mit 200 Studierenden – ...HSWThema der vergangenen Woche zusammenhängen. Hierkann er nun Bezug nehmen auf Gedanken und Konzeptevon Studierenden und auf eventuelle Missverständnisseeingehen. Zum Teil lädt er dazu auch Studierende ein,sehr gelungene oder kontroverse Position vorzutragen,was dem Plenum ermöglicht, Fragen zu stellen undKommentare anzubringen. Da alle Studierenden sichzuvor schriftlich mit der Thematik auseinandergesetzthaben, ist der Boden für eine gute Wirkung dieser Wie-deraufnahmen bereitet (Aktivierung des Vorwissens).Diese Phase trägt zudem viel dazu bei, ein gemeinsamesWir zu etablieren (vgl. Kap. 1.1).

Nun beginnt der Kreislauf von Neuem: Im zweiten Teil derSitzung wird ein neues Thema vorgetragen und ein neuerAuftrag für die Studierenden formuliert (siehe A).Die Gruppen treffen sich überdies zweimal im Semester imRahmen der Vorlesung zu einer Präsenzdiskussion, um übervirulente Fragen und Probleme, die sich in den Online-Dis-kussionen herauskristallisierten, zu diskutieren.Unser Szenario wird wissenschaftlich begleitet und imRahmen einer medien- und hochschuldidaktischen Disser-tation untersucht (durch Tobias Zimmermann). Diese ver-steht sich als Beitrag zur Etablierung einer kommunika-tiven Didaktik auf Hochschulebene im Rahmen von Veran-staltungen, in denen bisher ein Austausch unter den Stu-dierenden unüblich ist.

22.. EErrffaahhrruunnggeenn uunndd BBeeiissppiieellee

2.1. Erfahrungen aus Dozentensicht: Besseres Verständnisder Studierenden ermöglicht bessere VorlesungenDie Arbeit mit einer Lernplattform war für mich (Felix Win-ter), den Dozenten, völlig neu. Glücklicherweise hatte ichAssistenten zur Seite, die bereits Erfahrungen damit hatten.Unser didaktisches Szenario sollte wie oben geschildertprimär eine dialogische Lernkonzeption realisieren helfen.Mir lag daran, das Vorwissen, die Erfahrungen und dieÜberzeugungen der Studierenden zu pädagogischen Fragenanzusprechen und sie dazu zu bewegen, diese explizit zumachen. Das ist lernpsychologisch betrachtet ein sinnvollesPostulat, gerade in einer Einführungsvorlesung. Das FachErziehungswissenschaft hat zudem die Besonderheit, dassalle Studierenden langjährige (vor allem passive) Erfahrun-gen mit pädagogischen Praktiken haben, mit denen mei-stens auch Überzeugungen verbunden sind. Man kanndavon ausgehen, dass viele der so entstandenen Überzeu-gungen ausgesprochen wirksam für die spätere Lehrtätig-keit sind (vgl. Wahl 2001, S. 157f., sowie Bauer 2000, v.a.S. 70). Eine Aufgabe der pädagogischen Ausbildung an derUniversität besteht deshalb darin, diese impliziten Über-zeugungen explizit zu machen und die Erfahrungen der Stu-dierenden mit den wissenschaftlichen Konzepten in bewus-sten Kontakt zu bringen. Dabei sollen die Erfahrungen derStudierenden nicht bloss zurückgedrängt werden, um siedurch empirisch gesichertes Wissen und wissenschaftlichfundierte pädagogische Konzepte zu ersetzen. Denn da-durch könnte der viel beklagte Graben zwischen Theorieund Praxis nicht überbrückt werden, und der spätere Pra-xis-Schock mit seinen negativen Folgen wäre vorprogram-miert (Dewe/Radtke 1991; Bohnsack 2000, S. 19-25). Ein

aussichtsreicheres Ziel schien es mir, die Überzeugungenbewusst zu machen und die Erfahrungen anzuerkennen.Die Studierenden können sie dadurch neu einordnen, zumBeispiel bezüglich ihres Geltungsbereichs oder ihrer Verall-gemeinerbarkeit. In umgekehrter Richtung muss von denStudierenden aber auch gefordert werden, dass die theore-tischen Konzepte auf die Praxis bezogen werden, um ihreRelevanz ersichtlich zu machen. Das geschilderte Arrangement forderte von mir einwöchentliches Formulieren von Schreibaufträgen. Das For-mulieren eines dezidierten Auftrags zu den jeweiligen The-men der Vorlesung widersprach zunächst meiner Vorstel-lung, dass doch jeder Studierende frei darauf reagierenkönne. Ich kam mir wie ein Schulmeister vor, der Hausauf-gaben stellt, damit die Schüler auch etwas machen. MeineAssistenten versicherten mir aber, dass sich diese Praxis be-währt habe – und sie hatten recht. Die Aufträge erleichter-ten es, die Diskussion auf der Lernplattform anzuregen undzu fokussieren. Dazu mussten die Aufträge so gestaltet sein,dass die Erfahrungen und Überzeugungen der Studierendenangesprochen und gewissermaßen zur Diskussion eingela-den wurden. Sie sollten zu einer persönlichen, vertiefendenAuseinandersetzung mit den vorgetragenen Inhaltenführen. Beispielsweise wurden die Studierenden beimThema „Klassenführung und Aufmerksamkeit“ aufgefor-dert, darüber nachzudenken, wie die früheren eigenen Leh-rer versucht hatten, die Aufmerksamkeit ihrer Schüler zu er-reichen. Um verschiedene Interessen anzusprechen, gab ichjeweils zwei Schreibaufträge zur Auswahl: Einen, bei demman sich mit Bezug auf das ebenfalls auf der Lernplattformbereitgestellte Material vertieft mit den Themen der Veran-staltung auseinandersetzen konnte und einen, der vorallem die persönlichen Erfahrungen anzusprechen suchte. Nach meinem Eindruck gelang es nach und nach, die über-wiegende Zahl der Studierenden ein wenig dafür zu begeis-tern, sich zu den Themen der Vorlesung zu äußern. Vorallem die Rückmeldungen zu den Beiträgen gewannen imVerlauf der Veranstaltung deutlich an Qualität. Die Äuße-rung einer Studierenden im öffentlichen „Cafe“ der Lern-plattform sei exemplarisch dafür hier wiedergegeben. „Ichfinde dass, obwohl diese Aufträge mit einem ziemlich gro-ßen Zeitaufwand verbunden sind, ich durch die Regelmä-ßigkeit der aufgegebenen Aufträge zu einer anderen Den-kensweise bezüglich dem Unterrichten gefunden habe. Ichhabe mich noch nie so intensiv mit Themen der Didaktikbeschäftigt.“In meinem eigenen Wochenablauf spielte es sich ein, dassich jeweils am Wochenende (die Vorlesung fand am Mon-tag statt) einige Stunden damit befasst war, die Beiträgeund Rückmeldungen der Studierenden zu lesen. Dabei ver-suchte ich zu verstehen, von welchen Positionen aus sie ar-gumentierten und wie sie die von mir vorgestellten Themenabgebildet hatten. Diese Lektüre fand ich höchst spannend,vor allem gegenüber der sonst üblichen Lage, wo sich inLehrveranstaltungen meist nur wenige Studierende äußernund kritische Positionen eher selten bezogen werden. EinUnterschied bestand auch darin, dass ich die Beiträge inRuhe lesen und durchdenken konnte. Mit der Zeit wuchs meine Lust an dieser Tätigkeit und ichschaute manchmal schon am Abend des Vorlesungstagesauf der Lernplattform vorbei, um zu erfahren, was mein

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AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerriicchhttee HSWVortrag ausgelöst hatte. Als einen wichtigen Effekt betrach-te ich es auch, dass mein Bild von den Studierenden zuneh-mend positiver wurde. Sonst gerät man als Dozent gegenü-ber der schweigenden Mehrheit leicht in eine ablehnendeHaltung und unterstellt diesen Studierenden, sie seien unin-teressiert und geistig träge. Nun konnte ich sehen, dass sehrviele der jungen Leute, die in der Veranstaltung still vor mirsaßen, interessante themenbezogene Erfahrungen besaßenund anregende, weiterführende Gedanken anstellten.

2.2 Erfahrungen der Assistierenden: Entwicklung eines An-reiz- statt eines Bestrafungsmechanismus beim Leistungs-nachweisDie eindrücklichsten Erfahrungen sammelten wir im Zusam-menhang mit dem Leistungsnachweis, den die Studierendenin Form der Beteilung am Online-Austausch erbrachten.Dabei verlangten wir von den Studierenden, dass sie sich amOnline-Austausch, der insgesamt 9 Wochen dauerte 8 Malebeteiligten, einmal durften sie passen. Zudem mussten dieTexte gewisse Qualitätsansprüche in Bezug auf die Intensitätder Auseinandersetzung sowohl mit dem fachlichen Gegen-stand als auch mit den Diskussionspartnern erfüllen, sonstwurden sie nicht akzeptiert oder zur Überarbeitung zurück-gewiesen. Auch zu spät hochgeladene Texte wurden bean-standet: Lud ein Student ein erstes Mal seinen Text mehr alseine Stunde zu spät hoch, wurde er verwarnt; beim zweitenMal wurde dann eine Nacharbeit verlangt.Dieses System kam bei den Studierenden nicht gut an. Ei-nerseits wurde der Zeitdruck als zu hoch empfunden. Daszeigte sich besonders bei der abschließenden Befragung:Von den 169 befragten Studierenden beklagten im freienKommentar zum Fragebogen mehr als 10 explizit den „zuengen Zeitrahmen“ oder „die lächerliche Terminplanung“.Die Kontrolle der Vorgabe, dass man nur einmal „passen“durfte und sonst stets einen Beitrag schreiben musste,sowie die Kontrolle der rechtzeitigen Abgabe sorgten eben-falls bei vielen Studierenden für Verärgerung und Unver-ständnis. Insgesamt fanden mehr als 10 Studierende dieVorgaben insgesamt zu einengend und beklagten eine „ab-solute Verschulung“ und „militärische Kontrolliertechni-ken“, die „nicht mehr sehr viel mit Selbständigkeit und In-teresse zu tun“ hätten.In der Rückschau waren wir uns aufgrund dieses Feedbackseinig, dass wir nicht nur zu viel Kontrolle ausgeübt hatten,sondern dass diese auch zu sehr auf die Entdeckung undVerbesserung von Fehlverhalten ausgerichtet war. Unser zustrenges Vorgehen hing vermutlich auch damit zusammen,dass wir uns bei der Einführung des neuen Szenarios zustark darauf fokussierten, dass alle Vorgaben eingehaltenwürden – aus Angst, das neue, den Studierenden nochnicht bekannte Szenario würde uns aus den Händen glei-ten. Unsere diesbezüglich inzwischen etwas entspanntereHaltung trägt vermutlich einiges dazu bei, dass sich dieStimmung seither verbessert hat (s. unten).Wir beschlossen daraufhin, im folgenden Semester auf einAnreizsystem zu setzen: Für das Verfassen von Beiträgenund Rückmeldungen gab es grundsätzlich zwei Punkte, undes mussten am Ende des Semesters 12 solche „Textpunkte“erreicht werden (dies entsprach einer pünktlichen und qua-litativ ansprechenden Textabgabe in drei Viertel der Diskus-sionsphasen, d.h. in 6 von 8 Wochen). Jede Woche wurdeeine Liste mit den Punktzahlen veröffentlicht, so dass alle

