Hopfen Und Malz

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T hema de r W oche 44 Thema der Woche Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1482, 11. Mai 2012 Michael Allhoff Madrid Es tut sich was beim Bier in Spanien: Gasthausbrauereien setzen den Trend Wohl bekomm’s! „Una caña, por favor!“ Ein Bier, bitte. Es ist diese Bestellung, die man in spanischen Bars und Res- taurants als Erstes vernimmt, wenn sich ein neuer Gast an den Tresen hockt. Der Wirt schenkt dann am Strand-Chiringuito oder der Dorf- bar sein jeweiliges Fassbier im Glas aus. Da ist die Marke egal und oft auch die Qualität. Nur eis- kalt muss Bier in Spanien sein – als Durstlöscher in der sommerli- chen Hitze. In Spanien beherrschen die drei Großbrauereien Mahou, Heineken und Damm einen nahezu krisen- sicheren Markt. Nach Erhebungen der nationalen Brauereivereini- gung „Cerveceros de España“ kommen diese drei Marken für 93 Prozent der gesamten Produktion von Bier in Spanien auf. Und das Geschäft läuft auch in der Krise hervorragend. „Ein Drittel aller Einnahmen der 250.000 Bars in Spanien stammen aus dem Ver- kauf von Bier“, beziffert Jacobo Olaya, Geschäftsführer der Braue- reivereinigung, den Umsatz mit Bier. Vergangenes Jahr setzte die heimische Bierindustrie rund 13 Milliarden Euro um. Das ent- spricht 1,3 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Spanier trinken zwar mit 48 Li- tern Bier pro Kopf und Jahr nur knapp die Hälfte dessen, was Deutsche (100 Liter) genießen. Aber das Land ist groß. Aufgrund der hohen Einwohnerzahl bleibt Spanien der viertgrößte Absatz- markt für Bier in Europa. Jahr für Jahr werden 32 Millionen Hekto- liter Bier an den Mann – und, in geringerem Maße, an die Frau – gebracht. Doch es tut sich was beim Bier, spätestens seitdem sich die drei Großen der Branche – Ma- hou mit einem Marktanteil von 36 Prozent, Heineken (30,8 Prozent) und Damm (20 Prozent) – mit der Vorstellung neuer Produkte über- schlagen. Bier als Lifestyle-Getränk Tranken Spanier früher nur das klassische Helle, greifen sie heute auch zum deutschen Weißbier oder der eiskalt mit Zitrone ser- vierten mexikanischen Coronita. Heineken hat das Cruzcampo Gran Reserva als Sonderedition auf den Markt gebracht, dazu Des- perados, Bier mit Tequila, und zu- letzt Sol, mit dem Ziel, ein eigenes Produkt im Haus zu haben, das mit dem mexikanischen Coronita kon- kurrieren kann. Selbst alkoholfrei- es Bier – Cerveza sin – erzielt mittlerweile einen Marktanteil von satten 13 Prozent. Dass ein Bier ohne Alkohol Er- folg haben könnte, wäre vor weni- gen Jahren gänzlich undenkbar ge- wesen. Beworben wird alkohol- freies Bier als sportlicher Durst- löscher. Gemeinsam ist den Groß- brauereien, dass sie mit ihren neuen Produkten den billigen No- Name-Bieren aus dem Supermarkt Paroli bieten wollen. Am Stammtisch: Spanische Sommeliers und deutsche Braumeister verkosten frisches Bier aus der Hausbrauerei. Foto: Michael Allhoff

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Thema derWoche44 Thema der Woche Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1482, 11. Mai 2012

Michael AllhoffMadrid

Es tut sich was beim Bier in Spanien: Gasthausbrauereien setzen den Trend

Wohl bekomm’s!

„Una caña, por favor!“ Ein Bier,

bitte. Es ist diese Bestellung, die

man in spanischen Bars und Res-

taurants als Erstes vernimmt, wenn

sich ein neuer Gast an den Tresen

hockt. Der Wirt schenkt dann am

Strand-Chiringuito oder der Dorf-

bar sein jeweiliges Fassbier im

Glas aus. Da ist die Marke egal

und oft auch die Qualität. Nur eis-

kalt muss Bier in Spanien sein –

als Durstlöscher in der sommerli-

chen Hitze.

