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Gute und umfassende Beratung bei Schmerzkunden in der Selbstmedikation

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Gute und umfassende Beratung bei Schmerzkunden in der Selbstmedikation

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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 3

1 Einführung 4

2 Zahlen, Daten und Fakten zum Thema OTC-Schmerzmittel 5

3 Wie entstehen Schmerzen? 6

4 Das körpereigene Gefahrenmeldesystem gegen Schmerzen 8

5 Schmerz- und Entzündungsmediatoren 10

6 Viszerale oder somatische Schmerzen? 11

7 Akute oder chronische Schmerzen? 12

7.1 Akute Schmerzen 12

7.2 Chronische Schmerzen 12

8 Instrumente zur Erfassung von Schmerzen 13

8.1 Analogskala 13

8.2 Schmerzfragebögen 13

8.3 Schmerztagebuch 139 Häufige Schmerzarten in der Apothekenberatung 14

9.1 Kopfschmerzen 14

9.1.1 Spannungskopfschmerzen 14

9.1.2 Migräne 15

9.1.3 Sonderfall: Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch 17

9.2 Menstruationsschmerzen 18

9.3 Zahnschmerzen 18

9.4 Bewegungsschmerzen 19

9.4.1 Muskelschmerzen 19

9.4.2 Rheumatische Beschwerden 20

9.5 Sport- und Unfallverletzungen 2110 Allgemeine Tipps bei Schmerzen 22

10.1 Patienten mit Kopfschmerzen 22

10.2 Patienten mit Bewegungsschmerzen 23

10.3 Patientinnen mit Regelschmerzen 2311 Medikamentöse Therapie von Schmerzen 24

11.1 Substanzen zur Selbstmedikation 25

11.2 Verschreibungspflichtige Substanzen 3112 Das Beratungsgespräch 32

12.1 Leitfaden zur Beratung bei Schmerzen 32

12.2 Beratungstipps zum richtigen Umgang mit Schmerzmitteln 33

Literaturangaben 34

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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Aδ- und C-Nervenfasern 6

Abbildung 2: Wie entstehen Schmerzen – Reaktion auf brennende Kerze (Hexal AG: www.schmerz.de/schmerz/wie-entstehen-schmerzen/, Juni 2017) 7

Abbildung 3: Nozizeptoren, die auf Reize reagieren (Butler D., Moseley L., Schmerzen verstehen, S. 24, 2016) 8

Tabelle 1: Somatischer und viszeraler Schmerz (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013, 200-201) 11

Abbildung 4: Numerische und visuelle Analogskala 13

Abbildung 5: Häufigkeit der verschiedenen Kopfschmerzarten (Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 10) 14

Tabelle 2: Unterschied: Spannungskopfschmerz und Migräne (Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 13) 16

Abbildung 6: WHO-Stufenschema (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 203) 24

Tabelle 3: Prostaglandinwirkungen und die daraus resultierenden Klinischen Effekte der COX-Hemmung (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 207); (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 181) 26

Tabelle 4: Selbstmedikation – Steckbrief Acetylsalicylsäure 26

Tabelle 5: Selbstmedikation – Steckbrief Ibuprofen/Ibuprofen-Lysinat 27

Tabelle 6: Selbstmedikation – Steckbrief Diclofenac-Kalium 27

Tabelle 7: Selbstmedikation – Steckbrief Naproxen 28

Tabelle 8: Wichtige Nebenwirkungen und Kontraindikationen der NSAIDs (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 207-208) 28

Tabelle 9: Interaktionen der NSAIDs und mögliche Folgen (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 208) 29

Tabelle 10: Selbstmedikation – Steckbrief Paracetamol 30

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1 Einführung

Jeder hat schon einmal Schmerzen erlebt. Doch was genau ist Schmerz? Dies zu beschrei-ben fällt sogar Experten schwer. Nach einer Definition der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) aus dem Jahr 1979 handelt es sich bei Schmerz um:

„Ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebe-schädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“(http://schmerzliga.de/was_ist_schmerz.html, Juni 2017)

Im Gegensatz zu früheren Einschätzungen, dass Schmerzen einen rein körperlichen Vorgang betreffen, wird in dieser Erklärung zum ersten Mal das persönliche Schmerzempfinden mit einbezogen.

Das Schmerzempfinden ist subjektiv. Nur die betroffene Person ist in der Lage das Gefühl und die Intensität zu beschreiben. Niemand als die Person selbst kann beurteilen, welche Schmerzen unerträglich sind und mit welchen Schmerzen sie leben kann. Schmerzen werden u. a. als bohrend, pochend, stechend, hell, spitz oder dumpf beschrieben. Meistens kann die Art des Schmerzes und der Ort Aufschluss über die Schmerzursache geben.

Schmerzen sind ein wichtiges Signal unseres Körpers. Sie besitzen eine wichtige Warn- und Schutzfunktion. Diese Schutzfunktion zeigt dem Körper an, dass etwas nicht stimmt. Der Kör-per versucht durch Gegenmaßnahmen Schaden abzuwenden. Auslöser für Schmerzen kön-nen sehr vielseitig sein, wie z. B. Kälte, Hitze, Verletzungen oder Entzündungen.

Bei Schmerzen stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Kunden, die mit Schmerzen in die Apotheke kommen, leiden meist unter akuten Schmerzen und legen besonderen Wert auf eine schnelle Linderung mit möglichst wenigen Nebenwirkungen. Ma-chen Sie sich also fit in Ihrer Beratung!

In dieser E-Learning Schulung möchten wir Sie zur Thematik „Gute und umfassende Beratung bei Schmerzkunden in der Selbstmedikation“ schulen. Zunächst werden wir Ihnen wichtiges Grundlagenwissen näher bringen, anschließend erhalten Sie von uns handhabbare und prak-tische Tipps für Ihre zukünftigen Beratungsgespräche.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!

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2 Zahlen, Daten und Fakten zum Thema OTC-Schmerzmittel

Viele Betroffene mit Schmerzen suchen zunächst eine Apotheke auf. OTC-Analgetika sind tatsächlich die am meisten nachgefragten Medikamente in deutschen Apotheken. So gingen nach Angaben des Informations-dienstleisters „IMS Health“ im Jahr 2013 rund 109 Mil-lionen OTC-Schmerzmittelpackungen über den HV-Tisch. Eine Zahl, die sich in den Jahren kaum verändert hat. Umgerechnet verkaufen Sie als Apothekenmitarbeiter durchschnittlich 3 x pro Stunde ein Schmerzmittel bzw. es gehen mehr als 400.000 Packungen rezeptfreie Anal-getika täglich über die HV-Tische deutscher Apotheken. (Tebroke E Ibuprofen am Umsatzsatzstärksten. Pharmazeutische Zeitung

online. 2014; 14 einsehbar unter www.pharmazeutische-zeitung.de/index.

php?id=54459, Mai 2017)

Noch ein wissenswertes Detail: Menschen auf der ge-samten Welt konsumieren pro Jahr ca. 100 Milliarden (40.000 Tonnen) Acetylsalicylsäure-Tabletten. Wenn man diese Tabletten alle in eine Reihe nebeneinander legen würde, wäre diese Linie tatsächlich 1 Million Kilo-meter lang. (Butler D, Moseley L, Schmerzen verstehen.2016; 11)

Doch Schmerzmittel können auch Nebenwirkungen ha-ben. Daher nimmt der richtige und verantwortungsbe-wusste Umgang großen Einfluss auf die Sicherheit von Schmerzmitteln. Hier können Sie in der Beratung einen entscheidenden Beitrag leisten!

In Ihren Beratungsgesprächen müssen Sie nicht nur den passenden Wirkstoff in der geeigneten Dosierung und der optimalen Zubereitung für jeden Kunden individuell herausfinden, sondern auch die Warnsignale erkennen, die einen dringenden Arztbesuch erforderlich machen.

Darüber hinaus erwarten Ihre Kunden hilfreiche Tipps zur Prävention und zum Umgang mit dem Schmerz. Die fol-genden Seiten bieten Ihnen fundiertes Grundlagenwis-sen, um Ihnen bei diesen Aufgaben zu helfen.

Einige Patienten bekommen bereits Analgetika von ihrem Arzt verschrieben – kaufen aber noch zusätz-lich rezeptfreie Präparate in der Apotheke ein und riskieren dadurch ggf. unerwünschte Wirkungen. Auch verzichten wiederum Patienten immer wieder bewusst auf die Einnahme von Schmerzmitteln, nach dem Motto „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ und riskieren dadurch eine Chronifizierung ihrer Schmer-zen. So oder so, eine gute Beratung von Schmerzpa-tienten ist wichtig, um einerseits Arzneimittelrisiken zu minimieren und andererseits Patienten bei Bedarf frühzeitig an einen Spezialisten zu verweisen!

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3 Wie entstehen Schmerzen?

Schmerzreize werden von schmerzempfindlichen Rezep-toren oder „Schmerzfühlern“ aufgenommen. Diese so genannten Nozizeptoren finden sich an den Enden von Nervenfasern und sind im ganzen Körper verteilt, vor allem in der Haut, aber auch an vielen anderen menschlichen Organen (Ausnahme: Gehirn und Leberparenchym). Die-se Biosensoren reagieren auf thermische, mechanische und chemische Reize, wie z. B. Temperaturveränderung, Druck oder Verletzungen. Nozizeptoren sind ein wichtiger Teil unseres speziellen Gefahrenmeldesystems im Körper. Wir werden im Kapitel 4 noch näher darauf eingehen.

Um die Übertragung von Schmerzen zu verbessern, werden im Körper Schmerzbotenstoffe freigesetzt, die die Schmerzempfangsstellen anregen und dadurch die Schmerzempfindung verstärken. Diese Schmerzboten-stoffe, zu ihnen gehören z. B. die Prostaglandine, werden in einem komplizierten Vorgang im Gewebe gebildet.

Entsteht ein Schmerzsignal, wird es innerhalb kürzester Zeit über Nervenbahnen zunächst an das Rückenmark und dann an das Gehirn weitergeleitet. Wie schnell der Schmerz weitergeleitet wird, beeinflusst wie er sich äu-ßert. Schmerzfasern, die den Impuls schnell weiterlei-ten, bewirken einen intensiven Sofortschmerz. Andere Nervenstränge leiten nur sehr langsam, was sich meist in einem dumpfen, länger anhaltenden Schmerz äußert.

Die Nervenfasern

Die Weiterleitung der Aktionspotenziale der Schmerzre-zeptoren erfolgt über deren sensorische Nervenfasern (Axone) zunächst in einen speziellen Bereich des Rü-ckenmarks. Dieser Weg ist kurz und dauert daher nur wenige Millisekunden; ein wichtiger Faktor um Schutz und Fluchtreflexe auszulösen, die bereits vor der Wahr-nehmung des Schmerzes initiiert werden. Die Leitung der Aktionspotenziale erfolgt über so genannte Aδ- und C-Fasern.

Aδ-Fasern werden von Markscheiden umhüllt, die in regel-mäßigen Abständen von so genannten „Schnürringen“ un-terbrochen sind. Die Erregung wird entlang dieser Fasern von einem Schnürring zum nächsten weitergeleitet, so dass eine schnelle Schmerzleitung möglich ist. Aδ-Fasern vermit-teln spitze, lokalisierte Schmerzen.

Die C-Fasern sind dagegen marklos. Die Schmerzleitung

erfolgt hier nur langsam und kontinuierlich. C-Fasern sind für die Leitung der dumpfen, schlecht lokalisierba-ren Schmerzen zuständig. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 198)

Abbildung 1: Aδ- und C-Nervenfasern

Das Rückenmark – die erste Umschaltstelle

Rückenmark und Gehirn bilden das zentrale Nerven-system (ZNS). Auf dem Weg zum Gehirn passiert ein Schmerzimpuls als erste Station das Hinterhorn des Rü-ckenmarks. Hier erfolgt die Umschaltung des Aktions-potenzials auf weiterführende Nervenbahnen. Die Um-schaltung erfolgt dabei über Synapsen. Dabei handelt es sich um kolbenartige Auftreibungen der Nervenzellen, die über Neurotransmitterausschüttungen für den Kon-takt von Nervenzellen untereinander zuständig sind.

Diese Schaltstelle leitet das Signal nicht nur weiter, son-dern setzt eine Reaktion in Gang, die automatisch ab-läuft: den Abwehrreflex. Dadurch zieht man beispiels-weise seine Hand von einer brennenden Kerze zurück, wenn man sich verbrannt hat. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 198-199)

(http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4287, Juli 2017)

Aδ-Fasern C-Fasern

Axon

Markscheide

Nervenfaserbündel

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Das Gehirn – die zweite Umschaltstelle

Das Gehirn ist die zweite Schaltstelle, die dazu führt, dass wir Schmerzen empfinden. Die emotionale Verarbeitung von Schmerzreizen findet in einer Region mitten im Ge-hirn statt, dem Thalamus – der zentralen Sammelstelle für Sinnessysteme.

Schließlich landet der Schmerzimpuls in der Hirnrinde. Je nachdem, auf welchem Abschnitt der Hirnrinde der Impuls eintrifft, nehmen wir dann Schmerzen bewusst z. B. in Bein, Bauch oder Arm wahr.

Bei Eintreffen eines Schmerzimpulses reagiert das Ge-hirn sofort, um die unangenehme Empfindung zu unter-drücken. Über Nervenfasern sendet es einen Impuls in umgekehrter Richtung zurück an das Rückenmark. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013;198-199)

(http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4287, Juli 2017)

Das Gehirn kontrolliert die Schaltstelle im Rückenmark

Vom Gehirn gehen Nervenbahnen aus, die bis hinab zum Rückenmark reichen. Dadurch kann das Gehirn die Um-schaltstelle im Rückenmark kontrollieren.

Bei Angst, Stress und Depression wird die Umschaltstelle im Rückenmark geöffnet. Dann ist der „Schmerzwäch-ter“ (Nozizeptoren) nicht aktiv und die Schmerzen wer-den stärker wahrgenommen.