Studierenden selbst nachschauen konnten, wo sie standen.Die ganzen 2 Punkte erhielten Texte, die pünktlich abgege-ben wurden und die Qualitätskriterien erfüllten. Texte, dieden Qualitätskriterien genügten und zwischen dem eigent-lichen Abgabetermin und der nächsten Vorlesungsstundeabgegeben wurden, erhielten noch einen Punkt. Über dieVergabe der Punkte oder allfällige Abzüge wurden die Stu-dierenden nicht persönlich informiert, sie mussten das derPunkteliste entnehmen. Nur noch qualitativ ungenügendeTexte wurden mit einem persönlichen E-Mail angemahnt,wobei das nicht zwingende Angebot bestand, sie zu überar-beiten und dadurch doch noch einen Punkt zu erzielen.Zudem bauten wir zweimal eine zweiwöchige Phase ein, inder die Studierenden für das Verfassen ihrer Texte nichtzwei bzw. drei Tage, sondern 9 bzw. 10 Tage Zeit hatten.Beide Maßnahmen zielten darauf, dass zum einen der Zeit-druck abnehmen und zum andern stärker die Eigenverant-wortung der Studierenden angesprochen werden sollte. DieSchlussbefragung der Vorlesung aus dem Folgesemesterzeigte freilich, dass der Zeitdruck nach wie vor deutlichwahrgenommen wurde: Von den 57 Teilnehmenden derSchlussbefragung äußerten 7 im freien Kommentar Kritikhinsichtlich des Zeitdrucks.Erfolgreicher waren wir mit dem Ziel, mehr auf die Eigen-verantwortung der Studierenden zu setzen. In der Schlus-sbefragung der Folgevorlesung gab es kaum mehr Kritikhinsichtlich einer „Verschulung“; nur noch eine einzige Stu-dentin äußerte sich in dieser Richtung.Insgesamt hat sich das Belohnen von geschriebenen Textendurch Vergabe von Punkten (statt des Bestrafens von nichtgeschriebenen Texten) unserer Ansicht nach gelohnt,indem es die Stimmung auch in der Vorlesung selbst wahr-nehmbar verbessert hat, und wir werden es beibehalten.Dass unser Szenario einen gewissen Zeitdruck bewirkt, isthingegen nur abzudämpfen, aber nicht wirklich zu ändern.Denn mit Leistungsnachweisen ist per definitionem ein ge-wisser Druck verbunden. Insgesamt sind wir aber über-zeugt, mit unserem Szenario auch einen Beitrag zur Ent-wicklung von so genannten E-Assessments zu liefern: Dennselbstreflexive und formative elektronische Leistungsnach-weise erlauben „es auch bei größeren Gruppen, Überprü-fungen einzubauen, die eher der Kompetenzüberprüfung(…) dienen“ (Schiefner 2007, S. 60). Die geschilderten Wi-derstände seitens der Studierenden dürften zudem nichtzuletzt mit der Neuheit solcher elektronischen Leistungs-nachweise zusammenhängen: „Studierenden ist es meis-tens nicht klar, warum ihre persönlichen Lernerfahrungenwichtig sein sollten. Es ist dazu unerlässlich, neue E-Assess-ment-Verfahren in der Lehre zielgerichtet einzuführen undmit den Studierenden zu besprechen“ (ebd., S. 68).Freilich gilt es festzuhalten dass sowohl am Anfang wie amEnde des Semesters immerhin 52% der befragten Studie-renden die regelmässige Beteiligung an einer Online-Dis-kussion gegenüber einer abschliessenden Klausur bevor-zugten.Insgesamt lässt sich sagen, dass unsere Arbeit als Assistie-rende in diesem Szenario sowohl schwierige als auch schö-ne Aspekte beinhaltet: Einerseits kommt uns oft die Rolleder Mahner und Kontrolleure zu, und entsprechend werdenwir regelmäßig mit dem Unmut einiger Studierender kon-frontiert. Auf der anderen Seite sind das Lesen der Studie-rendentexte und Autographensammlungen sowie der Kon-

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T. Zimmermann, D. Hurtado, M. Berther & F. Winter Dialog mit 200 Studierenden – ...HSWtakt mit Studierenden, die uns um technische oder organi-satorische Unterstützung bitten, sehr erfreuliche Tätigkei-ten: Hier können wir selbst etwas lernen und erfahren dieDankbarkeit der Studierenden, denen wir helfen können.

2.3 Betreuung der ModerierendenDie Moderierenden schrieben wöchentlich drei Rückmel-dungen und stellten eine Autographensammlung zusammen(vgl. Kap. 1.2). Zudem mussten sie sich an einem Modera-tionsforum beteiligen, in dem über besonders gute undschwache Texte diskutiert wurde, um ein gemeinsamesQualitätsverständnis zu entwickeln. Dies ist insofern wich-tig, als große Unterschiede im Qualitätsverständnis und imVorgehen der einzelnen Moderierenden zu unterschiedli-chen Anforderungen in den verschiedenen Gruppen führenkönnten. Zudem erfassten wir über die Abgabe einerwöchentlichen Zeittabelle den Zeitaufwand der Moderato-ren (dabei betrug für diejenigen Moderatoren, die eine ein-zige Gruppe betreuten, der durchschnittliche Zeitaufwand5.9 Stunden pro Woche, was einen Mehraufwand von etwaviereinhalb Stunden gegenüber den gewöhnlichen Studie-renden der Vorlesung bedeutete (auf diesen Mehraufwandmuss sich die Entlöhnung oder Kreditpunktvergabe stützen).Insgesamt erfüllten die Moderierenden ihre Aufgaben zuunserer Zufriedenheit; vor allem die Autographensammlun-gen waren stets von genügender, meistens aber von an-sprechender oder gar sehr hoher Qualität.Die in der zweiten Vorlesungswoche von uns durchgeführ-te Schulung der Moderatoren hingegen war leider nicht soeffizient wie erhofft. Wir hatten die Teilnehmenden im Vor-feld per E-Mail sehr umfangreich informiert und ihnen vieleDokumente zugestellt. Trotz derentsprechenden Aufforderungwurden die Papiere aber höch-stens teilweise gelesen, was denAblauf der Schulung deutlicherschwerte. Im folgenden Se-mester haben wir nur noch dienotwendigsten Dokumente ver-sandt, im Wesentlichen die Te-statbedingungen und einenModerationsleitfaden (Zimmer-mann, Haab und Schneider-Las-tin 2008). Dafür stellten wiraber die unmissverständlicheForderung nach vorgängigemLesen. Dies hat sich tatsächlichpositiv auf die Schulung des Fol-gesemesters ausgewirkt, undauch die folgende Arbeit derModerierenden war qualitativeher noch etwas besser als jeneim vorangehenden Semester.

33.. EErrsstteelllluunngg ddeess OOnnlliinnee-KKuurrsseess

NNachdem wir die didaktischen Hintergründe unseres Szen-arios und die damit gemachten Erfahrungen beschriebenhaben, wollen wir nun seine konkrete Umsetzung beschrei-ben. Zentral ist für uns der Leitsatz „tools follow concept:Jeder Tooleinsatz ist von einer «didaktischen Idee» be-stimmt – und nicht umgekehrt“ (Zimmermann/Haab 2005,

S. 17). Wir suchten die Online-Lernplattform folglich soaus, dass mit ihren Möglichkeiten unser didaktisches Szen-ario umsetzbar ist; es wurden keine „modischen“ Tools (z.B.Blogs oder Wikis) um ihrer selbst Willen eingesetzt. Wirentschieden uns schliesslich, unser Szenario mit dem Lear-ning-Management-System OLAT umzusetzen (Online Lear-ning And Training, siehe http://www.olat.org); dieses eig-net sich zur Erstellung von interaktiven Lernplattformen.Da es aber viele ähnliche Systeme gibt (Moodle, Black-board, BSCW u.ä.), die sich ebenfalls für unser didaktischesSzenario eignen, sind die folgenden Ausführungen bewusstallgemein gehalten – sie sollen als Anregungen zur Umset-zung des Szenarios mit allen marktüblichen Plattformennutzbar sein.

3.1 Aufbau des KursesBei der Konzeption unseres Kurses mittels OLAT war einwichtiges Ziel, die Navigation möglichst einfach zu halten.Denn die Studierenden sollten möglichst wenig kognitiveRessourcen für die Bedienung der Lernumgebung aufwen-den müssen und sich „vollständig auf die Lernaufgabekonzentrieren können“ (Niegemann/Domagk/Hessel/Hein/Hupfer/Zobel 2008, S. 343). Die Online-Plattformbesteht für die Studierenden im Wesentlichen aus zwei Be-reichen (Allgemeiner Bereich und Lerngruppenbereich),was eine schnelle und übersichtliche Navigation im Kursermöglicht. Die Moderatoren haben zudem Zugriff aufeinen dritten Bereich, den Moderierendenbereich. UnserKurs umfasst im Wesentlichen also die folgenden Elemen-te (vgl. auch Abb. 2).

Allgemeiner BereichDer Allgemeine Bereich wird nach der Einschreibung in un-seren OLAT-Kurs für alle Teilnehmenden sichtbar. DieserBereich dient den Studierenden vornehmlich zur Informa-tionsbeschaffung: Er enthält Merkblätter und Anleitungen,sämtliche Unterlagen aus der Vorlesung und einige weiter-führende eingescannte Artikel. Im Baustein Bewertungkönnen sich die Studierenden laufend über den Stand ihrerbisher gesammelten Punkte informieren.Das Forum Café dient der Vorlesungsleitung zur Informa-

Abbildung 2: Aufbau unseres Online-Kurses

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AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerriicchhttee HSWtion der Studierenden über Termine etc. und kann von die-sen für Fragen und allgemeine Rückmeldungen an die Vor-lesungsleitung eingesetzt werden. Bei technischen Schwie-rigkeiten bietet das Forum Technische Tipps den Studieren-den die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

LerngruppenbereichDer Lerngruppenbereich dient primär dem Online-Aus-tausch über die Aufträge zur Vorlesung. Wichtigster Be-standteil ist der Sammelordner Beiträge/Rückmeldungen,der zu jeder Vorlesung einen Dateidiskussionsbaustein ent-hält. Darin laden die Studierenden ihre Beiträge hoch undtauschen sich mittels Rückmeldungen mit ihren Kommilito-nen darüber aus. Am Ende der Woche erstellen die Mode-rierenden eine Autographensammlung (s. Kap. 1.2) und ma-chen diese im Ordner Autographen ihrer Gruppe verfügbar.Über die für alle obligatorische Vorstellungsrunde könnensich die Studierenden zu Vorlesungsbeginn an OLAT ge-wöhnen. Zudem ist an diesen Baustein ein Fragebogen ge-koppelt, der ausgefüllt werden muss, bevor der Zugangfreigegeben wird (s. Kap. 3.3). Weiter gibt es ein Forum fürdie gruppeninterne Kommunikation.