In Spanien beherrschen die drei

Großbrauereien Mahou, Heineken

und Damm einen nahezu krisen-

sicheren Markt. Nach Erhebungen

der nationalen Brauereivereini-

gung „Cerveceros de España“

kommen diese drei Marken für 93

Prozent der gesamten Produktion

von Bier in Spanien auf. Und das

Geschäft läuft auch in der Krise

hervorragend. „Ein Drittel aller

Einnahmen der 250.000 Bars in

Spanien stammen aus dem Ver-

kauf von Bier“, beziffert Jacobo

Olaya, Geschäftsführer der Braue-

reivereinigung, den Umsatz mit

Bier. Vergangenes Jahr setzte die

heimische Bierindustrie rund 13

Milliarden Euro um. Das ent-

spricht 1,3 Prozent des spanischen

Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Spanier trinken zwar mit 48 Li-

tern Bier pro Kopf und Jahr nur

knapp die Hälfte dessen, was

Deutsche (100 Liter) genießen.

Aber das Land ist groß. Aufgrund

der hohen Einwohnerzahl bleibt

Spanien der viertgrößte Absatz-

markt für Bier in Europa. Jahr für

Jahr werden 32 Millionen Hekto-

liter Bier an den Mann – und, in

geringerem Maße, an die Frau –

gebracht. Doch es tut sich was

beim Bier, spätestens seitdem sich

die drei Großen der Branche – Ma-

hou mit einem Marktanteil von 36

Prozent, Heineken (30,8 Prozent)

und Damm (20 Prozent) – mit der

Vorstellung neuer Produkte über-

schlagen.

Bier als Lifestyle-GetränkTranken Spanier früher nur das

klassische Helle, greifen sie heute

auch zum deutschen Weißbier

oder der eiskalt mit Zitrone ser-

vierten mexikanischen Coronita.

Heineken hat das Cruzcampo

Gran Reserva als Sonderedition

auf den Markt gebracht, dazu Des-

perados, Bier mit Tequila, und zu-

letzt Sol, mit dem Ziel, ein eigenes

Produkt im Haus zu haben, das mit

dem mexikanischen Coronita kon-

kurrieren kann. Selbst alkoholfrei-

es Bier – Cerveza sin – erzielt

mittlerweile einen Marktanteil von

satten 13 Prozent.

Dass ein Bier ohne Alkohol Er-

folg haben könnte, wäre vor weni-

gen Jahren gänzlich undenkbar ge-

wesen. Beworben wird alkohol-

freies Bier als sportlicher Durst-

löscher. Gemeinsam ist den Groß-

brauereien, dass sie mit ihren

neuen Produkten den billigen No-

Name-Bieren aus dem Supermarkt

Paroli bieten wollen.

Am Stammtisch: Spanische Sommeliers und deutsche Braumeister verkosten frisches Bier aus der Hausbrauerei. Foto: Michael Allhoff

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Thema der Woche 45Nr. 1482, 11. Mai 2012 I Costa Blanca Nachrichten

Serviert im Weinglas passend zur Gourmet-Küche: „Inedit“ in der Champagnerflasche

Starkoch Ferrán Adriá setzt auf Edelbier

Valencia – ma. Es sollte einBier werden, das zu mehr passtals allein zu gefüllten Olivenund Mandeln, so wie Bier inSpanien meist getrunken wird.Die Mannschaft des Michelin-Restaurants elBulli unter Lei-tung von Starkoch Ferrán Adriámachte sich an die Arbeit. He-raus kam „Inedit“, serviert inGourmet-Restaurants und ver-trieben in Feinkostläden undauch im El Corte Inglés in Ko-operation mit der BrauereiEstrella Damm.

Inedit, abgefüllt in Champa-gner-Flaschen, hat zum Ziel,

Bier ähnlich wie Wein hochrangigzu positionieren. „Die Ergebnissesind sehr gut“, so die Brand-Mana-gerin von Damm, Cristina Coll,gegenüber der spanischen Presse.