Ist die Schaltstelle geschlossen, gelangt der Schmerz nicht ins Rückenmark und man verspürt keine Schmer-zen. Der „Schmerzwächter“ wird dann aktiv und unter-drückt die Schmerzimpulse aus den Nerven. Deshalb kann oft intensives Reiben oder Drücken der verletzten Körperstelle helfen, um den Schmerz zu vermindern oder sogar zu unterdrücken. Aber auch in Wettkampfsituati-onen, bei akutem Stress oder bei starker Angst funktio-niert diese Schmerzkontrolle.

Von den Schaltstellen im Rückenmark gehen gleichzeitig Reflexe aus, die das Gehirn nicht beeinflussen kann. Die-se Reflexe machen sich z. B. in Form von Muskelverspan-nungen bemerkbar. Als Folge von Schmerzen können sich aber auch die Blutgefäße verengen – dann wird das Gewebe schlechter durchblutet. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 198-199)

(http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4287, Juli 2017)

Körpereigene Schmerzmittel

In Extremsituationen kann der Körper Stoffe herstellen, die den Schmerz lindern und für kurze Zeit sogar aus-schalten. Diese Schmerzmittel (Endorphine, Enkephaline und Endocannabinoide) werden z. B. bei schweren Verlet-zungen nach einem Unfall oder bei starker körperlicher Anstrengung vermehrt ausgeschüttet. So unterstützen wir mit Medikamenten das, was der Körper schon auto-matisch zur Schmerzunterdrückung leistet. Unsere kör-pereigenen Schmerzmittel sind auch der Grund, warum Verletzungen nach einem Unfall erst viel später wahrge-nommen werden. Meist ist dies der Fall, wenn der Kör-per wieder zur Ruhe kommt und weniger körpereigene Schmerzmittel produziert. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 202)

(http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4287, Juli 2017)

Abbildung 2: Wie entstehen Schmerzen – Reaktion auf brennende Kerze (Hexal

AG: www.schmerz.de/schmerz/wie-entstehen-schmerzen/, Juni 2017)

Sicher kennen Sie den Spruch: „Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.“ Denn wer sich schon einmal ver-letzt hat, wird in einer ähnlichen Situation wahr-scheinlich etwas vorsichtiger sein. Vorbelastet ist man übrigens auch dann, wenn schon jemand aus der eigenen Familie unter häufigen Schmerzen, wie z. B. Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen leidet. In diesem Fall werden Sie Ihre eigenen Schmerzen ver-mutlich anders bewerten als derjenige, der bislang keine bzw. nur selten Schmerzen hat.

Rückenmark

Muskel

sensorische Nervenfasern

motorische Nervenfasern

Nerv

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4 Das körpereigene Gefahrenmelde-system gegen Schmerzen

Niemand möchte gerne Schmerzen haben. Sobald man Schmerzen verspürt, möchte man sie schnellstmöglich wieder loswerden. Das ist verständlich, denn Schmerzen können äußerst unangenehm und hartnäckig sein. Aber gerade deshalb übernehmen Schmerzen eine wichtige Aufgabe im Leben, da sie uns beschützen und im Fall einer Gefahr alarmieren. Oft tritt dieser Mechanismus bereits auf, bevor überhaupt eine Verletzung stattgefun-den hat oder man sich unter Umständen noch schlimmer verletzt. Mit Schmerzen bewegt man sich anders, man verhält sich anders, man denkt sogar anders.

Schmerzen können in der Tat so wirkungsvoll sein, dass man an nichts anderes mehr denken kann. Ist das Ge-hirn jedoch der Meinung, dass Schmerzen gerade eher von Nachteil wären (stellen Sie sich eine verletzte Person vor, die sich vor dem Feind versteckt oder fliehen muss), würde man zumindest zunächst, dank unserer körperei-genen Schmerzmittel, keine bzw. wenig Schmerzen ver-spüren.

Über tausende von Jahren haben wir ein schlaues senso-risches System entwickelt, das unser Gehirn kontinuier-lich über Veränderungen in unserem Körper informiert. Ohne, dass wir uns dessen bewusst sind, reagiert unser Gehirn nahezu immer darauf. Damit der menschliche Körper Schmerz bemerken kann, verfügt er über ein weit verzweigtes „Meldesystem“. Ein spezielles Gefahrenmel-desystem, das vom Gehirn gesteuert wird, besitzt die Aufgabe, Veränderungen zu entdecken, die groß genug sind, um unter Umständen gefährlich zu werden.

Die Rolle der Nozizeptoren

Wie bereits erläutert, befinden sich überall in unserem Körper Millionen von kleinen Rezeptoren bzw. Nozizep-toren, die in der Lage sind Meldungen über das Rücken-mark an das Gehirn weiterzuleiten. Der spezialisierte „Schmerzrezeptor“, das Nozizeptor, ist das verzweigte Ende einer Nervenfaser, der sich auf Schmerzreize spe-zialisiert hat und sie an das zentrale Nervensystem wei-terleitet. Manche reagieren nur auf mechanische Kräfte wie Kneifen oder Druck, andere wiederum reagieren auf Temperaturunterschiede oder auf chemische Ver-änderungen.

Im Falle eines akuten Schmerzgeschehens treten nach einer Gewebeschädigung sofort die Schmerzmediato-ren ATP (Adenosintriphosphat) und Protonen aus den geschädigten Zellen sowie Serotonin aus den Thrombo-zyten aus. Diese Mediatoren bewirken einen deutlichen Calcium- und Natriumeinstrom in die Neuronen. Dieses Einströmen löst einen elektrischen Impuls in den Neuro-nen aus. Dieser Impuls wird wiederum über das Rücken-mark mittels Nervenfasern an unser Gehirn weiterglei-tet. Geht man beispielsweise zum Zahnarzt und lässt sich vor der Behandlung eine Spritze geben, so blockiert das Medikament spezielle Nozizeptoren, damit sie keine me-chanischen Reize mehr empfangen können. Es werden keine Impulse mehr zum Rückenmark weitergeleitet und die Behandlung kann weitgehend schmerzfrei erfolgen. Bei Entzündungsschmerzen werden zusätzlich immun-kompetente Zellen wie neutrophile Granulozyten, Ma-krophagen und Mastzellen aus dem Blut rekrutiert und wandern in das entzündete Gewebe ein. Dort setzen sie wiederum Entzündungs- und Schmerzmediatoren frei. So entstehen die typischen Entzündungssymptome wie Ödem, Erythem, Schmerz und Hyperalgesie.

Abbildung 3: Nozizeptoren, die auf Reize reagieren (Butler D, Moseley L

Schmerzen verstehen. 2016; 24)

Nozizeptoren haben nur eine kurze Lebensdauer von we-nigen Tagen. Danach werden sie von neuen Sensoren ersetzt. Dieser Wechsel bedeutet aber auch, dass ihre Empfindlichkeit sich ständig verändert. So kann die Emp-findlichkeit gegenüber einem bestimmten Reiz entweder gesenkt oder gesteigert werden. Im Fall von chronischen Schmerzen kann dies positive, aber auch negative Aus-wirkungen mit sich bringen.

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Unser Gefahrenmeldesystem informiert also unser Ge-hirn, wenn unser Körper in Gefahr ist. So kann es das Ausmaß und die Art der Gefahr melden (z. B. eine ernst-hafte Verbrennung im Vergleich zu einer kleinen Schürf-wunde).

Auf Grund von Krankheiten und Verletzungen kann die-ses Alarmsystem fehlerhaft sein, wie z. B. bei einer Quer-schnittslähmung. In sehr seltenen Fällen haben sogar Menschen von Geburt an ein fehlerhaftes Gefahrenmel-desystem. Das ist ein Problem, da sie keine Schmerzen verspüren, wenn ihr Körper in Gefahr ist. Lebensgefähr-liche Situationen, wie z. B. eine Blinddarmentzündung, können damit nicht rechtzeitig entdeckt werden.

Unser Gefahrenmeldesystem arbeitet stets eng mit ande-ren Sicherheitssystemen im Körper zusammen. Dazu ge-hören das Sehen, Riechen und Schmecken. Zusammen mit diesen vier Sinnen schützt es unseren Körper.(Butler D, Moseley L Schmerzen verstehen. 2016, 22, 24-25)

(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013, 196-197)

Wussten Sie, dass Fakire keine Schmerzen spüren, weil sie durch jahrelanges Training die Teile des Ge-hirns beeinflussen können, mit denen man Schmer-zen wahrnimmt? Fakire meditieren, bevor sie sich auf ein Nagelbrett legen, und versetzen sich in einen Zustand der Selbsthypnose.

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5 Schmerz- und Entzündungs-mediatoren

Schmerzmediatoren sind die Botenstoffe des Schmerzes im Gewebe; hierzu gehören hormonähnliche Substan-zen (z. B. Prostaglandine), Neurotransmitter (z. B. Bra-dykinin, Serotonin, Histamin, Acetylcholin) und Ionen (z. B. Natrium (Na+), Kalium (K+), Wasserstoff (H+)). Letztere senken den pH-Wert im Gewebe ab und wirken zusammen mit den anderen Substanzen schmerzsensi-bilisierend. Besonders die Prostaglandine nehmen eine zentrale Rolle bei der Schmerzentstehung und -aufrecht-erhaltung sowie bei Entzündungen ein und sollen daher im folgenden Kapitel näher betrachtet werden.

Zunächst müssen die Prostaglandine über die Arachi-donsäure und das körpereigene Enzym

Cyclooxygenase (COX) synthetisiert werden. Arachidon-säure kommt im Körper nur in geringen Mengen frei vor. Der größte Teil ist in die Phospholipide der Zellmembra-nen eingebaut. Auf Reize verschiedenster Art, besonders auf zellschädigende Noxen, wird Arachidonsäure aus Phospholipiden durch die Phospholipase A2 metaboli-siert. Das Schlüsselenzym Cyclooxygenase wird u. a. für die Bildung von Prostaglandinen vermehrt gebildet. Bei der Cyclooxygenase unterscheidet man die beiden Iso-formen COX-1 und COX-2, die in ihrer Proteinstruktur sehr ähnlich sind. COX-1 kommt in fast allen Zellen konstitutiv vor, während die Synthese von COX-2 erst bei Verletzun-gen oder Entzündungen durch Zytokine induziert wird.

Nach ihrer Synthese erregen die Prostaglandine dann die Nozizeptoren. Sie haben mehrere Funktionen:

• Erregung von Schmerzrezeptoren (Schmerzent-stehung) und Aktivierung weiterer Schmerzme-diatoren, die die Nozizeptoren noch weiter anre-gen (= periphere Sensibilisierung, Senkung der Reizschwelle der Schmerzrezeptoren). Die Nozi-zeptoren schütten hierbei auch weitere eigene Botenstoffe aus (Neuropeptide, z. B. Substanz P, L-Glutamat), die ihrerseits an dem Kreislauf der Schmerzverstärkung beteiligt sind.

• Erweiterung von Blutgefäßen

• Fieberentstehung

• Förderung oder Hemmung der Plättchenaggregation

Neben den Arachidonsäuremetaboliten wirken noch andere, infolge von Gewebsschädigung auftretende Substanzen, schmerzauslösend. Dazu gehören :

• Histamin

• Leukotriene

• Bradykinin

• Neuropeptide (Substanz P)

• Nerve Growth Factor (NGF) (siehe: Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 198; 206-207)

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6 Viszerale oder somatische Schmerzen?

Je nach Lokalisation lässt sich Schmerz in somatischen (Oberflächen- und Tiefenschmerz) und in viszeralen (Ein-geweideschmerz) Schmerz unterscheiden:

Tabelle 1: Somatischer und viszeraler Schmerz (Mutschler E et al. Mutschler

Arzneimittelwirkungen. 2013, 200-201)

Der somatische Schmerz gliedert sich weiter in einen Oberflächenschmerz, der bei Reizung der Schmerzrezep-toren der Haut entsteht, und einen Tiefenschmerz, der von Muskeln, Knochen, Bindegewebe usw. ausgeht.

Der viszerale Schmerz hat seinen Ursprung in den inne-ren Organen (z. B. Magen, Galle, Darm) bei Entzündun-gen, mangelnder Durchblutung, Dehnung von Hohlor-ganen oder Spasmen der glatten Muskulatur.

Somatischer Oberflächen-/Tiefenschmerz

• Oberflächenschmerz (z. B. Nadelstich, Schnittver-letzung):

> Schmerz: besitzt einen hellen, stechenden Charak-ter, ist gut lokalisierbar, klingt schnell ab. Funktion: Stimulation der Abwehr- oder Fluchtreaktion

• Tiefenschmerz (z. B. Kopfschmerzen, Zahnschmer-zen, Knochen- und Gelenkschmerzen):

> Schmerz: besitzt einen dumpfen, brennenden Charakter, ist schlecht lokalisierbar, klingt langsa-mer ab. Funktion: Ruhigstellung, Schonhaltung

Viszeraler Eingeweideschmerz

Hierzu zählen z. B. Regelschmerzen, Nieren- und Gallen-steine: dumpfer Charakter, ist schlecht lokalisierbar, auch Ausstrahlung in andere Regionen möglich (z. B. Herzinfarkt – Schmerzen im linken Arm), hält oft länger an. Funktion: Ruhigstellung, Schonhaltung

Nicht alle Teile des Körpers sind mit Nozizeptoren ausgestattet. So sind z.B. das Gehirn oder die Leber nicht schmerzempfindlich. Die gesamte äußere Haut, große Teile der Schleimhaut und zahlreiche Ge-webe bzw. Organe im Körperinneren önnen jedoch Schmerzen wahrnehmen.

(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 200-201)

Schmerzarten

somatisch

Ober-flächen-schmerz

Haut

Tiefen-schmerz

Kopf, Zähne,

Gelenke, Muskeln Knochen

Eingeweideschmerz

Magen, Bauchspeicheldrüse,

Galle, Nieren, Darm, usw.

viszeral

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7 Akute oder chronische Schmerzen?