ModerierendenbereichDer Bereich für die Moderierenden ist ähnlich aufgebautwie der Lerngruppenbereich und dient den Moderieren-den zur Entwicklung eines gemeinsamen Moderations-und Qualitätsverständnisses, indem sie sich über speziellgelungene oder misslungene Texte von Studierenden aus-tauschen.

3.2 RechtemanagementAusgangspunkt sind vier verschiedene Rechtegruppen,welche jeweils unterschiedliche Lese-, Schreib- und Mode-rationsrechte im Kurs besitzen: Studierende, Moderieren-de, Vorlesungsleitung und Gäste (vgl. Abb. 2). Die Rechtegruppe der Studierenden wird in jeweils 14 Teil-nehmer umfassende Lerngruppen eingeteilt. Mit dem Bau-stein Einschreibung können sich die Studierenden frei ineine dieser Lerngruppen einschreiben. Im Allgemeinen Be-reich besitzen die Studierenden vorwiegend Leserechte(Ausnahme: Schreibrechte in den Foren), während sie inihrem Lerngruppenbereich auch Schreibrechte haben.Für die Rechtegruppe der Moderierenden gelten prinzipielldieselben Rechte wie für diejenige der Studierenden.Zudem haben die Moderierenden das Moderationsrecht imAustausch ihrer Gruppe und verfügen über Schreib- undLeserechte im Moderierendenbereich.Der Dozent und die Assistierenden bilden die Rechtegrup-pe Vorlesungsleitung. Sie verfügt in allen Bereichen überLese-, Schreib- und Moderationsrechte. Im Gegensatz dazuhaben die Gäste (z.B. interessierte Mitarbeiter andererLehrstühle) überall nur das Leserecht.

44.. SScchhlluussssffoollggeerruunnggeenn uunndd EEmmppffeehhlluunnggeenn

EEine Vorlesung in der beschriebenen Weise mit einer Lern-plattform zu verbinden, erfordert von allen Beteiligten ge-genüber einem herkömmlichen reinen Frontalszenarioeinen erhöhten Aufwand. Dieser ist unserer Ansicht nachdadurch zu rechtfertigen, dass die Verarbeitungstiefe derbehandelten Themen bei den Studierenden durch das ge-

wählte dialogische Szenario erheblich erhöht wird. Ebensowerden durch den Online-Austausch die Vorlesungsinhaltemit praktischen Erfahrungen und Überzeugungen in Ver-bindung gebracht. Gerade Letzteres muss für erziehungs-wissenschaftliche Veranstaltungen als sehr bedeutsam ein-geschätzt werden: Dass die Studierenden schon früh in derAusbildung ihre subjektiven Theorien über das Unterrich-ten reflektieren und diskutieren, könnte ein Beitrag zur Ver-ringerung des Theorie–Praxis-Graben sein.Wie aber sieht es für andere Fächer aus? Aus unserer Sichtgibt es gewisse Bedingungen, unter denen das vorgestelltedialogische Szenario besonders wirksam sein kann:• Bei hohen Teilnehmerzahlen ermöglicht es mit relativ

gutem Aufwand-Ertragsverhältnis Lernen in sozialemKontext und unter verschiedenen Perspektiven – zweizentralen Kriterien für nachhaltiges Lernen (vgl. Kap. 1.1und 1.2).

• Besonders geeignet ist das Szenario bei Themen, in denendie Studierenden über Vorstellungen und Überzeugungenverfügen, die relevant für das Verstehen oder spätere An-wenden des präsentierten Wissens sind. Hier lohnt sichdie schreibende Aktivierung von Vorwissen und Vorerfah-rungen. Diese Bedingung ist auch in naturwissenschaftli-chen Fächern von Bedeutung: So ist bekannt, dass Stu-denten (wie auch Schüler) oftmals Konzepte mitbringen,die ihren Forstschritt behindern, aber auch fördern kön-nen. Es ist sinnvoll diese explizit zu machen, aufzugreifenund in einen neuen Rahmen zu stellen (Schnotz 2001).

• Die Wirksamkeit des Szenarios steht und fällt mit denSchreibaufträgen. Diese müssen „eine Bearbeitung aufunterschiedlichem Niveau zulassen“ (Ruf/Badr/Goetz2002, S. 77). Sie sollten folglich so gestaltet sein, dass siefür Studierende auf verschiedenen Leistungsstufen eineHerausforderung darstellen: „Enthält ein Auftrag eine sol-che Rampe für Könner, werden unterschiedliche Bega-bungen simultan gefordert und gefördert“ (Ruf/Gallin2003b, S. 49). Am besten geschieht das durch offene Auf-träge, die ins Zentrum einer fachlichen Frage führen undden Studierenden einen gewissen Raum für eigene Erkun-dungen lassen.

Dort, wo wenig Vorwissen und Konzepte mitgebracht wer-den, müssten die Aufträge unseres Erachtens etwas engergefasst sein; der Online-Austausch sollte sich hier mehr umaufgetauchte Fragen und Lösungsversuche drehen. Die Er-probung und Evaluation des hier präsentierten Szenarios ineinem derartigen Zusammenhang steht freilich noch aus.

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Tobias Zimmermann, wissenschaftlicher Assi-stent, Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik,Universität Zürich, E-Mail: [email protected]

Daniel Hurtado, Lehrassistent, Institut für Gym-nasial- und Berufspädagogik, Universität Zürich, E-Mail: [email protected]

Mirjam Berther, Semesterassistentin, Institut fürGymnasial- und Berufspädagogik, UniversitätZürich, E-Mail: [email protected]

Dr. Felix Winter, wissenschaftlicher Abteilungslei-ter, Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik,Universität Zürich, E-Mail: [email protected]

RReennéé KKrreemmppkkoowwLeistungsbewertung, Leistungsanreize und die Qualität der Hochschullehre

Konzepte, Kriterien und ihre Akzeptanz

Mehr als eineinhalb Jahrzehnte sind vergangen, seit das Thema Bewertung derHochschulleistungen und dabei vor allem der „Qualität der Lehre” in Deutsch-land auf die Tagesordnung gebracht wurde. Inzwischen wird eine stärker leis-tungsorientierte Finanzierung von Hochschulen und Fachbereichen auch imBereich der Lehre immer stärker forciert. Bislang nur selten systematisch un-tersucht wurde aber, welche (auch nicht intendierten) Effekte Kopplungsme-chanismen zwischen Leistungsbewertungen und Leistungsanreizen wie dieVergabe finanzieller Mittel für die Qualität der Lehre haben können. Für die(Mit-)Gestaltung sich abzeichnender Veränderungsprozesse dürfte es vongroßem Interesse sein, die zugrundeliegenden Konzepte, Kriterien und ihreAkzeptanz auch empirisch genauer zu untersuchen. Nach der von KMK-Präsi-dent Zöllner angeregten Exzellenzinitiative Lehre und der vom Wissenschafts-rat angeregten Lehrprofessur sowie angesichts des in den kommenden Jahrenzu erwartenden Erstsemesteransturms könnte das Thema sogar unerwartetpolitisch aktuell werden. Im Einzelnen werden in dieser Untersuchung die stark auf quantitative Indi-katoren (v.a. Hochschulstatistiken) bezogenen Konzepte zur Leistungsbewer-tung und zentrale Konzepte zur Qualitätsentwicklung bezüglich ihrer Stärkenund Schwächen sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten diskutiert. Bei derDiskussion von Leistungsanreizen wird sich über den Hochschulbereich hin-aus mit konkreten Erfahrungen in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltungauseinandergesetzt – auch aus arbeitswissenschaftlicher und gewerkschaftli-cher Sicht. Bei der Diskussion und Entwicklung von Kriterien und Indikatorenzur Erfassung von Qualität kann auf langjährige Erfahrungen und neuere An-wendungsbeispiele aus Projekten zur Hochschulberichterstattung mittelsHochschulstatistiken sowie Befragungen von Studierenden und Absolventensowie Professoren und Mitarbeitern zurückgegriffen werden. Abschließendwerden Möglichkeiten zur Einbeziehung von Qualitätskriterien in Leistungs-bewertungen und zur Erhöhung der Akzeptanz skizziert, die zumindest einigeder zu erwartenden nicht intendierten Effekte und Fehlanreizwirkungen ver-meiden und damit zur Qualität der Lehre beitragen könnten.

ISBN 3-937026-52-5, Bielefeld 2007, 297 Seiten, 39.00 Euro

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerriicchhttee HSW

Fallstudien schreibt man nicht am grünen Tisch. Man mussmit jemandem sprechen, der dabei war, als es spannendwurde. Das lässt Fallstudien authentisch werden und machtihren Einsatz wertvoll für beide Seiten: Für die Studieren-den und für die Dozenten.Wie aber lassen sich gute Fallstudien effizient verfassen?Der Artikel beantwortet die Frage, indem die einzelnenSchreibphasen anhand der von Leenders et al. entwickeltenMethode und einer tatsächlich verfassten Fallstudie skiz-ziert werden. In jeder Phase heben die Autoren, die mitihrem Team mehr als 20 Fallstudien verfasst haben, diewichtigsten Erfolgsfaktoren hervor.Der Beitrag richtet sich an alle (zukünftigen) Fallstudienau-torinnen und -aautoren, die Fallstudien in hoher Qualität ef-fizient schreiben möchten.