Sommelier Ferran Centelles,der an der Entwicklung von Ineditmitgearbeitet hat, sagt: „Da ist ei-niges an Pädagogik in dem Pro-dukt.“ Man wolle das Image vonBier verbessern und neue Kundenüber modernes Marketing gewin-nen, das auf Lifestyle setze. Dabeigehe es nicht darum, die Traditionder klassischen „Caña“, die amChiringuito oder in Bars gezapftwird, abzulösen.

Gebraut wird Inedit aus Hop-fen und Gersten- und Weizen-malz mit Geschmacksnoten vonOrangenschale, Lakritz und Ko-riander. Nein, pflegt Adriá zu sa-gen, „das ist kein Bier, das istInedit“. Im Spanischen bedeutet„inédito“ nämlich sinngemäß„etwas noch nie Dagewesenes“.

Inedit ist nur ein wenig teu-rer als herkömmliche Biere undsomit regelrecht demokratisch.Ganz anders als die Serie Ja-cobsen Vintage aus dem HauseCarlsberg – eine limitierte Aus-gabe von 600 Flaschen zumPreis von je 270 Euro.Kein Bier, sondern Inedit.

Während Spanien mit hervor-ragenden Weinen im besten Preis-Leistungs-Verhältnis den An-schluss an traditionsreiche Wein-produzenten wie Frankreich oderItalien gefunden hat, wird Biermade in Spain erst in den letztenJahren zunehmend geschätzt, teu-rer bezahlt – und auch für ex-klusive Anlässe gebraut: StarkochFerrán Adriá hat zusammen mitder Brauerei Damm das Inedit de-signt. Abgefüllt wird das Gourmet-Bier glamourös in Champagner-flaschen. Und kredenzt im bauchi-gen Weinglas.

Bier als CocktailHatte Bier bislang ein eher boden-ständiges Image, kommt Bier inSpanien neuerdings selbst fürCocktails in Betracht. Javier de lasMuelas, renommierter katalani-scher Barmixer, hat jüngst zusam-men mit der Brauerei Mahou zehninnovative Cocktails vorgestellt,die alle auf der Basis von Bier ge-mixt werden.

Manch einer seiner Bier-Cock-tails erinnere im Geschmack anSangría, ein anderer gar an Eiskaf-fee. „Bier“, sagt der avantgardisti-sche Genießer, „bietet für micheinfach mehr Möglichkeiten alsWein.“ Bis dato war einzig und al-lein die Clara – Bier mit Limona-de, in Berlin als Alsterwasser be-

kannt, im Süden als Radler – ein inSpanien beliebter Mix. Bier etwamit Coca-Cola mischen, in Bayernals „Neger“ ein Begriff, würde beider Bestellung den spanischen Wirtvöllig aus der Fassung bringen.

Boom der HausbrauereienOb Helles oder Dunkles, Weißbieroder Pilsner – wer einmal natur-belassenes Bier aus einer Haus-

brauerei probiert hat, kommtschnell auf den Geschmack. Nichtzuletzt darauf beruht der Erfolg derständig steigenden Zahl von Gast-hausbrauereien in Spanien. Die so-genannten Cervezas Artesanales

boomen.„Nirgendwo anders als in Spa-

nien eröffnen derzeit Jahr für Jahrso viele neue Hausbrauereien“,konstatiert Francisco Javier Castil-

lo, Herausgeber des ersten spani-schen Bier-Guides zu frischemselbst gebrautem Bier (siehe auchInterview Seite 46). Der passio-nierte Biertrinker kennt die Ge-schichte hinter jeder der neu ge-gründeten Kleinbrauereien. Da istzum Beispiel Bresañ, gegründet2004 in Palencia von Cristophe LeGalles, Bierbrauer mit französi-scher Abstammung in vierter Ge-neration. Sein Großvater war indeutscher Kriegsgefangenschaftals Zwangsarbeiter in einer bayeri-schen Brauerei eingesetzt worden.Von dort brachte er sein Wissenmit nach Spanien. Bresañ hat sichheute auf Starkbier spezialisiert –das Bresañ Navidad hat einen Al-koholgehalt von zehn Prozent.