Generell muss immer zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterschieden werden:

7.1 Akute Schmerzen

Akute Schmerzen sind das Signal für den Körper, sich schmerzmeidend bzw. heilungsfördernd zu verhalten. Sie sind meistens von kurzer Dauer, häufig gut lokalisier-bar und haben eine klare Bedeutung: den Schutz unse-rer Unversehrtheit. Haben wir uns z. B. verletzt, macht uns der akute Schmerz auf die Gefahr aufmerksam, und es kommt zu einer Schutzreaktion (z. B. Wegziehen der Hand von der Kerzenflamme, Schonhaltung und Ruhe nach Operationen). Akute Schmerzen treten z. B. bei Schnittwunden, Prellungen, Knochenbrüchen, Entzün-dungen, Verbrennungen und Zahnschmerzen auf.

Akutschmerzen sind in der Regel mit bestimmten Erre-gungs- bzw. Stressreaktionen gekoppelt. Dazu zählen etwa Herzklopfen, vertiefte Atmung und weite Pupillen. Auch reflexartiges Handeln gehört dazu. Wichtig ist, dass zumeist eine eindeutige Ursache zugrunde liegt und deshalb die Schmerzen sehr gut zu behandeln sind. Für uns bedeutet akuter Schmerz eine vorübergehende un-angenehme Erscheinung. Bis die Ursache behoben ist, helfen uns schmerzlindernde Medikamente und andere Maßnahmen (z. B. Bettruhe, Entspannungstraining), die Schmerzen zu ertragen. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 201))

7.2 Chronische Schmerzen

Im Gegensatz zu akuten Schmerzen haben chronische Schmerzen meist ihre Funktion verloren. Es sind Schmer-zen, die selbst zur Krankheit geworden sind.

So hängen chronische Schmerzen häufig gar nicht mehr mit der zugrunde liegenden Krankheit zusammen, wie z. B. der Spannungskopfschmerz. Ähnlich verhält es sich mit chronischen Rückenschmerzen, die keine schwer-wiegende organische Ursache haben. So kann z. B. ein Bandscheibenvorfall oder ein Hexenschuss bereits beho-ben sein; die Schmerzen halten aber weiter an.

Der chronische Schmerz ist gekennzeichnet als ständig wiederkehrender Schmerz (Beispiel Nackenschmerzen, Tri-geminusneuralgie) oder als Dauerschmerz (Beispiel Tumor-schmerzen). Schmerzen gelten im Allgemeinen erst dann als chronisch, wenn sie länger als drei Monate bestehen.

Sie sind häufig diffus, d. h. schlecht lokalisierbar. Dies be-deutet für die Therapie, dass ein Erfolg versprechendes Patentrezept fehlt. Häufig sind chronische Schmerzen Teil einer langwierigen, zumeist nicht ursächlich zu be-handelnden Erkrankung.

Der Betroffene kennt chronische Schmerzen als Dauer-schmerzen oder immer wiederkehrende Schmerzen. Dadurch haben chronische Schmerzen eine ganz eigene Dimension: Sie werden zu einer ständigen Beeinträchti-gung der Lebensqualität. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 201-202)

Das Schmerzgedächtnis

Chronische Schmerzen können entstehen, wenn sich akute Schmerzen ständig wiederholen. Werden also Nozizeptoren immer wieder gereizt, kommt es zu einer peripheren und zentralen Sensibilisierung der Neuro-nen. Dementsprechend ist die Erregbarkeit der Neurone erhöht, sodass bereits geringe Reize eine Schmerzemp-findung auslösen. Das Schmerzgedächtnis ist entschei-dend für die Entstehung chronischer Schmerzen, die möglichst frühzeitig behandelt werden müssen, um die fortschreitende Sensibilisierung der zentralen Neuronen zu unterbrechen. Das sogenannte „Schmerzgedächtnis“ ruft dann Schmerzen hervor, ohne dass die Schadensfüh-ler an den Enden der Nerven erregt werden müssen. Der Schmerz hat den ursprünglichen Anlass überdauert und ist zu einer Krankheit geworden.(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 199-200)

Wiederkehrende Schmerzen

Es gibt Schmerzen, die weder akut noch chronisch sind – sie treten in bestimmten zeitlichen Abständen immer wieder auf. Typische wiederkehrende Schmerzen sind z. B. Mig-räne oder Menstruationsschmerzen bei Frauen.

In Deutschland leiden etwa 12 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen. Vielen Patienten helfen Medikamente. Krankengymnastische Übungen und Gespräche – z. B. mit einem Psychotherapeuten –können den Heilungserfolg unterstützen.

(www.schmerz.de/schmerz/chronische-schmerzen/, Mai 2017)

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8 Instrumente zur Erfassung von Schmerzen

Schmerzen sind subjektiv – jeder Mensch nimmt sie also anders wahr. Schmerzen haben immer sowohl körperli-che als auch psychische Ursachen – nur sind die Anteile unterschiedlich stark gewichtet. (siehe: www.medizinfo.de/schmerz/rezeptor.htm, Mai 2017)

Während der eine Patient bereits von starken Schmer-zen spricht, gibt ein anderer nur geringe Schmerzen an. Neben einer wahrscheinlich unterschiedlichen Aktivität des schmerzhemmenden Systems ist hierfür eine unter-schiedliche emotionale, affektive Schmerzverarbeitung verantwortlich. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 202)

In der Praxis werden Schmerzen mit Hilfe von verschie-denen Instrumenten erfasst:

8.1 Analogskala

Dabei handelt es sich um eine Skala, auf der ein Patient seine Schmerzen auf einer Strecke zwischen zwei Punk-ten angibt. Man unterscheidet bei der Schmerzmessung die visuelle Analogskala von der numerischen Analogskala. Bei der visuellen Analogskala ist die Strecke nur durch die Endpunkte markiert. In der Regel beträgt der Abstand zwischen den beiden Punkten 10 cm. Der Patient gibt auf dieser Strecke durch einen Strich seine aktuellen Schmerzen an. Man kann auch nach dem durchschnitt-lichen Schmerz innerhalb der letzten 24 Stunden oder nach dem durchschnittlichen Schmerz innerhalb der letz-ten 7 Tage fragen. Bei der Auswertung wird vom Arzt die Strecke ausgemessen und in mm angegeben.

8.2 Schmerzfragebögen

Allgemein können solche Fragebögen aus einem Anam-nesebogen, den der Patient vor der Schmerztherapie ausfüllt, einem Tagesprotokoll und einem Verlaufsfrage-bogen, der nach dem Ende der Therapie bzw. drei bis sechs Monate nach Behandlungsbeginn ausgefüllt wird, bestehen. Zusätzlich können Ärzte den Fragebogen um spezielle Module ergänzen, z. B. für ältere Patienten oder wenn es bereits eine Vermutung gibt, um welche Schmerzerkrankung es sich handelt. Die Fragen lassen sich in der Regel einfach und unkompliziert vom Patien-ten selbst bzw. mit Unterstützung des Arztes ausfüllen.

8.3 Schmerztagebuch

Das Schmerztagebuch ist ein wichtiger und unerlässli-cher Therapiebegleiter für jeden Betroffenen, insbeson-dere mit chronischen Schmerzen, und eine große Hilfe für den Arzt. Mit dem Führen eines Schmerztagebuches lernt der Betroffene seinen Schmerz kennen. Er kann sich verschiedene Faktoren, die auf sein Schmerzerleben ein-wirken, bewusst machen. So kann nicht nur die Medika-tion angepasst werden, auch die begleitende Therapie und die Aktivitäten des Betroffenen werden immer wie-der aktualisiert. Der Schmerz beherrscht nicht mehr den Tagesablauf. Der Betroffene gewinnt die Initiative zurück, die ihn aktiv am Leben teilnehmen lässt. Doch wie soll-te ein Schmerztagebuch aufgebaut sein? Notwendig ist es täglich die Schmerzstärke anhand einer Analogskala zu notieren. Ebenso sollten alle eingenommen Medika-mente mit Dosierungsangaben aufgeschrieben werden. Auch alle anderen auftretenden Beschwerden, wie z. B. Übelkeit und Erbrechen müssen mit aufgeführt werden. Selbst die eigenen Gedanken und Gefühle dürfen einen Platz im Tagebuch finden.

Abbildung 4: Numerische und visuelle Analogskala

Schmerzskala zur Ermittlung der Schmerzstärke

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Migräne

38 %

8 %

Spannungs- kopfschmerzen

54 %

Andere Kopfschmerzen

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9 Häufige Schmerzarten in der Apothekenberatung

Im folgenden Kapitel möchten wir Ihnen die häufigsten Krankheitsbilder aufzeigen, die Ihnen mit Sicherheit im Apothekenalltag immer wieder begegnen werden.

9.1 Kopfschmerzen

Kopfschmerzen sind kein neu-zeitliches Phänomen. Bereits 500 v. Chr. beschrieb Hippo-krates einige Symptome von Kopfschmerzen. Er vermute-te, dass giftige Dämpfe, die im Körper zirkulieren, für die Beschwerden verantwortlich sind und empfahl zur Be-handlung das Auflegen von speziellen Heilkräutern auf den Kopf. Die damals vermu-teten Ursachen mögen etwas seltsam klingen, doch Kopf-schmerzen sind nach wie vor ein Problem.

Kopfschmerzen gehören nämlich neben Rückenschmer-zen zu den häufigsten gesundheitlichen Beeinträchti-gungen: Etwa 71 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden gelegentlich unter Kopfschmerzen. (Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 11)

Kopfschmerzen werden häufig durch Stress, Verspan-nung, Alkohol, Wetter, Hormone, Erkältungskrankheiten oder Bluthochdruck ausgelöst.

Es gibt inzwischen über 180 Arten von Kopfschmerzen, sofern man den Definitionen der Internationalen Kopf-schmerzgesellschaft (IHS) folgt. (www.ihs-klassifikation.de/de/02_klassifikation/00.00.00_icd10table.

html, Juli 2017)

Eine so unüberschaubare Zahl von Krankheitsbildern mag zunächst ein Gefühl der Verunsicherung bewirken, doch in der Praxis ist die Diagnose viel einfacher. Denn über 90 % aller Kopfschmerzerkrankungen entfallen auf die Formen Spannungskopfschmerz und Migräne. In mehr als 9 von 10 Fällen handelt es sich also bei Kopf-

schmerzen um Spannungs-kopfschmerzen oder Migräne. (Bartlick H Kopfschmerzen & Migrä-

ne.2014; 11)

9.1.1 Spannungskopf-schmerzen

Die typischen Symptome für Spannungskopfschmerzen sind dumpfe, drückende bis ziehende Schmerzen. Der Schmerz beginnt häufig im Nacken und breitet sich all-mählich beidseitig über den gesamten Kopf aus. Viele Betroffene berichten, dass sich der Schmerz anfühlt, als stecke der Kopf in einem Schraubstock fest. Meistens

treten die Beschwerden nur an wenigen Tagen im Monat auf, deshalb nennt man sie episodische Spannungskopf-schmerzen. Rund ein Drittel der Bevölkerung leidet unter Spannungskopfschmerzen. Der Spannungskopfschmerz stellt die häufigste Kopfschmerzart dar. Häufige Ursa-chen sind z. B. Fehlhaltungen oder Stress. Nicht umsonst werden Spannungskopfschmerzen daher umgangs-sprachlich auch als „Verspannungskopfschmerzen“ oder „Stress-Kopfschmerzen“ bezeichnet. (Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 14-15)

Abbildung 5: Häufigkeit der verschiedenen Kopfschmerzarten (Daten

Kopfschmerzarten gemäß Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 10)

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9.1.2 Migräne

Bei der Migräne handelt es sich um einen pochenden, pulsierenden, fast immer einseitigen Kopfschmerz. Häu-fig treten Begleiterscheinungen auf wie z. B. Übelkeit, Erbrechen, Lärm-, Geruchs- und Lichtempfindlichkeit. Ca. 10 – 15 % der Deutschen leiden unter Migräne. Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer. Eine Migräne kann bereits erstmalig im Kindesalter auftreten.

Die häufigsten Auslöser sind: Stress, Alkoholkonsum, In-haltsstoffe in Nahrungsmitteln (z. B. Natriumglutamat), Wetter- und Klimaumstellung, Veränderung des Schlaf-rhythmus oder Einnahme von Kontrazeptiva (Antibaby-pille). Eine Migräne kann, besonders wenn sie erstma-lig auftritt, aufgrund ihrer Symptomatik (z. B. Übelkeit, Sehstörungen) bedrohlich erscheinen. Aus diesem Grund sollte zur Abklärung bzw. Diagnoseerstellung immer ärzt-liche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Der Migräneanfall kann in vier Phasen unterteilt wer-den, die aber nicht immer bei allen Patienten vollstän-dig durchlaufen werden.

Prodromal-Phase

Diese Vorphase, die 1 bis 2 Tage dauern kann, ist gekenn-zeichnet durch verschiedene Symptome wie beispielsweise Müdigkeit, Gähnen, Stimmungsänderungen oder Heißhun-ger auf bestimmte Nahrungsmittel. Auch ein zwanghaftes Verhalten (hinsichtlich Ordnung und Sauberkeit), Ödeme, depressive Verstimmungen, Lethargie oder Euphorie kön-nen sich während dieser Zeit bemerkbar machen.

Aura-Phase

Bei der Aura-Phase handelt es sich um eine neurologische Reiz- oder Ausfallerscheinung. Bei manchen Betroffenen (15–20%) treten dabei visuelle Eindrücke auf wie Lichtblit-ze, Flimmern oder Zick-Zack-Linien vor den Augen. Darüber hinaus kann es zu Sensibilitätsstörungen (Kribbeln in den Fingern) kommen. Auch Sprach- oder motorische Störun-gen sind möglich. Diese Erscheinungen bauen sich meist innerhalb von 5–20 Minuten auf und dauern selten länger als eine Stunde. Typischerweise enden die Symptome der Aura-Phase mit Beginn der Kopfschmerz-Phase.