11.. FFaallllssttuuddiieenn iinn ddeerr LLeehhrree:: HHeerraauussffoorrddeerruunn-ggeenn mmeeiisstteerrnn,, bbeeffllüüggeelltt ddiiee LLeerrnnkkuurrvvee

GGegen Umsatzwachstum haben die meisten Unternehmennichts einzuwenden. Markus Oberholzer normalerweiseauch nicht. 1995 hat er das Airline Catering Unternehmen“First Catering" gegründet, dessen Umsatzvolumen im Jahr2002 über 22 Millionen Schweizer Franken erreichte. Aberdie Aufforderung von AsianAir, ein Angebot für die Belie-ferung einer A330 auf der Route Zürich-Bangkok abzuge-ben, kam unerwartet. Würde sein Unternehmen den Zu-schlag bekommen, hätte dies ein geschätztes Umsatzplusvon 3 Millionen Schweizer franken zur Folge, vor allemaber würde ein Auftrag ihn und seine Mitarbeiter vor völ-lig neue Aufgaben stellen: Der Flieger musste an 360Tagen im Jahr mit insgesamt 67.500 Essen versorgt wer-den. AsianAir wäre der erste Kunde von First Catering, derneben einer Business und Economy Class zusätzlich eineFirst Class unterscheidet. Damit würde ein Zuschlag vonAsianAir eine Abkehr von der bisher verfolgten Strategiebedeuten. First Catering hatte sich bisher als Nischen-Ca-terer zu fairen Preisen positioniert. Zudem würde First Ca-tering asiatische Speisen originalgetreu zubereiten müs-sen. Dazu kamen weitere logistische Anforderungen, dieInvestitionen notwendig machten. Personal würde einge-stellt und eingearbeitet werden müssen. Kurz: Der neueAuftrag würde das Geschäft von First Catering wesentlichverändern. War es das wert? Lohnte sich das? Wirtschaft-lich? Strategisch?Diese Fragestellungen bereiteten Markus Oberholzer eini-ges Kopfzerbrechen. Einigen Studierenden auch.

Fallstudien bringen Managementsituationen möglichst un-verfälscht in den Seminarraum.Die oben skizzierte Situation wurde so in der Fallstudie“First Catering Produktion AG” festgehalten. Studierendenbietet die Fallstudie die Möglichkeit, sich mit Unterneh-menswachstum und der Bewertung von Geschäftschancenin finanzieller und strategischer Hinsicht auseinanderzuset-zen und zwar anhand einer authentischen Managementsi-tuation. Genau dieser Aspekt macht eine Fallstudie zurFallstudie: Fallstudien berichten über Situationen, dietatsächlich stattgefunden haben und sich normalerweisedadurch auszeichnen, dass sich der Protagonist der Fallstu-die in einer herausfordernden Situation befindet (vgl. Sha-piro 1988, S. 1; vgl. Erskine et al. 2003, S. 9). Mal musseine Entscheidung unter Zeitdruck getroffen, mal einneues Produkt lanciert oder die feindliche Übernahmeeines Konkurrenten abgewehrt werden. So unterschiedlichdie Themen auch sind, eines haben alle Fallstudien ge-meinsam: Sie bieten Studierenden die Chance, sich mitrealen Management-Herausforderungen auseinander zusetzen (vgl. Corey 1996, S. 1).Warum aber braucht es Fallstudien, um Management zu er-lernen? Management beschäftigt sich mit Planung, Organi-sation, Kontrolle und Führung. Manager müssen dafür sor-gen, dass Ressourcen so eingesetzt werden, dass die Unter-nehmensziele erreicht werden. Das hat viel damit zu tun,wie man mit anderen Menschen umgeht und arbeitet, obman deren Stärken kennt und diese für das gemeinsame

Although the vast majority of population is holistic asfar as learning requirements are concerned, on most le-vels of education mainly serial, i. e. systematically-de-signed lectures are offered; the result of which are lear-ning and especially motivation problems. Complexlearning situations, embedded into situations of acting,are much more motivating for this majority, make peo-ple curious and motivate to keep on learning. More-over, as they are action-related they support the prac-tice-orientation of studies and considerably further stu-dents’ capacity of acting. The step to theoretical order,to systematics, is not done beforehand, but afterwards.In their contribution Case studies are not written at theconference table Susan Müller & Thierry Volery, expe-rienced authors of case studies, give an instruction inestablishing such texts. A subsequent contribution inthe HSW will specifically deal with learning by meansof case studies.

SSuussaann MMüülllleerr && TThhiieerrrryy VVoolleerryy

Fallstudien schreibt man nicht am grünen Tisch

Thierry VolerySusan Müller

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187HSW 6/2008

Ziel mobilisieren kann. Gute Manager müssen in der Lagesein, ein Ergebnis vor anderen zu verteidigen, sie müssenandere für Ideen begeistern und wissen, wie man generellmit Problemstellungen umgeht. Damit ist Managementweit mehr als kognitives Wissen, das man sich in Vorlesun-gen und aus Büchern aneignen könnte. Management istzum Teil eine Fertigkeit, und Fertigkeiten bedürfen derÜbung, unabhängig davon, ob es sich um Fußballspielen,Klavierspielen oder Management Skills handelt. Fallstudiengeben Studierenden die Möglichkeit, Management unterrealitätsnahen Bedingungen zu üben. Dazu gehört auch derFaktor „Zeitdruck”. Ein Großteil der Entscheidungen, die inUnternehmen getroffen werden müssen, unterliegt zeitli-chen Restriktionen. In Fallstudien kann man dies zumindestsimulieren, auch wenn die Nächte eines Marketingvor-stands, der sich überlegen muss, wie er die schwächelndenUmsatzzahlen eines Neuproduktes beleben muss, eventuellschlafloser sind, als die der Studierenden.Wer eine „echte” Managementherausforderung gemeisterthat, glaubt eher daran, auch den Ernstfall zu meistern.Studierende können anhand von Fallstudien Managementtrainieren. Warum aber sollten Fallstudien unbedingt au-thentisch sein? Und weshalb sollte man Fallstudien selbstschreiben, wo doch tausende Fallstudien in den Datenban-ken der Harvard Business School oder des European CaseClearing House darauf warten, eingesetzt zu werden.Die erste Frage lässt sich mit zwei Konzepten beantworten,mit der sich die Psychologie auseinandersetzt: Motivationund Selbstwirksamkeitserwartung. Ersteres ist intuitiv nach-vollziehbar. Eine Fallstudie ist nicht das echte Leben, aberzumindest näher dran, als erfundene Lehrbuchbeispiele.Das motiviert. Bei der Selbstwirksamkeit lohnt ein Blick indie Literatur. Die Forschungen zur Selbstwirksamkeit wur-den vor allem von Albert Bandura vorangetrieben, einemPsychologen, der an der Universität in Stanford arbeitet.Seine Studien haben gezeigt, dass der Glaube, was manunter bestimmten Umständen zu leisten vermag, eineSchlüsselrolle im Bereich der Kompetenz spielt. Sprich, dieLeistungen von Personen hängen sehr stark von den Erwar-tungen an die Wirksamkeit der eigenen Handlungen in be-stimmten Situationen ab (vgl. Bandura 1997, S. 31). DerGlaube an die eigene Wirksamkeit wiederum resultiert zueinem großen Teil aus der Erfahrung, etwas gemeistert zuhaben. Daher ist es wichtig, mit echten Fällen zu arbeiten:Sie können Studierenden das Gefühl geben, eine Situationgemeistert zu haben, die es so auch im wirklichen Lebengibt. Wer das Gefühl hat, eine realitätsfremde Aufgaben-stellung gelöst zu haben, wird seine Selbstwirksamkeitser-wartung vermutlich weniger stark anpassen.Bleibt die Frage, weshalb man Fallstudien selbst schreibensollte. Der wohl wichtigste und einfachste Grund: Fallstu-dien veralten mit der Zeit. Auch wenn die Management-prinzipien die gleichen bleiben, das Interesse der Studieren-den und der Dozenten kann man am besten mit aktuellenUnternehmenssituationen wecken. Studierende wollenFälle lösen, die sich mit Fragestellungen beschäftigen, diemit ihrem eigenen Leben und Arbeiten in Verbindung ste-hen (vgl. Leenders et al. 2001, S. 8).Ein zweiter Grund liegt darin, dass der Einsatz selbst verfas-ster Fallstudien leichter fällt als der Einsatz „fremder” Fall-studien. Man verfügt über mehr Hintergrundinformationenund kann anschaulicher über den Fall berichten. Häufig bie-

tet sich zudem aufgrund von persönlichen Beziehungen dieMöglichkeit, den Protagonisten einzuladen. Ist dieser beider Präsentation der Fallstudienergebnisse dabei, um mitden Studierenden über verschiedene Lösungswege zu dis-kutieren und zu berichten, wie die Herausforderungtatsächlich gemeistert wurde, bietet sich eine zusätzlicheLernerfahrung für die Studierenden.

22.. FFaallllssttuuddiieenn sscchhrreeiibbeenn:: EEiinn ssttrruukkttuurriieerrtteess VVoorrggeehheenn eerrhhööhhtt ddiiee QQuuaalliittäätt uunndd ssppaarrtt ZZeeiitt

FFallstudienautoren werden häufig ins kalte Wasser gewor-fen. Schließlich hat jeder schon mal mit Fallstudien gear-beitet und da wird das Schreiben einer Fallstudie schonnicht so schwierig sein. Es lohnt sich jedoch, von Anfangan eine strukturierte Vorgehensweise zu verfolgen, um dieQualität der Fallstudie zu sichern und nicht unnötig Zeit zuverschwenden. Im Folgenden werden die einzelnen Schrit-te in Anlehnung an eine Vorgehensweise, die von Leenderset al. entwickelt wurde, im Überblick dargestellt (vgl.Leenders et al. 2001).

Phase 1: Bedarf, erster Kontakt und erstes InterviewFehlt für eine geplante Vorlesung eine Fallstudie, kann manzunächst vorhandene Fallstudien in den Datenbanken desEuropean Case Clearing House, der Harvard BusinessSchool oder anderen Datenbanken suchen. Die andereMöglichkeit besteht darin, selbst eine Fallstudie zu verfas-sen, was neben den oben geschilderten Vorzügen, den Vor-teil bietet, dass man seinen Studierenden einen aktuellenund thematisch passenden Fall anbieten kann.Wichtig ist, dass sich Fallstudienautoren über die Lehrzieleklar werden. Hiermit sind jedoch nicht nur die themati-schen Lehrziele wie die Entwicklung einer Strategie, dieDurchführung einer Unternehmensbewertung oder die Vor-bereitung einer Make-or-Buy-Entscheidung angesprochen.Vielmehr muss auch klar sein, welchem Anforderungsni-veau die Fallstudie im Hinblick auf die analytische, konzep-tionelle und darstellerische Dimension entsprechen soll(vgl. Erskine et al. 2003, S. 42-44).