Brauerei in der BurgStilvoll eingerichtet hat sich imNovember letzten Jahres dieBrauerei La Loca Juana mit ihremSudhaus und den Ausschanktanksim wuchtigen Castillo de Íscar ausdem 12. Jahrhundert nahe Vallado-lid, 150 Kilometer nordöstlich vonMadrid. Die Kleinbrauerei der Teil-haber Antonio Asón, Fernando de laRoza, Jesús Herrero und Juan Matowill bis 2015 ihre Produktion auf3.000 Hektoliter im Jahr steigern.

Die Kleinbrauerei Saramagal

wiederum im galicischen Agudelohat sich auf ein stärkeres Indian

Reine Natur: Hopfen, Malz und Gerste. Foto: Michael Allhoff

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46 Thema der Woche Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1482, 11. Mai 2012

Madrid – ma. Javier Castillo

ist von Beruf Elektrikermeister

in Madrid, doch sein Hobby

und seine ganze Leidenschaft

gilt selbst gebrautem frischem

Bier aus Gasthausbrauereien.

Mitte Mai veröffentlicht der

Bierfan auf seiner Homepage

www.cervezasnacionales.es ei-

nen ersten Guide über Gast-

hausbrauereien in Spanien.

CBN: Gasthausbrauereienin Spanien liegen offenbarim Trend.Castillo: Ja, die Mikros boo-

men. Das fing vor vier Jahren

an, doch der große Boom kam

dann 2009 und 2010, als sich

die meisten neuen Mikrobraue-

reien am Markt etablierten.

Selbst jetzt, in den ersten Mo-

naten dieses Jahres, haben in

ganz Spanien wieder neue

Gasthausbrauereien eröffnet.

Wie viele Gasthausbraue-reien gibt es derzeit in Spa-nien?

Ich habe bis heute über 120

Gasthausbrauereien erfasst.

Von 70 Gasthausbrauereien

stelle ich in meinem Führer die

technischen Daten ihrer jeweili-

gen Biersorten vor. Persönlich

besucht habe ich über 35 Mi-

krobrauereien.

Was haben spanische Gast-hausbrauereien gemein-sam?

Es sind kleine Betriebe. Umso

kleiner der Betrieb ist, desto

mehr zerbrechen sich die Brau-

er darüber den Kopf, wie sie ein

gutes Bier machen können. Für

eine Investition von nur 12.000

bis 18.000 Euro ist es schon

möglich, in das Geschäft einzu-

steigen. Jeder Bierbrauer hat so

sein eigenes Rezept. Es sind

meist Biere von hoher Fermen-

tation, aber auch Biere aus Rog-

gen, Pilsner oder Starkbiere.

Die Palette der Angebote ist

Javier Castillo, Autor des ersten Bier-Guides zu Gasthausbrauereien

„Boom der Mikros“

sehr groß. Das Geschäftsmodell ist

lokal, ausgeschenkt wird am Tre-

sen für das Dorf, das eigene Vier-

tel. Nur selten füllen die Mikros in

Flaschen oder Fässer ab.

Wie erklären Sie sich diesenTrend zu selbst gebrautemBier?

Ich habe keine Erklärung dafür.

Vielleicht liegt es daran, dass die

Verbraucher etwas Neues suchen,

also ein Bier, das sich von der in-

dustriellen Produktion abhebt. Für

die Brauer ist es natürlich sehr be-

friedigend, etwas mit den eigenen

Händen zu gestalten, was positive

Resultate bringt. Dass die Gäste

dann das gutheißen, was du

machst, ist schön.

Das Geschäft hat eine interes-sante Zukunft...

Sicher, der Trend hält jedenfalls

ungebrochen an. Diesen Monat ha-

ben wieder drei Gasthausbrauerei-

en eröffnet, eine in La Rioja, ei-

ne in Madrid, die nächste in Ex-

tremadura. Und auch die Messe

zu „Cervezas Artesanales“, zu

selbst gebrautem Bier, vom 19.

bis 20. Mai in Madrid wird das

Konzept der Gasthausbraue-

reien weiter potenzieren.