Kopfschmerz-Phase

Diese Phase besteht in der Regel aus mittelschweren bis schweren, pulsierenden oder pochenden, einseitigen Kopf-schmerzen, die sich durch Bewegung verschlimmern. Be-gleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen sowie Geräusch- und Lichtempfindlichkeit. Diese Phase kann bis zu drei Tagen dau-ern. Oftmals müssen sich Migräne-Patienten während dieser Phase, bevorzugt in einem dunklen Raum, ruhig hinlegen.

Rückbildung und Erholungsphase

Manche Patienten schlafen am Ende einer Migräneattacke und danach sind die Kopfschmerzen häufig abgeklungen. Anderen wiederum geht es schlagartig besser, wenn sie sich übergeben haben. Auch wenn sich viele Betroffene noch bis zu 24 Stunden danach ausgelaugt und erschöpft fühlen, geht der Rückgang der Beschwerden häufig mit einem Ge-fühl der Erleichterung einher.(Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 20-27; 29-30)

Typisch für eine Migräne ist, dass sich die Schmerzen bei Bewegung verschlimmern und häufig Übelkeit und Erbrechen auftritt. Faustregel: Wenn der Patient sagt, dass ihm ein Spaziergang an frischer Luft gut tut, hat er keine Migräne. (http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=1091, Juni 2017)

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Art Spannungskopfschmerz Migräne

Schmerzstärke mäßig mittel bis stark

Schmerzort beidseitig einseitig

Charakterisierung des Schmerzes

drückend und ziehend pochend und pulsierend

Schmerzdauer 30 Minuten bis 7 Tage 4 Stunden bis 3 Tage

Mögliche Begleiterscheinungen

teilweise verspannte Nacken- oder Schulter-muskulatur

Empfindlichkeit gegen Licht, Lärm und Geruch, Übelkeit bis hin zu Erbrechen, allgemeines Unwohlsein, evtl. mit Aura (z. B.Sehstörungen, Sprachstörungen u. ä.)

Sonstiges leichte Aktivität an der frischen Luft kann zur Besserung beitragen

Verschlimmerung durch körperliche Aktivi-tät, Symptome verbessern sich eher durch körperliche Ruhe in z. B. einem abgedun-kelten Raum

Tabellle 2: Unterschied: Spannungskopfschmerz und Migräne (Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 13)

Grenzen der Selbstmedikation:

Fast immer sind Kopfschmerzen ungefährlich. Trotzdem sollten Betroffene bei folgenden Begleitsymptomen ärzt-liche Hilfe in Anspruch nehmen:

• plötzlich heftig stechende Kopfschmerzen (bevor-zugt im Hinterkopf)

• steifer Nacken mit Fieber und Schüttelfrost

• Kopfschmerzen, die mit der Zeit immer stärker werden

• Abgeschlagenheit, Müdigkeit

• Schwindel

• Übelkeit

• Seh- und Sprachstörungen

• Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme

• Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen

Folgende Abbildung zeigt wie man tendenziell zwischen den beiden Kopfschmerzarten (Migräne und Spannungs-kopfschmerz) differenzieren kann.

Kopfschmerzen können auch chronisch werden. Ge-mäß Definition der Internationalen Kopfschmerzge-sellschaft liegen bei folgenden Gegebenheiten chro-nische Kopfschmerzen vor:

Migräne gilt als chronisch, wenn die Anfälle an mehr als 15 Tagen im Monat auftreten und dies über mehr als drei Monate hinweg.

Spannungskopfschmerzen sind als chronisch einzu-stufen, wenn sie an mehr als 15 Tagen im Monat vor-kommen und dies über mindestens sechs Monate.(Bartlick H Kopfschmerzen & Migräne. 2014; 10-11)

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9.1.3 Sonderfall: Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch

Es klingt widersprüchlich, doch Medikamente die gegen Kopfschmerzen helfen, können wiederum Kopfschmer-zen auslösen. Wer an zehn oder mehr Tagen im Monat Kopfschmerztabletten schluckt, läuft daher Gefahr, dass sich ein Dauerkopfschmerz entwickelt. Doch es ist vielen Menschen nicht bewusst, dass man von Schmerzpräpa-raten abhängig werden kann und genau die Symptome auslöst, die man bekämpfen möchte. Sie übernehmen in Ihren Beratungsgesprächen daher eine besondere Ver-antwortung, da sie durch Ihre Kundenbindung Fehlge-brauch und Missbrauch von Schmerzmitteln am ehesten entdecken können. Aufklärung und Hilfsangebote sind sowohl als Prophylaxe als auch bei bereits bestehender Abhängigkeit wichtig. Bei Verdachtsfällen versuchen Sie daher Ihre Patienten an einen Arzt zu verweisen. Die Therapie besteht normalerweise aus einer Entzugs-behandlung, die entweder ambulant oder in manchen Fällen stationär durchgeführt werden kann und teilweise medikamentös (Antidepressiva) unterstützt wird. Medi-kamenteninduzierte Kopfschmerzen treten mit einer Prä-valenz von 1 bis 2 % in der Allgemeinbevölkerung auf und sind die dritthäufigste Kopfschmerzursache. Typisch sind Kopfschmerzen an mindestens 15 Tagen/Monat, die sich während des Übergebrauchs entwickeln oder verschlech-tern. Typischerweise entwickeln sich anhaltende bilatera-le, drückende, leichte bis mittelschwere Kopfschmerzen. (www.uniklinik-freiburg.de/neurologie/behandlung/kopfschmerz/, Mai 2017)

(http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=1091, Juni 2017)

Fallbeispiel:

Herr Anton leidet seit vielen Jahren unter Migräne. Die-se Kopfschmerzen konnte er lange Zeit durch Entspan-nungsübungen und durch die Einnahme von Ibuprofen und Triptanen, die er von seinem Hausarzt verordnet bekommen hat, in den Griff bekommen. Während einer anstrengenden mehrere Monate dauernden Umstellung im Betrieb, nahmen die Migräneattacken kontinuierlich zu. Teilweise nahm er an 15 Tagen im Monat seine Ibu-profen-Tabletten ein, um wieder fit zu sein. Schon bald musste er feststellen, dass er trotz seiner Schmerztablet-

ten immer wieder unter drückenden Kopfschmerzen litt. Um dagegen anzukämpfen verdoppelte er teilweise so-gar die Dosis seines Schmerzmittels. Sein Hausarzt stell-te letztendlich fest, dass es sich um Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch handelt. Herr Anton nahm seine Schmerzmittel zu oft, die Wirkung der Schmerzmit-tel ließ nach, die Schmerzempfindlichkeit nahm zu und nur eine verstärkte Einnahme des Schmerzmittels führ-te letztendlich zur Schmerzfreiheit. Werden Schmerzta-bletten also zu häufig eingenommen, verursachen sie ihrerseits Kopfschmerzen, die den eigentlichen Schmerz überlagern. Ein Teufelskreis beginnt. Für Herrn Anton ein schwerer Weg wieder herauszufinden. Unter ärztlicher Begleitung wird Herrn Anton eine Therapie empfohlen. In dieser Zeit erhält er gegen seine Schmerzen nur ein Antidepressivum, Amitriptylin, aber keine oder kaum Analgetika. Sein Arzt meinte, dass seine Schmerzen nach wenigen Monaten verschwinden würden. Herr Anton ist verunsichert. Weshalb muss er gerade jetzt ein Antide-pressivium einnehmen?

Seien Sie in der Beratung stets skeptisch, wenn Pa-tienten häufig Schmerzmittel kaufen oder nach gro-ßen Packungen verlangen!

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9.2 Menstruationsschmerzen

Regelschmerzen (Dysmenorrhoe) sind krampfartige, ziehen-de oder gar kolikartige Bauchschmerzen und können bis in den Rücken oder die Oberschenkel ausstrahlen. Jede zweite Frau leidet während der Menstruation und auch schon in den Tagen vor Einsetzen der Blutung an mehr oder minder starken Regelschmerzen. Ca. 10% der Betroffenen haben so starke Beschwerden, dass sie in ihrer Lebensführung für 1–3 Tage im Monat ernsthaft eingeschränkt sind. Begleitet wer-den Regelschmerzen häufig noch von anderen körperlichen Symptomen wie Schmerzempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Verdauungsbeschwerden und dem Ge-fühl der Aufgeblähtheit. Auch Verhaltensänderungen wie Müdigkeit, Heißhunger auf Süßes, Konzentrations- oder Schlafstörungen sowie emotionale Symptome wie Reizbar-keit oder Stimmungsschwankungen treten während der Pe-riode häufig auf. Regelschmerzen sind in den ersten Tagen der Periode am stärksten. Bei vielen Frauen treten sie oft schon einige Tage vor Einsetzen der Blutung auf. Mediziner sprechen dann von einem prämenstruellen Syndrom (PMS). Die Ursache für Regelbeschwerden oder gar Regelschmer-zen liegt in der verstärkten Produktion des körpereigenen Schmerzbotenstoffs Prostaglandin während bzw. kurz vor der Periode (Menstruation). Faktoren wie Stress, Mangel an Magnesium, essentiellen Fettsäuren oder Vitamin B6 kom-men zu dieser Ursache erschwerend hinzu und können den Regelschmerz verstärken. Prostaglandin sorgt dafür, dass sich die Muskulatur der Gebärmutter während der Periode zusammenzieht, um die Gebärmutterschleimhaut abzusto-ßen. Die dafür notwendige Muskelkontraktion führt zu ei-ner schwächeren Durchblutung der Gebärmutter, was den Regelschmerz auslöst. (www.gesundheit.de/krankheiten/schmerz/regelschmerzen/regelschmer-

zen-dysmenorrhoe, Mai 2017)

Grenzen der Selbstmedikation:

Bei sekundärer Dysmenorrhö, erstmalig auftretenden oder akut starken Beschwerden, Blutungsunregelmäßigkeiten und bei Jugendlichen unter 15 Jahren ist zunächst ein Arzt-besuch zu empfehlen. (siehe: Lennecke, K, Hagel, K, Przondziono, K Selbstmedikation. Leitlinien zur

pharma-zeutischen Beratung. 4. Auflage 2011)

Neben unterstützenden Maßnahmen wie z.B. Tees, Wärme und Entspannungsübungen können Spasmoly-tika und Schmerzmittel die Beschwerden lindern.

9.3 Zahnschmerzen

Trotz ihrer scheinbar festen, robusten Struktur gehören Zähne zu den Körperteilen, die je nach Krankheit und Schädigung sehr starke Schmerzen aussenden können. Dies liegt an den ausgeprägten und empfindlichen Ner-vensträngen, die jeder einzelne Zahn besitzt. Das zeigt sich schon an der Empfindlichkeit der Zähne gegenüber heißer bzw. kalter Nahrung bei deren Aufnahme in den Mund. Besonders ersichtlich und erheblich wird diese schmerzhafte Reizung bei freiliegenden Zahnhälsen, da hier der Schutzschmelz fehlt. Ohne Zahnschmelz kann schon ein gezielter Druck, etwa mit einem Fingernagel, auf die entsprechenden Stellen leichte, stechende Rei-zungen hervorrufen, vor allem, wenn die Schädigung noch relativ frisch ist.

Ursachen für Zahnschmerzen sind u. a. fehlender Zahn-schmelz, Karies, Paradontitis, Entzündungen an der Zahnwurzel, aber natürlich auch rein mechanische Verletzungen und Beschädigungen. Gefördert wird die Erkrankung der Zähne und aller weiterer relevanter Mundorgane durch den hohen Anteil an Mikroorganis-men, insbesondere Bakterien, die sich aufgrund der nahrungsaufnehmenden Funktion in der Mundhöhle be-finden. Speisereste, Feuchtigkeit und die relativ geringe Dichte an körpereigenen Antikörpern (auch im Speichel) bieten ein günstiges Milieu für eine wirtsfremde Fauna.

Grenzen der Selbstmedikation:

Generell sollten Zahnschmerzen ohne aktuelle zahn-ärztliche Behandlung nicht in der Selbstmedikation be-handelt werden. Nur zur Überbrückung der Zeit bis zur ärztlichen Behandlung kann ein Analgetikum empfohlen werden. Bei zusätzlichen Erkältungssymptomen, wie z. B. Verdacht auf Sinusitis, ist ein Arztbesuch erforderlich. (siehe: Lennecke, K., Hagel, K., Przondziono, K., Selbstmedikation. Leitlinien

zur pharmazeutischen Beratung. 4. Auflage 2011)

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9.4 Bewegungsschmerzen

Bewegung ist ein kompliziertes Zusammenspiel von Mus-keln, Bändern, Sehnen und Gelenken. Überbelastung oder Fehlbelastung des Bewegungsapparates können Schmerzen auslösen. Folgende Schmerzen treten häufig am Bewegungsapparat auf:

9.4.1 Muskelschmerzen

Muskelschmerzen können entweder durch Verspannung, Muskelkater oder Muskelverletzungen ausgelöst werden.