„Wenn Sie in der Situation von Markus Oberholzer wären,was würden Sie tun?” Wie herausfordernd diese Frage ist,hängt vom Schwierigkeitsgrad der analytischen, konzeptio-nellen und darstellerischen Dimension der Fallstudie ab.Der Schwierigkeitsgrad der analytischen Dimension hängtdavon ab, was der Studierende hinsichtlich der in der Fall-studie erwähnten Schlüsselentscheidung tun soll. Musseine bereits getroffene Entscheidung lediglich im Nachhin-ein bewertet oder weitere Lösungsalternativen entwickeltwerden, ist die analytische Herausforderung als gering ein-zuschätzen. Müssen dagegen die Probleme selbständig her-ausgearbeitet und ein Aktions- und Implementierungsplanerstellt werden, kann die Fallstudie hinsichtlich ihrer analy-tischen Anforderungen als anspruchsvoll bewertet werden.Die Anforderungen hinsichtlich der konzeptionellen Di-mension werden durch die Anzahl und die Komplexität derKonzepte, Methoden und Theorien bestimmt, die zur Lö-sung des Falles eingesetzt werden. Müssen die Studieren-den lediglich eine einfache Theorie anwenden, die nach der

S. Müller & T. Volery Fallstudien schreibt man nicht am grünen TischHSW

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AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerriicchhttee HSWLektüre der vom Dozenten empfohlenen weiterführendenLiteratur ohne weitere Erklärungen verstanden wird, ist derSchwierigkeitsgrad niedrig. Müssen dagegen mehrere kom-plexe Theorien angewandt werden, die einer umfassendenErklärung bedürfen, handelt es sich um eine anspruchsvolleFallstudie hinsichtlich der konzeptionellen Dimension.Die darstellerische Dimension hängt von der Struktur undder Informationsfülle ab: Ist die Fallstudie klar strukturiertund enthält sie nur Informationen, die zur Lösung des Fallesbeitragen, wird es den Studierenden leicht fallen die Fall-studie zu bearbeiten. Ist die Fallstudie dagegen unstruktu-riert und enthält viele Informationen, die gar nicht benötigtwerden, sind die Anforderungen an die Studierenden ent-sprechend höher.Wenn die Lehrziele hinsichtlich des Inhalts und der Anfor-derungsstufe feststehen, können erste Kontakte aufgenom-men werden, wobei der erste Kontakt von einem „kaltenAnruf” über einen Anruf bei einem Bekannten reichenkann. Im Falle von First Catering wurde der erste Kontakt2002 in Monte Carlo geknüpft: Als Schweizer “Entrepre-neur of the Year 2002” in der Kategorie Handel/Dienstleis-tungen bewarb sich Martin Oberholzer dort um die Aus-zeichnung “World Entrepreneur of the Year 2002”, einemvon Ernst & Young verliehenen Preis. Danach genügte einAnruf, um First Catering als Fallstudienpartner zu gewin-nen. So einfach ist es natürlich nicht immer. Kontaktiertman ein Unternehmen, zu dem bisher kein Kontakt be-steht, kann es hilfreich sein, den Nutzen für das Unterneh-men überzeugend darstellen zu können: In erster Linie leis-tet das Unternehmen einen Beitrag zur ständigen Verbesse-rung der Lehre. Darüber hinaus wird dem Unternehmeneine höhere Aufmerksamkeit der Studierenden zu Teil undeventuell kann die Fallstudie auch im eigenen Unterneh-men für die Weiterbildung eingesetzt werden.Beim ersten Anruf sollte zunächst geklärt werden, ob einegrundsätzliche Bereitschaft besteht, bei der Erstellung einerFallstudie mitzuwirken, um anschließend zu klären, wer derrichtige Ansprechpartner für bestimmte Themengebiete ist.Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist dieshäufig die Geschäftsleitung. Verläuft das Gespräch positiv,kann ein Termin mit der Kontaktperson vereinbart werden,wobei man ca. 1,5 bis 2 Stunden für das erste Interview ein-planen sollte.

Fallstudien beschreiben eine Situation am Tag X. Was da-mals nicht bekannt war, darf auch in der Fallstudie nichtbeschrieben werden.Im ersten Interview sollte man dem Gesprächspartner klarsagen, was eine Fallstudie ist, warum sie geschrieben wirdund wie die nächsten Schritte bis zur Fertigstellung der Fall-studie aussehen. Anschließend versucht man im Gesprächherauszufinden, welche Entscheidungssituationen sich füreine Fallstudie eignen könnten, wobei man natürlichzunächst nach Situationen sucht, die im bevorzugten The-menspektrum liegen. Steht man mit der Kontaktperson inengem Kontakt, hat man unter Umständen bereits einThema im Hinterkopf, das für die Fallstudie in Fragekommt. Ist dies nicht der Fall, eignet sich die folgendeFrage sehr gut, um etwaige Themen ausfindig zu machen:„Welche Entscheidungen haben Sie in den letzten 12 Mo-naten getroffen, die eine strategische Bedeutung für dasUnternehmen hatten?”

Wurden geeignete Themen gefunden, wird der Gesprächs-partner gebeten, die jeweilige Situation zu schildern. Wich-tig ist hierbei, dass Antworten auf folgende Fragen gegebenwerden: Welche Entscheidung musste getroffen werden?Wie viel Zeit stand für die Entscheidungsfindung zur Verfü-gung? Welche Alternativen wurden in Erwägung gezogen?Wie kam es zu der Situation? Und wer musste die Entschei-dung fällen? Ganz wichtig ist hierbei, dass der Intervie-wpartner versteht, dass sich die Studierenden in die Situati-on einer Schlüsselperson hineinversetzen, die zu einem be-stimmten Zeitpunkt vor einer Herausforderung stand. In dieFallstudie dürfen dementsprechend nur die Informationeneinfließen, die der betreffenden Person zu diesem Zeit-punkt bekannt waren. Die Kontaktperson sollte daher imGespräch deutlich machen, in welcher Reihenfolge Infor-mationen, Entwicklungen und Diskussionen zur Verfügungstanden bzw. aufkamen.

Phase 2: Fallstudienfokus und GeheimhaltungDie Entscheidung über das Thema der Fallstudie kann jenach Gesprächsverlauf und Themenvielfalt entwederwährend des ersten Interviews oder danach getroffen wer-den. Meistens merkt man jedoch bereits im Interview, wel-che Situation sich am besten für den Einsatz in der Lehreeignet, welchen Fallstudienfokus der Interviewpartner be-vorzugt und für welches Thema die Informationsbeschaf-fung problemlos erfolgen kann. Wenn das Thema gefunden ist, muss sich der Fallstudienau-tor entscheiden, an welcher Stelle des Entscheidungsprozes-ses gestoppt werden soll, um dort mit der Fallstudie anzu-setzen. Für die First Catering-Fallstudie wurde ein Zeitpunktkurz nach Aufforderung zur Angebotsabgabe gewählt: Es istder 19. Dezember 2002. Markus Oberholzer hat sich bereitseinige Gedanken zum Für und Wider einer Auftragsübernah-me gemacht und ein Treffen mit zwei weiteren Führungs-kräften einberufen. Eine Entscheidung hat er noch nicht ge-troffen. Die Fallstudie könnte jedoch auch so aufgebautsein, dass die Entscheidung bereits gefallen ist und im Nach-hinein evaluiert werden muss. Der Schwierigkeitsgrad derFallstudie wäre jedoch entsprechend niedriger. Es muss alsojeweils festgelegt werden, wie weit die beschriebene Ent-scheidungssituation bereits fortgeschritten ist. Wurde derProtagonist gerade erst auf den Handlungsbedarf aufmerk-sam? Befindet er sich bereits in der Analysephase oder sogarschon in der Evaluationsphase? Wichtig ist, dass der Zeit-punkt und der Fortschritt der Entscheidungsfindung so ge-wählt werden, dass die Lehrziele möglichst optimal erreichtwerden können. Steht der Fokus der Fallstudie fest, solltedas Thema Geheimhaltung geklärt werden. Falls es der Part-nerorganisation notwendig erscheint, sollte man Anonym-ität hinsichtlich bestimmter Informationen (z.B. Namen vonPersonen, Name der Organisation) zusichern. Allerdings ver-liert die Fallstudie dadurch an Authentizität und damit anAttraktivität für die Studierenden.

Phase 3: Konzept und vorläufige FreigabeNachdem die Eckpunkte der Fallstudie festgelegt wurden,kann ein Konzept für die Fallstudie erstellt werden. DasKonzept beinhaltet folgende Komponenten: Eine Skizzie-rung der Lehrziele, den Eröffnungsparagraphen der Fallstu-die, die geplante Struktur (z.B. in Form von Kapitelüber-

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S. Müller & T. Volery Fallstudien schreibt man nicht am grünen TischHSWschriften), eine Übersicht über die benötigten zusätzlichenInformationen und einen Zeitplan zur Erstellung der Fallstu-die. Damit umfasst das Konzept die wichtigsten Rahmenda-ten und kann dem Unternehmenspartner zur Abstimmungvorgelegt werden.Dem Eröffnungsparagraphen kommt dabei eine entschei-dende Rolle zu: Er muss spannend genug sein, um die Stu-dierenden für den Fall einzunehmen, und er muss alle we-sentlichen Informationen enthalten, um zu verstehen,worum es geht. Im Fall von First Catering liest sich das so:

„Am 17. Dezember 2002 hatte Markus Oberholzer, Ge-schäftsführer und Gründer des Airline Catering Unter-nehmens First Catering Produktion AG, eine Einladungzum Tender (Ausschreibung) von der interkontinentalenAsianAir erhalten. Markus schätzte den Umfang des Auf-trags auf rund 3 Millionen Schweizer Franken. Die Frist,das Tender einzureichen lief am 20.Januar 2003 ab. Zwarwar die Auftragshöhe verlockend, jedoch hatte First Ca-tering noch nie mit einer solchen Airline zusammengear-beitet. Daher hatte Markus sein Team für den 19. De-zember um 10:00 Uhr zu einer Besprechung gebeten,um zu entscheiden, ob man die Offerte überhaupt abge-ben sollte.”

Damit ist klar, worum es geht: Es ist klar, in wessen Situa-tion sich die Studierenden hineinversetzen sollen (MarkusOberholzer), der Zeitpunkt ist festgelegt (19. Dezember2002) und es wird deutlich, was von den Studierenden ge-fordert ist (Entscheidung, ob eine Teilnahme an der Aus-schreibung ins Auge gefasst werden soll oder nicht). Neben dem einleitenden Abschnitt sollten die Kapitelüber-schriften der Fallstudie benannt werden. Damit erhält dieFallstudie eine Struktur, vermittelt einen Eindruck über denInformationsfluss der Fallstudie und verdeutlicht, welcheInformationen noch gesammelt werden müssen (vgl. Leen-ders et al. 2001, S. 84). Abbildung 1 zeigt beispielhaft mög-liche Kapitelüberschriften auf.