Spanien hat ja bislang mehrWein-Tradition...

Genau, Spanien hat immer sei-

ne Weine gehabt. Doch um

Wein zu keltern, braucht man

Weinreben und viel Land. Bier

lässt sich vergleichsweise viel

leichter im kleinen Maßstab

produzieren. Ich glaube, die

Hemmschwelle bei den Leuten,

selbst Bier zu brauen, ist gesun-

ken. Es klingt nämlich anfangs

kompliziert, Bier brauen ist ja

auch ein hartes Handwerk.

Aber offenbar haben viele Spa-

nier heute einfach weniger

Angst, eigenes Bier zu brauen.

Javier Castillo: „Bereits über 120 Mikros.“ Foto: M. Allhoff

Pale Ale aus gemälzter Gerste spe-

zialisiert. Und importiert den Hop-

fen aus der bayerischen Hallertau

und Tschechien. Saramagal, ge-

gründet als spontane Idee zweier

befreundeter Ehepaare, produziert

etwa 500 Hektoliter im Jahr.

Ein Hobby als BerufIn Madrid hat David Castro aus

seinem Hobby einen Beruf ge-

macht. Am Wochenende pflegte

der 39-jährige Informatiker in ei-

nem Sudkessel von elf Litern Bier

für seinen Freundeskreis zu brau-

en. „Ich habe herumprobiert, bis

das Bier auch meiner Frau gemun-

det hat“, sagt er. Als dann auch de-

ren Freundinnen auf den Ge-

schmack gekommen waren und re-

gelmäßig Nachschub orderten,

wusste Castro, dass er auf dem

richtigen Weg ist.

Angesichts drohender Arbeits-

losigkeit gründete der Manager

mithilfe eines Kredits der staatli-

chen Bank für Innovation in Höhe

von 250.000 Euro die Kleinbraue-

rei La Cibeles. Seit einem Jahr

produziert er Woche für Woche

rund 36 Hektoliter Bier und ver-

treibt die Flaschen in Kneipen und

Feinkostläden zum Preis von zwei

bis 3,50 Euro.

Ob das katalanische Rosita in

Tarragona, Tyris und Altura de

Vuelo in Valencia, La Fábrica in

Sevilla oder das Far West aus Al-

mería – gemeinsam ist allen Gast-

hausbrauereien ihre Passion für

meist naturtrübes, unfiltriertes und

nicht pasteurisiertes Bier, rein aus

Gerste, Hopfen, Wasser und Hefe

bereitet. An der Costa Blanca ge-

hören die deutschen Gasthaus-

brauereien De Bassus in Orihuela

Costa sowie die Hausbrauerei Ba-

varius in San Fulgencio zu den

Pionieren.

Kräftig im GeschmackSelbstgebrautes statt Massenware:

Es ist der unvergleichliche Ge-

schmack, der Genießer anzieht.

Selbst gebrautes frisches Bier

schmeckt herber. Aromatischer.

Und angenehm süffig. Ortstermin

im De Bassus zur Verkostung von

vier Biersorten. Am Tisch sitzen

der spanische Sommelier Ricardo

Cases neben den deutschen Brau-

meistern Peter Müller und Max

Anneser sowie Timo Lohr, Chef-

Page 4: Hopfen Und Malz

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Thema der Woche 47Nr. 1482, 11. Mai 2012 I Costa Blanca Nachrichten

Braumeister bei Schneider Weiße,

dem einzigen deutschen Weißbier,

das in industriellem Maßstab, doch

rein naturbelassen produziert wird.

„Das Dunkle würde wunderbar

zu spanischer Blutwurst passen“,

schwärmt der Spanier, erstmals zu

Besuch in einer Hausbrauerei.

Oder zu einem kräftigen Gorgon-

zola-Käse. Auch zu getrocknetem

Tintenfisch, der Spezialität der Ve-

ga Baja. „Es ist kräftig, aber nicht

zu bitter, mit Aromen von Schoko-

lade und Lakritz“, urteilt der Con-

naisseur.