Verspannungen

Muskelverspannungen im Bereich der Wirbelsäule kön-nen sehr häufig mit Fehlbelastungen oder Fehlhaltun-gen in Verbindung gebracht werden. Dazu gehören un-ter anderem dauerhafte, einseitige Belastungen, wie sie beispielsweise durch stundenlanges Sitzen vor dem PC zustande kommen. Sie treten häufig als klassische Rü-cken-, Nacken- oder Schulterschmerzen auf. Durch eine dauerhafte Überlastung der Muskeln kommt es zu einem örtlichen Sauerstoffmangel in den betroffenen Stellen. Dieser Sauerstoffmangel begünstigt wiederum eine Stoffwechselstörung im Muskelgewebe – die Folge sind schmerzhaft verhärtete Muskelregionen (Myogelosen). Aber auch ein kalter Luftzug oder psychische Belastungen wie Stress und Angst führen nicht selten zu Muskelver-spannungen. (www.medizinfo.de/ruecken/verspannung/ursachen.shtml, Mai 2017)

Muskelkater

Muskelkater sind Muskelschmerzen, die nach einer Überbeanspruchung der Muskulatur auftreten. Bei Be-wegung schmerzen die betroffenen Muskeln, sie sind häufig druckempfindlich und es kann zu leichten Mus-kelschwellungen und Verhärtungen kommen. Über die Entstehung eines Muskelkaters gibt es zwei Theorien: Neueste Erkenntnisse vermuten, dass ein Muskelkater durch mikrofeine Muskelfaserrisse entsteht. Diese feinen Risse entstehen durch Überdehnung der Muskulatur bei einer ungewohnten Belastung. Eine weitere, bereits älte-re Theorie vertritt die Meinung, dass Muskelkater durch eine Ansammlung von Milchsäure bei anaerober Muskel-arbeit in der Muskulatur entsteht. (www.medizinfo.de/sportmedizin/muskeln/muskelkater.shtml, Mai 2017)

Muskelverletzungen

Muskelverletzungen treten häufig während sportlicher Aktivitäten auf. Dazu gehören Muskelzerrungen, Muskel-faserrisse und Muskelrisse. Unterliegt ein Muskel einer plötzlichen Dehnung über sein physiologisches Maß hin-aus, entsteht eine Muskelzerrung. Wichtig: Die anatomi-sche Struktur des Muskels bleibt bei einer Zerrung noch intakt. Wird die verfügbare Kraft des Muskels allerdings überfordert, kann es zu einem Muskelfaserriss oder gar zu einem Muskelriss kommen. Dabei werden entweder einzelne Muskelfasern zerrissen oder der Muskel vollstän-dig durchtrennt. Selbst ein guter Trainingszustand eines Sportlers kann vor solchen Verletzungen nicht schützen. (www.medizinfo.de/sportmedizin/muskeln/zerrung_ursachen.shtml, Mai 2017)

Grenzen der Selbstmedikation:

Wenn die Beschwerden seit mehr als 48 Stunden beste-hen, der Patient über Taubheitsgefühle an den Extremi-täten klagt oder innere Erkrankungen ursächlich sein könnten, ist ein Arztbesuch erforderlich. (siehe: Lennecke, K., Hagel, K., Przondziono, K., Selbstmedikation. Leitlinien

zur pharmazeutischen Beratung. 4. Auflage 2011)

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9.4.2 Rheumatische Beschwerden

Steife Gelenke, schmerzende Knochen, Muskeln oder Sehnen quälen in Deutschland tagtäglich viele Men-schen.

Rheuma ist keine Frage des Alters. Betroffen sind sowohl junge als auch alte Menschen, Frauen und Männer und Kinder. Rheumatische Beschwerden können somit je-den treffen. Rheuma ist ein Sammelbegriff für viele un-terschiedliche Krankheiten. So sind in der Tat über 100 verschiedene rheumatische Erkrankungen beschrieben. Zwei häufige Formen sind die Rheumatoide Arthritis und die Arthrose. (www.rheuma-liga.de/krankheitsbilder/, Mai 2017)

Rheumatoide Arthritis

Rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung aus dem Bereich des entzündlich-rheumatischen For-menkreises. Unter einer Autoimmunerkrankung versteht man, wenn der Körper selbst Abwehrstoffe gegen körpe-reigenes Eiweiß bildet. Bestimmte Antikörper, die im Blut nachgewiesen werden können, heißen Rheumafaktoren. Die Erkrankung kann sowohl chronisch als auch akut verlaufen. Sie tritt zunächst an kleinen Gelenken des Körpers auf. Es kommt an der Gelenkinnenhaut zu einer Entzündung, die zu einer schmerzhaften Schwellung des Gelenks führt und den Gelenkknorpel schädigen kann. Ein typisches Anzeichen ist die Morgensteife der Gelen-ke. Später greift die Entzündung auf Knorpel, Knochen, Sehnen und Bänder über. Schließlich kann es sogar zur Versteifung der Gelenke kommen. Auch innere Organe können von der Erkrankung betroffen sein. Bei den au-toimmunbedingten, entzündlichrheumatischen Erkran-kungen nimmt übrigens den höchsten Stellenwert die Rheumatoide Arthritis, auch chronische Polyarthritis (= CP) genannt, ein. In Deutschland ist 1 % der Bevölkerung davon betroffen (gesamt ca. 80 Millionen Einwohner). (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 42)

Arthrose

Eine Arthrose zählt zu den degenerativ-rheumatischen Erkrankungen. Sie ist eine durch Verschleiß (Degenerati-on) des Knorpels oder längerfristige übermäßige Belas-tung hervorgerufene Erkrankung. Das Lebensalter und Übergewicht begünstigen die Entstehung – jedoch kön-nen auch junge Menschen von einer Arthrose betroffen sein. Betroffen sind überwiegend tragende Gelenke wie Hüft- oder Kniegelenke, aber auch Fingergelenke und die Lendenwirbelsäule können betroffen sein. Aufgrund des Verlustes an Knorpelmasse reiben die Knochen bei Bewegung aneinander, wodurch eine Entzündung, star-ke Schmerzen und letztendlich Knochendeformierungen entstehen. Arthrose ist die weltweit häufigste Gelen-kerkrankung. In Deutschland sollen rund 20 Millionen Menschen zeitweilig Arthrosebeschwerden haben. Rund 5 Millionen Menschen leiden aufgrund ihrer Arthrose so-gar an chronischen Schmerzen. Arthrose macht mit etwa 60 % der Fälle somit den „Löwenanteil“ der rheumati-schen Erkrankungen aus. (siehe: www.medizinfo.de/rheuma/gruppen.htm, Mai 2017)

(siehe: www.medizinfo.de/rheuma/arthrose/start.shtml, Juni 2017)

Grenzen der Selbstmedikation:

Generell gilt, dass Schmerzustände und andere Proble-me des Bewegungsapparates durch einen Arzt abgeklärt werden sollten, wenn sie

• mehr als sechs Wochen andauern

• zusammen mit Allgemeinsymptomen, wie z. B. Fieber (> 38,5°C), Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Nachtschweiß, Gewichtsverlust auftreten.

(siehe: Lennecke, K., Hagel, K., Przondziono, K., Selbstmedikation. Leitlinien

zur pharmazeutischen Beratung. 4. Auflage 2011)

Es gibt nicht das eine „Rheuma“, wie viele Patienten glauben und häufig erzählen – insgesamt werden etwa 100 verschiedene Erkrankungen unter diesem Begriff zusammengefasst.

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9.5 Sport- und Unfallverletzungen

Zu den typischen Sport- und Unfallverletzungen zählen Hämatome, Distorsionen, Sehnenscheidenentzündun-gen und Bänderrisse.

Hämatome entstehen durch eine stumpfe und direkte Gewalteinwirkung – dadurch kommt es zu einer Quet-schung im betroffenen Gewebe. Als Folge kann Blut in die Weichteile austreten und zu einem Bluterguss bzw. Hämatom führen. Liegt das Hämatom direkt unter der Haut kann es durch eine bläuliche oder rötliche Färbung sichtbar werden. Später verfärben sich die Stellen grün-lich bis gelblich.

Zu den Distorsionen zählen Verstauchungen, Verrenkun-gen und Zerrungen. Darunter versteht man eine Über-dehnung gelenknaher Bänder. Dabei wird das Gelenk kurzzeitig aus seiner normalen Position verdrängt, glei-tet aber von alleine wieder dorthin zurück. Häufig pas-siert dies, wenn man mit dem Fuß „umknickt“ oder sich während eines Sturzes die Hand „verstaucht“. Der Kno-chen wird nicht geschädigt, jedoch kommt es in der Ge-lenkkapsel und in den umliegenden Bändern zu Rissen in den Bindegewebsfasern. Die Gelenke schwellen an, sind häufig nicht mehr in vollem Umfang beweglich und ein Bluterguss entsteht.

Grenzen der Selbstmedikation:

• Beschwerden halten trotz Behandlung länger als 3 Tage an

• unklare Ursache der Beschwerden

• Beschwerden verschlimmern sich oder sind stark(Walter M Die Kundenberatung im Juni – Diclofenac bei Schmerzen am Be-

wegungsapparat. Die Apotheken Depesche 2015; 3:13)

Bei akuten Verletzungen sollte die PECH-Regel an-gewendet werden. Denn gerade die ersten Minuten nach einem Unfall sind entscheidend, um die Folgen für den Betroffenen möglichst gering zu halten. Die PECH-Regel ist eine leicht zu merkende Grundregel und besteht aus folgenden Maßnahmen: P = Pause, E = Eis, C = Compression, H = Hochlagern. Wärme unbedingt für 48 Stunden meiden!

Fallbeispiel

Christina ist 16 Jahre alt und begeisterte Volleyballspie-lerin. Heute ist großer Turniertag und die Aufregung ist groß. Doch während des Spiels passiert es plötzlich. Während Christina zu einem frontalen Schmetterschlag ansetzt vertritt sie sich ihren Fuß derart, dass sie vor Schmerz kaum noch auftreten kann. Zudem weist das Sprunggelenk schon bald eine Schwellung auf. Zum Glück leistet ihr Trainer sofort erste Hilfe und wendet die PECH-Regel korrekt an:

P – PAUSE: Einstellen der Sporttätigkeit. Starker Schmerz und deutliche Bewegungseinschränkungen sind ernste Warnsignale.

E – EIS: Die betroffene Stelle muss sofort gekühlt wer-den. Dadurch werden die Blutgefäße verengt, so dass weniger Flüssigkeit in das Gewebe austreten kann. Das Anschwellen wird gering gehalten oder gar verhindert. Kältepackungen sind wirksamer als Eissprays, dürfen je-doch nicht direkt auf die Haut gelegt werden (es besteht die Gefahr von Erfrierungen!). Socken anlassen oder ein Stück Stoff oder 1 – 2 Wicklungen mit einer elastischen Binde anlegen. WICHTIG: Kühlen betäubt den Schmerz.

C – COMPRESSION: Anlegen eines Druckverbands. Zu-sätzlich zur Kühlung muss Druck auf die verletzte Region ausgeübt werden. Auch dadurch wird der Flüssigkeits-austritt in das Gewebe gehemmt. Hier können z. B. Kälte-kissen mit einer elastischen Binde fixiert werden.

H – HOCHLEGEN: Hochlegen oder -halten des verletzten Körperteils. Die verletzte Region muss über Herzhöhe gela-gert werden. Das vermindert den Blutdruck in den verletz-ten Blutgefäßen und damit ebenfalls das Anschwellen.(www.volleyball-training.de/traumatische_sportverletzung.htm, Juni 2017)

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10 Allgemeine Tipps bei Schmerzen

Bevor wir auf die medikamentöse Therapie bei Schmer-zen näher eingehen, möchten wir Ihnen im folgenden Kapitel einige unterstützende Maßnahmen aufzeigen, wie Schmerzen zusätzlich gelindert werden können. In Ihren Kundengesprächen profitieren die Patienten von den vorgeschlagenen Maßnahmen. Auch lassen sich aus den genannten Beispielen einige Zusatzempfehlungen für Ihre Kunden ableiten.

10.1 Patienten mit Kopfschmerzen

• Viel frische Luft

• Regelmäßige Bewegung (besonders Ausdauer, mind. 3 x 30 Min./Woche, keine Überanstren-gung)

• Vermeidung von einseitigem muskulärem Stress

• Regelmäßige, gesunde und abwechslungsreiche Ernährung mit Meidung evtl. bekannter Kopf-schmerzauslöser

• Strukturierter Tagesablauf mit möglichst gleich-bleibendem Schlaf-Wach-Rhythmus

• Entspannungsverfahren erlernen und regelmäßig üben, im Akutfall frühzeitiger Versuch der Anwen-dung

• Verzicht auf Nikotin und Vorsicht mit Alkohol

• Stressfaktoren im Alltag ermitteln und neuen Um-gang damit einüben – öfter „Nein“ sagen

• Akupunkturtherapie möglicherweise hilfreich, be-handelnden Arzt darauf ansprechen, Kostenüber-nahme mit Krankenkasse klären

• Regelmäßig Kopfschmerztagebuch führen

• Massage der Schulter-, Nacken- und Schläfenmus-kulatur, evtl. mit Wärmeanwendung verbunden

• Topische Anwendung von Minzöl auf Schläfen, Stirn oder Nacken kann bei leichteren Beschwer-den wirksam sein. Cave: Allergierisiko und Augen-reizung!

• Bei Migräne: Ruhe, körperliche Schonung und reizarme Umgebung (Raumabdunkelung, kein Fernsehen oder Computer, keine unangenehmen Gerüche). Manchen Betroffenen helfen kühle Auf-lagen auf Augen und/oder Stirn (z. B. Kühlpads oder „Kühlbrillen“ aus der Apotheke)

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10.2 Patienten mit Bewegungsschmerzen

In Bewegung bleiben:

Bei verletzungsbedingten Beschwerden, Rückenschmer-zen mit Ausfallerscheinungen (Lähmungen, Sensibili-tätsstörungen) oder akut entzündlichen Gelenkerkran-kungen kann in der akuten Phase Ruhigstellung oder körperliche Schonung wichtig sein. Allerdings ist bei den meisten Alltagsbeschwerden des Bewegungsapparates Ruhe eher kontraindiziert. Dem Kunden sollte vermittelt werden, dass Bewegung den Teufelskreis aus Schmerz, Schonhaltung, Verspannungen und noch mehr Schmer-zen verhindern oder unterbrechen kann.

Wärme:

Durch die durchblutungsfördernde Wirkung einer Wär-metherapie können vor allem die Muskeln besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und es findet ein schnellerer Abtransport von Stoffwechselprodukten statt. Gerade bei allgemeinen Muskelverspannungen, wie z. B. im Nacken, ist eine Wärmezufuhr ein hilfreiches Mittel, um die Schmerzen wirksam zu lindern.