Phase 4: InformationssammlungIst das Konzept vom Kooperationspartner abgenommen,gilt es alle Informationen einzusammeln, die für die Bear-beitung der Fallstudie notwendig sind. Als Informations-quelle kommen sowohl die Internetseite des Unterneh-mens, Jahresberichte, Pressemitteilungen und Unterneh-mensbroschüren als auch unveröffentlichte Informationenwie E-Mails oder interne Memos in Frage. Gegebenenfallsmuss die Vertraulichkeit der Dokumente geklärt werden(vgl. Leenders et al. 2001, S. 101). Im Falle von First Cate-ring wurden die Ausschreibungsunterlagen, Unternehmens-broschüren und Informationen über die Umsatzentwick-lung zur Verfügung gestellt.Eine der wichtigsten Informationsquellen sind aber weiter-hin Interviews. Eine gute Vorbereitung hilft, Interviewsmöglichst effizient durchführen zu können. Die vorhande-nen Informationen aus dem ersten Interview und den zurVerfügung stehenden Dokumenten sollten im Vorfeld ge-sichtet worden sein, und die wichtigsten Fragen sollte sichder Fallstudienautor aufschreiben. Während des Interviewssollte man sich schriftlich Notizen über die wesentlichenPunkte und geeignete Zitate machen. Sie machen die Fall-studie lebhafter und bringen Dinge auf den Punkt: „Ich willkeine Fabrikware liefern, sondern Essen”, so das Credo vonMarkus Oberholzer. Während des Interviews ist es wichtig,eine objektive Rolle einzunehmen. Als Fallstudienautor ver-sucht man in erster Linie zu verstehen, was zum Zeitpunktder Fallstudie passiert ist, welche Daten und Fakten zur Ver-fügung standen und welche Meinungen es im Unternehmengab. Keinesfalls sollte man die Rolle eines Ratgebers oderBeraters einnehmen (vgl. Leenders et al. 2001, S. 103).

Phase 5: Verfassen der Fallstudie und Entwurf eines Lehr-briefesWurden alle Informationen gesammelt, können das beste-hende Konzept, die Überschriften und Stichpunkte mitLeben gefüllt werden. Das Schreiben muss sicherlich denpersönlichen Gewohnheiten angepasst werden. Dennochempfiehlt es sich, in einem ersten Schritt einen kompletten,groben Entwurf zu formulieren, ohne allzu viel Aufmerk-samkeit auf Grammatik und Rechtschreibung zu legen. Ineinem zweiten Schritt sollten dann sowohl inhaltliche alsauch stilistische Qualitätskriterien beachtet werden. Inhalt-liche Qualitätskriterien sind unter anderem Vollständigkeit,Konsistenz und Korrektheit der Daten. Zudem muss dieLogik des Fallstudienaufbaus nachvollziehbar sein. Stilis-tisch muss darauf geachtet werden, dass der Text verständ-lich geschrieben ist und passende Überschriften gewähltwerden. Wichtig ist zudem die Unterscheidung zwischenobjektiven Daten und Meinungen. Meinungen sollten auchals solche gekennzeichnet werden. So wird in der FallstudieFirst Catering die positive Haltung eines Mitarbeiters zurAbgabe eines Angebots wie folgt als persönliche Meinunggekennzeichnet:„Der Leiter Produktion bemerkte noch, dass First Cateringja bei weitem nicht der erste europäische Caterer sei, dermit einer asiatischen Fluglinie zusammenarbeitet. Ange-sichts der bisherigen Erfolge von First Catering sollte dem-nach nichts gegen eine Zusammenarbeit mit AsianAirsprechen.”

Abbildung 1: Mögliche Kapitelüberschriften einer Fallstudie

Quelle: Leenders et al. 2001, S. 85

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190 HSW 6/2008

Wie die Fallstudie in der Lehre eingesetzt werden kann,verrät der Lehrbrief.Der Lehrbrief muss alle notwendigen Hintergrundinforma-tionen für den Dozenten enthalten. Neben einer kurzen Zu-sammenfassung (dies kann auch der Eröffnungsparagraphsein), werden die Zielgruppe, die Lehrziele und die behan-delten Themengebiete benannt. Für das Beispiel First Cate-ring werden Zielpublikum und Lehrziele wie folgt zusam-mengefasst:Zielpublikum und Lehrziele: Diese Fallstudie wurde für Stu-dierende auf der Bachelor-Stufe geschrieben. Sie eignet sichbesonders für Kurse zu den Themen KMU-Managementoder strategisches Management. Die Studierenden sollendas Problem der Tenderabgabe qualitativ und quantitativanalysieren und die Konsequenzen abwägen.Außerdem sollten mögliche Aufgabenstellungen vorge-schlagen werden. Für First Catering werden beispielsweisefolgende Fragen angeboten:

Mögliche Aufgabenstellungen:1. Sollte Markus die Einladung zum Tender annehmen?2. Was sind die Konsequenzen, wenn First Catering den

Auftrag von AsianAir erhält?3. Welche Faktoren wirken sich positiv auf First Caterings

low-cost Strategie aus?4. First Catering ist mit ungünstigen Marktbedingungen in

Folge des 11. Septembers, des Irakkriegs und SARS kon-frontiert. Schlagen Sie Strategien und konkrete Maßnah-men vor, um das Catering Geschäft voranzubringen undKosten weiter zu reduzieren.

5. Schlagen Sie Strategien und konkrete Maßnahmen vor,um das Geschäft zu diversifizieren.

6. Nehmen Sie an, die Lage am Markt ändert sich so, dassdie AsianAir bereit wäre sich längerfristig zu binden (z.B.über 3 Jahre). Wie sieht Ihre Empfehlung für First Cate-ring dann aus?

Des Weiteren umfasst der Lehrbrief die Fallstudien-Analyseselbst, sprich eine Art Musterlösung. Im Falle von First Ca-tering beinhaltet die Musterlösung eine quantitative undeine qualitative Analyse. Die quantitative Analyse umfasstdie Berechnung des Deckungsbeitrages und des operativenErgebnisses für den Fall, dass First Catering beauftragt wer-den würde. Im Rahmen der qualitativen Analyse werdendie Vor- und Nachteile eines möglichen Auftrages disku-tiert. Der Lehrbrief schließt mit einer Reihe von Hinweisenauf weitere Informationsquellen.

Phase 6: Freigabe der FallstudieEine Fallstudie sollte erst dann in der Lehre verwendet undpubliziert werden, wenn die Organisation dem auch formalzugestimmt hat. Praktikabel ist die Erstellung eines Formu-lars, in dem die betreffende Kontaktperson bestätigt, dasssie die Fallstudie gelesen hat und mit der Nutzung und Ver-breitung einverstanden ist. Außerdem sollte ein Passus ein-gefügt werden, der besagt, dass der Kontaktperson eineKopie der endgültigen Version zugesandt wird, falls Ände-rungen notwendig sein sollten.

Phase 7: Testen der FallstudieFallstudien können erst dann veröffentlicht werden, wennsie in der Praxis getestet und ggf. überarbeitet wurden. Das

hat inhaltliche und formale Gründe. Zunächst zur inhaltli-chen Sicht: Der Praxistest verrät, welche Textpassageneventuell überarbeitet werden müssen, deckt Widersprücheauf und zeigt, welche Informationen ggf. noch fehlen undwelche Fragestellungen eventuell angepasst werden müs-sen. Da man als Fallstudienautor viel mehr Informationenüber den Fall besitzt als die Studierenden, bemerkt manunter Umständen nicht, welche Informationen zur Bearbei-tung der Fallstudie fehlen. Es empfiehlt sich zudem, eineFallstudie mit mindestens zwei oder drei verschiedenen Stu-dentengruppen zu testen, die sich nach Möglichkeit aufeinem unterschiedlichen Lernniveau befinden. Gegebenen-falls können auch verschiedene Aufgabenstellungen für un-terschiedliche Lernstufen entwickelt werden.Der Praxistest ist jedoch auch aus formalen Gründen not-wendig. Wer seine Fallstudie beim European Case ClearingHouse veröffentlichen möchte, ist verpflichtet, diese imVorfeld mit Studierenden zu testen. Das European CaseClearing House ist eine Non-Profit-Organisation in Großbri-tannien, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Fallstu-dienmethode als Lehrmethode zu etablieren. In der Daten-bank des European Case Clearing House finden sich mittler-weile über 50.000 Management-Fallstudien, Lehranleitun-gen, Videos, DVDs, interaktive CD-ROMs oder Artikelnzum Thema Fallstudien.Der Praxistest ist der letzte Schritt auf dem Weg zur fertigenFallstudie. Anschließend kann sie in der Lehre genutzt undveröffentlicht werden. First Catering wurde an der Univer-sität St. Gallen und an anderen Hochschulen bereits mehr-fach erfolgreich eingesetzt. Studierende erwägen das Fürund Wider der Angebotsabgabe, das damit verbundeneUnternehmenswachstum und den Strategiewechsel.Und wie hat sich Markus Oberholzer tatsächlich entschie-den? Er hat kein Angebot abgegeben. Die Abweichung vonder erfolgreichen Positionierung als „Nischenanbieter zufairen Preisen” wollte er nicht in Kauf nehmen. Zudemwären erhebliche Investitionen notwendig gewesen, umden Anforderungen einer Airline mit einem Drei-Klassen-System gerecht zu werden. Hinzu kam, dass die Flüge vonAsianAir zu Stoßzeiten hätten beliefert werden müssen,sprich, zu einer Zeit zu der First Catering bereits andereKunden bedienen muss. Dies hätte weitere Investitionenim Personalbereich notwendig gemacht. Gute Gründe fürdie Entscheidung gegen die Abgabe eines Angebots.Gewachsen ist das Unternehmen trotzdem: First Cateringhat an der bewährten Nischenstrategie festgehalten. Dievorhandenen Ressourcen wurden besser ausgelastet, indemgezielt Fluggesellschaften geworben wurden, die außerhalbder Rush Hour, also zur Mittagszeit, beliefert werden müs-sen. Zudem hat Markus Oberholzer das gleiche Konzept inweiteren Ländern umgesetzt und erfolgreich Niederlassun-gen in Ghana, Nigeria, Südafrika und Sambia gegründet.Hinzu kamen neue Geschäftsfelder, wie die Belieferung vonFluggesellschaften mit sauberer Wäsche und Duty-Free-Ar-tikeln. Wachstum hat eben viele Facetten.

33.. FFaazziitt

NNatürlich schreibt sich die zehnte Fallstudie schneller alsdie erste, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass trotzhöherem Tempo die Qualität der zehnten Fallstudie höherist, als die der ersten. Es gibt jedoch keinen Grund, warum

AAnnrreegguunnggeenn ffüürr ddiiee PPrraaxxiiss//EErrffaahhrruunnggssbbeerriicchhttee HSW

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man Fallstudien nicht von Anfang an professionell und zeit-effizient verfassen sollte. Wer die einzelnen Phasen struktu-riert abarbeitet, Fallstudien nur dann schreibt, wenn er eineverbindliche Zusage vom richtigen Unternehmenskontakterhalten hat und eine geeignete Unternehmenssituationvorliegt, hat gute Chancen, eine spannende Fallstudie inhoher Qualität zu verfassen. Dazu gehört jedoch auch derMut, das Vorhaben nach dem ersten Interview abzubre-chen, wenn sich partout keine geeignete Entscheidungssi-tuation finden lässt.

LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss

Bandura, A. (1997): Self-efficacy: The exercise of control. New York, NY.Corey, R. E. (1996): The Use of Cases in Management Education. Boston,

MA.Erskine, J. A./Leenders, M. R./Mauffette-Leenders, L. A. (2003): Teaching

with cases. London, Ontario, Canada.Leenders, M. R./Mauffette-Leenders, L. A./J. A. Erskine (2001): Writing

Cases. London, Ontario, Canada.Shapiro, B. P. (1988): An Introduction to Cases. Boston, MA.

Susan Müller, Dipl.-Betriebswirtin, ResearchAssociate, Schweizerisches Institut für Klein- undMittelunternehmen, Universität St. Gallen, E-Mail: [email protected]

Dr. Thierry Volery, Professor für Unterneh-mensführung und Entrepreneurship, UniversitätSt. Gallen, E-Mail: [email protected]

Anhang:Checkliste - Alle Wesentlichen Aktivitäten im Überblick

Phase 1: Bedarf, erster Kontakt und erstes Interview•Bedarf bestimmen•Unternehmenspartner suchen und kontaktieren•Interviewtermin vereinbaren, erstes Interview vorberei-

ten und durchführen

Phase 2: Fallstudienfokus und Geheimhaltung•Fallstudienfokus festlegen•Klären, ob Anonymität zugesichert werden muss

Phase 3: Konzept und vorläufige Freigabe•Konzept schreiben, Inhalte: Lernziele, Eröffnungspara-

graph, Fallstudienfokus, Hauptperson, Zeitpunkt derFallstudie, Struktur (z.B. in Form von Kapitelüberschrif-ten mit ersten Stichpunkten), Übersicht über alle wei-teren benötigten Informationen

Vorläufige FreigabePhase 4: Informationssammlung•Analyse von Sekundärinformationen (Unternehmens-

berichte, Zeitungsartikel, interne Memos etc.)•Durchführen weiterer Interviews

Phase 5: Verfassen der Fallstudie und Entwurf einesLehrbriefs•Grobentwurf verfassen•Grobentwurf inhaltlich und stilistisch überarbeiten•Lehrbrief entwerfen

Phase 6: Freigabe der Fallstudie•Freigabeformular vom Unternehmenspartner unter-

schreiben lassen

FreigabePhase 7: Testen der Fallstudie•Testen der Fallstudie mit zwei verschiedenen Gruppen•Ggf. Überarbeiten der Fallstudie•Ggf. Überarbeiten des Lehrbriefs

S. Müller & T. Volery Fallstudien schreibt man nicht am grünen TischHSW

im Verlagsprogramm erhältlich:

FFaallkk BBrreettsscchhnneeiiddeerr//PPeeeerr PPaasstteerrnnaacckk:: HHaannddwwöörrtteerrbbuucchh ddeerr HHoocchhsscchhuullrreeffoorrmm

ISBN 3-937026-38-X, Bielefeld 2005, 221 Seiten, 27.70 Euro

KKaatthhlleeeenn BBaattttkkee//CChhrriissttaa CCrreemmeerr-RReennzz ((HHgg..))::HHoocchhsscchhuullffuussiioonneenn iinn DDeeuuttsscchhllaanndd GGeemmeeiinnssaamm ssttaarrkk??Hintergründe, Perspektiven und Portraits aus fünf Bundesländern

ISBN 3-937026-49-5, Bielefeld 2006 , 159 Seiten, 22.00 Euro

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192 HSW 6/2008

Mit einem für ein Promotionsvorhaben außergewöhnlichenAnspruch wenden sich StipendiatInnen des Kollegs „Wis-sensmanagement und Selbstorganisation im Kontext hoch-schulischer Lehr- und Lernprozesse“ an der TU Dortmundan die Entscheider ihrer Universität. Sie wollen „Raum zurKommunikation zwischen den die Hochschule beforschen-den und den dieselbe gestaltenden Personen eröffnen“. Siehoffen, zur „Bereicherung und Profilierung des Feldes derHochschulforschung als Instrument zur Selbstreflexion undgegenseitigen Bereicherung zwischen diesen verschiedenenGruppen in der Universität“ beizutragen, so die Herausge-berinnen in ihrer Einführung zum Sammelband „Hochschul-forschung und Hochschulmanagement im Dialog“. Der Un-tertitel „Zur Praxisrelevanz empirischer Forschung über dieHochschule“ verrät ein Weiteres. So kann das Vorhaben desDialogs auch als ein bemerkenswertes hochschuldidakti-sches Experiment der KollegiatInnen interpretiert werden,die Relevanz ihrer Forschungen an der beruflichen Praxis,die sie möglicherweise anstreben, zu messen. Die Heraus-geber/innen des Sammelbandes sind Doktorand/innen imKolleg, der vom Hochschuldidaktischen Zentrum (HDZ) derTechnischen Universität Dortmund in Zusammenarbeit mitdem Zentrum für Lernorganisation und Wissensmanage-ment der Technischen Universität Aachen beantragt undseit 2001 von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.

Als methodisches Vorgehen haben die KollegiatInnen einenWorkshop zur „Wissenstransfer hochschulintern“ veran-staltet. In vier Themenschwerpunkten haben sie ihre For-schungsergebnisse den Gestaltern und Entscheidern in derHochschule, dem Rektor und dem Prorektor der Univer-sität, den Dezernenten und Leitern in der Hochschuladmi-nistration zur Diskussion gestellt. Der Dialog fand in Inter-views und Rundgesprächen statt. Dieser Struktur folgt auchder vorliegende Sammelband.

Im ersten Schwerpunkt „Wissen und Entscheiden“ tragenzwei Promovendinnen Ergebnisse aus ihren Forschungenvor - Maximiliane Wilkesmann über „Wissenstransfer inder Hochschule“ und Natalja Menold über „Wissensinte-gration beim Entscheiden und Planen“. Diesen folgt ein In-terview mit dem Rektor „Wo bleibt das Gedächtnis derUniversität?“, das wie eine Lehrstunde aus dem Alltag desHochschulmanagements die Vielfalt der Differenzen, Wi-

dersprüche und Untiefen aus der universitären Praxis of-fenbart. Antonia Scholkmann behandelt das Thema deruniversitären Führungskräfte am Beispiel der Dekanateunter dem zweiten Schwerpunkt „Personalentwicklungund Führung“, anschließend stellt sie dem Dezernenten fürPersonal- und Organisationsentwicklung die Frage„Benötigt die Universität ein spezifisches Führungskon-zept?“. „Planung und Steuerung“ ist das weitere Themades Sammelbandes. Hier stellt Andres Friedrichmeier seineForschung zu „Hochschulsteuerung im Dialog zwischenTheorie, Forschung und Implementierung“ vor und fragtnach dem Beitrag der Hochschulforschung für die Hoch-schulsteuerung. Olaf Bartz untersucht in einer historischenPerspektive die Steuerungsstrukturen von Studienreformenin Deutschland seit 1950. Im vierten Schwerpunkt „Kom-munikationsräume“ wird ein Gespräch zwischen den Kolle-giat/innen und Praktikern aufgezeichnet, das das Potentialder „neuen Kommunikationsräume an der Universität“, die„Online-Communities“ beleuchtet - Nämlich welche Mög-lichkeiten diese für die Kommunikation unter den An-gehörigen der Universität in den Bereichen der Lehre undVerwaltung eröffnen (werden)?

Mit dieser Methode der Theorie-Praxis-Gespräche ist einSpiegel mit einer doppelten Reflexionsfläche entstanden:Die Forschenden tragen ihr Wissen an die Praxis, mit derHoffnung, diese (mindestens) zu informieren. Als Gegenga-be erwarten Sie, die Praxis möge die Bedeutung ihrer For-schungsergebnisse prüfen und bewerten. Der Dialog wirddurch die Vorerfahrung vieler KollegiatInnen erleichtert,die sie in beruflichen Tätigkeiten in Forschungs-, Bera-tungs-, Planungs- Funktionen in der Hochschule gewon-nen haben.

Zum Schluss folgt ein „Expertentalk“ zwischen den For-schenden und den in der Administration Tätigen zu denFragen: Welche Möglichkeiten liegen in der Forschung überdie Universität?. Welche Fragen hat die Verwaltung an die

AAnnttoonniiaa SScchhoollkkmmaannnn,, BBiiaannccaa RRootteerrss,,JJuuddiitthh RRiicckkeenn && MMaarrkk HHööcckkeerr ((HHgg..)):: Hochschulforschung und Hochschul-management im Dialog. Zur Praxis-relevanz empirischer Forschung überdie Hochschule. Münster: Waxmann 2008,ISBN: 978-3-8309-1967-4,192 Seiten, 24.90 Euro

HSWRezens ion

Page 37: HSW6 2008 - Hochschulwesen

IIIHSW 6/2008

A n z e i g e n a n n a h m e f ü r d i e Z e i t s c h r i f t „ D a s H o c h s c h u l w e s e n ”

Die Anzeigenpreise: auf Anfrage im Verlag

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UVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für HochschulthemenBünder Straße 1-3 (Hofgebäude), 33613 Bielefeld, Fax: 0521 - 92 36 10-22

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Hochschulforschung? Hier schließt sich der Kreis - daskönnte der gemeinsame Beginn eines neuen Forschungs-prozesses sein. Genau darum geht es auch im Beitrag vonSigrid Metz-Göckel, Professorin am HDZ und Sprecherindes Kollegs. Sie bezeichnet die institutionelle Hochschul-forschung als „Ko-Produktion von Erkenntnissen“ für dieHochschulentwicklung. Damit beschreibt sie die Service-funktion der Hochschulforschung in der eigenen Universitätund stellt das Promotionskolleg in diesen Rahmen: „DasPromotionskolleg ist nicht nur ein Instrument der wissen-schaftlichen Nachwuchsförderung, sondern stellt auch einForschungspotenzial zur Einwicklung der Hochschulfor-schung dar“ (S. 161).

Ein weiterer kleiner Schritt könnte tatsächlich zur „Kopro-duktion des Wissens“ über die Hochschule führen, wie sievon einigen WissenschaftsforscherInnen gesehen wird (z.B.von H. Nowotny: „Es ist so. Es könnte auch anders sein“.