Dann zapft Braumeister Max

Anneser die nächste Kostprobe –

frisches Weißbier. Honiggelbe

Farbe, üppig-voller feinporiger

Schaum. „Angenehme Noten von

Banane, fruchtig wie Saft“, attes-

tiert der Sommelier. „Wir Spa-

nier“, gibt er beim Zuprosten sei-

nen deutschen Kollegen gegenüber

zu, „trinken unser Bier meist viel

zu kalt. Da schmeckt man nichts

mehr.“

Kunst und KönnenDas freut Wirt Peter Müller. Der

Geschäftsmann baut seit Jahren

Gasthausbrauereien auf, sei es in

Deutschland, Russland, China oder

Südkorea. Und derzeit eben in

Spanien, in Orihuela, Torrevieja

und Elche. „Wir machen lebendi-

ges Bier“, sagt der Brauer. Und

meint das bierernst: Tatsächlich

würden nämlich alle Vitamine, En-

zyme und Eiweiße in den lebendi-

gen Hefe-Mikroorganismen eines

frisch gebrauten Biers erhalten

bleiben. „Bier brauen kann eigent-

lich jeder“, sagt der Braumeister.

Doch es komme auf das Zusam-

menspiel von „professioneller

Technik und dem Können des

Braumeisters“ an. „Auf die Hard-

ware und auf die Software.“

Ohne Zweifel, Deutschland

steht Pate beim Boom spanischer

Hausbrauereien. Unten brauen,

oben zapfen: Allein in Bayern sind

über 85 Hausbrauereien beheima-

tet, von A wie Air-Bräu am

Münchner Flughafen bis Z wie

Zoigl Brauerei in Windischeschen-

bach. Der Deutsche Brauerbund

listet 900 Kleinbrauereien auf, 300

mehr als noch vor 15 Jahren. Al-

lein in Berlin haben stolze 16

Brauhäuser ihren Ausschank ge-

öffnet.

Hopfen aus DeutschlandNicht nur das Reinheitsgebot, erst-

mals 1516 in Bayern eingeführt,

machte auf der ganzen Welt Kar-

riere, sondern auch das Know-how

der Deutschen. Betriebe in den

USA und in Südamerika, in Afrika

und Asien holten sich deutsche

Braumeister. Und eine der wich-

tigsten Zutaten für Bier, der Hop-

fen, bleibt deutsch: Ein Viertel der

weltweiten Ernte stammt aus der

Region Hallertau, dem größten

Hopfenanbaugebiet der Welt.

Letztlich eint insbesondere

Spanien und Deutschland im Bier-

brauen eine lange Geschichte.

Denn im 16. Jahrhundert hat Kai-

ser Karl V. deutsche Bierbrauer

auf die Iberische Halbinsel mitge-

bracht. Der in Spanien als Carlos I.

inthronisierte Herrscher („In mei-

nem Reich geht die Sonne nie un-

ter“) ließ im Kloster von Yuste die

erste Biermanufaktur in Spanien

einrichten.

An der Costa Blanca mit ihrer

multikulturellen Bevölkerung fin-

den sich in den Bars und Kneipen

Biere jeglicher Nation – ob engli-

sches Guinness, belgisches Pilsner

und Leffe, russisches Baltika, däni-

sches Carlsberg oder französisches

L’Angelus.

Dass gleich zwei deutsche

Gasthausbrauereien den spani-

schen Hausbrauereien Konkurrenz

machen, ist da kein Zufall. „Ange-

sichts der großen deutschen Kolo-

nie hat das hier gefehlt“, erklärt

Francisco Manuel Tari das Kon-

zept der vor einem Jahr eröffneten

Hausbrauerei Bavarius. Zusammen

mit seinem deutschen Partner Peter

Vogt braut er vornehmlich Helles.

Ein gelungener spanisch-deutscher

Schulterschluss. Prost. Und Salud!

Gute Laune am Tresen: Spanier trinken mehr Bier als Wein. Fotos: Ángel García

Beliebte Freizeitgestaltung: Genuss einer „Caña“ oder eines „Tercio“ am Strand-Chiringuito.