Zur Wärmetherapie eignen sich am besten: Heizkissen, Kirschkernkissen, Wärmflaschen, Entspannungsbäder und Sauna, durchblutungsfördernde, wärmende Salben aus der Apotheke, Wärme-Therapie-Pflaster bzw. -Pads aus der Apotheke, Rotlicht und Fango- oder Moorpa-ckungen.

Kälte:

Sollten die Schmerzen jedoch von einer akuten Verlet-zung (z. B. Verstauchung, Prellung oder Zerrung) her-rühren, die mit einer Schwellung einhergeht, so sollte eine Kältetherapie erfolgen. Bei kurzzeitigem Kältereiz erhöht sich der Spannungszustand der Muskulatur. Wen-det man Kälte länger und regelmäßig an, ist jedoch auch ein positiver Einfluss auf eine krankhaft erhöhte Muskel-spannung möglich. Verkrampfungen werden gelockert, die Muskelaktivität sinkt. Kälte kann Schmerzen lindern, weil sie die Leitungsgeschwindigkeit von Nerven herab-setzt und Schmerzrezeptoren in ihrer Aktivität dämpft. Der Kältereiz reduziert die Durchblutung, weil sich die Blutgefäße am Ort der Anwendung eng stellen. Dadurch wird Schwellungen und Blutergüssen nach Verletzungen

oder im Rahmen von Entzündungen entgegengewirkt.

Für eine Kältetherapie eignen sich am besten: Eiswi-ckel, Eismanschetten, Eiskompressen, tiefgekühlte Eis-/Gelbeutel, direkte Abreibung (Eismassage), Kältesprays, kühlende Schmerzgele aus der Apotheke, kalte Wasser-güsse in Anlehnung an Kneipp-Therapie-Formen.

Auch sollten die betroffenen Gliedmaßen hochgelagert werden, um den Blutfluss und die damit verbundene Schwellung zu reduzieren.

Zudem lassen sich akute, aber auch chronische Be-schwerden durch Bandagen und Stützverbände lindern. Besonders nach Abklingen der Akutbeschwerden von Hä-matomen und Schwellungen, lassen sich im Anschluss durchblutungsfördernde oder heparinhaltige Salben an-wenden, um den Heilungsprozess zu beschleunigen.

10.3 Patientinnen mit Regelschmerzen

Bewegung:

Auch bei schmerzhaften Regelblutungen spielt Bewe-gung sowohl in der Prävention als auch im Akutfall eine bedeutende Rolle. So hat regelmäßiges Ausdau-ertraining eine entspannende Wirkung auf den Körper, verbessert die Durchblutung und wirkt regulierend auf Körperfunktionen. Bei verstärkten Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur kann dosierte Bewegung (z. B. Walking) eine Lockerung der Muskulatur und den leich-teren Abfluss des Blutes unterstützen.

Wärme:

Wärmeanwendung sorgt für Entspannung und Durchblu-tung der Muskulatur und der inneren Organe und wird meist als sehr angenehm empfunden. Frauen mit häu-figen Regelschmerzen können vom Erlernen eines Ent-spannungsverfahrens (z. B. Yoga, Progressive Muskelent-spannung) profitieren.

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11 Medikamentöse Therapie von Schmerzen

Prinzipiell werden Analgetika in opioide und nicht-opi-oide Analgetika eingeteilt. Je nach Schmerzstärke und Schmerzart finden sie Einsatz. Zur Orientierung hat die WHO dafür ein spezielles Stufenschema entwickelt, das ursprünglich für Patienten mit Tumorschmerzen entwi-ckelt wurde. Heute gilt es prinzipiell für alle Schmerzar-ten. Für den Einsatz von Analgetika ist das WHO-Stufen-schema nach wie vor der Goldstandard.

Beim WHO-Stufenschema handelt es sich um ein drei-stufiges Konzept. Wichtiges Prinzip des Schemas ist das rechtzeitige Wechseln der Medikation auf stärker wirksame Analgetika. Das bedeutet, wenn die erziel-te Schmerzreduktion bei zulässiger Höchstdosis nicht mehr ausreicht, muss das Schmerzmittel durch eine stärker wirksame Substanz der nächsten Stufe ersetzt werden. Allerdings kann es auch sinnvoll sein, die Be-handlung gleich mit Analgetika der Stufe zwei oder drei zu beginnen:

Abbildung 6: WHO-Stufenschema (Mutschler E et

al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 203)

WHO-Stufe

3WHO-Stufe

2WHO-Stufe

1

Hochpotente Opioide+ ggf. nicht-opioidhaltige Analgetika+ ggf. adjuvante Therapie

Niederpotente Opioide+ ggf. nicht-opioidhaltige Analgetika+ ggf. adjuvante Therapie

Nicht-opiodhaltige Analgetika+ ggf. adjuvante Therapie

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11.1 Substanzen zur Selbstmedikation

Folgende Substanzen stehen Ihnen in der Apotheke zur Beratung und zum Verkauf in der Selbstmedikation zur Verfügung:

NSAIDs

NSAID („non-steroidal anti-inflammatory drugs“) ist die neuere Bezeichnung für die NSAR. NSAR steht wie-derum für die Abkürzung der Medikamentengruppe der Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). „Nichtsteroidal“ bedeutet, dass es sich um keine cortisonhaltigen Präpa-rate handelt. Sie besitzen neben guter schmerzlindern-der auch entzündungshemmende und fiebersenkende Potenz.

Häufig wird diese Substanzgruppe auch zu den sauren Analgetika gezählt. Saure antiphlogistische (entzün-dungshemmende), antipyretische (fiebersenkende) Analgetika sind Säuren. NSAIDs reichern sich wegen ihrer hohen Eiweißbindung besonders in Gewebe mit niedrigem pH-Wert an. Aus diesem Grund sind sie in be-sonders hohen Konzentrationen in entzündetem Gewebe nachweisbar, wo sie der Entzündung entgegenwirken.

Der Wirkungsmechanismus der sauren Analgetika läuft über die Prostaglandinsynthesehemmung.

• Prostaglandine sind körpereigene Botenstoffe, die wesentlich an der Schmerzentstehung beteiligt sind, da sie die Schmerzrezeptoren sensibilisieren und damit den Schmerz verstärken.

• Prostaglandine werden erst bei Bedarf aus der Arachidonsäure verstoffwechselt. Die Arachidon-säure wird aus den Phospholipidasen der Zell-membranen hergestellt.

• Wird ein Schmerz durch Schmerzmediatoren ausgelöst, wird durch das Enzym Cyclooxygena-se die Arachidonsäure zu dem entzündungs- und schmerzvermittelnden Prostaglandin verstoff-wechselt.

Prostaglandine haben neben der schmerzvermittelnden Aufgabe auch physiologische Aufgaben. Sie wirken gefä-ßerweiternd, verstärken die Magenschleimhautprodukti-on, wirken fiebererzeugend, vermindern die Magensäu-reproduktion und wirken bronchienerweiternd.

Somit wird verständlich, dass NSAIDs nicht ohne Neben-wirkungen sind, da wichtige physiologische Prozesse teil-weise bzw. zeitweise unterbunden werden.

Die für die Prostaglandinsynthese essentielle Cyclooxy-genase wird durch die NSAIDs gehemmt.

Die Cyclooxygenase liegt in zwei bekannten Formen im Körper vor:

• COX-1 ist konstitutiv, das heißt dieses Enzym ist im-mer in Magenschleimhaut, Niere und im Gehirn vorhanden und bildet das für den Körper notwen-dige Prostaglandin.

• COX-2 wird bei entzündlichen Prozessen in größe-ren Mengen gebildet, ist aber auch in be-stimm-ten Geweben bereits physiologisch vorhanden und beschleunigt die Bildung von Prostaglandinen.

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Die NSAID können, insbesondere bei dauerhafter An-wendung, zu schwerwiegenden und lebensbedrohli-chen Ereignissen führen. Dazu gehören Blutungen, v. a. im Gastrointestinaltrakt, Durchbrüche im Magen- und Darmtrakt, Nierenversagen und Blutdruckerhöhung. Bei Langzeittherapie steigt auch das Risiko für kardiovasku-läre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall, wobei selektive COX-2-Hemmer das höchste kardiovaskuläre Risiko besitzen. Deshalb sollten Menschen, die an einer Herz- oder Gefäßkrankheit erkrankt sind, möglichst keine selektiven COX-2-Hemmer bzw. NSAIDs mit stärkerer Ten-denz zur COX-2-Hemmung einnehmen. Auch Personen, die Risikofaktoren für die Bildung von Blutgerinnseln aufweisen, sollten vorsichtig sein.(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 205-210)

Tabelle 3: Prostaglandinwirkungen und die daraus resultierenden klinischen Ef-

fekte der COX-Hemmung (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen.

2013; 207); (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 181)

Prostaglandin- effekte

Klinische Effekte der COX-Hemmung

Sensibilisierung der Nozizeptoren

Analgetische Wirkung

Thrombozytenaggregation Aggregationshemmung, erhöhte Blutungsneigung

Fieberinduktion Fiebersenkung

Darmmotilität

Diarrhoe

Natrium-Ausscheidung über die Niere →

Ödeme, Blutdruckerhöhung

Magenschleimproduktion →

Magensaftsekretion

Schleimhautläsion, Ulcera

Die NSAIDs stellen eine wichtige Substanzgruppe dar, deren Wirkstoffe man sich sehr häufig in der Selbstmedi-kation bedient. Folgende Wirkstoffe der NSAIDs kommen in der Selbstmedikation zum Einsatz:

Acetylsalicylsäure

Acetylsalicylsäure ist der älteste Wirkstoff unter den NSAR. Die aus der Weidenbaumrinde gewonnene Sa-licylsäure wurde bereits 1874 großtechnisch hergestellt und als Medikament eingesetzt. Acetylsalicylsäure wird gewonnen durch Acetylierung von Salicylsäure mit dem

Essigsäureanhydrid. Der aktive Metabolit der Acetyl-salicylsäure ist die Salicylsäure. Der maximale Plasma-spiegel wird, abhängig von der Galenik, nach 10 – 20 Minuten bzw. 0,3 – 2 Stunden erreicht. Salicylsäure wird vor allem durch Metabolisierung in der Leber eliminiert. Die Metaboliten sind Salicylursäure, Salicylphenolglu-curonid, Salicylacylglucuronid, Gentisinsäure und Gen-tisursäure. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Sodbrennen, Magenschmerzen und Erbrechen werden relativ häufig beobachtet.

Acetylsalicylsäure wird ebenso zur Blutverdünnung (100 mg/Tag) eingesetzt. Der antiinflammatorische Effekt von ASS lässt sich bei entzündungsbedingten Schmerzen nutzen. Der periphere Wirkmechanismus beruht auf einer Hemmung von COX-1 und COX-2, wobei die COX-1 durch ASS im Unter-schied zu allen anderen NSAIDs irreversibel gehemmt wird. Dies erklärt die kardioprotektiven Effekte von ASS, führt aber auch zur Blutungszeitverlängerung, die in Abhängigkeit von der individuellen Risikosituation des Patienten das Absetzen mehrere Tage vor einer geplanten Operation (z.B. Zahnein-griffe) notwendig machen kann.

Bei Kindern und Jugendlichen mit fieberhaften Er-krankungen sollte ASS in der Selbstmedikation nicht verabreicht werden (cave: Reye-Syndrom!). Kinder (ab 6 Jahre) und Jugendliche sollten ASS bei fieber-haften Erkrankungen nur auf ärztliche Anweisung, wenn andere Maßnahmen nicht wirken, einnehmen.

(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 210 – 211)

(Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 181)

*Angaben nicht produktspezifisch. Bitte beachten Sie die Fachinformationen

der jeweiligen Produkte.

Tabelle 4: Selbstmedikation – Steckbrief Acetylsalicylsäure

Acetylsalicylsäure*

Indikation leichte bis mäßig starke Schmerzen und Fieber

Einzeldosis Erwachsene 500–1.000 mg, zur Hem-mung der Thrombozyten-aggregation 100 mg

Tageshöchstdosis Erwachsene

3.000 mg

Halbwertszeit Salicylsäure 2–3 h (niedri-ge Dosierung) bzw. bis zu 15 h (hohe Dosierung)

Maximaler Plasmaspiegel 10–20 Min. bzw. 0,3–2 h

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Ibuprofen

Ibuprofen wird bei leichten bis mäßig starken Schmerzen sowie bei Fieber eingesetzt. Es gilt als der „Allrounder“ unter den Schmerzmitteln und findet breiten Einsatz: wie z. B. bei Kopfschmerzen, Erkältungen mit Fieber, Zahn- und Menstruationsschmerzen. Der maximale Plas-maspiegel wird im Nüchternzustand nach 0,68 Stunden erreicht. Durch die Zubereitung als DL-Lysinsalz lässt sich der Wirkungseintritt von Ibuprofen nach oraler Gabe beschleunigen. Aufgrund der hohen Wasserlöslichkeit wird es im Gastrointestinaltrakt schneller gelöst als die freie Säure Ibuprofen. Ebenso ist durch eine schnellere Anflutung des Wirkstoffes meist weniger Wirkstoff zur Schmerzlinderung nötig.

Aufgrund seiner guten Verträglichkeit kann Ibupro-fen, in entsprechender Dosierung, bereits Kindern als Saft ab dem 6. Lebensmonat und als Supposito-rium ab 3 Monaten (mind. 6 kg Körpergewicht) ver-abreicht werden.

(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen.2013; 212)

(Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182)

*Angaben nicht produktspezifisch. Bitte beachten Sie die Fachinformationen

der jeweiligen Produkte.