RezensionHSWFrankfurt a.M. 1999, S. 66ff.): Die Generierung des neuenrelevanten Wissens expandiere aus dem Wissenschaftssys-tem heraus. So entstünden neue Foren zum simultanen Ge-spräch mit unterschiedlichen sozialen Gruppen von Wissen-schaftlerInnen, ExpertInnen, NutzerInnen, Betroffenen, Po-litikerInnen, AktivistInnen, die „von Anfang an ihr Problem-bewusstsein, ihr Wissen, ihre Interessen, ihre Netzwerke inden Prozess mitbringen“.

Mit dem Workshop „Wissenstransfer hochschulintern“haben die StipendiatInnen ein solches Forum geschaffen,dessen Ergebnisse die Hoffnung begründen, es könnte derAusgangspunkt für eine echte Koproduktion des Wissensüber die Hochschule werden.

Dr.-IIng. Aylâ Neusel, Professorin i.R., E-Mail: [email protected]

LLiieebbee LLeesseerriinnnneenn uunndd LLeesseerr,,

nicht nur in dieser lesenden Eigenschaft (und natürlich für künftige Abonnements) sind Sie uns willkommen.

Wir begrüßen Sie im Spektrum von Forschungs- bis Erfahrungsberichten auch gerne als Autorin und Autor. Wenn das Konzept dieser Zeitschrift Sie anspricht - wovon wir natürlich überzeugt sind - dann freuen wir uns über Beiträge von Ihnen in den ständigen Sparten

• „Hochschulforschung”,

• „Hochschulentwicklung/-politik”,

• „Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte”, aber ebenso

• „Rezensionen”, „Tagungsberichte” sowie „Interviews”.

Die Autorenhinweise finden Sie auf unserer Verlags-Homepage: „wwwwww..uunniivveerrssiittaaeettssvveerrllaaggwweebblleerr..ddee”.

Page 38: HSW6 2008 - Hochschulwesen

IV HSW 6/2008

HHaauuppttbbeeiittrrääggee ddeerr aakkttuueelllleenn HHeeffttee FFoo,, HHMM,, ZZBBSS,, PP-OOEE uunndd QQiiWW

Auf unserer Homepage www.universitaetsverlagwebler.de erhalten Sie Einblick in das

Editorial und Inhaltsverzeichnis aller bisher erschienenen Ausgaben.

HM 4/2008Diversifizierung der Leistungsprozessean Hochschulen: Weiterbildung, Beitragserhebung, Wissensmanagement

Wissenschaftliche Weiterbildung

Michaela Knust & Anke HanftWissenschaftliche Weiterbildung als integrales Handlungsfeld der Hoch-schulen?!

Christiane MückMBA-PProgramme: Wettbewerbsfähig und profilkonform?

Studienbeiträge

Alexander DilgerStudienbeiträge als neue Manage-mentaufgabe öffentlicher Hochschulenin NRW

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Benjamin Ditzel & Daniela EbnerWissensmanagement-AAssessment: AmBeispiel eines wirtschatswissenschaft-lichen Lehrstuhls

ZBS 4/2008Psychologische Studienberatung unterveränderten Studienbedingungen

Beratungsentwicklung/-ppolitik

Wilfried SchumannWunschmaschine Internet - Warum einige Studierende davon ab-hängig werden

Peter Figge Förderung persönlicher Studienkom-petenz - Evaluation von studienunter-stützenden Seminaren

Gerhart RottPsychologische Aspekte des studierendenzentrierten Ansatzes

Michael WeegenStudienerfolgsquoten von Hochschulen: Ein geeigneter Indikator für die Hochschul- und Studienwahl?

Interview

Wie sieht die Psychologische Beratungan einer Elite-UUniversität aus? Ein Interview mit Frank Haber, demPsychological Counselor an der Jac-obs-Universität in Bremen

Fo 2+3/2008• Industriepolitik durch unterschiedliche

Formen der Forschungsförderung• Forschung an Fachhochschulen • Staatliche Projektförderung in Großunter-

nehmen

Forschung über Forschung

Friedhelm NeidhardtDas Forschungsrating des Wissenschafts-rats - Einige Erfahrungen und Befunde

Lutz Bornmann & Hans-Dieter DanielDer h-IIndex – das Maß aller Dinge?Der aktuelle Stand der h-IIndex-FForschung

Tobias SemmetFünf Jahre Forschergruppe „Governanceder Forschung“ Governance und Perfor-manz im reformierten Forschungssystem –eine Zwischenbilanz Teil 1

Forschungspolitik/-eentwicklung

Alexander Reiterer & Andreas WildbergerPicking the High-HHanging Fruit: Optimising Direct Measures for Large Ent-erprises

Wolff-Dietrich WeblerForschungsintensivierung an (neu gegrün-deten) Fachhochschulen bzw. neugegrün-deten FachbereichenAufbau eines Forschungsprofils, Steigerungdes Forschungspotentials, Projektentwick-lung, Umgang mit Deputaten und Siche-rung der Qualität der Forschung

Forschungsgespräch

Interview mit dem Generalsekretär derKonferenz der Fachhochschulen derSchweiz (KFH), Thomas Bachofner,über Forschung an Fachhochschulen derSchweiz

Anregungen für die Forschungspraxis/Erfahrungsberichte

Antonietta Di Giulio, Rico Defila &Michael ScheuermannDas Management von Forschungsverbün-den – eine anspruchsvolle wissenschaftli-che Tätigkeit

HSWSeitenb l i ck au f d i e S chweste r ze i t s ch r i f t en

Die Zeitschriften „„DDaass HHoocchhsscchhuullwweesseenn”” und „„PPeerrssoonnaall- uunndd

OOrrggaanniissaattiioonnsseennttwwiicckklluunngg”” sind in Norwegen akkreditierte

und für Publikationen empfohlene Zeitschriften, in der die

Autoren Punkte sammeln können.

Page 39: HSW6 2008 - Hochschulwesen

SSeeiitteennbblliicckk aauuff ddiiee SScchhwweesstteerrzzeeiittsscchhrriifftteennHSW

HSW 6/2008 V

P-OOE 3/2008Ausbildungskonzepte und ihre Evaluation

Personal- und Organisationsentwicklung/-ppolitik

Boris Schmidt & Anja Vetterlein„Na dann machen Sie mal!“ - Mitar-beitergespräch, kollegiales Netzwerkund persönliche Beratung als Instru-mente zur Promotionsunterstützung Teil 2 - formative Konzeptevaluation

Claudia Bäßler & Ottmar Braun Trainingsentwicklung: Evaluation eineruniversitären Übung für angehendePersonalentwickler

Ernst A. HartmannDurchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung – neue Aufgaben und Chancen in derPersonal- und Organisationsentwick-lung der Hochschulen

Silke Wehr & Helmut ErtelEntwicklung der Lehrkompetenz – Weiterbildungsstudiengang Hochschuldidaktik in Bern

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Anne BrunnerTeam Games – Schlüsselkompetenzenspielend üben.Spiele für Seminar und Übung - Folge 6

QiW 3/2008Absolventenstudien

QiW-GGespräch

Interview mit dem Leiter des bundes-weiten Absolventenprojekts, Harald Schomburg, INCHER Kassel

Qualitätsentwicklung/-ppolitik

Kerstin Janson Absolventenstudien als Instrument der Qualitätsentwicklung an Hoch-schulen

Maike ReimerWie können Absolventenstudien zum Qualitätsmanagement an Hochschulenbeitragen?Erfahrungen des Bayerischen Absolventenpanels

Hans Georg TegethoffNon universitati, sed vitae discimus!Employability als Herausforderung für Lehre und Studium

Qualitätsforschung

Rainer LangeDie Pilotstudie Forschungsrating des Wissenschaftsrats

FFüürr wweeiitteerree IInnffoorrmmaattiioonneenn

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Page 40: HSW6 2008 - Hochschulwesen

Reihe M

otivierendes Lehren und Lernen in H

ochschulen: Praxisanregungen

KKaarriinn RReeiibbeerr::Forschendes Lernen in schulpraktischen Studien - Methodensammlung

Ein Modell für personenbezogene berufliche Fachrichtungen

ISBN 3-937026-54-1, Bielefeld 2008, 60 Seiten, 9.95 Euro

In kaum einem Zusammenhang wird das Theorie-Praxis-Ver-hältnis so nachdrücklich postuliert wie für die Lehrerbildung. Da jedoch Praxisphasen während des Studiums nicht zwangs-läufig zum Aufbau berufswissenschaftlicher Kompetenzen bei-tragen, ist die enge Verzahnung von schulpraktischen Studienmit den bildungswissenschaftlichen Anteilen des Studiums er-forderlich.

Diese Methodensammlung ermöglicht einen forschenden undreflexiven Zugang zur berufspädagogischen Bildungspraxis.

Die hier versammelten Methoden erschließen Schul- und Aus-bildungswirklichkeit auf der Basis wissenschaftlicher Leitfra-gen, die sich aus dem bildungswissenschaftlichen Studium ander Hochschule ableiten. Auf der Basis dieser Methodensammlung können Studierendepersonenorientierter beruflicher Fachrichtungen schulprakti-sche Studien theoriegestützt als Praxisforschung vorbereiten,durchführen und auswerten.

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Neuerscheinungen im UniversitätsVerlagWebler:

Peter Viebahn:Lernerverschiedenheit und soziale Vielfalt im Studium

Differentielle Hochschuldidaktik aus psychologischer SichtMit der Einführung der gestuften Studiengänge und der Interna-tionalisierung der Ausbildung hat sich das Bildungsangebot vonHochschulen in hohem Maße ausdifferenziert und es werden zu-nehmend unterschiedliche Studierendengruppen angesprochen.Diese Entwicklung konfrontiert die Hochschuldidaktik in ver-schärfter Weise mit der grundsätzlichen Problematik: Wie kanndie Lernumwelt Hochschule so gestaltet werden, dass dort ganzunterschiedliche Studierende ihr Lernpotential entfalten können? Eine Antwort auf diese Frage gibt diese Arbeit. Sie führt in dasKonzept der Differentiellen Hochschuldidaktik ein. Im allgemei-nen Teil werden hochschuldidaktisch relevante Modelle zur Indi-vidualität des Lernens (z.B. konstruktivistischer Ansatz) und diebedeutsamen psychischen und sozialen Dimensionen studenti-scher Unterschiedlichkeit in ihrer Bedeutung für das Lernen er-läutert. Im angewandten Teil wird eine Vielzahl von konkretenAnregungen zur Optimierung des Lernens für die verschiedenenLernergruppen geboten. Ein Autoren- und ein Sachwortverzeichnis ermöglichen eine ge-zielte Orientierung.Dieses Buch richtet sich an Hochschuldidaktiker, Studienplanerund Lehrende, die einen produktiven Zugang zur Problematikund Chance von Lernerheterogenität finden wollen.

ISBN 3-937026-57-6, Bielefeld 2008, 225 Seiten, 29.80 Euro

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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