Tabelle 5: Selbstmedikation – Steckbrief Ibuprofen/Ibuprofen-Lysinat

Ibuprofen/Ibuprofen-Lysinat*

Indikation leichte bis mäßig starke Schmerzen und Fieber

Einzeldosis Erwachsene 200– 400 mg

Tageshöchstdosis Erwachsene

1.200 mg

Halbwertszeit ca. 2 h

Maximaler Plasmaspiegel im Nüchternzustand 0,68 h (Medianwert)

Diclofenac

Diclofenac in der Selbstmedikation findet Einsatz bei leichten bis mäßig starken Schmerzen. Nach der Ein-nahme von Diclofenac-Kalium auf nüchternen Magen, werden maximale Plasmaspiegel nach ca. 35 Minuten (Medianwert) erreicht. Die GastroIntestinale Verträg-lichkeit von Diclofenac in der Selbstmedikation entspricht derjenigen von Ibuprofen. Diclofenac führt jedoch häufi-ger als andere NSAIDs zur Erhöhung von Leberenzymwer-ten. Jedoch können bei höherer Dosierung sowohl die Nebenwirkungen als auch die kardiovaskulären Risiken ansteigen. Deswegen sollten Patienten mit schweren kardiovaskulären Erkrankungen in der Vorgeschichte auf die Einnahme verzichten. Diclofenac ist u.a. kontraindi-ziert bei Patienten mit bekannter Herzinsuffizienz (NYHA II-IV), ischämischer Herzkrankheit, peripherer arterieller Verschlusskrankheit und/oder zerebrovaskulärer Erkran-kung, Asthma, gastrointestinalen Blutungen, schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen und im letzten Drittel der Schwangerschaft. Die Anwendungsdauer darf in der Selbstmedikation bei Schmerzen 4 Tage nicht überschreiten.

Diclofenac besitzt eine hohe Wirkpotenz, so sind 25 mg Diclofenac wirkungsäquivalent mit 400 mg Ibuprofen.

(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 212)

(Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182)

(www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/

RHB/2013/rhb-diclofenac.pdf?__blob=publicationFile&v=5, Mai 2017)

*Angaben nicht produktspezifisch. Bitte beachten Sie die Fachinformationen

der jeweiligen Produkte.

Tabelle 6: Selbstmedikation – Steckbrief Diclofenac-Kalium

Diclofenac-Kalium*

Indikation leichte bis mäßig starke Schmerzen

Einzeldosis Erwachsene 25 mg

Tageshöchstdosis Erwachsene

75 mg

Halbwertszeit ca. 2 h

Maximaler Plasmaspiegel im Nüchternzustand ca. 35 Min. (Medianwert)

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Naproxen

Naproxen – stammt – wie Diclofenac und Ibuprofen – ursprünglich aus der Rheumatherapie und steht in Deutschland erst seit 2002 zur Selbstmedikation für die Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen zur Verfügung. In diesem Bereich wird es – je nach Pro-dukt – vorzugsweise bei länger anhaltenden Schmer-zen wie Regelschmerzen, Rücken-, Muskel- und Gelenk-schmerzen eingesetzt. Die maximalen Plasmaspiegel werden nach 2 – 4 Stunden erreicht, die Halbwertszeit beträgt 10 – 18 Stunden. (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182)

Aufgrund der langen Halbwertszeit von Naproxen besteht die Gefahr der Wirkstoffkumulation im Kör-per. Denken Sie hier besonders daran, wenn Patien-ten bereits viele Medikamente einnehmen müssen.

Nebenwirkungen der NSAIDs

Die Nebenwirkungen der klassischen NSAIDs resultie-ren hauptsächlich aus ihrem Wirkmechanismus, der COX-Hemmung. Deshalb haben alle NSAIDs folgende Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Interaktionen gemeinsam:

*Angaben nicht produktspezifisch. Bitte beachten Sie die Fachinformationen

der jeweiligen Produkte.

Tabelle 7: Selbstmedikation – Steckbrief Naproxen

Naproxen*

Indikation leichte bis mäßig starke Schmerzen

Einzeldosis Erwachsene 220– 440 mg Naproxen-Natrium 250– 500 mg Naproxen

Tageshöchstdosis Erwachsene

660 (750) mg

Halbwertszeit 10–18 h

Maximaler Plasmaspiegel 2– 4 h

Tabelle 8: Wichtige Nebenwirkungen und Kontraindikationen der NSAIDs (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 207-208)

Nebenwirkungen Kontraindikationen

Gasrointestinale Störungen (Dyspepsie, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, u.a.)

Magen-Darm-Ulzerationen, Blutungen und Perforationen

Erosionen im GI-Trakt bis hin zu Ulzerationen, Blutungen und Perforationen

Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen

Hautreaktionen (z.B. Hautausschlag, Hautjucken) Asthma bronchiale

Ödembildung (besonders bei Patienten mit Hypertonie) Herzinsuffizienz

Abnahme der Uterusmotilität in der Schwangerschaft Letztes Trimenon der Schwangerschaft – Gefahr des Ver-schlusses des Ductus botalli (ein im Kreislauf des ungebore-nen Kindes vorkommender Verbindungsgang zwischen der Aorta und der Lungenschlagader)

Schwindel und Kopfschmerzen

Kardiovaskuläre Komplikationen (z.B. Myokardinfarkt, Herz-insuffizient) bei Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen

Auslösung eines Astmaanfalls, besonders bei prädisponier-ten Patienten (Asthmatiker!) Erklärung: durch die COX-Hem-mung wird Arachidonsäure verstärkt von der Lipoxygenase zu Leukotrienen umgewandelt. Leukotriene sind Entzün-dungsmediatoren die bronchokonstriktorisch wirken.

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NSAIDs in Schwangerschaft und Stillzeit:

Interaktionen:

Die Interaktionen der NSAR sind ebenfalls auf ihren Wirk-mechanismus, die COX-Hemmung, zurückzuführen.

Triptane

Triptane stellen eine eigene Substanzgruppe dar (= Selek-tive Serotonin-(5-HT1)-Rezeptoragonisten) und gehören im engeren Sinne nicht zu den Analgetika. Sie finden Ein-satz als hochspezifische Migränemittel. Triptane gelten als Mittel der ersten Wahl bei mittelschweren und schweren Migräneattacken, die nicht ausreichend auf eine Therapie mit Analgetika bzw. NSAIDs ansprechen. Bei Schmerzen außerhalb dieser Indikation sind sie unwirksam. Triptane wirken u. a. über eine Verengung der Blutgefäße im Gehirn (deshalb kontraindiziert bei Herzinfarkt, Schlaganfall, An-gina Pectoris!).

Als erstes Triptan wurde 1993 Sumatriptan (Rx) zur akuten Migränetherapie zugelassen. Weitere verfügbare Substan-zen sind beispielsweise: Almotriptan, Eletriptan (Rx), Na-ratriptan, Rizatriptan (Rx) und Zolmitriptan (Rx). Triptane

Tabelle 9: Interaktionen der NSAIDs und mögliche Folgen (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittel-wirkungen. 2013; 208)

Wirkstoff/Stoffgruppe Folgen der Interaktion

Glucocorticoide Gefahr gastrointestinaler Komplikationen

Probenecid Harnsäureausscheidung über die Niere vermindert

Thrombozytenaggregationshemmer Gefahr gastrointestinaler Blutungen

Selektive-Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Gefahr gastrointestinaler Blutungen

Diuretika Diuretischer Effekt vermindert

orale Antidiabetika Blutzuckersenkende Wirkung erhöht

Methotrexat (MTX) Erhöhte Toxizität, Ausscheidung von MTX vermindert

Lithiumionen Auscheidung von Lithium vermindert

Ciclosporin Nierentoxizität erhöht

Cumarin Derivate (z.B. Phenprocoumon) und Heparin Gerinnungshemmende Wirkung erhöht

Antihypertonika (z.B. ACE-Hemmer) Blutdrucksenkende Wirkung vermindert

haben keine prophylaktische Wirkung und sind während einer Aura (z. B. Sehstörungen, gesteigerte Blendempfind-lichkeit) unwirksam. Das erste seit April 2006 rezeptfreie Triptan war Naratriptan.

Ein Triptan darf in der Selbstmedikation nur einge-setzt werden, wenn die Migräne durch einen Arzt si-cher diagnostiziert ist. Geben Sie Triptane nicht ohne ausreichende Beratung ab!

(S1-Leitlinie Therapie der Migräne der Deutschen Gesellschaft für Neurologie

(DGN) 03/2013 einsehbar unter: www.dgn.org/leitlinien/2298-ll-55-2012-the-

rapie-der-migraene#akuttherapie, Mai 2017)

(Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 186)

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Paracetamol

Paracetamol zeichnet sich durch eine gute antipyreti-sche und etwas schwächere analgetische Wirkung aus. Paracetamol besitzt in der kurzzeitigen Anwendung eine gute Verträglichkeit. In entsprechender Dosierung kann es daher – je nach Produkt - sowohl Erwachsenen als auch Kindern verabreicht werden. Die Wirkung von Paracetamol ist im Einzelnen noch nicht vollständig ge-klärt. Paracetamol penetriert rasch die Blut-Hirn-Schran-ke und hemmt vermutlich auf Rückenmarksebene und im Gehirn die Prostaglandinfreisetzung. Im Gegensatz zu den NSAR blockiert es die Cyclooxygenase nicht bzw. nur sehr schwach. Dementsprechend wirkt Paracetamol nicht entzündungshemmend, da es sich auf Grund sei-ner chemischen Zusammensetzung kaum im entzünde-ten Gewebe anreichert. Paracetamol zeigt auch nicht die typischen gastrointestinalen Nebenwirkungen der NSAIDs auf. Paracetamol ist in den vergangenen Jahren aufgrund seiner lebertoxischen Eigenschaft immer wie-der in die Diskussion geraten. (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182-183)

Gemäß BfArM führt Paracetamol jedoch bei bestim-mungsgemäßem Gebrauch nicht zu klinisch relevanten Leberschäden. (BfArM, Top 4 Paracetamol, Antrag auf Unterstellung unter die Verschrei-

bungspflicht, 69.Sitzung, 26 Juni 2012)

Ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale und kardiovas-kuläre Nebenwirkungen ist derzeit nicht belegt. Die the-rapeutische Breite von Paracetamol gegenüber anderen Schmerzmitteln ist geringer. Paracetamol sollte nicht zu-sammen mit Alkohol eingenommen werden. Paracetamol ist bisher das einzige Analgetikum, dass während der ge-samten Schwangerschaft angewendet werden darf. (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182-183)

Paracetamol-Vergiftungen sind schwer behandelbar (Antidot: Acetylcystein). Die humane letale Dosis wird mit 18 g angegeben. Bei vorgeschädigter Le-ber (z. B. bei Alkoholiker, Hepatitis) liegt die tödliche Dosis erheblich niedriger, ebenso bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol, Barbituraten und Antiepilep-tika. Zur Minimierung des Risikos ist Paracetamol in Packungen über 10 g rezeptpflichtig.(Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182-183)

*Angaben nicht produktspezifisch. Bitte beachten Sie die Fachinformationen

der jeweiligen Produkte.

Tabelle 10: Selbstmedikation - Steckbrief Paracetamol

Paracetamol*

Indikation leichte bis mäßig starke Schmerzen und/oder Fieber

Einzeldosis Erwachsene 500–1.000 mg

Tageshöchstdosis Erwachsene

4.000 mg

Halbwertszeit ca. 2 h

Maximaler Plasmaspiegel 0,5– 4 h (je nach Galenik)

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11.2 Verschreibungspflichtige Substanzen

Metamizol

Metamizol besitzt gute analgetische Eigenschaften und eine gute Verträglichkeit. Eine sehr seltene, jedoch schwerwiegende Nebenwirkung ist die „Agranulozytose“. Die Substanz kann auch schwere bis lebensbedrohliche allergische Reaktionen auslösen. Es stehen bei verschie-denen Herstellern Tabletten und Tropfen zur Verfügung. Metamizol besitzt wie Paracetamol keine antientzündli-chen Eigenschaften. Metamizol unterliegt der Verschrei-bungspflicht. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 216)

Coxibe

Coxibe sind eine neuere NSAID-Form und basieren auf ei-nem ähnlichen Wirkprinzip. Im Gegensatz zu den NSAIDs hemmen sie allerdings selektiv die COX-2. Weitere Un-terschiede betreffen das Nebenwirkungsspektrum und die Sicherheitsprofile der Wirkstoffe. Da es bei Coxiben im Vergleich zu den NSAID weniger häufig zu Schädi-gung der Niere und des Gastrointestinaltraktes kommt, ist eine längere Anwendung vor allem bei entzündlichen und rheumatischen Erkrankungen möglich. Jedoch sollte die Therapie aufgrund der kardiovaskulären Problema-tik intermittierend und auf eine Dauer von drei bis sechs Monaten beschränkt werden. Zu den gebräuchlichen Wirkstoffen zählen z. B. Celecoxib, Parecoxib und Etorico-xib. Coxibe unterliegen der Verschreibungspflicht.(Mutschler E et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 213)

Opioide

Der Name dieser Stoffgruppe leitet sich vom natürlichen Stoffgemisch Opium (aus dem Schlafmohn gewonnen) ab, dessen Bestandteile Opiate auch Opioide genannt werden. Die Bestandteile werden entweder direkt aus dem Opium gewonnen oder synthetisch hergestellt. Sämtliche Opioide sind inzwischen fester Bestandteil ei-ner modernen Schmerztherapie geworden. Durch ihre Bindung an verschiedene Opioidrezeptoren im zentralen Nervensystem können starke und stärkste Schmerzen er-folgreich gelindert werden, falls erforderlich auch über einen längeren Zeitraum.

Zu den Opioiden zählen hochpotente und niederpotente Wirkstoffe. Hochpotente Wirkstoffe sind beispielsweise Morphin, Fentanyl, Hydromorphon, Oxycodon, Pethidin oder Buprenorphin. Zu den niederpotenten Wirkstoffen zählen z. B. Tilidin, Tramadol oder Dihydrocodein

Die Abgabe hochpotenter Opioide darf in der Apotheke nur durch ein korrekt ausgestelltes Betäubungsmittel-rezept erfolgen. Ebenso darf die Abgabe von Tilidin in flüssiger Form (Lagerung im Safe!) nur durch ein Betäu-bungsmittelrezept erfolgen. Die Dosierung der Opioide orientiert sich ganz individuell am Patienten und seiner körperlichen Verfassung.

Häufige Nebenwirkungen der Opioide sind Sedierung, Übelkeit und Erbrechen sowie Obstipation. In Überdosie-rung können Opioide zur Atemlähmung führen. Bei lang-fristiger Anwendung besteht ein Abhängigkeitspotential.(Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 218-219; 226-228)

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12 Das Beratungsgespräch

In der täglichen Apothekenberatung spielt das Thema Schmerz eine große Rolle. Akute Schmerzzustände, wie z.B. Kopf-, Zahn-, Regel- oder Bewegungsschmerzen, lassen sich im Rahmen der Selbstmedikation gut behandeln. Starke, anhaltende oder chronische Schmerzen erfordern hingegen eine Differentialdiagnose und einen Behandlungsplan durch einen Arzt. Denken Sie daran mit gezielten Fragen festzu-stellen, ob eine Schmerzbehandlung im Rahmen der Selbst-medikation überhaupt möglich und sinnvoll ist. OTC-Analge-tika können ein gewisses Missbrauchspotential aufweisen, daher sollte ihre Abgabe stets durch ein ausführliches Bera-tungsgespräch begleitet werden.

12.1 Leitfaden zur Beratung bei Schmerzen

Das Beratungsgespräch sollte gemäß Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer zur Information und Beratung im Rahmen der Selbstmedikation aus drei Teilen bestehen:

? Fragen

! Entscheiden

i Informieren

Zu 1. ? Fragen:

Um das optimale Medikament empfehlen bzw. die Gren-zen der Selbstmedikation erkennen zu können, müssen Apotheker und PTA eine Reihe von Fragen stellen:

• Wo haben Sie Schmerzen?

• Seit wann bestehen die Schmerzen? Ist der Schmerz akut oder chronisch?

• Wie häufig haben Sie Schmerzen? > 15 Tage pro Mo-nat oder andauernde Schmerzen über > 24 – 48 Stun-den sollten als kritisch betrachtet werden.

• Woher kommen die Schmerzen? Evtl. Abklärung durch einen Arzt erforderlich, falls Ursache unklar ist.

• Bestehen weitere Begleitsymptome, wie z.B. Übel-keit, Fieber, steifer Nacken?

• Was haben Sie bereits gegen die Schmerzen unter-nommen?

• Werden die Grenzen der Selbstmedikation über-schritten? Wenn ja, Patient an einen Arzt verweisen!

Zu 2. ! Entscheiden:

Klären Sie an dieser Stelle folgende Punkte ab:

• Welche Wirkungen sind erwünscht? z. B. antiphlo-gistische Wirkkomponente erforderlich, steht anti-pyretische Wirkung im Vordergrund, bei topischen Medikamenten kühlende oder wärmende Zuberei-tungen erforderlich?

• Welche Medikamente werden eingenommen? Zu welchen Interaktionen kann es kommen? z. B. mit Glucocorticoiden, ACE-Hemmern?

• Bestehen Vorerkrankungen? Welche Kontraindikatio-nen bestehen? Asthma bronchiale, Schwangerschaft, Leber-/Nierenerkrankung, Herzinsuffizienz usw.

• Welche Darreichungsform und Formulierung wird benötigt? z. B. Formulierung mit schnellem Wirkeintritt (z. B. Ibuprofen-DL-Lysinat), Brauseta-blette bei Schluckbeschwerden, Kindersaft oder Zäpfchen.

Zu 3. i Informieren

Erklären Sie die Produkte mit einfachen Worten und ver-gessen Sie nicht Ihren Kunden den Nutzen, den sie bei der Einnahme der Produkte gewinnen, klar hervorzuhe-ben. Zeigen Sie Ihre Medikamente immer her – der Kun-de soll die Produkte sehen und anfassen können, damit wird automatisch seine Kaufbereitschaft erhöht. Verges-sen Sie auch nicht immer genaue Dosierungsanweisun-gen zu geben.

„Gegen Ihre akuten Kopfschmerzen empfehle ich Ihnen Ibuprofen Tabletten mit der Wirkstärke von 400 mg. Sie wirken effektiv, damit es Ihnen schnell wieder besser geht. Sie sollten nicht mehr als drei Tabletten am Tag über drei Tage einnehmen. Halten Ihre Beschwerden länger als 4 Tage an oder verschlimmern sich, sollten Sie bitte einen Arzt aufsuchen.“ (Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung. Information

und Beratung im Rahmen der Selbstmedikation am Beispiel der Eigendiag-

nose Kopfschmerzen. Stand der Revision: 13.11.2013)

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12.2 Beratungstipps zum richtigen Umgang mit Schmerzmitteln

Freiverkäufliche Schmerzmittel bedeuten nicht, dass sie ohne Gefahren und Risiken sind – besonders bei einer häu-figen Anwendung! Daher sollten Sie während Ihrer Bera-tung folgendes beachten:

Erkrankungen: Bei Bluthochdruck, Erkrankungen an Herz, Nieren oder Magen sollten sich Schmerzpatienten besser in der Selbstmedikation zurückhalten und ärztliche Beratung suchen. Der Arzt wählt passende Mittel – und eventuell zu-sätzliche Präparate, die den Magen schützen.

Das richtige Schmerzmittel: NSAR zeigen eine sehr gute Wirkung, besonders wenn es sich um entzündlich beding-te Schmerzen handelt. Zu beachten ist, dass sich Naproxen aufgrund seiner langen Halbwertszeit (10–18 Stunden) auch im Gewebe anreichern kann. (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182)

Sportler: Schmerzmittel erst nach dem Sport nehmen, falls sie tatsächlich benötigt werden. Und zwar solche, die nicht zu lange im Körper verbleiben. So wirkt etwa Napro-xen noch mehrere Tage nach. Wer wegen sportbedingter Schmerzen Acetylsalicylsäure eingenommen hat, sollte bedenken, dass die Blutgerinnung einige Tage gestört sein kann (ca. 5 Tage). Dies sollte übrigens auch vor zahnärztli-chen Eingriffen berücksichtigt werden.(Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 182)

Kinder: Für Kinder und Jugendliche eignet sich ASS in der Selbstmedikation nicht. Es besteht die Gefahr des Reye-Syn-droms (lebensbedrohliche Erkrankung von Gehirn und Le-ber!) Für Kinder und Jugendliche sind daher Paracetamol und Ibuprofen Mittel der ersten Wahl. (Weyers W, Svejkovsky W Beratung aktiv 2014/2015. 2014; 181)

Ältere Menschen: Senioren leiden häufig unter chronischen Erkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und müs-sen nicht selten viele Medikamente einnehmen. Bei Unsi-cherheiten verweisen Sie ältere Menschen zur Abklärung an einen Arzt. Besonders bei Bewegungsschmerzen kann auch die Wahl eines topischen Medikamentes sinnvoll sein, um Kontraindikationen, Nebenwirkung usw. mit anderen Medi-kamenten vermeiden zu können.

Paracetamol: Paracetamol ist ein guter Fiebersenker, al-lerdings ist seine schmerzstillende Wirkung weniger ausge-prägt. Auch kann es die Leber belasten. Dies sollte bei der Auswahl berücksichtigt werden. (Mutschler E et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 2013; 215-216)

Unterstützende Maßnahmen: Nicht nur zu Medikamen-ten greifen, um Schmerzen zu lindern. Wärmekissen, Gymnastik und Entspannungsübungen können sie eben-falls dämpfen. Bei anhaltenden Beschwerden und/oder wenn sich die Beschwerden verschlimmern immer zum Arzt gehen!

So viel wie nötig, so wenig wie möglich: Eine Unter-dosierung aus Angst vor Nebenwirkungen ist genauso wenig empfehlenswert wie so lange zu warten, bis die Schmerzen unerträglich geworden sind. Wie oben be-reits erwähnt, sollte immer auf eine ausreichende Dosie-rung und rechtzeitige Einnahme geachtet werden.

Nie mehrere Schmerzmittel gleichzeitig verwenden: Kombinationstherapien sind für manche Patienten not-wendig, sollten dann aber immer nach ärztlicher Anord-nung und unter Kontrolle erfolgen.

Sonstige Medikamente/Dauermedikation: Patienten vergessen häufig anzugeben, ob sie weitere Medikamen-te einnehmen, daher ist eine aktive Nachfrage wichtig. Wechselwirkungen müssen berücksichtigt werden, unter Umständen ist eine Absprache mit dem verordnenden Arzt erforderlich.

Die Selbstmedikation von Schmerzen hat Grenzen! Kennen Sie die so genannte „Zehnerregel“? An ma-ximal 10 Tagen im Monat und maximal 3 Tage hin-tereinander sollten Schmerzmedikamente in Eigen-regie eingenommen werden, d. h. 20 Tage sollten einnahmefrei sein. Wer diese Grenzen überschreitet oder (mehrfach) nahe daran kommt, sollte unbe-dingt einen Arzt aufsuchen. In diesem Fall ist ein Ge-samtkonzept zur Schmerztherapie erforderlich, das einerseits das Risiko der Chronifizierung bei ungenü-gender Schmerzhemmung berücksichtigt und ande-rerseits einen Gewöhnungseffekt verhindert.

(Göbel H Zehnerregel gegen zu viele Schmerzmittel. Ärzte Zeitung on-

line 2012; 525 einsehbar unter: www.aerztezeitung.de/medizin/krank-

heiten/schmerz/kopfschmerzen/article/818985/interview-zehnerre-

gel-viele-schmerzmittel.html, Mai 2017) (siehe: www.schmerzklinik.

de/2012/09/01/5-september-kopfschmerztag-2012/, Juni 2017)

Gute und umfassende Beratung bei Schmerzkunden in der Selbstmedikation

Hexal Offizin-Experten34

Literaturangaben

Fachbücher:

Bartlick H, Kopfschmerzen & Migräne, Verlagshaus der Ärzte, Wien 2014

Beipackzettel Diclac® Dolo. Stand September 2016

Beipackzettel Ibu-LysinHEXAL® 684 mg Filmtabletten. August 2015

Beipackzettel Naratriptan HEXAL® bei Migräne 2,5 Filmtabletten. März 2013

Beipackzettel Dolormin® GS mit Naproxen. Stand September 2015

BfArM, Top 4 Paracetamol, Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht, 69.Sit-zung, 26 Juni 2012

Butler D, Moseley L, Schmerzen verstehen, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 2016

Fachinformation IbuHEXAL® akut 200/400 mg Filmtabletten. Stand August 2015

Fachinformation Ibu-LysinHEXAL®. Stand Mai 2016

Fachinformation ASS 500 mg HEXAL® bei Fieber und Schmerzen. Stand August 2013

Fachinformation ASS 100 mg HEXAL® Tabletten. Stand Juni 2015

Fachinformation Paracetamol 500 mg HEXAL® bei Fieber und Schmerzen Tabletten. Stand September 2015

Fachinformation Naproxen HEXAL®. Stand August 2015

Fachinformation Diclac® Dolo 25 mg überzogene Tabletten. Stand August 2014

Göbel H Zehnerregel gegen zu viele Schmerzmittel. Ärzte Zeitung online 2012; 525

Lennecke, K., Hagel, K., Przondziono, K., Selbstmedikation. Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung. 4. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2011

Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung. Information und Beratung im Rahmen der Selbstmedikation am Beispiel der Eigendiagnose Kopfschmerzen. Stand der Re-vision: 13.11.2013

Mutschler E, Geisslinger G, Kroemer H, Ruth P, Schäfer-Korting M, Mutschler Arzneimittelwir-kungen, Wissenschaftlich Verlags-gesellschaft. Stuttgart 2013

S1-Leitlinie Therapie der Migräne der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) 03/2013

Walter M Die Kundenberatung im Juni – Diclofenac bei Schmerzen am Bewegungsapparat. Die Apotheken Depesche 3/2015

Weyers W, Svejkovsky W, Beratung aktiv 2014/2015, Govi Verlag, Eschborn 2014

Gute und umfassende Beratung bei Schmerzkunden in der Selbstmedikation

Hexal Offizin-Experten35

Literaturangaben

Internet:

www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=54459, Mai 2017

www.schmerz.de/schmerz/wie-entstehen-schmerzen/, Mai 2017

www.schmerz.de/schmerz/chronische-schmerzen/, Mai 2017

www.medizinfo.de/schmerz/rezeptor.htm, Mai 2017

www.medizinfo.de/rheuma/arthrose/start.shtml, Juni 2017

www.gesundheit.de/krankheiten/schmerz/regelschmerzen/regelschmerzen-dysmenorrhoe, Mai 2017

www.medizinfo.de/ruecken/verspannung/ursachen.shtml, Mai 2017

www.medizinfo.de/sportmedizin/muskeln/muskelkater.shtml, Mai 2017

www.medizinfo.de/sportmedizin/muskeln/zerrung_ursachen.shtml, Mai 2017

www.medizinfo.de/rheuma/gruppen.htm, Mai 2017

www.apotheken-depesche.de/zeitschrift/archiv/apotheken-depesche-3-2015/, Mai 2017

www.uniklinik-freiburg.de/neurologie/behandlung/kopfschmerz/, Mai 2017

www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/schmerz/kopfschmerzen/article/818985/inter-view-zehnerregel-viele-schmerzmittel.html, Mai 2017

http://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=1091, Juni 2017

http://schmerzliga.de/was_ist_schmerz.html, Mai 2017

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www.schmerzklinik.de/2012/09/01/5-september-kopfschmerztag-2012/, Juni 2017

www.volleyball-training.de/traumatische_sportverletzung.htm, Juni 2017

www.ihs-klassifikation.de/de/02_klassifikation/00.00.00_icd10table.html, Juli 2017

Hexal AG

Sitz: Industriestr. 25, 83607 Holzkirchen, GermanyAmtsgericht: München HRB-Nr. 110375

Vorstand: Dr. Stephan Eder, Dr. Andreas Eberhorn, Wolfgang Späth, Matthias Weber, Dieter Ziebold

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Tobias Hestler

Z: DE/PRE/SMZ/0717/0020